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Plenarsitzung
des Bundesrates


Stenographisches Protokoll

 

912. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Freitag, 25. September 2020

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

912. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Freitag, 25. September 2020

Dauer der Sitzung

Freitag, 25. September 2020: 14.06 – 19.09 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950, das Tuberkulosegesetz und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbständigen Künstler zur gesetzlichen Sozial­ver­sicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG) geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geän­dert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bun­desministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird und ein Bun­des­gesetz über eine COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen (Investitions­prä­miengesetz – InvPrG) geändert wird

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Inhalt

Bundesrat

Trauerkundgebung aus Anlass des Ablebens des langjährigen Vizepräsidenten des Bundesrates Walter Strutzenberger ...................................................................................................... 9


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 2

Schreiben des Bundeskanzlers gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG betreffend Nominie­rung eines stellvertretenden Mitglieds des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank für die Periode 2020 bis 2025 .......................................................................................................................... 15

Schreiben des Bundeskanzlers gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG betreffend Nominie­rung eines ordentlichen Mitglieds in den Ausschuss der Regionen der Euro­pä­ischen Union ............................ 19

Schreiben des Generalsekretärs für europäische und internationale Angelegen­heiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG betreffend Erteilung der Vollmacht zur Auf­nah­me von Verhandlungen über Abkommen zur Beendigung der Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union durch den Herrn Bundespräsidenten ..................................... 26

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegenständlichen schrift­lichen Ausschussberichte gemäß § 44 Abs. 3 GO-BR ............................................................ 31

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler .............................................................. 104

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ................................ 105

Personalien

Verhinderung .................................................................................................................... 8

Ordnungsruf .................................................................................................................... 38

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ...........................................  13, 14

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ........................................................................... 31

Ausschüsse

Zuweisungen ...........................................................................................................  9, 106

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950, das Tuberkulosegesetz und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden (826/A und 370 d.B. sowie 10408/BR d.B. und 10411/BR d.B.) ...................... 31

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ................................................. 32

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (371 d.B. sowie 10412/BR d.B.) ..................................................................................... 31

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ................................................. 32


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 3

RednerInnen:

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 32

Claudia Hauschildt-Buschberger .......................................................................... ..... 35

Christoph Steiner .................................................................................................... ..... 37

Dr. Karlheinz Kornhäusl ......................................................................................... ..... 40

Korinna Schumann ................................................................................................. ..... 42

Bundesminister Rudolf Anschober ...................................................................... ..... 44

Martin Preineder ..................................................................................................... ..... 48

Ingo Appé ................................................................................................................ ..... 50

Robert Seeber ......................................................................................................... ..... 52

David Egger ............................................................................................................. ..... 55

Rudolf Kaske ........................................................................................................... ..... 58

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Rudolf Kaske, Kolleginnen und Kol­le­gen betreffend „Einführung einer Maskenpause“ – Ablehnung ......................................................  60, 61

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 1, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 60

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 61

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialver­sicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG) geändert wird (354 d.B. und 372 d.B. sowie 10413/BR d.B.) ........................................ 61

Berichterstatterin: Claudia Hauschildt-Buschberger ................................................. 61

RednerInnen:

Marco Schreuder .................................................................................................... ..... 61

Klara Neurauter ....................................................................................................... ..... 63

Eva Prischl ............................................................................................................... ..... 64

Josef Ofner .............................................................................................................. ..... 65

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ................................................................... ..... 67

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ........................................................................................ 68

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird (351 d.B. und 361 d.B. sowie 10415/BR d.B.) ............................................................................................................... 68

Berichterstatterin: Dipl. Ing. Andrea Holzner ............................................................... 68

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (352 d.B. und 364 d.B. sowie 10416/BR d.B.) ......................................................................................................................................... 68

Berichterstatterin: Dipl. Ing. Andrea Holzner ............................................................... 68

RednerInnen:

Ernest Schwindsackl .............................................................................................. ..... 69

Mag. Daniela Gruber-Pruner .................................................................................. ..... 71

Andrea Michaela Schartel ........................................................................................... 72


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 4

Andreas Lackner .......................................................................................................... 74

Heike Eder, BSc MBA ............................................................................................. ..... 76

Horst Schachner ..................................................................................................... ..... 77

Ing. Bernhard Rösch .............................................................................................. ..... 79

Bundesministerin Mag. (FH) Christine Aschbacher ........................................... ..... 81

Ernest Schwindsackl (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 84

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend „Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit“ – Annahme (323/E-BR/2020)  72, 84

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Andrea Michaela Schartel, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Sonderpflegeurlaub für Arbeitnehmer mit Betreu­ungs­pflichten“ – Annahme (324/E-BR/2020) ..................................................................................................................................  73, 84

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „bessere Unterstützung für Arbeitslose“ – Annahme (325/E-BR/2020) .................  78, 85

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Ing. Bernhard Rösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeits­losengeldes (COVID-19-Maßnahme)“ – Annahme (326/E-BR/2020) .....................................................................................  80, 85

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 4, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 84

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 5, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 84

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (353 d.B. und 366 d.B. sowie 10417/BR d.B.) ......................................................................................................................................... 85

Berichterstatterin: Ing. Isabella Kaltenegger ............................................................... 85

RednerInnen:

Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA .......................................................................... ..... 85

Doris Hahn, MEd MA .............................................................................................. ..... 87

Marlies Steiner-Wieser ........................................................................................... ..... 89

Claudia Hauschildt-Buschberger .......................................................................... ..... 91

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 92

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Doris Hahn, MEd MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit den Hürden beim Familienhärtefonds – Jedes Kind ist gleich viel wert“ – Ablehnung            89, 94

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen gegen Kinderarmut“ – Ablehnung ....................................................  94, 95

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ........................................................................................ 94

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundes­ministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird und ein Bun­des­gesetz über eine COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen (Investitions­prämiengesetz – InvPrG) geändert wird (367 d.B. sowie 10414/BR d.B.)      ............................................................................................................................... 95

Berichterstatterin: Mag. Christine Schwarz-Fuchs ..................................................... 95


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 5

RednerInnen:

Mag. Reinhard Pisec, BA MA ................................................................................. ..... 95

Ing. Judith Ringer ......................................................................................................... 98

Andrea Kahofer ............................................................................................................ 99

Marco Schreuder .................................................................................................... ... 100

Bundesministerin Mag. (FH) Christine Aschbacher ........................................... ... 101

Sonja Zwazl ............................................................................................................. ... 102

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................................................................... 104

Eingebracht wurden

Antrag der BundesrätInnen

Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung der FFH-Richtlinien zur Sicherung der heimischen Almwirtschaft (278A(E)-BR/2020)

Anfragen der BundesrätInnen

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Gemeindefinanzen in Gefahr – es braucht jetzt konkrete Antworten, Herr Minis­ter! (3796/J-BR/2020)

Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Umsetzung der Pionier- und Sicherungskompanien (3797/J-BR/2020)

Stefan Zaggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidi­gung betreffend Militärkommando Tirol (3798/J-BR/2020)

Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungen und Verfahren bezüglich Forderungsmanagement der Ge­meinde St. Michael (3799/J-BR/2020)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umfassende Aufarbeitung des Corona Krisenmanagements, um für allfällige 2. Welle vorbereitet zu sein (3496/AB-BR/2020 zu 3774/J-BR/2020)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der BundesrätInnen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Maßnahmen für die Unterstützung der österreichischen Land- und Forstwirte (3497/AB-BR/2020 zu 3772/J-BR/2020)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der BundesrätInnen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend staatsanwaltschaftliche Ermittlungen aufgrund po­tentieller Misshandlungen in einem steirischen Pflegeheim (3498/AB-BR/2020 zu 3773/J-BR/2020)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der BundesrätInnen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schächten in Österreich (3499/AB-BR/2020 zu 3771/J-BR/2020)


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 6

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der BundesrätInnen Elisabeth Grimling, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesetzesübertretungen bei FPÖ-Demo (3500/AB-BR/2020 zu 3775/J-BR/2020)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Breitband­ausbau als Förderung der Regionen (3501/AB-BR/2020 zu 3776/J-BR/2020)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Benachteiligung bei der Aus­zahlung des Familienbonus (3502/AB-BR/2020 zu 3777/J-BR/2020)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Benachteiligung bei der Auszahlung des Familienbonus (3503/AB-BR/2020 zu 3778/J-BR/2020)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Bun­desrätInnen Doris Hahn, MEd MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend COVID-Maßnahmen in Schulen (3504/AB-BR/2020 zu 3780/J-BR/2020)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der BundesrätInnen Doris Hahn, MEd MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gender-Gap in der Forschung (3505/AB-BR/2020 zu 3781/J-BR/2020)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der BundesrätInnen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend EUROHERC (3506/AB-BR/2020 zu 3782/J-BR/2020)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der BundesrätInnen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fernbleiben der Schüler und Schülerinnen vom Unterricht aufgrund COVID-19 in Vorarlberg (3507/AB-BR/2020 zu 3784/J-BR/2020)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Bun­desrätInnen Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fern­bleiben steirischer Schüler vom Unterricht aufgrund COVID-19 (3508/AB-BR/2020 zu 3783/J-BR/2020)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der BundesrätInnen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fernbleiben Tiroler Schüler und Schülerinnen vom Unterricht aufgrund COVID-19 (3509/AB-BR/2020 zu 3785/J-BR/2020)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Bun­desrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wie wird sichergestellt, dass kein Kind und kein Jugendlicher durch Corona verloren geht? (3510/AB-BR/2020 zu 3789/J-BR/2020)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wie sichern Sie Kinder und Jugendliche gegen Armut ab, Frau Ministerin? (3511/AB-BR/2020 zu 3791/J-BR/2020)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wo sind all die Kinder, Frau Ministerin? (3512/AB-BR/2020 zu 3788/J-BR/2020)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wo sind all die Kinder, Herr Minister? (3513/AB-BR/2020 zu 3787/J-BR/2020)


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 7

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der BundesrätInnen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuerbegünstigungen für REWE-Konzern (3514/AB-BR/2020 zu 3793/J-BR/2020)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der BundesrätInnen Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wie sichern Sie Kinder und Jugendliche gegen Armut ab, Herr Minister? (3515/AB-BR/2020 zu 3790/J-BR/2020)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der BundesrätInnen Monika Mühlwerth, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend das Staatsarchiv unter Ausschluss der Öffentlichkeit (3516/AB-BR/2020 zu 3795/J-BR/2020)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der BundesrätInnen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend vereitelter Gefängnisausbruch in Graz Jakomini (3517/AB-BR/2020 zu 3792/J-BR/2020)


 


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 8

14.05.57Beginn der Sitzung: 14.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann, Vizepräsident Mag. Christian Buchmann.

14.05.59*****


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 912. Sitzung des Bundesrates, die aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens von mindestens einem Viertel der Mitglieder des Bundesrates gemäß § 40 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates für heute einberufen wurde.

Besonders begrüßen darf ich auf der Galerie den ehemaligen Vizepräsidenten des Bun­desrates Michael Wanner. (Allgemeiner Beifall.)

Wie mir gesagt wurde, ist Herr Bundesminister Rudi Anschober schon im Haus, also müsste er in Bälde bei uns eintreffen.

Bevor wir mit der Sitzung fortfahren, darf ich eine Bemerkung zu den im Saal stattge­fundenen Veränderungen machen – Sie alle haben diese ja bemerkt –: Der Herr Prä­sident des Nationalrates hat mir mitgeteilt, dass es ein großes Anliegen der Abgeord­neten des Nationalrates war, wieder in der normalen Sitzordnung zu sitzen, das heißt nicht mehr dezentral. Sie wissen, die Abgeordneten waren ja alle hier im Raum, im Dachfoyer und auch oben auf der Galerie verteilt.

Die Problematik, die sich daraus ergeben hat, war die Frage, wie gewährleistet werden kann, dass die nötigen Abstände eingehalten werden. Es wurde daher in Anlehnung an die Schweiz – dort sitzen die Parlamentarier ähnlich eng wie wir – ein System mit Trennwänden aus Glas eingeführt.

Sie können jetzt natürlich am Platz, da der Abstand zum Vordermann mehr als 1,3 Meter beträgt, die Maske gerne abnehmen. Man kann diese Gläser auch weiter heraus und wieder hinein schieben; das haben Sie wahrscheinlich auch schon festgestellt.

Es freut mich, dass heute die Galerie wieder offen ist – ich habe schon den Herrn Vizepräsidenten a. D. begrüßt –, auch die Fotografen sind wieder auf der Galerie und können damit ihrer Arbeit bestmöglich nachgehen.

Ich möchte Sie aber bitten, hier im Hohen Haus den Empfehlungen, Abstand zu halten, Maske zu tragen, die Hände zu desinfizieren, zu folgen und so den derzeitigen Um­ständen gerecht zu werden.

Nun darf ich Sie, lieber Herr Bundesminister Rudi Anschober, herzlich bei uns im Bun­desrat begrüßen. Ich habe vorhin schon gesagt, dass Sie schon im Haus sind und während meiner Anfangsrede erscheinen werden. Ein herzliches Grüßgott, Herr Bun­desminister! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Das Amtliche Protokoll der 911. Sitzung des Bundesrates vom 17. Juli 2020 ist aufgelegen, wurde nicht beanstandet und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet ist das Mitglied des Bundesrates Stefan Zaggl.


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 9

14.08.54Trauerkundgebung aus Anlass des Ablebens des langjährigen Vizepräsidenten des Bundesrates Walter Strutzenberger


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Nachricht über das Ableben unseres ehemaligen Mitglieds des Bundesrates Walter Strutzenberger hat uns in den Sommermonaten schwer getroffen.

Mit dem langjährigen Vizepräsidenten des Bundesrates ist ein über alle Parteigrenzen hinweg äußerst geachteter und verdienstvoller Politiker von uns gegangen, der den österreichischen Parlamentarismus in nachhaltiger Weise geprägt hat.

Unser Mitgefühl und unsere Anteilnahme gelten in diesen Stunden vor allem seiner Fa­milie; wir haben das auch offiziell kundgetan.

Der österreichische Bundesrat dankt ihm, der österreichische Bundesrat gedenkt seiner. Ich darf Sie daher ersuchen, sich zum Gedenken an den ehemaligen Vizepräsidenten des Bundesrates Walter Strutzenberger von den Sitzen zu erheben. (Die Anwesenden erheben sich von ihren Sitzplätzen und verharren einige Zeit in stiller Trauer.) – Ich danke Ihnen für das Zeichen Ihrer Trauer. (Die Anwesenden nehmen ihre Sitzplätze wieder ein.)

14.10.02Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Hinsichtlich der eingelangten, verviel­fältigten und verteilten Anfragebeantwortungen,

der Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufent­halt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union,

der Unterrichtungen des Bundeskanzlers gemäß Art. 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungs­ge­setz,

eines Schreibens des Generalsekretärs des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf die gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen, die dem Steno­graphischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangt sind:

1. Anfragebeantwortungen

(Anlage 1) (siehe auch S. 5)

2. Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union

Schreiben des Ministerratsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Frau Bundesministerin für Justiz, Dr. Alma Zadić, LL.M. am 24. und 25. September 2020 in Heppenheim (Anlage 2)

und


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 10

von Frau Bundesministerin für EU und Verfassung, Mag. Karoline Edtstadler am 25. September 2020 in Ungarn (Anlage 3)

3. Unterrichtungen des Bundeskanzlers gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG

Nominierung von Herrn Christian Reininger, BSc (WU) zum stellvertretenden Mitglied der Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank für die Periode 2020 bis 2025 (Anlage 4)

und

Nominierung von Frau Vizebürgermeisterin Dr. Carmen Kiefer zum Mitglied im Aus­schuss der Regionen der Europäischen Union (Anlage 5)

4. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG

Schreiben des Generalsekretärs betreffend die Vollmacht zur Aufnahme von Verhand­lungen über Abkommen zur Beendigung der Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Anlage 6)

B. Zuweisungen

1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates

(siehe Tagesordnung)

2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder

Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2019, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-722-BR/2020)

zugewiesen dem Ausschuss für Verkehr

und

Bericht der Bundesministerin für Justiz über die in den Jahren 2011 bis 2018 erteilten Weisungen nachdem das der Weisung zugrundeliegende Verfahren beendet wurde (III-723-BR/2020)

zugewiesen dem Justizausschuss

und

Grüner Bericht 2020 der Bundesregierung (III-724-BR/2020)

zugewiesen dem Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

und

Kunst- und Kulturbericht 2019 der Bundesregierung (III-725-BR/2020)

zugewiesen dem Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur

sowie

Gemeinwirtschaftlicher Leistungsbericht 2018, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-726-BR/2020)

zugewiesen dem Ausschuss für Verkehr

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Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24‑stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte zu den vorlie­genden Beschlüssen des Nationalrates Abstand zu nehmen.

Hiezu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erfor­derlich.

Ich bitte daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Ab­stand­nahme von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschuss­be­richte einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Vorschlag ist mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates erfor­derlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

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Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Aufgrund eines mir zugekommenen Vor­schlages beabsichtige ich, die Debatten über die Tagesordnungspunkte 1 und 2 sowie 4 und 5 jeweils unter einem zu verhandeln.

Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

14.12.421. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Epidemiegesetz 1950, das Tuberkulosegesetz und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden (826/A und 370 d.B. sowie 10408/BR d.B. und 10411/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche So­zialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (371 d.B. sowie 10412/BR d.B.)



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Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punkten 1 und 2, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den beiden Punkten ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Frau Bundesrätin, ich bitte um die Berichte.


14.13.38

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich darf den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950, das Tuberkulosegesetz und das COVID‑19-Maßnah­mengesetz geändert werden, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. September 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich darf auch den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Natio­nalrates vom 23. September betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden, zur Kenntnis bringen.

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antragstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. September 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Vielen Dank für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. – Bitte, Frau Bun­desrätin, ich erteile es Ihnen.


14.15.24

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! (Die Rednerin stellt eine Tafel mit einem Foto von vier Kindern mit Mund-Nasen-Schutz und darunter dem Schriftzug: „Das Ende des Lachens, das Ende des Kindhaften.“, die anfänglich immer wieder auf die vor der Rednerin befindliche Plexiglasscheibe kippt, auf das Rednerpult. – Ruf bei der ÖVP: Ist eh kein Fernsehen da!) Ja, liebe Kollegen von der ÖVP, solche Taferl sind leider notwendig geworden.

Seit einem halben Jahr versetzen Sie das Land in Angst und Schrecken. Wie wir herausbekommen haben, war es von der ÖVP ja durchaus beabsichtigt, den Leuten so viel Angst zu machen, dass man alle Maßnahmen ohne jedes Problem durchbekommt, weil sich die Menschen einfach fürchten, denn Angst ist etwas völlig Irrationales. Das ist nichts, was man steuern kann, dem ist auch nicht mit Argumenten beizukommen, sondern die Furcht ist einfach da und die kann man den Menschen nur sehr schwer nehmen.

Bei all Ihren Verordnungen, die Sie da gemacht haben, haben Sie geschlampt wie sonst was – der Verfassungsgerichtshof musste Teile davon ja wieder aufheben. Das war nicht


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allein dem Umstand geschuldet, dass man vor einer neuen Situation stand und in der Eile natürlich Fehler passieren können – das ist ja etwas, wofür wir Verständnis gehabt hätten –, sondern da ist einfach nicht richtig, unseriös und zum Teil auch mit Unwissen gearbeitet worden. (Beifall bei der FPÖ.) Dabei haben Sie überhaupt kein Problem damit gehabt, massivst in die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger dieses Landes einzu­greifen.

Niemand sagt, dass das jetzt eine Krankheit ist, die wie eine Verkühlung funktioniert, dass sie nicht ernst zu nehmen ist, dass sie nicht ansteckend ist, es stellt sich jedoch immer die Frage der Verhältnismäßigkeit. Und auch wenn Sie immer sagen, man könne das nicht mit der Grippe vergleichen, sage ich: Doch, man kann es schon mit der Grippe vergleichen – nicht zu 100 Prozent, aber man kann es sehr wohl auch mit einer Grippe vergleichen. Es gibt nämlich auch bei der Grippe sehr schwere Verläufe, es gibt auch bei der Grippe Langzeitschäden und es gibt Leute, die Herzrhythmusstörungen bekom­men haben, Herzmuskelentzündungen, die zum Teil blind wurden. Ich kenne sogar Leute, die über einen gewissen Zeitraum wirklich massive Schäden gehabt haben.

Trotzdem sage ich Ihnen jetzt etwas zum Vergleich: 2017/18 hatten wir ein recht schweres Grippejahr mit 281 000 registrierten Fällen; daran gestorben sind 2 851 Men­schen. Covid-19, 2020, Stand 24.9.: 40 914 Fälle und 777 Tote. Und sagen Sie mir jetzt nicht, das ist allein dem Umstand geschuldet, dass wir so restriktive Maßnahmen getroffen haben. Da sind sich nämlich die Experten ich will jetzt nicht sagen: nicht einig, aber es gibt Experten, die eine andere Sichtweise der Dinge haben, und zwar aufgrund von Fakten – und Fakten, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP und von den Grünen, haben Sie uns nie geliefert.

Sie liefern uns zwar über die Medien, die da brav mitspielen, jeden Tag betreffend Corona die Zahlen der Neuinfizierten, der Genesenen, der Gestorbenen – das kriegen wir schon zum Frühstück, bevor wir noch den ersten Kaffee getrunken haben, serviert, und es versetzt ja die Leute auch in Panik, jeden Tag diese Zahlen vorgelegt zu bekommen –, aber es ist kein einziges Mal in der Öffentlichkeit kommuniziert worden, auf welcher Fakten- und Datenbasis Ihre Entscheidungen getroffen wurden.

Stattdessen haben Sie das gemacht, was der Bundeskanzler immer macht – der Gesundheitsminister übrigens genauso –: Eine Pressekonferenz jagt die nächste, und da wird verkündet, was das Parlament als Nächstes zu beschließen hat. Wir reden ja jetzt nicht davon, dass das Parlament da vorher eingebunden ist, sondern das wird quasi so abgewickelt: Kaiser Kurz verkündet in der Pressekonferenz, was passieren wird, und das Parlament hat das gefälligst abzunicken.

Was Sie bei all diesen Fällen auch immer verschwiegen oder nur am Rande erwähnt haben: Es sind da ja auch Zahlen vermengt worden von Menschen, die an Covid gestorben sind, und Menschen, die mit Covid gestorben sind. Es sind Menschen mit Covid gestorben, die massivste Vorerkrankungen hatten, die an die 80 oder darüber waren!

Man hat sich nicht die Mühe gemacht, zu unterscheiden. Auch Experten aus Deutsch­land – es gibt ja nicht nur Herrn Drosten – wie Herr Streeck haben gesagt, man müsse da schon unterscheiden, ob die jetzt am Corona oder mit dem Corona gestorben sind, das sei schon ein Unterschied. – Den haben Sie aber nicht beachtet.

Übrigens sind auch unter den Jungen, die gestorben sind, welche, die Vorerkrankungen hatten, die nur scheinbar gesund waren. Ein Hamburger Pathologe hat sich die Mühe gemacht und alle untersucht und hat festgestellt: Es sind alle mit dem Covid und nicht am Covid gestorben. Also sollte man den Leuten das nicht so suggerieren wie hier (auf


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die auf den Bankreihen aufgestellten Glastrennwände weisend): Wenn wir jetzt nicht diese Abteile hätten – weshalb wir da jetzt wie in einer Legebatterie sitzen –, würden wir schon fast sterben! So kommunizieren Sie es aber und so kommt es bei den Menschen auch an, und darum haben die Menschen auch solche Angst davor, dass sie selbst dann schon infiziert werden, wenn irgendjemand auch nur in ihre Nähe kommt. – Das stimmt einfach nicht!

Sie haben in Kauf genommen, ein Land in Grund und Boden zu fahren. Wir haben eine Höchstrekordzahl an Arbeitslosen, die Leute sind im Homeoffice, obwohl sie es vielleicht gar nicht wollen. Wir haben Tausende in Kurzarbeit, und es ist nicht absehbar, wann das zu Ende sein wird, es ist nicht absehbar, ob sie nicht demnächst gekündigt werden. Bei den großen Unternehmen sehen wir es ja schon: Ein renommiertes Hotel wie das Sacher muss 140 Mitarbeiter kündigen, MAN kündigt fast 1 000, Swarovski kündigt an die 1 000 Mitarbeiter. Und das sind alles Einzelschicksale, es ist nicht so, dass man sagt: Gut, den können wir nicht mehr zahlen, der muss halt weg!, wie das vielleicht der eine oder andere von Ihnen sehen möchte, sondern das sind Menschen, da sind Existenzen gefährdet, da sind Familien gefährdet! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben den Eltern aufgezwungen, ihre Kinder zu Hause zu unterrichten. Manche können das. Es gibt welche, die haben eine gewisse pädagogische Begabung mitbe­kommen, es gibt auch welche, die besser situiert sind, die gebildeter sind, die sich ein bissel leichter tun. Ein Freund von mir – aber nicht aus Wien, sondern aus Nieder­österreich – hat zu mir gesagt: Eigentlich eh gut, dass es das Homeschooling gegeben hat, endlich haben meine Kinder einmal etwas gelernt! – Das sollte Ihnen übrigens auch einmal zu denken geben, wenn Eltern der Meinung sind, dass ihre Kinder in der Schule zu wenig lernen. Aber viele, viele Eltern waren mit diesem Homeschooling oder mit dem Daheim-Unterrichten – mir gefällt ja der deutsche Ausdruck besser – schwerst überfordert, weil sie daneben ja auch noch ihre Arbeit tun mussten. Ich kenne viele – und die werden Sie auch kennen –, die gesagt haben: Ich setze mich um 6 Uhr in der Früh hin, dann muss ich mit meinen Kindern lernen, und das nächste Mal setze ich mich dann am Abend wieder hin, wenn die Kinder schon im Bett sind, denn da kann ich dann in Ruhe arbeiten. – Das ist kein Lebenszustand und solch ein Lebenszustand ist mit nichts zu rechtfertigen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt gerade wird die Gastronomie, die eh schon schwer zu tragen hat, noch einmal ein bissel vernichtet. Was glauben Sie denn, was passieren wird? Im Westen gilt die Sperr­stunde ab 22 Uhr. Was glauben Sie, wohin sich das verlagert? Sie glauben allen Ernstes, dass Sie die jungen Leute davon abhalten können, sich dann irgendwo anders zu treffen? Und dann kommt vielleicht das – es steht im Raum –, wozu Sie ja in der Natio­nalratssitzung noch gesagt haben: niemals im privaten Wohnbereich! – So wie Sie seit einem halben Jahr verfahren, unterstelle ich Ihnen, dass das das Nächste sein wird, das Sie machen: zu den Leuten nach Hause gehen, um die privaten Coronapartys aufzu­lösen. (Beifall bei der FPÖ.)

Nebenbei – oder nicht nebenbei, sondern eigentlich schändlich – haben Sie dann auch mit all diesen Maßnahmen, die ja so wichtig für die Bevölkerung sind, denn Eigen­verant­wortung so wie in Schweden gibt es ja bei uns nicht – das können wir offensichtlich nicht oder Sie trauen es der Bevölkerung nicht zu –, billigend in Kauf genommen, dass Operationen nicht stattgefunden haben (Bundesrat Rösch: Richtig! Bis heute!), wichtige Operationen verschoben worden sind, Behandlungen nicht durchgeführt worden sind, Chemotherapien nicht stattgefunden haben, weshalb Leute auch gestorben sind. Ist das jetzt für Sie so etwas wie ein Kollateralschaden oder wie würden Sie das bezeichnen, dass diese Menschen nicht mehr die notwendige medizinische Behandlung bekommen? (Beifall bei der FPÖ.)


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Wie eingangs schon erwähnt: Das Parlament ist für Sie nur noch ein Erfüllungsgehilfe. Wie gesagt: Kaiser Kurz hält eine Pressekonferenz ab, kündigt die Maßnahmen an, und das Parlament hat sie abzunicken. Dazu sage ich Ihnen: Mit uns, sehr geehrte Da­men und Herren, nicht! Meine Vorfahren haben nicht 1848 für Pressefreiheit und Demokratie – damals gemeinsam mit den Sozialdemokraten, mit der Arbeiterschaft – gekämpft, damit Sie das jetzt mit einem Federstrich vernichten. (Beifall bei der FPÖ.)

Dazu sage ich Ihnen – weil im Nationalrat Frau Präsidentin Bures zu unserem Klub­obmann Kickl gesagt hat, dass er die Würde des Hauses verletze –: Der Umgang mit dem Parlament verletzt die Würde dieses Hauses, nicht eine pointierte Rede von Herbert Kickl. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner: Bravo!)

Es ist ein Metternich’scher Überwachungsstaat, den Sie da jetzt weitertransportieren – wobei mir nicht klar ist, warum die SPÖ da unbedingt mitstimmt, aber vielleicht haben Sie sich mit den Koalitionsparteien irgendetwas ausgemacht; ich verstehe diese Haltung überhaupt nicht, es ist nicht das, was Rendi-Wagner gesagt hat, nämlich: verant­wor­tungsbewusst, weil man das Gesetz reparieren muss –, Sie machen einem Metter­nich’schen Überwachungsstaat die Mauer. Das müssen Sie mit Ihrem Gewissen ausmachen, aber ich darf sagen, ich finde es zumindest merkwürdig. Unsere Zustim­mung zu diesem massiven Eingriff in Grund- und Freiheitsrechte der Bürger wird es jedenfalls nicht geben! (Beifall bei der FPÖ.)

14.27


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.


14.27.11

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher! Ja, wir leben in wahrlich interessanten Zeiten – das ist mir jetzt gerade durch meine Vorrednerin wieder sehr bewusst geworden –, wenn man es in den Schatten stellt, dass ein Land es geschafft hat, weniger als tausend Todesopfer zu beklagen, während wir weltweit bereits 983 000 Tote im Rahmen dieser Pandemie zu beklagen haben. Ich denke, in diesem Zusammenhang ist nur noch das Wort Populis­mus angebracht, und ich glaube, in solch einer ernsten Situation gehört dieser absolut nicht hierher und auch nirgendwo anders hin.

Die Coronapandemie fordert uns tatsächlich in allen Lebensbereichen; sei es in der Gesundheit, sei es im Familienleben, in der Schule, im Beruf oder eben auch in der Gesetzgebung. Die vergangenen Monate haben uns deutlich gezeigt, wie wichtig es ist, eine rechtliche Basis zu haben, auf der notwendige Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19-Erkrankungen erfolgen können. Mit den heute vorliegenden Änderungen des Epidemiegesetzes, des Tuberkulosegesetzes, des COVID-19-Maßnahmengesetzes schaffen wir die weitere Grundlage, die wir für die herausfordernden nächsten Monate brauchen werden; und dass die Herbst- und Wintermonate genau das sein werden, nämlich herausfordernd, können wir leider seit einigen Wochen, auch in den letzten Tagen, anhand der steigenden Fallzahlen mitverfolgen.

Wir dürfen aber bei all den gesundheitlich nötigen Schutzmaßnahmen nicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vergessen, denn wo wir auf der einen Seite schützen, schränken wir auf der anderen Seite ein, natürlich auch Grundrechte.

Im Frühjahr dieses Jahres hat es eine Personengruppe besonders hart getroffen, nämlich die Menschen, die in Pflege- und Betreuungseinrichtungen leben und dort


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betreut werden. Wir alle haben das gesehen, und es hat niemanden von uns erfreut: Es war plötzlich nicht mehr möglich, Besucher zu empfangen, es war auch kein Hinaus­gehen möglich. Für alle anderen aber war das im März möglich. Wir konnten einkaufen gehen, wir konnten spazieren gehen – für Menschen in Alten- und Pflegeheimen war das nicht mehr möglich.

Es gibt ein Grundrecht auf Bewegungsfreiheit, ein Grundrecht auf Privat- und Fa­milienleben – das Thema ist leider schwierig –, jetzt aber muss der Fokus primär auf dem Bereich Gesundheit liegen. Deshalb wird auch dieses Gesetz so gestaltet sein, dass wir das im Herbst und im Winter anders gestalten können. Die vorliegenden Gesetze schaffen genau dafür die Rahmenbedingungen, nämlich weg vom allgemeinen vorsorglichen Zusperren – was im Frühjahr nicht anders möglich gewesen ist, da wir ja überhaupt noch nicht damit vertraut waren, was dieses Virus in der Bevölkerung macht. Mit dieser Veränderung können wir jetzt hin zu regional differenzierten Maßnahmen gehen und eben auch die Verhältnismäßigkeit gut berücksichtigen. (Zwischenruf des Bundesrates Ofner.) Die gemachten Erfahrungen und das jetzt vorhandene Wissen tragen nun dazu bei, differenziert handeln zu können.

Auf Basis dieses Epidemiegesetzes darf es in Zukunft allein aus präventiven Gründen keine generellen Ausgangsbeschränkungen für Bewohnerinnen und Bewohner zum Beispiel von Alten- und Pflegeheimen und Betreuungseinrichtungen geben. Leider – und das ist tatsächlich eine Realität – ist es nicht nur das Coronavirus, was die Menschen krank macht, denn keine Besuche, kein Sich-frei-Bewegen und Alterseinsamkeit haben auch nicht zu unterschätzende Folgen für die Gesundheit. Ich glaube, das spricht auch niemand ab, dass gerade diese Einschränkungen auch etwas mit uns machen, die Frage ist aber: Was ist die Folge, wenn wir nicht handeln?

Ganz wichtig – da möchte ich meiner Vorrednerin unbedingt widersprechen –: Mit dieser Gesetzesnovelle ist explizit der private Wohnbereich von den Regeln zum Betreten und Verweilen ausgenommen. Konkret heißt es dazu nämlich im § 1: „Bestimmte Orte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bestimmte öffentliche und bestimmte private Orte mit Ausnahme des privaten Wohnbereichs.“

Damit ist nun eindeutig klargestellt, dass der private Wohnbereich nicht von möglichen Regelungen des Betretens und - - (Bundesrat Steiner: Nicht beim Veranstaltungs­ver­bot!) – Ich rede vom privaten Wohnbereich, dazu zählen Wohnung (Bundesrat Steiner: Nicht beim Veranstaltungsverbot!) – lassen Sie mich ausreden! –, Häuser sowie deren Nebengebäude, nämlich auch Garagen und Gärten zum Beispiel.

An dieser Stelle möchte ich auch noch betonen, dass das Maßnahmengesetz schon jetzt mit einem Datum des Außerkrafttretens versehen ist. Das heißt, die umfassenden Kompetenzen, die dem Gesundheitsminister in Zeiten der Krise zugestanden werden, haben ein klares Ablaufdatum.

Hinzu kommt jetzt auch noch, dass Hausärzte die Möglichkeit haben, Abstriche von Patientinnen und Patienten zu nehmen, um sie auf das Coronavirus zu testen. Das ist auch eine sehr sinnvolle Maßnahme – in Abstimmung mit der Ärztekammer. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Die Wartezeit kann dadurch mitunter sicherlich verkürzt werden und krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen werden schneller erkannt; und es dient auch zur Entlastung der Hotline 1450.

Im Gesetz wird auch noch über die zentrale Beschaffung von ausreichend Schutz­ausrüstung bestimmt, was wir aus Sicht der grünen Fraktion sehr begrüßen, da es dadurch in Zukunft nicht mehr zu Versorgungsengpässen kommen wird. Ich glaube, da sind wir jetzt auch so weit gut aufgestellt.


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Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem heutigen Beschluss im Bundesrat schaffen wir die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen, welche die erste weltweite Pandemie des 21. Jahrhunderts erforderlich macht. Wir schaffen damit die Grundlage, um für die nächsten Monate Vorsorge treffen und Sicherheit gewährleisten zu können. Tun wir das mit breiter Mehrheit, und schauen wir, dass wir gut über die Zeit kommen, bis es ein anderes wirksames Mittel gegen dieses Virus gibt! – Danke. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP.)

14.34


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.


14.34.32

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Frau Präsidentin! Herr Minister! Kollegen Bundesräte! Liebe Zuseher! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Ihr zerstört Österreich“, auf der Bundeskanzler Kurz und Bundesminister Anschober abgebildet sind, auf das Rednerpult.) Diese Bundesregierung hat in den letzten Wochen und Mona­ten – ja, man kann es so sagen – eine Spur der Verwüstung durch unser Land gezogen. (Heiterkeit bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Alle Fakten, die ich jetzt im Zuge meiner Rede aufzählen werde, sind messbar. Sie sind exakt, sie stehen fest – im Unterschied zu Ihren angeblichen Infektionszahlen, die Sie in der Weltgeschichte herumschleudern, mit denen Sie die Bevölkerung wieder nur verun­sichern und wieder in Angst und Schrecken versetzen und mit denen Sie eine zweite Welle geradezu herbeitesten wollen. Exakt messbar sind die Massenarbeitslosigkeit, die Massen in Kurzarbeit. Exakt messbar sind die Kündigungswellen, die über uns herein­brechen, und exakt messbar ist die Pleitewelle, die wir in Kürze erwarten müssen – Tausende zerstörte Existenzen!

All das, was unsere Eltern und Großeltern mit ihrer Hände Arbeit aufgebaut haben, wird nun durch diese Slimfitregierung von Studienabbrechern und Lehrern, die nie in einer Schule gestanden sind, nie in der Privatwirtschaft tätig waren, die keine Ahnung davon haben, wie es jemandem geht, der jetzt vor den Trümmern seiner Existenz steht, zerstört. Dieses unser schönes Land Österreich wird gerade mit voller Wucht an die Wand gefahren.

Diese Verordnungen sind in keinem Fall verhältnismäßig, liebe grüne Kollegin, diese Verord­nungen sind einzig und allein darauf begründet, dass Sie aus Ihrer Erzählung – wir werden Tausende Tote kennen, jeder wird jemanden kennen, der an Corona ver­storben ist – nicht mehr herauskommen. Diese Verordnungen sind einzig und allein darauf begründet, dass Sie aus Ihrer Lügengeschichte nicht mehr herauskommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Unsere Wirtschaft liegt auf dem Boden. Hotellerie, Gastronomie, die Eventbranche, die komplette Kulturszene und viele andere Bereiche kämpfen gerade ums nackte Über­leben. Und was macht diese Regierung? – Diese Regierung tritt mit ihren Verordnungen noch einmal kräftig hinterher. Ihr alle seid euch auch nicht zu blöd (He-Rufe bei der ÖVP – Bundesrat Buchmann: Kollege Steiner, mäßige ein bisschen deine Worte!), die Verlegung der Sperrstunde in der Gastronomie auf 22 Uhr damit zu rechtfertigen, dass man den Wintertourismus retten muss. Ihr wisst gar nicht, was ihr mit dieser Aussage anrichtet! Für die Wintergesinnung, für die Tourismusgesinnung ist es nicht förderlich, wenn man jetzt sagt: Jetzt, da die Saison vorbei ist, müssen wir in der Zwischensaison wieder alle einsperren, damit wir dann im Winter wieder alle aufsperren können. – Das ist für eine Tourismusgesinnung in unserem Land, in dem der Tourismus so wichtig ist, mit Sicherheit nicht förderlich.


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In keinem einzigen Tiroler Wirtshaus gab es einen Cluster. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

14.37.49*****


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Herr Kollege Steiner, für die Begriffe „Lügengeschichte“ und „zu blöd“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei der ÖVP.)

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Bundesrat Christoph Steiner (fortsetzend): Frau Präsidentin, herzlichen Dank! (Beifall bei der FPÖ.) Diesen Ordnungsruf nehme ich für alle mit, die unter diesem Wahnsinn leiden.

Es gab keinen einzigen Cluster in einem Tiroler Wirtshaus, aber mit den Wirten kann man es ja machen, denn da weiß die Regierung genau, dass die Wirte standortgebunden sind, dass sie nicht einfach mit ihren Mitarbeitern in irgendein Nachbarland auswandern können, und diese kann man gerne schröpfen.

Diese selbsternannte Wirtschaftspartei ÖVP setzt sich dann auch noch für diese Sperr­stunde ein! Da muss ich euch wirklich fragen: Erstens, wo habt ihr den Hausverstand? Und zweitens würde mich einmal interessieren, ob das Virus jetzt in Vorarlberg, Tirol und Salzburg ab 22 Uhr gefährlich ist und im Burgenland dann um 1 Uhr. – Erklärt mir das einmal! Das kann keinem Menschen, der normal denkt, erklärt werden! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Zeidler-Beck: Wenn man es nicht verstehen will, versteht man es nicht!)

Sie hier herinnen, die Sie das heute beschließen, und diese unsägliche Regierung sind dafür verantwortlich, dass unsere Gesellschaft weiterhin in Angst lebt und noch dazu weiter gespalten wird. Sie und diese Regierung sind dafür verantwortlich, dass Kinder in Schulen in Kaltenbach und Innsbruck während des gesamten Unterrichts eine Maske tragen müssen. All das haben wir nur Ihrer Angstmache zu verdanken. Sie nehmen den Kindern das Kindsein weg, Sie und diese Regierung! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie und diese Regierung sind verantwortlich dafür, dass ganze Schulklassen in Qua­rantäne gesteckt werden, weil ein Verwandter eines Schülers einen eventuell positiven Test bekommen könnte. Die Kinder werden dann per Bescheid separiert. Die Kinder müssen zu Hause separiert werden – so steht es im Bescheid –, müssten separat essen und ein eigenes WC benützen. – Ja sagt einmal, geht es euch noch ganz gut!? Ihr zerstört gerade die Kindheit von Tausenden Kindern und mit dazu noch die Arbeitsplätze der Väter und Mütter. (Zwischenruf des Bundesrates Raggl.)

Und jetzt beschließt ihr hier herinnen ein Gesetz, das alle unsere verfassungsmäßig geschützten Rechte aushebelt. Dieses Ermächtigungsgesetz bereitet den Boden für unzulässige und unkontrollierte Eingriffe tief hinein in das gesellschaftliche, in das wirt­schaftliche und in das private Leben jedes einzelnen Österreichers. Viele Organisationen wie das Rote Kreuz, der Dachverband der Verwaltungsrichter, die Volksanwaltschaft, die Bundesarbeitskammer, die Wirtschaftskammer, der Österreichische Gemeindebund und so weiter, und so weiter kritisieren dieses Gesetz sehr scharf und stellen zu Recht eine erneute Verfassungswidrigkeit in den Raum. Wären die Grünen in Opposition, hätten wir aufgrund so eines Gesetzesbeschlusses wahrscheinlich jeden Tag irgendwo in Österreich eine Demonstration. (Beifall bei der FPÖ.)

Was machen unsere Sozialisten hier herinnen? – Sie stimmen heute allen Ernstes diesem Ermächtigungsgesetz zu. Ihr seid wieder einmal mit Anlauf krachend umgefal­len. Jetzt versucht ihr euch ein wenig abzufeiern, weil die Verordnungen durch den


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Hauptausschuss müssen – das habt ihr ja reinverhandelt –, nur habt ihr vielleicht vergessen, dass im Hauptausschuss des Nationalrates die ÖVP und die Grünen die Mehrheit haben und nicht die SPÖ. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Ergo ist es völlig wurscht, ob diese Verordnung durch den Hauptausschuss muss oder nicht oder ob sie direkt ins Parlament kommt, weil Sie im Hauptausschuss sowieso auch nichts zu melden haben. Und schon wieder haben sich die Sozialisten billig verkauft, um bei irgendeinem Postenschacher der Regierung einmal bedacht zu werden. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Nun gibt man einem Minister, der sein ganzes Leben lang vom Börserl der Steuerzahler gelebt hat, der bewiesen hat, dass er sechs Monate lang keine einzige Verordnung fehlerfrei auf den Weg bringen konnte, die Macht in die Hand, dass er einem sogar – und jetzt kommt es – die Benützung des eigenen Pkw verbieten kann. Dieses Ampel­system, Herr Minister, ist ein reines Willkürsystem, dem bis heute keine nachvoll­zieh­baren Kriterien zugrunde liegen. Nach diesem Gesetz können die Bürger sogar in U-Haft genommen werden. Das muss man sich einmal vorstellen! Auch der private Bereich ist von diesem verordnungswütigen Minister nicht mehr weiter geschützt. So einem Gesetzentwurf stimmt heute die Sozialdemokratie zu. – Das ist unverantwortlich! (Beifall bei der FPÖ.)

Auch erwarte ich mir endlich einmal eine Stellungnahme des Herrn Bundespräsidenten, der sich ja sonst immer als Hüter der Verfassung in Szene setzt. Als in Moria Migranten ihr eigenes Flüchtlingslager abgefackelt haben, ist dieser grüne Moralist sofort zur Stelle gewesen. Geht es allerdings um die Existenz der Österreicher, um die Lebensgrundlage und um Freiheitsrechte der Österreicher, findet dieser Herr aus seinem verrauchten Kammerl nicht heraus. Das ist kein Verhalten, das eines Bundespräsidenten würdig ist! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Zwazl: Hallo?! Das kann es ja nicht sein!)

Zum Schluss: Herr Minister Anschober, eines können Sie sich merken: Grundrechte gelten auch in Krisenzeiten! Das können Sie sich in Ihr grünes Stammbuch schreiben. Die Zeit, Herr Minister, wird es mit sich bringen. Wenn die Verordnungen des – wie viele Menschen sagen – unfähigsten Ministers aller Zeiten gerichtlich aufgearbeitet werden, hoffe ich, dass man Sie für das Wegsperren, das Separieren von Kindern, von Groß­eltern und beeinträchtigten Menschen zur Rechenschaft ziehen wird. Und wer weiß, vielleicht genießen Sie dann auch die Vorzüge einer Käfighaltung. Die Zeit wird es mit sich bringen.

Solange diese Regierung auf derartigen Irrwegen unterwegs ist, werden wir solchen Gesetzen niemals zustimmen. Ich halte es mit Bertolt Brecht (Bundesrätin Schumann: Einem Sozialdemokraten!): „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht“, und ich füge hinzu: Gehorsam wird zum Verbrechen. (Bundesrätin Schumann: Ein Sozial­demokrat! – Heiterkeit bei der SPÖ sowie der Bundesräte Seeber und Schreuder.)

Herr Minister, wir werden mit allen gesetzlichen Möglichkeiten Widerstand leisten. Und wenn ihr von SPÖ und ÖVP hier herinnen jetzt lacht, dann lacht ihr all jene aus, die jetzt vor den Scherben ihrer Existenz stehen. Nur damit die Leute draußen einmal wissen, was hier herinnen wirklich los ist: Sie sitzen da, grinsen und lachen diese Leute, die Sie mit Ihren Verordnungen an den Rand der Existenz bringen, aus! (Bundesrätin Zwazl: Hallo?! Jetzt reicht es aber! – Bundesrat Buchmann: Das ist ungeheuerlich!) – Herz­lichen Dank. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

14.44


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.



BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 40

14.45.16

Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl (ÖVP, Steiermark): Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren vor den Bildschirmen! Kollege Steiner, ich glaube, da liegt jetzt ein Missver­ständ­nis vor: Wir haben nach dieser Büttenrede wieder einmal nur über einen hier herinnen gelacht. Ich kann nur den Kopf schütteln. Ich muss es sagen, wie es ist: Ich kann nur den Kopf schütteln. (Bundesrat Steiner: Vielleicht kommt ein bisschen frische Luft hinein!) Eine Partei wie die FPÖ spricht über Angst- und Panikmache, eine Partei, die ausschließlich mit Angst und Hetze versucht, Stimmen zu bekommen. – Das ist das eine. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: ... habt ihr ja selbst zugegeben!)

Neben dem Kopfschütteln kann ich aber auch nur staunend zur Kenntnis nehmen (Bundesrat Steiner: Ihr habt unser ganzes Parteiprogramm übernommen!), dass Herr Professor Steiner – ein Rechtsgelehrter, wie es aussieht – behauptet, dass das alles nicht hält, wohingegen wirklich sämtliche, nahezu alle Fachexperten, Juristinnen und Juristen dieses Landes (Bundesrat Steiner: Der Dachverband der Verwaltungsrichter! Die Verwaltungsrichter!) diesem Gesetz attestiert haben, dass es eine wesentliche Ver­besserung zum alten Gesetz darstellt.

Und wenn Frau Kollegin Mühlwerth behauptet, die Grippe ist mit Corona gleichzusetzen (Bundesrat Steiner: Hat sie aber nicht gesagt!), dann kann ich endgültig nur den Kopf schütteln. (Bundesrätin Mühlwerth: So habe ich das nicht gesagt! – Bundesrat Steiner: Sie lügen schon wieder! – Bundesrätin Zwazl: Hallo?!) Professor Burgmann, immerhin Vorstand der Infektiologie am AKH, sagt, das ist in keinster Weise zu vergleichen (Bun­desrätin Mühlwerth: So habe ich das nicht gesagt!) – na ja, Sie haben gesagt, ein bissl kann man es schon vergleichen –, Corona ist zehnmal tödlicher, und wir haben kein Medikament, keine Impfung; noch nicht. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Mühlwerth, Schartel und Spanring.)

Kommen wir zum Wesentlichen: Sehr geehrte Damen und Herren, in einem sind wir uns, glaube ich, alle einig: Wir befinden uns nach wie vor in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg (Bundesrat Spanring: Von der ÖVP verursacht! Auch das ist richtig!) – na ja, wir haben natürlich das Virus erfunden und herbeigewünscht; jetzt schlägt es dem Fass bald den Boden aus –, in einer Krise, die uns nicht nur menschlich auf das Äußerste gefordert hat, sondern natürlich auch uns alle als Politiker, als Parlamentarier. Es ist ganz egal, wohin in der Welt Sie schauen, auf welchen Kontinent Sie blicken, wir als Menschheit stehen alle vor denselben Problemen und wir suchen allesamt händeringend nach Lösungen, um diese Pandemie einzudämmen.

Wenn wir zurückblicken, dann kann ich behaupten, und das tue ich hier auch, dass es uns als Österreich bisher sehr gut gelungen ist, da durchzukommen. Denn eines ist klar: Wenn wir die Gesundheitskrise nicht besiegen, wenn wir es nicht schaffen, die Neu­infektionen einzudämmen, bis ein Impfstoff da ist, bis spezielle Medikamente verfügbar sind, dann schaut es schlecht aus. Das Besiegen dieser Gesundheitskrise stellt gleich­zeitig die Grundvoraussetzung für einen wirtschaftlichen Aufschwung dar.

Meine Damen und Herren, wir alle, die wir hier sind, haben im März gemeinsam Gesetze beschlossen, die im Kern genau dem entsprechen, was wir heute beschließen wollen, insofern kann ich die Aufregung beim besten Willen – auch wenn ich mich noch so sehr bemühe – nicht nachvollziehen. Kollege Steiner, was ich vorhin schon gesagt habe, das wiederhole ich hier: Sämtliche führende Fachexperten, Juristinnen und Juristen in diesem Land sagen, dass dieses Gesetz, das heute auf den Weg gebracht werden soll, eine wesentliche Verbesserung darstellt. (Bundesrat Steiner: Dann sprechen Sie allen


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anderen die Kompetenz ab, Herr Kollege! Allen anderen, die sich kritisch äußern, sprechen Sie die Kompetenz ab!)

Wir sind auf 16 000 Begutachtungen eingegangen, es hat ein Expertenhearing gegeben, und, und, und. (Bundesrat Steiner: Da sehen Sie, was das vorher für ein Murks war!) In diesem Zusammenhang möchte ich vor allem auch jenen, die ihre Stellungnahmen eingebracht haben – wie gesagt, es waren 16 000 –, auf das Herzlichste Danke sagen. Das ist eine wesentliche Tat und trägt auch dazu bei, dass dieses Gesetz jetzt verbessert werden kann.

Was ist das Ziel? – Neuinfektionen einzudämmen und auf jeden Fall zu verhindern, dass es zu einem weiteren Lockdown kommt, und dabei immer, und das ist das Wichtigste, mit Augenmaß die Balance zwischen dem Schutz der Bevölkerung einerseits und der Freiheit der Menschen andererseits zu wahren. Es geht also um so viel Einschränkung, wie nötig ist, und um so viel Freiheit, wie möglich ist. Ich vergleiche dieses Gesetz sogar mit einem Airbag: In Wahrheit hoffen wir alle, dass wir ihn nicht brauchen, aber wenn es dann so weit ist, wenn es zu einem Unfall kommt, dann sind wir alle froh, dass wir ihn haben. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Kollegin Hauschildt-Buschberger hat schon einiges gesagt. Ich darf nur noch einmal die wesentlichen Punkte, worum es geht und was mit diesem COVID-19-Maßnahmengesetz klargestellt wird, zusammenfassen.

Das wäre zum Ersten, wann ein Lockdown – und Gott gebe, dass wir ihn nicht brauchen! – möglich wäre. Zum Zweiten geht es darum, wann welche Art von Beschränkung notwen­dig sein soll. Es geht – und das ist vor allem uns Bundesräten als Vertreter unserer Länder wichtig – um Regionalisierung: Wir schaffen mit diesem Gesetz die Möglichkeit, dass Länder über die Maßnahmen des Bundes hinaus noch eigene Maßnahmen treffen können, um ihre Bevölkerung zu schützen. Es geht um die Funktion der Ampel: Wir schaffen mit diesem Gesetz Klarheit, Effizienz und Transparenz. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

Ich möchte auf einen Punkt zu sprechen kommen, der mir persönlich besonders wichtig ist: Kollege Professor Smolle hat im Nationalrat auch darüber berichtet, dass diese Ge­setze ein wesentliches Merkmal haben, und das sind die Sicherheitsschleifen. Es gab ja die Angst vor einer großen Freiheitsbeschränkung, aber: Zum einen braucht es für einen Lockdown, für sämtliche Maßnahmen das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates; zum anderen gibt es die Coronakommission, die evidenzbasiert vorgehen muss und Empfehlungen geben kann, welche Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt ange­messen sind. Diese Verhältnismäßigkeit ist etwas, was uns als ÖVP besonders wichtig ist, was uns als Regierungskoalition wichtig ist und was auch wichtig für die Menschen in diesem Land ist.

Ich darf zum Schluss kommen. Weil ja meine VorrednerInnen Mühlwerth und Steiner einige Male die Freiheit erwähnt haben: Es gibt ein Zitat, das mir vorhin eingefallen ist, von Nelson Mandela. Er sagte: „Frei zu sein bedeutet nicht nur, seine eigenen Fesseln zu lösen, sondern ein Leben zu führen, das auch die Freiheit anderer respektiert und fördert.“ (Bundesrätin Mühlwerth: Genau die wird aber beschnitten!) Das tun wir heute hier mit diesem Gesetzespaket.

Ich freue mich weiters, dass es, wenn wir dieses Gesetzespaket heute erlassen, für niedergelassene Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner sowie Fachärzte möglich sein wird, Covid-Tests durchzuführen. Ich habe gestern ein Telefonat mit einem Kollegen geführt, der in der Ordination bereits eine eigene Diagnosestraße einrichtet, weil er sagt, er will ganz vorne mithelfen, diese Pandemie einzudämmen.


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Meine Damen und Herren! Wenn wir aufeinander achtgeben, wenn wir auf uns aufpas­sen, wenn wir auf andere aufpassen, dann wird es uns auch gelingen, gut durch diesen Winter zu kommen, dann wird es uns gelingen, die Zeit bis zu einer Impfung, die wir schon so sehr herbeisehnen, zu überbrücken. Das wünsche ich Ihnen, das wünsche ich uns allen. Bleiben Sie gesund! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.54


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.


14.54.09

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen und vor allen Dingen liebe ZuseherInnen und ZuhörerInnen! Zuerst möchte ich aus ganzem Herzen sagen, dass die SPÖ-Bundesratsfraktion um Walter Strutzenberger trauert. Walter war von 1982 bis 1995 für die Wiener Sozialdemokratie im Bundesrat vertreten. Er war sehr lange Vizepräsident des Bundesrates und er war mit voller Begeisterung Gewerkschafter – seine Gewerkschaft war die Gewerkschaft öffentlicher Dienst. Wir haben Walter Strutzenberger am 11. September die letzte Ehre erwiesen und wir werden ihn in bester und freundschaftlicher Erinnerung behalten. – Vielen Dank.

Nun zur Sache: Wir befinden uns in der größten Gesundheitskrise Österreichs seit 100 Jahren, und was wir feststellen und was uns so unglaubliche Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass ein derartiges Chaos herrscht. Herr Bundesminister, ich muss Ihnen sagen, wir haben jetzt eine Situation, in der sich die Menschen einfach nicht mehr aus­kennen: Was gilt jetzt, was gilt nicht? Welche Regelung gilt, welche gilt nicht? Auf der einen Seite sagt der Kanzler, es sei alles in Ordnung, wenig später kündigt er an: Die nächste Welle wird kommen! Er sagt, es werde im Jänner einen Impfstoff geben, bald darauf heißt es: Nein, doch nicht, einen Impfstoff gibt es Mitte nächsten Jahres. Er sagt, der nächste Sommer werde wieder ein normaler sein, aber bald darauf gesteht man ein: Nein, wir wissen es nicht. – All das sind zu viele Verunsicherungen.

Was uns besonders leidtut, ist, dass dieses doch ausgezeichnete Instrument der Ampel jetzt so sehr ad absurdum geführt wurde. Die Ampel war bisher gesetzlich nicht veran­kert, und es kennt sich wirklich niemand mehr aus: Welche Farbe gilt jetzt wofür? Warum wird welche Farbe in welcher Region eingesetzt? – All das verbreitet nur Unsicherheit und gibt all jenen, die mit dieser Pandemiesituation Scharlatanerie betreiben, Aufwind. Ich glaube, das ist nicht richtig und das ist nicht gut. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben den Sommer leider nicht genützt. Es versteht auch niemand, warum all diese Maßnahmen, die es jetzt gibt, nicht in Einheit gesehen werden. Die einzige Erklärung, die einem einfällt, ist, dass es zu intrakoalitionären Spannungen kommt und dass sich halt die Regierungspartner nicht so wirklich gut verstehen, dass es Eifersüchteleien gibt. Aber ganz ehrlich: Dieses interne politische Hickhack auf Kosten der Bevölkerung in dieser schwierigen Zeit kann man doch wirklich nicht wollen, das kann doch nicht Sinn der Sache sein! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Pisec: Es ist eher Ahnungslosigkeit!)

Für uns gilt nun: Wir werden dem Gesetz zustimmen, und wir werden deshalb zustim­men, weil uns wichtig war, dass dieses Chaos ein Ende findet. (Bundesrätin Mühlwerth: Es ist aber in die Verlängerung gegangen!) Wir haben uns ganz intensiv in die Verhandlungen und in die Verbesserung dieses Gesetzes eingebracht. Wir stellen heute mit diesem Gesetzesbeschluss die Ampel auf gesetzliche Beine – das ist der erste Punkt. Wir haben vielen Schärfen dieses Gesetzes die Zähne gezogen – und wir haben vonseiten der Experten, die sich alle dazu geäußert haben, keine verfassungsrechtlichen Bedenken mehr gehört. Das sind Punkte, die uns wichtig sind. Der Schutz des privaten


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Wohnraums gegen Zugriffe von Behörden ebenso wie grundrechtsschonende Regeln bei Betretungsverboten und Ausgangssperren wurden durchgesetzt, das Parlament wird eingebunden, und es gibt eine Befristung. Wir gehen davon aus, dass es eine Verlän­gerung gar nicht brauchen wird, weil der Kanzler gesagt hat, der nächste Sommer werde ein anderer und werde ein normaler sein. Davon können wir ausgehen und wollen wir ausgehen. (Bundesrat Ofner: Das glaubts alles, ...? – Heiterkeit bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Und: Es gibt Transparenz bei der Ampel, weil die Empfehlungen der Kommission nun mit wesentlichen Begründungen veröffentlicht werden müssen.

Der zweite Punkt, der uns so sehr am Herzen liegt, ist natürlich die Situation der Men­schen in Österreich, die hier arbeiten oder jetzt vielleicht keine Arbeit haben. Über 400 000 Men­schen sind arbeitslos, mehr als 300 000 Menschen sind in Kurzarbeit! Dieses Modell der Kurzarbeit ist wirklich ein Spitzenmodell der Sozialpartner, weil sie es geschafft haben, damit viele Arbeitsplätze zu retten, aber wir gehen in die dritte Phase der Kurzarbeit, und auch da muss klar sein: Die Menschen haben einfach weniger Geld im Geldbörsel! Das ist eine Tatsache. Und: Die Arbeitslosen haben bisher noch immer keine Erhöhung des Arbeitslosengeldes erhalten. Dazu wäre es längst an der Zeit, und das fordern wir mit aller Vehemenz. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Einmalzahlung war ein Tropfen auf den heißen Stein, und ich darf Ihnen dazu sagen: Die Hälfte aller Arbeitslosen hat nichts davon gehabt, weil sie nicht anspruchsberechtigt waren oder es ihnen gepfändet wurde. So geht es nicht! Wir brauchen die Erhöhung des Arbeitslosengeldes.

Und: Wir brauchen endlich den Coronatausender! Ja um Himmels willen, die haben alle so toll gearbeitet, all jene in den systemerhaltenden Berufen haben das Land am Laufen gehalten, haben sich eingesetzt, haben sich der Ansteckungsgefahr ausgesetzt – und bis heute gibt es keine Anerkennung außer ein liebliches Klatschen und ein Zurufen: Das habt ihr aber wirklich toll gemacht! – Im Geldbörsel spüren sie es bis heute nicht, und das kann es doch nicht sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Wirtschaft beginnt massiven Schaden zu nehmen, auch das sehen wir: MAN mit 2 300 Menschen, die zur Kündigung angemeldet sind, FACC, Swarovski, Mayr-Melnhof, ATB – ich kann gar nicht alle aufzählen, die jetzt gesagt haben, sie werden Menschen entlassen. Das ist ein ganz furchtbarer Zustand, denn es geht ja nicht darum, Zahlen zu sammeln, sondern es hängen ja immer Schicksale einzelner Personen dran, da hängen Familien dran, da hängt das eigene Einkommen dran, da hängen Kredite dran, was auch immer.

Das ist eine ganz, ganz schwierige Situation, und ich muss schon sagen: Wirklich gegengehalten wird nicht. Die Ankündigung der Einrichtung von Arbeitsstiftungen allein reicht nicht. Wir wissen noch nicht, wie diese Arbeitsstiftungen ausschauen werden. Auch die Sozialpartner sind nicht eingebunden, und ich verstehe wirklich nicht, warum die Arbeitsministerin nicht die Gewerkschaft einbindet, die jahrzehntelange Erfahrung mit der Einrichtung von Arbeitsstiftungen hat; aber wir werden sehen, was dabei herauskommt.

Ich darf noch anführen: Der Chefökonom der Industriellenvereinigung hat gesagt, wenn wir etwas aus der Pandemie gelernt haben, dann das, dass man mit der Hälfte der Be­schäftigten 84 Prozent der Leistung erbringen kann. – Also wenn das einem nicht klarmacht, wohin auch viele Wege gehen, dann weiß ich nicht! Da gilt es bitte von der Regierung gegenzuhalten, und wir ersuchen auch die Arbeitsministerin, da ein klares Wort zu sprechen.


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Es geht uns darum, Arbeitsplätze zu erhalten, Arbeitsplätze zu schaffen und den Menschen, die Arbeit verloren haben oder jetzt verlieren, Perspektiven für ihre Zukunft zu geben. Dafür sollten wir und müssen wir Politik machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was uns Wienerinnen und Wienern wirklich sauer aufstößt, ist dieses permanente Wienbashing. Wir können es nicht mehr hören! Das merkt man, wann immer man mit Wienerinnen und Wienern spricht. Neulich sagt jemand zu mir – eh bei der Wahl­werbeaktion auf der Straße (Bundesrat Steiner: Das war sicher ein SPÖ-Mitglied!) –: Ich kann es nicht mehr hören! Wenn es irgendwo im Land regnet, wird jemand von der Bundesregierung sagen: Mhm, ich glaube, da ist auf jeden Fall Wien schuld, nämlich die Wiener Stadtregierung! – Das kann es doch nicht sein! (Zwischenrufe der Bundes­rätIn­nen Bader und Mühlwerth.) Also wir in den Bundesländern wollen uns doch nicht gegenseitig in einer der größten Krisen ausrichten, wer was richtig, wer was falsch macht. Da gilt es, das politische Hickhack hintanzustellen und zusammenzuhalten. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Das ist jetzt der Weg, den man gehen muss.

Wien handelt: 50 Millionen Euro für die Stadthotellerie – die Tourismusministerin hat ein Stadthotelpaket versprochen, das gibt es bis heute nicht –; 15 Millionen Euro zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit; die Aktion 20 000 für ältere ArbeitnehmerInnen wird in Wien stark ausgeweitet; die stille Beteiligung an den Wiener Leitbetrieben; der Taxigutschein und der Gastrogutschein. – So schaut es aus, wenn man Arbeitsplätze retten und die Menschen in einer Stadt unterstützen will. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf des Bundesrates Saurer.)

Das Chaos muss und soll ein Ende haben, und wir hoffen, dass heute mit dieser Beschlusslage dazu beigetragen wird. Die Menschen in Österreich brauchen jetzt Sicherheit, Transparenz, eine starke, tragfähige Gesundheitsversorgung und die Ge­wiss­heit, dass sie, wenn sie die Arbeit verlieren, nicht ins Bodenlose fallen, sondern auf­gefangen werden, ihre Existenz erhalten können und neue Perspektiven bekommen. Dafür werden wir als Sozialdemokratie kämpfen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.03


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Anschober zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister, ich erteile Ihnen das Wort.


15.03.41

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir leben in Zeiten einer Pandemie. Eine Pandemie ist eine weltweite Viruserkrankung, es ist keine regional begrenzte Epidemie. Es gibt deswegen bisher auch nur das Epidemiegesetz, weil wir immer davon ausgegangen sind, dass es so etwas wie eine Viruserkrankung, die weltweit voranschreitet, nicht mehr gibt; es ist auch schon lange her, dass es eine derartige gab. Jetzt befinden wir uns mitten in der schwersten weltweiten Pandemie, die es seit 100 Jahren gegeben hat.

Das ist keine Kleinigkeit, und die Gegenmittel sind in allen Staaten, die betroffen sind – und das ist die ganze Welt –, im Wesentlichen dieselben, es sind seit Jahrzehnten die­selben. Seit Jahrzehnten wissen wir, wie wir zum Beispiel eine große, schwere Influenza­welle in den Griff kriegen, wie wir andere Pandemien in den Griff kriegen. Im Wesent­lichen geschieht dies durch die sogenannte räumliche Distanzierung – ich halte den Begriff soziale Distanzierung für falsch, wir brauchen ein soziales Zusammenrücken und keine Distanzierung –, es geht um den räumlichen Abstand, es geht um Hygiene­maß­nahmen, es geht darum, dass wir den Mund-Nasen-Schutz verwenden. Gleichgültig ob


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Sie mit mir nach Neuseeland, auf die Philippinen, nach Tokio oder nach Norwegen schauen, wir haben überall, auf der ganzen Welt dieselben Herausforderungen und es werden überall dieselben Gegenmaßnahmen getroffen. (Bundesrätin Mühlwerth: ... WHO! Daran hat sich aber nichts geändert!)

Wissen Sie, wenn Sie die Gegenmaßnahmen vergleichen, dann kommen Sie überall auch auf dieselben Gesetze. Ja, es ist leider so, dass es weltweit Lockdowns in einer akuten Notsituation gegeben hat. Glauben Sie, der sozialdemokratische Ministerprä­sident von Spanien verhängt aus Jux und Tollerei in Madrid einen Lockdown? Er tut dies, weil er keine andere Alternative als diese Notmaßnahmen mehr sieht. Glauben Sie, die Bundeskanzlerin von Deutschland macht etwas Ähnliches in Deutschland, wenn es nicht akut notwendig wäre? Das ist sozusagen der letzte Ausweg, die akute Notmaßnahme. Was wir beziehungsweise was Sie hier heute, so hoffe ich, beschließen, ist nichts anderes als eine Verbesserung dessen – aus meiner persönlichen Sicht, und ich hoffe sehr, dass wir da auf breiter Basis übereinstimmen –, was in einer sehr akuten Situation schnell im März geschlossen und gemeinsam hier verankert wurde.

Wir sehen, dass es da Schwächen gegeben hat, dass wir das optimieren müssen. Wir haben deswegen im August einen entsprechenden ersten Entwurf vorgelegt, sind end­lich wieder in eine Begutachtung gegangen, haben also versucht, die demokratie­politi­schen und parlamentarischen Mindeststandards wieder einzuhalten. Ich bin begeis­tert, froh und dankbar, dass sich zumindest 14 000 Menschen – ich habe jetzt gehört 16 000; ich weiß es nicht, meine letzte Information waren 14 000, das ist auch zweit­rangig (Zwischenruf des Bundesrates Steiner) –, also auf jeden Fall ganz, ganz viele Menschen an diesem Prozess beteiligt haben. Sie haben sich eingebracht und haben viele, viele Verbesserungsvorschläge gemacht. Wir haben den Entwurf daraufhin auf Basis der Vorschläge, die eingegangen sind, noch einmal optimiert. Dann hat es eine kurze zweite Begutachtung innerhalb von, ich glaube, fünf Tagen gegeben; diese wurde noch einmal sehr massiv genützt. Dann hat es hier eine Expertenanhörung gegeben – ich muss in der Männlichkeitsform bleiben, es waren nur Männer, die sich hier als Verfassungs­exper­ten positioniert haben –; diese Experten haben eigentlich auch mit einer einzigen Aus­nahme unisono gesagt: Ja, das ist eine große Verbesserung im Vergleich zum bis­herigen, realen Gesetz, das wir alle, das Sie alle beschlossen haben.

Ich bin sehr froh darüber und es ist gut, dass wir in einer derartig schwierigen Frage – denn was ist schwieriger, als die Balance zwischen Grundrechten und Gesund­heits­schutz zu finden?; das ist immer eine Abwägungsfrage und nie eine Frage, bei der man hundertprozentig sicher sein kann, dass man wirklich richtig liegt – dann auf Parteien­ebene auch noch Verhandlungen und Gespräche geführt haben. Ich bedanke mich ausdrücklich bei ÖVP und Grünen als Regierungskoalition dafür, sich da sehr intensiv eingebracht zu haben. Ich bedanke mich aber auch wirklich sehr stark bei der SPÖ, die dieses Angebot: Schauen wir, dass wir gemeinsam dieses Gesetz optimieren!, mit vielen Vorschlägen, mit konstruktiven Vorschlägen auch noch genützt hat und dieses Gesetz weitergebracht hat. So, glaube ich, haben wir gemeinsam zu einem Ergebnis beige­tragen, das sich sehen lassen kann, das auf jeden Fall eine Verbesserung der Kontroll­möglichkeiten darstellt, das auf jeden Fall deutlich verbesserte Handlungsmöglichkeiten gegen die Krise, gegen die Pandemie beinhaltet, das auf jeden Fall mehr Transparenz bringt und das auf jeden Fall auch einen besseren demokratiepolitischen Standard bringt.

Ja, aus meiner Sicht ist es notwendig, gut und richtig, dass wir jetzt bei Grundrechts­ein­griffen den Hauptausschuss befassen müssen. Jetzt können Sie sagen: Ja, okay, da gibt es auch Mehrheiten! – Die sind eben in einer Demokratie so, wie sie sind, aber alleine bei einem derartigen Schritt das Parlament befassen zu müssen halte ich für einen wichtigen Schritt, für eine wichtige Maßnahme, und es ist gut, dass das erreicht wurde


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(Bundesrat Steiner: Das ist für die Fisch! Das ist für die Fisch!), dass wir uns gemeinsam darauf geeinigt haben.

Das Zweite, das ich in diesem neuen COVID-19-Maßnahmengesetz für sehr wichtig erachte, ist, dass die Ampel – die Frau Kollegin hat es schon formuliert – jetzt rechtlich abgesichert ist, dass die Ampelkommission rechtlich abgesichert ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) Ich bin absolut davon überzeugt, dass uns diese Ampel in den nächsten Wochen und Monaten noch sehr, sehr nützen wird. (Bundesrat Steiner: Ja, für Reisewarnungen!)

Im Übrigen lesen Sie heute in internationalen Zeitungen: Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Laschet, sagt, die Coronaampel sollte eine „Blaupause für ganz Deutschland“ werden.

Wir bekommen fast täglich Anfragen aus ganz Europa. Warum? – Nicht deswegen, weil wir eine große Erfindung gemacht haben, sondern weil wir etwas anders machen als andere - - (Bundesrat Rösch: Verstehen die das?) – Ich denke, besser als manch andere. Wir haben nämlich versucht - - (Bundesrat Steiner: Ach so, dann sind wir zu blöd, die Ampel zu verstehen, oder was?!) – Also Ihre Schlüsse sind Ihre Schlüsse. (Bundesrat Steiner: So wie andere ...!) – Ihre Schlüsse sind Ihre Schlüsse, und in diesen Diskurs, Herr Kollege, möchte ich gar nicht eintreten. (Bundesrat Steiner: ... 90 Prozent der Bevölkerung sind zu blöd! Gut zu wissen! Gut zu wissen!) Beruhigen Sie sich wieder! Ich will keinen Diskurs auf dieser Ebene, sondern ich möchte, dass wir uns ge­meinsam und sachlich mit diesem Gesetz, das ein Schlüsselgesetz in Österreich ist, auseinandersetzen.

Das ist die Situation: Wir haben die Risikoanalyse auf breite Beine gestellt. Wir reden nicht mehr nur von den Infektionszahlen, die ein Teil der Wahrheit, aber nicht die ganze Wahrheit sind, sondern wir machen eine Risikobewertung, die dazu führt, dass auch die Zahl der Testungen zum Beispiel miteinbezogen wird. Es wäre ja völlig ungerecht – Wien oder Tirol zum Beispiel testen sehr, sehr viel, haben dadurch auch höhere Zahlen –, wenn die nicht mitbewertet werden würde – dann wäre das eine Verzerrung und eine Bestrafung derer, die viel testen, und das kann es ja nicht sein.

Deswegen wird als dritter Faktor auch die Clusteranalyse miteingerechnet und mit­bewertet, und so entstehen diese Risikoabbildungen, die halt durch die Ampelfarben übersetzt werden.

Was ist das Ziel davon? Das Ziel ist, dass man auf den ersten Blick erkennen kann, wie es in der eigenen Wohnregion ausschaut, welche Risikosituation gegeben ist, und dass wir auf dieser Basis dann zusätzliche, auch regional differenzierte Maßnahmen – je nach Ausbruchsgeschehen verankern können. – Und das ist das dritte sehr Inno­vative, denke ich, an diesem COVID-19-Maßnahmengesetz: dass wir erstmals die soge­nannte Kaskade verankert haben. Das bedeutet, dass wir zusätzlich zu allen Bundes­maßnahmen, die wir zum Schutz der Bevölkerung vor Corona setzen, in den Risiko­gebieten, in den gelben und orangen Regionen, durch das Land beziehungsweise durch die Bezirksbehörde die entsprechenden Bundesmaßnahmen verschärfen können, aus­weiten können. Das heißt, dass es eine zweite, regionale Schiene gibt.

Ich habe heute in der Früh mit den Bezirkshauptleuten aus den betroffenen Regionen eine Stunde gearbeitet, und die wollen etwas zustande bringen. Sie haben ein viel de­taillierteres Wissen über die ganz spezifischen Ausbruchssituationen in ihrem Bezirk als wir in der Zentrale, und deren Wissen, deren Know-how in den Mittelpunkt zu stellen und ihnen zu ermöglichen, regionale Maßnahmen zu setzen, das halte ich – und ich glaube, das ist gerade auch für den Bundesrat ein gutes Thema – für einen guten, wichtigen und richtigen Schritt, der ab dem Wochenende, falls Sie heute die Zustimmung geben,


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rechtlich möglich und machbar sein wird. – Das ist ein guter Schritt, und ich bedanke mich dafür, dass das möglich ist.

Das Zweite: Wir haben die weltweit größte Pandemie – wir sind keine Insel der Seligen, und es ist keine österreichische, sondern eben eine weltweite Pandemie –, und ich könnte Ihnen jetzt seitenweise Zahlen vortragen, und wenn Sie Interesse daran haben, tue ich das sehr, sehr gerne.

Wir sind mittlerweile bei 32 Millionen bestätigten Fällen. 32 Millionen Menschen auf diesem Planeten, die eine Positivtestung gehabt haben! – Stellen Sie sich einmal vor, was das bedeutet! In den letzten 24 Stunden plus 361 000 Fälle – also das ist ein Tempo, das mir schon Sorgen macht und das vielen Sorgen macht. Wir sind mittlerweile bei 981 000 Todesfällen. Und wenn man die Liste durchgeht, was in den letzten 24 Stunden passiert ist, sieht man: 10 000 Neuinfizierte in Spanien, 27 000 alleine in den letzten 24 Stunden in Frankreich.

Ich kenne mittlerweile den französischen Gesundheitsminister sehr, sehr gut. Er enga­giert sich mit aller Kraft, gemeinsam mit vielen, vielen anderen – MedizinerInnen, Fach­experten, auch Politikerinnen und Politikern –, und sie stehen vor einem Rätsel, so wie in vielen anderen Staaten auch, wie sie das in den Griff kriegen können.

Israel hatte in den letzten 24 Stunden 7 500 Fälle von Neuinfektionen. Das ist eine sehr, sehr heftige Situation.

Tschechien, unsere Nachbarn, die ja alle von uns gut kennen, das sind echte Freunde und Freundinnen – in Prag habe ich etliche, und Ihnen geht es wahrscheinlich genauso –, und wer trinkt nicht einmal gern ein Glas tschechisches Bier – das beste Bier der Welt aus meiner Sicht, außer dem österreichischen natürlich –: Tschechien hatte 3 000 Fälle von Neuinfektionen in den letzten 24 Stunden.

Wir müssen in der jetzigen Situation wirklich sehr aufpassen, sehr sorgsam sein, weil der Herbst einfach dazu führt, da es kälter wird, dass wir hauptsächlich wieder indoor sind. Wir haben eine Phase gehabt, in der manche es – unter uns, ganz offen ge­sprochen – ja auch ein bissel lockerer genommen haben – was ich ja auch verstehe, denn wer hält das schon aus, über Monate hindurch so diszipliniert leben zu müssen, wie das halt bei uns überall der Fall war. In Österreich ist die Zahl der Neuinfektionen in den letzten 24 Stunden wieder etwas geringer, sie liegt bei 684 Neuinfektionen. Das ist gut so.

Ich zeige Ihnen die Entwicklung. Da die Kollegen auch so schöne Bilder mitgebracht haben, habe ich auch eines für Sie mitgenommen; es sind nicht die zwei Herren drauf, die Sie (auf die bereits beschriebene Tafel des Bundesrates Steiner Bezug nehmend) dort abgebildet hatten, sondern nur Zahlen (eine Grafik in die Höhe haltend, auf der links eine hohe Kurve, dann ein flacher Verlauf und auf diesen folgend rechts wieder eine hohe Kurve abgebildet sind):

Das war die Phase im März mit dem Peak (die Erklärung auf der Grafik mit dem Finger nachvollziehend); dann sind wir schön runtergekommen, sehr gut runtergekommen, haben uns über Wochen und Monate sehr gut bewegt, mit einem sehr, sehr geringen Infektionsaufkommen; das da sind die aktuellen Fälle, also schon jeweils die neu Genesenen abgezogen (Zwischenruf des Bundesrates Rösch– und dann, Herr Kollege, ist es so ab dem 7. September wieder zu einem deutlichen Anwachsen gekom­men. (Bundesrat Spanring: ... weil Sommerpause war!) Es ist so, dass wir zwar eine fast vergleichbare Steigerungssituation wie im Frühling hatten, man darf es aber nicht vergleichen und es ist auch nicht zu vergleichen, da wir derzeit ein Vielfaches mehr an Tests durchführen, und deswegen sind auch die Zahlen nicht hundertprozentig miteinan­der vergleichbar. Und das, was Sie da oben sehen, ist der Erfolg der letzten Woche.


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Wir haben, zugegeben auf sehr hohem Niveau, jetzt aber den Plafond erreicht, das heißt, es bleibt seit einer Woche stabil. Das Ziel muss sein, es gemeinsam zu schaffen, dass es jetzt mit den Zahlen wieder bergab geht; denn es ist ein sehr, sehr hohes Niveau, und von dem müssen wir wieder runterkommen.

Die weltweit schwerste Pandemie seit 100 Jahren hat dazu geführt, dass es weltweit die schwerste Rezession seit 90 Jahren gibt, und das ist – mehrere Vorrednerinnen und Vorredner haben es auch in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen gerückt – ja das zweite Dramatische an dieser Situation. Darum wollen wir jetzt schwerere Maßnahmen setzen, damit wir die ganz große, schwere Maßnahme, nämlich einen zweiten Lockdown, nicht brauchen. Den müssen wir mit aller Kraft verhindern, denn das würde bedeuten, dass es uns wirtschaftlich ganz dramatisch erwischen würde, das würde bedeuten, dass es uns in der Folge sozialpolitisch ganz dramatisch erwischen würde, und genau das müssen wir vermeiden, und zwar wirklich mit aller Kraft! Deswegen bin ich so froh, wenn es breite Allianzen für das Notwendige gibt, für das, was wir jetzt tun müssen, denn alles andere wäre ganz, ganz schwierig.

Ich möchte mich zum Schluss einfach noch einmal bei Ihnen bedanken. Ich bedanke mich dafür, dass das auch so rasch möglich gewesen ist, denn das ist auch nicht selbst­verständlich und hilft uns sehr, da die Bekämpfung der Pandemie halt auch ein Wettlauf mit der Zeit ist. Das heißt, die Bundesländer, die Bezirke können ab dem Wochenende, ab der Rechtskraft – falls Sie alle zustimmen – handeln, und das ist gut, das ist wichtig und das ist richtig, und ich bedanke mich dafür! Ich hoffe darauf, dass wir, wenn wir diese Maßnahmen gemeinsam setzen, auch durch diesen zweiten Teil der Krise so gut durchkommen wie durch den ersten.

Warum? – Der erste Teil der Krise war wirklich so, dass Sie wahrscheinlich wenige andere Industriestaaten auf der Welt finden, die vergleichsweise so wenige Todesfälle wie wir hatten. Man darf das nicht relativieren, aus meiner Sicht, und man kann das nicht vergleichen. Seien wir doch stolz darauf, dass es bei uns bisher wenig Todesfälle gegeben hat! Das ist die entscheidende Latte für die Bewertung der Arbeit, aus meiner Sicht, dass wir Todesfälle möglichst vermeiden müssen, schwere Erkrankungen mög­lichst vermeiden müssen, und wenn wir das gemeinsam schaffen, dann haben wir ein sehr, sehr schwieriges Kapitel in unserer Geschichte bewältigt.

Ich bedanke mich für die Zusammenarbeit. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

15.18


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Martin Preineder. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.


15.19.06

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die größte Pandemie, die die Welt je erlebt hat, und wir alle können uns noch sehr gut daran erinnern, wie das im März relativ schnell ging und auch Österreich davon erfasst wurde und wir binnen weniger Tage einen Lockdown vorbereiteten.

Es wurde in Österreich schnell reagiert, es wurde schneller und vielleicht auch strenger, mit schärferen Maßnahmen als in anderen Ländern reagiert. Wir hatten den Vorteil, den Erfolg unserer Arbeit entsprechend zu sehen, nämlich dass wir in Österreich ein gut funktionierendes Gesundheitssystem haben, das auch in dieser Zeit zu keiner Stunde überfordert war.

Es war notwendig, da auch rasch gesetzlich zu reagieren, und es gab diesbezüglich eine breite Einigung. Es wurden sehr rasch Beschlüsse gefasst, Beschlüsse im Nationalrat gefasst, Beschlüsse hier im Bundesrat gefasst. Es gab eine Sondersitzung nach der


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anderen, damit diese Maßnahmen eben auch auf einer demokratisch legitimierten Grundlage basieren. Damals gab es eine breite Einigkeit für diese Maßnahmen, die nicht einfach, aber höchst notwendig waren – und der Erfolg, nämlich, wie der Herr Bundes­minister gesagt hat, möglichst wenig Infizierte, möglichst wenig Kranke und möglichst wenig Tote zu haben, gab uns in Österreich recht.

Jetzt geht es darum, dieses Gesetz weiterzuentwickeln, zu verbessern, anzupassen, mithilfe der Erfahrungen, die wir in den letzten Monaten gesammelt haben, zu ergänzen, sodass nicht das ganze Land, sondern nur regionale Cluster betroffen sind. Darum sage ich ein herzliches Dankeschön an die Fraktion der Sozialdemokraten dafür, dass es möglich ist, auch hier wieder gemeinsam diese Verbesserung des ersten Gesetzes zu beschließen.

Es würde mich auch freuen, wenn da die Kollegen von der freiheitlichen Fraktion nicht immer unbedingt dagegenhalten müssten, weil es halt schick ist oder weil es zur poli­tischen DNA gehört (Bundesrätin Mühlwerth: Ah!), dagegen zu sein. Ich lade Sie ein, da mitzuarbeiten und mitzudenken, denn – der Herr Bundesminister hat es gesagt – es ist, wie es ist: Es kommt wieder zurück. Wir hatten gute Maßnahmen, aber dann ereilte uns der Ruf: Lockern, aufmachen! Wann gibt es Planbarkeit? Wann ist der nächste Schritt der Lockerung?

Das hat durchaus nicht nur in Österreich, sondern weltweit dazu geführt, dass es wieder einen Anstieg der Infektionszahlen gibt: Es gibt heute in Österreich einen Anstieg der Infizierten von 684, damit mit dem heutigen Tag 8 413 Infizierte; 414 Personen sind im Spital, 78 auf den Intensivstationen; das sind 41 500 Gesamtinfizierte in Österreich. Weltweit, darauf hat der Herr Bundesminister hingewiesen, sind es 32 Millionen Infizierte und fast eine Million Tote.

Das ist eine weltweite Tragödie, eine weltweite Herausforderung. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Gesellschaft und auf die Wirtschaft. Darum gilt es, entsprechend dagegenzuhalten und manche Dinge vernetzt und gemeinsam zu sehen. Es hilft uns nicht, wie wir zuerst gesagt haben, schnell zu öffnen, die Systeme schnell zu lockern, denn dann fallen wir wieder zurück und haben die Gefahr, dass wir wieder stärker ein­greifen müssen. (Bundesrat Steiner: So ein Schwachsinn!) Darum, glaube ich, ist es notwendig, da viele Dinge gemeinsam zu sehen, nämlich Gesundheit und Wirtschaft. Es geht nur, wenn wir eine gesunde Wirtschaft haben. (Bundesrat Steiner: Wo ist die gesunde Wirtschaft?) Eine gesunde Wirtschaft ist eine, die ohne Angst in dieser Auseinandersetzung - - (Bundesrat Steiner: Wo ist die gesunde Wirtschaft? Wo?! – Bundesrat Spanring: Die ist vernichtet worden!)  In dieser Pandemie kann nicht alles normal bleiben. Wir brauchen gesunde Menschen, um eine gesunde Wirtschaft zu haben – und Angst ist da nicht der richtige Faktor. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

Dass das gemeinsam gesehen wird, zeigen auch die Bundesländer Tirol, Vorarlberg und Salzburg, die gemeinsam mit den Vertretern der Wirtschaft strengere Maßnahmen, als sie bundesweit vorgesehen sind, beschlossen haben (Bundesrätin Steiner-Wieser: Eine Katastrophe ist das gewesen ...! So ein Schwachsinn!), damit eben das Touris­musland entsprechend gesichert ist, damit der Wintertourismus eine Chance bekommt, zu existieren.

Wir können in Österreich Infektionszahlen leugnen, wir können sie in Österreich eigens bewerten, wir können sie schönreden, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber es wird uns nichts helfen. Wir werden an den Nachbarländern und allen anderen Staaten gemessen. (Bundesrat Steiner: Da ist die Ampel superhilfreich!) Wenn wir auf einer Roten Liste stehen, dann nützt es nichts, wenn wir es zu Hause entsprechend schönreden. (Beifall bei der ÖVP.)


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Wir müssen auch den Faktor Gesundheit und Arbeitsplätze entsprechend sehen. (Bun­desrat Steiner: Das funktioniert ja sehr gut!) Die Bundesregierung hat sehr viele Hilfspakete geschnürt, um die Wirtschaft zu unterstützen und damit die Arbeitsplätze zu sichern (Bundesrat Steiner: Ha, ha, ha, was für Arbeitsplätze habts denn gesichert?), zum Beispiel das erste Hilfspaket, das Investitionspaket, das läuft, und vor allem das durchaus erfolgreiche Modell der Kurzarbeit, damit möglichst wenige Menschen gekün­digt werden. Auch das ist ein Erfolg dieser Bundesregierung. (Zwischenrufe der Bun­desrätInnen Mühlwerth und Steiner.) Und ich sage Ihnen: Lieber gesunde Men­schen in Kurzarbeit als kranke in Vollbeschäftigung, geschätzte Damen und Herren! (Bundesrat Steiner: So viele Arbeitslose, das ist Versagen ...! Schämen Sie sich!)

Gesundheit und Freiheit sind auch noch Begriffe, die es aufzulösen und zu verstehen gilt. Eine Zeit, in der es Beschränkungen bedarf, führt natürlich dazu, dass Grundfrei­heiten eingeschränkt werden. Dies dient letztlich auch der Gesundheit und der Nicht­weiterverbreitung der Infektion. Es ist die Aufgabe einer verantwortungsvollen Regie­rung, da entsprechend einzugreifen – nicht, weil das eine Regierung gerne tut, sondern weil es notwendig ist. Es gab und gibt keinen Plan für eine weltweite Pandemie (Bun­desrat Steiner: Ja, das glaube ich; Plan habt ihr wirklich keinen! – Zwischenrufe der Bundesrätin Mühlwerth), jedes Land wurde davon überrascht. Daher gilt es, da auch entsprechend zu reagieren und nicht leichtfertig und gedankenlos zu handeln.

Ich darf Rosa Luxemburg zitieren: Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo sie die Freiheit des anderen eingrenzt. – Und wenn die Freiheit des einen zur Gefährdung der Gesundheit des anderen führt (Bundesrätin Mühlwerth: Da schränkt ihr lieber die Freiheit von allen ein!), dann ist das nicht entsprechend zielführend. Daher, glaube ich, ist es gut, diesem Gesetz zuzustimmen, diesen Erweiterungen und Verbesserungen zuzustimmen, damit wir die schwierige Zeit, in der wir uns befinden, entsprechend gut überstehen. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

15.27


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ingo Appé. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile Ihnen das Wort.


15.27.12

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geschätzte Damen und Herren! Oppositions­politik ist mehr, als immer nur Nein zu sagen. Gerade dann, wenn es um die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung geht – und wir befinden uns noch immer mitten in einer weltweiten Pandemie, wie der Herr Bundesminister vorhin festgestellt hat –, haben politische Sandkastenspiele hier keinen Platz.

Daher ist sich die SPÖ auch in der größten Gesundheitskrise der Zweiten Republik ihrer Verantwortung als Oppositionspartei sehr wohl bewusst, hat konstruktiv an der Verbes­serung des Coronagesetzes mitgearbeitet und konnte dabei auch wichtige Punkte durchsetzen. (Bundesrat Steiner: Ja, brutal wichtige!) – Hör ein bissl zu, dann kannst du vielleicht deinen geistigen Horizont ein bisschen erhellen! (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Nur nochmals zur Erinnerung: Kurz angeführt sind dies klare zeitliche Befristungen des Gesetzes, stärkere Einbindung des Parlaments, deutliche Einschränkungen der behörd­lichen Kontrollbefugnisse, zeitliche Maximalbegrenzung für freiheitsbeschränkende Ver­ordnungen, Verordnungen von Landeshauptmännern und Bezirkshauptmännern zu strengeren Maßnahmen können nur mit Zustimmung der übergeordneten Behörden erfolgen. Für die Ampel gibt es jetzt auch eine gesetzliche Grundlage, und Privaträume sind besser vor behördlichen Eingriffen geschützt. So konnte die SPÖ dazu beitragen,


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dass das nunmehr vorliegende Gesetz mehr Klarheit und Kontrolle beinhaltet – und daher können wir diesem auch zustimmen. (Vizepräsidentin Grossmann übernimmt den Vorsitz.)

Wie hat es schon der WHO-General in seiner Initiative zur gemeinsamen Entwicklung und Finanzierung eines Covid-Impfstoffes tituliert? – „We sink or we swim together.“ Wenn wir das zu reparierende Gesetz hier nur kritisiert und zerpflückt hätten, ohne konstruktive Vorschläge einzubringen, hätte dies niemandem genützt. Wie eben zitiert: Wir sinken oder wir schwimmen gemeinsam. – Dies sollte auch auf die Länderebene transportiert werden. Da geht es um keinen Wettbewerb um die ersten oder letzten Plätze in einer Coronastatistik. Es geht nicht um ein Selektieren von Jung und Alt oder von Gut und Böse. (Bundesrat Steiner: Das passiert aber gerade!)

Wünschenswert wäre ein nationaler Schulterschluss unter Bündelung aller parlamenta­rischen Kräfte mit allen Institutionen und auch – und dies gilt besonders – mit der Wertschätzung des Bundesrates – im Bewusstsein der Bundesregierung –, denn dann wären diese häufigen Sondersitzungen unseres Gremiums obsolet. (Beifall bei der SPÖ.)

Es muss beiden Seiten der Koalition, aber auch der Opposition klar sein: Nicht alle Ideen und Vorschläge der jeweils anderen Seite sind schlecht. Ziel in einer Situation wie dieser sollte es sein, das Beste von jedem zu bündeln. Beim Kampf gegen eine Pandemie hilft es nicht, den Schuldigen im Gesundheitsministerium oder in einem Rathaus zu suchen, sondern es sollte darum gehen, für eine bestimmte Region unter bestimmten Bedin­gungen das Beste im gesundheitspolitischen Bereich herauszufinden. Es darf nicht darum gehen, andere schlecht aussehen zu lassen, nur weil gerade Wahlkampf in Wien ist. Schließlich geht es um die Gesundheit und um Menschenleben (Zwischenruf des Bundesrates Bader – Zwischenruf bei der SPÖ), und da hat politisches Hickhack normalerweise keinen Platz. (Beifall bei der SPÖ.)

Unter diesem Aspekt sind die Coronaapp und die Coronaampel bereits zum Opfer des gegenseitigen Misstrauens der Parteien sowie zwischen Politik und Bevölkerung ge­worden. Beide hätten sinnvolle Instrumente zur Eindämmung der Pandemie werden können. Keine Erfolgsgeschichte wurde die Coronaapp. Sie hat 2 Millionen Euro gekos­tet, hat aber bis heute nur zehn Treffer hervorgebracht.

Auf den ersten Blick war die Ampel ein geniales Instrument. Sie sollte vermeiden, dass beim Auftreten eines lokalen Clusters nicht ganz Österreich unter eine Käseglocke gestellt wird; es sollte ein regionales Vorgehen ermöglicht werden. Unser Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser war der Erste, der dies schon vor Längerem gefordert hatte. Eine breite Allianz von Politikern hat dann aber doch der Ampel „ein Begräbnis erster Klasse“ beschert, wie es Michael Jungwirth in der „Kleinen Zeitung“ zum Ausdruck brachte. Im Laufe der Woche wurde die Hälfte der Städte und Bezirke umgefärbt, aber keine einzige Verschärfung zog Konsequenzen nach sich – nochmals Michael Jungwirth. Dass dann am Donnerstag eine Stunde vor Sitzungsbeginn der Coronakommission das virologische Quartett der Bundesregierung ein neues Maßnahmenbündel verkündet hat, ist eine beispiellose Desavouierung der Kommission. (Beifall bei der SPÖ.)

In Kärnten hatten wir am Dienstag dieser Woche im Landtag eine Enquete zum Thema Coronakrise. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen, sehr geehrter Herr Bundes­minister, und dem Bundesrat einige Punkte daraus, die Lehren aus der Krise aus Sicht der Fachexperten dieser Enquete, zur Kenntnis bringen:

Es ist unabdingbar, eine Absicherung unseres ausgezeichneten Gesundheitssystems zu gewährleisten. Dies sollte ja kein Problem sein, bewältigen wir doch die Krise unter dem Motto „Koste es, was es wolle“; das wird uns unsere Gesundheit ja wert sein.


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Vorsorge für eine ausreichende Grippeschutzimpfung;

ausreichendes Personal für Contacttracing;

klare Kommunikation – Beispiel Grenzkontrolle: ein nochmaliges Fiasko mit Wartezeiten bis zu 12 Stunden darf es nicht mehr geben! –;

Verbesserung der Gesundheitspolitik im Bereich der Gemeinden – es fehlen Gemeinde- und Sprengelärzte –;

Fehlen einer kompetenten Fachsektion im Gesundheitsministerium – diese wurde ja in der Vergangenheit aus parteipolitischen Gründen liquidiert –;

Fehlen eines pandemischen Rahmenplans;

Vorbereitung für der Lage angepasstes Agieren;

Vereinbarkeit von Regelbetrieb und Covid-19-Management im Krankenhausbereich – andere Erkrankte dürfen nicht auf der Strecke bleiben! –;

Umgang mit Zahlen und Begriffen – zum Beispiel ist die Aussage: Jeder positiv Getes­tete ist ein Erkrankter!, falsch –;

wissensbasierte Kommunikation;

multidisziplinäre Kompetenzen nutzen;

begründetes Abwägen, Entscheidungsfindung der Verhältnismäßigkeit und des rationa­len Diskurses;

der Gesundheitsschutz der Bevölkerung ist mehr als Infektionsschutz;

Wahrung der menschlichen Würde;

kein Wettbewerb zwischen Bezirken und Ländern;

Angst kann auch krank machen;

keine Abhängigkeit von Medikamentenimporten aus China.

Ein spezielles Problem ergibt sich in den Pflegeheimen, da ist Folgendes dringend erforderlich: das Einsetzen eines Heimarztes; die Schaffung klarer Regeln für eine Be­suchserlaubnis; das Abschiednehmen muss unbedingt möglich sein; und die Schaffung von Isolierzimmern für Verdachtsfälle und Infektionen im Heim.

Wichtig ist auch ein ehrlicher Umgang mit der Bevölkerung. Zum Beispiel ist die momen­tane Aussage – das wurde heute schon mehrmals angeführt –: Der nächste Sommer wird wieder normal!, irreal und unverantwortlich, denn das wissen wir heute noch nicht.

Ebenso ist es irreal, dass es in Kürze eine Therapie gegen Covid-19 geben wird. Es gibt bis heute noch keine Therapie gegen Influenza A und B, sondern nur Schutzimpfungen. Abschließend die Aussage des Primarius der Kabeg im Zuge dieser Enquete: Covid-19 ist keine Strafe Gottes, sondern eine virale Erkrankung! – Vielen Dank für die Aufmerk­samkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

15.35


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Danke, Herr Kollege.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesrat Robert Seeber. – Bitte, Herr Kollege.


15.35.55

Bundesrat Robert Seeber (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Präsidium! Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Es ist ja schon sehr vieles gesagt worden, ich darf aber dennoch einige Punkte von meiner Warte, auch


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von der Warte der Wirtschaft, auch von der Warte des Tourismus und der Gastronomie in diese Debatte einbringen.

Zuerst allgemein gesagt: Wir schaffen heute mit diesem Gesetz die Rahmenbedingun­gen, um einer weltweiten Pandemie entsprechend begegnen zu können, sprich einer Pandemie, die wir uns, wie wir wissen, alle nicht gewünscht haben, sondern die einfach passiert ist. Es gibt ja 30 Millionen Infizierte weltweit.

Es geht letztendlich – das sehe ich in der Wirtschaft so – immer um die Frage des Gleichgewichts zwischen der Gesundheit und der Wirtschaft. Das ist nicht ganz einfach, das gebe ich zu. Es gewinnt logischerweise immer die Gesundheit, das steht im Vorder­grund. Die Regierung setzt vorbeugende und unbedingt notwendige Maßnahmen, um auch der Wirtschaft, auch wenn es sehr schwierig ist, ein Überleben zu sichern.

Ich sage als Gastronom und auch als Touristiker dazu: Wir haben uns diese Situation nicht gewünscht, aber wir verstehen die Maßnahmen – das sage ich auch im Sinne der Interessenvertretung seitens der Politik. Wir verstehen das, aber natürlich ist es für uns wirtschaftlich nicht ganz einfach, aber wir tragen das selbstverständlich mit. (Bundesrat Steiner: Ja, ihr müsst ja nicht schon um 10 Uhr zusperren, ihr in Oberösterreich!) – Auf dich komme ich noch zu sprechen, Herr Steiner! (Ruf bei der SPÖ: Draußen aber!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere Hoffnungen weltweit beruhen natürlich auf einem Impfstoff, das wissen wir alle. Ich darf vielleicht sagen, ich habe vorige Woche zu einer Strategiesitzung betreffend Tourismus Primarius Lamprecht – das ist der Chef der Lungenabteilung im Linzer AKH, ein ganz unaufgeregter Spitzenmediziner – einge­laden. Er hat gesagt, dass es gegen die Grippe einen Impfstoff gibt und dass da 40 Prozent für eine Herdenimmunität genügen. Das ist bei Corona nicht so. Er sagt, wenn die Grundregeln – Hygiene, Abstandhalten, Mund-Nasen-Schutz – befolgt wer­den, ist schon einmal sehr viel geschafft. Ich habe ihn gefragt: Herr Primar, was halten Sie vom schwedischen Weg?, und er hat ganz ehrlich zu mir gesagt – denn auch die Medizin ist in einem Lernprozess, lieber Kollege Kornhäusl –: Das werden wir in circa drei Jahren beurteilen können, ob sich eine Mortalitätsrate annähert oder nicht!

Faktum ist: Wir haben in Schweden 6 000 Todesfälle – das sind sechs Mal so viele wie in Österreich – und auch jetzt (Zwischenruf des Bundesrates Bader) wird schon wieder über eine Verschärfung der Maßnahmen nachgedacht. Ich bin der Überzeugung: Wenn man ein bissel vernünftig ist, ein bissel den Hausverstand walten lässt und auch ein bissel positiv denkt, dann sind wir sehr gut für diese Krise gerüstet. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Herr Minister, die Tendenz der Infektionen ist ja stark steigend – ich habe mir Ihre Rede im Nationalrat angehört –, daher ist es wichtig, dass das COVID-19-Maßnahmengesetz überarbeitet und novelliert wurde. Das ist natürlich eine sehr wichtige Grundlage für die nächste Zeit. Weltweit ist allen Nationen dieser Welt das Ringen – Ihre Worte – gegen diese Pandemie gemeinsam, von Neuseeland – Ihre Worte, ich wiederhole sie, damit es besser verstanden wird – bis in das kleine Österreich. Das heißt, wir haben uns das nicht ausgesucht, sondern wir sind in einer Zwangslage. Wir – die Regierung – sind auf einem Dampfer, Kollege Christian Steiner (Bundesrat Steiner: Christoph!), wie in einem Sturm, und wir schlingern auf offener See. (Bundesrat Steiner: Ihr seids am falschen Dampfer!) Das ist bei einer Pandemie so. Und auch wir, Christian (Bundesrat Steiner: Christoph! – Heiterkeit bei der FPÖ), und auch wir, Christian (Bundesrat Steiner: Christoph!) – Christoph, ist schon recht (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP, SPÖ und Grünen – Heiterkeit des Redners – Bundesrat Steiner: Wahnsinn!) –, in der Wirtschaft schlingern herum und haben natürlich auch keine Planungssicherheit.


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Die Regierung hat also die Sache insgesamt, so wie ich das beurteilen kann, gut gemacht. Das sagen auch internationale Bewertungen, und an diesen soll man sich messen. Wir sind bis jetzt sehr gut durch die Krise gekommen.

Jetzt komme ich noch einmal ganz kurz zur FPÖ – das habe ich mir extra heraus­geschrieben, denn es war ganz interessant, was ihr am Anfang gesagt habt –: Am 13. März hat euer Bundesobmann gesagt: Sofort einen Lockdown! (Bundesrat Bader: Nein, der Klubobmann!) Das gehört einmal auf den Tisch. Wir haben jetzt versucht, durch entsprechende Maßnahmen einen Lockdown zu verhindern, und jetzt passt es natürlich wieder nicht!

Was sagt Herr Kickl dazu? Es fallen Ausdrücke wie – ich habe mir das von der Natio­nalratssitzung aufgeschrieben – „Großangriff auf die Grund- und Freiheitsrechte“ (Bun­desrat Steiner: Ja das ist ja wahr!), „Freiheitsberaubung“, Kurz nimmt Österreich in Geiselhaft (Bundesrat Steiner: Jawohl!), „Feschismus“ (Bundesrat Steiner: Jawohl!), Rollkommando. Ich möchte solche Ausdrücke im Parlament nicht hören. Das haben wir in Österreich nicht notwendig. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Also was du hören möchtest, das ...! – Bundesrätin Mühlwerth: ... ist das wie „durch den Rost fallen“? Das wollen wir auch nicht hören! Das hat aber keiner von uns gesagt!) Ich glaube, die Österreicherinnen und Österreicher haben langsam mehr Angst vor euch als vor Corona. Das ist meine Befürchtung. (Beifall bei der ÖVP.)

Das, was mich nachdenklich macht, liebe Freunde, und wir kennen einander sehr gut: Bei euch zählen weder Gesundheitsargumente noch Wirtschaftsargumente. Ihr stellt hier ein Taferl her, auf dem etwas von Coronawahnsinn und davon, dass wir den Kindern die Zukunft rauben, steht (Bundesrätin Mühlwerth: Das Lachen, nicht „die Zukunft“!), und ihr wisst alles besser und macht den Menschen Angst. (Bundesrat Steiner hält eine Tafel mit der Aufschrift „Ihr zerstört Österreich“, auf der Bundeskanzler Kurz und Bundes­minister Anschober abgebildet sind, in die Höhe.)

Albert Einstein hat einmal gesagt: „Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.“ – Freunde, ich weiß nicht, denkt euch jetzt ein bissel euren Teil! (Bundesrätin Mühlwerth: Der Einstein hat auch gesagt, das Weltall und die Dummheit sind unendlich! ...!) Liebe Freunde von der FPÖ! (Bundesrat Steiner: Wir sind keine Freunde!) Jetzt rede ich über die Sperrstunde. Da steht ein Mann, der weiß, wovon er redet. (Rufe bei der SPÖ: Nimmer mehr! Seit wann?) Herr Hofer hat am 22.9. gesagt: 22 Uhr ist der Todesstoß für Tausende Gastronomen. (Ruf bei der FPÖ: Ist es auch!)

Ich sage jetzt ganz ehrlich – ich bin auch Interessenvertreter, ihr wisst das –: Mir passt es auch nicht. Ich hätte auch gerne etwas anderes. Ich kämpfe jetzt noch, dass ich als Kompromiss 23 Uhr zusammenbringe. Man muss aber dazusagen: Auch wenn man von diesen Maßnahmen nicht so begeistert ist, ist es mir immer noch lieber, als wenn es zu einem Lockdown kommt. Ich frage euch ganz ehrlich: Ist das der Sinn, dass wir jetzt wilde Partys machen und das Licht dann komplett ausgeht? (Bundesrat Steiner: Ja du willst ja selber bis 23 Uhr offen haben statt bis 22 Uhr!) Ich rede mit Hunderten Gastronomen und Hoteliers, und jeder sagt mir, dass es richtig ist. (Bundesrat Steiner: Selber willst du, aber in Tirol und Salzburg ...!) Wir haben jetzt eine Wintertouris­mus­strategie gemacht, die in dieses Horn stößt, denn wir wollen Reisewarnungen ver­meiden. (Bundesrat Steiner: Das ist ja heuchlerisch!)

Ich sage euch eines, liebe FPÖ – das schreibt euch ins Stammbuch –: Die Corona­verharmloser beziehungsweise diese Wahnsinnssager sind mitverantwortlich dafür (Bundesrat Steiner: Moralisierer!), dass die Zahlen stark gestiegen sind. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Ein Schwachsinn! Und ihr hockt im Kammerl herum ohne Masken!) Wenn politische Repräsentanten das sagen, wird das von vielen Menschen übernommen. (Bundesrat Steiner: Ihr hockt im Kammerl beieinander wie die Hendln!


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Moralisierer!) Und eines sage ich auch: Genau diese Leute, die wie ihr jetzt sagen, dass alles ein Wahnsinn ist, sind die Ersten, die, wenn es zu einem Lockdown oder zu Reisewarnungen kommt, sagen: Ja, warum habt ihr denn nichts gemacht! (Bundesrat Steiner: Reisewarnungen haben wir schon wegen der Ampel, wegen der supertollen Ampel!) Das heißt, die Maßnahmen sind nicht das Problem, sondern die unterlassenen und die nicht gesetzten Maßnahmen – und dafür seid ihr! Das passt nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend – ich will es nicht zu lang machen (Bundesrätin Mühlwerth: Es ist schon zu lang!) –: Es gibt seitens der Regierung natürlich ein verantwortungsvolles Vorgehen; danke auch der SPÖ, die da mitgeht. Es ist sehr viel gemacht worden, auch im Tourismus, von den Überbrückungsgarantien über den Fixkostenzuschuss bis zur 5-prozentigen Mehrwertsteuer – diese Regelung konnten wir um ein Jahr verlängern. (Bundesrätin Schumann: Bla, bla, bla!) Heute wurde auch die Ausfallshaftung mit 300 Millionen Euro für die Veranstalter, für die Messeveranstalter beschlossen, ein Kreditmoratorium ist noch in Verhandlung, und die Investitionsprämie wurde, wie wir heute im Wirtschaftsausschuss gehört haben, auf 2 Milliarden Euro ausgeweitet; sie hat einen Hebel von 15 Milliarden Euro. Also: Die Regierung tut etwas, arbeitet konstruktiv an der Lösung der durch diese verdammte Pandemie verursachten Probleme mit.

Was mir ein Anliegen ist und womit ich schließen möchte: Der Herr Bundeskanzler hat unlängst einmal gesagt (Bundesrätin Grimling: Ohhh! Nein!) – bitte gut aufpassen! –, wir müssen den Anstieg der Infektionen stoppen; das ist nicht nur eine Frage der Gesundheit, es geht auch um Arbeitsplätze, denn hohe Infektionen führen zu Einschrän­kungen, Reisewarnungen, niedrigem Konsum und im schlimmsten Fall zu einem zweiten Lockdown, und das wollen wir nicht.

Ich bin froh, dass die Regierung einen derart konsequenten Weg geht, auch wenn dieses Gleichgewicht zwischen Gesundheit und Wirtschaft nicht einfach ist. Ich gebe es zu, wir leiden – ich genauso; ich bin mit meinen Gastrobetrieben ein Hauptbetroffener, und ihr wisst, dass der Tourismus sehr betroffen ist. (Bundesrat Steiner: Hauptbetroffen sind Tirol, Vorarlberg und Salzburg, nicht Oberösterreich!)

Ich bedanke mich, Herr Minister, ich bedanke mich bei der Regierung für diese konse­quente Vorgehensweise und dafür, dass Sie, Herr Minister, und unser Bundeskanzler das Schiff in dieser schwierigen Zeit zusammen so bedächtig und professionell steu­ern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.47


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Zu seiner ersten Rede hier im Hohen Haus ist Herr Bundesrat David Egger zu Wort gemeldet. – Bitte schön.


15.47.22

Bundesrat David Egger (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Liebe Zusehe­rinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Herr Seeber! Es freut mich als Sozialdemokrat natürlich besonders, wenn dem Herrn Bundeskanzler die Arbeitsplätze am Herzen liegen. Ich kann das jedoch nicht immer ganz glauben, wenn ich mir die derzeitige Arbeitsplatzsituation anschaue. Es ist auch besonders interessant, die Diskussion von Herrn Seeber und Herrn Steiner anzuhören – aber jetzt einmal zurück zur Sachlichkeit!

Ich möchte zu Beginn vielleicht einmal ein kleines Feedback, Herr Bundesminister, aus Salzburg geben, wie da so das Stimmungsbild in der aktuellen Situation ist, wie die Salz­burgerinnen und Salzburger – das liegt mir besonders am Herzen – dieses Corona­verordnungschaos so aufnehmen. Ich bin jeden Tag draußen unterwegs, im ganzen Bundesland, ich spreche mit ganz, ganz vielen Menschen, und wissen Sie, was die mir


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erzählen? – Ob in der Stadt Salzburg, bei mir am Land im Flachgau, im Tennengau, in Zell am See, im Großarltal, ganz egal wo, sie sagen zu mir: David, wir kennen uns nicht mehr aus!

Die Leute sind verwirrt, sie sind verunsichert und sie haben diese ständigen Androhun­gen von einschränkenden Maßnahmen satt: Es wird davon gesprochen, und dann kommt schlussendlich doch alles anders, als es eigentlich in irgendwelchen inszenierten Pressekonferenzen prognostiziert wurde.

Man kann das den Menschen draußen auch gar nicht übel nehmen: Maske rauf, Maske runter, Sperrstunde früher, Sperrstunde später, Ampel ein, Ampel aus! Es kennt sich bei dem Ampelwahnsinn ehrlich gesagt niemand mehr aus. Da muss man sagen: Wenn eine Ampel an einer Kreuzung ausfällt, was entsteht dann? – Es entsteht ein Chaos. Wir haben es heute schon gehört: Die Ampel ist ein Bauchfleck, die App hat uns 2 Millionen Euro Steuergeld gekostet, und zehn Coronafälle konnte man damit angeblich nach­vollziehen.

Dieses Chaos ist ein von unserer Bundesregierung hausgemachtes. Ich habe mit Direktorinnen und Direktoren, mit Lehrerinnen und Lehrern in den Schulen draußen gesprochen, die ein, zwei, vielleicht drei Tage vor Schulbeginn die Information erhalten haben, wie sie das in ihren Schulen eigentlich überhaupt regeln und managen sollen. Da muss man einmal Danke in diese Richtung sagen, dass die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Direktorinnen und Direktoren das mit den Eltern gemeinsam in Eigeninitiative überhaupt so gut hinbekommen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe mit Schülern und Eltern über überfüllte Schulbusse gesprochen, teilweise ist der Schulbus vor der Nase weggefahren. Ich muss ganz ehrlich sagen, es ist keine Überraschung, meine Damen und Herren, dass die Schule in Österreich im September anfängt. Das muss ich an dieser Stelle schon einmal festhalten. Da frage ich mich wirklich, liebe Grüne und liebe ÖVP, warum die Regierung darauf nicht besser vorbe­reitet war.

Und jetzt schürt man wieder die Angst. Man spielt bei den Menschen ein bisschen mit der Angst, obwohl wir in der Politik eigentlich die Aufgabe hätten, den Menschen diese Angst zu nehmen. Mir kommt vor, man ist sich in der Bundesregierung nicht ganz einig, ob es eine zweite Welle gibt oder ob es sie doch nicht gibt, ob sie jetzt kommt oder doch wieder überschwappt. Darüber muss man sich anscheinend in der Bundesregierung selbst auch erst einmal einig werden.

Das führt mich zu der Frage, was über den Sommer in der Bundesregierung überhaupt getan wurde. Sie scheint ein bisschen im Dornröschenschlaf gewesen zu sein, denn wir haben eine Ampel mit vier Farben, auf gut Deutsch einen Bauchfleck. Wenn wir ehrlich sind, hätte es in der Schule: Setzen, Fünf!, geheißen und man wäre durchgefallen.

Sie spielen bis jetzt aber nicht nur teilweise mit den Freiheitsrechten der Österreiche­rinnen und Österreicher, was an sich schon grausig genug ist, Sie spielen auch mit den Existenzen der kleinen Selbstständigen, der Unternehmerinnen und Unternehmer, der freischaffenden Künstlerinnen und Künstler in diesem Land, der heimischen Gastro­nomen. Und was mich als Sozialdemokraten persönlich am meisten betrifft: Sie spielen mit den Arbeitsplätzen der fleißigen Leistungsträgerinnen und Leistungsträger in unse­rem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Es kommt mir ein bisschen vor – das ist mein Bauchgefühl –, als will man uns alle mit diesem Zickzackkurs, den man in der Regierung fährt, ein bisschen verunsichern, sozusagen ein bisschen die Daumenschrauben anziehen, und wenn wir uns alle zusam­menreißen und brav sind, dann werden sie wieder locker gelassen.


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Ich war zur Einweihung eines Kunstwerks in meiner Heimatgemeinde eingeladen, und ich gehörte dort wahrscheinlich zu den Jüngeren, so wie in diesem Haus. Dort haben mir die Leute gesagt, dass sie froh sind, dass wieder einmal die Musi spielt, dass die Old­timerfreunde wieder einmal ein Grillhendl und ein Bier verkaufen, denn die Leute sind alle froh, wir alle sind froh, wenn wir die treffen, die wir gernhaben, unsere Liebsten, die Menschen, die uns ans Herz gewachsen sind, zu Hause, am Fußballplatz, im Gasthaus, im Kaffeehaus, oder wenn wir vielleicht Oma und Opa im Seniorenwohnhaus besuchen. Wir brauchen endlich klare Regelungen dafür, wir müssen den Menschen die Angst nehmen.

Was ist aber das Ergebnis des österreichischen Wegs über den Sommer? Was ist mit unserem so toll ausgerufenen Vorsprung passiert? – Ich sage an dieser Stelle, den Vorsprung haben wir eindeutig verspielt: Chaos, eine Verschlechterung der gesund­heit­lichen Krise und eine noch nie da gewesene Wirtschaftskrise, meine Damen und Herren, in unserem schönen Land.

Es sind nicht die Jugendlichen, wie aus Salzburg berichtet, die alleine an irgendetwas schuld sind. Nein, das sind sie nicht. Es war die konservative Politik der Regierung, Herr Minister, die unseren Vorsprung im Sommer verspielt hat. Die Regierung scheint heut­zutage nicht nur, was die Gesundheit der Menschen angeht, sondern in diesen Stunden auch vor den wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen die Augen zu verschließen.

Jetzt müssen wir in den Ländern die Konsequenzen tragen und das ausbaden, was Kanzler Kurz, Minister Anschober und Co mit ihrer konservativen Haltung verschlafen haben. Die Führungsebene hat die „Hausaufgaben nicht gemacht. Die Folgen spüren wir jetzt“, schrieb Manfred Perterer in den „Salzburger Nachrichten“ letzten Samstag. Da kann ich ihm nur zu 100 Prozent zustimmen!

Dann frage ich mich: Was kann bitte der Wirt in Bischofshofen dafür, wenn in irgend­einem anderen Bezirk die Ampel umschaltet, und plötzlich werden alle über einen Kamm geschert? Das versteht keiner, das verstehe ich nicht, das verstehen die Menschen draußen nicht.

Kollege Seeber, es war, glaube ich, die Tourismusministerin Köstinger, die gestern gesagt hat: Wir sind gut aus der Krise gekommen. – Das sehe ich überhaupt nicht so. Da fehlt, glaube ich, jeglicher Bezug zur Realität, denn wenn ich mir die Arbeits­losenzahlen im Tourismus jetzt ansehe – in Salzburg 80 Prozent mehr als im Vorjahr –, dann wird mir schlecht. (Zwischenruf des Bundesrates Pisec.)

Wenn man sich ein bisschen die Lage in Salzburg anschaut, kommen die Kündigungen bei der SAG in Lend dazu, beim Dentalwerk in Bürmoos, und beim Hotel Sacher – es wurde heute schon angesprochen – ist auch Salzburg davon betroffen. Auch am Salz­burger Flughafen, einer wichtigen Verkehrsdrehscheibe, wackeln die Jobs. Dieser liegt aber den Grünen nicht so am Herzen, wie ich weiß, das haben sie auch laut und deutlich gesagt. Der Salzburger Flughafen ist ein Opfer dieses AUA-Deals, denn das Verhand­lungsgeschick von Herrn Bundeskanzler Kurz war anscheinend doch nicht so lupenrein.

Wir sprechen da über Statistiken und Zahlen, aber dahinter stehen Menschen, stehen Familien, junge Familien, die sich etwas aufbauen wollen, deren Einkommen wegfallen. Da sind Kredite zu zahlen, da sind Leasingraten zu zahlen, da sind die Schulsachen der Kinder zu besorgen. Was passiert, wenn man am Land seinen Job verliert, wenn eine große Firma zusperrt? (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Dann gibt es kleine!) Da hat man nicht so viele Möglichkeiten. Dann passiert die Abwanderung, und das in Verbin­dung mit dem Ortskernsterben. Ja, da kann man sich ausmalen, was passiert.

Ich habe es schon erwähnt: Wir müssen diesen Menschen Perspektiven geben. An dieser Stelle sage ich das auch als Vizebürgermeister für die Gemeinden: Wir brauchen ein wirkliches Investitionskonzept. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wir haben es in Salzburg schon vorgeschlagen: Wenn wir zum Beispiel in allen Gemeinden eine Lehrstelle schaffen, wirken wir als Vorbilder, um der Jugendarbeits­losigkeit entgegenzuwirken.

Wir müssen jetzt gemeinsam anpacken. Aufgabe einer verantwortungsbewussten Re­gierung wäre es, klare, nachvollziehbare, faktenbasierte und rechtskonforme Entschei­dungen zu treffen. Die Menschen in Österreich haben das Recht auf klare, verständliche Maßnahmen, sie haben ein Recht auf Planungssicherheit. Die Menschen in der Gastronomie, die Kinder in den Schulen, die Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern haben ein Recht darauf, zu wissen, was gilt und was in welchem Fall zu tun ist, Herr Minister.

Die ursprüngliche Version des vorliegenden COVID-19-Maßnahmengesetzes wurde dem Anspruch auf Klarheit, Verständlichkeit und Rechtskonformität wieder einmal nicht gerecht. Das Gesetz war schlecht, und darum haben wir als SPÖ alles darangesetzt, es zu verbessern. Das ist unser Zugang: Verantwortung zu übernehmen und gemeinsame Verbesserungen voranzutreiben – und nicht, lieber Herr Steiner am Handy, die Einstellung zu teilen, dass man einmal grundsätzlich dagegen ist.

Wir konnten noch zusätzlich eine klare Befristung des Gesetzes, das Außerkrafttreten mit 30.6. – zum Halbjahr und nicht zum Jahresende – erreichen; und die stärkere Ein­bindung des Parlaments – wir haben es heute schon gehört – sowie, bei Verord­nungen, einer übergeordneten Behörde – der Bezirkshauptmann muss zum Landes­hauptmann und der Landeshauptmann muss zum Minister gehen – haben wir auch durchgebracht. Die privaten Wohnräume sind besser vor den behördlichen Eingriffen geschützt, was uns persönlich ganz, ganz wichtig war und am Herzen gelegen ist. Außerdem haben wir es endlich geschafft, die Ampel auch in einen gesetzlichen Rahmen zu gießen.

Ich möchte noch drei Namen nennen, und zwar  Heinz Mayer, Karl Stöger und Clemens Jabloner, die auf gut Deutsch schon den Sanktus gegeben und gesagt haben, verfas­sungsrechtlich ist das Gesetz in Ordnung.

Wir vonseiten der Sozialdemokratie haben uns vor der Verantwortung nicht gedrückt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wünschenswert wäre ein Schulterschluss über alle Parteigrenzen hinweg, auch was den Beschluss des heutigen Gesetzes angeht. Wir bleiben bei unserer kritischen Haltung gegenüber der konservativen Regierung und betreffend das von ihr produzierte Coronachaos. Es geht darum, unser Land zusammen und gemeinsam in eine sichere Zukunft zu führen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.58


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Als letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt spricht nun Herr Bundesrat Rudolf Kaske. – Bitte schön.


15.58.50

Bundesrat Rudolf Kaske (SPÖ, Wien): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Hohes Frauenpräsidium! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Meine geschätzten Damen und Herren, die via Livestream dabei sind! Zum Ersten möchte ich sagen, mich wundert es nicht, dass wir heute zu dieser Sondersitzung zusammenkommen. Wenn man die letzten Wochen und Monate Revue passieren lässt, so gab es doch einige – ich will nicht sagen: generell, aber einige – Chaosverordnungen, denen der Verfassungsgerichtshof dann schlussendlich einen Riegel vorgeschoben hat.

Über die Ampel hat es hier auch schon viel Diskussion gegeben. Die Ampel ist in den letzten Monaten ein bisschen österreichisch interpretiert worden, so nach dem Motto: bei Grün steht: Vollgas!, bei Gelb: Kein Grund zur Panik!, bei Orange: Schau ma mal!, und bei Rot: A bissl was geht immer! Daher bin ich froh, dass jetzt im Nationalrat mehrheitlich – und ich gehe davon aus, auch heute im Bundesrat – Maßnahmen gesetzt werden, die sinnvoll sind.


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Meine Damen und Herren, Hand aufs Herz und ehrlich gesagt: Diesen letzten Sommer hat diese unsere Bundesregierung verschlafen. Das muss man ganz offen und ehrlich sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bader: Na geh! Da hat die Stadt Wien einiges verschlafen!) – Über die Stadt Wien können wir gesondert reden. Sei froh, dass du hier im Hohen Haus dienen darfst, und das in einer wunderbaren Bundeshauptstadt, die Gastgeber ist! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Köck: Wir können es nach St. Pölten auch verlegen! – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Die Politik ist halt was anderes! – Bundesrat Bader: Die Stadt ist schön, ja!) – Die Stadt ist schön, würde ich sagen. Ich glaube, wir sind in Wien für viele Österreicherinnen und Österreicher auch Arbeitgeber und, und, und. Ich könnte hier viel aufzählen, aber ich glaube, das ist nicht Gegenstand der heutigen Debatte.

Meine Damen und Herren, ich bin sehr froh darüber, dass es zu einer Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes kommen wird, wodurch klar die Beschaffung von Schutzausrüstungen geregelt wird. Die ÖGK wird nämlich verpflichtet, die notwen­digen Produkte zu beschaffen und den jeweiligen gesetzlichen und beruflichen Interes­senvertretungen zur Verfügung zu stellen.

Bisher, wenn man sich die Situation anschaut, haben die Bundesländer für sich, das Rote Kreuz für den Bund eingekauft. Das heißt, bisher hat eigentlich die ÖGK – das ist eine kleine Kritik – wenig getan, daher ist diese gesetzliche Klarstellung notwendig und wichtig. Der Ordnung halber möchte ich aber anmerken, dass die Bundesländer sehr verantwortungsvoll agiert haben, dass zumindest nach Auskunft der Ärztekammer genügend Schutzausrüstung vorhanden ist und die Lager auch dementsprechend voll sind.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch noch einige wenige Bemerkungen zu den Covid-19-Testungen in Arztpraxen machen: Jeder von uns hat in den letzten Mona­ten seine Erfahrungen gemacht. Vielfach habe ich gehört, dass die Rufnummer 1450 überlastet war und ist und die Testungen zu lange dauern (Bundesrat Preineder: In Wien!), obwohl laufend Personal aufgestockt wurde und auch wird. Ich gehe davon aus, dass durch die zusätzlichen Testungen in Arztpraxen die Ansteckungsgefahr miniminiert werden kann. Klar ist auch, dass natürlich die Rahmenbedingungen für die Ärzte beziehungsweise für die Patienten passen müssen, ich sage nur als Stichworte die Größe der Arztpraxis, telefonische Anmeldung und viele andere Dinge. Klar ist auch, dass die Mediziner nicht gezwungen werden dürfen – ich denke, das zu sagen ist auch ganz wichtig.

Erklärtes Ziel muss es aber natürlich sein, dass die Krankheit schneller erkannt wird und damit Ansteckung verhindert wird. Wichtig ist auch, dass künftig ausreichend Schnell­tests vorhanden sind, die die Situation schlagartig entspannen und verbessern. Wie wir auch sehen können, tragen Testungen dazu bei. Und damit sind wir bei Wien, Herr Kollege von der ÖVP: Wo es mobile Teams gibt, wo es Teststraßen gibt, tragen diese schlagartig zur Bekämpfung der Pandemie und zur Verbesserung der Situation bei. Daher werden wir als sozialdemokratische Fraktion den Änderungen im ASVG zustim­men.

Meine Damen und Herren, ich möchte meinen Redebeitrag auch dazu nützen, einen Entschließungsantrag der Bundesräte Rudolf Kaske, Genossinnen und Genossen betreffend Einführung einer Maskenpause einzubringen. Dazu ganz kurz einige Bemer­kungen:

„Der Mund-Nasen-Schutz ist mittlerweile Teil unseres Alltags geworden. Oft brauchen wir ihn aber nur für eine kurze Zeit“; ich denke nur an die Fahrten in den U-Bahnen, Bus oder Zug. Es gibt aber auf der anderen Seite „eine große Anzahl von ArbeitnehmerIn­nen, die acht Stunden und länger eine Maske tragen müssen – Handelsangestellte,


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KellnerInnen, Pflegepersonal, Personal im öffentlichen Verkehr“. Zu Recht sind diese Kolleginnen und Kollegen als die Heldinnen und Helden der Coronakrise bezeichnet worden. Anscheinend können sich heute manche, die politisch tätig sind, nicht mehr daran erinnern.

Es ist halt ein Unterschied, ob man nur kurz einen Mund-Nasen-Schutz trägt oder den ganzen Arbeitstag, denn man hat das Gefühl, nur schlecht Luft zu bekommen, die Haut unter dem Stoff wird feucht und die Schleimhäute im Mund wiederum werden trocken. „Studien haben ergeben, dass der Kohlendioxid-Gehalt im Blut steigt, wenn die ausge­atmete Luft aufgrund des erhöhten Luftwiderstands in der Maske nicht ausreichend entweichen kann.“

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Rudolf Kaske, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Maskenpause“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der geregelt wird, dass bei Arbeiten, bei denen das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes angeordnet ist, jeweils nach zweistün­diger Tragedauer Kurzpausen von 15 Minuten zu gewähren sind und, dass diese Pau­sen als Arbeitszeit gelten.“

*****

Meine Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Ich gehe davon aus, dass in diesem Hohen Haus nicht nur ArbeitgebervertreterInnen sitzen, sondern mehrheitlich ArbeitnehmerInnenvertreter. (Beifall bei der SPÖ.)

Und ich gehe davon aus, dass Sie ein Herz für jene Menschen haben, die uns gut durch die Krise gebracht haben. Ich bitte Sie daher um Ihre Stimme für die Einführung dieser Maskenpause. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.07

16.07.12


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Der von Bundesrat Rudolf Kaske, Kolle­ginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Einführung einer Maskenpause“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit ge­schlossen.

Die Abstimmung erfolgt getrennt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Septem­ber 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950, das Tuber­kulosegesetz und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 61

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Sep­tember 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle die Mehrheit oder gar Stimmeneinhelligkeit fest. Oder gibt es Gegenstimmen? – Nein, sehe ich nicht. (Bundesrätin Mühlwerth: Nein, wir wissen schon, was wir tun!) – Es hätte ja sein können, dass ich eine Hand übersehen habe. (Ruf bei der ÖVP: Die kennt euch!) Der Antrag ist somit einstimmig angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Rudolf Kaske, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Einführung einer Maskenpause“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dieser Antrag bleibt in der Minderheit und ist somit abgelehnt.

16.09.553. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG) geändert wird (354 d.B. und 372 d.B. sowie 10413/BR d.B.)


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Ich darf nun auch Frau Staatssekretärin Mayer herzlich in unserer Mitte begrüßen. – Herzlich willkommen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Ich bitte die Berichterstatterin, Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger, um den Bericht. – Bitte, Frau Kollegin.


16.10.51

Berichterstatterin Claudia Hauschildt-Buschberger: Frau Präsidentin! Herr Gesund­heits­minister! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG) geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen allen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragsstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. September 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte, Herr Kollege.


16.11.47

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich


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kann mich gut an die Diskussionen erinnern, die wir hier noch im März, April, Mai hatten, als es geheißen hat, das ist viel zu wenig, und wir immer gesagt haben: Ja, kann sein, dann werden wir uns wieder treffen.

Man hat uns nicht geglaubt, und jetzt allerdings tun wir das in einigen Bereichen. Später haben wir zum Beispiel die Investitionsprämie, die wir erhöhen, jetzt erhöhen wir einen kleinen, aber sehr bedeuteten Topf. Ich halte es für besonders wichtig, das auch zu betonen, dass wir immer gesagt haben, wenn es zu wenig ist, dann erhöhen wir es. Das machen wir jetzt, in dem Fall von 5 Millionen auf 10 Millionen Euro, es geht um die Erhöhung des Coronahilfsfonds im Künstler-Sozialversicherungsfonds.

Wem steht dieser Topf zur Verfügung? Das ist durchaus gar keine so einfache Sache, denn es gibt ja verschiedene Hilfstöpfe, wie zum Beispiel den Notfallfonds der Wirt­schafts­kammer oder der SVS, aber die Künstlerinnen und Künstler sind genau die Menschen, die dazu keinen Zugang haben. Für die haben wir das eingerichtet. Wir kommen jetzt eben in die zweite Phase, einreichen konnte man schon, und jetzt erhöhen wir das.

Bei den Redebeiträgen von Herrn Kollegen Kaske und anderen ist ein bisschen dieser Wiener Wahlkampf hier hereingekommen. Natürlich sind Kunst und Kultur für jedes Bundesland Teil der hohen Lebensqualität, aber sicher auch ein ganz bedeutender Teil der hohen Lebensqualität unserer schönen Stadt Wien. Daher freue ich mich, dass wir diesen Künstlern und Künstlerinnen in der Not helfen, darum geht es ja.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch ganz ausdrücklich bei den vielen kreativen Menschen bedanken. Wir neigen ja dazu, auch unsere Medienlogik neigt ein bisschen dazu, dass wir die Schimpfer und Schimpferinnen gerne in die Auslage stellen, die hört man immer so laut, aber diejenigen, die nicht schimpfen, sondern Chancen sehen, sich überlegen, was man machen kann, die hört man meist nicht. Das sind aber die vielleicht wirklich innovativen und spannenden Menschen dieser Gesellschaft. Ganz viele Künstler und Künstlerinnen haben sehr innovative und großartige Lösungen geboten, damit wir auch in diesem Sommer wunderbare Kunst und Kultur genießen konnten.

Ich möchte nur eine Theatergruppe als exemplarisches Beispiel herausgreifen, eine Wiener Theatergruppe namens Nesterval, die nämlich sogar von der Nähe der Men­schen lebt: Sie geht mit Menschen durch Räume, man muss sich entscheiden, gehe ich mit der einen oder mit der anderen Gruppe mit, man interagiert mit den Schauspielern und Schauspielerinnen. Dieses Interagieren ist in Zeiten einer Pandemie natürlich eine sehr schwierige Sache. Was haben die gemacht? Das Stück hieß “Der Willy Brandt-Test“, denn sie wollten es in Deutschland machen, jetzt gibt es dann bald den öster­reichischen Ableger namens „Der Kreisky-Test“. Was haben sie gemacht? – Sie haben diese Räume im virtuellen Raum geschaffen. Man konnte sich treffen, man konnte die Schauspieler und Schauspielerinnen in verschiedene Räume begleiten, man kam sozu­sagen wieder zurück auf die Hauptbühne, und das Ganze via Zoom.

Das macht eine Theatergruppe, die, finde ich, mit dieser Idee zu Recht für den Nestroy-Preis nominiert ist. Ich möchte einfach weil wir sonst immer die negativen Stimmen hören – einmal sagen: Es gibt in diesem Land tolle Stimmen mit großartigen Lösungen, und die wollen wir eben mit diesem Hilfsfonds zum Beispiel unterstützen.

Da sollten wir doch alle zustimmen, denke ich mir. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.15


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Ich darf nun Frau Bundesrätin Klara Neurauter ans RednerInnenpult bitten. – Bitte.



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16.15.47

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörer und Zuseher! Der Nationalrat fasste am Mittwoch einstimmig mehrere Beschlüsse zur Abmilderung von wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Covid-19-Pandemie.

Dankenswerterweise wurde auch der Fonds zur Förderung der Beiträge der selb­ständigen Künstlerinnen und Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung um weitere 5 Millionen Euro aufgestockt, damit man dann bis zu 10 Millionen Euro an Beihilfen gewähren kann. Der Covid-19-Fonds im Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz wurde ja, wie mein Kollege Marco Schreuder schon gesagt hat, im März 2020 eingeführt, um Einnahmenausfälle von Künstlerinnen und Künstlern sowie Kunstvermittlerinnen und Kunstvermittlern anlässlich des Ausbruchs der Pandemie abzufedern.

Dieser Fonds soll allen zugutekommen, für die es schwierig war, bei anderen Fonds Anträge zu stellen, weil ihre Tätigkeit zu heterogen ist. Die Phase zwei des Fonds dient als Auffangnetz für jene, die keine Unterstützung beim Härtefallfonds der WKO bezie­hungsweise der Überbrückungsfinanzierung der SVS erhalten können.

Bereits im März wurde mit den Auszahlungen aus dem Fonds begonnen und sicher­gestellt, dass insbesondere freischaffende Künstler, die im untersten Segment der Ein­kom­men angesiedelt sind, die Krise überstehen. Der Künstler-Sozialversicherungsfonds ist zwar relativ klein, hat aber eine wichtige Rolle gespielt, da er rasch mit den Aus­zahlungen begonnen hat. Jetzt ist er ausgeschöpft, wie wir erfahren haben, und wir können nun weitere Mittel bereitstellen. Das Antragsvolumen ist hoch, rund 400 Anträge sind noch offen und weitere Anträge sind natürlich zu erwarten.

Das letzte halbe Jahr war für alle schwierig, besonders für das Kulturleben. Diese schwierige Phase ist noch nicht zu Ende. Wir müssen verhindern, dass es in nächster Zeit zu einem Sterben von zahlreichen Kulturinitiativen kommt. Daher schafft die Bun­desregierung jetzt einen Haftungsschirm, damit Veranstaltungen längerfristig geplant werden können.

Ich danke Ihnen, Frau Staatssekretärin, dass Sie und die Bundesregierung im ständigen Dialog mit den Kulturschaffenden sind, um zu wissen, was sie für ihr Überleben wirklich brauchen. Die bisherige Hilfe ist angekommen, das kann ich bestätigen und der Kritik der Opposition entgegenhalten. Die Regierung hat ein regelrechtes Kulturpaket mit zahlreichen Unterstützungsmaßnahmen geschnürt. Die Situation ist belastend, aber der Kultursommer war ein positives Beispiel dafür, wie trotz der Pandemie ein vielfältiges Kulturleben organisiert werden konnte.

Als Beispiel möchte ich auf die Salzburger Festspiele zu sprechen kommen, an denen ich selbst teilgenommen habe. Ein perfektes Konzept hat die Veranstaltungen ermög­licht, die Stimmung bei den Künstlern und bei den Gästen war wirklich positiv und groß­artig. Die Stadt Salzburg und ihre Wirtschaft haben enorm von dieser Stimmung und von den europaweiten positiven Medienberichten und natürlich auch von den Einnahmen profitiert.

Ich danke allen Kulturschaffenden, die bereit waren, viele Abstriche hinzunehmen, um Kultur auch unter schwierigsten Bedingungen zu ermöglichen. Strikt zurückweisen möchte ich die Verharmlosung der Covid-19-Pandemie. Die Regierung kann aufgrund der stark steigenden Infektionszahlen gar nicht anders, als strikte Maßnahmen vorzu­sehen.

Die Bevölkerung muss geschützt werden. Wie Sie selbst wissen, ist die Zustimmung der Menschen zu den Vorschreibungen der Regierung sehr hoch. Sie akzeptieren die Maß­nahmen auch im Wissen um deren Alternativlosigkeit. (Bundesrätin Mühlwerth: Manche


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nehmen es auch nur zähneknirschend zur Kenntnis!) – Es hat jeder seinen Wissens­stand, und ich gehe davon aus, dass meiner (erheitert) der bessere ist. (Beifall bei der ÖVP. Heiterkeit der Bundesrätin Zwazl. Bundesrätin Mühlwerth: ... ist so!)

Die Bundesregierung hat bisher 160 Millionen Euro zusätzlich in die Hand genommen, um Kunst und Kultur in der Krise zu unterstützen. Das entspricht nicht weniger als einem Drittel des regulären Kulturbudgets. Es ist eine Notwendigkeit, aber auch eine Selbstver­ständlichkeit, dass die Bundesregierung dem Kunst- und Kulturbereich weiterhin hilft, die Krise zu bewältigen.

Zweifellos ist die Branche jetzt schwer beeinträchtigt, aber die Frau Staatssekretärin hat am Mittwoch im Nationalrat ja bereits erklärt, dass es notwendig ist, an manchen Stellen nachzuschärfen und zusätzliche Schritte zu setzen. Ich bin sicher, dass genau das geschehen wird.

Entgegen manchen Behauptungen stirbt die Kultur keinen Coronatod. Das zeigten und zeigen zahlreiche Festivals, Projekte und Kulturinitiativen. Es liegt aber auch an uns, nicht nur hier Hilfen zu beschließen, sondern auch durch persönliche Besuche von Ver­anstaltungen, von Museen, von Ausstellungen unser Interesse, unseren Respekt und unsere persönliche Anteilnahme zu zeigen und mit den Künstlern ins Gespräch zu kommen.

Kultur braucht nicht nur Geld, sondern auch einen wachen Geist, zum Beispiel Ihren, liebe Kolleginnen und Kollegen. – Darum würde ich Sie alle bitten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.22


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Eva Prischl. – Bitte, Frau Kollegin.


16.22.44

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Werte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Staatssekretärin! Meine werten Kolleginnen und Kollegen des Bundes­rates! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben das jetzt schon mehrmals gehört: Diese erforderlichen gesundheitspolitischen Maßnahmen haben die Kunst- und Kultur­schaffenden sehr, sehr hart getroffen.

Das heißt, die Künstler hatten das erste halbe Jahr sozusagen ein Berufsverbot, in den ersten Monaten stand ja alles still, es gab logischerweise keine Aufführungen. Mittler­weile hat es einige Veranstaltungen unter strengen Sicherheitsmaßnahmen gegeben es wurden auch schon Beispiele wie die Salzburger Festspiele, Theatersommer oder auch diverse andere genannt –, jedoch mit eingeschränkter Teilnehmeranzahl und des­wegen leider auch nicht gewinnbringend. Man hat sich aber trotzdem gefreut, wieder einmal hinzugehen. Es ist sehr, sehr gut für die Seele, wieder einmal dabei zu sein und einem Theaterstück oder einem Konzert folgen zu dürfen.

Allerdings betrifft der Einkommensverlust die Künstlerinnen und Künstler, vor allem jene, die am unteren Einkommensrand leben, leider noch immer; Fixausgaben wie Miete, Strom, Versicherungen, all diese Dinge stehen diesen Einnahmenausfällen gegenüber.

Zur Abfederung dieser sehr, sehr schwierigen Situation hat es Anfang Juli diesen Covid-19-Fonds zur Förderung der Beiträge der selbständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung, dotiert mit 5 Millionen Euro, gegeben. Dieser soll nun aufgestockt werden. Das ist wunderbar, da freuen wir uns sehr, wir werden dem auch zustimmen.

Bei der letzten Nationalratssitzung, welche ich verfolgt habe, haben Sie, Frau Staats­sekretärin, gemeint, dass das bisher 1 400 Personen beansprucht haben, und es gibt


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noch weitere, deswegen soll er – was auch sehr gut ist – auf 10 Millionen Euro aufge­stockt werden.

Ich möchte jedoch auch eine Kritik anbringen: Ich habe mit vielen Kunst- und Kultur­schaffenden in meinem Umfeld gesprochen, und die meinen, die Antragstellung für die Förderung ist nicht so ganz einfach, diese Abrechnungen dauern sehr lange, und zum Teil haben sie noch gar nichts bekommen. Das gebe ich Ihnen jetzt einmal hier mit, und ich hoffe, dass sich das bessert.

Die Betroffenen fürchten vor allem, dass in den nächsten Monaten noch massive Ein­nahmenausfälle auf sie zukommen, und am wichtigsten, am allerwichtigsten – das habe ich in diesen vielen Gesprächen herausgehört und mitgenommen – sind realis­tische Zukunftsaussichten. Sie wollen Planungssicherheiten haben, staatliche Garantien für zukünftiges kulturelles Schaffen.

Niemand weiß, wie sich die Einnahmensituation entwickeln wird. Meine Kernaussage ist: Alle Leute, die in der Kunst- und Kulturbranche arbeiten, sollen auch von ihrem Geld leben können und nicht auf irgendwelche Unterstützungen angewiesen sein (Beifall bei der SPÖ), daher wäre eine Kulturstrategie für die nächsten Jahre eigentlich ein Gebot der Stunde. Noch einmal wir haben es schon mehrmals gesagt – die Forderung seitens der sozialdemokratischen Partei: Wir fordern einen umfassenden Rettungsschirm für alle im österreichischen Kulturbereich tätigen Personen.

Unser Ziel ist ein langfristiges Investitionsprogramm für alle KünstlerInnen, alle Kultur­initiativen und Unternehmungen der Kreativwirtschaft in einer Höhe von 1 Milliarde Euro für die nächsten drei Jahre. Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.26


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesrat Josef Ofner. Ich erteile es ihm. – Bitte.


16.26.35

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Werte Kollegen! Liebe Zuhörer zu Hause vor den Bildschirmen! Friedrich Schiller hat einmal gesagt: „Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit.“ – Wenn man dieses Zitat mit der absurden Coronapolitik dieser Bundesregierung in Beziehung setzen möchte, so muss man leider feststellen, dass nicht nur der Kunst und Kultur ihre Mutter geraubt wurde, sondern dass Sie der Bevölkerung insgesamt dieses höchste Gut und Grundrecht – die Freiheit – mittlerweile endgültig entrissen haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Damit nicht genug! Der Babyelefant mit seinen schwarz-grünen Stiefeltern hat unser Land in ein wirtschaftliches, finanzielles und soziales Fiasko geführt, worunter sogar noch die kommenden Generationen schwer zu leiden haben werden.

Sie haben in diesem Land Tausende Existenzen vernichtet und uns eine Rekordarbeits­losigkeit beschert. Sie verleihen unserem Rechtsstaat das Ansehen einer Bananen­repu­blik, denn die Verordnungen, die Sie erlassen, halten nicht einmal so lange, wie die Tinte zum Trocknen braucht. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie verbreiten Angst und Panik unter dem Ausschluss von nicht gleichgeschalteten Experten, aber im Paarlauf mit willfährigen und systemtreuen Medien, denen Ihre be­zahlten Einschaltungen und zig Pressekonferenzen wichtiger sind als objektive und faktenbasierte Informationen, Recherchen und Berichterstattung. Nein, Sie wollen auch weiterhin weg von der Eigenverantwortung und der Selbstbestimmung und geben daher dem Eingriff in die Grundrechte und der Bevormundung durch Ihre Verbotspolitik den Vorzug.


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Daher müssen wir auch heute wieder hier sein – weil Schwarz-Grün den Weg der Fort­setzung von irrationalen und teilweise nicht nachvollziehbaren Maßnahmen beschreitet und dem Image als Existenzgefährder noch mehr als bisher gerecht werden möchte. Sie haben dieses Land auch kulturell krank gemacht, da hilft es auch nichts, wenn man die Vorberatung über das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz im Gesundheitsaus­schuss stattfinden lässt, denn auch damit verbessern sich die wirtschaftlichen Heilungs­chancen für den Kunst- und Kulturbereich überhaupt nicht.

Aufgrund anderslautender Meinungen und Vorschläge, denen Sie ja immer beratungs­resistent gegenüberstehen, ist es für uns aber klar, dass jenen Menschen, in diesem Fall den selbstständigen Künstlern, welche unverschuldet von Ihnen weiterhin in diese exis­tenzbedrohenden Situationen gedrängt werden, geholfen werden muss. Daher werden wir heute diesem Gesetz, das eben die Aufstockung auf 10 Millionen Euro zur Förderung der Sozialversicherungsbeiträge vorsieht, auch unsere Zustimmung geben. So viel darf ich vorausschicken.

Da wir gerade beim Thema Kunst und Kultur sind: Es sind für mich gerade auch die Tausenden Kulturvereine und -initiativen, die endlich von diesen Zwangsmaßnahmen erlöst werden müssen. Ich rede dabei nicht von den großen Festivals, die nicht zuletzt oft aufgrund großzügiger öffentlicher Unterstützung die Möglichkeit haben, trotz dieses Coronachaos Kulturveranstaltungen durchzuführen.

Nein, ich rede von den Tausenden ehrenamtlichen Kulturschaffenden – und, liebe Frau Kollegin Neurauter, die sprechen eine andere Sprache als Sie heute hier gerade –, die in den letzten Monaten in Musikvereinen, Chören, Traditions- und Brauchtumsvereinen mit teils völlig skurrilen Schikanen gegeißelt werden. Ich kann diesbezüglich auch leider keine Botschaft von Ihnen vernehmen, Frau Staatssekretärin, dass man diesem Unfug endlich ein Ende setzt, dass man diese Vereine endlich von diesen Maßnahmen erlöst und dass man sie ihre wertvolle und geschätzte Kulturarbeit für Österreich ausüben lässt und damit auch zu einem wirtschaftlich wichtigen Aspekt beiträgt, denn die Wirt­schafts­kraft in Österreich würde dadurch entsprechend gestärkt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bitte die Kollegen von Schwarz-Grün: Kommen Sie jetzt nicht mit der finanziellen Absicherung der ehrenamtlichen Vereine über den Unterstützungsfonds für Non-Profit-Organisationen, den wir Freiheitliche im Juni dieses Jahres aus gutem Grund abgelehnt haben, denn heute, vier Monate später, sollten wir leider mit unserer Kritik zum wieder­holten Male recht behalten! Damals sind keine Kriterien vorgelegen, die Abwicklung war überhaupt nicht geregelt, und wir haben uns für eine unbürokratische und rasche Hilfe ausgesprochen. (Bundesrat Bader: So ist es!) – Ja, Herr Kollege Bader, ich werde Ihnen sagen, wie die Realität aussieht. Es wurde von Ihnen genau dieselbe Situation geschaf­fen, wie sie für unsere Unternehmen in diesem Land geschaffen wurde: eine komplexe Abwicklung mit nicht unwesentlichen zeitlichen Aufwänden, am besten natürlich in Kooperation mit einem Steuerberater und dazu mit einem zu erwartenden verhältnis­mäßig niedrigen Ergebnis. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Bader.) Damit werden die Funktionäre, die ehrenamtlich tätig sind, zusätzlich belastet und gequält.

Herr Kollege Bader, wenn Sie sagen, das stimmt nicht, dann müssen Sie Ihre eigene ÖVP-Kultursprecherin berichtigen, denn diese hat im Nationalrat gesagt – Fazit –: Von dem mit 700 Millionen Euro dotierten Fördertopf – die Förderung läuft übrigens per 31. De­zember 2020 aus – sind bis 31. August genau 13,8 Millionen Euro ausbezahlt worden. (Bundesrat Steiner: Unglaublich!) Das sind ganze 1,97 Prozent, und da kann man nur gratulieren und sagen: Großartig! – gemacht nach dem Motto: rasche Hilfe, die sicher nicht ankommt, mit einem Fonds, der zielgenau vorbeischießt. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau dieses Vorgehensweise ist es aber, von der Erstellung der Kriterien bis zum Zwischenergebnis, die zeigt, dass es unseren Kulturschaffenden und Vereinen genau


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gleich geht wie den Unternehmen in unserem Land. Sie sind nämlich dieser schwarz-grünen Regierung völlig schnurzegal. Sie lassen damit tagtäglich Millionen Menschen in Österreich im Regen stehen und im Stich.

Als Realist weiß ich, dass es nichts bringt, wenn man Ihnen etwas sagt. Der Optimist in mir sagt jedoch: Steter Tropfen höhlt vielleicht auch diesen Stein. Daher möchte ich heute ein weiteres Mal an die schwarzen Messiasjünger mit dem grünen Appendix appellieren (Heiterkeit der Bundesräte Pisec und Steiner): Verlassen Sie endlich Ihre Verbots- und Entmündigungskultur und geben Sie unserer Bevölkerung und den Kulturschaffenden dieses Landes ihre Freiheit zurück, denn ansonsten laufen wir Gefahr, dass diese Verbotskultur die einzige Kultur ist, die in Österreich noch übrig bleibt! Und wohin das führt, das lehrt uns die Geschichte. (Beifall bei der FPÖ.)

Glauben Sie mir, das möchte in unserem reichen Kunst- und Kulturland mit den vielen Vereinen, Traditions- und Brauchtumsverbänden kein einziger Mensch, außer Ihnen vielleicht. (Beifall bei der FPÖ.)

16.34


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Staatssekretärin Mag.a Andrea Mayer. – Bitte, Frau Staatssekretärin.


16.34.21

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesrätin­nen und Bundesräte! Der Covid-19-Fonds des Künstler-Sozialversicherungsfonds ist ein wichtiger Baustein in unserer Strategie, um die Notlagen, die durch die Pandemie im Kunst- und Kulturbereich entstanden sind, abzufedern. Dieser Fonds richtet sich an die Einkommensschwächsten unter den Künstlerinnen und Künstlern. Er richtet sich an die, die in den anderen Hilfstöpfen, dem Härtefallfonds oder der Überbrückungsfinanzierung bei der SVS, nicht antragsberechtigt sind. Es geht hier um Menschen, die schon unter normalen Bedingungen ein sehr geringes Einkommen haben und daher mitversichert sind, ein geringes Arbeitslosengeld beziehen oder überhaupt keine Versicherung haben. Umso wichtiger ist es, dass wir mit der Aufstockung dieses Fonds sicherstellen, dass wir diesen Menschen weiterhelfen können. Eine Einmalzahlung von 3 000 Euro ist in diesem Einkommensbereich eine gute Unterstützung.

Ich bin froh, wirklich froh, sagen zu können, dass es seit Beginn der zweiten Phase dieses Instruments gelungen ist, diese Gelder auch schnell auszuzahlen und zu den Menschen zu bringen, die sie brauchen. Es ist unrichtig, wenn behauptet wird, dass der Fonds sehr langsam auszahlt. Die Auszahlung ist innerhalb weniger Tage nach der Antragsprüfung möglich. Jetzt gibt es zugegebenermaßen schon einen Rückstau von circa 400 Anträgen, aber mit dieser Beschlussfassung kann die Abarbeitung dann sehr schnell gehen.

Ich darf noch kurz auf die Kritik eingehen, die uns von der Bundesregierung vonseiten der Opposition immer wieder entgegengebracht wird, Rettungsschirm et cetera: Wir haben in den letzten Monaten eine Reihe von Maßnahmen im Kunst- und Kulturbereich gesetzt, die die verschiedenen Problemlagen, die wir in diesem Bereich haben, ab­decken. Wir haben Maßnahmen für einzelne Künstlerinnen und Künstler getroffen, wie die heute besprochene; Maßnahmen für Institutionen des Bundes, für NPOs, für kom­merzielle Kulturanbieter. Erst heute Vormittag haben wir mit der Veranstalterhaftung eine weitere wichtige Maßnahme präsentiert, die der Kultur Planungssicherheit gibt und damit die Kraft, auch für 2021 kulturelle Events planen zu können. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Neurauter.)


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Insgesamt hat die Bundesregierung über all diese Maßnahmen gesammelt bereits 160 Millionen Euro für Kunst und Kultur zusätzlich zum regulären Kulturbudget in die Hand genommen, 160 Millionen zusätzlich! Das ist mehr als ein Drittel des normalen Kulturbudgets, und da sind die Leistungen aus der Kurzarbeit, aus dem Fixkostenzu­schuss oder dem Härtefallfonds noch gar nicht miteingerechnet. Also das ist ein Ret­tungsschirm, und ich möchte nicht, dass diese Maßnahmen, die für eine gebeutelte Branche so wichtig sind, schlechtgeredet werden.

Ich darf Ihnen versichern, sehr geehrte Damen und Herren: Dort, wo weitere Maß­nahmen benötigt werden oder die Verlängerung bestehender Maßnahmen notwendig ist, werden wir auch das bewerkstelligen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Mein Credo seit meinem Amtsantritt lautet: Wir wollen die Kunst- und Kulturbranche so gut es irgendwie geht durch diese Krise bringen. Ich glaube, wir sind trotz aller Schwie­rigkeiten – und ja, es ist schwierig – auf einem guten Weg, der auch den internationalen Vergleich nicht scheuen muss. Ich darf Sie um breite Zustimmung für die Aufstockung des Covid-19-Fonds des Künstler-Sozialversicherungsfonds bitten und danke dafür, dass Sie das in Ihren Redebeiträgen schon so ausgeführt haben. Ein Volumen von 5 Millionen Euro mag wie ein kleiner Baustein wirken, ist aber deshalb nicht weniger wichtig. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.39

16.39.07


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist somit ge­schlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates betreffend das Künstler-Sozialver­siche­rungsfondsgesetz keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.

16.39.39 4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird (351 d.B. und 361 d.B. sowie 10415/BR d.B.)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (352 d.B. und 364 d.B. sowie 10416/BR d.B.)


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Wir gelangen nun zu den Tagesord­nungspunkten 4 und 5, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin für beide Tagesordnungspunkte ist Frau Bundesrätin Dipl.-Ing.in Andrea Holzner. – Bitte, Frau Kollegin.

16.40.24


Berichterstatterin Dipl.-Ing. Andrea Holzner: Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumen­ten­schutz über den Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird.


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Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 25. September 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumen­tenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 25. September 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Danke für die Berichte.

Ich erkundige mich gerade nach dem Verbleib der Frau Bundesministerin, damit wir die Debatte nicht in ihrer Abwesenheit führen müssen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich ersuche die Parlamentsdirektion zu ermitteln, wann die Frau Ministerin eintreffen wird. (Bundesministerin Aschbacher betritt den Saal.)

Wir begrüßen Frau Bundesministerin Mag.a Aschbacher aufs Allerherzlichste in unserer Mitte! Schön, dass Sie es trotz Stau fast pünktlich geschafft haben.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ernest Schwindsackl. – Bitte, Herr Kollege.


16.43.19

Bundesrat Ernest Schwindsackl (ÖVP, Steiermark): Geschätzte Frau Vizepräsident! Geschätzte soeben angekommene Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und werte Damen und Herren, die via Livestream zuschauen! Zum Arbeits­losenversicherungsgesetz 1977: Einige von Ihnen hatten, so wie ich, bereits im Jahre 1977 das Licht der Welt erblickt, einige folgten später. Keine Sorge, ich reflektiere nicht das Jahr 1977, es war die Alleinregierung von Bundeskanzler Kreisky, und das wäre im Prinzip gar nicht so erwähnenswert. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Auf alle Fälle, geschätzte Damen und Herren, ist ein wesentliches Gesetz zumindest in einen Relaunch gelangt, nämlich das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das eben in diesem Jahr einer Neuüberarbeitung zugeführt wurde. Das Arbeitslosenversicherungs­gesetz 2020, wie es hier vom Nationalrat beschlossen wurde und uns nun vorliegt, hat einige wesentliche Inhalte, es ist nämlich das größte Weiterbildungsprojekt der Zweiten Republik. Mit dieser Sonderdotierung von 700 Millionen Euro sollen bis zu 100 000 Arbeitslose für berufliche Tätigkeiten, vor allem für solche, die stark nachgefragt sind, qualifiziert werden. Arbeitslose, die im Auftrag des AMS an einer zumindest viermona­tigen Schulung oder anderen Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen, werden demnach künftig – zusätzlich zum Arbeitslosengeld beziehungsweise zur Notstandshilfe und zum schon bestehenden Schulungszuschlag von knapp über 2 Euro – 4 Euro pro Tag, also rund 120 Euro im Monat, erhalten. Das ist keine Kleinigkeit.

Dazu darf ich den ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy zitieren, der viele ge­scheite Dinge von sich gegeben hat, unter anderem: Es gibt nur eines, was auf Dauer teurer ist als Bildung: keine Bildung. – Daher ist diese Weiterbildungsinitiative ein ganz wesentlicher und wichtiger Punkt, der hier geschaffen wurde.


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Arbeitsuchende sollen ja motiviert werden, sich vor allem für Berufe zu qualifizieren, in denen der Arbeitsmarkt Fachkräfte dringend benötigt, wie im Bereich Digitalisierung, erneuerbare Energie und vor allem in der Pflege, wo der Bedarf ständig steigt. Viele engagierte junge Damen und Herren, die vielleicht noch nicht die Möglichkeit und die Ausbildung hatten, sich dafür zu qualifizieren, können jetzt eben in diesen Bereich hineinwachsen und in diese sozialen Dienste, die zum Wohle der älteren und vor allem der hilfsbedürftigen Menschen in diesem Lande so notwendig sind, eingebunden wer­den. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Gebot der Stunde ist es, jenen Menschen, die Arbeit und Einkommen verloren haben, wieder Perspektiven auf eine bessere Zukunft und auf eine gute Arbeit mit einem entsprechenden Einkommen zu geben. Zusammen mit dem allgemeinen Schulungs­zuschlag, der schon jetzt und auch bei kürzeren Kursen gebührt, erhöht sich auch das Arbeitslosengeld für betroffene Schulungsteilnehmerinnen und -teilnehmer also insgesamt um 180 Euro.

Langfristig muss das Ziel sein, dass wir möglichst viele Menschen wieder in Beschäfti­gung bringen. Auf der einen Seite haben wir es mit vielen Arbeitslosen zu tun, auf der anderen Seite haben viele Betriebe, die Arbeitskräfte und vor allem Fachkräfte suchen, einen Mangel. Da müssen wir ansetzen, und wir müssen jene, die Arbeit suchen und auch arbeiten wollen, unterstützen, und daher ist der Weg, Frau Minister, auch der richtige. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich komme schon dazu, keine Sorge!

Die Begriffe Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit müssen wieder harmonieren. (Bundesrat Schachner: Geh, das wollen ja alle!) Wenn jemand leistungsbereit ist, aber nicht leistungsfähig, oder umgekehrt, wenn jemand leistungsfähig wäre, aber nicht leistungsbereit ist (neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schachner), dann ent­stehen Stress und Disharmonie in den Abläufen. Da ist niemandem geholfen, vor allem auch nicht jenen, die das Ganze möglicherweise eben als Überforderung sehen.

Der Bildungsbonus ist damit der erste Schritt in der Arbeitsstiftung und ein wichtiges Modul, um möglichst viele Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen. Das muss in der Arbeitsmarktpolitik unser Ziel sein, und das ist es auch.

Es wäre und ist nicht sinnvoll, das Arbeitslosengeld zu erhöhen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was würde passieren? Die Menschen bleiben zu Hause und suchen sich steuerfreie Neben­ein­künfte, vulgo Nachbarschaftshilfe. Das kann doch nicht das Ziel einer attraktiven Arbeitspolitik (Beifall bei der ÖVP), so wie wir sie verstehen, sein: leistungsorientiert.

In der Coronazeit hat es viele von der Bundesregierung gesetzte Unterstützungsmaß­nahmen gegeben, angefangen bei der Kurzarbeit über die 450 Euro Einmalzahlung für die Arbeitslosen, die jetzt im September ausbezahlt wurde – 400 000 Menschen wurden direkt unterstützt, das muss man sich einmal alles vorstellen! –, bis zum Familien­härte­fonds, für den bereits insgesamt 50 000 Anträge positiv beschieden und aus dem bereits 55 Millionen Euro ausbezahlt worden sind, und der die Familien mit durchschnittlich 1 200 Euro entlastet. Dazu kommt noch der Kinderbonus, 360 Euro, der bereits aus­bezahlt wurde; also eine große Zahl an Maßnahmen. Dank an die Bundesregierung, Dank an die zuständige Frau Ministerin für die Maßnahmen und die Durchführung! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) – Sie können sich auch zu Wort mel­den.

Der Bildungsbonus, der mit 33 Millionen Euro im Jahr 2021 und 22,4 Millionen für 2022 veranschlagt wird und heuer noch 2,16 Millionen betragen wird, ist eine der wertvollsten Investitionen für die Zukunft. Auch dafür herzlichen Dank!

Übrigens: Bildungshunger und Wissensdurst sind keine Dickmacher. Glück auf! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Lackner.)

16.50



BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 71

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Als Nächste darf ich Frau Mag.Daniela Gruber-Pruner ans RednerInnenpult bitten. – Bitte, Frau Kollegin.


16.50.34

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schwindsackl! Den Menschen, die jetzt durch die Coronakrise arbeitslos geworden sind, zu sagen, sie sind lieber zu Hause, als arbeiten zu gehen, halte ich für eine bodenlose Frechheit und für zynisch. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Diese Menschen sind nicht freiwillig zu Hause. Die haben einen Lebensstandard zu erhalten, den sie momentan nicht erhalten können. Ihnen zu sagen, wenn sie mehr Geld hätten, würden sie lieber in der Hängematte liegen, finde ich wirklich zynisch. (Bundesrat Buchmann: Das hat er auch nicht gesagt!) – Aber im Sinne war es so gesagt. (Ruf bei der ÖVP: Na wirklich nicht! – Bundesrat Schwindsackl: ... Ihre Fantasie!)

Aber nun zu meiner Rede: Ich bin als Elternteil in Wien in einer sehr glücklichen Situation, denn wir haben Kindergärten, die ganzjährig offen sind und beitragsfrei sind, wir haben in den Sommerferien Summer City Camps, die leistbar sind und in denen Tausende Kinder gut betreut sind. Wenn Kinder wo gut versorgt sind, kann man sie als Elternteil beruhigt dort sein lassen und kann als Elternteil in Wien mit seinem Urlaub recht gut haushalten.

Coronabedingt sind aber natürlich ganz neue Betreuungserfordernisse für uns Eltern, für alle Eltern entstanden. Wir alle wissen, die Schulen hatten wochenlang zu, Kindergärten im Wesentlichen auch, wobei man dazusagen muss, dass das Betreuungsangebot für die sogenannten SystemerhalterInnen trotzdem immer gesichert war.

Aber seien wir ehrlich, alle, die Eltern sind, haben mittlerweile – jetzt, Ende September – Alturlaube, Zeitausgleiche, neue Urlaube, Sonderbetreuungszeiten et cetera aufge­braucht. Dabei haben wir noch Herbst und Winter vor uns. Es sind noch drei Monate bis Jahresende, die es zu bewältigen gilt. Die Realität ist aktuell so, dass es jederzeit, stünd­lich sozusagen, passieren kann, dass man als Familie das Kind zu Hause lassen muss, sei es, weil es selber krank ist, weil in der Schule ein Verdachtsfall ist oder weil vielleicht sogar ein Coronafall auftaucht. Mit dieser Realität sind wir konfrontiert. Deshalb ist es absolut richtig, dass diese Sonderbetreuungszeit jetzt bis Ende Februar, nämlich bis 28. Februar 2020, ausgeweitet wird. Das ist absolut notwendig. – So viel dazu.

Der Hinkefuß ist aber, dass es für diejenigen, die das brauchen, nämlich die Arbeit­nehmerInnen, keinen Rechtsanspruch darauf gibt. Die Situation am Arbeitsmarkt, wie wir alle wissen, ist extrem angespannt. Speziell in prekären Dienstverhältnissen wird es sich eine Mutter, ein Vater ganz genau überlegen und es sich wahrscheinlich nicht leisten wollen oder können, das vom Arbeitgeber einzufordern, nämlich aus Angst, mög­licherweise infolgedessen den Arbeitsplatz zu verlieren. Deshalb wäre dieser Rechts­anspruch extrem wichtig gewesen. Dieser fehlende Rechtsanspruch ist aus unserer Sicht ein wirklich großes Problem. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber nicht nur für die ArbeitnehmerInnen gibt es mit diesem Gesetz ein Problem, auch auf der Seite der ArbeitgeberInnen ist diese nur teilweise Abgeltung der Kosten nicht befriedigend. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer spüren mittlerweile die wirt­schaftlich angespannte Situation massiv. Der zeitweise Ausfall von DienstnehmerInnen ist sowieso immer eine Challenge, weil es eben stündlich oder tagesaktuell passieren kann. Hier einen Ausgleich zu finden ist ein Problem. Daher wäre die Übernahme der Kosten für den Ausfall dieser MitarbeiterInnen eine große Hilfe gewesen.

Nun kann man sagen, vom Drittel auf die Hälfte der Kosten aufzustocken ist schon ein Schritt in die richtige Richtung, aber es wäre für die Unternehmen doch sehr hilfreich


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gewesen, gerade jetzt all diese Kosten zu übernehmen. Diese Chance wurde leider verpasst.

Noch etwas Drittes gilt es zu kritisieren, nämlich betreffend die Personen, die aktuell Angehörige zu pflegen haben. Das ist gerade jetzt ein sehr großes Thema. Es ist in genau dieser Zeit noch schwieriger geworden, die Gesundheitsdienste in Anspruch zu nehmen. Es ist immer wieder ungewiss, ob die PflegerInnen überhaupt kommen können. Es ist auch nie klar, ob vielleicht Tagesbetreuungsstätten ihre Dienste vorübergehend einstellen müssen, weil auch dort natürlich Fälle auftreten können.

In aller Regel müssen dann Angehörige, die Familie einspringen, aber für sie gilt diese Sonderbetreuungszeit nicht. Es ist für uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen nicht verständlich, warum diese Gruppe, die hier Großartiges leistet, nicht mitbedacht und warum das nicht gleich mitgeregelt wurde. Das tut uns sehr leid.

Darum bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Mag.a Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die

einen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit nach § 18b Abs. 1 Arbeitsvertrags­rechts-Anpassungsgesetz für die Dauer der jeweils notwendigen Betreuung,

die Einbeziehung von Angehörigen von im gemeinsamen Haushalt lebenden Risiko­patientInnen,

den Anspruch auf volle Entgeltfortzahlung für die ArbeitnehmerInnen gemäß § 3 Entgelt­fortzahlungsgesetz sowie

den Anspruch auf volle Vergütung für die ArbeitgeberInnen bis zur monatlichen Höchst­beitragsgrundlage nach dem ASVG beinhaltet.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.57


Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Der von den BundesrätInnen Mag.Da­niela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag be­treffend „Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Kollegin.


16.57.34

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Minister! Meine lieben Kollegen! Meine Kollegin hat ja schon sehr viele Dinge zum Inhalt dieses Gesetzes, das wir heute beschließen, gebracht. Es geht einfach um die Verlän­gerung der Maßnahme Sonderbetreuungszeit für Kinder bis zum 14. Lebensjahr. Die


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alte Frist läuft ja mit 30. September aus. Nun hat die Regierung reagiert und gesagt, wir verlängern das bis 28. Februar.

Ich muss zugeben, dass mir, als ich von der Verlängerung dieser Maßnahme erfahren habe, sofort klar war, dass es mit größter Wahrscheinlichkeit wieder Schließungen von Kindergärten und Schulen geben wird, denn warum sonst würde man dieses Gesetz jetzt so schnell verlängern müssen?

Es ist sicherlich eine gute Geschichte, denn wir alle wissen, dass es auch vor der Coronapandemie für Eltern, wenn sie beide erwerbstätig waren, immer die größte orga­nisatorische Herausforderung dargestellt hat, die Betreuung der Kinder mit den beruf­lichen Aufgaben zu kombinieren, insbesondere während der Schulferien sowie zu Zeiten, in denen Kindergärten geschlossen sind. In den meisten Bundesländern gibt es nämlich bedauerlicherweise nicht so hervorragende Möglichkeiten wie in Wien. Vor allem im ländlichen Raum findet man ganz, ganz selten einen Ganztagskindergarten.

Das größte Problem im Zusammenhang mit dieser Sonderbetreuung ist aus meiner Sicht – da gebe ich der Kollegin von der SPÖ recht –, dass es keinen Rechtsanspruch darauf gibt. Warum wäre gerade jetzt bei dieser Verlängerung auch die Einführung eines Rechtsanspruchs auf diese Sonderbetreuungszeit so wichtig? Aus folgendem Grund: In der erste Phase – so kann ich es nur aus meiner Erfahrung von jenen Betrieben sagen, die ich in dieser Beziehung unterstütze, berate und wo ich das abgerechnet habe – war die Kooperation noch sehr vorhanden. Aber nachdem die Betriebe von allen Steuer­beratern, Personalverrechnern die Honorarnoten für das Einreichen der Refundierung der Sonderbetreuungszeit bekommen haben, ist es für viele Firmen, vor allem für die kleineren Firmen, zu einem Nullsummenspiel geworden, weil der ganze administrative Aufwand, nämlich diese Daten so einzugeben, dass sie die Buchhaltungsagentur bear­beiten kann, sehr zeitintensiv ist. Wir wissen alle, Steuerberatungs- und Personalver­rechnungskosten sind zu Recht hohe Kosten, weil das ein sehr hoch qualifiziertes Personal ist. (Vizepräsident Buchmann übernimmt den Vorsitz.)

Deswegen bin ich davon überzeugt, dass die Firmen, nachdem sie diese, sage ich einmal, negative Erfahrung gemacht haben, bedauerlicherweise ihren Mitarbeitern diese Son­derbe­treuungszeit weniger gewähren werden, als sie es vielleicht in der ersten Phase gemacht haben.

Es gibt sehr viele Dinge, die zwar am Papier oder bei Pressekonferenzen sehr schön formuliert werden, aber sobald man in die Praxis geht und diese Dinge, diese schnelle Hilfe, die sie eigentlich sein soll, beantragt, merkt man, dass es leider immer nur bei den schönen Worten bleibt und die Hürden so groß sind, dass die echte rasche Hilfe „koste es, was es wolle“ überhaupt nicht ankommt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte deshalb für unsere Fraktion folgenden Antrag zu dieser Thematik einbringen:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sonderpflegeurlaub für Arbeitnehmer mit Betreuungspflichten“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die

- einen Rechtsanspruch auf Dienstfreistellung zur Betreuung eines Kindes ab dem Zeit­punkt der behördlichen Schließung von Lehranstalten und Kinderbetreuungs­einrich­tun­gen, für die Betreuung von Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, für die eine Be­treuungspflicht besteht, beinhaltet


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- einen Rechtsanspruch auf Dienstfreistellung zur Erfüllung der Betreuungspflicht für Menschen mit Behinderungen beinhaltet, die in einer Einrichtung der Behindertenhilfe oder einer Lehranstalt für Menschen mit Behinderungen bzw. einer höher bildenden Schule betreut oder unterrichtet werden, und diese Einrichtung oder Lehranstalt bzw. höher bildende Schule auf Grund behördlicher Maßnahmen teilweise oder vollständig geschlossen wird, oder auf Grund freiwilliger Maßnahmen die Betreuung von Menschen mit Behinderung zu Hause erfolgt

- einen Rechtsanspruch für Angehörige von pflegebedürftigen Personen umfasst, wenn deren Pflege oder Betreuung in Folge des Ausfalls einer Betreuungskraft nach dem Hausbetreuungsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2007 nicht mehr sichergestellt ist oder für Angehörige von Menschen mit Behinderungen, die persönliche Assistenz in Anspruch nehmen, wenn die persönliche Assistenz in Folge von Covid-19 nicht mehr sicher­gestellt ist

- für den Arbeitgeber einen Anspruch auf Vergütung von 100 Prozent des in der Son­derbetreuungszeit an die Arbeitnehmer gezahlten Entgelts durch den Bund umfasst“

*****

Zum Abschluss, Frau Minister, würde ich Sie, da Sie hier bei uns sind, um Folgendes ersuchen: Sollten Sie sich zu Wort melden, könnten Sie bitte einen kleinen Zwischen­bericht darüber erstatten, wie es mit der Kurzarbeit Phase drei weitergehen wird? Das wäre ganz, ganz wichtig zu wissen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.03


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Son­derpflegeurlaub für Arbeitnehmer mit Betreuungspflichten“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Andreas Lackner. Ich erteile dem Herrn Bundesrat das Wort. – Bitte.


17.03.38

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es geht hier um zwei Punkte, die im Nationalrat einstimmig beschlossen worden sind, und das freut mich sehr. Es ist gut und wichtig, dass hier breiter Konsens über alle Parteigrenzen hinweg herrscht, denn es geht um Maßnahmen, die für viele Menschen eine klare Verbesserung bringen.

Da geht es zum einen um die Regelung für die sogenannte Sonderbetreuungszeit. Diese wird bis 30. Juni nächsten Jahres verlängert. Dabei gibt es drei wesentliche Verbes­serungen (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel):

Erstens wird zukünftig die Hälfte der Kosten übernommen statt wie bisher ein Drittel; zweitens können Menschen, die vor Inkrafttreten der neuen Regelung bereits drei Wochen konsumiert haben, weitere drei Wochen Sonderbetreuungszeit erhalten; und drittens kann die Sonderbetreuungszeit auch für Ferien in Anspruch genommen werden.

Die Sonderbetreuungszeit ist als zusätzliches Instrument zu den bisher bestehenden arbeitsrechtlichen Möglichkeiten gedacht. Ja, richtig, es braucht die Zustimmung des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin. Das hätten auch wir uns anders gewünscht, aber es sind ganz klare Verbesserungen in einem Bereich, in dem davon auszugehen ist, dass es in den nächsten Monaten wieder mehr Bedarf geben wird. Auch wenn wir alles


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daransetzen werden, dass die Schulen offen bleiben, wird es passieren, dass Kinder nach Hause geschickt werden, dass Schulklassen in Quarantäne geschickt werden.

Obwohl in der ersten Phase der Sonderbetreuungszeit auch mehr Väter als erwartet diese Möglichkeit genutzt haben, werden wieder vor allem die Frauen zum Handkuss kommen, Frauen, die doppelte und dreifache Arbeit leisten. Viele haben bereits im Frühjahr ihren Urlaub oder die Pflegefreistellung fast oder komplett aufgebraucht. Daher verlängern wir jetzt die Sonderbetreuungszeit und übernehmen auch einen höheren Anteil der Kosten.

Die zweite sehr wichtige Maßnahme, die wir heute auf den Weg bringen, ist die Er­höhung des Bildungsbonus. Der Bildungsbonus ist jener Zuschlag, den Menschen zusätzlich zum Arbeitslosengeld erhalten, wenn sie eine Qualifizierung über das AMS machen, die länger als vier Monate dauert. Wir wissen, dass Qualifizierungen besonders dann nachhaltig wirken und damit eben auch für die Arbeitsuchenden gute Job- und Einkommensperspektiven bieten, wenn sie länger dauern, qualitätsvoll sind, intensiver sind und nicht irgendwelche Schnellsiedekurse, um die Arbeitslosenzahlen zu beschö­nigen.

Es ist ein Gebot der Stunde, jetzt in Qualifizierung zu investieren. Die Covid-Krise hat uns ganz klar vor Augen geführt, dass die Wirtschaft vor einem Umbruch steht. Vor allem wenn es darum geht, an die Herausforderungen der Zukunft im Bereich Klimaschutz, Energiewende, Digitalisierung und im Bereich Gesundheit und Pflege zu denken, ist klar, dass es hier ein Strukturproblem gibt. Wir brauchen in all diesen genannten Bereichen in Zukunft viel mehr Fachkräfte.

Daher sind auch die 700 Millionen Euro, die nun hier über die sogenannte Corona-Stiftung dem AMS zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, eine gute Investition in unser aller Zukunft. Viele, die sich weiterqualifizieren oder umschulen lassen wollen, und ich weiß das aus meiner Tätigkeit als AMS-Berater, standen bisher vor dem Problem, dass sie sich eine längere Qualifizierung schlichtweg nicht leisten konnten. Mit der Verdreifachung des Bildungsbonus erhöhen wir das Arbeitslosengeld im Schnitt um 19 Prozent und schaffen so die notwendigen Rahmenbedingungen dafür, dass sich die Menschen eine längere Ausbildung auch leisten können.

Besonders profitieren werden jene, die aus schlecht bezahlten Ursprungsjobs kommen und daher auch ein entsprechend niedriges Arbeitslosengeld haben, vor allem Frauen, die vielleicht vorher teilzeitbeschäftigt waren oder aufgrund der Lohndiskriminierung, die es am Arbeitsmarkt nach wie vor gibt, ein geringes Arbeitslosengeld beziehen.

Ein Wort noch zum Kontext Mindestsicherung: Es wird oft behauptet, dass AufstockerIn­nen, also Personen, die zum Arbeitslosengeld zusätzlich eine Teilmindestsicherung erhalten, um diese Aufstockung umfallen würden, wenn sie in einer dieser Maßnahmen sind. Das ist so nicht richtig.

Richtig ist, dass sie aus der Mindestsicherung fallen, weil sie während der Kurs­maßnahme mehr bekommen, als die Mindestsicherung ausmacht. Sobald nämlich über das AMS ein Kurs besucht wird, der mindestens 25 Wochenstunden umfasst, und das ist bei längeren Qualifizierungen die Regel, bekommt die Person zumindest DLU – Deckung des Lebensunterhaltes – als Basis. Das sind 26,39 Euro täglich. Zusammen mit dem Bildungsbonus ergibt das mindestens 985 Euro monatlich. Damit ist das Ein­kommen höher als die Mindestsicherung.

Der Bildungsbonus wirkt in mehrfacher Hinsicht sozial. Er erhöht die Einkom­mens­situation während der Ausbildung signifikant und er bietet vor allem für die Zukunft gute Chancen auf einen besseren Job und damit auf ein höheres Einkommen.


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Sehr positiv sehe ich auch die Verlängerung der Erhöhung der Notstandshilfe auf das Niveau des Arbeitslosengeldes. Im Durchschnitt wird dabei der Bezug um 9 Prozent erhöht, was vor allem für armutsgefährdete Menschen in den unteren Einkommens­schichten eine entscheidende Hilfe ist.

Wir fördern Qualifizierung in einem Ausmaß, das wirklich ein ganz neues Level darstellt. Wir bieten damit vielen Menschen neue Chancen und eine neue Perspektive. Wir setzen damit ganz wichtige Impulse für neue Fachkräfte, die wir alle dringend brauchen. Es freut mich auch, dass in diesem Themenfeld wieder mehr gemeinsam agiert wird. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.10


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Heike Eder. Ich erteile ihr dieses.


17.10.34

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Vize­prä­sident! Liebe Frau Arbeitsministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher via Livestream! Diese zwei Tagesordnungspunkte, die wir heute unter einem verhan­deln, sind zwar inhaltlich zwei ganz unterschiedliche, haben aber zwei Dinge gemein­sam: Ers­tens sind der Bildungsbonus und die Verlängerung der Sonderbetreuungszeit wichtige sozial- und gesellschaftspolitische Beschlüsse, die wir eben heute zugunsten der Men­schen in unserem Land beschließen werden. Ich glaube, das ist in unser aller Interesse. Zweitens stellen sowohl der Bildungsbonus als auch die Sonderbetreuungs­zeit eine Win-win-Situation für Arbeitnehmer und Arbeitgeber dar. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Mein Bundesratskollege Ernest Schwindsackl hat zum Thema Bildungsbonus bereits sehr gut herausgearbeitet, dass Weiterbildung und Qualifikation auf der einen Seite bes­sere Jobchancen für Arbeitnehmer, aber auf der anderen Seite auch flexiblere Einsatz­fähigkeit für die Arbeitgeberseite bedeuten, das heißt, es profitieren wirklich beide davon. Genauso verhält es sich auch mit der Sonderbetreuungszeit. Da möchte ich gerne genauer darauf eingehen und Ihnen zeigen, warum diese sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber eine Win-win-Situation darstellt.

Ganz allgemein ist es für beide Parteien eine Verbesserung, wenn der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, neben den bisherigen rechtlichen Möglichkeiten zusätzliche Betreu­ungs­zeiten für seine Kinder oder pflegebedürftigen Angehörigen in Anspruch zu neh­men, wenn die üblichen Betreuungsstrukturen kurzfristig wegfallen, so wie wir es im Frühling hatten. Der Arbeitnehmer kann also kurzfristig von seiner Arbeitspflicht befreit werden, er kann sich um seine Familie kümmern und er kann auch die Sonderbetreu­ungszeit je nach seiner individuellen Situation halbtageweise, tage- oder auch wochen­weise konsumieren. Der Arbeitgeber auf der anderen Seite – wir haben es schon gehört – bekommt für seine Aufwendungen einen finanziellen Ausgleich, der nun sogar von einem Drittel der Kosten auf 50 Prozent erhöht wird und somit das Modell attrak­tiviert.

Nun kann man als Arbeitnehmervertreter durchaus fordern, dass es einen Rechts­anspruch für die Sonderbetreuungszeit geben sollte. Das haben Sie, liebe SPÖ und FPÖ, auch gemacht, und das ist aus Sicht der Arbeitnehmervertreter, und dazu zähle ich auch, verständlich. Auf der anderen Seite gilt es aber auch zu verstehen, dass die Arbeitgeber gerade in der für sie existenziellen Coronakrise auf die Flexibilität ihrer Arbeitnehmer ganz besonders angewiesen sind und daher im Finden einer passenden Lösung gerne mitreden und entscheiden möchten. Aus diesem Grund stellt diese Lösung speziell für unsere vielen Klein- und Mittelbetriebe einen sehr guten Kompromiss dar.

Die vergangenen Monate haben auch gezeigt, dass es bezüglich der Inanspruchnahme der Sonderbetreuungszeit kaum ein Problem zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 77

gab. Die AK Vorarlberg beispielsweise hatte zu diesem Thema nahezu keine Anfragen. Das deutet also schon darauf hin, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Krise wirklich gut zusammengestanden sind und sehr wohl in der Lage waren, für beide Parteien passende und angemessene Lösungen zu finden. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe der BundesrätInnen Schennach und Schumann.)

Bis dato haben nämlich über 25 000 arbeitende Mütter und Väter diese Möglichkeit auch in Anspruch genommen, und es konnten 30 000 Kinder, Menschen mit Behinderung und auch Pflegebedürftige betreut werden. Das Modell hat sich also durchaus bewährt. (Bun­desrätin Hahn: Nein!) In einer Zeit, in der alle Existenzen in Österreich bedroht sind, die der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, ist es, glaube ich, ganz besonders wichtig, dass wir diese Krise auch weiterhin gemeinsam bewältigen und zusammenstehen. Deshalb bitte ich Sie, heute hier mitzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.14


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Horst Schachner. – Bitte, Herr Kollege.


17.14.46

Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Werter Herr Präsident! Liebe Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren im Bundesrat! Der Vorschlag zur Änderung des Arbeitslosengesetzes sieht einen sogenannten Bildungsbonus vor. Wir haben heute schon viel davon gehört. Wer also eine Nach- oder Umschulung macht, bekommt zum Arbeitslosengeld etwas dazu. Es handelt sich um 4 Euro täglich, 120 Euro monatlich.

Jede Maßnahme ist zu begrüßen, wenn die schwierige Lage arbeitsloser Menschen verbessert werden kann. Leider bestätigt sich aber auch, dass dieser Regierung die Arbeitslosen egal sind beziehungsweise diese nicht ausreichend unterstützt werden. Was geschieht, ist zu wenig, und es geschieht zu langsam, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Stellen Sie sich einmal vor – lieber Kollege Schwindsackl, dir möchte ich das auch sagen –, stelle dir das einmal vor: 45 Prozent weniger von deinem Lohn. Hättest du das Auskom­men? – Ich wäre echt neugierig. Jetzt brauchen wir gar nicht mehr zu diskutieren, wir wissen ganz genau, wie es den arbeitslosen Menschen bei uns in Österreich geht, wenn wir mit 55 Prozent Nettoersatzrate eigentlich fast in der letzten Kategorie sind. Es ist einfach ein Wahnsinn, und ich wünsche es keinem, dass er in so eine prekäre Lage kommt, in der jetzt mehr oder weniger über 400 000 Menschen sind. 400 000 Menschen – es ist einfach zu viel, was wir an Arbeitslosigkeit haben. Da muss man etwas tun.

Man kann sich auch vorstellen, dass man als Arbeitsloser – ich habe mir das durch­ge­rechnet – im Durschnitt 34,70 Euro am Tag bekommt. Da muss man sich einmal vor­stellen, ob er davon leben kann. Ich weiß aus vielen Gesprächen, sehr geehrte Damen und Herren, wie schwer es für Menschen ist, keine guten Jobaussichten zu haben, mit dem Arbeitslosengeld kaum die Fixkosten decken zu können, und sich von einem Tag auf den anderen kaum mehr das Leben, das Wohnen und das Essen leisten zu können. Jede unerwartete Ausgabe wird zum Problem. Deswegen erneue ich auch die Forderung der sozialdemokratischen Fraktion nach einer Anhebung des Arbeitslosengeldes. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, 55 Prozent vom vorherigen Lohn sind eine Katas­trophe. Eine Nettoersatzrate von 70 Prozent würde es vielen Menschen etwas leichter machen, ihre lebensnotwendigen Kosten abdecken zu können. Ich hoffe sehr, dass die Notlage der arbeitenden Menschen von Türkis-Grün endlich verstanden wird.


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Bedenken Sie aber auch, was das für die Wirtschaft bedeutet, wenn so viel Einkommen wegbricht. Wer soll dann noch ins Wirtshaus gehen, in die Geschäfte oder vielleicht bald auf die Skipiste, wenn über 400 000 Menschen arbeitslos sind und weitere 300 000 Men­schen in Kurzarbeit, und viele fürchten, dass ihr Arbeitsplatz Ende des Jahres abhan­denkommt. Tun wir also der Wirtschaft etwas Gutes, erhöhen wir den Inlandskonsum beziehungsweise die Binnennachfrage und machen wir mit 70 Prozent Nettoersatzrate ein menschenwürdiges Arbeitslosengeld! (Beifall bei der SPÖ.)

Auch der Chef des Arbeitsmarktservice hat gesagt, es werden nicht 800 000 Arbeitslose werden. Sie aber, also die Abgeordneten der Koalition, haben noch immer nicht ver­standen, dass auch 500 000 oder 600 000 arbeitslose Menschen eine echte soziale Katastrophe sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Überhaupt ist Arbeitslosigkeit für jeden Menschen eine schlimme Erfahrung. Doch wenn ich höre, dass Junge sehr schlechte Chancen zum Berufseinstieg haben und sich bei den Älteren die Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt, wird es umso klarer, dass viel mehr getan werden muss, als bisher bekanntgemacht wurde. Gerade von der angedachten Arbeitsstiftung hat man noch viel zu wenig gehört. Wer glaubt, alle Zeit der Welt für die Planung dieser Maßnahmen zu haben, irrt gewaltig und richtet großen Schaden an. Diesen Schaden für Österreichs Wirtschaft und unsere Gesellschaft müssen wir ver­hindern. Daher müssen die Anstrengungen unbedingt verstärkt werden, und die rasche Eindämmung der Arbeitslosigkeit muss das oberste Ziel der Politik sein. Wir Sozial­demokraten wollen möglichst wenige Arbeitslose haben, aber ein wichtiges Zwischenziel muss sein, dass wir bei der Arbeitslosenrate wenigstens wieder auf das Niveau von vor der Krise zurückkommen.

Zusammenfassend halte ich fest, dass wir für die arbeitslosen Menschen viel mehr tun müssen, und dabei ist eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes das Gebot der Stunde. Ebenso müssen wir mit aller Kraft, allem Hirnschmalz und aller Diskussionsbereitschaft dafür sorgen, dass wir viele zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, gute Schulungen anbie­ten und möglichst viele Menschen auch schnell wieder in Beschäftigung bringen können.

Daher stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „bessere Unterstützung für Arbeitslose“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die

- den Bildungsbonus auch für die Dauer der Teilnahme an Maßnahmen der Nach- und Umschulung im Auftrag des Arbeitsmarktservice, die bereits vor dem 1. Oktober 2020 begonnen haben, gewährt und

- die Verlängerung der Regelung, die Notstandshilfe in der Höhe des Arbeitslosengeldes auszuzahlen, bis zum 31. März 2021 mit Verlängerungsmöglichkeit durch Verordnung der Bundesministerin beinhaltet.“

*****

Danke schön. Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

17.20



BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 79

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Der von den BundesrätInnen Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „bessere Un­ter­stützung für Arbeitslose“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhand­lung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Bernhard Rösch. – Bitte.


17.21.06

Bundesrat Ing. Bernhard Rösch (FPÖ, Wien): Sehr geehrtes Präsidium! Werte Frau Minister! Hohes Haus! „Koste es, was es wolle“, war die Devise, die wir vor ein paar Monaten gehört haben, und viele haben sich in dieser schweren Krise der Unsicherheit gedacht, wenn man wirklich Geld in die Hand nimmt, kann man das Schlimmste abwenden. Wir haben aber dann ernüchternd feststellen müssen, dass dieses „Koste es, was es wolle“ in Wirklichkeit ein Slogan der Regierung war, um eben einmal über das Ärgste hinwegzukommen.

Wir haben dann auch an den weiteren Maßnahmen gesehen, dass jede dieser Hilfsleistungen irgendwo Ecken und Kanten gehabt hat und nirgendwo Rechtssicherheit vorhanden war. Genauso beinhalten hier die Sonderbetreuungszeit und der Bildungs­bonus ein Ja, und dann folgt das Aber. Es gibt keine Rechtssicherheit für die Son­derbetreuungszeiten, die Pflegefreistellung ist nur für Pflege, und für Eltern, die Kinder zu Hause haben oder jemanden, der gepflegt werden muss, steht dann offen, ob die Firma das will oder nicht. Da, muss ich schon sagen, sollte man darüber nachdenken, was man für Verwirrung stiftet, was man für Hoffnungen aussendet, die im Endeffekt in vielen Bereichen nicht gehalten werden.

Wir wissen schon, bei 30 000 Fällen hat es gegriffen, das hat 2,8 Millionen Euro ge­kostet, wie ich heute mitbekommen habe. Da frage ich mich dann immer, warum man das tut, dass man so große Pakete ankündigt und dann immer bei diesen ganz kleinen entscheidenden Dingen zurückzieht und nur eine halbe Lösung anbietet. Es tut nämlich weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer gut, wenn diese Rechtsunsicherheit vorhanden ist. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Ganz im Gegenteil: Man gibt dem Arbeitgeber irgendwo den Anschein des gönnerhaften Almosengebers, den er auch nicht verdient hat, weil die Arbeitgeber genauso in dieser Krise drinnen sind und genauso schauen, dass sie wirtschaften können. Nur Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam sind die Wirtschaft, die uns alle trägt, unsere ganze Gesellschaft trägt, unser ganzes Sozialsystem trägt, unsere ganzen Steuereinnahmen tragen. Nur alles gemeinsam kann stark sein.

Deswegen, Kollege Schwindsackl: Die mangelnde Leistungsbereitschaft in dieser Situ­ation anzusprechen ist ein Kopfschütteln wert. Da bin ich sicher nicht der Einzige, der so denkt, denn diejenigen, die versuchen, mit geringfügiger Beschäftigung über die Runden zu kommen, eben etwas dazuzuverdienen, damit sie sich noch die Miete, oder die Heizung, oder das Essen, oder das Studium oder sonst irgendetwas leisten können, mit mangelnder Leistungsbereitschaft zu belegen, ist nicht redlich.

Ich würde mir die gesellschaftliche Vorstellung ein bisschen überlegen und den anderen eine bessere Absicht unterstellen. Das haben sie alle nicht verdient. Ich würde mir von Ihnen, Frau Minister, wirklich jetzt nach langer Zeit erwarten – und ich habe immer wieder darum gebeten –, dass Sie auch einmal sagen, was denn Planbarkeit und Sicherheit in der Zukunft bedeuten.

Ich weiß schon, dass Investitionsförderung wichtig ist, damit die Firmen vielleicht irgend­welche Maßnahmen setzen, aber das ist Klientelpolitik von Ihnen und da gibt es kein Wenn und Aber, habe ich gesehen. Das ist also sehr großzügig ausgestattet. Es ist nicht so, dass ich das den Arbeitgebern und der Industrie nicht gönne, weil es ja wiederum


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Arbeitsplätze schaffen kann, weil es einen Input gibt. Warum ist man dann aber bei den Arbeitnehmern so kleinlich und vergönnt denen nicht ganz kleine Beträge?

Ich kann es Ihnen auch zeigen, wenn Sie es mir nicht glauben: Bezüglich der 450-Euro-Förderung, bei der man 60 Tage arbeitslos gewesen sein muss, sind bei mir jetzt schon einige Fälle eingegangen, der schärfste Fall mit 59 Tagen. Die Frau hat sich selbst einen Job gesucht, und es ist wirklich nur so gegangen, dass sie es nicht den einen Tag hinauszögern konnte, damit sie die 450 Euro bekommt. Das ist eine Frau, die lange Zeit gearbeitet hat, also nie arbeitslos war, in dieser Situation in Arbeitslosigkeit gekommen ist, der man die 450 Euro nicht gönnt, ich sage, absichtlich nicht gönnt, denn sonst hätte man die 60 Tage nicht eingeschaltet. Wenn Sie nachrechnen, kommen Sie auf minimale Beträge. Es werden diejenigen, die kurzfristig arbeitslos waren und sich in der prekären Situation rechtzeitig wieder einen Arbeitsplatz gefunden haben, dann dafür bestraft. Das kann ich nicht verstehen, dass Sie das in Ihrem Ministerium so aushecken, und da würde ich gerne wissen, warum Sie das tun.

Oder das Kontrollsechstel, das ich Ihnen das letzte Mal schon angekündigt habe, das jetzt auf das Jahressechstel kommen wird: Ich sage es Ihnen jetzt als Prophet, weil ich es nachrechnen kann und sonst nicht viel Kenntnis dazu brauche: Sie werden bei der ganzen Kurzarbeit, so wie es im Gesetz steht, bei vielen Arbeitnehmern das Phänomen haben, dass diese kein Weihnachtsgeld mehr bekommen. Da möchte ich Sie dann sehen, wie Sie das in der Presse beantworten werden. Wenn Sie das jetzt nicht aussetzen, werden Sie in diesen Fällen ganz einfach sehr, sehr viel Missgunst ernten. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist auch Folgendes nicht einzusehen: Wir haben uns alle geeinigt, dass in Österreich kein Job mehr unter 1 500 Euro sein soll. Warum geht man dann bei einem Vollzeitjob bei den Clusterfahndern und so weiter auf 1 100 Euro runter? Das sind McJobs, kann man schon sagen. Man hat eine Wohnung, Heizen, Auto, Mobilität, alles, was man so braucht – kulturell ist momentan eh eher weniger los –: Davon kann man nicht leben! Wir sollten nicht so anfangen, dass wir diese Krise dann auch noch ausnutzen, um den Leuten weniger Geld zu geben!

Auch beim AMS wurde nicht eingehalten, was wegen der 500 Arbeitsplätze mehr ver­sprochen wurde. Im AMS geht es, kann ich sagen, mit richtigem Druck zu, und Sie schauen zu und hören sich das an. In Wirklichkeit sind Sie verantwortlich dafür, dass diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im AMS praktisch die Arbeit über den Kopf wächst, und Sie tun nichts. Ich würde mir allerdings auch von Herrn Buchinger irgendwann einmal erwarten, dass er sich dazu zu Wort meldet, denn es ist ja nicht nur von der ÖVP besetzt, sondern es gibt ja auch noch ein Gegengewicht, wovon ich mir erwarten würde, dass etwas kommt.

Deswegen bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Ing. Bernhard Rösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhö­hung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeitslosengeldes (COVID-19-Maßnahme)“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die zum Inhalt hat, dass allen beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos registrierten Personen, der Bezug der aktuellen Leistung um die Dauer der Krise, mindestens jedoch bis zum 31. Mai 2021 verlängert wird und zusätzlich ein ‚COVID-19-Ausgleich‘ für Arbeitslose


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in Form eines 30-%igen Zuschlages zu allen Arbeitslosenversiche­rungs­leistungen rückwirkend mit 15. März 2020 gewährt wird. Dieser Zuschlag soll über die Finanzämter, bei denen alle Daten aller Erwerbstätigen vorhanden sind, automatisch, also ohne formale AntragsteIlung, ausgezahlt werden.“

*****

Ich bitte um breite Unterstützung.

Noch einmal: Ich würde mir von Ihnen wünschen, dass Sie mir Antwort geben: Wie sehen Sie das mit dem Kontrollsechstel? Wie sehen Sie das mit 1 100-Euro-Vollzeitjobs? Wie sehen Sie das mit der Arbeitsüberlastung beim AMS?

Können Sie garantieren, dass jemand, der 45 Jahre gearbeitet hat, auch beruhigt in Pension gehen kann, so wie das Gesetz das momentan vorsieht? Was gedenken Sie zu tun, damit für unsere Jugend die Lehrstellenplätze gesichert sind, dass es dafür mehr Unterstützung gibt und dass es für unsere geringfügig Beschäftigten auch eine Möglichkeit gibt, praktisch das dazuzuverdienen, was ihnen momentan fehlt? (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

17.31


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Der von den BundesrätInnen Ing. Bernhard Rösch, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Erhö­hung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeitslosengeldes (COVID-19-Maßnahme)“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Mag. Christine Aschbacher. Ich erteile ihr dieses.


17.31.41

Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend Mag. (FH) Christine Aschbacher: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich begrüße Sie alle, wünsche einen schönen Nachmittag und danke, dass wir heute die Möglichkeit haben, diese so zentralen und wichtigen Maßnahmen hier zu diskutieren. Ich bitte auch um breite Zustimmung, denn damit können wir Menschen, die besonders aufgrund der Coronapandemie und der dadurch hervorgerufenen Weltwirtschaftskrise betroffen sind, jetzt unterstützen, weiterhin unterstützen und auch wieder die Möglichkeit schaffen, sie in Beschäftigung zu bringen, ihnen Zukunftschancen zu ermöglichen, Perspektiven und auch Mut zu geben.

Ich möchte Sie alle auch bitten – Sie haben angesprochen: Was tun wir jetzt in dieser Situation für die Jugendlichen, was tun wir für die unterschiedlichen Betroffenen? –, dass Sie hier auch mitunterstützen, dass eben gerade auch die Jugendlichen nicht den Mut verlieren, sondern sich sehr wohl bewerben, sehr wohl einer Ausbildung nachgehen. Wir haben beispielsweise für über 7 000 Jugendliche zusätzliche Lehrstellenplätze über den Lehrlingsbonus organisiert. Das ist eine der konkreten Maßnahmen, aber es gibt auch viele weitere.

Wir könnten heute mindestens 4 bis 5 Stunden darüber diskutieren und debattieren und ausführen, und zugleich möchte ich auf die konkreten Maßnahmen eingehen, die heute zum Beschluss vorliegen.

Zum Bildungsbonus: Sie haben es schon erwähnt, es sind nämlich insgesamt 180 Euro pro Monat, die all jene bekommen, die länger als drei Monate eine Aus- oder Weiter­bildung machen. Da stehen die Türen offen. Wir sind im Finale mit den Details zur Arbeitsstiftung, ab Oktober wird diese möglich sein. Sie als Sozialpartner haben auch


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die Möglichkeit, da im Zuge des Verwaltungsrates mitzuwirken. Wir haben selbst­ver­ständlich mit unserem Koalitionspartner diese Maßnahmen ausgearbeitet. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) – Dann fragen Sie bitte Ihre Kolleginnen und Kollegen, die im Verwaltungsrat sitzen, Frau Bundesrätin. Ich freue mich schon auf weitere Ideen und Vorschläge.

Zugleich sollten wir aber auch all jene ermutigen, die sich dafür jetzt auch zur Verfügung stellen, die mitanpacken und sich weiterqualifizieren lassen, sei es im Digitalisierungs­bereich, sich aber auch umschulen lassen. Im Bereich der erneuerbaren Energie suchen wir beispielsweise über 60 000 Facharbeiterinnen und Facharbeiter, oder im Pflege- und Gesundheitsbereich brauchen wir in den nächsten Jahren über 100 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir stellen mit 700 Millionen Euro für bis zu 100 000 Menschen die größte Weiterbildungsoffensive in der Geschichte der Zweiten Republik zur Verfügung.

Jetzt geht es darum, dass Sie auch mitwirken und in Ihren Bundesländern den Men­schen, die betroffen sind, kommunizieren: Ja, das ist jetzt die Chance! Wir investieren, damit sie möglichst arbeitsplatznahe einen Job haben, eine Aussicht haben, auch wenn die kommenden Wochen und Monate noch sehr eisig und windig werden, hier mitanzupacken, und sich bereiterklären, diese Weiterqualifizierungsmaßnahmen auch in Anspruch zu nehmen.

Sie haben auch gefragt, was wir für die Arbeit suchenden Menschen tun. Erstens startet die Coronaarbeitsstiftung jetzt ab Oktober, und zweitens haben wir aber auch, wie es schon erwähnt wurde, die Notstandshilfe in der Höhe des Arbeitslosengeldes verlängert. Bis Ende des Jahres habe ich dazu die Verordnungsermächtigung, das haben wir in den letzten Tagen beschlossen und auch kommuniziert.

Zur Kurzarbeit Phase drei möchte ich ein paar Antworten geben. Der Antrag ist ab Anfang Oktober zu stellen, die finalen Details wurden jetzt von den Sozialpartnern in die Sozialpartnervereinbarung gegossen. Das AMS arbeitet mit Hochdruck, um diese auch in einem Antrag umzusetzen. All jene Unternehmen, die nach wie vor wegen der Coronapandemie und aufgrund der internationalen Wirtschaftskrise wirtschaftliche Herausforderungen und Einbußen haben, haben die Möglichkeit. Dabei geht es schon auch um Planungssicherheit. Wir haben gesagt, es zahlt sich dort aus, die Kurzarbeit Phase drei für sechs Monate jetzt über den Herbst und Winter zur Verfügung zu stellen, wo es notwendig ist, Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine Planungssicherheit zu geben. Diese wird von Oktober bis Ende März möglich sein.

Ich bin in vielen Gesprächen mit Unternehmen, mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitar­beitern. Dort, wo mehr gearbeitet werden kann, soll aber auch mehr gearbeitet werden. Deshalb ist diese flexible Form der Coronakurzarbeit jetzt so wichtig und attraktiv, um dort zu unterstützen, wo es nach wie vor notwendig ist. Deshalb bitte ich, auch weiterhin Kurzarbeit vor Kündigung in Anspruch zu nehmen, um Arbeitsplätze zu sichern. Wo aber mehr gearbeitet werden soll, können auch einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Bereiche oder Abteilungen aus der Kurzarbeit heraus in die Normalbeschäftigung. Wir sehen auch, dass das viele Betriebe zurzeit auch wiederum können. Es sind nämlich knapp 300 000 Menschen nach wie vor in Kurzarbeit, in der schon viele, viele mehr waren. Dort, wo es notwendig ist, stellen wir sie aber auch weiterhin zur Verfügung.

Unsere Familien haben in den letzten Wochen und Monaten wirklich alle Großartiges geleistet, die Eltern, die Großeltern, aber auch die vielen Kinder, die die Maßnahmen getragen haben. Sie wissen, ich habe selbst drei Kinder und im Umfeld viele Gespräche mit Familien in verschiedenen Konstellationen geführt: Was braucht es jetzt, um halb­wegs sicher und so gut wie möglich gemeinsam durch diesen Herbst und Winter zu kommen? Es geht nämlich auch wieder um Planungssicherheit, damit sie sich darauf verlassen können, falls es notwendig ist, kleine Gruppen oder Klassen zu schließen,


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dass die Betreuung in den Schulen aber zu jeder Zeit garantiert ist, sowie auch die Sonderbetreuungszeit in Anspruch zu nehmen. Es hat gut funktioniert und es ist darum auch notwendig, alles unter einen Hut zu bringen.

Deshalb haben wir auch den Beitrag von Bundesseite von einem Drittel auf die Hälfte erhöht, um es auch erneut zu ermöglichen, dass wiederum Eltern diese Sonderbetreu­ungszeit in flexibler Art und Weise in Anspruch nehmen können, nämlich einzelne Tage, einzelne Halbtage.

Die 30 000 Kinder, die damit betreut werden konnten, waren nur jene von Mitte März bis Ende Mai. Die Zahlen, die von der zweiten Phase der Sonderbetreuungszeit in Anspruch genommen worden sind, werden jetzt erst zur Abrechnung gebracht. Sobald ich diese von der Bundesbuchhaltungsagentur habe, werde ich diese sehr, sehr gerne mit euch teilen. Ich bin davon überzeugt, dass es noch viel mehr waren, die es in der zweiten Phase nutzen konnten.

Deshalb ist es für uns jetzt wichtig, dass auch die dritte Phase für all jene, die es noch einmal brauchen, noch einmal in Anspruch genommen werden kann, und diese gilt zur Planungssicherheit auch bis Ende Februar nächsten Jahres. Dementsprechend bin ich zuversichtlich, dass wir weiterhin gemeinsam so gut wie möglich durch die Zeit kommen.

Das betrifft schon die nächsten Tagesordnungspunkte, aber weil ich gerade am Wort bin, Herr Präsident, hoffe ich, ich habe noch 1, 2 Minuten für zwei weitere wichtige Maß­nahmen für unsere Familien. Das ist nämlich einerseits die Erhöhung des Familien­härtefonds von 60 auf 100 Millionen Euro, weil wir nach wie vor Familien haben, die unverschuldet in finanzielle Situationen gekommen sind, bei denen wir diese Einkom­mens­verluste abfedern wollen. Über 50 000 Familien konnten wir damit mit einer durchschnittlichen Summe von 1 200 Euro schon helfen, und über 55 Millionen Euro sind bereits ausbezahlt, auch wenn es am Anfang Herausforderungen gegeben hat.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich hätte auch am liebsten schnell und leicht ausbezahlt, aber es sind Einzelfallprüfungen, wo es auch Bedarf gibt, hier noch nachzufassen, auch Einkommensverluste nachzuweisen. Dabei sind wir sehr eng in der Kommunikation mit den Familien. Vielen konnten wir schon helfen und einige wollen wir auch noch unter­stützen. Deshalb bitte ich auch um Zustimmung zur Erhöhung des Familienhärtefonds von 60 auf 100 Millionen Euro. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die weitere Maßnahme, die dann zur Abstimmung steht, ist die Erhöhung der Zuver­dienstgrenze von 10 000 auf 15 000 Euro bei all jenen Jugendlichen, die nach wie vor Familienbeihilfe beziehen, damit sie keine Rückzahlungen machen müssen.

Ein Student, der arbeitet, verdient durchschnittlich 857 Euro im Monat. Wir wollen Stu­denten dabei unterstützen, einerseits, damit sie sich das Studentenleben gut und besser leisten können, andererseits, um Erfahrung in der Arbeitswelt zu erlangen, die es dann auch leichter ermöglicht, einen Job zu finden und am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. De­mentsprechend bitte ich da um Zustimmung.

Ja, es sind herausfordernde Zeiten. Wir alle sind gefragt, damit wir es schaffen, das Virus jetzt einzudämmen, damit wir halbwegs gut durch den Herbst und den Winter kommen können. Zugleich sind wir vorbereitet, um verschiedene Maßnahmen für besonders betroffene Gruppen umsetzen zu können. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.41


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Schwindsackl: Ich möchte tatsächlich berichtigen!) – Kollege Schwindsackl hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.



BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 84

17.41.25

Bundesrat Ernest Schwindsackl (ÖVP, Steiermark): Herr Vizepräsident! Frau Minister! Herr Ing. Rösch hat mich zu einer Richtigstellung nicht nur aufgefordert, sondern ich bin dazu auch verpflichtet, denn ich sagte: „Die Begriffe Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit müssen wieder harmonieren.“ (Bundesrat Rösch schüttelt den Kopf.)

Die Begriffe Bereitschaft und Fähigkeit sind positiv besetzte Worte. Das Kopfschütteln kann ich nur weitergeben, denn ich halte Sie für einen intelligenten Mann und Politiker, daher verstehe ich das nicht. Wahrscheinlich haben Sie das so für sich interpretiert oder einfach uminterpretiert. (Zwischenruf des Bundesrates Rösch.) – Nein! Es ist im Proto­koll nachzulesen, dass die Begriffe Bereitschaft und Fähigkeit harmonieren müssen. Da weiß ich nicht, was nicht ganz richtig sein sollte.

In weiterer Folge weise ich, Frau Mag. Gruber-Pruner, den Begriff Frechheit auf das Schärfste zurück. Wenn man in einer Demokratie gewisse Dinge nicht aussprechen kann, dann, kann ich nur sagen, ist das vielleicht das Vokabular der Kinderfreunde, aber nicht das in diesem Hohen Haus. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen. Oh-Rufe bei der SPÖ.)

17.42

17.42.29


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die getrennt erfolgt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Septem­ber 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag.a Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kolle­gen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Rechtsanspruch auf Sonderbetreu­ungszeit“ vor.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist damit angenommen. (323/E-BR/2020)

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Sonderpflegeurlaub für Arbeitnehmer mit Betreuungspflichten“ vor.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag auf Fassung der gegen­ständlichen Entschließung ist daher angenommen. (324/E-BR/2020)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 23. Sep­tember des Jahres betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977 geändert wird.

Ich ersuchen jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 85

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „bessere Unterstützung für Arbeitslose“ vor.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag auf Fassung der gegen­ständlichen Entschließung ist daher angenommen. (325/E-BR/2020)

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Ing. Bernhard Rösch, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Erhöhung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeitslosengeldes (COVID-19-Maßnahme)“ vor.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständ­lichen Entschließung ist daher angenommen. (326/E-BR/2020)

17.45.386. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (353 d.B. und 366 d.B. sowie 10417/BR d.B.)


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tages­ord­nung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger. – Ich bitte um den Be­richt.


17.46.05

Berichterstatterin Ing. Isabella Kaltenegger: Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­des­ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ach so, die Maske, ja. (Die Red­nerin legt den Mund-Nasen-Schutz, den sie bisher getragen hat, vor sich auf das Rednerpult.) Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Familie und Jugend stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Sep­tember 2020 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Danke schön.


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck. Ich erteile ihr dieses.


17.47.04

Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA (ÖVP, Niederösterreich): Herr Prä­sident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher, und bei diesem Tagesordnungspunkt ganz besonders: Liebe Familien! Wenn wir heute über zwei Änderungen des Familienlasten­ausgleichs­gesetzes debattieren, dann diskutieren wir eine Änderung, von der wir uns, glaube ich, alle wünschen würden, dass sie gar nicht notwendig wäre, weil sie mit sehr, sehr vielen Einzelschicksalen verbunden ist; wir können da nur einen kleinen Beitrag leisten. Weiters diskutieren wir eine Änderung, die eigentlich schon längst notwendig ist.

Was diese beiden Änderungen aber jedenfalls gemeinsam haben, ist, dass sie wichtige Beschlüsse sind, dass es richtige Entscheidungen sind und dass sie vor allem – und ich


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glaube, das ist das Wichtigste – ganz direkt unseren Familien und unseren jungen Men­schen in Österreich zugutekommen.

Lassen Sie mich zuerst zu dem kommen, was aus meiner Sicht schon längst notwendig ist: Wir beschließen heute die Erhöhung der Einkommensgrenze für die Zuverdienst­möglichkeit zur Familienbeihilfe von derzeit 10 000 Euro jährlich auf künftig 15 000 Euro jährlich, also um satte 50 Prozent. All jene hier im Raum, die vielleicht auch einmal studiert haben, kennen sie und können sich vermutlich noch an diese Frage erinnern: Arbeitest du schon oder studierst du eigentlich noch?

Vielleicht ist es dem einen oder anderen da ähnlich ergangen wie mir und er oder sie hat sich immer ein bisschen schwergetan, diese Frage eindeutig zu beantworten, weil es schon wichtig war, früh Berufspraxis zu sammeln, weil es darum gegangen ist, ein Stückchen Eigenständigkeit, Unabhängigkeit zu gewinnen oder – das möchte ich auch ansprechen – weil es schlichtweg keine andere Möglichkeit gegeben hat und keine Option war, nur zu studieren. Studierende, die nebenbei arbeiten, sind heute längst kein Einzelphänomen. Wir haben es vorhin schon gehört: Laut der Studierenden-Sozial­erhebung arbeiten 65 Prozent aller Studierenden in Österreich neben ihrem Studium.

Ich freue mich wirklich sehr, dass wir für sie alle heute die Rahmenbedingungen deutlich verbessern, und zwar rückwirkend mit Anfang des Jahres. Wir geben ihnen mehr Flexi­bilität, neben dem Studium etwas zu arbeiten und dabei ganz wertvolle Erfahrungen zu sammeln, wir fördern all jene, die bereit sind, mehr zu leisten. Ich glaube, wir leisten auch einen kleinen Beitrag gerade für die gern zitierte Generation Praktikum, um einfach fairere Gehaltsmodelle zu ermöglichen.

Der Beschluss kommt aber nicht nur den Studierenden zugute. Er kommt allen Men­schen zugute, die in Ausbildung sind und Familienbeihilfe beziehen, und damit ganz besonders auch Menschen mit Behinderungen, für die das oft sozusagen der erste Arbeitsversuch ist, der da inbegriffen ist.

Seit 2011 wurde diese Zuverdienstgrenze nicht erhöht. Heute erhöhen wir sie auf 15 000 Euro. Wir tun das gemeinsam, so entnehme ich es dem, was wir im Ausschuss schon gesehen haben.

Wir setzen damit auch einen weiteren wichtigen Punkt aus dem Regierungsprogramm um, und so gibt es, glaube ich – und das ist das Wichtigste –, gerade zum Semester­beginn an den Unis eine wirklich gute Nachricht für alle Studierenden. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Damit darf ich noch zur zweiten Änderung im Familienlastenausgleichsgesetz kommen, die wir heute beschließen werden, eben die Erhöhung des Familienhärtefonds auf 100 Millionen Euro. Notwendig wird diese Erhöhung leider, weil die Zahl der Antrag­stellungen wesentlich höher ist, als man ursprünglich angenommen hat. Bereits jetzt ist absehbar, dass die bisher budgetierten Mittel von 60 Millionen Euro nicht ausreichen werden.

Ich glaube, so schmerzhaft es ist, dass so viele Menschen und so viele Familien in Österreich von der Coronapandemie besonders betroffen sind, so wichtig ist es, glaube ich, dass wir ihnen wirklich Unterstützung bieten, dass wir ihnen jetzt unter die Arme greifen. Ich möchte deswegen einen ganz besonderen Dank an das Team rund um unsere Familienministerin Christine Aschbacher aussprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

Bereits jetzt sind 50 000 Anträge eingebracht worden; im Durchschnitt, wir haben es heute auch schon gehört, werden 1 250 Euro pro Familie ausbezahlt. Ich glaube, wir haben damit wirklich eine effektive, hilfreiche Entlastung in einer besonders belastenden Situation erreicht.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, welch unbezahlbaren Beitrag gerade die Familien in dieser Situation, in dieser größten Gesundheitskrise bisher geleistet haben und welch besonders hohe Belastung sie be­dingt durch Homeoffice, durch Homeschooling, durch Mehrfachbelastungen spüren. Ich freue mich, dass wir neben den beiden Änderungen, die wir heute beschließen werden, auch einen durchaus kleinen, aber sehr wichtigen Beitrag geleistet haben und den Familien diese Wertschätzung mit dem Kinderbonus, der österreichweit mit Anfang Sep­tember ausbezahlt worden ist, gezeigt haben. 1,8 Millionen Kinder haben von dieser direkten Auszahlung in Höhe von 360 Euro pro Kind profitiert. Allein bei mir daheim, im Bezirk Mödling, waren es über 24 000 Kinder. Das alles gibt es zusätzlich zum Schulstartgeld, das ja für die 6- bis 15-Jährigen ohnehin jährlich ausbezahlt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

„Tu zuerst das Notwendige, dann das Mögliche, und plötzlich schaffst du das Unmög­liche“, hat Franz von Assisi gesagt. Ich glaube, das kann ein guter Leitsatz sein, wenn wir an die kommenden Wochen und Monate denken, dafür, dass wir heute notwendige Maßnahmen setzen und dass wir auch in Zukunft alles Mögliche tun, um unsere Familien bestmöglich durch diese Zeit zu bringen, denn gerade die Familien sind es, die schon jetzt oft das Unmögliche leisten.

Ich freue mich, wenn wir sie unterstützen, sie gemeinsam durch diese Zeit begleiten und damit auch gemeinsam aus der Krise und in die Zukunft gehen. Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.53


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. – Bitte, Frau Kollegin.


17.53.18

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Eines muss ich schon sagen, wenn ich meiner Vorrednerin so zuhöre: Man könnte fast glauben, wir leben in eitel Wonne, alles ist gut, und wenn wir morgen in der Früh aufstehen, haben wir überhaupt keine wirt­schaftlichen und sozialen Probleme mehr. Dem ist aber, glaube ich, ganz und gar nicht so.

Wir erleben derzeit eine Situation, die in so vielerlei Hinsicht eine noch nie da gewesene Herausforderung für uns alle als Gesellschaft, aber auch für uns als Politiker darstellt. Die Pandemie hat neben ihrer gesundheitlichen Komponente natürlich auch eine ganz massive wirtschaftliche wie auch soziale Krise zur Folge gehabt, die uns – da, glaube ich, sind wir uns alle einig – noch viele Jahre beschäftigen wird. Schon fast täglich kommen zu den Betrieben, die Stellen abbauen, welche hinzu.

Wir haben heute schon gehört – ich möchte es aber trotzdem noch einmal sagen, weil es wirklich ganz, ganz fürchterlich ist –, dass beim Flugzeugzulieferer FACC 650 Mitar­beiterInnen abgebaut werden, bei Swarovski 1 800. Ich gehe nach Niederösterreich zum Papierkonzern Mayr-Melnhof: minus 130 Arbeitsplätze; die Agrana in Leopoldsdorf: minus 150 Arbeitsplätze; der Schalungstechniker Doka: bis zu minus 300 Stellen. Die Liste lässt sich leider Gottes noch weiter fortsetzen. Die „Oberösterreichischen Nach­richten“ haben gestern getitelt: „Die Liste der Firmen mit großem Stellenabbau wird länger“ und länger.

Diese nackten und nüchternen Zahlen sind das eine, sie sind erschreckend genug, muss man sagen. Darüber hinaus darf man aber nicht vergessen: Hinter diesen Zahlen stehen Menschen, es geht um Existenzen. Bei all diesen Kündigungen stehen Schicksale da­hinter, oft nicht nur einzelne Schicksale, sondern oft sind ganze Familien davon betroffen. Das muss man sich, glaube ich, immer wieder bewusst machen und vor Augen führen.


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Wenn man nicht weiß, wie die nächste Miete, die Stromrechnung, die Autoversicherung und vieles mehr bezahlt werden soll, entstehen natürlich Angst und Verzweiflung, und aus den finanziellen Sorgen werden schnell psychische Belastungen. Ganz besonders in den letzten Wochen und Tagen, in denen jetzt auch ein neues Schuljahr begonnen hat und noch zusätzliche Ausgaben für den Schulbeginn dazugekommen sind, ver­schärft sich natürlich für viele Familien die finanzielle Situation ganz enorm. Wir sehen es daher als einen ersten kleinen, richtigen Schritt, den Topf für den Coronafamilien­härtefonds eben von 60 auf 100 Millionen Euro aufzustocken, und geben auch unsere Zustimmung dazu, aber wir sagen schon ganz deutlich dazu: Das kann und darf nicht alles gewesen sein! Die Familien brauchen nach wie vor Unterstützung, wie wir be­fürchten müssen, noch weit über den Winter hinaus.

Wir haben heute im Ausschuss gehört, laut Stand vom 16. September warten noch immer 31 000 Familien auf Geld aus diesem Fonds. Aus dem Ministerium hört man dazu: Na ja gut, das sind die 25 000 unvollständig abgegebenen Anträge, da ist man selber schuld, weil die Anträge einfach falsch ausgefüllt waren. – Das wirkt, glaube ich, auf viele in dieser akuten Situation und in ihrer Verzweiflung durchaus zynisch. Aus meiner Sicht wäre vielmehr zu hinterfragen, ob nicht die Antragsmodalitäten ein wenig anwenderfreundlicher gestaltet werden könnten, denn bei immerhin einem knappen Viertel an unvollständigen Anträgen muss man schon darüber nachdenken, ob das nicht unbürokratischer, rascher und einfacher geht. Ich glaube, da würden die Zauberworte einfach Information und Aufklärung heißen. Ich kenne genügend Menschen, die nicht genau wissen, wo man beantragen kann, wie man beantragen kann und dergleichen mehr. – Ja, Sie (in Richtung Bundesministerin Aschbacher) hören das nicht gerne, aber wenn man mit den Menschen spricht, ist das leider die traurige Realität.

Außerdem sind weiterhin etliche Personengruppen vom Coronafamilienhärteausgleich grundsätzlich ausgeschlossen, wie eben AlleinerzieherInnen in Karenz, geringfügig Beschäftigte, UnternehmerInnen, die keine Mittel aus dem Coronahärtefallfonds erhalt­en, und viele mehr. Auch da ist aus unserer Sicht ganz dringend Handlungs- und Nach­besserungsbedarf gegeben, daher wird es von uns einen Entschließungsantrag dazu geben.

Was die Erhöhung der Zuverdienstgrenze für den Erhalt der Familienbeihilfe von 10 000 auf nunmehr 15 000 Euro betrifft: Wir sehen das prinzipiell positiv, immerhin kann das eine Erleichterung für bis zu 65 Prozent aller Studierenden darstellen. Das ist nämlich jener Anteil an Studierenden, die im Sommersemester 2019 einen Job angenommen haben beziehungsweise annehmen mussten, um sich damit letztendlich das Studium finanzieren zu können.

Auch das ist ein aus meiner Sicht längst fälliger Schritt, der aber ebenfalls nicht der einzige bleiben darf, denn eines darf man nicht vergessen: Auch Studierende sind davon betroffen, dass aufgrund der Krise die Arbeitsplätze fehlen. Wir wissen, dass Studie­rende zum Beispiel häufig in der wirklich ganz besonders betroffenen Gastronomie tätig sind und ihnen nun schlicht und einfach die Perspektive fehlt, wie sie ihr Studium finan­zieren können.

Ich glaube, in diesem Fall darf man auch laut über eine Studiengebührenbefreiung nach­denken, das bestätigt uns ja eigentlich sogar das Bundesministerium für Bildung, Wis­senschaft und Forschung. Es gibt eine Studie des Ministeriums, in der davon die Rede ist, dass immerhin 34 Prozent aller Studierenden infolge der Covid-Krise mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben. Das ist eine große Zahl, immerhin mehr als ein Drittel aller Studierenden, und ich glaube, das können wir nicht so stehen lassen. Ich erwarte mir dahin gehend von Ihnen, Frau Minister, aber auch von Minister Faßmann ein ganz klares Bekenntnis dazu, dass das Studieren, dass Bildung auch in Zeiten der Krise nicht


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von der Geldbörse der Eltern abhängig gemacht werden und abhängig sein darf! (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, es geht um Familien, es geht um Frauen, Allein­erzie­herInnen, es geht um Kinder. Die Menschen brauchen und verdienen Unter­stüt­zung. Ich glaube, noch besser kann man es nicht zusammenfassen: Jedes Kind muss uns gleich viel wert sein!

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Doris Hahn, MEd MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit den Hürden beim Familienhärtefonds – Jedes Kind ist gleich viel wert“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend wird aufgefordert, sicherzustellen, dass alle Familien, die aufgrund der Corona-Krise mit Einkommenseinbußen zu kämpfen haben, anspruchsberechtigt sind. Jede in Not geratene Familie ist gleich viel wert!

Der Kreis der Anspruchsberechtigten des Corona-Familienhärteausgleichs wird er­wei­tert auf

- Personen, die selbständig sind und vom WKÖ-Härtefallfonds abgelehnt wurden;

- AlleinerzieherInnen in Karenz;

- getrennt lebende Eltern, denn es erhält derzeit nur jener Elternteil die Unterstützung, bei dem die Kinder gemeldet sind;

- Personen, die geringfügig beschäftigt sind und den Job verloren haben.“

*****

Geschätzte Damen und Herren! Wenn „Koste es, was es wolle“ – auch das haben wir heute schon einmal gehört – kein Lippenbekenntnis war, dann hoffe ich auch auf Ihre Zustimmung. Ich glaube, Österreich kann es sich nicht leisten, Kinder und Familien in irgendeiner Form zurückzulassen. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung! – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.01


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Doris Hahn, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Schluss mit den Hürden beim Familienhärtefonds – Jedes Kind ist gleich viel wert“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. – Bitte, Frau Kollegin.


18.01.34

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wie wir bereits gehört haben, beschließen wir heute die Erhöhung der Einkommensgrenze für den Erhalt der Familienbeihilfe bei Berufstätigkeit von Studierenden und die Erhöhung der Fördermittel für den Coronafamilienhärtefonds. Beiden Gesetzesänderungen wer­den wir Freiheitlichen zustimmen.


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Gerade die Erhöhung der Zuverdienstgrenze bei den Studierenden freut mich beson­ders, weil wir Freiheitlichen schon seit vielen Jahren fordern, dass diese Zuverdienst­grenze erhöht wird, da ja die letzte Erhöhung 2011 stattgefunden hat. Schaut man sich die Zahlen an, sieht man, dass 65 Prozent der Studierenden neben dem Studium arbeiten. In der Vergangenheit ist es durch die relativ niedrige Zuverdienstgrenze immer wieder zu Rückforderungen der Familienbeihilfe gekommen; allein im Jahr 2019 waren es 893 Rückforderungen. Ich glaube, es ist gerecht, wenn jetzt die Zuverdienstgrenze erhöht wird, denn Fleiß sollte nicht bestraft werden, Fleiß sollte belohnt werden.

Den Studierenden tut es gut, weil sie einen Einblick in die Wirtschaft bekommen, sie können sich ein bisschen etwas dazuverdienen, die Familien – also die Eltern – können doch ein bisserl entlastet werden, sodass sie ihren Sprösslingen ein Studium ermög­lichen können.

Auch der zweiten Gesetzesänderung, welche die Erhöhung der Fördermittel für den Coronafamilienhärtefonds betrifft, werden wir zustimmen. Dieser Fonds hat ja ursprüng­lich 30 Millionen Euro umfasst und ist dann zuerst auf 60 Millionen Euro aufgestockt worden, mittlerweile sind wir bei 100 Millionen Euro. Schaut man sich die Zahlen an, wie viele Anträge gestellt wurden, dann sieht man, wie bitter notwendig unsere Familien in der derzeitigen Situation diese Unterstützung brauchen. Wir haben heute im Ausschuss gehört, dass über 105 000 Anträge gestellt worden sind. Das ist eine unheimlich hohe Summe. Was ich aber nicht verstehe, ist, warum die Abwicklung dieser Anträge doch relativ schleppend vorangeht. Hätte man die Abwicklung doch den Finanzämtern über­geben, dann wäre es wahrscheinlich schneller und effektiver über die Bühne gegangen!

Wir haben heute am Vormittag im Ausschuss gehört, dass viele Anträge nicht bearbeitet werden können, weil Unterlagen, wie zum Beispiel die Familienbeihilfenbestätigungen, fehlen. Das hätte man sich ersparen können, wenn man eben die Abwicklung über das Finanzamt gemacht hätte. Immerhin sind mittlerweile noch 31 000 Fälle offen, die nicht bearbeitet sind. Wie es sich momentan darstellt, ist das ein bisserl ein Bearbeitungs- und Auszahlungschaos; bitter genug, da die Menschen wirklich auf das Geld warten.

Was das Prozedere anbelangt sehe ich sehr wohl ein Defizit bei der Antragstellung. Diese ist in meinen Augen – ich komme aus diesem Bereich – viel zu bürokratisch. Es ist mir klar, dass die Unterlagen geprüft werden müssen, dass man sich anschaut, ob die Förderkriterien gegeben sind, aber, Frau Minister, bitte erklären Sie mir, warum ich bei der Antragstellung die Kopie einer Kontokarte brauche! Das wird bei keiner Behörde verlangt. Es wird weder beim Finanzamt verlangt, wenn ich einen Steuerausgleich mache, noch wird es verlangt, wenn ich bei der Gebietskrankenkasse eine Rechnung einreiche, auch beim AMS, in meinem Arbeitsbereich, wird von den Menschen keine, noch dazu doppelseitige, Kopie der Kontokarte verlangt. Das ist ein unnötiger Verwal­tungsaufwand. Das setzt voraus, dass die Menschen zu Hause einen Drucker, einen Scanner oder einen Kopierer haben. Das ist in vielen Fällen ja einfach nicht gegeben. In den anderen Ämtern – ich sehe es bei uns im AMS – genügt es, auf dem Antrag die Kontonummer anzugeben; dorthin wird das Arbeitslosengeld so schnell und so unbüro­kratisch wie möglich angewiesen.

Bei dieser Vorgangsweise kommt es eben zu Verzögerungen. Ich selbst habe, als diese Interventionen kamen – es war nicht eine, es waren nicht zwei, es waren in dem Bereich fünf und zehn und zwanzig Interventionen –, dann organisiert, dass ich die Kontokarten kopiert habe und sie an die richtigen Stellen weitergeleitet wurden. Ich habe auch einmal im Ministerium angerufen und gefragt, was das soll. Es ist nur ein kleiner Punkt, der aber sicherlich die Bearbeitungsdauer verzögern kann. Ich ersuche Sie, dass Sie das even­tuell ändern, sodass es genügt, wenn auf dem Antrag, der eingereicht wird, die Konto­nummer angegeben ist.


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Die Menschen haben genug Sorgen, wir sehen es tagtäglich. Sie wissen nicht, ob sie im nächsten Monat die Miete bezahlen oder die Kreditraten zurückzahlen können, woher sie wieder möglichst schnell eine Arbeit bekommen: Sorgen, Sorgen, Sorgen und Belas­tungen durch das Homeschooling der Kinder. Also ich sage: Hut ab vor unseren Fa­milien! Hut ab!

Wenn ich auch etwas Positives daran sehen kann, dann ist es, dass unsere Familien wieder viel enger zusammengewachsen sind. Ich sehe das wirklich als positiven Schritt (Zwischenruf des Bundesrates Schennach), wie eng unsere Familien zusammen­gewachsen sind. Ja, Sie lachen. Es ist doch schön! Man kann auch, sagen wir, in der tristesten Situation etwas Positives mitnehmen. Ich habe sehr wohl wahrgenommen, wie die Familien zusammengeholfen haben. Das war ein schönes Signal.

Wir werden, wie gesagt, den beiden Gesetzesänderungen heute zustimmen. Ich kann Sie nur nochmals ersuchen, dass wir uns den Fall mit den 450 Euro, den Kollege Rösch geschildert hat, bei dem eine Frau einen Tag zu wenig arbeitslos war – ein Tag war das!, sie hat immer gearbeitet –, vielleicht noch einmal genauer anschauen. Die Frau hat diese 450 Euro bitter notwendig und wird dafür bestraft, dass sie sich selbstständig eine Arbeit gesucht hat, und das – wie gesagt  binnen kürzester Zeit, in 59 Tagen. Andere, die vielleicht schon viele, viele Jahre eine Leistung beim AMS beziehen, haben diese 450 Euro ausbezahlt bekommen. Diese Frau versteht nicht, warum sie für Fleiß bestraft wird. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

18.07


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.


18.08.13

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Herr Präsi­dent! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es gibt wahrscheinlich niemanden in Österreich, der nicht in irgendeiner Form von den Auswirkungen der Coronapandemie betroffen war, ist und leider auch sein wird.

Gerade die Familien wurden in den letzten Monaten vor sehr große Herausforderungen gestellt: den Wegfall von weitreichenden Kinderbetreuungsangeboten, Homeschooling, die Feriengestaltung und die Sorgen um die Gesundheit der Liebsten. Zu diesen schon sehr großen Belastungen kam die Sorge um die Sicherung der finanziellen Existenz. Da konnte durch den Familienhärtefonds, der im Frühjahr ins Leben gerufen worden ist, Abhilfe geschaffen werden. Durch die Zuwendungen aus dem Fonds werden die Ein­kommensverluste ausgeglichen, die durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit bei den Familien entstehen. Der Ausgleich ist gedeckelt, sodass in der Höchstauszahlung spezi­fische Einkommensgrenzen nicht überschritten werden.

In vielen Gesprächen hat sich gezeigt, dass es bei vielen Familien sogar eine Punkt­landung war, dass die Verluste fast zu 100 Prozent ausgeglichen worden sind. 105 000 Familien – da wurde heute einmal eine falsche Zahl genannt – haben bis September versucht, diese Möglichkeit in Anspruch zu nehmen.

55 Prozent der Anträge dieser 105 000 Familien, also 58 000 Anträge – mehr als die Hälfte –, sind bislang positiv beschieden und auch schon zur Auszahlung freigegeben worden. 25 500 Anträge, das sind 24 Prozent, waren, so haben wir es heute gehört, laut Ministerium vollständig, und rund 15 Prozent, 16 000 Anträge, sind abgelehnt worden. 7 000 Anträge sind neben den unvollständigen Anträgen noch in Bearbeitung.

Wenn man das Geld nicht bekommt oder lange drauf wartet, ist das natürlich eine hohe Belastung für die Familien, man muss aber auch sehen: 105 000 Anträge müssen bearbeitet werden, und die Ämter, die Behörden, die zuständigen Stellen sind nicht mit


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den Personalressourcen für dieses Arbeitsvolumen ausgestattet gewesen. Ich glaube, wichtig ist, dass das Geld ankommt, und es ist natürlich ärgerlich, wenn es lange dauert, aber auch da muss ich sagen, dass ich durch persönliche Rückmeldungen erfahren habe, dass viele Anträge, die ordnungsgemäß und vollständig eingelangt sind, sehr rasch abgewickelt wurden, also in kürzester Zeit.

Was mir allerdings verbesserungswürdig erscheint ist die Nachvollziehbarkeit bei der Errechnung der ausbezahlten Summe. Es gibt ein Erledigungsschreiben, dem ist aber die angeführte Berechnung nicht beigelegt, und so kommt es, dass Familien unsicher sind, bei der Hotline anrufen – die es natürlich gibt – und dann wieder ein persönliches Gespräch führen müssen. Also in der Arbeitsabwicklung hätte es wahrscheinlich einen gewissen Sinn, wenn man eine Erklärung dazulegt, wofür man das Geld bekommen hat, weil das wahrscheinlich viele Anrufe und Rücksprachen vermeiden würde.

Über die Zuverdienstgrenze der Familienbeihilfe ist von meinen Vorrednerinnen schon ausreichend gesprochen worden und die Erhöhung ist natürlich absolut begrüßenswert. Besonders wichtig scheint es mir für Menschen mit erheblichen Behinderungen, die die erhöhte Familienbeihilfe teilweise noch länger beziehen, dass auch sie jetzt in den Genuss einer erhöhten Zuverdienstgrenze kommen.

Alles in allem sind das zwei sehr sinnvolle Beschlüsse, die sehr vielen Menschen zugutekommen werden, und keiner von uns wird sich weigern, dem zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.12


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bun­desrat Stefan Schennach. – Bitte, Herr Bundesrat.


18.12.35

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Meine Assoziation bei Ihrer Rede, Frau Seidler-Beck, ist, dass Sie irgendwie die Arbeit der Rosamunde Pilcher machen, weil Sie alles so rosarot sehen: alles so super, alles so wunderbar einfach, in Sternchen und Blümchen. (Zwischenruf der Bundesrätin Zeidler-Beck. – Heiterkeit bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Also ich weiß nicht: Wir reden von Härte, sozialer Härte, und über 31 500 Ansuchen sind nicht behandelt. Soziale Härte heißt, es brennt hinten und vorne. Wenn man da sagt: Wow, wir haben eine super Abarbeitung!, kann ich nur sagen: 31 500 Ansuchen, an jedem hängt nicht nur ein Schicksal, sondern meistens zwei oder drei, und das in einer Situation, in der die Armutsgefährdung so stark fortschreitet. War sie schon vor der Coronapandemie, was die Kinder betrifft, enorm hoch, so ist sie jetzt noch gestiegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Beispiel haben Caritas, Volkshilfe, die Armutskonferenz und andere Organisationen Daten vorgelegt, die sagen: 1,5 Millionen unserer Mitbürger und Mitbürgerinnen sind armuts- und ausgrenzungsgefährdet. Das ist eine enorme Menge – 1,5 Millionen! Zweitens: Knapp 1,2 Millionen Menschen sind so armutsgefährdet, dass sie unter der Armutsschwelle sind. Und wenn wir dann noch bedenken, dass ungefähr 225 000 Men­schen erheblich materiell depriviert sind, das heißt, sie können sich zum Beispiel kein Handy leisten, sie können eine kaputte Waschmaschine nicht ersetzen oder sie können die Wohnung nicht angemessen warmhalten, dann ist das alarmierend. (Ruf: Heizkos­ten­zuschuss!)

Wenn wir dann schauen, wer denn da besonders betroffen ist, dann sehen wir, dass das zuallererst wieder die Kinder sind; es sind alleinerziehende Personen, Frauen im Alter


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und Langzeitarbeitslose. Und dann lassen wir uns beim Familienhärtefonds bei 31 500 Men­schen Zeit! Diese Zeit haben diese aber Menschen nicht!

Wir können es auch noch anders betrachten: Wie viele Menschen können es sich zum Beispiel nicht leisten, jeden zweiten Tag Fisch, Fleisch oder eine vergleichbare vege­tarische Mahlzeit einzunehmen? – Das sind bereits 54 000. Wie viele können es sich nicht leisten, neue Kleidung zu kaufen, wenn die alte abgenutzt ist? – Das sind schon 70 000. Das sind doch alarmierende Zahlen! Wenn wir dann noch die Tatsache her­nehmen, dass über 60 Prozent der Studierenden in Österreich arbeiten müssen, um ihr Studium mitzufinanzieren und die Eltern zu entlasten, dann sehen wir, dass wir jetzt etwas richtig machen, indem wir die Zuverdienstgrenze erhöhen.

Anders als Frau Seidler-Beck sage ich Ihnen aber - - (Bundesrätin Zeidler-Beck: Zeidler, wenn schon!) – Zeidler; ja, Herr Steiner hat heute auch sehr viel Wert auf seinen Vornamen gelegt.

Ich sage Ihnen, im Augenblick sind die klassischen Studentenjobs aus der Gastronomie, aus dem Catering und so weiter alle weg. Da ist es natürlich schön, wenn wir die Zuverdienstgrenze erhöhen, Anfang dieser Woche aber habe ich ein paar Studierende getroffen: Die haben nichts! Die haben nichts! All diese Jobs, die sie bisher hatten, sind weg, und sie wissen im Augenblick nicht, wie sie weitermachen sollen. Da wäre es wahrscheinlich sogar gescheiter gewesen, die Studiengebühren für dieses Winter­semester komplett zu streichen. Das wäre ein Entgegenkommen gewesen, das wird allerdings leider gar nicht diskutiert, meiner Meinung nach aber könnte man über diesen Bereich große Hilfen setzen. (Zwischenruf des Bundesrates Rösch.)

Schauen wir uns an, wie das in Deutschland gemacht wird! In Deutschland erhalten zum Beispiel Studenten Kredite, die von Mai 2020 bis Juni 2021 zinsfrei sind, und dazu gibt es auch noch Überbrückungshilfen, die nicht zurückzuzahlen sind. Vielleicht sollten wir uns auch solche Beispiele anschauen.

Wenn wir hier schon über Kinderleid und Kinderarmut diskutieren, dann erlauben Sie mir noch ein Wort über eine europäische Schande: Dass Österreich nach dem Brand des Flüchtlingslagers Moria kein einziges Kind aufgenommen hat, ist skandalös, das ist eigentlich unfassbar! Zehn Länder, unter anderem Deutschland, Frankreich, Kroatien, die Niederlande und Finnland, haben sich bereit erklärt, und in Österreich haben sich zum Beispiel die Stadt Innsbruck, die Stadt Wien und Dutzende andere Gemeinden und Städte bereit erklärt, Kinder aufzunehmen (Zwischenruf bei der FPÖ), die Bundes­regierung verweigert dies aber. (Bundesrat Steiner: Weil es die Griechen nicht wollen! Was soll man machen?) Der Kanzler legt dann im Fernsehen auch noch geschummelte Zahlen vor, indem er behauptet, in diesem Jahr seien bereits 3 700 Kinder aufgenom­men worden. – Das ist unrichtig, das ist mehrfach nachgewiesen unrichtig. 577 unbe­gleitete Kinder haben einen Antrag gestellt; davon sind 39 unter 14, aber die Anträge sind noch nicht bearbeitet. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Wo also sind die 3 700 positiven Bescheide in diesem Jahr?

Es ist bedauerlich, dass die türkis-grüne Bundesregierung eine solche Haltung in dieser Frage der Solidarität, der Menschenrechte, der Kinderhilfe einnimmt. Eigentlich können wir uns da in Europa nur schämen. Selbst der CSU-Innenminister Deutschlands sagt, er versteht nicht, was die Österreicher da tun. (Beifall bei der SPÖ.) Es ist selten, dass ich mit Herrn Innenminister Seehofer einer Meinung bin.

Nun kommen wir aber zurück zum Thema. Ich möchte betreffend Kinderarmut in Österreich einen Entschließungsantrag einbringen, der auch verteilt wurde, weil er so umfassend ist. Ich werde ihn deshalb nur in den Kernpunkten erläutern:


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Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnah­men gegen Kinderarmut“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend Maßnahmen gegen Kinderarmut umzusetzen“.

Dazu gehören die Erhöhung des Arbeitslosengeldes von 55 Prozent des Nettoein­kom­mens auf 70 Prozent und die Erhöhung des Familienzuschlages zum Arbeitslosengeld auf 100 Euro pro Kind statt nur 29 Euro pro Kind. Dazu gehören weiter eine Unter­halts­garantie, denn das Ausbleiben von Unterhaltszahlungen stellt eine echte Armutsfalle dar, ebenso ausreichend Kindertherapieplätze, flächendeckender Förderunterricht und dass wir endlich von der Hausübungsschule zur Ganztagsschule übergehen. Was einst das Gratisschulbuch war, sollte heute die gratis Ausstattung mit einem digitalen End­gerät sein.

Ganz besonders wichtig: Wir brauchen mindestens 100 zusätzliche Schulpsycho­logIn­nen. Wir brauchen den Ausbau von Sozialarbeit an den Schulen, eine armutssensible Pädagogik an Kindergärten und Schulen, und wir brauchen Maßnahmen, um die Ein­zementierung von Bildungsungleichheit zu verhindern. All das sind Maßnahmen, die wir ganz, ganz dringend gegen die grassierende, wachsende Kinderarmut setzen müs­sen.

*****

In diesem Sinne ersuche ich Sie alle herzlichst, diesem Entschließungsantrag zuzu­stimmen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

18.22

18.22.08


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Maßnahmen gegen Kinderarmut“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Doris Hahn, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Schluss mit den Hürden beim Familienhärtefonds – Jedes Kind ist gleich viel wert“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Maßnahmen gegen Kinderarmut“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.


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Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegen­ständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

18.23.49 7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird und ein Bundesgesetz über eine COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen (Investitionsprä­mien­gesetz – InvPrG) geändert wird (367 d.B. sowie 10414/BR d.B.)


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag.a Christine Schwarz-Fuchs. – Frau Bundes­rätin, ich bitte um den Bericht.

18.24.19


Berichterstatterin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Frau Bundesministerin! Ich bringe den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 23. September 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird und ein Bundesgesetz über eine COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, daher komme ich sofort zur Antragstellung.

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. September 2020 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Danke für den Bericht.

Wir gehen damit in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Reinhard Pisec. – Bitte, Herr Bundesrat.


18.25.27

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA MA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Investitionen, und darum geht es ja bei diesem Investitionsprämiengesetz, sind für eine Volks­wirt­schaft – sofern es sich um Neuinvestitionen handelt – immer etwas Gutes und ein wichtiger Indikator, um zu vergleichen, wie Länder volkswirtschaftlich aufgestellt sind: je höher die Investitionen, desto besser. Je mehr die Investitionsquote zu Buche schlägt, desto besser ist es für den Wohlstand, für die Prosperität einer Volkswirtschaft, und umso höher ist natürlich auch das Pro-Kopf-Einkommen in einem Land.

Österreichs Industrie und Handel sind gut aufgestellt. Wir haben über 30 Sektoren – hatten, muss man heutzutage sagen – und 1,5 Millionen Arbeitsplätze. Jeder dritte Arbeitsplatz war im weiteren oder im engeren Sinne von der Industrie abhängig.

Weil heute Herr Kollege Seeber und andere von der ÖVP gesagt haben, wir seien gut durch die Krise gekommen, habe ich mir die Zahlen angeschaut. Ich habe mir ange­schaut, was durch dieses Management by Chaos seitens der Bundesregierung eigent­lich der Republik Österreich, der Wirtschaft und der Gesellschaft angetan wurde. Die Zahlen sind nämlich schon heraußen: Im zweiten Quartal 2020 ist Österreichs Wirt­schaft um 12,8 Prozent geschrumpft. Das sind keine Annäherungswerte mehr, das sind


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Fakten. Das heißt, bei einem Bruttoinlandsprodukt von in etwa 400 Milliarden Euro ist Österreichs Wirtschaft im zweiten Quartal um 50 Milliarden Euro geschrumpft. Allein in den Lockdowntagen, den Schließungstagen – das waren eineinhalb Monate –, ist Öster­reichs Wirtschaft um 25 Prozent geschrumpft, das heißt, pro Schließungstag in etwa um 2 Milliarden Euro. Also dort, wo die Republik Wirtschaft und Gesellschaft zugedreht hat, hat das die österreichische Wirtschaft 2 Milliarden Euro gekostet. Das ist eine unglaubliche Zahl, vor allem weil wir nicht gut aus dieser Krise gekommen sind, weil wir schlechter als vergleichbare OECD-Länder sind, und zwar um 3 bis 4 Prozentpunkte. Die USA zum Beispiel haben 9 Prozent.

Die österreichische Bundesregierung, vor allem Bundeskanzler Kurz, hat Österreichs Wirtschaft in den Retourgang befördert, und jetzt muss man schauen, dass man da irgendwie herauskommt. Dieses Investitionsprämiengesetz ist ambivalent zu sehen. Natürlich sind Investitionen gut, aber so einfach kann man es sich nicht machen, wie es sich die Regierung gemacht hat, im Sinne von Zuschüssen; und vor allem gilt nicht einmal gleiches Recht für alle, sondern es wird diversifiziert, und das verstehen wir hier – und besonders ich – überhaupt nicht. (Präsidentin Eder-Gitschthaler übernimmt den Vorsitz.)

Ein Beispiel: Zuschüsse bedienen bestimmte Personenkreise, in dem Fall Unterneh­mer­kreise. Sie sind einmalig – auf ein halbes Jahr beschränkt –; entweder man fällt zufällig rein, oder man fällt zufällig nicht rein, Investitionen werden vorgeschoben, hintange­halten, wie auch immer. Aber was ich überhaupt nicht verstehe, ist, warum einzelne Branchen bevorzugt werden. Warum wird die Digitalität bevorzugt? Warum wird die Pharmaindustrie, die Pharmabranche bevorzugt? Ein Beispiel: Wenn man bei Google Investitionsprämie eingibt, kommt sofort eine Anzeige des amerikanischen Apple-Konzerns, Apple, des Digitalkonzerns. Mit dem Kauf von Apple-Produkten erhält der Kunde 14 Prozent statt 7 Prozent Zuschüsse. Wir helfen ihnen bei der Einreichung bei der AWS.

Generell liegt die Investitionsprämie bei 7 Prozent, was ja in Ordnung ist. Warum wird sie für spezielle Branchen auf 14 Prozent hochgefahren? Man kann auch alle auf 14 Pro­zent hochfahren, auch in Ordnung, warum wird diversifiziert? Der amerikanische Apple-Konzern hat allein eine Portokasse von 300 Milliarden Euro und eine Marktkapita­lisie­rung von 2 Billionen US-Dollar. Ist es notwendig, den amerikanischen Apple-Konzern mit österreichischem Steuergeld zu unterstützen? – Meiner Meinung nach definitiv nicht.

Ein anderes Beispiel: die Pharmaindustrie. Die Pharmaindustrie erhält auch 14 Prozent Investitionsprämie und nicht 7 Prozent wie alle anderen 30 Leitsektoren der österreichi­schen Industrie. Sie erhalten schon 14 Prozent Forschungsprämie, denn die meisten Forschungsprämien gehen in die Pharmaindustrie, und jetzt noch einmal 14 Prozent Investitionsprämie; das sind mittlerweile 28 Prozent.

Was noch dazukommt, das Wichtigste: Die Pharmaindustrie ist ein Krisengewinner. Die haben ja volle Auftragsbücher. Die hatten nie Kurzarbeit, da hat ja alles funktioniert, und zwar hatten die Aufträge seitens des österreichischen Staates. Wie wir alle wissen, wie wir alle gehört haben, hat die österreichische Bundesregierung schon Hunderttausende Impfampullen vorbestellt, und auch da wird Steuergeld ausgegeben.

Jetzt verlangt die Pharmaindustrie, weil sie sich selber nicht mehr sicher ist, ob sie die Entwicklung dieses Impfstoffs wirklich schafft, und weil sie auch schwere Neben­wirkungen der verabreichten Coronaimpfung befürchtet, einen Haftungsausschluss, wobei die staatlichen Institutionen diese Haftung übernehmen sollen. Warum also wird die Pharmaindustrie dermaßen gefördert, hinten und vorne, wenn ihre Vertreter doch selbst befürchten und zugeben müssen, dass sie einen Impfstoff ohne Nebenwirkungen gar nicht herstellen können? (Beifall bei der FPÖ.)


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Das hat mit Fairness, mit Gerechtigkeit überhaupt nichts zu tun und riecht extrem nach Klientelpolitik. Digitalität und Pharmaindustrie gehören den Schwarzen, Ökologisierung und Lifescience – was ist das? – den Grünen, werden ebenfalls mit 14 Prozent gefördert; alle anderen Leitsektoren, alle anderen KMU-Betriebe, Industriebetriebe in Österreich erhalten nur 7 Prozent. Das ist eine Ungerechtigkeit, die jeder gerechtigkeits­empfin­dende Mensch nicht versteht.

Die Investitionsquote, die international so große Beachtung findet, hat in Österreich aber schon lange eine Schieflage. Der Wirtschaftsstandort Österreich weist schon seit einigen Jahren eine Schwäche auf. Deswegen hat ja die ehemalige türkis-blaue Regierung diese Steuerreform so forciert, die jetzt zur Überraschung ja begraben wurde.

Es gibt keine Körperschaftsteuersenkung, es gibt keine Abschaffung der kalten Pro­gression und es gibt keine Senkung der Einkommensteuer oder Lohnsteuer, geschweige denn eine Entlastung des Faktors Arbeit. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Ein Beispiel dafür, wie man ein wirtschaftlich relativ rückständiges Land in kürzester Zeit hochfahren kann, hat Westdeutschland mit Ostdeutschland geliefert. Die haben gesagt: Okay, alle Unternehmen können investieren und 40 Prozent können sofort abgeschrie­ben werden. – Ostdeutschland ist heute ein prosperierendes Land und der geniale Unternehmer Elon Musk errichtet in Berlin-Brandenburg sogar eine Gigafactory, die in kürzester Zeit eröffnen wird, mit 40 000 Arbeitsplätzen.

Was passiert in Österreich? – Wie wir heute schon gehört haben und in den Zeitungen verfolgen müssen, gehen leider Tausende Arbeitsplätze verloren, weil Industriebetriebe aus Österreich abwandern, weil die Belastung zu hoch ist. Management by Chaos, Coronawahnsinn, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat dazu geführt, dass wir zu diesem Ergebnis gekommen sind.

Es wundert mich nicht, dass sich Bundesminister Blümel dem Wiener Bürgermeister Ludwig als zukünftiger Vizebürgermeister anbietet – um nicht zu sagen anbiedert, aber das würde ich ihm jetzt nicht unterstellen –, denn es ist ja nachvollziehbar, dass er für dieses Chaosmanagement oder für dieses volkswirtschaftliches Desaster – denn das ist es ja eigentlich, was hier in Österreich passiert – nicht mehr verantwortlich sein möchte.

Ein kurzes Wort auch zur Wirtschaftskammer Österreich, die ja – meiner Meinung nach hätte sie das nicht tun sollen – für die ganze Auszahlung der Zuschüsse und Förde­rungen, die – zu spät, wie auch immer – angekommen sind, verantwortlich war: Die Wirt­schaftskammer hat am 17. April 2020 propagiert: Wir beteiligen uns daran, dass wir weniger Gelder von unseren Pflichtmitgliedern einnehmen, wir verzichten – irgendwo steht das Wort verzichtet – auf 200 Millionen Euro Grundumlage.

Was passiert? – Vor wenigen Tagen flattert allen Unternehmern in Wien ein Brief ins Haus: Wir verzichten nicht auf die Grundumlage, wir haben sie nur kurz ausgesetzt. Wir wollen sie jetzt nachbezahlt bekommen.

Geht es den Unternehmen besser? – Ich glaube nicht. Geht es der Kammer gut? – Sehr gut, wie wir heute von Kollegen Seeber gehört haben. Der Kammer geht es sehr gut, denn für die Kammer gibt es gar keine Krise. Die Kammer Wien hat genug Geld. Wir wissen, sie hat 1,7 Milliarden Euro an Reserven. Was kümmert es die Kammer, ob österreichische Unternehmen existieren oder nicht? Also das ist wirklich eine fahrlässige Interessenvertretung.

Deswegen ist es extrem wichtig, dass die freien Wirtschaftsverbände wie der Handels­ver­band, die Industriellenvereinigung, die Tourismusvereinigung oder der Österreichi­sche Gewerbeverein stärker zum Zug kommen, die Pflichtmitgliedschaft eines Tages wirklich reduziert und die Grundumlage wirklich ausgesetzt wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.35



BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 98

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Ing.in Ju­dith Ringer zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.


18.35.50

Bundesrätin Ing. Judith Ringer (ÖVP, Oberösterreich): Verehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über die Aufstockung der Investitionsprämie, einer Prämie, die wir erst vor Kurzem, und zwar am 15.7., beschlossen haben. Der Sinn dieser Prämie ist es, konjunkturelle Anreize für betriebliche Investitionen zu schaffen. Diese Maßnahme wurde so gut von den Unternehmen aufgenommen, dass die 1 Milliarde Euro, die wir dafür vorgesehen haben, schon nach nicht einmal zwei Wochen ausgeschöpft war.

Mit dieser 1 Milliarde Euro wurde ein Investitionsvolumen von über 10 Milliarden Euro ausgelöst. 11 503 Anträge wurden bisher gestellt. Allein aus meinem Heimatbundesland Oberösterreich kommen über 3 000 Anträge. Der Verunsicherung, die vorher bei den Unternehmen in Bezug auf Investitionen zu spüren war, konnte damit sehr erfolgreich entgegengewirkt werden.

Dass Investitionen wichtig sind, darüber sind wir uns einig, Herr Kollege Pisec, aber aus unserer Sicht ist auch eine Steuerung für die richtigen Bereiche wichtig. Die doppelte Investitionsprämie für die Bereiche Digitalisierung, Ökologisierung und Gesundheit ist ja keine Steuerung in Richtung bestimmter Firmen, bestimmter Branchen – im Gegenteil, das gibt bestimmten Betrieben die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden, und das ist ein Bereich, den wir ganz dringend brauchen.

Ich gebe Ihnen recht, es kann nicht sein, dass für Apple oder für ausländische Konzerne investiert wird, aber unsere Betriebe bekommen hiermit die Chance, in diesem Bereich stark zu werden, sodass wir wieder mehr in Oberösterreich, in Österreich und in Europa behalten können. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Alleine die Maßnahme im Bereich Ökologisierung und Zukunftsthemen ist ganz wichtig, das zeigt meine Heimatstadt Steyr. Liebe Frau Kollegin Mühlwerth, ich muss Sie leider korrigieren: Die Maßnahmen bei der MAN sind nicht covid-bedingt. MAN hat einen Auftragsstand, der höher als vor Corona ist. Die im Raum stehende Schließung des Standortes Steyr ist rein auf falsche Konzernentscheidungen zurückzuführen.

Liebe Kollegen und Kolleginnen von der SPÖ! Bei diesen Entscheidungen war auch der Betriebsrat im Aufsichtsrat des Konzerns mit dabei. Also so viel zum Thema geschickte Verhandlungsführung. (Bundesrätin Schumann: Ah geh!) Der Standortsicherungs­ver­trag in Steyr ist nicht einmal das Papier wert, auf dem er gedruckt worden ist.

Ich bin sehr froh, dass über 90 Prozent der Anträge von EPUs und KMUs kommen, denn die sind das Rückgrat unserer Wirtschaft und schaffen den Großteil unserer Arbeits­plätze. Da geht es um Arbeitsplätze in innovativen Bereichen, und das ist das, was wir brauchen.

Ja, wir leben in herausfordernden Zeiten, und darum müssen wir in die Zukunft inves­tieren. Wir können die Zukunft nicht voraussehen, aber wir müssen sie möglich machen. Dass wir im internationalen Vergleich gut durch die Krise kommen, kann ich bestätigen, denn wir sind international tätig, ich habe viele Kontakte.

Die Prämie dient nicht nur den Arbeitgebern, sondern auch den Arbeitnehmern, und damit ist allen geholfen. Diese Erhöhung auf 2 Milliarden Euro dient den Betrieben mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Damit diese weiteren Anträge auch zugesagt werden können, müssen wir eine Rechts­sicherheit für unsere Unternehmen schaffen. Es ist ein umgehender Beschluss nötig, denn sonst müsste die Antragstellung gestoppt werden.


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Geben wir unseren Betrieben mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern also die Sicher­heit und die nötigen Zukunftsperspektiven und stimmen wir einer Erhöhung zu! Es geht nicht nur um die Gesundheit der Menschen, sondern es geht auch um die wirtschaftliche Gesundheit unseres Landes. – Danke und bleiben Sie gesund! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

18.40


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Andrea Kahofer zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.


18.40.47

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Werte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer via Live­stream! Die Investitionsprämie beziehungsweise die Aufstockung der zweiten Milliarde ist sicherlich etwas Positives. Dieser nicht rückzahlbare Zuschuss kurbelt Neuinves­titionen an. Es ist ein Anreiz, unter wirklich attraktiven Bedingungen unternehmerische Neuinvestitionen zu tätigen. Es ist auch sehr positiv, dass das natürlich für alle Branchen gilt.

Ich bin jetzt nur ein bisschen enttäuscht darüber, dass uns zwar heute die Branchen­auf­listung versprochen wurde - - (Bundesrätin Zwazl: Habe ich!) – Wir haben sie aber noch nicht, sie ist nicht weitergeleitet worden. Tut mir leid, ich hätte sie gern vorher gehabt.

Diese Prämie ist sicherlich als Wirtschaftsförderung für die jetzige Zeit zu sehen, aber eines muss uns auch klar sein: Diese Investitionen, die jetzt getätigt werden, sind keine, die jetzt nur deshalb gemacht werden, es sind Investitionen, die ohnedies irgendwann gemacht worden wären, die notwendig waren, die jetzt vorgezogen worden sind, weil die Bedingungen günstig sind.

Damit will ich diese Investitionen nicht schlechtreden. Es ist gut, dass das jetzt passiert, die Wirtschaft braucht diese Investitionen jetzt. Die Betriebe fördern sich gegenseitig, es gehen Aufträge auch an kleine und an mittlere Betriebe, und das ist gut so.

Frau Kollegin Ringer hat vorher gesagt, es sind 11 000 Anträge eingegangen. Im Aus­schuss wurde uns heute mitgeteilt, es sind 14 700 Anträge eingegangen. Wir wären allein mit den 8 000 schon bearbeiteten bei 1,2 Milliarden Euro, deshalb ist eben diese Aufstockung notwendig.

Besonders erfreulich ist auch, dass wirklich quer durch die Betriebslandschaft, die Unternehmenslandschaft dieses Angebot in Anspruch genommen wird. Wir haben gehört, dass 63 Prozent der Anträge von Kleinstbetrieben gekommen sind. Es sind also auch Kleinstbetriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern, die das nutzen, auch wenn es nur 5 000 Euro, also die Mindestsumme, sind, die als Investitionssumme zur Förderung eingereicht werden.

Wir haben uns ein bisschen die Frage gestellt, woher diese Aufteilung kommt. Es wurde nämlich weiters zwischen Klein- und Mittelbetrieben unterschieden, aber die Klein- und Mittelbetriebe zusammen machen doch auch fast 30 Prozent der Anträge aus, 8 Prozent kamen aus den Großbetrieben.

Ich muss auch dazusagen, dass es für mich beziehungsweise für uns durchaus ver­ständlich ist, dass es die Unterscheidung zwischen den 7 Prozent und den 14 Prozent gibt, weil einfach die zukunftsweisenden Investitionen besonders wichtig sind. Ob es uns gefällt oder nicht, die Digitalisierung wird voranschreiten. Im Bereich der Digitalisierung gab es 23 Prozent der Anträge. Wichtig ist nur, wenn die Digitalisierung voranschreitet, dass die Rahmenbedingungen dazu dann ordentlich ausgearbeitet werden; aber dass jetzt gefördert wird, ist gut und richtig.


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30 Prozent der Anträge haben sehr nachhaltige Investitionen betroffen, also den Bereich der Ökologisierung. Gerade aus den Bereichen Gesundheit, Lifescience kam so gut - - (Bundesrätin Zwazl: 7 Prozent!) – Das ist nachgereicht worden, diese Zahl haben wir im Ausschuss noch nicht gehabt. (Bundesrätin Zwazl: Die 7 Prozent haben wir schon ge­habt! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Wir haben sie noch nicht gehabt, das bestätigt auch der Kollege. Es wurde nur gesagt: kaum.

Im Gesamten gesehen werden wir diese Aufstockung um diese 1 Milliarde Euro befür­worten. Das hilft der Wirtschaft, das hilft den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, weil es den Wirtschaftsstandort stärkt und dadurch Arbeitsplätze sichert.

Eines möchte ich jetzt aber noch dazusagen: Bei allen Maßnahmen, die getroffen werden, wird, wenn zugleich unsere eigenen Verantwortlichen das Land schlechtreden, keine Investitionsprämie der Wirtschaft helfen können.

Ich weiß nicht, wer gestern die „ZIB 2“ gesehen hat. Mir ist es dabei nicht besonders gut gegangen; ich musste hören, wie katastrophal schlecht Wien doch dasteht, weil die Hälfte der Neuinfektionen in Wien stattfindet, wo nur ein Viertel der Menschen wohnt. – Es sagt aber keiner dazu, dass dieses Viertel der Bevölkerung Österreichs auf 0,5 Pro­zent der Fläche Österreichs wohnt. Wenn dann gesagt wird, wir wüssten, dass in Wien die Nachverfolgung der Kontakte nicht gut funktioniert, dann kann ich nur sagen, das stimmt nicht, und zwar aus eigener Erfahrung.

Wenn wir selbst, unsere Verantwortlichen das lange und anhaltend in die Welt hinaus­posaunen, dann dürfen wir uns nicht darüber wundern, dass es Reisewarnungen gibt. (Beifall bei der SPÖ.) Diese Reisewarnungen machen die Wirtschaft kaputt. Schaut euch in Wien in der Hotellerie und in der Gastronomie, im Tourismus um!

Investitionsprämien sind gut und schön, aber wenn ich zuerst höre, dass unsere Unter­nehmerinnen und Unternehmer Mut und Zuversicht brauchen, und dann Dinge wie gestern in der „ZIB 2“ gesagt werden, dann verstehe ich die Welt nicht mehr.

Eine Gesundheitskrise und eine Wirtschaftskrise haben nichts mit Wahlkampf zu tun. Solange das missbraucht wird, können wir mit keinen Maßnahmen wirklich helfen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.47


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster ist Herr Bundesrat Marco Schreuder zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.


18.47.48

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Wiener Unternehmer, der das auch sehr gerne ist, freue ich mich sehr über diesen Tagesordnungspunkt. Ich glaube, er ist von den vielen Dingen, die wir beschließen, ein ganz wichtiger Meilenstein. Da geht es jetzt nicht um kleine Summen. Wir erhöhen tatsächlich noch um eine weitere Milliarde Euro. Wir setzen damit aber nicht 1 Milliarde Euro in die Welt, sondern das potenziert sich ja in einer enormen Art und Weise.

Warum ist das so wichtig? – In Krisenzeiten neigt man dazu, egal, ob in einem privaten Haushalt oder eben auch als Unternehmen, eher ungern Geld auszugeben. Man wartet lieber ab und schaut lieber, wie sich die Dinge entwickeln, man ist einfach unsicher. Wenn man dann sagt, wir wollen, dass da etwas in Bewegung kommt, dass Aufträge da sind, dass etwas passiert, dann ist diese Investitionsförderung beziehungsweise diese Investitionsprämie ein ganz großartiges Instrument. Man kann es meinetwegen kritisie­ren, aber ich habe kein Verständnis dafür, dass man dagegenstimmt.


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 101

Dieses Programm tut nämlich zusätzlich noch etwas, das so enorm wichtig ist. Wenn man nämlich darüber nachdenkt, dass wir in einer Krise sind und wollen, dass die Unternehmen investieren, dass Bewegung kommt, dann darf man nicht vergessen, dass es gleichzeitig noch eine andere Krise gibt, der Corona wurscht ist, nämlich die Klima­krise. (Bundesrätin Schumann: Das ist was anderes!) – Nein, das ist wichtig!

In Grönland schmilzt weiterhin das Eis, in der Antarktis schmilzt weiterhin das Eis, wir haben weltweit den heißesten Sommer. Wenn die Frage ist, in welche Richtung investiert werden soll, dann müssen wir sagen: natürlich in die nachhaltigen Projekte, natürlich in eine Wirtschaft, die nicht nur die Wirtschaft rettet, sondern auch den Planeten! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Pisec.)

Deswegen ist es auch richtig, dass wir gesagt haben, es gibt drei wichtige Bereiche für die Zukunft, bei denen Österreich vorangehen muss: Das ist der Klimaschutz, das ist der gesamte Lifesciencebereich – der Gesundheitsbereich, weil Sie ja nicht wussten, was das heißt – und das ist der Bereich Digitalisierung. (Zwischenruf des Bundesrates Pisec.) Es ist ganz wichtig, dass wir sagen, da muss Österreich voranschreiten. Das sind Zukunftsthemen. Hier brauchen wir Kompetenz und Investitionen. Das halte ich für enorm wichtig. Deswegen kann man nur sagen: Wenn hier der Staat 14 Prozent zu­schießt, ist das ein Erfolg.

Wir haben auch gehört – und das freut mich besonders –, dass über 60 Prozent der Betriebe in diesem Land Kleinstunternehmen sind. Daran sieht man auch – Frau Kollegin Zwazl meldet sich gleich zu Wort, und sie wird eh wieder eine wunderbare Rede dazu halten –, sie sind das Rückgrat unserer Wirtschaft in Österreich. Das beweisen auch wieder diese Zahlen, die doch sehr beeindruckend sind.

Wir haben heute etwas gehört, und das finde ich schon auch wichtig, wir hatten diese 8 000 Anträge und 1,2 Milliarden Euro, die bisher freigegeben worden sind. Es kommt ja noch viel mehr. Man kann bis Februar 2021 ansuchen, und wir haben dadurch über 12 Milliarden Euro Investitionsvolumen freigesetzt. Das ist nicht nichts. Das ist wirklich viel Geld, das in der Wirtschaft jetzt im Fluss ist, was Aufträge für andere Unternehmen bedeutet. Deswegen ist das eine Erfolgsgeschichte, auf die wir alle zu Recht stolz sein können. Es ist ein wichtiger Meilenstein. Es wird nicht alle Krisen auf einen Schlag lösen, aber wir werden uns wieder treffen, wenn das weiter so gut läuft, und dann werden wir weitere Gelder beschließen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.52


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bun­desministerin Mag.a Christine Aschbacher zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesminis­terin.


18.52.18

Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend Mag. (FH) Christine Aschbacher: Frau Präsidentin! Liebe Bundesrätinnen und Bundesräte! Ganz kurz noch eine Stellung­nahme meinerseits: Bevor ich zu der konkreten Maßnahme der Aufstockung der Inves­titionsprämie komme, möchte ich schon noch sagen: Wir haben im Nationalrat einen Beschluss getätigt, wobei ich sehr froh bin, dass wir eine breite Zustimmung gefunden haben, nämlich den Rückforderungsstopp für Familien, die Kinderbetreuungsgeld nach­zahlen müssten. Das wollten wir auch in den Bundesrat einbringen, und viele Fraktionen waren dabei, aber leider nicht alle, wenn es um Familien geht, die in Not geraten sind, die an der Armutsgrenze sind, wie wir vorher schon mehrmals gehört haben. Und dann hält es eine soziale Partei hier nicht für notwendig, dass es dringend wäre, hier den Rückforderungsstopp auch zu beschließen und durch den Bundesrat zu bringen, um Planungssicherheit für die Familien sicherzustellen. Da frage ich mich als zuständige


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Familienministerin hier schon und bin verwundert, warum das heute auf der Tages­ord­nung keinen Platz hatte. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Jetzt aber zu dem heutigen Thema: Meine Kollegin Margarete Schramböck wäre sehr gerne selbst hier, weil sie mit Herzblut und Engagement für dieses Thema brennt, für den Wirtschaftsstandort Österreich, um die Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen. Dabei sind wir in enger Kooperation und Zusammenarbeit, denn wir sehen den regen Zuspruch bei der Investitionsprämie, die Nachfrage bei den verschiedenen Unterneh­mensgrößen. Da geht es darum, wirtschaftspolitisch und arbeitsmarktpolitisch eng zusammenzuarbeiten, um mit den Investitionen Arbeitsplätze zu sichern.

Sie, Herr Bundesrat Schreuder, haben es gerade gesagt: Es ist ein Investitionspotenzial und -volumen von 12 Milliarden Euro, das Arbeitsplätze sichert und in unseren Zu­kunfts­branchen neue Arbeitsplätze schafft. Kombiniert mit der Arbeitsstiftung, mit der Qualifi­zierungsoffensive werden wir es gemeinsam schaffen, dass wir die Menschen, die in Österreich leben, fit machen, um diese Arbeitsplätze dann in den Zukunftsbranchen auch auszufüllen. Dementsprechend freue ich mich, wenn es auch hier im Bundesrat eine gute und breite Zustimmung gibt, diese Investitionen, diese Investitionsprämie aufzu­stocken. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.54


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sonja Zwazl. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.


18.54.54

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon im Wirtschafts­ausschuss darüber diskutiert. Ich weiß, Reinhard (in Richtung Bundesrat Pisec), das ist dir wurscht, du hast schon eine vorgefasste Meinung gehabt und die hast du jetzt wieder hier präsentiert. Es tut mir sehr leid, denn ich denke auch, dass unser Kollege Seeber heute nichts anderes gesagt hat, und das ist für uns und gerade für mich als Unter­nehmerin ganz wichtig.

Wenn wir heute von Mut und Zuversicht reden, dann muss ich schon sagen, welche Unterstützungsmaßnahmen hier gesetzt wurden und werden, weil das ganz einfach wichtig ist. Ich stehe selber in meinem Unternehmen. Ich habe gesehen, wie das zu Ostern war, ich bin auf meiner Osterware sitzengeblieben. Ich habe das Glück, dass ich kein Zuckerlgeschäft habe, mein Osterhase wird nächstes Jahr genauso ausschauen; ob ich ihn noch um den Preis verkaufen kann, weiß ich nicht.

Ich freue mich aber sehr, dass die Regierung hier Maßnahmen gesetzt hat. Ich denke schon, dass die 50 Milliarden Euro, mit denen für die Wirtschaft, für uns alle hier der Rettungsschirm gemacht wurde, sehr gut sind. Das hat Robert Seeber gesagt: Es geht um die degressive Abschreibung, es geht um den Verlustrücktrag, es geht darum, dass der Einkommensteuersatz rückwirkend von 25 auf 20 Prozent reduziert wird. Es gibt den Fixkostenzuschuss, es gibt die Überbrückungsgarantie, es gibt den Härtefallfonds, es gibt die Ausfallhaftung und die 5 Prozent Mehrwertsteuerreduktion. Das ist das, was mir jetzt einfällt. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ich finde, wenn du jetzt auch zum Beispiel sagst, wir sind durch die Krise gekommen, muss man halt als Realist sagen: Wir stecken ja mitten drinnen. Niemand von uns hat gewusst, dass die Pandemie kommt, niemand konnte sich darauf vorbereiten. Darum muss ich sagen, Danke schön, dass es diese Möglichkeiten und die Unterstützung gibt, damit wir denen, die unsere Betriebe führen, sagen: Ja, okay, jetzt müssen wir schauen, dass wir da durchkommen. Ich habe die Einstellung, dass ich sage, jeder Tag, den wir


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gut oder einigermaßen gut drüber bringen, bringt uns dem Ziel näher, dass es ein Medi­kament oder eine Impfung geben wird, sodass es dann wieder weitergeht. Noch einmal ein herzliches Dankeschön für diese Maßnahmen und Unterstützungen der Regierung.

Ich finde auch, dass die Investitionsprämie etwas ganz Wesentliches und Wichtiges ist. Ich habe es nicht nachvollziehen können, wieso sie ungerecht ist, wieso sie nicht gleiches Recht für alle ist, denn wir alle können das einreichen. Es gibt bis jetzt eben 14 715 Einreichungen. Bei einer attraktive Förderung muss man immer schnell sein: first come, first served. Das ist aber in diesem Fall nicht so, denn man kann bis 28.2. nächsten Jahres einreichen. Es ist gerade auch für Klein- und Mittelbetriebe leichter, dass sie auch kleinere Investitionen einreichen können, ein Bündel davon einreichen können. Das sieht man ja auch – ihr habt es ja auch selber gesagt –, wenn man sich anschaut, dass wir eben 63 Prozent Kleinstbetriebe haben, das sind jene bis neun Mitarbeiter, 18,4 Prozent Kleinbetriebe, das sind zehn bis 49 Mitarbeiter, 10,6 Prozent Mittelbetriebe, das sind 50 bis 249 Mitarbeiter, und 8 Prozent Großbetriebe, das sind jene ab 250 Mitarbeiter. (Bundesrat Pisec: Das war auf die Pharmaindustrie gerech­net!) – Die Pharmaindustrie fällt da überhaupt nicht auf!

Ich habe mittlerweile die Unterlagen hier. (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe.) Ich habe mir angeschaut, welche Branchen eingereicht haben, und daran sieht man nicht, was du sagst. Das muss ich schon ganz ehrlich sagen. (Bundesrat Pisec: Das ist ein Verschlussakt?!) Was für mich als Unternehmerin natürlich auch wichtig ist: Die Investitionsprämie ist steuerfrei. Das muss man auch dazusagen. Die Unterscheidung zwischen 7 und 14 Prozent ist für mich schon logisch. Die 7 Prozent sind für Neuinves­titionen in das absetzbare Anlagevermögen, und – das haben wir ja schon ein paar Mal gesagt – die 14 Prozent sind für Digitalisierung, Ökologisierung und Lifescience. (Bun­desrat Pisec: Für die Pharmaindustrie!) Ich finde, das ist wirklich eine tolle Sache. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Noch dazu geht es mir wirklich um die Einreichung. Man muss erst die Maßnahmen treffen, man muss die Bestellung machen, den Kaufvertrag. Die Umsetzung und Bezah­lung bis zur 20-Millionen-Grenze ist bis zum 28.2.2022 und die andere bis zum 28.2.2024. Dann kommt ja noch dazu, dass es eine Erhöhung des Fördereffekts durch die Möglichkeit der Kumulierung mit anderen Förderungen gibt. (Bundesrat Pisec: Warum keine EFP?) – Das ist eine gute Förderung. (Bundesrat Pisec: Warum keine EFP?) – Du, matschker da jetzt nicht! (Heiterkeit bei der ÖVP.) Schau dir das einmal an! Das ist für unsere Betriebe wirklich eine gute Förderung. Du hörst ja überhaupt nicht zu!

Wenn ich es mir jetzt anschaue, vermindert die Investitionsprämie laut Sonder­regelun­gen im Konjunkturstärkungsgesetz auch nicht die absetzbaren Aufwendungen. Das sind für uns ganz einfach wichtige Dinge.

Es ist ja auch der Vorwurf der Bürokratie gekommen. Das sehe ich in dem Fall wirklich nicht so, denn du machst die Antragstellung, du erstellst ein Konto, du machst die allgemeinen Angaben. (Zwischenruf des Bundesrates Pisec.) – Das kannst du selber machen! Du brauchst nicht alle auf einmal einzugeben, sondern du kannst dich immer wieder einlog­gen, und das ist gerade für unsere Klein- und Mittelbetriebe wirklich ein großartiger Erfolg.

Wir haben gesehen, dass diese Investitionsprämie wirklich in der ersten Zeit – das wurde schon gesagt – sehr stark in Anspruch genommen wurde und viele Anträge eingereicht wurden. Wir haben gehört, dass es derzeit 500 Anträge pro Tag gibt. (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe.) Wenn man sich die Branchen anschaut – das haben wir heute auch besprochen –: Dienstleistungen: 3 564 Einreichungen; Energie, Wasser und Abwasser: 630; Handel: 1 836 – ich will das Ganze jetzt nicht runterbeten –, sieht man ganz genau, dass die zukunftsorientierten Investitionen den größten Anteil haben. Die Dienstleistungsbranche lag bei den Einreichungen mit 24,2 Prozent am ersten Platz, die


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 104

Nahrungs- und Genussmittelbetriebe am zweiten Platz. Ich werde dir den Zettel dann kopie­ren, den kannst du ganz einfach kriegen, damit du das weißt. (Zwischenruf des Bundes­rates Pisec.) Du wirst dann auch sehen, dass diese Investitionsprämie eine gute Unterstützung für unsere Betriebe ist. Wir haben heute ja auch gehört, dass eine Studie in Auftrag gegeben wird, um wirklich die volkswirtschaftlichen Effekte auch entsprechend herauszuarbeiten.

Ich sage als Unternehmerin noch einmal ein herzliches Dankeschön für diese Mög­lichkeit, für diese Unterstützung. Ich freue mich ganz besonders darüber, dass sehr viele Klein- und Mittelbetriebe, die das Rückgrat unserer Wirtschaft darstellen, eingereicht haben. Wir wissen ganz genau, dass bei diesem Mix, den wir im Land haben, die Klein- und Mittelbetriebe sehr krisenfest sind, und da ist es ganz wichtig, dass diese Betriebe auch unterstützt werden.

Ich sage noch einmal ein herzliches Dankeschön und hoffe, dass wir bald wirklich ein Medikament, eine Impfung bekommen, damit wir auch als Wirtschaft und als Gesell­schaft mit mehr Zuversicht in die Zukunft blicken können, und dass es uns weiterhin gut geht. Wir sind aber alle gut unterwegs, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unsere Betriebe gemeinsam. Ich denke, mit der Unterstützung, die wir durch die Regierung haben, wird alles Mögliche gemacht. (Widerspruch bei der SPÖ.) – Gebt einmal zu, dass es tolle Unterstützungen gibt! Ohne diese Unterstützungen würden wir diese Situation nicht so bewältigen! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

19.03

19.03.32


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

19.04.10Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von fünf Mitgliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich der Tagesord­nungspunkte 1 bis 7 zu verlesen, damit dieser Teil des Amtlichen Protokolls mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr diesen Teil des Amtlichen Protokolls:

„Tagesordnungspunkt 1 und Tagesordnungspunkt 2:

Die Bundesräte Rudolf Kaske, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 2 den Ent­schließungsantrag Beilage 2/1 EA ein.

Abstimmungen:

TO-Punkt 1: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stimmenmehrheit).

TO-Punkt 2: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stimmeneinhelligkeit).

Der Entschließungsantrag Beilage 2/1 EA wird abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 3:


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 105

Abstimmung:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stim­meneinhelligkeit).

Tagesordnungspunkt 4 und Tagesordnungspunkt 5:

Die Bundesräte Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 4 den Entschließungsantrag Beilage 4/1 EA ein.

Die Bundesräte Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 4 den Entschließungsantrag Beilage 4/2 EA ein.

Die Bundesräte Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 5 den Entschließungsantrag Beilage 5/1 EA ein.

Die Bundesräte Bernhard Rösch, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 5 den Entschließungsantrag Beilage 5/2 EA ein.

Abstimmungen:

TO-Punkt 4: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stimmeneinhelligkeit).

Der Entschließungsantrag Beilage 4/1 EA wird angenommen (mit Stimmenmehrheit).

Der Entschließungsantrag Beilage 4/2 EA wird angenommen (mit Stimmenmehrheit).

TO-Punkt 5: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stimmeneinhelligkeit).

Der Entschließungsantrag Beilage 5/1 EA wird angenommen (mit Stimmenmehrheit).

Der Entschließungsantrag Beilage 5/2 EA wird angenommen (mit Stimmenmehrheit).

Tagesordnungspunkt 6:

Die Bundesräte Doris Hahn, MEd MA, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 6 den Entschließungsantrag Beilage 6/1 EA ein.

Die Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 6 den Entschließungsantrag Beilage 6/2 EA ein, der gemäß § 43 Abs. 4 GO-BR vervielfältigt und verteilt und in seinen Kernpunkten erläutert wird.

Abstimmungen:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stim­meneinhelligkeit).

Der Entschließungsantrag Beilage 6/1 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 6/2 EA wird abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 7:

Abstimmung:

Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen (mit Stim­menmehrheit).“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teils des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall. Das Amtliche Protokoll gilt hinsichtlich der


BundesratStenographisches Protokoll912. Sitzung, 912. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2020 / Seite 106

Tagesordnungspunkte 1 bis 7 gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundes­rates mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

19.08.03Einlauf und Zuweisung


Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt vier Anfragen, 3796/J-BR/2020 bis 3799/J-BR/2020, eingebracht wurden.

Eingelangt ist der Entschließungsantrag 278A(E)-BR/2020 der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Änderung der FFH-Richtlinien zur Siche­rung der heimischen Almwirtschaft“, der dem Ausschuss für Land-, Forst- und Wasser­wirtschaft zugewiesen wird.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, der 8. Oktober 2020, 9 Uhr, in Aussicht gestellt.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Be­tracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese dem Einspruchs­recht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 6. Oktober 2020, 14 Uhr, vorge­sehen.

Bevor ich schließe, danke ich noch der Bundesratskanzlei, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Vorbereitung und Aufbereitung dieser Sitzung. Es war doch alles sehr kurzfristig, und ihr habt das wirklich perfekt gemacht. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

Ich wünsche ein gutes Nachhausekommen, und bleiben Sie alle gesund!

Die Sitzung ist geschlossen.

19.09.41Schluss der Sitzung: 19.09 Uhr

 

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