Stenographisches Protokoll

81. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 24. Oktober 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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81. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 24. Oktober 2001

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 24. Oktober 2001: 9.01 – 18.26 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung und das Strafvollzugsgesetz geändert werden,

über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Einführungsgesetz zum Strafvollzugsgesetz, das Militärstrafgesetz, das Geschworenen- und Schöffengesetz 1990, das Mediengesetz, das Bewährungshilfegesetz und das Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2001),

über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit die Strafprozessordnung 1975 und das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 105/1997 im Bereich besonderer Ermittlungsmaßnahmen geändert werden (Strafprozessnovelle 2001),

sowie über den Antrag 257/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem im Hinblick auf die Einführung des Euro das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Bundesgesetz über die Gebühren für Verwahrnisse der gerichtlichen Verwahrungsabteilungen, das Außerstreitgesetz, das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen, das 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Wohnbauförderungsgesetz 1984 geändert werden (Euro-Gerichtsgebühren-Novelle – EGN)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem im Hinblick auf die Einführung des Euro das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert wird (Euro-Rechtsanwaltstarif-Novelle) und Anpassungen im Gerichtskommissionstarifgesetz und im Notariatstarifgesetz vorgenommen werden

4. Punkt: Bericht und Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher, BGBl. Nr. 137/1975, geändert wird


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5. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Insel Man

6. Punkt: Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts Brasiliens, Chiles, Georgiens, Islands, Maltas, Moldaus, Südafrikas und Zyperns zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen erlassen wird und das Telekommunikationsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert werden

8. Punkt: Bericht über die Petition (12/PET) betreffend "Lärmschutz-Petition", überreicht von dem Abgeordneten Anton Heinzl

9. Punkt: Bericht über die Petition (17/PET) betreffend "Für eine rasche Verbesserung der Lärmschutzmaßnahmen entlang der A 1 im Süden St. Pöltens", überreicht von dem Abgeordneten Anton Heinzl

10. Punkt: Bericht über die Petition (14/PET) betreffend "Erhöhung der Verkehrssicherheit am Beispiel von optisch verzerrten Zebrastreifen", überreicht von dem Abgeordneten Emmerich Schwemlein

11. Punkt: Bericht über die Petition (18/PET) betreffend "gegen die Schließung der Bahnhöfe Gröbming, Rottenmann, Trieben und St. Michael für den IC-Verkehr", überreicht von der Abgeordneten Mag. Brunhilde Plank

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Datenschutzgesetz 2000, das Parteiengesetz, das Mediengesetz, das Privatradiogesetz, das Fernsehsignalgesetz, das Bundesstatistikgesetz 2000, das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundestheater, das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz und das Bundesvergabegesetz 1997 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz für den Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes); mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das Studienberechtigungsgesetz und das Tierversuchsgesetz geändert werden; mit dem das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Bundes-Jugendvertretungsgesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden; mit dem das Außenhandelsgesetz 1995, das Handelsstatistische Gesetz 1995, das Chemiewaffenkonvention-Durchführungsgesetz, das Sicherheitskontrollgesetz 1991, das Akkreditierungsgesetz, das Bauproduktegesetz, das Beschußgesetz, das Dampfkesselbetriebsgesetz, das Elektrotechnikgesetz 1992, das ERP-Fonds-Gesetz, das Kesselgesetz, das Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen, das Maß- und Eichgesetz, das Normengesetz 1971, das Vermessungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Bauarbeitenkoordinationsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Ziviltechnikerkammergesetz 1993, das Ingenieurgesetz 1990, die Gewerbeordnung 1994, das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz, das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen, das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984, das EU-Wettbewerbsgesetz, das Euro-Währungsangabengesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Stadterneuerungsgesetz, das Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz, das Gaswirtschaftsgesetz, das Starkstromwegegesetz 1968, das Preistransparenzgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über das Grubenwehr


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ehrenzeichen, das Lagerstättengesetz, und das Allgemeine österreichische Berggesetz geändert werden (2. Euro-Umstellungsgesetz – Bund)

13. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden

14. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Estland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

15. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

16. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Libanesischen Republik über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll

17. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Belarus über die Förderung und den Schutz von Investitionen

18. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Belize über die Förderung und den Schutz von Investitionen

19. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Moldau über die Förderung und den Schutz von Investitionen

20. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9d E Vr 7857/01, Hv 4271/01) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 StGB

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 13

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Ausschussberichtes 840 d. B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung 29

Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, gemäß § 49 Abs. 5 der Geschäftsordnung Punkt 1 von der Tagesordnung der Sitzung abzusetzen – Ablehnung 30, 33


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Verlangen auf Durchführung einer Debatte über diesen Antrag gemäß § 59 Abs. 3 der Geschäftsordnung – Ablehnung 30, 33

Wortmeldungen im Zusammenhang mit dem Antrag auf Absetzung von Tagesordnungspunkt 1:

Dr. Andreas Khol 30

Ing. Peter Westenthaler 31

Dr. Josef Cap 32

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2756/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 36

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 103

Redner:

Mag. Terezija Stoisits 103

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 106

Dr. Johannes Jarolim 107

Werner Miedl 109

Dr. Harald Ofner 110

Dr. Gabriela Moser 112

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 36

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim im Zusammenhang mit den Ausführungen des Abgeordneten Werner Miedl in der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2756/AB sowie Ersuchen, das Stenographische Protokoll darüber einzusehen 110

Fragestunde (15.)

Wirtschaft und Arbeit 13

Mag. Maria Kubitschek (109/M); Helmut Haigermoser, Mag. Martina Pecher, Mag. Werner Kogler

Helmut Haigermoser (105/M); Ing. Hermann Schultes, Dr. Gabriela Moser, Mag. Johann Maier

Mag. Werner Kogler (108/M); Ing. Kurt Gartlehner, Ing. Gerhard Fallent, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

Dkfm. Dr. Günter Puttinger (103/M); Dr. Evelin Lichtenberger, Emmerich Schwemlein, Helmut Haigermoser

Heidrun Silhavy (110/M); Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Karl Öllinger, Dr. Reinhold Mitterlehner

Reinhart Gaugg (106/M); Mag. Heribert Donnerbauer, Karl Öllinger, Dr. Caspar Einem

Karl Öllinger (107/M); Helmut Dietachmayr, Reinhart Gaugg, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 13

Ausschüsse

Zuweisungen 34

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (487 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung und das Strafvollzugsgesetz geändert werden,


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über die Regierungsvorlage (754 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Einführungsgesetz zum Strafvollzugsgesetz, das Militärstrafgesetz, das Geschworenen- und Schöffengesetz 1990, das Mediengesetz, das Bewährungshilfegesetz und das Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2001),

über die Regierungsvorlage (755 d. B.): Bundesgesetz, mit die Strafprozessordnung 1975 und das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 105/1997 im Bereich besonderer Ermittlungsmaßnahmen geändert werden (Strafprozessnovelle 2001),

sowie über den Antrag 257/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (787 d. B.) 36

Berichterstatter: Werner Miedl 37

Redner:

Dr. Johannes Jarolim 37, 80

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) 40

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 41

Mag. Terezija Stoisits 4


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3

Dr. Harald Ofner 46

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 49, 57

Mag. Johann Maier 50

Mag. Dr. Josef Trinkl 52

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 54

Dr. Sylvia Papházy, MBA 57

Rudolf Parnigoni 59

Werner Miedl 62

Anna Huber 63

Mag. Eduard Mainoni 64

Dr. Elisabeth Hlavac 66

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer 68

Anton Heinzl 69

Mag. Dr. Udo Grollitsch 70

Otto Pendl 71

Edeltraud Gatterer 73

Karl Öllinger 74, 78

Dr. Alois Pumberger 77

Annahme 83

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (759 d. B.): Bundesgesetz, mit dem im Hinblick auf die Einführung des Euro das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Bundesgesetz über die Gebühren für Verwahrnisse der gerichtlichen Verwahrungsabteilungen, das Außerstreitgesetz, das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen, das 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Wohnbauförderungsgesetz 1984 geändert werden (Euro-Gerichtsgebühren-Novelle – EGN) (788 d. B.) 84

3. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (760 d. B.): Bundesgesetz, mit dem im Hinblick auf die Einführung des Euro das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert wird (Euro-Rechtsanwaltstarif-Novelle) und Anpassungen im Gerichtskommissionstarifgesetz und im Notariatstarifgesetz vorgenommen werden (789 d. B.) 84

4. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher, BGBl. Nr. 137/1975, geändert wird (790 d. B.) 84

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (518 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Insel Man (791 d. B.) 84

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (743 d. B.): Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts Brasiliens, Chiles, Georgiens, Islands, Maltas, Moldaus, Südafrikas und Zyperns zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (792 d. B.) 84

Redner:

Mag. Johann Maier 84

Mag. Heribert Donnerbauer 86

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigungen) 88, 94

Anna Huber 89

Dr. Harald Ofner 89

Anton Heinzl 91

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 92, 93

Mag. Terezija Stoisits 92

Mag. Eduard Mainoni 93

Dr. Sylvia Papházy, MBA 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Bericht über die Euroumstellung in den einzelnen Bundesländern – Ablehnung 85, 96

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 788, 789 und 790 d. B. 96

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 518 und 743 d. B. 96

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (483 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen erlassen wird und das Telekommunikationsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert werden (795 d. B.) 97

Redner:

Dr. Gabriela Moser 97, 116

Kurt Eder 98, 120

Mag. Helmut Kukacka 99

Mag. Reinhard Firlinger 101

Rudolf Parnigoni 113

Mag. Karin Hakl 114

Ing. Kurt Scheuch 116


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Dr. Günther Kräuter 117


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Bundesministerin Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger 118

Annahme 121

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition (12/PET) betreffend "Lärmschutz-Petition", überreicht von dem Abgeordneten Anton Heinzl (796 d. B.) 121

9. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition (17/PET) betreffend "Für eine rasche Verbesserung der Lärmschutzmaßnahmen entlang der A 1 im Süden St. Pöltens", überreicht von dem Abgeordneten Anton Heinzl (798 d. B.) 121

Redner:

Anton Heinzl 121

Johann Kurzbauer 123

Anton Wattaul 124

Dr. Evelin Lichtenberger 125

Kurt Eder 126

Bundesministerin Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger 127

Anton Heinzl (tatsächliche Berichtigung) 130

Ing. Wilhelm Weinmeier 130

Gerhard Reheis 131

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 796 und 798 d. B. 133

10. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition (14/PET) betreffend "Erhöhung der Verkehrssicherheit am Beispiel von optisch verzerrten Zebrastreifen", überreicht von dem Abgeordneten Emmerich Schwemlein (797 d. B.) 133

Redner:

Emmerich Schwemlein 133

Franz Kampichler 134

Andreas Sodian 135

Dr. Evelin Lichtenberger 136

Bundesministerin Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger 136

Gabriele Binder 138

Ing. Kurt Scheuch 138

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 139

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 797 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Verbesserung der Sicherheit auf Schutzwegen (E 101) 139

11. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition (18/PET) betreffend "gegen die Schließung der Bahnhöfe Gröbming, Rottenmann, Trieben und St. Michael für den IC-Verkehr", überreicht von der Abgeordneten Mag. Brunhilde Plank (799 d. B.) 139

Redner:

Josef Horn 139

Ernst Fink 141

Josef Edler 142

Anton Knerzl 143

Bundesministerin Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger 143

Dr. Evelin Lichtenberger 144

Johannes Zweytick 145

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 146

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 799 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Verbesserung des Bahnverkehrs im Ennstal (E 102) 146

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (742 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Datenschutzgesetz 2000, das Parteiengesetz, das Mediengesetz, das Privatradiogesetz, das Fernsehsignalgesetz, das Bundesstatistikgesetz 2000, das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundestheater, das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz und das Bundesvergabegesetz 1997 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz für den Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes); mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das Studienberechtigungsgesetz und das Tierversuchsgesetz geändert werden; mit dem das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Bundes-Jugendvertretungsgesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden; mit dem das Außenhandelsgesetz 1995, das Handelsstatistische Gesetz 1995, das Chemiewaffenkonvention-Durchführungsgesetz, das Sicherheitskontrollgesetz 1991, das Akkreditierungsgesetz, das Bauproduktegesetz, das Beschußgesetz, das Dampfkesselbetriebsgesetz, das Elektrotechnikgesetz 1992, das ERP-Fonds-Gesetz, das Kesselgesetz, das Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen, das Maß- und Eichgesetz, das Normengesetz 1971, das Vermessungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Bauarbeitenkoordinationsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Ziviltechnikerkammergesetz 1993, das Ingenieurgesetz 1990, die Gewerbeordnung 1994, das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz, das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen, das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984, das EU-Wettbewerbsgesetz, das Euro-Währungsangabengesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Stadterneuerungsgesetz, das Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz, das Gaswirtschaftsgesetz, das Starkstromwegegesetz 1968, das Preistransparenzgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über das Grubenwehrehrenzeichen, das Lagerstättengesetz, und das Allgemeine österreichische Berggesetz geändert werden (2. Euro-Umstellungsgesetz – Bund) (824 d. B.) 146

13. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden (825 d. B.) 147

Berichterstatter: Hermann Böhacker 147

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 824 und 825 d. B. 148

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (598 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik


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81. Sitzung / Seite 9

Estland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (818 d. B.) 148

15. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (695 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (819 d. B.) 148

16. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (682 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Libanesischen Republik über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (820 d. B.) 148

17. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (688 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Belarus über die Förderung und den Schutz von Investitionen (821 d. B.) 148

18. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (751 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Belize über die Förderung und den Schutz von Investitionen (822 d. B.) 149

19. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (747 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Moldau über die Förderung und den Schutz von Investitionen (823 d. B.) 149

Redner:

Dr. Kurt Heindl 149

Jakob Auer 149

Hans Müller 150

Mag. Werner Kogler 150

Dr. Günther Leiner 151

Genehmigung der sechs Staatsverträge in 598, 695, 682, 688, 751 und 747 d. B. 152, 153

20. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9d E Vr 7857/01, Hv 4271/01) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 StGB (840 d. B.) 153

Annahme des Ausschussantrages 153

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 33, 34

817: Bundesgesetz, mit dem bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäfts- und Rechtsverkehrs geregelt (E-Commerce-Gesetz – ECG) und das Signaturgesetz sowie die Zivilprozessordnung geändert werden

827: Abgabenänderungsgesetz 2001, AbgÄG 2001

832: Bildungsdokumentationsgesetz

833: Mineralrohstoffgesetznovelle 2001


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81. Sitzung / Seite 10

834: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

835: Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (26. Novelle zum GSVG)

836: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird (12. Novelle zum FSVG)

837: Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (25. Novelle zum BSVG)

838: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (29. Novelle zum B-KUVG)

839: Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (10. Novelle zum NVG 1972)

842: 2. Dienstrechts-Novelle 2001

Bericht 34

Vorlage 30 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 3. Quartal 2001; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Bericht nach § 19 Abs. 5 Euro-Währungsangabengesetz (EWAG) (530/A) (E)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend Rücknahme des Antrags auf TEN-Erklärung der B 310 (531/A) (E)

Dr. Helene Partik-Pablé, Werner Miedl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 geändert wird (532/A)

Dr. Harald Ofner, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (533/A)

Mag. Johann Maier und Genossen betreffend rechtssetzende Maßnahmen auf dem gewerblichen Sektor für das Tätowieren und Piercen durch Nichtmediziner (534/A) (E)

Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Bericht über die Euroumstellung in den einzelnen Bundesländern (535/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Tunnelbauprojekte im Straßennetz (2990/J)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kontingente und Genehmigungen im grenzüberschreitenden LKW-Güterverkehr (2991/J)


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81. Sitzung / Seite 11

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Ausarbeitung eines Bundesgesetzes zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (2992/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausarbeitung eines Bundesgesetzes zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (2993/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Ausarbeitung eines Bundesgesetzes zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (2994/J)

Sophie Bauer und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schließung von Postämtern (2995/J)

Peter Schieder und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Reisetätigkeit der Bundesregierung (2996/J)

Peter Schieder und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Reisetätigkeit der Bundesregierung (2997/J)

Günter Kiermaier und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Rechtshilfeabkommen (2998/J)

Mag. Andrea Kuntzl und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend den österreichischen Botschafter in Pakistan (2999/J)

Heinz Gradwohl und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Verfassungswidrigkeiten in der Geschäftsordnung und Geschäftseinteilung der Steiermärkischen Landesregierung (3000/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schließung von Gendarmerieposten in der Steiermark (3001/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend unvollständige Beantwortung der Anfrage 2539/J vom 6.6.2001 durch die Anfragebeantwortung 2525/AB vom 31.7.2001 (3002/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Förderung von Auslandszivildienern (3003/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend die Zukunft der Verwaltungsakademie des Bundes (VAB) (3004/J)

Dieter Brosz und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Verschlechterung des schulischen Angebots am BRG Feldkirchen (3005/J)

Karl Dobnigg und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Schließung von Postämtern im Bezirk Leoben (3006/J)

Mag. Maria Kubitschek und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Dienstverträge im Bereich der GBI (3007/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Rückerstattung von irrtümlich ausbezahlten Erschwernis- bzw. Gefahrenzulagen (3008/J)


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Mag. Helmut Kukacka und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den hochleistungsgerechten Ausbau der Westbahn zwischen Schwanenstadt und Salzburg (3009/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Sanierung der Westautobahn in Oberösterreich (3010/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aussagen des oö. Landesgendarmeriekommandanten Schmidbauer anlässlich einer Suchtgifttagung Anfang Oktober 2001 in Windischgarsten/OÖ. zum Thema "Drogenkonsum" (3011/J)

Wolfgang Großruck und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den Vollausbau der Innkreisautobahn (3012/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Dienstreise nach China (3013/J)

Katharina Pfeffer und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend 52 geplante Postämter-Schließungen im Burgenland (3014/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundeskanzler betreffend den aktuellen Stand der Verhandlungen des Energiekapitels mit Tschechien (3015/J)

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die Konsequenzen der illegalen Freisetzung von Saatgut auf Österreichs Feldern (3016/J)

Jakob Auer und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau von Autobahnen und Autobahnauf- und -abfahrten (3017/J)


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Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie alle sehr herzlich begrüßen, bitte Sie, die Plätze einzunehmen, und eröffne die 81. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Mertel, Haidlmayr, Dr. Krüger, Mag. Prammer und Dr. Pilz.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Bundeskanzleramt hat mitgeteilt, dass der Herr Bundeskanzler gemäß Artikel 69 Abs. 2 B-VG für die heutige Sitzung von der Frau Vizekanzlerin vertreten wird. Ich höre aber, dass die Frau Vizekanzlerin erkrankt ist und nur in wirklich zwingenden Fällen an der Sitzung teilnehmen könnte.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Fragestunde.

Ich beginne jetzt, um 9.02 Uhr, mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die 1. Anfrage, Nr. 109/M, ist von Frau Abgeordneter Mag. Kubitschek. Ich bitte die Frau Abgeordnete, den eingereichten Text der Anfrage zu verlesen.

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Guten Morgen! Herr Minister Bartenstein! Die Regierung hat am 4. September im Ministerrat ein "Programm zur Konjunkturbelebung" beschlossen, das ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Die Spielregel ist: Der Text der Frage muss verlesen werden.

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (fortsetzend): Der genaue Wortlaut:

109/M

Welche neuen Impulse will die Regierung setzen, um den Konjunkturabschwung abzufedern, nachdem die im Ministerrat vom 4. September 2001 im so genannten "Programm zur Konjunkturbelebung" dargelegten Maßnahmen bereits seit langem beschlossen und budgetiert sind?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrte Frau Abgeordnete, aus Ihrer Frage folgern die unterschiedlichen Auffassungen: Soll man auf den Konjunktureinbruch, auf den Wachstumseinbruch mit kurzfristigen Maßnahmen reagieren, oder soll man die gesetzten Maßnahmen fortführen, die diese Regierung für strukturpolitisch richtig hält? Ich spreche mich


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für Letzteres aus, weil ich auch nicht glaube, dass kurzfristige Konjunkturprogramme wirken können.

Ich darf hier keinen Geringeren als den deutschen Sozialdemokraten und Finanzminister Eichel zitieren, der selbiges für Deutschland ausgeschlossen hat, unter anderem mit dem Hinweis auf Japan, wo man zwar seit Jahren kurzfristige Konjunkturprogramme fährt, sehr, sehr viele öffentliche Mittel dafür einsetzt, aber nichts erntet außer höheren Staatsschulden und einer weiteren Rezession, in der sich Japan befindet. Die Unwirksamkeit solcher Programme zeigt sich also in Japan in der Praxis besonders deutlich.

Diese Bundesregierung setzt, sehr geehrte Frau Abgeordnete, weiter auf die Bereiche Bildung – plus 7 Milliarden Schilling innerhalb von nur drei Jahren gegenüber dem Status quo von vorher –, Forschung und Entwicklung – plus 7 Milliarden Schilling in den Jahren 2001 bis 2003 gegenüber dem Vergleichszeitraum – sowie Infrastruktur. Wir werden, sehr geehrte Frau Abgeordnete, zusätzliche Impulse setzen in den Bereichen Straße und Schiene, vor allem im Hinblick auf die Osterweiterung der Europäischen Union. Ein Reformdialog Ende Jänner nächsten Jahres wird darüber genaue Aufschlüsse geben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht, Frau Abgeordnete? (Abg. Mag. Kubitschek: Nein!)  – Danke.

Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Haigermoser, bitte.

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Die österreichischen Wirtschafts- und Arbeitsplatzdaten sind um Häuser besser als jene im Schröder-SPD-Land Bundesrepublik Deutschland, dies ist insbesondere auch ein Verdienst der klein- und mittelständischen Wirtschaft. Es stellt sich daher die Frage, was die Bundesregierung tun wird, um die bereits geschaffenen positiven Rahmenbedingungen noch zu verbessern, um weiterhin auf der Überholspur zu bleiben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.


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Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Haigermoser! Es ist richtig, dass wir sowohl beim Wirtschaftswachstum als auch bei der Arbeitslosenrate erfreulicherweise besser liegen als die Bundesrepublik Deutschland. In Sachen Wirtschaftswachstum liegen wir um etwa einen halben Prozentpunkt über unseren deutschen Nachbarn – auch wenn es mir weitaus lieber wäre, wir hätten heuer vorne einen Zweier stehen und nicht lediglich einen Einser; für Deutschland liegt die jüngste Prognose bei lediglich 0,7 Prozent –, und hinsichtlich der Arbeitslosigkeit ist es bei uns noch allemal besser, das ist aber gewissermaßen schon ein traditioneller Unterschied. Österreich hat im Verhältnis etwa halb so viele Arbeitslose wie Deutschland. Während wir zurzeit mit 175 000 Arbeitslosen – diese Zahl ist aus meiner und auch aus Ihrer Sicht unerfreulich hoch – leben müssen, liegt die Zahl der Arbeitslosen in der Bundesrepublik Deutschland schon wieder gefährlich nahe an den 4 Millionen.

Die Bundesregierung wird daher den Weg fortsetzen, Standort sichernd zu agieren, letztlich nicht zu rechtfertigende Kostenbelastungen hintanzuhalten. Wir sprechen ja später noch darüber, dass die Sozialpartnerentscheidung und die Vorlage der "Abfertigung neu", die betriebliche Pensionsvorsorge, die Weiterentwicklung auf der Basis von Kostenneutralität etwas sind, was den Standort Österreich absichert und die Investoren ermutigt, in Österreich zu bleiben respektive neu zu uns zu kommen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Pecher, bitte.

Abgeordnete Mag. Martina Pecher (ÖVP): Herr Bundesminister! Die USA werden oft als Gegenbeispiel für eine aktive Konjunkturpolitik angeführt, dem nach der Ansicht mancher die europäischen Länder nacheifern sollten. Sehen Sie eine Beispielwirkung in der US-Politik?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung.


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Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein:
Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Zum Teil ja, zum Teil nein. Das, was die Amerikaner jetzt in der Bush-Administration an Steuersenkung vorgesehen haben, ist weitreichend. Aber vergessen Sie nicht, dass wir auch in Österreich zum Beispiel mit 1. Jänner 2000 ein Steuersenkungsprogramm initiiert haben, das etwa 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes umfasst hat, rund 30 Milliarden Schilling; also etwa dasselbe Ausmaß wie in den USA.

Man soll gerade jetzt aber die Betroffenheit der USA keinesfalls mit jener Österreichs vergleichen. Der Chief Economic Adviser des Präsidenten Bush Lawrence Lindsey, bei dem ich vor einigen Wochen persönlich sein durfte, hat vor einigen Tagen gesagt, dass die USA wahrscheinlich in einer Rezession sind. Sie dürften zwei Quartale hintereinander mit Wachstumsraten unter null haben, und das ist nach US-Definition eine Rezession. Österreich befindet sich erfreulicherweise keinesfalls auch nur in der Nähe einer Rezession. Wir haben Wachstumsraten von über einem Prozent, und das unterscheidet uns sehr deutlich.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Kogler, bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister! Nachdem Sie selbst jetzt die Möglichkeit einer Rezession angedeutet haben (Bundesminister Dr. Bartenstein: Habe ich sicher nicht, Herr Abgeordneter!) und die von der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen ja eher für eine andere Konjunktursituation gedacht waren, erhebt sich schon die Frage, ob nicht erstens entsprechende Steuersenkungen für niedrige Einkommensgruppen vorgezogen werden könnten und zweitens Infrastrukturinvestitionen etwa im ökologischen und im verkehrstechnischen Bereich vorgezogen werden könnten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kogler! Sie müssen mich missverstanden haben, absichtlich oder unabsichtlich, denn ich habe sicher nicht von der Möglichkeit einer Rezession in Österreich gesprochen, sondern ich habe einerseits einen amerikanischen Chefberater des Präsidenten Bush zitiert, der das für die Amerikaner als leider wahrscheinlich dargestellt hat, und andererseits Japan.

Österreich, ich wiederhole das, steht nicht vor und auch nicht am Rande einer Rezession. Trotzdem ist es natürlich wichtig, den Weg einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung zu gehen, sehr geehrter Herr Abgeordneter.

Als Energieminister verweise ich auf die vielen nachhaltigen und ökologischen Elemente der Stromliberalisierung: einerseits 8 Prozent des Stromes, die in Zukunft verpflichtend aus der Kleinwasserkraft kommen müssen, andererseits 4 Prozent des Stromes, die aus alternativen Energiequellen kommen müssen – also viele Elemente, die in Österreich das Herzstück der Energiewirtschaft, nämlich die Stromerzeugung, auf eine noch nachhaltigere Basis stellen.

Ich hätte mich gefreut, wenn auch Ihre Fraktion hier der Stromliberalisierung zugestimmt hätte. Die drei anderen Fraktionen des Hauses sind dieser meiner Vorlage gefolgt – die Grünen leider nicht.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur 2. Anfrage, die Herr Abgeordneter Haigermoser eingereicht hat. – Bitte.

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

105/M

Wie viele Beschwerden betreffend Euro-Umstellung liegen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vor, und welche Bereiche sind dabei umfasst?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Haigermoser! Ich darf dir die präzise Zahl nennen: Nach Auskunft meines Hauses liegen der Euro-Preiskommission bisher 737 Beschwerden vor. Davon betreffen 87 Fälle Angelegenheiten der Preisauszeichnung, also Euro/Schilling, und 420 Beschwerden Preiserhöhungen, bei denen näher zu prüfen ist, ob diese gerechtfertigt sind oder nicht.

Die Euro-Preiskommission macht die Überprüfungen in mittlerweile bewährter Zusammenarbeit mit den Preisbehörden der Länder. Insgesamt meine ich, dass die gesetzten Maßnahmen wie Euro-Preisbarometer, spezielle Beratung und Überwachung der Inflationsrate durch das Wifo und anderes mehr dafür sorgen, dass es in Österreich zu keinen ungerechtfertigten Preiserhöhungen durch die Umstellung des Schilling auf den Euro kommt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Wie sehen Sie die Ungeheuerlichkeit des Vorgehens der – unter Anführungszeichen – "Konsumentenschützer" der AK Salzburg, wodurch ein Einzelhändler wegen 33 Groschen – 33 Groschen! – bei einer Gesamteinkaufssumme von zirka 3 000 S mittels eines Bescheids, der mir vorliegt und in dem man von Vorladung, Rechtfertigung und Vernehmung spricht (Rufe bei der SPÖ: Frage! – Abg. Dr. Khol: Das ist der Maier!), vor die Behörde gezerrt wurde (Ruf bei der SPÖ: Wo ist die Frage?), während die Arbeiterkammer Salzburg im eigenen Wirkungsbereich die Mieten für ihre Veranstaltungsräume in preistreiberischer Art noch kurz vor dem 1. Oktober nach oben gepusht hat? (Abg. Dr. Khol: Eine gute Frage, eine sehr gute Frage!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich kann jetzt die von Ihnen genannten Beispiele nicht im Detail nachvollziehen, aber ich gehe davon aus, dass sie stichhaltig sind.

Ich plädiere in Sachen Umstellung des Schilling auf den Euro für Augenmaß sowohl auf der Seite der Unternehmer als auch auf der Seite der Konsumentenschützer. Es ist dies ein Jahrhundertvorhaben, ein Vorhaben, bei dem es darum geht, dass die Verantwortlichen dieses Landes den Bürgern Vertrauen geben und Angst und Sorge nehmen sollen. Bis jetzt läuft es gut. Österreich ist ja eines der sehr wenigen europäischen Länder, das durch das Euro-Währungsangabengesetz die gesetzliche Verpflichtung zur doppelten Preisauszeichnung kennt. Und bis jetzt deutet alles darauf hin, dass es zu keinen Teuerungsschüben durch die Einführung des Euro kommt. Ich gehe davon aus, dass das auch weiterhin so bleibt, und appelliere noch einmal an alle Beteiligten, hier mit Augenmaß vorzugehen und nicht in unendliche Kleinlichkeit zu verfallen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ing. Schultes, bitte.

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kann es Umstände geben, unter denen eine Preisanpassung nach oben auch unter Euro-Umständen gerechtfertigt ist?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Theoretisch ja, da vom Gesetz und auch von der politischen Willensäußerung her nur jene Preiserhöhungen ausgeschlossen sein sollen, die umstellungsbedingt sind. Aber natürlich kann es auch in dieser Phase Preiserhöhungen durch Erhöhungen von Preisen der Vorlieferanten und so weiter geben. Wir haben in unserem Land derzeit eine Inflationsrate von rund 2,5, 2,6 Prozent. Es gibt also zwar nur eine schwache, aber doch eine gewisse Teuerung.

Worum es uns geht, ist, klarzustellen, dass insbesondere der Gesetzgeber, der Bund, die Länder und die Gemeinden – das wäre mein Wunsch – in dieser sensiblen Phase bei der Umstel


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lung von Schilling auf Euro ganz präzise umrechnen und allenfalls abrunden, aber nicht aufrunden. Die Bundesregierung macht das sehr, sehr konsequent; ich habe bei jeder Ministerratssitzung ein wachsames Auge darauf. Und dann wird es funktionieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Moser, bitte.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Währungsfragen sind immer Vertrauensfragen. Die Preissituation ist auch die Messlatte für das Vertrauen in eine Währung – vor allem, wenn sie umgestellt wird.

Sie haben darauf hingewiesen, dass momentan keine gewaltigen Preissteigerungen zu verzeichnen sind. Ich frage Sie für den Fall, dass es Preissteigerungen gibt: In welcher Form kommt es für die so genannten Preissünder dann zu einer Ahndung, und vor allem in welcher Zeit kommt das Strafausmaß zum Tragen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.


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Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein:
Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Da Sie das Wort "Preissünder" in den Mund genommen haben (Abg. Dr. Moser: "So genannte"!)  – ich weiß, Sie haben das sehr freundschaftlich ausgedrückt –, möchte ich meiner Meinung Ausdruck geben, dass sie sicher nicht an den Pranger gestellt werden sollen. Nicht umsonst ist das ein Ausdruck des Mittelalters, der am Beginn des 21. Jahrhunderts nichts verloren hat. Nicht, dass Sie das gefordert haben, aber es gibt in Österreich Exponenten, die das An-den-Pranger-Stellen entweder gefordert haben oder durchaus durchführen.

Von uns ist jedes Ausmaß an Preiskontrolle, an Überwachung letztlich auch der Preissteigerung, die allenfalls passieren kann, umgesetzt. Ich darf darauf verweisen, dass ACNielsen, ein weltweit herausragendes Marktforschungsunternehmen, mittels des Euro-Preisbarometers wöchentlich nicht weniger als 39 000 Artikel mit etwa 50 Prozent des gesamten Umsatzwertes im Lebensmittel- und im Drogeriefachhandel erhebt. Es stellt mittels Euro-Preisbarometer fest, wie viel Prozent dieser Artikel preislich gleich geblieben sind und wie viele um 1 Prozent teurer oder 1 Prozent billiger geworden sind.

Ich darf Ihnen zum Beispiel für die Kalenderwoche 39 sagen, dass 96,5 Prozent der Artikel im Preis exakt gleich geblieben sind. Bei nur 1,8 Prozent ist es zu Preiserhöhungen bis zu 1 Prozent und bei 1,7 Prozent zu Preisherabsetzungen gekommen. Also ein durchaus ausgewogenes Verhältnis.

Sollte es tatsächlich entgegen dem Euro-Währungsangabengesetz zu ungerechtfertigten Preiserhöhungen kommen, so hätte mein Haus einen volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preis festzusetzen – das ist ein sehr theoretischer Ansatz; das ist seit Jahren in Österreich nicht mehr vorgekommen –, und erst dann, wenn der nicht eingehalten wird, kann es theoretisch auch zu Strafen kommen. Sollte hingegen ein Unternehmen bei der doppelten Preisauszeichnung "sündigen", wie Sie das gesagt haben, so gibt es einen Strafrahmen von bis zu 20 000 S, wobei ich aber höre, dass die Sozialpartner in der Euro-Preiskommission übereingekommen sind, es auch hier beim ersten Mal im Regelfall bei Abmahnungen zu belassen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Maier, bitte. (Abg. Dr. Khol: Der 33-Groschen-Champion!)

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Bundesminister! Man kann natürlich anderer Auffassung sein, ich frage Sie daher sehr konkret: Wann werden Sie, wie im Euro-Währungsangabengesetz vorgesehen, dem Parlament einen Bericht vorlegen, der ungerechtfertigte Preiserhöhungen, Packungsverkleinerungen, Fehlumrechnungen und Verstöße gegen die doppelte Preisauszeichnung beinhaltet?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Ich werde, sehr geehrter Herr Abgeordneter, die nach dem Gesetz vorgesehenen Inhalte selbstverständlich fristgerecht dem Parlament vorlegen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zur 3. Anfrage. Herr Abgeordneter Kogler hat diese Frage eingebracht. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

108/M

Welche Schritte werden Sie setzen, um im Standortwettbewerb österreichische soziale und ökologische Standards abzusichern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kogler! Ihre zuvor gestellte Zusatzfrage ging schon in die gleiche Richtung, und ich habe schon Ansätze einer Antwort aus Sicht des Energieministers geliefert.

Als Energieminister verweise ich noch einmal darauf: Es gibt kaum ein zweites Land der Welt – Norwegen und einige andere sind ähnlich gut –, das in einem derart hohen Maße erneuerbare Energie zur Energiegewinnung einsetzt. Das hat einerseits mit unserer Wasserkraft zu tun – 70 Prozent der Stromgewinnung erfolgen aus dem erneuerbaren Energieträger Wasserkraft –, andererseits aber auch mit vielen anderen alternativen erneuerbaren Energieträgern, die wir in diesem Land einsetzen.

Österreich war auch eines der ersten Länder, dem ein Decoupling gelungen ist; eine Entkoppelung zwischen dem Wirtschaftswachstum – wünschenswert sehr hoch – auf der einen Seite und dem Energieverbrauchswachstum auf der anderen. Das ist seit den frühen siebziger Jahren, 1973/74, der Zeit des Ölschocks, gelungen.

Österreich ist – bei allen Defiziten, die wir haben – mit Sicherheit eines der Länder dieser Welt, die am relativ nachhaltigsten unterwegs sind. Mein Kollege Molterer führt ja meine Überlegungen in Sachen Klimaschutz weiter; ein nicht einfaches Unterfangen, aber wahrscheinlich der relevanteste Indikator betreffend die Nachhaltigkeit der Entwicklung einer Volkswirtschaft.

Ich darf Ihnen also versichern, dass bei allen unseren Überlegungen, wie das letztlich auch die EG-Verträge mittlerweile vorsehen, die Frage der Nachhaltigkeit der Wirtschaftsentwicklung eine zentrale Rolle spielt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister! Im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsstandort Österreich haben Sie vor kurzem die Aussage getätigt, dass die Urabstimmung des ÖGB – unserer Meinung nach ein zutiefst demokratischer Vorgang und Akt – ein Anschlag auf den Wirtschaftsstandort Österreich sei. Wie beurteilen Sie diese Ihre Aussage im Lichte der Beteiligung von mehr als 800 000 Menschen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Ich habe nie die Berechtigung des ÖGB in Frage gestellt, eine Urabstimmung durchzuführen. Das steht dem ÖGB frei und wird ihm auch in Zukunft freistehen.

Ich habe nur darauf hingewiesen, dass insbesondere eine der Fragestellungen, und zwar die Fragestellung zum Thema Abfertigung, dann, wenn sie 1 zu 1 umgesetzt wird, eine Belastung für den Wirtschaftsstandort Österreich bewirken könnte. Wenn man nämlich das derzeit beste


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hende Abfertigungsmodell, das auf Jahresbasis berechnet rund 13, 14, 15 Prozent der Österreicher oder auf die gesamte Erwerbstätigkeit berechnet rund einem Drittel der Österreicher zugute kommt, einfach auf 100 Prozent der Österreicher ausdehnen würde und sonst alles unverändert ließe, dann entstünde nach Adam Riese zum derzeitigen Aufwand für die Wirtschaft von 20 bis 21 Milliarden Schilling – ich komme von einem Drittel auf 100 Prozent, indem ich mal zwei multipliziere – ein Zusatzaufwand von 40 bis 42 Milliarden. Das hätte zu einer inakzeptablen Belastung des Standortes geführt.

Aber wahrscheinlich war meine Interpretation dieser Fragestellung der Urabstimmung eine andere als jene des ÖGB. Die Sozialpartner haben nämlich, wie Sie wissen, in den letzten Stunden höchst erfolgreich ein wirklich zukunftsweisendes Modell vorgestellt, das nicht nur standortneutral ist, sondern aus meiner Sicht, wie ich schon gesagt habe, auch dazu beitragen wird, die Attraktivität des Standortes Österreich weiter zu erhöhen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner, bitte.

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte Sie fragen, ob Sie von Problemen für österreichische Unternehmungen bei Transitfahrten durch Ungarn gehört haben, und falls ja, was Sie dagegen unternehmen, um dem Standort Österreich dadurch entstehende Nachteile zu ersparen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Gartlehner! Offen gestanden: nein, sodass ich Ihnen jetzt keine Stellungnahme dazu abgeben kann. Ich würde Sie aber bitten, mir beziehungsweise uns die notwendigen Informationen und Unterlagen zu liefern. Wenn es hier ungerechtfertigte Behinderungen gibt, bin ich als Außenwirtschaftsminister selbstverständlich bereit und interessiert, sie in hoffentlich gutem bilateralen Kontakt mit den Ungarn abzustellen oder zumindest zu reduzieren.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ing. Fallent, bitte.

Abgeordneter Ing. Gerhard Fallent (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Umwelttechnologien stellen Zukunftsbranchen und Märkte mit Zukunft dar. Werden Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, durch geeignete Maßnahmen wie zum Beispiel mehr Forschung und Entwicklung im Infrastrukturbereich und im Infrastrukturministerium diesem Bereich zum Durchbruch verhelfen, um eine ökonomisch erfolgreiche, ökologisch sinnvolle und sozial ausgewogene wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen? Wenn ja, welche Maßnahmen werden das in Ihrem Bereich sein?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister! Sie verzeihen, dass es zwei Fragen sind, aber ich habe das in der Vergangenheit auch schon durchgehen lassen. Ich bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Selbstverständlich versuche ich, eine Antwort darauf zu geben. – Sie haben die Bedeutung auch der Infrastrukturpolitik und damit des Infrastrukturressorts der von mir sehr geschätzten Kollegin Forstinger hervorgehoben. Bei allem, was in Österreich in Sachen Infrastruktur geschieht, versuchen wir, beiden Zielen gerecht zu werden, nämlich auf der einen Seite die Infrastruktur bereitzustellen und sie auf der anderen Seite so ökologisch verträglich wie möglich zu gestalten. Ich meine, dass der Straßenbau, der Ausbau der Schiene und auch der Ausbau anderer Infrastrukturen in diesem Lande diesen Prämissen Genüge tun.

Ich weiß, dass in Österreich engagierte Forschungsprojekte zum Thema Reduktion des Lärms auf der Schiene laufen. Es ist aber leider Gottes so, dass die transportierte Tonne auf der Schiene relativ mehr Lärm verursacht, als das auf der Straße der Fall ist.

Ich darf darauf verweisen, dass Österreich schon immer ein Vorreiterland war, was die ökologische Verträglichkeit des Straßenverkehrs anlangt. Der Transitvertrag war ja letztlich etwas, was in der Europäischen Union zu einem Durchbruch geführt hat, und die Ministerin Forstinger


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und die Bundesregierung arbeiten hart daran, eine vernünftige Verlängerung und Übergangslösung für den Transitvertrag in eine Phase einer neuen, ökologischeren Wegekostenrichtlinie zu erreichen. Wie der vor kurzem stattgefundene Besuch der Verkehrskommissarin de Palacio in Wien gezeigt hat, sind wir hier auf einem guten Weg.

Österreich ist zum Beispiel jenes Land, das es in seiner Präsidentschaft zustande gebracht hat, dass sich die europäische Automobilindustrie zu enormen Verbesserungen beim Verbrauch bekannt hat, und zwar zu einer Reduktion des Durchschnittsverbrauches bei europäischen Automobilen um ein Viertel. Österreich war immer mit dabei, wenn es darum gegangen ist, pro gefahrenem Kilometer die Abgasemissionen deutlich zu reduzieren. Wir sind heute in einem Bereich von 1, 2, 3 Prozent der Abgaswerte, die wir noch in den siebziger Jahren pro gefahrenem Kilometer zu verbuchen hatten. Allerdings gibt es den Wermutstropfen, dass nun viel, viel mehr Kilometer als in den siebziger Jahren gefahren werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll, bitte.

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Minister! Sie haben in der Antwort auf die Frage des Kollegen Kogler schon auf die Tatsache hingewiesen, dass wir alle eigentlich unter dem Eindruck der gestrigen Sozialpartnereinigung über die "Abfertigung neu" stehen. Ich persönlich bin überzeugt davon, dass diese Regelung "Abfertigung neu" die Flexibilität des Arbeitsmarktes verbessern und erhöhen wird. Das ist ein ebenfalls wichtiger Standortfaktor.

Meine Frage: Herr Minister, sehen Sie das auch so, dass mit der "Abfertigung neu" die Flexibilität des Arbeitsmarktes und damit die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich erhöht wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Das sehe auch ich so, sehr geehrter Herr Abgeordneter Stummvoll! Die Abfertigung, wie wir sie heute kennen, hat strukturelle Defizite. Sie ist ein Austriacum, sie ist in Österreich traditionell, aber wir alle wissen, dass sie die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt hemmt und sozial ungerecht ist. Ich habe schon gesagt, dass sie auf die gesamte Erwerbsbiographie bezogen ungefähr einem Drittel der Österreicher zugute kommt, das heißt, zwei Drittel der Arbeitnehmer dieses Landes hatten von der Abfertigung bisher gar nichts.

In Zukunft werden 100 Prozent der Arbeitnehmer auf der Basis eines wahlweisen Systems davon profitieren, indem sie entweder während des Berufslebens ein gewisses Maß an Absicherung haben, und zwar dann, wenn der Arbeitgeber kündigt, dann, wenn ein Dienstverhältnis einvernehmlich aufgelöst wird, und/oder – das kann durchaus additiv sein, ergänzend – sie eine Zusatzpension als betriebliche Pension zur ASVG-Pension bekommen. Das ist allemal sinnvoll.

Die Frage der betrieblichen Zusatzpensionen stellt sich in ganz Europa, in allen Industriestaaten dieser Welt, und wir werden darauf Antworten geben müssen – und diese Antworten kosten ein Geld. Es ist extrem standortrelevant, dass wir in Österreich den Einstieg – das ist ein Einstieg, nicht mehr, aber ein Einstieg ist es allemal – aus dem bestehenden System der Abfertigung schaffen, noch dazu auf wahlweiser Basis, das heißt, dass der Arbeitnehmer in diesem Land entscheiden kann, was er will.

Ich bin davon überzeugt, dass sich Österreichs Arbeitnehmer in hohem Maße dafür entscheiden werden, das Geld im "Rucksack" zu belassen und für eine betriebliche Pension anzusparen respektive Profis im Veranlagungsbereich das Kapital bestmöglich verwalten zu lassen. Woher nehme ich meinen Optimismus? – Die Österreicher sind gelernte Sparer, und wer auf sein Sparbuch schaut, der wird vermutlich auch auf diesen Pensionssparstrumpf schauen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur 4. Anfrage: Herr Abgeordneter Dr. Puttinger, bitte.


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81. Sitzung / Seite 21

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger
(ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

103/M

Welche Maßnahmen setzt Ihr Ressort im Lichte der Ereignisse des 11. September 2001 – Terrorangriff gegen die USA – insbesondere im Bereich des Tourismus?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Mit der Erlaubnis des Präsidenten darf ich von einer Möglichkeit der Geschäftsordnung Gebrauch machen: Da seit kurzem eine Tourismus-Staatssekretärin, Frau Rossmann, für diesen so wichtigen Wirtschaftssektor zuständig ist, darf ich sie bitten, die Beantwortung dieser Frage vorzunehmen.

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Werter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind uns, glaube ich, einig darüber, dass sich auch der Tourismus seit dem 11. September neu definiert. Das Thema Sicherheit wird auch im Tourismus in Zukunft im Vordergrund stehen. Österreich als Destination im Naherholungsbereich – ich meine damit Anreise per PKW, Bus oder Bahn direkt aus den umliegenden Ländern wie der Bundesrepublik Deutschland, Schweiz oder Italien – wird in Zukunft auch große Chancen haben.

Eine zweite große Chance liegt im Bereich unserer Familienbetriebe. Wo fühlt man sich wohler und sicherer als im Urlaub bei der Familie? 85 Prozent unserer Betriebe befinden sich im Familienbereich mit nur bis zu vier Mitarbeitern. Das wurde bisher oft als Schwäche ausgelegt, ist aber jetzt unsere absolute Stärke. Daher bin ich sehr optimistisch, dass der Tourismus auch nach dem 11. September erfolgreich sein wird.

Wir haben dort, wo es Probleme gibt – sei es in der Reisebürowirtschaft oder auch in der Städtehotellerie – mehrere Maßnahmen mit Kurzarbeitszeitmodellen gesetzt. Wir haben ferner zusätzlich ein Marketingbudget bereitgestellt. Man muss wissen, dass bisher schon 80 Prozent des gesamten Marketingbudgets der "Österreich Werbung" in Nahmärkte gehen. Wir haben es noch einmal um 20 Millionen Schilling erhöht und wollen mit einer zusätzlichen Städteinitiative im Ausmaß von mehr als 5 Millionen Schilling eben diesem Trend, dass der Städtetourismus derzeit doch rückläufig ist, entgegenwirken.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Frau Staatssekretärin, Sie haben festgestellt, dass Österreich eines der sichersten Länder ist – wir sind sehr froh darüber. Wie waren die Auswirkungen speziell auf den Urlaubs- und Kongresstourismus, Städtetourismus, und wie wird sich das für den Sommer auswirken? Hoffen Sie, dass es hier positive Aspekte geben wird und sich die arbeits- und finanzpolitische Situation der Fremdenverkehrswirtschaft wiederholt beziehungsweise positiv entwickelt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Wir haben im Kongressbereich schon vor einem Jahr die Möglichkeit einer Haftungsgarantieübernahme geschaffen, die auch angenommen wurde, und wir haben damit den Kongress-Standort Österreich stärken können – übrigens als einziges Land in Europa neben den Niederlanden. Wir haben im Städtebereich aber auch mit zusätzlichen Marketingmaßnahmen reagiert, und wir haben der Reisebürowirtschaft unter die Arme gegriffen.

Ich bin sehr optimistisch, dass die zukünftige Wintersaison sehr erfolgreich sein wird. Wir hatten im letzten Jahr einen Rekordwinter, trotz mangelnder Schneelage, und wir haben jetzt schon


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eine Frühbuchungssituation, die in den letzten Jahren untypisch war, nämlich dergestalt, dass Gäste schon Monate voraus den Winterurlaub buchen. Das geht sogar so weit, dass in manchen Skigebieten Betriebe ihre Gäste bereits darauf aufmerksam machen, jetzt zu buchen, weil sie sonst zu Weihnachten kein Quartier mehr bekämen.

In diesem Zusammenhang möchte ich sagen, dass sich die Investitionen der letzten Jahre wirklich bezahlt gemacht haben. Wir haben in Österreich hohe Qualität zu bieten, sowohl im Mitarbeiterbereich als auch in der Ausstattung, und die "Abfertigung neu" wird auch für die Tourismusmitarbeiter einen weiteren Vorteil bieten. Ich sehe es wirklich als einen sozialen Meilenstein für die Tourismusmitarbeiter, weil diese bisher noch nie in diesen Genuss gekommen sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger, bitte.

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Frau Staatssekretärin! Sie haben jetzt von den zusätzlichen Förderungsmitteln oder Unterstützungen, die anlässlich der Ereignisse des 11. September ausgeschüttet wurden, gesprochen. Dabei war auch der Slogan "Österreich ist sicher" zu hören. Inwieweit sich dieser angesichts der Katastrophe innerhalb der Grenzen des guten Geschmacks bewegt, tue ich mich schwer zu beurteilen.

Meine Frage: Wie viel machen die Extraförderungen in Summe aus, die anlässlich der Ereignisse des 11. September ausgeschüttet wurden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Ich habe es eingangs schon erwähnt: Österreich definiert sich als Naherholungsland, das heißt individuelle Anreise mit dem PKW oder mit dem Bus oder mit der Bahn. Wir haben Budget der "Österreich Werbung" in der Höhe von etwa 20 Millionen Schilling umgeschichtet, und wir haben das zusätzlich noch einmal mit einer Städte-Werbekampagne in der Höhe von 5 Millionen Schilling verstärkt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Schwemlein, bitte.

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass diese bescheidenen Mittel nicht ausreichen werden. Wir wissen ja, dass der Städte- und Kongresstourismus einen dramatischen Einbruch erlitten hat. Welche zusätzlichen Schritte haben Sie geplant, um gerade Wien und den Landeshauptstädten, die vom Städtetourismus geprägt sind, verstärkt zu helfen?

Erlauben Sie mir auch anzumerken, dass die Hilfeleistungen, die versprochen werden, ja noch nicht umgesetzt sind, wie am Beispiel Kapruns ersichtlich. Ich entnehme heute den "Salzburger Nachrichten" (Rufe bei den Freiheitlichen: Frage! Frage! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), dass von den versprochenen 14,4 Millionen noch kein Schilling geflossen ist, von den 4 Millionen für die Welttourismusspiele ist auch noch nichts gekommen, und nicht einmal ein Termin mit Ihnen ist möglich.

Welche Schritte haben Sie nun wirklich vor, Frau Staatssekretärin?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Staatssekretärin, bitte.

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Wenn Sie diese Fragestunde dazu verwenden, um Unwahrheiten zu sagen, sei das dahingestellt, aber ich habe wenigstens die Möglichkeit, es zu korrigieren.

Wir haben gerade nach dem tragischen Ereignis in Kaprun ein gebündeltes Budget von mehr als 11 Millionen bereitgestellt. Wir sind in ständiger Verbindung mit dem Tourismusverband Kaprun. Es gab etliche Sitzungen. Wir haben das gesamte Prospektmaterial neu finanziert. Die Mitarbeiter dort wissen es. Ich bin in gutem Kontakt auch mit dem Bürgermeister von Kaprun, der hoch zufrieden ist. Es fehlt lediglich noch eine kleine Tranche von 400 000 S, die in einer


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Arbeitssitzung mit Kaprun errechnet wurden, und man wird uns ganz genau vorlegen, was man in Kaprun damit machen will.

Ausgangsbasis war immer, dass die "Österreich Werbung" dort unter die Arme greift, wo der Tourismusverband von Kaprun nicht die entsprechenden Möglichkeiten hat.

Wir haben ferner 8 Millionen für die Welttourismusspiele in Kaprun bereitgestellt. Die werden am Berg stattfinden, aber auch im Tal. Es wird Sommer- und Winterspiele geben, und ich kann Ihnen jetzt schon sagen, sie werden vom 12. bis 15. Juni stattfinden, und Sie alle sind herzlich dazu eingeladen. Die Tourismuswelt wird auf Kaprun schauen. Wir organisieren das, und es wird uns 8 Millionen Schilling kosten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Haigermoser, bitte.

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Frau Staatssekretärin! Nach der Vernaderungsfrage des Herrn Kollegen Schwemlein (Heiterkeit bei den Freiheitlichen – Rufe bei der SPÖ: Unglaublich! Unerhört!) eine positive Frage, eine positiv gestaltete Frage, Frau Staatssekretärin, nämlich: Was werden Sie tun, um nach den positiven Aussichten für die Wintersaison auch für die Saisonverlängerung im Sommerbereich weitere Aktivitäten zu setzen, um die Chancen, die sich insbesondere im angrenzenden Nachbarschaftsbereich bieten, noch zu verbessern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Staatssekretärin.

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Mares Rossmann: Wir haben das Problem sehr rasch erkannt und haben neue Förderstrukturen ermöglicht. Wir haben eine zentrale Förderstelle geschaffen und haben die Förderrichtlinien so adaptiert, dass alle Maßnahmen zur Saisonverlängerung möglich sind. Wir haben ferner erstmals ermöglicht, dass Freizeiteinrichtungen förderbar sind, sodass Hotelbetriebe zusätzlich Investitionen gefördert bekommen, die in den Freizeitbereich gehen. Ich denke zum Beispiel an zusätzliche Kinderspielplätze, an Wellnessbereiche, alles, was in Zukunft den Jahresbetrieb gewährleistet.

Es ist aber auch wichtig, dass von der Gesamtstrategie her: Wie vermarkten wir Österreich international? der Ganzjahrestourismus in den Vordergrund gestellt wird, und die zukünftigen Werbekampagnen sind auch entsprechend ausgelegt. Im heurigen Winter bewerben wir zum ersten Mal im Winter schon den Sommer mit, nämlich bei unseren Gästen im Land. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit haben wir die 4. Anfrage abgeschlossen.

Die 5. Anfrage stellt Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Bundesminister! Ich habe eine kurze Frage, und ich hoffe, sie wird kurz und sachlich und nicht polemisch wie von Ihrer Vorrednerin beantwortet:

110/M

Wie hoch wird die Arbeitsmarktrücklage im Jahre 2001 sein?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Kurz und genauso sachlich wie die Antworten der Frau Staatssekretärin: 1,5 Milliarden Schilling. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Bundesminister, ich danke; allerdings ist die Wertung der Antworten unterschiedlich.


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Werden Sie diese Summe angesichts der Arbeitsmarktlage für die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen oder für die Abdeckung des Nulldefizites verwenden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Es ist durch die Entwicklung des Wachstums, der Konjunktur auch im Arbeitsmarkt zu einer schwierigen Situation gekommen, sodass die budgetierten Planzahlen nicht erreicht werden können – nicht erreicht werden können im Jahr 2001 und vermutlich auch nicht im Jahr 2002. Das ist Faktum.

Trotzdem gehen alle unsere Anstrengungen dahin, das Budget für die aktive Arbeitsmarktpolitik auf dem Niveau von 11,1 Milliarden Schilling konstant zu halten. Dies ist der Fall, ist im Budget 2002 auch so vorgesehen, sodass Sie damit rechnen können – und auch ich damit rechnen kann –, dass das AMS und auch wir für die aktive Arbeitsmarktpolitik in diesem und im nächsten Jahr Mittel in ausreichender Höhe zur Verfügung haben werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann, bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Wird das Niveau positiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen mit dem Mitteleinsatz des Jahres 2001 auch in den folgenden Jahren zu halten oder gegebenenfalls auszubauen sein?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ja, davon gehe ich aus. Aktive Arbeitsmarktpolitik beweist sich ja weniger in der Arbeitslosenrate insgesamt, denn diese ist in hohem Maße konjunkturabhängig, sondern aus meiner Sicht vielmehr in der Richtung: Welche Erfolge erzielen wir in Sachen Problemgruppen – Langzeitarbeitslose etwa – und letztlich auch anhand der Frage: Wie viele Frauen sind in Beschäftigung, wie viele Jugendliche, wie schaut es mit den älteren Arbeitnehmern aus?

Gerade in diesen Bereichen ist Österreich höchst erfolgreich. Es gibt eine deutliche Reduktion, beispielsweise was die Langzeitarbeitslosigkeit betrifft, sodass wir der aktiven Arbeitsmarktpolitik, die in diesem Land vom AMS, von uns gefahren wird, wirklich ein sehr positives Zeugnis ausstellen können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Derzeit werden schon Maßnahmen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik deshalb schwieriger, weil vor allem die Gleitpension erhebliche Mittel daraus verschlingt und wahrscheinlich auch in Zukunft noch verschlingen wird.

Planen Sie eine Rücknahme der Maßnahmen im Bereich der Gleitpensionen, beziehungsweise können Sie sicherstellen, dass die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik, die sonst noch zur Verfügung stehen, nicht eingeschränkt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Öllinger! Sie sprechen wahrscheinlich die Altersteilzeit an, und ich würde auch hier nicht von "verschlingen" sprechen, sondern wenn eine Maßnahme, die wir setzen, über Erwarten in Anspruch genommen wird – und an der strukturellen Berechtigung dieser Maßnahme gibt es, glaube ich, im Hohen Haus keinen Zweifel –, dann ist das prinzipiell erfreulich.


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Es ist aber richtig, dass natürlich auch der Finanzrahmen jetzt neu zu prüfen ist. Mein Haus stellt in diesen Wochen auch Überlegungen an, inwieweit insbesondere eine Entwicklung gebremst werden kann, die da lautet, dass vor allem öffentliche Arbeitgeber diese Altersteilzeit in Anspruch nehmen. Das ist nicht unbedingt die Zielgruppe, die wir im Auge hatten, weil ja Arbeitnehmer bei öffentlichen Arbeitgebern ohnehin in gesicherten Arbeitsverhältnissen sind und waren. Hier gibt es gewisse Überlegungen zur Modifizierung der Altersteilzeit, um ein Ausufern der finanziellen Aufwendungen im Rahmen zu halten. Sobald wir Genaueres wissen, werde ich dem Hohen Haus und Ihnen gerne berichten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner, bitte.

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Bundesminister! Wie wirken sich denn die wirtschaftliche Entwicklung und auch die Arbeitsmarktentwicklung auf die Überlegungen aus, das Arbeitsmarktservice in eine GesmbH umzuwandeln?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Es hat nur indirekte Auswirkungen; und zwar insbesondere im Hinblick auf die Frage der Kapitalausstattung, wobei ich zurzeit gerade prüfen lasse, inwieweit durch eine entsprechend enge gesetzliche Formulierung, sprich: die Vorgabe, dass durch die entsprechende Beitragsgestaltung alle Notwendigkeiten der Budgetierung im Bereich des AMS abgedeckt werden, eine solche Rücklage gering gehalten wird.

Aber wie hoch auch immer eine derartige Schwankungsrücklage ausfallen muss: Sie ist in Zeiten einer sehr erfreulichen Arbeitsmarktentwicklung natürlich leichter zu dotieren als in einer Phase, in der wir im Jahresabstand um gut 20 000 Arbeitslose mehr haben als im Jahr zuvor.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Damit haben wir dieses Thema behandelt.

Wir kommen nun zur 6. Anfrage, und zwar ist das jene des Herrn Abgeordneten Gaugg. – Bitte.

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die "Abfertigung neu" stellt einen sozialpolitischen Meilenstein in der Entwicklung des österreichischen Arbeitsrechtes dar. Nicht nur alle politischen ... (Rufe bei der SPÖ: Frage!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Verlesung des Textes der Anfrage! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) So wird das von mir gegenüber allen Abgeordneten gehandhabt.

Abgeordneter Reinhart Gaugg (fortsetzend): Ich halte es wie alle anderen und wollte meine Frage nur mit ein, zwei Sätzen einbegleiten, aber ich stelle schon die Frage, Herr Bundesminister:

106/M

Wann ist mit einem Beginn der Umsetzung des Projektes "Abfertigung neu" zu rechnen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Gaugg! Die Sozialpartner haben vor nicht einmal 24 Stunden das Konzept zu diesem Thema der Öffentlichkeit vorgestellt. Wir werden in den nächsten Tagen – der Herr Bundeskanzler wird zu einem Termin einladen – gewissermaßen auch die Vorstellung dieses Konzeptes gegenüber der Bundesregierung erleben. Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass die Bundesregierung gerne die Eckpunkte dieses Konzeptes verfolgen wird. Ich denke aber doch, dass dieses große Vorhaben einer ausreichenden Begutachtung unterzogen werden sollte und nicht etwa per Initiativantrag rasch ins Haus einzubringen ist. Wenn man das ins Kalkül zieht, ist der 1.1.2002 nicht mehr erreichbar.


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Wie gesagt, ein derartig epochales, zukunftsweisendes Projekt wie "Abfertigung neu", betriebliche Pensionsvorsorge jetzt rasch ins Haus und durch das Haus zu bringen, hielte ich für nicht optimal, sodass ich mit einer Beschlussfassung und mit einem In-Kraft-Treten im Laufe des Jahres 2002 rechne. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wird eine Zusatzfrage gewünscht? (Abg. Gaugg: Nein, danke, Herr Präsident, sonst handle ich mir wieder eine Rüge ein!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Dann darf ich den Kollegen Donabauer aufrufen. (Rufe bei der SPÖ: Der ist nicht hier!)

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Wie wir soeben gehört haben und auch aus den Zeitungen wissen, hat es gestern eine ... (Abg. Parnigoni: Das ist ja nicht der Donabauer! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Er heißt "Donnerbauer"!) Entschuldigen Sie, ich weiß nicht, was es da für eine Aufregung gibt!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich habe einen Fehler gemacht. In meinem Manuskript steht "Donnerbauer", und ich dachte, das sei ein Schreibfehler der Parlamentsdirektion und es handle sich um den Abgeordneten Donabauer, was aber nicht der Fall ist, sondern Herr Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer stellt die Zusatzfrage. (Beifall bei der ÖVP.)

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (fortsetzend): Danke. – Sehr geehrter Herr Minister! Wenn ich noch einmal beginnen darf: Wir haben soeben gehört, dass es eine erfreuliche Einigung der Sozialpartner zu einem neuen Abfertigungsmodell gibt, das also durchaus positiv erscheint. Es soll zwischen den Sozialpartnern auch eine Einigung dahin gehend geben, dass für Unternehmer ein äquivalentes System eingeführt werden soll. Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister: Gibt es hier schon konkrete Arbeiten Ihres Ressorts? Wird es zeitgleich auch eine Möglichkeit für Unternehmer, in steuerlich ähnlicher Form etwas anzusparen, geben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Sie haben noch einmal auf die erfreuliche Einigung der Sozialpartner hingewiesen, und ich stehe nicht an, den Sozialpartnern, so sie im Hohen Haus vertreten sind, auch persönlich zu danken und ihnen zu gratulieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

Was eine Art von Äquivalent für Selbständige, für Arbeitgeber anbelangt, so habe ich davon Kenntnis, dass diese Einigung einen Passus im Sinne einer Absichtserklärung enthält. Das ist sicherlich noch auszuformulieren und zu überlegen, und auch die Kosten sind da noch zu diskutieren, wie im Übrigen ja auch einiges an Kostenfragen für Familienfonds, für Krankenversicherung, für das Budget zu diskutieren sein wird.

Also wenn ich sage, die Eckpunkte dieser Sozialpartnereinigung sind wahrhaft zukunftsweisend, so muss es möglich sein, finanzielle Auswirkungen in Richtung dritter Strukturen und Institutionen zu hinterfragen. Das gilt auch hier. Aber es wäre prinzipiell wünschenswert, wenn es auch für Selbständige, für Arbeitgeber ein vergleichbares Modell eines Ansparens einer betrieblichen Zusatzpension geben würde. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Das Modell "Abfertigung neu", soweit wir es kennen, garantiert erst nach rund 40 Jahren eine ähnliche Höhe der Abfertigung wie derzeit das alte Modell nach 25 Jahren – wegen eines sehr niedrigen Beitragssatzes und eines allerdings sehr hoch kalkulierten Zinssatzes, zu dem die Gelder veranlagt werden.

Planen Sie hier Änderungen des Beitragssatzes in Richtung Erhöhung der Beitragssätze? Oder, anders gefragt: Halten Sie diesen Zinssatz für realistisch?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Öllinger! Dieser Beitragssatz von 1,53 Prozent ist dann nicht zu niedrig, wie Sie sagen, wenn man einkalkuliert, dass sich gegenüber den früheren Überlegungen, letztlich auch gegenüber den Vorgaben der Koalitionsvereinbarung zwei wesentliche Dinge geändert haben. – Ich meine, beide Dinge zum Guten. – Es werden nämlich nicht nur 25 Jahre lang, nicht mehr nur bis zum 45. Lebensjahr Beiträge entrichtet, sondern während der gesamten Erwerbsbiographie eines Arbeitnehmers.

Und zum Zweiten: Nicht erst nach dem ersten Jahr, sondern schon von Anfang an oder nach dem gesetzlichen Probemonat – was zum Beispiel deutliche Verbesserungen insbesondere für die Tourismusbranche mit sich bringt – werden Beiträge gezahlt. Beides sind Elemente, die natürlich zu einer Herabsetzung des Beitragssatzes führen können.

Dass Sie solche Berechnungen anstellen, ist durchaus legitim. Ich stelle eine andere Berechnung an. Ich sage: Zwei Drittel der Arbeitnehmer dieses Landes haben weder nach drei Jahren noch nach 25 Jahren, noch nach irgendeiner Frist irgendeine Abfertigung gesehen, und die bekommen in Zukunft entweder eine Abfertigung und/oder eine betriebliche Zusatzpension. Das ist das sozial Gerechte und Zukunftsweisende an diesem Modell. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Einem, bitte.

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Bundesminister! Das Modell ist zukunftsorientiert. Meine Frage: Sind Sie bereit, etwa auch der Anregung Ihres Parteifreundes Spindelegger Folge zu leisten und den Beitragssatz von 1,53 Prozent zu erhöhen oder, wie er sich ausgedrückt haben würde, einen höheren Beitragssatz herauszuholen, damit die Frist früher verstrichen ist, früher eine "Abfertigung neu" erreicht werden kann?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Einem! Ich habe schon darauf verwiesen: Dieses Sozialpartnermodell ist noch nicht einmal 24 Stunden alt. Es ist zweifellos einer der Eckpunkte und einer der materiell relevantesten Inhalte dieser Einigung, dass der Beitragssatz mit 1,53 Prozent festgelegt wurde. Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung bei ihren Überlegungen und auch mein Haus bei der Ausarbeitung der Regierungsvorlage von diesem Beitragssatz ausgehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Damit haben wir die 6. Anfrage erledigt.

Die 7. Anfrage formuliert Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

107/M

Welche Schritte gedenken Sie zu setzen, um – angesichts eines im Bereich der Arbeitslosenversicherung zu erwartenden Abgangs von rund zehn Milliarden Schilling in den Jahren 2001 und 2002 – eine Kürzung der Leistungen des AMS zu verhindern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Öllinger! Sie wissen so gut wie ich, dass das keine kommunizierenden Gefäße sind. Die aktive Arbeitsmarktpolitik und die Gebarung der Arbeitslosenversicherung sind keine kommunizierenden Gefäße. Abgänge aus dem Titel Arbeitslosenversicherung hat der Finanzminister, hat das Budget zu bedecken, das ist gesetzlich so vorgesehen.


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Zum Zweiten sage ich Ihnen, dass die von Ihnen kolportierten zehn Milliarden jenseits auch des oberen Rahmens des Risikos liegen. Aus heutiger Sicht ist gegenüber dem Budget für 2001 mit einem Abgang von 3,5 bis 4 Milliarden zu rechnen. Die wirtschaftliche Entwicklung für das nächste Jahr ist nicht präzise vorhersehbar, aber aus heutiger Sicht ist mit 4 bis 5 Milliarden Schilling zu rechnen. Das heißt, dass sich 10 Milliarden daraus nicht ergeben werden.

Aber noch einmal: Diese Abgänge sind auch im Wege der automatischen Stabilisatoren gewissermaßen aus dem Budget zu decken und nicht etwa aus der aktiven Arbeitsmarktpolitik.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Frau Abgeordnete Silhavy hat deshalb nicht zu Unrecht die Frage nach der 1,5-Milliarden-Arbeitsmarktrücklage gestellt. Ich präzisiere: Werden Sie diese Mittel – 1,5 Milliarden Arbeitsmarktrücklage – verwenden, um die dringend notwendigen Nachbesserungen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik für den Rest von 2001 beziehungsweise 2002 vorzunehmen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich kann Ihnen das beim besten Willen heute noch nicht beantworten. Das, was ich Ihnen ebenso wie Frau Abgeordneter Silhavy konkret zusagen kann, ist, dass die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik gemäß auch dem vom Hohen Haus schon beschlossenen Budget auch im Jahr 2002 auf dem hohen Niveau, auf dem aus meiner Sicht ausreichend hohen Niveau von 11,1 Milliarden Schilling belassen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dietachmayr, bitte.

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Bundesminister! Die Mittel der Arbeitsmarktpolitik waren immer besonderes Ziel der Begehrlichkeit dieser Regierung. Werden Sie, um das Nulldefizit zu erreichen, weitere massive Leistungskürzungen bei arbeitslosen Menschen vornehmen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dietachmayr, ich darf das ergänzen: Diese Mittel waren immer das Ziel besonderer Begehrlichkeit jeder Regierung. Sie stehen auf dem Platz des früheren Finanzministers Edlinger: Abschöpfungen hat es in der Regierung eines Finanzministers Edlinger ebenso gegeben, wie es sie heute gibt. Daran darf ich Sie der guten Ordnung halber schon erinnern.

Die Ausgliederung des AMS hat aus meiner Sicht unter anderem zum Ziel, solche Abschöpfungen in Zukunft hintanzuhalten. Einen fairen, gerechten Beitrag für die Pensionen seitens der Arbeitslosenversicherung, seitens der Gebarung zu bezahlen ist wichtig, aber eine Abschöpfung, wie sie bisher besteht, nämlich Pensionsversicherungsbeiträge plus das, was sonst noch da ist, abzuschöpfen, hoffe ich mit der Ausgliederung und damit mit dem Jahr 2003 hintanhalten zu können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Gaugg, bitte.

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Werter Herr Bundesminister! Welche zusätzlichen Maßnahmen werden Sie im Jahre 2002 zusammen mit dem Arbeitsmarktservice betreffend die Jugendbeschäftigung vollziehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Abgeordneter Gaugg! Es ist noch nicht einmal zwölf Stunden her, da hat das Hohe Haus das Jugendaus


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81. Sitzung / Seite 29

bildungs-Sicherungsgesetz beschlossen. Im Rahmen dessen werden wir wiederum diejenigen jungen Menschen, die zwar einen Lehrplatz suchen, aber keinen bekommen, in Lehrgänge einbinden. Es soll niemand auf der Straße stehen, und es wird auch niemand auf der Straße stehen. Das war in der Vergangenheit so, und das wird auch heuer so sein. Die Mittel sind bereitgestellt, und das AMS wird das auch in Zukunft durchführen, nicht mehr das Ministerium direkt. Das ist eine wirklich vorkehrende Politik für die jungen Menschen in diesem Land. Wir wollen, dass diese jungen Menschen nicht etwa auf der Straße stehen, sondern die gewünschten Lehrplätze erhalten, und dafür ist Sorge getragen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer, bitte.

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Woher nehmen Sie die Mittel für Arbeitsstiftung und Kurzarbeit?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Aus dem Budget des AMS. Es ist ja auch das jeweils eine Vereinbarung, die das AMS mit den Sozialpartnern schließt. Ich bin da informiert, ich trage das selbstverständlich mit, aber ich verlasse mich da sehr auf die Bundesstelle des AMS, Herrn Buchinger, Herrn Böhm; sie machen das auch ganz ausgezeichnet.

Es ist ja über Jahre eine derartige Arbeitsstiftung nicht mehr zu finanzieren gewesen. In der Folge des BSE-Skandals und der BSE-Krise war es dann im Bereich der Fleisch verarbeitenden Branche notwendig, und jetzt könnte es leider Gottes im Bereich der Airlines eine derartige Variante einer Arbeitsstiftung geben: Kurzarbeit – die Frau Staatssekretärin hat ja in der Öffentlichkeit schon mehrfach darauf hingewiesen – im Bereich der Hotellerie, im Bereich der Reisebüros und, sofern das notwendig ist, auch im Bereich der österreichischen Airlines, weil eben diese Branchen überproportional von den Ereignissen des 11. September und deren Auswirkungen betroffen sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals. Herr Bundesminister, ich danke Ihnen, und ich danke auch der Frau Staatssekretärin.

Ich erkläre die Fragestunde hiemit für beendet. – Wir haben zwei Fragen nicht erledigt.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

Präsident Dr. Heinz Fischer: Um den Punkt 20 der Tagesordnung der heutigen Sitzung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes Abstand zu nehmen. Dabei handelt es sich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Strafgesetzbuch. Die Vorlage hat die Beilagennummer 840.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für diesen Ausschussbericht ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, dass das mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit, ja sogar einstimmig angenommen ist.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Stoisits hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.


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Antrag auf Absetzung des Tagesordnungspunktes 1 von der Tagesordnung

9.58

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Absetzung des Tagesordnungspunktes 1 von der Tagesordnung der heutigen Sitzung des Nationalrates beantragen und beantrage gleichzeitig auch eine Debatte über diesen meinen Antrag. Begründen möchte ich das wie folgt:

Ich habe über die Medien, ORF Online und auch heute im "Morgenjournal" die Nachricht vernommen, dass die Koalitionsparteien beabsichtigen, anlässlich der geplanten Änderung des Strafgesetzbuches unter Tagesordnungspunkt 1 des heutigen Vormittages einen Abänderungsantrag in zweiter Lesung im Nationalrat einzubringen, in dem es massive Änderungen des Strafgesetzbuches gibt.

Herr Präsident! Die inhaltliche Dimension dieses Antrages kann ich nicht beurteilen, denn die Opposition kennt diesen Antrag bis jetzt nicht. Ich weiß nur, was in ORF Online steht: dass man beabsichtigt, etwas zu tun. Deshalb kann ich dazu auch nicht Stellung nehmen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass die grüne Fraktion durchaus gesprächsbereit ist, wenn es eine Notwendigkeit gibt, gesetzliche Bestimmungen angesichts der neu entstandenen, jetzt auch weltpolitischen, aber auch innenpolitischen Situation zu ändern.

Was wir aber keinesfalls akzeptieren können, ist, dass in diesem Parlament eine Praxis eingeführt wird, mit der das Strafgesetzbuch in zweiter Lesung geändert wird.

Herr Präsident! Ich bin schon seit einigen Jahren im Justizausschuss des Nationalrates tätig, und dieser ist für seine sorgfältige Arbeit bekannt. Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass der Justizausschuss seit einem Jahr von einer Enquete-Kommission begleitet wird, die sich genau diesen Fragen der Änderung von strafrechtlichen Bestimmungen in unserem Land widmet. Darum ist es uns völlig unverständlich, warum man nicht beim seit Jahren bewährten Procedere, warum man nicht bei dieser geübten Praxis bleibt, nämlich Änderungen des StGB im Ausschuss zu diskutieren und den Rat von Fachleuten – so wie uns die Experten jetzt in dieser Enquete-Kommission zur Verfügung stehen – einzuholen, und zwar abseits der Frage der Zustimmung oder von Mehrheiten.

Deshalb auch mein Antrag auf Absetzung von TOP 1 von der heutigen Tagesordnung.

Bei der nächsten Sitzung des Nationalrates im November kann dieser Punkt wieder auf die Tagesordnung kommen, wenn dazwischen in einer Sitzung des Justizausschusses diese von der Regierung beabsichtigten Maßnahmen auch diskutiert worden sind. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

10.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Wie Sie gehört haben, geht es hier nicht um eine Einwendung und Einwendungsdebatte, sondern um einen auf § 49 Abs. 5 gestützten Antrag, der es ermöglicht, einen Tagesordnungspunkt der Tagesordnung hinzuzufügen beziehungsweise einen von der Tagesordnung abzusetzen. Dafür wäre allerdings eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.

Bevor ich aber diese Sachabstimmung durchführe, ist auch über den Antrag abzustimmen, der sich auf § 59 Abs. 3 der Geschäftsordnung stützt, darüber eine Debatte abzuhalten. Einer bisherigen Praxis folgend, werde ich jenen Fraktionen, die es wünschen, Gelegenheit zu einer kurzen Stellungnahme geben. Dann werden wir über den Antrag betreffend Durchführung einer Debatte abstimmen. Falls dieser Antrag eine Mehrheit findet, wird die Debatte geführt werden. Falls er keine Mehrheit findet, findet gleich die Sachabstimmung selbst statt.

Zu einer kurzen Stellungnahme hat sich Herr Klubobmann Dr. Khol zu Wort gemeldet. – Bitte.

10.03

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man muss wissen, worum es geht. (Abg. Mag. Maier: Das wollen wir ja


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wissen!) Es geht darum, dass wir wegen der "Trittbrettfahrer", die zur allgemeinen Angst vor Bakterienkriegsführung und Kriegsführung mit chemischen Waffen beitragen, die Strafbestimmungen sofort verschärfen und damit die Abschreckung erhöhen wollen, sodass solche Menschen die Situation nach dem 11. September, die Terrorbedrohung, nicht dazu nützen, um durch Anrufe wie "Es liegt eine Bombe im Auto!" oder durch Briefe, in denen Waschpulver enthalten ist, mit der Aufschrift "Es ist Anthrax" ihre Mitbürger, die Bevölkerung in diesem Land in Furcht und Schrecken zu versetzen.

Der Nationalrat muss rasch alles tun, um dem entgegenzuwirken. Das, was gestern gesagt wurde, dass die Sicherheit unserer Mitbürger das oberste Gebot sei, muss auch eingehalten werden. Daher müssen wir jetzt genauso schnell arbeiten, wie wir gearbeitet haben (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger ), als die Republik Österreich die Staatshaftung für die Austrian Airlines übernommen hat, die plötzlich keinen Versicherungsschutz mehr hatten. Da haben wir hier binnen eines Tages ein Gesetz gemacht. Uns müssen doch die Menschen wichtiger sein als die Flugzeuge! Daher müssen wir diese Änderung heute beschließen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stoisits: In einem Ausschuss!)

Ich kann nur sagen – und da bin ich emotional (Abg. Dr. Lichtenberger: Wer hat Sie gehindert, uns zu informieren? Das ist zynisch!)  –: Wer diesem Antrag auf Absetzung des Tagesordnungspunktes 1 zustimmt, der hat ganz genau das Gegenteil dessen im Auge, was wir wollen, nämlich die Sicherheit unserer Mitmenschen schützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es kommt einmal mehr zum Ausdruck, dass die Grünen der Sicherheitsexekutive nicht jene Unterstützung bieten (Widerspruch bei den Grünen), die sie braucht, um die Sicherheit im Lande zu gewährleisten.

Wir werden keiner Debatte zustimmen, wir werden der Absetzung dieses Antrages nicht zustimmen. Wir werden heute, wie wir es immer getan haben, rechtzeitig Abänderungsanträge zur Verfügung stellen. (Unruhe bei der SPÖ und den Grünen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Es ist möglich, eine Strafdrohung, die bisher sechs Monate bis drei Jahre betragen hat, auszudehnen. Das ist ein Antrag von wenigen Zeilen. Wenn Sie diesen Punkt absetzen wollen – Sie wissen nämlich ganz genau, worum es geht! –, dann wollen Sie verhindern, dass wir Trittbrettfahrer durch eine höhere Strafandrohung davon abhalten, unser Land in Schrecken zu versetzen. Das, was Sie vorhaben, ist gegen die Sicherheit im Lande! (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Ing. Westenthaler. – Bitte.

10.06

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir heute hier erleben, ist die Fortsetzung grüner Blockade- und Verhinderungspolitik in den wesentlichsten, aktuellsten Sicherheitsfragen, die für die Bevölkerung von entscheidender Bedeutung sind. Mein Kollege Klubobmann Khol hat bereits darauf hingewiesen, dass Menschen hierzulande, in ganz Europa und auf der ganzen Welt in Angst vor Angriffen mit Biowaffen, vor Angriffen mit Anthrax, vor Angriffen auf ihre Gesundheit leben und dass die österreichische Bundesregierung sowie die verantwortungsvollen Parteien und Politiker dieses Landes in dieser Sitzung heute Maßnahmen gegen diese "Trittbrettfahrer" beschließen wollen, die die Angst der Menschen für ein böses Spiel ausnützen wollen.

Unter dem Tagesordnungspunkt 1 wollen wir diese Änderung beschließen und auch – und das wollen Sie verhindern, um nichts anderes geht es Ihnen – die Erweiterung der Polizeibefugnisse. Wir von den Regierungsfraktionen wollen mit den modernen Mitteln der Polizeibefugnisse auch hier in Österreich dafür sorgen, dass die Sicherheit erhöht und dem Schutzbedürfnis der Österreicher Rechnung getragen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich erachte es für wirklich unglaublich und unfassbar, dass sich die grüne Fraktion heute, an diesem Tag, an dem es einmal mehr Anthrax-Alarm gibt, an dem die amerikanische Regierung


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erstmals eine weltweite Anthrax-Warnung ausgesprochen hat, hier herstellt und verhindern will, dass die Bundesregierung und die beiden Regierungsparteien bessere Methoden gegen Trittbrettfahrer und auch bessere Methoden für die Terror- und Kriminalitätsbekämpfung beschließen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen! Bezüglich Ihrer bisherigen Linie, zu der Ihnen Ihre eigenen Parteifreunde wie Voggenhuber schädigendes Verhalten und auch vorgeworfen haben, dass Sie isoliert seien, sage ich Ihnen Folgendes: Wenn Sie so wie heute hier weitermachen und die Menschen nicht schützen wollen, sondern Maßnahmen, die für den Schutz der Menschen sind, verhindern wollen, dann bewegen Sie sich nahe an der Grenze der Staatsgefährdung, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen! Das muss man Ihnen vorwerfen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich erachte daher eine Debatte darüber, diesen Tagesordnungspunkt abzusetzen, für völlig unnotwendig. Ich denke, wir sollten die Debatte so durchführen, wie sie geplant ist. Ich bewerte den heutigen Akt der Grünen als Verzweiflungsakt auf Grund ihrer eigenen Position und als beispiellose Fortsetzung ihrer innenpolitischen und außenpolitischen Geisterfahrt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

10.09

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, ich verstehe die Aufregung. Aber Sie sollten über sich selbst aufgeregt sein, denn Sie waren bis zur Stunde nicht dazu imstande, diesen Abänderungsantrag hier vorzulegen. Das ist eine Umgangsweise ... (Abg. Dr. Khol: Er liegt oben!)  – Ja, er liegt oben! (Abg. Ing. Westenthaler: Sie können ihn lesen!)

Sie haben genug Zeit gehabt! Sie haben tagelang, wochenlang Zeit gehabt, uns über den Inhalt des Antrages, den Sie heute vorlegen wollen, zu informieren. Sie haben das nicht getan! So geht man mit der Opposition im Parlament nicht um! Das muss Ihnen einmal gesagt werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Khol überreicht Abg. Dr. Cap ein Exemplar des Abänderungsantrages. – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stoisits: Das ist "Parlamentarismus"! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ja, es ist auch in Ordnung, dass jetzt vor laufender Fernsehkamera die Zuseher sehen können, dass wir diesen Antrag erst in der laufenden Debatte bekommen. Das war ein guter Beweis. Jetzt kann es jeder sehen.

Meine Frage ist jene: Wieso waren Sie nicht dazu imstande? Wieso konnten Sie sich über den Inhalt dieses Antrages nicht einigen? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wieso sind Sie erst zu diesem späten Zeitpunkt dazu bereit, den Antrag hier vorzulegen? Dieser Moment zeigt, dass Sie inkompetent sind, unfähig sind, wirklich die Terrorgefahr zu begreifen und dagegen Schritte zu unternehmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber schlimmer ist noch, dass Ihren beiden Redebeiträgen zu entnehmen ist, dass Sie gewillt sind, hier ein Spiel mit den Ängsten der Österreicherinnen und Österreicher zu spielen. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das ist der wahre Skandal an der jetzigen Debatte! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Öllinger: Die Trittbrettfahrer der Angst!)

Die Trittbrettfahrer sind jetzt schon mit bis zu drei Jahren Haftstrafe bedroht. Das muss auch einmal eindeutig klargestellt werden. (Abg. Ing. Westenthaler: Wir wollen zehn Jahre, Herr Kollege Cap! Sind Sie dagegen?)

Aber ich sage Ihnen noch etwas: Ich sehe keinen Grund dafür, die Tagesordnung zu ändern. Das sage ich einmal ganz offen. Das soll hier debattiert werden, wir können auch jetzt eine Debatte dazu führen. Das Parlament ist der Ort, wo zu debattieren ist. Wir sind daher für die Debatte – das ist ganz klar –, aber mit dem Impetus, mit dem gespielten Theater, mit der gespiel


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ten Aufgeregtheit, wie Sie versuchen, Ihre eigene Unfähigkeit zu kaschieren und hier permanent "Haltet den Dieb!" zu rufen, können wir nicht übereinstimmen. Es werden sich die Zuseher, die Wählerinnen und Wähler, die Österreicherinnen und Österreicher ein Bild davon machen, wie Sie mit den Ängsten der Bevölkerung umgehen und wie Sie glauben, Terror in Österreich bekämpfen zu können. Diese Vorgangsweise wird sich richten! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich lasse jetzt über den auf § 59 der Geschäftsordnung gestützten Antrag abstimmen, über den Antrag auf Absetzung des Tagesordnungspunktes 1 eine Debatte durchzuführen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag auf Durchführung einer Debatte zustimmen, sich von ihren Sitzen zu erheben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag auf Durchführung einer Debatte ist somit abgelehnt. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung Grüne –: Abgeblitzt! Pilz ist nicht da! Van der Bellen versäumt die Abstimmung!)

Wir kommen sogleich zu dem auf § 49 Abs. 5 gestützten Antrag, den Punkt 1 der heutigen Tagesordnung von der Tagesordnung abzusetzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag auf Absetzung von der Tagesordnung zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Damit ist der Antrag auf Absetzung des Punktes 1 von der heutigen Tagesordnung abgelehnt.

Es bleibt somit bei der ausgegebenen Tagesordnung.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen darf ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäfts- und Rechtsverkehrs geregelt (E-Commerce-Gesetz – ECG) und das Signaturgesetz sowie die Zivilprozessordnung geändert werden (817 der Beilagen),

Abgabenänderungsgesetz 2001, AbgÄG 2001 (827 der Beilagen),

Bildungsdokumentationsgesetz (832 der Beilagen),

Mineralrohstoffgesetznovelle 2001 (833 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (59. Novelle zum ASVG) (834 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (26. Novelle zum GSVG) (835 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird (12. Novelle zum FSVG) (836 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (25. Novelle zum BSVG) (837 der Beilagen),


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Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (29. Novelle zum B-KUVG) (838 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (10. Novelle zum NVG 1972) (839 der Beilagen),

2. Dienstrechts-Novelle 2001 (842 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 3. Quartal 2001 (Vorlage 30 BA).

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Arbeitnehmerschutz-Reformgesetz – ANS-RG (802 der Beilagen);

Bautenausschuss:

Antrag 529/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Arbeitszeitgesetz und das Bundesgesetz über steuerliche Sondermaßnahmen zur Förderung des Wohnbaues geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2002 – WRN 2002);

Budgetausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (780 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (781 der Beilagen),

Budgetüberschreitungsgesetz 2001 – BÜG 2001 (783 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2002 geändert wird (BFG-Novelle 2002) (784 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert wird (8. BFG-Novelle 2001) (785 der Beilagen);

Familienausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert werden (828 der Beilagen);

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz und das Bundesgesetz über die Gründung einer Bundespensionskasse AG geändert werden (775 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Staatsschuldenausschusses geändert wird (776 der Beilagen),


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Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Land Burgenland aus Anlass der 80-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich (778 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2001 geändert wird (779 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Kraftfahrgesetz 1967 und das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer geändert werden (782 der Beilagen);

Gesundheitsausschuss:

Gehaltskassengesetz 2002 (770 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz, das Medizinproduktegesetz und das Arzneibuchgesetz geändert werden (777 der Beilagen);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert und ein Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundeskriminalamtes erlassen wird (806 der Beilagen);

Justizausschuss:

Antrag 527/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend die Unterstützung der Initiative des Vereinigten Königreichs, der Französischen Republik und des Königreichs Schweden im Hinblick auf die Annahme eines Rahmenbeschlusses über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen oder Geldbußen durch den Rat;

Kulturausschuss:

Bundesgesetz über die Österreichische Bibliothekenverbund und Service Gesellschaft mit beschränkter Haftung (830 der Beilagen),

Antrag 528/A der Abgeordneten Dr. Andrea Wolfmayr, Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz neu erlassen sowie das Forschungsorganisationsgesetz, das Bundesgesetz zur Errichtung einer Museumsquartier-Errichtungs- und Betriebsgesellschaft und das Bundesgesetz betreffend die Finanzierung des Erwerbs der "Sammlung Leopold" geändert wird;

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 526/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen betreffend Aufrechterhaltung einer humanitären Flüchtlingspolitik;

Verfassungsausschuss:

Verwaltungsreformgesetz 2001 (772 der Beilagen);

Verkehrsausschuss:

Euro-Umstellungsgesetz Verkehr, Innovation und Technologie – EUGVIT (803 der Beilagen),

Antrag 523/A (E) der Abgeordneten Kurt Eder und Genossen betreffend die Erstellung eines Telekommunikationsberichtes der Österreichischen Bundesregierung;

Wirtschaftsausschuss:

Euro-Umstellungsgesetz Patent-, Marken- und Musterrecht – EUG-PMM (800 der Beilagen),


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Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird (815 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird (816 der Beilagen),

Antrag 524/A (E) der Abgeordneten Georg Oberhaidinger und Genossen betreffend die Förderung erneuerbarer Energie im liberalisierten Markt,

Antrag 525/A (E) der Abgeordneten Georg Oberhaidinger und Genossen betreffend die Erstellung eines neuen Energieberichts.

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2756/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf vor Eingang in die Tagesordnung darauf verweisen, dass mir ein Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 2756/AB durch den Herrn Bundesminister für Justiz zur Anfrage der Abgeordneten Mag. Stoisits betreffend Strafvollzug in Österreich abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet, da es heute weder eine Dringliche Anfrage noch einen Dringlichen Antrag gibt, um 15 Uhr statt.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 2 bis 6, 8 und 9, 12 und 13 sowie 14 bis 19 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Somit wird in dieser Form vorgegangen, und die genannten Tagesordnungspunkte werden gemeinsam debattiert werden.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde folgender Konsens über die Dauer der Debatten erzielt: Es liegt der Vorschlag vor, eine Tagesblockzeit von 8 "Wiener Stunden" festzulegen, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 156 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 116 Minuten, Grüne 92 Minuten.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden. Ich frage, ob es Einwendungen gegen diesen Vorschlag gibt. – Das ist nicht der Fall. Damit ist das einvernehmlich so festgelegt.

1. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (487 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung und das Strafvollzugsgesetz geändert werden,

über die Regierungsvorlage (754 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Einführungsgesetz zum Strafvollzugsgesetz, das Militärstrafgesetz, das Geschworenen- und Schöffengesetz 1990, das Mediengesetz, das Bewährungshilfegesetz und das Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2001),


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über die Regierungsvorlage (755 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975 und das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 105/1997 im Bereich besonderer Ermittlungsmaßnahmen geändert werden (Strafprozessnovelle 2001)

sowie über den Antrag 257/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (787 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Mir wird berichtet, dass Kollege Miedl als Berichterstatter das Wort für eine Druckfehlerberichtigung wünscht. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Berichterstatter Werner Miedl: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erstatte Bericht über den Entwurf eines Bundesgesetzes in 787 der Beilagen, mit dem das Strafgesetzbuch und mehrere andere strafrechtsrelevante Gesetze geändert werden sollen. Dabei sind mir zwei Fehler aufgefallen, die ich Ihnen zur Kenntnis bringen möchte:

"1. In Art. II Z 19 ist der Gesetzestext in Abs. 2 Z 2 einzurücken." – Das war ein Layout-Problem.

"2. In Art. IV Z 11 ist der Ausdruck ,xx’ jeweils durch die Ziffer ,10’ zu ersetzen."

Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, diese beiden Änderungen zur Kenntnis zu nehmen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Berichterstatter und bitte um Kenntnisnahme seiner Ausführungen unter dem Titel Druckfehlerberichtigung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

10.17

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe soeben den Abänderungsantrag bekommen, von dem Sie heute gesprochen haben. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich denke, dass eigentlich kein anderer Eindruck entstehen kann als folgender: Der Umgang, wie Sie sich heute hier mit Sicherheitsthemen der Öffentlichkeit präsentieren, ist aus meiner Sicht ein beschämender. Ich glaube, dem, was Kollege Cap hier gesagt hat, kann man nichts mehr hinzufügen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dass Sie hier auf dem Rücken der Österreicherinnen und Österreicher in einer solch sensiblen Materie eine derartige Vorgangsweise wählen, wie Sie es heute getan haben, ist tatsächlich skandalös. Das ist in Europa im Rahmen einer Sicherheitsdebatte wohl einzigartig. Das ist kein Ruhmesblatt. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Khol und Herr Abgeordneter Westenthaler sind jetzt nicht hier. (Abg. Dr. Khol: Sind hier, "Eurolim"!)  – Herr Abgeordneter Khol ist hier, Herr Abgeordneter Westenthaler nicht, was ja schließlich auch zeigt, mit welchem Interesse Sie hier an die Materie herangehen (Abg. Dr. Ofner: Wo ist der Gusenbauer?), von der Sie in der Öffentlichkeit permanent erklären, wie wichtig sie Ihnen, wie wichtig sie insbesondere Herrn Westenthaler sei. (Abg. Dr. Khol  – auf den leeren Sitzplatz des Abg. Dr. Gusenbauer weisend –: Wo ist er?) Bei den Freiheitlichen ist ungefähr ein Drittel der Abgeordneten anwesend; da können sich die Zuseher zu Hause ein Bild davon machen, was Sie einerseits sagen und was Sie andererseits tatsächlich vorzeigen. Auch das ist beschämend, aber bezeichnend! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Achatz: Wo ist der Herr Gusenbauer?)

Herr Klubobmann Khol! Ich halte fest: Sie als Parlamentarier, der Sie immer Wert darauf legen, sich als Vorzeigeparlamentarier zu präsentieren, als jemand, dem die Grundrechte und die Dis


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kussionsfreiheit besonders am Herzen liegen (Abg. Dr. Khol: Danke!), haben sich heute hier erdreistet – ich bedauere dieses Wort, aber ich finde dieses Verhalten wirklich skandalös –, eine Debatte über einen Antrag, über einen Abänderungsantrag, der uns gerade vorgelegt wurde – und sei es nur deswegen, um die Möglichkeit zu haben, sich damit zu befassen –, abzulehnen, diesem Wunsch, darüber zu diskutieren, nicht nachzukommen. Herr Kollege Khol! Wie weit sind wir in diesem Haus schon gekommen, wenn Sie sogar diesen Antrag ablehnen? (Beifall bei der SPÖ. – Die Abgeordneten Dr. Khol und Schwarzenberger: Jetzt diskutieren wir darüber! – Abg. Auer: Nicht jammern, diskutieren!)

Ich glaube, Sie sollten in sich gehen, und wir sollten hier einen Parlamentarismus pflegen, der den Mindeststandards entspricht, eine Gesprächskultur, die es ermöglicht, dass wir gemeinsam Lösungen diskutieren und gemeinsam auch Ziele verfolgen, die im Interesse dieses Landes sind. Das ist in dieser Sicherheitsdebatte eindeutig der Fall. Sie sollten daher nicht ein Spiel spielen, das in letzter Konsequenz unwürdig ist und dem Sicherheitsstandard dieses Landes nicht entspricht.

Ich kann in diesem Zusammenhang noch etwas sagen – eine Situation, die eigentlich völlig grotesk ist –: Sie alle wissen, dass wir von der SPÖ 1997 hier das Gesetz, das Lauschangriff und Rasterfahndung – das ist heute eine der Hauptmaterien – ermöglicht, beschlossen haben, dass wir dieses Gesetz damals gemeinsam mit der ÖVP beschlossen haben und dass wir es uns nicht leicht gemacht haben. Wir haben eineinhalb Jahre lang diskutiert, um einerseits die aus meiner Sicht notwendigen Maßnahmen Lauschangriff und Rasterfahndung zu ermöglichen und andererseits den Rechtsschutz so zu gestalten, dass die Bürgerinnen und Bürger wissen, dass es zu keinem Missbrauch ihrer Daten kommen kann.

Wir haben einen Datenschutzbeauftragten, einen Rechtsschutzbeauftragten, installiert; das war zum damaligen Zeitpunkt einzigartig in Europa.

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie damals zu Beginn nicht zugestimmt haben. Wir mussten lange darüber diskutieren, bis diese nunmehr in ganz Europa gelobte Vorgangsweise, die zu einem Vorbild für andere Länder wurde, durchgesetzt wurde.

Wir haben einen wirklich guten Rechtsschutz geschaffen, und wir haben ein Instrument geschaffen, das den Sicherheitsbehörden die Möglichkeit gibt, effektive Arbeit zu leisten.

Da wir damals nicht wussten, wie sich die Dinge entwickeln würden, haben wir aber auch die Notwendigkeit betont, nach Ablauf der Frist – das Gesetz wurde befristet beschlossen, deshalb diskutieren wir ja heute darüber – am 31. Dezember 2001 umfangreich darüber zu diskutieren, was gut und was weniger gut an diesem Gesetz war und wie man es verbessern kann.

Wir haben auf diese Diskussion gewartet. Wir haben Sie ersucht, diese Diskussion mit uns zu führen, und Ihnen auch signalisiert, dass wir eine Verlängerung dieses Gesetzes haben wollen. Nun kommt der nächste Punkt, den ich Ihnen vorwerfe und der symptomatisch auch für das heutige Verhalten der Klubobmänner Khol und Westenthaler ist, nämlich Gesprächsverweigerung. Wir haben also auf diesen Entwurf gewartet, und was ist passiert? – Im Sommer, unmittelbar nach Beginn der Urlaubszeit, wurde der Entwurf über die Verlängerung in Begutachtung geschickt, die vor Ende des Sommers, nämlich am 10. September, endete.

Sie wissen ganz genau, Herr Klubobmann Khol, was das bedeutet. (Abg. Dr. Fekter: Die Berichte lagen schon ein Jahr im Ausschuss! Haben Sie die Berichte nicht gelesen?) Sie wissen ganz genau, dass Sie damit all jene Expertinnen und Experten, die ihr Wissen hätten einbringen können – was bei einer derart heiklen Materie notwendig ist –, daran gehindert haben, sich in die Diskussion einzubringen, und dass Sie letztlich auch die Opposition gehindert haben, einen Diskurs zu führen. (Abg. Mag. Kukacka: Haben Sie hier inhaltlich auch etwas zu sagen?) Und Sie haben nicht nur die Opposition, sondern ganz einfach das Sicherheitssystem des Staates behindert, und das ist das Skandalöse an der Entstehung dieses Gesetzes, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Das ist ein Unsinn! So ein Unsinn!)


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Ich frage Sie: Wie weit sind wir gekommen, dass Sie nicht mehr den Mut haben, Vorschläge zu präsentieren und in der Öffentlichkeit darüber zu diskutieren? Das ist ja nicht das erste Gesetz, bei dem wir damit befasst sind. Herr Kollege Ofner! Sie haben ja sogar angekündigt, die Diversion – das finde ich auch einzigartig und bezeichnend –, den außergerichtlichen Tatausgleich, eine der besten und effizientesten Opferschutzmaßnahmen, die in den letzten Jahren hier in diesem Haus beschlossen wurde, ein Gesetz, das in ganz Europa ebenfalls als Vorbild gilt, abzuschaffen, unmittelbar nachdem die neue Koalition die Regierung angetreten hatte.

Da hat sogar der Herr Bundespräsident reagiert, das ist, glaube ich, auch einzigartig. Ich glaube, man muss das der Bevölkerung mitteilen, meine Damen und Herren, weil wir hier offensichtlich einen völligen Verfall des Rechtsstaates erleben. Ich verstehe auch die Herren von der ÖVP nicht, die da zuschauen, sich ruhig zurücklehnen und sagen: Es ist ja eigentlich unser Staat, macht ja nichts, wir werden politisch punkten. (Abg. Egghart : Machen Sie Vorschläge, Herr Dr. Jarolim!) Der Herr Bundespräsident hat damals erklärt, er lasse nicht zu, dass dieses tolle Gesetz, dieses Gesetz im Sinne der Opfer, zurückgenommen wird. Es müsse eine Enquete-Kommission geben, in der Expertinnen und Experten des Landes zusammenkommen und ihre Fachurteile über das Gesetz abgeben. Und siehe da: Alle Expertinnen und Experten haben bis jetzt erklärt – ich glaube, wir haben uns in der Zwischenzeit zwölf Mal getroffen –, dieses Gesetz sei eine einzige Erfolgsgeschichte.

Herr Kollege Ofner! Sie erklären in der Öffentlichkeit, zweimal in den Medien (Abg. Dr. Ofner: Zum Thema, rede zum Thema! Rede einmal ein bisschen etwas zum Thema! Jeden Tag redet die SPÖ ...!)  – die Kollegin Fekter hat sich letztes Mal sogar darüber entrüstet –, dass Sie dieses Gesetz, das die beste Opferschutzgesetzgebung darstellt, nicht mehr haben wollen und abschaffen möchten. Das erklären Sie der Presse und versuchen damit, der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen. (Abg. Dr. Fekter: Die Tagesordnung ist eine andere! Die Diversion steht nicht auf der Tagesordnung!) Im Ausschuss selbst – das ist durch Erklärungen belegt – distanzieren Sie sich und sagen, Sie seien ganz offensichtlich missverstanden worden. Das sagte Kollege Ofner, nachdem er in der Presse genannt worden ist. (Abg. Dr. Fekter: Einen Abänderungsantrag hat es nicht gegeben! Wo ist der Abänderungsantrag?) Missverstanden wurden Sie, und es gibt keine Aussendungen!

Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen eines sagen: So, wie Sie sich dort verhalten haben, so verhalten Sie sich auch hier.

Wir haben eine Reihe von Vorschlägen zur Verbesserung von Rasterfahndung und Lauschangriff unterbreitet. Wir haben zum Beispiel darum ersucht, dass der Bericht des Rechtsschutzbeauftragten dem Parlament vorgelegt wird. (Abg. Dr. Fekter: Wo ist er? – Ruf bei der ÖVP: Das ist ja lächerlich! – Abg. Dr. Fekter: Ich habe keinen Vorschlag gesehen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir bringen hier heute auch einen Antrag ein (Abg. Dr. Fekter: In zweiter Lesung! Schau, schau!): Der Rechtsschutzbeauftragte soll dem Parlament seinen Bericht übermitteln. (Unruhe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Das ist abgelehnt worden! Der Herr Bundesminister hat den Bericht, und er gibt ihn nicht weiter. Das soll Parlamentarismus sein, meine Damen und Herren?! Frau Kollegin Fekter, Sie sollten sich für diese Vorgangsweise schämen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben weiters vorgeschlagen, man möge dem Rechtsschutzbeauftragten vermehrt Rechte zuteil werden lassen. (Abg. Dr. Fekter: Ich habe keinen Vorschlag gesehen! Wo ist er denn?) Frau Kollegin Fekter! Sie wissen Bescheid; Sie haben ja mit uns darüber nicht einmal diskutiert! Es war keine Rede davon. Nein, der Rechtsschutzbeauftragte soll Ihrer Ansicht nach keine Rechte bekommen! (Abg. Kiss: Klassische Kindesweglegung!)

Wir haben Sie darauf hingewiesen – Herr Kollege Ofner kann das sicher bestätigen –, dass es nichts nützt, wenn in der Strafprozessordnung, über die wir heute diskutieren, eine gute Institution – die man sicher noch verbessern kann –, nämlich der Rechtsschutzbeauftragte, existiert, wenn es jedoch im Militärbefugnisgesetz und im Sicherheitspolizeigesetz, wo es um genau das Gleiche geht, nämlich auch quasi um große Lauschangriffe, all das nicht gibt. Dort gibt es zwar


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einen Sicherheitsbeauftragten, aber er muss nicht verständigt werden, sondern er muss sich von sich aus um die Einsicht in Unterlagen bemühen.

Bezüglich dieser Materie ist es den Sozialdemokraten 1997 gelungen, sicherzustellen, dass große Maßnahmen ohne Zustimmung des Sicherheitsbeauftragten nicht getätigt werden dürfen, und das ist gut so. (Beifall bei der SPÖ.)

Es kann ja wohl nicht so sein, dass man diese sinnvolle Maßnahme, die – ich wiederhole mich – in Europa zwischenzeitlich als Standard gilt, im Militärbefugnisgesetz und im Sicherheitspolizeigesetz, wo es darum geht, die Polizei zum Lauschen zu ermächtigen, nicht einführt. Nennen Sie mir nur ein Argument dafür! – Sie haben bisher kein einziges genannt. Wir haben Sie darum ersucht und dazu eingeladen, mit uns zu diskutieren, weil wir hier gemeinsam vorgehen wollen, weil wir grundsätzlich für dieses Gesetz sind. Sie haben kein Argument genannt.

Sie haben es offensichtlich darauf angelegt, für uns eine Zustimmung unmöglich zu machen, indem Sie eine Reihe von anderen Dingen zusätzlich in diese Materie eingebracht haben. Damit wollten Sie eine Zustimmung der Opposition verhindern, damit Sie in der Öffentlichkeit sagen können: Die SPÖ ist gegen dieses Gesetz, das sie aber selbst beschlossen hat.

Wer soll Ihnen denn das glauben? Für wie dumm halten Sie die Österreicherinnen und Österreicher, dass sie dieses Spiel nicht durchschauen?! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Da Sie sich einer grundsätzlichen Diskussion verweigert haben, lade ich Sie zu Folgendem ein: Bisher wurde keine einzige Rasterfahndung durchgeführt, wir können daher auch nicht über Ergebnisse diskutieren. Gehen wir verantwortungsvoll mit dieser Materie um, und beschließen wir eine weitere Befristung auf vier Jahre, und kommen wir überein, dass wir uns nach diesen vier Jahren wieder zusammensetzen, um zu diskutieren, wo es einen Verbesserungsbedarf gibt!

Wir haben keine anderen Anträge eingebracht, um Ihnen zu ermöglichen, hier zuzustimmen. Stimmen Sie diesem Antrag zu, das Gesetz so, wie es ist, zu belassen, mit dem Zusatz, dass der Rechtsschutzbeauftragte direkt dem Parlament berichten darf! Ich nehme an, dass Sie da nicht auch dagegen sein können. Sie haben es zwar bis jetzt vorgegeben, aber in der öffentlichen Diskussion können Sie dieses Argument nicht aufrechterhalten. Ich lade Sie ein, mit uns diesen Weg zu gehen und das Gesetz, so, wie Sie es haben wollen, auf vier Jahre befristet zu beschließen. Diskutieren wir innerhalb dieser vier Jahre über Verbesserungen im Militärbefugnisgesetz, im Sicherheitspolizeigesetz, bei Lauschangriff und Rasterfahndung im Sinne dieses Landes!

Ich lade Sie zu dieser Vorgangsweise ein, dieser Befristung zustimmen. Bei der Sicherheit bedarf es Qualitätsstandards, das Beste ist intelligente Sicherheit, das wissen Sie alle, das können Sie auch nicht leugnen. Ich lade Sie dazu ein, diesen Weg im Interesse dieses Landes, der Bürgerinnen und Bürger mit uns zu gehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung gelangt Herr Klubobmann Dr. Khol zu Wort. Ich muss die Bestimmungen der Geschäftsordnung nicht in Erinnerung rufen. – Bitte.

10.29

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Mein Vorredner hat gesagt, ich hätte durch meine Ablehnung einer Diskussion über die Absetzung dieses Tagesordnungspunktes auch die Debatte über den Antrag, den wir vorgelegt haben, verhindert.

Dem stelle ich die Wahrheit gegenüber. (Abg. Silhavy: Hat er nicht gesagt!) Ich habe damit verhindert, dass über die Absetzung diskutiert wird, und ich habe damit verhindert, dass dieser Tagesordnungspunkt abgesetzt wird.


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Über den Antrag, Herr Kollege Jarolim, haben Sie jetzt die Möglichkeit, stundenlang zu diskutieren (Abg. Silhavy: Dass Sie die Diskussion über die Antragsabsetzung verhindert haben, hat Kollege Jarolim gesagt!), und das müsste eigentlich auch für einen mittelmäßig Begabten genügen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Sie haben die Debatte verhindert!)

10.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

10.31

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Eigentlich finde ich es bedauerlich, dass die Justizdebatte mit einem Schauspiel sondergleichen begonnen hat, das an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es wurde hier so getan, als ob es etwas ganz Unanständiges und Anrüchiges wäre, wenn man in zweiter Lesung einen Abänderungsantrag einbringt. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte klarstellen: Abänderungsanträge in zweiter Lesung entsprechen der Geschäftsordnung und sind eben dafür vorgesehen, rasch und flexibel zu reagieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wie scheinheilig diese Debatte ganz zu Beginn war, zeigen auch die Ausführungen des Kollegen Jarolim, der uns zuerst für die Absicht geprügelt hat, dass wir einen Antrag einbringen, dann aber selbst permanent von einem Antrag seiner Fraktion gesprochen hat. Also was soll das bitte?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für uns sind die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung, der Schutz der Österreicherinnen und Österreicher einfach prioritär und Grund genug dafür, rasch zu handeln. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Außergewöhnliche Ereignisse erfordern außergewöhnliche Vorgangsweisen. Kollegin Papházy wird daher in zweiter Lesung zu den §§ 275, Landzwang, und 276 StGB, Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte, einen Abänderungsantrag einbringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit Sie wissen, wovon wir reden: Die Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte, die "geeignet ist, einen großen Personenkreis zu beunruhigen und dadurch die öffentliche Ordnung zu gefährden", wird derzeit mit bis zu sechs Monaten bestraft. Sechs Monate!

Es ist unerträglich, dass die Taten von Trittbrettfahrern, die derzeit die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen, die der Grund dafür sind, dass Gebäude evakuiert werden müssen und dass der Flughafen Wien beispielsweise stundenlang gesperrt werden musste, bloß mit sechs Monaten bestraft werden, die Täter also mit derart milden Strafen davonkommen. Es ist daher notwendig, dass wir die Strafdrohungen drastisch erhöhen, auch um in Zukunft Nachahmungstäter abzuschrecken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition! Nachahmungstäter gibt es jetzt und voraussichtlich nicht in einem oder in zwei Jahren. Daher müssen wir jetzt in Form eines Abänderungsantrages handeln und nicht erst nächstes Jahr! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Anlassfälle sind so gravierend, dass wir von den Regierungsparteien sofort reagieren, denn uns ist das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung wirklich ein Anliegen. Das scheint bei der Opposition nicht der Fall zu sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nun zum eigentlichen Tagesordnungspunkt. Wir beschließen mit der Novelle 2001 mehrere ganz unterschiedliche Themen: Amtsverlust, Kampfhunde, Klitorisbeschneidung, Probezeit bei Schwerverbrechern, Lauschangriff und Rasterfahndung. Das waren die Arbeitstitel für die vorliegende Novelle.


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Angesichts des besonderen Sicherheitsbedürfnisses der Bevölkerung möchte ich mich mit den modernen Ermittlungsmethoden auseinander setzen. Das Gesetz hat sich gut bewährt. Wir haben mehrere Berichte ins Parlament darüber bekommen, wie mit diesen Methoden umgegangen worden ist. Es ist daher falsch, was Herr Kollege Jarolim hier vorzugaukeln versucht hat, nämlich dass es keinerlei Debatte darüber gab. Ganz im Gegenteil, er hätte Zeit gehabt, die jährlichen Berichte über die Ermittlungsmethoden zu studieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es ist so, dass wir jetzt dieses Gesetz nur geringfügig verbessern. Weiters wird der jährliche Bericht an das Parlament auch in Zukunft bleiben. Wir haben daher Gelegenheit, diese Ermittlungsmethoden weiter parlamentarisch zu kontrollieren. Eine Befristung dieses Gesetzes ist deshalb nicht notwendig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir werden das Gesetz ins Dauerrecht übernehmen, sowohl was die elektronische Überwachung als auch was die Rasterfahndung betrifft. Nicht die Anzahl der Anwendungsfälle allein definiert den Erfolg, sondern auch, was wir mit diesem Gesetz ab 1997 verhindert haben, welch abschreckende Wirkung es beispielsweise auf terroristische Strukturen hatte und wie gut der Rechtsschutz dabei war.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern Abend wurde in der "ZiB 1" berichtet, dass die italienischen Behörden mittels Abhörprotokollen und anschließenden Verhaftungen wahrscheinlich einen weiteren Giftgasanschlag oder weitere Terroranschläge verhindert haben. Das hat auch mir gezeigt, dass elektronische Ermittlungsmethoden inzwischen europaweit angewandt werden, akzeptiert und auch gerechtfertigt sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Kaum jemand in Europa bezweifelt heute mehr, dass wir diese Ermittlungsmethoden brauchen. Auch die Kritiker von damals, von 1997, haben inzwischen die Notwendigkeit erkannt.

Bei der Beschlussfassung 1997 war eines der Hauptargumente neben dem, dass wir Täter fassen, auch, dass wir gesagt haben, wir brauchen in Österreich diese Instrumente, wir wollen den mafiosen Strukturen zeigen, dass sie sich hier nicht niederlassen sollen. Damals haben wir hauptsächlich an Mafia-Strukturen gedacht, heute wissen wir, dass Terrororganisationen wesentlich schrecklicher agieren können.

Nicht nur die bloße Anzahl der Anwendungen ist als Erfolg zu werten, sondern auch die abschreckende Wirkung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern Abend wurde anlässlich der italienischen Fahndungserfolge auch eine Landkarte gezeigt. Auf dieser Landkarte waren die Glutnester des Terrors abgebildet, jene Gebiete, wo sich diese Mörder hauptsächlich aufgehalten haben. Ich bin froh, dass Österreich nicht dabei war. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es ist vielleicht ein Zufall, dass wir nicht auf dieser Karte aufgeschienen sind. Es ist vielleicht aber auch das Ergebnis unserer Sicherheitspolitik. Und es ist ein kleiner Baustein darin vielleicht auch, dass terroristische Organisationen eben Länder, wo es derart moderne Ermittlungsmethoden gibt, meiden, und das ist gut so. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Kiss  – in Richtung der Abg. Dr. Fekter –: Das ist der richtige Schluss, Maria!)

Weiters erlauben diese Methoden, dass wir diese Mörder leichter zu fassen bekommen, und verhindern vielleicht, dass diese Mörder weitere Taten begehen. Ich war bei der Beschlussfassung 1997 bereits überzeugt davon, dass unsere gesetzliche Regelung eine rechtsstaatlich sehr gelungene ist, insbesondere die Einrichtung des Rechtsschutzbeauftragten und die sehr engen Grenzen der Anwendbarkeit. Diese engen Grenzen sind wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass die Rasterfahndung bisher nicht zum Einsatz gekommen ist.

Die Berichte über den Einsatz der elektronischen Überwachungsmethoden haben gezeigt, dass die Exekutive mit diesem Instrument äußerst sorgsam umgegangen ist. Das haben die Experten


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in einem vom Justizausschuss abgehaltenen Hearing auch positiv kommentiert. Es gab wenig Kritik an dem Gesetz im Allgemeinen.

Die Anregungen des Rechtsschutzbeauftragten im Hinblick auf Verbesserungen, nämlich bezüglich der Medien und Geheimnisträger, haben wir selbstverständlich aufgenommen. Ich bin überzeugt davon, dass die Bevölkerung es akzeptiert, dass wir voll und ganz hinter diesen Sicherheitsmaßnahmen stehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

10.41

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobro jutro, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In meinen kurzen Ausführungen, in denen ich die Absetzung dieses Punktes von der Tagesordnung der heutigen Sitzung des Nationalrats beantragt habe, habe ich versucht, Ihnen zu erläutern, dass ich durchaus eines Sinnes, wie sich jetzt herausstellt, mit der Vorsitzenden des Justizausschusses Dr. Fekter bin, die davon gesprochen hat, dass in außergewöhnlichen Situationen besondere Besonnenheit an den Tag zu legen ist.

Ja, sehr geschätzte Frau Vorsitzende des Justizausschusses, ich bin fest davon überzeugt, dass gerade in außergewöhnlichen Situationen besondere Besonnenheit von der Politik, den Politikerinnen und Politikern gefordert ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt schon genug andere, die in diesem Zusammenhang Angst und Schrecken in der Bevölkerung verbreiten, einfach so, weil sie sich zum Teil nichts dabei denken oder echte Scherzbolde sind, die das Ausmaß ihrer Handlungen gar nicht einschätzen können. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt vor allem diese Forderung an die Besonnenheit in der Politik dann, wenn sich die wesentlichsten Repräsentanten des Staates – in diesem Fall muss man sagen, der Bundesminister für Justiz, der Klubobmann der drittstärksten Partei dieses Landes und der Klubobmann der zweitstärksten Partei dieses Landes sind wesentliche Repräsentanten dieses Staates – genau an diesem Szenario des Angstmachens und Angstverbreitens beteiligen. Das ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren, was uns ängstigt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker: Das ist unglaublich!)

Frau Vorsitzende, ich stimme völlig mit Ihnen überein, Besonnenheit ist jetzt ein besonderes Qualifikationserfordernis der Politik. Allerdings erlebe ich in den letzten Tagen das Gegenteil dessen, nämlich auf Grund der durchaus verständlichen Verunsicherung der Bevölkerung. Und es erlebt jede Einzelne und jeder Einzelne von uns, wie es ist, wenn Flieger ins World Trade Center hineincrashen, wenn Anthrax-, also Milzbranderregerbakterien in die Welt gesetzt werden. Wenn es eine derart massive Beeinträchtigung von Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung jetzt weltweit betrachtet gibt, dann sind Besonnenheit in der Politik und Besonnenheit im Setzen von Schritten besonders gefragt. (Abg. Mag. Kukacka: Vorkehrungen!)

Deshalb ist es für uns, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine durchaus legitime Frage, darüber zu diskutieren, ob das Strafrechtsinstrumentarium, das uns zur Verfügung steht, in der Situation, in der wir uns jetzt befinden – und es sind neue Elemente dazugekommen –, ausreichend ist. Das ist eine wirklich legitime Diskussion, und in diese Diskussion möchten wir gerne eintreten. Ja wir bitten Sie geradezu, unsere Argumente, unsere Standpunkte in dieser Diskussion zu hören.

Das ist unser Anliegen, weil für uns das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung und diese Frage der Angst – ob sie jetzt berechtigt ist oder nicht, ist eine ganz andere Frage – wesentlich sind. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Sie sagen, es soll alles so bleiben wie bisher!)

Ihre Vorschläge haben Sie uns ungefähr zehn nach zehn schriftlich hier vorgelegt. Herr Klubobmann Westenthaler hat in seinen Ausführungen zur Geschäftsordnung gesagt, es sei ohnehin nur ein Drei-Zeilen-Antrag. Jetzt frage ich Sie ehrlich: Wenn es ohnehin nur ein Drei-Zeilen-An


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trag ist, warum bekommt die Opposition des Nationalrates, die die Ängste der Bevölkerung genauso ernst nimmt, weil sie auch selbst Teil der Bevölkerung ist wie Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, diesen Antrag in laufender Debatte und nicht vorher? (Abg. Dr. Trinkl: Ist das das Problem?)

Mir geht es jetzt darum, Ihnen zu sagen, dass es Mitverantwortung der Politik ist, hier – jetzt sage ich es wieder – besonnen, zielorientiert Maßnahmen zu setzen, die dann auch wirken, bei denen die österreichische Bevölkerung sicher davon ausgehen kann: Ab jetzt ist der Schutzmechanismus und damit auch die Prävention, die sich daraus ergibt, größer als vorher. – Wenn das das Ziel ist, dann sind wir alle im Boot. (Abg. Böhacker: Übermorgen fangen wir an damit!)

Ich habe vernommen, dass bei der Klubklausur der Freiheitlichen vom Herrn Bundesminister der Vorschlag gemacht wurde, sozusagen zu überlegen, ob Tatbestände zu ändern wären. Daraufhin haben Sie – das habe ich in der APA gelesen, ich war an jenem Tag im Ausland, vielleicht haben Sie es auch im Fernsehen oder Radio gesagt – gemeint, diese Vorschläge werden im nächsten Justizausschuss diskutiert. Dies schien mir durchaus plausibel zu sein, auch wenn ich mir noch kein abschließendes Bild vom Inhalt Ihrer Vorschläge machen konnte, weil sie sehr kursorisch waren. Sie sind es übrigens noch immer. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Wir würden gerne darüber diskutieren. Es gibt sogar einen Termin für den nächsten Justizausschuss. Es gibt nicht nur einen Termin für den nächsten Justizausschuss, sondern es gibt auch – auf Anregung des Herrn Bundespräsidenten und auf Vorschlag der Regierungsfraktionen – seit eineinhalb Jahren im Parlament eine Einrichtung, die sich in diesen sensiblen Materien des Strafrechtes als nützlich erwiesen hat, nämlich eine Enquete-Kommission, die sich genau mit diesen Fragen beschäftigt: Ist das österreichische Strafrecht für spezifische Situationen gewappnet?

Wir – unter "wir" verstehe ich jetzt den Nationalrat – haben auch schon bei StRÄG-Änderungen Schlüsse daraus gezogen, zum Teil einstimmig, zum Teil mehrheitlich, wenn es zu keinem Konsens gekommen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also ich weiß nicht, was bis 1919 im Nationalrat üblich war. Aber dass das Strafgesetzbuch, das so etwas wie das wesentlichste Element dafür ist, dass die Menschen auch Vertrauen in den Rechtsstaat haben, weil sie wissen sollten, was strafbar ist und wie sie sich zu verhalten haben, sozusagen zwischen Frühstück und Jause geändert wird, indem man in einer zweiten Lesung des Nationalrates einen Abänderungsantrag einbringt – das heißt, dass außer zwei Mitarbeitern der Fraktionen und den beiden Klubobleuten niemand die Dimension dieser StGB-Änderung überhaupt gekannt hat; ich weiß gar nicht, ob die Vorsitzende des parlamentarischen Justizausschusses diese kannte (Abg. Dr. Trinkl: Selbstverständlich!) –, der zehn nach zehn hier abgegeben wurde, das ist ein einmaliger Vorgang, der der Situation keinesfalls gerecht wird. (Abg. Mag. Kukacka: Auch wenn sie keine Ahnung hat!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Unsicherheit der Bevölkerung kann nicht dadurch beseitigt werden, dass die Politik hudelt, überstürzt Maßnahmen beschließt und eine Vorgangsweise wählt, die die Bevölkerung noch mehr verunsichert, indem sie nämlich Opposition und Regierung auseinander dividiert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie will absichtlich, wissentlich und willentlich die österreichische Bevölkerung glauben machen, dass die Opposition keine Sorge um die Sicherheit der Bevölkerung hat. Das ist eine wirklich ungeheuerliche Unterstellung, die Sie hier betreiben! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.  – Abg. Mag. Kukacka: Warum sind Sie dann dagegen?)

Wenn Herr Klubobmann Westenthaler Menschen wie in diesem Fall mir und Kolleginnen und Kollegen unserer Fraktion nahezu Staatsgefährdung – wie er es genannt hat – vorwirft, dann kann ich Ihnen sagen, ich bin persönlich schon in Situationen gewesen, in denen mir nicht ganz gut war. Ich denke an die Briefbombenzeit und daran, was in diesen Bekennerbriefen stand.


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Daher weiß ich, dass in solchen Situationen in erster Linie das Hirn funktionieren muss und nicht die Gefühle alllein, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

Und das werfe ich Ihnen vor. Ich werfe Ihnen vor, dass Sie sich zu Trittbrettfahrern der Angst machen, indem Sie der österreichischen Bevölkerung ein X für ein U vormachen und ihr das Gefühl geben wollen, dass hier etwas passiert, was effizient ist. (Abg. Dr. Fekter: Sind Sie für unseren Antrag – oder sind Sie dagegen?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir sinnvolle, effiziente und auch die Angst der österreichischen Bevölkerung wirklich berücksichtigende Maßnahmen setzen wollen, dann müssen wir alle darüber diskutieren. Wir repräsentieren die österreichische Bevölkerung, wir gemeinsam – und nicht Sie allein! Das ist mein Vorwurf, den ich Ihnen mache. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Ein sachliches Argument, ob Sie dafür oder dagegen sind!)

Liebe Frau Vorsitzende des Justizausschusses! Ich bin keine Strafrechtsexpertin. Sind Sie eine Strafrechtsexpertin? Ich weiß, Sie verstehen sehr viel von Schotter, weil Sie ein wichtiges Unternehmen haben. Ich verstehe ein bisschen etwas von Dienstrecht, denn das habe ich gelernt, aber ich sehe mich, auch wenn ich die Justizsprecherin der Grünen bin, außerstande, solche Vorlagen, die ich jetzt in die Hand bekomme, von den Auswirkungen und Dimensionen her zu beurteilen. Und das ist Untergrabung des Parlamentarismus. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das führt dazu, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik geschmälert wird, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Handlungsfähigkeit ihrer Repräsentanten eingeschränkt wird. – Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum ersten Fall.

Jetzt komme ich zu dem, was heute eigentlich auf der Tagesordnung steht, zur Frage der Übernahme des so genannten großen Lauschangriffs und der Rasterfahndung ins Dauerrecht. 1997, also vor vier Jahren, sind wir hier gestanden und haben gemeinsam über die Einführung dieser Instrumente diskutiert, die Sie – wie hat es die Frau Vorsitzende genannt? – als moderne Fahndungsmethoden bezeichnen. Sie hat sich geradezu dazu verstiegen, zu sagen, dass dort, wo es diese modernen Ermittlungsmethoden gibt, Terroristen keinen Platz finden. Darüber bin ich ziemlich verwundert, denn den großen Lauschangriff gibt es in den USA, wie ich meine, seit Jahrzehnten. Allerdings sind die USA der Hauptangriffspunkt dieser neuen Qualität des Terrorismus geworden, mit der Sie die Dauerübernahme begründet haben.

Die Bundesrepublik Deutschland hat dieses Instrumentarium und konnte nicht verhindern, dass die mutmaßlichen Attentäter ihr Netz in Deutschland aufgebaut haben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich bin wirklich froh, dass Österreich nicht auf dieser Landkarte war. Ich bin wirklich froh darüber! Und ich bitte Sie, diesen Aspekt, den wir in die Diskussion einbringen, mit einzubeziehen, nämlich zu sagen, ja, die Zeiten ändern sich, ja, wir stehen vor neuen Situationen und diese sind anders, als sie noch vor ein paar Jahren waren, und deshalb sind Methoden heute mit anderen Augen zu sehen als vielleicht noch vor vier, fünf Jahren. Der Schluss, den wir aus den Berichten über die Anwendung dieser Methoden ziehen, ist folgender: Letztendlich hat es zwei "erfolgreiche" – wobei ich "erfolgreiche" unter Anführungszeichen setze – so genannte große Lauschangriffe in Österreich gegeben. Zwei in vier Jahren! Zwei in vier Jahren waren erfolgreich! (Abg. Dr. Trinkl: Da sieht man die Qualität der Durchführung!)

Meiner Überzeugung nach ist das, was uns diese Berichte an Information, an rechtspolitischer Einschätzung geliefert haben, schlicht und einfach zu dürftig, um daraus den Schluss zu ziehen, dass eine Übernahme dieser hoch sensiblen, weil Grundrechte aller Bürger und Bürgerinnen betreffenden Instrumente ins Dauerrecht erfolgen soll. (Beifall bei den Grünen.)

Deswegen haben wir Sie im Ausschuss gebeten  – ich sage es noch einmal –, mit der Opposition den Konsens zu suchen, möglicherweise mit einer Befristung der Maßnahmen. Die Rasterfahndung ist überhaupt noch nie angewandt worden, und es kann deshalb noch keine Erfahrungen mit der Anwendung dieses Instrumentes geben. Aber was tun Sie? – Sie sagen, was


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interessiert uns die Opposition, was interessiert uns der Konsens, der in justizpolitischen Angelegenheiten Tradition in dieser Zweiten Republik hat und immer hatte, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Dr. Fekter und Dr. Khol ans Werk kamen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Das haben die Experten genau gesagt!)

Es interessiert Sie nämlich nicht, was Grün und Rot in diesem Fall sagen. Es interessiert Sie nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein wichtigstes Argument – und damit komme ich zum Schluss meiner Ausführungen – für die befristete Einführung dieser Instrumente ist, dass die Sensibilität der Anwender geschärft wird, dass die Kontrolle, die bei der Anwendung bereits funktioniert, damit auch Platz greift. Deshalb müssen wir Ihren Vorschlag ablehnen, denn es geht um eine Abwägung dessen, was Grundrechte und Eingriffe in die Grundrechte der Bürger wert sind. Sie sind nach unserem Dafürhalten eine Befristung wert. Deshalb geht unser Plädoyer in Richtung Befristung dieser Instrumente. (Abg. Dr. Fekter: Was hat die Befristung mit den Grundrechten zu tun?) Ich bitte Sie, gehen Sie auf diese Argumente ein! (Beifall bei den Grünen.)

10.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte.

10.56

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Thema unserer Tage ist zu Recht der 11. September mit seinen Folgen. Das bewegt die Gemüter, und die Bürger beobachten, welche Reaktionen die Politiker setzen. Da muss ich sagen, die Bürger haben erkannt, die Opposition, und zwar in beiden Bereichen, ist völlig daneben auf diesem Sektor! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Und das ist auch einer der Gründe für die Aufregung, die da am Rednerpult inszeniert wird. Man könnte ja schmunzeln, wenn das Thema nicht so ernst wäre, und man müsste direkt einen Film vom ORF über die Performance, wie es so schön heißt, der Frau Kollegin Stoisits anschaffen und ihn sich aufbewahren.

Ich glaube, es ist aber noch etwas, was die Aufregung gar so anheizt. Es zeigen nämlich das Ereignis des 11. September und die Hintergründe dieses Ereignisses, die aufgedeckt werden haben können, dass alles, was von der linken Seite – ich sage das jetzt einmal ganz allgemein, wahrscheinlich von praktisch allen Grünen und von dem einen oder anderen Sozialdemokraten auch, beileibe nicht von allen – in der Strafrechtspflege gedacht wird, was an Sozialromantik hineingelegt wird, was man sich vorstellt, wie man mit Straftätern umgeht – egal, ob sie im Inland geboren oder aus dem Ausland gekommen sind –, mit diesem 11. September widerlegt und ad absurdum geführt worden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie stehen vor dem Scherbenhaufen Ihrer bisherigen Ideologie in diesen Bereichen. Das haben Sie erkannt, das macht Sie so nervös, und das bringt Sie dazu, dass Sie sich da heraußen aufführen, wie wenn Sie tatsächlich etwas zu fordern hätten. In Wahrheit haben Sie überhaupt kein Konzept, denn alles, was Sie in den letzten Jahren und Jahrzehnten in dem Zusammenhang angedacht haben, nicht nur hier im Parlament, nicht nur in der Republik Österreich, sondern auch über die Republik hinaus, ist an diesem 11. September widerlegt worden, und zwar vermutlich auf immer. Und das ist es, was Ihnen den Boden unter den Füßen wegzieht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Haigermoser: So ist es!)

Mir ist der etwas aus der Mode geratene Philosoph Nietzsche eingefallen, der irgendwann einmal gesagt hat: Die Sozialisten – oder die Sozialdemokraten – sind schon merkwürdige Menschen. Sie glauben immer, hinter jedem Busch springt ein guter Mensch hervor. – So ist es ungefähr. Sie glauben immer, hinter allem steckt in Wahrheit ein guter Mensch. Ich würde es mir wünschen. Leider ist es nicht so. Und die gefängnislose Gesellschaft, die sich mein Amtsvorgänger gewünscht hat, den ich sehr geschätzt habe, ist nun einmal nicht zu verwirklichen. Aber alles, was mit diesen Illusionen zusammenhängt, fällt einem dann irgendwann auf den Kopf, und das ist unter anderem am 11. September geschehen.


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Wenn ich davon ausgehe, dass jeder Straftäter in Wahrheit nicht schuld ist, sondern immer sind die anderen schuld, wenn ich davon ausgehe, dass jeder Straftäter zwar nicht gerade eine goldene Uhr samt Kette bekommen soll, man sich aber jedenfalls um ihn besondere Sorgen machen muss, um seine Vergangenheit, um seine Gegenwart, um seine Zukunft – die Opfer soll man, wenn es leicht geht, auch nicht vergessen, aber wichtig ist, dass man sich um den Täter schert, um den, der etwas angestellt hat –, wenn man ganz übersieht, dass das auch ein Sicherheitsproblem und nicht nur ein Problem abstrakter Gerechtigkeit und ähnlicher Dinge ist, dann kommt man zu Ergebnissen, wie wir sie jetzt auf dem Tisch haben. Und das ist es, was diese Nervosität und dieses Bedürfnis, sich darzustellen, wie wir es jetzt in den letzten Viertelstunden erlebt haben, nach sich zieht. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben auch immer darauf gepocht, wir Freiheitlichen vor allem, aber auch andere in diesem Haus, dass wir einen Anspruch darauf haben müssen und dass es auch unsere Pflicht ist, zu schauen, wer in unser Land hereinkommt, was er für Motive hat, was er im Schilde führt, zu schauen, wie er sich herinnen aufführt, ob er bereit ist, sich unseren Regeln zu unterwerfen und entsprechend anzupassen, und uns von ihm zu trennen, wenn wir nicht glauben, dass wir verantworten können, dass er da bleibt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wie haben Sie uns angegriffen! Was waren wir nicht für Unmenschen in Ihren Augen! Die kleine Republik Österreich sollte doch in der Lage sein, in dieser fürchterlich aus den Angeln geratenen Welt die in manchen Bereichen erzeugten Flüchtlinge, Millionen von Flüchtlingen, aufzunehmen! Jeder, der kommt, soll bleiben dürfen! Niemandem soll man auf die Finger schauen und um Gottes willen doch nicht womöglich noch einen Fingerabdruck abnehmen dürfen!

Jetzt haben wir die Bescherung! Jene, die schon als Täter des 11. September aufgedeckt worden sind, waren in vielen Fällen diejenigen, die der eine oder andere auch in diesem Haus als seine besonderen Schutzbefohlenen angesehen hat. Nicht in Person; ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie den Terror gutheißen, ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie ihn sich wünschen. Ich unterstelle nur, dass Sie erkannt haben, dass Sie sich jahre- und jahrzehntelang für die falschen Leute auf die Schienen gelegt haben. Das ist es! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie sind für die falschen Leute auf den falschen Barrikaden, und die Bürger erkennen das. Das weiß man von jedem Gespräch, das man draußen führt, und Sie werden das Ergebnis dieser Dinge bei nächster Gelegenheit in der Wahlurne präsentiert bekommen. (Abg. Ing. Westenthaler: So ist es!)

Ich bin nicht hämisch auf diesem Sektor, aber wenn jemand den Standpunkt vertritt, dass er die so genannten Trittbrettfahrer schützen muss, dann frage ich mich, welche Überlegungen er überhaupt hat. Das Wort "Trittbrettfahrer" ist eine Verharmlosung und eine Verniedlichung, denn in Wirklichkeit ist der Täter, der heute so tut, als ob noch irgendein Terroranschlag irgendwo passiert wäre, ein Komplize, ob er es will oder nicht, des wirklichen Terroristen, denn er ist es, der den Verstärkereffekt auslöst! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jeder Terrorist kann sich nur wünschen, dass zehn andere nach ihm kommen, zum Telefonhörer greifen und sagen: Bitte sorgt dafür – ich mache mir Sorgen um Menschenleben –, dass das Kino oder das Theater XY geräumt wird. Damit hat er in Wahrheit fast so viel erreicht wie der Terrorist, der wirklich eine Bombe irgendwo hingelegt hat. Das ist ein Verstärkereffekt. Er ist ein gewollter oder ungewollter Komplize des Terroristen und gehört entsprechend bestraft!

Und wenn er sagt, ich habe gar nicht gewusst, dass das strafbar ist, denn ich habe mich nicht informiert, und im Übrigen war ich ein Spaßvogel – das Wort habe ich heute auch schon gehört –, dann muss man ihm zeigen, dass das nicht geht. Als Nächstes sagt jemand bei anderen Straftatbeständen: Ich höre immer, dass Eigentum Diebstahl ist, daher habe ich mir gedacht, ich nehme dem seine goldene Uhr weg, denn dann kann ich nicht bestraft werden, denn Eigentum ist Diebstahl. Ich habe das geglaubt, man kann mich daher nicht bestrafen.


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Ich stehe auf dem Standpunkt – ich bin ein alter Strafverteidiger, ich kann in diesem Zusammenhang schon hinter die Kulissen schauen –: Wer gemeinsame Sache mit den Terroristen macht, aus welchen Motiven immer, wer die Wirksamkeit ihrer Verbrechen verstärkt, der gehört entsprechend bestraft. Und noch immer ist es, im Gegensatz zu dem, was im linken Reichsdrittel mitunter noch immer geglaubt wird, so, dass strenge Strafdrohungen und eine rigide Strafrechtspflege ihre Auswirkungen auf das strafbare Verhalten in dem betreffenden Land haben. (Zwischenruf der Abg. Huber. )

Eine Vorrednerin – ich glaube, es war Frau Kollegin Fekter – hat erklärt, dass Österreich auf der entsprechenden Landkarte bisher nicht vorkomme. Dass dem so ist, verdanken wir trotz aller Bemühungen aus einer bestimmten Ecke immer noch einer effizienten, einer rigiden, einer die Dinge im Auge behaltenden Strafrechtspflege und dem Umstand, dass sich die Richter nicht erschüttern lassen, die Staatsanwälte nicht einschüchtern lassen und die Bürger all das mittragen und mit verstehen. Daher sind wir nicht auf dieser Landkarte, und nicht deshalb, weil wir so großzügig sind, weil wir so lieb sind, weil wir beim Heurigen so gut singen oder ähnliche Dinge – nein, weil wir eine funktionierende Strafrechtspflege haben! Und bei dieser sollten wir in diesen Zusammenhängen bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zu Lauschangriff und Rasterfahndung: Ich rede mich ja relativ leicht, denn als es vor zwei Jahren hier um diese Vorlage gegangen ist, habe ich von diesem Rednerpult aus dagegen geredet und habe auch dagegen gestimmt, aber die Sache hat sich bewährt. Die Befürchtung, die ich seinerzeit gehegt habe, hat sich nicht bewahrheitet.

Mir ist es darum gegangen, dass ich mir gedacht habe, dass die Leute beim Advokaten, beim Notar oder bei wem immer, bei dem sie sich ausreden können, abgehört werden. Das ist nicht der Fall. Wir haben einen Rechtsschutzbeauftragten, der mit entsprechenden Möglichkeiten ausreichend ausgestattet ist. Dass die Person des Rudi Machacek auch noch für sich Qualität bedeutet, sei nur am Rande erwähnt. Aber auch nach Machacek, von dem wir alle hoffen, dass er noch lange da sein wird, werden andere kommen, die das entsprechend in der Hand haben werden.

Wir machen uns in doppelter Hinsicht lächerlich, wenn wir ein befristetes Gesetz noch einmal befristen. Zunächst einmal: Wir sind doch kein Ratenzahlungsunternehmen! Wir sind der Gesetzgeber der Republik Österreich. Wir haben darauf zu schauen, was in die Gesetzeslade kommt, und wenn es etwas Neues ist, dann können wir es einmal befristen und beobachten, wie es sich bewährt. Aber wenn es sich bewährt hat und nichts passiert ist, dann können wir es nicht wieder befristen – nächste Rate. Das ist legistisch nicht wirklich ernst zu nehmen. Jetzt hat es sich bewährt, es ist nichts passiert, es muss daher auf Dauer in die Gesetzesmaterie. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch etwas: Wir machen uns damit auch im internationalen Vergleich lächerlich und darüber hinaus auf die Dauer sicher unbeliebt. Wenn Sie heute am Abend den Fernsehapparat aufdrehen – ich will jetzt gar nicht Anwaltskollegen aus anderen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland erwähnen, die dort Innenminister sind –, dann werden Sie Forderungen hören, die ich mich gar nicht zu stellen getraue, denn dazu bin ich manchmal doch zu liberal. Wir sind noch lange nicht Speerspitze in der Bekämpfung des Terrorismus, im Gegenteil, wir drohen Schlusslicht zu werden, wenn wir uns nicht bemühen, die Dinge, die wir von der Technik, von der Taktik her in die Hand bekommen haben, auch tatsächlich in das Bundesgesetzblatt zu bringen, dort zu halten und auch wirklich anzuwenden.

Die Freiheitlichen sind mit ihrem Anti-Terrorpaket, das sie auf den Tisch des Hauses gelegt haben, mit gutem Beispiel vorangegangen. Da hat es natürlich den einen oder anderen gegeben, der eifersüchtig war, weil ihm selbst nichts eingefallen ist, der sich entsprechend aufgeregt hat, innerhalb der Politik, außerhalb der Politik, aber das ist nur gut so. Jedenfalls waren wir da weit voraus.

Wie gesagt: Vergessen wir doch nicht, dass die Welt – und das trifft sicher zu – seit dem 11. September dieses Jahres eine andere geworden ist! Wir sind aus der Wiege, wir sind aus


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dem Nest gefallen. Wir haben erkannt – viele haben das als böses Erwachen aus ihren eigenen Träumen empfinden müssen –, dass es nicht so ist, dass hinter jedem Busch ein guter Mensch hervorspringt. Hinter dem einen oder anderen Busch kauert auch ein "Schläfer", wie man sagt. Ich schlafe hin und wieder hier im Hohen Haus, so behaupten Leute, die nicht meine Freunde sind, aber ich bin kein "Schläfer" in dem Sinne, dass man sich vor mir fürchten müsste. (Abg. Dr. Khol: Ich bin dein Freund, und ich sage, ich schlafe auch!) – Du schläfst auch? Wir sind "Schläfer", aber nur da herinnen, zumindest manchmal. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir müssen erkennen, dass die Polizei und die Justiz immer um eine Nasenlänge hinter den Verbrechern sind, denn der Verbrecher mit seinem Vorsatz ist eben schon allein von der Tat her einen Schritt voraus. Aber wir dürfen nicht zuschauen, wir dürfen nicht zulassen, dass sich dieser Vorsprung vergrößert, nur weil wir nicht den Mut aufbringen, die Möglichkeiten der Gesetzgebung entsprechend zu nutzen. Und wenn Sie sich nur deshalb, weil Sie erkennen, dass Sie in den Augen der Bürger ins Hintertreffen geraten sind, bemühen, uns zu blockieren, die wir die Zeichen der Zeit erkannt haben und bereit sind, danach zu handeln, dann kann ich nur sagen, nein, wir lassen uns nicht blockieren! Wir handeln den Zeichen der Zeit entsprechend. Wir bemühen uns, Sicherheit für Österreich zu produzieren, und wir können nicht darauf Rücksicht nehmen, dass sich die Grünen und der eine oder andere von den Sozialdemokraten in diesem Zusammenhang übergangen fühlen, weil sie aus ihren romantischen Träumen einfach nicht aufwachen möchten, weil sie nicht erkennen wollen, dass sie mit ihrer politischen Philosophie bisher Unrecht gehabt haben, und weil sie auch gegenüber den Bürgern nicht zugeben möchten, dass sie in Wirklichkeit in diesem Zusammenhang auf der Verliererseite sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

11.08

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte nach dieser ersten Runde eine kurze sachliche Information geben, insbesondere deshalb, weil Frau Abgeordnete Mag. Stoisits offensichtlich in mehrfacher Hinsicht einem Irrtum unterliegt.

Wir haben natürlich eine Fülle von Gesetzen, die organisierte Kriminalität und Terror bekämpfen sollen, vor allem auch präventiv, durch entsprechende Strafen. Wir haben auch einen Tatbestand der Gemeingefährdung, das heißt, wenn jemand wirklich die Absicht darauf richtet, größere Bevölkerungsgruppen zu gefährden und zu verletzen, kann dieser Tatbestand Platz greifen, und es gibt dann eine Strafdrohung von bis zu zehn Jahren.

Wir haben aber auch einen unvollständig, wie ich glaube, ausformulierten Tatbestand des Landzwanges. – Das Wort "Landzwang" sagt nicht viel, richtiger wäre vielleicht die plakative Überschrift "Drohung gegen die Bevölkerung oder einen großen Personenkreis". – Wenn jemand diesen Tatbestand verwirklicht, dann drohen ihm maximal drei Jahre Strafe. Und das scheint zu wenig zu sein, das ist einfach zu wenig.

Was wollen wir mit dem heutigen Abänderungsantrag, der insbesondere von Frau Abgeordneter Stoisits so heftig kritisiert wurde? – Wenn durch einen solchen Landzwang, also durch eine Drohung gegen die Bevölkerung oder einen großen Personenkreis große wirtschaftliche Schäden entstehen, wenn eine schwere oder längere Zeit anhaltende Störung des öffentlichen Lebens damit verbunden ist, wenn der Tod eines Menschen eintritt, wenn eine schwere Körperverletzung einer größeren Zahl von Menschen vorliegt oder wenn viele Menschen in Not geraten, dann soll eine Strafdrohung von fünf Jahren Platz greifen.

Ich glaube, Sie werden das verstehen. Sollte aber durch einen solchen Landzwang, also durch eine Drohung gegen die Bevölkerung oder einen großen Personenkreis eine größere Anzahl von Menschen sterben, dann soll eine Strafdrohung von zehn Jahren Platz greifen. Das ist systemimmanent, das ist logisch und richtig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Wir haben des weiteren einen Tatbestand der Verbreitung falscher und beunruhigender Gerüchte. Dieser Tatbestand ist derzeit, wenn er verwirklicht wird, mit einer Strafdrohung von nur sechs Monaten ausgestattet. Das heißt, wenn unter denselben Voraussetzungen, also wenn ein großer wirtschaftlicher Schaden, eine schwere oder längere Zeit anhaltende Störung des öffentlichen Lebens, der Tod eines Menschen oder schwere Körperverletzung einer größeren Zahl von Menschen eintritt oder wenn viele Menschen in Not geraten, dann soll ein Strafrahmen von drei Jahren Platz greifen. Auch das ist maßvoll und systemimmanent.

Frau Abgeordnete, ich verstehe Ihre Kritik wirklich nicht. Die Materie ist leicht verständlich, wir haben auch schon öfter darüber gesprochen, es ist öffentlich diskutiert worden. Ich habe keine Gelegenheit ausgelassen, Ihre Anfragen oder Anrufe oder was auch immer zu beantworten. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte. (Abg. Mag. Stoisits: Verbreiten Sie keine falschen Gerüchte, Herr Minister! Ich habe noch nie mit Ihnen darüber gesprochen! – Abg. Haigermoser: Warum sprechen Sie mit dem Minister nicht? Warum praktizieren Sie Gesprächsverweigerung?)

11.12

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was sind das für Zeiten, in denen ein Gespräch über Bäume zum Verbrechen wird, oder anders ausgedrückt: Was sind das für Zeiten in diesem Haus, in denen eine Diskussion über Strafrechtspflege, über Fahndungsmethoden als staatsgefährdend erachtet wird?

Ich meine damit Kollegen Westenthaler mit seinem Angriff auf die grüne Fraktion, ich meine aber auch ganz konkret Kollegen Ofner. Ich kann Ihnen sagen, Kollege Ofner, Sie liegen völlig daneben hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll ), völlig daneben hinsichtlich des Grundrechtsverständnisses, völlig daneben hinsichtlich der Aufgaben dieses Parlaments. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Kollege Ofner! Ich gebe Ihnen in einem Punkt Recht (Abg. Wochesländer: Können Sie auch begründen warum?): Die Welt hat sich seit dem 11. September verändert. Wir müssen auf diese Herausforderung des neuen Terrorismus reagieren, und wir müssen die entsprechenden Maßnahmen mit Besonnenheit setzen. Diese Besonnenheit vermissen wir aber in der internationalen Diskussion, insbesondere auch in Deutschland – ich sage das hier sehr deutlich –, aber das deutsche Justizministerium hat die Vorschläge des deutschen Innenministeriums in einem 80 Seiten langen Papier zerlegt. Kollege Ofner! Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir immer vom 11. September reden, dann reden wir auch einmal über den 11. September 1973. Auch damals gab es einen Terrorakt mit Tausenden Toten, und ich sage Ihnen, bis heute gibt es noch keine Aufklärung. Damals war das ebenfalls eine Form des Terrorismus.

Die sozialdemokratische Fraktion bekennt sich dazu, und zwar mit allem Nachdruck, die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zu setzen, allerdings auch dazu, sie kritisch zu hinterfragen: Ist all das wirklich notwendig, was hier diskutiert wird? Ist ganz konkret die Übernahme der besonderen Ermittlungsmaßnahmen ins Dauerrecht notwendig? Oder, eine andere Frage: Sind all diese Maßnahmen rechtsstaatlich unbedenklich oder nicht? Müssen wir nicht auch den Mut aufbringen, zu sagen, da besteht eine Gefährdung der Demokratie? (Abg. Dr. Trinkl: Um Gottes willen!)

Kollegin Fekter! Wir haben im Justizausschuss in einem öffentlichen Hearing sehr ausführlich über die Vorlage diskutiert. Wir haben sehr klar dargelegt, dass wir bereit sind, einer weiteren Befristung zuzustimmen, weil wir die Regelung derzeit für notwendig halten. Wir haben sie nie


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abgelehnt. Allerdings erwarten wir, dass nach dieser Befristungsregelung im Detail über die Probleme diskutiert wird. (Abg. Dr. Trinkl: Das hätten Sie jetzt auch können!)

Kollege Trinkl! Mit Ihrer Argumentation sind Sie – ich gebe Kollegin Stoisits völlig Recht – Trittbrettfahrer der Angst. Sie wollen politisches Kleingeld daraus schlagen, und das lehnen wir mit allem Nachdruck ab. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Gestatten Sie, dass ich kurz auf die Diskussion im Justizausschuss eingehe. Es war ein öffentliches Hearing. Ich stelle fest: Kritik wurde von Ihrer Seite nicht zur Kenntnis genommen. Es interessiert Sie eben gar nicht, was die Grünen sagen, was die Roten sagen. Sie wollen einfach Ihre Position durchsetzen.

Einige Aspekte daraus: Wir haben vorgeschlagen, dass der Bericht an das Parlament, an die Datenschutzkommission und an den Datenschutzrat geht. Ich vermisse das, Kollege Trinkl! Wir haben diskutiert, dass der Bestellungsmodus des Rechtsschutzbeauftragten zu hinterfragen wäre. Kollege Trinkl! Ich vermisse das, aber auch von der Freiheitlichen Partei. Ich vermisse eine klare Auskunft darüber, welche Beweismittel bei Einsatz der besonderen Ermittlungsmaßnahmen konkret zu einer Verurteilung geführt haben. Waren es die klassischen Beweismittel oder die Ergebnisse der neuen Fahndungsmethoden? – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ergibt sich nicht aus dem Bericht.

Meine Damen und Herren! Wo bleibt die Rechtsfolgenforschung für neue Ermittlungsmethoden, die von Experten eingefordert wurde? – Ich finde nichts davon in Ihren Vorstellungen.

Ich halte fest: Die Experten sind bei diesem öffentlichen Hearing für eine befristete Verlängerung eingetreten. (Abg. Dr. Fekter: Nein! Nein! – Abg. Dr. Trinkl: Nein! Sagen Sie nicht die Unwahrheit!) Auch Professor Burgstaller konnte sich mit einer befristeten Regelung der Rasterfahndung einverstanden erklären (Abg. Dr. Trinkl: Selektives Wahrnehmungsvermögen!) und nicht – ich habe das genau mitgeschrieben – mit einer Übernahme ins Dauerrecht. (Abg. Dr. Fekter: Aber nur von einem Kollegen!)

Es geht daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, um die Frage: Dauerrecht für besondere Ermittlungsmaßnahmen oder befristete Regelung? – Wir Sozialdemokraten bekennen uns zu diesen Ermittlungsmaßnahmen, allerdings befristet. (Abg. Dr. Fekter: Was bringt eine Befristung?)

Ich bringe daher folgenden Abänderungsantrag ein (Abg. Schwarzenberger: Sie bringen jetzt einen Abänderungsantrag ein? Sie sind doch bisher gegen Abänderungsanträge gewesen! – Abg. Dr. Fekter: Warum haben wir den nicht vorher gesehen? – Abg. Dr. Khol: Den haben wir noch gar nicht gesehen!):

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim und GenossInnen zum Bericht des Justizausschusses 787 der Beilagen

In Artikel II soll Z. 12 um eine lit. f) ergänzt werden, welche lautet:

"f) Folgender Abs. 6 wird angefügt: (6) Der Bundesminister für Justiz hat den Bericht des Rechtsschutzbeauftragten (Abs. 5) im Anschluss an den Gesamtbericht des § 10a Abs. 4 Staatsanwaltschaftsgesetz BGBl. 1986/164 idF BGBl. I 1995/5 an den Nationalrat, den Datenschutzrat und die Datenschutzkommission weiterzuleiten."

Artikel III soll lauten:

Änderung des Bundesgesetzes, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozessordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, BGBl. I Nr. 105/1997.


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Der Artikel VII des Bundesgesetzes, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozessordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, BGBl. I Nr. 105/1997 wird wie folgt geändert:

a) Im Abs. 1 werden am Ende des ersten und des zweiten Satzes jeweils die Worte "und mit 31. Dezember 2001 außer Kraft" ersetzt durch die Worte "und mit 31. Dezember 2005 außer Kraft".

b) Nach dem Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

"(1a) Der Artikel I in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2001 tritt mit 1. Jänner 2002 in Kraft und mit 31. Dezember 2005 außer Kraft. Mit dem Außerkrafttreten treten die bisherigen Bestimmungen wieder in Kraft."

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir bekennen uns in der jetzigen Situation zu einer befristeten Regelung dieser besonderen Ermittlungsmaßnahmen.

Lassen Sie mich abschließend noch folgenden Satz festhalten: Es geht um die Sicherheit unserer Bevölkerung. Rechtsstaatlichkeit und Persönlichkeitsrechte dürfen aber nicht auf der Strecke bleiben. Mehr, wie ich meine, vordergründige Sicherheit durch weniger Freiheit kann nicht das Ziel sein.

Jede Demokratie hat ihre Freiheiten und Grundrechte zu verteidigen, und wenn wir diese aufgeben, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann haben wir nichts mehr zu verteidigen. Es würde uns nichts mehr von einer Diktatur unterscheiden. (Abg. Dr. Trinkl: Ach Gott!)

Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind Besonnenheit und Sicherheit mit Augenmaß gefragt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.22

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordneten Mag. Maier eingebrachte und verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Jarolim und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

11.23

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Jarolim: Setzt ein Zeichen und hängt die Dollfuß-Bilder ab!) – Herr Kollege Jarolim! Allein dieser Zwischenruf beweist, wie "ernst" Sie diese Debatte nehmen. Es ist wirklich schauderhaft! (Beifall bei der ÖVP.)

Seit den Vorkommnissen des 11. September, Herr Kollege Jarolim – Herr Kollege Maier hat es Ihnen vorhin gesagt (Abg. Dr. Jarolim: Das ist Ihr wahres Gesicht!) –, ist tatsächlich nichts mehr so, wie es war. Die Menschen haben Angst, das werden Sie zur Kenntnis nehmen müssen. Sie sind verunsichert. (Abg. Parnigoni: Sie schüren sie noch!) Aufgabe der Politik ist es, diese Angst zu nehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und der Bevölkerung das größtmögliche Maß an Sicherheit zu geben. Genau das ist unser Anliegen, und genau das soll mit dieser Gesetzesmaterie heute auch erreicht werden.

Wir haben gestern hier die Einrichtung des Nationalen Sicherheitsrates beschlossen. Wir haben beschlossen, dass wir künftig in Fragen der nationalen Sicherheit über die Parteigrenzen hinaus enger zusammenarbeiten. Mit dem heute zur Diskussion stehenden Gesetzentwurf beziehungsweise mit der Änderung der Strafprozessordnung setzen wir den nächsten Schritt zu mehr Sicherheit in diesem Land.


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Der Kernpunkt ist zweifelsohne, die Bestimmungen über die modernen elektronischen Ermittlungsmethoden, die 1997 und 1998 in Kraft getreten sind, in den dauernden Rechtsbestand der Republik Österreich zu übernehmen.

Schon damals war es unser Anliegen, der organisierten Kriminalität und dem Terrorismus mit allen zu Gebote stehenden Mitteln entgegentreten zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Verbrecher arbeiten heute auf höchstem technischen Niveau. Angesichts dessen ist es geradezu selbstverständlich, dass wir unseren Ermittlungsbehörden die notwendigen Mittel in die Hand geben, um diesen Herausforderungen auch entsprechend begegnen zu können, meine sehr geehrte Damen und Herren.

Wir können heute mit Fug und Recht sagen, die seinerzeitige Einführung dieser modernen Ermittlungsmethoden hat sich bewährt. Alle Befürchtungen wurden Lügen gestraft. Im Gegenteil: Wie Sie aus den Berichten über diese Ermittlungsmethoden unzweideutig entnehmen können, erfolgte der Einsatz der Maßnahmen äußerst sorgsam und maßvoll, wobei die Verhältnismäßigkeit peinlich genau beachtet wurde.

Das hat der Rechtsschutzbeauftragte bestätigt, das haben die Professoren beim Hearing bestätigt, weil es so war, und das ist gut so. Wir bekennen uns dazu. Es geht dabei um Eingriffe in Grundrechte, daher geht es darum, diese Eingriffe sorgsam durchzuführen, und es geht darum, dass die Rechte unbeteiligter Dritter möglichst wenig berührt werden. Das ist geschehen, meine sehr geehrte Damen und Herren. Und wir können stolz sein auf die Behörden, weil sie diese Herausforderung richtig erkannt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Das zeugt aber auch von der Qualität der gesetzlichen Bestimmungen, die sicherstellen, dass die erhobenen Daten, die mit dem Anlassfall nichts zu tun haben, keine Verwendung finden, und es zeigt auch die Einführung des Rechtsschutzbeauftragten, die in ganz Europa Beachtung gefunden hat, dass wir mit diesem Gesetz auf dem richtigen Weg sind.

Es gibt überhaupt kein Argument, das die Übernahme dieses Rechtsbestandes in das Dauerrecht in Frage stellen würde. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, dass diese Maßnahmen in Zukunft nicht unter den gleichen Voraussetzungen stattfinden können sollen. Ich frage Sie: Woher nehmen Sie die Begründung für eine Befristung? – Ganz wenige Experten haben im Hearing von einer Befristung gesprochen, die meisten, die kompetenten Experten haben keine Probleme damit, diesen Rechtsbestand in das Dauerrecht zu übernehmen. (Zwischenruf der Abg. Huber. )

Noch mehr, Frau Kollegin Huber: Wir würden uns international geradezu der Lächerlichkeit preisgeben, wenn wir in der heutigen Situation, vor dem heutigen Hintergrund, diese Maßnahmen zurücknehmen würden. Das nehmen Sie selbst nicht ernst, was Sie hier wollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Opposition, vor allem die Grünen, argumentieren mit dem Datenschutz. Sie unterstellen, dass die Behörden rechtswidrig vorgehen und diese Maßnahmen nicht rechtmäßig einsetzen würden. Ich darf in diesem Zusammenhang einen Satz unseres Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel von gestern doppelt unterstreichen: Menschenschutz geht vor Datenschutz, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn es um die Sicherheit unserer Bevölkerung geht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bitte Sie, hören Sie auf, den Menschen Angst zu machen, was alles passieren kann, wo überall ihre Daten gespeichert werden, und was dann alles mit diesen Daten passieren wird! Die Zeit ist dazu angetan, den Menschen Angst zu nehmen, und dafür sollten wir uns gemeinsam mit aller Kraft anstrengen. (Beifall bei der ÖVP.)

Dies gilt insbesondere auch für jenen Abänderungsantrag, der heute hier so heftig diskutiert wird und der empfindliche Strafen für jene vorsieht, die als so genannte Trittbrettfahrer mit der Angst der Menschen spielen, meine sehr geehrten Damen und Herren.


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Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, Frau Kollegin Stoisits, dass zum Beispiel eine ganze Schule in der Südsteiermark geräumt werden muss, nur weil jemand besonders "witzig" sein wollte. Frau Kollegin Stoisits! Das hat mit Witz nichts zu tun, das ist Angstmache! Ich habe auch kein Verständnis dafür, wenn Tausende Flugpassagiere am Flughafen Schwechat tagelang angehalten werden müssen, nur weil irgendjemand "witzhalber" oder "hetzhalber" weißes Pulver in den Abfallkübel gestreut hat. Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, wenn ein österreichischer Airbus, anstatt den eigentlichen Zielflughafen zu erreichen, über dem Schwarzen Meer umkehren muss, damit die Passagiere sicher nach Wien zurückkommen.

Derjenige, der so etwas verursacht, soll mit aller Härte des Gesetzes zur Verantwortung gezogen werden und für sein Tun einstehen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir müssen schnell auf solche Vorgänge reagieren, und wir werden schnell auf diese Vorgänge reagieren – egal, ob das jetzt der Opposition passt oder nicht. Ich darf Sie wirklich bitten, die sechs Zeilen des Antrages – Sie werden sie in der Zwischenzeit studieren haben können – noch einmal zu studieren und sich zu überlegen, ob Sie wirklich bei Ihrer ablehnenden Haltung bleiben müssen.

Es geht uns hier nicht ums Drüberfahren, es geht uns hier nicht um eine Diskussionsverweigerung, sondern es geht uns darum, auf Entwicklungen schnell und sofort zu reagieren. Wir müssen auf die in den letzten Tagen vermehrt aufgetretenen Ereignisse Antworten finden, und ich bitte Sie, Frau Kollegin Stoisits, wirklich einmal konstruktiv mitzudenken. Sie haben sich hier so dramatisch geriert und sich so darüber alteriert, dass Sie den Antrag erst kurz vorher erhalten haben. Aber ich glaube, es ist besser, wir diskutieren diesen Antrag jetzt, heute in der Früh, als ihn gar nicht zu diskutieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Neue Formen der Kriminalität erfordern neue und wirkungsvolle Maßnahmen für deren Bekämpfung. Wir vertrauen der Exekutive und den Ermittlungsbehörden, dass sie diese Methoden wie andere in der Vergangenheit mit der notwendigen Sorgfältigkeit, aber auch mit der gebotenen Zurückhaltung einsetzen werden. So gesehen ist das vorliegende Gesetzeswerk ein guter Beitrag für mehr Sicherheit für die Menschen unseres Landes. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

11.31

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich wende mich doch noch an einige Kolleginnen und Kollegen, vor allem an jene von der ÖVP. Ich will ihnen etwas zum Nachdenken mitgeben. Ich glaube zwar nicht, dass sich diese Beschlussfassung jetzt noch verhindern lässt, aber möglicherweise – vielleicht leider – ist das nicht der Endpunkt einer Entwicklung. Bevor wir möglicherweise in kürzerer Zeit wieder vor ähnlichen Diskussionen stehen, bitte ich doch, all die Argumente, die bis jetzt vorgebracht worden sind, nach dem Kriterium der Rationalität zu überprüfen. Das sollte jenseits aller politischen Auffassungsunterschiede etwas sein, worauf wir uns vielleicht einigen könnten.

Mein Vorredner hat gesagt, er fände es nicht lustig, wenn Schulen und Krankenhäuser gesperrt werden müssen, wenn Flugzeuge umkehren müssen. Ich frage Sie: Glauben Sie, dass irgendjemand hier das lustig findet? Oder wollen Sie uns, der Opposition, unterstellen, dass wir das lustig finden?

Der Herr Bundesminister hat gesagt, es gebe im Strafrecht Paragraphen mit Straftatbeständen wie dem Landzwang, der Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte, und die Strafdrohungen dafür müssten ausgeweitet und verstärkt werden. Meine Frage in diesem Zusammenhang ist: Woran ist bisher die Anwendung dieser Paragraphen in aller Regel gescheitert? Es gibt ja kaum eine Anwendung dieser Paragraphen. War es so, dass die Leute gesagt haben: Mein Gott, drei Jahre, was ist das schon? Das schreckt mich doch nicht wirklich ab, da drohe ich halt!


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Ich glaube nicht, dass das das Problem der Sicherheitsbehörden war, nämlich, dass die Leute gesagt haben: Die drei Jahre Freiheitsstrafe, was kümmert mich das, setze ich mich halt drei Jahre ins Gefängnis!, sondern das Problem für die Sicherheitsbehörden ist, dass derartige üble Scherze nur sehr schwer aufklärbar sind, weil eben in der Regel die Täter nicht normale Gemeinkriminelle sind; das Problem ist, dass die, die derlei Dinge in verantwortungsloser Weise tun, schwer zu finden sind. Das sind sie bei einem Strafrahmen von drei Jahren, und das werden sie bei einer Änderung der Strafdrohung ganz genauso sein.

Kann mir irgendjemand mit irgendeinem rationalen Argument erklären, was eine solche Änderung in der Realität für die Arbeit der Sicherheitsbehörden bewirken soll?

Herr Bundesminister! Vielleicht sagen Sie der Ehrlichkeit, der Redlichkeit und der Rationalität halber, wie oft denn bisher diese Paragraphen mit der Ihrer Meinung nach zu geringen Strafdrohung angewendet worden sind, beziehungsweise woran in anderen Fällen die Verfolgung der Taten gescheitert ist. Es ist die Frage, ob es wirklich die Strafdrohung war. Ich glaube, die Argumente, die von der Opposition kamen, etwa jene von meiner Kollegin Stoisits, sind sehr berechtigt.

Herr Bundesminister, ich bitte Sie noch um ein Zweites: auch bei Ihrer Entscheidung – vielleicht auch bei zukünftigen Entscheidungen, denn ich fürchte, dass wir nicht am Endpunkt einer Entwicklung stehen – diese Argumente mit zu bedenken. Ich stelle Ihnen in aller Form die Frage: Wie intellektuell redlich sind Sie bisher in der Debatte vorgegangen?

Ich stelle auch Ihnen eine Frage, Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer. Hier kam vom Abgeordneten Ofner etwa die Bemerkung, dass die naiven Vorstellungen von der gefängnislosen Gesellschaft gescheitert seien. Abgeordneter Ofner hat gesagt, wir, die Opposition, die Grünen, hätten uns für die falschen Leute auf die Barrikaden gestellt. Weiters hat er gesagt, man dürfe doch nicht zulassen, dass jeder Straftäter eine goldene Uhr samt Kette bekommt.

Meine Frage an Sie, Frau Abgeordnete, und auch an Sie, Herr Bundesminister: Hat das irgendjemand hier gefordert? Hat irgendjemand hier und heute die gefängnislose Gesellschaft, Belohnungen für Straftäter, wie etwa goldene Uhren mit Ketten verlangt? Hat sich irgendjemand hier für mutmaßliche Verbrecher stark gemacht? Wenn Ihre Antwort "nein" lautet, dann frage ich Sie: Was tun Sie hier? Was versuchen Sie hier, rhetorisch zu tun? Sie bauen eine geschlossene Kette von Vorurteilen auf und richten dann über die von Ihnen selbst aufgebauten Vorurteile. Das nenne ich eine unredliche Führung der Debatte! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie meinen – was ja aus den Ausführungen des Abgeordneten Ofner sehr deutlich hervorkam –, dass dem Eintreten für das Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft, und zwar von rechtskonform lebenden Menschen, das Scheitern vorgeworfen werden muss, dann orte ich darin etwas anderes – und darin sehe ich Gefahren. Darin sehe ich Gefahren für den Frieden zwischen den Völkern, für den Frieden zwischen Menschen.

Wenn Sie den Satz sagen können: Wer hereinkommt, den muss man sich anschauen, wie er sich aufführt!, dann frage ich mich: Was heißt denn das im Klartext? Damit wird unterstellt, dass Menschen, die nicht in Österreich geboren sind, die irgendwann nach Österreich gekommen sind, wie wahrscheinlich die Urgroßeltern, die Großeltern, ein Großelternteil der meisten von uns, es mit den Gesetzen nicht so genau nehmen. Genau das sind die gefährlichen Vorurteile, die uns und dem friedlichen Zusammenleben zu schaffen machen, die aber auch die Arbeit und die konsequente Verbrechensaufklärung der Exekutive erschweren, weil damit auf der einen Seite nur einem Teil der Bevölkerung einseitig Vorurteile entgegengebracht werden und auf der anderen Seite Gefahren vielleicht gar nicht wahrgenommen werden.

Ist es nicht so, dass schwere, ganz schwere, die schwersten Verbrechen auch in Österreich von Menschen, die seit ihrer Geburt immer da waren, ganz unauffällig waren, begangen worden sind? Ich nenne nur einige Beispiele: Briefbombenattentate, getötete Roma, schwer verletzter Alt-Bürgermeister, andere verletzte Personen. Wer war denn das? War es nicht auch in Amerika so, dass Briefbombenterror durch einen Sonderling, einen Universitätslehrer, der sich


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irgendwo in den Bergen zurückgezogen und seine verbrecherischen Ideen verwirklicht hat, ausgeübt worden ist? Ist denn das nicht genauso eine Bedrohung?

Ich frage mich also: Was wollen Sie mit der Bemerkung unterstellen, man müsse sich irgendwie anschauen, wer da hereinkommt? Soll das heißen, dass wir nicht insgesamt mehr Verbrechen aufklären, sondern unser Augenmerk auf bestimmte Faktoren, etwa auf Menschen mit dunklem Teint, mit Bart, mit ich weiß nicht was für einem Merkmal, richten sollen? – Damit wird es, glaube ich, wirklich gefährlich und bedrohlich.

Ich stelle mir auch die Frage, was denn oftmals die theoretische, die ideologische Grundlage für derartige Vorurteile ist, die uns daran hindern, eine effiziente, unparteiische Verbrechensbekämpfung zu betreiben. Es geht wahrscheinlich nicht nur mir so, nicht nur uns so. Es bekommen viele sehr harte Drohbriefe, Schimpfbriefe, immer wieder und in letzter Zeit ganz besonders stark auch antisemitischen Inhalts, und es wird da gar nicht sehr stark geheimnisgekrämt. Es gehen solche E-Mails im breiten Stil hinaus. Ich habe viele Anzeigen an die Sicherheitsbehörden erstattet, habe auch immer wieder ersucht, Briefen nachzugehen, in welchen harte Gewaltdrohungen enthalten waren, in welchen Genickschüsse angedroht wurden und unsägliche Beflegelungen bestimmter Personen und Ähnliches mehr vorgenommen wurden. Ich habe dem Innenminister, der Polizei, den Sicherheitskräften geschrieben und sie gefragt: Woran liegt es, dass man da nicht weiterkommt?

Da gibt es eindeutige Verstöße gegen das Verbotsgesetz, gegen Bestimmungen über Verhetzung und so weiter, und ich frage auch Sie – Sie werden ja auch von diesen Vorkommnissen wissen –: Woran scheitert es, dass man da nicht weiterkommt? Scheitert es an der Strafdrohung? Scheitert es am Vorhandensein bestimmter Instrumente? Ich will nicht hoffen, dass es an einseitigen Recherchen der zuständigen Behörden scheitert. Aber sagen Sie mir das doch einmal!

Es ist nicht möglich, eine sachliche Debatte abzuführen, wenn eine Fülle von Drohbriefen nicht einmal dazu führt, dass die Behörde mitteilt: Leider, wir waren außerstande, dem nachzugehen, weil das technisch zu schwierig ist oder weil zu raffinierte Methoden angewendet wurden. – Wollen Sie uns, solange Sie nicht einmal die Debatte darüber führen, allen Ernstes weismachen, dass ein Anheben der Strafdrohungen da irgendetwas bewirkt? Wir glauben das nicht! Wir halten das leider für eine Verunsicherung und für eine irrationale Vorgangsweise.

Ich muss auch an Sie, Herr Klubobmann Khol, eine Frage stellen, nämlich: Wenn es wirklich darum geht, Extremismen aller Art, Bedrohungen, Verhetzungen zu ahnden und zu verfolgen, wie sehen Sie dann bestimmte gefährliche Äußerungen und Drohungen? Ein Beispiel: Die Wochenzeitschrift "ZUR ZEIT", für die auch Sie sich immer eingesetzt haben und die, wie ich lesen konnte, jetzt eine Förderung fast in Millionenhöhe erhält, verbreitet Thesen wie "Unter Umvolkern" mit dem entsprechenden Text, wo genau diese Vorurteile verbreitet werden, wie etwa, es seien die, die kommen, die anders sind, diejenigen, die gefährlich sind, von den anderen könne keine Gefahr ausgehen.

Da frage ich Sie: Wie rechtfertigen Sie das? Wie stehen Sie dazu, auch auf dem Boden unserer Verfassung, auf die wir alle einen Eid abgelegt haben?

Herr Abgeordneter Khol, noch etwas möchte ich Ihnen sagen: In derselben Zeitschrift finden sich auf ein und derselben Seite eine Annonce der Niederösterreichischen Landesregierung, eine Werbung für Kärnten und für die Kärntner Landesausstellung und auch eine Werbung für eindeutig rechtsextreme Schriften, wo die Frage gestellt wird: "Wem gehört Deutschlands Zukunft?", illustriert mit Bildern von lächelnden blonden Kindern und von jüdischen Kindern. Auf der Homepage können Sie, wenn Sie die entsprechenden Materialien einsehen, unter anderem ein Pickerl bestellen, auf dem steht: "Stoppt die Holocaust-Industrie! Schluss mit der Abzockerei!"

Da werden Opfer der Shoa als "Abzocker" bezeichnet, da werden ihre Nachkommen mit unsäglichen Worten bedacht. Da frage ich Sie: Ist das ein Beitrag für die Sicherheit in unserem


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Land? Verstößt das nicht auch gegen geltende, schwer geahndete Bundesgesetze, bei welchen sogar teilweise die Strafdrohung reduziert wurde, damit sie anwendbar sind? Ich frage Sie in aller Form, Sie, der Sie den Verfassungsbogen immer wieder beschworen haben: Mit welchem Maß messen Sie, auf welchem Auge sehen Sie, und wo ist die rationale Grundlage für das, was heute hier geschehen soll? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

11.44

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich bin dankbar dafür, dass Frau Abgeordnete Petrovic einige Fragen gestellt hat, und es macht auch nichts, dass sie zum Teil vom konkreten Thema abgewichen ist. Sie hat aber grundsätzliche Fragen aufgeworfen und grundsätzlich wichtige Themen angesprochen. Das gebe ich gerne zu, das möchte ich überhaupt nicht bestreiten.

Es zwingt mich aber die Situation, doch auf das Thema selbst, dessentwegen wir heute hier sind und dessentwegen wir diskutieren, zurückzukommen, denn es gibt eine APA-Meldung, Frau Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses, von 10.48 Uhr vom heutigen Tage, die folgendermaßen lautet – ich zitiere –:

"Ein Brief mit einem mysteriösen weißen ,Pulver’ ist am Mittwochvormittag im Landeskrankenhaus Steyr in Oberösterreich aufgetaucht. Es wurden alle für diesen Fall vorgesehenen Vorsichtsmaßnahmen für die Patienten und das Personal getroffen. Spezialisten müssen jetzt klären, um welche Substanz es sich handelt.

Der Brief ging an eine Mitarbeiterin des Krankenhauses im Bereich der Verwaltung. Man stieß auf den Inhalt, als plötzlich das weiße Pulver aus dem Kuvert rieselte. Die Spitalsmitarbeiterin schlug sofort Alarm. Es wurden die Spezialisten des Bundesheeres und die Gesundheitsbehörden eingeschaltet.

Vorerst dürfen keine neuen Patienten oder andere Personen das Spital betreten. Eine Evakuierung des Krankenhauses war nicht notwendig. Die Beschäftigten, die mit der Post in Berührung gekommen sind, wurden in gesonderte Räumlichkeiten gebracht. Es wurden auch entsprechende Prophylaxe-Medikamente für den Fall vorbereitet, dass es sich bei dem Pulver tatsächlich um Milzbrand-Bakterien gehandelt haben sollte." – Zitatende.

Sehen Sie, Frau Abgeordnete Petrovic und meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses, darum geht es! Wir wissen nicht, ob der Täter ein so genannter Spaßvogel war oder ob es ein wirklicher Terrorist war. Wir müssen aber anhand dieses Beispieles bei der heutigen Debatte die gemeinsame Gesinnung von uns allen demonstrieren, dass wir gerade das in diesem Land nicht wieder erleben wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. – Bitte.

11.46

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy, MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie dringend notwendig die Umsetzung des Regierungsprogramms im Justizbereich und speziell im Strafbereich ist, hat uns der 11. September in schrecklicher Art und Weise vor Augen geführt. Nur durch international akkordiertes Vorgehen haben wir die Chance, den aktuellen Bedrohungen, von der Geldwäsche bis zum Terrorismus mit seinen verschiedenen Folgeerscheinungen, einigermaßen wirksam zu begegnen.

Ein europäischer Haftbefehl, eine neue Auslieferungspraxis, die mit aller Vorsicht angegangen werden muss, eine neue Kronzeugenregelung werden auf internationaler Ebene eingehend


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beraten. Die Terrorbekämpfung steht schon seit einiger Zeit im Programm der FPÖ. Das FPÖ-Antiterrorpaket findet Antworten auf die Bedrohung der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung, der Sicherheit des österreichischen Staates. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Verschärfung des Asylrechts, der Einsatz elektronischer Identifizierungssysteme, verstärkte Beobachtung extremistischer Organisationen, enge internationale Kooperation zur Terrorismusbekämpfung und vieles andere mehr sind die Punkte des Antiterrorpaketes, sind die Antworten der FPÖ auf die gegenwärtige Bedrohung.

Terroristische und extremistische Ausnahmezustände rufen Trittbrettfahrer auf den Plan. Der Herr Bundesminister hat uns ja in der soeben von ihm verlesenen APA-Meldung sehr eindrucksvoll dargestellt, dass es sich dabei nicht, Frau Petrovic, um als üble Scherze abzutuende Dinge handelt. Es sind wirkliche Bedrohungen, und verschärfte Strafdrohungen und Strafen gegen Trittbrettfahrer sind ein Gebot der Stunde. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ofner, Dr. Fekter und Kollegen zur Regierungsvorlage 754 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Im Artikel I werden nach der Z 39 folgende Zi 39a und 39b eingefügt:

"39a. § 275 wird wie folgt geändert:

Der bisherige Inhalt erhält die Absatzbezeichnung "(1)"; folgende neuen Abs. 2 – 3 werden angefügt:

,(2) Hat die Tat

1. eine schwere oder längere Zeit anhaltende Störung des öffentlichen Lebens,

2. eine schwere Schädigung des Wirtschaftslebens oder

3. den Tod eines Menschen oder die schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) einer größeren Zahl von Menschen zur Folge oder sind durch die Tat viele Menschen in Not versetzt worden, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(3) Hat die Tat aber den Tod einer größeren Zahl von Menschen nach sich gezogen, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.‘

39b. § 276 wird wie folgt geändert:

Der bisherige Inhalt erhält die Absatzbezeichnung "(1)"; folgende neuen Abs. 2 – 3 werden angefügt:

,(2) Hat die Tat

1. eine schwere oder längere Zeit anhaltende Störung des öffentlichen Lebens,

2. eine schwere Schädigung des Wirtschaftslebens oder

3. den Tod eines Menschen oder die schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) einer größeren Zahl von Menschen zur Folge oder sind durch die Tat viele Menschen in Not versetzt worden, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.


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(3) Hat die Tat aber den Tod einer größeren Zahl von Menschen nach sich gezogen, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen.‘

2. Im Artikel IV Z 11 werden die Absatzbezeichnungen "xx" durch die Absatzbezeichnungen "10" ersetzt.

*****

Auch der Ausbau der Kronzeugenregelung ist notwendig; der Herr Justizminister hat gestern schon darauf hingewiesen. Straffreiheit für verdeckte Ermittler kann helfen, kriminelle terroristische Aktionen größeren Ausmaßes in Zukunft zu verhindern.

Auch die besonderen Ermittlungsmaßnahmen wurden schon mehrmals besprochen. Die Verlängerung ihrer Anwendbarkeit über den 31. Dezember 2001 hinaus hat nicht die Ursache in den Ereignissen vom 11. September, dennoch ist sie für die Zukunft von größter Bedeutung. Um für die Zukunft gut gerüstet zu sein, müssen diese besonderen Ermittlungsmaßnahmen in den fixen Rechtsbestand aufgenommen werden.

Eine parlamentarische Enquetekommisssion – auch diese wurde schon besprochen – hat sich mit Strafdrohungen für Tathandlungen gegen die leibliche Unversehrtheit im Verhältnis zu Strafdrohungen für Delikte gegen das Vermögen befasst; erstere sind viel zu gering. In zwei Punkten trägt das Strafrechtsänderungsgesetz diesem Umstand Rechnung: Die Strafdrohung für Vergewaltigung mit Todesfolge und für schweren sexuellen Missbrauch von Unmündigen mit Todesfolge wird auf lebenslang angehoben; bisher betrug das maximale Strafausmaß 20 Jahre. Bei Raub mit Todesfolge hat schon bisher die Strafdrohung "lebenslange Freiheitsstrafe" gegolten, und somit ist dieses Ungleichgewicht beseitigt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Weibliche Genitalverstümmelung ist eine weltweite Praxis, die vor Österreich nicht Halt macht und von der Weltöffentlichkeit seit den achtziger, meist erst seit den neunziger Jahren beachtet wird. Es handelt sich dabei um schwere, schwerste Körperverletzung, von der 150 Millionen Frauen und Mädchen weltweit betroffen sind, und jedes Jahr kommen etwa 2 Millionen 4- bis 12-jährige Mädchen dazu. Die hohe Sterblichkeitsrate von 30 Prozent spricht ebenso für sich wie die hohe Müttersterblichkeit, psychische Schäden und die Verminderung der weiblichen Lebensqualität.

Schwere, schwerste Menschenrechtsverletzungen sind nicht mit kulturellen oder religiösen Traditionen zu rechtfertigen! Die grausame Tradition bedient sich der Religion – sowohl bei Muslimen als auch bei koptischen Christen.

Durch § 90 Absatz 3 ist die Möglichkeit der Einwilligung einer Person zur Genitalverstümmelung und somit das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes ausgeschlossen. Die Verstümmelung weiblicher Genitalien – ungeachtet jeglicher Einwilligung – ist ab sofort als schwere, schwerste Verletzung zu ahnden.

Das gerade hier im Plenum behandelte Strafrechtspaket dient dem Schutz und der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung und unseres Landes. Es verdient, von allen Parteien gemeinsam getragen und beschlossen zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Ofner, Dr. Fekter und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

11.54

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Zum Antrag, den meine Vorrednerin eingebracht hat, wird meine Kollegin Hlavac Stellung neh


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men. Ich möchte mich im Wesentlichen mit der Frage des Lauschangriffes und der Rasterfahndung auseinander setzen.

Gleich zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich mit Nachdruck festhalten, dass ich das als taugliches Mittel im Kampf gegen das organisierte Verbrechen und im Kampf gegen die organisierte Kriminalität erachte. Die organisierte Kriminalität agiert grenzüberschreitend, sie agiert global, und daher braucht die Exekutive und braucht auch die Kriminalpolizei entsprechende Instrumente, um gegen sie vorgehen zu können. Wir müssen alles tun, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Den Sozialdemokraten geht es aber auch um den Rechtsstaat und um die Grundrechte der Bürger, und es ist ihnen wichtig, dass das unter allen Umständen beachtet wird. Die Sensibilität in dieser Frage ist ja schon bei der Einführung von Lauschangriff und Rasterfahndung erkennbar gewesen, wurde sie doch damals mit einer vierjährigen Befristung dokumentiert.

Bisher hat es, meine Damen und Herren, sechs Ersuchen auf große Lauschangriffe gegeben, davon wurden zwei nicht durchgeführt, zwei waren erfolglos, einer war die "Operation Spring" und einer war die Überwachung eines rechtsextremen Treffpunkts. Eine Rasterfahndung gab es bis heute nicht, sie wurde überhaupt noch nicht durchgeführt. Es ist ja auch denkbar, Hohes Haus, dass die weise Entscheidung des Parlaments bei der Einführung von Lauschangriff und Rasterfahndung – mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und den Freiheitlichen beschlossen –, diese Instrumente mit einer vierjährigen Befristung zu versehen, die Sensibilität ausgelöst hat, mit diesen Instrumenten vorsichtig umzugehen.

Kollege Trinkl, ich kann Ihnen schon sagen: Wir wollen diese Instrumente nicht zurücknehmen! Ich nehme an, dass Sie das nicht in Richtung SPÖ gesagt haben. (Abg. Dr. Trinkl: Sie wollen eine befristete Verlängerung!) Klubobmann Khol hat ja gestern für die Regierungsparteien die Gewährung der Sicherheit und der Freiheit in Anspruch genommen. (Beifall des Abg. Grabner. ) Im Sinne dieser Aussage kann ich Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, nur auffordern, unserem Antrag auf eine weitere Befristung dieser Maßnahmen zuzustimmen.

Wir sagen ja zu Lauschangriff und Rasterfahndung, aber wir sagen auch ja zur Befristung dieser beiden Instrumente (Abg. Dr. Trinkl: Warum?), um deren Überprüfung und Evaluierung zu gewährleisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn dies nicht erfolgt, Kollege Trinkl, dann stehen Sie auch nicht zur Aussage Ihres Klubobmannes Khol, der ja Freiheit und Sicherheit gleichberechtigt behandelt hat, und dann verhindern Sie den Konsens in dieser Frage. (Abg. Dr. Trinkl: Wo ist die Freiheit gefährdet? – Abg. Dr. Jarolim: Der scheinheilige Khol! – Abg. Dr. Trinkl: Das ist Ihr Placebo, damit Sie nicht zustimmen müssen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! In Fragen des Umgangs mit dem Rechtsstaat und den Bürgerrechten sind wir ganz einfach ein wenig misstrauisch. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Ich erinnere Sie daran, Kollegin Fekter, dass etwa der Rechtsschutzbeauftragte nach dem Sicherheitspolizeigesetz heute oftmals nur durch Zufall erfährt, ob es laufende Aktionen in der erweiterten Gefahrenerforschung gibt. Ich erinnere Sie auch daran – und daher sind wir da etwas vorsichtig und sensibel –, dass Herr Bundesminister Strasser überhaupt gegen das Gesetz gehandelt hat und erst nach einer Klage, nach massiver Urgenz von unserer Seite, den Rechtsschutzbeauftragten nach dem SPG bestellt hat.

Wir haben auch Sorge, wenn wir hören, dass sich etwa das Büro für innere Angelegenheiten bei der Sondereinheit für Observation erkundigt hat, welche Gerätschaften, welche Abhörgeräte denn zur Beschaffung am günstigsten wären. Meine Damen und Herren! Das sind doch durchaus bedenkliche Entwicklungen!

Sorge hat man auch, wenn man hört, was Sie bei der Bundesstatistik zum Bildungswesen vorhaben. Sie wollen nicht nur persönliche Daten von den Schülern und Studierenden wissen, nein, Sie wollen ihren Förderungsbedarf wissen, Sie wollen die Schulnoten wissen. (Abg. Dr. Trinkl: Zur Tagesordnung, Herr Kollege Parnigoni! – Abg. Dr. Fekter: Haben Sie keine


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Argumente?) Ganz besonders eigenartig ist es, dass Sie auch noch die berufliche Tätigkeit des Studierenden wissen wollen. (Abg. Dr. Trinkl: Begründen Sie, warum Sie befristen wollen!) Weiters erforschen Sie die Bildungslaufbahn der Eltern sowie deren Beruf und deren Stellung im Beruf. – Da muss man ja vorsichtig sein, da muss man ja sensibel sein, was all die Fragen der Grundrechte der Menschen betrifft! (Abg. Dr. Fekter: Ihnen fehlen die Argumente! Zur Sache, Herr Kollege!)

Jetzt hört man im Zusammenhang mit der Einführung der SV-Card, der Sozialversicherungs-Card, dass die Wirtschaftskammer mehr oder weniger schon versucht, die Krankendaten der Arbeitnehmer zu bekommen. All das macht uns außerordentlich sensibel. Wir wollen daher sicherstellen, dass mit den Grundrechten der Menschen wirklich sorgsam umgegangen wird, und daher bestehen wir auf der Befristung dieser Maßnahmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist daher auch recht und billig, wenn wir verlangen – Kollege Jarolim hat es ja schon angedeutet –, dass der Rechtsschutzbeauftragte dem Parlament jährlich einen Bericht liefert und dass er nicht durch die Minister, sondern durch das Parlament bestellt wird, denn er soll kein Organ der Verwaltung sein, sondern – im Gegenteil! – er soll ein Kontrollorgan wie die Volksanwaltschaft und der Rechnungshof sein. (Beifall der Abg. Mag. Wurm.  – Abg. Dr. Fekter: Sie wollen eine politische Besetzung!)

Kollegin Fekter, das ist generell zu überlegen, und Sie als Vorsitzende des Justizausschusses sind da gefordert. Sie sind gefordert zu überlegen, ob es nicht besser wäre, anstatt jeweils für die Strafprozessordnung, für das Militärbefugnisgesetz und für das Sicherheitspolizeigesetz einen eigenen Rechtsschutzbeauftragten zu bestellen, eine gemeinsame Rechtsschutzinstitution einzurichten, die in der Lage wäre, die Grundrechte, die Bürgerrechte der Menschen entsprechend zu schützen. (Abg. Dr. Trinkl: Den Vorschlag in der zweiten Lesung! – Abg. Dr. Fekter: Warum wurden wir vorher nicht informiert von diesem Vorschlag?)  – Unser Antrag hat weniger Zeilen als der Abänderungsantrag, der vorher hier verlesen worden ist.

Hohes Haus! Ich darf festhalten: Viel wesentlicher und wichtiger, als Lauschangriff und Rasterfahndung in den Dauerbestand zu übernehmen, wäre es, die entsprechende Ausbildung der Exekutivkräfte sicherzustellen. Aber das haben Sie ja verhindert, indem Sie den Exekutivbeamtinnen und -beamten die Fachhochschule vorenthalten haben, in deren Lehrplänen der Unterricht im Umgang mit diesen sensiblen Ermittlungsmethoden vorgesehen war. (Abg. Dr. Fekter: Sie waren ja nicht im Ausschuss! Dort haben uns die Experten bestätigt, dass die Exekutive sehr professionell vorgegangen ist! Da hat Sie Kollege Jarolim falsch informiert! Sie hätten die Experten hören sollen!)

Hohes Haus! Die Bekämpfung der Großkriminalität, die natürlich besonderer Instrumente bedarf, ist wichtig, und wir wollen dies auch nach Kräften unterstützen.

Die Sicherheit und vor allem das Sicherheitsgefühl der Menschen, der Bevölkerung entscheidet sich aber nach wie vor im Alltag. Die Sicherheit entscheidet sich in den Städten, in den Familien, in den Dörfern. Und da wäre die Politik gefordert. Aber was passiert hier? – Hier haben Sie nichts anderes vor, als Gendarmerieposten zuzusperren!

Ich erinnere Sie daran: 3 000 Beamtinnen und Beamte weniger für die innere Sicherheit, Milliarden weniger für die innere Sicherheit! Sie schließen Hunderte von Gendarmerieposten, Wachzimmern, Kommissariaten. (Rufe bei der ÖVP: Löschnak! Löschnak!) Es wäre ein Beitrag zur Aufrechterhaltung der Sicherheit in diesem Lande, wenn Sie in diesem Bereich umdenken würden. (Beifall bei der SPÖ.)

Diskussionen über die Rasterfahndung, die noch nie eingesetzt wurde, sind virtuell und dürfen von den elementarsten Sicherheitsbedürfnissen der Menschen nicht ablenken. Wir laden Sie daher ein: Wenn Sie einer Befristung dieser Maßnahme zustimmen, dann werden wir natürlich auch dieses Gesetz mittragen. Ansonsten übernehmen Sie die Verantwortung dafür, dass es hier keinen Konsens gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

12.04


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Miedl. Die Uhr ist wunschgemäß auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

12.04

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geschätzter Kollege Parnigoni, ich kenne mich bei Ihrem Redebeitrag tatsächlich nicht ganz aus. (Abg. Parnigoni: Das ist ja bei Ihnen kein Wunder!) Wo sind Sie denn überhaupt? (Abg. Parnigoni: Sie sehen ja nicht einmal etwas! Wie sollen Sie sich dann auskennen?!) Sie sprachen zu Beginn im Hinblick auf Lauschangriff und Rasterfahndung von einem tauglichen Mittel. Das haben Sie hier gesagt. Ich habe zugehört und mir gedacht, Kollege Parnigoni vertritt etwas, was erfolgreich ist. Aber kurz darauf sagten Sie dann, dass Sie eigentlich dieses taugliche Mittel befristen wollen, und begründeten das damit, dass das rechtsstaatlich besser wäre.

Jetzt frage ich Sie, Herr Kollege: Wenn das ein taugliches Mittel ist, würde die SPÖ ein taugliches Mittel akzeptieren, das rechtsstaatlich unsicher ist? Ihre Argumentation stimmt hinten und vorne nicht, und die muss ich auch gleich berichtigen. (Abg. Parnigoni: Sie verstehen es nicht und wollen es auch nicht verstehen!)  – Herr Kollege, Sie verstehen mich nicht, und ich bitte Sie, dass Sie mich dann darüber aufklären.

Darüber hinaus muss ich Sie gleich tatsächlich berichtigen: Hunderte Gendarmerieposten hat Ex-Minister Löschnak zugesperrt. Da haben Sie geschwiegen. (Abg. Dr. Niederwieser: Falsch!) – In Oberösterreich. Wissen Sie, was jetzt der Fall ist? Dass endlich einmal Reformen dort gesetzt werden, wo sie notwendig sind. Dienststellen werden dort geschlossen, wo sie nicht mehr in dem Maße benötigt werden, und neue dort eröffnet, wo sie die Bevölkerung braucht. Das ist neu, auch für den Sicherheitspolitiker Parnigoni neu! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, ich bin einigermaßen betroffen ... (Abg. Leikam: Sagen Sie das dem Herrn Wurmitzer in Kärnten!) – Herr Kollege, Sie sind nicht mehr Sicherheitssprecher, Sie müssen jetzt still sein. Sie können dann wieder zu einem anderen Thema reden. (Abg. Leikam: Dummheit kennt keine Grenzen!)

Einigermaßen betroffen bin ich von der Argumentation und der Haltung der Grünen. (Abg. Leikam: Dummheit kennt keine Grenzen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Darf ich bitte aussprechen? Wäre das möglich? Danke vielmals. – Frau Kollegin Petrovic hat in ihrer abschließenden Bemerkung die Frage, die rhetorische Frage, gestellt: Wo ist die rationale Grundlage für das, was heute geschehen soll? – Frau Kollegin Moser, bitte richten Sie ihr das aus, sie ist jetzt nämlich nicht da! – Ein paar Minuten später berichtet Herr Minister Böhmdorfer über das Landeskrankenhaus Steyr, das möglicherweise wegen Milzbrand-Alarm geschlossen werden soll – und Frau Kollegin Petrovic redet, wahrscheinlich schon im Wissen um diese Tatsache, von "Lausbubenstreichen" und "Scherzbolden".

Meine Damen und Herren! Ich bin dermaßen betroffen von dieser Vorgangsweise, weil die Grünen offensichtlich noch immer nicht kapiert haben, worum es in Wirklichkeit geht. Es geht hier um Terror im wahrsten Sinne des Wortes und um dessen Verhinderung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Moser! Sie können nichts dafür, ich glaube, Sie sind ohnehin eher auf eine andere Linie zu kriegen.

Während sich Frau Kollegin Stoisits in ihrer sehr aufgeregten und emotionalen Rede zu Beginn darüber echauffierte und gesagt hat, dass das grundsätzlich demokratiepolitische Handeln hier im Haus für sie in Frage gestellt sei – sie hat sich in Wirklichkeit in der Sache selbst nicht zu Wort gemeldet –, hat Frau Kollegin Petrovic die Sache selbst überhaupt in Grund und Boden verdammt.


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Meine Damen und Herren! Da orte ich eine tiefe Spaltung der Grünen, und dazu kann ich nur sagen: Sagen Sie doch bitte, was Sie in Wirklichkeit wollen, sagen Sie es den Medien, und sagen Sie es der Öffentlichkeit! Die Zeit zum Spaßen ist vorbei, meine Damen und Herren! Seit 11. September gibt es ein neues "Spiel" auf dieser Welt. (Beifall bei der ÖVP.)

Worum geht es in Wirklichkeit? – Es werden jetzt zwei Tatbestände, die das Strafgesetzbuch eigentlich schon kennt – das müsste vor allem Frau Kollegin Stoisits wissen –, auf Grund der neuen Situation auf der ganzen Welt mit qualifizierenden Straftatbeständen versehen. Meine Damen und Herren! Da geht es um Todesfolgen, da geht es um Angst bei einer großen Zahl von Menschen, und es ist uns auferlegt, den Menschen die Angst zu nehmen. Und wenn dieses Mittel der Qualifizierung dieser Tatbestände dazu angetan ist, nur einen potenziellen Gewalttäter – nur einen, Frau Kollegin Stoisits! – davon abzuhalten, eine große Zahl von Menschen in Furcht und Unruhe zu versetzen, dann haben wir mit unserer Haltung Recht und Sie Unrecht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die SPÖ vertritt etwas zur Hälfte, von dem sie sagt, dass es ein taugliches Mittel wäre, sagt aber, wir sollten es weiter befristen. Die ÖVP und die FPÖ sind die einzigen beiden Parteien, die dem Terror mit einer klaren Haltung konsequent entgegentreten. Der politische Terror ist dermaßen offensichtlich geworden und ist deswegen so brutal, weil Menschen bereit sind, ihr Leben als Mittel zur Erreichung eines politischen Zieles einzusetzen. Wir haben eine völlig geänderte Situation in der Sicherheitslage des Westens, und wir müssen dieser Situation mit Entschlossenheit begegnen. Dazu ist mir jedes demokratische Mittel recht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Huber. – Bitte.

12.10

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Miedl! Sie tun ja gerade so, als würde eine Befristung dieser besonderen Ermittlungsmethoden verhindern, dass sie angewendet werden, wenn es notwendig ist, als würde eine Befristung ein Weniger an Sicherheit für die Menschen bedeuten. Also das ist wirklich ein durchsichtiger Versuch, muss ich sagen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war 1997 bei der Beschlussfassung eine, die diesen neuen Ermittlungsmethoden sehr kritisch gegenübergestanden ist. Ich habe mir damals die Beschlussfassung nicht leicht gemacht. Ich konnte mich allerdings inzwischen davon überzeugen, dass die angewendeten Lauschangriffe durchaus sorgfältig durchgeführt worden sind; dies deshalb, weil damals eben legistisch sehr gut vorgesorgt worden ist, um die Einhaltung der Rechte des Einzelnen und vor allem von Unschuldigen bestmöglich zu gewährleisten. Das Gesetz war – das ist heute schon einmal gesagt worden – beispielgebend und richtungweisend für die Europäische Union, denn der Rechtsschutzbeauftragte, den wir eingesetzt haben, war damals einzigartig in der Europäischen Union. (Abg. Dr. Fekter: Sind wir gelobt worden dafür!)  – Dafür sind wir gelobt worden!

Es wurde ein sehr restriktives Prüfungsnetz eingezogen, damit diese besonderen Ermittlungsmethoden, nämlich der kleine und der große Lauschangriff, nur dort eingesetzt werden, wo sie wirklich notwendig sind. Da sind verschiedene Prüfungen vorgesehen. Es ist vorgesehen, dass eine Machbarkeitsstudie erstellt wird. Erst dann kann der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit mit einem Antrag an die Justiz herantreten. Dann überprüfen der Staatsanwalt und die Ratskammer. Und es ist die Genehmigung des Rechtsschutzbeauftragten für den großen Lauschangriff erforderlich.

Wir haben, denke ich, schon großes Glück, dass wir mit der integren Person des Rechtsschutzbeauftragten jemanden haben, der ganz penibel auf die Einhaltung aller Sicherheitsnetze, die das Gesetz vorgesehen hat, achtet und dafür garantiert, dass sie eingehalten werden. Ich habe mich vor Ort bei dieser Sonderermittlung Observation davon überzeugt, mit welch hoher Fach


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kompetenz, wie sorgfältig und penibel alle erdenklichen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden, damit es zu keinem Schaden für unschuldige Dritte kommt.

Das heißt, beim Lauschangriff haben wir gute Erfahrungswerte – anders allerdings bei der Rasterfahndung. Wir haben seinerzeit das Gesetz befristet, um Erfahrungswerte zu sammeln. Die Rasterfahndung wurde in diesen vier Jahren nicht angewendet – ich sage, Gott sei Dank war es nicht notwendig –, und daher haben wir keine Erfahrungswerte.

Eine weitere Befristung des Gesetzes wäre daher nur logisch. Obwohl sich auch Sachverständige – und es war nicht so, dass sich alle Sachverständigen für eine unbefristete Verlängerung ausgesprochen haben – für diese Befristung ausgesprochen haben, wurde nicht einmal darüber geredet, denn andere Meinungen werden ignoriert. Ich glaube, ich habe vom Kollegen Ofner so etwas Ähnliches gehört wie: Die kompetenten Sachverständigen haben sich für eine Unbefristung und die scheinbar inkompetenten für eine Befristung ausgesprochen. (Abg. Dr. Fekter: Subjektive Wahrnehmung!) Das ist schon eine sehr interessante Wertung: Wer nicht der Meinung der Regierung ist, ist inkompetent. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gab eine totale Dialogverweigerung. Es war ja zum Beispiel bei dem öffentlichen Hearing im Parlament nicht einmal der für die Ermittlung wohl zuständige Innenminister anwesend. Es war überhaupt niemand aus dem Innenministerium anwesend. Erst nach unseren vehementen Protesten wurde der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit zu diesen Beratungen zugezogen. (Abg. Böhacker: Der Mag. Mainoni war da!)  – Ich erspare es mir, darauf irgendetwas zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Genauso wurde mit unseren anderen Vorschlägen umgegangen. Wir haben gemeint, es wäre gut, mehr Kompetenzen für den Rechtsschutzbeauftragten festzuschreiben, wie zum Beispiel die Genehmigung des kleinen Lauschangriffes durch den Rechtsschutzbeauftragten, einen jährlichen Bericht des Rechtsschutzbeauftragten auch an den Datenschutzrat, analoge Regelungen im Militärbefugnis- und im Sicherheitspolizeigesetz.

Ebenso sind Sie mit unseren Vorschlägen zur Terrorbekämpfung umgegangen. Sie alle hier in diesem Haus wissen ganz genau, dass eine sehr wesentliche Grundlage und geradezu eine Voraussetzung für den Terrorismus die finanziellen Mittel sind. Wichtig wäre daher eine Aufdeckung der Finanzströme: Wo wird Geld gewaschen? Wo wird Geld verschoben? (Abg. Böhacker: Wird gemacht!) Warum, frage ich mich, haben Sie unseren Antrag über die Einführung der finanziellen Rasterfahndung abgeschmettert? Wir sind der Meinung, dass Kontobewegungen und Beträge über ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Böhacker. )  – Hören Sie zu! Sie haben den Antrag offensichtlich nicht einmal gelesen und haben keine Ahnung, welchen Inhalt er hat. Ich denke, dass Beträge über 700 000 S durchaus angeschaut werden können. Ich frage Sie: Sind Kontendaten mehr wert als Menschendaten? Bei den Menschen haben Sie überhaupt keine Bedenken, aber Kontendaten sind Ihnen offensichtlich heilig. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben über diese Vorschläge mit uns nicht einmal geredet. Kein Dialog war möglich. Sie wollen überhaupt nicht unsere Zustimmung – im Gegenteil! –, Sie haben mit allen Mitteln provoziert, dass eine Ablehnung von unserer Fraktion kommt. Ich meine, gerade wenn es um die Sicherheit der Bevölkerung geht, wenn es um die Sorgen und Ängste der Menschen geht, wäre eine durchaus mögliche gemeinsame Beschlussfassung so wichtig gewesen.

Ihnen sind ein politischer Erfolg, eine scheinbare Profilierung als Sicherheitspartei mehr wert als die Sorgen und Ängste der Menschen, auch als die Sicherheit der Menschen. Aber ich denke, die Österreicherinnen und Österreicher sind nicht so dumm, dass sie dieses durchsichtige Spiel nicht durchschauen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Welches? Ihres?)

12.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.17

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Rasterfahndung und Lauschangriff


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und die Übernahme ins Dauerrecht gibt mir Gelegenheit, Sie nochmals darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, dass eine funktionierende Demokratie auch die geeigneten Instrumentarien zu ihrem Schutz hat.

Ein Terrorakt, wie zum Beispiel in den jüngsten Fällen geschehen, ist glatter Mord und ein Anschlag auf die Demokratie. Der Terrorbegriff, meine sehr geehrten Damen und Herren, mag zurzeit noch strittig sein, aber eines ist bei diesem Terrorbegriff vollkommen klar: Die wesentlichen Merkmale sind eine schwere Straftat, die Einschüchterung der Bevölkerung, die Schädigung oder Zerstörung der wirtschaftlichen und politischen Struktur eines Staates oder auch einer internationalen Einrichtung.

In diesem Zusammenhang komme ich auf eine Aussage, getätigt hier im Hohen Haus, zu sprechen, die ich so nicht stehen lassen will. Wenn Sie sich erinnern können: Anlässlich der letzten Plenarsitzung wurde der Opfer des Terroranschlages in New York gedacht und das Mitgefühl zum Ausdruck gebracht. Die wohlgesetzten Worte in der vorbereiteten Rede des Nationalratspräsidenten Fischer lauteten wie folgt – ich zitiere –:

"Die verbrecherischen Terroranschläge vom 11. September auf Einrichtungen in den USA, denen Tausende unschuldige Menschen aus rund 60 Nationen zum Opfer gefallen sind – Freunde aus Deutschland berichten zum Beispiel, dass diesem Terroranschlag mehr Deutsche zum Opfer gefallen sind als in der Zeit der siebziger Jahre durch Baader/Meinhof- und RAF-Anschläge und -Verbrechen –, ..." – Zitatende.

So weit das Vergleichen von Verbrechen, meine Damen und Herren. Wenn man die Leichen zählt, so mag das stimmen. Aber die Aussage des Herrn Nationalratspräsidenten Fischer hat für mich noch eine ganz andere Botschaft, denn sie ist von einer hochpolitischen Person getätigt worden, und Sympathisanten der RAF-Terrorszene der siebziger Jahre befinden sich heute in Deutschland in maßgeblichen politischen Positionen. Deshalb ist diese Aussage für mich eine andere Botschaft.

Und wer sich nicht mehr daran erinnert, meine Damen und Herren: Die Ermordung Hanns Martin Schleyers, Siegfried Bubacks oder auch Jürgen Pontos und anderer unschuldiger Opfer durch die Baader/Meinhof-Bande hat unsere deutschen Nachbarn und auch uns in Österreich demokratiepolitisch auf eine harte Probe gestellt. Und dieser schreckliche Terrorakt in den USA sollte nicht zum Anlass genommen werden, die terroristischen Morde der siebziger Jahre, nur weil es weniger Tote gegeben hat, verkleinert darzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Und nun komme ich wieder zum Thema. (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist eine infame Unterstellung, Herr Abgeordneter!) Es ist Ihnen bekannt – ich weiß nicht, ob es Ihnen bekannt ist, aber wenn Sie zuhören, dann werden Sie es auch verstehen –, dass durch den erstmaligen Einsatz der Rasterfahndung in Deutschland in den siebziger Jahren erst der Fahndungserfolg gegen die Baader/Meinhof-Bande möglich war. Die Rasterfahndung, die in Hamburg angesetzt hat, hat erst dazu geführt, dass dieses Terroristennetz ausgehoben werden konnte. Es ist ausgehoben worden, die Mörder sind festgenommen und verurteilt worden, und die Namen der Sympathisanten sind ans Tageslicht gekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Solidarität bei der Ausforschung der Täter dieses Terroraktes im September dieses Jahres ist hier und jetzt unser Gebot. Auch wir hier in Österreich müssen unseren Behörden die geeigneten Instrumente in die Hand geben, um diese Terrorakte verfolgen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Rasterfahndung, Lauschangriff ohne zeitliche Befristung, das heißt im Dauerrecht, vor allem aber auch die erweiterte Gefahrenerforschung zählen zu diesen Instrumenten. Sie werden erfahrungs- und auch berichtsgemäß maßvoll angewandt, kontrolliert und sind das geeignete Werkzeug, um terroristischen Mördern und ihren Handlangern das Handwerk zu legen.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend komme ich noch auf eine Feststellung aus der grünen Szene hier im Hohen Haus zu sprechen. Es kommt immer wieder der Vorwurf, bei der Rasterfahndung würden rassische und religiöse Kriterien verwendet – so Peter Pilz. Wenn der Täterkreis selbst den islamischen Glauben als Grundlage seines Handelns verwendet, so ist eine Rasterfahndung nach diesen Merkmalen und Methoden nicht nur geboten, sondern absolut notwendig, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und wenn bei der Rasterfahndung keine ethnischen Profile mehr angewandt werden dürfen, dann kann die Exekutive zusammenpacken, und der von einigen Wenigen gewünschte Zustand der Anarchie in diesem Land wäre dann letztendlich Wirklichkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Wo steht das? Wovon reden Sie?)

Deshalb, sehr geehrter Herr Kollege Parnigoni, kann man nur eines sagen: Ja zur erweiterten Gefahrenerforschung – sie ist unabdingbare Notwendigkeit zur Bekämpfung des Terrorismus –, ja zur Rasterfahndung und ja zum Lauschangriff! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Bitte.

12.23

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Was Herr Mainoni jetzt im Zusammenhang mit dem Zitat von Herrn Präsidenten Fischer gesagt hat, kann ich nicht nachvollziehen. Sie sollten sich entschuldigen! Sie erwecken hier einen Eindruck, der wirklich unerhört ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Übrigen ist die Rasterfahndung in Deutschland nicht vor so langer Zeit eingeführt worden. Ich erinnere mich noch, dass die zuständige Justizministerin zurückgetreten ist, weil sie dieses Instrument für problematisch gehalten hat. Aber das nur nebenbei.

Ich wollte eigentlich damit beginnen, Herr Minister, dass ich zwei Bestimmungen hervorhebe, die ich positiv finde. Bisher wurde Raub mit Todesfolge schwerer bestraft als Vergewaltigung mit Todesfolge und auch sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge. Das ist jetzt geändert, das finde ich positiv, das ist grundsätzlich richtig.

Eine weitere Bestimmung, mit der ich mich befassen möchte, betrifft die Genitalverstümmelung, die oft verharmlosend als Beschneidung bezeichnet wird. Es ist völlig klar, dass es sich hier um ein besonders abscheuliches Verbrechen handelt, das die Gesundheit, auch die psychische Gesundheit, der betroffenen Mädchen und Frauen massiv gefährdet und manchmal sogar durch Komplikationen zum Tod führen kann. Es ist daher als schwere Körperverletzung mit Dauerfolgen zu qualifizieren, und es wird damit nicht ein neues Delikt geschaffen, sondern nur eine Klarstellung getroffen, die meiner Meinung nach nicht unbedingt notwendig wäre, aber doch leider in der Praxis eine Bedeutung hat.

Es wird in einem zusätzlichen Absatz im § 90 festgehalten, dass eine Einwilligung nicht möglich ist, dass also durch die Einwilligung die Strafbarkeit nicht wegfallen kann. Es ist an sich klar, dass das bei einer schweren Körperverletzung nicht möglich ist, ich halte es aber in diesem Fall für gut, dass das klargestellt wird, weil wir gerade im Zusammenhang mit diesem Verbrechen oft mit Ahnungslosigkeit, Gedankenlosigkeit und auch Gleichgültigkeit konfrontiert sind. (Abg. Dr. Pumberger: Dann stimmen Sie dafür!)

Es handelt sich hier nicht um eine Tradition einer anderen Kultur, die toleriert werden muss, sondern um eine schwere Körperverletzung, und es ist wichtig, dass das alle wissen und sich entsprechend verhalten. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Amon.  – Abg. Dr. Pumberger: Warum stimmen Sie dann dagegen?)

Es muss uns aber in diesem Zusammenhang bewusst sein, dass das Strafrecht alleine dieses Problem nicht lösen kann, dass leider anzunehmen ist, dass auch in Europa diese Genitalverstümmelungen vorgenommen werden. Wir wissen aber auf jeden Fall, dass Mädchen nach Afri


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ka gebracht werden, damit dort diese grauenhaften Verstümmelungen vorgenommen werden. Die Eltern glauben dann, einer Tradition zu entsprechen und dem Mädchen eine Chance auf eine gute Ehe zu verschaffen. In Wirklichkeit verurteilen sie ihre Kinder zu unermesslichem Leid und machen sich auch strafbar.

Es geht darum, das Bewusstsein zu verändern. Wir haben engen Kontakt mit der Organisation afrikanischer Frauen in Österreich, die sehr engagiert ist und eine sehr wichtige und wertvolle Arbeit leistet. Es geht darum, die verschiedenen Berufsgruppen, die mit Kindern zu tun haben, zu sensibilisieren, ähnlich wie beim sexuellen Missbrauch, um klarzustellen, dass es sich hier um ein Verbrechen handelt, und um zu erreichen, dass vielleicht in dem einen oder anderen Fall dieses Verbrechen verhindert wird.

So viel zu diesem neuen Absatz im § 90, den ich sehr positiv beurteilen möchte. (Abg. Dr. Pumberger: Warum stimmen Sie dann dagegen? Stimmen Sie doch zu!) – Ja, natürlich sind wir dafür, das hat hier eigentlich niemand in Abrede gestellt.

Aber ich komme jetzt zu einem Punkt, der leider weniger erfreulich ist, nämlich zu diesem Abänderungsantrag, der uns auf den Tisch geknallt worden ist. Ich verfolge die Arbeit im Justizausschuss schon seit sehr langer Zeit – zuerst als Beamtin, seit 1988 als Mitglied dieses Ausschusses –, und ich muss sagen, ich habe es noch nicht erlebt, dass wir bei einer so wichtigen Frage derart überrumpelt worden sind.

Sie wollen sich selbst als die Verteidiger der Sicherheit darstellen. (Abg. Dr. Niederwieser: Sie wissen nie, was sie wollen! Das ist das Problem!) Ich hatte in dieser Debatte das Gefühl, dass Sie versuchen, uns hier in ein Eck zu stellen, in dem wir uns nicht befinden. Wir sind keine Sympathisanten, und wir sind keine Lauen, wir wollen, dass der Terror bekämpft wird. Wir wollen, dass Maßnahmen gesetzt werden, aber die Art, wie hier mit uns umgegangen wird, ist wirklich negativ. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Antrag ist reine Symbolik. Sie wollen vor einer verunsicherten Bevölkerung gut dastehen und schaffen eine Regelung, die zum Großteil nur das wiederholt, was schon in anderen Bestimmungen vorgesehen ist. Daher stimmen wir zu, obwohl wir nicht glauben, dass das der Weisheit letzter Schluss ist. Aber ich möchte nochmals betonen, dass diese Vorgangsweise wirklich nicht in Ordnung ist, Herr Minister. Hätten wir vorher schon die Möglichkeit gehabt, darüber zu reden, hätten wir auch mit Experten klären können, ob nicht eine bessere und umfassendere Regelung möglich gewesen wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wurde in den Debatten im Zusammenhang mit diesen grauenhaften Terroranschlägen gesagt, dass Sie mit uns zusammenarbeiten wollen, dass es eine gemeinsame Politik geben soll, aber heute haben Sie bewiesen, dass das nicht ganz so ist.

Abschließend noch einige Worte zum Lauschangriff und zur Rasterfahndung. Ich kann nur das nochmals betonen, was die Kolleginnen und Kollegen schon gesagt haben: Ich bedauere zutiefst, dass Sie nicht dazu bereit sind, das Gesetz nochmals zu befristen. Das Experten-Hearing war sehr interessant und aufschlussreich, und wir haben erfahren, dass in Österreich eine Rasterfahndung noch nie durchgeführt worden ist.

Die Rasterfahndung ist natürlich ein schwer wiegender Eingriff in den Datenschutz und daher etwas, das wirklich kontrolliert werden muss. Da diese aber noch nicht eingesetzt wurde, ist eine Evaluierung nicht möglich. Aus diesem Grund haben sich zwei der Experten, nämlich Herr Professor Fuchs und Herr Dr. Soyer, eindeutig dafür ausgesprochen, diese Regelung noch einmal zu befristen. Durch eine solche Vorgangsweise wird die Sicherheit nicht vermindert – denn die Regelung ist ja in Kraft –, wir könnten aber in vier Jahren noch einmal eine Evaluierung vornehmen.

Die Bundesregierung hat gestern damit argumentiert, dass sie für die Sicherheit in Freiheit ist. Es würde ihr und der Mehrheit hier im Hause gut anstehen, würden sie dieser Befristung zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.31


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer zu Wort gemeldet. Die Redezeit ist wunschgemäß auf 6 Minuten eingestellt. – Bitte.

12.31

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss sagen, ich bin über die Redebeiträge der Opposition in der heutigen Diskussion betreffend ein so wesentliches Thema wie die erweiterten Ermittlungsmethoden im Bereich der Exekutive enttäuscht, bestürzt und (Abg. Dr. Niederwieser: Schockiert!) teilweise, etwa von der Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Maier, auch tief betroffen.

Besonders viel Zeit hat die Opposition, besonders Herr Abgeordneter Jarolim, darauf verwendet, über die Vorgangsweise zu sprechen, die Vorgangsweise zu kritisieren. Sie haben jedoch wenig bis überhaupt keine inhaltlichen und sachlichen Argumente gebracht. (Abg. Dr. Jarolim: Absurd, was Sie da sagen! Sie sind nicht eingelesen, glaube ich!)  – Das ist ein billiger Vorwurf; es tut mir Leid, das sagen zu müssen: Das ist billig, wirklich wahr! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zu der Vorgangsweise, die Sie uns angekreidet haben: Es ist so, dass Sie erstens einmal seit viereinhalb Jahren wissen, dass dieses Recht befristet ist, und dass jetzt natürlich eine Diskussion darüber stattfinden wird. Das heißt, Sie hatten sicher genügend Zeit, sich ausführlich und eingehend mit dieser Tatsache zu beschäftigen. (Abg. Dr. Jarolim: ... Anträge der Opposition zu diskutieren!) Zum anderen gab es auch ein Hearing im Ausschuss mit vier Experten und mit dem Rechtsschutzbeauftragten. (Abg. Dr. Jarolim: Ein erzwungenes Glück!) Ich möchte Sie nur daran erinnern: Der Rechtsschutzbeauftragte hat für die Übernahme in das Dauerrecht plädiert! – Das haben Sie sicher gehört. (Abg. Dr. Niederwieser: ... bei der Rasterfahndung?)

Zu den Inhalten: Wenn man über mehr Befugnisse für die Exekutive redet, dann muss man selbstverständlich auch über eine mögliche Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte diskutieren – das ist keine Frage, das finde ich richtig, und das ist auch unsere Aufgabe! In der heutigen Diskussion hat man sich damit allerdings überhaupt nicht befasst. Die heutige Diskussion hat sich in erster Linie nur darum gedreht, ob es um ein Dauerrecht oder um eine weitere Befristung geht. Die Grund- und Freiheitsrechte werden aber im vorliegenden Entwurf nicht durch die Befristung garantiert – das ist der Irrtum, den Sie die ganze Zeit versuchen, uns einzureden –, sondern durch die Kontrollmechanismen, die im Gesetz auch verankert sind, nämlich Rechtsschutzbeauftragte, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, zeitliche Beschränkung und auch, wie Sie alle wissen, jährliche Berichte des Innen- und des Justizministers.

Ich muss betonen: Der Schutz der Grundrechte hat überhaupt nichts mit der Befristung zu tun! Sie tun so und Sie unterstellen geradezu, als gebe es durch die Befristung einen verstärkten Grundrechteschutz. – Das ist aber nicht der Fall, meine sehr geehrten Damen und Herren! Güterabwägung hört nicht auf, wenn die Ermittlungsmethoden ein Dauerrecht werden.

Besonders fassungslos war ich über die Rede des Herrn Kollegen Maier, der sogar von einer Demokratiegefährdung gesprochen hat – und das, weil wir eine Regelung, die sich bewährt hat, ins Dauerrecht übernehmen! Das ist wirklich unfassbar! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auch wenn ich vielleicht nach Aussagen des Herrn Jarolim nicht eingelesen bin – was ich aber sicher bin! –: Sie versuchen ununterbrochen und mit absolut untauglichen Argumenten, eigentlich Ihre Hilflosigkeit zu übertünchen! Sie wissen nämlich selber nicht, warum Sie nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ein Wort noch zum heutigen Abänderungsantrag: Der Antrag ist wahrlich nicht kompliziert, und Frau Kollegin Stoisits, eine exzellente Juristin, die seit Jahren Mitglied des Justizausschusses ist, stellt ihr Licht ganz bewusst unter den Scheffel, denn sie ist – davon bin ich überzeugt – sehr wohl in der Lage, diesen Abänderungsantrag in Ruhe durchzulesen (Abg. Dr. Jarolim:


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Können Sie etwas Inhaltliches sagen, Frau Kollegin, ein Wort ...!?), zu diskutieren und sicherlich auch in seiner gesamten Konsequenz zu verstehen. (Abg. Dr. Jarolim: Einen Satz!)

Meiner Meinung nach ist die Diskussion über den von uns vorgelegten Abänderungsantrag heute zu führen, denn, wie der Herr Bundesminister mit dieser APA-Meldung eindrucksvoll bewiesen hat, es gibt jetzt die Trittbrettfahrer, und es gibt jetzt die Nachahmungstäter – nicht später! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. ) Und die jetzige Diskussion auf später zu verlegen, wäre in Wirklichkeit fahrlässig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Natürlich wissen wir nicht, ob, wie Frau Kollegin Hlavac gesagt hat, das allein Trittbrettfahrer oder Nachahmungstäter abhält. Es wird vielleicht auch nicht alle daran hindern. Aber wenn wir nur einige abgeschreckt haben, wenn wir damit gemeinsam diese Art, leichtfertig mit der Sicherheit der Leute umzugehen, hintanhalten, dann hat sich meiner Meinung nach diese Diskussion, diese Änderung schon gelohnt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Wer hat uns am Nachdenken gehindert? – Abg. Dr. Fekter: Wer? – Abg. Dr. Jarolim: Ja wer? Das muss Ihr Klubobmann Khol ...!)

12.36

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir beschließen heute Änderungen im Strafgesetzbuch, die eine Konsequenz aus den bitteren Erfahrungen der letzten Zeit im Zusammenhang mit Verletzungen von Menschen durch Hunde sind. Die Neuregelung des § 81 Strafgesetzbuch etwa sieht nunmehr vor, dass derjenige, der, wenn auch nur fahrlässig, ein gefährliches Tier entgegen einer Rechtsvorschrift oder eines behördlichen Auftrages hält, verwahrt, führt und dadurch fahrlässig den Tod eines anderen herbeiführt, mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen ist. Und der Tod eines Menschen ist die tragischste Konsequenz eines Angriffes durch ein gefährliches Tier!

Da keine Legaldefinition im Strafgesetzbuch dafür vorgesehen ist, welches Tier als gefährlich zu qualifizieren ist, wird es der Rechtsprechung und Rechtslehre vorbehalten sein, diesen Begriff auszufüllen, was als nicht wirklich praktikabel erscheint.

Wir Sozialdemokraten begrüßen, dass es nunmehr endlich eine Änderung der Rechtslage geben wird, die helfen soll, weitere Unfälle mit Hunden, nämlich mit solchen, die als gefährlich zu qualifizieren sind, hintanzuhalten. Inwieweit die neu gefassten Paragraphen des Strafgesetzbuches auch tatsächlich eine so generalpräventive und spezialpräventive Wirkung entfalten werden, wie gehofft, kann nur die Zukunft zeigen, aber es ist wenigstens ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. (Abg. Kiss: Bist du der Hundesprecher der SPÖ? – Heiterkeit bei der ÖVP.)  – Herr Abgeordneter! Ohne jetzt ausfällig werden zu wollen: Wenn das so sein sollte, würde ich mich mehr mit Ihnen beschäftigen! (Abg. Dr. Jarolim: Aber man sieht, was die Regierung da alles an Gesetzesvorlagen zusammenmanscht! – Ironische Heiterkeit des Abg. Kiss. )

Lassen Sie mich eindeutig und klar sagen: Es ist nicht die Schuld der Hunde, dass sie zu Aggressionen neigen. Nein! Es ist stets der Hundehalter beziehungsweise es sind Personen, von denen der Hundehalter einen solchen Hund übernimmt, die diesen Hund zum Menschenfeind gemacht haben. Leider gibt es immer wieder Hunde, die in Richtung gesteigerter Aggressivität gezüchtet werden. Menschen, die so etwas tun, handeln unverantwortlich und gefährden alle! (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Heiterkeit des Abg. Kiss. )

Ich hoffe nicht, dass jener Abgeordnete, der sich jetzt über dieses Thema, diese Änderung im Strafgesetzbuch lustig macht, einmal von so einem aggressiven und gefährlichen Hund angegriffen wird. (Abg. Dr. Jarolim: Das kommt ja von ihm, das Thema!) Ich wünsche es ihm wirklich nicht.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der von uns bereits wiederholt eingebrachte Entschließungsantrag, das Züchten und Ausbilden sowie In-Verkehr-Bringen von aggressiven Hunden unter Strafe zu stellen, hätte unserer Meinung nach schon längst aufgegriffen werden können. Eine derartige Vorgangsweise ist nämlich nicht nur eine Bedrohung für die Umwelt, sondern auch ein Missbrauch des jeweiligen Tieres. Unserer Ansicht nach gehört dies auch im Strafgesetzbuch im Rahmen der Tierquälerei unter Strafe gestellt.

Die Tierschutzgesetze, die in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen, haben in erster Linie die artgerechte Haltung von Tieren einschließlich des Schutzes vor Gefahren, die von Tieren ausgehen, zu regeln. Unter diesem Gesichtspunkt haben einzelne Länder bereits die Haltung von gefährlichen und aggressiven Hunden verboten.

Es stellen aber nicht nur jene Personen eine Gefahr für die Umwelt dar, die bewusst Hunde zur Aggressivität erziehen, sondern es ist auch die Sorglosigkeit im Umgang mit gefährlichen Tieren anzuprangern. Es ist wichtig, aufklärend zu wirken und ein Risikobewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen. Nachlässigkeit in der Aufsicht von gefährlichen Hunden war gerade in letzter Zeit vielfach der Grund für schwerste Verletzungen, und tragischerweise waren Kinder am meisten davon betroffen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das Strafgesetzbuch ist ein Spiegel unserer gesellschaftlichen Werte, und der nunmehr wieder erweiterte Schutz von Leben ist uns Sozialdemokraten ein zentrales Anliegen und Grundlage unseres Handelns. Wir begrüßen daher, dass sich nach längerer Zeit nun auch die Damen und Herren von Blau-Schwarz zu einer Veränderung der Rechtslage entschlossen haben.

Bund und Länder müssen zusammenarbeiten, wenn es um die Hintanhaltung von Gefahren in diesem Bereich geht. Der Herr Innenminister ist aufgefordert, die Länder bei der Absicht zu unterstützen, eine effektive Vollziehung im Zusammenhang mit Bestimmungen, die das Mitführen oder Verwahren von Hunden betreffen, im Bereich der Länder zu erreichen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir Sozialdemokraten stimmen dieser Gesetzesänderung zu, müssen aber gleichzeitig anmerken, dass Bestrafen im Nachhinein nicht die einzig wahre Lösung dieses Problems sein kann, sondern dass es vielmehr auch darauf ankommt, in der Bevölkerung das Bewusstsein zu stärken, dass mit dem Besitz eines Tieres auch Gefahren und Verantwortung verbunden sind. Diese Verantwortung muss verstärkt hervorgehoben werden und dazu, sehr geehrte Damen und Herren, sind wir alle aufgerufen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.43

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Heinzl dankbar, dass er auch diesen Teil der Novelle zum Strafgesetzbuch angesprochen hat, übrigens als Erster in dieser Debatte.

Wie irrelevant die Zahl der getöteten Opfer für das emotionale Barometer und für die Sorge der Bevölkerung ist, möge der Vergleich der Top-Themen in diesem und im vorigen Jahr aufzeigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damals erregte der Tod eines Kindes, das in Hamburg durch einen scharf gemachten Hund getötet wurde, in ganz Europa Aufsehen und fand auch in diesem Haus seinen Niederschlag. Das schreckliche Ereignis wurde damals in erster Linie von Klubobmann Kostelka instrumentalisiert, er hat ganz genau das getan, was Kollege Cap heute Früh angeprangert hat: Er hat das Opfer instrumentalisiert und durch Presseaussendungen versucht, auch in Österreich Angst und Schrecken zu verbreiten. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)


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Er hat – es war Anfang Juli des vorigen Jahres – einen Antrag eingebracht, in dem er aufforderte, unter Umgehung eines Ausschusses stante pede von einem Tag auf den anderen das Waffengesetz abzuändern, denn entsprechend seinem geistigen Horizont war der Hund zur Waffe zu machen. Er folgte damit dem schlechten Beispiel des benachbarten Deutschland: Man hat damals die Hundehalter kriminalisiert, man hat gewisse Hunderassen ausgegrenzt, und man hat die Ursache des Übels, nämlich – wie es Kollege Heinzl soeben völlig richtig gesagt hat – den Halter, den, der den Hund scharf macht, nicht zum Zentrum dieses Themas gemacht.

Wir haben das damals sehr wohl getan und konnten jetzt den Koalitionspartner davon überzeugen, dass ein Bündel von Maßnahmen, das auf den Hundehalter konzentriert ist, hier Abhilfe schaffen kann. Der Erste, der auf diesen damaligen Antrag konstruktiv und positiv reagiert hat, ist der von Ihnen so mit Misstrauen bedachte Justizminister. Er hat eine sehr gefühlvolle und intelligente Reaktion im Strafgesetzbuch gefunden und formuliert, und dieser stimmen wir gerne zu. Wir sind auch für das Signal seitens der Sozialdemokraten dankbar, dass sie gelernt haben, umzudenken, und diesem Aspekt in der Novelle nachkommen.

Herr Justizminister! Danke, dass das geschehen ist. Ich sage aber im gleichen Atemzug, dass noch ein weiterer Antrag bezüglich des Tierschutzes, nämlich die Verschärfung des § 222, ein Wunsch von uns ist, den wir noch in dieser Legislaturperiode abarbeiten sollten. Ich richte vor allem auch an den Koalitionspartner die Aufforderung, sich zu beteiligen und nicht zu vergessen, dass von der Außenministerin in Bezug auf die Frage des Importes von Hunden, die scharf gemacht werden können – ich umschreibe das so –, noch ein Vorschlag offen ist, der ein knappes Jahr alt ist.

Herr Kollege Heinzl! Hinsichtlich der Frage, dass es bei der Haltung, aber auch bei der Ausbildung der Tiere insgesamt, an den Ländern liegt, aktiv zu werden, werde ich nicht müde, zu wiederholen, dass meine Fraktion im Bereich des Tierschutzes nach wie vor eine Lösung auf Bundesebene ansteuert. Ich bitte Sie, auch Ihr Umfeld, vor allem den Herrn Landeshauptmann von Wien, von dieser Tatsache zu überzeugen, denn er ist einer der Bremser auf diesem Weg. Gerade die Hundekennzeichnung, die Tierkennzeichnung, über deren Notwendigkeit wir uns alle einig sind, zeigt, dass ein Chip nur bundesweit Sinn macht und dass hier bundesweite Regelungen geschaffen werden müssen.

Ich wiederhole meinen Appell an den Koalitionspartner, uns in Zukunft verstärkt zu unterstützen, um den Tierschutz zumindest in absehbarer Zeit zum generellen Bundesthema zu machen und mit der Zersplitterung auf Länderebene endlich aufzuhören.

Herr Bundesminister, abschließend nochmals schönen Dank für diese Novelle. Ich bitte Sie, auch betreffend § 222 unseren Vorstellungen alsbald zu entsprechen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. Er erhält das Wort.

12.49

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! So erschütternd die Ereignisse vom 11. September waren und so wichtig und notwendig auch alle deshalb zu setzenden legistischen Maßnahmen sind, möchte ich doch auch wie zwei oder drei meiner Vorredner auf einige andere, aus meiner Sicht sehr wichtige Themen eingehen.

Gestatten Sie mir vorher eine Bemerkung: Frau Kollegin Dr. Baumgartner-Gabitzer macht sich Sorgen darüber, dass die SPÖ nicht weiß, was sie will. – Ich möchte klarstellen: Eine Befristung hat nur dann Sinn, wenn die Möglichkeit zur Evaluation besteht. Da bis dato noch in keinem Fall eine Rasterfahndung durchgeführt wurde, ist es nur logisch, dass das Gesetz, welches in Kraft bleibt, weiterhin befristet ist. Inhaltlich hat doch niemand etwas einzuwenden! (Beifall bei der SPÖ.)


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81. Sitzung / Seite 72

Da wir heute den ganzen Vormittag in der Diskussion immer wieder gehört haben, wie wichtig es ist, Trittbrettfahrer schärfer und härter zu bestrafen – was ja alles einen Sinn hat und sicherlich notwendig ist –, möchte ich auf Folgendes hinweisen:

Man hätte auch die Chance gehabt, zum Beispiel im Zuge der Euro-Umrechnung die Wertgrenzen bei qualifizierten Delikten, die seit 1987 nicht angepasst worden sind, anzuheben – ich betone: seit 1987, das bedeutet eine Inflation von 38 Prozent –, obwohl die Experten in der Enquete-Kommission eindeutig dargestellt haben, dass diese Wertgrenzen angehoben werden müssen. Es folgt hier eigentlich im Windschatten der Diskussion über Gewaltdelikte auch eine reale Verschärfung der Vermögensdelikte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein kleiner Hinweis: Man kann zwar alles über das Strafrecht regeln, aber es gibt auch recht praktische Maßnahmen außerhalb des Strafrechtes. Sie haben selbst in die Erläuterungen geschrieben, es wäre bei der Frage des amtswegigen Amtsverlustes wegen eines Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses eine alternative Möglichkeit und zudem sehr effizient gewesen, dies über das Disziplinarrecht zu regeln.

Herr Bundesminister! Bezüglich der Frage des § 21, die wir ja schon oft diskutiert haben und zu der wir auch von Ihnen und von Experten Ausführungen gehört haben, möchte ich eingangs darauf hinweisen, dass derzeit im österreichischen Strafvollzug inklusive des Maßnahmenvollzuges weder das notwendige Personal noch die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie das funktionieren soll:

Wir haben derzeit nach § 21 Abs. 1 StGB 240 Untergebrachte. In Göllersdorf ist aber nur für 120 von ihnen Platz, der Rest ist auf Krankenhäuser in ganz Österreich verteilt. Und wir haben nach § 21 Abs. 2 243 untergebrachte Personen, wobei am Mittersteig 90 und in Floridsdorf seit neuestem 41 Personen untergebracht sind, die übrigen 112 Personen sind auf die restlichen Justizanstalten, nämlich Karlau, Garsten und Stein verteilt.

In einer Zeit der Reduktion des Personalstandes, der Reduktion der finanziellen Mittel, also des Sachaufwandes, und der immer schwieriger werdenden Klientel wundert man sich dann, wenn in einigen Justizanstalten, oder sogar generell in Österreichs Justizanstalten, sehr schwierige Zustände und Situationen herrschen!

Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass diese Regelung eine Besserstellung für diesen Bereich bedeutet. Ich befürchte eher, dass es noch schwieriger wird. – Herr Bundesminister! Ich glaube, wir sollten uns einmal gemeinsam der wichtigen Frage annehmen, ob psychisch Kranke überhaupt in den Strafvollzug gehören, sozusagen "in Verwahrung" genommen werden sollen, oder ob sie krank sind. Dann ist die Situation doch eine andere, und das wäre wiederum auch in finanztechnischer Hinsicht interessant, weil in diesem Fall nicht nur der Bund die Kosten zu tragen hätte, sondern auch die Länder beziehungsweise die Spitalserhalter.

Ich lade daher wirklich sehr dringend ein – das habe ich ja schon mehrmals getan –: Versuchen wir, gemeinsam eine große Novelle, auch, was das Strafvollzugsgesetz betrifft, zustande zu bringen, versuchen wir, das Recht auch im Zusammenhang mit dem Unterbringungsgesetz zu überdenken, durch das ja in Wirklichkeit die Schwierigkeiten und die teilweise auch unmenschlichen Zustände in den österreichischen Vollzugsanstalten ausgelöst wurden!

Herr Minister! Abschließend möchte ich, da man ja immer wieder von unterschiedlichster Seite her versucht, sich auf Kosten des österreichischen Strafvollzugs oder dessen Personals – unter Anführungszeichen – "sein Süppchen zu kochen", noch auf Folgendes hinweisen: Der Dienst in unseren Anstalten ist unter den derzeit herrschenden Rahmenbedingungen schwer genug. Ich glaube, dass es im Interesse sowohl des gesamten Strafvollzugspersonals – von der Justizwache bis zu den Sonderdiensten – als auch im Interesse der Insassen und nicht zuletzt im Interesse der öffentlichen Sicherheit gelegen ist, dass wir versuchen, gemeinsam eine menschliche, eine humane Regelung zustande zu bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.55


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81. Sitzung / Seite 73

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. Sie erhält das Wort.

12.55

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Schätzungen zufolge werden 2 Millionen junge Mädchen jährlich Opfer der Beschneidung oder, richtiger gesagt, der genitalen Verstümmelung. 135 Millionen Frauen, vor allem in Afrika, Teilen Asiens und auch des Mittleren Ostens, haben dieses Schicksal erlitten (Abg. Huber: Auch in Österreich!) und leiden ihr ganzes Leben unter dieser Verstümmelung. Die Gründe für die Beschneidung von Frauen sind vielfältig, aber sie werden nach wie vor mit Tradition oder auch Religion begründet. Es wird enormer Druck auf diese Mädchen und Frauen ausgeübt.

Diese frauenverachtende Praxis wird leider bereits seit Jahrtausenden betrieben, aber eben auch in unserem Jahrtausend, obwohl man heute weiß, wie schlimm sich diese Verstümmelung auf die Gesundheit auswirkt, dass die Frauen dadurch große Probleme haben, wie hoch das Risiko ist, bei der Beschneidung selbst zu verbluten oder eine Blutvergiftung zu bekommen. Laut einer Dunkelziffer sterben 30 Prozent der Mädchen bereits bei der Beschneidung. Und natürlich ist auch das Risiko bei einer späteren Geburt für Mutter und Kind hoch, es gibt lebenslange gesundheitliche Schäden. Und ich bin zudem überzeugt davon, dass es nicht nur Schnitte am Körper sind, sondern dass es im Grunde genommen auch Schnitte in die Seelen der Frauen sind.

Die weibliche Beschneidung ist eine schwere Menschenrechtsverletzung! Man muss das endlich einmal klar aussprechen, es ist viel zu lange ein Tabubereich gewesen, der nicht angesprochen wurde. Es ist ein ganz grober Akt der Gewalt gegen Frauen.

Durch die Globalisierung und die Wanderungsbewegungen ist die Beschneidung, die es ursprünglich in den westlichen Ländern nicht gegeben hat, zu uns gekommen. Im Grunde ist dieses Problem also importiert worden. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir uns im Strafrecht damit auseinander setzen.

Es hat einige Anträge zu diesem Thema gegeben. Im Jahre 1999 zum Beispiel hat Kollege Amon im Bereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit einen diesbezüglichen Antrag gestellt. Im Jahre 2000 hat es dann einen Vier-Parteien-Antrag dazu gegeben.

Ich möchte als Vorsitzende der Parlamentariergruppe für reproduktive Gesundheit, die gemeinsam mit den Kollegen Hlavac, Hartinger und Öllinger vor kurzem in diesem Haus eine große Veranstaltung zu diesem Thema durchgeführt hat, darauf hinweisen, wie das Problem in Österreich gelagert ist. Bei dieser Veranstaltung waren viele NGOs, Politikerinnen und auch Vertreterinnen jener afrikanischen Frauenorganisation anwesend, die sich in Österreich zusammengefunden und eine Studie darüber durchgeführt hat, wie die Situation in Österreich ist.

Laut dieser Studie ist ein Drittel der in Österreich geborenen Mädchen – zugegebenermaßen, es kann also sein, dass diese Zahl noch höher ist! – beschnitten! Die Mädchen werden zwischen dem 6. und dem 13. Lebensjahr beschnitten. Das findet Gott sei Dank nur in sehr wenigen Institutionen und bei wenigen Ärzten in Österreich statt, man kann den Eingriff aber auch in Deutschland oder in den Niederlanden durchführen lassen, es gibt also sozusagen einen Beschneidungstourismus. Die meisten Mädchen werden im Alter zwischen 6 und 13 Jahren zu einem so genannten Heimaturlaub nach Afrika gebracht, wo es dann passiert. Ich bin daher sehr froh darüber, dass dieses schlimme Verbrechen jetzt auch in unserem Strafgesetzbuch beim Namen genannt wird. Dies fördert zudem das Bewusstsein dafür, dass wir diese Mädchen schützen müssen.

Österreich steht diesbezüglich auch im Einklang mit anderen internationalen Initiativen, zum Beispiel mit einem Bericht des Europarates zu diesem Thema. Wir müssen uns aktiv dem Kampf gegen die weibliche Verstümmelung stellen! Wir müssen alles daransetzen, diesen Frauen zu helfen! Wir müssen viele Initiativen gemeinsam mit der EU im Bereich der Entwick


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lungszusammenarbeit setzen, aber wir müssen dieses Problem natürlich auch in unserem Land in den Griff bekommen!

Wenn es uns nämlich nicht einmal gelingt, wenn wir es nicht schaffen, jene Mädchen, die bei uns geboren werden, jene Frauen, die bei uns leben, vor der Verstümmelung zu schützen, dann haben wir überhaupt keine Chance, die sozialen und kulturellen Kräfte der afrikanischen Länder zu beeinflussen und zu erreichen, dass dort diese grausame Praxis aufgeben wird. Das kann nur gelingen, wenn Frauen, die aus diesem Kulturkreis kommen, in Österreich geschützt sind, wenn sie hier nicht verstümmelt werden. Nur dann, wenn sie in Westeuropa sicher sind, dass ihnen dieses schwere Leid nicht zugefügt wird, können wir davon ausgehen, dass mit viel Information und Unterstützungsarbeit in den so genannten Herkunftsländern, in den betroffenen Ländern, ein Umdenken stattfinden wird.

Daher bin ich sehr froh, dass es diese Initiative gibt, und wir von der ÖVP werden ihr natürlich zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

13.01

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist natürlich ein bisschen schwierig, in den Tagen nach dem 11. September, in denen Emotionen eine berechtigte und große Rolle spielen, ein derart wichtiges Thema ohne Emotionalität zu diskutieren. Daher mache ich auch niemandem, der bisher seine Emotionen gezeigt hat, daraus einen Vorwurf, wenn er nicht gerade bösartig argumentiert hat.

Meine Damen und Herren! Es sollte aber klar sein, dass wir bei der Veränderung wichtiger Straftatbestände, die irgendwo in diesem Komplex rund um terroristische Aktivitäten angesiedelt sind, mit großer Vorsicht handeln sollten. Klar sollte meiner Ansicht nach auch sein, dass jede Maßnahme, die vorgeschlagen wird, ernsthaft zu prüfen ist, und zwar auch darauf zu prüfen ist, ob sie einen zusätzlichen Nutzen in Bezug auf die Sicherheit bringt.

Dieser Beweis, Herr Bundesminister und meine sehr geehrten Damen und Herren, muss vorher angetreten werden! Bevor die Maßnahme umgesetzt wird, muss der Beweis dafür angetreten werden, dass man die begründete Vermutung hat, dass diese zusätzliche Maßnahme einen zusätzlichen Nutzen in Bezug auf die Sicherheit bringt.

Ich bringe Ihnen jetzt ein paar Beispiele dafür; das erste Beispiel deswegen, weil der Herr Bundesminister das wirklich schwer zu fassende Phänomen nicht nur der Trittbrettfahrer, sondern auch von Drohungen mittels Briefchen mit weißen Substanzen, also das klassische Anthrax-Syndrom, angesprochen hat.

In den Niederlanden, Herr Bundesminister, hat ein PR-Unternehmen in den Tagen nach dem Terrorattentat von New York 12 000 Briefe als PR-Sendung in Umlauf gebracht, in denen kleine Zuckerhütchen enthalten waren. Angekommen sind bei den Empfängern nicht mehr die Zuckerhütchen, sondern deren zerdrückte Substanz, also ein Pulver. Es gab eine Riesenaufregung in den Niederlanden, weil zunächst niemand gewusst hat, dass das eine PR-Sendung mit einem Zuckerhütchen hätte sein sollen, sondern weil alle gedacht haben, es handelt sich um einen Anschlag.

Ich bringe Ihnen ein zweites Beispiel, eines aus der österreichischen Debatte. "Schneller", so heißt es im "Kurier" vom Sonntag, "klärte sich ein Alarmfall im Wohnpark Alterlaa in Wien-Liesing. In einem Lift im Block B war weißes Pulver am Boden gelegen. Während der Erhebungen meldete sich ein Mädchen, das angab, es hätte versehentlich eine Traubenzuckertablette zertreten." – Zitatende.

Ihre Gesetzgebung – und damit sage ich noch nichts Schlechtes über Ihren Vorschlag – ändert an der Aufregung, an der Hysterie, die es notwendigerweise in diesen Fällen geben muss, weil


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jeder beunruhigt sein muss, der irgendeine weiße Substanz vor sich sieht, die er nicht zuordnen kann, überhaupt nichts! Dieses Phänomen werden wir damit nicht weg bekommen!

Wir werden vermutlich – und das ist das Bösartige daran – mit zusätzlichen Phänomenen konfrontiert werden, bei denen eben nicht mehr eine weiße Substanz vorliegt, ein Pulver wie Anthrax oder ein Anthrax-ähnliches Pulver. Wir werden noch mit wesentlich anderen Phänomenen konfrontiert werden, und die Erhöhung des Strafrahmens ändert daran nichts. (Abg. Ing. Westenthaler: Den nimmt niemand mehr ernst! Was der sagt, ist so Wurscht, wie wenn ich eine Lade offen habe!)

Herr Bundesminister! Und jetzt komme ich zu einem anderen Fall, und auch diesen werden Sie nachvollziehen können, er macht aber die Sache nicht einfacher, sondern noch schwieriger. Ich nehme statt des Mädchens, von dem ich annehme, dass es minderjährig war, einen strafmündigen Jugendlichen, 15 Jahre, irgendwo in einer Schule oder was weiß ich wo. Dieser Jugendliche schreibt seinen Freunden ein Briefchen mit einer bösartigen Drohung. Da gilt der halbierte Strafrahmen, klar. Aber glauben wir wirklich, dass es eine geeignete Maßnahme ist, diesem Jugendlichen mit diesem Strafrahmen zu drohen? – Sie glauben es, ich glaube es nicht!

Und das macht es so schwierig, denn was wir in Österreich derzeit Gott sei Dank nicht haben – (Abg. Ing. Westenthaler: Was der sagt, ist völlig Wurscht! Der ist so unnötig, wie nur was!) Herr Kollege Westenthaler, Sie wissen es ja ohnehin besser –, das sind die klassischen Trittbrettfahrer, die Angst und Drohungen verbreiten, so wie Sie das in Ihrem Antrag unterstellen. Was wir aber in Österreich derzeit schon haben, ist viel Angst und berechtigte Aufregung über Briefe, die irgendwo deponiert sind, oder über Substanzen, die sich in einem AUA-Flugzeug befinden und von denen man nicht weiß, wie sie zuzuordnen sind. Und dieses Phänomen werden wir dadurch nicht wegkriegen!

Ich erzähle Ihnen aber jetzt etwas anderes, und zwar etwas, was in einen klassischen Bereich hineinreicht, über den wir heute ebenfalls diskutieren: Lauschangriff und Rasterfahndung.

Am 20. Oktober 2001 gab es in der "Berliner Zeitung" einen Beitrag mit dem Titel: "Das auffällige Verhalten des ,Schläfers‘ Atta." Es ist interessant, sich das zu vergegenwärtigen, denn klar ist das Ergebnis: dass nämlich weder Lauschangriff noch Rasterfahndung dagegen etwas helfen, sondern das Problem eigentlich die fehlende Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden war.

In diesem Artikel heißt es – ich zitiere –: "In Deutschland läuft die größte Rasterfahndung aller Zeiten. Ausländer islamischen Glaubens werden daraufhin überprüft, ob sie die Kriterien eines potenziellen Terroristen erfüllen. Erklärtes Ziel ist es, ,Schläfer‘ aufzuspüren, die ein unauffälliges Leben führen, um eines Tages unvermittelt loszuschlagen.

Die Legende vom ,Schläfer‘ entstand nach den Anschlägen vom 11. September in den USA, als deren mutmaßliche Haupttäter sich eine studentische Wohngemeinschaft aus Hamburg entpuppte, die den deutschen Sicherheitsbehörden bis dahin nicht aufgefallen war. Die Gruppe um Mohamed Atta, den angeblichen Chefplaner, sei nach Deutschland geschleust worden, um sich unauffällig auf den Tag X vorzubereiten, sagen die Ermittler."

"Unauffällig?", so heißt es weiter in dem Beitrag. "Zumindest bei Atta, der die erste Maschine ins World Trade Center gesteuert haben soll, ist dieses Prädikat fehl am Platz. Er hat in den vergangenen zwei Jahren kaum eine Gelegenheit ausgelassen, um die US-Sicherheitsbehörden auf sich aufmerksam zu machen. Schon im Frühjahr 2000 sollen CIA-Agenten Atta in Frankfurt am Main observiert haben. Der Ägypter soll damals in Apotheken und Drogerien Chemikalien gekauft haben. Trotz des Verdachts bekam der Student im Mai 2000 bei der US-Botschaft in Berlin mühelos ein Visum." – Ich betone, er war nicht als Asylsuchender unterwegs, sondern er hat ein Visum erhalten!

Weiter heißt es in diesem Artikel: "In einer Flugschule in Florida machte er dann den Flugschein. An seiner Seite war Marwan al-Shehhi, Mitbewohner aus Hamburg und zweiter vermutlicher Todespilot. Am 26. Dezember vergangenen Jahres sorgten sie für Aufregung auf dem Flughafen von Miami. Atta und al-Shehhi waren laut der ,New York Times‘ mit einem Kleinflug


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zeug auf dem Airport gelandet. Als sie wieder aufsteigen wollten, versagte der Motor und sie blieben auf einer Zufahrt zur Rollbahn stehen. Ohne den Kontrollturm zu informieren, stiegen die beiden aus und verließen das Gelände. Über eine halbe Stunde lang wurden die Passagierjets um das Kleinflugzeug herumgeleitet, bevor es in einen Hangar geschleppt wurde. Für die Piloten interessierte sich niemand.

Einen Monat später flog Atta von Miami nach Madrid, hatte es aber versäumt, sein Visum für die USA zu verlängern. Die Behörden, eigentlich bekannt für ihre restriktive Einreisepraxis, drückten bei Attas Rückkehr ein Auge zu. Im April dieses Jahres schien ihn jedoch das Glück zu verlassen. In Südflorida wurde er beim Fahren ohne Führerschein erwischt. Als er vor Gericht nicht erschien, ordnete der Richter Attas Zwangsvorführung an; vollstreckt wurde sie nicht. Atta konnte sogar ungehindert die USA Richtung Spanien per Flugzeug verlassen und wieder zurückkehren." (Abg. Ing. Westenthaler: Geschäftsordnung! Nur Zitate, keine Vorlesungen!)

"Auch in der unmittelbaren Vorbereitungsphase der Anschläge verhielt sich Atta auffällig. Er kreuzte bei einer Firma in Florida auf, die mit Flugzeugen Pestizide versprüht, fragte nach technischen Details und wandte sich an das US-Landwirtschaftsministerium mit der Bitte um ein Darlehen für den Kauf eines Flugzeuges. Die Behörde verwies ihn an eine Bank, bei der er sich nach den Konditionen erkundigte. Verdacht schöpfte wohl niemand.

Das beinahe tölpelhafte Verhalten Attas spricht eher dagegen, dass es sich bei ihm um einen ,Schläfer‘ handelte. Auf jeden Fall ist bemerkenswert, wie die US-Sicherheitsbehörden versagten", schließt der Artikel aus der "Berliner Zeitung".

Ich meine, und damit komme ich zu Österreich: So etwas haben wir auch hier, und zwar nicht als Versagen von Sicherheitsbehörden, sondern teilweise von Verwaltungsbehörden. Ich gebe Ihnen ein Beispiel dafür.

1990 kam der irakische Staatsbürger Abdul M. Jebara nach Österreich. Er kam nach Österreich, nachdem er in Deutschland wegen folgender Delikte zu einer sechseinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt worden war: illegaler Waffenhandel, Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, räuberische Erpressung und Geheimdiensttätigkeit. – Er hat also dafür eine Verurteilung zu sechseinhalb Jahren erhalten und wurde, offensichtlich nach einem Deal mit dem Bundesnachrichtendienst, nach zweieinhalb Jahren Haft in Deutschland entlassen, mit der Auflage, das Land binnen 24 Stunden zu verlassen. In der Folge wurde er in Österreich um einen Aufenthalt vorstellig.

Und da wird es interessant! Warum nimmt Österreich, Herr Westenthaler (Abg. Ing. Westenthaler: Lass mich im Kraut!), warum nimmt das Bundesland Kärnten eine Person auf, die ... (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Warum nimmt Österreich eine Person auf, die wegen räuberischer Erpressung und Waffenhandels verurteilt ist? Warum macht das der Kärntner Landeshauptmann? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Herr Präsident! Dem Herrn ... haben Sie das Mikro abgedreht! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich frage Sie, meine Damen und Herren, ob ein derartiges Verhalten von Verwaltungsbehörden ein Beitrag dazu ist, die Sicherheit zu erhöhen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Wiederschauen!)

13.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Ich erteile ihm das Wort.


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Übrigens muss ich bekennen, dass ich soeben einen Fehler gemacht habe. Ich habe streng abgeläutet, aber es war eine freiwillige Redezeitbeschränkung. Herr Abgeordneter Öllinger hätte 20 Minuten lang reden können. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

13.13

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als uns Minister Böhmdorfer vor zwei Stunden eine APA-Meldung vorlas, in der es hieß, dass im Krankenhaus Steyr vor etwa drei, vier Stunden ein verdächtiges Pulver, ein Anthrax-verdächtiges Pulver aufgetaucht ist, ist mir das gesamte Szenario in allen Einzelheiten bewusst geworden.

Als Arzt kann ich, wie ich glaube, besonders gut beurteilen, was es heißt, wenn plötzlich, von einer Minute auf die andere, eine Aufnahmesperre für möglicherweise todkranke Patienten verfügt werden muss, weil die Gefahr der Evakuierung eines gesamten Spitals droht, und wenn Patienten, die sich bereits im Spital befinden, auf Grund der verschiedenen Maßnahmen zu Schaden kommen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Tat ist offensichtlich die eines Nachahmungstäters, höflich ausgedrückt: eines Trittbrettfahrers. Die Grünen lehnen aber jede Verschärfung des Strafausmaßes für solche Trittbrettfahrer ab. – Ich verstehe, dass Sie sich für politische, für gesellschaftliche Randgruppen eingesetzt haben. Sie setzen sich auch für die Drogenfreigabe ein und vieles mehr. Aber dass Sie auch Trittbrettfahrer, Nachahmungstäter als Randgruppen bezeichnen, dass Sie sich als Anwalt dieser Randgruppen aufspielen und möglicherweise auch für Trittbrettfahrer einsetzen, das geht wirklich zu weit, Herr Kollege Öllinger! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es war wichtig, dass wir Freiheitlichen in der Klubklausur gleich zu Beginn ein Anti-Terror-Paket beraten und beschlossen haben und dass heute bereits die erste Maßnahme in ein Gesetz umgewandelt wird. Es war wichtig, dass wir gefordert haben, dass eine Verschärfung des Asylrechts durchgeführt wird, und es ist wichtig, dass ausländische Straftäter, wenn sie bei uns straffällig werden, sofort ausgewiesen werden. Genauso wichtig ist es, dass wir den Einsatz moderner elektronischer Identifizierungssysteme fordern, wie es die Fingerprints sind. Und die verschärften Strafen gegen die so genannten Trittbrettfahrer habe ich schon erwähnt.

Seit diesem 11. September wissen wir auch, dass die Atomkraftwerke nicht mehr sicher sind. Umso wichtiger ist es, dass die Atomkraftwerke gerade in unserem Grenzbereich besonders aufmerksam beobachtet werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Auch die deutschen AKW?)

Wenn sie so unsicher sind wie Temelin, das schon jetzt eine Unzahl von Störfällen zu verzeichnen hat, dann treten wir dafür ein, die Bevölkerung in einem Volksbegehren darüber zu befragen, ob sie hinter einem Veto gegen Temelin steht. Wir Freiheitlichen treten dafür ein, dass Temelin nicht Tschernobyl werden darf! Temelin muss Zwentendorf werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Nun zu einer weiteren dramatischen Causa: In dieser Gesetzesnovelle werden viele verschiedene Materien behandelt, aber was mir als Arzt besonders stark unter die Haut geht, ist die Genitalverstümmelung der weiblichen Geschlechtsteile.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die so genannte Beschneidung – das ist die harmlose Bezeichnung dafür – ist nicht nur in Afrika oder in den islamischen Ländern, sondern auch in Österreich evident. Es wundert mich daher, dass die ehemalige Frauenministerin Prammer bei diesem Thema, bei dem es so sehr darum geht, die Frauenrechte zu stärken, den ganzen heutigen Vormittag nicht im Plenum war.

Andererseits wundert mich der Spießrutenlauf, den die SPÖ heute vollführt, überhaupt nicht mehr. Sie von der SPÖ treten auf der einen Seite zwar dafür ein, dass es richtig ist, dass eine


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Genitalverstümmelung auch dann, wenn die betroffene Frau zustimmt – dabei frage ich mich, ob ein Mädchen von zwei, drei Jahren überhaupt zustimmen kann –, bei uns verboten wird. Das wäre eine ganz wesentliche Maßnahme zum Schutz der Rechte der Frau! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die SPÖ, zum Beispiel Frau Kollegin Hlavac, sagt, ja, ja, da sind wir natürlich auch dafür, dass das trotz Zustimmung der Frau nicht gemacht werden darf und auch unter Strafe gestellt werden muss. – Aber Sie stimmen gegen das Gesetz, genauso, wie Sie gegen die Verrechtlichung des Lauschangriffes stimmen! Sie sagen: Lauschangriff, ja, den wollen wir, aber wir wollen ihn nicht ins Recht aufnehmen.

Oder Sie sagen: Wir wollen keine Trittbrettfahrer haben, aber wir stimmen dagegen, dass die Strafen für diese Täter verschärft werden.

Oder Sie sagen: Wir wollen nicht, dass Vergewaltigung mit Todesfolge ein kleineres Strafausmaß hat als Raub mit Todesfolge, wir sind also für eine Anhebung bis zu lebenslänglicher Haftstrafe, aber als SPÖ-Abgeordnete stimmen wir dagegen.

Dazu kann ich nur sagen: Die Art, wie Sie von der SPÖ heute Politik machen, ist der beste Beweis dafür, dass es sich hier ausschließlich um Fundmentalopposition der SPÖ handelt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zurück zur Beschneidung. Ich führe Ihnen vor Augen, was dabei wirklich geschieht: Da werden den Mädchen ohne Betäubung und ohne sterile Bedingungen mit Glasscherben die Schamlippen abgeschnitten, es wird die Klitoris abgeschnitten, und es wird die Scheidenschleimhaut ausgeräumt. Es wird unter Umständen auch der Scheideneingang so weit zugenäht, dass nur mehr eine zündholzkopfgroße Öffnung übrig bleibt!

All das betrifft 150 Millionen Frauen weltweit, und jährlich kommen 2 Millionen Mädchen und Frauen dazu.

In Österreich haben afrikanische Frauenorganisationen eine Umfrage durchgeführt, die ergeben hat, dass in Österreich 30 Prozent der Immigrantinnen aus Afrika ebenfalls beschnitten sind. Das ist also nicht ein Problem, das auf Afrika oder andere Länder beschränkt ist. Auch in Österreich wird das durchgeführt!

Daher ist es richtig und rechtens, wenn wir heute beschließen, dass diese Art der Verstümmelung auch dann, wenn die Frauen "einwilligen" – und ich gehe davon aus, dass keine Frau freiwillig einwilligt! –, auf jeden Fall eine schwerste Körperverletzung ist, eine Verletzung der Menschenrechte darstellt, und dass das ab heute in Österreich unter Strafe gestellt wird! (Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. Restliche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Das macht er nur, damit Öllinger einmal in der Rangliste auf Platz eins ist, und dann geht er aufs Klo!)

13.20

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Abgeordneter Westenthaler! Ich werde Ihnen die Ausführungen über Herrn Jebara nicht ersparen, der 1990 nach Österreich gekommen ist, obwohl er in Deutschland zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt wurde – wegen illegalen Waffenhandels, Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, räuberischer Erpressung und Geheimdiensttätigkeit – und in der Haft noch versucht hat, zwei Mithäftlinge zu einer Geiselnahme an Angehörigen einer Münchner Elektronikfirma anzustiften.

Dieser Mann lebt seit 1990 in Österreich, in Kärnten. Das Interessante ist nun, dass der jetzige Innenminister in einer Anfragebeantwortung sagt, dass der damalige Innenminister – ich weiß nicht, wer das war – gegen die Verlängerung des Aufenthalts des Herrn Jebara Einspruch erhoben hat und nicht wollte, dass der Aufenthalt verlängert wird. Aber die Kärntner Behörden – der


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Herr Innenminister weiß nicht, ob der Herr Landeshauptmann zum Aufenthaltsstatus Stellung genommen hat – haben nichts unternommen, weder der Landeshauptmann noch die Bezirksverwaltungsbehörde haben damals beziehungsweise bis heute etwas gemacht, um den Aufenthalt des Herrn Jebara – eines verurteilten Waffenhändlers, eines irakischen Geheimdienstmannes! – zu beenden.

Herr Jebara lebt in Österreich. Und der Herr Innenminister sagt in seiner Anfragebeantwortung: Ob der Herr Jebara, der hier in Österreich sitzt, bei seinem Handel mit der Republik Irak irgendetwas Illegales gemacht hat, und welcher Natur diese Händel des Herrn Jebara mit der Republik Irak sind, das wissen die Ermittlungsbehörden nicht.

Da diskutieren wir über Strafverschärfungen, über Lauschangriff und Rasterfahndung, da diskutieren wir über all das – aber über die Fakten und über die Möglichkeiten, mit den schon bestehenden Gesetzen etwas zu unternehmen, um mit Personen mit Vorgeschichten wie der des Herrn Jebara fertig zu werden, darüber wollen Sie offensichtlich nicht diskutieren!

Warum ist Herr Jebara noch immer in Österreich? Warum ist sein Aufenthaltsstatus unbefristet? – Ich vermute einmal, Herr Justizminister, Sie wissen das genauso wenig wie ich. Aber niemand in Österreich – oder fast niemand! – weiß es, nehme ich einmal an, und offensichtlich interessiert das auch niemanden!

Das Interessante ist ja, dass Herr Jebara auch noch in einem Geflecht von Rechtsextremismus tätig ist, Herr Abgeordneter Graf. (Abg. Dr. Martin Graf: Ihre Freunde!) Er hat eine Sammlung organisiert, und zwar mit Personen, die Ihnen vielleicht auch bekannt sind. Zumindest der Name Frank Rennicke wird Ihnen vermutlich etwas sagen. Er war bei Ihrer Burschenschaft, bei der "Olympia", singen. Er ist ein einschlägig bekannter, rechtsextremer, neonazistischer Bänkelsänger – so sagt man ja wohl. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie kennen ihn! Ich kenne ihn nicht!)

Dieser Herr Rennicke hat gemeinsam mit Herrn Jebara eine Sammlung für den Irak organisiert, wobei man nicht weiß, was mit diesem Geld, das da – übrigens in Frankreich gemeinsam mit Herrn Le Pen – gesammelt wurde, passiert. Ohne mich noch weiter darüber auszubreiten, meine ich: Das ist schon interessant! (Abg. Dr. Martin Graf: Woher kennen Sie ihn?)

Genauso interessant ist auch, dass Herr Harald Göschl, früherer Bundesgeschäftsführer, gute Geschäfte mit Libyen gemacht hat. Und 1997 – Herr Westenthaler, ich glaube, Sie werden sich daran erinnern – wurde versucht, eine Maschine, die Herr Göschl dem Herrn Gaddafi in Libyen verkaufen wollte, über Österreich nach Libyen zu transportieren. (Abg. Ing. Westenthaler: Reden Sie mich nicht an, ich nehme Sie nicht zur Kenntnis! Sie sind für mich gar nicht da!) Aber im Hafen von Genua wurde diese Maschine, eine so genante Drückwalzmaschine, dann von den Behörden beschlagnahmt, weil sie geeignet ist, für Libyens Rüstungsproduktion eingesetzt zu werden.

Da frage ich mich: Interessiert sich niemand für Rüstungsgeschäfte mit Staaten und zu Zwecken, die offensichtlich ebenfalls sehr problematisch sind? Dass Libyen in Bezug auf Rüstungsgeschäfte nicht unproblematisch ist, weiß man ja! Dass der Irak in Bezug auf Rüstungsgeschäfte nicht unproblematisch ist, weiß man, und zwar spätestens seit den frühen neunziger Jahren! Daher frage ich Sie: Interessiert Sie das oder interessiert Sie das nicht?

Soviel zu diesem Komplex und zu der Frage, ob nicht manchmal auch deswegen, weil politische Instanzen schützend ihre Hände darüber halten, Verwaltungsbehörden nur sehr nachlässig und zögernd tätig werden. Das ist ein Punkt, den werden Sie, Herr Bundesminister, mit den vorgeschlagenen Maßnahmen nicht zum Positiven verändern können. Und ich komme wieder zurück zu dem, was uns am Anfang der Debatte beschäftigt hat, nämlich zu dem von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmenkatalog in Bezug auf den Landzwang und die gefährliche Erpressung.

Ich habe Ihnen schon gesagt, Herr Bundesminister: Gegen viele Formen des Trittbrettfahrens und gegen viele Formen der Panik, die es gibt, und zwar berechtigterweise, hilft dieser Paragraph nichts. Er hilft möglicherweise in einem sehr eingeschränkten Segment. Dass es das,


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was Sie unter diesem Tatbild zusammenfassen, nicht geben soll, und dass es unter stärkere Strafandrohung gestellt werden soll, in diesem Punkt stimme ich Ihnen zu. Aber man braucht nicht so zu tun – und das war der Eindruck, den Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, erweckt haben –, als ob wir damit die Angst und die Beunruhigung der Bevölkerung wegbrächten.

Man braucht nicht so zu tun, als ob damit mehr Sicherheit geschaffen würde. Nein, Herr Bundesminister, da widerspreche ich Ihnen. Auch wenn eine stärkere Strafandrohung richtig ist, mehr Sicherheit haben Sie dadurch nicht geschaffen. Dinge wie die weißen Päckchen – und vielleicht irgendwann einmal, noch grausamer, jene Substanzen, die nicht mehr als weiße Päckchen identifizierbar sind; in den Medien wird ja schon darüber diskutiert –, all das bringen Sie dadurch nicht weg. Das erzeugt Angst. Natürlich erzeugt das Angst! Auch wenn es sich nur um eine zerbrochene Traubenzuckerpille handelt, kann sie, irgendwo auf einem Gang vorgefunden – genauso wie das Zuckerhütchen; das war das Beispiel aus den Niederlanden –, Angst erzeugen, und sie wird es tun, solange wir mit diesem Problem leben müssen und solange nicht klar ist, von wo konkret die Gefahren ausgehen. Das ist der Punkt! (Abg. Ing. Westenthaler: Der Öllinger ist der Wächter, der Platzhalter der SPÖ! – Abg. Murauer: Sollen wir da vorher essen gehen oder nicht?)

Sie suggerieren, Sie hätten damit mehr Sicherheit geschaffen. Das haben Sie tatsächlich nicht! Und es wäre ehrlich, das auch von Seiten der Politik so zuzugeben, wie es den Bürgern gegenüber verantwortbar ist. Man sollte alles tun, was möglich ist, und es hat sich ja in den USA herausgestellt, dass offensichtlich nicht alles getan wurde, und zwar nicht nur am Beispiel des Mohamed Atta sondern auch in Bezug auf Anthrax. Man hat in den USA nicht daran gedacht, dass man die Postangestellten genauso wie die Politiker schützen sollte, dass diese auch ein Recht darauf haben, geschützt zu werden! (Abg. Haigermoser: Das ist eine Filibuster-Rede!)

Man sollte alles tun, um den Schutz der Bevölkerung zu erhöhen. Aber so zu tun, als ob die Erhöhung einer Strafandrohung und die Erweiterung eines Tatbildes allein dafür schon ausreichend wären, das ist unzureichend. Und damit setzen Sie sich nicht zu Unrecht dem Verdacht aus – auch bei der Art, wie Sie das hier im Nationalrat eingebracht haben, mit einem Verfahren, das unangemessen ist –, dass Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, Trittbrettfahrerei mit der Angst betreiben, und zwar Trittbrettfahrerei, indem Sie wesentliche Elemente des Parlamentarismus ignorieren. Sie ignorieren, dass wir hier eine ernsthafte und seriöse Debatte führen müssen, bevor wir Gesetze beschließen, von denen nicht klar ist, ob sie einen zusätzlichen Nutzen für die Sicherheit bringen. (Abg. Haigermoser: Das ist eine Filibuster-Rede!) Das gilt vor allem auch für die Rasterfahndung, Herr Kollege Haigermoser. Das gilt vor allem für die Rasterfahndung. (Abg. Murauer: Jetzt wird es knapp! Die Zeit ist vorbei! – Abg. Haigermoser deutet mit Gesten das Ende der Rede an.)

Wir sind bereit, über alles zu diskutieren, aber wir erwarten von Ihnen, von den Regierungsparteien, eine ernsthafte und seriöse Debatte, die Sie, Herr Kollege Haigermoser, wie Sie auch durch Ihre Zeichen bestens andeuten, am wenigsten zu führen imstande sind. – Ich danke Ihnen, Herr Haigermoser, dafür, dass Sie mir Ihr Ohr geliehen haben. (Beifall bei den Grünen.)

13.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Zweite Wortmeldung, Redezeit maximal 8 Minuten. (Abg. Dr. Jarolim  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Vielleicht können wir Herrn Westenthaler noch fragen, wo es inhaltlich langgehen könnte, dann sind wir intellektuell auch aufgepowert! – Gegenruf des Abg. Haigermoser. )

13.30

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Verlauf der Debatte hat mich jetzt dazu veranlasst, ein paar klärende Worte, eine Stellungnahme der Sozialdemokraten zu der Bestimmung der so genannten Trittbett..., Trittbrettfahrer abzugeben. (Abg. Ing. Westenthaler: Können Sie mir erklären, was ein "Trittbett" ist?)  – Herr Kollege! Sie sind wirklich eine echte Begabung, ein Naturtalent. Ich finde, Ihre Zwischenrufe sind intellektuell gesehen das Beste, was es in diesem Haus jemals gegeben hat.


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Dass sich Herr Kollege Khol mit Ihnen auf eine Stufe stellt, wundert mich schon sehr, das möchte ich Ihnen bei dieser Gelegenheit noch einmal sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )  – Dass Herr Kollege Haigermoser dazugehört, versteht sich, glaube ich, von selbst. (Abg. Haigermoser  – in Richtung des mit verschränkten Armen am Rednerpult stehenden Redners –: Herr Kollege, das ist eine Abwehrhaltung! Sie sind nicht locker!)

Meine Damen und Herren! Wir haben vor einer Woche gehört, die so genannten Trittbrettfahrer sollen mit bis zu zehn Jahren bestraft werden. (Abg. Haigermoser: Sie sind nicht locker, Herr Kollege!) Damals wurden die Bestimmungen "Landzwang" und "Verbreitung falscher und beunruhigender Gerüchte" in den Raum gestellt. (Abg. Ing. Westenthaler: Bleiben Sie locker!)  – So locker wie Sie, vor allem so klug wie Sie, Herr Westenthaler, werde ich sicher nie, und das ist das, was mir im Herzen so wehtut, wissen Sie. (Die Abgeordneten Haigermoser und Ing. Westenthaler: Na geh!)

"Landzwang" und "Verbreitung falscher und beunruhigender Gerüchte" werden mit bis zu drei Jahren Haftstrafe geahndet. Die Aufdeckungsquote, das muss man dazusagen, ist aber irrsinnig schlecht. Das Wesentliche an diesen Delikten ist doch eigentlich, dass man die Täter finden muss! Dazu trägt allerdings Ihr Programm, Kommissariate zu schließen, die Kriminalpolizei von dort, wo sie effizient wirken kann, abzuziehen, natürlich nicht bei. Deshalb frage ich mich, wie Sie in einer redlichen Diskussion erklären wollen, dass Ihnen das wirklich ein Anliegen ist.

Jetzt haben Sie erkannt, dass Sie sich bei diesen Bestimmungen, in denen bis zu drei Jahre Haftstrafe vorgesehen sind, mit Argumenten wahnsinnig schwer tun – ich darf Ihnen sagen, dass die Engländer heute von sechs Monaten auf drei Jahre erhöht haben –, und haben einen "Kunstkniff" angewandt, indem Sie sich ganz einfach der Körperverletzungsdelikte, der Gewaltdelikte bedient und gesagt haben: Wenn wir bei Landzwang und den Gerüchten, also wenn keine Personen zu Schaden kommen, zehn Jahre nicht begründen können, dann kopieren wir ganz einfach bei den Körperverletzungen jene Delikte, die höher bestraft werden, heraus, spielen sie in diesen Bereich ein – und dann können wir sagen, zehn Jahre seien gerechtfertigt!

Das ist der "Kunstkniff" dieser Regierung, der es Ihnen ermöglicht hat, das, was zunächst unwahrscheinlich und unmöglich zu sein schien, nämlich die Erhöhung auf zehn Jahre, doch noch zu rechtfertigen. Das ist auch der Grund dafür, dass wir uns jetzt relativ leicht tun, dem zuzustimmen. (Ah-, Oh- und Bravo-Rufe sowie demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Wie kratzen Sie sich eigentlich?)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass Sie es selbst nicht ganz begriffen haben. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Sie haben es nicht ganz begriffen. Sie haben ganz einfach die Folgen von schwerer Körperverletzung, die Folgen von Tötung herauskopiert. Das nächste Mal könnten wir die Paragraphen 139 bis 148 aus dem Gesetz kopieren und sagen, dass das noch einmal beschlossen werden muss (Abg. Ing. Westenthaler: Typisch SPÖ: Am Vormittag da, am Nachmittag da!), denn das ist genau das, was Sie hier gemacht haben. Erklären Sie mir doch, dass das geistvoll ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Erklären Sie das auch dem Wähler! Das ist lächerlich, nicht nachvollziehbar, das ist Sand in die Augen der Wähler streuen. Sie missbrauchen einmal mehr die gegenwärtige schwierige Situation für Ihre populistischen, eigentlich intellektuell nicht sehr anspruchsvollen Spiele. Und das ist etwas, mit dem Sie ins Reine kommen müssen, meine Damen und Herren! Das bleibt Ihnen überlassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Jetzt auf einmal ist bei Landzwang, bei dem nie etwas von Körperverletzungen und Tötungen gestanden ist, von einer Vielzahl von zu Tode gekommenen Personen die Rede. Jetzt noch so zu tun, als ob Sie eine Bestimmung verschärften, geht nicht! Sie haben ganz einfach eine Bestimmung mit einer anderen zusammengebracht, und daraus ergibt sich zwangsläufig ein komplett neuer Tatbestand – ich meine, das wäre nicht notwendig, weil der alte Tatbestand ja ohnedies auch gegolten hätte –, und damit versuchen Sie jetzt zu


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punkten. – So viel zu den Bestimmungen hinsichtlich der so genannten Trittbrettfahrer und Ihrer "genialen" Begründung.

Das ist offenbar auch der Grund dafür gewesen, dass Sie dieses Papier heute erst im Laufe der Sitzung zustande gebracht haben. Es hat eben länger gedauert, bis Sie sich zu irgendeiner Form der Begründung durchgerungen haben, Herr Kollege Haigermoser. (Abg. Haigermoser: So lange wie Sie brauchen wir nicht!) Ich meine, die Qualität Ihrer Debattenbeiträge hier hat eigentlich auch klargemacht, warum es so lange gedauert hat. Warum soll es in einem Fall funktionieren und im anderen nicht? – Eigentlich ist das eine klare und logische Sache.

Ich komme jetzt noch einmal auf die Bereiche Lauschangriff und Rasterfahndung zu sprechen, meine Damen und Herren. (Abg. Böhacker: So ein Eiertanz!) Wir haben heute exemplarisch aufgezeigt, wie wichtig es wäre, mit diesen Instrumenten sorgsam umzugehen, und wie wichtig es wäre, die Stellung des Rechtsschutzbeauftragten zu verbessern. Ich habe allerdings während der ganzen Diskussion keine einzige Begründung dafür gehört, weshalb – wie wir fordern – der Bericht des Rechtsschutzbeauftragten nicht dem Parlament zugestellt wird. Verschiedene Redner haben gesagt, es gebe keinen Grund dafür, sie könnten das nicht nachvollziehen, aber zu den inhaltlichen Einwendungen hat niemand eine Stellungnahme abgegeben; ein inhaltliches Auftrumpfen habe ich mir ohnehin nicht erwartet.

Schon die vorangegangenen Diskussionen haben gezeigt, dass Sie eine inhaltliche Auseinandersetzung fürchten. Das ist eine Demaskierung, meine Damen und Herren, der Niedergang dieses Hauses! Das sollten Sie sich wirklich einmal vor Augen halten, Herr Klubobmann Khol, der Sie so gerne von intellektueller Kapazität reden. Es wird kein Gespräch geben, weil Sie das Gespräch fürchten, weil Sie inhaltlich schwach sind und die Situation nicht meistern. (Beifall bei der SPÖ.) Aber darüber zu urteilen steht mir nicht zu. Der Wähler wird wissen, wie er damit umgeht.

Sie wollen die heute hier vorliegende Maßnahme, die wir auch mittragen würden, nicht mit der notwendigen Befristung beschließen, weshalb wir nicht zustimmen können. Sie haben die Forderung, die wir erhoben haben, nämlich eine finanzielle Rasterfahndung, also eine wirklich effiziente Sache – da geht es beispielsweise um Konten mit 700 000-S-Überweisungen –, was wirklich einer Trockenlegung dieser Kriminalität gleichkäme, abgelehnt! Der Wähler soll entscheiden, was wirklich effizienter ist, was wichtiger ist: die Daten von Konten oder die Daten von Personen. Wir sind für Personenschutz vor Kontenschutz, das sage ich Ihnen klar und deutlich! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Ich darf Sie abschließend noch einmal ersuchen: Geben Sie uns die Möglichkeit, geben Sie der Intelligenz in der Gesetzwerdung die Möglichkeit (Abg. Ing. Westenthaler: Da können aber nicht Sie damit gemeint sein!), geben Sie uns die Möglichkeit, einer Lösung zuzustimmen, die in der Fachwelt als sinnvoll erachtet wird! Beschließen wir das Gesetz so, wie Sie es haben wollen, aber auf vier Jahre befristet, weil Sie damit natürlich auch das Signal dafür geben, dass wir weiter verhandeln werden, dass wir eine Verbesserung der Rechtsschutzbeauftragten, eine Verbesserung des Qualitätsstandards erreichen werden. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Sicherheit kann nur mit Klugheit in Zusammenhang stehen. Mit Dummheit in der Sicherheit, meine Damen und Herren, kommt man nicht weiter. Schreiben Sie sich das bitte in Ihr Stammbuch! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Ein Wunsch nach einem Schlusswort seitens des Berichterstatters liegt mir nicht vor.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang, wobei ich auf die eingangs gemachte Druckfehlerberichtigung durch den Herrn Berichterstatter verweisen möchte, die natürlich von der Abstimmung mit umfasst ist.


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Zum Gesetzentwurf haben die Abgeordneten Dr. Ofner, Dr. Fekter einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters hat Abgeordneter Dr. Jarolim einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher zunächst – wie immer – über die von den Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile der Vorlage in der Reihenfolge der eingebrachten Anträge abstimmen und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile.

Wir kommen also zu dem Zusatzantrag Dr. Ofner, Dr. Fekter, die die Einfügung der Ziffern 39a und 39b in Artikel I des Gesetzentwurfes beantragt haben.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist in zweiter Lesung einstimmig angenommen. (Abg. Ing. Westenthaler: Fürs Protokoll: ohne Gusenbauer!)

Die Abgeordneten Dr. Jarolim und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend die Anfügung einer Litera f in Artikel II Ziffer 12 eingebracht.

Ich bitte jene Abgeordneten, die sich dafür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. (Abg. Parnigoni  – in Richtung Freiheitliche und ÖVP –: Na, was ist jetzt!)  – Das ist die Minderheit, und der Antrag ist daher abgelehnt. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Die Abgeordneten Dr. Jarolim und Genossen haben auch einen Abänderungsantrag betreffend Artikel III eingebracht.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die dafür eintreten, ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Artikel III des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Abgeordneten, die dafür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ohne Gusenbauer!)

Die Abgeordneten Dr. Ofner, Dr. Fekter haben auch einen Abänderungsantrag, und zwar betreffend Artikel IV Ziffer 11, eingebracht.

Ich bitte jene Abgeordneten, die dafür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist in zweiter Lesung einstimmig angenommen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ohne Gusenbauer! – Abg. Achatz: Wo ist Gusenbauer?)

Schließlich lasse ich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit in zweiter Lesung angenommen.

Damit ist die zweite Lesung abgeschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Damit haben wir diesen Punkt der Tagesordnung erledigt.


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2. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (759 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem im Hinblick auf die Einführung des Euro das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Bundesgesetz über die Gebühren für Verwahrnisse der gerichtlichen Verwahrungsabteilungen, das Außerstreitgesetz, das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen, das 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Wohnbauförderungsgesetz 1984 geändert werden (Euro-Gerichtsgebühren-Novelle – EGN) (788 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (760 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem im Hinblick auf die Einführung des Euro das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert wird (Euro-Rechtsanwaltstarif-Novelle) und Anpassungen im Gerichtskommissionstarifgesetz und im Notariatstarifgesetz vorgenommen werden (789 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher, BGBl. Nr. 137/1975, geändert wird (790 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (518 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Insel Man (791 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (743 der Beilagen): Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts Brasiliens, Chiles, Georgiens, Islands, Maltas, Moldaus, Südafrikas und Zyperns zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (792 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zu den Punkten 2 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt nicht vor.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Die Uhr ist auf 7 Minuten gestellt. – Bitte.

13.43

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es um die Frage der Gerichtsgebühren geht, dann meint man immer, das sei eine trockene Materie. Dem ist nicht so! Es geht hiebei um Geld, oder anders ausgedrückt: Es geht um die Frage, was Menschen für Leistungen der Justizverwaltung bezahlen müssen.

Herr Bundesminister! Ich möchte mich sehr kritisch mit der vorliegenden Euro-Gerichtsgebühren-Novelle auseinander setzen. Man kann festhalten, dass die Euroumstellung einigermaßen


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korrekt vorgenommen wurde, dass die Verordnungen, die Rundungsregeln der Europäischen Union eingehalten wurden. Trotzdem bedarf es in einigen Bereichen einer Aufklärung.

Warum werden beispielsweise für den Bereich Schiffsregister die Pauschalgebühren für Eintragungen von 1,1 von Hundert auf 1,2 erhöht? Das ist eine klassische Tariferhöhung, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zweitens, Herr Bundesminister: Warum wird im Außerstreitgesetz – was sehr wesentlich ist für Verlassenschaftsabhandlungen – geregelt, dass die unbeweglichen Sachen mit dem Dreifachen ihres Einheitswertes anzugeben sind? Im ursprünglichen Text heißt es noch "mit ihrem Einheitswert". Das belastet diejenigen, die in ein Verlassenschaftsverfahren einsteigen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich möchte aber die Gelegenheit wahrnehmen, mich auch inhaltlich mit diesem Gesetz auseinander zu setzen.

Wir können davon ausgehen, dass mit dem Streichen der Gerichtskostenmarken wirklich etwas Sinnvolles geschieht. Wir begrüßen auch, dass Bankomatkassen eingerichtet werden, Herr Bundesminister, wir stellen uns aber vor, dass bei jedem Gericht eine Bankomatkassa eingerichtet wird.

Wir begrüßen auch, dass einem Berichtigungsantrag gegen den Zahlungsauftrag aufschiebende Wirkung zukommt.

Aber – und jetzt kommt die Hauptkritik –: Wir können einer Mutwillensstrafe, wie sie vorgesehen ist, in keiner Weise zustimmen. Sie ist nicht nur unklar, was die Tatbestandsmerkmale betrifft, sondern rechtspolitisch schlichtweg bedenklich. Aus unserer Sicht ist es eine gefährliche Wertung, wenn man davon spricht, dass derartige Anträge sinnlos in Anspruch genommen werden. Wir stellen uns die Frage: Sollen die Rechtsuchenden deswegen mit Strafe bedroht werden, nur weil die entscheidenden Organe in einer bestimmten Rechtsverfolgungsargumentation einen anderen Sinn erblicken? Man könnte das auch noch anders auslegen, frei nach dem Motto: Wer in einer finanziell schwierigen Situation beruft, wird mitunter bestraft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist der Grund dafür, dass wir dieser Euro-Gerichtsgebühren-Novelle nicht zustimmen.

Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, auch noch generell zur Frage Euroumstellung Stellung zu nehmen.

Die blau-schwarze Bundesregierung hat versprochen, nichts werde teurer. – Wir wissen, vieles ist teurer geworden! Die Probleme stellen sich weniger für den Bund, sondern viel mehr für die Länder, lassen Sie mich das in aller Deutlichkeit festhalten. Von den Ländern wurden die Rundungsregeln teilweise überhaupt nicht eingehalten, andererseits wurden – im Gegensatz zum Bund, Herr Bundesminister – noch Gebührenerhöhungen durchgeführt, nicht nur im Bereich der Gebietskörperschaften, sondern insbesondere im ausgegliederten Bereich, ich denke da vor allem an Landesgesellschaften, die Garagen betreiben. Die Beschwerden aus der Bevölkerung – auch Ihre Sektion hat entsprechende Beschwerden bekommen – bestätigen dies.

Wir glauben daher, dass es notwendig wäre, einen Bericht über die Euroumstellung in den einzelnen Bundesländern einzufordern.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier, Dr. Jarolim und GenossInnen, eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 2, Euro-Gerichtsgebühren-Novelle – EGN, betreffend Bericht über die Euroumstellung in den einzelnen Bundesländern


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Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Bericht über die von den österreichischen Bundesländern vorgenommenen Maßnahmen zur Euroumstellung im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung bis 31. Jänner 2002 vorzulegen."

*****

Abschließend möchte ich noch kurz dazu Stellung nehmen, was sich in der Privatwirtschaft abspielt; Kollege Haigermoser ist leider nicht hier. Ich kann Ihnen konkret sagen, was hier vor sich geht. Es gibt Packungsveränderungen, es gibt sogar eine Empfehlung der Bundeswirtschaftskammer, ein Inserat in einer ÖVP-Zeitung, in dem von einem "intelligenten Pricing" gesprochen wird. Es wird angeraten, entweder neu zu kalkulieren oder die Packungsgrößen zu verändern. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Beispiel: Arbeiterkammer, Mietpreiserhöhung!)

Zweites Beispiel: der so genannte Groschenausgleich. Wissen Sie, was passiert ist? – Man hat die Preise auf runde Euro-Preise erhöht, es kamen Groschenbeträge heraus, und die Unternehmen konnten nicht mehr herausgeben: Hotel Sacher, Firma Marco Polo in Salzburg. Und das ist ein klassischer Verstoß gegen die Preisauszeichnungsbestimmungen. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: 33 Schilling und 33 Groschen!)  – Ja, die Groschenklauber sind in der Freiheitlichen Partei! Sie nehmen den Menschen das Geld weg. Wer den Groschen nicht ehrt, Herr Kollege Hofmann, ist den Schilling nicht wert – lassen Sie mich das in aller Deutlichkeit festhalten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Was ist mit der Arbeiterkammer? Mit der Mietpreiserhöhung?)

Anderes Beispiel: Fehlumrechnungen in der Privatwirtschaft, weil die Unternehmer falsche Umrechnungstabellen verwenden oder ungerechtfertigte Preiserhöhungen.

Ich habe eine Reihe von Beschwerden von Müttern – sie füllen bereits Ordner – gesammelt und kann einige Beispiele anführen: Man rundet auf Euro-Preise auf, im Cineplexx beispielsweise. Früher kostete das Popcorn für die Kinder österreichweit 25 S. Wissen Sie, was man jetzt gemacht hat? – Um einen glatten Euro-Preis zu bekommen, kostet Popcorn jetzt 27,52 S, das sind genau 2 €.

Ein halber Liter Eistee, ebenfalls im Cineplexx, kostet jetzt 33,09 S, das sind 2,40 €. Auch die Preise für Schulhefte wurden erhöht: von 30 S auf 33 S, das ergibt 2,40 €.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich könnte noch viele Beispiele aufzeigen, aber es wird sich an anderer Stelle die Gelegenheit ergeben, dass wir uns mit dieser Euroumstellung auf Bundesebene und im Bereich der sonstigen Gebietskörperschaften, aber auch im Bereich der Privatwirtschaft auseinander setzen.

Dem vorliegenden Gesetzentwurf können wir nicht zustimmen; weshalb, wurde von mir hinlänglich begründet. (Beifall bei der SPÖ.)

13.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag des Abgeordneten Mag. Maier ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte.

13.52

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Erlauben Sie mir – anders als mein Vorredner –, nicht nur einige Rosinen aus diesen zur Behandlung anstehenden Vorlagen herauszupicken, sondern Ihnen die wesentlichen Schwerpunkte dieser Gesetzesvorlagen systematisch darzulegen.

Inhaltlich geht es im Wesentlichen, wie Kollege Maier schon angesprochen hat, um die Euroanpassung, um die Anpassung der Schillingbeträge im Gerichtsgebührengesetz, im Bereich des


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Rechtsanwaltstarifes, des Notariatstarifes, des Gerichtskommissionstarifes und bei den Tarifen für Dolmetscher und Sachverständige auf Euro – also kein besonders ideologieträchtiges Thema, sollte man meinen.

Darüber hinaus, und ich glaube, auch das ist wichtig zu betonen, soll mit diesem Gesetz gleichzeitig auf eine zeitgemäße Form der Gebührenentrichtung durch Zahlung mit Bankomatkarte, Kreditkarte und Barzahlung umgestellt werden. Das heißt, ab 1. Jänner 2002 wird es die bereits veraltete Form der Gerichtskostenmarken und der Freistempeleinrichtungen nicht mehr geben. Weiterhin geben wird es natürlich die Möglichkeit, diese Gebühren – was schon verstärkt genutzt wird – durch Einzug und Einzugsermächtigung zu entrichten.

Ich möchte aber auch noch darauf hinweisen, dass mit dieser Gesetzesnovelle das Gerichtsgebührengesetz wesentlich vereinfacht und überschaubarer gemacht wird, indem eine doch große Zahl von nicht mehr ganz zeitgemäßen Ausnahmen gestrichen wird und nur mehr die wirklich wesentlichen und auch sicher notwendigen und sachlich gerechtfertigten Ausnahmen, wie zum Beispiel im Bereich der Wohnbauförderung, wie zum Beispiel bei der Förderung von Unternehmensgründungen, wie zum Beispiel im agrarischen Flurbereinigungsverfahren aufrechterhalten werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zuletzt möchte ich noch auf einen Vorwurf meines Vorredners inhaltlich eingehen. Es gibt in diesem Bereich der aufschiebenden Wirkung von Berichtigungsanträgen keine Verschlechterung, wie Kollege Maier uns weiszumachen versucht hat, sondern ein deutliches Plus gegenüber der derzeitigen Situation. Derzeit haben nämlich solche Berichtigungsanträge keine aufschiebende Wirkung, in Zukunft aber werden sie diese aufschiebende Wirkung haben.

Und bei dieser so genannten Mutwillensstrafe, die es nicht nur beim Gerichtlichen Einbringungsgesetz gibt, sondern auch in einigen anderen Rechtsbereichen, geht es nicht darum, jeden, der einen Berichtigungsantrag – einen gerechtfertigten oder auch einen, der sich vielleicht im Nachhinein als nicht gerechtfertigt herausstellt – stellt, zu bestrafen, sondern – ich glaube, das sagt schon der Begriff – darum, mutwillig gestellte Anträge zu bestrafen. Und ich meine, eine solche Interpretation, wie Sie, Herr Kollege Maier, sie uns bieten, sollte eigentlich auch unter diesen Mutwillensbegriff fallen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Neben den inhaltlichen Aspekten, die ich jetzt erwähnt habe, möchte ich im Zusammenhang mit diesen Materien, die wir heute behandeln, noch auf zwei weitere Aspekte eingehen, die mir wesentlich zu sein scheinen. Der erste Aspekt betrifft – Kollege Maier hat das wieder sehr anschaulich dargeboten – die von verschiedenen Institutionen und Personen im Vorfeld dieser Währungsanpassung bewusst geschürte Inflationshysterie und eine gezielte Hetze gegen Institutionen, gegen Unternehmen, was währungsabhängige Preisanpassungen betrifft.

Ich glaube, wir sollten uns darin einig sein, dass das ein sehr sensibles und wichtiges Thema ist, das nicht dazu geeignet ist, politisches Kapital daraus zu schlagen, politisches Kleingeld zu wechseln. Es besteht natürlich die Gefahr einer großen Verunsicherung der Bevölkerung, wenn man so vorgeht, wie Kollege Maier uns das in der Vergangenheit und auch heute präsentiert hat.

Herr Kollege Maier, aber auch Arbeiterkammer und Gewerkschaft haben in den vergangenen Wochen und Monaten versucht, die Konsumenten zu missbrauchen, zu Spitzeldiensten aufzufordern und einen Klassenkampf gegen die Wirtschaft zu führen. (Abg. Dietachmayr: Den "Spitzeldienst" nehmen Sie zurück, Herr Kollege!) Dass das nicht erfolgreich war und letztlich diese zu Unrecht geäußerten Befürchtungen auch völlig unrichtig waren, beweist die heutige Anfragebeantwortung von Herrn Minister Bartenstein. Er hat uns gesagt, einen Monat nach der Umstellung, nachdem alle Betriebe ihre Euroanpassung durchgeführt haben, gebe es sage und schreibe in ganz Österreich 470 Anzeigen von Verdachtsfällen; ich betone: von Verdachtsfällen. Jeder weiß, was das im Verhältnis zur gesamten Wirtschaft und zu allen unseren Unternehmen gesehen bedeutet. Selbst wenn sich ein Bruchteil dieser Verdachtsfälle bewahrheitet, so ist das doch ein minimaler Teil, der es sicher nicht rechtfertigt, Konsumenten und Unternehmen gegeneinander aufzuwiegeln. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Herr Kollege Maier! Ich kann Ihnen, da Sie die Länder angesprochen haben, zur Beruhigung mitteilen, dass die Niederösterreichische Landesregierung beschlossen hat, dass es sicher zu keinen Teuerungen im Bereich der Verwaltung kommen wird.

Was ich Ihnen aber ans Herz legen will – wir haben heute schon von diesen Groschenbeträgen gesprochen, von 33 Groschen, die da aufgezeigt und als großes Problem dargestellt werden –, ist, sich auch einmal Ihre sozialistisch dominierten Gemeinden anzusehen. Ich kann ein Beispiel aus meinem Wahlkreis anführen. Die Gemeinde Korneuburg hat bereits im Frühjahr, sozusagen vorsichtshalber, die Parkgebühr pro halbe Stunde von 5 S auf 7 S, das heißt um sage und schreibe beinahe 50 Prozent, angehoben. Dabei handelt es sich nicht um Groschenbeträge, sondern das ist ein sehr ansehnlicher Prozentsatz. Die Gemeinde Korneuburg hat sich aber nicht gescheut – das war eine Nacht- und Nebelaktion seitens der dortigen sozialistischen Mehrheitsfraktion –, als Begründung dafür den Euro anzuführen: Wegen der Eurorundung müssen wir quasi unsere Gebühren schon jetzt von 5 S auf 7 S anheben, ließ die Gemeinde verlauten. (Abg. Haigermoser: Wer ist der Bürgermeister dort?)  – Bürgermeister ist der Sozialist Peterl. Herr Maier, das wäre ein Betätigungsfeld für Sie, bitte, kümmern Sie sich auch darum! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Maier! Ich möchte aber Ihrer gesamten Fraktion noch einen zweiten Aspekt ans Herz legen. Aus meiner bisherigen Tätigkeit hier im Hohen Haus in diesen wenigen Monaten habe ich den Eindruck gewinnen müssen, dass hier des Öfteren Arbeitsverweigerung stattfindet. Ich erwähne nur den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses, in dem die Abgeordneten der Regierungsfraktionen stundenlang Spitzenbeamten der Ministerien die wesentlichen Fragen stellen, während Ihre Fraktion es jeweils vorzieht, gemeinsam mit den Grünen auszuziehen und uns allein die Arbeit machen zu lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sehe Ihre ablehnende Stellungnahme, und Sie haben heute versucht – für mich nach wie vor nicht nachvollziehbar –, sie auch zu begründen. Wenn Sie ein Gesetz wie die Euroumstellung der Gerichtsgebühren im Ausschuss ohne nachvollziehbare Begründung ablehnen, dann fällt das für mich auch unter den Begriff der Arbeitsverweigerung. Kollege Maier hat gemeint, dass diese Gesetzesnovelle zwar eine Reihe positiver Regelungen enthält, aber trotzdem vorerst abgelehnt werden muss, weil man sich erst in der Praxis anschauen muss, ob es Kostenneutralität geben wird.

Wenn Sie sich das in der Praxis anschauen wollen, Herr Kollege Maier, dann wird es keine Möglichkeit mehr zum Zustimmen geben, weil die Regierungsfraktionen heute hier diese notwendigen Euroanpassungen beschließen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich rufe Sie daher im Sinne einer positiven und konstruktiven Zusammenarbeit auf, einerseits dem Beispiel Niederösterreichs zu folgen, wo sich Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer Verdachtsfälle gemeinsam ansehen und allfällige Schritte ergreifen, aber Unternehmen nicht sofort an den Pranger stellen, auch wenn es Verdachtsfälle gibt, die aber dann vielleicht gar nicht gerechtfertigt sind, und andererseits, diesen Vorlagen heute Ihre Zustimmung zu geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege! Im Sinne konstruktiver Zusammenarbeit würde ich auch bitten, die Formulierung "Spitzeldienste" nicht an die Adresse anderer Mitglieder des Hohen Hauses zu richten!

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Maier zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.01

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mein Vorredner hat in seiner Wortmeldung behauptet, die Arbeiterkammern und die Gewerkschaften hätten die Bevölkerung zu Spitzeldiensten aufgerufen.


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Ich stelle fest: Das ist unrichtig!

Richtig ist vielmehr, dass die Arbeiterkammern, insbesondere die konsumentenpolitischen Abteilungen, die Bevölkerung aufgefordert haben, Preisvergleiche durchzuführen, Rechnungen zu dokumentieren und Preisbeschwerden den Konsumentenberatungsstellen mitzuteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Anna Huber. Sie hat das Wort.

14.02

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Auch ich möchte mich mit dieser Novelle des Gerichtsgebührengesetzes beschäftigen. Herr Kollege Maier hat ja bereits von einigen Ungereimtheiten gesprochen, die dieses Gesetz beinhaltet, und auch über das bedenkliche Signal, das von der Formulierung ausgeht, die das Erheben von Einwendungen sozusagen unter Strafe stellt, Anmerkungen gemacht.

Ich möchte mich damit beschäftigen, wie der Bürger zu Gebührenbefreiungen kommt, die ja im Gesetz auch vorgesehen sind. Es ist da im § 13 geregelt, dass weiter bestehende persönliche Gebührenbefreiungen, also insbesondere jene nach dem ASGG, dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, nur dann eintreten, wenn sie mittels Eingabe, also Klage, in Anspruch genommen werden.

Was heißt das für den Betroffenen? – Wenn in der Klage kein Hinweis auf eine Gebührenbefreiung enthalten ist, dann gibt es danach keine Gebührenbefreiung mehr. Jetzt frage ich mich schon: Welchen Sinn hat eine derartige Bestimmung? Es ist doch wohl klar, dass jeder Rechtsuchende, der Anspruch auf Gebührenbefreiung hat, diese Befreiung dann auch haben möchte. Was soll also dieser formale Fallstrick? Geht es darum, zusätzliche Einnahmen zu lukrieren? Ich denke, ein Bürger muss doch davon ausgehen können, dass der Gesetzgeber keine formalrechtlichen Fallen stellt, dass nicht damit spekuliert wird, dass etwa in der Übergangszeit, im Vertrauen auf eine bisherige Praxis, der Bürger darauf vergessen könnte, die Gebührenbefreiung extra zu beantragen.

Ein derartiges zusätzliches Antragserfordernis kann daher nur als gesetzliche Schikane angesehen werden, und die lehnen wir ab. Statt bestehende Fallstricke abzuschaffen, werden neue erzeugt, und da werden wir nicht mitmachen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte.

14.04

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Fast bin ich versucht zu sagen: Leeres Haus! statt "Hohes Haus!" Aber so ist es eben. Dieses Thema reißt ja wirklich nicht jeden vom Sessel, muss ich sagen. Ich möchte mich auch nicht mit Einzelheiten befassen, auch nicht mit Mogelpackungen oder mit Ähnlichem – das ist nicht meine berufliche Aufgabe –, sondern nur ein paar grundsätzliche Überlegungen anstellen.

Ich darf darauf hinweisen, dass es die österreichische Justiz gewesen ist – und in gewissem Sinne noch immer ist –, die europaweit und in den letzten Jahren auch bis in die ehemaligen Ostblockstaaten hinein und dort sehr maßgeblich wirkend der Technik, der elektronischen Datenverarbeitung, der Automatisierung in einem positiven Sinne Vorschub geleistet hat.

Ich kann mich erinnern: In der Koalition Rot-Blau von 1983 bis 1987 haben wir unter anderem erlebt, dass man sich etwa in Bayern – und die Menschen dort kommen ja auch nicht gerade aus dem Urwald – bemüht hat, das Grundbuch auf EDV umzustellen. Das hat man nach einiger Zeit aufgegeben und hat gesagt: Das geht leider nicht! Die Österreicher waren sozusagen die


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Ersten, die das zustande gebracht haben und die dann in sehr konstruktiver Zusammenarbeit auch in etlichen anderen europäischen Ländern hilfreich mitgeholfen haben, das durchzusetzen.

Schon in der damaligen Zeit waren es drei wichtige Säulen, die wir eingeführt haben: die EDV-Stützung des Grundbuches, die EDV-Stützung des Firmenbuches und dann das Textverarbeitungssystem der Justiz. Bei allen diesen Dingen hat es viele Vorbehalte gegeben. Ich kann mich erinnern, dass sich einmal herausgestellt hat, dass beim Obersten Gerichtshof alle diese Textverarbeitungsgeräte verpackt stehen geblieben sind. Auf die erstaunte Frage der Beobachter, wie denn das passieren könne, sagte man: Na ja, wir arbeiten lieber mit den alten mechanischen Schreibmaschinen weiter! Unsere Damen wollen sich nicht daran gewöhnen! – Gewisse Schwellen müssen immer erst überschritten werden.

Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass es 1983 bis 1987 gelungen ist, überhaupt einmal grundsätzlich davon wegzukommen, dass bei jeder gerichtlichen Eingabe und auf jedes Protokoll Marken geklebt werden müssen. Hygienefanatiker, die geglaubt haben, die Infektionsgefahr wäre dann geringer, haben nicht die Marken abgeschleckt, sondern haben sich auf den Handrücken gespuckt und dann die Marken dort drüber gezogen. Damit ist dann Schluss gemacht worden.

Es war immer wieder die Frage: Wie kontrollieren wir das alles, wenn man bei den Eingaben nichts mehr draufkleben muss, wenn man das alles mit dem Erlagschein zahlt, mit dem Zahlschein überweist? An den damals zuständigen Sektionschef Professor Loewe habe ich die Frage gerichtet, wie er sich vorstelle, dass man das alles kontrolliere, ob man da einzelne Phasen machen solle und dann immer nachrechnet. Er hat geantwortet: Aber nein, überhaupt nicht kontrollieren! – Darauf habe ich gesagt: Na, da wird aber geschwindelt werden! Da meinte er: Möglich, aber der Promillesatz, der schwindelt, kommt noch immer billiger, als einen Apparat aufzuziehen, der kontrolliert!

Das ist interessant! Mittlerweile muss ich feststellen: Es schwindelt niemand. Wir haben keinen Kontrollapparat, und es funktioniert alles. Allerdings: Zu glauben, dass man im Verwaltungsbereich mit solchen Dingen etwas einsparen kann, ist auch nicht immer richtig, zumindest ist das nicht auf Anhieb möglich.

Es hat die Einbringungsstellen bei den Oberlandesgerichten gegeben. Damals haben die Verantwortlichen gehofft, dass binnen ein paar Monaten diese Einbringungsstellen verschwunden sein würden, denn es gab keine Marken mehr, die man hätte nachzählen können, und es sind auch keine Kontrollrechnungen anzustellen gewesen. Aber die haben weiter gearbeitet, als ob nichts passiert wäre.

Wir sind der Sache nachgegangen. Damals hat es geheißen – so ist es berichtet worden –: Na ja, die haben jetzt die Möglichkeit, endlich daranzugehen, die alten, abgeschlossenen Akten nachzurechnen, und zu schauen, ob sich da Fehler eingeschlichen haben. Sie haben ja keine neuen Dinge zu tun, daher können sie die alten Akten nachrechnen. – Also, man erlebt da schon seine Überraschungen!

Ich möchte aber auch eine Schattenseite, die natürlich nicht so relevant erscheint, dass sie den Automatisierungszug aufhalten könnte, darstellen: Wenn man heute von der Anwaltschaft her Klagen einbringt, beschreibt man praktisch überhaupt kein Papier mehr und gibt es dann zur Post. Alles geht virtuell, also über EDV. Das ist für ältere Anwälte, die in kleinen Kanzleien alleine sind, nahezu unmöglich. Erstens kostet die Investition Geld, zweitens kennt sich niemand aus. – Ich kenne mich damit auch nicht aus, aber ich habe jüngere Leute, die das machen. Die hat aber nicht jeder.

Es gibt schon einen Teil in der Justiz, vor allem auf der Seite der in der Anwaltschaft Tätigen, für die die in jeder Hinsicht sehr fortschrittliche Ausstattung und Gestaltung der Justiz ein ernstes Problem bedeutet. Man sollte diesen Personenkreis nicht ganz vergessen, wenn es


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darum geht, dass wir immer weiter auf diesem Weg fortschreiten und damit immer mehr in Kauf nehmen, dass es auch Verlierer gibt, die da nicht ganz mitkommen können.

Seien Sie nicht böse, dass ich da einen historischen Rückblick gegeben habe, aber ich glaube, das war besser, als wenn ich mich auch noch mit den Mogelpackungen und irgendwelchen Groschenbeträgen beschäftigt hätte. Ich bin nun einmal kein Arbeiterkammer-Mann, ich bin ein Anwalt, und ich kann mich an alle diese Dinge, die ich geschildert habe, erinnern. Ich kenne sie ja aus eigener Wahrnehmung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

14.10

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Aus Anlass der Euro-Umstellung im Rechtsanwaltstarifgesetz möchte ich nur kurz auf einige wichtige Forderungen der sozialdemokratischen Fraktion im Zusammenhang mit dem Rechtsanwaltstarif sowie der Rechtsanwaltsordnung hinweisen.

Es ist ein Anliegen der Sozialdemokraten, dass das anwaltliche Kostenrecht einer generellen Reform unterzogen wird. Vielfach weiß der Durchschnittsbürger nicht, welche Kosten auf ihn zukommen, sollte er einem Rechtstreit ausgesetzt sein, beziehungsweise kann er nicht abschätzen, ob er sich überhaupt auf einen Rechtsstreit einlassen kann, Herr Abgeordneter Ofner, ob er sich einen solchen auch leisten kann. (Abg. Dr. Ofner: Kein böser Zwischenruf, nur eine Anmerkung: Das weiß der Anwalt in der Regel auch nicht!)

Vielfach herrscht Unmut darüber, welch hohe Kostennoten nach einem Rechtsstreit gestellt werden. Klientinnen und Klienten fühlen sich oftmals von ihren Anwälten nicht ausreichend darauf hingewiesen, welche Vertretungsverhandlung wie viel kostet. Nur besondere Aufklärungspflichten des Rechtsanwaltes über den erwarteten Honoraranspruch können vorweg helfen, Missverständnisse und Streitigkeiten im Nachhinein zu verhindern.

Solche Aufklärungspflichten in eine gesetzliche Regelung aufzunehmen, bedeutet also vor allem einen Schutz des Klienten als Konsument der anwaltlichen Vertretung. Die verbesserte Information der Klientinnen und Klienten steht hier im Mittelpunkt der Betrachtung, nützt aber auch, so wie ich meine, dem Stand der Rechtsanwaltschaft, da Kostenklarheit auch zu einer rascheren Zahlung der Kosten führen kann.

Ich möchte hier noch einen weiteren wichtigen Reformpunkt erwähnen. Ein besonderes Manko der rechtsanwaltlichen Ausbildung besteht darin, dass Rechtsanwaltsanwärterinnen und -anwärter ab dem Beginn ihrer Tätigkeit nicht in einer Alters-, Berufsunfähigkeits und Hinterbliebenenversorgung der Rechtsanwaltskammer mit einer ausreichenden Mindestversorgung einbezogen sind. Dieser Personenkreis leistet bereits in der Ausbildung Wesentliches, steht in einer hohen Verantwortung und ist einer großen Belastung ausgesetzt. Es ist daher nicht einzusehen, sehr geehrte Damen und Herren, warum etwa die Altersversorgung der Rechtsanwaltskammern diese Personengruppe nicht erfassen sollte.

Eine entsprechende Absicherung ist uns Sozialdemokraten auch vor allem deshalb ein Anliegen, da es sich hier um jene Personengruppe handelt, die in der Hierarchie an unterster Stelle steht und dem Ausbildner voll untergeordnet ist, der schließlich auch den Nutzen aus der Tätigkeit der angehenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zieht.

Diese von mir nun aufgezeigten Forderungen stellen aber nur zwei Punkte der von meiner Fraktion geforderten Neuordnung des Rechtsanwaltstarifgesetzes und der Rechtsanwaltsordnung dar. Ich möchte die Regierungsparteien eindringlich auffordern, sich mit den Vorschlägen der Sozialdemokraten auseinander zu setzen. Sie sind sinnvoll nicht nur für junge, angehende Anwälte, sondern auch für all jene, die sich vertrauensvoll an einen Rechtsanwalt wenden beziehungsweise wenden müssen.


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Abschließend, sehr geehrte Damen und Herren, möchte ich anmerken, dass meine Fraktion der Vorlage für eine Bundesgesetz, mit dem im Hinblick auf die Einführung des Euro das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert wird und Anpassungen im Gerichtskommissionstarifgesetz und im Notariatstarifgesetz vorgenommen werden, ihre Zustimmung geben wird. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Minister.

14.14

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte nur ganz kurz einige Informationen geben. Es gibt keine Gebührenerhöhung in den Ländern, sondern es werden Gebührenbefreiungen, die bisher vereinzelt noch in den Ländern bestanden haben, abgeschafft – im Interesse der Gleichheit und der Kostenwahrheit und der Transparenz des Budgets.

Was die Frau Abgeordnete Huber gesagt hat, dass nämlich ein neuer Fallstrick gelegt worden wäre, weil man eine Gebührenbefreiung ausdrücklich beantragen muss, ist nur bedingt richtig. Es gibt diese Bestimmung, die für das Zivilrecht im Wesentlichen selbstverständlich ist, bereits seit 1984 und nicht erst seit heuer. Das wird also nicht heuer beschlossen. Diese Bestimmung stammt aus der Zeit von Christian Broda.

Was die Mutwillensstrafe anbelangt, so möchte ich dem Abgeordneten Maier und denjenigen, die ihm dabei vielleicht gefolgt sind, folgende Aufklärung geben: Gegen Gebührenbescheide gab es immer Rechtsmittel, nur hatten diese keine aufschiebende Wirkung. Jetzt haben die Rechtsmittel aufschiebende Wirkung, aber sie sollen nicht mutwillig eingebracht werden, zum Beispiel nur, um eine Zahlungsstundung zu erwirken. Das wäre unzulässig und sicherlich nicht rechtsstaatlich. Wer das Rechtsmittelrecht missbraucht, muss mit einer Mutwillensstrafe rechnen. Also auch hier wurde ein Schritt in Richtung Gerechtigkeit und Gleichheit gesetzt und keineswegs irgendjemandem ein Schaden oder ein Erschwernis zugefügt. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte.

14.16

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die jetzt zur Verhandlung stehenden Gesetzesvorlagen haben schon im Justizausschuss die Zustimmung der Grünen gefunden. Ein Detailproblem, das der Herr Kollege Maier hier erörtert hat, kann ich durchaus nachvollziehen, weil es die Frage aufwirft: Warum kann es sich die Justiz nicht leisten, überall Bankomatkassen einzuführen – um es ein bisschen verkürzt darzustellen – ?, und weil offen bleibt, was man unter kleineren Gerichten versteht, wo es das nicht geben sollte.

Das bringt mich dazu, festzustellen, dass selbst die Euro-Gerichtsgebühren-Novelle, in der es diese offene Frage gibt, uns nicht davon abhält, dem unsere Zustimmung zu geben. Ich bin zwar der Auffassung, dass Gerichtskostenmarken und Freistempelmaschinen und all diese Dinge zu sehr vertrauten Instrumenten des Gerichtsalltags geworden sind, und gerade bei den Gerichtskosten hat das eine ziemlich unmittelbare Wirkung erzielt, weil man gewusst hat: Wenn ich diese Stempelmarke kaufe, kommen sie der Justiz zu Gute, und es ist nicht so eine nebulose Einzahlung, die irgendwohin erfolgt!, nichtsdestotrotz aber glaube ich, dass der Wind der neuen Zeiten auch in der Justiz zu wehen hat. Auch in der Regierungsvorlage steht: Das Odium des Verkommenen und des Verstaubten haftet diesen Gerichtsgebühren, diesen Stempelmarken an. Dieses Schlecken und Picken von Marken ist nicht wirklich etwas, was man mit einem modernen Image der Justiz verbindet.

Das war sicher mit ein Grund, um jetzt diesen Schritt zu setzen, wiewohl auch das Argument, dass man jetzt keine Freistempelmaschinen auf Euro umstellen wird, weil es demnächst niemanden mehr gibt, der solche Maschinen herstellt, ein sehr stichhältiges ist.


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Der langen Rede kurzer Sinn: Wir hoffen, ich hoffe sehr, dass das Odium des Modernen, das dem Ganzen jetzt hoffentlich anhaftet, tatsächlich Einzug in den Gerichtsalltag hält, denn, Herr Bundesminister, erlauben Sie mir die Bemerkung: Wenn man manchmal zu Gericht kommt oder wenn man den Erzählungen von dort Tätigen, sprich: Rechtsanwälten, Rechtspraktikanten, Justizbediensteten insgesamt, lauscht, dann hat man das Gefühl, die arbeiten noch im sozusagen verspäteten Mittelalter, was die Ausstattung der Gerichte mit moderner Bürotechnologie, Bürotechnik angeht. Und deshalb bitte ich Sie: Folgen Sie Ihrem eigenen Anspruch, das Odium des Verstaubten als überkommen zu betrachten! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Dazu erhält sogleich der Herr Bundesminister das Wort. – Bitte.

14.20

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Darauf muss ich sofort antworten. Ich darf in aller Klarheit feststellen: Der Einsatz an Informationstechnologie in der österreichischen Justiz ist Weltspitze! – Das ist keine Redensart, sondern es gibt tatsächlich kein Land der Welt, das sich mit Österreich vergleichen kann, was den Einsatz von Informationstechnologie betrifft. Es gibt Gerüchte, dass vielleicht Singapur sehr knapp hinter uns liegt, aber auch das dürfte nicht richtig sein. – Bei uns ist jeder Arbeitsplatz in der Justiz mit einem PC ausgestattet!

Ich könnte jetzt stundenlang Reden über das Niveau dieser Informationstechnologie halten. Ich werde es aber nicht tun. Eines müssen Sie in diesem Zusammenhang aber konzedieren: Wir haben 11 000 Mitarbeiter, das heißt, wir haben im Prinzip auch 11 000 PCs. Wenn wir sie alle fünf Jahre erneuern – und das ist angesichts des Fortschrittes dieser Technologie zugegebenermaßen eine sehr zögernde Vorgangsweise –, dann sind das 2 000 PCs jährlich. Wir tun das auch, und die Programme, die wir im Einsatz haben, werden derzeit gerade einem Redesign-Projekt unterworfen. Das heißt, wir erneuern unsere Applikationen auch ständig.

Der Einsatz von Informationstechnologie wird heute ab 15 Uhr vielleicht auch noch zur Sprache kommen, was den Bereich des Strafvollzuges anbelangt, aber eines muss bitte klar sein: Die Modernität unserer Justiz ist vorhanden. Sie kommt auch nicht von ungefähr. Ich möchte das Verdienst dafür gar nicht für mich selbst in Anspruch nehmen, denn das kann sich kein Justizminister sozusagen an seinen Hut stecken. Dieser Erfolg hat eine klare Geschichte: Es war Herr Sektionschef Oberhammer vor etwa zwei Jahrzehnten einmal einige Zeit Generalintendant, und in dieser Funktion hat er die Welt der EDV und der Informationstechnologie kennen gelernt und hat sie mit unglaublicher Beharrlichkeit, Konsequenz und einer sehr modern denkenden Beamtenschaft in die Justiz hinein getragen.

Von Verstaubtheit kann bei uns also keine Rede sein! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. – Bitte.

14.22

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Maier kommt hier heraus und spricht hochtrabend über die Missstände in der Privatwirtschaft. Da seien anlässlich der Euro-Umstellung etwa Änderungen bei den Packungsgrößen vorgenommen worden, der Groschenausgleich würde nicht funktionieren, es würden zwecks runder Euro-Preise die Schillingpreise angehoben, es würden Fehlumrechnungen vorgenommen, ungerechtfertigte Preiserhöhungen erfolgen und so weiter und so fort. (Abg. Dr. Cap  – in Richtung des Redners –: Die Krawatte hängt heraus!)

Der liebe Herr Abgeordnete Maier sollte sich in diesem Zusammenhang nicht allzu sehr gerieren. (Abg. Dr. Cap: Sie hängt heraus!) Aber da ist natürlich die Arbeiterkammer sehr gerne zur Stelle, um in der Betriebsform des Konsumentenschutzes als selbst ernannte Hüterin von Recht und Ordnung zu wirken. (Abg. Dr. Cap: Ihre Krawatte, die hängt heraus!) In geradezu


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lächerlicher Art und Weise, Herr Klubobmann Cap, vor allem aber in schikanöser Art und Weise werden die Unternehmen angezeigt. (Abg. Dr. Cap: Der Knopf ist offen!)

Mir liegt hier eine Anzeige vor. Ich schildere kurz, worum es dabei gegangen ist – damit wir auch wissen, worüber Herr Abgeordneter Maier spricht –: Ein Unternehmer verkauft eine Strickware um 1 651,24 S und eine Hose um 1 238,43 S, zusammen sind das 2 889,67 S. Aber er verkauft sie nicht um diesem Betrag, sondern er verkauft sie zusammen um 2 890 S, verlangt also genau um 33 Groschen mehr.

Meine Damen und Herren! Das führt zu Folgendem: Es kommt vom Magistrat hochtrabend die "Aufforderung zur Rechtfertigung". Nachdem die Arbeiterkammer und der Konsumentenschutz sehr wirksam eingewirkt haben, damit es zu dieser Anzeige wegen dieser 33 Groschen kommt, heißt es dann wie folgt: "Aufforderung zur Rechtfertigung". (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Sie können jetzt noch so schreien, das macht nicht ungeschehen, in welch schikanöser Art und Weise die Arbeiterkammer hier agiert! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es kommt also die Aufforderung zur Rechtfertigung wegen 33 Groschen (Abg. Auer: Wegen 33 Groschen!), und man teilt dem Unternehmer mit: Sie können nach Ihrer Wahl entweder anlässlich der Vernehmung bei uns erscheinen oder sich bis zu diesem Zeitpunkt schriftlich rechtfertigen sowie die zu Ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekannt geben. – Wegen 33 Groschen! – Und die Arbeiterkammer steht dahinter.

Des Weiteren weist man den Unternehmer darauf hin, dass das Strafverfahren ohne seine Anhörung durchgeführt wird, wenn er von der Möglichkeit, sich zu rechtfertigen, nicht Gebrauch macht. Im Falle einer schriftlichen Rechtfertigung – die Arbeiterkammer lässt grüßen! – werde er ersucht, seine Vermögens-, Einkommens- und natürlich auch seine Familienverhältnisse bekannt zu geben. – Das ist die Arbeit des Konsumentenschutzes und der Arbeiterkammer! (Abg. Schwarzenberger: Wegen 33 Groschen!) Da kann man wirklich nur davon sprechen, dass gegenüber Unternehmen eine reine Vernaderung betrieben wird, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jetzt aber kommt es erst: Sehr geehrter Herr Maier und alle Freunde der Arbeiterkammer sowie all jene, die diese schikanöse Vorgangsweise rechtfertigen! (Abg. Dr. Cap: Der Knopf ist offen! Das hängt jetzt heraus! – Mir ist es egal, wenn es heraushängt!) Sie, die das alles wegen 33 Groschen anprangern, beschlossen kürzlich – erst vor sehr kurzem – Folgendes: Sie beschlossen eine Erhöhung der Mieten für Seminarräume und für den Veranstaltungssaal im Brunauer-Zentrum ab 1. September 2001 – man merke: 1. September 2001; am 1. Oktober ist die Deadline, das werden Sie, Herr Maier, als Konsumentenschützer ja wissen; der 1. September liegt also ganz kurz vor dieser Deadline – um mindestens 10 Prozent, aber durchschnittlich um 15 Prozent, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind die "Rundungsregeln" der Arbeiterkammer: schnell vor der Euro-Einführung die Mieten noch um 15 Prozent zu erhöhen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dieser massiven Preiserhöhung kurz vor der Euro-Umstellung haben Sie nicht anders agiert als die von Ihnen angeprangerten Firmen. Sie haben damit aber vor allem jegliche Berechtigung verloren, sich hier als Schutzheilige der Konsumenten aufzuspielen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet. Ich mache auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte.

14.27

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mein Vorredner hat behauptet, dass die Arbeiterkammer in schikanöser Art und Weise gegen Firmen vorgegangen wäre und die Firmen "vernadert" hätte. – Das ist falsch!


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Ich stelle richtig: Einziger Anhaltspunkt für die Tätigkeit der konsumentenpolitischen Abteilungen der Arbeiterkammer sind die rechtlichen Grundlagen, in diesem Fall das Preisauszeichnungsgesetz. Daher wurde auch nicht nur gegen die genannte Firma, "Marco Polo", sondern auch gegen andere Firmen, die sich nicht an die Preisauszeichnungsbestimmungen gehalten haben, eine entsprechende Anzeige erstattet. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: ... eine Selbstanzeige machen! Eine Selbstanzeige!)

Mein Vorredner, Abgeordneter Mainoni, hat behauptet, dass die Arbeiterkammer von sich aus eine Mietenerhöhung um 10 Prozent vorgenommen hat. – Das ist falsch!

Ich stelle wie folgt richtig: Diese Anpassung musste auf Grund einer Empfehlung beziehungsweise Weisung des Rechnungshofes vorgenommen werden (lebhafte ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP), weil die Tarife nicht kostendeckend waren (Abg. Haigermoser: Na geh!) und überdies die Wirtschaftskammer Salzburg in mehreren Urgenzschreiben immer wieder gefordert hat, dass diese Tarife kostendeckend sein müssten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Das gibt es ja doch wohl nicht! Wenn ich 33 Groschen ...! – So ein Stumpfsinn! ... Ein solcher Topfen! Das ist ja peinlich, dieser Auftritt! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

14.28


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. – Bitte.

14.29

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy, MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit 1. Jänner 2002 – wir wissen es – beginnt mit der Bargeldeinführung die letzte Phase der Währungsumstellung auf den Euro. Mit diesem Zeitpunkt müssen auch im Gerichtsgebührenrecht die Schilling-Beträge auf Euro-Beträge umgestellt sein.

Die notwendige Währungsumstellung kostet bei den Gerichtsgebühren den Staat durch Abrundungen 20 Millionen Schilling; den Bürgern erwachsen durch die Währungsumstellung bei den Gerichtsgebühren keine Mehrkosten.

Es ist gut, dass diese notwendige Währungsumstellung dazu genützt wird, längst fällige zeitgemäße Adaptierungen bei der Gebührenentrichtung vorzunehmen. GKMs beziehungsweise Freistempelabdrucke haben sich überlebt. Die Gerichtsgebühren können ab 1. Jänner 2002 in zeitgemäßer Art und Weise entrichtet werden, was stärkere Kundenorientierung bedeutet.

Gleichzeitig mit der Einführung neuer Zahlungsmethoden wird auch durch verschiedene weitere Maßnahmen Kundenfreundlichkeit etabliert: Grundbuchabfrage, Firmenbuchabfrage bei den LGs, Beglaubigung und Rechnungsführer werden grundsätzlich an einer zentralen Stelle des jeweiligen Gerichtes zusammengefasst.

Weiters – das hat der Herr Bundesminister auch schon erwähnt – wird im Sinne der Kostentransparenz, im Sinne der Kostenwahrheit die Gebührenbefreiung von Bund und Gebietskörperschaften weitestgehend aufgehoben.

Die Währungsumstellung von Schilling auf Euro ist auch Gegenstand der anderen in diesem Zusammenhang angesprochenen Gesetze: Euro-Rechtsanwaltstarif-Novelle, Gerichtskommissionstarifgesetz und Notariatstarifgesetz. Weiters ist in dem soeben behandelten Paket das Rechtshilfeabkommen für die Insel Man und ein Übereinkommen betreffend internationale Kindesentführung enthalten.

Im Justizausschuss wurde bereits weitestgehend Übereinstimmung und Zustimmung erzielt. Herr Kollege Maier! Nehmen Sie Ihre Fraktionskollegen an der Hand! Springen Sie über Ihren Schatten – es kostet nichts, nicht einmal 33 Groschen – und stimmen auch Sie der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle zu! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Daher schließe ich die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschussanträge getrennt durchgeführt werden.

Als Erstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend die Euro-Gerichtsgebühren-Novelle samt Titel und Eingang in 788 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Vorlage in zweiter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Maier betreffend einen Bericht über die Euro-Umstellung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag betreffend Berichterstattung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Hinblick auf die Einführung des Euro das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert wird und Anpassungen im Gerichtskommissionstarifgesetz und im Notariatstarifgesetz vorgenommen werden, in 760 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem gegenständlichen Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Ich lasse jetzt über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher geändert wird, samt Titel und Eingang, 790 der Beilagen, abstimmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dieser Vorlage in zweiter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Der Beschluss ist einstimmig erfolgt.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, ein diesbezügliches Zeichen zu geben. – Ich stelle fest, dass die Vorlage in dritter Lesung einstimmig angenommen ist.

Als Nächstes stimmen wir ab über den Antrag des Justizausschusses, folgendem Staatsvertrag die Genehmigung zu erteilen: Abkommen mit der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen auf die Insel Man, unter Berücksichtigung der im Ausschuss vorgenommenen Druckfehlerberichtigungen, in 518 der Beilagen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die diese Genehmigung erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, dass die Genehmigung des Staatsvertrages einstimmig erfolgt ist.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, folgendem Staatsvertrag zuzustimmen: Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts von Brasilien, Chile, Georgien, Island, Malta, Moldau, Südafrika und Zypern zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung. – Es handelt sich hiebei um die Vorlage 743 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Staatsvertrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest: Die Beschlussfassung des Staatsvertrages ist im Nationalrat einstimmig erfolgt.

7. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (483 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen erlassen wird und das Telekommunikationsgesetz sowie das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert werden (795 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt mir nicht vor. Wir gehen daher sogleich in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Die Uhr ist wunschgemäß auf 7 Minuten eingestellt. (Abg. Dr. Moser  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Es reichen fünf!)  – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.36

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Bei diesem Gesetz handelt es sich in zweierlei Hinsicht nicht nur um eine technische Angelegenheit: Erstens deshalb, weil es eine Anpassung an EU-Richtlinien ist, die bei uns wieder einmal zeitlich sehr verzögert vorgenommen wurde. Wir hinken also wieder etwas nach und haben uns in den Ministerien wieder über ein halbes Jahr lang Zeit genommen, eine Umsetzung vorzunehmen. Noch dazu erfolgt die Umsetzung jetzt praktisch durch ein eigenes Gesetz, wodurch wieder etwas Wildwuchs im gesetzlichen Spektrum entsteht, anstatt dass man diese Richtlinie in übersichtlicher Weise in das Telekommunikationsgesetz integriert hätte. – So viel zu dem einen technischen Bereich.

Zweitens kritisieren wir diese Gesetzesvorlage aber auch deshalb, weil darin wieder nicht vorgesehen ist, dass technische Geräte, Funkgeräte, Geräte, die auch elektromagnetische Felder erzeugen, gekennzeichnet werden. Wir vermissen eine Kennzeichnungspflicht bei diesen Geräten, vor allem, was die Aussendung elektromagnetischer Strahlung betrifft, und das vor dem Hintergrund, dass diese Kennzeichnung sowohl nach nationalen als auch nach internationalen rechtlichen Kriterien möglich wäre. Eine Kennzeichnungspflicht wurde hier aber nicht vorgesehen, obwohl auch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in seiner Stellungnahme eine solche angeregt und die Vorlage kritisiert hat und obwohl zum Beispiel auch das Bundesland Wien dafür plädiert hat, dass es zu einer Kennzeichnung kommt.

Wir sehen in der Vorlage dieses Gesetzes ohne Kennzeichnungspflicht eine Prolongierung des Status quo, den wir auch im Telekommunikationsgesetz haben, nämlich dass insgesamt Gesundheitsaspekte gering geschätzt werden und ihnen zu wenig Bedeutung beigemessen wird. (Beifall bei den Grünen.)

Erlauben Sie mir daher, Frau Ministerin, wieder einmal die Behandlung der Mobilfunk-Petition insgesamt einzumahnen. Hier geht es auch um rechtliche Aspekte und um gesundheitliche


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Aspekte. Bitte schieben Sie das nicht mehr länger auf die lange Bank und sorgen Sie dafür, dass diese Arbeitsgruppen, die in Zusammenarbeit mit dem Landwirtschafts- beziehungsweise Umweltministerium installiert wurden, endlich einmal zu einem Vorschlag, zu einer Konklusion kommen, die im Sinne der Mobilfunk-Petition ist, die im Sinne auch der vielen Abgeordneten ist, die das unterschrieben haben – vor allem auch von Abgeordneten, die jetzt zur Regierungs-fraktion zählen.

Wir haben drittens noch anzumerken, dass bei der vorliegenden technischen Gesetzgebung insgesamt auch noch die Bürgerrechte zu wenig beachtet worden sind. Im § 14 Abs. 2 heißt es, dass Behörden Zutritt zu gestatten ist. – Ich frage Sie: Warum erfolgt hier keine Einschränkung auf die Exekutive? Warum wird allgemein das Bürgerrecht dadurch eingeschränkt, dass Behörden insgesamt Zutritt haben, um zu diesen Geräten zu gelangen? – Das ist mir unter dem Aspekt der Wahrung der Bürgerrechte nicht sehr einsichtig, und deshalb lehnen wir diese Vorlage auch ab.

Zum Schluss sei noch die Problematik im Zusammenhang mit dem Begutachtungsverfahren angesprochen. Hier wurde ebenfalls darauf hingewiesen, dass eine Verbindung zur "Quality of Service" gemäß der Universaldienstverordnung möglich gewesen wäre. Sie ist nicht erfolgt, und das schließt unser Argumentarium ab, warum wir dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen und sie nicht mittragen, und legt uns gleichzeitig nahe, noch einmal dafür zu plädieren, dass endlich die Mobilfunk-Petition, dass endlich eine Novellierung des Telekommunikationsgesetzes im Ausschuss und auch hier im Hohen Haus offensiver vorangetrieben wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächstem Redner darf ich Herrn Abgeordnetem Eder das Wort erteilen. – Bitte.

14.41

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich darf vorweg sagen, dass wir diesem Gesetz zustimmen werden, da der vorliegende Entwurf eine EU-konforme Liberalisierung des Endgerätemarktes nach sich zieht und ein kompliziertes nationales Bewilligungssystem damit durch eine Herstellererklärung in Verbindung mit behördlichen Ex-post-Kontrollen ersetzt wird.

Wir begrüßen daher diese Novelle. Die neue Gesetzeslage wird es auch ermöglichen, dass Geräte, die dem letzten Stand der Technik entsprechen, wesentlich rascher zum Konsumenten kommen werden und auf dem Markt verfügbar sein werden, als das bisher der Fall war.

Sehr geehrte Damen und Herren! Weil wir schon beim Thema Telekommunikation sind, möchte ich dieses Thema auch noch in zwei anderen wesentlichen Punkten ansprechen, die mit dem Funktionieren des Telekommunikationsmarktes in Österreich und vor allem mit dem Überleben österreichischer Unternehmen auf diesem Markt zu tun haben.

Ich denke, es ist generell unprofessionell und wirtschaftspolitisch eher ein Desaster, wie diese Bundesregierung mit dem Management von Unternehmungen in Österreich umgeht. Dies trifft auch auf die Telekom AG zu. Da wird dem Vorstand seit mehr als einem Jahr immer wieder von dieser Regierung, oder auch von der ÖIAG im Auftrag der Regierung, der Rücktritt nahe gelegt. Da wird im Frühjahr von einer nur noch "kurzen Galgenfrist" für den Generaldirektor Sundt gesprochen. Und jetzt heißt es im "Kurier" vom 4. Oktober 2001 erneut: "Sundt muss gehen". Dies, nachdem auch schon der Aufsichtsratspräsident Ditz – der mittlerweile auch bei der ÖIAG schon wieder gegangen worden ist – gegangen ist, damals als Aufsichtsrat. Man hatte dieses Unternehmen offensichtlich nur aus irgendwelchen taktischen oder politischen Gründen immer wieder "in Arbeit".

Wenn ich mir ansehe, was es in diesem Zusammenhang alles an Aussagen gegeben hat – "Telekom in gelähmter Warteposition", "Nichts geht", "Noch eine kurze Galgenfrist für den Generaldirektor" und so weiter und so fort –, dann muss ich sagen, dass das für ein Unter


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nehmen meines Erachtens ganz einfach schlecht ist. Ich halte das für eine unverantwortliche Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Manager, die Höchstleistungen im Management erbringen sollen, ständig in Frage zu stellen, ist schlecht. Management und Unternehmen müssen eine Einheit sein – alles andere ist schädlich für das Unternehmen und die umliegende Wirtschaft.

Das Unternehmenskonzept der Telekom AG wird natürlich nun Stück für Stück umgesetzt. Das ist nicht immer nur zur Freude aller Beteiligten. Hier müssen bestimmte Neustrukturierungen durchgeführt werden. Das kann man aber dann nicht alles immer nur dem Management zuschieben, sondern das ist, wenn man ein Unternehmen in dieser Form neu strukturiert, ganz einfach so, wie wir es hier erleben.

Was wir brauchen, ist eine Weiterentwicklung der Marktrahmenbedingungen im Telekom-Sektor. Derzeit wird auch vom Regulator auf der Basis einer Gesetzeslage agiert – ich betone: einer Gesetzes lage –, welche auf Grund der Markt lage mittlerweile überholt ist.

Das hat auch äußerst negative Auswirkungen auf die Telekom Austria, denn von einem Mono-pol – und darauf kommt es jetzt an – kann wohl bei Marktanteilen von 40 Prozent schön langsam nicht mehr die Rede sein. (Zwischenruf des Abg. Ing. Scheuch. – Das gehört zum Thema dazu, denn das hat alles sehr viel mit dem, was wir machen, zu tun. (Abg. Ing. Scheuch: Nein, wirklich nicht!)

Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass man so ein bedeutendes Unternehmen, Herr Kollege – wenn schon ein bisschen Zeit zur Verfügung steht –, auch einmal von dieser Seite betrachtet und diskutiert. (Beifall bei der SPÖ.) Ich weiß, es ist vielleicht unangenehm, aber es ist ja nichts dabei, einmal in Ruhe darüber zu reden. Es ist ja nicht so eine heikle Frage. (Abg. Böhacker: Sie kann durchaus heikel sein!)

Daher sollte man, Herr Kollege Böhacker, auch beim Regulator überlegen, ob man nicht eine Abkehr von der jetzigen asymmetrischen Regelung fordern sollte. Sonst droht nämlich auf Sicht ein Oligopol mit steigenden Telekom-Preisen für alle Konsumenten in Österreich und andererseits ein ernstes wirtschaftliches Problem der Telekom AG. Ein solches würde wiederum bedeuten: Vernichtung öffentlichen Eigentums, zusätzlicher Abbau von Arbeitsplätzen in Österreich, Zerstörung eines nationalen Unternehmens und damit Verlust des nationalen Einflusses in einem strategisch sehr, sehr wichtigen Wirtschaftssektor.

Wir wollen daher hier nur ganz wenige, aber wichtige Dinge vorschlagen. Erstens: die rasche Erstellung eines Berichtes über den Telekom-Sektor generell. Dabei sollen Stand, Probleme und Weiterentwicklung auf dem Telekom-Sektor analysiert werden. Wir haben gestern auch einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Ich halte es für notwendig, das noch einmal gut zu durchdenken.

Zweitens: Wir brauchen eine rasche Telekom-Novelle mit dem Kernstück der Aufgabe der asymmetrischen Regulierung. Das heißt, dass auch die Telekom Austria eine Regulatorgrundlage bekommen soll, um auf dem Markt allmählich auch als wirklicher Marktpartner angesehen werden zu können. Nichts anderes wollen wir (Abg. Mag. Firlinger: Da bin ich ganz bei Ihnen!): dass sie gleichberechtigt ist gegenüber der Telecom Italia, gleichberechtigt gegenüber der Deutschen Telekom und der spanischen Telekom. Derzeit hängt das auf Grund der Entwicklung ein bisschen schief.

Ich glaube, dass in Bezug auf diese Fragen in diesem Haus insgesamt Verständnis herrscht. Ich danke für die Aufmerksamkeit und bitte die Frau Ministerin, nach Möglichkeit kooperativ in diesem Sinne mitzuwirken. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte.

14.46

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Das heutige Gesetz ist im Wesentlichen unproblematisch: Es betrifft eine Umsetzung der EU-Richtlinie. Wir werden diesem Gesetz daher zustimmen.


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Ich möchte in diesem Zusammenhang aber kurz einige Worte zu jenem Punkt sagen, den sowohl Frau Kollegin Moser als auch Herr Kollege Eder angesprochen haben.

Frau Kollegin Moser hat davon gesprochen, dass in diesem Gesetz wieder keine ausreichenden Grenzwerte für elektromagnetische Strahlungen festgehalten sind, beziehungsweise sie hat die Behandlung der Mobilfunk-Petition eingemahnt.

Ich möchte zu diesem Thema noch einmal klar und deutlich sagen: Selbstverständlich, Frau Kollegin Moser, nehmen wir den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung ernst, ebenso wie die Ängste, die es hinsichtlich der elektromagnetischen Strahlung gibt. Ich meine aber auch, dass wir uns nicht immer in Versuchung führen lassen sollten, jedes Mal bei passender Gelegenheit diese Ängste zu schüren und damit Politik zu machen. (Abg. Mag. Kogler: "Ängste schüren" – das haben wir heute schon einmal gehört!) Es geht vielmehr darum, diese Ängste abzubauen.

Sie haben heute in der Debatte zum Thema Terror wiederholt der Regierung vorgeworfen, dass sie mit ihren Maßnahmen gerne sozusagen Trittbrettfahrer der Angst sein möchte. – Ich glaube, Sie wissen ganz genau, dass die Grünen in dieser Frage schon lange Zeit Trittbrettfahrer der Emotionen sind! Ich glaube, es wäre nun wirklich an der Zeit, diese Problematik sachlich zu behandeln. (Beifall bei der ÖVP.)

Klar ist: Keiner einzigen der Untersuchungen, die es dazu gibt – und es gibt über 2 000 internationale Untersuchungen zum Thema elektromagnetische Strahlungen und Gesundheitsgefährdung durch Handy-Telefonie –, ist es bisher gelungen, auch nur einen Verdacht, dass es eine entsprechende Gesundheitsgefährdung dadurch geben könnte, zu erhärten. (Abg. Öllinger: Das stimmt ja nicht!)

Das stimmt selbstverständlich, Herr Kollege (Abg. Öllinger: Bei den Untersuchungen von den Handy-Firmen!), denn weder Sie noch sonst irgendjemand waren bisher in der Lage – hier an diesem Pult oder auch bei sonstigen Veranstaltungen, die wir zu diesem Thema schon abgehalten haben –, auch nur einen einzigen ganz konkreten Hinweis zu nennen!

Wir in Österreich versäumen hier überhaupt nichts. Wir halten uns an die entsprechenden Normen, wir halten uns an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation, und wir halten uns selbstverständlich auch an die diesbezüglichen EU-Richtlinien.

Deshalb halte ich es wirklich nicht für anständig, immer wieder zu versuchen, mit dieser Frage auch Emotionen zu schüren und damit politisches Kleingeld einzusammeln, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Nun noch zu den Anmerkungen von Herrn Kollegen Eder: Sie wissen in Wirklichkeit ebenso gut wie ich, dass viele der Probleme, die es in der Telekommunikationspolitik gegeben hat – auch im Zusammenhang mit dem Thema Privatisierung, bei der Verselbständigung des Unternehmensbereiches Telekom –, auf jene Fehler zurückzuführen sind, die von sozialdemokratischen Verkehrsministern gemacht wurden.

Was waren diese Fehler? – Die österreichische Post wurde viel zu spät ausgegliedert – viel zu spät wurden diese beiden Unternehmen getrennt –, und die Telekom wurde viel zu spät fit für den Markt gemacht. All das sind aber bitte Versäumnisse sozialdemokratischer Verkehrsminister! Darüber können Sie nicht hinwegtäuschen, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

An diesen Problemen knabbert sozusagen die Telekom noch immer, aber es sind jedenfalls wenigstens von dieser Regierung alle Voraussetzungen dafür geschaffen worden, dass sie wenigstens in Zukunft einen erfolgreichen Weg gehen kann.

Zum Thema Markt möchte ich festhalten: Die Liberalisierung auf dem Telekommunikationsmarkt ist in Österreich sehr rasch vor sich gegangen; wir haben regen Wettbewerb geschaffen. Es gibt kaum ein Land, in dem für einen relativ kleinen Markt ein solch intensiver Wettbewerb – jedenfalls in einem Großteil des Telekommunikationsbereiches – im Gang ist. Selbstverständ


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lich sind wir auch bereit, darüber nachzudenken, ob die Regulierungsbestimmungen, die wir in Österreich – eben um den Wettbewerb zu fördern – geschaffen haben, heute noch in dieser Form gerechtfertigt sind.

Der Telekommarkt ist ja mittlerweile auch in Österreich ein internationaler Markt. Die großen, auch alternativen Anbieter gehören zum Teil international agierenden Konzernen – und selbstverständlich stellt sich da die Frage, ob diese Regulierungsmaßnahmen nun nicht auch stärker europaweit harmonisiert werden müssen.

Wir sind jedenfalls bereit, über neue Marktbedingungen in Österreich zu diskutieren. Selbstverständlich sind wir der Meinung, dass etwa die Telekom Austria nicht durch diese Regulierungsbestimmungen und durch ihre derzeitige und künftige Entwicklung benachteiligt sein soll, sondern dass für alle Mitbewerber auf diesem Markt die gleichen fairen und gerechten Bedingungen gelten sollen. Dazu sind wir bereit, ebenso dazu, auch einen entsprechenden Überprüfungsprozess einzuleiten.

Wir von den Koalitionsparteien können uns auch durchaus vorstellen, uns in einer der nächsten Sitzungen des Verkehrsausschusses – eventuell auch in einer eigenen Enquete – mit zukünftigen Wettbewerbsbedingungen auf dem Telekommarkt zu beschäftigen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Er hat das Wort.

14.53

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich meine, dass man, wenn die Rede vom österreichischen Telekommunikationsmarkt und seinem Umfeld ist, die Dinge ganz klar auseinander halten sollte: Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es zunächst – das wurde schon gesagt – um die nationale Umsetzung einer Richtlinie der Europäischen Union; um nicht mehr und nicht weniger!

Wenngleich es sich dabei um einen Akt mit zeitlicher Verspätung handelt, halte ich das dennoch für eine sehr wichtige gesetzliche Maßnahme, denn damit wird insgesamt das In-Verkehr-Bringen funktechnischer Endgeräte wesentlich erleichtert – und das kann doch letzten Endes nur zum Vorteil auch für den österreichischen Konsumenten sein.

Halten Sie sich doch einmal vor Augen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie das früher war: Früher musste jedes Endgerät einem komplizierten Einzelgenehmigungsverfahren unterzogen werden; da wurde a priori ein Prüfungsverfahren abgehandelt. – Heute geht das nach Richtlinie, heute herrscht das Prinzip der Selbstzertifizierung. Die dafür zuständige Behörde schreitet eigentlich nur bei Verdacht auf Gesetzesverstöße ein und schaut sich an, ob die Zertifizierungsrichtlinien eingehalten wurden. Das ist letzten Endes auch ein Weg zur Entbürokratisierung Österreichs, ein Weg, den wir in der Regierungskoalition von FPÖ und ÖVP immer verlangt haben und den wir konsequent weitergehen werden. Daher ist dieses Gesetz in seiner Gesamtheit wirklich zu begrüßen. Ich bin wirklich froh darüber, dass wir jetzt endlich so weit sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum zweiten Teil, zu den Rahmenbedingungen auf dem österreichischen Telekommunikationsmarkt. Ich meine, dass es ein Gebot der Stunde ist, die Kirche im Dorf zu lassen. Halten wir uns doch einmal vor Augen, was in diesem Zusammenhang alles an Mutmaßungen und Gerüchten in die Welt gesetzt wurde, beispielsweise wie schädlich insbesondere Basisstationen für die Allgemeingesundheit seien – was durch nichts widerlegt werden kann! –, welche Hysterie da auch teilweise erzeugt worden ist! Wenn man sich gleichzeitig vor Augen führt, welche Anliegen tatsächlich Berechtigung haben beziehungsweise welche Ängste tatsächlich begründet sind, dann stellt man fest, dass es da schon eine geradezu riesige Diskrepanz zwischen beiden Extremen gibt.


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Ich persönlich möchte Ihnen sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ich halte es auch für eine Zumutung, wenn Sendeanlagen, ohne dass Bürger vorher darüber informiert wurden, ganz einfach, und zwar von heute auf morgen, beispielsweise in einer Reihenhausanlage errichtet werden. Das berühmte "Aha-Erlebnis" beim Bürger ist es dann, dass das oft nicht nur vom optischischen Standpunkt aus als unangenehm empfunden wird, sondern dass das ja sehr oft auch vermögensrechtliche Komponenten zur Folge hat. Diesbezüglich wurden in der Vergangenheit schon viele Fehler gemacht.

Was die gesamte österreichische Telekommunikationsindustrie anlangt – vier Unternehmen mit GSM-Lizenz, zwei weitere Unternehmen mit einer UMTS-Lizenz –, so ist diese emsig am Werken, dass Mitwirkungsrechte der Bürger Berücksichtigung, und zwar auf freiwilliger Basis, finden. Hervorragende Ansätze findet man da aber auch auf vertraglicher Basis vor, ebenso diesbezügliche Übereinkommen unter den Mobilfunkbetreibern. Und wenn das funktioniert, kann es doch nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein, da von vornherein mittels starrer Verordnungen einzugreifen.

Mit Freude kann ich auch hier feststellen, dass der neue Chef des Forums Mobilkommunikation, Herr Mag. Barmüller, der als ehemaliger Parlamentarier ja den meisten hier herinnen bekannt sein dürfte, vor kurzem verkündete, dass es weitgehende Einigung bezüglich der Informationspflichten gegeben und auch ein sofort in Kraft tretender Vertrag jetzt Gültigkeit hat, nämlich ein Vertrag innerhalb der Betreiber.

Daher, meine Damen und Herren: Man soll nicht dauernd mit irgendwelchen Angstmacher-Parolen den Teufel an die Wand malen – und man sollte da auch nicht Schwarzweißmalerei betreiben, sondern diese Dinge wirklich nüchtern betrachten.

Ich kann mich noch genau an die Situation erinnern, als es um die UMTS-Lizenzen gegangen ist, wie groß da die Fehleinschätzung der Sozialdemokraten war, haben sie doch noch zu einem Zeitpunkt, als dieser Boom schon lange vorbei war, und zwar auf Grund der Ergebnisse der Lizenzenvergaben in England, von "Erlösen in der Größenordnung von 40 Milliarden Schilling" gesprochen, die "locker" drinnen sein müssten für den österreichischen Markt. – Kollege Parnigoni tat das damals auch. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Im Nachhinein musste man dann feststellen, dass diese 11 Milliarden Schilling, die daraus tatsächlich erzielt werden konnten, kein schlechtes Ergebnis waren, denn alle weiteren Versteigerungen nach denen in Österreich haben sich als geradezu desaströs herausgestellt; wir haben mit diesen 11 Milliarden Schilling immer noch relativ gut abgeschnitten. Aber es hat halt damals jede Menge Schuldzuweisungen gegeben.

Abschließend zu zukünftigen Fragen in Bezug auf den Regulierungsbereich auf einem liberalisierten Markt. Ich kann da nur das unterstreichen, was heute bereits von Kollegin Moser angeregt wurde, nämlich, in einer der nächsten Sitzungen des Verkehrsausschusses eine Art Hearing abzuhalten, eine Veranstaltung im Rahmen einer öffentlichen Aussprache, um all diese Dinge ausführlich zu diskutieren, so beispielsweise: Was hat die angestrebte Deregulierung in diesem Bereich gebracht, und zwar sowohl in Österreich als auch auf anderen Märkten? Wer war der Nutznießer dieser Liberalisierung? – Das halte ich für eine ganz wesentliche Frage, ebenso auch jene, ob wir uns mit einzelnen gesetzlichen Maßnahmen nicht vielleicht selbst sozusagen ein wenig ins Knie geschossen haben.

Zur Beantwortung all dieser Fragen wird ja am 30. Oktober seitens der Experten eine Studie veröffentlicht werden. Ich freue mich auch schon auf diese Präsentation und dann auch auf die Behandlung in einer der nächsten Sitzungen des Verkehrsausschusses.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin diesbezüglich also wirklich optimistisch und guter Dinge, da eben auf dem Sektor Mobilfunkkommunikation ein nächster wichtiger Schritt in die Wege geleitet wird. Ich hoffe jedenfalls, dass die Diskussion darüber zunehmend versachlicht werden wird – und dass der österreichische Mobilfunkmarkt und die gesamte österreichische Telekommunikationsindustrie in Bälde gesunden, sind diese doch ein wichtiger Motor für die


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österreichische Gesamtwirtschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es ist jetzt 15 Uhr, und ich unterbreche die Verhandlungen zu diesem Tagesordnungspunkt.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 2756/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung 2756/AB des Bundesministers für Justiz.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits schriftlich verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Die Bestimmungen der Geschäftsordnung über Redezeiten für Kurzdebatten darf ich kurz in Erinnerung rufen: 10 Minuten für die Begründung; eine allfällige Stellungnahme des Ministers soll ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten. Jede Fraktion hat einen Debattenbeitrag im Ausmaß von 5 Minuten.

Ich ersuche Frau Abgeordnete Mag. Stoisits als Antragstellerin, die Debatte zu eröffnen. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.02

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der letzten Plenarsitzung des Nationalrates vor dem Sommer hat uns ein Thema beschäftigt – damals gab es Gelegenheit, mit Herrn Bundesminister Böhmdorfer darüber zu diskutieren, weil eben Justizvorlagen auf der Tagesordnung standen –, und zwar das Faktum, das durch Medienberichte an die Öffentlichkeit gelangt ist, dass sich in der Strafvollzugsanstalt Stein, die die größte Strafvollzugsanstalt Österreichs ist, eine auffällige Häufigkeit von Todesfällen in einem sehr kurzen Zeitraum ereignet hat. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Das war ein Aspekt an Informationen, die wir bekommen haben – ein trauriger Umstand, wenn es solche Todesfälle gibt. Wenn ein Mensch stirbt, so ist das an und für sich bedauerlich, wenn jedoch bestimmte Begleitumstände rund um Todesfälle Fragen aufwerfen, so ist das umso bedauerlicher.

Strafvollzugsanstalten sind ja bekanntlich nicht Häuser mit offenen Türen, sondern das Gegenteil ist der Fall – und das gilt auch in Bezug auf Informationen, die aus solchen Häusern kommen, und zwar sowohl hinein- als auch hinausgehende, auch Informationen über die Zustände in den jeweiligen Strafvollzugsanstalten und ebenso über den Strafvollzug in Österreich insgesamt.

Damals gab es – vor allem durch mehrere Reportagen in der Zeitschrift "Falter" – Berichte, die der Herr Bundesminister als "Anschuldigungen" qualifiziert hat, worüber es auch heftige Empörung gab; jedenfalls gab es also Reportagen, die Abgeordnete zum Nationalrat veranlasst haben, Anfragen zu stellen. Nicht nur die Grünen, sondern auch die Sozialdemokraten und andere taten das.

In der Folge gab es – das gilt jetzt für meine Person, aber auch für Frau Kollegin Wochesländer und Herrn Kollegen Miedl, ebenso für andere, wobei ich da wieder nicht dabei war – Besuche in der Strafvollzugsanstalt Stein; in einer Strafvollzugsanstalt also, über die es besondere Berichte über besondere – vermutete und berichtete – Missstände gab.

Sehr geehrte Damen und Herren! In meiner Eigenschaft als Abgeordnete war ich nicht zum ersten Mal in der Strafvollzugsanstalt Stein. Das ginge aber sonst auch gar nicht, denn das ist eine Strafvollzugsanstalt für Männer. Und bei einem dieser Besuche habe ich mich eben vor allem für das interessiert, was im Zuge dieser Todesfälle dort geschehen ist. Innerhalb eines


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sehr kurzen Zeitraumes sind ja fünf Häftlinge in der Strafvollzugsanstalt Stein gestorben: zwei davon befanden sich in Einzelhaft; einer ist als 31-Jähriger an einem Herzinfarkt verstorben, und einer ist an einem Darmverschluss gestorben, als er an ein – jetzt sage ich: so genanntes – Gurtenbett gefesselt war.

Ich brauche hier wohl nicht darauf einzugehen, was es bedeutet, wenn ein Mensch, der an Beinen und Armen an ein Bett gefesselt ist, der an einem Darmverschluss leidet, stirbt, wie qualvoll dieser Mensch gestorben sein muss – und dabei noch gefesselt war, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Wochesländer: Lassen Sie sich einmal von einem Psychologen erklären, was da wirklich los war! – Weiterer Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Miedl und ich haben dort – ich habe jedenfalls ganz besonders insistiert, das zu sehen, was in den Medien gestanden ist (Abg. Wochesländer: Sie wollten ... aufhetzen, indem Sie die Medien eingeschaltet haben!) und behauptet wurde, dass es das gibt – ein so genanntes Gurtenbett gesehen. (Abg. Wochesländer: Ohne Gurten! Ein völlig normales Bett aus dem Krankenhaus Krems!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich habe dieses Gurtenbett gesehen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Wochesländer ), und ich kann das, was ich dort gesehen habe, nicht anders als eben als Gurtenbett bezeichnen. Das ist ein Bett, an das jemand – Herr Kollege Miedl hat das auch gesehen – mit Ledergurten – unglaublich! – gefesselt wird, sodass man sich nicht mehr bewegen kann.

Ich bin ziemlich erstaunt darüber, dass seitens des Strafvollzugs, dass seitens des Justizressorts die Tatsache, dass es diese Einrichtung gibt, bestritten wird. Ich habe das selbst gesehen! (Abg. Wochesländer: Jetzt zeigen Sie deutlich, dass es Ihnen nur um politisches Kleingeld geht!)

Ein wesentlicher Aspekt in dieser Diskussion ist es – nennen wir es doch beim Namen! –, dass es auch im Strafvollzug um die Einhaltung von Menschenrechten geht; und wir wollen uns jetzt dabei auch mit den Ursachen für Missstände dieser Art beschäftigen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Fesseln von Menschen mit Gurten an ein Bett ist in Österreich nicht erlaubt! (Abg. Wochesländer: Was haben Sie dort gesehen ...? Sie müssen woanders als ich gewesen sein!) Aber es ist passiert! – und hatte das Unglück zur Folge, könnte man sagen, dass ein Mensch, der an dieses Gurtenbett gefesselt war, in diesem gestorben ist.

Ich kann nicht vermuten, wie oft jemand wann und wo mit solchen Gurten an ein Bett gefesselt wurde. Ich kann nur das, was die Justizwachebeamten mir und uns versichert haben, entweder glauben – oder es in Frage stellen beziehungsweise mit zusätzlichen Fragen zu ergründen versuchen, ob es tatsächlich so ist.

Auch Herr Bundesminister Böhmdorfer hat auf diese Berichte über Missstände in Österreichs Vollzugsanstalten und infolge dieser bedauerlichen Häufung von Todesfällen reagiert und eine Kommission eingesetzt, die sich mit den – ich sage es jetzt in meinen Worten, Herr Bundesminister, Sie können mich ja korrigieren – Zuständen – in Klammern: Mängeln – in Strafvoll-zugsanstalten Österreichs beschäftigen sollte. (Zwischenruf der Abg. Wochesländer. )

Herr Bundesminister! Der Grund, warum wir die Beantwortung dieser Anfrage, die ich an Sie gerichtet habe – diese war sehr umfangreich, ebenso umfangreich und sehr detailliert war Ihre Antwort –, heute zum Gegenstand einer Besprechung genommen haben, liegt nicht darin, dass uns die Antworten, die Sie uns gegeben haben, mangelhaft erschienen wären – auch, aber nur in Details, und vielfach in Details, wo es eben auch um Meinungseinschätzung geht.

Die Beantwortung dieser Anfrage – für die Arbeit eines/r Abgeordneten ist das sehr wichtig – erfolgte wirklich sehr sorgfältig, aber was mich, Herr Bundesminister, doch ein bisschen verwundert hat, war, dass ich in einer APA-Aussendung vom 18. Oktober lesen musste, dass


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es inzwischen einen Bericht dieser von Ihnen, Herr Bundesminister, eingesetzten Kommission gibt.

In diesem hundertseitigen Bericht – ich habe, wie gesagt, nur eine APA-Meldung darüber –, der in Ihrem Auftrag, Herr Bundesminister Böhmdorfer, erstellt wurde, haben Experten 25 Verbesserungsvorschläge für den heimischen Strafvollzug gemacht.

Nur diese eine Zeile aus dem Bericht hat mich dazu veranlasst, zu sagen: Ja, diskutieren wir mit dem Herrn Bundesminister anlässlich dieser bedauerlichen Todesfälle die Zustände, das, was ich dort wirklich gesehen habe und was mich erschüttert hat, und die Berichte, die mich erschüttert haben. Es gibt nämlich Zellen, in denen nichts drinnen ist als ein Loch. – Herr Miedl hat es auch gesehen. – Es wurde uns berichtet, dass Menschen dort nackt hineingesperrt werden, und zwar nicht etwa eine Stunde oder zwei Stunden lang, sondern über viele Stunden, wenn nicht Tage – und das völlig nackt! Auf die Frage, Herr Bundesminister, warum die nicht zumindest Unterwäsche bekommen, wurde die Antwort gegeben: Wir können ihnen keine Unterwäsche geben, weil sie damit etwas tun könnten, was zur Selbstgefährdung führt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn jemand suizidgefährdet ist, dann ist es in Österreich explizit verboten, ihn in Einzelhaft zu sperren. Es darf doch auch niemand, von dem vermutet wird, dass er suizidgefährdet ist, mit dem Argument nackt in eine Zelle gesperrt werden, dass er sich womöglich erhängt, indem er die Unterhose zerreißt und sie dann zu einem Seil oder was immer verknotet. (Zwischenruf der Abg. Wochesländer. )

Mich hat das, was ich dort gehört und gesehen habe – so wie beispielsweise diese Zelle, die ich nicht zum ersten Mal gesehen habe, so genannte Korrektionszellen nämlich –, wirklich zum Nachdenken angeregt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Aber das hat nicht nur mich zum Nachdenken angeregt. Ich weise darauf hin, dass auch das so genannte Anti-Folter-Komitee des Europarates, das regelmäßig Österreichs Strafvollzugsanstalten besucht und darüber Berichte verfasst, Anmerkungen gemacht und damit Kritik geübt hat.

Jetzt, Herr Bundesminister, die Erklärung, warum wir das heute diskutieren wollen: Ich höre beziehungsweise ich lese, dass es einen hundertseitigen Bericht mit 25 Verbesserungsvorschlägen gibt, die ziemlich konkret sind. Sogar in diesem einseitigen APA-Bericht darüber steht drinnen, dass die Kommission bemängelt hat, dass Ärzte fehlen, Psychologen fehlen, auch Sozialarbeiter fehlen, dass von 400 Planstellen für diesen medizinischen Bereich, wie ich ihn nenne, nur 320 besetzt sind. Es gibt Vorschläge dieser Kommission, die Suizidprävention zu forcieren.

Ich komme nun zu einem weiteren und wirklich wesentlichen Aspekt ...

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete, die Redezeit ist schon aus! Bitte um den Schlusssatz. (Abg. Wochesländer: Es reicht schon lang, schon bevor sie zu sprechen begonnen hat!)

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Es hat weder geblinkt noch sonst etwas. – Erlauben Sie mir, dass ich diesen Gedanken noch zu Ende ...

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bitte nicht! Wir haben eine in der Geschäftsordnung festgelegte Zeit von 10 Minuten. Es gibt keine Verpflichtung, dass die Uhr eingeschaltet wird. Ich habe es übernommen, so wie es war. Ich kann daher nicht sagen, ob mein Vorgänger, Präsident Dr. Fischer, die Uhr eingeschaltet hat oder ein technischer Defekt vorliegt – das kann immer sein, daher gibt es auch die Uhr unmittelbar vis-à-vis vom Redner, das heißt, er hat jederzeit die Möglichkeit, sich zu orientieren.

Ich bitte Sie eben, jetzt den Schlusssatz zu sprechen.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Ich darf daher folgenden Schlusssatz sprechen, Herr Präsident (Abg. Wochesländer: Nicht zu viel!):


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Darum geht es auch um den Aspekt, dass ein Gefängnis zwei Seiten hat: Dort gibt es zwei Kategorien von Menschen, die eingesperrt sind, nämlich die Häftlinge und die Justizwachebeamten. Und über das Los und Schicksal von Österreichs Justizwachebeamten, Herr Bundesminister, hätte ich gerne von Ihnen gehört: Was sind die Vorschläge dieses Berichts der Expertenkommission? Warum wird er nicht veröffentlicht? Warum wird er dem Nationalrat nicht zugeleitet? Warum halten Sie diesen Bericht unter Verschluss, Herr Bundesminister? (Rufe bei den Freiheitlichen: Nur einen Satz! Schluss jetzt!) Er scheint mir nach der einen vorliegenden DIN A4-Seite des APA-Berichts sehr wesentlich dafür, die Zustände in Österreichs Strafvollzugsanstalten zu verbessern. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

15.14

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe Ihnen, sehr verehrte Frau Abgeordnete, sehr genau zugehört, und ich wäre für jede konkrete Frage und für jeden konkreten Hinweis sehr dankbar gewesen.

Es hat sich aber ein Stimmungsbild ergeben, das Sie hier gezeichnet haben, dem ich nicht ohne weiteres beipflichten kann. Ich muss dem sehr energisch entgegentreten, weil damit der völlig unrichtige Eindruck erweckt wird, dass in unseren Justizanstalten die Menschen, die der Obsorge der Justizwache übergeben werden, nicht korrekt behandelt werden. Das wäre ein völlig falscher Eindruck, und ich erinnere Sie daran, sehr geehrte Frau Abgeordnete, dass Sie selbst damals in der Justizanstalt Stein waren und sich vor Ort gemeinsam mit Herrn Abgeordnetem Miedl und vor allem auch Frau Abgeordneter Wochesländer ein Bild gemacht haben. Sie haben dort folgenden Kommentar abgegeben – und wenn es nicht stimmen sollte, dann bestreiten Sie das bitte –: Sie haben erkannt, dass es sich um eine Verkettung unglückseliger Umstände handelt. (Abg. Mag. Stoisits: Das haben Sie gesagt!) Sie haben dort überhaupt keine Beanstandung ausgesprochen. Sie haben sich auch nicht an mich gewandt – weder schriftlich noch mündlich –, Sie haben sich auch nicht an die Anstaltsleitung gewandt, sondern Sie haben dort eine Erklärung abgegeben, die auch richtig war: Sie selbst konnten dort keine Missstände feststellen. (Abg. Mag. Stoisits: Das ist die absolute Unwahrheit!)

Das ist überhaupt nicht die Unwahrheit, sondern das wurde mir von mehreren Seiten berichtet, auch von Abgeordneten dieses Hauses, auch vom Anstaltsleiter. Und Sie hätten sich ja sicherlich auch an mich gewandt, Frau Abgeordnete, wenn Sie irgendetwas festgestellt hätten! Warum haben Sie das nicht getan? – Ich hätte es sofort abstellen können! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich nehme aber die Gelegenheit gerne wahr, dass über Ihre Initiative von der Justizwache und von allen Mitarbeitern ein korrektes Bild gezeichnet wird, denn das sind immerhin 3 000 Mitarbeiter und mehr – ohne das Betreuungspersonal –, das sind die Justizwachebeamten, die wirklich Tag und Nacht im Dienste der Sicherheit der Bevölkerung und im Dienste der Resozialisierung der Insassen der Haftanstalten, der Justizanstalten wirklich bestmögliche und zum Teil auch aufopfernde Arbeit leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben im Schnitt 7 000 Häftlinge zu betreuen, 5 000 im so genannten Normalvollzug, 1 500 Untersuchungshäftlinge und 500 Häftlinge, die psychisch mehr oder weniger, zum Teil gänzlich beeinträchtigt sind. Das wurde heute schon von Herrn Abgeordnetem Pendl zur Sprache gebracht, mit dem ich immer sehr korrekt zusammenarbeite und der solche Worte über den Strafvollzug sicherlich nicht geäußert hätte, weil er nämlich die Verhältnisse selbst kennt.

Wir haben Häftlinge aus 89 Nationen, wir haben Häftlinge aus allen Bereichen der Welt, wir haben eine Mutter-Kind-Abteilung, wir bemühen uns um die Drogensüchtigen, wir bemühen uns um die Alkoholkranken, wir bemühen uns um alle – aber es gibt natürlich auch den einen oder anderen Häftling, der sehr schwer krank ist, sehr aggressiv ist, selbstgefährdend ist, fremdgefährdend ist und natürlich einer besonderen Bewachung und Betreuung bedarf.


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Eines gibt es aber nicht: Gurtenbetten. Es gibt keine Gurtenbetten in den österreichischen Justizanstalten! Es gibt wie in den psychiatrischen Krankenanstalten Betten, in denen man, damit die Häftlinge oder die Kranken sich selbst und andere nicht gefährden können, manchmal die Patienten fixieren muss. Darum kommt auch kein Spital herum. Wenn Sie andere Informationen haben, Frau Abgeordnete – ich weiß nicht, ob sie im Saal ist –, dann sagen Sie das bitte. Es gibt manchmal keine andere Möglichkeit als die, dass man Patienten an die Betten fixiert. Das Bett, das Sie hier möglicherweise – aber das muss so sein – als Gurtenbett bezeichnet haben, wurde von der Justizanstalt Stein aus der Krankenanstalt Krems erworben. Es handelt sich also um einen Bettentypus, der überall, wo es notwendig ist, Anwendung findet.

Zum Vorfall selbst, den Sie angesprochen haben: Ich werde mich jetzt nicht durch Ihre Emotionalisierung der Situation hinreißen lassen und den Datenschutz verletzen, aber eines kann ich Ihnen sagen, weil es zum Teil auch in der Zeitung gestanden ist und zur Aufklärung notwendig ist: Der eine Häftling, den Sie angesprochen haben, ist bedauerlicherweise an einem Darmverschluss gestorben. Weil er psychisch beeinträchtigt war und sich ständig in ärztlicher Behandlung und Betreuung befand, stand er natürlich auch unter Medikamenteneinfluss, das heißt, er hatte eine herabgesetzte Schmerzempfindung, damit er sich selbst und andere nicht gefährdet. Er konnte möglicherweise deshalb seine Schmerzen nicht genau lokalisieren. Die Angelegenheit befindet sich in Untersuchung, ein ärztliches Gutachten wird erwartet, es liegt aber noch nicht vor.

Im Übrigen bedanke ich mich bei Ihnen, sehr geehrte Frau Abgeordnete, dass Sie gesagt haben, meine Antwort beinhaltet keine Mangelhaftigkeit. Sie haben also volle Aufklärung erhalten. Ich bin darüber hinausgegangen – ich werde dieser Frage nicht ausweichen – und habe mich auch bemüht, selbst grundsätzlich die Situation in den Justizanstalten zu erheben. Darüber gibt es eine Arbeitsunterlage. Ich gestehe Ihnen gerne zu, dass Sie Interesse und auch ein gewisses Recht haben, das zu erfahren, was daraus für Sie grundsätzlich wichtig ist. Aber gestatten Sie mir, dass ich diese Arbeitsunterlage durchsehe, ob Datenschutzgeheimnisse enthalten sind, ob andere Fakten enthalten sind, die ich Ihnen nicht bekannt geben darf. Aber ich sage Ihnen und allen, die interessiert sind, zu: Sie werden die wesentlichen und für Sie notwendigen Informationen erhalten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

15.21

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich war bei dem Besuch in Stein nicht dabei und kann daher auch nicht beurteilen, wer was dort gesagt hat. (Abg. Gaugg: Der war wahrscheinlich nicht dabei, weil er überall befangen ist!) Aber ich kann eines sagen: Wie immer man das jetzt auch zu relativieren versucht, wenn jemand stundenlang an ein Bett – und ob das jetzt ein Bett mit Gurten oder ein Gurtenbett oder Gurten mit einem Bett sind, mag dahingestellt sein – fixiert war und derjenige dann dort mit einem derartigen Verletzungs- oder Krankheitsverlauf stirbt, dann ist das ein höchst tragischer Umstand. Das, denke ich, darf nicht so sein. (Abg. Wochesländer: Deswegen wird es ja auch untersucht, bitte!)

Ich würde vorschlagen, dass Sie das vielleicht hier am Rednerpult sagen, damit alle von diesen klugen Worten mehr haben, Frau Kollegin, das wäre vielleicht besser.

Ich kann nur sagen: Es darf nicht sein, dass jemand stundenlang an einem Bett angegurtet ist und dann dort stirbt. Der Arzt, ein Sachverständiger, hat bei der Gelegenheit festgestellt, dass man dieses Bett zur Beruhigung verwenden kann, aber dass jedenfalls danach, also nach Verabreichung von Medikamenten, der Betroffene nicht mehr angegurtet bleiben kann. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Wochesländer. ) Ich verstehe daher nicht, warum niemand hier erklärt, dass das ein Fehler gewesen ist. Ich denke, es geht eigentlich im Grunde genommen darum, dass man die Fehler, die sonst noch auftreten und bestehen, klären muss.


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Herr Bundesminister! Ich würde Sie auch ersuchen, Abstand zu nehmen von dem, was Sie mehrfach in der Vergangenheit getan haben, nämlich es so darzustellen, als würde man gegen die Strafvollzugsbeamten vorgehen. Mir kommt es teilweise so vor, als ob man die Vollzugsbeamten und die Häftlinge in eine Arena lassen würde und sie dort unter Verhältnissen arbeiten müssten, wo es ganz einfach nicht anders geht. Danach nimmt man einmal für den einen und dann wieder für den anderen Stellung. – Nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Wir haben volles Verständnis dafür, dass man unter gewissen Arbeitsbedingungen ganz einfach kollabieren muss. Aber diese Arbeitsbedingungen an sich sind das, was wir Ihnen vorwerfen.

Wenn Sie sagen, Sie haben ein Arbeitspapier ausarbeiten lassen, in dem ich weiß nicht wie viele Verbesserungen enthalten sind, dann lade ich Sie ein, uns auch eine Kopie davon zu geben – ich meine, es ist nicht sinnvoll, in dieser Sache ängstlich vorzugehen, das für sich zu behalten – und dieses Papier dann gemeinsam mit uns hier zu diskutieren. Wir sind sicher die Letzten, die nicht daran interessiert wären, eine Verbesserung der Situation herbeizuführen.

Man kann das aber sicherlich auch nicht zur Gänze dem Vollzug allein überantworten, und es ist notwendig, die Supervision zu verbessern. Und ich darf sagen: Es gibt hier auch Erfahrungswerte. In den Anstalten, in denen die Anstaltsleitung psychologisch ausgebildet ist, sind Straftaten und Gewalt wesentlich geringer. Daher ist es eine wesentliche Frage, inwieweit das Personal psychologisch geschult ist oder nicht. Herr Bundesminister! Das ist eine Herausforderung an Sie, und dieser müssen Sie gerecht werden. Das kann niemand anderer machen. (Zwischenruf der Abg. Wochesländer. )

Frau Kollegin! Ich weiß nicht, ob Sie das können oder ich. Ich kann nicht in die Anstalt gehen und dort Psychologen einstellen. Ich weiß nicht, wie Sie sich die Welt vorstellen. Es kommt mir ein bisschen merkwürdig vor. (Abg. Wochesländer: Anders als Sie!) Gott sei Dank bestehen da Unterschiede. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich habe mir gedacht, dass die Abenteuerlichkeiten des heutigen Tages eigentlich vorbei sind, aber offensichtlich – (in Richtung Freiheitliche) ich weiß nicht, ob Sie dann noch reden – steigert sich das wirklich noch zu einem erheblichen Teil. – Herr Präsident! Ich weiß nicht, ob meine Redezeit vorbei ist. Wenn Sie mir bitte ein Signal geben würden, damit ich dann meine letzten Sätze noch vollenden kann. (Rufe bei den Freiheitlichen: Sehen Sie die Uhr nicht? Schauen Sie auf die Uhr!)  – Das ist lieb, danke schön. Sie sind heute wirklich sehr originell, das ist wirklich toll.

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Es sind zurzeit 3 Minuten.

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Ich meine, im Grunde genommen muss man sagen, die Situation, so wie sie sich momentan darstellt, ist nicht akzeptabel. Wir brauchen eine Verbesserung, wir brauchen mehr ärztliche Betreuung. Wenn man sich beispielsweise ansieht, welche Betreuung es gibt, muss man feststellen: Es gibt für 7 000 Personen 75 Ärzte. Diese Ärzte sind teilweise zwei Stunden pro Woche beschäftigt. Das heißt, auch hier herrscht ein eklatanter Mangel. Ich denke, das kann man nicht wirklich vertreten – aber das schwingt manches Mal so mit, und zwar vor allem bei jenen, die hier so besonders eifrig zwischenrufen –, dass es Bestandteil der Strafe ist, dass die Leute in den Anstalten eine schlechte medizinische Betreuung bekommen.

Meine Damen und Herren! Ich habe schon irgendwie das Gefühl, Sie meinten, wer in den Haftanstalten sitzt, der hat es nicht verdient, medizinisch besser behandelt zu werden. Ich kann Ihnen nur sagen: Auch wenn Sie so denken, sollten Sie die Konsequenzen davon nicht außer Acht lassen, dass nämlich die Spannungen, die dann dort entstehen, jedenfalls die zu tragen haben, die außerdem noch dort sind, und das ist der Vollzug.

Weiters kann ich Ihnen sagen: Im Jugendgerichtshof war es bis jetzt üblich, dass die Häftlinge eine gute Ausbildung bekommen haben und auch viel Freizeit gehabt haben, in der sie Freizeitsportarten ausüben konnten. Das hat man im Rahmen Ihrer Sparnovelle zurückgefahren, es hat jeder einen Fernseher in die Zelle bekommen, und die Freizeit ist gestrichen worden. Ich frage


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Sie: Meinen Sie wirklich, dass das Rahmenbedingungen sind, unter denen eine Verbesserung stattfinden kann? – Oder: Es gibt dort auch Flickschuster, Ausbildungen für Berufe, die überhaupt keine Zukunft haben. Das könnte man sich genauso gut sparen.

Jetzt komme ich zum Schluss: Es gibt eine Reihe von Verbesserungsmaßnahmen.

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter, die Redezeit ist zu Ende!

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Hoffentlich befinden sich diese in Ihrem Papier. Wenn sie darin enthalten sind, dann werden sie sicherlich unsere Unterstützung finden, damit hier wirklich gemeinsam eine Verbesserung herbeigeführt werden kann. Ich meine, dass man zu den Problemen stehen soll. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.27

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte.

15.27

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Stoisits und Herr Kollege Jarolim! Ein hochsensibler Bereich, über den wir hier sprechen. Und nur damit das gleich von Beginn an für alle klar ist: Wir sind für vollkommene Transparenz und für glasklares Vorgehen in diesem Bereich. (Abg. Dr. Kräuter: Und sonst nicht!) Und trotzdem, Herr Kollege Jarolim und Frau Kollegin Stoisits, werden Sie in dieser Welt nie leben, die Vorgänge in einer Justiz- und Strafanstalt wahrscheinlich nicht verstehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Kollege Pendl würde uns vielleicht einiges – es tut mir Leid, dass er heute nicht zu Wort gelangt – erklären können. Herr Kollege Jarolim! Wenn Sie sich einmal die Mühe gemacht hätten, genauer hinzuschauen, dann wüssten Sie, dass von den 650 Häftlingen in Stein rund 500 wöchentlich zu Ärzten gehen, rund 500 von 650 gehen wöchentlich zu Ärzten. Wenn Sie genauer hingeschaut hätten, dann wüssten Sie, dass vom Budget, das die Strafanstalt Stein zur Verfügung hat, nämlich 75 Millionen Schilling, 25 Millionen Schilling für die ärztliche Versorgung aufgewendet werden. Daran kann es nicht liegen, Herr Kollege Jarolim! Sie haben nicht hingeschaut, Sie haben in Wirklichkeit mit Ihrer Wortmeldung nur billiges politisches Kapital schlagen wollen, und das goutiere ich nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Jarolim und Frau Kollegin Stoisits! Es ist leider so, dass, wenn sich ein Häftling in einer Strafanstalt das Leben nehmen will, das leider nicht verhinderbar ist. Wir wissen das alle, und wir können die beste Betreuung der Welt einsetzen, es ist nicht verhinderbar. Ich sage, es ist auch eine Gnade, weil es das letzte Recht ist, das ein Häftling sozusagen hat, sich selbst das Leben zu nehmen, wenngleich ich es nie befürworten will, das solches passiert. (Rufe bei der SPÖ: Abenteuerlich! Zynismus! Geschmacklosigkeit!)

Herr Kollege, hören Sie mir zu! Mir ist dieses Thema viel zu ernst und viel zu wichtig, als dass hier in dieser Art und Weise darüber gesprochen wird und nur versucht wird, einem Minister, weil es einem halt gerade passt, die politische Schuld zuzuteilen an Zuständen, die auf der ganzen Welt leider nicht änderbar sind. (Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Wir wissen, dass von den 650 Häftlingen zirka 70 suchtgiftabhängig sind. Wir wissen, dass es eine hohe Rate an Alkoholikern gibt, und wir wissen, dass ein sehr hoher Anteil zu lebenslanger Haft verurteilt ist. Das ist für sehr viele eine aussichtslose Situation. Und wir wissen gleichzeitig, dass Ärzte und Fachpersonal sich rund um die Uhr um diese Menschen bemühen, und denen gebührt unsere Unterstützung, und denen gebührt unsere Hochachtung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Trotzdem auch drei Bitten an den Herrn Bundesminister, weil ich denke, dass es durchaus auch an der Zeit ist, Dinge, die sich eingefahren haben, immer wieder auch neu zu überdenken und neu zu diskutieren. (Abg. Parnigoni: Unerhört!)  – Herr Kollege! Was ist unerhört? (Abg. Parnigoni: Was Sie zuerst gesagt haben! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben keine Ahnung und reden von "unerhört"! Ich würde Sie gerne einladen, mit


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mir wieder einmal dorthin zu fahren. Sie habe ich nämlich dort noch nie gesehen, und Sie spucken hier die großen Töne! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich würde der SPÖ empfehlen, sich um einen anderen Sicherheitssprecher umzuschauen, denn Sie haben wirklich keine Ahnung, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Herr Minister! Die Situation des ärztlichen Personals ist durchaus eine überlegenswerte. Ich bitte Sie nachdrücklich, sich die Dienstposten der Psychiater genau anzuschauen. Dr. Schleifer – ich habe Sie persönlich darauf angesprochen – hat noch immer keine fixe Betrauung mit einer Planstelle. Ich bitte Sie mit allem Nachdruck, sehr großes Augenmerk darauf zu legen, dass die Zahl der Justizwachebeamten nicht weiter gekürzt wird. Die Planstellenstände sollten wir einhalten.

Ich bitte Sie, Herr Minister, auch nachdrücklich, dass wir uns ein bisschen was zur Situation der Ärzte in Strafanstalten überlegen. Sie sind über weite Bereiche nicht kontrolliert. Ich spreche niemandem ein Misstrauen aus, trotzdem sollte es auch für Haft- und Anstaltsärzte eine Form der Kontrolle geben, weil ich glaube, dass die sehr hohe Anzahl von Medikamenten, die in Haftanstalten ausgegeben werden, zumindest hinterfragenswert ist. Ich bin bei Gott kein Fachmann, aber die Ärzte sollten sich doch einer bestimmten Kontrolle unterziehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Redezeit ist zu Ende, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Werner Miedl (fortsetzend): Herr Präsident! Ich bin am Ende meiner Ausführungen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Jarolim hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.32

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, hat Herr Kollege Miedl im Zusammenhang mit dem tragischen Vorfall davon gesprochen, dass es das letzte Recht eines Insassen ist, sich umzubringen.

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich bitte, keine inhaltlichen Ausführungen zu bringen, Herr Abgeordneter Jarolim. Es gibt ganz strenge Bestimmungen in der Geschäftsordnung zur kurzen Debatte. Ich bitte, das jetzt nicht über eine Geschäftsordnungsdebatte in ein anderes Fahrwasser zu bringen.

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Ich ersuche, das Protokoll über diesen Debattenbeitrag beizuschaffen, und fordere Sie auf, sich das anzuschauen (Abg. Böhacker: Na, wo sind wir denn!) und auf diese Aussage entsprechend zu reagieren. (Beifall bei der SPÖ.)

15.33

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich werde das auf Ihren Wunsch hin sehr gerne tun.

Ich erteile nun dem nächsten Redner, Herrn Abgeordnetem Dr. Ofner, das Wort. – Bitte. (Abg. Dr. Pumberger: Jarolim ist der neue Klubobmann! – Abg. Dr. Moser: Zur Geschäftsordnung kann sich jeder melden! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

15.33

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht Häftling sein – nicht in Österreich und auch nicht sonst irgendwo auf der Welt –, ich möchte auch nicht Justizwachebeamter sein, das sage ich gleich dazu. Das ist ein ehrenwerter Beruf, aber sein Leben lang mehr oder weniger hinter Gefängnismauern verbringen zu müssen, weil man verurteilt ist oder weil man diesen Beruf hat, es ist beides nicht wirklich erfreulich.


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Bevor ich mich mit diesen grundsätzlichen Problemen näher auseinander setze, darf ich mich mit dem Fall, den Frau Abgeordnete Stoisits zum Aufhänger für ihre Ausführungen gemacht hat, näher befassen. Ich möchte dabei bleiben, dass wir den Namen K. nicht aussprechen. Jeder weiß, wer das ist, der Ernst K., dessen Leben auf diese hässliche, auf diese wirklich tragische – kann man ruhig sagen – Art und Weise geendet hat. Ich habe ihn zu Lebzeiten persönlich gekannt. Er war Polizist und hat sich als Polizist an einem Einbruchsdiebstahl in Meidling beteiligt. Es ist die Polizei, es sind seine Kollegen hingekommen, und er hat zwei erschossen. Das war einmal die Basistat.

Dann war er als zu lebenslang Verurteilter in Stein und hat dort in der Zelle mit einem Mithäftling, mit einem anderen "Lebenslangen" – ich habe gewusst, wer das war, ich habe es, ehrlich gesagt, vergessen – Schach gespielt. Und während des Schachspiels hat er den anderen am Zellengitter erwürgt. Er hat seinen Mithäftling aus purer Mordlust oder was auch immer, ohne jeden Anlass, mit dem Hals ans Zellengitter gepresst, bis auch der tot war.

Man hat dann zu Lebzeiten – das muss schon während der letzten 15 Jahre gewesen sein – diesem Häftling, zu dem sich niemand mehr hineingetraut hat, einen Käfig in der Zelle gebaut, sodass er in einer Doppelzelle existieren hat müssen und können, denn jeder Justizwachebeamte hat sich gefragt: Jetzt hat er zwei Kollegen erschossen, dann hat er einen Mithäftling beim Schachspielen erwürgt, was wird er mit mir machen, wenn ich das nächste Mal da hineingehe? (Abg. Wochesländer: Und zwei Geiselnahmen!) Er hat nämlich auch noch geturnt und hat immer geschaut, dass er die entsprechende Kraft besitzt. – So viel zu diesem Problemkreis.

Wenn man sich näher damit befasst, dann erkennt man, dass jeder Häf’n die Hölle ist. Da kann in der "Kronen Zeitung" manchmal etwas anderes stehen, da kann drinnen stehen, dass die Häftlinge alle gehätschelt werden und ich weiß nicht was alles bekommen, in Wirklichkeit ist es fürchterlich, eingesperrt zu sein.

Die Diskussion über die Wirksamkeit des Vollzuges der Freiheitsstrafe verstummt niemals, und jeder, der sich mit den Dingen auseinander setzt, weiß, dass wir schwergewichtsmäßig nur deshalb noch bei der Freiheitsstrafe sind, weil uns nichts Besseres eingefallen ist. Aber die Freiheitsstrafe, von der wir nicht annehmen, dass sie flächendeckend bessernd wirkt, hat auch einen Sicherheitscharakter, denn es gibt natürlich schon die Überlegung – und die ist nicht von der Hand zu weisen –: Solange jemand wie etwa dieser bedauernswerte Mensch – denn er war zweifellos krank – hinter Schloss und Riegel sitzt, sind andere vor ihm sicher. Es ist auch ein Problem des sozialen Friedens, dass jemand, dem durch einen anderen Unrecht geschehen ist, einen Anspruch darauf hat, zu erleben, dass der Staat in irgendeiner Form reagiert.

Ich darf jetzt nur noch vorlesen, was die Volksanwaltschaft in einem langen Konvolut über dieses Problem schreibt: "K." – das ist der Betreffende – "verbüßte eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen drei Morden – davon einer in der Justizanstalt Stein begangen – und wegen zwei Geiselnahmen an Beamten in der Anstalt und an einem Mithäftling." – Das habe ich gar nicht gewusst, ehrlich gesagt. Das kommt auch noch dazu.

Und weiters: "Er war offenbar schon vor seiner ersten Verhaftung psychisch krank. Der Häftling litt seit vielen Jahren an einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis, und es konnten über viele Jahre hindurch anhaltende wahnhafte Störungen beobachtet werden. Er war allgemein fremdgefährlich und musste schon seit jetzt Jahrzehnten mit schwersten Neuroleptika behandelt werden. K. wurde im Hochsicherheitstrakt angehalten.

Die Fixierung an ein Spitalsbett am Vortag seines Todes, am 15. Juni 2001 in den frühen Morgenstunden, war in seinem Fall medizinisch indiziert. Es bestand massive Selbst- und Fremdverletzungsgefahr. Er wurde aus seinem stark verunreinigten Haftraum (Kot) geholt, gebadet, neu eingekleidet und musste sodann auf dem Spitalsbett fixiert werden, um weitere Verletzungen – aus seinem Unruhezustand heraus – ..."


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Ich habe Verständnis dafür. Die toben, weil sie es nicht aushalten, Jahrzehnte und Jahrzehnte ohne jede Aussicht drinnen zu sein – aber sagen Sie mir eine Abhilfe! Es zerbrechen sich viele Leute darüber den Kopf. Da sitzt Sektionschef Neider (der Redner weist in Richtung der Ressortbeamten), der sein Leben damit verbracht hat und noch immer verbringt, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie man den Strafvollzug menschlicher gestalten könnte. – Michl, es ist nicht einfach, da zu Ergebnissen zu kommen, habe ich Recht? – Er nickt.

"Er war so locker fixiert, dass er den Rumpf bewegen konnte. Zur Minderung der Nebenwirkungen der Neuroleptika erhielt K. Akineton-Spritzen. Als er bereits ruhig schlief, wurde die Haftraumtür geschlossen."

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter, bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (fortsetzend): "Kontrollen" – das ist mein Schlusssatz – "erfolgten durch das Guckloch in derselben. Am nächsten Morgen wurde er tot aufgefunden, wobei als Todesursache Darmverschluss festgestellt wurde."

Viel mehr kann ich nicht sagen, weil ich keine Zeit mehr habe. Ich glaube, viel mehr muss man auch nicht sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

15.39

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Unsere Anfragebesprechung hat ein ganz, ganz wesentliches Ziel, und zwar das Ziel, das Thema Strafvollzug in Österreich seriös mit Daten und Fakten zu diskutieren. Ihr Beitrag dazu, Herr Minister, war eine sehr umfangreiche Beantwortung, und ich danke noch einmal dafür, wie dies auch Frau Kollegin Stoisits schon getan hat. Ich glaube, Ihre Antwort und deshalb auch unsere Anfrage waren die Basis dafür, dass man dieses Thema überhaupt wieder wahrnimmt, dass man sich mit diesem großen humanitären, gesellschaftspolitischen und auch sicherheitspolitischen Thema wieder detailliert befasst.

Der Bericht Ihrer Kommission ist ja auch eine Antwort auf unsere Anfrage, und dieser Bericht der Kommission ist auch der Anstoß dafür, jetzt konkrete Reformmaßnahmen in Angriff zu nehmen. Ich glaube, die Fakten sprechen auch sehr deutlich dafür, denn es gibt derzeit in Österreich ungefähr 6 676 Häftlinge. Die Zahl ist gegenüber dem Vorjahr und dem Jahr davor relativ konstant geblieben; was aber nicht konstant ist – und das ist unser Problem –, ist die Zahl der Todesfälle. Hier haben wir eine Zunahme. Im Jahre 1999 waren es 29, im Jahre 2000 waren es 35, im ersten Halbjahr 2001 sind es bereits 18. (Abg. Wochesländer: Sie unterscheiden nicht zwischen natürlichen Todesfällen und Selbstmorden!) Was leider auch nicht konstant ist, ist die Selbstmordzahl. Hier haben wir im ersten Halbjahr bereits acht, im letzten Jahr waren es 15 insgesamt.

Ein großes Problem für uns ist auch die Zahl der JustizwachebeamtInnen, die ja verschärften oder, sagen wir, sehr belastenden Arbeitsbedingungen ausgesetzt sind. Die Zahl nimmt ab: Im Jahre 1999 waren es noch 3 086, im Jahre 2001 sind es 2 967. Hier schlägt sich anscheinend auch das Sparbudget nieder, und dieses Sparbudget mündet dann in inhumanen, teilweise gesellschaftspolitisch sehr fragwürdigen und auch sicherheitspolitisch gefährlichen Situationen, die zum Teil auch letalen Ausgang haben.

Das kreiden wir an, hier möchten wir Reformen sehen, und dazu ist dieser Bericht, den Sie veranlasst haben, sicherlich ein erster Schritt.

Die Zahl der ÄrztInnen ist schon von meinem Kollegen und Vorredner Jarolim genannt worden. Die Zahl der PsychiaterInnen ist auch zurückgegangen, und zwar von 23 auf 19 zwischen dem Jahre 1999 und dem Jahre 2000. Das gilt ebenso für die Zahl der PsychologInnen. Der Pflege


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dienst wurde ebenfalls etwas reduziert, und auch die Zahl der SozialarbeiterInnen ist zurückgegangen.

Dieses große Problem des Strafvollzugs, das viele Einzelaspekte und Einzelfälle umfasst, die für sich extrem tragisch sind – diese Aspekte haben ja meine Vorredner anhand von Beispielen aufgezählt –, müssen wir als Auftrag auffassen, dem wieder verstärktes Augenmerk zuzuwenden und auch verstärkt Mittel hiefür einzusetzen, seien sie jetzt organisatorischer oder auch finanzieller Natur, damit diese Mankos wirklich in kurzer Zeit einigermaßen planiert werden und hier wieder Umstände eintreten, die Haftstrafen doch einigermaßen erträglich machen.

Ich möchte nur meinem Vorredner, dem Kollegen von der ÖVP, noch eines mitgeben: Irgendwie hat mich Ihre Wortmeldung sehr stark daran erinnert, dass an sich manche Mitglieder der ÖVP – jetzt sage ich es vorsichtig – nicht mehr auf dem Boden der christlichen Soziallehre zu stehen scheinen. Das ist meines Erachtens auch eine tragische Entwicklung. (Abg. Wochesländer: Besser so eine Aussage als eine Falschaussage! Was Ihre Kollegin Stoisits gesagt hat, entspricht zum Teil überhaupt nicht den Tatsachen!)

Bitte, Frau Kollegin, Sie können ja gerne im Protokoll nachlesen. Soweit es mir zu Ohren gekommen ist, habe ich sehr stark vermerkt, dass hier Selbstmorde geradezu als Faktum hingenommen werden, was an sich nicht im Sinne der katholischen Soziallehre ist, die ja von der ÖVP immer wieder zitiert wird.

Nun als Abschluss noch zum Stimmungsbild, das Sie angesprochen haben, und zum korrekten Bild, Herr Minister, das Sie zitieren wollten: Wesentlich ist, dass es sich, wenn es sich um leere Zellen handelt, in denen Personen nackt inhaftiert sind, eindeutig um den Tatbestand einer Folter handelt. Und das, bitte, gehört auf jeden Fall unterbunden und abgeschafft – jenseits aller nackten Zahlen und Fakten, die auch für eine Reform sprechen, auch für eine Reform in Ihrem Sinn. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.43

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Rednerliste für die kurze Debatte ist hiermit erschöpft. Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich nehme nun die Verhandlungen über den 7. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Ich erteile es ihm.

15.44

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Ich hoffe, die Frau Bundesministerin gibt uns noch einmal die Ehre. Hohes Haus! Kollege Firlinger hat ja zu dieser Novelle schon Stellung genommen und die bürokratischen Vorgänge sehr genau erklärt.

Faktum ist, dass diese Veränderung des Gesetzesvorschlages für die Wirtschaft und für den Handel einen gewaltigen Fortschritt und eine Erleichterung darstellt. Ich verhehle nicht, dass die Sozialdemokraten im Telekommunikationsbereich immer dafür eingetreten sind, dass wir auf den jüngsten Stand der Technik kommen.

Faktum ist aber auch, meine Damen und Herren, dass wir das Gefühl haben, dass die Regierung sich etwas zu wenig um den Telekommunikationsmarkt kümmert und dass wir Gefahr laufen, Entwicklungen in diesem hoch technisierten und wirtschaftlich sensiblen Bereich zu verschlafen.

So ist es ja auch bei dieser Novelle, Frau Ministerin. Immerhin wäre vorgeschrieben gewesen, dass diese Novelle, wenn ich es richtig gelesen habe, mit April schon hier zu beschließen gewesen wäre. Das heißt, Sie haben die Wirtschaft und natürlich auch die Konsumenten um erhebliche Vorteile gebracht. Und da Herr Kollege Firlinger heute schon gemeint hat, dass es


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Fehleinschätzungen bei der Telekom gegeben hat (Abg. Mag. Firlinger: Fehleinschätzungen der Sozialdemokraten!), darf ich ihn daran erinnern, dass es ein Faktum ist, dass, genauso wie diese Novelle weit verspätet hier ins Haus kommt, auch Minister Schmid es in Wirklichkeit verabsäumt hat, zeitgerecht die Vergabe der UMTS-Lizenzen auszuschreiben, weshalb für den Staat nicht die entsprechenden Erträge lukriert werden konnten. (Abg. Mag. Firlinger: Nein, das war ganz anders!) Das ist Ihr Verschulden und das Ihres Ministers Schmid! (Abg. Mag. Firlinger: Nein!) Gott sei Dank gibt es ihn nicht mehr. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich kann nur die Bitte aussprechen, dass sich die Regierung verstärkt um den Telekommunikationsbereich kümmert. Ich mahne daher dringlichst eine Novelle zum Telekommunikationsgesetz ein, um endlich die Ungerechtigkeit des asymmetrischen Zugangs zu beseitigen. Sie ist in der heutigen Zeit nicht mehr zeitgemäß, da sich der Markt ganz einfach anders entwickelt hat. Daher ist diese Novelle notwendig, damit wiederum eine entsprechende Wettbewerbsgleichheit am Markt herrscht.

Bei dieser Gelegenheit, Frau Minister, ist natürlich auch die Postuniversaldienstverordnung anzusprechen, die Sie anscheinend seit Mai in der Schublade versperrt halten, obwohl sie dringlichst und notwendig ist, damit der Markt entsprechend weiterentwickelt werden kann.

Sie wissen ja, der Telekommunikationssektor ist eine der dynamischsten Branchen in unserer Volkswirtschaft. Hier geht es um riesige Produktionswerte, um eine erkleckliche Zahl von Beschäftigten, und die Prosperität des Sektors ist für uns und für unsere Wirtschaftsentwicklung von großer Bedeutung. Daher können wir es nicht zulassen (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger )  – ich habe das ja nur zusätzlich angemerkt –, dass wir Novellen verschlampen, dass das nicht zeitgerecht hier ins Haus kommt und dass die Hausaufgaben nicht ordnungsgemäß gemacht werden.

Wir glauben, dass ein Bericht der Bundesregierung über den Telekomsektor längst überfällig ist. Hier geht es nicht nur darum, die Ist-Situation abzubilden, sondern es geht auch darum, auf die zukünftige Marktentwicklung einzugehen und die technologischen Entwicklungen national und international darzustellen. Ich meine, darin sollte sich ganz einfach auch ein Strategiekonzept für die Weiterentwicklung der österreichischen Telekompolitik, die ja einzufordern ist, wiederfinden.

Wir haben einen Entschließungsantrag eingebracht, und ich hoffe, Kollege Firlinger, Kollege Kukacka, dass Sie diesem wirklich sinnvollen Antrag auch Ihre Zustimmung geben werden. Ich meine, dass die Politik dieser Regierung sich ganz einfach verändern muss, denn ich habe große Sorge, dass es nach der Politik der Ausdünnung des ländlichen Raumes durch Schließungen von Gendarmerieposten, Postämtern, Nebenbahnen, Gerichten und Schulen jetzt auch noch dazu kommt, dass der ländliche Raum große Benachteiligung bei den neuen Technologien wie etwa ADSL und UMTS erfahren wird. Das wollen wir keinesfalls zulassen. Das ist etwas, was wir ablehnen.

Ich kann Sie nur auffordern, hier entsprechende Maßnahmen zu setzen, damit auch Menschen in peripheren Räumen, in den Gräben, in den Talschaften zu leistbaren Tarifen Zugang zu diesen modernen Technologien haben, damit sie nicht Menschen zweiter Klasse in dieser Kommunikationsgesellschaft werden.

Wir fordern ein zukunftsweisendes Konzept für die Weiterentwicklung der Telekommunikationstechnologie für unser Land, und ich hoffe, dass Sie unserem Antrag zustimmen und damit auch einen sinnvollen Beitrag dazu leisten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.49

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

15.49

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon darauf eingegangen worden, dass wir jetzt eine


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europäische Richtlinie umsetzen, die das In-Verkehr-Bringen von Funkanlagen und Telekommunikationssendeeinrichtungen erleichtert.

Was aber viel wesentlicher ist und die Menschen sehr viel mehr interessiert, ist die bereits lange andauernde Diskussion über die Schädlichkeit und die gesundheitsrelevanten Wirkungen von Funkanlagen. Dazu gibt es mittlerweile viel zu sagen. Ich bedauere, dass insbesondere von Seiten der Grünen, von Frau Dr. Moser, hier Dinge gesagt wurden, die in etlichen Bereichen zu einer tatsächlichen Gesundheitsschädigung der Bevölkerung beitragen. (Abg. Dr. Moser: Ich wollte nur die Behandlung der Mobilfunk-Petition ansprechen, nichts anderes!)

Es ist nämlich so, dass es etliche medizinische Studien gibt, die im Bereich Lärm gemacht wurden und beweisen, dass es – abgesehen von einer objektiven Belastung der Bevölkerung mit welcher Immission auch immer – auch subjektive Belästigungseffekte gibt, die die Bevölkerung ebenfalls tatsächlich belasten. Das heißt, das Gefühl, dass mich etwas stört, belastet mich wesentlich mehr als die tatsächliche, objektive Belastung, die ich zu ertragen habe.

Was bedeutet das für die Funkanlagen-Diskussion? – Wir wissen, dass die ÖNORM und die europäischen Grenzwerte tatsächlich keine wie immer geartete gesundheitliche Schädigung oder Beeinträchtigung von Menschen erwarten lassen. Es gibt keine medizinischen Nachweise dafür, dass so etwas bei den von uns eingehaltenen Grenzwerten vorkommen kann. Allerdings ist es von Seiten der Bevölkerung durchaus gerechtfertigt, zu hinterfragen, ob diese Ö-NORMEN und Grenzwerte tatsächlich auf dem letzten Stand der Wissenschaft sind. Darüber wissen wir, dass diese Grenzwerte auf den letzten großen Konferenzen als bei weitem ausreichend, um ein Tausendfaches ausreichend bestätigt wurden.

Wenn allerdings ein Mensch vor seinem Haus eine neue Funkantenne sieht und nicht weiß, dass seine Gesundheit dadurch nicht beeinträchtigt werden kann, hat er eine irrationale Angst. Diese Ängste immer wieder aufzugreifen, beeinträchtigt die Menschen mit Abstand am meisten.

Deshalb freut es mich, dass der Gemeindebund jetzt eine Vereinbarung mit allen Mobilfunkbetreibern abgeschlossen hat, wodurch die Aufklärung der Bevölkerung gewährleistet ist. Das heißt, alle Mobilfunkunternehmen haben sich dazu verpflichtet, Informationen über die einzelnen Funkanlagen bei den Gemeinden auszuhängen und ihnen zur Verfügung zu stellen sowie auch Kontaktadressen zu geben, weil der intensive Austausch mit der Bevölkerung das Sicherheitsgefühl im gesundheitlichen Bereich sicherlich mit Abstand am besten gewährleistet.

Ich glaube, dass damit den Besorgnissen der Bevölkerung ausreichend Rechnung getragen worden ist und dass man in Bauordnungen oder Ähnlichem eine weitergehende Mitwirkung von Anrainern nicht vorsehen muss. Jeder Anrainer, der daran interessiert ist, wie die Funkanlage ausgestaltet ist, hat jetzt Zugang zur Diskussion und zur Information. Es war wichtig, dies zu gewährleisten.

Zu der anderen Diskussion, die heute angezogen worden ist, nämlich darüber, dass die Telekom-Betreiber – sprich: im Besonderen die Telekom – mittlerweile einem asymmetrischen Wettbewerb unterliegen, muss ich als New-Economy-Sprecherin Folgendes sagen: Das Allerwichtigste, was für uns alle hier im Zentrum stehen muss, ist, dass die Innovationskraft unserer Unternehmen gewahrt bleibt. Das heißt, es müssen jene Unternehmen, die innovativ und mit hohem Mitteleinsatz Investitionen in die Infrastruktur tätigen, auch eine gewisse Sicherheit haben, dass sich ihre Investitionen zumindest kostendeckend rechnen. Ich bin deshalb der Ansicht, dass wir unbedingt eine Diskussion darüber führen müssen.

Dass jetzt der Markt in diesem Bereich funktioniert, ist auf die dank der Privatisierung der Telekom mittlerweile tatsächlich herrschenden ausgezeichneten Wettbewerbsbedingungen zurückzuführen, die auch im europäischen Vergleich durchaus ein Erfolg sind. Darin, dass in einzelnen Bereichen, in denen dieser Markt jetzt funktioniert – flächendeckend ist das noch nicht der Fall –, einzelne Regelungen neu getroffen beziehungsweise überdacht werden müssen, stimmen wir, glaube ich, in allen Fraktionen überein.


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In Summe muss man sagen, dass die Kraftanstrengung dahin gehen muss, dass ein leistungsfähiges Breitbandnetz im Internet-Bereich, eine möglichst günstige Sprachtelefonie und die Möglichkeit zur Innovation insbesondere im Breitbandnetz, ganz besonders aber im Bereich von UMTS und den neuen Kommunikationsmedien geschaffen werden, damit wir künftig an der Spitze der europäischen Staaten liegen. Dies ist für die Frage des Wirtschaftsstandortes besonders relevant. In Zukunft werden die Ansiedlung und die Chancen neuer, innovativer Unternehmen in einer Wissensgesellschaft die Grundlagen für unsere soziale Sicherheit und unser wirtschaftliches Bestehen sein.

In diesem Sinne hoffe ich, dass wir alle gemeinsam weiterarbeiten werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir auf einem sehr, sehr guten Weg sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.56

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Scheuch. – Bitte.

15.56

Abgeordneter Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Minister! Viele Punkte wurden heute im Wesentlichen schon andiskutiert. Das Gesetz, welches jetzt diskutiert wird, ist ein Ausfluss einer EU-Richtlinie über die Inbetriebnahme und das In-Verkehr-Bringen von Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen. Im Grundsatz stellt diese Richtlinie aber eine Umkehr des jetzigen Systems und auch eine Vereinfachung dar, wie wir einstimmig feststellen konnten. Dieses System fußt nämlich auf der Verpflichtung der Produzenten zur Selbstkennzeichnung, und dies – das ist mir heute ein wenig zu kurz gekommen – ist selbstverständlich auch ein Vorteil für den Konsumenten.

Es geht in erster Linie darum, dass dies eine schnelle Einführung von technischen Fortschritten auf dem Markt mit sich bringt und in diesem Bereich auch eine Erleichterung bedeutet. Es ist mir hier sehr wichtig, an die Adresse von Frau Dr. Moser auch zu sagen, dass dadurch meines Erachtens eine gewisse Marktorientiertheit gegeben ist, und zwar in folgender Hinsicht. Es ist gut, dass wir hier in Österreich einen kritischen Konsumenten unser Eigen nennen, der in Zukunft sehr genau darauf achten wird, was der Produzent auf sein Produkt schreibt.

Selbstverständlich wird die Industrie der Nachfrage gerecht werden und eine klare Kennzeichnung der Vorteile der jeweiligen Produkte durchführen. Das heißt, sie wird versuchen, Vorteile wie zum Beispiel eine geringere Strahlenbelastung ins rechte Licht zu rücken und ihr Produkt entsprechend zu kennzeichnen. Dies bedeutet einen klaren Vorteil für den Konsumenten. Allerdings – das gebe ich durchaus zu – hätten wir uns gewünscht, dass wir hier ein bisschen weiter gegangen wären und die Kennzeichnungspflicht noch verstärkt hätten.

Ein weiterer Punkt ist heute hier noch nicht zur Diskussion gestanden. Es geht darum, dass keine neue Prüfungsbehörde eingeschaltet wird, sondern die bestehende Zulassungsbehörde die neuen Aufträge übernimmt, die Produkte, welche sich auf dem Markt befinden, zu prüfen. Das ist in Zeiten des Sparens sicherlich eine lobenswerte Angelegenheit.

Kurz gesagt: Es ist dies eine runde Sache, der wir Freiheitliche sicherlich zustimmen werden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

15.58

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Mein Vorredner hat schon darauf hingewiesen, dass Kennzeichnungen durchaus sinnvoll für KonsumentInnen sind. Ich kann nur darauf verweisen, dass im Bereich des schon seit längerer Zeit bestehenden Handy-Marktes bis heute keine Kennzeichnung der Geräte vorgenommen wird, obwohl dort Konkurrenz herrscht und Anbieter Vorteile dadurch hätten,


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niedrige Strahlenbelastungen auszuweisen. Aber der Markt leistet das von sich aus bis jetzt noch immer nicht. – Dies nur als Gegenargument.

Der eigentliche Hintergrund und das eigentliche Motiv meiner Stellungnahme liegt darin, dass ich noch einmal darauf hinweisen möchte, dass es sehr wohl dringend notwendig ist, den Telekom-Markt in Österreich einmal näher unter die Lupe zu nehmen und wirklich zu vergleichen, wie sich die Ausgangssituation hin zur derzeitigen Situation, gerade was die Wettbewerbsbedingungen unter den Anbietern anlangt, verändert hat. Darum bin ich auch dankbar, dass Kollege Firlinger und Kollege Kukacka diesen Aspekt aufgegriffen haben.

Nun zum Letzten: Kollegin Hakl hat auch wieder darauf hingewiesen, und vor allem Kollege Kukacka unterstellt immer wieder, dass unsererseits Panikmache betrieben wird. Ich weise das entschieden zurück! Im Gegenteil: Ich habe hier und heute nur darum ersucht, dass die Mobilfunk-Petition behandelt wird. Ich habe nicht irgendwelche Untersuchungen lange zitiert, sondern möchte nur endlich eine korrekte Behandlung eines Anliegens von BürgerInnen – es sind schon mindestens über 4 500 – erreichen. Das ist auch ein Anliegen aller UmweltanwältInnen in Österreich, und es ist ein Anliegen von Nationalratsabgeordneten, dass das endlich behandelt wird. (Abg. Mag. Kukacka: ... Unterausschuss!)

Wesentlich ist bei diesem Anliegen auch die Schließung des Forschungsbedarfes. In zwei Kongressen ist klar zum Ausdruck gekommen, dass wir derartigen Forschungsbedarf haben und dass nicht von vornherein sichergestellt ist, dass die ÖNORM – und so weiter – gesundheitlich unbedenkliche Werte deklariert. Die ÖNORM behandelt nur den thermischen Aspekt, aber der biologische Aspekt, die Bio-Effekte sind sehr viel wesentlicher. Dazu könnte ich Ihnen mindestens drei Studien zitieren, die diese Bedenken äußern.

Bitte nehmen Sie in erster Linie das Anliegen der BürgerInnen wahr, und setzen Sie die Mobilfunk-Petition auf die Tagesordnung! Dann kann einmal Klartext gesprochen werden, auch in Richtung Forschungsinitiative. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, freut es mich ganz besonders, dass der Staatspräsident der Slowakischen Republik, Herr Dr. Schuster, bei uns zu Besuch ist. Herzlich willkommen hier im Parlament! (Allgemeiner Beifall.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

16.02

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich noch einige Worte zu diesem Tagesordnungspunkt sagen.

Meine Damen und Herren! In der Telekommunikationspolitik sind internationale Kontakte ganz entscheidend. Hand aufs Herz, Frau Ministerin: Sind Sie international handlungsfähig? – Ich möchte Sie wirklich bitten, einer Öffentlichkeit, die daran interessiert ist, eine Antwort zu geben. Am 16. Oktober hat der deutsche Verkehrsminister Kurt Bodewig gemeint, er redet zwar mit Ihnen, führt aber keine Arbeitsgespräche. Auch müssen Sie sich heute in Paris vertreten lassen – das ist besonders peinlich, Sie sind dort Persona non grata.

Frau Ministerin! Ist es möglich, Verkehrspolitik, Infrastrukturpolitik, Telekommunikationspolitik zu betreiben, ein solches Ministerium zu führen (Ruf bei den Freiheitlichen: Ihre Freunde sind das!), ohne Gesprächspartner in Berlin und in Paris zu haben? (Abg. Böhacker: Er kann’s nicht lassen!)  – Wenn Ihre Antwort lautet: Nein, natürlich nicht!, dann wäre das eine große Erleichterung, auch und vor allem in der eigenen Partei. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)


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16.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste spricht Frau Bundesministerin Dipl.-Ing. Dr. Forstinger. – Bitte.

16.03

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger: Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Hohes Haus! Geschätzter hoher Besuch! Ich darf zu einigen Punkten Stellung nehmen, zuerst zu den fachlichen Punkten.

Danke vielmals für die Unterstützung – über die Sinnhaftigkeit dieses Gesetzes auch im Hinblick auf den Konsumentenschutz und die Wirtschaftlichkeit ist heute ausreichend gesprochen worden. Ein Punkt betrifft die Frage der Anpassung der Gesetze und der Umsetzung der EU-Richtlinien. Ich möchte deutlich darauf hinweisen, dass diese Richtlinie bereits 1999, also sehr früh, erlassen wurde. Es war niemand daran gehindert, diese Richtlinie schneller umzusetzen. Ich bin aber trotzdem froh, dass es eine ausreichende Prüfung gegeben hat. Wenn man sich die unterschiedlichen Diskussionsstandpunkte anhört, so zeigt sich, es ist dem einen zu früh, dem anderen zu spät. Ich glaube, es ist gerade der richtige Zeitpunkt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein Punkt, der immer wieder erwähnt worden ist, ist eine zusätzliche Normierung der Kennzeichnungspflicht. Ich habe das in meinem Haus intensiv prüfen lassen, und es ist dem eine klare Absage erteilt worden. Auch wenn diesbezüglich manche Stellungnahmen von Ländern und Interessengruppen gekommen sind, sind Stellungnahmen doch dazu da, dass wir abwägen und auch überprüfen, ob eine Umsetzung rechtlich möglich ist. Es ist dazu klar festgestellt worden, dass die Normierung der Kennzeichnungspflicht eine Verzerrung des Wettbewerbs gewesen wäre und die Voraussetzungen in dieser Richtlinie nicht geregelt sind.

Sehr deutlich sind auch die Frage der Telekommunikationspolitik und die Frage der Überarbeitung des Telekommunikationsgesetzes angesprochen worden. Ich bin ganz bei Ihnen und erkläre mich gerne bereit, dieses umzuarbeiten, es muss aber zum richtigen Zeitpunkt geschehen. Wir sind in der Europäischen Union gerade dabei, verschiedenste Richtlinien anzupassen. Wenn diese erlassen werden – hoffentlich auch von all denjenigen Ländern, die bei der Liberalisierung sehr restriktiv sind, und das sind doch einige, nicht nur die südlichen; auch Frankreich und Italien erweisen sich immer wieder als Länder, die den Markt eher hemmen –, wenn wir das schaffen werden – und ich bin zuversichtlich, dass es im ersten Halbjahr des nächsten Jahres so weit sein wird –, dann werden wir auch das Telekommunikationsgesetz sofort anpassen.

Viele Punkte, die Sie angesprochen haben – Herr Abgeordneter Eder, Sie haben Recht, insbesondere in der Frage der Regulierung –, sind zu überarbeiten und zu überdenken. Das heißt aber nicht, entsprechend den vielen Argumenten, die insbesondere von Ihnen, Herr Parnigoni, vorgebracht worden sind, in erster Linie dazu überzugehen, dass der Wettbewerb wieder geschmälert wird. Das kann es nicht sein.

Ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass dies ein sehr rasch wachsender Markt ist, dass auch die Voraussetzungen dafür in Österreich – insbesondere von dieser Regierung – geschaffen wurden und dass damit eine rasche Entwicklung ermöglicht ist. Und wir werden die Gesetze dann anpassen, wenn sie anzupassen sind, und dazu werde ich Ihre Argumentation gerne aufnehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Einen Punkt möchte ich herausgreifen, obwohl er nicht direkt Gegenstand der Tagesordnung ist. Im Zusammenhang mit der Telekommunikation ist auch die Post angesprochen worden. Ich möchte auch in dieser Hinsicht auf den zeitlichen Aspekt hinweisen. Bei einer Ausgliederung der Post 1996 hätte niemand den Verkehrsminister daran gehindert, eine Postuniversaldienstverordnung zu erlassen. Der Zeitpunkt wäre spätestens 1997 gegeben gewesen. Wir schreiben jetzt 2001, und nach vier Jahren bin ich die Erste, die sich wirklich intensiv damit beschäftigt.

Ich habe jedoch nicht die Voraussetzungen derart geschaffen, dass die Qualität der Post und die Verschuldung in einer Höhe von 120 Milliarden Schilling jetzt Restrukturierungen notwendig machen und dass gleichzeitig die Dienste für die Bürgerinnen und Bürger sichergestellt werden müssen. Wenn ein Teil heute noch monopolisiert ist und im Postgesetz festgehalten ist, dass damit auch der Universaldienst finanziert werden muss, dann muss die Post diesem Universal


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dienst auch nachkommen. Die Qualität ist schlechter geworden: Die Zustellungen erfolgen schlechter, die Tage des Postlaufes verlängern sich. Und die Frage der Flächendeckung steht an. Daher werde ich auch eine Postuniversaldienstverordnung erlassen. Aber jeder, der sie jetzt fordert, ist für eine rasche Schließung der Postämter.

Ich erkläre Ihnen auch, warum das so ist. Ich habe eine klare Vereinbarung mit Herrn Generaldirektor Wais darüber, dass kein Postamt geschlossen wird, bevor die Postuniversaldienstver-ordnung herauskommt, und zwar deshalb, weil die Post jetzt lernt und sehr erfolgreich im letzten halben Jahr, dass sie sowohl mit den Ländern die Frage der Vorgangsweise klären als auch mit jedem betroffenen Bürgermeister Gespräche aufnehmen muss.

Hier richte ich einen Appell an all diejenigen hier im Hause, die auch die Funktion des Bürgermeisters innehaben: Zeigen Sie nicht gegenüber der Post Verständnis für Umwandlungen in Geschäftsstellen, für Änderungen des Postgeschäftsstellenkonzeptes oder für Schließungen von einzelnen Postämtern, wenn Sie dann in der Öffentlichkeit Resolutionen an mich richten, wohl wissend, dass es sich um das operative Geschäft der Post AG handelt!

Ich tue alles dafür, an erster Stelle den ländlichen Raum zu schützen, und zwar mit Kriterien, die dafür vorgesehen sind und auch in der Postuniversaldienstverordnung enthalten sein werden, und mit Druck in Richtung darauf, dass darüber verhandelt werden muss, weil es keine Schließung geben darf und somit die Post ihr längst fälliges Konzept nicht umsetzen kann. Daher kann ich nur noch einmal wiederholen: Richten Sie Ihre Appelle dorthin, wo sie gut aufgehoben sind – das ist die Post AG! Unterstützen Sie mich in der Verantwortung, damit dies im Dienste der Bürger auch umgesetzt werden kann! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Alle Listen, die kolportiert werden, sind entweder Vermutungen oder aus Gesprächen direkt von der Post zugestellt. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Das heißt, wer sich um eine flächendeckende Versorgung bemüht, die nicht nur wirtschaftliche Kriterien ins Auge fasst, sondern im Wesentlichen auf die Verbesserung der Qualität in der Zustellung und in der Aufrechterhaltung der Infrastruktur – sprich: der Geschäftsstellen – abzielt, sollte sich mit der Post ins Einvernehmen setzen und diese Verantwortung auch ernst nehmen.

Herr Abgeordneter Kräuter! Ich darf auf ein paar Punkte eingehen. Ich sage einmal Dank dafür, dass Sie zumindest einmal zwei Meter neben mir stehen, wenn Sie Anschuldigungen machen. Sie sind mehrere Male eingeladen worden, sich direkt bei mir Informationen zu holen. Das, was Sie öffentlich kundtun, ist wirklich unhaltbar. Persönlichkeiten sollten sich wirklich überlegen, ob sie etwas, was sie fälschlicherweise gesagt haben, nicht auch zurücknehmen sollten. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Wenn Sie mir Vorwürfe dahin gehend machen, dass ich Imagekampagnen in zweistelliger Millionenhöhe durchführe und 500 000 S für Drucksorten ausgegeben werden (Abg. Dr. Kräuter: Stimmt ja!), wie Sie meinen, möchte ich, dass Sie bei der Wahrheit bleiben und viele Ihrer Anschuldigungen zurücknehmen, nachdem Sie sich eines Besseren haben belehren lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Bures. )

Es kann Ihnen nicht um Aufklärung gehen, weil Sie sich dort Informationen holen, wo sie nicht richtig wiedergegeben werden (Abg. Bures: Sie geben hier gerade falsche Auskünfte! – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung der Abg. Bures –: Hört! Hört!), und Einladungen zu Gesprächen nicht annehmen und aus Gremien, in denen Auskünfte gegeben werden, ausziehen. Ich möchte daher wirklich bitten, dass Sie all jene Behauptungen, die Sie schon in den Raum gestellt haben, die aber nicht richtig sind, in aller Deutlichkeit zurücknehmen – nicht mehr und nicht weniger! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zu Ihrer Frage betreffend die internationalen Kontakte kann ich Ihnen ganz deutlich sagen, dass die Verkehrskommissarin Loyola de Palacio ganz deutlich in aller Öffentlichkeit gesagt hat, dass es eine solch kooperative und gute Zusammenarbeit im Sinne Österreichs noch bei keinem


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Verkehrsminister gegeben hat. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Außerdem haben die Verhandlungen zu sehr vielen Erfolgen geführt. Wer die Verhandlungen in der Regierung im Sinne Österreichs führt, wird wohl egal sein.

Es ist eine Frage des Verhandlungsgeschickes, ob man direkte Gespräche führt und jemandem eine Position überlässt, damit er nicht sofort einsteigt und zu Hause eine Diskussion hat. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Tatsache ist, dass mit Deutschland bisher noch niemand über eine Übergangsregelung gesprochen hat und diesbezügliche Gespräche aufzubereiten sind.

Zur Vertretung durch Frau Außenministerin Ferrero-Waldner: Es ist sehr wohl eine Angelegenheit einer Außenministerin, auch die französische Regierung davon zu überzeugen (Abg. Bures: Ihre Aufgabe!) und noch einmal zu bitten, das zu überdenken, was Frankreich in der Zeit getan hat, als es eine starke Ausgrenzung Österreichs gab. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jeder, der dazu beiträgt, dass die österreichische Position insbesondere in dem sehr sensiblen Bereich Verkehr getragen und diese Frage auch zu unserer Zufriedenheit gelöst wird, ist dazu eingeladen, mitzumachen. Ich warne jedoch davor, hier politisches Kleingeld machen zu wollen und unsere Position zu schwächen. Es sind mir einige Argumentationen im Zusammenhang mit der Ökopunkte-Diskussion bekannt. Wir machen uns lächerlich, wenn wir hier in Österreich darüber diskutieren und keine einheitliche Position Österreichs dazu haben. (Abg. Edler: Warum sind Sie so aufgeregt?)

Ich lade Sie alle wirklich dazu ein, eine klare Position einzunehmen. Jeder soll unsere Position unterstützen, damit wir unsere Rechte wahren und eine zukunftsträchtige, langfristige Lösung verhandeln können, die nicht an ein Ende von Verträgen gebunden ist. – Ich habe keinen Transitvertrag mit einem Enddatum abgeschlossen, der jetzt schwer verlängerbar und verhandelbar ist. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Ja wer war denn das?)

16.14

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Besser wäre der Edler, der hat heute so eine schöne Frisur – frisch eingefärbt!)

16.15

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister, ich habe mich auf Grund Ihrer Ausführungen noch einmal zu Wort gemeldet, um doch einiges ins Klare zu rücken. (Abg. Haigermoser: Klima! Viktor Klima hat den Vertrag ausgehandelt!)

Für mich ist es ein bisschen unverständlich, und mir erscheint es als nicht fair, dass Sie Ihre Verantwortung, was die Post und die Schließung der Postämter betrifft, hier überhaupt nicht wahrnehmen wollen. Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sie sind für das, was bei der Post ge-schieht, verantwortlich! Das muss man einmal ganz klar und deutlich feststellen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Frau Bundesminister! Sie sind auch in der Regierung mitverantwortlich dafür, dass das Nulldefizit in einer Eile angepeilt wird, das zur Folge haben muss, dass Postämter geschlossen werden müssen, das zur Folge hat, dass Gendarmerieposten geschlossen werden müssen, das zur Folge hat, dass Gerichte geschlossen werden müssen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Und dann stellen Sie sich hier her und sagen, dass man das nur mit den Bürgermeistern vereinbaren muss, und dann ist alles in Ordnung.

Wie schaut denn diese Vereinbarung mit den Bürgermeistern aus? – Dabei handelt es sich doch um keine Vereinbarung, sondern es werden Postbeamte in die Gemeinden geschickt, die


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den Bürgermeistern mitteilen, dass ihr Postamt geschlossen wird. Punkt, Ende. Das ist die gesamte Vereinbarung, die da getroffen werden kann. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Frau Bundesminister! Sie sollten sich da wirklich einschalten!

Voriges Jahr wurden der Post 3,5 Milliarden Schilling entzogen. Das ist in dieser Situation für ein Unternehmen wirtschaftspolitisch unverantwortlich! (Zwischenrufe der Abgeordneten Haigermoser und Böhacker. ) Zuerst nimmt man dem Unternehmen Geld weg, und dann ist das Management schuld, wenn es nicht zu entsprechenden Rationalisierungen kommen kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Abgezockt habt ihr ...!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Hier geht es nicht um eine wirtschaftspolitische Diskussion, sondern um eine eminent politische Diskussion. Alles, was in diesem Land jetzt an Ausdünnung des ländlichen Raumes geschieht, hat diese Bundesregierung zu verantworten. Die Schließung der Postämter jedoch haben Sie, Frau Bundesminister, allein zu verantworten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.17

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen damit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 483 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen. (Abg. Haigermoser  – in Richtung SPÖ –: Ja warum regt ihr euch denn so auf, wenn ihr eh dafür seid?!)

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle neuerlich die Mehrheit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

8. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition (12/PET) betreffend "Lärmschutz-Petition", überreicht von dem Abgeordneten Anton Heinzl (796 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition (17/PET) betreffend "Für eine rasche Verbesserung der Lärmschutzmaßnahmen entlang der A 1 im Süden St. Pöltens", überreicht von dem Abgeordneten Anton Heinzl (798 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen jetzt zu den Punkten 8 und 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Als Erster spricht Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

16.18

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wirklich unerträglicher Verkehrslärm erregt den Unmut der Anrainer der Westbahn und der West Autobahn im Gebiet der niederösterreichi-schen Landeshauptstadt. Speziell die Anrainer des Hauptbahnhofes St. Pölten sowie die Bewohner entlang der A 1 stöhnen seit langem über diesen unerträglichen Lärm. Ich habe deshalb je eine Petition zum Thema Lärmschutz am Hauptbahnhof und an der A 1 im Stadtgebiet von St. Pölten eingebracht.


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Bei den zähen Verhandlungen um einen entsprechenden Lärmschutz für die Güterzugum-fahrung durch den Süden von St. Pölten ist es gelungen, eine gemeinsame Planung betreffend den Eisenbahnlärm und den Autobahnlärm der A 1 herbeizuführen, um die Bewohner St. Pöltens vor dieser unzumutbaren Lärmbelästigung zu schützen. Diese wirklich optimale Variante von Verkehrsplanung haben die Infrastrukturminister Schmid und Forstinger allerdings in den Fluten des mittlerweile nicht mehr erreichbaren Nulldefizit-Budgets versenkt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es haben aber die Petitionen und die Anstrengungen der Stadt St. Pölten immerhin gefruchtet: Es wurde angekündigt, dass nun im Zuge des sechsspurigen Ausbaus der West Autobahn in diesem Gebiet auch Lärmschutzmaßnahmen durchge-führt werden.

Frau Minister Forstinger hat mir bereits vor einigen Monaten in einer Anfragebeantwortung mitgeteilt, dass diese Lärmschutzmaßnahmen noch heuer umgesetzt werden. Frau Minister! Ich habe es Ihnen bereits im Ausschuss gesagt und wiederhole es hier: Viel Zeit haben Sie nicht mehr, um Ihre Ankündigungen in die Tat umzusetzen. Das Jahr 2001 ist bald zu Ende, und ich habe bisher noch keinen einzigen Bauarbeiter gesehen, der entlang der A 1 im Gebiet der Lan-deshauptstadt St. Pölten einen Lärmschutz errichtet hätte.

Auch die Umsetzung der dringend notwendigen Lärmschutzmaßnahmen für den St. Pöltener Hauptbahnhof hängt derzeit in der Luft, weil Sie, Frau Minister, alle wichtigen Infrastrukturausbauvorhaben, die die Landeshauptstadt St. Pölten betreffen, binnen weniger Wochen gestrichen haben. (Abg. Wattaul: Das ist eine Frechheit!) Ich meine damit konkret die Bahnhofsoffensive, in welcher der St. Pöltener Hauptbahnhof nicht mehr enthalten ist, sowie den Stopp der Güterzugumfahrung, obwohl bereits mehr als 1,3 Milliarden Schilling investiert wurden. Die Anrainer des Hauptbahnhofes St. Pölten – ich spreche hier wirklich von einigen tausend Menschen (Abg. Wattaul: Wer hat die angesiedelt?)  – sind durch den Bahnbetrieb der ÖBB auf der Westbahn Tag und Nacht starken Lärmbelästigungen ausgesetzt. Insbesondere in den Nachtstunden überschreiten die Lärmimmissionen bei weitem das zulässige Maß.

Frau Minister! Sie kümmern sich offensichtlich nicht um die Einhaltung von Verträgen. Sie kümmern sich nicht um die der Bevölkerung gegebenen Zusagen, im Zuge des Baues der Güterzugumfahrung im Bereich des Hauptbahnhofes St. Pölten Lärmschutzmaßnahmen zu setzen. Sie liefern die Bevölkerung einem schweren Los aus. (Abg. Böhacker: Sie sollten ein-mal nachdenken, was der Klima versprochen hat!)

Lieber Herr Kollege! Ihre Meinungen, die Meinungen der Freiheitlichen, kann niemand mehr hören, insbesondere nicht die St. Pöltnerinnen und St. Pöltner gerade zu diesem Thema. (Abg. Böhacker: Fragt einmal, was der Klima versprochen hat! Versprochen und gebrochen!) Sie haben bei der Gemeinderatswahl in St. Pölten eine Kräftige auf den Deckel bekommen. Die St. Pöltnerinnen und St. Pöltner können das gar nicht mehr hören. (Beifall bei der SPÖ.)

Sogar die Spitzenrepräsentanten Ihrer eigenen Partei haben sich von Ihnen distanziert und sind aus Ihrer Partei ausgetreten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) In der niederösterreichischen Landeshauptstadt gibt es im neuen Gemeinderat keinen einzigen Freiheitlichen mehr, sehr geehrte Damen und Herren, das muss ich Ihnen schon sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Minister! Jetzt zurück zur Sache. Der mitten in der Landeshauptstadt St. Pölten gelegene Hauptbahnhof wirkt jetzt schon tagtäglich wie eine starke Bremse – Hunderte Güterzüge brausen durch St. Pölten –, und er ist jetzt schon ein verkehrs- und sicherheitstechnisches Nadelöhr. An die 400 Züge donnern täglich durch St. Pöltens Innenstadt, und es gibt hier keinerlei Lärmschutzmaßnahmen für die Bevölkerung! (Abg. Mag. Schweitzer: Seit es die neue Regierung gibt, wird das ja gemacht!)

Wie man hört, soll die Errichtung der Güterzugumfahrung St. Pölten (Abg. Mag. Schweitzer: Das wird ja schon gemacht! Warum jammerst du?) um weitere zehn Jahre – also ein volles Jahrzehnt! – verschoben werden. Jetzt frage ich Sie, Frau Ministerin: Wie passt das mit Ihren Sonntagsreden zusammen, in denen Sie immer von der Verlagerung des Verkehrs, insbe


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sondere des Güterverkehrs, von der Straße auf die Schiene sprechen? (Abg. Mag. Schweitzer: Das war der Caspar! Der Caspar war’s!) Ich frage Sie das, sehr geehrte Frau Ministerin.

Der Hauptbahnhof St. Pölten wird täglich von Zigtausenden Menschen frequentiert. Allein 20 000 Schülerinnen und Schüler kommen über diesen Verkehrsknotenpunkt nach St. Pölten. Seit Jahren gilt und galt die Attraktivierung und Modernisierung des St. Pöltener Hauptbahnhofes – und dazu gehören auch die Lärmschutzmaßnahmen – als beschlossene Sache. Sie, Frau Minister, haben all das gestrichen. Sie verhindern all das! Der Hauptbahnhof St. Pölten hat den Standard – und das ist sicher keine Übertreibung – einer Bedarfshaltestelle einer Nebenbahn. Ich führe aus: undichte Dächer, undichte Übergänge, keine Lifte, keine Rolltreppen, beschämende WC-Anlagen, keine behindertengerechten Einrichtungen und so weiter. (Abg. Wattaul: Wer hat das alles geschaffen?) Frau Minister! Die Sanierung all dessen haben Sie gestrichen!

Ich fordere Sie daher auf, die Güterzugumfahrung St. Pölten umgehend weiterzubauen und die notwendigen Lärmschutzmaßnahmen zu errichten. Ich fordere Sie weiters auf, den Hauptbahn-hof St. Pölten im Zuge der Bahnhofsoffensive umgehend voll auszubauen und nicht nur ein paar kosmetische Maßnahmen "herunterzunudeln". (Abg. Wattaul: Erklär uns "herunternudeln"!)

Frau Minister! Ich fordere Sie weiters auf, alle Wahlversprechen, die Sie im Zuge der St. Pöltener Gemeinderatswahlen – auch mit Kollegen Wattaul beim Zuckerkipferl-Verteilen am St. Pöltener Bahnhof – den Wählerinnen und Wählern und den Pendlern gegeben haben, einzuhalten. Ich fordere Sie auf, diese Wahlversprechen zum Thema Lärmschutz tunlichst einzuhalten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Das war eine seiner schwächsten Reden!)

16.26

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. – Bitte.

16.26

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Abgeordneter Heinzl, die Wahl in St. Pölten ist vorbei, wir brauchen heute hier keinen Wahlkampf mehr zu führen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass das Problem des Bahnhofes St. Pölten, wie mir bekannt ist – auch ich bin aus diesem Wahlkreis –, kein Problem der letzten beiden Jahre ist, sondern schon eines der letzten 15 oder 20 Jahre. (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Und in dieser Zeit waren sozialistische Verkehrsminister tätig und tragen auch Verantwortung dafür.

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich möchte auch ganz kurz zur Petition 12 sprechen, es geht um die Lärmbelästigung. Abgeordneter Heinzl hat bereits darauf hingewiesen, ich möchte die Maßnahmen, die darin gefordert werden, nicht weiter ausführen, aber ich möchte eine grundsätzliche Anmerkung machen, was die Lärmschutzmaßnahmen des Landes Niederösterreich betrifft.

Vor rund zwei Jahren, es war im September 1999, hat unser Landeshauptmann Erwin Pröll gemeinsam mit dem damaligen Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr ein Übereinkommen geschlossen. Für die Planung, die Finanzierung und die Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen wurde damals ein Vertrag unterfertigt, so wie zum Beispiel im Jahr 1994 ein Rahmenvertrag für die Errichtung der Park-and-Ride-Anlage abgeschlossen wurde.

Ich möchte in diesem Zusammenhang dem Land Niederösterreich sehr herzlich danken, denn auf Grund dieser Rahmenvereinbarung sollen in den nächsten Jahren in den betroffenen Gemeinden rund 2,5 Milliarden Schilling investiert werden. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Böhacker. )

Geschätzte Damen und Herren! Die Finanzierung läuft grundsätzlich so ab, dass 50 Prozent der Bund zahlt, 25 Prozent das Land und 25 Prozent die Gemeinden, wobei es auf die Finanzkraft der Gemeinden ankommt.


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Bei der Umsetzung der geplanten Lärmschutzmaßnahmen gibt es zwei Phasen: zuerst die Planungsphase und danach die Errichtungs- oder Bauphase. Es ist auch vereinbart, dass eine Prioritätenreihung vorgenommen wird. Diese Prioritätenreihung kann allerdings, Herr Abge-ordneter Heinzl, erst dann vorgenommen werden, wenn die betroffene Gemeinde einen ent-sprechenden Antrag gestellt hat. (Abg. Heinzl: Was ist mit der Güterzugumfahrung?)

Ich gebe zu, hinsichtlich der Lärmbelästigung in diesem Gebiet bringt selbstverständlich nur die Güterzugumfahrung eine Entlastung für die Bevölkerung. Mit dem Bau wurde ja schon begonnen. Frau Bundesminister! Ich würde Sie bitten – es geht da jetzt gar nicht so sehr um die Güterzugumfahrung, sondern auch um den Bau der Tullnerfelder Hochleistungsbahn –, dass wir gemeinsam versuchen zu erreichen, dass die erforderlichen SCHIG-Mittel aufgestockt werden, denn mit den SCHIG-Mitteln wäre es möglich, die Tullnerfelder Hochleistungsbahn auszubauen und die Güterzugumfahrung zu verwirklichen, und dann wird es für die betroffenen Anrainer und die Bevölkerung auch eine zufrieden stellende Lösung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wattaul. – Bitte.

16.30

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Wir bekennen uns grundsätzlich zu einer Verkehrspolitik, die umweltfreundlich ist. Wir bekennen uns selbstverständlich auch zu Lärmschutzmaßnahmen, wo sie notwendig sind.

Herr Abgeordneter Heinzl! Mich wundert eines: Die Eisenbahn gibt es in St. Pölten schon 50 Jahre (Abg. Heinzl: Länger!), die Autobahn gibt es auch schon sehr lange. Wieso hast du diese Petitionen erst im November 2000 eingebracht? Warum hast du vorher nicht mit Kollegem Einem gesprochen? – Die Problematik ist jene – das hast du selber gesagt –, dass der Bahnhof in St. Pölten desolat ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Warum ist da, obwohl es SPÖ-Verkehrsminister gegeben hat, nie etwas getan worden? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Hast du dich damals nicht getraut? (Abg. Heinzl: Du verwechselst das!)  – Nein!

Es ist ganz klar, dass Frau Minister Forstinger nicht innerhalb eines Jahres das Versagen der SPÖ in der Verkehrspolitik der letzten 30 Jahre wettmachen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei den Freiheitlichen: Jawohl!) Das wird jeder Bürger verstehen. Jetzt großartig mit Petitionen zu kommen, damit beweist du ja nur das Versagen der vorigen Verkehrsminister. Die Fülle deiner Petitionen ist der Beweis dafür. Das muss man hier ganz klar sagen! (Abg. Heinzl: In St. Pölten brauchen wir ...!)

Ein Wort noch zur Autobahn. Du sagst, wir sollen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 70 km/h für LKW einführen. Jeder normale Mensch weiß, dass in der Nacht nur noch mit lärmarmen LKW gefahren werden darf, und bei diesen liegt die Höchstgeschwindigkeit bei 60 km/h. Und du forderst 70 km/h! Jetzt frage ich dich: Was bedeutet das? (Abg. Zellot  – in Richtung des Abg. Heinzl –: StVO-Nachschulung! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sollen wir das jetzt erhöhen? – Ich kann eines sagen, ... (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Heinzl. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Heinzl! Ich habe viel Verständnis für Zwischenrufe, auch für Debattenbeiträge. Sie, Herr Abgeordneter, waren allerdings bereits am Rednerpult und hatten Gelegenheit, alles zu sagen. Ich bitte um kurze Zwischenrufe!

Abgeordneter Anton Wattaul (fortsetzend): Ich meine, das muss man einmal so sehen, wie es wirklich ist. Es gab Lärmschutzmessungen durch die Niederösterreichische Landesregierung auf der West Autobahn. Man ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Lärmschutzmaßnahmen nicht notwendig seien. Trotzdem sagt die Frau Minister, dass sie 25 Millionen Schilling zur Verfügung stellen wird. Man wird diese Lärmschutzwände mobil errichten. Warum mobil? – Weil, wie du, Kollege Heinzl, ganz genau weißt, die West Autobahn dreispurig ausgebaut werden muss. Wenn man jetzt sehr viel Geld in fixe Lärmschutzwände investiert, dann muss man diese in zwei Jahren wieder wegreißen. Du weißt das ganz genau. (Abg. Haigermoser: Das weiß er nicht!)


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Ich habe den Zeitungsartikel hier, in dem du mit der klaren Aussage zitiert wirst, dass die West Autobahn beim Nadelöhr St. Pölten dreispurig ausgebaut werden muss. – Sehr gut! Auch die Sozialisten haben erkannt, dass man Autobahnen ausbauen muss; nicht so wie die letzten 20 Jahre, als man gesagt hat: Mehr Straßen bedeuten mehr Verkehr. Gott sei Dank wisst ihr jetzt auch schon, dass man für den Verkehr auch Straßen braucht. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Heinzl: Und Lärmschutz!)

16.33

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. (Abg. Haigermoser: Heinzl ist als ... enttarnt!)

16.34

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist immer ein besonderes Vergnügen, nach dem Kollegen Wattaul zu sprechen (Heiterkeit der Rednerin sowie Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ), weil er es zum Beispiel immer wieder schafft, auch wenn es nicht wirklich zum Thema gehört, mehr Straßenbau zu fordern. (Abg. Zweytick: Ist das nicht das Thema?) Aus seiner Sicht bedeutet mehr Verkehr, mehr Straßen zu bauen – das stimmt eben nicht –, und er ortet hier eher das Henne-Ei-Problem, das ich in dem Zusammenhang wirklich nicht sehen kann.

Aber wir sprechen hier über zwei Petitionen, die einvernehmlich im Verkehrsausschuss behandelt worden sind und die ein Problem angehen, das leider überhaupt nicht zum Lachen ist. Das ist das Problem des Lärms, vor allem des Nachtlärms entlang von stark befahrenen Verkehrswegen, sei es Straße oder Schiene.

Meine Damen und Herren! Lärm hat sich in den letzten Jahren zu einer enormen Belastung ausgewachsen. Wir sehen mittlerweile – und nehmen das auch so wahr –, dass sich die Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger, gerade wenn es um das Handeln beziehungsweise Nicht-Handeln von Politikern geht, immer mehr auf die Lärmfrage beziehen. Das ist nicht mehr nur in Tirol der Fall, wo der Grundlärm sozusagen noch durch die Lärmreflexion an den Talhängen potenziert und gesteigert wird, sondern das betrifft jetzt auch das Flachland – ein Umstand, den wir schon lange prophezeit haben.

Nun sind wir einmal bei dem Punkt gelandet, dass eine Zunahme des Verkehrs – gerade auf der Autobahn ist das am deutlichsten merkbar – durch eine dritte, vierte, fünfte oder sechste Spur hervorgerufen werden wird. Die Autofahrer werden nicht sagen: Danke, dass es jetzt eine Autobahn gibt, aber wir fahren nicht darauf, weil uns die Leute so Leid tun, die entlang der Autobahn wohnen. Da haben wir das erste und wichtigste Regulativ zu setzen.

Lärmschutzwände sind immer der Versuch, mit einer End-of-pipe-Technologie auf ein bestehendes Problem zu reagieren. Eines muss auch klar sein: Lärmschutzwände vermindern zwar zum Teil Lärm, aber manchmal leider unter der Hörbarkeitsgrenze. Viel besser Lärm vermindern würde eine Reduktion vor allem des Nachtverkehrs. Da spreche ich wirklich von den schweren "Brummern", die ja in Fragen Lärmbelastung besonders laut zu hören sind. Durch ein echtes Nachtfahrverbot und auch durch eine Kontrolle der zugelassenen Höchstgeschwindigkeiten der LKW könnte man da eine Verbesserung erzielen. Es ist ja schön, wenn theoretisch 60 km/h oder vielleicht auch 70 km/h verordnet sind, aber was nützt das, wenn Sie auf der Autobahn fahren – ich muss ja Gott sei Dank nicht sehr oft auf der Autobahn fahren, aber manchmal habe ich das zweifelhafte Vergnügen – und Fernzüge mit einer Geschwindigkeit an Ihnen vorbeidonnern, die weit über diesen 60 km/h liegt, weil sie bei Zügen nie kontrolliert wird und da auch keine Konsequenzen zu befürchten sind? Da wären Maßnahmen zum Lärmschutz besonders gut aufgehoben.

Wir können nicht alle Autobahnen und alle Züge einkesseln. (Demonstrativer Beifall des Abg. Murauer. ) Wir können sie nicht alle "überhausen", das wird sich finanziell nicht ausgehen. (Abg. Murauer: Ich bin ausnahmsweise Ihrer Meinung!) Es muss begleitend dazu, wo sich in einem bestimmten Lärmpegel etwas bewegen lässt, über eine strenge Geschwindigkeitskontrolle und über Nachtfahrverbote zum Schutz der Anrainer nachgedacht werden, denn die Nachtruhe der Menschen muss uns heilig sein. Es muss konsequent eine Lärmschutz- und Lärmvermeidungs


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politik betrieben werden. Das Bauen von Lärmschutzwänden allein wird uns nicht weiterbringen und wird uns auch auf Dauer bei der Lösung dieser Probleme nicht helfen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, denn es ist hier auch die Lärmbelastung entlang der Bahn gemeint. Frau Ministerin! Eines nehme ich bei Ihnen oft wahr: Zuerst setzen Sie Prioritäten bei der Bahn, dann stellen Sie Projekte bei der Bahn zurück. Es ist Ihnen eher ein Anliegen, die Bahn kaputtzusparen. Aber ich habe noch nie gehört, dass auf neue Straßen verzichtet werden soll, dass auf überdimensionierten Straßenausbau verzichtet werden soll oder dass auf Grund von Prioritätenreihungen ein Straßenbauprojekt vielleicht später an die Reihe kommt. Das ist keine zukunftsfähige Verkehrspolitik, wenn man weiß, dass nur die Verlagerung bestimmter Verkehre – ich denke dabei auch an den Personenverkehr – auf die Schienenwege auf Dauer eine bessere Lebensqualität, aber auch eine ungestörte Nachtruhe bringen könnte.

Frau Ministerin! Ich fordere Sie auf, diese Politik zu überdenken. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.39

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. – Bitte.

16.39

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht ganz ernst zu nehmen war ja die Bemerkung des Kollegen Wattaul, als er meinte, die Eisenbahn nach St. Pölten gebe es seit 50 Jahren. (Abg. Wattaul: Den Bahnhof!) Ich möchte ihn da leicht korrigieren und kann ihn beruhigen: Die Eisenbahn nach St. Pölten gibt es seit weit über 100 Jahren. – Aber das nur so nebenbei.

Zum Zweiten – wozu ich auch klar Stellung beziehen möchte –: Die Sozialdemokraten waren nie gegen den Bau von Autobahnen und sind auch heute noch nach wie vor dafür, dass wir ordentliche Verkehrsanbindungen auch in Form von Autobahnen haben. – So viel dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Dritten: Ich freue mich darüber, dass die Petition des Abgeordneten Heinzl zum gewünschten Ziel geführt hat, nämlich eine deutliche Verbesserung des Lärmschutzes der Bevölkerung von St. Pölten sowohl an der Autobahn als auch an der Eisenbahn zu erreichen. Lärm ist ein Problem, und Lärmschutz soll dieses Problem lösen. Ich darf auch sagen, dass es auch dann, wenn keine Petition eingeleitet wird, zu Lärmschutzmaßnahmen kommt.

In diesem Zusammenhang möchte ich der Frau Bundesminister auch dafür danken, dass zum Beispiel in meinem Bezirk (Abg. Wattaul: Na siehst du!)  – ich stehe nicht an, das auch zu sagen, das ist gar keine Frage –, in Wien-Floridsdorf, ein für die anrainende Bevölkerung überaus wichtiges Lärmschutzprojekt rund um den Bahnhof Leopoldau durch die Unterschrift der Frau Bundesminister realisiert werden konnte. Die Österreichischen Bundesbahnen und die Stadt Wien verpflichten sich dabei per Vertrag, jährlich jeweils 25 Millionen Schilling, also gemeinsam 50 Millionen Schilling, für diesbezügliche Lärmschutzmaßnahmen für bereits bestehende Eisenbahnen in Wien aufzuwenden. Mit diesem Vertrag ist es auf jeden Fall gelun-gen, den Lärmschutz in Wien auch langfristig zum Wohle der Wiener Bevölkerung weiterzuentwickeln. Ich halte das für sehr positiv und für sehr gut.

Hohes Haus! Wenn wir hier heute von Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen reden, dann möchte ich diese Gelegenheit aber auch dazu benützen, Sie nochmals auf die konjunkturelle Situation hinzuweisen und auf die Notwendigkeit, Verkehrsinfrastrukturinvestitionen in Österreich so rasch wie möglich zu realisieren.

Österreich braucht zusätzliche Verkehrsinfrastruktur, um die Zukunftschancen zu wahren und die durch die EU-Ostöffnung bedingte Zunahme von Verkehrsaufkommen tatsächlich bewältigen zu können. Dabei geht es nicht darum, theoretische Konzepte hin- und herzuwälzen, sondern es geht darum, dass wir jetzt wirklich aktiv werden, denn die Zeit drängt. Dies ist auch ein


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Ergebnis des gemeinsamen Gesprächs mit der Frau Verkehrskommissarin de Palacio gewesen. Da haben wir ja gesehen, wie notwendig es ist, uns im Bereich der Verkehrsinfrastruktur rasch auf die Ostöffnung vorzubereiten.

Wir Sozialdemokraten haben – ich habe das schon ein paar Mal betont – schon längst ein Verkehrsinfrastrukturprogramm unter dem Motto "Weg in die Zukunft" erstellt und haben dieses auch an die verschiedensten Stellen, auch an die Frau Bundesminister, weitergeleitet. Dieses Programm beinhaltet natürlich nicht nur eine Finanzierungsvariante, sondern es widerspiegelt auch unserer Meinung nach, dass es nötig ist, diese Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur jetzt vorzuziehen, um einer sich immer mehr abzeichnenden Rezession, bei der mehr als 100 000 Bauarbeitern die Arbeitslosigkeit droht, vorzubeugen. Uns ist es wichtig, Arbeit zu schaffen, Infrastrukturprojekte zu finanzieren, und nicht hintennach dann Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Daher ersuche ich Sie, Frau Bundesminister, mit uns gemeinsam zu versuchen, auch diese Problematik möglichst rasch in den Griff zu bekommen.

Österreich hat in diesem Fall nichts von theoretischen Diskussionen, sondern jetzt gilt es zu handeln. Ich muss, nachdem ich auch erst letzte Woche in Brüssel war, auch feststellen, dass in Brüssel – das soll jetzt kein Vorwurf sein, sondern ich mache nur noch einmal darauf aufmerksam – die Transitfragen und die Verkehrsfragen Österreichs vielleicht nur bis zu Frau de Palacio, aber noch nicht viel weiter durchgedrungen sind. Ich glaube, Frau Bundesminister, dass wir sehr viele Verbündete brauchen werden, um all das zu realisieren, was wir in Österreich im Zusammenhang mit dem Transit Nord-Süd und Ost-West brauchen werden, auch im Rahmen des EU-Weißbuches und im Rahmen der "sensiblen Zonen". Hier werden wir wirklich Verbündete brauchen.

Ich darf Sie daher ersuchen – wir sind auch gerne bereit, da mitzuhelfen –, die anderen 14 EU-Staaten für diese zentrale Frage Österreichs im Verkehrsverbund Ost-West/Nord-Süd und auch in der Frage des Alpentransits zu sensibilisieren. Diesbezüglich bringt man uns im Rahmen der Europäischen Union noch wenig Verständnis entgegen. Hier gilt es wirklich, noch Verbündete zu finden. Ich kann nur empfehlen, jetzt rasch entsprechendes Lobbying zu betreiben.

Jetzt ist Handeln angesagt, sowohl bei der Errichtung der notwendigen Verkehrsinfrastruktur als auch bei der Einführung des LKW-Road-Pricings. Die Zeit des Planens und des Schönredens ist vorbei. Jetzt müssen wir handeln! – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste spricht Frau Bundesministerin Dr. Forstinger. – Bitte.

16.44

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Hohes Haus! Ich freue mich, dass Sie die vielen Bemühungen, die im Bereich Lärmschutz bereits unternommen wurden, sehr klar erkannt und auch unterstützt haben. Die in den Petitionen von Ihnen zum Ausdruck gebrachten Anliegen sind also bereits weitgehend realisiert worden.

Herr Abgeordneter Heinzl, ich habe es Ihnen auch schon im Verkehrsausschuss gesagt: Sie können sich darauf verlassen: Wenn ich Ihnen verspreche, dass wir mit dem Bau der Lärmschutzeinrichtungen auf der Autobahn noch dieses Jahr beginnen, dann wird auch damit begonnen. Die Vorbereitungen dafür sind im Gange. Es stehen uns noch mehr als zwei Monate zur Verfügung – das ist immerhin ein Sechstel des Jahres –, und wir werden in diesem Zeitraum mit der Realisierung beginnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was den Bereich des Lärmschutzes in St. Pölten betrifft, so habe ich Ihnen auch schon gesagt, dass die Errichtung dieser Lärmschutzvorkehrungen nicht nur in meinen Wirkungsbereich fällt. Sie wissen ganz genau, dass es hiezu Vereinbarungen mit der Stadt St. Pölten und dem Land geben muss, dass es anhand des abgeschlossenen Vertrages auch zu einer Vereinbarung darüber kommen muss, in welcher Form der Lärmschutz errichtet wird. Ich kann Ihnen eines


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versichern: Von den 2,8 Milliarden Schilling, die ausschließlich für Lärmschutzmaßnahmen reserviert sind, sind mit jetzigem Stand ohnehin nur 400 bis 500 Millionen Schilling abgeholt worden, obwohl mit allen Ländern entsprechende Verträge abgeschlossen wurden. Am Geld mangelt es also nicht.

Somit bitte ich auch um Ihre Unterstützung, damit auch Ihr Anliegen, Ihre Petition rasch umgesetzt werden kann. An meinen Geldmitteln wird es nicht mangeln, und meine Unterstützung haben Sie. Das habe ich Ihnen zugesagt. Somit können Sie Ihre Anliegen sehr rasch auch verwirklichen.

Ich möchte schon noch einen Punkt zum Thema Bahnhof St. Pölten ansprechen: Ich glaube, ich war noch nicht zwei Monate im Amt, als ich in St. Pölten war und mir die Situation dort angesehen habe. Dadurch wurde mir einmal mehr bestätigt, wie richtig ich bei der Bahnhofsoffensive reagiert habe. Es kann nicht sein, dass zehn, elf große Bahnhöfe, noch dazu in Ballungszentren, riesig ausgebaut werden, wenn ein solcher Ausbau durchaus auch durch Mitfinanzierung und Kostenbeteiligung – insofern als dort ja ein Mehrwert geschaffen wird und es dadurch auch zu Einnahmen von Dritten kommt – für uns günstiger zu realisieren ist, damit wir das Geld für andere Bahnhöfe haben.

Was nun ganz konkret den Bahnhof St. Pölten, also einer Landeshauptstadt, betrifft, so kann ich Ihnen nur darin Recht geben, dass ein Zustand mit all den Mängeln, die Sie aufgelistet haben, eines Bahnhofes in einer Landeshauptstadt nicht würdig ist. Ich bin aber, so wie ich gesagt habe, bereit, all diese Mängel, die Sie aufgelistet haben, rasch zu beheben, und die Planungen dafür sind im Gange. Aber auch hier gilt es, ein Gesamtkonzept inklusive den Vorplätzen, den zusätzlichen Nutzungsansprüchen wie etwa Park-and-Ride-Anlagen – all das, was Sie immer vorbringen – zu erstellen. Nur sind ja die Planungen nicht fertig! Daher: Je schneller das Konzept in Abstimmung auch mit der Stadt St. Pölten realisiert wird, umso schneller werden Sie auch hier Ihre Anliegen realisieren können.

Noch eines zum Thema Versprechungen – ich nehme ganz bewusst das Beispiel eines anderen Bahnhofes –: Es wurde etwa in Feldkirch von 180 Millionen Schilling gesprochen, die man für den Umbau des Bahnhofes braucht. Sie wurden von mir auch bereits freigegeben. Im Zuge der Diskussion um Behindertengerechtigkeit und Sauberkeit, die für mich sehr wichtig ist – für manche ist das eher eine lächerliche Diskussion, aber für mich ist ein Bahnhof eine Visitenkarte und muss daher einen entsprechenden Empfangsraum haben und auch sauber sein –, stellte sich dann heraus, dass man vergessen hatte, die für einen behindertengerechten Umbau des Bahnhofes notwendigen Planungen der Gleisanlagen durchzuführen! – Nur: Drei oder vier Minister vor mir haben immer schon versprochen, dass der Umbau durchgeführt wird. Wenn ich ein solches Projekt dann aber analysiere und feststellen muss, dass dafür noch weitere 600 Millionen zur Verfügung zu stellen sind und darüber hinaus die Planungen dafür nicht vorliegen und erst in den nächsten drei Jahren abgeschlossen werden können, dann wird auch klar, warum die Menschen auf Versprechungen von Politikern keinen Wert mehr legen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn drei Minister vorher versprechen, im nächsten Jahr kommt es, und dann sind nicht einmal die Planungen abgeschlossen, geschweige denn irgendwo auch Finanzmittel dafür reserviert, dann kann ich mir vorstellen, dass damit die Glaubwürdigkeit nicht wirklich unter Beweis gestellt wurde.

Bei mir aber können Sie sicher sein: Was ich verspreche, das halte ich ein – und das auch nachweislich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich danke auch Ihnen, Herr Abgeordneter Eder, dafür, dass Sie meine Verkehrspolitik so deutlich unterstreichen. Ich habe es Ihnen schon gesagt: Ich habe Ihr Konzept sehr genau gelesen. Es zeugt von einem Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik der SPÖ. Es ist ein in vielen Bereichen sehr durchgängiges Konzept, das mit unseren Ausarbeitungen absolut übereinstimmt. – Ich nehme an, dass manche Informationen durchaus auch von uns kommen. So


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soll es auch sein, denn ein Ministerium ist eine Servicestelle und steht allen Bürgern zur Verfügung.

Ich bin ganz bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass Ausbauvorhaben insbesondere Richtung Osten verstärkt werden müssen, weil hier – und ich erinnere daran, dass der Fall des Eisernen Vorhanges zehn Jahre her ist – großer Nachholbedarf besteht. Sie unterstreichen das in Ihren Forderungen immer wieder, und ich frage mich auch, warum die Spange Kittsee in den Planungen erst bis zum Jahr 2007 vorgesehen ist, wenn auf der anderen Seite die Planungen und auch die Ausbauten schon längst abgeschlossen sind. Es ist fast eine Schande, dass man auf österreichischer Seite auf einem Güterweg weiterfährt.

Meine Absicht ist es, auch für die Bauwirtschaft Impulse zu setzen, und zwar insbesondere im Infrastrukturbereich – nur kann das dann nicht gehen, wenn Projekte nicht fertig und Planungen in verschiedenen Bereichen immer wieder geradezu konterkariert und Kompetenzen nicht abgestimmt werden und wenn sich Projekte im Bund, in den Ländern oder Gemeinden auf unterschiedlichen Standards befinden. Dann kann das nicht gehen! Und der Grund dafür ist, dass in Österreich ein systematischer Plan in Bezug auf Infrastruktur-Ausbau bis jetzt gefehlt hat.

Meine Damen und Herren! Ich bin die Erste, die es – und nicht nur deshalb, weil ich die Verantwortung für alle Verkehrsträger habe – in die Hand genommen hat, mit allen Vertretern der Gesellschaften, der Ministerien, der Abteilungen, kurz: mit allen Betroffenen, einen Infrastruktur-Plan zu erstellen. Dieser wird bis Ende des Jahres fertig sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Hier möchte ich auch meinen großen Dank all jenen sagen, die an dieser Erstellung mitgearbeitet haben. Das war wirklich nicht leicht – das weiß ich –, da eben jahrzehntelang nur zwischen Schiene und Straße polarisiert, die Donau als Binnenschifffahrts-Träger überhaupt vergessen wurde – geschweige denn, dass man überhaupt nur daran gedacht hätte, einen Hafen, eine Verladestation auszubauen und die einzelnen Verkehrsträger zu vernetzen. – Aber dieses Manko wurde von uns in nur einem Jahr aufgeholt, und das ist eine Meisterleistung all jener, die daran mitgearbeitet haben.

Dass Druck in diese Richtung natürlich von der Politik kommen muss, ist klar. Als ich im Februar dieses Jahres das Ziel genannt und gesagt habe, dass ich das bis Ende des Jahres vorliegen haben will, habe ich von allen darauf zur Antwort bekommen: Das ist unmöglich; jahrzehntelang haben wir an diesen Projekten gearbeitet, es ist nicht zustande gekommen – warum sollte das daher jetzt in einem Jahr sein? – Und: Es wird fertig sein!

Gleichzeitig besteht doch darin jetzt die einzige Möglichkeit, Projekte überhaupt vorziehen zu können, weil man eben jetzt in einer solchen Planungsgruppe koordinieren und auch weitere Planungen durchführen kann, sodass anstehende Projekte endlich realisiert werden.

Morgen wird es den Spatenstich für den Bau der B 301 geben – mit einigem Risiko habe ich schon vorher gesagt, dass dieser Spatenstich durchgeführt werden wird – und damit eine 30 Jahre dauernde Diskussion über ein Projekt zu Ende sein, das für die Stadt Wien längst notwendig ist. Damit haben wir aber bei weitem noch nicht das erreicht, was für eine Weltstadt absolut erforderlich ist: Ein Außenring um die Stadt ist wichtig für Wien, nur: Es wurden Gebiete zu Naturschutzgebieten erklärt, es wurden viele Varianten diskutiert – und das so lange, bis die Bevölkerung den Glauben an die Politik fast schon gänzlich verloren hatte und nicht mehr daran geglaubt hat, dass diesbezüglich überhaupt irgendetwas realisiert wird, weil eben jahrzehntelang über Varianten lediglich diskutiert wurde und fast niemand mehr zu hoffen wagte, dass da etwas geschehen würde. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Martin Graf: 30 Jahre!)

Wir müssen also nicht nur strukturiert arbeiten, sondern den Bürgern auch klar sagen, wofür es diese Projektplanung gibt. Den Menschen lediglich zu sagen, was in ihrer Gegend gemacht werden wird, dann aber – da bin ich jetzt beim Thema Lärmschutz und den oft hohen Kosten


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dafür – sehr teuer investieren zu müssen, weil Straßen eben durch Siedlungsgebiete gebaut werden, ist keine Verkehrspolitik!

Ich weiß schon, dass es nicht angenehm ist, Verkehrspolitik für die nächsten 20 Jahre machen zu müssen, aber ich nehme das in die Hand, und zwar nicht nur durch diesen Plan, der erstellt wird, sondern eben auch durch Finanzierungspläne.

Da immer wieder behauptet wird, es gehe nichts weiter, es werde etwas gestoppt, möchte ich hier ganz deutlich sagen: 10 Milliarden Schilling wurden seitens meines Ministeriums für den Bahnausbau zur Verfügung gestellt, und zwar für Projekte, die höchst notwendig waren. Bauwirksam wurden davon bereits Projekte mit einem Bauvolumen von 3 bis 4 Milliarden Schilling. – Was soll das dann bitte heißen, wenn hier behauptet wird, das sei nicht so weit vorbereitet, dass es tatsächlich realisiert werden könnte?!

Im Zusammenhang mit dem Straßenbau-Sonderprogramm in Höhe von 900 Millionen Schilling für dieses Jahr kommen ungefähr 20 bis 25 Prozent wieder zurück – und das bitte deshalb, weil es nicht möglich war, verschiedene Projekte zu realisieren, weil es eben immer dann, wenn das Geld freigegeben wurde, noch irgendwo Zwistigkeiten gibt und Schwierigkeiten auftauchen, weil die Bevölkerung nicht in ausreichendem Maße darüber informiert wurde!

Das, meine Damen und Herren, muss sich aufhören! (Abg. Dr. Khol: Das muss sich aufhören!) Da muss es eine klare und geordnete Strukturierung geben; das ist das Wesentliche! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Anton Heinzl zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, dass Ihnen die betreffenden Bestimmungen der Geschäftsordnung ausreichend bekannt sind. – Bitte.

16.55

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Frau Bundesministerin, Sie haben gesagt, der Bahnhof St. Pölten könne deshalb nicht gebaut werden, weil es kein Projekt gäbe.

Ich stelle richtig: Es gibt für den Bahnhof der Landeshauptstadt St. Pölten sehr wohl ein fertiges Projekt, ein Projekt, das im Zuge der Güterzugumfahrung St. Pölten erstellt wurde. Dieses Projekt Güterzugumfahrung wurde jedoch, wie wir wissen, von Ihrem Vorgänger, Frau Bundesminister, gestoppt – und das wurde von Ihnen sogar noch bekräftigt. Und deshalb haben wir in St. Pölten noch immer keinen ausgebauten Bahnhof. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Das war eine tatsächliche Bestätigung!)

16.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Weinmeier. – Bitte.

16.55

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass Herr Abgeordneter Eder – zum Unterschied von Herrn Abgeordnetem Heinzl – seine Bereitschaft kundgetan hat, zukünftig konstruktiv an der Lösung von Verkehrsproblemen mitzuarbeiten, insbesondere an der Lösung des Transitproblems. Vielleicht könnte Herrn Abgeordnetem Heinzl einmal jemand klarmachen, dass die Gemeinderatswahlen in St. Pölten schon am 7. Oktober waren – und dass dort nicht nur die FPÖ, sondern auch die SPÖ verloren hat! Daher sollten Sie nicht mit dem Finger auf uns zeigen, Herr Kollege Heinzl! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! In der Petition Nr. 17 von Herrn Abgeordnetem Heinzl wird die Einführung von Tempolimits auf der Autobahn bei St. Pölten gefordert. – Dazu ist zunächst einmal in der Sache selbst festzustellen, dass für die Einführung einer derartigen Geschwindigkeitsbe


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schränkung natürlich ein Verfahren gemäß der Straßenverkehrsordnung notwendig ist. In einem solchen Verfahren muss festgestellt werden, dass es tatsächlich eine Überschreitung der Grenzwerte gibt, damit eine Beschränkung erlassen werden kann. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde 1999 von der Niederösterreichischen Landesregierung durchgeführt: Bei diesen Messungen wurden aber keine Überschreitungen der Grenzwerte festgestellt. – Eine solche Weisung, Herr Abgeordneter Heinzl, wie Sie sie in Ihrer Petition verlangen, wäre daher anfechtbar – und auch gesetzwidrig.

Natürlich ist klar, dass Lärm ein subjektives Empfinden ist und dass die Anrainer in diesem Bereich seit vielen Jahren stark unter dieser Lärmbelästigung leiden. Die Anrainer dort versuchen daher schon seit vielen Jahren – konkret: seit mehr als zehn Jahren! –, Lärmschutz-Einrichtungen zu bekommen. Das ist ja bereits eine fast unendliche Geschichte!

Interessant dabei ist allerdings, dass Herr Abgeordneter Heinzl just jetzt aktiv wird, da es eben keinen sozialistischen Verkehrsminister mehr im Amte gibt, sondern da es in einer freiheitlichen Ressortverantwortlichkeit liegt. (Zwischenruf des Abg. Heinzl. )

Herr Abgeordneter Heinzl, wo waren Sie denn beispielsweise unter einem Verkehrsminister Klima? Wo waren Sie unter einem Verkehrsminister Scholten? Wo waren Sie unter einem Verkehrsminister Einem? (Abg. Dr. Martin Graf: Am Buffet war er Kaiser!)  – Damals haben Sie sich nicht zu Wort gemeldet, Sie haben jahrelang nichts für lärmgeplagte Anrainer im Bereich der A 1 bei St. Pölten getan! Und das ist eine unglaubwürdige Politik, Herr Kollege Heinzl!

Weiters ist interessant, dass diese Petition auch keinen Verantwortlichen nennt – also offenbar hat Herr Abgeordneter Heinzl selbst als Abgeordneter diese Petition eingebracht, weil er offensichtlich keine fünf Kollegen in seiner Fraktion gefunden hat, die ihm einen solchen Antrag unterschrieben hätten.

Herr Kollege Heinzl – wie bereits von Frau Minister Forstinger ausgeführt –: Sie kommen auch in dieser Sache wieder einmal zu spät! Frau Minister Forstinger hat da wirklich sehr rasch reagiert. Was Klima, Scholten und Einem in zehn Jahren nicht zusammengebracht haben, wurde von ihr in kürzester Zeit in die Wege geleitet. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wie bereits gesagt wurde: Baumaßnahmen zur Errichtung mobiler Lärmschutzwände dort werden noch in diesem Jahr beginnen und im Frühjahr nächsten Jahres abgeschlossen sein. – Das heißt, diese Petition ist insofern obsolet, als entsprechende Maßnahmen bereits eingeleitet wurden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. – Bitte.

16.59

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Nachdem sich heute Vormittag Herr Klubobmann Khol und auch Kollege Ofner als "Schläfer" hier in diesem Hause geoutet haben, möchte ich Sie zu Ihrer gesegneten Eigenschaft zwar beglückwünschen, Ihnen aber schon sagen: Das ist eine Eigenschaft, der die Anrainer an den Transitrouten leider nicht nachkommen können, weil sie eben durch eklatanten Verkehrslärm dabei gestört werden. (Abg. Dr. Khol: Deswegen muss ich ja da schlafen!) Sie aber outen sich – trotz des Lärmpegels manchmal hier im Hohen Hause – als "Schläfer"! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Frau Bundesminister! Ich möchte aber die Anrainer an den Transitrouten nicht vergessen und mich heute auf eine Petition beziehen, deren Behandlung im letzten Verkehrsausschuss vertagt wurde. Es handelt sich um jene Petition, in der gefordert wird, dringend dafür zu sorgen, dass möglichst schnell die Lärmplage für die Anrainer der Inntal Autobahn in zwei Erler Ortsteilen durch die Errichtung einer Lärmschutzwand gemildert wird – eine Petition der Abgeordnetenkollegin Haller, die eigenartigerweise über Antrag ihrer eigenen Fraktion im Verkehrsausschuss vertagt wurde, und zwar mit der Ausrede, dass die Finanzierung nicht gesichert sei und dass


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sich in dieser Angelegenheit die Bundesministerien für Finanzen und Verkehr und das Außenministerium noch zu verständigen hätten.

Am 22. Oktober nach entsprechender Intervention von uns, im Besonderen von mir im Verkehrsausschuss und in der Öffentlichkeit, lesen wir in der "Tiroler Tageszeitung": "Bund zahlt Millionen für Lärmschutz". Möglich geworden sei diese Finanzierung erst durch den Einsatz von Klubobmann Khol und Kollegen Schweisgut und auf Grund ihrer Kontakte zum CSU-Clubobmann im bayerischen Landtag sowie durch das Einschalten von Außenministerin Ferrero-Waldner. ",Das notwendige Geld‘", schreibt die "Tiroler Tageszeitung", ", – 25 Mio. S (1,8 Mio €) – von der Asfinag ist verfügbar, die Deutschen stimmen dem Bau zu. Was jetzt noch fehlt, ist lediglich die formale Zustimmung unseres Finanzministers.‘" – Eine wesentliche Zustimmung, die notwendig sein sollte.

Aber alles, was hier auch als Ihr Erfolg verkauft wird, war eigentlich schon seit Wochen, also schon vor der Sitzung des Verkehrsausschusses vom 11. Oktober 2001, bekannt (Abg. Dr. Khol: Stimmt nicht!), und doch wurde vertagt und uns eigentlich nicht die Wahrheit gesagt. Aus verlässlichen Informationen, Herr Klubobmann, weiß ich, dass die gesamte Planung für den Lärmschutz der Gemeinde Erl schon seit Wochen abgeschlossen und im Bauprogramm mit eben diesen 25 Millionen Schilling Kosten verankert war.

Für Lärmschutzwände von 2,5 Metern im Mittel war der Kostenträger auch schon seit längerem bekannt, nämlich die ASFINAG. Ebenso lange besteht dazu ein Übereinkommen mit der deutschen Autobahnverwaltung. Demnach war Deutschland – und das war ebenfalls schon bekannt – bereit, den dafür notwendigen Grund bereitzustellen und die Instandhaltung zu übernehmen. Diese Bereitschaft wieder aufgerechnet auf zehn Jahre bringt noch einmal 20 bis 25 Millionen Schilling. Davon ist in Ihrem Bericht nicht die Rede.

Was ist jetzt mit dieser Bereitschaft von Deutschland? Ist diese noch immer vorhanden?

Gescheitert ist die bereits fertige Umsetzung dieser Planung am Bundesministerium für Finanzen und am Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, die dafür offensichtlich keine Regelung finden konnten. Man kann von diesen Informationen ausgehend sagen, dass die Ministerialbürokratie den Bau von Lärmschutzwänden für Erl verhindert. Ich glaube erst dann daran, dass diese Lärmschutzwände errichtet werden, nachdem der Baubeginn tatsächlich stattgefunden hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Das heißt, dass Sie das alles gewusst haben, auch Ihr Ministerium. Es ist offensichtlich unfähig, ein bilaterales Übereinkommen beziehungsweise ein zwischenstaatliches Pilotprojekt zum Schutz der Erler Bevölkerung zu realisieren, und das in Zeiten der EU und internationaler Verbindungen.

Frau Bundesministerin! Warum sind derartige Versäumnisse möglich? Hier liegt doch die Verantwortung bei Ihnen. Offensichtlich schlafen die Verantwortlichen des Bundesministeriums für Finanzen und Ihres Ministeriums zum Schaden der lärmgeplagten Bevölkerung in Erl und an den Transitrouten. Ich hoffe, das wird geändert und nicht weiterhin ständig alles vertagt. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

17.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 796 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 798 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist ebenfalls einstimmig angenommen.

10. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition (14/PET) betreffend "Erhöhung der Verkehrssicherheit am Beispiel von optisch verzerrten Zebrastreifen", überreicht vom Abgeordneten Emmerich Schwemlein (797 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.05

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass diese Petition bei allen auf Zustimmung stoßen wird, und zwar schon allein aus dem Grund, weil die Umsetzung keine Kosten verursacht.

Was bedeutet diese Petition im Detail? – Es geht darum, die Straßenverkehrsordnung dahin gehend zu ändern, dass dort, wo es Sinn macht, wo Sachverständige feststellen, dass es durchaus zu einer Verbesserung der Verkehrssicherheit führt, optisch verzerrte Zebrastreifen aufgetragen werden können.

Was sind optisch verzerrte Zebrastreifen? – Es handelt sich dabei nur um eine besondere Form der Aufbringung von Flächen, die beim herannahenden Autofahrer den Eindruck erwecken, dass eine Bodenschwelle vorhanden ist. Das heißt, dass diese vermeintliche Bodenschwelle klarerweise eine Reaktion beim Autofahrer auslöst, und zwar Reduktion der Geschwindigkeit, wobei eine geringere Geschwindigkeit klarerweise größere Sicherheit für die Fußgänger bedeutet. (Zwischenruf des Abg. Mag. Mainoni. )

Lieber Kollege Mainoni! Jetzt bin ich schon so lange im Haus und du auch, aber ich habe von dir noch nie einen gescheiten Zwischenruf gehört. Also ich bleibe noch lange hier herinnen, vielleicht erlebe ich einmal einen gescheiten. (Beifall bei der SPÖ.) Aber ich glaube, das wird nicht gelingen.

Meine Damen und Herren! Ein zweiter wesentlicher Punkt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. ) – Der Jungsekretär! Na bitte, hast du irgendetwas Wichtiges zu sagen? (Abg. Mag. Schweitzer: Ja, ich habe etwas Wichtiges zu sagen!) Danke.

Meine Damen und Herren! Kollege Scheuch hat im Ausschuss eine meiner Ansicht nach sehr wichtige Botschaft übermittelt und etwas unterstrichen, worauf es mir bei dieser Petition auch ankommt. (Abg. Mag. Schweitzer: Von wem stammt das, was du ändern willst?) Hinter dieser Petition steckt eine sehr umfangreiche Arbeit von Schülerinnen und Schülern des Bundes-Oberstufenrealgymnasiums in Mittersill. Diese jungen Leute haben sich sehr engagiert mit dem Projekt auseinander gesetzt, das – und ich konnte das mit einem kurzen Video im Ausschuss belegen – in anderen EU-Staaten bereits umgesetzt wird. Diese jungen Leute glauben fest daran, dass sie mit einem Projekt in der Lage sind, in Österreich eine Veränderung herbeizuführen, eine Veränderung der Rechtsgrundlage, eben der Straßenverkehrsordnung, in der die Zebrastreifen verankert sind.


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Ich meine, wir sollten dieses Engagement und den positiven Glauben an direkte Demokratie unbedingt unterstreichen, wie es auch Kollege Scheuch richtigerweise getan hat. Es geht um das Erfolgserlebnis von Menschen, darum, dass sie etwas bewirken und verändern können. Daher bin ich zum einen dankbar dafür – und ich spreche das offen aus –, dass im Ausschuss ein Vier-Parteien-Entschließungsantrag eingebracht und im Ausschuss von allen vier Parteien klarerweise auch angenommen wurde. (Beifall bei der SPÖ.) Danke. Der Dank gilt allen Fraktionen.

Meine Damen und Herren! Dieser Entschließungsantrag, der auch hier zur Debatte steht, beinhaltet sehr viele Konjunktive. Das mag durchaus in Ordnung sein, aber was ich mir wünsche, ist: Gehen wir mit dem Anliegen junger Leute eben nicht in einer wohlwollenden Art und Weise, wie es Politiker so gerne machen, um! Vertrösten wir nicht und schieben wir nicht hinaus, sondern bieten wir ihnen durch das rasche Umsetzen – und diese Bitte geht direkt an Sie, Frau Bundesministerin – die Erfahrung eines Erfolgserlebnisses, des Erfolgserlebnisses, dass eben dort, wo man der Auffassung ist, dass der Fließverkehr durch einen optisch verzerrten Zebrastreifen verlangsamt werden kann, ein solcher angebracht wird!

Wenn wir diesen Beschluss hier fassen, die Frau Bundesministerin die Umsetzung rasch vorantreibt und die StVO um diese Bestimmung novelliert oder erweitert werden kann, dann ist es uns gelungen, einerseits einen Beitrag zur Verkehrssicherheit zu leisten und andererseits bei der Jugend die Glaubwürdigkeit der Politik zu steigern. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kampichler. Freiwillige Redezeitbegrenzung: 3 Minuten. – Bitte.

17.11

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Projektarbeit der Klasse 7b des BORG Mittersill hat mich ebenfalls fasziniert. Schüler und Lehrer haben sich gemeinsam mit Verkehrssicherheit auseinander gesetzt. Sie haben für die schwächsten Verkehrsteilnehmer – das sind vielfach auch Kinder und Jugendliche, die eines besonderen Schutzes bedürfen – ein Projekt ausgearbeitet, das wirklich beeindruckend ist. – Mein Vorredner hat das sehr deutlich dargestellt, und ich kann mich dem nur anschließen.

Die jungen Leute haben das Gefahrenpotenzial erkannt, sie haben nicht einfach kritisiert und geschimpft, sondern haben sich hingesetzt und ein Konzept ausgearbeitet, das wirklich sehr beeindruckend ist.

Meine geschätzten Damen und Herren! Die Verkehrsfachleute werden jetzt zu prüfen haben, wie weit dieses Projekt in die Realität umgesetzt werden kann, aber ich bin bei Ihnen, Kollege Schwemlein: Wir sollten den jungen Leuten auf alle Fälle signalisieren, dass das, was sie erbracht haben, etwas Wichtiges war. Wenn es geht, sollte man es natürlich umsetzen, um einfach auch seitens der Politik Signale zu setzen, dass sehr wohl, wenn sich jemand engagiert, das auch angenommen wird. Da bin ich bei Ihnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verkehrssicherheit ist natürlich ein sehr sensibler Bereich, das sind immer äußerst aktuelle Themen. Unser Bundesland Niederösterreich mit Landeshauptmann Pröll an der Spitze hat eine Aktion ins Leben gerufen und damit ein gewaltiges Echo ausgelöst. Wir haben immerhin für die "Aktion Schutzengel", wie sie genannt wird, zehntausend Anregungen bekommen. Das Interessante ist, dass sehr vieles davon realisierbar war. Zwei Drittel dieser Anregungen aus der Bevölkerung konnten zum Wohle der Bürger bereits umgesetzt werden.

Ich habe das auch in meiner Gemeinde erlebt und möchte dem Herrn Landeshauptmann sehr herzlich dafür danken. Er hat sich um unsere Schulbushaltestelle, um Änderungen in diesem Bereich und um noch zwei weitere Projekte verdient gemacht.


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Meine geschätzten Damen und Herren! Immerhin konnten so genannte 700 Punkte durch bauliche Veränderungen im Sinne der Bürger sicherer gemacht werden. Es waren dies Kreuzungen, es waren dies insgesamt 130 Kreisverkehre, und es waren 1 000 Kilometer Ortsdurchfahrten, die dabei sicherer gestaltet werden konnten.

Das Land hat auch 30 mobile Tempoanzeiger angekauft, und 300 Gemeinden, die sich diese Tempoanzeiger ausborgen können, haben sich bereits dafür interessiert; diese sind also praktisch wöchentlich in einer anderen Gemeinde im Einsatz. Und dort, wo diese Tempoanzeiger stehen, zeigt sich, dass sie ein sehr wirksames Mittel gegen Schnellfahrer sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind zwei gute Beispiele dafür, wie gemeinsam zwischen der betroffenen Bevölkerung und den Verantwortlichen auf Landes- und Bundesebene gute Lösungen gefunden werden können. Ich würde mir wünschen, dass wir auch in anderen Bereichen auf diese Weise zum Wohle der Sicherheit der Bürger unseres Landes vorgehen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sodian. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.14

Abgeordneter Andreas Sodian (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Verkehrsministerin! Meine Damen und Herren! Da Kollege Schwemlein das Projekt schon ausführlich erläutert hat, möchte ich mich auf einige konkrete Zahlen der Unfallstatistik beschränken.

Diese Unfallstatistik 2000 stellt in Bezug auf die Fußgänger in Österreich eine traurige Bilanz dar. Bei den im Vorjahr über 4 000 passierten Unfällen mit Fußgängerbeteiligung wurden über 140 Fußgänger getötet. Der Anteil der getöteten Fußgänger an den insgesamt getöteten Verkehrsteilnehmern macht 14 Prozent aus, und im Ortsgebiet sind es sogar 39 Prozent.

Kinder und Senioren zählen zu den schwächsten Verkehrsteilnehmern und tragen ein sehr hohes Risiko, im Straßenverkehr verletzt zu werden. Die seit 1994 geltende Regelung, wonach Fußgänger auf Schutzwegen Vorrang haben, kann dabei nicht oft genug in Erinnerung gerufen werden. So wurde bei einer jüngst durchgeführten Untersuchung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit festgestellt, dass in der Nacht nur 17 Prozent der Fahrzeuglenker bereit sind, für einen am Gehsteig wartenden Fußgänger anzuhalten. Am Tag beträgt der Anteil auch nur 41 Prozent. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Auch dazusagen muss man, dass Untersuchungen gezeigt haben, dass 63 Prozent der beobachteten Personen den Schutzweg nicht ordnungsgemäß überqueren, was ebenfalls ein hohes Risiko darstellt.

Mit gezielten Maßnahmen muss die Zahl der im Straßenverkehr verletzten und getöteten Fuß-gänger gesenkt werden. Unsere Verkehrsministerin Forstinger hat deshalb ein Verkehrssicherheitsprogramm in Auftrag gegeben, das die Sicherheit im Straßenverkehr insgesamt und für die Fußgänger und da insbesondere für Kinder erhöhen soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die vorgelegte Petition betreffend Erhöhung der Verkehrssicherheit am Beispiel von optisch verzerrten Zebrastreifen wurde in der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses zum Anlass genommen, einen Entschließungsantrag aller vier Parlamentsparteien einzubringen. Im Zuge der Erarbeitung des geplanten österreichischen Verkehrssicherheitsprogramms soll dieser Vorschlag betreffend Anbringung verzerrter Schutzwegmarkierungen sowie anderer Varianten von Schutzwegen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit beitragen und einer Evaluierung unterzogen werden.

Die mangelnde Einhaltung der Anhaltepflicht vor Schutzwegen und die hohe Zahl von Unfällen auf diesem haben Verkehrsministerin Forstinger zu Sofortmaßnahmen veranlasst. So soll das


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Signalbild ebenso verbessert werden wie die Beleuchtung der Schutzwege. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch bauliche Maßnahmen werden in manchen Fällen notwendig sein, um verbesserte Sicht und Zufahrtsbereiche zu gewährleisten. Auch werden seitens des Verkehrsministeriums Gespräche mit dem Innenministerium geführt, um eine verstärkte Überwachung zu garantieren.

Bei der Schulwegsicherheit will sich die Frau Bundesministerin für die Umsetzung empfohlener Programme der Verkehrsklubs Österreichs einsetzen. Eine überwiegende Anzahl von Verkehrstoten könnte laut einer Studie jedes Jahr vermieden werden, vor allem sollen weitere Aufklärung, Vorbeugung und entsprechende Kontrollen dazu beitragen, dass in den nächsten Jahren viele weitere Todesopfer im Straßenverkehr verhindert werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

17.18

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Modellprojekt, das von jungen Leuten entwickelt wurde, um unter Ausnützung von wahrnehmungspsychologischen Gegebenheiten die Bremswirkung vor Zebrastreifen zu erhöhen, ist sicher eine interessante Sache, die wir alle unterstützen sollten, was wir auch gemacht haben, denn das angesprochene Problem würde ich nicht unterschätzen.

Die Verwilderung der Sitten auf den Straßen nimmt zu. Die Autofahrerinnen und Autofahrer sind immer weniger bereit, für am Zebrastreifen wartende Fußgängerinnen und Fußgänger zu bremsen. Es gibt sogar relativ deprimierende Untersuchungen, aus denen hervorgeht, dass man am wenigsten gern für einen älteren Mann bremst. Sogar eine Frau mit Kinderwagen ist in Bezug auf die Bremsbereitschaft relativ weit hinten gereiht. Daher würde ich schon meinen, dass es damit nicht getan sein kann.

Dieses Experiment finde ich interessant und wichtig, das sollen und können wir machen. Ich glaube aber, dass mit einem Maßnahmenbündel, mit vielfältigen unterschiedlichen Ansätzen die Befolgung des Respekts vor dem Zebrastreifen wieder erhöht werden soll. Das ist eine Zumutung für alle Menschen, die zu Fuß gehen. Auch wenn Leute 30 cm neben dem Zebrastreifen die Straße betreten, ist es meiner Überzeugung nach keine Rechtfertigung für den Autofahrer, dass er sich deswegen nicht einmal einbremst, schon gar nicht, wenn Leute mit Kindern oder mit Gepäck über die Straße gehen wollen.

Ich meine, dass dieses Projekt ein Auslöser sein soll, uns mit der Frage des Respekts vor Fußgängern, vor den Schwächeren im Verkehrsgeschehen, intensiver zu beschäftigen und uns noch ein bisserl mehr als nur dieses Projekt einfallen zu lassen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Dipl.-Ing. Forstinger. – Bitte.

17.20

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bedanke mich herzlich für die breite Unterstützung zum Thema Verkehrssicherheit. Es kann einem nichts Besseres passieren, als dass die wirklich starken Intentionen, die wir zurzeit im Laufen haben, eine derartige Unterstützung bekommen.

Ich freue mich auch, dass gerade dieses Thema "Schutzwege" so exakt in dieses Programm passt. Herr Abgeordneter Schwemlein! Wir haben schon im Verkehrsausschuss darüber gesprochen. Ich habe Ihnen auch versprochen, dass wir die Themen: gesamte Überarbeitung der


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Frage der Schutzwege, der Anlage, des Abstandes der Schutzwege – Herr Abgeordneter Sodian hat heute schon einige Punkte im Detail angeführt – sicherlich aufgreifen werden. Ich habe Ihnen auch versprochen, dass wir ein Pilotprojekt durchführen werden.

Sie haben die Konjunktive angesprochen und gefragt, wann das umgesetzt wird. Ich darf mich darauf berufen, dass es eine Gewaltentrennung gibt, dass Sie die Gesetzgebenden sind. Sie haben von mir jede Unterstützung, denn gerade das Thema "Schutzweg" ist ein Teil unseres großen Verkehrssicherheitsprogramms, das wir in diesem Jahr noch ausarbeiten werden.

Ich sage allen herzlichen Dank, die bereits jetzt eingebunden sind und damit auch helfen, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung gegeben ist, denn wir sind immer von Anlassgesetzgebungen getrieben. Es gibt folgenschwere Unfälle, und dann wird überlegt: Was kann man machen? Was könnte man in ein Gesetz übernehmen? Welche Maßnahmen sind zu treffen?

Dieses Paket, das gemeinsam mit den Ländern, aber selbstverständlich auch mit allen Verkehrssprechern hier im Parlament und allen Betroffenen bis hin zu den Autofahrerklubs ausgearbeitet wurde, befindet sich nun in den Endzügen der Verhandlung, und es ist ganz wesentlich, dass es auch von der gesamten Bevölkerung angenommen wird.

5 Millionen Autofahrer sind 5 Millionen Experten. Ich nehme nur den Individualverkehr als einen Teil heraus; dazu gibt es immer wieder viele Diskussionen. Wichtig ist mir, dass Maßnahmen, die auch schon international zu Erfolgen geführt haben, bei uns auch entsprechend eingeführt werden. Wir brauchen das Rad nicht immer neu zu erfinden. Daher ist es sehr wesentlich, dass wir zu diesem Thema eine so klare, einheitliche Sprache sprechen.

Ganz wichtig ist aber auch, dass wir Ziele vereinbaren. Das hat es bisher noch nicht gegeben. In unserem Vorschlag ist eine Reduktion der Zahl der Verkehrstoten um 50 Prozent innerhalb der nächsten zehn Jahre enthalten. Ich hoffe, das wird uns gelingen, denn es ist erwiesen, dass Länder, die klare Ziele vereinbaren, die Maßnahmen auch besser überprüfen, die Realisierung vorantreiben und somit auch diese Ziele erreichen. Daher wird es in diesem Nationalen Verkehrssicherheitsprogramm, das es erstmals geben wird, auch eine klare Zielvereinbarung geben, wobei das Thema "Fußgänger-Schutzwege" deutliche Priorität hat. Darüber hinaus gibt es aber auch noch viele Maßnahmen in Bezug auf Bewusstseinsbildung.

Ich habe auch gerne Ihre Anregungen zur Bewusstseinsbildung aufgegriffen. Ein erster Schritt dazu sind Gurte, Abstand und Kindersicherheit. Ich hoffe, Sie haben die Kampagnen und die Aktivitäten bereits gesehen. Ganz wesentlich ist, dass wir nicht immer nur die Bestrafung, die Sanktionierung im Auge haben sollten, sondern die Bewusstseinsbildung. Wir sollen wissen, welchen Gefahren wir uns aussetzen, aber auch, welchen Gefahren wir die anderen aussetzen, wenn wir am Verkehrsgeschehen, mit welchem Verkehrsträger auch immer, teilnehmen.

Es gibt so viele Erkenntnisse aus den Analysen und Berichten, die vorgelegt wurden, wobei ich selbstverständlich die vorgelegenen Expertenberichte auch in dieses Programm mitaufgenommen habe. Aber ein ganz wesentlicher Punkt, der auch verdeutlicht, was bisher nicht geschehen ist, ist: Wenn man bei einer Analyse der Unfallhäufungspunkte draufkommt, dass 400 Millionen Schilling zur Wiederherstellung von besonderen Infrastrukturen, um die neuralgischen Unfallhäufungspunkte zu bereinigen, erforderlich sind, dann muss man sich überlegen: Was wurde in den letzten Jahren getan, um solch neuralgische Punkte überhaupt zu vermeiden?

Daher wird ein wesentlicher Punkt die Überprüfung von neuen Straßen, von neuen Verkehrswegen auf Sicherheitsaspekte hin sein, damit wir nicht im Nachhinein wieder reparieren müssen.

Dass Tunnelsicherheit, Baustellensicherheit wesentliche Aspekte im Infrastrukturbereich sind, versteht sich von selbst. Aber ganz wichtig ist mir die Bewusstseinsbildung, und daher freue ich mich über den breiten Konsens, denn nur dadurch ist es auch möglich, dass die Bürgerinnen und Bürger immer wieder darauf Rücksicht nehmen und auch darauf aufmerksam gemacht werden, welche Gefahren es gibt. – Vielen Dank. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.24


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81. Sitzung / Seite 138

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Binder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.25

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Projekt "verzerrter Zebrastreifen" ist die Fortsetzung eines Projektes der Schülerinnen und Schüler aus Mittersill zum Thema "sicherer Schulweg". Für das vorangegangene Projekt wurde dieser Klasse seitens des Kuratoriums für Verkehrssicherheit ein Verkehrssicherheitspreis überreicht. Dafür ist diesen Schülerinnen und Schülern zu gratulieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ziel dieser Petition, meine Damen und Herren, ist es, eine Rechtsgrundlage zu schaffen, die es erlaubt, die in der EU schon eingesetzten verzerrten Zebrastreifen auch in Österreich anbringen zu können. Frau Ministerin! Sie haben gemeint, wir seien die Gesetzgeber. Ich hoffe stark und appelliere an die beiden Regierungsparteien, dass diese verzerrten Zebrastreifen tatsächlich eine Rechtsgrundlage finden.

Einige Punkte noch zu den Hauptgefahren, die Kinder im Straßenverkehr vorfinden. Ein Beispiel dazu: Ein Autofahrer bleibt stehen, lässt ein Kind über den Zebrastreifen gehen. Hinter dem wartenden Auto überholt ein rücksichtsloser Lenker, der das Kind nicht sieht, weil es vom wartenden Auto verdeckt ist. Zweiter Gefahrenbereich sind die Schulbushaltestellen, bei denen besondere Vorsicht geboten ist. Der dritte Bereich ist, dass Kinder schon vor dem Zebrastreifen und vor Ampelregelungen zu laufen beginnen und deshalb oft sehr unerwartet auf die Straße kommen. Das heißt für den Autofahrer: langsam und bremsbereit fahren. Und der vierte Bereich sind die Landstraßen, wo vor allem Fußgänger vielen Gefahren ausgesetzt sind.

Kollege Sodian hat schon einige Zahlen aus der Unfallbilanz 2001 präsentiert. Der Bericht zeigt eindeutig: Nach wie vor sterben täglich drei Menschen auf unseren Straßen. Mit 4 181 verletzten und getöteten Kindern verunglückt nach wie vor durchschnittlich alle zwei Stunden ein Kind im österreichischen Straßenverkehr. Etwa 40 bis 45 Prozent der Unfälle mit tödlichem Ausgang auf Österreichs Straßen sind auf nicht angepasste Geschwindigkeiten zurückzuführen.

Meine Damen und Herren! Die Kinder sind die schwächsten Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr. Jeder siebente Verkehrsunfall, bei dem ein Kind verletzt wird, ereignet sich auf dem Weg zur Schule. 80 Prozent aller Unfälle mit Kindern passieren allerdings in der Freizeit, denn mehr als 30 Prozent der Autofahrer halten sich nicht an das Verkehrslimit von 50 km/h im Ortsgebiet.

Was heißt das? – Es ist eine traurige Tatsache, wie es Ing. Erwin Schrammel, der Leiter des KFV-Instituts für Verkehrstechnik und Unfallstatistik ausdrückt: Rund 4 000 verletzte Kinder und 50 bis 60 getötete Kinder jährlich sind Opfer eines Straßenverkehrs, in dem die schwachen und angepassten Verkehrsteilnehmer und -teilnehmerinnen nur allzu oft "unter die Räder" kommen.

Deshalb, meine Damen und Herren, bin ich sehr froh über diese Entschließung des Verkehrsausschusses. Ich denke nur, den Worten müssen Taten folgen. Jede Maßnahme, die Unfälle reduziert, ist zu begrüßen. Das Engagement und der Einsatz von SchülerInnen wäre dadurch von Erfolg gekrönt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Scheuch. – Bitte.

17.29

Abgeordneter Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Ministerin! Ich habe mich nicht deshalb zu Wort gemeldet, um Gesagtes zu wiederholen oder um die Debatte unnötig zu verlängern, sondern deshalb, weil mir diese Sache eine Herzensangelegenheit ist. Ich kann wirklich nachvollziehen, wie sich die jungen Leute, die da so engagiert gekämpft haben, fühlen. Das hat vielleicht auch den Grund,


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81. Sitzung / Seite 139

dass ich selbst in meiner Heimatgemeinde vor nunmehr über zehn Jahren einen Pilotversuch zur Sicherung eines Schutzweges gestartet habe. Es war dies damals eine faseroptische Leiteinrichtung. Auch ich bin als junger Mensch zu den Politikern gegangen, damals zu Landesrat Grasser – ich kann mich gut erinnern, ich war sehr beeindruckt –, und weiß noch sehr genau, wie stolz ich gewesen bin, als "meine" Ampelanlage gestanden ist. Ich glaube auch, dass man damit die Verkehrssicherheit verbessern konnte.

Deswegen ist es wichtig und ein Gebot der Stunde, dass man den jungen Leuten Gehör schenkt und sozusagen ihr Vertrauen in die Politik in der Weise stärkt, dass sie unterstützt werden. Ich hoffe, dass es in diesem Bereich zu einem Feldversuch, verbunden mit genauen Beobachtungen, kommen wird. Vielleicht wird dann durch diesen Versuch und durch das Engagement einiger junger Leute auch die Sicherheit von Fußgängern erheblich verbessert.

Die Frau Minister hat im Ausschuss versprochen, dass sie das durchführen wird, und das ist einer der vielen Gründe dafür, dass ich auch auf sie sehr stolz bin. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. – Ich bitte, Platz zu nehmen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht 797 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 797 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese Entschließung ist ebenfalls einstimmig angenommen. (E 101.)

11. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Petition (18/PET) betreffend "gegen die Schließung der Bahnhöfe Gröbming, Rottenmann, Trieben und St. Michael für den IC-Verkehr", überreicht von Abgeordneter Mag. Brunhilde Plank (799 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als erster Redner Herr Abgeordneter Horn. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.32

Abgeordneter Josef Horn (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Im Dezember 2000 wurde von meiner Kollegin Brunhilde Plank eine Petition eingebracht, die sie nun leider nicht mehr selbst vertreten kann. Als die Bestrebungen der Österreichischen Bundesbahnen bekannt wurden, im Bereich der Bahnhöfe St. Michael, Trieben, Rottenmann und Gröbming die IC-Halte zu streichen, in Zukunft die genannten Bahnhöfe nicht mehr anzufahren, war die davon betroffene Bevölkerung – Schüler, Studenten, ältere Menschen, Tagespendler – sehr aufgebracht und hat sich an die Abgeordnete Plank um Unterstützung gewandt.


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81. Sitzung / Seite 140

Als Begründung für die Streichung der IC-Halte wurde von Seiten der Österreichischen Bundesbahnen angegeben, dass die Bahn nicht mehr konkurrenzfähig sei und im Verhältnis zum Auto eigentlich schon den zweiten Rang einnehme. Durch die Verminderung von Anhaltestopps werde nun versucht, Attraktivität für die Bahn zurückzugewinnen, hieß es.

Es wurde nun von den Österreichischen Bundesbahnen angeboten, Ersatzhandlungen vorzunehmen, um die mit der Verminderung der Anhaltungen verbundene Verringerung der Möglichkeiten der dort lebenden Menschen, eine schnelle Zugverbindung zu erhalten, abzumildern. Es waren vier Ersatzmaßnahmen geplant, Frau Minister, die aber bis heute nicht gesetzt wurden, und ich würde dringend um Klärung ersuchen, warum das so ist.

Aufbauend auf der Petition, die von meiner Kollegin Plank eingebracht wurde, wurden vom Verkehrsministerium folgende Ersatzmaßnahmen, die ich nun vortragen möchte, vorgesehen:

Anstelle der wegfallenden IC-Halte in St. Michael, Trieben und Stadt Rottenmann werden die Regionalzüge ab/bis Leoben geführt, und sie werden dann dort an die ICs von/nach Graz angebunden, wodurch die Reisezeit trotz Umsteigens vielfach sogar kürzer als derzeit sein wird. Der Regionalzug 4484 wird in einen Eilzug umgewandelt werden. Ab Leoben: neue Leistungen gibt es von Leoben bis Selzthal. Ab Leoben: neue Bus-Leistungen, die bestmöglich an den Fahrplan der Schiene angepasst werden.

Das waren Vorschläge der Österreichischen Bundesbahnen, auf deren Realisierung die dort lebenden Menschen heute noch warten. Die Sorge der Menschen aus der Region des Liesing-, Palten- und Ennstales wegen der Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen war der Grund für die Petition um politische Unterstützung. Nun liegt ein Entschließungsantrag vor, dessen Inhalt von uns nicht zugestimmt werden kann, denn darin findet sich nämlich kein Wort der Aufforderung, die Schließung der genannten Bahnhöfe, in welchen seit dem Sommerfahrplan 2001 die IC-Züge nicht mehr halten, zurückzunehmen, sondern es ist darin nur vom Ausbau der Schleife Selzthal die Rede.

Das ist aber eine Maßnahme, die schon auf Grund der geographischen Lage – abgesehen von der Kollision mit den Interessen der in diesem Bereich wohnhaften Menschen – keine beziehungsweise kaum Chancen auf Erfolg hat. Dazu kommt noch, dass mehrere Brücken für die Überfahrt der Bundesstraße notwendig wären. Wer die geographische Lage der Einmündung des Paltentales in das Ennstal kennt, der weiß, da ist die Autobahn mit den Tunnels, die Bundesstraße, und das ist das Ende.

Dadurch würden außerdem enorme Kosten entstehen, und mit einer jahrlangen Bauzeit müsste überdies gerechnet werden. Ich frage Sie: Ist das die Realisierung der Anliegen der dort lebenden Bevölkerung? – Ich glaube nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu kommt noch, dass der Bahnknotenpunkt Selzthal ein wichtiger Faktor in dieser Region ist. Die Sorgen der Menschen, die am Bahnhof Selzthal beschäftigt sind, sind berechtigt, da von der Umfahrung über die Schleife Selzthal auch Arbeitsplätze betroffen sind. Die Menschen in dieser Gemeinde und in deren Umgebung machen sich Sorgen, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Als Zielbahnhof für Züge vom Erzberg/Gesäuse, von der Pyhrn-Strecke, von Salzburg und von Graz und dem Frachtenbahnhof ist dies ein Bahnhof, der auch für die Zukunft erhalten werden muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil die von den Österreichischen Bundesbahnen vorgeschlagenen Maßnahmen nicht umgesetzt wurden, muss ein Teilnehmer am Personenverkehr von Bad Aussee bis Neumarkt in der Steiermark 5 Stunden und 39 Minuten unterwegs sein, weil der Anschlusszug in Leoben 6 Minuten vor der Ankunft des Zuges aus Bad Aussee aus dem Ennstal wegfährt. Das kann keine Zukunft für die ÖBB sein! Das ist kein Konzept, mit dem man Kunden gewinnen kann! (Beifall bei der SPÖ.)

Damit vertreiben die Österreichischen Bundesbahnen – wie schon davor durch mehrere andere Veränderungen – Kunden und verlieren diese an den PKW-Verkehr. Im Vergleich zur Westbahnstrecke, auf der im Schnitt eine Geschwindigkeit von 107 km/h gefahren wird, erreichen die


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81. Sitzung / Seite 141

Züge auf der Strecke Stelzthal–Bischofshofen lediglich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 66 km/h.

Frau Minister! Seit 1982 liegt angeblich das Projekt Selzthal, verbunden mit dem Ausbau der Trassenführung im Ennstal, vor. Dieses Projekt wartet noch immer auf seine Realisierung. Ich würde Sie ersuchen, den Bau dieser Strecke zu realisieren, den Ausbau der Schleife Selzthal nicht als vorrangig zu betrachten und den Menschen am Bahnhof Selzthal die Sicherheit zu geben, dass ihre Arbeitsplätze auch in Zukunft erhalten bleiben.

Wenn wir schon Steuergeld für den Ausbau von schnellen Bahnverbindungen verwenden, dann würde ich Sie ersuchen, auch dafür zu sorgen, dass diese Schnellzüge in den Bahnhöfen auch stehen bleiben, denn sonst fährt die Bahn von Graz nach Salzburg mit leeren Waggons, weil sie keine Fahrgäste mehr aufnehmen kann, da der Zug in vielen Bahnhöfen nicht mehr stehen bleibt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fink. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.38

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Kollege Horn, wenn wir im Nationalrat auch noch die Fahrpläne machen würden, dann müssten wir zu viel machen. Ich würde das doch den ÖBB überlassen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Aber kritisieren darf man sie schon noch! Sie soll sie nicht selber machen, sie soll den Auftrag dazu geben!)

Aber dieser Vorwurf an die Bundesministerin ist nicht richtig, Herr Schieder. Oder glauben Sie wirklich, dass dieser Vorwurf berechtigt ist und dass er an die richtige Adresse gerichtet ist?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ÖBB haben die Halte-Politik im Bereich der Pyhrn-Bahn neu geregelt. Es ist verständlich, dass sich die Menschen, die in diesem Bereich wohnen, aufregen. Aber warum haben die ÖBB das gemacht? – Weil die Verbindungen zwischen Graz und Linz und zwischen Salzburg und Innsbruck auf Grund der großen Anzahl von Halten – 21 Halte zwischen Graz und Innsbruck – keine Konkurrenzfähigkeit der Fahrzeiten ermöglicht haben. Laut Mitteilung der ÖBB gibt es am Bahnhof Trieben im Durchschnitt pro IC-Zug nicht einmal vier Einsteiger und nur sieben bis acht Aussteiger. Außerdem sind beziehungsweise waren, wie mir glaubhaft versichert wurde, 50 Prozent der Aus- und Einsteiger Eisenbahner. Das ist zwar nichts Negatives, aber, so meine ich, erwähnenswert doch allemal, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ähnlich präsentieren sich die Zahlen bei den Halten in St. Michael, Rottenmann und Gröbming. Für die ÖBB war die Nachfrage natürlich das bestimmende Auswahlkriterium. Zeit wird es, dass auch die ÖBB wirtschaftlich denken! Durch die Bahnreform wurde mit 1. Jänner 1993 das Unternehmen ÖBB mit dem Bundesbahngesetz in die wirtschaftliche Unabhängigkeit entlassen. Damit sollte die Eisenbahn stärker als zuvor am Verkehrswachstum beteiligt werden.

Es wurden für den öffentlichen Verkehr grundlegend neue Voraussetzungen geschaffen. Der Wettbewerb schafft neue Anreize für Kunden und marktgerechtere Angebote der Bahn, und die Halte-Politik ist eben kundengerechter und marktgerechter von den Österreichischen Bundesbahnen gestaltet worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie wissen ganz genau, dass bei der Schließung der Bahnhöfe für den IC-Verkehr, besser gesagt, dass für das Weiterbestehen der IC-Halte der Frau Bundesministerin an und für sich durch das Bundesbahngesetz 1992 die Hände gebunden sind. Sie hat sozusagen nichts zu reden, denn die Tarifgestaltung (Abg. Edler: Das stimmt nicht! Sie hat viel zu reden!)  – Herr Organisationsreferent, ich glaube, so lautet Ihr Titel bei der Bahn, glauben Sie mir, das steht dort drinnen! – im Personen- und Güterverkehr sowie das Führen oder Nichtführen von Zügen entscheidet ausschließlich der kaufmännische Bereich der Österreichischen Bundesbahnen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ganz anders verhält es sich bei der so genannten Schleife Selzthal, und ich hoffe, dass auch mit deren Ausbau bald begonnen wird. Ich ersuche Sie, Frau Bundesministerin, dass die kürzlich von Ihnen in Auftrag gegebenen Planungsarbeiten für die Schleife Selzthal raschest fertig gestellt werden und mit der Realisierung der Schleife begonnen wird, um auch da eine Attraktivierung der Bahn zustande zu bringen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als nächster Redner Herr Abgeordneter Edler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.42

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Kollegin Plank, die leider im Sommer in Grönland tödlich verunglückt ist, hat die Petition Nr. 18 eingebracht, initiiert von Menschen einer Region, die erstens wirtschaftlich sehr benachteiligt ist und die zweitens verkehrspolitisch geradezu einem Verkehrswahnsinn, wenn ich das so formulieren darf, ausgesetzt ist. Die Bahn hätte dort eine Chance. Das muss auch ich als einer jener Eisenbahner zugeben, die grundsätzlich den ausgeschiedenen Generaldirektor Draxler unterstützt haben, der zwar ökonomisch erfolgreich war, der aber die Regionen und die Fläche vernachlässigt hat.

Frau Bundesministerin! Sie haben vor zirka einer halben Stunde gesagt, Ihre Politik gelte besonders dem ländlichem Raum und Sie würden da Vorsorge treffen. Ich muss aber sagen: Dort haben Sie politisch überhaupt nichts unternommen. Sie haben in einem Brief, den Sie irgendeinen Beamten haben schreiben lassen – nichts gegen die Beamten –, dort mitgeteilt, was die Aussagen der ÖBB sind, aber Sie haben nicht die Möglichkeit ergriffen, da eine verkehrspolitische Weisung zu geben, obwohl Sie die Möglichkeit dazu hätten. Es steht im ÖBB-Gesetz kein Wort davon, dass Sie eine Weisung nur in Katastrophenfällen oder bei großen verkehrspolitischen Entscheidungen erteilen können.

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung und von den Regierungsparteien! Das ist Ihre Politik! Sie vernachlässigen die Regionen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Geh!) Sie setzen jetzt eine Alibi-Handlung, indem Sie einen Entschließungsantrag zum Ausbau der Schleife Selzthal stellen. Mit den dort lebenden Menschen haben Sie aber überhaupt nicht gesprochen.

Kollege Fink! Bleib bei deinem Leisten! Du bist ein Oststeirer, und da können wir für die Bahn vieles machen. Es ist schön, dass du dich für die Oststeiermark verwendest, aber du hast überhaupt keine Information darüber, wie in der Umgebung von Selzthal die Verkehrssituation ausschaut. Man sollte sich aber auch damit beschäftigen. Aber die Frau Bundesministerin kennt sie sicherlich, sie weiß Bescheid, denn sie hat dafür die Voraussetzungen auf Grund ihrer Ausbildung und hat auch mit Fachleuten von der Eisenbahn zu tun.

Es gibt heute Triebzüge, bei welchen es einen Triebwagen und einen Steuerwagen gibt. In einem Knotenbahnhof dauert es nicht einmal eine Minute, bis man wenden kann. Man kann also die IC-Halte, die gefordert werden, ohne weiteres in den Fahrplan aufnehmen. Das will man aber offensichtlich nicht. Ich verstehe das überhaupt nicht, denn auf der einen Seite sprechen Sie davon, dass kein Geld da sei, auf der anderen Seite wäre aber auf einmal für den Ausbau der Schleife Selzthal genügend Geld da. Das kann ich nicht verstehen.

Frau Bundesministerin! Sie haben heute vieles gesagt, Sie haben mutig gesprochen, aber wir werden Sie an dem messen, was Sie letztlich in die Realität umsetzen. Sie haben hier die Erstellung eines Gesamtverkehrsplans angekündigt. Sie haben damit einen Herrn Ihres Büros, den Herrn Miko, beauftragt. Er ist uns aus den Medien bekannt, und es heißt, dass er in der Wirtschaft nicht so erfolgreich war. Ich weiß nicht, ob er von der Verkehrspolitik etwas versteht, aber okay, Sie haben Vertrauen zu ihm, Sie haben ihm diesen Auftrag gegeben.

Wir erwarten uns von Ihnen eheste Entscheidungen, denn die sind unbedingt notwendig für die Verkehrspolitik in Österreich, für den Wirtschaftsstandort Österreich und vor allem für die


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Arbeitsplätze in Österreich. Da besteht Handlungsbedarf, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

17.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Knerzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.46

Abgeordneter Anton Knerzl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich möchte am Beginn meiner Ausführungen zur Schließung der Bahnhöfe Gröbming, Rottenmann, Trieben und St. Michael für den IC-Verkehr an meine verstorbene Kollegin Brunhilde Plank erinnern. Eine ihrer letzten Aktivitäten in diesem Hause war die Einbringung dieser Petition, die uns allen bekannt ist.

Auch wir sind mit der Verkehrssituation in der genannten Region nicht zufrieden. Natürlich sind die ÖBB mit der Schiene gegenüber den anderen Verkehrsmitteln einem harten Wettbewerb ausgesetzt, sie müssen ihn aber bestehen, und daher müssen sie Einsparungen tätigen und durch Fahrzeitverkürzungen die Bahn attraktiver machen, obwohl Fahrzeitverkürzungen natürlich nicht immer den gewünschten Erfolg und auch manch massiven Nachteil bringen.

Das Ennstal wurde schon in der Vergangenheit bei allen Verkehrslösungen benachteiligt, und auch jetzt wieder kommt es dort durch das Nichtanhalten der IC-Züge zu einer verschärften Situation. Personengruppen, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, wie Schüler oder Lehrlinge, die ein Recht darauf haben, morgens und abends ihre Verkehrspunkte erreichen zu können, sind von dieser Situation besonders stark betroffen.

Wenn aber hier behauptet wird, die Frau Ministerin hätte auf diese Situation nicht reagiert, dann muss ich schon darauf hinweisen, dass in drei Jahrzehnten Verkehrspolitik der Sozialdemokraten, zum Beispiel unter Verkehrsminister Einem, die ÖBB stark vernachlässigt wurden. Ich verweise da etwa auf die Strecke Graz–Salzburg, wo die Schleife Selzthal allein eine Fahrzeitverkürzung von sieben Minuten gebracht hätte, wobei in dieser Zeit alle genannten Bahnhöfe mit Stehzeiten hätten versehen werden können.

Das ist aber nicht unserer Verkehrsministerin als Verfehlung anzulasten, sondern da hat ihr Vorgänger, Minister Einem, versagt. Er hat sich mit der Situation dort überhaupt nicht vertraut gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Man kann nun von Glück reden, dass sich jetzt unsere Frau Ministerin dafür einsetzt, und sie hat auch schon versprochen, dass der Ausbau der Schleife Selzthal im künftigen Bauprojekt enthalten sein wird. Ich glaube, auf Grund dieser Entschärfung kann man wieder über eine neue Struktur der Eisenbahn reden. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Forstinger. – Bitte.

17.49

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Abgeordnete! Dass sich so viele darum bemühen, dass es in dieser Region in der Steiermark wieder Haltestellen gibt, hat mir gezeigt, dass es ganz wesentlich ist, dass wir uns im Detail damit beschäftigen.

Herr Abgeordneter Edler! Ich möchte jetzt nicht darüber diskutieren, welche Weisungen zu erteilen sind. Ich weiß, dass Sie im Detail informiert sind und dass Sie diese Themen sehr intensiv diskutieren, und Sie wissen ganz genau, dass es mir nicht möglich ist, da über verkehrspolitische Weisungen einzugreifen. Aber das Wesentliche ist nicht, dass man Weisungen erteilt, sondern wichtig ist, dass man ein gemeinsames Verständnis über die Verkehrspolitik hat.


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Wenn Sie heute sehr positiv herausgestrichen haben, dass Flächendeckung gefragt ist, so kann ich das nur unterstreichen. Da ist aber auch nicht immer nur die Wirtschaftlichkeit in den Raum zu stellen, sondern auch die Frage: Was zahlt sich aus, und was kann man machen? Es geht in diesem Bereich absolut nicht um die Schließung von Bahnhöfen, sondern lediglich um die Frage der Erhaltung, was ich einmal klarstellen darf. Es ist sehr wohl bei einer Realisierung der Schleife Selzthal – das hat sich in den Untersuchungen gezeigt, und daher habe ich auch ihre Planung beauftragt – eine Möglichkeit gegeben, dass wir den Fahrzeitverlust einholen und dann wieder über Haltestellen für den IC-Zug sprechen können. Insofern sehe ich auch eine mögliche Erleichterung in fernerer Zukunft.

Jetzt ist es den ÖBB auf Grund der wirtschaftlichen Situation und auch des Zieles der Erreichung einer Fahrzeitverkürzung nicht möglich, diese Haltestellen wieder aufzumachen, wobei ich schon ganz klar sagen muss, dass in der Mitteilung auch dargestellt wurde, dass es sehr gute Anschlüsse von Leoben zu den Fernzügen nach Graz gibt und dass auch die Regionalanschlüsse verbessert wurden. Somit sind diese Bemühungen unterstrichen.

Herr Abgeordneter Edler! Sie haben in Ihren Ausführungen einen ganz wesentlichen Punkt angesprochen: Es wurde bis jetzt immer nur nach dem derzeitigen Aufkommen gerechnet und nie überlegt, wie wir den Wettbewerb und den Markt noch attraktivieren können. Ich frage Sie nur, da jetzt immer wieder über Nahverkehrskonzepte gesprochen wird: Wo sind die bis jetzt gewesen? Wo ist über Nebenbahnen diskutiert worden? Erst in meiner Zeit (Abg. Dr. Lichtenberger: Weil sie zugesperrt worden sind!) ist über die Fragen diskutiert worden: Welche können wir halten? Wie können wir zusätzliche Verkehre dorthin bringen? Wie können wir Gebiete attraktiver machen, dass wir nicht mit den Verkehrszahlen jetzt rechnen müssen, sondern die Wirtschaftlichkeit damit unterstreichen, dass wir in Zukunft noch mehr Bedarf haben?

Einbindung der touristischen Institutionen, auch der Länder, die da gefragt sind. Das sind alles neue Ansätze, die jetzt verstärkt – und das wissen Sie auch – vorangetrieben werden, aber aus Ihrer Sicht immer kritisiert, jedoch in der Vergangenheit nie betrieben wurden. Nie!

Daher kann ich nur sagen: Ich danke für Ihre Unterstützung zu unseren verkehrspolitischen Ansätzen, und es muss in Zukunft so sein, dass die ÖBB – auch wenn die Gesetze so geschaffen wurden, dass die ÖBB in ihrem Bereich unabhängig und nur mit sehr starken Weisungen von mir arbeiten können – ihre Geschäfte erledigen können und wir in einem Verständnis einerseits die wirtschaftlichen Belange berücksichtigen, andererseits aber den Bedarf noch mehr stärken, um diese Wirtschaftlichkeit zu unterstützen. Wir müssen Überlegungen zur flächendeckenden Versorgung über Nahverkehrskonzepte und zu Bahn/Bus-Konzepten anstellen, aber darüber hinaus auch die Sinnhaftigkeit der Nebenbahnen überprüfen, damit solche Dinge wie in der Vergangenheit nicht mehr passieren, und dort, wo Bedarf ist, auch die notwendige Infrastruktur errichten.

Über die Schleife Selzthal möchte ich nicht mehr weiter diskutieren. Es ist so klar unterstrichen, dass wir sie brauchen. Daher habe ich auch die Planung in Auftrag gegeben, und sie wird auch realisiert. Wenn Projekte in der Planung und auch in der weiteren Durchführung vorgesehen sind, muss auch die Finanzierung gesichert werden, und dafür werde ich mich bei diesem Projekt verbürgen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.54

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin! Das war jetzt schon ein bisschen sehr gewagt, zu sagen, dass in Ihrer Zeit das erste Mal über Nebenbahnen diskutiert wurde und dass das sozusagen eine Leistung von Ihnen sei. Frau Ministerin! Über die Nebenbahnen wurde diskutiert, weil so viele geschlossen wurden und von der Schließung bedroht waren. Um sie zu retten, wurde darüber diskutiert – und nicht, weil das Ihnen vielleicht ein Anliegen ist. Aber darauf möchte ich noch näher eingehen. Wenn Sie harte Wirtschaftlichkeitskriterien ohne Daseinsvorsorge für diese Neben


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bahn-Debatte anwenden, liegen Sie schließlich falsch. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Damit bin ich beim allgemeinen Thema Regionalverkehre. Meine Damen und Herren! Frau Ministerin! Das "Ausräumen" der Regionen, so wie es derzeit in Bezug auf Bezirksgerichte, auf Finanzämter, auf Bahnverbindungen und auf Postämter passiert, wird sich nicht rentieren, weil das zu einer Entsiedelung der Regionen führen wird. Das sind Erfahrungen, die international vorliegen, dass Regionen absterben, wenn man ihnen die Infrastruktur wegnimmt. Und zu dieser Infrastruktur gehören natürlich auch Nahverkehrsverbindungen. Das ist mir ganz besonders wichtig, weil nur dann, wenn die Mobilität auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln in der Region gesichert werden kann, Menschen in dieser Region ansässig bleiben und sie beleben, in ihr wirtschaften und sie wirtschaftlich stärken.

Deswegen ist es viel zu kurz gegriffen, Fahrgäste sozusagen wie Fliegenbeine zu zählen und dann zu sagen: Wegen dieser 17 kann es sich nicht rentieren, also sperren wir zu! Das ist die falsche Politik für die Region, Frau Ministerin, und das darf gerade in diesem Regionalverkehrsbereich nicht geschehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich kann Ihnen nur sagen: Langfristig und national gesehen zahlt sich die Erhaltung der Region mit ihren Infrastrukturen aus, und zwar auf ganzer Linie. Aber das kann man nicht erreichen, wenn man sozusagen nur Fliegenbeine zählt und versucht, darauf seine volkswirtschaftliche Rechnung aufzubauen. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt zum konkreten Projekt. Ich glaube – und es ist kein Zufall, dass ich mit der Frage der Nebenbahnen und der Regionalverkehre eingeleitet habe –, dass diese Debatte um die Schleife Selzthal der typische Fall dafür ist, was beim "Ausräumen" einer Region passiert. Ich glaube, dass diese Strecke beides braucht: Wir brauchen beschleunigte IC-Züge, die attraktiv sind und Fernverkehre von der Straße wegbringen. Auch das ist eine verkehrsüberlastete Region, und da besteht dringender Bedarf, das auch zu machen. Allerdings – und das ist immer meine Bedingung für die Zustimmung gewesen – brauchen wir funktionierende Regionalverkehre in der Region für die Bildungspendler, für die Arbeitspendler, für die Schülerinnen und Schüler und – da hat sich ein Vorredner knietief im Fettnapf bewegt – auch für Eisenbahner. Das sind nicht Menschen zweiter Klasse. Zu sagen, "nur" Eisenbahner fahren mit diesem Zug, das kann ja wohl kein Argument für die Einstellung einer Bahn sein. Das halte ich für eine ziemliche Entgleisung, wenn man so über dieses Thema redet!

Wir brauchen also eine Beschleunigung der ICs. Wir brauchen parallel dazu funktionierende, bedarfsorientierte Regionalverkehre. Derzeit ist die Lösung suboptimal. Das muss man auch ganz klar festhalten. So, wie das jetzt geregelt ist, ist das für diejenigen, die in der Region wohnen und aus der Region pendeln müssen oder wollen, nicht befriedigend gelöst. Frau Ministerin! Hier können Sie aus Ihren schönen Worten endlich einmal Taten machen und mit einer Sonderdotation eingreifen, damit ein anständiger Regionalverkehr entsteht.

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Ein funktionierender Regionalverkehr auf Dauer ist beschäftigungswirksam. Er erlaubt es sogar, mehr Leute zu beschäftigen. Die Erhaltung allein – das hat sich gezeigt – ist für den Bahnverkehr viel zu wenig. Wir brauchen eine Weiterentwicklung in Richtung eines Schweizer Bahnkonzeptes mit einer gut ausgebauten, attraktiven Flächenbahn, und dazu gehört auch dieses Projekt. Aber die Ergänzung mit den Regionalverkehren ist meiner Überzeugung nach unverzichtbar. Das ist personalwirksam, dient der Region und macht aus einer Region auch etwas Attraktives. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zweytick. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.59

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Verehrte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Gestatten Sie mir zuerst,


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81. Sitzung / Seite 146

Ihnen, Frau Ministerin, zu Ihrer Entscheidung für die Einführung des vollelektronischen Mautsystems und für das Abgehen vom dualen System zu gratulieren. Damit wird besonders der ländliche Raum nicht benachteiligt, sondern mit dem städtischen gleichgestellt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Bahnpolitik im Allgemeinen: Die Zukunft der Verkehrsinfrastruktur liegt auf den Schienen dieser Erde. Der 11. September hat die Welt verändert, der Flugverkehr ist seither rückläufig und stagniert – die Bahn hingegen erfährt einen starken Andrang von neuen Fahrgästen. Sicherheit ist in diesen Wochen das wichtigste Anliegen der Reisenden, Sicherheit nicht nur vor Terror, sondern auch vor Stau und Unfällen auf den Straßen. 10 Milliarden Schilling für den Bahnausbau, die von Ihnen, Frau Ministerin, bereitgestellt werden, sind eine klare Antwort auf die Sicherheit, die die Menschen haben wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bravoruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Mit dem Verkehrswegeplan, der mit Ende dieses Jahres fertiggestellt sein wird, schaffen Sie nicht nur Perspektiven, sondern gelingt Ihnen auch etwas, was SPÖ-Minister über zehn Jahre lang nicht zusammengebracht haben. Das ist auch eine Maßnahme zur Konjunkturstärkung, und es gibt keinen Grund, von Rezession zu sprechen, wie das die SPÖ in ihren Sonntagsreden tut. (Widerspruch bei der SPÖ.) Sie tun das nicht nur in Sonntagsreden, sondern auch heute in dieser Debatte hier habe ich wieder das Wort "Rezession" seitens des Kollegen Eder gehört. Das ist ja geradezu ein Modewort in der SPÖ – aber wenn man in der Opposition ist, fällt einem vielleicht nichts Besseres ein; das kann ich verstehen.

Ein wesentlicher Punkt für eine sozial orientierte Verkehrspolitik ist auch die Bereitstellung von 6,6 Milliarden Schilling, um im Personenverkehr Tarifverbilligungen für Pendler, Schüler und Pensionisten zu sichern.

Ein wichtiges persönliches Anliegen, aber auch eines des gesamten Südens Österreichs wäre der rasche Ausbau des zweiten Gleises von Graz nach Maribor, damit diese Lücke der Nord-Süd-Achse Nordsee – Adria geschlossen werden kann. Erst kürzlich wurde diese Schienenbrücke zwischen Schweden und Dänemark fertig gestellt und damit eine wichtige Verbindung geschaffen. – Das wäre auch für die Region im Süden Österreichs eine wichtige Maßnahme vor der EU-Erweiterung, damit keine Wettbewerbsnachteile für den Standort südliches Österreich entstehen. Ich ersuche Sie auch bei diesem Anliegen um Ihre Unterstützung, Frau Minister. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht 799 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einstimmig angenommen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 799 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies mehrheitlich angenommen. (E 102.)

12. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (742 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Datenschutzgesetz 2000, das Parteiengesetz, das Mediengesetz, das


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Privatradiogesetz, das Fernsehsignalgesetz, das Bundesstatistikgesetz 2000, das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundestheater, das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz und das Bundesvergabegesetz 1997 geändert werden (Euro-Umstellungsgesetz für den Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes); mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das Studienberechtigungsgesetz und das Tierversuchsgesetz geändert werden; mit dem das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Bundes-Jugendvertretungsgesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden; mit dem das Außenhandelsgesetz 1995, das Handelsstatistische Gesetz 1995, das Chemiewaffenkonvention-Durchführungsgesetz, das Sicherheitskontrollgesetz 1991, das Akkreditierungsgesetz, das Bauproduktegesetz, das Beschussgesetz, das Dampfkesselbetriebsgesetz, das Elektrotechnikgesetz 1992, das ERP-Fonds-Gesetz, das Kesselgesetz, das Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen, das Maß- und Eichgesetz, das Normengesetz 1971, das Vermessungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Bauarbeitenkoordinationsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Ziviltechnikerkammergesetz 1993, das Ingenieurgesetz 1990, die Gewerbeordnung 1994, das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz, das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen, das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984, das EU-Wettbewerbsgesetz, das Euro-Währungsangabengesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Stadterneuerungsgesetz, das Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz, das Gaswirtschaftsgesetz, das Starkstromwegegesetz 1968, das Preistransparenzgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über das Grubenwehrehrenzeichen, das Lagerstättengesetz, und das Allgemeine österreichische Berggesetz geändert werden (2. Euro-Umstellungsgesetz – Bund) (824 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden (825 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zu den Punkten 12 und 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ich bitte die Abgeordneten, den Sitzungssaal nicht zu verlassen. Es gibt zu diesen Tagesordnungspunkten keine Debattenbeiträge, wir gelangen daher unverzüglich zur Abstimmung.

Zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung erteile ich Herrn Abgeordnetem Böhacker das Wort.

Berichterstatter Hermann Böhacker: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Als Berichterstatter bringe ich dem Hohen Haus eine Druckfehlerberichtigung zum Bericht des Finanzausschusses 824 der Beilagen zur Kenntnis.

Im Titel des in 824 der Beilagen abgedruckten Gesetzentwurfes hat es in der 6. Zeile statt "Fachhochschulgesetz" richtig zu lauten: "Fachhochschul-Studiengesetz".

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich danke dem Herrn Berichterstatter.

Auf eine mündliche Berichterstattung zu Punkt 13 wurde verzichtet.

Zum Wort ist niemand mehr gemeldet.

Wir gelangen daher sogleich zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


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81. Sitzung / Seite 148

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend 2. Euro-Umstellungsgesetz – Bund samt Titel und Eingang in 824 der Beilagen unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehlerberichtigung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies ebenfalls Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 825 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen. Ich stelle damit ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies ebenfalls einstimmig und damit auch mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

14. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (598 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Estland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (818 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (695 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (819 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (682 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Libanesischen Republik über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (820 der Beilagen)

17. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (688 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Belarus über die Förderung und den Schutz von Investitionen (821 der Beilagen)


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81. Sitzung / Seite 149

18. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (751 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung von Belize über die Förderung und den Schutz von Investitionen (822 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (747 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Moldau über die Förderung und den Schutz von Investitionen (823 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zu den Punkten 14 bis 19 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.07

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Doppelbesteuerungsabkommen, Investitionsschutzabkommen. Wir haben im letzten Jahr mehrere dieser wichtigen Abkommen beschlossen. Und warum sind sie unserer Auffassung nach – ich glaube, da sind wir uns alle einig – so wichtig? – Weil sie wesentliche Mosaiksteine im Rahmen unseres Exportregimes sind. Wenn wir uns die Geschichte des österreichischen Exports ansehen, wird klar, dass das eine Erfolgsstory sondergleichen ist. Wenn wir uns vor Augen halten, dass 1 Prozent Steigerung der Exportquote 20 000 Arbeitsplätze bedeutet und wir in den letzten Jahren jährlich Prozente dazugewonnen haben und heuer – trotz eines Konjunktureinbruchs – mit zirka 1 000 Milliarden Schilling oder sogar noch mehr an Exportvolumen rechnen können, können wir diese Bedeutung klar erkennen.

Besonders möchte ich darauf hinweisen – und deshalb habe ich mich zu Wort gemeldet –, wie enorm die Steigerung österreichischer Investitionen im Ausland war. In den neunziger Jahren hatten wir noch 40, 50 Milliarden Schilling an Investitionen, 1998 waren es bereits nahezu 300 Milliarden, und wir werden heuer auf über 300 Milliarden Schilling an Investitionsvolumen kommen. Diese enormen Kapitalien und Investitionen, die in diese Länder fließen, sind für diese auch notwendig, nicht nur für die österreichische Exportwirtschaft. Wenn wir uns vor Augen halten, dass zirka zwei Drittel des Exportes der Beitrittsländer wieder in die EU-Länder gehen, sehen wir diese Verflechtung und Bedeutung. Da ist es natürlich notwendig, zu erkennen, dass österreichische Unternehmen, die Investitionen in diesen Ländern vornehmen, Arbeitsplätze nicht nur vor Ort schaffen, sondern auch für österreichische Arbeitnehmer, von enormer Bedeutung sind.

Wir stimmen daher in der Überzeugung zu, dass ein weiterer guter Schritt für die Entwicklung unserer Exportwirtschaft mit diesen Investitionsschutzabkommen und Doppelbesteuerungsabkommen gesetzt wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.09

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist erfreulich, festhalten zu können, dass bei so wichtigen Abkommen wie den vier Abkommen betreffend die Förderung und den Schutz von Investitionen, aber auch bei den beiden Doppelbesteuerungsabkommen Einstimmigkeit im Finanzausschuss geherrscht hat.


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81. Sitzung / Seite 150

Ich unterstreiche das, was mein Vorredner Kurt Heindl in Bezug auf die Wichtigkeit für die Exportwirtschaft gesagt hat. Sie ist in Bezug auf die Sicherung österreichischer Arbeitsplätze, aber auch gerade im Hinblick auf die kommende Erweiterung der Europäischen Union ein bedeutender Faktor.

Meine Damen und Herren! Der Export und die Industrie sind die Träger des ausgezeichneten Wirtschaftsklimas in Österreich, letztlich auch ein Garant für eine prosperierende Wirtschaft und zur Sicherung von Arbeitsplätzen entscheidend. – Wir freuen uns darüber. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Müller zu Wort gemeldet. Die Redezeit ist wunschgemäß auf 3 Minuten beschränkt. – Bitte.

18.10

Abgeordneter Hans Müller (Freiheitliche): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Ausführungen befassen sich mit dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Die steuerlichen Beziehungen zwischen diesen beiden Ländern werden derzeit durch das Doppelbesteuerungsabkommen vom 4. Oktober 1954 in der Fassung des Abkommens vom 8. Juli 1992 geregelt. Über Ersuchen Deutschlands wurden im Jänner 1996 Verhandlungen über eine Gesamtrevision aufgenommen, die im Juni 2001 abgeschlossen werden konnten. Unseren Vertretern im Finanzministerium gelang es, die von Deutschland gewünschten, aber für Österreich diskriminierenden Standortbestimmungen zu vermeiden. Das neue DBA folgt im Wesentlichen auch dem OECD-Musterabkommen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, kurz auf einige Punkte einzugehen. Die neuen Betriebstättendefinition folgt dem Konzept der OECD; der Katalog der Ausnahmebestände wurde erweitert. Auch bei der Behandlung von Künstler- und Sportlereinkommen treten neue Richtlinien in Kraft. Künftighin werden auch gewerblich tätige Musiker sowie künstlerisch tätige Musiker im Tätigkeitsstaat steuerpflichtig sein. Ein gewisses Einkommen wird aber von Seiten Deutschlands in allen Rechnungsmethoden angewandt. Steuerfreiheit ist dann gegeben, wenn Kunst- und Sportveranstaltungen aus öffentlichen Mitteln des Entsendestaates überwiegend gefördert werden.

Das neue Abkommen stellt einen ausgewogenen Kompromiss dar, wobei festzustellen ist, dass Deutschland ursprünglich Ziele verfolgte, die für den Standort Österreich nachteilig gewesen wären. Ein Beharren Österreichs auf dem alten Abkommensstand wäre angesichts der rechtspolitischen Ziele Deutschlands völlig unrealistisch gewesen. Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass die Modernisierung des Vertrages auch aus Sicht der österreichischen Wirtschaftsinteressen durchaus vorteilhaft erscheint.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich ersuche Sie, diesem Doppelbesteuerungsabkommen Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.13

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich kann es viel kürzer machen. Was bei all diesen Dingen regelmäßig übersehen wird, ist die Fragestellung, wie die Industrieländer mit den Standards in den Entwicklungsländern umgehen und welche zusätzlichen Konflikte das heraufbeschwört.


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81. Sitzung / Seite 151

Ich will jetzt ausdrücklich nicht sagen, dass genau diese Investitionsschutzabkommen das Problem fördern. Das sehe ich nicht so! Es wäre allerdings angesichts der heranstehenden WTO-Debatten und der mehr oder weniger in Vergessenheit geratenen Bestimmungen, die das MAI-Abkommen vorgesehen hatte, sehr sinnvoll, wenn wir uns auch in Wirtschafts- und Finanzausschüssen wieder mehr mit dieser Thematik befassten, weil es eigentlich ein sehr eigenartiger Vorgang ist, dass wir diese Abkommen immer relativ geschwind "durchrutschen" lassen, obwohl viel gewichtigere Dinge dahinter stehen. Dazu muss nicht jeder im Haus die gleiche Position haben, aber es würde auf jeden Fall einmal eine entsprechende Debatte verdienen.

Das wollten wir aus Sicht der Grünen doch einmal anmerken, weil es im Parlament sonst recht selten Gelegenheit dazu gibt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.14

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.14

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Freunde und Freundinnen! Ich stehe nun zum letzten Mal hier an diesem Platz. – Doppelbesteuerungsabkommen, Abkommen zur Förderung und zum Schutz von Investitionen mit anderen Nationen – dies alles sind sehr sinnvolle gesetzliche Regelungen, die die freundschaftlichen Beziehungen zu anderen Ländern begründen und verstärken. So wie jetzt durfte ich in den letzten elf Jahren immer wieder am Zustandekommen notwendiger und sinnvoller Gesetzesgrundlagen mitwirken. Ich erlaube mir, jetzt, anlässlich meines Ausscheidens aus dem Hohen Hause, ein paar Gedanken über mein Wirken als Mitglied des Nationalrates mit Ihnen zu teilen.

Als absolutes Highlight bewerte ich in diesem Zusammenhang das Gentechnikgesetz, an dem ich in wesentlicher Funktion mitarbeiten durfte. Für mich ist dieses Gesetz ein besonders gutes Beispiel für eine gelungene Balance zwischen den Interessen der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Ethik. Mit diesem Gesetz ist uns eine für ganz Europa vorbildliche Regelung gelungen. Der Weg dorthin war arbeitsreich und mühsam – und doch blicke ich mit Freude und Stolz auf die Zusammenarbeit mit prominenten Wissenschaftlern und Ethikern, deren Freundschaft ich gewinnen konnte, zurück, hervorragende Menschen, von denen ich vieles lernen konnte und die bis heute mein Wirken positiv beeinflussen.

Doch es gibt auch Beispiele für Gesetze, die bei mir und hoffentlich auch bei anderen große Unzufriedenheit hinterlassen haben, bei welchen Handlungsbedarf besteht. In diesem Zusammenhang möchte ich das 1995 erlassene Tabakgesetz nennen, das an Zahnlosigkeit und mangelnder Durchsetzbarkeit seinesgleichen sucht.

Bis heute ist es nicht gelungen, ein Umdenken zu etablieren. Noch heute wird in öffentlichen Gebäuden geraucht, und ich suche immer wieder vergebens Nichtraucherzonen in Lokalen. De iure darf sogar in einem Fitnesscenter, neben dem Kardio-Bereich, dort, wo die kardiologische Rehabilitation durchgeführt werden sollte, geraucht werden. Selten wird das Recht des Menschen auf Beibehaltung seiner Gesundheit derart mit Füßen getreten. Und es sind keine Sanktionen für das rücksichtslose Verhalten von Menschen vorgesehen, die für sich beschlossen haben, ihre Gesundheit – und ihre Mitmenschen – zu gefährden. Ich hoffe auf eine neue Chance zur Verwirklichung des Präventivgedankens anlässlich einer durch eine EU-Richtlinie begründeten Änderung dieses Tabakgesetzes im kommenden Jahr.

Damit bin ich bei meinem Lieblingsthema, nämlich der Gesundheitspolitik. Gerne habe ich den Großteil meiner politischen Tätigkeit diesem Thema gewidmet; vieles wurde erreicht. Mein Appell gilt jetzt jenen, die weiter daran arbeiten, dass das Recht unserer Bürger auf Qualität im Gesundheitswesen gesichert sein muss. Nur eine eindeutige Regelung für eine gute Ausbildung in den Gesundheitsberufen mit klar festgeschriebenen Kompetenzen und das Verhindern von selbstberufenen Heilpraktikern kann nachhaltig dafür sorgen, dass auch morgen noch für jeden von uns eine sinnbringende Behandlung möglich ist.


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Eine erfolgreiche Gesetzgebung basiert aber immer auch auf einer guten Zusammenarbeit. Daher möchte ich an dieser Stelle dem Ministerium, das mich so großartig unterstützt hat, herzlich danken, namentlich den Ministern Ettl, Ausserwinkler, Krammer, Hostasch, Sickl und Haupt sowie Staatssekretär Waneck.

Man stellt sich bei dieser Gelegenheit natürlich immer die Frage, was man sich vorgenommen, was man erreicht und was man bewegt hat. – Vorgenommen hatte ich mir, mit vollem Engagement meine Arbeit als Volksvertreter zu erledigen. Ich hoffe sehr, dass mir dies gelungen ist.

Persönlich blicke ich auf jeden Fall auf elf schöne und erfolgreiche Jahre zurück. Lassen Sie mich sagen: Ich war gerne in diesem Hause, und ich habe gerne mit Ihnen zusammengearbeitet. Wichtig war mir immer, im politischen Streitgespräch fair zu bleiben und mein Gegenüber niemals persönlich anzugreifen. Sollte ich jemals im Rahmen meiner emotionalen Ausbrüche jemandem zu nahe gekommen sein, so tut mir das Leid – und ich entschuldige mich hier und heute dafür.

Zusammenfassend ist festzustellen: Es ist uns in diesem Kreis doch immer wieder in großer Offenheit gelungen, Lösungen für alle schwierigen Situationen zu finden. Es war eine sehr intensive und sehr ereignisreiche Zeit, die ich gemeinsam mit Ihnen erleben durfte. Mit Verwunderung stellt man immer wieder fest, wie viele stille Reserven man in anspruchsvollen Situationen noch aktivieren und welche Begeisterungsfähigkeit man entwickeln kann, wenn einem die Tätigkeit wichtig ist.

Abschließend danke ich noch allen Beamten des Parlaments, den Mitarbeiten des Klubs – insbesondere Roman Kunyik –, ohne deren Unterstützung kein Abgeordneter seine Arbeit erledigen kann. Ich danke der Presse für die faire Berichterstattung, vor allem Frau Dr. Gertrude Aubauer, die mich ins rechte Licht gerückt hat. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Mein Dank gilt auch den Präsidenten des Nationalrates und zu guter Letzt meinem Klubobmann Andreas Khol.

Der Heilige Augustinus hat mich als Persönlichkeit und mit seinen Aussprüchen immer unheimlich fasziniert. Am Beginn meiner politischen Tätigkeit habe ich einen Ausspruch getätigt, von dem ich hoffe, dass er mich auch einigermaßen begleitet hat und der lautet: Im Unwesentlichen Freiheit, im Wesentlichen Einheit, in allem die Liebe!

Mit diesen Worten möchte ich schließen und Ihnen alles Gute und Gottes Segen für Ihre Tätigkeit im Hohen Haus und für die Bevölkerung wünschen. – Danke schön. (Die Abgeordneten aller vier Fraktionen spenden stehend lang anhaltenden Beifall.)

18.21

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Republik Estland in 598 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Bundesrepublik Deutschland samt Protokoll in 695 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.


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Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Libanesischen Republik samt Protokoll in 682 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Regierung der Republik Belarus in 688 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Regierung von Belize in 751 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Republik Moldau in 747 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

20. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9d E Vr 7857/01, Hv 4271/01) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler (840 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich niemand.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 840 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

"1. In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24. September 2001, 9d E Vr 7857/01, Hv 4271/01, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der von den Privatanklägern behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wird zugestimmt."

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist mehrheitlich angenommen.

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.


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81. Sitzung / Seite 154

Einlauf

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 530/A (E) bis 535/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2990/J bis  (Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsbehandlung! Es sind zwei Immunitätspunkte!)

Wir haben unter einem abgestimmt. (Abg. Edlinger: Der Einem ist nicht mehr da!) Punkt 20 der Tagesordnung ist der Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Westenthaler. Die Berichterstattung zu diesem Punkt 20 hatte Abgeordneter Ing. Robert Egghart. Daher war so vorzugehen. (Unruhe im Saal.)  – Darf ich nun fortsetzen?

Ferner sind die Anfragen 2990/J bis 3017/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für heute, Mittwoch, den 24. Oktober 2001, 18.26 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 18.26 Uhr