Plenarsitzung
des Bundesrates


Stenographisches Protokoll

 

898. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 5. Dezember 2019

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

898. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 5. Dezember 2019

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 5. Dezember 2019: 9.01 – 13.09 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Wahl eines/einer Vizepräsidenten/-in für den Rest des 2. Halbjahres 2019

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird

3. Punkt: Verkehrstelematikbericht 2019

4. Punkt: Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2018

5. Punkt: Bericht über technische Unterwegskontrollen in den Jahren 2017 & 2018

6. Punkt: Wahl von zwei Mitgliedern und eines Ersatzmitgliedes des Ständigen ge­meinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Oberösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzicht der BundesrätInnen David Stögmüller und Rosa Ecker, MBA sowie eines Ersatz­mitglieds des Bundesrates beziehungswiese Wahl eines Mitglieds und von Er­satz­mitgliedern des Bundesrates ......................................... 32

Schreiben des Präsidenten des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht der Bundesrätin Dr. Ewa Ernst-Dziedzic und Wahl eines Ersatzmitglieds des Bundesrates ............................... 42

Schreiben des Präsidenten des Kärntner Landtages betreffend Wahl von Ersatz­mitgliedern des Bundesrates ......................................................................................................................................... 48

Schreiben des Präsidenten des Vorarlberger Landtages betreffend Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates ................................................................................ 53


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 2

Angelobung der BundesrätInnen Thomas Dim, Claudia Hauschildt-Buschberger, Marco Schreuder, Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross und Dr. Magnus Brunner, LL.M. .......................................... 5

Schreiben des Generalsekretärs im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über den Siebenten Zusatzvertrag zum Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zur Regelung von ver­mögensrechtlichen Beziehungen durch den Bundespräsidenten .................................. 55

1. Punkt: Wahl eines/einer Vizepräsidenten/-in für den Rest des 2. Halb­jah­res 2019                       58

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ................................... 74

Unterbrechung der Sitzung ...................................................................................  75, 98

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M. ................................................................ 97

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls .................................. 97

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 5

Aktuelle Stunde (73.)

Thema: „Digitalisierung und MINT: Initiativen und Maßnahmen von der Elementarpädagogik bis zum Hochschulbereich“ ........................................................................................................ 6

RednerInnen:

Mag. Dr. Doris Berger-Grabner ............................................................................. ....... 6

Doris Hahn, MEd MA .............................................................................................. ....... 9

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 12

Bundesministerin Mag. Dr. Iris Rauskala ............................................................ ..... 14

Marianne Hackl ........................................................................................................ ..... 19

Mag. Daniela Gruber-Pruner ................................................................................. ..... 20

Mag. Reinhard Pisec, BA MA ................................................................................ ..... 22

Marco Schreuder .................................................................................................... ..... 23

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ................................................  28, 29, 30

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 58

Nationalrat

Gesetzesbeschluss ......................................................................................................... 58

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 25

6. Punkt: Wahl von zwei Mitgliedern und eines Ersatzmitgliedes des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948           ............................................................................................................................... 96

Verhandlungen


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 3

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 13. November 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird (7/A und 3 d.B. sowie 10263/BR d.B.)                  59

Berichterstatterin: Mag. Doris Schulz ........................................................................... 59

RednerInnen:

Dominik Reisinger .................................................................................................. ..... 59

Silvester Gfrerer ..................................................................................................... ..... 62

Gerd Krusche .......................................................................................................... ..... 63

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross .......................................................................................... ..... 66

Bundesminister Mag. Andreas Reichhardt ......................................................... ..... 68

Dr. Peter Raggl ............................................................................................................. 69

Klara Neurauter ....................................................................................................... ..... 71

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ............................................................................... ..... 72

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Bemautung von Ausweichrouten“ – Ablehnung ......................................................  61, 74

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Gerd Krusche, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „keine Verlagerung des Verkehrsproblems ‚Maut-Flucht‘ nach Lustenau und Hohenems“ – Annahme (265/E-BR/2019) (namentliche Abstimmung) .....................................................................  65, 74

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung ....................................... 75

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ..................................................................................................... 74

3. Punkt: Verkehrstelematikbericht 2019, vorgelegt vom Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie (III-689-BR/2019 d.B. sowie 10264/BR d.B.) ............................................ 76

Berichterstatter: Gottfried Sperl ................................................................................... 76

RednerInnen:

Bundesminister Mag. Andreas Reichhardt ......................................................... ..... 77

Andrea Wagner ............................................................................................................. 77

Mag. Bettina Lancaster ................................................................................................ 79

Peter Samt ............................................................................................................... ..... 81

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-689-BR/2019 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................... 82

4. Punkt: Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2018, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-690-BR/2019 d.B. sowie 10265/BR d.B.) .................... 82

Berichterstatter: Gottfried Sperl ................................................................................... 82

RednerInnen:

Bundesminister Mag. Andreas Reichhardt ......................................................... ..... 82

Ernest Schwindsackl .............................................................................................. ..... 84

Günther Novak ........................................................................................................ ..... 85

Gerd Krusche .......................................................................................................... ..... 88

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross .......................................................................................... ..... 88

Rudolf Kaske ........................................................................................................... ..... 89


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 4

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung des 1-2-3 Klimatickets“ – Annahme (266/E-BR/2019) .......................  87, 91

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-690-BR/2019 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................... 91

5. Punkt: Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über technische Unterwegskontrollen in den Jahren 2017 & 2018 (III-691-BR/2019 d.B. sowie 10266/BR d.B.)                  92

Berichterstatter: Gottfried Sperl ................................................................................... 92

RednerInnen:

Bundesminister Mag. Andreas Reichhardt ......................................................... ..... 92

Martin Preineder ..................................................................................................... ..... 93

Dominik Reisinger .................................................................................................. ..... 94

Peter Samt ............................................................................................................... ..... 95

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-691-BR/2019 d.B. zur Kenntnis zu nehmen         ............................................................................................................................... 96

Eingebracht wurden

Anfragen der BundesrätInnen

Martin Weber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Atommüllendlager in Grenznähe und Haltung Österreichs (3707/J-BR/2019)

Ing. Eduard Köck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Schließungspläne von Bezirksgerichten (3708/J-BR/2019)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien betreffend Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Öster­reich in Bezug auf Genehmigungen für den Bau und Betrieb von Wasserkraftanlagen (3709/J-BR/2019)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­hal­tigkeit und Tourismus betreffend Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich in Bezug auf Genehmigungen für den Bau und Betrieb von Wasser­kraft­anlagen (3710/J-BR/2019)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich in Bezug auf Genehmi­gungen für den Bau und Betrieb von Wasserkraftanlagen (3711/J-BR/2019)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Bettina Anna Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend KTM MOTOHALL GmbH (3433/AB-BR/2019 zu 3705/J-BR/2019)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der BundesrätInnen David Stögmüller, Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau des Hochschulverbunds der Internationalen Bodensee-


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 5

Hochschule (IBH) in eine Europäische Universität (3434/AB-BR/2019 zu 3706/J-BR/2019)


 


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 6

09.01.05Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Karl Bader, Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M., Vize­präsident Hubert Koller, MA.

*****


Präsident Karl Bader: Einen wunderschönen guten Morgen! Grüß Gott, liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Ich eröffne die 898. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 897. Sitzung des Bundesrates vom 10. Oktober ist aufge­legen, wurde nicht beanstandet und gilt daher als genehmigt.

Verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Mitglieder des Bundesrates Ing. Bruno Aschenbrenner, Heike Eder, BSc MBA, Elisabeth Mattersberger, Stefan Schennach und Christoph Steiner.

09.01.38Mandatsverzicht und Angelobung


Präsident Karl Bader: Eingelangt sind

ein Schreiben des Oberösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzichte und Wahl eines Mitgliedes und von Ersatzmitgliedern des Bundesrates,

ein Schreiben des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht und Wahl eines Er­satzmitgliedes des Bundesrates,

ein Schreiben des Kärntner Landtages betreffend Wahl von Ersatzmitgliedern des Bun­desrates sowie

ein Schreiben des Vorarlberger Landtages betreffend Wahl von Mitgliedern und Ersatz­mitgliedern des Bundesrates. (siehe S. 31)

Die neuen Mitglieder – mit Ausnahme von Frau Bundesrätin Heike Eder, die kürzlich ein Baby bekommen hat, wozu wir recht herzlich gratulieren (allgemeiner Beifall) – be­ziehungsweise das wiedergewählte Mitglied des Bundesrates sind im Hause anwe­send. Ich werde daher sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein. – Ich ersuche die Schriftführung um die Ver­lesung der Gelöbnisformel.


Schriftführerin Mag. Daniela Gruber-Pruner: Ich verlese die Gelöbnisformel für die Mitglieder des Bundesrates. „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Gruber-Pruner leisten die BundesrätInnen Thomas Dim, Claudia Hauschildt-Buschberger, Marco Schreuder, Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross, Dr. Magnus Brunner, LL.M. die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.)

*****

Herzliche Gratulation. (Allgemeiner Beifall.)



BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 7

Präsident Karl Bader: Ich begrüße die neuen Mitglieder beziehungsweise das wie­dergewählte Mitglied des Bundesrates sehr herzlich in unserer Mitte und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit mit ihnen.

Bevor wir zur Aktuellen Stunde gelangen, darf ich darauf hinweisen, dass für die Her­stellung eines Videos über den österreichischen Bundesrat auch Filmaufnahmen über die laufende Plenarsitzung durchgeführt werden.

09.04.26Aktuelle Stunde


Präsident Karl Bader: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema

„Digitalisierung und MINT: Initiativen und Maßnahmen von der Elementarpädagogik bis zum Hochschulbereich“

mit Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung Mag. Dr. Iris Rauskala, die ich sehr herzlich bei uns in der zweiten Kammer willkommen heißen darf. (Allgemeiner Beifall.)

In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über folgenden Ablauf erzielt: Zunächst kommt je eine Rednerin/ein Redner pro Fraktion zu Wort, deren beziehungsweise dessen Redezeit jeweils 10 Minuten beträgt. Sodann folgt die Stellungnahme der Frau Bundesministerin, deren Dauer ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten soll. Danach folgt wiederum je eine Rednerin/ein Redner der Fraktionen sowie anschließend eine Wortmeldung der Bundesräte ohne Fraktionszugehörigkeit mit jeweils einer 5-minü­tigen Redezeit. Zuletzt kann auch eine abschließende Stellungnahme der Frau Bun­des­ministerin erfolgen, deren Dauer nach Möglichkeit 5 Minuten nicht überschreiten soll.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Dr.in Doris Berger-Grabner. Ich erteile es ihr und mache sie darauf aufmerksam, dass entsprechend der Vereinbarung in der Präsidialkonferenz die Redezeit 10 Minuten beträgt.


09.05.52

Bundesrätin Mag. Dr. Doris Berger-Grabner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer auf der Besuchergalerie und zu Hause via Livestream! Zunächst möchte ich mich herzlich dafür bedanken, dass wir heute dieses aktuelle und äußerst wichtige Thema im Rahmen der Aktuellen Stunde behandeln und in den Fokus rücken.

Schauen wir uns hier zunächst einmal die Ausgangssituation in unserer Arbeitswelt an: Wir erkennen diverse Trends wie zum Beispiel die Entstehung digitaler Geschäfts­mo­delle und Innovationen, eine fortschreitende Automatisierung und immer weitreichen­dere Globalisierung. Wenn wir uns diesen technologischen Fortschritt anschauen, dann erkennen wir, dass natürlich auch davon auszugehen ist, dass sich Arbeits­ab­läufe und ganze Arbeitsstellen verändern werden und vor allem manuelles Arbeiten zunehmend durch Automatisierung ersetzt wird. Das heißt, als größte Herausforderung der Zukunft gilt definitiv nicht das Ersetzen der Arbeitskraft, sondern die Veränderung und Weiterentwicklung von Tätigkeiten und von Anforderungen.

Es ist diesbezüglich ganz egal, um welche Berufe es sich handelt. Da geht es genauso um die Kellnerin wie um den Bauplaner, da geht es um die Rezeptionistin und viele mehr. Das, was sie alle brauchen können, ist ein gewisses IT-Grundwissen und -Ver-


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 8

ständnis für den Umgang mit digitalen Tools und Systemen und vor allem auch die menschlichen Kompetenzen, denn ohne den Menschen ist die Digitalisierung definitiv wertlos.

Vor diesem Hintergrund bedarf es natürlich auch einer Reflexion und vor allem einer Weiterentwicklung unseres Bildungssystems. Mit den Maßnahmen unter Bundes­minis­ter Faßmann, allen voran zum Beispiel das Pädagogikpaket, wurde ja auch schon sehr viel erreicht. Jetzt gilt es vor allem, diese konsequente Neuausrichtung fortzusetzen. Ich sehe im Bildungsbereich drei große Kernbereiche und Zukunftsthemen, die sich vom Primärsektor bis in den Tertiärsektor erstrecken. Das sind erstens die Digita­lisierung, zweitens die Finanzierung und drittens die Schulkultur.

Ich beginne gleich mit dem ersten Punkt, mit der Digitalisierung. Fragen wir uns zu­nächst einmal, welche Kompetenzen da zunehmend wichtiger werden! Da momentan alle digitalen Tools ja noch sehr stark textbasiert sind, brauchen unsere Schülerinnen und Schüler vor allem Lese- und Schreibkompetenz. Wenn wir uns da die aktuellen Pisa-Ergebnisse anschauen, dann sehen wir, dass wir definitiv noch Aufholbedarf haben, weil wir derzeit ja noch unter dem OECD-Schnitt liegen. Sprache – ich glaube, da sind wir uns alle definitiv einig – ist vor allem eines: der Schlüssel zum Bildungs­erfolg.

Schauen wir uns an, welche weiteren Kompetenzen zukünftig noch wichtiger werden: Dazu gehören ein gewisses Basiswissen im IT-Bereich, ein gewisses Maß an Wissen über Datenschutz, über Datenverwertung, Problemlösungskompetenz, Kreativität, ana­lytisches und vernetztes Denken. All das sind notwendige Kompetenzen. In diesem Bereich wurden auch schon sehr, sehr viele Maßnahmen gesetzt, ganz egal, ob wir jetzt über das AMS oder die Schulen sprechen.

Wovor ich aber definitiv warnen möchte, ist eine sogenannte Pseudodigitalisierung, in deren Zuge Klassenzimmer wirklich modern ausgestattet werden, und zwar mit moder­nen Smartboards, mit Laptops und so weiter, die dann aber nicht oder nicht zielführend eingesetzt und verwendet werden.

Deshalb denke ich, dass neben der technischen Ausstattung vor allem Weiterbildungs­maßnahmen für unsere Pädagoginnen und Pädagogen notwendig sind. Unsere Päda­goginnen und Pädagogen leisten bereits jetzt hervorragende Arbeit und können unse­ren Kindern entscheidende Kompetenzen mitgeben, wie Medienkompetenz, kreative Lösungskompetenzen, Teamgeist oder digitale Etikette. Sie können auch das Interesse an technischen Berufen wecken, da die Zukunft mit der Ausbildung unserer Kinder beginnt.

Ich komme schon zum zweiten Punkt, und zwar ist das die Finanzierung: Das Bundes­ministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung schafft 3 000 zusätzliche Aus­bildungsplätze im höher qualifizierten Mint- und IT-Bereich. Allein die FHs bekommen dadurch 1 000 neue facheinschlägige Studienplätze dazu, zum Bespiel auch im süd­lichen Niederösterreich, wo für den Bereich Maschinenbau eine neue FH entsteht. – Vielen herzlichen Dank für diese wichtige und richtige Maßnahme.

Die FHs sind nämlich diejenigen, die als Verbindungsglied zwischen Wissenschaft, Ge­sellschaft, Regionen und Wirtschaft dienen. Sie sind für praxis- und anwendungs­orien­tierte Ausbildung zuständig und widmen sich Zukunftsthemen. Sie sind es auch, die schon sehr viele digitale Tools im Unterrichtswesen im Einsatz haben, wie zum Beispiel E-


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 9

Learning, Virtual Classrooms, Webinare, Augmented Reality, Virtual Reality und vieles mehr.

All diese technischen Kompetenzen und Ausstattungen kosten sehr viel Geld. Um die hervorragende Qualität der Ausbildung an Fachhochschulen weiterhin sicherstellen zu können, sind zwei Dinge notwendig – das sind alte Probleme, die wir schon einmal angesprochen haben, ich möchte sie heute dennoch noch einmal ansprechen –, einer­seits die Erhöhung der Studienplatzfinanzierung und andererseits eine jährliche Index­anpassung.

So wie wir in der Wirtschaft einen war for talents – einen Krieg um die besten Köpfe – haben, haben wir im Bildungsbereich einen war for students – einen sogenannten Kampf um Schüler und Schülerinnen –, und deshalb ist es wichtig und richtig, zunächst einmal Ausbildungsplätze zu schaffen. Als begleitende Maßnahme ist es aber auch sehr wichtig, tatsächlich eine ausreichende Anzahl von qualifizierten Bewerbungen sicherstellen zu können und auch dafür sind Maßnahmen notwendig. Das beginnt definitiv schon dabei, das Interesse für den Mint- und IT-Bereich, für den technischen Bereich bei den Kleinsten zu wecken.

Ich komme jetzt zum dritten und letzten Punkt, das ist die Schulkultur. Durch die neuen Strukturen und Abläufe in der Arbeitswelt ist mehr denn je auch Kommunikations­kom­petenz gefragt. Wir arbeiten künftig in agilen Teams, interdisziplinär, interkulturell, und das erfordert gute, soziale Umgangsformen und auch Offenheit – Offenheit im sozialen Bereich, aber auch im kulturellen Bereich.

Wenn wir uns heutzutage unsere Schüler und Schülerinnen anschauen – ich bin sicherlich gegen Stereotypisierung –, zeigen sich definitiv einige Defizite. Es zeigen sich teilweise Defizite in der Sozialkompetenz, bei Kollaborations- und bei Team­fähig­keit. Das zieht sich durch alle Schulstufen, und deshalb sehe ich es als Gegen­maß­nahme – das klingt vielleicht sehr banal, ist aber dennoch sehr wichtig –, in den Schulen Schulregeln und Hausordnungen einzuführen (Bundesrätin Mühlwerth: Na viel Spaß mit den Grünen!), die tatsächlich konsequent umgesetzt und angewandt werden, sodass wir auch weiterhin ein wertschätzendes und respektvolles Miteinander haben, um einerseits Gewalt, aber andererseits auch psychischen Verletzungen, vor allem im Bereich von Social Media, den Nährboden zu entziehen.

Ein ganz wichtiger Punkt, den wir definitiv nicht vernachlässigen dürfen, ist, dass wir auch die Eltern in die Verantwortung nehmen müssen, denn es kann nicht sein, dass wir die Erziehung nur an Institutionen auslagern. Eltern sind, und das wissen wir alle, Vorbilder für die Kinder, dementsprechend sollten wir als Eltern oder Großeltern unsere Rolle auch wahrnehmen.

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss und bringe noch einmal ein Fazit: Niemand kann diese Veränderung in der Arbeitswelt im Allein­gang bewältigen, es braucht definitiv eine Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren – im Bildungssektor, am Arbeitsmarkt, auch unter Einbindung der Wirtschaft und der Gesellschaft. Digitalisierung wird unsere Lebens- und Arbeitswelt weiterhin verändern, und ich glaube – da sind wir uns alle einig –, dass digitale Tools und Services gewisse Kernkompetenzen vor allem im Dienstleistungsbereich – Hilfsbereitschaft oder Freund­lichkeit – definitiv nicht ersetzen können. Wo wir uns wahrscheinlich auch einig sind, ist, dass die digitale Transformation im Sinne eines Lifelong Learning Offenheit und Veränderungsbereitschaft erfordert.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 10

Zum Schluss erscheint mir Folgendes noch einmal wichtig zu betonen: Setzen wir die Maßnahmen zur konsequenten Weiterentwicklung unseres Bildungssystems fort, zum Wohle unserer Kinder, zum Wohle unserer Zukunft. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

9.15


Präsident Karl Bader: Vielen Dank.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Doris Hahn. – Bitte.


09.15.59

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen und hier im Hohen Haus! Als Pädagogin an einer Neuen Mittelschule in Niederösterreich, die unter anderem Mathematik und auch Robotics unterrichtet, freue ich mich ganz besonders, dass wir uns heute in der Aktuellen Stunde diesen beiden Themenbereichen widmen und uns genauer damit auseinandersetzen. Sowohl bei der Digitalisierung als auch im Bereich der Mint-Fächer ist es aus meiner Sicht ganz unerlässlich, bereits in der Elementar­pädagogik entsprechendes Augenmerk darauf zu legen, um dann ein möglichst stufen­loses Aufbauen darauf bis in den Hochschulbereich und darüber hinaus in den Arbeits­markt auch wirklich zu ermöglichen.

Wenn 13-Jährige Roboter bauen und programmieren, wenn Zehnjährige mittels Smart­phone und Augmented-Reality-Apps in das Innere des menschlichen Körpers blicken können, wenn sich Studierende für Gruppenarbeiten nicht mehr treffen müssen, son­dern, über das Internet verbunden, kollaborativ an einem Projekt arbeiten können, wenn sich PädagogInnen in Blended-Learning-Verfahren von zu Hause aus weiterbilden, dann ist das heutzutage nichts Exotisches oder Außergewöhnliches. Neue Medien haben ohne Zweifel längst Einzug in unseren Alltag und damit natürlich auch in unse­ren Bildungsalltag, in die österreichische Bildungslandschaft, in alle Klassenzimmer und auch in die Hörsäle und hier in den Bundesrat gehalten. Wir sollten nicht verges­sen – die meisten von uns waren ja dabei und werden sich noch gut daran erinnern können –, dass unser damaliger Präsident Reinhard Todt seine Präsidentschaft ganz besonders der Digitalisierung gewidmet und diesbezüglich auch zahlreiche Initiativen gesetzt hat.

Frau Ministerin, Ihr Vorgänger Minister Faßmann war es, der dazu unter anderem den Masterplan Digitalisierung hat ausarbeiten lassen. Er geht aus meiner Sicht durchaus in die richtige Richtung, aber als großen Wurf würde ich ihn nicht bezeichnen, zumal dieser Masterplan auf vielem aufbaut, das bereits unter Ministerin Hammerschmid mit dem Aktionsplan Schule 4.0 auf den Weg gebracht wurde, Stichwort digitale Grund­bildung, Stichwort Infrastruktur und Ausstattung – also alles, was mit Hardware und Software zu tun hat; WLAN, Breitbandanschlüsse und dergleichen –, Stichwort digitale Lerntools, und, ganz wichtig und nicht zu vergessen, digital kompetente Pädagoginnen und Pädagogen.

Mithilfe unterschiedlicher Tools und Initiativen, wie zum Beispiel Digi-Check, Digi-Komp, E-Education, die Virtuelle Pädagogische Hochschule, Playmit, die Eduthek und einer Sammlung von Open-Educational-Resources, mit interaktiven Schulbüchern und vielem mehr, ist eine den gesellschaftlichen Anforderungen entsprechende Basis für digitale Bildung gelegt worden. Vielen Dank auch an dieser Stelle für diese Initiativen, die Liste ließe sich hier beliebig fortsetzen.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 11

Neue Lehr- und Lernformen, wie zum Beispiel der flipped oder inverted classroom haben sich, ohne Frage, inzwischen etabliert. Die Lehrkraft ist längst keine reine Wis­sensvermittlerin mehr, vielmehr geht es darum, den Lernenden als digitaler Lern­beglei­ter Kompetenzen zu vermitteln, und darum, Informationen zu sichten, zu interpretieren. Fakenews sind, denke ich, inzwischen uns allen ein Begriff, das wird auch eine der großen Herausforderungen für die Zukunft werden. Leider muss ich aber sagen, sind einige Pläne des Konzepts Schule 4.0 im Masterplan von Türkis-Blau hintangestellt, auf die lange Bank geschoben worden, so zum Beispiel auch die flächendeckende Ausstattung mit Breitband, WLAN, Tablets und Notebooks für alle Schülerinnen und Schüler der 5. bis 9. Schulstufe.

Das sehe ich sehr problematisch, denn – ich glaube, da sind wir uns einig – die Ent­wicklung in dem Bereich bleibt sicher nicht stehen. Auch darauf hat ja meine Vorred­nerin bereits hingewiesen. Aufgrund des digitalen Wandels sehen wir uns mit derart rasanten technischen Veränderungen konfrontiert, die inzwischen fast jeden unserer Lebensbereiche betreffen, sodass auch Schule, Hochschullehre, Erwachsenenbildung, aber auch betriebliche Weiterbildung bis hin zum Arbeitsmarkt als Ganzem darauf entsprechend reagieren müssen.

Eines muss aus meiner Sicht immer im Fokus politischer Anstrengungen bleiben, näm­lich die Chancengerechtigkeit. Das ist mir ein ganz wesentliches Anliegen. Immer noch haben nämlich nicht alle Menschen gleichermaßen Zugang zu digitalen Medien. Es muss daher diesem Digital Divide, also der sozialen Spaltung aufgrund von ungleichen Zugangsmöglichkeiten, ganz rasant und entschieden entgegengewirkt werden.

Es gibt verschiedene Bildungsexperten, die in diesem Zusammenhang auch immer wieder auf das Problem des Matthäus-Prinzips hinweisen, das sich in der Nutzung von Internet und Computer deutlich zeigt, nämlich insofern, als jene mehr mit digitalen Medien arbeiten, die ohnehin bereits eine höhere digitale Kompetenz aufweisen. Das wiederum verstärkt den Digital Divide noch zusätzlich. Da ist also aus meiner Sicht Handlungsbedarf gegeben. Ich glaube, es ist unter anderem die Kostenfrage eine ganz entscheidende.

Gerade im Pflichtschulbereich können wir die Gemeinden als Schulerhalter, aber auch ganz besonders die Eltern in diesem Zusammenhang, was die Kosten für Anschaffung und Instandhaltung von Geräten betrifft, nicht alleine lassen. Es braucht in Bezug auf die finanziellen Ressourcen eine gemeinsame Anstrengung von Bund, Ländern und Gemeinden. Dazu gehören nicht nur Ressourcen für die Ausstattung, sondern auch zum Beispiel für IT-Betreuerinnen und -Betreuer, die sozusagen für das Trouble­shooting vor Ort, in den Schulen zuständig sind. Sehr oft – und das kenne ich auch aus meiner eigenen Praxis – gibt es niemanden, der rasch Hilfe leisten kann, wenn das interaktive Whiteboard nicht funktioniert, wenn die Technik einmal nicht so will, wie sie soll.

Dazu gehören aber auch noch mehr Ressourcen für die Aus- und Weiterbildung der PädagogInnen, und zwar vom Grundlagenwissen bis hin zu Fragen der didaktischen Umsetzung, einer ganz passgenauen Fortbildung, die dann auch wirklich in der Praxis angewandt und umgesetzt werden kann.

Eines, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, steht wohl außer Frage: Digitale Kompe­tenzen sind die Voraussetzung für eine aktive Teilhabe in einer digitalen Gesellschaft. Digital Skills gehören mittlerweile zu den wichtigsten Bedingungen für gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Wir haben es auch von meiner Vorrednerin soeben gehört.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 12

Daher braucht Österreich eine intensive Auseinandersetzung über einen gerechten Zugang zur digitalen Bildung.

Nun zum Mint-Bereich, der ja heute eigentlich untrennbar mit der Digitalisierung ver­bunden ist: Die naturwissenschaftlichen, mathematisch-technischen Fächer liegen bei den Jugendlichen – das kann ich aus meiner eigenen Praxis bestätigen – nicht oft auf Platz eins, was die Beliebtheit betrifft. Dabei ist ja frei nach Galileo Galilei das Buch der Natur mit mathematischen Symbolen geschrieben. Das heißt, auch da gilt es, mit geeigneten Maßnahmen gegenzusteuern, damit jene Fachbereiche später in den hö­he­ren Schulen, aber auch an den Universitäten und Hochschulen in ausreichendem Maße gewählt werden und in Österreich entsprechend viele Expertinnen und Experten in diesen Bereichen ausgebildet werden können.

Ja, wir sehen, wir sind auf dem richtigen Weg, zumindest bestätigen uns das auch die aktuellen Pisa-Ergebnisse: in diesem Bereich zumindest positiv. Österreichs SchülerIn­nen liegen in Mathematik sogar über dem OECD-Schnitt, in den Naturwissenschaften generell zumindest im OECD-Schnitt. Erfreulich ist, dass sich die Geschlechter­unter­schiede zwischen Burschen und Mädels in diesem Bereich inzwischen mehr oder weniger aufgehoben haben. Sie liegen nun in etwa gleichauf. Aber wir dürfen uns in diesem Zusammenhang, glaube ich, nicht beruhigt zurücklehnen.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal auf einige wichtige Initiativen vonseiten der ehemaligen Ministerin Hammerschmid hinweisen, die schon die richtigen Wege sozusagen angeleiert hat, wie zum Beispiel das Mint-Gütesiegel, eine gemeinsame Initiative von Bildungsministerium, Industriellenvereinigung, Wissensfabrik Österreich und Pädagogischer Hochschule Wien, mit dem Schulen, aber auch bereits elemen­tarpädagogische Einrichtungen ausgezeichnet werden können, die durch verschiedene Maßnahmen und Projekte innovatives, forschendes und begeisterndes Lernen in Ma­the­matik, Technik und Informatik fördern, also den Forschergeist der Kinder wecken.

Weitere Kooperationen mit Arbeiterkammer, AMS, aber auch mit Hochschulen, For­schungszentren et cetera bieten mit Aktionen wie der Kinderuni oder dem Girls’ Day beispielsweise erste Einblicke in Forschung und Technik. Das ist auch positiv heraus­zustreichen.

Trotzdem: 60 Prozent der Studierenden heute entscheiden sich immer noch für nur 10 Prozent der möglichen Studienfächer – wenig überraschend zu einem großen Teil für Studien aus den Sozial- und Geisteswissenschaften. Was es daher aus unserer Sicht noch ganz, ganz dringend braucht, sind weitere Angebote und Initiativen im niederschwelligen Bereich, um auch schon Kinder für Mint zu begeistern, einen weiteren Ausbau der Zahl der Studienplätze im Mint-Bereich und gleichzeitig auch weitere neue Professuren, um das Betreuungsverhältnis noch weiter zu verbessern. Wir brauchen auch weitere Studienangebote an den Fachhochschulen; auch hier geht es bereits in die richtige Richtung, aber Entwicklung ist wichtig. Nicht zuletzt aufgrund des großen Themas Klimawandel ist eine Erhöhung der Forschungsfinanzierung und -förderung besonders in den Bereichen Klima, Energie und Umwelt, aber auch bei der Mobilitätsforschung beispielsweise, bei der Forschung zur künstlichen Intelligenz und vielem mehr ein Gebot der Stunde.

Zum Abschluss möchte ich noch eines betonen: Bildung bedeutet, Potenziale und Talente zu entdecken und zu entwickeln. Egal, ob Digitalisierung oder Mint-Fächer, beides müssen ganz zentrale Themen in der Weiterentwicklung einer modernen Bil­dungspolitik sein, um Österreich im internationalen Vergleich, abgesehen von Pisa na-


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 13

türlich, entsprechend wettbewerbsfähig zu halten. Ich glaube, das liegt in unser aller Interesse. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

9.26


Präsident Karl Bader: Danke sehr.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.


9.26.44

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Ja, die Welt hat sich natürlich durch die Digitalisierung verändert, und daran wird auch die Schule nicht vorbeikommen, sie wird die Schüler ent­sprechend befähigen müssen, mit den neuen Medien und mit der ganzen Internettechnik umge­hen zu können.

Wir merken das ja schon ganz besonders, wenn es um Cybermobbing geht, wo Schü­ler völlig hemmungslos Lehrer niedermachen: Diesbezüglich muss man sie entsprechend führen und leiten und sie darauf aufmerksam machen, wie verletzend und schrecklich solche Dinge sein können. Ohne Frage.

Auf der anderen Seite dürfen wir aber jetzt nicht glauben, dass die Digitalisierung das Nonplusultra ist, so quasi das neue Allheilmittel für alles und jedes. Was wir nämlich nach wie vor brauchen – und das haben Psychologen in den letzten Wochen nicht nur einmal gesagt –, ist Ruhe für die Schüler. Das, was den Schülern an der Schule fehlt, ist Ruhe. Wir erleben im Moment – da können wir uns ja alle gar nicht wirklich aus­nehmen –, dass wir von der Technik ein bissel mehr beherrscht werden, als wir die Technik beherrschen.

Wenn man auf der Straße geht oder in der Straßenbahn sitzt und sieht, wie jeder den Blick vom Handy überhaupt nicht mehr abwenden kann, während man früher gesessen ist und auf die Straße oder in die Landschaft geschaut hat, dann würde ich doch sagen, dass es immer noch so ist, dass dieses Medium uns beherrscht und nicht umgekehrt. Da gibt es ja auch viele Leute aus der IT-Branche, die ausgestiegen sind, die heute Seminare darüber abhalten, die selber sagen: Ich checke meine E-Mails einmal am Tag, ich muss nicht rund um die Uhr erreichbar sein, ich muss nicht alle 5 Minuten ein SMS oder ein E-Mail lesen. Das ist etwas, wo wir noch einen weiten Weg vor uns haben. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Das Zweite ist, dass man glaubt, die Digitalisierung hat jetzt alles revolutioniert. Da gibt es einen sehr guten Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“, die ja jetzt nicht gerade ein rechtes Medium ist, in dem damit ein wenig aufgeräumt wird. Die Conclusio der Geschichte ist: Es steht und fällt nach wie vor mit dem Lehrer. Die Zusammenarbeit zwischen den Schülern und den Lehrern ist das Nonplusultra. Das ist das gestaltende Element in der Bildung – nicht die Digitalisierung! In dem Artikel sagen die Experten, die ja viele Studien und Metastudien gemacht haben, auch, dass sich gerade im technischen Bereich die Hoffnungen der Digitalisierung nicht erfüllt haben, dass jetzt eine Revolutionierung des Wissens stattfindet. Wir werden also trotzdem nach wie vor, vor allem unsere Schüler, auf dem Hosenboden sitzen und lernen müssen, so wie man das früher gemacht hat. Ich glaube nämlich auch, dass das durch die Digitalisierung nicht ersetzt werden kann.

Es ist schon von einer Vorrednerin gesagt worden, dass die Sprachkompetenz sowieso die allerwichtigste Voraussetzung ist. Da haben wir noch einiges vor uns, denn – was


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 14

jetzt auch beim neuen Pisa-Test herausgekommen ist – es ist immer noch so, dass 20 Prozent der Jugendlichen nach neun Schuljahren nicht ausreichend lesen, schrei­ben und rechnen können.

Wir haben in der letzten Regierung versucht, da gegenzusteuern, und die Deutsch­klassen waren durchaus ein Erfolgsmodell, aber da muss man natürlich warten, bis das letzten Endes angekommen ist, denn wir wissen, in der Schule ist ein Jahr, um eine Verbesserung erkennen zu können, noch überhaupt nichts. Der Weg aber ist richtig, weil wir es uns schlicht und einfach nicht leisten können, Schüler zu verlieren.

Dabei ist es egal, ob es ein Zuwandererkind oder ein österreichisches Kind ist, das nicht gescheit lesen kann. Wir dürfen auch die Zuwandererkinder nicht verlieren, und es ist leider oft so, dass die Eltern dieser Kinder nicht den entsprechenden Zugang zur Bildung haben – es haben aber auch manche österreichischen Eltern überhaupt keinen Zugang zur Bildung –, und daher müssen wir auch die Eltern mit ins Boot holen. Das Schlechteste wäre nämlich, mit der Aussicht zu leben: Nach neun Schuljahren, in denen ich mich nicht anzustrengen brauche, möchte ich ja eh, ich sage es jetzt im Neusprech, AMS werden! – In Deutschland hat ja Heinz Buschkowsky, der damalige sozialdemokratische Bürgermeister von Neukölln, gesagt, seine Schüler antworten auf die Frage: Was willst du werden?, mit: Ich will Hartz IV werden!, denn das hat man beim Onkel und beim Cousin und beim Bruder gesehen, dass das ein erfolgreiches Modell ist: Der Staat lässt einen nicht fallen; das heißt, ich muss mich nicht anstrengen und komme trotzdem nicht unter die Räder. – Das, glaube ich, ist der falsche Zugang, und das muss man auch vermitteln.

Das heißt aber auch, dass – Digitalisierung hin und her – eine gewisse Anstrengung beim Lernen nicht vermieden werden kann. Das ist einfach so. Den Nürnberger Trichter, den zwar viele gerne hätten, gibt es einfach nicht, also wird eine gewisse Anstrengung durchaus vonnöten sein. Das ist ja auch etwas Positives. Es ist doch schön, wenn wir uns irgendwo angestrengt haben, zu sehen, dass dann ein Ergebnis herauskommt, dass wir etwas geschafft haben, dass wir etwas geleistet haben. Ich glaube, wir müssen den Schülern eher dieses positive Gefühl vermitteln, anstatt: Du musst, und wenn du nicht kannst, dann! – Da glaube ich, dass sich auch in der Schule noch einiges verändern muss. Die Rohrstaberlpädagogik von vor 70 Jahren funktioniert nicht mehr, das wissen wir ja ohnehin, aber es gibt ohnedies niemanden mehr, der diese jetzt präferiert und sagt, das muss so sein.

Das heißt nicht, dass es für Aktionen keine Reaktionen geben darf. Auch ein Schüler muss lernen: Wenn er gewisse Aktionen setzt, dann gibt es darauf eine Reaktion, und die muss er dann halt auch nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern auch ausbaden. Auch das gehört nämlich zur Persönlichkeitsentwicklung, auch das gehört dazu, damit die Schüler dann im späteren Leben auch wirklich bestehen können.

Das, was in den letzten Jahrzehnten gemacht wurde, war nämlich der falsche Weg: in der Schule eine imaginäre Welt vorzutäuschen und die Schüler – ich sage jetzt: die armen Schüler – ins Leben hinausgehen zu lassen, wo sie dann überhaupt nicht wissen, wie ihnen geschieht, weil ihnen ja niemand gesagt hat, dass es so sein wird, dass eben Fleiß, Pünktlichkeit, Disziplin, eine gewisse Leistung einfach Grundvor­aus­setzungen sind für alles, was wir im Leben tun, nicht nur im Arbeitsbereich, sondern auch im persönlichen Bereich. Die Verlässlichkeit und all diese Dinge sind ein wesent­licher Motor. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu den Mint-Studien, weil das ja auch immer wieder angesprochen wird: Ja, die Mädchen sollen sich trauen, aber es gibt einen sehr interessanten Blog einer Studentin


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 15

an der Technischen Universität, die sagt – und ich glaube, da hat sie auch recht –, es ist – und da ist egal, was man studiert, aber es ist im Besonderen auf die Mint-Fächer, also die mathematischen, naturwissenschaftlichen, technischen Fächer bezogen – schon wichtig, seinen Neigungen zu folgen, es bringt überhaupt nichts, zu sagen, die Mädchen sollen jetzt irgendwelche technischen, mathematischen Studien machen – weil man da mehr Geld verdient, einen guten Job kriegt –, wenn das nicht ihr Ding ist.

Ja, ich bin dafür, die Mädchen zu ermutigen, zu sagen: Ich traue mir das zu, ich glaube, ich kann das!, aber auch bei einem Burschen nützt es nichts: Wenn er diese Neigung nicht hat, dann wird es auch nie gut enden. Man kann auch schwer voraus­sagen – darin sind sich auch die Experten einig –, welche Berufe morgen tatsächlich gefragt sein werden, daher sagen viele Universitätsprofessoren ihren Studenten auch: Studiert das, was euren Neigungen entspricht, was euch am meisten interessiert, denn da werdet ihr am erfolgreichsten sein!

Ich glaube, das sind Dinge, die wir den Schülern mitgeben sollten, plus ein bisschen mehr Zeit. Wir müssen in der Schule nicht alles im Schnelldurchlaufverfahren schaffen, denn ich glaube, die Schule ist immer noch auch ein Raum, wo man sich als Kind und als Jugendlicher noch ein bisschen ausprobieren können soll. Diese jungen Menschen sind noch nicht fertig, die wissen noch nicht, wie es jetzt wirklich geht, daher bin ich der Meinung, sie sollen auch ein bisschen probieren dürfen, auch was das Lernen anbelangt. Das heißt aber nicht, dass man das jetzt in eine Laisser-faire-Richtung schieben soll, im Sinne von: Jeder kann tun, wie er will und wann es ihn gerade freut. – Das nicht, aber ich glaube, wenn wir auf der einen Seite eine gute Mischung aus Raum und Zeit haben und Ruhe geben und auf der anderen Seite eine gewisse Disziplin und Leistung einfordern, dann sind wir auf einem guten Weg und werden auch in Zukunft gut dastehen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

9.36


Präsident Karl Bader: Danke sehr.

Zu einer ersten Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Ich erteile es ihr.


9.36.34

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung Mag. Dr. Iris Rauskala: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Sehr ge­ehrte Damen und Herren auf der Galerie beziehungsweise vor den Bildschirmen! Vielen herzlichen Dank für die Wahl des Themas Digitalisierung und Mint für die heutige Aktuelle Stunde.

Der aktuelle Fachkräftebedarf beziehungsweise Fachkräftemangel, wie wir schon ge­hört haben, ist vielseitig untersucht worden und wird auch durchaus kontrovers diskutiert. Er ist eine Herausforderung, die uns alle betrifft, denn es geht letzten Endes um den digitalen Wandel, der die Zukunft sowohl des Wissenschafts- und Wirt­schafts­standorts Österreich, aber vor allem auch die Weiterentwicklung und das Wohl der Gesellschaft ganz maßgeblich begleiten wird.

Die Nachfrage nach hoch qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Mint-Be­reich wird immer größer. Alle Studien dazu – egal, welche wir anschauen – bestätigen dies auf eine signifikante Art und Weise. Die Industriellenvereinigung hat im Jahr 2018 einen jährlichen Bedarf von circa 10 500 Mint-Fachkräften ausgewiesen, die fehlen, insbesondere im höher qualifizierten IT-Bereich. Ich denke, das sind Zahlen, die wir,


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 16

wenn es um die Wirtschafts- und Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes geht, nicht außer Acht lassen können.

Ganz wichtig ist mir aber auch, an dieser Stelle zu betonen: Das hat nicht nur etwas mit Technik und Wirtschaft und Wettbewerb zu tun, das hat auch etwas mit der gesell­schaftlichen und sozialen Weiterentwicklung unserer Gesellschaft zu tun. Digitalisie­rung ist weit mehr als nur Technik, Digitalisierung betrifft alle Lebenswelten. Sie betrifft den sozialen Bereich, den kulturellen Bereich und auch, nicht zu vergessen, den Ge­sundheitsbereich mindestens genauso wie die Industrie und die Wirtschaft im engeren Sinne.

Viel diskutiert ist dabei auch der geringe Frauenanteil, das haben wir auch heute wieder gehört. Wir wissen, dass wir in diesem Bereich ganz speziellen Aufholbedarf haben, wir wissen, dass dahin gehend das Interesse der Mädchen so früh wie möglich geweckt werden muss, und – das möchte ich an dieser Stelle in Klammern hinzu­fügen – wir wissen, dass wir auch das Interesse der Burschen zum Beispiel für den sozialen und pädagogischen Bereich genauso wecken müssen. Es ist wichtig, dass unsere Jugendlichen dem nachgehen, was sie interessiert – darauf komme ich später noch zurück.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Ihnen nun kurz einen kompakten Überblick über die Maßnahmen präsentieren, die das Bundesministerium für Bildung, Wissen­schaft und Forschung zum Thema Fachkräftebedarf im Mint-Bereich beziehungsweise zur Förderung der Mädchen und Frauen setzt, und zwar von der Elementarpädagogik bis in den Hochschulbereich.

Ich beginne zunächst mit einer umfassenden Maßnahme, die bereits angesprochen wurde, nämlich dem Masterplan Digitalisierung. Wir haben mit ExpertInnen aus dem Bildungsbereich, der Wissenschaft und der Wirtschaft einen umfassenden Masterplan erarbeitet. Im Mittelpunkt stehen vor allem der Aufbau der digitalen, medienbezogenen und informatischen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler, beginnend in der Primarstufe, aber vor allem auch fächerübergreifend und interdisziplinär.

Besonders wichtig ist uns, an dieser Stelle zu betonen: Das geht nicht ohne ein päda­gogisches Konzept am Schulstandort und ohne die nötige Infrastruktur. Die digitalen Fach- und Medienkompetenzen der Pädagoginnen und Pädagogen sind in diesem Bereich selbstverständlich so weit zu entwickeln, dass nicht das passiert, was heute schon negativ angesprochen wurde, nämlich dass wir Klassenzimmer mit Technik ausstatten, die dann niemand einzusetzen versteht.

Zwölf konkrete Maßnahmen sind vorgeschlagen, der Maßnahmenkatalog beziehungs­weise der Masterplan liegt fertig ausgearbeitet in der Schublade – ich kann ihn an dieser Stelle nur an meinen Nachfolger, meine Nachfolgerin mit der Bitte um rasche Umsetzung übergeben, und dazu braucht es auch Sie, dazu braucht es vor allem auch den Nationalrat.

Der Beginn für diese Veränderung muss aber bereits in der Elementarpädagogik lie­gen, denn die zunehmende Digitalisierung umfasst selbstverständlich auch die Lebens­welt unserer Kinder von null bis sechs. Es ist mir ganz besonders wichtig, hier Folgendes festzuhalten: Wir müssen zwar so früh wie möglich damit beginnen, Kinder an Digitalisierung und Technik heranzuführen; das heißt aber nicht, dass wir kleine Kinder mit Smartphones ausstatten, mit denen sie außer der Wischkompetenz keine weitere Kompetenz erwerben. Die Elementarpädagogik ist ganz besonders sensibel in


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 17

Bezug auf entsprechende fachdidaktische und pädagogische Konzepte; das heißt nicht unbedingt, dass man dafür ein Gerät in die Hand nehmen muss, aber das heißt, dass man Kinder an die Faszination von Technik, von Naturwissenschaft in all ihren Ausprägungen frühzeitig heranführt. Wir unterstützen die Frühkindpädagoginnen und ‑pädagogen dabei zum Beispiel mit dem Leitfaden Medienbildung in elementaren Bildungseinrichtungen, und da ist natürlich entsprechend weiterer Ausbaubedarf gegeben.

Ein weiteres Thema, das ich hier erwähnen möchte, sind zum Beispiel Schulungen zum Thema „Technik kinderleicht! Forschend Lernen im Kindergarten“. Es ist etwas ganz Wichtiges, die Neugierde frühzeitig zu wecken, aufrechtzuerhalten und sie ent­sprechend kindgerecht, altersgerecht weiterzuentwickeln.

Ein weiterer Schwerpunkt unserer Mint-Maßnahmen liegt im AHS-Bereich und in der Berufsbildung. Wenn wir vom Bedarf an höher qualifizierten Fachkräften im Bereich Mint sprechen, dann betrifft das natürlich vor allem das berufsbildende Schulwesen, deshalb planen wir, in diesem Bereich stufenweise bis zu 2 000 zusätzliche Ausbil­dungsplätze zu schaffen, und zwar mit dem Ausbau von HTL-Plätzen, dem Ausbau der Fachrichtung Wirtschaftsinformatik, Digital Business an kaufmännischen Schulen.

Auch das Potenzial der allgemein bildenden höheren Schulen gilt es diesbezüglich zu fördern, denn im Studienjahr 2018/2019 hatten circa 30 Prozent der Studierenden im Mint-Bereich an Universitäten vor dem Studium eine AHS absolviert; an den Fach­hochschulen waren das 27 Prozent. Wir wissen, dass die Technikaffinität in den AHS nicht unbedingt so weit fortgeschritten ist, wie sie sein könnte. Deswegen gilt es auch da, stärker darauf Bedacht zu nehmen, wie man auch an den allgemein bildenden höheren Schulen die Digitalisierung und die Technik stärker zum Einsatz bringen be­ziehungsweise als Fokus in den Vordergrund rücken kann. Wir planen deshalb die stufenweise Etablierung von IT-Kollegs, die vor allem für jene technikaffinen AHS-Absolventinnen und ‑Absolventen gedacht sind, die bisher kein Mint-Studium in Erwä­gung gezogen haben. Die Idee ist quasi, dass man, indem man dieses Kolleg besucht, überlegen kann, ob eine Neigung, die unter Umständen gegeben ist, so weit vorhan­den ist, dass man nicht nur das Kolleg absolviert, sondern sich auch ein späteres Stu­dium vorstellen kann.

Kommen wir nun zum sehr wichtigen Bereich der pädagogischen Hochschulen: Päda­goginnen und Pädagogen sind ja bekanntermaßen – das wurde auch heute schon erwähnt – Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und prägen erwiesenermaßen das Lernverhalten der Schülerinnen und Schüler ganz besonders. Es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler in ihrer digitalen Lernwelt abgeholt werden und dass sie mit einem Verständnis für Technik vertraut gemacht werden, das sie dazu befähigt, damit verantwortungsbewusst und produktiv umzugehen. Im Zentrum der Aus-, Weiter- und Fortbildung der Pädagoginnen und Pädagogen steht künftig daher die Einbeziehung der digitalen Kompetenzen, das bedeutet eine verstärkte Einbeziehung virtueller Lehr- und Lernangebote, die Vermittlung von Kompetenzen in der digitalen Fachdidaktik und strukturelle Digitalisierungsstrategien an jeder einzelnen pädagogischen Hochschule.

Zum Hochschulbereich und zur Forschung kommend: Universitäten und Fachhoch­schu­len sind natürlich ebenso aktive Gestalterinnen und Gestalter der digitalen Trans­formation, daher ist die Digitalisierung ein wesentlicher Schwerpunkt in der aktuellen Leistungsvereinbarungsperiode mit den Universitäten. Zusätzlich gibt es seit heuer insgesamt mittlerweile ein Dutzend Vizerektorinnen und Vizerektoren für Digitalisie­rung, die damit natürlich zu einer Profilschärfung der österreichischen Universitäten


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 18

bei­tragen werden. Darüber hinaus stellt der Staat im Rahmen der Universitätsfinan­zierung Neu insgesamt die Mittel für 103 neue Professuren im technischen Bereich zur Verfügung; der Ausschreibungsprozess ist großteils bereits sehr weit fortgeschritten. Wir sind sehr optimistisch, dass die notwendige Aufstockung in diesen Bereichen rasch über die Bühne gehen wird.

Aktuell befinden wir uns aber auch in der Endbeurteilung der Einreichungen im Rah­men der Ausschreibung Digitale und soziale Transformation in der Hochschulbildung. Dabei geht es darum, dass 50 Millionen Euro aus dem Topf für Universitäten für entsprechende strukturentwickelnde Vorhaben durchaus auch in Universitätsver­bün­den zur Verfügung gestellt werden, die einerseits natürlich von der Hochschulad­minis­tration, von entsprechenden Learning Analytics bis hin zu entsprechenden fach­didak­tischen Konzepten alles umfassen können. Wir freuen uns auf Leuchtturm­pro­jekte, die unser Universitätswesen noch einmal einen Schritt vorwärts bringen werden.

Wie wir schon gehört haben, sind aufgrund der berufsfeldbezogenen Ausbildung auch Mint-Absolventinnen und ‑Absolventen gerade von Fachhochschulen sehr ge­fragt; immerhin kommen 43,6 Prozent der FH-Studierenden von einer berufsbilden­den höheren Schule. In diesem Sinn haben wir auch im aktuellen FH-Entwick­lungs‑ und ‑Finanzierungsplan einen Schwerpunkt gesetzt, der die Schaffung von insgesamt 3 700 neuen Fachhochschulstudienplätzen zum Thema Digitalisierung und Mint im laufenden Fachhochschulentwicklungsplan bis 2024 vorsieht.

Ich möchte nun auch noch den Bereich Mint, Digitalisierung und Frauen bezie­hungs­weise Mädchen ganz kurz ansprechen; angesichts der fortgeschrittenen Zeit werde ich mich da auf einige allgemeine Aussagen beschränken müssen: Im österreichischen Bildungs- und Wissenschaftssystem wurden in den letzten Jahren zahlreiche Maß­nahmen zur Gleichstellung der Geschlechter gefördert, dennoch hält die horizontale Geschlechtersegregation über die gesamte Bildungskette nach wie vor an.

Im Schuljahr 2018/2019 betrug der Anteil der Mädchen an den Volksschulen ent­sprechend den Jahrgangskohorten 48,2 Prozent, an den Neuen Mittelschulen 47 Pro­zent, an den allgemein bildenden höheren Schulen knapp 55 Prozent – man kann also durchwegs von einer Ausgewogenheit sprechen. Signifikante Geschlechterunter­schie­de stellen wir dann im berufsbildenden Pflichtschulwesen fest, wo der Anteil an jungen Frauen nur mehr bei 33 Prozent, an den höheren technischen Lehranstalten gar nur mehr bei knapp 16 Prozent und bei den technischen und gewerblichen mittleren Schu­len bei knapp 9 Prozent liegt. Die geschlechterspezifische Berufsausbildungswahl manifestiert sich also erstmalig stark in den Daten der Sekundarstufe. An den Uni­versitäten studierten im Studienjahr 2018/2019 im Mint-Bereich insgesamt etwas über 35 100 Frauen, das sind 36,2 Prozent, wobei der Frauenanteil in den letzten Jah­ren leicht im Steigen begriffen ist. An den Fachhochschulen liegt der Anteil an Stu­den­tinnen im Mint-Bereich darunter, nämlich bei knapp 25 Prozent.

Woran mag es liegen, dass der Frauenanteil im Mint-Bereich in all diesen Jahren der doch durchaus starken Förderung nur leicht gestiegen ist? – Die Ursache dafür liegt erwiesenermaßen immer noch im soziokulturellen Verständnis von Geschlecht und den damit einhergehenden Rollenstereotypen. Was ist damit gemeint? – Lassen Sie mich kurz etwas dazu ausführen!

Auf jeden Menschen wirken ab der Geburt entsprechende gesellschaftlich zugeschrie­bene Geschlechterrollenbilder ein. Das sind Erwartungshaltungen, Bilder von Weib­lichkeit und von Männlichkeit; diese werden bewusst oder unbewusst von Generation zu Generation weitergegeben, sie entsprechen der Tradition oder der Religion. Das


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 19

heißt: Der Mann ist stark, er darf keine Schwächen zeigen, er ist technisch talentiert, er ist karriereorientiert, und er ist der Familienversorger. Die Frau ist ausgleichend, sie steckt die eigenen Bedürfnisse ein wenig zurück, und sie leistet die unentgeltliche Familienarbeit. Dadurch werden Frauen und Männer frühzeitig in sehr enge Rollen­muster gedrängt, die sie in weiterer Folge in vielen Lebensbereichen sehr stark ein­schränken. Stereotype Geschlechterzuschreibungen bedingen damit auch eine Berufs­wahl, die wiederum entsprechend stereotyp ausfällt: die Frauen eher im Sozial- und Pflegebereich, die Männer im bei Weitem besser dotierten technischen Bereich.

Das ist insgesamt ein Malus für unsere Gesellschaft. Wir brauchen diese unterschied­lichen Geschlechterbilder, mehr Männer sowohl im Sozial- und Pflegebereich, als auch weiterhin mehr Frauen im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Wir sehen aus der Pisa-Studie, dass es in den Mathematikkompetenzen in allen führenden Staaten keinen derartig großen Unterschied zwischen Burschen und Mädchen gibt, als das in Österreich leider immer noch der Fall ist.

Neben der wichtigen Sensibilisierung im Elternhaus muss dabei auch die Schule frühzeitig gegensteuern beziehungsweise unterstützen. Das Bundesministerium für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung hat deswegen in den letzten Jahren eine Vielzahl von unterschiedlichsten Maßnahmen entwickelt – dabei verweise ich selbst­ver­ständlich auf meine Vorgängerinnen und Vorgänger in diesem Amt –, die von der Kleinkind­pädagogik bis ins Hochschulwesen gedacht sind, um darauf hinzuweisen, dass Fähig­keiten und Kompetenzen nicht entsprechend den Geschlechtern verteilt sind, sondern dass das eine Art und Weise ist, ein Kind zu fördern, zu befähigen, früh­zeitig auf seine Interessen einzugehen.

Es ist wichtig – da gebe ich dem Vorredner recht –, bei dem zu bleiben, wofür man sich interessiert, es ist aber auch wichtig, dass man dem nachgehen darf, wofür man sich interessiert. Ich kann an dieser Stelle nur noch einmal appellieren: Wir brauchen in der gesamten Bildungskette dringend mehr junge Männer im sozialen und frühkindlichen Bereich, und wir brauchen selbstverständlich weiterhin mehr Frauen in Naturwis­sen­schaften und Technik. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Was dieses Thema betrifft, auch ein ganz kurzer Schwenk zu Pisa: Es wurde bereits angesprochen, die Pisa-Studie zeigt 2018 erfreulicherweise, dass sich der Unterschied zwischen Burschen und Mädchen bei den Naturwissenschaften mehr oder weniger aufgelöst hat. Wir können das auch bei den Studierendenzahlen an den Universitäten sehen, dass die Biologie, die Chemie zunehmend weiblicher werden. Da haben sich die Investitionen beziehungsweise die bewusstseinsbildenden Fördermaßnahmen der letzten Jahre bereits durchaus verdient gemacht.

Wir haben aber immer noch ein großes Gap in der Mathematik, auch darauf habe ich bereits hingewiesen. Die Mathematik gilt insgesamt, nicht nur für Mädchen, auch für Burschen, heute immer noch als eines der Angstfächer, und wir haben da durchaus noch Defizite in der Vermittlung festzustellen, die wir in den nächsten Jahren ent­sprechend angehen müssen, sodass die Mathematik den Schülerinnen und Schülern modern, fachdidaktisch am letzten Punkt und einfach entsprechend ganzheitlich, syste­matisch und anwendungsorientiert vermittelt wird.

Wir brauchen, um auch die Pisa-Studie und die dort dargestellten durchschnittlichen Ergebnisse Österreichs noch einmal anzusprechen, in den nächsten Jahren die besten Pädagoginnen und Pädagogen und noch bessere Rahmenbedingungen an den Schulen. Wir brauchen fachdidaktische Konzepte, die die Interessen der Kinder weiter


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 20

fördern und mathematische und technische Elemente spielerisch und interdisziplinär frühzeitig zu vermitteln beginnen.

Das bedeutet auch, dass wir Digitalisierung sehr breit denken müssen und uns nicht nur auf den mathematisch-technischen Bereich beschränken. Das bedeutet, dass wir vor allem auch den sozialen und kommunikativen Bereich öffnen, dass wir den kultu­rellen Bereich öffnen, dass wir Gesundheit, Pflege, alles mitdenken. Auch das trägt dazu bei, dass sich der Bereich Digitalisierung für Frauen attraktiver gestaltet, als wenn man ihn als reines IKT-Thema betrachten würde.

Hohes Haus, lassen Sie mich mit einem Appell schließen – und ich entschuldige mich für das Überziehen der Redezeit –: Es braucht nach wie vor einen großen Bildungs­schritt für das digitale Zeitalter, denn es werden schließlich der Bildungsstand der Bevöl­kerung und vor allem die dahin gehenden Investitionen seitens der Politik entscheiden, wie wir in einer digitalen Welt bestehen können und wie wir den aktuellen Herausforderungen jetzt und vor allem auch in der Zukunft begegnen werden können.

Wie ich Ihnen dargelegt habe, sind schon viele Schritte getan worden, aber der Weg ist noch lange nicht zu Ende. Diesen Weg der Digitalisierung des Bildungs- und Wissen­schaftssystems gilt es nun, gemeinsam konsequent und nachhaltig fortzusetzen – von der Elementarpädagogik bis zur Hochschulbildung, bis in die Forschung und darüber hinaus bis in die Gesellschaft hinein. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ, bei BundesrätInnen der FPÖ sowie der BundesrätInnen Gross, Hauschildt-Buschberger und Schreuder.)

9.54


Präsident Karl Bader: Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich danke sehr herzlich für Ihre umfassende Stellungnahme und die Ausführungen.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minu­ten nicht überschreiten darf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marianne Hackl. Ich erteile es ihr.


9.55.05

Bundesrätin Marianne Hackl (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Wissen um das Mögliche und die Entscheidung für das Richtige, das ist Bildung. Digitalisierung basiert auf dem Wissen von Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Dieses ist inzwischen in jedem Lebensbereich, an jedem Arbeitsplatz und im gemein­schaftlichen Zusammenleben erforderlich. Mit der zunehmenden Digitalisierung verän­dern sich auch die Berufe. Es gibt immer mehr Jobs, die es früher nicht gab, und deshalb brauchen wir ausgebildete Fachleute – damit meine ich Frauen und Männer. Es ist wichtig, altersentsprechend mit dem Einsatz zu beginnen; damit wir die Chancen der Digitalisierung nützen können, müssen wir die jungen Generationen auf die Jobs von morgen vorbereiten.

Ich möchte kurz auf das Burgenland eingehen. Bei uns im Burgenland fordert die Volks­partei seit Langem einen flächendeckenden Zugang zum Breitbandinternet. Die Kinder brauchen Tablets und die Schulen starke Internetverbindungen, das ist im länd­lichen Bereich oft sehr schwierig. Dazu müssen für Gemeinden beziehungsweise Schulen budgetäre Mittel bereitgestellt werden, wenn in die IT-Ausstattung von Bil­dungseinrichtungen investiert wird.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 21

Im Bereich Mint-Fächer gibt es im Burgenland viele Maßnahmen, vor allem im natur­wissenschaftlichen Bereich. Da sind pädagogische Hochschulen sehr aktiv. Es werden viele Seminare im Bereich Robotik abgehalten, Projekte werden von Schulen gerne umgesetzt.

Ein besonderes Anliegen ist es mir aber, dass wir jungen Frauen Mut machen – Mut, dass sie auch technische und naturwissenschaftliche Berufe wählen, und da sind auch wir, die Politikerinnen und Politiker, gefordert, nicht nur, dass die Rahmenbedingungen geschaffen werden, sondern auch, dass Bewusstseinsbildung geleistet wird.

Vorbildfunktion zeigt bei uns im Burgenland eine Unternehmerin, nämlich Tanja Stöckl von Frau in der Wirtschaft. Sie hat am 1. Juni 2019 erstmalig einen Girls’ Day initiiert. Bei dieser Firmenausstellung zur beruflichen Orientierung soll das Interesse der Mädchen für technische Berufe geweckt werden. Sie wurde sehr gut angenommen und deshalb werden wir diese Initiative auch weiterhin sehr intensiv verfolgen. Dadurch sollen die technischen Berufe einen höheren Stellenwert bekommen.

Es werden auf Initiative der ÖVP-Burgenland in Kindergärten, ergänzend zu den be­reits traditionellen Puppenecken, Bauecken, auch Wissenschaftsecken eingerichtet. Da werden Kinder auf spielerische Weise auf naturwissenschaftliche Themen aufmerksam gemacht. Kinder sind geborene Bastler, Entdecker, Forscher. Kinder wollen Neues erfahren, begreifen und ausprobieren. Es liegt an uns, ihre Begeisterung so anzu­fachen, dass sie dauerhaft anhält, denn die Bedeutung naturwissenschaftlicher und technischer Kompetenzen nimmt stetig zu, und sie beginnt im Kindesalter.

Es geht da um einen großen Schritt im Bildungsbereich, der sich rasant verändert. Wir müssen besonnen vorgehen und sollen nicht parteipolitisch denken. Wichtig ist: Was brauchen die Kinder? Was brauchen die Eltern? Was brauchen die Schulen? Wir sind dafür verantwortlich, dass wir in der digitalen Welt weiter bestehen können. Die ersten Schritte sind getan, aber nach oben ist viel Luft, denn die nächste Generation muss für die kommenden neuen Arbeitsplätze bestens vorbereitet sein. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

9.59


Präsident Karl Bader: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Da­niela Gruber-Pruner. Ich erteile es ihr.


09.59.50

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte ZuseherInnen und KollegInnen! Ja, wir leben im Zeitalter der Digitalisierung und für unsere Generation, die wir hier sitzen, ist es tatsächlich eine Herausforderung und eine massive Veränderung. Unsere Kinder hingegen sind schon in dieses digitale Zeitalter hineingeboren, und sie können sich ein Leben ohne diese Technik, ohne Computer, Smartphones et cetera gar nicht mehr vorstellen.

Das ist ihr Startvorteil, denn sie haben diese Skepsis, dieses bisschen Angst im Um­gang mit den Dingen, die wir zum Teil verspüren, nicht. Diese Natürlichkeit des Um­gangs – Frau Ministerin, Sie haben das vorhin betont – und des Zugangs zu diesen Dingen, diese Selbstverständlichkeit der Nutzung dieser Geräte und diese Neugier gilt es zu nutzen und auszubauen. Dafür ist es notwendig, dass der Zugang zu diesen technischen und naturwissenschaftlichen Lernräumen von klein auf gegeben ist und vor allem eingerichtet wird, dass in der Lernbiografie eines Kindes, eines jungen Menschen keine Lücke entsteht.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 22

Ich bin sehr froh, dass der Blick auf die Elementarbildung geschärft wird, weil ich tatsächlich finde, dass man eigentlich eine Chance vertan hat, wenn man diesen Bereich auslässt und dann erst wieder in der Schule mit dem Zurückerobern der Neugierde und des Forschens anfängt; das heißt, das Erhalten dieses natürlichen Forschertriebs und dieses natürlichen Zugangs von Kindern – nämlich unabhängig ihres Geschlechtes von Natur an –, diese Lust am Fragen und am Erforschen und am Zerlegen und so weiter, den sollten wir von vornherein zu bewahren versuchen.

Ich gebe Ihnen recht: Gerade die Elementarbildung, aber auch der Volksschulbereich ist ein sehr weiblich dominierter Bereich, und dementsprechend passiert da auch eine Sozialisierung der Kinder. Es ist nicht verwunderlich, dass sich spätestens mit zehn, elf oder zwölf Jahren bei Mädchen und Burschen dann doch Geschlechterrollenbilder bemerkbar machen und andere Vorlieben zeigen, die möglicherweise im Kindergarten so noch gar nicht zutage getreten wären.

Ich möchte ein Beispiel aus einem Kindergarten im 2. Bezirk bringen, das für mich beispielhaft ist: Dort kommt einmal in der Woche der Willi – das ist ein Pensionist, der gern handwerkt – in diesen Kindergarten und arbeitet mit den Kindern. Er bringt Holz, Sägen, Hämmer und Nägel mit und arbeitet einmal in der Woche mit den Kindern in diesem Bereich. Das ist das Highlight der Woche, die Kinder lieben das!

Im Idealfall ist es Bestandteil des pädagogischen Alltags und der Willi müsste nicht extra kommen, aber es ist de facto noch nicht so, und diese Kompetenz müssen wir in den Kindergarten holen. Das heißt: ja, mehr Menschen, die solche Lust an der Naturwissenschaft und an digitalen Phänomenen haben, in die Elementarbildung.

Was aber auch wichtig ist, ist nicht nur dieser Fokus auf Mädchen und Burschen und die Geschlechtergerechtigkeit in diesem Bereich, sondern wir müssen uns auch be­wusst darüber sein, dass wir nicht sagen können, die Eltern sollen halt die Kinder unterstützen, denn die Kinder haben da einen Wissensvorsprung, den viele Eltern gar nicht mehr aufholen können. Es reicht nicht zu sagen, die Eltern sollen sich halt darum kümmern, dass die Kinder da hinterherkommen, sondern man muss auf dieses Gap wirklich Rücksicht nehmen, dass Kinder da mehr Know-how und mehr Zugang zu den Dingen haben, als es vielleicht viele Eltern haben. Mit diesem Thema muss man sehr sensibel umgehen.

Um hervorzuheben, welche Bedeutung diese Mint-Fächer und die Digitalisierung auf Kinder haben, möchte ich aus einer Broschüre zitieren, die ich unlängst gelesen habe: „Bis 2020 werden insgesamt fünf Millionen neue Jobs im technischen Bereich in Europa entstehen. Die Berufsgruppe der Ingenieurinnen und Ingenieure sowie ver­wandter Wissenschaftsberufe wird allein in Österreich um 30.000 neue Arbeitsplätze innerhalb von sechs Jahren zulegen.“

In dieser Broschüre wird auch beschrieben, dass, wenn wir es nicht schaffen, eine komplett neue Unterrichtskultur zu etablieren, unser Bildungssystem dem nicht gerecht werden können wird. Neue Unterrichtskultur bedeutet nämlich nicht, auswendig zu lernen und einmal im Jahr auf eine Prüfung zu lernen, damit man es danach wieder vergessen kann, sondern es geht darum, kreativ zu sein, technikmündig zu sein, teamfähig zu sein, selbständiges Arbeiten zu lernen, und da braucht es eine neue Bewertungskultur. Es reicht eben nicht, einmal im Semester einen Dreier auf eine Prüfung zu geben, sondern es bedeutet, Fehler zuzulassen, zu ermutigen, aus Fehlern zu lernen, Lösungen zu entwickeln und prozessbegleitendes Feedback zu geben. (Bundesrat Pisec: Das gibt es eh schon alles!) Das ist übrigens eine Studie der Indus­triellenvereinigung.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 23

Ich möchte darauf hinweisen, dass unser Schulsystem auf diese Fragen noch nicht vor­bereitet ist. Was ich mir wünsche und was es braucht – die Konzepte und Maß­nahmen liegen ja bereits am Tisch, Sie haben das ausgeführt –, das sind mutige Refor­men im Bildungswesen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ.)

10.05


Präsident Karl Bader: Vielen Dank.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Mag. Reinhard Pisec. Ich erteile es ihm.


10.05.46

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Kurz zu den Aus­führungen meiner Vorrednerin: Also Frontalunterricht gibt es schon lange nicht mehr, und eine große Prüfung im Jahr gibt es auch nicht mehr. Es ist auch auf den Uni­versitäten ein Sammelsurium von Prüfungen, das ist Gott sei Dank schon vor Jahren mit dem Bolognasystem umgestellt worden.

Was ich aber sagen möchte: Es funktioniert trotzdem nicht. Das führt mich zum heu­tigen Thema, denn wichtig ist der Istzustand, die Praxeologie. Bildung hat nämlich eine extrem lange Vorlaufzeit, das heißt, wenn sich da etwas ändert, braucht das einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren, bis wir das in der Realität merken.

Ihr sehr gut gewähltes heutiges Thema steht mit den Mint-Fächern sicherlich im Zu­sammenhang mit den fehlenden Fachkräften für die Wirtschaft. Das ist eins zu eins übertragbar. Meine Zahlen sind etwas umfassender. Sie haben 10 000 genannt, laut empirischen Forschungen können in Österreich 120 000 Positionen in der Wirtschaft nicht besetzt werden. Die Vakanzzeit, die Leerzeit, bis eine qualifizierte Fachkraft gefunden wird und eingeschult werden kann, beträgt 100 Tage. Das ist also der der­zeitige Istzustand.

Der Hauptmangel betrifft natürlich – das ist ja die Pointe bei der ganzen Sache – die technischen Berufe. Es gibt Mangelberufe in der Maschinentechnik, in der Software­entwicklung, in der Programmierung, in der Sanitär-, Lüftungs- und Heizungstechnik, also in all den Installationsbetrieben, eigentlich dem Handwerk. Ein guter Handwerker verdient heute mehr – zu Recht mehr! – als Arbeitnehmer in höheren Positionen, weil das eben ein Mangelberuf ist und gebraucht wird.

Bildung ist aber eine elementare Aufgabe des Staates und man sollte da den Staat nicht aus der Verantwortung entlassen, und wenn die Bildung nicht funktioniert – ent­schuldigen Sie, Frau Minister, Sie können natürlich nichts dafür, dafür sind Sie zu kurz im Amt –, ist das ein Versagen des Staates. Es bedarf Anreizen, dass junge Bürge­rinnen und Bürger vermehrt in die Mint-Fächer strömen und das Interesse, die Attraktivität für diese Mint-Fächer gesteigert wird. Das Geschlechterverhältnis ist heute 1 : 10 – also eigentlich fatal.

Es dient sicherlich der Gesellschaft und auch der Wirtschaft selber, wenn mehr Frauen für die Mint-Fächer gewonnen werden können. Warum solche Fachkräfte in dieser Größenordnung fehlen, ist sicherlich auch ein Produkt der viel zu hohen Lohn­neben­kosten. Der EU-Binnenmarkt umfasst 500 Millionen Europäer, die aufgrund der Frei­zügigkeit von Arbeitnehmern überall frei fluktuieren können, wenn sie wollen – von Helsinki nach Lissabon, von Lissabon nach Tallinn –, und trotzdem funktioniert es nicht. Also da muss man sich etwas überlegen, denn warum wandern keine Nobel­preisträger ein, sehr wohl aber Nobelpreisträger aus – also da stimmt einiges nicht.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 24

Wenn die Industrie – Teile der Industrie! – eine qualifizierte Zuwanderung fordert, dann ist das der falsche Ansatz. Das ist ein unnötiger Kniefall vor einer herannahenden wirtschaftsfeindlichen Regierung. Das wollen wir sicherlich nicht! Ein Unternehmen muss in der Lage sein – das muss man schon sagen, diesen Anspruch muss ein Unternehmer für sich selber haben –, in einem Pool von 500 Millionen Menschen Fachkräfte für sich zu finden. Offensichtlich geht es nicht, es funktioniert nicht ganz, das stimmt schon. Es liegt aber nicht daran, dass wir zu wenige Einwanderer haben, sondern daran, dass die Lohnnebenkosten viel zu hoch sind und wir den Mitarbeitern nicht mehr netto für brutto auszahlen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Zur Digitalisierung: Das Internet, das ist das geniale Medium schlechthin und wird nicht umsonst als die Medienrevolution nach Gutenberg vor 500 Jahren genannt. Dieses Medium ist wichtig, denn Digitalisierung ist ja noch keine Erfindung. Die Digitalisierung selbst ist noch keine disruptive Technologie, wie es so schön heißt, also keine bahn­brechende Technologie, sondern erst die Ableitung daraus macht diese Technologie zur bahnbrechenden, zur disruptiven Technologie.

Sinnvoll nützen und nicht nutzlos verwenden heißt es.

Der Forschergeist zum Beispiel sei noch kurz erwähnt. Der Forschergeist muss und sollte auch gefördert werden. Wenn die Industrie einen Experimentierkoffer im Wert von 600 Euro pro Elementarschule in Wien zur Verfügung stellt und dann in der Ele­mentarpädagogik in Wien der Experimentierkoffer mit dem Werkzeugkoffer verwech­selt beziehungsweise überhaupt nicht verwendet wird und im Keller verstaubt, ist das sicher nur ärgerlich.

Digitalisierung ist auch keine Zettelwirtschaft. Wenn das ausgedruckte Papier, ein Schwarzweißpapier, das oft in den Schulen verteilt wird, weil es vom Internet down­geloadet wird, das Buch ersetzt, dann ist das auch der falsche Weg.

Für die Wissenschaft ist Digitalisierung sicherlich ein großer Beschleunigungsfaktor, der Beschleunigungsfaktor schlechthin, der die Forschung vereinfacht. Tolle Recherche­methoden sind die Onlinebibliothek, die digitale Bibliothek und ganz besonders die Suchfunktion im Text.

Fazit: Digitalisierung ist wichtig, aber es gilt, den richtigen Nutzen daraus zu ziehen. Ich muss manchmal auch wegen meines Berufs in Hotelzimmern verweilen, wo ich viele Fernbedienungen von Fernsehern sehe. Ich brauche drei Funktionen: Ein/Aus, den Kanal und die Lautstärke. Es gibt aber 100 Features – das braucht eigentlich niemand. Das ist aber interessanterweise in der Indexberechnung des Inflationsindex enthalten und mit ein Grund dafür, warum die Armut in Österreich immer mehr steigt, weil auf Basis technischer Features, die wir aber eigentlich nicht brauchen, die Teuerung wesentlich höher ist als die ausgewiesene.

Zusammenfassend und zum Ende kommend: sinnvolle Digitalisierung auf jeden Fall, nutzlose nicht; und die Mint-Fächer sind auf jeden Fall in ihrer Attraktivität zu stärken. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.11


Präsident Karl Bader: Als Nächster ist Bundesrat Marco Schreuder zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.


10.11.53

Bundesrat Marco Schreuder (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Einen schönen guten Morgen! Frau Ministerin! Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Schön, wieder hier stehen zu können, das freut mich wirklich!


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 25

Ich habe gerade mit meiner neuen Kollegin aus Oberösterreich, Claudia Hauschildt-Buschberger – an den Namen muss ich mich noch gewöhnen (erheitert) –, gesprochen. Es war ganz interessant, denn sie war in Physik, Mathematik und Chemie sehr gut und das waren meine Angstfächer. In den Achtziger-, Neunzigerjahren war das durchaus soziokulturell bedingt, sagen wir einmal. Nordrhein-westfälischer, niederländischer Hintergrund: Da war es so, dass wir nicht ganz den Geschlechterbildern entsprachen, denn ich habe dann lieber gekocht und lieber Geschichte und Geografie gemocht.

Sprechen wir aber über die Digitalisierung! Der Vorredner hat schon auf Gutenberg hin­gewiesen. Mir kommt es manchmal so vor, als haben die Menschen im 15. Jahr­hundert in den Klosterstuben, die die Schriften und das Schreiben gelernt haben und die Bücher geschrieben und hergestellt haben, sehr ähnlich wie wir heute diskutiert. Damals ist etwas passiert, was auch heute passiert: Wir hier sind die letzte Generation, die beide Welten kennt, die analoge Welt und die digitale Welt, und wir bilden Menschen aus, die diese beiden Welten nicht mehr kennen werden. Die sogenannten Digital Natives werden nur noch diese digitale Welt kennen. Das macht es ja auch so spannend, und deswegen diskutieren wir das auch, weil das im höchsten Maße eine politische Aufgabe ist.

Als ich mich vorbereitet habe, kam zufällig in diesem Moment eine Aussendung der Wirtschaftskammer Wien. Über eine Ausbildungsform haben wir noch nicht so viel gesprochen, nämlich die Lehrlinge. Natürlich können auch Lehrlinge ganz stark im digitalen Bereich, in den digitalen Notwendigkeiten ausgebildet werden. Bezüglich Lehrlinge im Bereich Applikationsentwicklung hat es zum Beispiel in Wien einen Zu­wachs von 60 Prozent gegeben. Dieser Beruf ist sicher ein ganz entscheidender Zukunftsfaktor.

Man könnte jetzt sagen: Das klingt doch super, plus 60 Prozent!, aber dann habe ich mir angeschaut, um wie viele Lehrlinge es eigentlich geht, und sehe: 92. Das heißt, dass es noch voriges Jahr nur 30 Lehrlinge gegeben haben muss. Wenn wir uns aber anschauen – meine Kollegin hat es vorhin schon erwähnt –, dass Tausende Berufe auf uns in diesem Bereich warten, dann ist das natürlich eine Zahl, die wir unbedingt erhöhen müssen. Mir war das wichtig: Vergesst mir in diesem Bereich die Lehrlinge nicht!

Wenn wir von der Digitalisierung vom Kindergarten bis zur Universität sprechen: Es muss ja einmal auch die Infrastruktur gegeben sein. Ich habe nicht die aktuellen Daten – vielleicht haben Sie (in Richtung Bundesministerin Rauskala) die noch für mich –, aber vor nicht allzu langer Zeit war ungefähr ein Drittel der Pflichtschulen mit WLAN ausgerüstet. Wenn wir von der digitalen Kompetenz sprechen, dann wäre es schon gut, wenn Notebooks da sind, Tablets da sind, WLAN da ist und ein Breit­bandanschluss an den Schulen da ist. Das ist einmal eine Grundvoraussetzung, damit es funktioniert.

Es ist auch schon angesprochen worden, wie wichtig es ist, digitale Kompetenzen in den Schulen zu haben, weil man diese digitalen Geräte und die Software auch bespielt. Da gibt es aber schon noch eine ganz wesentliche Frage, die auch viel mit Medienkompetenz zu tun hat: Versteht man auch die Technik dahinter, sprich Coding, Robotik? – Das sind ganz entscheidende Fragen für die Zukunft. Wir müssen das in den Schulen auch viel stärker ausbauen, das gehört zur digitalen Grundbildung.

Weil man in 5 Minuten so wenig Zeit hat, etwas zu sagen, möchte ich am Ende schon noch eine Sache erwähnen, die ich für ganz entscheidend halte: Wir reden so oft von der digitalen Kompetenz, aber es gibt auch humane Kompetenz. Die humane Kom­petenz ist meiner Meinung nach – es ist auch schon ein paar Mal angeklungen –


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 26

genauso wichtig. Es gibt gewisse Dinge, die können wir entscheiden. Es gibt Ästhetik, die sehr menschlich ist. Layouts zum Beispiel werden auch schon von künstlicher Intelligenz gemacht; aber ist das schön? – Das sieht immer noch ein Mensch und lesen tut immer noch ein Mensch. Es gibt Kompetenzen, die zutiefst menschlich sind und auch die müssen wir ausbilden. Das nennt man dann soziale Intelligenz. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen der FPÖ sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

10.16


Präsident Karl Bader: Ich danke sehr. – Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

10.17.00Einlauf und Zuweisungen


Präsident Karl Bader: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfrage­beantwortungen,

der Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Auf­ent­halt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen EU-Mitgliedstaat,

der Schreiben des Oberösterreichischen Landtages, des Wiener Landtages, des Kärnt­ner Landtages sowie des Vorarlberger Landtages betreffend Mandatsverzichte bezie­hungsweise Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates,

eines Schreibens des Generalsekretärs des Bundesministeriums für Europa, Integra­tion und Äußeres gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf die gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

 

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangt sind:

1. Anfragebeantwortungen:

(Anlage 1) (siehe auch S. 4)

2. Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mit­glieds­staat der Europäischen Union:

Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend

den Aufenthalt von Frau Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus, Dipl.-Ing. Maria Patek, MBA vom 5. bis 6. Dezember 2019 in Paris (Anlage 2)

und


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 27

den Aufenthalt von Herrn Bundesminister für Finanzen sowie öffentlichen Dienst und Sport, Dipl.-Kfm. Eduard Müller, BMA vom 4. bis 5. Dezember 2019 in Brüssel (An­lage 3)

sowie

den Aufenthalt von Herrn Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres sowie EU, Kunst, Kultur und Medien Mag. Alexander Schallenberg, LL.M am 5. Dezember 2019 in Bratislava (Anlage 4)

3. Schreiben der Landtage:

Schreiben des Oberösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzichte und Wahl eines Mitgliedes und von Ersatzmitgliedern (Anlage 5)

und

Schreiben des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht und Wahl eines Ersatzmitgliedes (Anlage 6)

und

Schreiben des Kärntner Landtages betreffend Wahl von Ersatzmitgliedern (Anlage 7)

sowie

Schreiben des Vorarlberger Landtages betreffend Wahl von Mitgliedern und Ersatz­mitgliedern (Anlage 8)

4. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Schreiben des Generalsekretärs im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres betreffend Aufnahme von Verhandlungen über den Siebenten Zusatzvertrag zum Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zur Regelung von vermögensrechtlichen Beziehungen (Anlage 9)

B. Zuweisungen

1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates:

(siehe Tagesordnung)

2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder:

(siehe Tagesordnung) sowie

Kunst- und Kulturbericht 2018 (III-693-BR/2019)

zugewiesen dem Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur

und

Zwölfter Umweltkontrollbericht (III-694-BR/2019)

zugewiesen dem Umweltausschuss

und

Tätigkeitbericht des Verwaltungsgerichtshofes für das Jahr 2018 (III-695-BR/2019)

zugewiesen dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus

*****


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 28

*****


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 29

*****


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 30

*****


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 31

*****


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 32


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 33


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 34


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 35


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 36


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 37


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 38


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 39


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 40


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 41

*****


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 42


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 43


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 44


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 45


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 46


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 47

*****


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 48


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 49


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 50


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 51


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 52

*****


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 53


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 54


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 55

*****


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 56


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 57


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 58

*****


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 59

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Karl Bader: Weiters eingelangt ist ein Schreiben des Verbindungsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Herrn Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Thomas Starlinger vom 4. bis 6. Dezember 2019 im Kosovo und in Bosnien-Herzegowina bei gleichzeitiger Beauftragung von Frau Bundesminis­terin für Bildung, Wissenschaft und Forschung Mag. Dr. Iris Rauskala mit seiner Ver­tretung.

*****

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jener Be­schluss des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte, die Gegenstand der heu­tigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

*****

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Wir gehen daher in die Tagesordnung ein.

10.19.151. Punkt

Wahl eines/einer Vizepräsidenten/-in für den Rest des 2. Halbjahres 2019


Präsident Karl Bader: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Diese Wahl ist durch die vom Vorarlberger Landtag durchgeführte Wahl des Mitglieds und zweitgewählten Vizepräsidenten des Bundesrates Dr. Magnus Brunner erforderlich geworden.

Ich werde die Wahl des Vizepräsidenten durch Erheben von den Sitzen vornehmen lassen.

Wir gehen nunmehr in den Wahlvorgang ein und kommen zur Wahl des zu wählenden zweiten Vizepräsidenten des Bundesrates. Gemäß § 6 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates kommt hierfür der ÖVP-Fraktion das Vorschlagsrecht zu.

Es liegt mir ein Wahlvorschlag vor, der auf Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M. lautet.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahl­vor­schlag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 60

Ich danke sehr herzlich und frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt.

*****

(Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M. bedankt sich und nimmt die Wahl an.)

*****

Lieber Herr Vizepräsident, ich gratuliere sehr herzlich zur Wahl und freue mich auf weiterhin gute Zusammenarbeit. (Allgemeiner Beifall.)

10.20.442. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 13. November 2019 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird (7/A und 3 d.B. sowie 10263/BR d.B.)


Präsident Karl Bader: Wir gelangen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Ich darf zu diesem Tagesordnungspunkt sehr herzlich den Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Andreas Reichhardt willkommen heißen. (Allgemeiner Beifall.)

Berichterstatterin zu diesem Tagesordnungspunkt ist Frau Bundesrätin Mag.a Doris Schulz. – Ich bitte um den Bericht.


10.21.26

Berichterstatterin Mag. Doris Schulz: Einen schönen guten Morgen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 13. November 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Maut­gesetz 2002 geändert wird.

Mit dieser Novelle zum Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 werden Ausnahmen von der Pflicht zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut geschaffen: Legalausnahmen und eine Verordnungsermächtigung; beide betreffen außerordentliche Härtefälle, die durch Aus­weichverkehre aufgrund von Mautflucht verursacht werden.

Die Auswirkungen der Mautbefreiung sollen durch die Bundesministerin oder den Bun­desminister in Zusammenarbeit mit der Asfinag und den Bundesländern evaluiert wer­den, und dem Nationalrat soll spätestens im Februar 2021 ein Bericht vorgelegt wer­den.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 3. Dezember 2019 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsident Karl Bader: Ich danke sehr herzlich für den Bericht.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. Ich erteile es ihm.


10.22.45

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte und liebe ZuhörerInnen auf der Galerie und zu Hause via Livestream! Bevor ich in die Thematik eingehe, darf ich etwas irritiert darüber berichten, dass die Asfinag auf ihrer Homepage bereits fix davon ausgeht, dass diese Gesetzesänderung in Kraft treten wird. Ich


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 61

denke, dass dies, noch bevor wir hier darüber debattieren und einen Beschluss fassen, die gebotene Achtung und Wertschätzung dem Bundesrat gegenüber vermissen lässt. Diese Meinung werden, so nehme ich an, einige hier im Saal teilen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Jetzt zum Thema: Würde man die verschiedenrangigen Straßennetze, von denen wir bei dieser Gesetzesmaterie sprechen, auf die Waag­schale legen, gäbe es ein kostenbedingtes Ungleichgewicht – auf der einen Seite das Autobahnnetz und auf der anderen Seite die niederrangigen Straßen, die durch Gemeinden, Ortschaften und Wohngebiete führen. Dieses Ungleichgewicht bringt zum Teil eine Verschiebung der Verkehrsflüsse – darüber sind wir uns sicherlich alle einig –, und die wirkliche Herausforderung besteht eigentlich darin, dieses Ungleichgewicht in die Waage zu bringen.

Dafür gibt es zwei Denkansätze, jenen der ÖVP, ersichtlich in der von ihr ein­ge­brachten Gesetzesänderung, und jenen, den wir von der SPÖ für sinnvoller und siche­rer halten. Die ÖVP möchte auf fünf Autobahnteilstücken per Gesetz die Maut aufhe­ben, um den Ausweichverkehr durch Mautflüchtlinge zu verhindern. Wir von der SPÖ sagen, dass es besser wäre, in die Benützung der Ausweichrouten, zum Beispiel durch Bemautung oder durch Verbote, die die Länder verordnen könnten, direkt einzugreifen. Das führt zum vorhin angesprochenen Gleichgewicht, ohne auf unverzichtbare Mauteinnahmen in Höhe von rund 30 bis 75 Millionen Euro verzichten zu müssen. Wir brauchen nämlich jeden Euro für unsere Infrastruktur. Alleine auch aus klimapolitischen Überlegungen heraus ist die Rücknahme von Mautgebühren der falsche Ansatz.

Wer wären die Gewinner, sehr geehrte Damen und Herren? – Es wären überwiegend Touristen aus dem Ausland, die von dieser Begünstigung profitieren würden. Außer­dem, als ob das nicht genug wäre, droht uns auch gleich noch die Erhöhung des Prei­ses der Autobahnvignette, weil ja der Einnahmenentfall irgendwie und irgendwo kom­pensiert werden muss.

Ein weiteres Argument ist, dass auch die Frage offenbleibt, ob wir mit dieser Maß­nahme überhaupt die gewünschte Zielsetzung erreichen, also ob dieses Gesetz Erfolg haben wird. Selbst die Asfinag schätzt nämlich, dass nur die Hälfte des Verkehrs­auf­kom­mens auf den sogenannten Ausweichrouten durch Mautflüchtlinge entsteht, die andere Hälfte sind Stauflüchtlinge. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das ist eine ziemlich einfache Rechnung: Wenn wir durch die Mautbefreiung den Verkehr auf die Autobahnen verlagern, verlagern wir auch den Stau auf die Autobahnen. Das wie­derum führt dazu, dass viele Fahrzeuglenker als sogenannte Stauflüchtlinge auf die Ausweichrouten ausweichen werden. Wir lösen damit das Problem nicht, sondern wir verschieben damit das Problem, und damit ist den Betroffenen in den verkehrs­belasteten Regionen leider überhaupt nicht geholfen.

Aus diesem Grund muss an dieser Stelle die Fragestellung erlaubt sein, ob diese Ge­setzesänderung zur Zielerreichung geeignet ist oder ob es nicht andere, bessere Möglichkeiten mit Verkehrslenkungseffekten gibt und ob wir ausreichend darüber diskutiert und nachgedacht haben.

Zu alldem kommen auch noch verfassungsrechtliche Bedenken, denn in § 13 Abs. 1b soll eine Ermächtigung für den Verkehrsminister verankert werden, dass er im Einver­nehmen mit dem Finanzminister per Verordnung jederzeit weitere Straßenabschnitte von der Mautpflicht ausnehmen kann. Was dann passiert, kann man sich bildlich vor­stellen: Die Folge ist nämlich massiver Druck, der dann auf den Verkehrsminister ausgeübt werden wird.

Meine Damen und Herren, damit machen wir unser Straßennetz zu einem Stückwerk. Wir zerstören ein grundsätzlich funktionierendes und solidarisch getragenes Maut­sys-


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 62

tem, wir schaffen Unsicherheit und Undurchschaubarkeit, und wir regeln gleichartige Materien einerseits auf Gesetzesebene und andererseits auf Verordnungsebene, was verfassungsrechtlich zumindest fragwürdig und unsicher ist.

Darum glaube ich, dass wir konsensorientiert darüber reden sollen, was Sinn macht. Schauen wir doch, wo unser gemeinsamer Nenner ist! Klar ist nämlich: Wenn man Konsens will, dann muss man auch bereit sein, ihn zu suchen. Eigentlich liegen wir ja inhaltlich nicht weit auseinander, und es gibt unsererseits auch keine generelle Ableh­nung. Wir alle gemeinsam wollen die Entlastung von Dörfern, Gemeinden und Wohn­gebieten erreichen, die vom Durchzugsverkehr stark betroffen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Die SPÖ hat im Nationalrat mit einem Abänderungsantrag bereits signalisiert, dass sie bei diesem Gesetzesantrag mitgehen könnte, wenn zwei Punkte sichergestellt sind: Erstens wollen wir nicht, dass auf Ministerebene entschieden wird, wo es Mautaus­nahmen gibt, das heißt, § 13 Abs. 1 muss entfallen, und zweitens wollen wir nicht, dass die Ausnahmen in diesem Gesetz in Stein gemeißelt sind, sondern dass sie befristet sind, wodurch es sozusagen eine Testphase gibt, die dann in eine gesetzlich veran­kerte Evaluierungsphase münden soll. – Das sind übrigens die gleichen Feststel­lun­gen, die auch das Verkehrsministerium in seinem Bericht trifft.

Leider wurde dieser Antrag von einer Mehrheit aus ÖVP, FPÖ und Grünen abgelehnt und damit die Chance vertan – aufgrund der fehlenden zeitlichen Befristung –, die Auswirkungen dieser Maßnahme ansehen zu können. Wir hätten durchaus lernen und, wenn notwendig, die nötigen Schritte für die Zukunft setzen können.

Das fehlende Aufeinanderzugehen war aus meiner Sicht keine Frage des Könnens, sondern doch eher des Wollens, und das ist eigentlich schade, denn das Mitgehen der SPÖ wäre bei etwas Bewegung vor allem aufseiten der ÖVP durchaus möglich ge­wesen.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Be­mautung von Ausweichrouten“

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, eine Novelle zum Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 vorzulegen, wonach der Landeshauptmann für bestimmte Streckenabschnitte von Straßen, die keine Bundesstraßen sind, eine fahrleistungsabhängige und zeitab­hän­gige Bemautung im Sinne dieses Bundesgesetzes durch Verordnung festlegen kann, um Mautumgehungsverkehre zu verhindern. Für die Abwicklung der Bemautung dieser Streckenabschnitte soll der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft des Bundes be­trauen. Entsprechende Ausnahmen für Ziel- und Quellverkehre sowie für Anrainer­ver­kehre sollen ebenso in dieser Novelle enthalten sein.

*****

Meine Damen und Herren, auch die FPÖ wird heute einen Entschließungsantrag einbringen, weil sie beim geplanten Gesetzesantrag zumindest in Vorarlberg ein Problem ortet, und wir werden bei diesem Entschließungsantrag auch mitgehen.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 63

Unser Entschließungsantrag aber ist eine Einladung an Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, vor allem auch von der FPÖ, dem Mautumgehungsverkehr in ganz Österreich, nicht nur in Vorarlberg, effektiv entgegenzuwirken und für die betroffenen Gebiete eine wirkliche Verkehrsentlastung sicherzustellen. Optimal wäre es, wenn dieser Antrag von einer breiten Mehrheit in diesem Parlament mitgetragen werden würde. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.32


Präsident Karl Bader: Der von den Bundesräten Reisinger, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „die Bemautung von Ausweichrouten“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Silvester Gfrerer. Ich erteile es ihm.


10.32.28

Bundesrat Silvester Gfrerer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Auf Grundlage eines Initiativantrages von ÖVP-Nationalratsabgeordneten wurde am 13. November im Nationalrat eine Änderung des Bundesstraßen-Mautgesetzes be­schlossen, die uns jetzt vorliegt und auch im Bundesrat beschlossen werden soll. (Vizepräsident Koller übernimmt den Vorsitz.)

Ich als Salzburger kann sagen, dass dies ein sehr, sehr guter Tag für Salzburg ist. Warum? – Weil dieser Beschluss wesentliche Möglichkeiten für uns schafft, um in Salzburg eine gemeinsame und gut abgestimmte Verkehrsplanung für den Autoverkehr vorzubereiten, in den betroffenen Regionen aber auch die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs zu steigern und neue Verkehrskonzepte umzusetzen.

Seit Einführung der Autobahnmaut hat sich auf Österreichs Straßen sehr, sehr viel verändert. Der Verkehr hat stark zugenommen, für die negative Klimaveränderung ist der Straßenverkehr wesentlich mitverantwortlich. Autofahrer meiden speziell in Grenz­regionen die Autobahn, sie wollen sich die Vignette sparen. Die Leidtragenden sind die Bewohner der Anliegergemeinden, die Lärm, Gestank und Abgase ertragen müssen und in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt werden. Da ist sicherlich eine Grenze überschritten und eine Situation eingetreten, die so nicht mehr zumutbar ist. Die betroffene Bevölkerung fordert zu Recht unsere Unterstützung.

Was heißt das für Salzburg? – Die Autobahnstrecke vom Walserberg – das ist die Grenze zu Deutschland, und Deutschland ist ja, wie wir alle wissen, mautfrei – bis zum Autobahnknoten Salzburg-Nord soll mautfrei werden. Das ist ein sehr, sehr kurzes Autobahnstück von 7 Kilometern, und genau in diesem Bereich sind zum Beispiel das Salzburger Messezentrum, das Fußballstadion, viele Einkaufszentren und vieles, vieles mehr angesiedelt.

Gemeinsam mit Landeshauptmann Wilfried Haslauer und Verkehrslandesrat Stefan Schnöll wurde bereits eine Steuerungsgruppe zum Thema öffentlicher Verkehr zwischen Land, Stadt, Umlandgemeinden, Verkehrsverbund und Verkehrsunter­neh­men eingesetzt.

Dieser Gesetzesbeschluss gibt den Verkehrsverantwortlichen in den Regionen die Möglichkeit, rasch zu handeln und neue Ideen sowie zukunftsweisende Perspektiven auszuarbeiten. Einige Punkte scheinen mir in diesem Zusammenhang besonders wich­tig zu sein: Lenkungsmaßnahmen für den Autoverkehr, um attraktive Anreize für den öffentlichen Verkehr zu schaffen und konsequent umzusetzen; Urlaubsreisende, die längere Strecken zurücklegen müssen, dürfen auch bei Stau auf der Autobahn die Autobahn nicht verlassen.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 64

Wir haben in Salzburg im letzten Sommer zu den Hauptreisezeiten die Autobahn­abfahrten für Durchreisende gesperrt. Das war eine sehr mutige Entscheidung, die notwendig war und sich bewährt hat. Diese Maßnahme hat sich im Sommer 2019 speziell auf die Anrainergemeinden sehr positiv ausgewirkt.

Einheimische und Tagesgäste, die speziell aus dem bayerischen Raum mit dem Auto anreisen – Tagesgäste, die die Stadt Salzburg einmal sehen und erleben wollen, und das sind sehr, sehr viele –, sollen die Möglichkeit bekommen, den kurzen Autobahn­abschnitt mautfrei zu benutzen. Die Folge ist weniger Ausweichverkehr auf den Neben­straßen. Die neuralgischen Punkte in Salzburg sind, wie schon gesagt, das Messe­zentrum, das Fußballstadion und viele Einkaufszentren sowie Veranstaltungsorte aller Art, und genau da kann die Verkehrspolitik des Landes, der Stadt und der Umland­gemeinden gestalten und Einfluss nehmen. Genau in diesen Bereichen müssen Anreize geschaffen werden, um auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen. Beste­hende Park-and-ride-Anlagen müssen vergrößert und ausgebaut werden, die Jahres­karten und Tarife sowie auch die Taktzeiten für den öffentlichen Verkehr müssen familien­freundlich und so gestaltet werden, dass es nicht mehr interessant ist, mit dem eigenen Auto in die Innenstadt zu fahren.

Was sollte den Touristen, den Familien, allen Menschen, die die schöne, sehenswerte Stadt Salzburg besuchen, in Erinnerung bleiben? – Das Erlebnis im Fußballstadion, ein Ausstellungsbesuch auf der Messe, ein Einkaufstag, der Besuch der Festspiele, der Christkindlmarkt, der traditionelle Rupertikirtag, eine Stadtführung, der Besuch auf der Festung und vieles, vieles mehr – oder sollte die Erinnerung so bemessen werden, dass dem Besucher, wenn er nach Hause fährt, das Verkehrschaos in Erinnerung bleibt? Verkehrspolitik für die Zukunft zu gestalten ist in der heutigen Zeit eine der größten politischen Herausforderungen, und richtige Verkehrspolitik ist zugleich auch positive Klimapolitik.

Es ist im Beschluss auch verpflichtend vorgesehen, für die betroffenen Regionen bis Februar 2021 einen Evaluierungsbericht zu erstellen und vorzulegen; wir werden uns also anschauen, ob die Maßnahmen auch wirken. Ich denke, diese Maßnahme ist ausreichend und ersetzt einen Beschluss mit einer Frist, wie ihn die SPÖ fordert.

Ich sage, wir brauchen eine mutige Verkehrspolitik, auf Basis derer der Bund und die Länder gut zusammenarbeiten können, damit die Länder und Gemeinden mehr Ge­staltungsspielraum bei der Erstellung ihrer Verkehrsplanungen und -konzepte haben. Ein paar Leitsätze, die sich der Bundesrat anlässlich der Präsidentschaft Niederöster­reichs selbst auferlegt beziehungsweise gewählt hat: zum einen Dezentralisierung, zum anderen „Bundesrat im Bundesland“, Regionalpolitik, und da könnte man noch hinzufügen: Klimapolitik.

All diese Punkte treffen bei diesem Beschluss sehr stark zu und müssen bei der Umsetzung in den Regionen mit einfließen. Packen wir es gemeinsam an! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schererbauer.)

10.40


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gerd Krusche. Ich erteile dieses.


10.40.25

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher, eventuell auch zu Hause via Livestream! Meine Damen und Herren! Ich will nicht verhehlen, dass sich meine Begeisterung für dieses Gesetz in Grenzen hält. Warum? – Erstens einmal habe ich eine grundsätzliche Skepsis gegenüber Ausnahmeregelungen. Das ist ein bisschen so


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 65

wie mit einem Leck in einem Damm: Am Anfang sickert halt ein bisschen Wasser, ein paar Liter in der Stunde, durch. Das ist nicht weiter tragisch. Wenn man aber nicht darangeht, dieses Leck zu sanieren und zu schließen, wird das immer mehr werden, bis der Damm schlussendlich kollabiert.

Der zweite wesentliche Grund für meine Skepsis ist finanzieller Natur. Es ist dies der von der Asfinag prognostizierte Mautentgang in Höhe von jährlich 28 Millionen Euro. Damit man sich darunter, was diese 28 Millionen Euro bedeuten, ein bisschen etwas vorstellen kann, vielleicht zwei Beispiele: Der Sicherheitsausbau und die General­sanie­rung des Plabutschtunnels mit zusätzlichen Querschlägen und mit einer technischen Aufrüstung kostet, auf drei Jahre verteilt, etwas mehr als 60 Millionen Euro. Das heißt also, mit diesem Geld ist das locker drinnen. Der Lärmschutz in Ansfelden, der sehr zum Schutz der Anrainer beiträgt, kostet auf 6 Kilometern Länge in ungefähr eineinhalb Jahren 21 Millionen Euro. Das wäre also in diesen 28 Millionen Euro locker drinnen.

Welche Möglichkeiten gibt es jetzt eigentlich, um diesen Einnahmenentfall zu kompen­sieren? Man könnte natürlich hergehen und sagen: Der Bund soll diesen Entfall aus­gleichen und das an die Asfinag bezahlen! – Das halte ich für eher unwahrscheinlich. Die zweite Möglichkeit wäre, dass die betroffenen Länder, die ja die Nutznießer dieser Regelung sind, das Geld an die Asfinag zahlen. Das halte ich für noch unwahr­scheinlicher. Eine dritte Möglichkeit wäre die Einsparung beim Projektumfang, sei es jetzt, dass irgendetwas gar nicht gebaut wird, sei es, dass es später gebaut wird. Da kann ich nur sagen: Das wird hoffentlich nicht die Lösung sein, denn diese ginge zu­lasten der Sicherheit und zulasten der betroffenen Anrainer. Eine vierte Lösung wurde bereits angesprochen: die Erhöhung der Vignettenpreise zur Kompensation dieses Einnahmenverlustes. Das wird wahrscheinlich politisch nicht sehr opportun und auch schwer umsetzbar sein.

Was bleibt also noch übrig? – Es wird zu einer Verschlechterung des Ergebnisses der Asfinag kommen, die sich ja aus den Mauteinnahmen finanziert. Heuer ist mit Einnah­men von ungefähr 2,1 Milliarden Euro, davon 600 Millionen Euro aus der Vig­nette, zu rechnen. Die Asfinag wird für das Jahr 2019 an den Bund eine Dividende von ungefähr 165 Millionen Euro ausschütten.

Wie man es also dreht oder wendet: In irgendeiner Form wird der Steuerzahler dann zur Kasse gebeten werden, und das, um vorwiegend – das ist ja bereits angeklungen – ausländische Verkehrsteilnehmer zulasten des österreichischen Steuerzahlers zu entlasten. Herr Kollege Gfrerer hat es ja sehr deutlich in seinen Beispielen gesagt, es ist eigentlich eine Art Tourismussubvention – zumindest für Salzburg: Christkindlmarkt, Festung und so weiter und so fort. Das haben wir alles gehört.

Das Ende der Fahnenstange ist aber damit noch nicht erreicht. Es liegen ja bereits – in den letzten Jahren aufgelaufen – Wünsche aus den Ländern auf dem Tisch – und mir würden da viele einfallen, ich werde sie jetzt nicht aufzählen –, die 15 Prozent des bemauteten Asfinag-Netzes, ungefähr 320 Kilometer, betreffen. Das würde dann schon zu einem Entfall in Höhe von 75 Millionen Euro führen.

Das führt mich jetzt wieder zu dem Beispiel mit der Leckage im Damm. Es besteht also die langfristige Gefahr einer Erosion, einer Aushöhlung unseres Vignettensystems, und das wird natürlich Wasser auf die Mühlen der Befürworter von Roadpricing, also der kilometerabhängigen Bemautung, sein, und das wollen wir nicht. Ich weiß nicht, vielleicht ist es auch eine Vorleistung der ÖVP für die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen, dass sie das jetzt so forciert. Wir steuern in Wirklichkeit genau darauf zu.

Nun, trotz dieser Bedenken, die ich habe, werden wir im Interesse der betroffenen Bevölkerung – das steht außer Zweifel, dass sie sehr unter dem Ausweichverkehr leidet – dieser Soforthilfe, wenn ich es einmal so bezeichnen darf, zustimmen. Es ist


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 66

der Wunsch vieler Länder, und wir sind ja hier in der Länderkammer. Ich hoffe aller­dings, dass die vorgesehene Evaluierung dieser Maßnahme nicht schon irgendwo in der Schublade liegt, sondern wirklich gewissenhaft und kritisch durchgeführt wird und dass wir dann sehen werden, ob diese Regelung Bestand haben soll. Da muss ich ein bisschen widersprechen: Auch wenn das ein Gesetz ist, ist es dadurch nicht in Stein gemeißelt, sondern das Parlament kann Gesetze auch wieder ändern, aufheben, was immer.

Gleichzeitig sollten aber Alternativen geprüft werden. Eine dieser Alternativen ist ja heute von der SPÖ in ihrem Entschließungsantrag vorgebracht worden: dass man die Ausweichstrecken bemautet. Das halte ich für keine gute Idee, weil das schlussendlich auch wieder in Richtung Roadpricing geht. Es ist kompliziert umsetzbar, vor allem wenn das zeitlich befristet ist; dann kennt sich überhaupt kein Verkehrsteilnehmer, und schon gar kein ausländischer, mehr aus.

Eine andere Möglichkeit wären natürlich auch bauliche Maßnahmen. Man soll sich überlegen, was man mit dem Geld, mit der Maut, die da entfällt, eigentlich auf diesen Ausweichrouten alles machen könnte. Ich denke beispielsweise daran, niveaugleiche Kreuzungen durch Unterflurtrassen zu entschärfen, an Lärmschutzmaßnahmen et cetera. Sie haben ja meinen Beispielen bereits entnommen, dass man mit dem Geld ganz schön viel machen kann.

Dass diese jetzt zu beschließende Maßnahme eine für – das muss man sagen – Maut­flüchtlinge – wobei ich mit dem Begriff Flüchtling ein bisschen ein Problem habe: die Mautflüchtlinge sind ja weder kriminell noch unterliegen sie der Genfer Flüchtlingskon­vention – ist, zeigt ja das Beispiel Vorarlberg. Dort besteht die große Gefahr einer Verlagerung des Problems von der Grenze nach Lustenau und nach Hohenems. Ich kann nur sagen: des einen Freud, des anderen Leid! Daher darf ich in meinem Namen und im Namen meiner Kollegen folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Gerd Krusche, Kolleginnen und Kollegen betreffend „keine Ver­lagerung des Verkehrsproblems ‚Maut-Flucht‘ nach Lustenau und Hohenems“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, einen Vorschlag für die Verkehrsproblematik ‚Maut-Flucht‘ in Vorarlberg vorzulegen, der dieses Problem löst und nicht in andere Regionen verlagert.“

*****

In formeller Hinsicht haben wir darüber eine namentliche Abstimmung verlangt. – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Schreuder.)

10.49


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Der von den Bundesräten Gerd Krusche, Kolle­ginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „keine Verlagerung des Verkehrsproblems ‚Maut-Flucht‘ nach Lustenau und Hohenems“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist der neue Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte.



BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 67

10.50.08

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (ohne Fraktionszugehörigkeit, Vorarlberg): Herr Präsident! Hohes Haus! Werter Herr Minister! Als ganz frisch gebackener Bundesrat freue ich mich zunächst einmal, hier zu sein. Ich war vorher Klubobmann der Grünen im Vorarlberger Landtag und dort gemeinsam mit einem Kollegen auch Verkehrs­sprecher, insofern ist das eine gute Gelegenheit, gleich ins Thema einzutauchen.

Ich kenne die Situation in Vorarlberg sehr gut. Zum einen wohne ich in dieser betrof­fenen Gegend im Unteren Rheintal , zum anderen habe ich mich als Verkehrssprecher natürlich intensivst mit Verkehrsfragen in unserem Bundesland auseinandergesetzt. Die Situation ist dort schon so, dass ein großer Teil von sehr dicht besiedelten Ge­meinden massiv vom Ausweichverkehr betroffen ist. Das ist, was den von Deutschland kommenden Verkehr betrifft, Lochau, das sind vor allem die Landeshauptstadt Bregenz und die Gemeinde Hard, wo sehr viele Richtung Schweiz durchfahren, die Gemeinde Lauterach, aus der ich komme, sowie Schwarzach und Dornbirn. Wenn man das dort kennt, vor allem natürlich auch zu Stoßzeiten und an Wochenenden, kann man sehr gut verstehen, dass dieser Antrag gestellt wurde, denn die Belastung der Anraine­rin­nen und Anrainer ist dort wirklich oft unerträglich hoch.

Der Antrag verfolgt auch eine richtige Stoßrichtung, nämlich den Verkehr – vor allem wenn es auch noch Durchzugsverkehr ist – möglichst lange auf hochrangige Straßen zu verlagern. Das ist verkehrsplanerisch völlig logisch und richtig, und genau das beabsichtigt natürlich dieser Antrag, in dem es darum geht, eben ein Teilstück der A 14 – das ist bei uns – von der Maut zu befreien und die Autos dort möglichst lange auf der Autobahn zu halten, nicht auf den Landesstraßen oder gar auf den Ge­meindestraßen. Jetzt ist klar, dass niemand ausschließen kann, dass es zu absolut keinen Verlagerungseffekten kommt. Das ist schon so, nur bin ich mir ganz sicher: Der Effekt im Rheintal ist, gar keine Frage, sicher ein positiver.

Da eingewendet wurde, dass Gäste irgendwie profitieren würden: Abgesehen davon, dass wir die Gäste ja auch wollen – das alles sind auch noch dazu Tourismus­bundes­länder –, profitieren aber vor allem die Anwohnerinnen und Anwohner. Das muss man schon einmal dazusagen, das ist der entscheidende Punkt.

Zu den Befürchtungen, die da jetzt vorgebracht wurden – es gibt ja eine Petition, Sie wissen das –: Offenbar hat sich die Vorarlberger FPÖ jetzt auch bei der Bundes-FPÖ oder bei der FPÖ im Bundesrat durchgesetzt; diese hat einen Entschließungsantrag eingebracht. Die Befürchtung, die vor allem von der FPÖ bei uns im Bundesland, vom Bürgermeister von Hohenems, und vor allem auch vom Lustenauer Bürgermeister kommt, teile ich überhaupt nicht. Hohenems ist davon praktisch gar nicht betroffen, mit Ausnahme der Autobahnabfahrt – das weiß man, dort gibt es einen Engpass; da gibt es bereits einen Baubeschluss, da wird der Kreisverkehr ausgebaut. Bei Lustenau verstehe ich es noch weniger, weil diese Mautbefreiung dazu führen wird, dass eine andere, höherrangige Route gewählt wird und die Route, die jetzt sehr stark belastet ist, über eine viel längere Strecke durch das Gemeindegebiet führt, als es bei der in Zukunft benutzten Route der Fall sein wird. Das ist für mich nicht nachvollziehbar.

Eine Spitze muss ich jetzt schon loswerden – gerade in Richtung FPÖ und Bürger­meister Egger dort –, ich finde es erstaunlich: Er ist zum einen die Straßenbaupartei schlechthin und versteht zum anderen irgendwie nicht, dass dann plötzlich Verkehr entsteht, wenn man permanent Straßen baut; gleichzeitig ist genau er derjenige, der auf der Bremse steht, wenn es um eine sinnvolle Autobahnverbindung zwischen der Vorarlberger und der Schweizer Autobahn geht. Wo ist die Distanz zwischen den beiden am kürzesten? – Zufällig in seiner Gemeinde, und genau dort will er das natür-


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 68

lich nicht haben. Ich halte diesen Zugang, der da jetzt verfolgt und von der FPÖ unter­stützt wird, schlichtweg für unsolidarisch.

Klar ist, dass das, was jetzt beschlossen wird, eine Notmaßnahme ist. Dafür haben wir Verständnis. Es ist nachvollziehbar, es ist selektiv, deswegen stimmen wir dem auch zu. Mit Klimaschutz hat das nichts zu tun, in keine Richtung, weder in die eine noch in die andere. Das spielt letztlich einfach keine Rolle. Wir werden deswegen nicht mehr Verkehr haben.

Jetzt gibt es Befürchtungen, die auch im Ausschuss vorgebracht wurden, dass damit eine Gefahr bestünde, dass das Vignettensystem ausgehöhlt werden würde. – Man muss ja nicht gleich Aushöhlung befürchten, wenn ein paar Ausnahmen gemacht werden; das kann man auch in Grenzen halten. Auch was den Ausfall der Einnahmen betrifft: Natürlich ist das viel Geld, keine Frage, auf der anderen Seite sind es 1,3 Prozent der Gesamteinnahmen der Asfinag.

Ich befürchte weniger eine Systemaushöhlung, sondern unser Zugang ist, dass das System selbst falsch ist. Es ist nämlich viel gescheiter, statt einen Fixbetrag für Straßenbenützung einzuheben, wie das mit der Vignette gemacht wird, endlich eine fahrleistungsabhängige Bepreisung einzuführen. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Das hat viel mehr mit den tatsächlich verursachten Kosten und natürlich auch mit der indivi­duellen Inanspruchnahme des Straßennetzes zu tun, wäre also eine viel sinnvollere Kostenorientierung.

Was heißt das? – Die Vignette gehört abgeschafft. (Weiterer Zwischenruf bei der FPÖ.) Sie gehört generell abgeschafft und durch ein anderes, fahrleistungsabhängiges System ersetzt. Es gibt dazu übrigens einen Beschluss in unserem Landtag. Eine Variante dazu ist, es auf die MÖSt umzulegen. Da ist es klar: Die verbrauchte Benzin­menge entspricht mehr oder weniger unmittelbar der zurückgelegten Strecke. Das wären übrigens 5 Cent pro Kilometer. (Bundesrat Spanring: Es gibt eh eine kilometer­abhängige ...!) Wenn man das machen würde, hätte das also eine Preisauswirkung von 5 Cent.

Ich verstehe den Entschließungsantrag der SPÖ, der auf eine fahrleistungsabhängige Bepreisung abzielt. Das sehe ich auch so und unterstütze es auch in der Zielsetzung. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Trotzdem: Wenn man das jetzt macht, haben wir dann natürlich einen völlig unüberschaubaren Fleckerlteppich in den Bun­desländern und in ganz Österreich. Ich komme noch einmal darauf zurück: Wir müssen wirklich Anstrengungen setzen, das ganze System über diese kleine Notmaß­nahme hinaus grundlegend zu reformieren.

Wir sprechen also hier nicht von einem verkehrspolitischen Wurf, das ist keine Frage. Das kann jetzt natürlich auch nicht das Ende der Verkehrspolitik und der Verkehrs­lenkung, der verkehrssteuernden Maßnahmen sein. Natürlich brauchen wir ganz grundlegend eine Verschiebung des Modal Splits – ich denke, da sind wir uns auch alle einig –, und dazu braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel.

Das machen übrigens auch die Klimaziele notwendig. Im derzeit noch im Entwurf befindlichen Nationalen Energie- und Klimaplan ist die Zielsetzung verankert, die Emis­sionen aus dem Verkehr bis 2030 um 7 Millionen Tonnen zu reduzieren. Das ist immerhin eine Reduktion von einem Drittel der Emissionen in zehn Jahren, und das braucht natürlich schon eine grundlegende Neuorientierung der Verkehrspolitik, für die wir uns selbstverständlich auch jetzt in den Verhandlungen einsetzen.

Dazu gehören Maßnahmen im Straßenbereich, wie Temporeduktionen auf Autobahnen und innerorts, ein konsequenter Ausbau von Busspuren – es ist wichtig, dass der Bus nicht im Stau steht, dass er am Stau vorbeifahren kann, wenn es einen gibt –, ein kon-


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 69

sequenter Ausbau von Radrouten und mehr Platz für Menschen in Ortskernen und Städten. Es braucht generell eine Neuaufteilung des Raums zugunsten der Menschen, des sanften und des öffentlichen Verkehrs. Es braucht ein gescheites Parkraum­mana­gement und – no na! – gleichzeitig einen sehr intensiven Ausbau von Alternativen – sprich: des öffentlichen Verkehrs –, denn es geht ja darum, Mobilität zu sichern – man will Mobilität ja nicht behindern – und sie dann auch sicher zu gestalten. 50 000 Ver­letzte und 400 Tote im Jahr, das ist eigentlich eine unfassbare Bilanz! Es geht darum, den Verkehr sicherer, kostengünstiger – vor allem auch für alle leistbar, und zwar auch jenseits des Autos – und selbstverständlich ökologischer zu machen.

Da haben wir in den nächsten Jahren noch viel zu tun! – Danke. (Beifall bei Bun­des­rä­tIn­nen der ÖVP sowie der BundesrätInnen Hauschildt-Buschberger und Schreuder.)

10.59


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­minister Mag. Andreas Reichhardt. Ich erteile ihm dieses.


10.59.33

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Andreas Reichhardt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Ich möchte am Beginn meiner Ausführungen einmal einen kurzen Überblick zum Thema Asfinag geben, weil ich schon ein paar Fakten über die Bedeutung dieses Unternehmens mit Ihnen teilen möchte. Als Verkehrsminister ist man eben für das gesamte Netz im hochrangigen Bereich verantwortlich, und ich möchte das anhand von ein paar Zahlen, Daten und Fakten untermauern.

Wir reden bei der Asfinag von einem Unternehmen, das für mehr als 2 300 Kilometer hochrangiges Straßennetz verantwortlich ist. Wir haben, als seinerzeit die Asfinag gegründet wurde, das Prinzip der flächendeckenden Maut eingeführt und sind bis jetzt damit sehr gut gefahren. Wir investieren 700 Millionen Euro pro Jahr in Neubau, in Sicherheit, in Tunnelausbau. Wir investieren 500 Millionen Euro pro Jahr in die Moder­nisierung, in die Erhaltung des Straßennetzes, und durch die Pkw-Maut haben wir zum Beispiel mehr als 500 Millionen Euro an Einnahmen. Wir haben da ein System auf­gesetzt, das außerhalb des maastrichtrelevanten Staatsdefizits gut funktioniert. Das ist ein Erfolgsmodell, um das uns viele Länder beneiden.

Wir schauen oft auf den nördlichen großen Nachbarn; es waren auch schon Dele­gationen hier, um zu schauen, wie so ein Finanzierungssystem funktioniert. Wer die jüngsten politischen Entwicklungen in Deutschland verfolgt hat, hat auch gesehen, dass die Deutschen ihre Modellideen im Bereich der Straßenfinanzierung nicht durch­gebracht haben, jetzt wieder zurück an den Start gegangen sind und mit Neid auf das funktionierende System in Österreich blicken.

Natürlich gibt es auf der anderen Seite Herausforderungen, etwa in Salzburg oder Kufstein, die uns schon lange bekannt sind, betreffend die man seit Jahren versucht, im Dialog mit den Ländern Lösungen zu finden und gerade in Zeiten, in denen das Verkehrsaufkommen extrem intensiv ist – Stichwort Ferienreisezeit –, Lösungen zu finden. Das war auch der Grund, warum wir aufgefordert wurden, diesen Mautbericht zu verfassen und Vorschläge zu präsentieren, die auf der einen Seite zu einer Ent­lastung der betroffenen Regionen führen, auf der anderen Seite aber die Grundprin­zipien, auf denen die Asfinag aufgebaut ist, nicht gefährden. Ausgehend davon sind nun einmal priorisiert unsere Vorschläge gekommen, haben wir eher die Richtung empfohlen, für das niederrangige Straßennetz Maßnahmen zu setzen – Option Fahr­ver­bote, Vignettenpflicht, Kontrolle durch die Asfinag, damit keine Einnahmenverluste.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 70

Theoretisch hätte das sogar Einnahmenzuwachs für die Länder bedeuten können. Die Asfinag-Kontrollorgane hätten diese Regionen mitkontrolliert.

Ich glaube, das wäre für alle die beste Variante gewesen. Allein, die Entscheidungen sind in eine andere Richtung gegangen. Das nehmen wir selbstverständlich zur Kennt­nis, aber ich glaube, es ist trotzdem meine Verantwortung, auf das Risiko in diesem Zu­sammenhang hinzuweisen. Ich persönlich glaube, dass befristete Ausnahmen mit einer parallelen Evaluierung eine Richtung gewesen wären, wie man da einen Ausgleich hätte finden können, wie man auch die Effekte hätte erzielen können.

Es gibt gerade in Salzburg und im Raum Kufstein verstärkte Grenzkontrollen, die unbestrittenermaßen auch zu Ausweichverkehren führen, und wir wissen, dass die Grenzkontrollen tendenziell eher verstärkt durchgeführt werden. Auch in der Zukunft ist nicht damit zu rechnen, dass sich die Situation hinsichtlich Grenzkontrollen zum Besseren verändern wird. Wir alle wissen, dass das Thema illegale Migration tendenziell wieder relevanter werden wird, und damit werden auch die Grenzkontrollen weiter verstärkt durchgeführt werden. Die Evaluierung werden wir aber natürlich auf jeden Fall durchführen. Wir werden gemeinsam mit den Ämtern der Landes­regierun­gen und mit der Asfinag Kriterien definieren, um gemeinsam diese Evaluierung durch­zu­führen.

Diese Verordnungsermächtigung ist etwas, was man sich als Verkehrsminister nicht wirklich wünschen kann. Die Konsequenzen so einer Verordnungsermächtigung wur­den im Zuge der Diskussion schon beschrieben. In der Vergangenheit hat es schon Vorschläge gegeben, es wurden Ideen für Ausnahmen im Ausmaß von 15 Prozent des Asfinag-Netzes generiert. Das heißt, man kann nur empfehlen, einen sehr restriktiven Kriterienkatalog zu vereinbaren, sonst wird der Druck aus verschiedenen Regionen, weitere Ausnahmen zu generieren, massiv zunehmen.

Was kann das bedeuten? – Neben den Einnahmenverlusten bedeutet das einen sehr starken Eingriff des Staates in das System der Finanzierung. Im Bereich der Beur­teilung: Ist das maastrichtrelevant, ja oder nein?, kann so etwas auch zu Diskussionen führen, die wir uns, glaube ich, alle nicht wünschen sollten.

Das heißt, von meiner Seite, zusammengefasst: Selbstverständlich werden die Exper­tin­nen und Experten aus unserem Haus diese Evaluierung durchführen. Wir werden Kriterienkataloge erstellen und werden im Dialog mit den Bundesländern nach Mög­lichkeiten suchen, im Interesse der Bevölkerung, aber auch im Interesse des Gesamt­systems und unter Gewährleistung des Funktionierens der Asfinag und um damit auch gewährleisten zu können, dass das hochrangige Straßennetz im internationalen Ver­gleich weiterhin wettbewerbsfähig bleibt, Lösungen zu finden. (Allgemeiner Beifall.)

11.07


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Danke, Herr Bundesminister.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Peter Raggl. Ich erteile ihm dieses.


11.07.12

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer auf der Galerie! Am 13. November des heurigen Jahres hat man in Tirol aus dem Tiroler Unterland sprichwörtlich ein Grollen gehört, und dieses Grollen stammt von dem Stein, der den geplagten Anrainern an der Ausweichroute vom Herzen gefallen ist. Das war genau der Tag, an dem im Nationalrat die Vignettenbefreiung auf der Inntal-Autobahn zwischen der Staatsgrenze und Kufstein Süd beschlossen wurde.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 71

Wenn Kollege Reisinger – das darf ich jetzt kurz ansprechen – fragt, ob es sich beim Beschluss im Nationalrat um eine Husch-pfusch-Lösung handelt oder ob man „aus­reichend darüber diskutiert und nachgedacht“ hat, dann ist das schon ein Affront gegenüber den Anrainern, die das Nachdenken einfach satthaben. Ich habe mir das angesehen: Nicht weniger als 22 Jahre wurde um die Ausnahme gekämpft. Viele Lokal-, Bundes- und Landespolitiker, auch von der SPÖ, haben sich im Laufe der Zeit für diese Ausnahme, für diese Vignettenbefreiung zwischen der Staatsgrenze und der Anschlussstelle Kufstein Süd starkgemacht, jedoch ohne Erfolg.

Einige Verkehrsminister  und da sind auch welche aus dieser Gruppierung gekom­men – haben dies mit dem Verweis – wie wir es heute auch schon gehört haben – auf den Entgang von Mauteinnahmen verhindert. Das ist schon gefährlich, und die An­rainer werden nie verstehen, wie man Lebensqualität, Sicherheit, aber auch Gesund­heit mit Geld aufwiegen kann. Da wird von 28 Millionen Euro Einnahmenentgang ge­sprochen, was ich mir nicht vorstellen kann. Rein für den Bereich in Tirol: Wir haben ja genau das Problem, dass Touristen – es werden in erster Linie Touristen sein – der Autobahn ausweichen, um die Vignette nicht bezahlen zu müssen. Die haben also schon bisher nichts bezahlt, und jetzt werden sie halt bis zur Anschlussstelle Kufstein Süd auch nichts bezahlen. Ich komme bei dieser Rechnung, wie dadurch 28 Millionen Euro entgehen können, nicht ganz mit.

Wie war die Situation in dem beschriebenen Bereich? – Gerade in den Wintermonaten sind in den betroffenen Orten unzumutbare Beeinträchtigungen für die Anrainer ent­standen. Es haben die Sicherheit, die Leichtigkeit und die Flüssigkeit des Verkehrs massiv darunter gelitten, und es sind unzumutbare verkehrsbedingte Lärmbelästigun­gen und Lärmverschmutzungen aufgetreten.

Es ist – und das ist wirklich das Gefährliche – sogar so weit gekommen, dass an den Wochenenden Staubildungen dazu geführt haben, dass die Durchfahrt für Feuerwehr und Rettung nicht mehr möglich war. Eine Zufahrt zum Bezirkskrankenhaus Kufstein war nicht mehr möglich – wenn man das bedenkt, dann sieht man, glaube ich, dass Not am Mann ist. Da muss man handeln, denn das ist extrem gefährlich.

Was hat die Änderung eigentlich gebracht? – Aus meiner Sicht: Sebastian Kurz war im Frühjahr des heurigen Jahres vor Ort, hat sich mit Bürgern und vor allem mit den Bürgermeistern unterhalten und hat, weil er das Ohr bei den Menschen hat, erkannt, dass es hier Abhilfe braucht. Sebastian Kurz hat Hilfe zugesagt, und er hat Wort gehalten und auf eine Lösung gedrängt, die wir heute im Bundesrat endlich auf Schiene bringen. Darüber bin ich sehr froh.

Ich bedanke mich bei den Grünen wirklich für die Unterstützung – wie angeführt, wird der Antrag unterstützt –, auch bei der FPÖ, die schlussendlich in der dritten Lesung im Nationalrat doch zugestimmt hat. Was die SPÖ betrifft, muss ich jetzt Kollegen Zaggl ausnehmen: Ich habe heute den Medien in Tirol entnommen, dass er sich dem Antrag anschließen wird, weil er, glaube ich, die Situation vor Ort ebenfalls erkannt hat. (Bundesrätin Grimling: Da wissen aber die Medien mehr als unsere ...!)

In Richtung SPÖ möchte ich schon noch sagen, weil das besprochen wird: Diese Lösung bedeutet natürlich nicht, dass wir wollen, dass die Touristen möglichst günstig zu den Tourismusorten kommen. Diese Lösung wird nur gemacht, um die Anrainer – die verkehrsgeplagten Anrainer, die ja auch gesundheitlich beeinträchtigt sind! – zu entlasten.

Zum Zweiten, noch einmal Richtung SPÖ: Es wäre wohl sehr gut, wenn die SPÖ das Ohr mehr beim Volk hätte und nicht so sehr von Wien aus agieren würde. (Bundesrätin Grimling: Ja, ja, ja! Zwischenrufe der BundesrätInnen Beer und Schumann.) Be­reits nach dem Nein der SPÖ im Budgetausschuss hat der Tiroler Landesparteiob-


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 72

mann Dornauer öffentlich und medial verkündet, dass er die Haltung seiner Partei in Kenntnis der Situation vor Ort nicht mittragen und nicht unterstützen kann. (Bun­desrätin Grimling: Das wundert mich nicht!) Für ihn sei die ablehnende Haltung der Bundes-SPÖ schwer nachvollziehbar und auch nicht verständlich. Die Landes-SPÖ, sagt er selber, habe stets für die Entlastung der betroffenen Gemeinden gekämpft. Auch nach dem Beschluss im Nationalrat gegen die Stimmen der Bundes-SPÖ hat Kollege Dornauer, Landesparteiobmann der SPÖ Tirol, ausdrücklich den Beschluss hinsichtlich der Vignettenbefreiung begrüßt. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Meine Damen und Herren, ich komme schon zum Schluss. Insgesamt ist der heutige Tag ein guter Tag für die vom Ausweichverkehr über Gebühr geplagte Anrainerbevöl­kerung, weil mit unserem Beschluss im Bundesrat sichergestellt wird, dass die Vignet­ten­befreiung und damit die Entlastung der Bevölkerung rechtzeitig vor Beginn der Win­tersaison am 15. Dezember in Kraft treten kann – ein großes Dankeschön im Namen der betroffenen Bevölkerung an alle, die das ermöglicht haben! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

11.13


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Klara Neurauter. Ich erteile dieses.


11.13.59

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer! So wie Bundesrat Raggl komme auch ich aus Tirol, und auch ich beschränke mich in meinen Ausführungen auf das Thema Mautbefreiung auf Teilstücken der A 12 Inntal-Autobahn zwischen der Staatsgrenze bei Kufstein und der Anschlussstelle Kufstein Süd.

Aus eigener Anschauung kann ich bestätigen, welche Stausituationen durch den Aus­weichverkehr in der Umgebung der Autobahn, vor allem in der Stadt Kufstein selbst, entstanden sind. Das Problem bei Kufstein ist einzigartig. Vor dem Beitritt zur Euro­päischen Union ist Tirol beschwichtigt worden, und es wurde festgehalten, wir haben einen Transitvertrag: maximal 850 000 Transitfahrten durch Tirol.

Wir haben das damals schon bezweifelt und kritisiert. Wie schaut das aber heute aus? – Heute haben wir 2,5 Millionen Lkw-Transitfahrten, Nord-Süd-Transit. Wir haben 10 bis 11 Millionen Fahrten von Pkw durch unser Bundesland, wobei es ja erstaunlich ist, dass die deutschen Autofahrerinnen und Autofahrer bis Sizilien hinunter die kilo­meterabhängige Maut in Italien zwar – wahrscheinlich zähneknirschend, aber immer­hin – zahlen, aber bei uns lieber durch die Schmalspuren stauen, als ein paar Euro Maut zu berappen. Wir können diese Mentalität aber nicht ändern, sondern wir müssen ihre Auswirkungen auf die Anwohner abfedern und mildern. Dann kommt an den Wochenenden noch der Urlauberverkehr dazu. Das ist ja grundsätzlich sehr erfreu­lich – es sind Touristen, die wir gerne begrüßen, wir haben dadurch Tourismusein­nah­men –, aber in Summe ist es eine maximale Belastung der Kufsteiner Bevölkerung.

Was wir jetzt beschließen, ist eine Ausnahme, ist eine Sofortmaßnahme angesichts der massiven Belastung, die für die Bevölkerung im betroffenen Gebiet gegeben ist.

Wie die Vorredner schon erwähnt haben, ist diese Beeinträchtigung wirklich so hoch, dass man sie nicht länger hinnehmen kann. Angesichts der prekären Lage verblassen alle anderen Argumente. Es gibt andere Argumente, wir haben sie uns im Klub genau angeschaut und debattiert. Von einem Husch-Pfusch zu sprechen ist also nicht ge­rechtfertigt, wenn ich allein daran denke, dass der Landeshauptmann von Tirol bereits im letzten Jahr den Verkehrsausschuss des Nationalrates nach Tirol eingeladen hat,


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 73

um seinen Mitgliedern die Auswirkungen und die Situation zu zeigen. Es ist nicht zumutbar, dass die Bevölkerung in dieser Weise weiter belastet wird.

Ich möchte auch noch einen Satz zum Krankenhaus in Kufstein sagen – Kollege Raggl hat das schon ausgeführt –: Wenn die Erreichbarkeit des Spitals betroffen ist, wenn es so ist, dass man in Notfällen nicht mehr dort hinkommt, dann ist es wirklich höchste Eisenbahn. Das gilt aber nicht nur für die Rettungsdienste, sondern auch für die Feuerwehr, die schon einige Male in schwierige Situationen geraten ist.

Der heutige Beschluss bedeutet für die Menschen in der Region Kufstein, dass sie ab dem 15. Dezember aufatmen und durchatmen können. Tagtäglich fahren allein durch ein kleines Dorf wie zum Beispiel Niederndorf bei Kufstein, das 2 700 Einwohner hat, 4 500 Pkw im Umwegverkehr. Das heißt, sie fahren nicht zügig, sie fahren Stoßstange an Stoßstange. Man muss sich überlegen, ob man überhaupt aus seiner Garage herauskommt, ob man zum Einkaufen fährt, wie man wieder zurückkommt.

Die Auswirkungen der Mautbefreiung sollen durch den Bundesminister in Zusam­men­arbeit mit der Asfinag und den Bundesländern evaluiert werden, und dem Nationalrat soll ein detaillierter Bericht vorgelegt werden. Ja, das verstehen wir und damit sind wir einverstanden.

Zum Finanziellen möchte ich aber für Kufstein extra anmerken: Die Leute, die sich dort rundherum stauen, kaufen keine Vignette. Wenn aber keine Vignette verkauft wird, können daraus keine Einnahmen entstehen, und daher können auch keine Einnahmen entgehen. Wie die Asfinag auf diesen hohen Einnahmenentgang kommt, verstehe ich also nicht. Wie gesagt: Die Menschen, die sich dort stauen, kaufen eben keine Vig­nette.

Betreffend Asfinag möchte ich zum Schluss noch sagen: Sie ist eine sehr, sehr gute, positive Einrichtung für den Bau, die Organisation und die Finanzierung von übergeord­neten Straßen, sie ist aber für die Menschen da und keine Cashcow mit dem Selbst­zweck einer Straßenfinanzierungsfirma; sie ist ein Hilfsorgan. Die Anrainer und die Bedürfnisse der dort wohnenden Bevölkerung haben Vorrang. Dies sage ich gerade auch im Hinblick auf den Neubau der Luegbrücke auf der Brenner-Autobahn.

Der heutige lebensnahe Gesetzesbeschluss wird schon in der jetzigen Wintersaison seine entlastende Wirkung entfalten, und daher bitte ich alle Fraktionen, keinen Einwand gegen den Beschluss des Nationalrates zu erheben. (Beifall bei der ÖVP.)

11.20


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Dr.in Andrea Eder-Gitschthaler. Ich erteile ihr dieses.


11.20.21

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Heute ist wirklich ein guter Tag für mich als Flachgauerin, für die Stadt Salzburg, für das ganze Bundesland Salzburg, auch für Österreich, für alle, die in den letzten Jahren unter dem Pkw-Autobahnmautflüchtlingsverkehr leiden mussten.

Ich selber bin betroffene Anrainerin in Wals-Siezenheim. Es ist und war mir zeitweise nicht möglich, von meiner Seitenstraße in die Hauptstraße zu fahren, es war und ist mir nicht möglich, rechtzeitig zu Terminen zu kommen. Das ist nicht nur für mich, sondern für alle meine Nachbarinnen und Nachbarn eine erhebliche Belastung. Diese freuen sich heute auch mit uns, mit mir.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 74

Wir beschließen diese Mautbefreiung in fünf Regionen – wir haben das heute schon gehört –, bei uns in Salzburg vom Walserberg bis zur Autobahnabfahrt Salzburg Nord, das sind 7 Kilometer. Wir testen, evaluieren und prüfen bis 2021 – das haben wir im Ausschuss besprochen. Das ist uns wichtig, das haben wir sehr intensiv und im Detail besprochen.

Eine zeitliche Befristung ist aus unserer Sicht nicht notwendig, denn der Gesetzgeber kann Gesetze jederzeit anpassen oder ändern. Wir haben gleichzeitig auch Zeit, um Alternativen zu entwickeln und auszubauen. Wir haben im Ausschuss auch darüber gesprochen, Kollege Krusche, dass diese Sofortmaßnahme natürlich auch weiter eva­luiert werden muss.

Wie meine VorrednerInnen, Kollegin Neurauter und auch Kollege Raggl, schon gesagt haben, sind uns die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger und eben dieser betroffenen Anrainerinnen und Anrainer das höchste Gut. Es ist eine wichtige Aufgabe, der wir heute durch diese Sofortmaßnahme, durch diese Entlastung gerecht werden, denn was kann es Wichtigeres geben als die Gesundheit und das Wohlbefinden? Das kann man nicht mit entfallenen Mautgebühren et cetera gegenrechnen, zumal wir auch deren Höhe gar nicht wirklich kennen. Kollege Raggl hat es schon gesagt, und auch ich als Salzburgerin kann das sagen: Die sind ja sowieso ohne Vignette hergekommen und haben eben diesen Verkehr in den Aus­weichrouten verursacht. – Es hilft der Bevölkerung, es ist nicht, wie Kollege Krusche gesagt hat, eine Tourismusförderung. Ich lade Sie wirklich ein, jetzt noch schnell, bevor dann diese Entlastung Gott sei Dank greifen kann, zu uns nach Tirol zu kommen und vor Ort zu schauen, wie es uns geht. (Bundesrat Krusche: Nicht notwendig, ich kenne das!) Also wirklich – wirklich! –, die Bürger sind tagtäglich davon betroffen.

Wie Kollege Raggl schon gesagt hat, schließen wir heute mit diesem Parlaments­be­schluss ein Kapitel, das uns hier im Hohen Haus rund 22 Jahre beschäftigt hat. Ich hatte die Ehre, von 2006 bis 2008 auch im Nationalrat zu sein, und schon damals war das ein Thema und schon damals haben wir versucht, da durch Anfragen, durch Initia­tiven eine Mautbefreiung zu erreichen. Es war halt die Zeit nicht reif, es war halt nicht so, dass die Notwendigkeit schon so groß war. Seit 2013 sind die Auswirkungen be­kannt, es wurden Vorschläge diskutiert, und es gab eine Menge an Verkehrsministern und Verkehrsministerinnen, die gesagt haben: Da können wir nichts tun! – Jetzt ist es endlich so weit, jetzt ist die Zeit reif, und daher freue ich mich wirklich, wirklich sehr darüber.

Warum Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, mit Ausnahmen diesem Antrag, den Sie in den letzten zwei Jahrzehnten auch mehrmals selbst gefordert haben, nicht zustimmen, müssen Sie halt den betroffenen Anrainerinnen und Anrainern erklären. Ihr heute eingebrachter zusätzlicher Entschließungsantrag, mit dem Sie die Ausweitung der Maut auch auf die Landstraßen, eine fahrleistungs- und zeitabhängige Maut für bestimmte Streckenabschnitte, fordern, führt aus unserer Sicht nur dazu, dass die Anrainerinnen und Anrainer noch mehr geplagt werden. Daher können wir diesem Antrag nicht zustimmen.

Kollege Reisinger sagt: alles Konsens und miteinander reden! – Sie hätten mit uns auch im Verkehrsausschuss darüber reden können, dass Sie planen, diesen Antrag einzubringen. Wir haben erst seit heute in der Früh Kenntnis davon. (Bundesrätin Schumann: Es ist der gleiche wie im Nationalrat!) Das könnten wir also in Zukunft vielleicht ein bisschen verbessern, wir sind immer gesprächsbereit. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

Ich möchte noch kurz sagen, dass unser Landeshauptmann Wilfried Haslauer und unser Landesrat Stefan Schnöll sich sehr für diese Mautbefreiung eingesetzt haben.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 75

(Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Wir haben in Salzburg auch begonnen, Begleitmaßnahmen zu setzen, Kollege von den Grünen – ich habe jetzt den Namen noch nicht so intus, aber ich werde ihn mir sehr gerne merken (Ruf: Gross!) – Gross; dass das nur ein erster Schritt zur Verkehrsentlastung sein kann, das ist uns bewusst. Wir brauchen auf jeden Fall den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, wir brauchen auf jeden Fall für Pendlerinnen und Pendler die Möglichkeit, bequem umzusteigen.

Wir haben in Salzburg bereits viele Maßnahmen zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs gesetzt; Kollege Gfrerer hat das schon ausgeführt. Nur eine kurze Zusam­menfassung: Jetzt gibt es ab 1.1.2020 günstige Regionentickets, die die Stadtrand­gemeinden auch mit umfassen. Damit ist es nicht mehr notwendig, mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Es gibt günstige Jugend- und Seniorentickets – auf unser Edelweiß­ticket sind wir besonders stolz –, eine Verdichtung und Vereinheitlichung beim Busver­kehr, die Verlängerung des O-Busses nach Grödig – auch das wieder, um die Stadt­randgemeinden einzubinden –, die Planung von Park-and-ride-Parkhäusern zum Bei­spiel in der Nähe der Lokalbahn und auch den Ausbau der Lokalbahn in Salzburg. Uns ist da also bewusst, es ist ein erster Schritt, eine Sofortmaßnahme, aber für das große Ganze – da gebe ich Ihnen völlig recht – in Sachen Verkehrskonzept müssen wir wirklich weiter am Ball bleiben.

Abschließend darf ich mich noch bei den Grünen und auch bei der FPÖ für die konstruktiven Gespräche und für die Unterstützung unseres Antrages bedanken. Wir machen den Menschen bei uns in Salzburg und auch in Tirol in den grenznahen Re­gionen damit das tägliche Leben wirklich viel, viel angenehmer. Liebe SPÖ, geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie diesem Antrag zu, die betroffenen Anrainerinnen und Anrainer werden es Ihnen sicherlich danken! (Beifall bei der ÖVP.)

11.27

11.27.32


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit, der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Reisinger, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „die Bemautung von Ausweichrouten“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit, der Antrag auf Fassung der gegen­ständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

Es liegt weiters ein Antrag der Bundesräte Gerd Krusche, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „keine Verlagerung des Verkehrsprob­lems ‚Maut-Flucht‘ nach Lustenau und Hohenems“ vor. Ich lasse über diesen Ent­schließungsantrag abstimmen.

Es ist hierzu eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Ge­schäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ oder „Nein“. Ich bitte um eine deutliche Äußerung.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 76

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesrätinnen und Bun­desräte in alphabetischer Reihenfolge. – Bitte.

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Hackl geben die BundesrätInnen ihr Stimm­verhalten mündlich bekannt.)

*****


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Ja“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 11.33 Uhr unterbrochen und um 11.35 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

Ich nehme somit die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungs­ergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den Entschließungsantrag der Bundesräte Gerd Krusche, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „keine Verlagerung des Verkehrsproblems ‚Maut-Flucht‘ nach Lustenau und Hohenems“ bei 54 abgegebenen Stimmen 34 „Ja“-Stim­men und 20 „Nein“-Stimmen.

Der gegenständliche Entschließungsantrag ist somit angenommen. (265/E-BR/2019)

Mit „Ja“ stimmten die BundesrätInnen:

Appé;

Beer, Bernard;

Dim;

Grimling, Grossmann, Gruber-Pruner;

Hackl, Hahn;

Kahofer, Kaske, Koller, Kovacs, Krusche;

Lancaster;

Mühlwerth;

Novak;

Ofner;

Pisec, Prischl;

Reisinger, Rösch;


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 77

Samt, Saurer, Schabhüttl, Schererbauer, Schilchegger, Schumann, Spanring, Sperl, Steiner-Wieser;

Wanner, Weber;

Zaggl.

Mit „Nein“ stimmten die BundesrätInnen:

Berger-Grabner, Brunner, Buchmann;

Eder-Gitschthaler;

Gfrerer, Gross;

Hauschildt-Buschberger, Holzner;

Köck;

Miesenberger;

Neurauter;

Preineder;

Raggl;

Schreuder, Schulz, Schwindsackl, Seeber;

Wagner;

Zeidler-Beck, Zwazl.

*****

Bevor wir nun zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, eine erfreuliche Nachricht: Wir dürfen Kollegin Eva Prischl zum Geburtstag gratulieren. – Alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

11.36.373. Punkt

Verkehrstelematikbericht 2019, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie (III-689-BR/2019 d.B. sowie 10264/BR d.B.)


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Gottfried Sperl. – Ich bitte um den Bericht.


11.37.08

Berichterstatter Gottfried Sperl: Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Verkehrstelematikbericht 2019, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie:

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 3. Dezember 2019 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Verkehrstelematikbericht 2019, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, zur Kenntnis zu nehmen.


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Danke schön.

Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.



BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 78

11.37.48

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Andreas Reichhardt: Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich freue mich, dass ich diesen Bericht vorlegen kann. Es ist ein Statusbericht über nationale, internationale, grenzüberschreitende Entwicklungen, Forschungsergebnisse im Bereich intelligente Ver­kehrssysteme.

Dieser Bericht ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass wir Mobilität der Zukunft, Mobilität mit Zukunft nur dann lösen können, wenn wir zusammenarbeiten, wenn wir zusam­menarbeiten über Verkehrsträger hinweg, über Verkehrsbünde hinweg, über Länder­grenzen hinweg, Bund-Länder-Kooperationen machen, mit der Industrie gemeinsam Forschungsprojekte verfolgen und die Forschungsergebnisse dann auch umsetzen.

Das heißt, wir versuchen im Bereich der intelligenten Verkehrssysteme wirklich syste­misch zu denken, holistisch zu denken und gemeinsame Projekte zu verwirklichen. Nur damit schaffen wir es auch zukünftig, die Herausforderungen, die wir haben, zu bewäl­tigen, leistungsfähiger im Bereich öffentlicher Verkehr, Individualverkehr zu werden, aber auch beim Thema Dekarbonisierung die Ziele, die wir uns gesetzt haben, erfolg­reich zu erreichen.

Das funktioniert nur so und da ist der Bereich der Verkehrstelematik ein sehr gutes Beispiel dafür, wie es funktionieren kann. Wir haben die Graphenintegrationsplattform, das ist die umfassendste Plattform und Datenbank für alle Fragen, Daten, Zahlen, Infrastruktur, für Informationen im Bereich des österreichischen Verkehrswesens.

Wir haben grenzüberschreitend spezielle Projekte zum Thema Reiseinformations­sys­tem gemacht, verkehrsträgerübergreifend Verkehrsinformation entwickelt. Mobility as a Service: Das ist ein europäisches Thema, bei dem wir versuchen, über die ver­schie­denen Mobilitätsformen hinweg ein Informationssystem, sozusagen ein Leitsystem im Sinne eines One-Stop-Shops zu schaffen. Das ist ein europäisches Thema, bei dem man mit Neid nach Österreich schaut, welche technologischen Entwicklungen wir in diesem Bereich haben. Wir nehmen da tatsächlich auch auf internationaler Ebene – auch bei Forschungsprojekten  eine Vorreiterrolle ein und haben immer wieder Dele­ga­tionen zu Gast, die neidvoll nach Österreich schauen, was wir hier in unserem Bio­top schon alles entwickelt haben.

Das heißt zusammengefasst: Ich glaube, dass wir in diesem Bereich wirklich gut unter­wegs sind, dass wir tolle Unternehmen haben, die wir bei den Herausforderungen der Zukunft mitnehmen. Der Wirtschaftsstandort hat in diesem Bereich viel Zukunfts­poten­zial, die öffentliche Hand arbeitet über Bundesländergrenzen hinweg zusammen, die Ver­kehrsverbünde arbeiten miteinander und die Verkehrsbetriebe kooperieren mit­einander.

Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir auch zukünftig die Ziele, die wir uns da auf poli­tischer Ebene setzen, erreichen werden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei Bun­desrätInnen der SPÖ.)

11.41


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Danke, Herr Bundesminister.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Wagner. – Bitte.


11.41.54

Bundesrätin Andrea Wagner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzter Herr Vizepräsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause via Livestream! Über die Digitalisierung und


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 79

die notwendigen Fachkräfte, die digitalen Kompetenzen, die wir in all unseren Lebens­bereichen in Zukunft brauchen, ist heute schon in der Aktuellen Stunde gesprochen worden.

Ein Kollege hat gesagt, unsere Generation ist die letzte, die gleichzeitig im analogen und im digitalen Zeitalter aufwächst. Beim Lesen des Verkehrstelematikberichtes ist mir wieder bewusst geworden, dass ich doch noch mehr im analogen Zeitalter aufge­wachsen bin. Das ist mir teilweise allein schon durch die Abkürzungen, Fachbegriffe und das, was heute schon technisch, digital im Verkehr möglich ist, wieder bewusst ge­worden.

Um eben auch die digitalen Technologien im Verkehrsbereich umzusetzen und zu nutzen, braucht es viele helle Köpfe. Ich persönlich – und die meisten Menschen – sind froh, wenn sie diese digitalen Neuerungen nutzen können. Meist ist uns nicht bewusst, wie viel Arbeit, wie viel Know-how dahintersteckt, damit das alles funktioniert.

Der Herr Minister hat schon inhaltlich zum Verkehrstelematikbericht Stellung genom­men. Der Bericht gibt mit seinen 100 Seiten einen umfassenden Überblick über die aktuellen Aktivitäten im Bereich der IVS – oder auch ITS abgekürzt –, der intelligenten Verkehrssysteme.

Es ist der siebente Bericht in dieser Reihe. Die künftigen Entwicklungen im Bereich der intelligenten Verkehrssysteme stehen unter dem Motto „digital : vernetzt : mobil“. Auch der vorliegende Bericht gliedert sich in die drei Bereiche digital, vernetzt und mobil, diese wiederum sind unterteilt in die Bereiche Forschung und Umsetzung. Um das österreichische Verkehrssystem für die digitale Zukunft fit zu machen, wurde voriges Jahr die Plattform ITS Austria neu aufgestellt. Diese Plattform organisiert unter ande­rem die notwendige Zusammenarbeit der wichtigen Stakeholder.

Auch das zehnjährige Jubiläum des Verkehrsreferenzsystems wurde voriges Jahr ge­feiert. Das Verkehrsreferenzsystem, die Graphenintegrationsplattform, ist das räum­liche Bezugssystem für den Verkehr und bildet die digitale Grundlage für mehr als 90 Anwendungen der öffentlichen Hand, wie die Verkehrsauskunft Österreich oder den Pendlerrechner. Sie steht auch für Anwendungen im privaten Bereich zur Verfügung. Das digitale Verkehrsnetz der GIP bildet auch die Basis der Basemap, der Open-Government-Data-Karte von Österreich.

Zentrale Bedeutung hat das Verkehrsreferenzsystem auch als Basis für künftige Mobi­litätsformen wie das automatisierte Fahren, für vernetzte Fahrzeuge, die Verkehrs­information oder für die Mobilitätsplanung im Allgemeinen.

Es gibt auch wesentliche Fortschritte im Bereich des vernetzten Fahrens. Wenn vor­aussichtlich Ende 2019 die ersten vernetzten Fahrzeuge am Markt verfügbar sein wer­den, braucht es dazu auch die nötige straßenseitige Infrastruktur, um mit dem Straßen­netz der Asfinag kommunizieren zu können. Deshalb hat die Asfinag mit der Ausschrei­bung für die entsprechende straßenseitige Infrastruktur begonnen.

Durch die stete Umsetzung der geplanten Maßnahmen zur Weiterentwicklung der intelligenten Verkehrssysteme leistet das Verkehrsressort einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit, der Effizienz und der Umweltverträglichkeit des öster­reichischen Verkehrssystems.

Ja, dem Verkehrstelematikbericht für 2019 habe ich mich heute in meiner letzten Bundesratsplenarrede gewidmet. In Zukunft widme ich mich diesem Bericht (ein Schriftstück mit der Aufschrift „Zukunftsplan 2020-2025“ „Verlass di drauf!“ in die Höhe haltend), dem Zukunftsplan für 2020-2025, dem Programm der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, unserer bäuerlichen Interessenvertretung. Ich darf gemeinsam mit Präsident Schmuckenschlager und Lorenz Mayr das Bauernbundteam in die Landwirt-


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 80

schaftskammerwahl am 1. März führen, das heißt: Ich werde zukünftig in der Land­wirtschaftskammer Niederösterreich dafür mitverantwortlich sein, unseren Zukunftsplan bestmöglich umzusetzen. (Bundesrat Weber: Schau, schau!)

Ich übernehme da gerne und von ganzem Herzen die Verantwortung, da mir die Bäuerinnen und Bauern und der gesamte ländliche Raum sehr, sehr viel bedeuten. Der ländliche Raum, die Umsetzung des Masterplans ländlicher Raum ist auch der Schwer­punkt, den du, Herr Präsident, lieber Karl, dir gesetzt hast. Auch die weiteren Präsi­dent­schaften nehmen sich dieses Themas an.

Für diese wichtige, wertvolle Schwerpunktsetzung bedanke ich mich sehr, sehr herz­lich! 90 Prozent des österreichischen Bundesgebietes liegen eben im ländlichen Raum, und zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung leben im ländlichen Raum. Die Herausforderungen ländlicher Gebiete betreffen also den Großteil der österreichischen Bevölkerung, es geht um die Chancengleichheit, um ein Miteinander von Stadt und Land.

Es ist eine zentrale Aufgabe, den ländlichen Raum als Lebensraum zu erhalten, hast du, Herr Präsident, gesagt. Dem kann ich mich vollinhaltlich anschließen. Danke für die Gesetzesinitiative des Bundesrates, die die Ansiedelung von Behörden im ländlichen Raum unterstützen soll. Ich appelliere an alle Fraktionen, diese Initiative zu unter­stützen! Wir brauchen auch in Zukunft einen lebenswerten ländlichen Raum, in dem sich die Menschen wohlfühlen und gerne leben.

Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen für die gute Zusammenarbeit hier im Hohen Haus! Vielen Dank an die Parlamentsmitarbeiter, an die Parlamentsdirektion, die Klubmitarbeiter! Danke an alle für die gute Zusammenarbeit und für die Unter­stützung! Ich habe einen wertvollen Einblick in die parlamentarische Arbeit, den ich auf gar keinen Fall missen möchte, bekommen. Es hat mich sehr gefreut, dass ich Teil unserer VP-Fraktion sein durfte.

Für die weitere Arbeit im Hohen Haus wünsche ich alles Gute und freue mich auf eine weitere Zusammenarbeit, in welcher Form auch immer. Wenn ich mir die Schwer­punkte in unserem Zukunftsplan anschaue und die Punkte Herkunftskennzeichnung und Biomasse herausnehme, dann sehe ich da schon gewisse Berührungspunkte, in denen es in Zukunft die Zusammenarbeit für ein lebenswertes Österreich braucht. – Danke und alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

11.49


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Liebe Frau Kollegin Andrea Wagner, auch von dieser Seite alles, alles Gute! Vielen Dank für die tolle Zusammenarbeit und weiterhin viel Erfolg in der Landwirtschaftskammer und bei der Zusammenarbeit mit dem Bun­desrat!

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Mag.a Bettina Anna Lancaster. – Bitte.


11.49.50

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Vizeprä­sident! Werter Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte ZuseherInnen vor Ort und via Livestream! Auch angesichts der Klima­krise bleibt es unabdingbar, dem Bedarf an Mobilität gerecht zu werden. Mobilität ist aber nicht mit Verkehr gleichzusetzen. Verkehr ist das Mittel zum Zweck der Distanz­überwindung. Mobilität kann großen oder geringen Verkehrsaufwand verursachen und kann mit hohem beziehungsweise mit geringem Umwelt- und Energieverbrauch ein­hergehen. Mobilität kann mit mehr oder weniger hohen Sicherheitsrisiken behaftet sein.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 81

Der sich abzeichnende Mobilitätswandel stützt sich auf intelligente Verkehrssysteme. Die Mobilitätswende führt nicht zwingend zu weniger Mobilität, sondern zu einer ande­ren Qualität von Mobilität. Es entsteht das Potenzial für eine neue, multimodale Mobi­lität, die den Bedürfnissen der Menschen und der Wirtschaft, aber – ganz wichtig – auch den Erfordernissen des Klimaschutzes gerecht werden kann. Voraussetzung hierfür ist die politische Rahmensetzung. Die technischen Entwicklungen geben der Politik jetzt die Möglichkeit, Regulierungen des Verkehrsgeschehens konsequenter als je zuvor am Klimaschutz auszurichten.

Der vorliegende Verkehrstelematikbericht gibt einen umfassenden Einblick in die in Österreich herrschenden Rahmenbedingungen für die Implementierung von intelligen­ten Verkehrssystemdiensten. Grundlagen wie notwendige Standardisierungen, neu aufgestellte Plattformen und Gesetzgebungen finden auf den ersten 22 Seiten Platz. Der Bericht orientiert sich an dem im Berichtszeitraum entwickelten ITS-Arbeitspro­gramm.

Die Weiterentwicklung der intelligenten Verkehrssysteme in Österreich wird im Bericht entsprechend in „Digital“, „Vernetzt“ und „Mobil“ gegliedert. Bei „Digital“ lag im Berichts­zeitraum ein Schwerpunkt beim Qualitätsmanagement des multimodalen digitalen Ver­kehrsgraphen, GIP, und bei der Verknüpfung mit den Daten des österreichischen Adressregisters. Die korrekte Lage der Grundstückszufahrten stellt eine wichtige Infor­mation für Routingdienste, Umfeldanalysen und Einsatzorganisationen dar.

Die Aktivitäten der Verkehrsauskunft VAO mit ihrem Tür-zu-Tür-Routing konzentrierten sich auf Erweiterungen ins benachbarte Ausland, die Entwicklung einer Pushbenach­richtigung bei Störungen sowie eines Radroutenplaners im Vorfeld der Rad-WM in Tirol, aber auch von Alternativrouten für Pkws.

Weitere digitale Umsetzungen fanden in der Verkehrsmodellierung statt. Im Rahmen der Verkehrsmodellierung geht es um Qualität und bessere Prognosefähigkeiten. Dabei wurden erstmals auch Daten aus den Mobilfunknetzen verwendet. Seitens der ÖBB wurden Digitalisierungsprojekte zur Kundeninformation auf neuestem Level und mit „Kunde meldet Mangel“ zur Mängelbehebung umgesetzt. Es wurden auch Zuglauf­checkpoints ins Schienennetz eingebaut, die Züge auf höchstem technischen Niveau auf Unregelmäßigkeiten und kritische Fehler hin überprüfen.

Bei „Vernetzt“ lag ein Schwerpunkt im Berichtszeitraum bei der Implementierung des E-Calls für eine automatische Benachrichtigung von Notrufzentralen bei Verunfallung. Die Sicherheit der österreichischen Straßen wird damit erhöht.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei der Ausrollung der Kommunikation von Straßen­infra­struktur mit Fahrzeugen, C-Roads. Das erstellte Rollout sieht 500 fix installierte Straßeneinheiten und eine Verkehrsleitzentrale vor. Verkehrssicherheit und Verkehrs­effizienz werden damit gesteuert. Weitere Entwicklungen betreffen die Echtzeitver­kehrs­information für Österreichs Straßen.

Wesentliche Fortschritte konnten auch unter der Grobüberschrift „Mobil“ erreicht werden. Integrationsdienstleister fassen Mobilitätsangebote in Plattformen, die aus öffentlichem Verkehr, motorisiertem Individualverkehr, Carsharing und so weiter beste­hen, zusammen. Informationen zu Buchungen, Reservierungen und Bezahlungen et cetera können dort von EndkundInnen abgerufen werden. In Österreich sind mehrere solche Mobilitätsplattformen aktiv, Mobilität als Service steht im Fokus.

Wie eingangs erwähnt hilft nur entschlossenes politisches Handeln, das Potenzial der Mobilitätswende für den Klimaschutz zu heben. Neben der Sicherheit der Ver­kehrs­teilnehmerInnen werden klimaschonende Mobilitätsangebote entscheidend für die Lebensqualität von uns allen werden. Dem hat die Politik Rechnung zu tragen. Wir


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 82

Sozialdemokraten sind uns der Verantwortung bewusst und setzen uns für eine klima­schonende, auf intelligente Verkehrssysteme gestützte Mobilitätswende ein. Den vor­liegenden Bericht nehmen wir zur Kenntnis.

Ich möchte den heutigen Tag der Freiwilligenarbeit auch zum Anlass nehmen, mich bei allen freiwilligen Einsatzorganisationen zu bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

11.56


Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Kollege Peter Samt. Ich erteile dieses.


11.56.52

Bundesrat Peter Samt (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen und Zuhörer auf der Galerie! In einem sehr stark technisch orientierten Bereich ist es so, dass nach zwei Rednern mit Fug und Recht festgestellt werden kann, dass eigentlich nichts mehr hinzuzufügen ist.

Es ist so – das hat der Herr Bundesminister ja eingangs erwähnt –, dass Österreich speziell in der Entwicklung der Verkehrstelematik auch im europäischen Vergleich doch einiges darstellt und einiges herzeigen kann. Die heute schon mehrmals erwähn­ten Hauptachsen dieses Berichtes, nämlich „Digital“, „Vernetzt“ und „Mobil“, sind natür­lich Überschriften. Das kennen wir, das ist fast Medientechnik, aber es steckt doch einiges mehr dahinter.

Frau Kollegin Wagner, ich kann Sie beruhigen, ganz digitalisiert werden wir nicht wer­den. Der Mensch funktioniert analog, das wird auch weiterhin so sein. Selbst wenn die Autos dann selbst fahren, wird ein Mensch drinnen sitzen, der entscheiden kann, wohin es geht, was er vorhat und mit welcher Präferenz er unterwegs ist. Das wird analog bleiben. Selbst wenn man uns irgendwann einmal einen Chip einsetzt, wird das Analoge bei uns überwiegen. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

Auch ich gehöre einer Generation an, die im Schulbereich analog aufgewachsen ist, im Berufsleben aber sehr bald mit der Digitalisierung konfrontiert wurde. Dazu gehört das Verständnis, dass Digitalisierung das ist, was der Mensch daraus macht, und nicht umgekehrt. Frau Kollegin Mühlwerth hat es heute schon erwähnt, in den Schulen funktioniert es oft anders, oft ist das Digitale bei der Jugend mehr wert als alles andere.

Im Bereich der Verkehrstelematik hat das natürlich durchaus Sinn. Ich war Prophet, ich habe schon Ende der Achtzigerjahre gesagt, es wird nicht bis 2020 dauern, dass wir nicht mehr selbst mit dem Auto fahren. Ich habe fast recht gehabt, teilweise funk­tionieren die Autos autonom. Das kann nur mit diesen drei Schlagwörtern funktio­nie­ren, die aber miteinander verbunden werden müssen. Wenn sie nicht gemeinsam funk­tionieren, wenn Digitalisierung, Vernetzung und Mobilität nicht wie Zahnräder ineinan­dergreifen, wird es auch nichts Funktionelles werden.

Österreich zeigt, dass die Verbindung der digitalen Bezugssysteme für den Verkehr, die als Grundlage dienen, hier sehr gut funktioniert. Genauso kann die Vernetzung nur dann funktionieren, wenn die betroffenen Unternehmen und öffentlichen Bereiche sich miteinander vernetzen wollen und es auch laufend tun. Sobald ein Link ausfällt – um es jetzt schon in digitaler Sprache zu sagen –, wird es nicht mehr funktionieren.

Die Dinge, die auf den Weg gebracht und auch dargestellt worden sind, die bereits funktionieren und in die Zukunft weisen, markieren eindeutig den richtigen Weg. Im Bereich Mobilität spielt das Einbeziehen des Bürgers natürlich eine wichtige Rolle, da es nur so richtig funktionieren kann. Wenn es richtig funktioniert – da teile ich die Auf­fassung meiner Vorrednerin –, wird sich das auf vieles auswirken, auf Unfälle, Emis­sionen und viele andere Bereiche in unserem Leben. Stau war heute im Zusam­men-


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 83

hang mit der Maut schon Thema, auch da kann durch Echtzeitinformationen viel ver­hindert werden. Das wird der positive Aspekt der digitalen Zukunft sein.

Sonst wurde das meiste schon gesagt. Gratulation zu diesem tatsächlich sehr guten und zukunftsweisenden Bericht, dem wir gerne zustimmen werden. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.)

12.01

12.01.12


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.01.334. Punkt

Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2018, vorgelegt vom Bundes­minis­ter für Verkehr, Innovation und Technologie (III-690-BR/2019 d.B. sowie 10265/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 4 der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Gottfried Sperl. – Ich bitte um den Bericht.


12.01.47

Berichterstatter Gottfried Sperl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2018, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 3. Dezember 2019 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2018, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, zur Kenntnis zu nehmen.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Andreas Reichhardt. – Bitte, Herr Minister.


12.02.37

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Andreas Reichhardt: Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Die Schienen-Control GmbH hat im Wesentlichen zwei große Aufgaben: Die eine ist, als Agentur für Passagier­rechte zu wirken, die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer des öffentlichen Verkehrs im Rahmen der Rechtsdurchsetzung zu unterstützen, die andere ist die Regulierung des Wettbewerbs und des Marktzugangs. Voraussetzung dafür ist natürlich eine um­fas­sende Zahlen-, Daten- und Faktenerhebung.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 84

In diesem Bericht finden sich dieses Jahr einige bemerkenswerte Daten, von denen ich ein paar, die zeigen, dass wir im Bereich der Mobilität auf dem richtigen Weg sind, besonders hervorheben möchte.

Wie haben sich die Zahlen im Personenverkehr entwickelt? – 2018 waren es 309,9 Mil­lionen Fahrgäste. Im Vergleich zu 2017 verzeichnen wir damit einen Zuwachs von 6,6 Prozent. Die Personenkilometer haben auch entsprechend zugelegt, der durch­schnittliche Österreicher fährt jedes Jahr 1 505 Kilometer mit der Bahn. Damit liegen wir in Europa an der Spitze, sind Bahnland Nummer eins in der Europäischen Union.

Das ist hauptsächlich auf die Erweiterung des Angebots im öffentlichen Nahverkehr zurückzuführen und zeigt, dass wir den Herausforderungen, die es in diesem Umfeld gibt, gerecht werden, dass die vorgenommenen Angebotsausweitungen richtig sind und dass die Angebote auch angenommen werden. Diesen Trend werden wir durch die Abschlüsse der neuen Verkehrsdiensteverträge, die jetzt laufend stattfinden, weiter fortsetzen. Wir werden weiterhin eine Ausweitung des Angebots vor allem im Nahverkehr vornehmen und gehen davon aus, dass die Angebote, die wir gemeinsam mit den Verkehrsverbünden erstellen, auch tatsächlich bei der Bevölkerung ankommen und von ihr angenommen werden.

Wie sieht es im Bereich Schienengüterverkehr aus? – Da haben wir eine Seitwärts­bewegung bei den Nettotonnen, muss man fairerweise sagen. Bei der Menge der beförderten Güter haben wir einen leichten Rückgang von 0,8 Prozent gehabt. Da liegen wir bei knapp 118 Millionen Nettotonnen. Dafür hat aber die Transportleistung – das entspricht dem Terminus Verkehrsleistung –, das heißt die Strecke, die mit diesen Nettotonnen zurückgelegt wurde, zugenommen. Da liegen wir bei 23,7 Milliarden Nettotonnenkilometern im Vergleich zu 23,5 Milliarden im Jahr davor.

In Bezug auf das Ergebnis muss man fairerweise sagen, dass die Verlagerung der Güter von der Straße auf die Schiene noch weiter dynamisiert werden muss. Wir werden dafür noch weitere Maßnahmen entwickeln. Ein Bereich ist da zum Beispiel die Brennerachse, um die wir uns auch im Zusammenwirken mit unseren nördlichen Nachbarn verstärkt bemühen. Im Rahmen des Zehnpunkteprogramms, das wir mit Deutschland vereinbart haben, wollen wir auf der Brennerachse eine weitere Verlagerung der Güter von der Straße auf die Schiene erreichen. Wir wollen und müs­sen den Korridor ausbauen, die Rollende Landstraße attraktiver machen und die Güter von der Straße auf die Schiene bekommen, um die Bevölkerung entlang der Brenner­route zu entlasten.

Leider sind uns da vonseiten der Finanzierung gewisse Grenzen gesetzt. Wir ver­han­deln gerade auf europäischer Ebene die Mautberechnungen im Bereich der Wegekos­tenrichtlinie, damit wir weitere Zuschläge verordnen können. Wir hoffen, dass wir diese Verhandlungen in den nächsten Wochen erfolgreich abschließen können, um die Rahmenbedingungen verbessern zu können und Kostenwahrheit durch Bemautung des Lkw-Verkehrs bei Durchfahrt auf der Brennerstrecke zu erreichen. Es geht dabei darum, Kostenwahrheit im Vergleich zur Route über die Schweiz zu erreichen, denn – das muss man wissen – aufgrund der höheren Bemautung in der Schweiz sind rund 30 Prozent des Lkw-Verkehrs über den Brenner eigentlich Umwegverkehr, der aus logistischen Erwägungen normalerweise eigentlich über die Schweiz gehen sollte; weil es aber bei uns so günstig ist, fahren sie über den Brenner. Dem sollten wir einen Riegel vorschieben. Wir sind dazu bereit, leider sind die Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene derzeit nicht so, dass wir entsprechende Aufschläge verordnen könnten.

Auch andere Bereiche wurden von der Regierung bearbeitet. Man hat sich um den Bahnstrom gekümmert und gegenüber den Infrastrukturbetreibern eine Tarifsenkung


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 85

erreicht. Man hat sich auch um die Zuweisung von Zugtrassen und Fahrkarten­ver­kaufs­lokalen gekümmert. All das sind Aufgaben und Tätigkeiten im Bereich der Schienen-Control. Man sieht also, es ist ein sehr umfängliches Tätigkeitsfeld, und entsprechend dick ist auch der Bericht. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

12.09


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ernest Schwindsackl. – Bitte.


12.10.02

Bundesrat Ernest Schwindsackl (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Gäste auf der Galerie und via Livestream! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die österreichische Fußballnationalmannschaft hat sich für die Europameisterschaft im Juni 2020 qualifiziert (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Steiner-Wieser– keine Sorge, ich bin bei Tagesordnungspunkt 4! –, ob wir Europameister werden, hängt natürlich von vielen Faktoren ab, vor allem von den erspielten Ergebnissen. Die Leistungsbereitschaft, aber auch die Leistungsfähigkeit und die Motivation der Mannschaft sind sicher gegeben.

Eines sind wir bereits – der Herr Bundesminister hat das bereits angeführt und es ist im Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2018 auch ganz klar festgehalten –: Österreich ist EU-Meister, was die zurückgelegten Bahnkilometer je Einwohnerin, Einwohner und Jahr betrifft, nämlich 1 505 beziehungsweise 1 435, wie im Bericht angegeben. Da liegt Österreich, um beim Fußball zu bleiben, noch vor dem amtie­renden Fußballweltmeister Frankreich, wo es 1 419 Kilometer pro Einwohnerin und Einwohner sind.

Sie haben einige wesentliche Facetten des Berichtes bereits herausskizziert. Ich möchte auch noch auf einige markante Entwicklungen im österreichischen Eisenbahn­sektor hinweisen. Im Personenverkehr 2018 hat es teils beachtliche Zuwächse gege­ben, vor allem im Nahverkehr, Stichwort Pendler. Deutliche Änderungen gab es, wie angeführt, im Schienengüterverkehr. Während das Aufkommen weiter zurückgegangen ist, gab es bei der Verkehrsleistung Anstiege, wobei diese vor allem auf die privaten Mitbewerber der ÖBB zurückzuführen sind, die ihre Marktanteile weiter steigern konnten, nämlich durch lukrativere, schnellere, kürzere und natürlich auch günstigere Transporte.

Die Zahl der Eisenbahnunternehmen in Österreich – das ist interessant – lag Ende 2018 bei 69, wobei gegenüber dem Jahr davor die österreichische DPB Rail Infra Service, die belgische Lineas, die deutsche Retrack sowie die slowakische Railtrans International neu hinzukamen. Zudem wurde im Zuge der Umstrukturierung im Sommer 2018 die Steiermarkbahn und Bus aus den Steiermärkischen Landesbahnen herausgeholt. Insgesamt 46 Unternehmen haben die Berechtigung, im ÖBB-Netz auch Züge fahren zu lassen. Dazu gehören vier Unternehmen des ÖBB-Konzerns sowie zehn Unternehmen mit direkter oder indirekter Beteiligung ausländischer markt­beherr­schender Unternehmen.

Wie in den meisten europäischen Ländern sind auch in Österreich im Bahnbereich mehr Unternehmen im Bereich der Güter als in jenem der Personenförderung tätig. Der Anteil des Personenverkehrs an der Netznutzung liegt aber, wie angesprochen, deutlich höher als im Güterverkehr. Erstrebenswert – und das sollte für die kommende Zeit wesentlich sein – ist eine diesbezüglich deutliche Erhöhung im Güterverkehr. Wir müssen den Gütertransport in Zukunft, soweit möglich, von der Straße auf die Schiene verlagern, nämlich der Umwelt – Stichwort CO2-Ausstoß – und der Sicherheit zuliebe.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 86

Im Personenverkehr ist die Attraktivität durch oft sensationelle Preisangebote – wenn man die Tickets rechtzeitig, vier Wochen vorher, bucht – entsprechend gegeben.

Aufgrund der Liberalisierung des Bahnstrommarktes 2018 beziehungsweise der Ent­wicklung der Bahnstromtarife 2019 wurde vonseiten der Schienen-Control Kommission den Infrastrukturbetreibern mittels Bescheid auferlegt, die Tarife zu senken. Übrigens: 100 Prozent des Bahnstroms stammen aus erneuerbaren Energieträgern – auch das ist natürlich positiv.

Ein paar Gedanken noch zur Bahn als Alternative zu anderen Fortbewegungsmitteln wie Auto oder Flugzeug: Als Steirer freuen wir uns sehr auf die künftig noch schnel­leren Verbindungen von Graz nach Wien und natürlich retour durch den neuen Sem­meringbasistunnel: 1 Stunde 50 Minuten Fahrzeit. Die Fahrzeit von Graz nach Klagen­furt wird durch den neuen Koralmtunnel nur eine Dreiviertelstunde betragen. Wir werden also wahrscheinlich in der Universitätsstadt Graz die entsprechenden Studien­plätze für Kärntnerinnen und Kärntner aufstocken müssen.

Erst vor Kurzem durfte ich persönlich die Eisenbahnschnellverbindung von Brüssel nach Paris nutzen, nämlich mit einer Fahrzeit von 1,5 Stunden und einer Höchst­ge­schwindigkeit von 320 km/h, auf leisen Sohlen – Pardon, Schienen –, ein wahrer Fahrgenuss. Dass in Japan und in China bereits Züge mit Geschwindigkeiten bis zu 800 Stundenkilometer getestet und in Kürze auch im Reiseverkehr eingesetzt werden, ist nicht neu – kein langes Einchecken, keine weiten An- und Abreisen zu Flughäfen, keine Flugängste, und all das umweltfreundlich.

Die Umwelt- und Klimaüberlegungen spielten am 23. November 1837 auf der ersten Dampflokzugfahrt Österreichs von Wien Floridsdorf nach Wagram überhaupt keine Rolle. Es war die sogenannte Kaiser Ferdinands-Nordbahn. Das war der Beginn der österreichischen Erfolgsgeschichte einer neuen, zukunftsorientierten Mobilität.

Auch wenn wir überraschenderweise vielleicht nicht Europameister im Fußball werden (Bundesrat Samt: Die Hoffnung stirbt zuletzt! – Zwischenrufe der BundesrätInnen Mühlwerth und Weber) – wahrscheinlich, mit allen möglichen Grüßen von oben –, so sollten wir auf alle Fälle eines sein und bleiben: die umweltfreundlichsten und eifrigsten Bahnkonsumenten Europas. – Glück auf! (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundes­rätIn­nen Mühlwerth und Samt.)

12.16


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Günther Novak zu Wort. Ich erteile es ihm.


12.16.46

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren zu Hause und hier bei uns auf der Galerie! Es ist schon sehr viel gesagt worden. Ich möchte mich an dieser Stelle für den Schienen-Control-Bericht, der wirklich sehr umfangreich und aus­führlich ist, recht herzlich bedanken. Danke an die Geschäftsführerin Frau Mag. Maria-Theresia Röhsler und ihr Team. Wer sich damit beschäftigt, weiß, was da alles zusammengetragen worden ist.

Es ist schon gesagt worden, dass in schöner Regelmäßigkeit der Schienen-Control-Bericht Österreich als Land der Bahnfahrer ausweist und dass wir im Personenverkehr beachtliche Zuwächse haben, nämlich eine Steigerung von 6,6 Prozent. Unter­schied­lich war das im Bereich des Schienengüterverkehrs, auch das ist schon ausführlich behandelt worden. Die von der Rail Cargo Austria gemeldeten rückläufigen Werte konnten von den Mitbewerbern bei den Nettotonnen und bei den Nettotonnen­kilo­metern wieder kompensiert werden.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 87

Ich möchte mich als Umweltausschussvorsitzender ein bisschen mit dem Thema Umwelt beschäftigen. Die Entwicklung im Güterschienenverkehr ist durchaus positiv zu bewerten, denn im Vergleich zum Gütertransport auf der Straße ist der Gütertransport auf der Schiene, wie wir wissen, erstens umweltfreundlicher, zweitens platzsparender und drittens vor allem effizienter. Die Schiene ist die umweltfreundlichste Variante, um Waren und Güter von A nach B zu bringen. Die steigende Anzahl von Lkw-Transporten und der dadurch verursachte massive CO2-Ausstoß befeuern die Klimakrise und schaden unserer Gesundheit und unserer Umwelt. Vor allem entlang der Haupttransit­routen von Ost nach West, entlang der Alpenüberquerungen – das wissen wir – leiden die dort lebenden Menschen, weil sie einer immensen Belastung in diesem Bereich ausgesetzt sind.

Meine Damen und Herren, eine nachhaltige Lösung bietet da nur der Schienenverkehr. Jede in Österreich auf der Schiene transportierte Tonne verursacht im Durchschnitt 15 Mal weniger CO2-Emissionen als der Transport mit dem Lkw, und das wirkt sich in weiterer Folge direkt auf die österreichische Treibhausgasbilanz aus. Für das Erreichen der Pariser Klimaziele ist ein größerer Anteil der Schiene am Güterverkehr unbedingt notwendig, auch im Hinblick auf drohende Kompensationszahlungen. Daher muss man hier feststellen, dass jede Anstrengung dafür – der Herr Bundesminister hat das ja schon festgestellt – unternommen werden muss, um die Güter auf die Schiene zu bringen.

Etwas nachdenklich gemacht haben mich gestern im EU-Ausschuss die Aussagen von EU-Rechnungsprüfer Mag. Herics, der festgestellt hat, dass das transeuropäische Verkehrsnetz in Bezug auf die Zusammenarbeit schwierig ist, und wir wissen ja, was damit alles gemeint ist. Er äußert dabei, dass es wahrscheinlich bis 2030 – wenn wir uns in diese Richtung ausrichten – leider Gottes nicht fertiggestellt werden kann. Vielf­ach stecken derartige Projekte aufgrund fehlender Durchgriffskraft der EU bei den Mitgliedsländern fest – dies als Tatsache voraus. Wenn wir uns aber die nationalen Ausbaustufen anschauen, dann sehen wir, dass die im Gegensatz zu den inter­natio­nalen hervorragend funktionieren.

Es wurde schon gesagt, wie viele Eisenbahnunternehmen wir in Österreich haben. Ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, weil ich zum Abschluss zum Thema Klimaschutz komme, das sehr wichtig ist und natürlich auch Auswirkungen im Bereich des Schienenverkehrslärms hat. Schienenverkehrslärm im internationalen Güter­verkehr: Wenn man das Wagenmaterial kennt, das – es wird natürlich von Jahr zu Jahr besser – durch die Gegend rollt, dann weiß man, wie lärmintensiv das ist. Die Errich­tung von Lärmschutzmaßnahmen an den Bahnstrecken sowie die schalltech­nische Sanierung der Eisenbahnbestandsstrecken ist daher eine absolute Notwendigkeit, wenn es darum geht, dass wir die Güter auf die Schiene bringen. Ich spreche deshalb darüber, weil es im Kärntner Seengebiet, am Wörthersee und auch bei uns an der Tauernbahn, wo ich zu Hause bin, massive Lärmbelästigung gibt.

Zu bedenken ist aber auch, wenn wir als Gemeinden Lärmschutzmaßnahmen setzen wollen, dass von den Kosten 50 Prozent die Österreichischen Bundesbahnen, 25 Pro­zent das Land und 25 Prozent die Gemeinden bezahlen. Oft ist es bei dieser Größen­ordnung von Investitionen so, dass die Gemeinden einfach so klein sind, dass sie das nicht schaffen.

Auch wenn durch die Durchführungsverordnung betreffend Anwendung der tech­ni­schen Spezifikationen für Interoperabilität des Teilsystems Fahrzeuge – Lärm, die seit Mai 2019 in Kraft ist – sie betrifft jene Gebiete, wo es mehr als 12 Güterzüge in 24 Stunden gibt –, neue gesetzliche Zulassungsbestimmungen für lärmarme Güter­waggons gelten, so wird diese Maßnahme erst langsam bis 2024 greifen. Also das


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 88

eine ist, Güter auf die Schiene, das andere Lärmbeseitigung, die dann natürlich auch mit in Angriff genommen werden muss.

Zusammenfassend: Ich möchte die positive Entwicklung bei der Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene als umweltschonendes Mittel weiterhin vorantreiben, parallel dazu darf aber auch, wie schon gesagt, auf die Lärmschutzmaßnahmen nicht vergessen werden.

Damit klimafreundliche öffentliche Verkehrsmittel für noch mehr Menschen eine echte Alternative zum Auto werden, muss das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln günstiger, schneller und einfacher werden. Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung des 1-2-3-Klimatickets“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie sowie der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, die notwen­digen rechtlichen und finanziellen Maßnahmen vorzubereiten, um ein österreichweites Klimaticket für sämtliche öffentliche Verkehrsmittel zu Kosten von 1.095,-- pro Jahr (samt den Varianten 3 Bundesländer um 730,-- Euro pro Jahr und ein Bundesland um 365,-- Euro pro Jahr) in die bestehenden Verkehrsdienste-Verträge zu integrieren. Ein Bericht über die geplanten, tatsächlichen Umsetzungsschritte soll dem österreichi­schen Parlament binnen drei Monaten nach Beschlussfassung dieses Antrages vorge­legt werden.“

*****

Zum Schluss kommend möchte ich noch zwei Sätze sagen: Da wir heute den Tag des Ehrenamtes haben und wir in Oberkärnten, wo ich zu Hause bin, sehr große Ver­murungen, Schneefälle, Lawinen, also eigentlich alles, was man sich so vorstellen kann, wenn Unglücke passieren, gehabt haben, möchte ich mich bei dieser Gelegen­heit bei allen freiwilligen Helfern bedanken. – Ich glaube, das geschieht sicher auch in Ihrem Namen.

Sei es die freiwillige Feuerwehr, seien es die Lawinenkommissionen, die Bergret­tun­gen, das Bundesheer, die mit Hubschraubern ein- und ausfliegen, um verschiedene Gebiete zu erreichen, das Rote Kreuz, die Polizei und die freiwilligen Helfer, ihnen allen gilt mein Dank.

Bei uns in Oberkärnten sind Lawinen – man muss sich das vorstellen – von 2 bis 3 Metern Höhe in Gebieten auf 2 000 bis 3 000 Meter Höhe als Staublawinen abge­gangen, die unterwegs Tausende von Festmetern Holz mitgenommen haben und als Grundlawinen im Tal gelandet sind. Das war bei mir zu Hause. In niedriger gelegenen Bereichen sind es Muren und Abrutschungen gewesen. Es ist davor unvorstellbar gewesen, dass so etwas aus dem Berg herausspringt und dass Wasser daherkommt, wo wir niemals gedacht haben, dass das überhaupt möglich ist. Leider Gottes hat es in Bad Kleinkirchheim auch ein Todesopfer gegeben, sodass ich bei dieser Gelegenheit noch einmal mein Mitgefühl aussprechen kann und will.

Wir bedanken uns auch heute, am Tag des Ehrenamtes, noch einmal bei all jenen, die uns in diesen schwierigen Tagen unterstützt haben. – Danke, schön dass es euch gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

12.26



BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 89

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Der Entschließungsantrag der Bun­des­rätInnen Novak, Kaske, Genossinnen und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Gerd Krusche. – Bitte, Herr Bun­desrat.


12.27.07

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christkind, sondern auch der Bericht der Schienen-Control. Beide sind durchaus erfreuliche Ereignisse. Ich möchte an dieser Stelle auch bitten, den Dank an die Ersteller dieses wirklich übersichtlichen, gut aufbereiteten und sehr informativen und umfangreichen Werkes zu übermitteln.

Ich werde jetzt nicht weitere Zahlen, Daten, Fakten aus dem Bericht heraus prä­sen­tieren, das ist ja bereits in wesentlichen Punkten geschehen. Wen es näher interes­siert, der kann ohnehin nachlesen, und wer es nicht wissen will, der würde mir jetzt auch nicht zuhören. Deshalb kann ich mir das durchaus ersparen.

Nur so viel: Der vielleicht einzige Wermutstropfen dabei ist, dass es nicht und nicht so wirklich richtig gelingt, den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen. Die Bemühungen sind da. Ich kann mir vorstellen, dass es sehr schwierig ist, mit den Partnern in der Europäischen Union hinsichtlich der Wegekostenrichtlinie etwas zu erreichen.

Einen wirklichen Schub wird es wahrscheinlich erst nach Fertigstellung der beiden Neubaustrecken, also des Brennerbasistunnels einerseits und der neuen Südbahn andererseits, geben. Da ist dann wirklich zu hoffen, dass das auch für den Güter­verkehr eine entsprechende Attraktivierung bringt und angenommen wird.

Zum Entschließungsantrag, den ihr eingebracht habt, betreffend das 1-2-3-Ticket: Wir werden ihn unterstützen. Es muss uns dabei nur im Klaren sein – sollte es in dieser Form kommen –, dass auch auf die Österreichischen Bundesbahnen große Herausfor­derungen hinsichtlich der Bewältigung – wenn ich es so sagen darf – des zusätzlichen Aufkommens im Personenverkehr zukommen, denn es ist ein ganz wesentlicher Faktor, dass die Bahn dann auch attraktiv sein muss. Billig, leistbar, ist das eine, aber die Bequemlichkeit, der Komfort, keine überfüllten Züge, keine Verspätungen sind ebenfalls ganz wesentliche Faktoren. Wenn man durch Mangel in der Infrastruktur im rollenden Material verärgerte Bahnbenützer produziert, wird es sehr schwer sein, verlorene Kunden wieder zurückzubringen. – In diesem Sinne danke ich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

12.30


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. Ich erteile es ihm.


12.30.23

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (ohne Fraktionszugehörigkeit, Vorarlberg): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Minister! Ich sage jetzt nicht wirklich etwas zum Tätig­keitsbericht. Natürlich ist die Bahn ein zentraler Träger eines derzeitigen und künftigen Verkehrssystems und wird noch viel, viel wichtiger werden. Was wir aber auch sehen, ist, dass das ein sehr umkämpfter Markt ist. Man sieht das auch an den Zulas­sungs­zahlen von privaten Dienstleistungsanbietern im Schienennetz.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 90

Was schon zu denken geben muss – die Kritik richtet sich vielleicht weniger an die Bahn, sondern an die Verkehrspolitik generell –, ist, dass die Zahl der beförderten Tonnagen auf der Schiene mehr oder weniger stagniert, demgegenüber der Schwer­verkehr permanent zunimmt, immer mehr Tonnen befördert werden, die Tonnenkilo­meter zunehmen. Da wird es also schon darum gehen, auf jeden Fall Rahmenbe­dingungen zu schaffen, dass die Schiene stärker werden kann, etwa auch durch faire Kostenzurechnung.

Ich möchte mich auch – ich denke, das gehört schon dazu – zum Entschließungs­antrag der SPÖ das Österreichticket betreffend äußern. Natürlich verfechten wir auch so eine Idee, das ist überhaupt keine Frage. Es ist aber ein bissel spannend, wieso der Antrag jetzt eingebracht wird. Die Strategie ist aus meiner Sicht klar: Man will den Beweis führen, wir würden zu unseren Haltungen nicht stehen. Natürlich ist das Gegenteil der Fall: Wenn jemand für den öffentlichen Verkehr und für die Bahn eintritt, dann sind wir das.

Ich möchte jetzt ganz ehrlich sein hier heraußen: Selbstverständlich ist das ein wichtiger Punkt in den Koalitionsverhandlungen. Wir wollen so ein Ticket, gar keine Frage. (Bundesrat Novak: Aber erst später!) Was wir aber jetzt nicht machen werden – ich sage es ganz offen –, ist, uns jetzt in dieser entscheidenden Phase, während wir in Verhandlungen sitzen, quasi selber etwas auszurichten. Das werden wir nicht machen. Wir sind guter Dinge, dass so ein Ticket kommen wird, wenn die Verhandlungen gelingen. (Beifall bei BundesrätInnen der ÖVP sowie der BundesrätInnen Hauschildt-Buschberger und Schreuder.)

12.32


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Rudolf Kaske. Ich erteile es ihm.


12.32.44

Bundesrat Rudolf Kaske (SPÖ, Wien): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr ge­schätzter Herr Bundesminister! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Galerie und jene, die via Livestream mit dabei sind! Vorweg vielleicht eine Anmerkung außer Protokoll, weil es bei diesem Tagesordnungspunkt schon angesprochen worden ist, nämlich betreffend die Teilnahme an der Fußball-Euro 2020: Ich möchte dazu keine Meinung abgeben, vor allen Dingen deswegen, weil es, wie Sie ja wissen, in Österreich acht Millionen Teamchefs gibt und es sehr schwierig sein wird, das Unterfangen dementsprechend positiv zu gestalten. – Aber wie gesagt, das war außer Protokoll.

Ich komme nun zum Bericht der Schienen-Control GmbH 2018. Es wurde eigentlich schon von allen Rednern angeschnitten: Wir können zu Recht auf diesen Bericht stolz sein und sind uns ja einig, dass wir das Bahnfahrerland Nummer eins in der Europäischen Union sind. Der Unterschied ist, glaube ich, ganz wichtig.

Wenn wir uns die Zahlen im Bericht der Schienen-Control GmbH 2018 anschauen, so sehen wir, wir haben steigende Fahrgastzahlen, knapp 310 Millionen Fahrgäste wur­den in Österreich befördert. Was mir und, glaube ich, auch den Bahnfahrerinnen und Bahnfahrern besonders wichtig ist: Wir haben eine pünktliche Bahn. Die Pünktlichkeit der Züge im Personenverkehr war mit 95,8 Prozent auf sehr hohem Niveau.

Der Güterverkehr wurde ebenfalls heute schon mehrmals angeschnitten. Da gab es zwar ein geringeres Aufkommen, jedoch eine Steigerung der Verkehrsleistung. Aber ganz ehrlich, das sage ich auch dazu: Beim Güterverkehr ist aus meiner Sicht schon noch Luft nach oben. Alle, die so gerne über den Klimaschutz in Österreich reden, sollten auch in diesem Sinne ins Handeln kommen, denn die Verlagerung des


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 91

Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene ist aus meiner Sicht ein Gebot der Zeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wo es viel Licht gibt, gibt es natürlich da oder dort auch Schatten. Gestatten Sie mir daher, hier auch einige Themen anzusprechen!

Wir sehen bei den Morgen- und Abendspitzen vor allen Dingen im Personenverkehr, dass man an die Kapazitätsgrenzen stößt. Es muss jetzt im Sinne der Pendlerinnen und Pendler und im Sinne des Klimas investiert werden. Erlauben Sie mir, auch Folgendes zu sagen: Investitionsbremsen wie die seinerzeit angedachte Schulden­bremse gehen ganz sicher in die falsche Richtung!

Um den Eisenbahnpersonenverkehr sicherzustellen, ist es auch dringend notwendig, in allen Bundesländern die sogenannten Verkehrsdiensteverträge zu unterzeichnen. Sie sichern den Weg zur Arbeit und von dieser wieder zurück in die Freizeit, und sie sichern natürlich auch den Arbeitsplatz des Großteils der Bahnbeschäftigten im Per­sonenverkehr. – Ich fordere daher, Herr Bundesminister, das Verkehrsministerium auf, wie natürlich auch die betroffenen Bundesländer, da für ein stabiles Angebot zu sor­gen. (Beifall bei der SPÖ.)

Erlauben Sie mir, nochmals auf die Klimadimension und auch auf die soziale Dimen­sion zurückzukommen! Der Straßenverkehr – Kollege Novak hat es schon gesagt – ist in Österreich der Hauptverursacher von CO2-Emissionen. Diese sind im Steigen be­griffen, das kann man nicht wegdiskutieren. Deswegen ist es so wichtig, dass es zu einer Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene kommt.

Es muss auch der Schienengüterverkehr aus meiner Sicht neu gedacht werden. Es braucht viel mehr Gleisanbindungen von Unternehmen. Ein Problem ist auch der Kostennachteil der Schiene. Zum Beispiel wird Bahnstrom besteuert, Kerosin aber nicht. Diese und andere Ungleichheiten gehören aus meiner Sicht beseitigt. (Beifall bei der SPÖ.)

Verzeihen Sie mir, wenn ich das jetzt etwas überspitzt darstelle, aber ich sage das auch im Interesse der Beschäftigten, die täglich auf der Straße unterwegs sind: Wir müssen die Sklaverei auf der Straße beenden, meine Damen und Herren! Aus meiner Sicht braucht es daher ein Bundesamt für Güterverkehr zur Kontrolle von grenz­überschreitenden Lkw-Fahrten.

Die Anzahl der Player auf der Schiene ist groß, das wurde schon angesprochen: Es gibt 39 Schienengüterverkehrsunternehmen, 16 Schienenpersonenverkehrsunter­nehmen. Wir befinden uns nicht mehr in einer Welt, in der es nur die ÖBB gibt. Sie erinnern sich an die Schlagzeilen der letzten Tage; ich will hier keine Werbung für andere Bahnen machen, aber ich meine, es braucht eine starke Kontrolle, weil Sicherheitsmängel auf der Bahn große Folgen haben können, große Unfälle verursachen können. Es ist aber auch ein Thema für die Volkswirtschaft. Daher sind die Kontrollbehörden zu stärken und ist deren Personalstand aufzustocken.

Es braucht auch – das sage ich im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeit­neh­mer – für alle Eisenbahnberufe eine national geregelte Ausbildung und eine klare Re­gelung für Ausbildungseinrichtungen. Es braucht auch mehr Ausbildungsplätze, damit auch nach dem Generationswechsel bei der Bahn ausreichend Personal für umwelt­schonenden und sicheren Verkehr zur Verfügung steht.

Zum Schluss, meine Damen und Herren, noch einige wichtige Anmerkungen: Die Schienen-Control erfüllt eine wichtige Rolle im durch die EU liberalisierten Eisen­bahnbereich und trägt durch ihre mit hoher Verantwortung getroffenen Entscheidungen jedenfalls zur Rechtssicherheit bei. Daher auch meine Forderung: Es muss auch in


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 92

Zukunft gewährleistet werden, dass die Finanzierung der Schienen-Control aus den Beiträgen der regulierten Unternehmen gesichert ist.

Ein zweiter Punkt noch zum Schluss – und ich danke Ihnen, Herr Bundesminister, dass Sie das angesprochen haben –: Die bei der Schienen-Control angesiedelte Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte – gegründet wurde sie im Jahr 2015 – ist aus der heimischen Verkehrslandschaft nicht mehr wegzudenken. Sie sorgt nämlich im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie dafür, dass Rei­sende, die die Bahn, den Bus, ein Schiff oder ein Flugzeug nutzen, zu ihrem Recht kommen, falls auf der Reise etwas schiefgeht. Dies geschieht rasch, es geschieht niederschwellig, unkompliziert und vor allen Dingen kostenlos und provisionsfrei für die Bürgerinnen und Bürger.

Ich will Sie nicht mit Zahlen belästigen, aber im Jahr 2018 hat es insgesamt 6 248 schrift­liche Beschwerden und Anfragen gegeben, das war eine Steigerung um 61 Prozent gegenüber dem Vorjahr, und die Passagiere erhielten Entschädigungen, Erstattungen und Strafnachlässe in der Höhe von rund 1 177 017 Euro, das ist ein Plus von 14 Prozent gegenüber dem Jahr 2017.

Zum Schluss, geschätzte Kolleginnen und Kollegen (Bundesrätin Mühlwerth: Wie oft sagt er noch „zum Schluss“?): Die Schienen-Control ist aus meiner Sicht ein wichtiger Player in der heimischen Verkehrslandschaft. Ich möchte mich auch bei der Geschäfts­führung, vor allen Dingen aber bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken. Ihnen ist große Anerkennung zu zollen – auf der einen Seite. Andererseits darf ich schon noch festhalten, dass es trotzdem, aus meiner Sicht zumindest, noch viel zu tun gibt. – Das sei ganz kurz gesagt.

Werbedurchsage – ganz zum Schluss (Heiterkeit der Bundesrätin Mühlwerth – Bun­desrat Samt: Es gibt einen Schluss vom Schluss, und dann kommt noch „ganz zum Schluss“!) –: Heute ist ja der Tag der Freiwilligenarbeit. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Für: Frohe Weihnachten!, ist es noch zu früh!) – Nein, Frau Kollegin, es geht um die Freiwilligenarbeit, und das ist ein sehr ernstes Thema, kein heiteres Thema. – Wer sich wo auch immer für Menschen in unserem Land freiwillig engagiert, dem ist aus meiner Sicht, aber ich glaube, auch aus Ihrer Sicht, größte Anerkennung zu zollen, und ich möchte bei dieser Gelegenheit – ganz zum Schluss – persönlich Danke sagen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen der FPÖ sowie des Bundesrates Seeber.)

12.43

12.43.31


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Novak, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Einführung des 1-2-3-Klimatickets“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundes­rätin­nen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher angenommen. (266/E-BR/2019)


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 93

12.44.185. Punkt

Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über tech­nische Unterwegskontrollen in den Jahren 2017 & 2018 (III-691-BR/2019 d.B. so­wie 10266/BR d.B.)


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zu Punkt 5 der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist wiederum Herr Bundesrat Gottfried Sperl. – Ich bitte um den Bericht.


12.44.34

Berichterstatter Gottfried Sperl: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über die technischen Unterwegskontrollen in den Jahren 2017 & 2018.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage am 3. Dezember 2019 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, den Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über technische Unterwegskontrollen in den Jahren 2017 & 2018 zur Kenntnis zu nehmen.


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich wieder Herr Bundesminister Mag. Andreas Reichhardt. – Bitte, Herr Minister.


12.45.28

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Andreas Reichhardt: Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Der Bericht wird aufgrund der EU-Richtlinie über die technische Unterwegskontrolle gelegt. Am Anfang vielleicht ein paar Erläuterungen, wie diese Kontrollen ablaufen:

Es gibt die anfängliche technische Unterwegskontrolle und die gründliche technische Unterwegskontrolle. Die anfängliche ist die, wenn aufgrund einer gewissen Auffälligkeit oder eines Verdachtsmoments eine Kontrolle durch Polizei oder Asfinag durchgeführt wird, mit Prüfzug und Ähnlichem. Die anfängliche ist eine Sichtprüfung, und im Rah­men dieser Sichtprüfung wird der technische Zustand einmal grob beurteilt.

Wenn das Prüforgan dann Ansatzpunkte hat, die zu dem Schluss führen, dass man sich das Ganze doch genau anschauen sollte, wird das Fahrzeug oder der Anhänger der gründlichen technischen Unterwegskontrolle unterzogen, und bei dieser werden dann Bremsanlage, Räder, Fahrgestell, aber vor allem auch die durch diese Fahrzeuge verursachte Umweltbelastung genau kontrolliert.

Mittlerweile ist es so, dass alle Unterwegskontrollen statistisch, inhaltlich erfasst wer­den müssen, und wir sind da bei insgesamt knapp 130 000 Fahrzeugen, die im Zuge dieser Kontrollen erfasst wurden. Es erfolgt seit 2018 eine zentrale Erfassung in einer Datenbank. Das heißt, wir haben hier nachvollziehbar seit 2018 auch eine Datenbank zur Verfügung, die für alle Analysen, auch für die Weiterentwicklung von Begut­ach­tungsverfahren, für die Weiterentwicklung der §-57a-Plakette et cetera herangezogen werden kann.

Wichtig bei der Beurteilung der Daten ist, dass die Prozentsätze, die ich Ihnen dann kurz präsentieren werde, natürlich nicht im klassischen Sinn Durchschnittswerte oder


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 94

repräsentativ sind, sondern die Auswahl der Fahrzeuge, die ausgeleitet werden und überprüft werden, erfolgt ja schon aufgrund der Erfahrungswerte der Prüforgane.

Wie viele Kontrollen wurden durchgeführt? – 2017 hat es knapp 129 000 anfängliche Kontrollen gegeben, 2018 dann 160 000 Kontrollen. Die gründliche technische Kon­trolle wurde 2017 an knapp 20 000, konkret an 19 629 Fahrzeugen durchgeführt, 2018 an 20 125 Fahrzeugen.

Woher kamen diese Fahrzeuge? – 42 Prozent aus Österreich, 54 Prozent aus anderen EU-Staaten, 4 Prozent aus Drittstaaten.

Was waren die Ergebnisse? – 23 Prozent der Fahrzeuge waren aufgrund von Gefahr im Verzug aus dem Verkehr zu ziehen, 36 Prozent mit schweren Mängeln behaftet.

Woher sind diese Fahrzeuge gekommen? – Bei den Fahrzeugen aus Österreich be­stand bei 19 Prozent der Fahrzeuge Gefahr im Verzug, 40 Prozent wiesen schwere Mängel auf. Bei den Fahrzeugen aus der EU bestand bei 25 Prozent Gefahr im Verzug, bei 33 Prozent lagen schwere Mängel vor, und bei den Fahrzeugen aus den Drittstaaten wurde bei 35 Prozent Gefahr im Verzug festgestellt, bei 37 Prozent der Fahrzeuge wurden schwere Mängel festgestellt.

Das zeigt, dass diese Kontrollen wirklich einen wesentlichen Beitrag zur Gewähr­leistung der Sicherheit auf unseren Straßen darstellen. Wir planen eine Ausweitung dieser Kontrollen. Wir sind auch im Gespräch mit dem Innenministerium, um die Kom­petenzen der Straßenaufsichtsorgane der Asfinag entsprechend ausweiten zu können, um die Polizei bei ihrer Kontrolltätigkeit noch besser unterstützen zu können.

Die Straßenaufsichtsorgane der Asfinag sollen gewisse Kontrollen selbstständig durch­führen können, damit diese Kontrollen wieder flächendeckend, zum Beispiel am Bren­ner, durchgeführt werden können. Die Erfahrungen haben nämlich gezeigt: Wenn man am Brenner lückenlos kontrolliert, spricht sich das herum, und die, die möglicherweise ein bisschen ein schlechtes Gewissen haben oder ein bisschen Sorge haben, dass ihr Fahrzeug diese Kontrolle nicht übersteht, überlegen sich, ob sie über den Brenner fahren, und beschließen dann möglicherweise, doch auf die Rollende Landstraße um­zusteigen.

Ich glaube, das ist nicht nur eine Möglichkeit, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, son­dern auch, die Verlagerung, die wir alle gemeinsam wollen, von der Straße auf die Schiene zu dynamisieren. – Danke. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

12.51


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Preineder. Ich erteile es ihm.


12.51.55

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Bundesminister ist schon sehr ausführlich auf die technischen Unterwegskontrollen eingegangen. Es geht darum, dass Nutzfahrzeuge entsprechend kontrolliert werden, zum einen auf ihre Sicherheit, zum anderen aber auch im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit, nämlich ob die Lenk- und Ruhezeiten eingehalten werden. Ein wesentlicher Aspekt ist aber auch die Umwelttauglichkeit dieser Nutzfahrzeuge.

Der Bericht ist heuer etwas später gekommen als üblich, weil auf eine automatische Datenerfassung, um diese Daten auch entsprechend weiterverarbeiten zu können, um­gestellt wurde. Diese Umstellung von einer Teilautomatisierung auf eine Vollautoma­tisierung der Datenerfassung hat etwas Zeit gebraucht.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 95

Positiv zu erwähnen ist, dass es durchaus eine Steigerung der Einsätze gegeben hat. Es ist so – der Herr Bundesminister hat das erklärt –, dass die Verkehrsorgane einmal vorsichten, ob es verdächtige Fahrzeuge gibt; wenn es welche gibt, werden diese dann von entsprechenden Sachverständigen einer genaueren technischen Kontrolle unter­zogen. 2016 waren es 50 000 Fahrzeuge, 2017 130 000 Fahrzeuge und 2018 160 000 Fahr­zeuge, die solchen Kontrollen unterzogen wurden. Es gibt da durchaus Unterschiede, und wir können darauf stolz sein, dass die Fahrzeuge, die aus Österreich kommen, in einem besseren technischen Zustand sind: Gefahr im Verzug bestand bei einem Fünftel der Fahrzeuge aus Österreich, bei einem Viertel, 25 Prozent, der Fahrzeuge, die aus Ländern der Europäischen Union kommen, und bei einem guten Drittel, 35 Prozent, der Fahrzeuge aus Drittstaaten. Daran sieht man also, dass diese Fahr­zeuge durchaus wesentlich unsicherer unterwegs sind.

Es wurde klarerweise auch die Einhaltung der Ruhezeiten kontrolliert; bei 120 000 Per­sonen wurde überprüft, ob die Ruhezeiten und die sozialen Vorschriften eingehalten wurden und ob die Kontrolleinrichtungen, sprich die Tachometer, manipuliert wurden.

2017, 2018 lag bei diesen technischen Vor-Ort-Kontrollen ein besonderer Schwerpunkt im Bereich des Umweltschutzes, und zwar konkret betreffend die Einhaltung der Stickoxidwerte. Es gibt technische Einrichtungen, um den Stickoxidausstoß von Fahr­zeugen entsprechend zu reduzieren, und auch da gibt es Manipulationen; diese wurden kontrolliert. 8 Prozent der Fahrzeuge haben manipulierte Stickoxideinrich­tun­gen, und diese 8 Prozent verursachen – und daran sieht man, dass das durchaus we­sentlich ist – 50 Prozent des Schadstoffausstoßes bei Stickoxiden.

In diesem Sinn: Das ist ein umfangreicher Bericht – herzlichen Dank für die Erstellung dieses Berichtes, herzlichen Dank aber auch all jenen, die die Kontrollen vor Ort durchführen, mit der Bitte, diese Kontrollen immer mit Augenmaß durchzuführen, um jenen, die gut unterwegs sind, nicht behindernd im Wege zu stehen. Das ist ein Bericht, der der Sicherheit, der Wettbewerbsfähigkeit und natürlich auch der Umwelt dient. Wir werden diesen Bericht zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Samt.)

12.55


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Danke.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. Ich erteile es ihm.


12.55.53

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Die SPÖ nimmt den Bericht des Bundesministers für Ver­kehr, Innovation und Technologie über technische Unterwegskontrollen, sprich über die Kontrollen vor Ort, draußen auf den Straßen, zur Kenntnis.

Diese Kontrollen kommen ja nicht von irgendwo, sie basieren auf einschlägigen Rechtsvorschriften, und diese verpflichten alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, diese Kontrollen durchzuführen. Ausgeführt – der Herr Minister hat es bereits erwähnt – werden diese Kontrollen von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und von technischen Sachverständigen der Länder und der Asfinag. Die Berichtspflicht und die Auskunftspflicht trifft ebenfalls die Asfinag. Es geht dabei um die Berichterstattung an die EU und die Auskunftserteilung an die anderen Mitgliedstaaten.

Der gegenständliche Bericht zeigt auch sehr eindrucksvoll, dass die Vorgaben hin­sichtlich der Kontrollintensität von Österreich mehr als eingehalten wurden, teilweise sogar übererfüllt wurden. An dieser Stelle möchte ich den Organen der öffentlichen Sicherheit, der Polizei, aber auch den Asfinag- und Landesprüfern für die auf sehr


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 96

hohem Niveau geleistete Arbeit meinen Dank aussprechen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Preineder.)

Diese technischen Kontrollen liegen vor allem im Interesse der Verkehrssicherheit und des Umweltschutzes – no na! Es werden natürlich alle Fahrzeugausstattungen, die technischen Ausstattungen – die Bremsen, die Räder, das Fahrgestell und die Abgas­anlage – hinsichtlich Funktionstüchtigkeit und Ausstoßgrenzwerte überprüft. Kollege Preineder hat es ausgeführt: Der Schwerpunkt lag 2017 und 2018 auf Kontrollen hinsichtlich Manipulationen in diesen Bereichen. Eine statistische Zahl ist in Bezug auf das Klima relevant und von großer Bedeutung: dass – wie man liest – nur ein geringer Anteil, nämlich 8 Prozent, der Fahrzeuge für 50 Prozent der Stickoxidemissionen ver­antwortlich ist. Genau deshalb ist es wichtig, diese Kontrollen auch in Zukunft auf sehr hohem Niveau zu halten.

Ein weiteres Prüffeld ist die Einhaltung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr. Es geht da um die Überwachung der Lenk- und Ruhezeiten, um die Pausen und vor allem auch um Manipulationen der Fahrtenschreiber. Leider sind die diesbezüglichen Ver­stöße nach wie vor auf sehr hohem Level.

Abschließend merke ich an, dass der Bericht mit neun Seiten doch eher kurz und oberflächlich gehalten ist und darin leider keine detaillierten Auskünfte über die Ergeb­nisse der Kontrollen von Lenk- und Ruhezeiten enthalten sind. Mit Blick auf den Kalender darf man sich in der Vorweihnachtszeit durchaus auch Verbesserungen für den nächsten Bericht wünschen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.59


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peter Samt. Ich erteile es ihm.


12.59.34

Bundesrat Peter Samt (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe jetzt gleich einmal bei den Ausfüh­rungen von Kollegen Reisinger an, ich gebe ihm recht: „kurz“ stimmt; „oberflächlich“ würde ich nicht sagen; viele Daten sind auch nachzuholen.

Viele Dinge oder praktisch alles, was in diesem Bericht steht, wurde tatsächlich auch schon gesagt, allerdings nicht von jedem – diesen Spruch kennen wir. Ich kann jetzt sozusagen noch zusammenfassen: Wir wissen, dass diese Kontrollen wichtig und richtig sind. Wir wissen, dass wir auch im Rahmen der EU-Richtlinien einen Auftrag dazu haben, den wir erfüllt und übererfüllt haben. Wir sehen an den Werten, dass es durchaus notwendig ist, das zu machen.

Kollege Kaske hat in seinem vorhergehenden Redebeitrag ja darauf hingewiesen, dass die größte Umweltverschmutzung durch den Verkehr stattfindet. – Das stimmt jetzt nicht ganz, da gibt es andere Erkenntnisse, aber lassen wir das einmal so stehen. Es stimmt, dass da auf jeden Fall Verschmutzung stattfindet, und deswegen sind auch die Prüfungen, vor allem auch diese Abgasfernmessungen, so wichtig.

Es freut mich als Techniker besonders, dass man da mit sehr großer Innovationskraft an die Dinge herangeht und auch weitere Erkenntnisse in Zusammenarbeit mit der TU Wien gewonnen werden, im Rahmen dieser durchgeführten Projekte, die einmal grundsätzlich dieses Verhältnis betreffend die Anzahl, die Manpower des öffentlichen Dienstes und der Polizei verbessern, weil ja nicht nur die Vor-Ort-Kontrollen Einsatz einer Exekutive sein sollten – in Verbindung mit anderen Personen im Straßen­ver­kehrsbereich beziehungsweise bei Verkehrskontrollen.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 97

Auch da wird in Österreich tatsächlich permanent an Verbesserungen gearbeitet. Wir haben auch gesehen, dass die Asfinag diese Aktivitäten weiter fortführen wird, und wir sind gespannt, weil ja die Zahlen nach wie vor hoch sind und, wie wir schon be­sprochen haben, ein relativ geringer Anteil der Fahrzeuge für die Hälfte des NOx-Ausstoßes verantwortlich ist, deswegen sind automatisierte Kontrollen und Mess­stationen ganz wichtig.

Im Ausschuss habe ich eine Frage gestellt: 2017 wurden ja Lkw-Gewichtskontrollen in voller Fahrt eingeführt, es gibt zurzeit insgesamt vier bekannte Messstationen entlang der A 1, der A 2 in Niederösterreich, aber auch in Oberösterreich und in der Steier­mark. In diesem Bericht finde ich aber leider nichts dazu, welche Erkenntnisse aus diesen Messungen resultieren. Immerhin – das ist meine Meinung, aber da, glaube ich, bin ich nicht allein – sind überladene und schlecht beladene Lkws eine potenzielle Gefahr, aber auch die ominösen Kleintransporter, die uns regelmäßig auf der A 2 ver­folgen, wo man mit großen Augen schaut, wenn so einer mit 20 Stundenkilometern Überschuss an einem vorbeifährt, vor allem, wenn es bergab geht. Ich möchte nicht wissen, was passiert, wenn der wirklich bremsen muss. Also ich glaube, dass diese Dinge wichtig sind, und da würde es mich doch vertieft interessieren, wo im Bereich dieses Berichtes unter Umständen auch diese Mängel, die offensichtlich auftreten, behandelt werden.

Grundsätzlich ist es ein – wenn auch – kurzer, aber sehr informativ gestalteter Bericht, der auch hier unsere Zustimmung findet. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

13.03

13.03.36


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.03.576. Punkt

Wahl von zwei Mitgliedern und eines Ersatzmitgliedes des Ständigen ge­mein­samen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Nach der Geschäftsordnung dieses Ausschusses sind die Mitglieder und die Ersatz­mitglieder vom Bundesrat direkt zu wählen, wobei sowohl bei den Mitgliedern als auch bei den Ersatzmitgliedern jedes Bundesland vertreten sein muss.

Es liegen folgende Nominierungen der Fraktionen vor:

als Mitglied von der ÖVP vorgeschlagen: Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M.;

von der FPÖ vorgeschlagen: Bundesrat Michael Bernard;

als Ersatzmitglied von der ÖVP vorgeschlagen: Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA.

Sofern sich kein Einwand erhebt, werde ich die Abstimmung über diese Wahlvor­schläge durch Handzeichen vornehmen lassen. – Danke.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 98

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die den vorliegenden Wahlvorschlägen ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit. Die genannten Mitglieder beziehungsweise das genannte Ersatzmitglied sind somit ein­stimmig gewählt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

13.05.08Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 2 zu verlesen, damit dieses mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt. Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr das Amtliche Proto­koll:

„TO-Punkt 2: Beschluss des Nationalrates vom 13. November 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird (7/A und 3 d.B. sowie 10263/BR d.B.)

Die Bundesräte Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen bringen den Ent­schließungsantrag Beilage 2/1 EA ein.

Die Bundesräte Gerd Krusche, Kolleginnen und Kollegen bringen den Ent­schließungs­antrag Beilage 2/2 EA ein.

Es liegt ein ausreichend unterstütztes Verlangen (Beilage 2/I) vor, über den Ent­schließungsantrag Beilage 2/2 EA eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag,

keinen Einspruch zu erheben,

wird angenommen (mit Stimmenmehrheit).

Der Entschließungsantrag Beilage 2/1 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 2/2 EA wird in namentlicher Abstimmung bei

abgegebenen Stimmen: 54

mit Ja-Stimmen: 34

und Nein-Stimmen: 20

angenommen.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 11:33 Uhr bis 11:36 Uhr.“

*****

Gibt es Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Das Amtliche Protokoll gilt daher hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 2 gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.


BundesratStenographisches Protokoll898. Sitzung, 898. Sitzung des Bundesrates am 5. Dezember 2019 / Seite 99

13.06.45Einlauf


Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt fünf Anfragen eingebracht wurden.

Eingelangt ist auch der Gesetzesantrag der Bundesräte Karl Bader, Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen, der dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zur weiteren Beratung zugewiesen wird.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates erfolgt auf schriftlichem Weg. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, der 19. Dezember 2019, 9 Uhr, in Aussicht ge­nommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Be­tracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese dem Ein­spruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterlie­gen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 17. Dezember 2019, 14 Uhr, vor­gesehen. (Bundesrat Bader wendet sich an das Präsidium.)

Ich darf die Sitzung ganz kurz unterbrechen.

*****

(Die Sitzung wird um 13.07 Uhr unterbrochen und um 13.09 Uhr wieder aufge­nom­men.)

*****

Ich darf die Sitzung wieder aufnehmen.

Ich korrigiere: Der vorhin erwähnte Gesetzesantrag wurde noch nicht eingebracht, sondern nur zur Kenntnisnahme an die Bundesratskanzlei geschickt.

Der Sitzungstermin am 19. Dezember 2019 bleibt trotzdem aufrecht, und die Aus­schussvorberatungen sind für Dienstag, den 17. Dezember 2019, 14 Uhr, vorgesehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

13.09.33Schluss der Sitzung: 13.09 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien