Stenographisches Protokoll

20. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 7. Mai 1996

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

20. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Dienstag, 7. Mai 1996

Dauer der Sitzung

Dienstag, 7. Mai 1996: 10.01 – 20.54 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie des Bundesministers für Arbeit und Soziales betreffend wirtschafts- und beschäftigungspolitische Maßnahmen der Bundesregierung

2. Punkt: Maklergesetz – MaklerG und Bericht über den Antrag 107/A (E) der Abgeordneten Hans Schöll und Genossen betreffend Rahmenbedingungen zum Maklergesetz

3. Punkt: Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988, samt Protokollen und Erklärungen sowie Erklärung der Republik Österreich

4. Punkt: Übereinkommen zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Ausführung von Artikel III Absätze 1 und 4 des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen samt Protokoll

5. Punkt: Erklärung über den Rücktritt der Republik Österreich vom Internationalen Zuckerübereinkommen 1992

6. Punkt: Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits samt Anhängen, Protokollen und Erklärungen

7. Punkt: Erste Lesung des Antrages 109/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge der obersten Organe und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 15


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20. Sitzung / Seite 2

Geschäftsbehandlung

Verkürztes Verfahren (Verzicht auf Vorberatung betreffend 46 d. B.) 17

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung 17

Feststellungen des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend die Anregung, die von den Freiheitlichen eingebrachten sechzehn Entschließungsanträge zu vervielfältigen und zu verteilen 38, 42

Wortmeldung des Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Alexander Van der Bellen betreffend Verlesung von Entschließungsanträgen 38

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 15

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Übertragung der sachlichen Leitung bestimmter, zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörender Angelegenheiten an Bundesministerin Dr. Helga Konrad 15

Ausschüsse

Zuweisungen 15, 168

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie des Bundesministers für Arbeit und Soziales betreffend wirtschafts- und beschäftigungspolitische Maßnahmen der Bundesregierung

Bundesminister Dr. Johannes Ditz 17

Bundesminister Franz Hums 23

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 der Geschäftsordnung 17

Redner:

Dr. Jörg Haider 28

Bundesminister Dr. Johannes Ditz 36, 98

Bundesminister Franz Hums 23, 88

Dipl.-Vw. Dr. Alexander Van der Bellen 38

Ing. Leopold Maderthaner 39

Dr. Volker Kier 47, 128

Fritz Verzetnitsch 52

Karl Öllinger 57

Anton Blünegger (tatsächliche Berichtigung) 64

Mag. Dr. Josef Höchtl 64

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 66

Eleonora Hostasch 70

Mag. Helmut Peter 72

Georg Schwarzenberger 75

Mag. Herbert Haupt 77

Annemarie Reitsamer 80

Maria Schaffenrath 82

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 84

Hermann Böhacker 86

Mag. Walter Guggenberger 90


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20. Sitzung / Seite 3

Dr. Helene Partik-Pablé 91

Ridi Steibl 94

Mag. Gilbert Trattner 95

Winfried Seidinger 102

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) 103

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 104

Dr. Gottfried Feurstein 106

Dr. Alfred Gusenbauer 108

Edeltraud Gatterer 110

Franz Riepl 111

Mag. Thomas Barmüller 113

Helmut Dietachmayr 114

Peter Marizzi 116

Dr. Jörg Haider (tatsächliche Berichtigung) 118

Sigisbert Dolinschek 118

Heidrun Silhavy 120

Peter Rosenstingl 122

Mag. Walter Posch 125

Marianne Hagenhofer 126

Sonja Ablinger 128

Dr. Günther Kräuter 129

Ing. Mathias Reichhold 130

Ingrid Tichy-Schreder 133


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20. Sitzung / Seite 4

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Verwirklichung eines Maßnahmenpaketes zur Stützung der krisengeschüttelten Bauwirtschaft – Ablehnung 42, 136

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Vereinheitlichung des Sozialversicherungsrechts und Strukturreform der Sozialversicherungsträger – Ablehnung 43, 136

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich, Sicherung der internationalen Konkurrenzfähigkeit Österreichs und Reduktion der Arbeitslosigkeit – Ablehnung 45, 136

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Verwaltungsreformmaßnahmen zur Sicherung der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandortes Österreich – Ablehnung 46, 136

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend Reform des Insolvenzrechtes zur Verbesserung der Sanierungsmöglichkeiten – Ablehnung 69, 136

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Erweiterung der branchenbezogenen und betrieblichen Entscheidungsmöglichkeiten bei arbeitsrechtlichen Regelungen – Ablehnung 77, 136

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Realisierung eines aufkommensneutralen ökologischen Steuersystems – Ablehnung 86, 136

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Reduzierung von Entsorgungs- und Umweltsanierungskosten – Ablehnung 87, 136

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Vertretung des Bundes in Unternehmungen – Ablehnung 87, 136

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Entsteuerung von Überstunden – Ablehnung 88, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen betreffend Einführung des sogenannten Luxemburger Modells – Ablehnung 96, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend steuerliche Entlastungsmaßnahmen für die österreichische Wirtschaft – Ablehnung 98, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Moratorium für Freisetzungsanträge von gentechnisch veränderten Organismen – Zurückziehung 105, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Genossen betreffend umfassende Attraktivierung der Lehre – Ablehnung 120, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend die umgehende Realisierung von ausschreibungsreifen Straßenbauprojekten im Bundesland Kärnten – Ablehnung 122, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend die vorgezogene Realisierung eines arbeitskräfteintensiven Arbeitsprogramms für die Bauwirtschaft – Ablehnung 124, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Senkung der Kammerumlagen – Ablehnung 124, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend Sicherung von Arbeitsplätzen in der Land- und Forstwirtschaft – Ablehnung 132, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend Ausländerbeschäftigung und Arbeitslosigkeit – Ablehnung 133, 137

2. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2 d. B.): Maklergesetz – MaklerG und über den Antrag 107/A (E) der Abgeordneten Hans Schöll und Genossen betreffend Rahmenbedingungen zum Maklergesetz (87 d. B.)

Berichterstatter: Dr. Wolfgang Riedler 138

Redner:

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 138

Dr. Willi Fuhrmann 139

Mag. Karl Schweitzer 142

Mag. Thomas Barmüller 14


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20. Sitzung / Seite 5

3

Mag. Terezija Stoisits 144

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 145

Dr. Walter Schwimmer 146

Anna Huber 147

Hans Schöll 148

Dr. Karl Maitz 150

Doris Bures 151

Dr. Martin Graf 152

Annahme des Gesetzentwurfes in 87 d. B. 154

Kenntnisnahme des Berichtes 87 d. B. 154

3. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (34 d. B.): Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988, samt Protokollen und Erklärungen sowie Erklärung der Republik Österreich (88 d. B.)

Berichterstatterin: Rosemarie Bauer 155

Redner:

Gisela Wurm 155

Genehmigung des Staatsvertrages in 88 d. B. 157

4. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (85 d. B.): Übereinkommen zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Ausführung von Artikel III Absätze 1 und 4 des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen samt Protokoll (108 d. B.)

Berichterstatterin: Inge Jäger 157

Redner:

Georg Wurmitzer 158

Genehmigung des Staatsvertrages in 108 d. B. 159

5. Punkt: Regierungsvorlage: Erklärung über den Rücktritt der Republik Österreich vom Internationalen Zuckerübereinkommen 1992 (55 d. B.)

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung) 160

Genehmigung des Staatsvertrages in 55 d. B. 160

6. Punkt: Regierungsvorlage: Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits samt Anhängen, Protokollen und Erklärungen (77 d. B.)

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung) 160

Genehmigung des Staatsvertrages in 77 d. B. 160

7. Punkt: Erste Lesung des Antrages 109/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge der obersten Organe und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden 160

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 160

Dr. Josef Cap 162

Dr. Andreas Khol 163

Mag. Johann Ewald Stadler 164

Mag. Helmut Peter 165

Andreas Wabl 166

Zuweisung des Antrages 109/A an den Verfassungsausschuß 168


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20. Sitzung / Seite 6

Eingebracht wurden

Petition 16

Petition betreffend "Solidarität mit den Opfern des österreichischen Asylgesetzes" (Ordnungsnummer 8) (überreicht von der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits )

Bürgerinitiative 16

Bürgerinitiative betreffend die rechtliche und soziale Gleichstellung homosexueller Menschen (Ordnungsnummer 3)

Regierungsvorlage 16

46: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

Bericht 16

III-24: Forschungsbericht 1996; BM f. Wissenschaft, Verkehr und Kunst

Anträge der Abgeordneten

Mag. Helmut


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20. Sitzung / Seite 7

Peter und Genossen betreffend Änderung des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 970/1993 (180/A)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechtsanwaltstarifgesetz 1969 geändert wird (181/A)

Fritz Verzetnitsch, Fritz Neugebauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung (Post-Betriebsverfassungsgesetz – PBVG) (182/A)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz geändert wird (183/A)

Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kurt Heindl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz) (184/A)

Dkfm. Dr. Günter Puttinger, Dr. Kurt Heindl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Akkreditierungsgesetz (AkkG) geändert wird (185/A)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Moratorium für Freisetzungsanträge von gentechnisch veränderten Organismen (186/A) (E)

Klara Motter und Genossen betreffend Haftungsregeln für Freisetzungen gentechnisch veränderter Organismen (187/A) (E)

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler, Ing. Kurt Gartlehner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (BHG-Novelle 1996) (188/A)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Verwaltungsreformmaßnahmen zur Sicherung der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandortes Österreich (189/A) (E)

Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Vertretung des Bundes in Unternehmungen (190/A) (E)

Mag. Dr. Josef Höchtl, DDr. Erwin Niederwieser und Genossen betreffend 1. ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird, 2. ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird, und 3. ein Bundesgesetz, mit dem das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz geändert wird (191/A)

Anfragen der Abgeordneten

Johann Kurzbauer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schließung des Gendarmeriepostens Rabenstein an der Pielach (516/J)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Pannen bei Telefonüberwachungen (517/J)

Ing. Mathias Reichhold und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend die Nichtgewährung der Versehrtenrente wegen Berufskrankheit (518/J)

Mares Rossmann und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Gutachten, Umfragen und Studien, die im Bereich Tourismus und Freizeitwirtschaft vom Ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten in den Jahren 1990 bis 1996 in Auftrag gegeben wurden (519/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Ergebnis der Rechnungshofprüfung bezüglich der Österreichischen Nationalbibliothek (520/J)

Sigisbert Dolinschek und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend die Neugeborenenuntersuchung zum Nachweis der Stoffwechselerkrankung Cystische Fibrose (521/J)

Sigisbert Dolinschek und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend die Neugeborenenuntersuchung zum Nachweis der Stoffwechselerkrankung Cystische Fibrose (522/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Informationsbroschüre 3a/96 der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (523/J)

Dr. Susanne Preisinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Schulversuch "Mittelschule" (524/J)

Dr. Susanne Preisinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Unvereinbarkeit von Nebentätigkeiten im Bereich des Stadtschulrates für Wien (525/J)

Dr. Susanne Preisinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Raumsituation im Bereich des Wiener Stadtschulrates (526/J)

Hans Schöll und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Vorruhestandsregelungen beim Verbund (527/J)

Dr. Susanne Preisinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Tätigkeit des Österreichischen Kulturservice (528/J)


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20. Sitzung / Seite 8

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend das Institut für Normungswesen (529/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Zollwache in Tirol und deren Weiterbestand nach dem Schengener-Abkommen (530/J)

Ing. Mathias Reichhold und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verkehrsleitzentrale Krumpendorf (531/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Stasi-Aktivitäten in Österreich (532/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst betreffend das Vorwort zum Kunstbericht 1994 von Bundesminister Dr. Scholten (533/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Bahnhofsplatz-Salzburg (534/J)


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20. Sitzung / Seite 9

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überlastung eines Salzburger Beamten der Sicherheitsverwaltung (535/J)

Elfriede Madl und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Förderung weiblicher Lehrlinge (536/J)

Hans Schöll und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Einsparungen in Straßenerhaltung und Straßenbau (537/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Haftverhandlungen (538/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Schulsportunterricht (539/J)

Mares Rossmann und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Neuorganisation der Österreich-Werbung (540/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Gebührengesetz (541/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Bauvorhaben (542/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend den Verkauf von Teilen der Schwarzenbergkaserne (543/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend den Verkauf von Teilen der Schwarzenbergkaserne (544/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Verkauf von Teilen der Schwarzenbergkaserne (545/J)

Mares Rossmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Sparmaßnahmen im Bereich der Flugrettung (546/J)

Hans Schöll und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verkauf der GIWOG (547/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Stasi-Akten und die Rolle des Innenministeriums (548/J)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Flugrettungssystem (549/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Geisterflotte der Post (550/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr betreffend Geisterflotte der Post (551/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Parteispenden und Repräsentationsgeschenke der IMMO Bautreuhand GmbH (552/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend krebserregende Parfums (553/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Sommerozon (554/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend internationale Studien des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie (555/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Durchführungserlässe im Zusammenhang mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 (556/J)

Fritz Neugebauer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Erhebungsbögen im Falle der Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand im öffentlichen Dienst (557/J)

Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Inline-Skating (558/J)

Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Inline-Skating (559/J)

Manfred Lackner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Gebührenbefreiung Behinderter bei ISDN-Anschlüssen (560/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend GSM-Netz im Waldviertel (561/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend irreführende Werbung – (UWG-Novelle) (562/J)

Dr. Elisabeth Hlavac und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Behandlungsdefizite bei Herzinfarkt-Patientinnen (563/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend österreichische Position zur Minen-Konferenz in Genf (564/J)

Ridi Steibl und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend weitere Förderung des linksextremen, gewaltbereiten "TATblattes" durch den Sozialminister – unrichtige Anfragebeantwortung (565/J)


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20. Sitzung / Seite 10

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend landwirtschaftliche Maschinen und bodennahes Ozon (566/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend "Sommerbenzin" (567/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Gülle-Ausbringung und bodennahes Ozon (568/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Übergriffe der Polizei und Gendarmerie (Statistik 1995) (569/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Justizskandalurteile bei Polizeiübergriffen (570/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Einsparungen bei Drogenberatungsstellen (571/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend behindertengerechte Eintragungslokale für Volksbegehren (572/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend die Dotierung des Nationalfonds zur besonderen Hilfe für behinderte Menschen für die Jahre 1996 bis 2000 (573/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend barrierefreie Wahllokale (574/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Telephonüberwachung (575/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend strafrechtliche Verfolgung HIV-Positiver (576/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Polizeiübergriffe gegen Angehörige der Roma in Wien (577/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Einführung von Studiengebühren (578/J)

Robert Elmecker und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Bahnhof Summerau-Summerauerbahn (579/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend geheime Überwachung von Karl Lipski (580/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend geheime Überwachung des Karl Lipski (581/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Abweisung eines Antrages auf Aufenthaltsbewilligung eines restjugoslawischen Säuglings (582/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend sicherheitsbehördliche Maßnahmen gegen das Druckwerk "Um-Verteilung" (583/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend sicherheitsbehördliche Maßnahmen gegen das Druckwerk "Um-Verteilung" (584/J)


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20. Sitzung / Seite 11

Mag. Dr. Alfred Brader und Genossen an den Bundeskanzler betreffend demokratiepolitische Entwicklung der Slowakei und nachbarschaftliche Beziehungen Österreichs (585/J)

Otmar Brix und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend zu Unrecht bezogene Umweltförderungen (586/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (204/AB zu 171/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (205/AB zu 212/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (206/AB zu 213/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (207/AB zu 216/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (208/AB zu 189/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (209/AB zu 208/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Preisinger und Genossen (210/AB zu 232/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (211/AB zu 228/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch und Genossen (212/AB zu 254/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (213/AB zu 193/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (214/AB zu 192/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (215/AB zu 205/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Genossen (216/AB zu 368/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (217/AB zu 307/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (218/AB zu 241/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (219/AB zu 243/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (220/AB zu 206/J)


Nationalrat, XX.GP
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20. Sitzung / Seite 12

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (221/AB zu 311/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (222/AB zu 176/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (223/AB zu 174/J)

des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (224/AB zu 155/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (225/AB zu 160/J)

des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen (226/AB zu 161/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (227/AB zu 164/J)

des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (228/AB zu 167/J)

des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (229/AB zu 172/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (230/AB zu 173/J)

des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Wallner und Genossen (231/AB zu 181/J)

des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Genossen (232/AB zu 187/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen (233/AB zu 190/J)

des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (234/AB zu 209/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (235/AB zu 214/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (236/AB zu 215/J)

des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (237/AB zu 221/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (238/AB zu 237/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (239/AB zu 239/J)

des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (240/AB zu 242/J)


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20. Sitzung / Seite 13

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (241/AB zu 251/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (242/AB zu 170/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (243/AB zu 203/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (244/AB zu 252/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (245/AB zu 157/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (246/AB zu 198/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (247/AB zu 202/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (248/AB zu 356/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Hannelore Buder und Genossen (249/AB zu 258/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (250/AB zu 240/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (251/AB zu 234/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (252/AB zu 236/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (253/AB zu 220/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Brunhilde Fuchs und Genossen (254/AB zu 224/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (255/AB zu 244/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (256/AB zu 247/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (257/AB zu 250/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (258/AB zu 230/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (259/AB zu 245/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Hannelore Buder und Genossen (260/AB zu 260/J)


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20. Sitzung / Seite 14

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen (261/AB zu 284/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen (262/AB zu 285/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (263/AB zu 295/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen (264/AB zu 399/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (265/AB zu 322/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (266/AB zu 270/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (267/AB zu 327/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (268/AB zu 326/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (269/AB zu 289/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (270/AB zu 257/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (271/AB zu 365/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (272/AB zu 256/J)


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20. Sitzung / Seite 15

Beginn der Sitzung: 10.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf bitten, die Plätze einzunehmen, begrüße alle Damen und Herren und eröffne die 20. Sitzung des Nationalrates, die aufgrund eines geschäftsordnungsmäßigen Verlangens von mehr als einem Fünftel der Abgeordneten fristgerecht einberufen wurde.

Das Amtliche Protokoll der 19. Sitzung vom 26. April 1996 ist aufgelegen und unbeeinsprucht geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Haigermoser, Dr. Nowotny, Mag. Firlinger, Dr. Moser, Dr. Haselsteiner, Eder, Dr. Karlsson und Parfuss.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließungen des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel wird durch Staatssekretärin Dr. Benita Ferrero-Waldner vertreten,

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend durch Bundesminister Dr. Caspar Einem und

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer durch Bundesministerin Dr. Christa Krammer.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich ersuche nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Reitsamer, um Verlesung der zwei Einlaufstücke.

Schriftführerin Annemarie Reitsamer: "An den Präsidenten des Nationalrates

Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Herr Bundespräsident am 23. April 1996 die beiliegende Entschließung betreffend die Übertragung der sachlichen Leitung bestimmter, zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörender Angelegenheiten an eine eigene Bundesministerin gemäß Artikel 77 Absatz 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes gefaßt hat.

Wien, am 26. April 1996

Vranitzky"

"Entschließung des Bundespräsidenten, mit der die sachliche Leitung bestimmter, zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörender Angelegenheiten einer eigenen Bundesministerin übertragen wird

(1) Auf Grund des Art. 77 Abs. 3 B-VG übertrage ich der Bundesministerin im Bundeskanzleramt Dr. Helga Konrad die sachliche Leitung der zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörenden


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20. Sitzung / Seite 16

Koordination in Angelegenheiten der Frauenpolitik,

Angelegenheiten der Gleichbehandlungskommission und der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen,

Angelegenheiten der Bundes-Gleichbehandlungskommission und der Interministeriellen Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen (BGBl. Nr. 100/1993),

(2) Abs. 1 gilt nicht für Aufgaben der Personalverwaltung und der Organisation.

(3) Abs. 1 gilt ferner nicht für Angelegenheiten, die dem Bundeskanzler durch Bundesverfassungsrecht vorbehalten sind.

Wien, am 23. April 1996

Der Bundespräsident: Dr. Klestil

Der Bundeskanzler: Dr. Vranitzky"

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke der Frau Schriftführerin und bitte um Kenntnisnahme.

Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 516/J bis 553/J.

2. Anfragebeantwortungen : 204/AB bis 272/AB.

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 29a, 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 8 betreffend "Solidarität mit den Opfern des österreichischen Asylgesetzes", überreicht von der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits,

Bürgerinitiative Nr. 3 betreffend die rechtliche und soziale Gleichstellung homosexueller Menschen.

2. Zuweisung in dieser Sitzung:

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Forschungsbericht 1996 (III-24 der Beilagen).

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters ist folgende Vorlage eingelangt:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (46 der Beilagen).


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Im Einvernehmen mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz schlage ich gemäß § 28a der Geschäftsordnung vor, von der Zuweisung dieses Gegenstandes an einen Ausschuß abzusehen und ihn auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen zu stellen.

Wird hiegegen Widerspruch erhoben? – Das ist nicht der Fall. Ich gehe daher so vor.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der Gestaltung und der Dauer der Debatten zur gesamten Tagesordnung wurde in der Präsidialkonferenz eine Blockredezeit von 10 "Wiener Stunden" vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 150 Minuten, ÖVP 140 Minuten, Freiheitliche 130 Minuten sowie Liberales Forum und Grüne je 90 Minuten. Weiters wurde festgelegt, daß der Erstredner jeder Fraktion nicht länger als 30 Minuten, die weiteren Redner nicht länger als 10 Minuten sprechen sollen.

Über diese Vorschläge ist Konsens erzielt worden.

Ich frage auch hier: Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall. Das ist daher so beschlossen.

1. Punkt

Erklärungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie des Bundesministers für Arbeit und Soziales betreffend wirtschafts- und beschäftigungspolitische Maßnahmen der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung: Erklärungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie des Bundesministers für Arbeit und Soziales betreffend wirtschafts- und beschäftigungspolitische Maßnahmen der Bundesregierung.

Im Anschluß an diese Erklärungen wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung eine Debatte stattfinden.

Ich erteile dem Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten das Wort. – Bitte, Herr Bundesminister.

10.06

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Johannes Ditz: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! In den neunziger Jahren haben sich die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen entscheidend verändert. Der starke Konjunktureinbruch 1992/93, das international abgeflachte Wachstum und vor allem das Auftreten neuer, sehr starker Konkurrenten auf den Weltmärkten haben praktisch alle Industrieländer in Schwierigkeiten gebracht und zu einem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt.

So stieg in der Schweiz die Arbeitslosigkeit zwischen 1990 und 1995 von 0,5 Prozent auf 4,7 Prozent, in Deutschland um nahezu 3 Prozentpunkte von 6,9 Prozent auf 9,6 Prozent, in Spanien von 17,3 Prozent auf 24,2 Prozent und in Schweden von 1,4 Prozent auf 8 Prozent.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Naturgemäß konnte sich auch Österreich dieser internationalen Entwicklung nicht völlig entziehen. Es ist Österreich in dieser Zeitperiode aber gelungen, das Wachstum wesentlich höher und den Arbeitslosenanstieg wesentlich geringer zu halten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Laut OECD-Statistik 1995 ist es nur Japan, Luxemburg und Österreich gelungen, die Arbeitslosenrate unter 4,5 Prozent zu halten. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Faktum sollte Anlaß zu Mut und Optimismus sein, daß unser Land die fachlichen Ressourcen, die


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unternehmerischen Potentiale hat, auch in Zukunft den Weg in die Arbeitslosigkeit in Österreich zu vermeiden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

In logischer Konsequenz dieses Faktums setzt das Beschäftigungs- und Wirtschaftskonzept der österreichischen Bundesregierung nicht auf Lohnverzicht, auch nicht auf dauerhafte Schuldenfinanzierung, sondern auf die nationale und internationale Wettbewerbsstärke der heimischen Wirtschaft. Die österreichische Bundesregierung setzt in diesem Zusammenhang auf Export, Innovationen und Kostensenkungen durch Entbürokratisierung, Flexibilität und den Abbau unnötiger Lohnnebenkosten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Ing. Reichhold : Schlagworte, nichts als Schlagworte!)

Die österreichische Bundesregierung hält lineare Arbeitszeitverkürzungen für nicht sinnvoll, unterstützt aber die Sozialpartner in ihrem Bemühen um neue Arbeitszeitmodelle, die die Weiterbildung in unser Wirtschaftssystem integrieren, die die saisonale Arbeitslosigkeit wesentlich senken und die damit auch neue Beschäftigungschancen initiieren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich bin überzeugt davon, daß es uns mit flexiblen Rahmenbedingungen, mit Deregulierungen gelingen wird, den angepeilten Produktivitätsfortschritt in Arbeitsplätze umzulegen und defensive Rationalisierungskonzepte zu verhindern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreichs Zukunftschancen liegen in einem wettbewerbsstarken produktiven Sektor, der seine Chancen auf dem Weltmarkt und insbesondere auf dem Europäischen Binnenmarkt nützt. Österreichs Zukunftschancen liegen aber auch in einem stark ausbaufähigen, beschäftigungsintensiven Sektor industrienaher Dienstleistungen und in einer kreativen Freizeitwirtschaft, die neue Trends und Entwicklungschancen erkennt und in Arbeitsplätze umsetzt.

Arbeitsplätze, meine sehr geehrten Damen und Herren, können nicht verordnet werden, und es gibt kein Patentrezept zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Ziel der österreichischen Bundesregierung ist es aber, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen so zu gestalten, daß der wirtschaftspolitische Wandel gefördert und in die richtigen Bahnen gelenkt wird.

Es ist die Kunst einer wirtschaftlich erfolgreichen und sozial verantwortlichen Politik, daß dieser Wandel beschleunigt, aber auch so gestaltet wird, daß es in unserem Land zu keinen sozialen Erschütterungen kommt und daß Reibungsverluste durch Streiks oder Radikalisierungen möglichst verhindert werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich glaube, das ist Österreich bis dato besser gelungen als den meisten Industrieländern der Welt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wirtschafts- und Beschäftigungskonzeption der Bundesregierung orientiert sich an klaren Grundsätzen und Leitlinien:

Erster Grundsatz: Sparen im öffentlichen Sektor gefährdet keine Arbeitsplätze, sondern sichert mittelfristig Arbeitsplätze. In diesem Zusammenhang ist die erfolgreiche Verabschiedung des 100-Milliarden-Schilling-Sparpakets wesentlich für die Rückgewinnung des wirtschaftspolitischen Handlungsspielraums, um auch in Zukunft die notwendigen Impulse in der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik sowie neue Initiativen setzen zu können.

Ich glaube, daß das Sparpaket die Grundvoraussetzung dafür bietet, mittelfristig Entlastungen, die notwendig sind, durchführen zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Entwicklung in anderen Staaten, insbesondere in Schweden, hat sehr deutlich gemacht, was passiert, wenn ein Staat nicht rechtzeitig redimensioniert und neustrukturiert werden kann. Dort ist die Arbeitslosigkeit gestiegen – mit dem Sparpaket der österreichischen Bundesregierung wird dieser Weg für Österreich vermieden.


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Die mittlerweile erfolgte Anerkennung dieses Weges durch den Internationalen Währungsfonds zeigt uns sehr deutlich, daß mit diesem Paket ein Stabilitätsgewinn und kein Stabilitätsverlust eingetreten ist.

Es ist mir als Wirtschaftsminister wesentlich und wichtig, heute hier auch festzustellen, daß die Form der Durchführung steuerlicher Änderungen die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich nicht gefährdet. Im Gegenteil: Das österreichische Unternehmenssteuersystem ist nach wie vor wesentlich attraktiver als jenes unseres Nachbarn Deutschland. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Darüber hinaus wurden durch Fixierung einer Forschungsmilliarde, Erhöhung des steuerlichen Investitionsfreibetrages, diverse Impulse im Energiespar- und Baubereich wachstums- und beschäftigungspolitische Initiativen gesetzt, ohne das Sparziel zu gefährden.

Damit komme ich zum zweiten Grundsatz der österreichischen Bundesregierung: Wir wollen jenen Wirtschaftssektoren, die auf öffentliche Aufträge angewiesen sind, eine mittelfristige Planungsgrundlage bieten. Im Bereich der Bauwirtschaft ist dies durch die Festlegung eines mittelfristig verbindlichen Hoch- und Tiefbauprogramms gelungen. Und ich kann sagen, daß sich das Wirtschafts- und Investitionsklima durch diese Maßnahme bereits gebessert hat.

Durch neue Finanzierungsinstrumente, wie Maut, Road-Pricing und den zweckgebundenen Verkauf von Liegenschaften können die Unternehmen nicht nur ein Jahr lang, sondern die nächsten Jahre hindurch mit zusätzlichen öffentlichen Investitionen rechnen. Die von der österreichischen Bundesregierung eingeleitete Infrastrukturoffensive im Hoch- und Tiefbau wird möglicherweise nicht jede Insolvenz vermeiden, sie wird aber mithelfen, die Bauwirtschaft insgesamt als Sektor zu stabilisieren, und sicherstellen, daß auch in diesem Bereich die Arbeitsplätze in Zukunft sicher sind. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich appelliere in diesem Zusammenhang an die Sozialpartner, das weitgehend ausverhandelte neue Arbeitszeitmodell zur Sicherung einer durchgehenden Jahresbeschäftigung jetzt zu beschließen, damit eine durchgehende Beschäftigung zu sichern und sicherzustellen, daß im nächsten Winter nicht nur 40 Prozent, sondern 80 bis 90 Prozent der österreichischen Arbeitnehmer in der Bauwirtschaft durchbeschäftigt werden. Wenn uns das gelingt, dann können wir Arbeitslosengelder in Milliardenhöhe sparen, dann können und werden wir neue Impulse setzen und ersparen uns gleichzeitig die jährlichen Horrormeldungen über die hohe Winterarbeitslosigkeit, die das Wirtschaftsklima immer belastet. (Weiterer Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ein zweiter wesentlicher Bereich, der derzeit mit einem strukturellen Wandel zu kämpfen hat, ist der Tourismus. Auch da ist es notwendig, Entlastungen vorzunehmen. Das geht aber nicht über öffentliche Aufträge, sondern die wichtigste Entlastung in diesem Bereich ist die bürokratische Entlastung. Wichtig ist auch eine bessere Rückendeckung im internationalen Wettbewerb. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich meine aber auch, daß es, statt permanent – auch heute wird dies wieder geschehen – die Krise herbeizureden, dringend notwendig ist, mit einem neuen Werbe- und Marketingkonzept Lust auf Österreich zu machen und damit neue Besucher nach Österreich zu bringen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es ist wichtig, die Unternehmen bei der Eigenkapitalbildung zu unterstützen und in der Förderungspolitik neue Angebote zu machen.

Ich sage es ganz offen: In der jetzigen Situation sind Steuerentlastungen nicht möglich. Aber eine attraktive Form der Steuerpauschalierung im Gastronomiebereich könnte uns helfen, Tausende Wirtinnen und Wirte neu zu motivieren. Ich glaube, daß dieses Modell daher nicht an kleinlichen bürokratischen Bedenken scheitern sollte. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ein weiterer wesentlicher Punkt zur Sicherung von Arbeitsplätzen im Tourismus sind die Erleichterung der Betriebsübergabe und die Reduktion der dann fällig werdenden Auflagen.


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Auch diesbezüglich wird mein Haus noch vor dem Sommer eine entsprechende Initiative ausarbeiten. (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Einkommenschancen im Tourismus zu verbessern, heißt auch, großzügige Ladenöffnungszeiten in Tourismusgebieten anzubieten. Ich bin sehr froh darüber, daß nahezu alle Landesräte dafür gewonnen werden konnten, großzügige Öffnungszeiten für den kommenden Sommer festzulegen. Ich hoffe, daß auch Wien erkennt, daß die Nutzung der Chancen im Städtetourismus nur möglich ist, daß die Sicherstellung der Wettbewerbsvorteile gegenüber Prag nur gewährleistet ist, wenn wir die Geschäfte öffnen – nicht aber, wenn wir sie zu lange geschlossen halten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der wichtigste Schlüssel zur Rückeroberung der Vollbeschäftigung liegt aber zweifelsohne im Export und in der Internationalisierung. Wenn es der österreichischen Wirtschaft, den Arbeitnehmern und Unternehmern gelingt, sich einen geringfügig größeren Marktanteil auf dem Binnenmarkt, auf dem Weltmarkt zu sichern, so bedeutet dies zusätzliche Arbeitsplätze in Österreich.

Ich halte es daher für völlig falsch, die EU zu einem politischen Feindbild hochzuspielen, anstatt jetzt offensiv und selbstbewußt die vielen Chancen in dieser Europäischen Union zu nützen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Verstärkte Direktinvestitionen im Ausland, verstärkte Partnerschaften mit ausländischen Firmen sind Grundvoraussetzung für weiter stark steigende Exporte. Zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Einkommen wird daher vom Wirtschaftsministerium derzeit gemeinsam mit den Interessenvertretungen ein neues Leitbild der Außenwirtschaftspolitik entwickelt, um unsere Möglichkeiten im Export in den kommenden Jahren damit noch besser, noch systematischer zu nützen.

Das bedeutet konkret: Wir wollen auch den kleinen Unternehmen durch Service und Beratung, insbesondere der Außenhandelsstellen, den Zugang zum Binnenmarkt ermöglichen. Laut Input/Output-Analyse des Wirtschaftsforschungsinstitutes führt jede zusätzliche Exportmilliarde zu 1 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen. 1995 hat Österreich Waren im Wert von 564 Milliarden Schilling exportiert. Jede weitere Steigerung bedeutet somit zusätzliche Arbeitsplätze.

Der Internationalisierungsgrad der österreichischen Wirtschaft ist im Gefolge der Ostöffnung gestiegen; er liegt aber noch immer unter den Werten vergleichbarer Staaten. Wir wollen durch eine bessere und effizientere Nutzung der europäischen Informationsnetze sicherstellen, daß grenzüberschreitende Betriebskooperation weiter gefördert, unterstützt und initiiert wird. Internationalisierungspartnerschaften insbesondere im Bereich der Klein- und Mittelbetriebe sind in diesem Zusammenhang besonders zu fördern. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Der EU-Beitritt ist systematisch zur Erreichung von Marktanteilsgewinnen in West- und Osteuropa zu nützen. Die Erhöhung der Rückflüsse aus EU-Programmen durch Beteiligungen an PHARE und TACIS und Consultants Trust Funds ist und wird systematisch erhöht. Durch eine effiziente Koordination und ein geschicktes Lobbying bemühen wir uns derzeit, die europäischen Forschungsprogramme noch stärker als bisher für Österreich zu nützen.

Ebenso peilen wir die verstärkte Teilnahme an EU-Großprojekten internationaler Entwicklungsbanken an. Dies, meine sehr geehrten Damen und Herren, erfordert harte Arbeit, österreichisches Know-how und Lobbying im positiven Sinn.

Die Zusammenarbeit von Warenproduzenten und Dienstleistungsanbietern im Rahmen des Exports österreichischer Produkte wird derzeit systematisch verbessert; es wird an einer laufenden Optimierung der Exportfinanzierungs- und Garantiepolitik gearbeitet.

Hohes Haus! Die beste Außenwirtschaftspolitik ist aber zweifelsohne eine attraktive Standortpolitik, mit der die heimischen Unternehmen in die Lage versetzt werden, im internationalen Wettbewerb zu bestehen, attraktive Produkte mit hohem Wertschöpfungsanteil in Österreich zu entwickeln, zu produzieren und abzusetzen.


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In diesem Zusammenhang ist es auch notwendig, die Förderung der Eigenkapitalbildung weiter zu gewährleisten.

In Österreich – und auch das wird heute wieder zur Diskussion stehen – konzentrieren sich meiner Meinung nach die Vorschläge zu Unrecht immer auf das Steuerrecht, denn im Steuerrecht hat die österreichische Bundesregierung mit der Abschaffung der Vermögenssteuer, mit der Abschaffung der Gewerbeertragsteuer, mit der Senkung der Steuertarife, mit spezifischen Maßnahmen, wie etwa Endbesteuerung der Zinsen im Betrieb, internationales Schachtelprivileg, bereits hervorragende Rahmenbedingungen geschaffen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Durch diese Maßnahmen – auch das muß einmal festgestellt werden – liegt die Eigenkapitalquote, die in den siebziger Jahren 28 Prozent betragen hat, 1982 auf 16,5 Prozent gesunken ist, nunmehr wieder über der 30-Prozent-Marke. Das ist ein guter Wert, aber wir wollen und wir können ihn weiter verbessern, wenn wir die Ertragschancen der Betriebe erhöhen und damit die Eigenkapitalbildung von innen her ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das erfordert, meine sehr geehrten Damen und Herren von der FPÖ, den Abbau von Bürokratiekosten, bessere Maschinenlaufzeiten und einen umfassenden Belastungsstopp im Sozialversicherungsbereich, zu dem sich die österreichische Bundesregierung bekennt. (Beifall bei der ÖVP. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Daneben wurden von der Regierung und den einzelnen Ministerien umfassende Initiativen zur Eigenkapitalbildung von außen in Angriff genommen. In meinem Wirtschaftsministerium wird ganz konkret ab 1. Juli über die BÜRGES die Eigenkapitalbildung in Kleinbetrieben gefördert. In meinem Ministerium wird ganz konkret ab 1. Juli die Aktion Unternehmensgründungssparen durchgeführt. Das alles wird uns helfen, junge Menschen zur Selbständigkeit zu motivieren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Für die mittleren Betriebe wird in der Eigenkapitalfrage durch die Finanzierungsgarantiegesellschaft und die Mittelstandfinanzierungsgesellschaften vorgesorgt. Den Großbetrieben ist noch stärker als bisher der Weg an die Börse zu ermöglichen, wobei die jüngsten Privatisierungen im Bereich der Verstaatlichten Industrie sehr deutlich zeigen, daß dieser Weg erfolgreich gegangen werden kann.

Hohes Haus! Die fünfte Leitlinie einer zukunftsorientierten Beschäftigungspolitik ist meiner Ansicht nach die Erleichterung von Betriebsgründungen und die raschere Genehmigung von Betriebsanlagen. Der größte Arbeitsplatzschaffer war in der Vergangenheit und wird auch in der Zukunft der Klein- und Mittelbetrieb sein. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Reichhold: Aber Sie haben den falschen Partner! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Gerade für diese liegt der größte Anreiz nicht in den freiheitlichen Forderungen, sondern in der Schaffung von Arbeitsplätzen durch ein radikales Bürokratieabbauprogramm. (Heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wobei ich auch ganz offen sage, meine sehr geehrten Damen und Herren: Die Forderung nach einem solchen Crash-Programm ist sehr rasch erhoben, aber insgesamt ist die Umsetzung extrem schwierig (Abg. Ing. Reichhold: Weil Sie den falschen Partner haben!) , weil alle Ressorts betroffen sind und weil hinter jeder komplexen Regulierung natürlich ein spezifisches Interesse steht. Bürokratieabbau bedeutet für mich auch, im Rahmen der Sozial-, der Arbeits- und der Umweltgesetze zu prüfen, ob die Kosten auch den entsprechenden Nutzen bringen – oder ob den Kosten kein erkennbarer Nutzen gegenübersteht. Änderungen sind sicher nur im Zuge des konstruktiven Miteinanders der Ressortminister möglich. Gefordert, meine sehr geehrten Damen, ist in diesem Zusammenhang allerdings sachliche Expertise und eine klare Absage an Irrationalität und Populismus. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Reichhold: Sie setzen es nicht um!)

Das Wirtschaftsministerium wird jedenfalls eine umfassende Verfahrensbeschleunigung im Bereich des Betriebsanlagenrechtes einleiten. Wir wollen dies erreichen durch eine Ausweitung


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des vereinfachten Bewilligungsverfahrens, durch die Ermöglichung des Anmeldeverfahrens und durch die Durchführung einer Verfahrenskonzentration im Normalverfahren.

Das Idealziel, meine sehr geehrten Damen und Herren – das wird auch immer gefordert –, also Konzentration aller Genehmigungsverfahren bei einer Behörde, welche die Gesamtentscheidung durchführt, ist allerdings nur dann möglich, wenn es gelingt, hier die Einbindung der Länder sicher zu stellen, und wenn man sich eine Verfassungsbestimmung in diesem Zusammenhang zutraut. Jedenfalls werde ich von meinem Ressort aus eine Konzentration der Bundesverfahren anstreben und noch vor dem Sommer die diesbezüglichen Gesetze in Begutachtung schicken.

Um eine rasche Abwicklung von Verfahren zu erreichen, ist auch ein verstärktes Heranziehen nichtamtlicher Sachverständiger zu ermöglichen. Ziel ist es, die Verfahren zur Genehmigung von Betriebsanlagen zu limitieren und innerhalb von drei Monaten eine Entscheidung herbeizuführen. Ebenso wird in meinem Haus ein Konzept zur Liberalisierung der Gewerbeordnung ausgearbeitet, das unnötige Prüfungen und Antrittshemmnisse abbaut, aber gleichzeitig Qualität sichert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die wiederholt erhobene Forderung, bestehende Gesetze ab einem bestimmten Stichtag auf ihre Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit hin zu prüfen und diese gegebenenfalls abzuschaffen, wird von mir persönlich begrüßt. Ich bin zutiefst überzeugt davon, daß diesbezüglich auch Initiativen im Hohen Haus selbst gesetzt werden können.

Sechster Punkt: Die Gewährleistung und Schaffung von Arbeitsplätzen erfordert auch eine optimale und preisgünstige Versorgung der Wirtschaft mit Infrastrukturleistungen im Telekommunikations- und Energiebereich. In diesem Zusammenhang bedarf es der Notwendigkeit, geschützte Sektoren verstärkt dem Wettbewerb auszusetzen und mehr Effizienz in die Betriebe zu bringen. In diesem Zusammenhang wird das Wirtschaftsministerium den österreichischen Strommarkt liberalisieren, den Wettbewerb zwischen den EVUs im Interesse der Wirtschaft und der Bürger stimulieren und die Kontrolle der Einhaltung der wettbewerblichen Rahmenbedingungen verstärken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Privatisierungen sind zu ermöglichen, und österreichische Kooperationen sind zu unterstützen, mit dem erklärten Ziel, ein Miteinander und kein Gegeneinander der österreichischen Stromwirtschaft sicherzustellen.

Hohes Haus! Man muß mit der Etikettierung von Schlüsselbereichen vorsichtig sein. Ich glaube aber, daß die Telekommunikation zu einem zentralen Wirtschaftsbereich des nächsten Jahrtausends werden wird. Die Anwendungen der Telekommunikationsleistungen in den einzelnen Unternehmen – auch in den kleinen und mittleren – wird über die Wettbewerbsfähigkeit dieser Betriebe entscheiden, und im Zuge der Anwendung von Telekommunikationsleistung wird es zu neuen Dienstleistungen und vielen neuen Arbeitsplätzen kommen. Es ist daher sehr wesentlich und wichtig, daß diese Telekommunikationsentwicklung nicht verschlafen wird. Wer diese Entwicklung verschläft, verschläft die Zukunft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Durch ein konstruktives Zusammenwirken von Finanz-, Wirtschafts- und Verkehrsminister wird die österreichische Bundesregierung die bestmögliche Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen sicherstellen. Mein Ressort wird im Zuge des Technologietransfers vor allem die Anwendung der Technologien fördern. Der Verkehrsminister wird insgesamt das System liberalisieren und über eine unabhängige Regulierungsbehörde sicherstellen, daß die Wettbewerbsregeln auch fair gestaltet und eingehalten werden. Der Finanzminister wird im Zuge der Ausgliederung alles unternehmen, damit die österreichische Post den Umstieg vom staatlichen Hoheitsbetrieb zum privaten, modernen Dienstleistungsunternehmen schafft. Dieser Umstieg ist für Österreich wesentlich, er ist somit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein nationales Anliegen, das im Interesse der Wirtschaft, aber auch im Interesse der Arbeitsplätze der Bundesbediensteten der Post liegt. (Beifall bei der ÖVP.)


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Last but not least gilt es – als siebenter Schwerpunkt, als siebente Leitlinie –, Jugendarbeitslosigkeit durch eine Verstärkung der dualen Ausbildung zu verhindern. Die Qualität österreichischer Facharbeiter und eine gut ausgebildete Jugend sind der größte Standortvorteil Österreichs für die Zukunft, und diesen Wettbewerbsvorteil gilt es, weiter zu sichern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Durch neue Wege der Aus- und Weiterbildung, durch eine engere Kooperation der Schulpolitik, insbesondere der Fachschulen mit der wirtschaftlichen Praxis, mit den Unternehmen, gilt es, diesen Wettbewerbsvorteil weiter auszubauen.

Hohes Haus! Es muß uns schon zu denken geben, daß derzeit immer mehr Großbetriebe die Lehrlingsausbildung aus Kostengründen aufgeben und in der Folge gut ausgebildete Lehrlinge von Kleinbetrieben abwerben. Mit Sofortmaßnahmen zur Hebung der Ausbildungsbereitschaft, einer generellen Verbesserung der Attraktivität der dualen Ausbildung, mit einer besseren Vernetzung der diversen Bildungswege, mit einer bestmöglichen Integration der Lehrwerkstätten in unser duales Ausbildungssystem und mit der Zulassung neuer Berufsbilder im High-Tech-Bereich werden wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, dafür Sorge tragen, daß auch in Zukunft Jugendarbeitslosigkeit in Österreich nicht entsteht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir werden dafür Sorge tragen, daß auch in Zukunft qualifizierte Fachkräfte, dynamische Betriebsführer und erfolgreiche Unternehmer herangebildet werden.

Zum Schluß kommend: Arbeit für Österreich, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, kann nicht durch politische Lizitation erreicht werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie kann nur durch eine dynamische Wirtschaft, die international reüssiert, gesichert werden.

Arbeit für Österreich erfordert eine neue, flexiblere Arbeitszeitordnung und einen verstärkten strukturellen Wandel in den geschützten Bereichen. Mit den hier aufgezeigten sieben Reformlinien trägt die österreichische Bundesregierung dieser Entwicklung Rechnung und schafft Rahmenbedingungen für eine starke Wirtschaft in den kommenden Jahren. Ich bin überzeugt davon, daß es bei konsequenter Umsetzung dieser Linien möglich sein wird, die Prognosen der Wirtschaftsforscher zu übertreffen und mehr Arbeitsplätze in Österreich zu schaffen, als derzeit angenommen wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich bin überzeugt davon, daß es Österreich auch in Zukunft gelingen wird – trotz harter Wettbewerbssituation –, Einkommen und Arbeitsplätze für alle Österreicher zu sichern. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister für seine Ausführungen und erteile jetzt dem Herrn Bundesminister für Arbeit und Soziales das Wort. – Bitte, Herr Bundesminister.

10.38

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die größte Herausforderung für Europa und damit auch für uns liegt in den nächsten Jahren sicher in der Beschäftigungspolitik, im Anstreben der Vollbeschäftigung; Kollege Ditz hat vieles bereits ausgeführt. Klar: Mit Gesetzen und Verordnungen allein ließe sich Beschäftigungspolitik nicht bewältigen, und es wäre auch schlecht, wenn wir bis heute gewartet hätten, entsprechende Maßnahmen zu setzen.

Wir haben bereits in den letzten Jahrzehnten in Österreich als Priorität in allen politischen Feldern das Sichern der Beschäftigung, die Vollbeschäftigung gesehen. Auch in den schwierigen neunziger Jahren, die international von sehr dynamischen Strukturveränderungen im technischen Bereich, im Bereich der Entwicklung neuer Wirtschaftsräume, der Öffnung der Ostgrenzen, der Integration im westeuropäischen Raum, der Globalisierung geprägt sind, ist es Österreich – im Gegensatz zu anderen Staaten – gelungen, nicht Arbeitsplätze zu verlieren,


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sondern seit 1990 ist in Österreich die Zahl der unselbständig Beschäftigten gestiegen: von 2,9 auf über 3 Millionen. Und das in den schwierigen neunziger Jahren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben daher heute, verglichen mit den anderen Staaten der Europäischen Union – ich betone aber von vornherein: das darf uns nicht beruhigen und das kann uns nicht beruhigen –, eine relativ günstige Situation. Nach den Richtlinien der EU liegt die saisonbereinigte Arbeitslosenrate in Österreich derzeit bei 4 Prozent, in der Europäischen Union leider im Durchschnitt bei 11 Prozent. Und in den USA, die in letzter Zeit immer wieder als Job-Wunderland gepriesen werden, liegt nach diesen Maßstäben die Arbeitslosenrate bei 5,5 Prozent. Österreich hat daher, international verglichen, eine gute Position. Aber noch einmal: Das kann uns nicht beruhigen, wir müssen die Anstrengungen der letzten Jahre intensivieren und fortsetzen, mit dem Ziel, längerfristig wieder Vollbeschäftigung zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wird kein Patentrezept geben, keine Einzelmaßnahme, mit der wir dieses Ziel erreichen, sondern wie in der Vergangenheit ist es eine Summe, eine ganze Palette von Maßnahmen, die von der Bundesregierung gemeinsam mit den Sozialpartnern, mit den Bundesländern, mit den Gemeinden anzustreben und durchzusetzen sind. Aber in erster Linie ist dieser große Erfolg im Bereich der Beschäftigungssicherung den Österreicherinnen und Österreichern selbst zuzuschreiben, denn verantwortlich dafür, daß wir in Österreich in den letzten Jahrzehnten eine derart gute Position hatten beziehungsweise haben, ist in erster Linie die hohe Qualität der Arbeit der Österreicherinnen und Österreicher und ihre Dynamik, Veränderungen mitzumachen. Das hat dazu geführt, daß Österreich, das in den siebziger Jahren noch im letzten Drittel Europas, was den Wohlstand betrifft, zu finden war, heute zu den Spitzen in Europa und in der Welt gehört, von der Wirtschaftskraft und vom Wohlstand her. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist durch den Fleiß, die Zuverlässigkeit und die Qualität der Arbeit der Österreicherinnen und Österreicher erreicht worden – und natürlich auch durch die gute Sozialpartnerschaft.

In letzter Zeit wird des öfteren die Frage der Löhne und der Konkurrenzfähigkeit diskutiert. Eines ist objektiv festzustellen: Zur guten Wirtschaftsentwicklung hat auch die dynamische Sozialpartnerschaft mit dem Augenmaß für Veränderungen, mit dem Augenmaß für Lohnabschlüsse beigetragen. Und diese Lohnabschlüsse, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer gemeinsam erzielt wurden, sollen auch jetzt nicht zerstört und in Frage gestellt werden, denn nicht mit Lohn- und Sozialdumping kann Österreich in Zukunft die Wettbewerbsfähigkeit halten, sondern dadurch, daß wir den Weg der Qualität fortsetzen und von der Regierung und auch von diesem Haus die entsprechenden Grundlagen, auch auf Gesetzesebene, für die weiteren Qualifizierungen des Wirtschaftsstandortes Österreich geschaffen werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Sozialpartnerschaft mit Augenmaß hat auch dazu geführt, daß in Österreich ein sozialer Frieden herrscht, wie er kaum anderswo anzutreffen ist. Das hat sich übrigens jetzt wieder bewiesen bei den schwierigen Maßnahmen, die zur Konsolidierung unseres Budgets notwendig waren, auch deshalb notwendig waren, damit wir auch in Zukunft wieder Beschäftigungspolitik sichern können. In keinem anderen Staat hat es derart viel Verständnis für solch vernünftige Maßnahmen gegeben, die auch von uns, von der Regierung, mit allen Sozialpartnern vorher abgesprochen wurden.

Natürlich ist es notwendig, daß wir neben diesen Maßnahmen auch die Infrastruktur – ein weiterer wichtiger Punkt für die Qualität eines Wirtschaftsstandortes –, die wir heute haben, weiter verbessern und optimieren. Dazu hat es bereits im Vorjahr, sogar in der Vorwahlzeit, bei mir Gespräche der zuständigen Minister, die ich dazu eingeladen habe, mit den Sozialpartnern gegeben. Es gab Verhandlungen, die dazu geführt haben, daß wir, wie Minister Ditz bereits ausgeführt hat, jetzt längerfristige Investitionsmöglichkeiten auch außerhalb des Budgets für den Ausbau der Infrastruktur, für den Bereich des Schienenverkehrs, dort, wo es notwendig ist, für den Bereich des Straßenverkehrs, der Telekommunikation, der Umweltschutzbauten, haben und nützen werden. Das führt zu einer Optimierung der Qualität des Wirtschaftsstandortes


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Österreich für die Zukunft. All das geschah in gemeinsamer Abstimmung der Regierung mit den Wirtschaftspartnern. Das haben wir nicht erst jetzt, sondern bereits im Vorjahr beschlossen, denn sonst wäre es viel zu spät gewesen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese Maßnahmen sichern nicht nur die Qualität des Wirtschaftsstandortes Österreich für die Zukunft und damit für alle Wirtschaftszweige, sie werden genauso dazu beitragen, daß wir die hohe Arbeitslosigkeit, die es derzeit im Baubereich gibt, die teilweise strukturell bedingt ist, aber heuer durch den langen Winter auch saisonal bedingt war, wieder in den Griff bekommen werden. Wir hatten im April bereits wieder um 20 000 Arbeitslose weniger als Ende März.

Mit diesen Maßnahmen zum Ausbau der Infrastruktur, die jetzt erst zu greifen beginnen – in Wirklichkeit werden sie erst voll wirksam im Laufe des heurigen Jahres und im kommenden Jahr –, werden wir auch im Bereich der Bauwirtschaft die Arbeitslosigkeit wieder in den Griff bekommen. Und das ist natürlich auch wichtig für alle anderen Bereiche, denn diese Investitionen haben nicht nur Auswirkungen auf die Bauwirtschaft, für das Baunebengewerbe, sondern auch auf viele andere Bereiche. Aber das Entscheidende ist nicht nur diese kurzfristige Maßnahme der Beschäftigungssicherung, sondern das Entscheidende ist, daß wir hier infrastrukturell wieder weiter optimieren und damit die Qualität des Wirtschaftsstandortes Österreich weiter verbessern. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Eine weitere Grundbedingung für die hohe Qualität des Wirtschaftsstandortes Österreich ist auch, daß wir – auch aufgrund des guten Zusammenwirkens von Regierung und Sozialpartnern – eine sehr, sehr stabile Währung haben. Österreich gehört zu den Ländern der Welt mit der härtesten Währung, und das führt andererseits auch wieder dazu, daß auch die Inflationsrate sehr niedrig ist. Aber wenn wir diesen Vorteil der hohen Währungsstabilität auch in Zukunft nützen wollen, ist es ganz besonders notwendig, daß wir den Weg zu einer Währungsunion finden. Das heißt, die Konsolidierungsmaßnahmen in Europa, die zur Währungsunion führen, sind nicht negativ für die Vollbeschäftigungspolitik, sondern positiv. Gerade für einen Staat wie Österreich mit einer Hartwährungspolitik ist es notwendig, zu verhindern, daß andere Staaten sich durch Abwertungen und andere Maßnahmen im Währungsbereich kurzfristig Wettbewerbsvorteile verschaffen können.

Daher ist das Ziel, innerhalb der Europäischen Union mit diesen Konsolidierungsmaßnahmen zu einer Währungsunion zu finden, für die österreichische Beschäftigungspolitik wichtig und auch anzustreben.

Nochmals betonend, was Minister Ditz bereits erklärt hat: Trotz dieser Konsolidierungsmaßnahmen haben wir größten Wert darauf gelegt, daß auch für die Beschäftigungssicherung die entsprechenden Mittel weiter zur Verfügung stehen werden.

Die Steuerpolitik wurde bereits von Minister Ditz als wirtschaftsorientiert bezeichnet, ich kann dem nichts hinzufügen.

Eine Frage ist: Wie werden wir künftig das, was wir in immer kürzerer Zeit mehr erzeugen können, auch verkaufen? Hier ist es notwendig – auch das hat die Regierung mit den Sozialpartnern bereits zu verhandeln begonnen –, daß wir Exportunterstützungen vor allem für Klein- und Mittelunternehmungen bieten, gemeinsam mit den Kammern, gemeinsam mit Banken, denn die Klein- und Mittelunternehmungen sind natürlich nicht in der Lage, weltweit ein Marketingsystem aufzubauen. Das ist von uns zu unterstützen, denn in den besseren Exportmaßnahmen liegt ein erheblicher Teil der Chancen der künftigen Beschäftigungspolitik.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich übrigens feststellen, daß das Wirtschaftsforschungsinstitut ermittelt hat, daß die Ostöffnung der Grenzen nicht, wie viele meinen, zu Verlusten von Arbeitsplätzen insgesamt geführt hat, sondern es wurden durch die Ostöffnung, durch neue Exportchancen mehr Arbeitsplätze geschaffen, wesentlich mehr, als da oder dort durch Abwanderungen leider verlorengegangen sind.

Gleichzeitig kann ich bei dieser Gelegenheit feststellen, daß sich aufgrund der Qualität des Wirtschaftsstandortes Österreich in den letzten Jahren ganz prominente Unternehmungen, die


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ihre Standortfragen sehr genau in internationalen Konzernen prüfen, für Österreich entschieden haben: BMW, Opel, Siemens, Hoffmann-La Roche, und, und, und. Diese Liste ließe sich lange fortsetzen. Alle diese Unternehmungen sind aufgrund der guten Wirtschaftsstandortpolitik nach Österreich gekommen. Eines ist wichtig: Wir müssen auch verstärkt Klein- und Mittelunternehmungen unterstützen, und wir müssen Unternehmensneugründungen unterstützen – das geschieht auch –, aber entscheidend ist, daß wir die Industrie in Österreich halten, denn nur durch dieses Zusammenwirken der Industrie mit den Klein- und Mittelunternehmungen, durch eine gute und gesunde Mischung zwischen den Bereichen Industrie und Klein- und Mittelunternehmungen im Gewerbebereich, im Dienstleistungsbereich und im Tourismus ist es möglich, daß wir diese hohe Beschäftigungssicherung in Österreich bisher durchgesetzt haben und auch in Zukunft halten werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es ist auch notwendig, daß die Forschung verstärkt den Klein- und Mittelunternehmungen mit ihren Ergebnissen zur Verfügung steht, daß zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft engere Verbindungen gefunden werden: nicht nur im Bereich der Forschung, sondern auch im Bereich der Ausbildung. Es ist in allen Bereichen wichtig, daß diese Wirtschaftsorientierung noch verstärkt stattfindet.

Wir haben trotz Budgetkonsolidierung gerade im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik die Mittel nicht gekürzt, sondern die Mittel angehoben. Im heurigen Jahr werden rund 1,5 Milliarden Schilling mehr für Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen. Voriges Jahr waren es ungefähr 5 Milliarden, heuer werden es mehr als 6,5 Milliarden Schilling sein. Diese 6,5 Milliarden Schilling für die aktive Arbeitsmarktpolitik werden zu rund 70 Prozent für Qualifizierungsmaßnahmen, Weiterbildungsmaßnahmen, Umschulungsmaßnahmen eingesetzt. Und gerade im Jahr des lebensbegleitenden Lernens müssen wir immer mehr und mehr auch dafür werben, daß Menschen noch mehr bereit sind als heute, sich permanent auch in ihrem beruflichen Bereich weiterzubilden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Thema Arbeitszeitverkürzung ist eines auf lange Sicht. Das Thema der Arbeitszeitflexibilisierung ist ein Thema, das derzeit zur Diskussion steht und auch zu behandeln ist. Und diesbezüglich gibt es sehr gute Gespräche, die von meinem Ressort mit den Sozialpartnern geführt werden. Nur: Bessere Gestaltungsmöglichkeiten im Bereich der Arbeitszeit müssen sowohl den Unternehmungen als auch den Arbeitnehmern zugute kommen. Es kann sicher nicht sein – und das wird nur von einigen so angestrebt, nicht von der Mehrheit der Unternehmer, das möchte ich hier sagen –, daß man Flexibilisierung der Arbeitszeit nur so betrachtet, daß man Überstundenzuschläge kürzt. Das kann es nicht sein. Aber flexiblere Arbeitszeitmodelle stehen sehr wohl in Verhandlung und werden auch zu einem Abschluß kommen. Minister Ditz hat vorher die Verhandlungen im Bereich der Bauwirtschaft angesprochen. Diese Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern sind weitgehend abgeschlossen, und ich rechne damit, daß sie in den nächsten 14 Tagen auch tatsächlich abgeschlossen werden können, aber so, daß eben beide Teile, Unternehmer und Arbeitnehmer, ein vernünftiges System vorfinden, ein Modell, das für beide Seiten von Vorteil ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bezüglich der Flexibilisierung, besserer Gestaltungsmöglichkeiten bei der Arbeitszeit ist darauf hinzuweisen, daß wir in Österreich auch heute schon große Möglichkeiten zur flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit haben, Möglichkeiten, die heute weitgehend noch gar nicht ausgenützt werden. Wir haben die Möglichkeiten heute schon branchenorientiert, wir haben auch die Möglichkeit – wie jeder Industriestaat – des Schichtbetriebes, wobei zu sagen ist, daß im Bereich des Schichtbereiches momentan zur Diskussion steht, ob auch Frauen generell Nachtarbeit leisten können und dürfen. Dieses Problem ist zu lösen, auch im Interesse der Frauen, und es wird voraussichtlich bis zum Sommer zu einer Lösung kommen, die auch Frauen den Zugang zur Nachtarbeit ermöglicht. Ich sage bewußt "ermöglicht", weil viele Frauen dadurch in Schwierigkeiten kommen, daß nur Männer im Schichtbetrieb eingesetzt werden können, und gerade in den letzten Wochen und Monaten des öfteren Frauen deshalb den Arbeitsplatz verloren haben.

Daher wird es hier eine neue Regelung geben, wobei zu sagen ist, daß Frauen ja auch schon heute in vielen Bereichen, gerade in den schwierigsten – ich denke nur an die Spitäler, an den Verkehrsbereich und so weiter –, Nachtarbeit machen können. Nur eines: Nachtarbeit kann nie


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gleichgesetzt werden mit der Arbeit am Tag. Nachtarbeit ist belastender, belastender aus psychischen Gründen, aus physischen Gründen, belastender für die Gesundheit, belastender für die Familie. Daher muß es auch einen Ausgleich geben, einen Ausgleich, der über die heutigen Regelungen des finanziellen Ausgleichs hinausgeht. Und daher trete auch ich dafür ein, daß es für Nachtarbeit in bestimmten Stunden – da muß man natürlich eine gehörige Übergangsfrist vorsehen, das kann durchaus erst in einigen Jahren wirksam werden, damit sich die Firmen in ihrer Lohnpolitik und so weiter darauf einstellen können – einen Zeitzuschlag gibt, einen Zeitzuschlag, der nicht in Geld abzulösen ist, sondern der dazu dient, daß mehr Freizeit aus gesundheitspolitischen, aus gesellschafts- und familienpolitischen Gründen zur Verfügung steht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin daher der Überzeugung, daß wir dieses Problem der flexibleren Arbeitszeiten im Interesse beider Teile und unter Berücksichtigung der Interessen beider Teile, der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, noch bis zum Sommer des heurigen Jahres lösen werden. Das ist ein Schritt, von dem wir uns nicht erwarten dürfen, daß dadurch schlagartig mehr Arbeitsplätze entstehen, aber ein Schritt, der notwendig ist, um in einzelnen Bereichen bessere Konkurrenzbedingungen zu bieten, aber auch um den Arbeitnehmern mehr Möglichkeiten zu geben.

Die längerfristige Tendenz aus meiner Sicht kann nur die sein: Wir müssen berücksichtigen, daß wir in immer kürzerer Zeit immer mehr erzeugen können. Wir müssen aber auch berücksichtigen, daß die Grundausbildung immer weniger lang ausreichen wird, daß immer mehr an Weiterbildung notwendig ist, und zwar in allen Sparten, daß daher mehr von unserer Lebenszeit für Weiterbildung zur Verfügung gestellt werden muß. Daher muß nach der jetzigen Diskussion über flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitszeit die nächste Diskussion sein, die sicher nicht von heute auf morgen zu führen sein wird, die einige Jahre dauern wird: Wie finden wir völlig neue Wege in der flexibleren Gestaltung der gesamten Lebensarbeitszeit?

Wir leben erfreulicherweise länger, wir können in immer kürzerer Zeit das erzeugen, was wir brauchen und verkaufen können, wir brauchen aber mehr Zeit für Bildung. Diese flexible Lebensarbeitszeit soll daher dazu dienen, daß innerhalb des gesamten Lebens mehr Blöcke für die Weiterbildung zur Verfügung stehen, aber mehr größere Blöcke auch für Freizeit zur Verfügung stehen. Es soll jemand beispielsweise mit 35 Jahren sagen können, er möchte jetzt ein halbes Jahr für Weiterbildung oder er möchte jetzt einige Monate Freizeit haben. Diese Systeme sind zu entwickeln. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das geht nicht von heute auf morgen, denn so einfach wie im öffentlichen Dienst, wo ein durchgehender Unternehmer da ist, sind diese Systeme nicht umzusetzen – aber sie sind umsetzbar. Wenn man überbetrieblich Urlaube regeln kann – ich verweise etwa auf die Bauarbeiterurlaubskassen –, so muß es sicher künftig möglich sein, daß man in überbetrieblichen Freizeit-, Überstunden-, Urlaubs- und Abfertigungskassen dafür Sorge trägt, wobei dann eben für Weiterbildung von diesem Konto günstiger abgebucht werden können soll und für Freizeit normal abgebucht werden soll. Das sind die Ziele einer echten Lebensqualität bestimmenden Arbeitszeitpolitik für die Zukunft. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein Thema, das momentan auch sehr diskutiert wird, sind die Lohnnebenkosten, zu dem ich ebenfalls Stellung nehmen möchte. Wir haben in Österreich eine gute, sozial ausgewogene Situation. Die Verhandlungen der Löhne wurden sozialpartnerschaftlich geführt und so geführt, daß es auch nie zu Pressionen gekommen ist. Daher gehe ich davon aus, daß sie auch der Situation entsprechen. Lohnnebenkosten, die der sozialen Sicherheit dienen, der Gesundheitsvorsorge, der Krankenbehandlung, der Altersvorsorge, können daher nicht ersatzlos aufgegeben werden, denn dann würde man damit gleichzeitig die Qualität unserer sozialen Sicherheit unmäßig zerstören.

Daher kann es hier nur eine Änderung geben, wenn gleichzeitig alternative Möglichkeiten der Finanzierung geschaffen werden. Das ist untrennbar miteinander verbunden, wobei man sich natürlich in vielen anderen Bereichen außerhalb des Sozialsystems fragen muß: Ist es sinnvoll – wo es geht, sollte man es vermeiden –, daß man Abgaben von den Löhnen ausgehend berechnet? Das ist zu den Lohnnebenkosten aus meiner Sicht zu sagen. Das heißt, man kann


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sie nicht ohne weiteres streichen, wenn nicht andere Maßnahmen getroffen werden, um die soziale Sicherheit zu gewährleisten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Um noch einmal auf die aktive Arbeitsmarktpolitik zu sprechen zu kommen. Notwendig ist natürlich, daß wir die gesamte Politik – Finanzpolitik, Wirtschaftspolitik und alles – darauf ausrichten, daß wir genügend Beschäftigung haben. Von der aktiven Arbeitsmarktpolitik ist aber in den nächsten Monaten und Jahren noch mehr Wert auf die wirtschaftsorientierte Aus- und Weiterbildung zu legen, wobei besondere Schwerpunkte in der Förderung von Frauen liegen, damit sie auf dem Arbeitsmarkt eine gleichberechtigte Möglichkeit finden. Besondere Maßnahmen – natürlich wie bisher – sind für Behinderte zu treffen. Wir haben zusätzlich ein eigenes Konzept, wie wir Langzeitarbeitslosen verstärkt helfen, wieder in die Beschäftigung zurückzukommen. Das Hauptproblem jedoch, der größte Schwerpunkt für das heurige Jahr ist für mich die Beschäftigung der Jugend. Wir haben in Österreich die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit von ganz Europa – und das muß auch so bleiben! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir werden daher gemeinsam mit den zuständigen Ministern in der Regierung und mit den Sozialpartnern danach trachten, daß wir die Ausbildung weiter verbessern. Wir werden den jungen Menschen über die Berufsinformationszentren verstärkt Informationen geben, und wir werden gleichzeitig – das ist neu; diesbezüglich gibt es auch Gespräche mit der Frau Bundesministerin Gehrer, die sich für ihren Ministeriumsbereich in der EU ebenfalls bereits dafür eingesetzt hat – in der EU eine verstärkte Berufsfeldforschung anstreben, damit wir den jungen Menschen sicher oder zumindest sicherer sagen können, welche Berufe, welche Ausbildungen Zukunft haben. Tendenz wird sein, daß die Grundausbildung zugunsten einer guten Weiterbildung umstrukturiert werden wird, wobei man den jungen Menschen schon von Beginn an die Möglichkeiten der Weiterbildung aufzeigt.

Darüber hinaus werden wir heuer im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik die Mittel für die Jugendbeschäftigung noch erhöhen. Wir haben im Vorjahr 200 Millionen Schilling für diesen Bereich ausgegeben. Wir werden heuer zirka 600 Millionen Schilling ausgeben, und wir werden uns gemeinsam mit den Sozialpartnern bemühen, daß auch heuer jeder junge Mensch, der Ausbildung sucht, Ausbildung findet. Wir werden uns bemühen, daß Österreich das Land bleibt, das die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit hat, denn Jugendarbeitslosigkeit ist nicht nur aus menschlichen, sondern auch aus gesellschaftlichen Gründen das Problem, das wir am meisten vermeiden müssen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir – Bund, Länder und Gemeinden – haben bisher gemeinsam mit den Sozialpartnern die Beschäftigungspolitik in Europa besser bewältigt als andere Staaten. Wir werden das auch in Zukunft mit Optimismus und mit den neuen Regelungen, die wir treffen, fortsetzen. Diese neuen Regelungen reichen von Infrastrukturausbau, Ausbildung, Weiterbildung bis zum Abbau von unnötigem Bürokratieaufwand. All das wird dazu beitragen, daß wir auch in Zukunft nicht mit Lohndumping, nicht mit Sozialdumping, sondern mit der Qualität der Arbeit, mit der Qualität des Exports und mit der Qualität der unterstützenden Leistungen seitens der Regierung und des Parlaments das Ziel der Vollbeschäftigung zu erreichen suchen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke auch Ihnen, Herr Bundesminister, für Ihre Erklärung.

Beide Erklärungen stehen nun zur Diskussion. Wir gehen daher in die Debatte ein.

Die Redezeiten habe ich schon bekanntgegeben.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. Redezeit: 30 Minuten.

11.04

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen haben diese parlamentarische Debatte beantragt, weil wir davon ausgehen, daß es in der jetzigen Situation entschlossenen Handelns bedarf, um auch wirklich den Kampf gegen die wachsende Arbeitslosigkeit und gegen die Probleme in der Wirtschaft führen zu können.


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Das war der Grund, warum wir das beantragt haben, und daher freuen wir uns, daß Herr Wirtschaftsminister Ditz unseren Arbeitstitel "Arbeit für Österreich" auch zum Generaltitel seiner Besprechung vor dem Nationalrat gemacht hat. Er bringt damit zum Ausdruck, daß auch er sich mit dem Gedanken zu identifizieren beginnt, daß es notwendig ist, endlich Maßnahmen zu setzen, die die Situation Österreichs in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt verbessern.

Nur: Wir hätten uns eigentlich etwas Konkreteres vorgestellt. Das, was die beiden Minister hier geboten haben, war lediglich ein Besprechen dessen, was sie schon seit vielen Jahren sagen. Das, was der Herr Sozialminister zum Schluß gesagt hat, war eher ein Stellen von Fragen. Minister, eine Regierung sollen aber keine Fragen stellen, sondern sie sollen Antworten auf Probleme und Herausforderungen geben! Das ist es, was man eigentlich von ihnen erwartet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist auch der Grund dafür, daß die Österreicher verunsichert sind: 80 Prozent der Österreicher haben Angst um ihre Arbeitsplätze. – Also so gut kann die Regierung nicht sein, wenn die Angst so dramatisch zugenommen hat. Und wenn ich mir heute eine veröffentlichte Umfrage anschaue, aus der hervorgeht, daß 90 Prozent der Regierung nicht mehr trauen, weil sie nicht die Wahrheit sagt – 90 Prozent der Österreicher! –, daß 90 Prozent den Wirtschaftsforschern mißtrauen, 71 Prozent den Wunsch haben, daß man sich endlich um die Beschäftigungspolitik in Österreich kümmert, nur mehr 31 Prozent für den EU-Beitritt sind und 47 Prozent heute gegen den EU-Beitritt votieren würden, dann, meine Damen und Herren, müssen Sie sich die Frage stellen lassen: Warum wächst das Mißtrauen in diese Regierungspolitik so? – Es wächst deshalb, weil Sie, außer schöne Worte von sich zu geben, in Wirklichkeit nichts tun. Das, was hier eben passiert ist, war bitte die Märchenstunde von zwei Schönfärbern und Beruhigungshofräten, aber nicht eine klare Ansage, wie es weitergehen soll in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum haben die Leute Mißtrauen? – Da stellt sich der Wirtschaftsminister her und sagt: Ja, im Export müssen wir Erfolge erzielen! Und: Voriges Jahr haben wir wieder mehr exportiert als früher! Gleichzeitig liest man aber in den Zeitungen, daß das ein rein statistischer Erfolg ist. Das Österreichische Statistische Zentralamt ist nicht in der Lage, richtige Daten einzugeben und hat einen 15prozentigen Exporterfolg signalisiert, aber Deutschland hat uns in der Zwischenzeit mitgeteilt, daß unsere Exporte eigentlich um 22 Prozent zurückgegangen sind, also nicht zugenommen haben.

Das heißt, Sie glauben offenbar nur jenen Statistiken, die Sie selbst gefälscht haben – und nicht denen, die das Statistische Amt vorgegeben hat. Das sind aber die Dinge, die die Österreicher irritieren. Da wird davon geredet, es läuft alles wunderbar – und in Wirklichkeit passiert genau das Gegenteil. Da stellen sich beide Minister her und sagen, die Eurowährung sei super, dabei vergessen sie jedoch, daß Außenminister Dr. Schüssel hier vor wenigen Tagen gesagt hat, bei der Eurowährung werde Italien sicherlich nicht dabei sein.

Herr Wirtschaftsminister, ich brauche Ihnen doch nicht zu sagen, was das heißt! Wenn Italien nicht dabei ist, dann heißt das, daß einer der wichtigen Handelspartner Österreichs, an den Sie exportieren wollen mit der österreichischen Wirtschaft, außerhalb des Währungsverbundes wiederum die Möglichkeit haben wird, das Abwertungsspielchen fortzusetzen, unsere Exportmärkte kaputtzumachen und auch unsere touristischen Märkte zusammenbrechen zu lassen.

Das ist eine Wirtschaftspolitik, die ein vernünftiger Österreicher nicht mehr versteht! Er versteht nicht, daß ständig etwas geredet wird, die Realität aber ganz anders ausschaut. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich meine, daß wir daher zur Kenntnis nehmen sollen, daß man die Lösung der Probleme nicht bewerkstelligen kann, indem man sagt, es ist eh nicht so schlimm, wie es ausgeschaut hat. Der Herr Sozialminister sagt, im Baubereich ist jetzt die Arbeitslosigkeit zurückgegangen. Er vergißt nur hinzuzufügen, daß sie um 34 Prozent höher ist als im vergangenen Jahr, und er vergißt hinzuzufügen, daß die Arbeitslosenrate in den letzten zehn Jahren der Ära Vranitzky eine dramatische Zunahme erfahren hat.


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Im Verhältnis zum vergangenen April, Herr Sozialminister, haben wir immerhin um 11,8 Prozent mehr Arbeitslose. Das ist ja kein Erfolg, den Sie hier präsentieren können. Wenn Sie daher sagen, wir werden mehr Arbeitsmarktförderungsmittel einsetzen, dann ist das ein Defensivprogramm. Das heißt, Sie verwalten Arbeitslose, Sie züchten Arbeitslose, anstatt Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist es nicht, was wir uns von Ihnen erwarten (Beifall bei den Freiheitlichen) , sondern wir erwarten uns, daß Sie wirtschaftliche Rahmenbedingungen setzen, Rahmenbedingungen, die zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft führen. (Abg. Tichy-Schreder: Gezüchtet werden Pflanzen oder Tiere!) Gezüchtet, na selbstverständlich. Sie haben das selber schon öfter kritisiert, nur, wenn Sie mit auf der Regierungsbank sitzen, dann ist es plötzlich ganz anders. (Abg. Mag. Stadler: Das war ein ganz unerheblicher Zwischenruf! Vergiß ihn! – Abg. Tichy-Schreder: Die Sprache spielt eine wichtige Rolle!)

Meine Damen und Herren! Zur Jugendarbeitslosigkeit. Herr Minister Hums, es ist schön, zu sagen, wir hätten die niedrigste in ganz Europa. Ja, ist in Ordnung, sollte uns freuen, aber sie ist mit 47 000 trotzdem hoch, und es ist ein schwacher Trost, daß es anderswo noch schlechter ist. 47 000 Jugendliche sind arbeitslos! Das ist eine Politik, die jetzt offenbar gegen die jungen Menschen wirkt. Und wenn Sie daher sagen, wir werden alles tun, um den Jungen die Arbeitsplätze zu garantieren, dann frage ich Sie, warum gerade Ihre Regierung, in der Sie sitzen, jetzt im Dienstpostenplan die meisten Jugendarbeitsplätze gestrichen hat. Warum haben Sie das getan? – Und dann stellen Sie sich hierher und sagen: Wir machen eine Offensive zur Sicherung der Jugendbeschäftigung. Das paßt doch hinten und vorne nicht zusammen! Das ist genau der Grund, warum die Österreicher so ein Mißtrauen gegen diese Regierung haben.

Ich sage Ihnen daher, daß wir von Ihnen eine stärkere Offensive verlangen. Was ist das, wenn der Bundeskanzler vor der Wahl sagt, jetzt seien rasch Arbeitsplätze zu schaffen, und dann geschieht wieder nichts? Was ist das, wenn der Herr Minister Ditz 63 Millionen Schilling für Gutachten ausgibt und dann kommt nichts dabei heraus – außer eben die 63 Millionen Schilling, die für Gutachten im vergangenen Jahr ausgegeben wurden?

Oder die Ankündigung heute: Pauschalierung für Klein- und Mittelbetriebe. Herr Minister Ditz, das haben Sie ja schon zu Ihrem Amtsantritt gesagt, und Sie sind schon einige Jahre im Amt. Wer hat Sie daran gehindert, das zu tun? Sie sprechen von einer besseren Fremdenverkehrswerbung. Wer hindert Sie daran, sie zu machen? Sie sind zuständig für den Fremdenverkehr. Sie sagen, es muß den jungen Menschen wieder Freude machen, Unternehmer zu werden, aber gleichzeitig sitzen Sie in einer Regierung, die eine Substanzbesteuerung bei der Körperschaftsteuer durchführt, wonach jeder 50 000 S hinblättern muß – ganz egal, ob er etwas verdient hat oder nicht. Das ist doch ein Wahnsinn, was Sie hier machen! Das kann ja wirtschaftspolitisch nicht aufgehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sagen weiters, Sie würden Erleichterungen bei der Betriebsgründung schaffen, ein Bürokratie-Crash-Programm werde es geben, und dann lesen wir vor zwei Tagen in der Zeitung, daß sich der Herr Präsident der Bundeswirtschaftskammer massiv zur Wehr gesetzt hat, daß es eine Entbürokratisierung der Gewerbeordnung geben soll. – Ja da müssen Sie sich es einmal untereinander ausmachen, was Sie wollen: Der eine will die Bürokratie, Sie wollen entbürokratisieren, beide sitzen Sie in der gleichen Partei, in der gleichen Regierungsfraktion. Auf diese Art geht nichts weiter! Das Prinzip der Selbstblockade in diesem Kammerstaat muß einmal beendet werden! Das ist es, was die Wirtschaft in unserem Lande verlangt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder: Verfahrenskonzentration. Es ist ja gut und schön. Wenden Sie die Verfassung an! Sie haben nach den Bestimmungen der österreichischen Bundesverfassung bereits heute die Möglichkeit, das Prinzip der Verfahrenskonzentration durchzuführen. Wer hindert Sie, Herr Minister? Wer hindert Sie im Betriebsanlagenverfahren, wer hindert Sie im gewerberechtlichen Verfahren? Sie wissen es besser als alle anderen, daß Sie diese Möglichkeiten dazu hätten.

Wir sagen Ihnen, daß das Ganze natürlich nur deshalb passiert, weil Sie in Wirklichkeit nicht bereit sind, die geschützten Bereiche aufzubrechen, die alles hemmende Bürokratie zu beseitigen, die steigende Regelungswut einzudämmen und den chronischen Eigenkapitalmangel der


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heimischen Wirtschaft zu verringern helfen. Das ist das Kernproblem! Sie können sich doch nicht herstellen und sagen, die BÜRGES-Aktion schaffe Eigenkapital. Das ist doch nackter Unsinn! Ein Kredit, den man wieder zurückzahlen muß, ist nicht Eigenkapital, das ist geliehenes Geld, Herr Minister! Sie sollten eine Steuerpolitik machen, wonach jene, die Gewinne einfahren und sie wieder investieren, begünstigt reinvestieren können. Das ist es, was wir uns unter einer eigenkapitalfreundlichen Politik vorstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie können das ja bei Ihrem Bundeswirtschaftskammer-Präsidenten Maderthaner hinterfragen. Er hat erst vor kurzem eine Statistik veröffentlicht, wonach etwa die Kfz-Branche in Österreich nur mehr 1 Prozent Eigenkapital hat. Dann hat er im Fernsehen etwas Falsches produziert, wenn eh alles so super ist, wie Sie es heute dargestellt haben, indem Sie gesagt haben, das Eigenkapital nimmt fortlaufend zu, die Betriebe können sich gar nicht mehr erwehren vor lauter Eigenkapital, daher gehen sie nicht mehr zu den Banken, um teure Kredite aufzunehmen.

In Wirklichkeit läuft es in die falsche Richtung! Sie haben in der Textilindustrie, die angeblich so wichtig ist, in den letzten Jahren 20 000 Arbeitsplätze verloren – nachzulesen in den Statistiken –, Sie haben in der Lebensmittelindustrie seit dem EU-Beitritt 3 000 Arbeitsplätze verloren, Sie haben im Handel im vorigen Jahre 4 000 Arbeitsplätze verloren, Sie haben durch Konkurse und Ausgleiche 30 000 Arbeitsplätze verloren, und Sie sind dabei, durch Ihre Nichtvorsorge mit dem Japangeschäft etwa die Firma Semperit nach 100 Jahren in den Grund zu fahren und dort 2 300 Arbeitsplätze aufs Spiel zu setzen – von den Zulieferbetrieben gar nicht zu reden.

Dieses Regierungsprogramm ist ein Programm, das die Krise verschärft und nicht beseitigt, meine Damen und Herren. Es schafft weniger Arbeitsplätze und mehr Arbeitslose, es schafft weniger Lehrplätze und mehr arbeitslose Jugendliche, es schafft weniger öffentliche Investitionen und mehr Staatsschulden, es schafft weniger neue Betriebe und mehr Konkurse, es schafft weniger zukunftsreiche Produktionen und mehr "verlängerte Werkbänke", und es schafft weniger Einkommen und mehr Belastungen.

Damit sind wir genau bei jenem Kernpunkt, der jetzt in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt ist. Was wollen Sie wirklich? Da stellen Sie sich her und sagen, die Maßnahmen dürfen nicht auf Kosten der Löhne gehen. Am 1. Mai marschieren Sie alle, und der Herr Vranitzky verkündet: Keine Einkommenskürzungen für Arbeitnehmer! Dieselbe Partei, die die Regierungsverantwortung trägt, hat eine Geschäftsführerin, die Frau Ederer, die über die Zeitungen ankündigt: Wir werden bei den Überstunden kein Geld mehr zahlen, sondern Zeitausgleich geben. – Na ist das Einkommensverlust oder nicht für jene, die in diesem Land etwas arbeiten?

Der Herr Sallmutter kündigt in der "Kleinen Zeitung" an, derjenige, der älter als 50 Jahre ist, soll auf einen Teil seines Einkommens verzichten, weil er froh sein muß, daß er noch arbeiten darf. Na ist das Einkommensverzicht oder nicht? (Abg. Mag. Stadler: Das ist unglaublich! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist die Arbeiter partei! Sie hat mehr für die Kurden übrig!)

Haben Sie vergessen, daß bei der AUA die Löhne um 20 bis 25 Prozent heruntergefahren wurden? Da ist Ihr Parteimann Aufsichtsratsvorsitzender, da sind Ihre Parteifreunde in den Vorständen integriert, und die ÖVP spielt mit. Da kann man doch nicht hergehen und sagen, es gebe keinen Einkommensverlust, wenn Sie mit den Löhnen überall herunterfahren. Das ist wirklich Zynismus, meine Damen und Herren, wie es ärger nicht mehr geht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Haben Sie vergessen, Frau Kollegin Hostasch, daß die Firma Semperit 2,8 Milliarden Schilling Dividenden gezahlt und Gewinne abgeliefert hat, daß sie 1,2 Milliarden Schilling aus öffentlichen Zuschüssen bekommen hat? Und heute sperren Sie zu, und die Leute müssen auf Einkommen verzichten! Ist das der Erfolg Ihrer Wirtschaftspolitik?

Haben Sie vergessen, daß die Baulöwen, mit denen Sie die großen Investitionsprogramme ausmachen – dazu gehört auch der Herr Haselsteiner vom Liberalen Forum –, die Baulöwen, die besonders bevorzugt bei den Großprojekten beteiligt sind, heute den Mitarbeitern nachweisbar bereits die Regie- und Akkordprämien gestrichen haben? Das macht für einen normalen Mitarbeiter 5 000 S im Monat aus! Haben Sie vergessen, daß die große Trennungszulage be


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reits gestrichen wurde? Zum Beispiel bei der Firma Lang & Menhofer; das kann ich Ihnen nachweisen. Das macht 1 800 S Lohnverzicht! (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Der ist nicht in der Bauwirtschaft, mein Kollege, da seid schon ihr verantwortlich für euren Bereich. Also 1 800 S für die große Trennungszulage sind gestrichen. Das macht für einen Arbeiter – ich weiß, der Arbeiter interessiert Sie nicht –, der bisher 25 000 S verdient hat, nur mehr 19 000 S Monatslohn aus.

Ist das die Einkommenssicherung, die Sie am 1. Mai propagiert haben? Da, meine Damen und Herren, haben die Menschen andere Vorstellungen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ist das Ihre Einkommenssicherung, daß man den Zeitungen entnehmen kann, daß die Papierfabrik Hallein, die vor rund zwei Jahren mit Milliardenhilfen aus der öffentlichen Hand über Wasser gehalten wurde, jetzt verlangt, daß die Leute vier Stunden gratis arbeiten, sonst sperren sie die Bude zu? Ist das die Wirtschaftspolitik, die vorausschauend Arbeitsplätze sichert, daß man jemandem das Geld nachschmeißt, der dann die Leute vor die Alternative stellt: Entweder ihr verzichtet auf eure Löhne oder wir sperren zu, nachdem wir die Subventionen verbraucht haben!?

Ist das Ihre Einkommenspolitik, meine Damen und Herren, daß die auch von der öffentlichen Hand geförderten Lehrwerkstätten – Herr Minister, das trifft jetzt Sie –, etwa "Jugend am Werk" in Großpetersdorf im Burgenland, die Lehrlinge unter dem Kollektivvertrag zahlt? Prüfen Sie das einmal! Das ist die Lohnpolitik dieser Regierung! Da reden Sie groß von den Lehrlingen, aber in Großpetersdorf bei "Jugend am Werk" kassieren die Lehrlinge Lehrlingsentschädigungen unter dem Kollektivvertrag!

So kann es also wirklich nicht gehen, meine Damen und Herren! Das ist genau diese Doppelzüngigkeit, die wir kritisieren an dieser Regierung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ist das die Anerkennung des Facharbeiters, Herr Bundesminister, die der Herr Vranitzky bei seiner Regierungserklärung ausgegeben hat, daß man sagt: Die Gebietskrankenkassen sind pleite, daher werden wir jetzt die Lohnfortzahlungen auf 26 Wochen einschränken!? Das heißt Lohnverzicht, meine Damen und Herren, Lohnverzicht, den Sie verordnen! Da sind Sie mit dabei! Da können Sie sich nicht herausdividieren und sagen: Leider haben wir kein Geld in der Kasse.

Wenn die Kassen tatsächlich kein Geld mehr haben, dann bin ich wirklich dafür, daß sie auch nicht mehr die Pflichtversicherungen sein sollen. Wenn sie nicht in der Lage sind, die Risiken für die Menschen abzusichern, dann sollen sie die Versicherung freigeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ist das Ihre Politik, meine Damen und Herren, wenn man heute schon liest, daß die Flexibilisierung der Arbeitszeit durch gekürzte Einkommen für die Arbeitnehmer 10 Milliarden Schilling bringen wird? Ist es das, was Sie wirklich wollen? Das kann es nicht sein! Und daher sage ich: Es fehlt in dieser Wirtschaftspolitik der offensive Charakter, es fehlt die Verbesserung der Rahmenbedingungen, es ist das ein Zickzackkurs sondergleichen. Da kürzt man die Bausparprämie – Zehntausende Arbeitsplätze weg! Da streicht man die Verlustbeteiligungen im Althaussanierungsbereich – 20 000 Arbeitsplätze weg!

Ich sage nur, was der Herr Scharschl gesagt hat, der ein guter Genosse ist. Er hat gesagt, das sind Raubrittermethoden, die Arbeitsplätze vernichten. Das ist nicht mein Wort, das ist der Herr Scharschl, der Ihnen das gesagt hat. (Abg. Mag. Stadler: Hört! Hört!)

Da führen Sie eine Energiesteuer ohne Senkung der Arbeitskosten ein – das raubt Ihnen wieder 8 000 Arbeitsplätze, und gleichzeitig sagen Sie, jetzt machen wir wieder mehr Wohnbauförderung, aber nein, dann tun wir damit Budgetlöcher stopfen in den Ländern. – So werden Sie die Wirtschaft nicht flottkriegen, meine Damen und Herren!


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Wir sagen Ihnen daher: Es gibt auch einen anderen Weg. Es gibt einen besseren Weg, diese Rahmenbedingungen zu verbessern, der heißt: schlanker Staat, niedrige Steuern, sichere Einkommen, verläßliche Rahmenbedingungen.

Was meinen wir damit? Wir meinen damit, daß man das tun sollte, was auch die ÖVP seit vielen Jahren gefordert hat: weg mit den Subventionen im Wirtschaftsbereich und Senkung der Steuern. Gescheiter, wir haben niedrige Steuern, als riesige Subventionen, wo jene dann den großen Teil nach Hause tragen, die schon längst als Großkonzerne in Österreich keinen Schilling Steuern mehr zahlen, aber ständig die Hand aufhalten, wenn es um Subventionen geht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sagen Ihnen, es bedarf Rahmenbedingungen, daß die Kaufkraft der Arbeitnehmer erhalten wird. Daher müssen Sie eine Maßnahme setzen, um die kalte Lohnsteuerprogression zu korrigieren.

Die Arbeitnehmer kommen am meisten dran, indem die Sonderausgaben jetzt gestrichen werden. Daher wachsen sie in höhere Progressionsstufen hinein, daher werden sie mehr Lohnsteuer zahlen, auch mit niedrigem Einkommen, und daher wird es weniger Konsumkraft geben, weil eine allgemeine depressive, pessimistische Stimmung in Österreich dadurch ausgelöst wird.

Das ist zu korrigieren! Wenn wir die Massenkaufkraft erhalten, dann erhalten wir die Binnenkonjunktur in diesem Land, und das halte ich für ganz wesentlich.

Dritter Punkt: Arbeitskosten senken. Wir müssen bei den Arbeitskosten herunter. Ich bin dafür, Herr Minister, nicht generell über die Lohnnebenkosten zu reden. Aber nehmen wir die spezifischen Arbeitskosten heraus, die etwa durch die Kommunalabgabe geschaffen worden sind. Wer hindert uns, einen Schritt in das Ökosteuersystem zu machen und dafür die Kommunalabgabe zu hundert Prozent abzuschaffen? Dann entlasten Sie die Arbeitskosten um 3 Prozent von den Bruttolöhnen. Das ist eine Menge Geld, das Sie damit den Unternehmen ersparen und damit die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vierter Punkt. (Zwischenruf des Abg. Seidinger. ) Ich habe nicht so viel Zeit! – Vierter Punkt: Betriebssteuersystem. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Seidinger. ) Mir ist es lieber, ein Bürgermeister hat weniger Geld in der Kasse, aber die Leute haben einen Arbeitsplatz und verdienen was, Herr Kollege! Das ist das Entscheidende! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vierter Punkt: Betriebssteuersystem. Wir verlangen ein Betriebssteuersystem, meine Damen und Herren, das so geregelt ist, wie es Dr. Stummvoll auch vorgeschlagen hat, ein Betriebssteuersystem, wo die nicht entnommenen Gewinne begünstigt besteuert werden. Der, der das Geld wieder investiert, soll begünstigt besteuert werden.

Wer hindert Sie, das endlich einmal zu tun? Sie sagen es, wir sagen es, der Minister Ditz sagt es. (Bundesminister Dr. Ditz: Nein, ich sage es nicht!) Na warum können wir denn nicht gemeinsam heute einen Antrag beschließen, daß dieses Steuersystem eingeführt wird? (Abg. Mag. Stadler: Der Minister sagt, das ist ein Unsinn! Herr Stummvoll, Ihr Minister sagt, das ist ein Unsinn!) Der Kollege Stummvoll hat das exakt gesagt am 9. Juni 1995, und hat das noch einmal gesagt am 7. Februar 1996. Also ich kann nur sagen, was der Herr Stummvoll dem "Wirtschaftsblatt" und den "Salzburger Nachrichten" ausgerichtet hat. – Wenn das ein Unsinn ist, was er sagt, müssen Sie das mit ihm selber ausdiskutieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Auch wenn es um weniger Bürokratie geht: Schlanker Staat heißt für uns, weniger bürokratische Lasten, etwa bei der Unternehmensgründung. Wer hindert Sie denn, Herr Präsident Maderthaner, endlich einmal die Einverleibungsgebühren bei den Kammern für Jungunternehmer zu streichen? Das haben Sie schon vor Jahren versprochen. Warum sind Sie da wortbrüchig geworden? Weg mit einer Einverleibungsgebühr! Wer braucht denn in einer Wettbewerbsgesellschaft eine Einverleibung in einen Kammerstaat, bevor er zum Arbeiten anfangen darf? Das ist ja lächerlich, was da passiert! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Wer braucht denn noch ein aufwendiges Konzessionsverfahren? Wenn heute ein junger Mensch eine Konzessionsprüfung machen will, und es fehlt ihm ein halbes Jahr der Praxis, dann muß er zur Kammer pilgern und ein Gutachten anfordern, damit er eine Nachsicht von der Zulassung zur Konzessionsprüfung bekommt. Und trotzdem kann auf der anderen Seite heute jeder italienische Eisverkäufer, der einmal fünf Monate lang eine Tüte verkauft hat, bei uns einen Gastronomiebetrieb eröffnen! Das müssen Sie doch erkennen, daß die Widersprüche immer größer werden und daß Sie im Kammerstaat Ordnung machen müssen und nicht ständig "Bürokratiereform" sagen und die eigenen Fehler nicht sehen wollen! Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was ist das bitte für eine Entbürokratisierung, wenn man liest, daß ein Drittel der Arbeitnehmer in Österreich bereits außerhalb des Arbeitszeitgesetzes arbeitet, das heißt gegen das Gesetz arbeitet? Da kümmert sich kein Arbeitsinspektor, denn da schauen sie alle weg, wenn es darum geht, in manchen Betrieben halt eine Kompromißlösung gegen das Gesetz zu finden. Aber bei den kleinen Betrieben schnüffeln sie herum, die Arbeitsinspektoren!

Und bei den "Konsum"-Filialen sind sie jahrelang nicht draufgekommen. Jetzt, beim Umbau, erlebt man es. In den "Konsum"-Filialen gab es nicht einmal Toiletteanlagen, nicht einmal Kühlräume! – Aber das alles ist den Arbeitsinspektoren nicht aufgefallen.

Ich verlange, daß in Österreich die Gesetze endlich gleichmäßig vollzogen werden und nicht ständig Schwerpunkte gesetzt werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir verlangen, meine Damen und Herren, daß das Pfuscherwesen sinnvoll bekämpft wird. Die Bundeskammer hat ja einen Vorschlag gemacht, wir greifen ihn gerne auf. Luxemburger Modell: Nicht bestrafen, sondern wir geben jedem, der im geförderten Wohnbau mit Professionisten baut, eine 12- oder 15prozentige Mehrwertsteuerprämie – wenn er bitte mit Professionisten arbeitet!

Das ist doch wichtig! 150 Milliarden Schilling liegen da auf der Straße, die uns im Bereich des Pfusches heute entgehen. 50 Milliarden Steuereinnahmen entgehen so! Herr Minister, da ist doch eigentlich etwas drinnen für Sie, wenn Sie dort einmal positive Maßnahmen setzen würden! Das hätte ich gerne heute von Ihnen gehört, daß Sie sagen: Jawohl, das machen wir jetzt ganz konkret.

Oder: konsequente Verfolgung der Steuerhinterzieher. Warum machen Sie das nicht? Jetzt deckt man auf, wie viele Firmen es gibt, die seit Jahren ganz brutal Umsatzsteuer hinterziehen, Vorsteuerbetrügereien machen. Warum geht man da nicht hinein? Warum versucht man da nicht einmal, diese Sünder zu erwischen, anstatt ständig Steuern zu erhöhen und jenen, die ohnehin schon Steuern leisten, noch einmal neue Belastungen aufzubürden! Das wäre etwas Vernünftiges! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weiterer Punkt: öffentliche Aufträge. Warum müssen Sie wirklich das Prinzip der Generalunternehmer ständig durchführen? Dieses Generalunternehmerprinzip hat nur zum Zweck, daß die kleinen und mittelständischen Betriebe zu unmöglichen Kosten arbeiten müssen, das dann bei schlechten Löhnen durchführen – und letztlich zugrunde gehen.

Das ist falsch! Gehen Sie weg bei öffentlichen Aufträgen vom Generalunternehmerprinzip, wie Sie es auch jetzt bei der BIG wieder verlangen, Herr Minister Ditz, was ja eine abenteuerliche Vorstellung ist, wie Sie das organisiert haben.

Die Nationalbank baut jetzt eine neue Druckerei um 3 Milliarden Schilling. Da habe ich einen dicken Schriftverkehr mit einzelnen Firmen, die Bestbieter sind, österreichische Gewerbebetriebe, die bei der Nationalbank Bestbieter sind. Und wer bekommt dann nach wochenlangem Tauziehen beispielsweise einen Auftrag mit 8 Millionen Schilling für Bodenarbeiten? – Den bekommt ein Unternehmen, das aus der Schweiz Produkte bezieht, das in der Schweiz arbeiten läßt. (Abg. Mag. Stadler: Da wird sicher einer mitschneiden!)


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Ist das die Arbeitsplatzsicherung in Österreich? Dort, wo die öffentliche Hand es tun kann, dort kneifen Sie, meine Damen und Herren!

Das hätten wir gerne von Ihnen einmal gehört, daß Sie sich auch im eigenen Bereich darum kümmern, daß die Arbeitsplätze in Österreich gesichert werden, daß die Aufträge bei den Betrieben bleiben, daß die heimischen Firmen Geschäfte machen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

ÖVP-Abgeordnete von Niederösterreich: 40 Millionen Schilling machte der Auftrag für die Fassadenverkleidung beim neuen Regierungsviertel in St. Pölten aus. Ein Österreicher war Bestbieter. – Er hat aber den Auftrag nicht bekommen, sondern einer, der im Ausland die Fassaden einkauft. – Das ist in Ordnung aus Ihrer Sicht? So wird Arbeitsplatzsicherung gemacht? – Na, da haben wir Freiheitliche andere Vorstellungen!

Daher sagen wir: Es ist notwendig, all diese Maßnahmen jetzt wirksam in Angriff zu nehmen, bis hin auch zu Fragen der Flexibilisierung der Arbeitszeit. Da gebe ich Ihnen recht, Herr Minister.

Aber ich warne Sie vor einem: Flexibilisieren auf Kosten eines Lohnverzichtes, wie das hier vorbereitet wird, ist der falsche Weg, denn Sie erwischen genau die Leistungseliten in diesem Staat, die, die mehr arbeiten, die, die bereit sind Überstunden zu machen, die, die sich dann Häuser oder Wohnungen darum anschaffen, die ihre Familien versorgen, die vielleicht heute 18 000, 20 000, 25 000 S brutto im Monat verdienen. Die erwischen Sie damit! – Das kann nicht der Weg sein!

Wir fordern daher die Entsteuerung der Überstunden, damit es für das Unternehmen kostengünstig wird, aber für den Mitarbeiter ein Anreiz ist, Überstunden zu machen – und er nicht den Weg des Zeitausgleichs gehen muß. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und wir verlangen von Ihnen noch etwas: Wir verlangen von Ihnen, Herr Minister, daß auch die Frage der Ausländerbeschäftigung neu geregelt wird. Wir Freiheitlichen haben überhaupt kein Verständnis dafür, daß heuer wieder 16 000 Ausländer neu zuwandern dürfen – ob jung, ob alt ist völlig egal.

Wir haben eine hohe Arbeitslosigkeit, meine Damen und Herren, die es rechtfertigt, jetzt einen Einwanderungsstopp zu verfügen, den wir ganz nachhaltig verlangen und von Ihnen auch erzwingen werden. Sie werden keine neuen Arbeitskräfte zuwandern lassen können, solange wir nahezu 300 000 Arbeitslose in Österreich zuerst einmal zu bedienen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist ein offensives Programm: Rahmenbedingungen verbessern, Staat schlanker machen, Bürokratie reduzieren, Steuern herunter, um Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Der Herr Ditz hat es ja selber gesagt: Wir müssen die Steuern senken – aber nicht jetzt, vielleicht in ein paar Jahren. – Das ist keine Vision!

Der Herr Wifo-Experte der ÖVP, der Budgetexperte der ÖVP, Herr Lehner, hat ja gesagt: Bis 1998 haben wir ein defensives Sparprogramm, dann werden wir schon wieder offensiv werden. – Das ist der falsche Weg, Herr Minister! Ein defensives Programm jetzt schafft Pessimismus, schafft Verdruß, schafft Frust in der Wirtschaft! Und der ist jetzt da!

Sie müssen ein Minister sein, der Optimismus gibt. Aber da müssen Sie konkret etwas tun. Dann müssen Sie einmal über das Ankünden hinausgehen. Dann müssen Sie das einmal einhalten, was Sie seit Jahren versprechen. Dann müssen Sie konkret der heimischen mittelständischen Wirtschaft einmal eine Chance geben!

Wir sind auf Ihrer Seite! Sagen Sie Ihrer Fraktion, sie soll heute die Anträge wenigstens mit unterstützen, die auch übereinstimmende Geisteshaltung der ÖVP sind. Dann bekommen wir eine Wirtschaftsoffensive zustande. Wenn Sie heute wieder "nein" sagen, dann sind Sie nicht glaubwürdig, denn dann ist es Ihnen offenbar nicht ernst mit der heimischen Wirtschaft!


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Da muß man schon die Frage stellen, wenn heute Herr Maderthaner gegen vernünftige freiheitliche Anträge stimmt, was denn die Sozialpartnerschaft überhaupt noch wert ist, Herr Kollege Maderthaner! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie sagen, die Lohnnebenkosten müssen niedrig sein, und derselbe Herr Maderthaner beschließt ein Budget mit, wo der Gewerbliche Sozialversicherungsbeitrag erhöht wird, ebenso der der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung – das sind bekanntermaßen ja auch Lohnnebenkosten, wenn man rechnen kann –, und er ist schon dabei, sich mit dem Herrn Hums zu einigen, daß man bei der Krankenversicherung wieder etwas machen wird. – Das ist lohnnebenkostentreibende Politik, und das führt zum Verlust von Wettbewerbsfähigkeit!

Sie sind nicht einmal in der Lage, die 5 Milliarden Schilling an Außenhandelsförderungsbeiträgen, die noch immer offen sind, abzurechnen. Das ist Geld, das gehört der Wirtschaft. (Abg. Ing. Maderthaner – zu seinen Abgeordnetenkollegen gewendet –: Er weiß es nicht!) Da lacht er, der Herr Präsident! Er hat Geld kassiert, das die heimische Wirtschaft verdient hat, meine Damen und Herren! Das ist doch die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Präsident! Was sind Sie für ein Wirtschaftsvertreter? ( Abg. Ing. Maderthaner: Sie gehen sehr locker mit den Zahlen um!) Ich war im zentralen Zollamt und habe mir das angeschaut. Da geht es um einen Beitrag von 5 Milliarden Schilling. Und die Wirtschaftskammer sagt: Was kümmert’s mich? Wir haben das Geld gekriegt, uns geht das nichts an, wir haben’s verbraucht, der Minister soll’s zurückzahlen.

Na, das ist eine feine Angelegenheit, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist unerhört! Alles wahrheitswidrig! Nur Show!) Dann berichtigen Sie es doch! Wo haben Sie denn die 1,5 Milliarden Schilling, die bereits außer Streit gestanden sind für die heimische Wirtschaft? Geben Sie das einmal der Wirtschaft zurück, dann ist schon vielem gedient, dann haben wir schon vieles erreicht! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Wider besseres Wissen!)

Ich meine, daß diese Motivation jetzt für die Wirtschaft notwendig ist. Es muß ein Signal geben, daß die Belastungen geringer werden, daß die Arbeitskosten heruntergehen. Es muß ein Signal geben, daß es möglich ist, Gewinne zu machen, und es muß ein Signal an die Mitarbeiter geben, daß sie nicht bestraft werden, wenn sie mehr arbeiten. Das ist etwas sehr Entscheidendes. Und das wollen wir mit dieser Debatte um den Arbeitsmarkt und für die Beschäftigung in Österreich erreichen.

Wir laden Sie daher ein, meine Damen und Herren, mit uns heute viele dieser Anträge zu beschließen! Das ist ein entscheidender Schritt zur Verbesserung des Wirtschaftsstandortes. Wenn es Ihnen ernst ist um die Arbeitsplätze, dann können Sie nur dabei sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Ditz. Ich erteile es ihm.

11.34

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Johannes Ditz: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe mich gegen die Usancen zu Wort gemeldet, weil ich wirklich enttäuscht bin (Abg. Dr. Stummvoll: Wir auch!) , daß hier der Obmann einer Partei eine Sondersitzung beantragt und dann außer Schlagworten keine Vorschläge bieten kann. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Kohl: Bravo! Ja, so ist es! Das ist die Wahrheit! Ein Mißbrauch des Parlaments! – Gegenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie beklagen das "Angstmachen". Aber das einzige, was Sie hier jetzt geboten haben, war Angstmachen, jedoch keine Zukunftspolitik. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Sie machen Angst! – Abg. Mag. Stadler: Stimmt Ihre Partei heute diesen Anträgen zu: ja oder nein?)


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20. Sitzung / Seite 37

Sie fordern, daß die GesmbH nicht besteuert wird mit 50 000 S. – Wissen Sie, wie viele Nullfälle es gibt, gerade weil diese Gesellschaftsform mißbraucht wird?

Junge Menschen gehen in die Einzelunternehmung, gehen in die Erwerbsgesellschaft – und haben keinen Startnachteil. Das heißt, Ihre Behauptung ist falsch! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt, eine sehr sensible Frage – ich möchte hier wirklich den Gewerkschaften für ihre vorausschauende Art danken: flexible Arbeitszeiten. Wir haben eine steigende Arbeitslosigkeit. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Seid ruhig, ihr kennt euch nicht aus! – Abg. Ing. Reichhold: Sie wissen gar nicht mehr, was vorgeht! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) In dieser Zeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, in dieser Zeit die Überstunden bewußt entsteuern zu wollen, heißt eines zu wollen: daß wenige immer mehr arbeiten, ihre Arbeitsplätze haben – und immer mehr draußen vor der Tür stehen. Und das wollen wir nicht! (Beifall bei ÖVP und SPÖ, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Bauer! Ich war nach Ihnen Staatssekretär: Ihre "Ahnung" habe ich gesehen, Ihre "Konzepte" habe ich mitbekommen: Die wahren alle nicht verwirklichbar! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Aber jetzt etwas anderes noch. Die Freiheitliche Partei fordert die Abschaffung der Kommunalsteuer und die Einführung einer größeren Energiesteuer.

Die Freiheitliche Partei überlegt sich überhaupt nicht, wie sich das auf die einzelne Gemeinde auswirkt, überlegt sich überhaupt nicht, wie sich das auf die Investitionstätigkeit der Gemeinden und damit auf die Arbeitsplätze auswirkt. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie überlegt sich aber auch nicht, daß damit viele Industriebetriebe aus Österreich weggetrieben werden. Sie überlegt sich nicht, daß dann der Papierindustrielle Prinzhorn möglicherweise nicht mehr Unternehmer in Österreich ist. Das ist das Problem, das Sie hier haben! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Als Wirtschaftsminister wehre ich mich dagegen, daß sich hier ein Abgeordneter herausstellt und die Unternehmer generell der Steuerhinterziehung zeiht und auffordert, daß mehr kontrolliert wird, daß schärfer vorgegangen wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Herr Haider! Glauben Sie, daß damit Bürokratie abgebaut wird? Ich glaube nicht, daß man hinter jeden Unternehmer einen Polizisten stellen muß! Ich sage Ihnen das ganz offen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie beim Liberalen Forum.)

Die zwei zentralen Fehler Ihrer Politik sind, daß Sie erstens die Chance Europa nicht erkennen, sondern nur Angst machen. Das ist keine Zukunftspolitik, so kann man Exporte nicht ankurbeln, so kann man Arbeitsplätze nicht schaffen. (Abg. Mag. Stadler: Lesen Sie einmal eine heutige Tageszeitung!)

Der zweite Schwerpunkt, den Sie falsch sehen, ist, daß Sie sagen: Sparen darf man jetzt nicht, jetzt muß man mehr Geld ausgeben. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Aber Sie haben keinen einzigen Vorschlag gebracht, wie Sie sparen können. Das sind nur Luftblasen. Sie haben keinen Vorschlag gebracht, wo man einsparen könnte! – Keinen einzigen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Luftblasen!)

Ihre "Stärke" in der Wirtschaftspolitik ist, daß Sie Zeitungen zitieren und daß Sie einen Abgeordneten gegen den anderen auszuspielen versuchen. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das ist kein wirtschaftspolitisches Konzept, und das rechtfertigt keine Sondersitzung. Das muß einmal ganz klar gesagt werden! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Jetzt zum letzten Punkt, den Sie immer wieder fordern: Betriebssteuer. Herr Haidinger hat einmal eine Konzeption vorgelegt, das war im Jahr 1987. Und auch die österreichische Bundes


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20. Sitzung / Seite 38

regierung hat damals diese Konzeption diskutiert. – Sie hat aber dann, Herr Abgeordneter Haider, dieses Konzept ganz bewußt nicht gewählt, weil da die Steuersätze höher gewesen wären, und der Gewinn, der sozusagen ausgeschüttet worden wäre, wäre sehr gering gewesen, und damit wäre die Eigenkapitalbildung von außen ... (Abg. Dr. Haider: Der Stummvoll sagt es jetzt! Jetzt hat er es gefordert!)

Hören Sie mir zu und verstecken Sie sich nicht immer hinter dem Herrn Stummvoll! Sie sollen jetzt mit mir diskutieren – und zuhören! (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Ing. Meischberger. ) Es ist ein schweres Thema, Herr Meischberger! Hören Sie zu! (Neuerlicher Beifall und Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Ing. Meischberger. ) Nocheinmal! Das ist ein schweres Thema, Herr Meischberger! Hören Sie zu! (Anhaltende Heiterkeit und neuerlicher Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben damals das Betriebssteuersystem diskutiert und sind dann gemeinsam mit Experten zur Überzeugung gekommen, daß es besser ist, den Steuertarif generell zu senken. (Zwischenruf des Abg. Rosenstingl. ) Schreien Sie nicht so laut! Daher haben wir jetzt einen Körperschaftsteuersatz von 34 Prozent. Das ist attraktiv für die Innenfinanzierung, das ist aber auch attraktiv für die Börse und für die Außenfinanzierung. Das ist ein zukunftsweisendes Konzept. Daher bitte ich Sie, nicht alte ÖVP Forderungen aus dem Jahr 1987 immer wieder quasi als Bauchladen vor sich herzutragen. Es ist vorbei, es gibt neue Konzepte, die besser sind. – Danke schön. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich dem nächsten Redner, dem Herrn Sozialminister, das Wort erteile, gebe ich bekannt, daß mir ein Paket von 16 Anträgen der freiheitlichen Fraktion vorliegt, und zwar Entschließungsanträgen, wobei die Anregung gemacht wurde, diese Anträge zu vervielfältigen und schriftlich zu verteilen.

Da sich § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung ausdrücklich nur auf Abänderungs- und Zusatzanträge bezieht, würde ich von dieser Möglichkeit nur Gebrauch machen, wenn sich dagegen kein Einwand erhebt und unpräjudiziell dann so vorgehen.

Gibt es Einwendungen dagegen, dieses Antragspaket zu vervielfältigen und schriftlich allen Abgeordneten zur Verfügung zu stellen? – Kollege Van der Bellen, bitte.

11.42

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Ich habe absolut nichts dagegen, daß diese Anträge vervielfältigt und allen Abgeordneten zur Verfügung gestellt werden. Aber abgesehen davon, sieht § 55 der Geschäftsordnung eindeutig vor, daß Entschließungsanträge zu verlesen sind. Ich sehe keinen Grund, davon abzuweichen.

11.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich werde so vorgehen, weil ich eine Geschäftsordnungsdebatte darüber nicht führen werde und die Geschäftsordnung tatsächlich so interpretiert werden kann, daß sich das nur auf Abänderungs- und Entschließungsanträge bezieht. Die Anträge sind gehörig unterstützt, sie werden in Verhandlung stehen, wenn sie verlesen worden sind. Ich bitte die Verlesungen dann nach Belieben vorzunehmen.

Zu Wort kommt Herr Bundesminister Hums. Ich erteile es ihm.

11.42

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Keine Angst, ich werde den Abgeordneten die Zeit nicht nehmen und nicht alles korrigieren, was zu korrigieren gewesen wäre. Aber zwei Punkte möchte ich nennen, damit die Menschen nicht unnötig verunsichert werden.

Herr Dr. Haider! Ich möchte klarstellen, daß ich bereits mehrfach erklärt habe, daß eine Kürzung des Krankengeldes auf 26 Wochen nicht erfolgen wird. Dafür werden wir eintreten und dafür werden wir auch die gesetzliche Vorsorge treffen. (Beifall bei der SPÖ.)


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20. Sitzung / Seite 39

Zweiter Punkt: Sie haben erklärt, in der Lehrwerkstätte "Jugend am Werk" in Großpetersdorf wird unter dem Kollektivvertrag entlohnt. Das ist nach meinen Ermittlungen nicht richtig. Es wird nach dem Kollektivvertrag der Metallarbeiter gezahlt. Das ist auch ein Bestandteil des Fördervertrages vom AMS und wird von dort geprüft. Auch das möchte ich richtigstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maderthaner. Die freiwillige Redezeit ist 20 Minuten.

11.44

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Haider! Wir sind es ja gewohnt, daß Sie hier herauskommen und Halbwahrheiten und Unwahrheiten von sich geben. Das können wir alles nachweisen. (Beifall bei der ÖVP. )

Daher darf ich doch einiges richtigstellen, bevor ich mit meinen Ausführungen beginne.

Es stimmt einfach nicht, daß der Export in Österreich zurückgegangen ist, und die Zahl, die Sie genannt haben, stimmt ebenfalls nicht. Ganz im Gegenteil: Wir konnten im Export zulegen, zum Teil sogar ganz beträchtlich, nämlich auch in ferne Länder. (Abg. Dr. Haider: Nach Deutschland exportieren!) Der Export nach Indonesien hat einen Zuwachs von ungefähr 80 Prozent erfahren (Abg. Madl: Woher nehmen Sie das?) , nur damit Sie das wissen. (Beifall bei der ÖVP. )

Es wird immer gefordert, daß unsere Firmen auch in weit entfernte Länder exportieren sollen. Sie tun dies, Herr Dr. Haider! Sie verwechseln nämlich die Leistungsbilanz mit dem Export, und das stimmt einfach nicht.

Das Zweite: Sie haben von Jugendarbeitslosigkeit gesprochen. Es ist richtig, das macht uns auch Sorge, aber sich hierherzustellen und so zu tun, als ob wir die höchste Jugendarbeitslosigkeit hätten, dagegen muß man schon etwas sagen.

Schauen Sie sich einmal die Statistik an: Österreich liegt mit einer Jugendarbeitslosenrate von zirka 5 Prozent am untersten Ende der Skala. Wissen Sie, wo es die größte Jugendarbeitslosigkeit gibt? – In Spanien mit 42 Prozent, und dazwischen liegen alle anderen Länder. Das ist Tatsache! – Aber wir nehmen das trotzdem nicht leicht, wir wollen etwas tun und nicht nur davon reden.

Sie versuchen – und das ist Ihre Art – ohne Rücksicht darauf, ob die Zahlen stimmen, ohne Rücksicht darauf, ob Sie jemanden persönlich angreifen, Ihre Politik so gut es geht zu verkaufen. Sie wollen allen etwas schenken, dabei sagen Sie aber nicht, woher Sie das Geld nehmen wollen. In Ihrem Programm lese ich über die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich. Sie schreiben: Gekennzeichnet ist diese Entwicklung – ich zitiere – von einschneidenden Kostensenkungsstrategien auf Unternehmerseite einerseits und massiven Steuersenkungsprogrammen der öffentlichen Hand insbesondere im Bereich der direkten Steuern andererseits. Dieses Strategie darf aber nicht zu Lasten der Einkommen der Arbeitnehmer gehen. Also Sie wollen allen etwas schenken, sagen aber nicht, woher Sie das Geld nehmen wollen. (Abg. Dr. Haider: Die Leute arbeiten ja, Herr Präsident!) Das ist Ihre Art, das ist Ihre Art, die wir kennen, Herr Dr. Haider! (Abg. Dr. Haider: Höheres Leistungseinkommen!)

Wie billig Ihre Argumentation ist, zeigt das Beispiel Nationalbank. Sie sagen, eine Investition in Höhe von 3 Milliarden Schilling und ein Auftrag mit 8 Millionen Schilling gehen ins Ausland. (Abg. Dr. Haider: Nein! 10 kann ich Ihnen sagen!)

Der Unterschied zwischen 3 Milliarden und 8 Millionen ist schon sehr hoch, und das zeigt, daß Sie nur polemisieren wollen. (Beifall bei der ÖVP. )

Meine Damen und Herren! Handeln statt reden sollte angesichts eines so wichtigen und ernsten Themas wie Arbeitsplatzsicherung an der Tagesordnung und die Devise sein. Die Regierungs


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parteien haben in ihrem Übereinkommen, das sie getroffen haben, Schritte gesetzt, die in die richtige Richtung gehen, indem eben notwendige Kurskorrekturen vorgenommen werden. Das wird uns weiterbringen – und nicht das Darüberreden und Schimpfen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ .)

Die Arbeitslosenrate in Österreich liegt zwar noch immer deutlich unter dem europäischen Durchschnitt, aber wir wollen trotzdem Schritte einleiten, um diese weiterhin zu senken. Es gibt eine schwierige Wirtschaftsphase in Europa, daran sollte man durchaus nicht vorbeigehen. Wenn wir nicht gemeinsam dagegen tätig werden und die richtigen Schritte setzen, wird die Kurskorrektor sicherlich schwieriger werden. Daher haben wir uns vorgenommen, entsprechende Schritte einzuleiten.

Die heutige Sitzung muß daher mehr sein als eine Bühne für ein Sprechstück, in dem mit verteilten Rollen abwechselnd Schuldzuweisungen und Aufforderungen zum Handeln an jeweils wechselnde Gruppen zugeordnet werden. Wir sollten uns mit echten Vorschlägen auseinandersetzen.

Minister Ditz hat schon darauf hingewiesen: Sie haben zwar viel geredet, aber keine Vorschläge dahin gehend gebracht, wo, was weitergehen soll, oder wie man es bewältigen soll. Die Opposition ist nicht unbedingt da, das zu tun, das ist Arbeit der Regierung, und wir werden es tun (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen) – egal, ob Sie kritisieren oder nicht!

Meine Damen und Herren! Wir wissen Bescheid um die Probleme, die auch mit der Arbeitslosigkeit verbunden sind. Ich hoffe, Sie wissen das auch. Wir müssen alles tun, um die vergleichsweise noch niedrige Arbeitslosenrate – das ist bekannt – weiter zu senken, und wir müssen alles tun, um sie nicht ansteigen zu lassen.

Arbeitszeitflexibilisierung, Budgetsanierung, Arbeitsplatzsicherung, Wettbewerbsfähigkeit, Entbürokratisierung können und müssen gemeinsam getragen werden. Wir als Unternehmerinnen und Unternehmer tragen unseren nicht geringen Teil zur Lösung der anstehenden Probleme bei, verlangen aber auch von allen politischen Verantwortlichen entsprechendes Handeln, denn dann werden wir auch unseren Mitgliedern klarmachen können, warum das eine oder andere zur Budgetsanierung in Kauf genommen werden muß.

Meine Damen und Herren! Ich kann mir auch nicht ganz vorstellen, daß der Herr Bundeskanzler vor einigen Tagen richtig zitiert wurde. In einer Tageszeitung ist folgender Ausspruch von ihm zitiert worden: Wir sehen, daß Gewinne nicht mehr wie früher zur Schaffung von Arbeitsplätzen verwendet werden. – Gleichzeitig soll er die Wirtschaft aufgefordert haben, sich mehr für die Schaffung von Arbeitsplätzen zu engagieren. In diesem Fall muß ich sagen: Wir alle haben etwas zu tun und uns dafür einzusetzen. Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen.

Bemerkenswert finde ich aber den Kurs der Freiheitlichen, meine Damen und Herren, die noch im Jänner mit einem 18-Punkte-Programm die Arbeitsplätze in Österreich sichern wollten, von denen ich die meisten auch befürwortet hätte, weil sie ja aus unserem Forderungsprogramm der Wirtschaft stammen – sie sind herausgenommen worden. (Abg. Dr. Haider: Alles wieder drinnen! Nicht gelesen!)

Eines ist auch interessant, Herr Dr. Haider: Es ist der Weg und auch das Recht der Opposition, zu sagen, jetzt nehmen wir etwas heraus, und dann schauen wir uns an, wie sie sich bei der Abstimmung verhalten; Sie müssen ja mitgehen, wenn wir es aus ihrem Programm haben. – Diese Taktik kennen wir auch, Herr Dr. Haider, das darf ich Ihnen sagen. Aber nehmen Sie zur Kenntnis: Wir haben einen Vertrag mit dem Regierungspartner, und wir werden auch mit ihm die notwendigen Schritte umsetzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Was dabei aber interessant ist, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, ist, daß Sie ein paar Wochen später, nach der Vorstellung dieses 18-Punkte-Programms bereits mit einem neuen Papier aufwarten, zum Teil mit völlig anderen, sich widersprechenden Inhalten. Die Halbwertszeit Ihrer Vorschläge, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, wird immer


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kürzer. – Zumindest lesen sollte man das Konzept noch können, bevor man es durch ein neues ersetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Für viele Maßnahmen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und für Arbeitsplatzbeschaffung brauchen wir, so glaube ich, gar kein Geld, sondern bloß den guten Willen der handelnden Personen, der handelnden Partner. Da denke ich etwa an die Verwirklichung unserer Vorschläge zur Eindämmung der doch sehr ausgeprägten Bürokratie. – Das spart nicht nur Geld, sondern gibt auch mehr Freiraum. Entbürokratisierung spart Kosten und macht die Betriebe gesünder, und nur gesunde Betriebe, die ihre Dienstleistungen und Produkte auch tatsächlich verkaufen können, sichern auf Dauer die Arbeit in Österreich. Das ist unsere Aufgabe und unser Ziel! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf auch gleich festhalten, daß das Ende der Spardebatte im Parlament mit der Beschlußfassung des Budgets sicher nicht das Ende ist, sondern der Beginn vernünftiger Sparschritte: dessen sollten wir uns alle bewußt sein. Gerade die Vertreter der Wirtschaft – die Wirtschaft muß ja die Folgen des Sparpakets erst verkraften – sollten auch an alle Verantwortungsträger appellieren, in Bund, Ländern und Gemeinden sparsam mit den ihnen anvertrauten Steuergeldern umzugehen und sie vorrangig auch für Wirtschaftsimpulse einzusetzen, denn das ist wichtig und auch notwendig.

Meine Damen und Herren! Wir wollen unserem Land schwedische Zustände ersparen. In Schweden mußten ja kräftige soziale Einschnitte gemacht werden, um den Kurs zu korrigieren. Während die Österreicher in zwei Jahren 100 Milliarden Schilling einsparen müssen, trifft es die Schweden noch härter: Sie müssen in der laufenden Legislaturperiode 200 Milliarden Schilling einsparen, und das macht kräftige Abstriche bei den Sozialleistungen notwendig.

Meine Damen und Herren! Wir müssen der Wirtschaft noch mehr Luft zum Atmen geben, denn das ist wesentlich. Das heißt, wir müssen die Verhandlungen mit den Sozialpartnern und mit den Regierungsverantwortlichen über die Flexibilisierung der Arbeitszeit rasch fortsetzen und zu einem guten Ende bringen. Und ich hoffe – wir werden das wieder gemeinsam mit dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, mit den Arbeitnehmervertretern machen –, daß wir eine Lösung finden werden, die allen dient: sowohl den Arbeitnehmern als auch den Arbeitgebern. Wir wissen, daß dieses Anliegen – die Arbeitszeitflexibilisierung – nicht nur ein Anliegen der Arbeitgeber oder der Unternehmer ist, sondern auch im Interesse der Arbeitnehmer liegt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir müssen jede zusätzliche Belastung für die Betriebe vermeiden! Das muß ein Gebot der Stunde sein, meine Damen und Herren, vor allem in einer Zeit, in der die Wirtschaft durchaus vor guten Chancen, aber auch vor sehr harten Herausforderungen steht. Wir müssen die Lohnnebenkosten – das ist heute schon angeführt worden – und sonstige Unkosten, die auch dazugehören, meine Damen und Herren, im Interesse der Arbeitsplatzsicherung senken. In diesem Zusammenhang werden wir ... (Abg. Trenk: Genau das wollen wir ja!) Darin sind wir uns ja einig. Irgendwo sind wir uns ja einig, Sie nehmen ja genug Punkte aus unseren Vorschlägen heraus, daher sind wir uns auch einig, keine Frage! (Abg. Trenk: Machen Sie es auch!)

Meine Damen und Herren! Wir werden die notwendigen Schritte gemeinsam setzen, weil es uns tatsächlich um die Sicherung der Arbeitsplätze beziehungsweise um die Schaffung von neuen geht.

Meine Damen und Herren! Wir müssen natürlich auch zugeben, daß es bereits Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz gibt – darüber haben wir auch berichtet –, im Einvernehmen mit der Gewerkschaft oder mit dem Sozialministerium. Aber im Interesse aller Betriebe, meine Damen und Herren, muß ich von solchen Lösungen abraten, weil sie erstens am Rande der Legalität sind, und zweitens muß gleiches Recht für alle gelten. Auch dafür werden wir eintreten.

Meine Damen und Herren! Wir müssen das Arbeitnehmerschutzgesetz vollziehbar machen, notfalls – wenn es erforderlich ist – auch durch eine Gesetzesnovellierung. In der derzeitigen Form – das muß ich hier kritisch feststellen – ist dieses Gesetz in unseren Betrieben nicht umsetzbar –, abgesehen davon, daß der Wirtschaft Lasten auferlegt werden, die etwa der


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öffentliche Dienst nicht zu tragen hat und die gerade dem, was ich vorhin gesagt habe, nämlich Kosten einzusparen, entgegenwirken würden. (Beifall bei der ÖVP.)

Was wir daher brauchen, meine Damen und Herren, ist die Einsicht zum Erkennen der Probleme und ihrer Ursachen und dann die notwendige Umsetzung in den politischen Parteien. Was wir brauchen, ist Flexibilität aller Beteiligten, meine Damen und Herren – nicht nur der Unternehmer! –, zur Beseitigung der Ursachen hiefür, sofern wir dies in Österreich alleine tun können. Flexibilität und neue Ideen müssen von allen verlangt werden; das ist gefragt.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen den Willen aller, Arbeitslosigkeit gemeinsam zu bekämpfen und nicht jene, die nur davon reden. Wortspielereien mit der Angst und dem Leid der Betroffenen sind purer Zynismus und so glaube ich, gehören ebenso aus dem politischen Alltag verbannt wie die gegenseitige Zuweisung der Verantwortung zur Lösung der Arbeitsprobleme, die wir haben – abgesehen vom Tempo und unabhängig von unserer EU-Mitgliedschaft. Und schließlich brauchen wir, meine Damen und Herren, die radikale Beseitigung bürokratischer Hürden – wir haben diesbezüglich schon genug Vorschläge eingebracht –, die weder der Umwelt nützen noch soziale Rechte absichern, sondern die nur das Leben schwieriger machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben alles zu tun, um den Wirtschaftsstandort Österreich noch attraktiver zu machen. Ich glaube, daß wir dazu gute Schritte eingeleitet haben.

Mit Sicherheit werden wir auch in Zukunft verantwortungsbewußt an der Umsetzung dieser Ziele arbeiten. Meine Damen und Herren! Wir alle sind aufgerufen, schlankere, überschaubarere Gesetze zu machen. Das ist Dienst an der Arbeit, das ist Dienst für die Arbeitsplatzsicherung. Machen wir ernst und gehen wir gemeinsam an die Arbeit! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich bekannt, daß von den 16 Abänderungsanträgen, über die wir vorhin gesprochen haben, vier im Sinne des § 55 Abs. 3 letzter Satz der Geschäftsordnung und im Sinne der bisherigen Praxis bei besonders langen Anträgen von Frau Schriftführerin Apfelbeck jetzt verlesen werden und damit in Verhandlung stehen.

Bei den restlichen 12 Anträgen bitte ich die jeweiligen Antragsteller, die auf den Anträgen aufscheinen, diese Anträge in ihre Diskussionsbeiträge einzubauen.

Ich bitte die Frau Schriftführerin um Verlesung dieser vier Anträge.

12.00

Schriftführerin Ute Apfelbeck:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn, Rosenstingl und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehebaldigst taugliche Gesetzentwürfe zur Verwirklichung nachstehend angeführter Reformvorschläge zur Rettung der österreichischen Bauwirtschaft vorzulegen:

Umstellung der Grundlagen des geltenden Wohnbau-Förderungssystems von der Objekt- auf eine Subjektförderung.

Stärkere Begünstigung der vorzeitigen Rückzahlung von Wohnbaudarlehen zur Erhöhung der verfügbaren freien Mittel für geförderte Bauvorhaben. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)


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Halbierung des Mehrwertsteuersatzes in einem befristeten Zeitraum von drei Jahren für sämtliche von Professionisten durchgeführte energiesparende Investitionen im Wohnbau.

Schaffung von kapitalertragsteuerfreien Wohnbauanleihen mit einer Laufzeit von fünf Jahren und Bereitstellung dieser Mittel ausschließlich für gewerbliche und private Bauträger.

Gesetzliche Verpflichtung zur Bildung finanzieller Rücklagen im Wohnungseigentum (nach Alter, Größe, Standard), um Instandsetzungs-, Renovierungs- und Revitalisierungsarbeiten bei auftretender Notwendigkeit zeitgerecht durchführen zu können.

Auflösung der überhöhten Rücklagen der GWG und Investition deren Gelder in den Wohnbau.

Rasche Verbauung der 17 Millionen Quadratmeter verbaubarer Baugrund, die von den GWG gehortet werden. Sollten die GWG zur Verbauung nicht in der Lage sein, so sind diese Flächen dem kommunalen, privaten oder aber nichtgemeinnützigen gewerblichen Wohnbau zur Verbauung zu den historischen Anschaffungskosten und Inflationsabgeltung und tatsächlicher Verzinsung zur Verfügung zu stellen.

Verpflichtung für alle Kommunen, ihre Gemeindewohnungen den Mietern nach einer Mietdauer von zumindest fünf Jahren erstmals, sowie in der Folge alle fünf Jahre, zum aktuellen Marktwert zum Kauf anzubieten. Die durch die Verkäufe erzielten Mittel sind umgehend dem kommunalen Wohnbau zuzuführen.

Erstellung einer Liste der kurz-, mittel- und langfristig realisierbaren Bundesbau- und Infrastrukturvorhaben unter Beifügung eines detaillierten Finanzierungs- und Realisierungs(zeit)planes (zum Beispiel: Sicherheitszentrum Klagenfurt, Eisenbahn-Südostspange et cetera).

Heranziehung privater Errichter-, Investoren- und Betreibergesellschaften zum Bau, zur Finanzierung und zum Betrieb von kapitalintensiven Bundesbau- und Infrastrukturvorhaben besonderen öffentlichen Interesses (Autobahnen, Schienenwege, Tunnels ...), die bereits baureif sind (unter gleichzeitiger Schaffung entsprechender steuerlicher Anreize).

Entwicklung eines gesamtösterreichischen Flächenwidmungskatasters, der von den Gemeinden zu erstellen ist und mittels EDV zu jeder Zeit am letzten aktuellen Stand zu sein hat. Hiedurch könnten die Planung und Projektierung von öffentlichen und privaten Bauvorhaben jeder Art wesentlich vereinfacht und beschleunigt werden.

Erhöhung des IFB um 3 Prozent, um unmittelbar dem Betriebszweck dienende Bauinvestitionen – und damit auch die österreichische Bauwirtschaft – zu fördern.

Nach Möglichkeit direkte Vergabe von Bauaufträgen des Bundes an KMU und weitgehende Zurückdrängung der Vergabe an Generalunternehmer."

*****

Weiters:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Dolinschek, Dr. Pumberger und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Arbeit und Soziales wird ersucht, Vorarbeiten zu einer umfassenden gesetzlichen Neuordnung der Sozialversicherung und ihrer Organisation nach folgenden Grundsätzen einzuleiten und dem Nationalrat über das Fortschreiten der Arbeiten jährlich zu berichten.

1. Etappenweise Vereinheitlichung des Sozialversicherungsrechtes bis spätestens 2020.


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2. Etappenweise Umstrukturierung der Sozialversicherungsverwaltung unter Einbeziehung des Arbeitsmarktservice im Einklang mit der Vereinheitlichung des Sozialversicherungsrechtes mit dem Endziel einer Struktur von: Bezirksstellen für den direkten Parteienverkehr unter Einbeziehung der Arbeitslosenversicherung (die begonnene Privatisierung der Arbeitsvermittlung sollte energisch durchgezogen werden), neun Landesstellen für Berufsvorentscheidungen und länderweise unterschiedliche Aufgaben (Gesamtverträge et cetera); eine oder maximal drei Zentralstellen (je nach der optimalen Größe der Verwaltungseinheit) für die einzelnen Sozialversicherungssparten und als organisatorische Klammer den Hauptverband der Sozialversicherungsträger.

3. Laufende Kontrolle der verwaltungsökonomischen Effekte der Umstrukturierung mit dem Ziel, Verwaltungseinheiten in optimaler Größe und Anzahl einzurichten.

4. Sukzessiver Ersatz der Pflichtversicherung durch eine Versicherungspflicht der Begünstigten in einem gesetzlich festgelegten Mindestausmaß unter Wahrung eines beim jeweiligen Versicherer gleichen Leistungsniveaus zu einem für alle Versicherungswerber einheitlichen Preis, beginnend mit der Krankenversicherung und der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, wobei die Weitergabe der dadurch eintretenden Kostenverringerung für die Arbeitgeber an die Arbeitnehmer sicherzustellen ist.

5. Umstellung der Finanzierung aller nicht mit der Arbeit im Zusammenhang stehenden Leistungen auf eine Steuerfinanzierung (zum Beispiel Mitversicherung).

Überdies wird der Bundesminister für Arbeit und Soziales ersucht, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der folgende Veränderungen bei der Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger vorsieht.

Reduktion der Verwaltungskörper auf:

1. einen Vorstand, der sich aus den gewählten Vertretern (fünf Personen bei bis zu 100 000 Versicherten, neun bei bis zu 500 000 Versicherten, bis zu je 100 000 mehr Versicherte eine Person mehr bis zu maximal 15), einem Vertreter der selbständig Erwerbstätigen in den Versicherungsträgern für unselbständig Erwerbstätige (Nominierungsrecht der mitgliederstärksten, bundesweit tätigen Interessenvertretung), dem leitenden Angestellten und einem Vertreter der Beschäftigten des Versicherungsträgers (intern gewählt, je nach dem von der Entscheidung hauptbetroffenen Arbeitsgebiet) zusammensetzt, und

2. einen Kontrollausschuß aus gewählten Vertretern (zwei Personen bei bis zu 100 000 Versicherten, vier bei bis zu 500 000 Versicherten, bis zu je 200 000 mehr Versicherten eine Person mehr bis zu maximal sieben), der die Genehmigung des Rechnungsabschlusses und die Entlastung des Vorstandes vorzunehmen hat,

3. direkte Wahl der Vorstands- und Kontrollausschußmitglieder durch die Versicherten und Leistungsempfänger des jeweiligen Versicherungsträgers in Form einer Briefwahl alle zehn Jahre,

4. Ausschreibung einer Neuwahl vor Ablauf der Wahlperiode, wenn der Bundesminister für Arbeit und Soziales im Rahmen der Aufsicht gravierende Mängel feststellt oder solche bei einer auf Antrag von mindestens 1 Prozent der Versicherten oder Leistungsempfänger verpflichtend vorzunehmenden Prüfung feststellt,

5. Besetzung der Funktion des leitenden Angestellten durch den Vorstand jeweils nur auf maximal zwei Jahre,

6. Funktionsgebühr für die gewählten Vertreter im Vorstand und Kontrollausschuß durch Übernahme des Einkommensausfalls beziehungsweise Ersatz der Kosten für die aufgrund der Funktion nicht erbrachte Arbeitsleistung an den Arbeitgeber und einen Fixbetrag von 3 000 S pro Monat (6 000 S für den Obmann, nicht aber die Stellvertreter), valorisiert nach Verbraucherpreisindex für die echten Mehrkosten,


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7. ausdrückliche Verpflichtung für die Sozialversicherungsträger, nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu agieren,

8. Verpflichtung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, als Aufsichtsbehörde alle Beschlüsse aufzuheben, die gegen diese Grundsätze oder die Rechtsvorschriften verstoßen."

*****

Weiters:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, folgende Maßnahmen zur Sicherung der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandortes Österreich umzusetzen:

1. Aufnahme von Verhandlungen mit allen Gebietskörperschaften, um im Bereich des Anlagenrechtes eine Verfahrenskonzentration, eine Verkürzung der Verfahrensdauer und eine einheitliche Verfahrenspraxis zu erwirken. Darüber hinaus hat die Bundesregierung in diesen Verhandlungen alles zu unternehmen, um eine Zusammenfassung der bisher zersplitterten Sonderverfahrensrechte (zum Beispiel Wasserrechtsgesetz, Gewerbeordnung, Abfallwirtschaftsgesetz) in einem einheitlichen Anlagenverfahrensrecht zu ermöglichen. Weiters sind in diesem Zusammenhang auch alle Maßnahmen zu setzen, um eine Entbürokratisierung und Liberalisierung der Gewerbeordnung zu erreichen.

2. Einleitung aller notwendigen Schritte, um eine Bündelung aller wirtschafts-, technologie- sowie förderungspolitischen Kompetenzen zu erreichen.

3. Schaffung aller Voraussetzungen, um die ,kleine AG‘ und eine Spezialbörse für KMU zu schaffen.

4. Rasche Durchführung der Privatisierung von Unternehmen der öffentlichen Hand (zum Beispiel Austria Tabak, Bank Austria, CA, P.S.K., sämtliche Bundes- und auch Landesanstalten, Bundessportheime, Dorotheum, Salinen, Staatsdruckerei, Flughafen Wien, AUA, Casinos Austria, OMV, VA Stahl, VA Tech, Verbund et cetera).

5. Um entsprechende Geldmittel für die Förderung von Innovation, Forschung und Entwicklung bereitstellen zu können, ist es unabdingbar, daß sämtliche Forschungsförderungsfonds zusammengelegt werden und Teile der Privatisierungserlöse in diesen Forschungsförderungsfonds eingezahlt werden, der in weiterer Folge für die entsprechende finanzielle Ausstattung von österreichischer Forschung und Entwicklung zu sorgen hat. In diesen Fonds hat auch die 23 Milliarden Schilling Pensionsrücklage der Oesterreichischen Nationalbank einzufließen.

6. Alle Forschungsförderungsinstrumentarien sind so umzugestalten, daß eine rasche Erhöhung der F&E-Quote erreicht wird. Dabei ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, daß Industriecluster, Unternehmenskooperationen, wirtschaftsnahe Dienstleistungen und der Technologietransfer an KMU verstärkt gefördert werden. Weiters ist die Förderung von Risikokapitalbeteiligungen an jungen, technologieorientierten Unternehmen auf Kosten der Zinssubventionen zu verstärken."

*****

Weiters:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler, Dipl.-Ing. Prinzhorn und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend folgende Maßnahmen zur Sicherung der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandortes Österreich umzusetzen:

1. Die Teilung der Staatsaufgaben zwischen den Gebietskörperschaften, Bund, Ländern und Gemeinden ist im Wege einer Bundesstaatsreform nach sachlichen Gesichtspunkten neu zu ordnen. Dabei ist als Grundlage das im Oktober 1992 zwischen dem Bundeskanzler als Vertreter des Bundes und dem damaligen Landeshauptmann von Niederösterreich als Vertreter der Länder erzielte Perchtoldsdorfer Übereinkommen als Grundlage heranzuziehen.

2. Es ist eine umfassende Verwaltungsreform einzuleiten, die die Leistungsfähigkeit und die finanzielle Situation der Gebietskörperschaften verbessert und auf diese Weise dazu beiträgt, den Spielraum für öffentliche Investitionen zu verbessern.

3. Die Zuständigkeit der Ministerien ist ausschließlich nach sachlichen Gesichtspunkten und nicht unter dem Gesichtspunkt der politischen Symmetrie neu zu ordnen. Dabei sind Doppelzuständigkeiten weitestgehend zu beseitigen, die Zahl der Ministerien zu verkleinern und die Aufgaben nach Möglichkeit im Interesse der Bürgernähe in die nachgeordneten Dienststellen zu verlagern.

4. Im Rahmen einer umfassenden Aufgabenkritik müssen die Bereiche, die vom Staat allein oder besser besorgt werden können, von jenen getrennt werden, die von anderen Rechtsträgern besser besorgt werden können, und von jenen, die überhaupt entbehrlich sind. Letztere Bereiche sind sodann aus der staatlichen Verwaltung zu entfernen. Es hat somit gleichsam ein ,reinventing government‘ (Neuerfinden des Staates) zu erfolgen.

5. Die beim Staat verbleibenden Bereiche müssen einem umfassenden Bürokratieabbau unterzogen werden. Dabei sind alle bestehenden Organisationen und Regelungen mit dem Ziel einer bürgernahen, raschen, nachfrageorientierten, effizienten und kostengünstigen Verwaltung zu hinterfragen.

6. Der Begriff ,Kostenrechnung‘ darf auch in der Verwaltung kein Fremdwort sein. Für jede Aufgabe der Verwaltung sind die Kosten zu ermitteln, soweit möglich, ein eigener Kosten-Nutzen-Vergleich anzustellen, wobei hierbei sowohl die Personal-, Sach-, Raum-, sonstige Kosten sowie die Verwaltungsgemeinkosten einzubeziehen sind (,lean-management‘).

7. Die Modernisierung der Verwaltung muß einer der Schwerpunkte der Regierungsarbeit sein und erfordert eine klare Zielvorgabe der politisch Verantwortlichen. Ein pauschaler Sparappell oder Sparbeschluß, die Zahl der Bundesbediensteten solle in den nächsten Jahren um einen mehr oder weniger großen Prozentsatz reduziert werden, wie von der derzeitigen Bundesregierung verkündet, ist keineswegs ausreichend. Er verkörpert im Gegenteil exemplarisch die ganze Einfallslosigkeit und Misere der derzeitigen Verwaltungspolitik.

8. Eine umfassende Verwaltungsreform ist ohne eine ernstgemeinte Rechtsbereinigung nicht möglich. Es ist daher erforderlich, die bestehenden Regelungen sowohl in formeller und materieller Hinsicht zu durchforsten, um damit die Übersichtlichkeit zu erhöhen und die Vollziehung zu erleichtern und zu beschleunigen.

9. Leistung muß sich auch in der Verwaltung lohnen. Das gegenwärtige Dienst- und Besoldungsrecht des öffentlichen Dienstes hat sich als äußerst leistungsfeindlich erwiesen. Es muß durch Regelungen abgelöst werden, die echte Leistungsanreize bieten. Auf diese Weise kann die Motivation erhöht und die Produktivität der Verwaltung erheblich gesteigert werden.


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10. Der Bund ist nach wie vor Eigentümer oder Miteigentümer einer Vielzahl von Unternehmen jeglicher Größe und volkswirtschaftlicher Bedeutung, von denen nicht wenige in einem ausgedehnten, geschützten Bereich operieren und die Wettbewerbschancen der übrigen Unternehmen mindern. Es ist erforderlich, durch eine Privatisierungswelle die Marktkräfte zu stärken und die geschützten Bereiche in verstärktem Maße dem freien Wettbewerb zu öffnen."

*****

Herr Präsident! Es sind alle Anträge verlesen.

12.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke der Frau Schriftführerin für die Verlesung der Anträge.

Ich habe festgestellt, daß alle Anträge ausreichend unterstützt sind, und diese Entschließungsanträge werden in die Verhandlungen miteinbezogen.

Es liegt eine Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Haider vor, der eine tatsächliche Berichtigung machen will. Herr Abgeordneter, ich gebe Ihnen das Wort. – Sie haben Ihre Wortmeldung zurückgezogen. – Dann ist als nächster Redner Herr Abgeordneter Dr. Kier gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.18

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema, das wir jetzt zu besprechen haben, und insbesondere die Erklärungen der beiden Regierungsmitglieder berühren uns schon sehr stark, allerdings nicht erst seit heute. Ich möchte gleich eingangs meiner Ausführungen daran erinnern, daß das Liberale Forum zu dem Schwerpunkt, wie wir Dynamik in der Wirtschaft entwickeln können, wie wir die Arbeitswelt neu gestalten können, bereits am 15. Jänner dieses Jahres ein Konvolut an zielgerichteten Anträgen eingebracht hat, die der ausschußmäßigen Beratung harren.

Es war uns klar, daß die Regierungsfraktionen zunächst durch das Zusammenkarren liquider Mittel zur Darstellung eines einigermaßen plausiblen Budgets völlig ausgelastet waren und sich daher diesen unseren Anträgen nicht schon in den zurückliegenden Wochen zugewendet haben. Wir meinen aber, heute ist eine Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß wir nicht auf die heutige Sitzung gewartet haben, um initiativ zu werden, sondern daß wir am ersten Tag dieser Legislaturperiode bereits wesentliche und zielführende Anträge zu diesem Thema eingebracht haben. Ich hatte schon bei meiner letzten Rede hier im Rahmen der Budgetdebatte die Gelegenheit, die Regierung zur Mitarbeit einzuladen. Ab Montag sollten wir beginnen, uns diesen Arbeiten zuzuwenden. Ich bin auch damit einverstanden, wenn es ab heute ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es handelt sich dabei zum Beispiel um unseren Antrag zur Neudefinition des Begriffes "Arbeitnehmer", und zwar zur Findung eines einheitlichen Arbeitnehmerbegriffes, der selbstverständlich enthalten muß, daß auch alle damit verbundenen sozialen Absicherungen neu definiert werden.

Das, was ich hier heute bisher in verteilten Rollen vorgeführt bekommen habe, war einerseits – da gebe ich dem Herrn Bundesminister Ditz recht – das Herbeireden einer Krise, andererseits aber – und das finde ich schade – eine Art Gesundbeten von der Regierungsbank aus. Das waren auch nur Ankündigungen; Ankündigungen sind zwar hilfreich, aber sie verlieren mit zunehmender Zeit ihr Gewicht und ihre Glaubwürdigkeit, weil diese Regierung zwar nicht in identischer, aber annähernd gleicher Zusammensetzung seit annähernd neun Jahren amtiert.

Daher frage ich: Was hat die Regierung in den letzten neun Jahren getan, wenn sie uns heute Dinge ankündigt, die teilweise so selbstverständlich sind, daß sie schon längst hätten gemacht sein sollen? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist nichts Innovatives auf den Tisch gekommen. Am besten kann ich das vielleicht einmal daran festmachen, daß schon der Befund nicht wirklich stimmt. Natürlich ist es richtig, daß sich


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die Zahlen der Arbeitslosenstatistik in Österreich, verglichen mit dem EU-Durchschnitt, verglichen mit denen der USA in absoluten Prozentzahlen sogar sympathisch ausnehmen: Man muß natürlich froh sein, wenn man nur eine Arbeitslosenrate von 4 Prozent hat, während es im EU-Durchschnitt 11 Prozent sind. Aber das ist eine statische Betrachtungsweise. Wenn man das dynamisch sieht, bemerkt man, daß außer in Österreich und in Griechenland in allen EU-Staaten der Trend sinkend ist. In Österreich und in Griechenland ist der Trend in bezug auf die Arbeitslosigkeit steigend. Das ist das eigentliche Problem!

Da beruhigt es mich nicht, daß der Ausgangswert zwar derzeit noch relativ niedrig ist, der Trend aber steigend ist. Und es kommt bitte mindestens so sehr auf den Trend wie auf die absoluten Zahlen an. Daher meine ich: Man darf sich eben nicht zurücklehnen und sagen: Wir haben 20 000 Arbeitsplätze mehr im Vergleichszeitraum, wie Herr Bundesminister Hums das gesagt hat. Das ist zwar eine objektive Tatsache, aber auch wieder statisch betrachtet, denn parallel dazu ist das Arbeitskräfteangebot gestiegen, und zwar überproportional – daher haben wir eine steigende Arbeitslosigkeit.

Es kann nicht darum gehen, daß wir für jene Menschen, die heute schon in Arbeit stehen, das einigermaßen absichern, und jene, die vielleicht vorübergehend aus dem System fallen, wieder hereinholen, sondern wir müssen erkennen, daß wir mit wachsenden Arbeitsmärkten konfrontiert sind. Ich mache nur einen kleinen Eintrag: Wenn sich erst einmal das, was wir im Bereich der Frauenemanzipation zu entwickeln haben und wo wir in Österreich weit hinten sind, positiv entfalten wird, dann wird das gleichzeitig bedeuten, daß das Arbeitskräfteangebot insgesamt steigen wird. Das müssen wir positiv sehen – und auch positiv darauf reagieren. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die ganze Ratlosigkeit beider Herren aus der Bundesregierung hat sich meiner Ansicht nach am Begriff "Lohnnebenkosten" deutlich gemacht. Auf der einen Seite hat Herr Bundesminister Ditz in einem Halbsatz betont: Unnötige Lohnnebenkosten sind zu senken. Vorsichtshalber hat er es aber unterlassen, irgendwelche bestimmte Lohnnebenkosten beim Namen zu nennen. Er hat also nur gemeint: "unnötige senken". Das ist eine Leerformel, nicht ergiebig, und ich frage mich, warum der auch für das Energiewesen zuständige Herr Bundesminister nicht sofort zu Überlegungen hinsichtlich der endlich aufzugreifenden ökologischen Steuerreform gefunden hat, sodaß sich selbstverständlich – und das ist ja Stand der Diskussionstechnik – Lohnnebenkostensenkungen gegen Energiesteuern aufkommensneutral aufheben.

Die Bundesregierung hat jetzt in einem einseitigen Schritt ausschließlich Energiesteuern angehoben, ohne Lohnnebenkosten zu senken. Das kann es doch nicht gewesen sein. Ich hätte mir mindestens die Ankündigung erwartet, daß in der von uns beantragten Enquetekommission einerseits eine echte Diskussion stattfindet und daß man den Unternehmen und auch den Arbeitnehmern mitteilt, daß man sich ganz fest vornimmt, in spätestens zwei Jahren eine ökologische Steuerreform durchgeführt zu haben. Daß man heute in Kauf nimmt, zur Sanierung des Budgets vorübergehend Mehreinnahmen zu brauchen, wäre eine ehrliche Aussage der Regierung, aber man sollte dazusagen, daß man in spätestens ein oder zwei Jahren mit der Senkung der Lohnnebenkosten beginnen wird, nachdem man die Einnahmen schon gesichert hat, die das ermöglichen sollten, nämlich die Energiesteuer. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Selbstverständlich liegt auch zu diesem Punkt seit 15. Jänner dieses Jahres ein entsprechender Antrag des Liberalen Forums in diesem Haus und harrt der Diskussion und Bearbeitung in den zuständigen Ausschüssen. Wenn aber gleichzeitig Bundesminister Hums in der Wortmeldung nach Herrn Bundesminister Ditz ausführt, die Lohnnebenkosten sind der einzige Garant für die soziale Sicherheit, dann sehen Sie, daß die Bundesregierung da im Kreis geht und noch nicht einmal ansatzweise die Idee entwickelt wurde, daß man vielleicht soziale Sicherheit auch anders finanzieren kann als ausschließlich über Lohnnebenkosten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Natürlich wird es dann dabei darauf ankommen, daß man einen neuen Sozialkontrakt schließt, daß man die Solidarität wirklich wieder belebt, statt sie durch Bürokratie zu ersticken, daß man den Menschen sagt, was man wirklich erreichen will, daß man sich dazu bekennt, in einer Gesellschaft zu leben, in der niemand, aber wirklich niemand im Stich gelassen werden soll –


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und daß man sich darum bemühen muß, für jeden Menschen in diesem Lande eine Grundsicherung herzustellen, denn reich genug hierfür ist Österreich. Wir sind nur phantasielos, wenn wir das nicht tun. Das würde sowohl für soziale Sicherheit, für Stabilität als auch für demokratiepolitisch ruhige Zustände sorgen.

Das sind drei Parameter, die auch – mein Kollege Helmut Peter wird sicher noch darauf eingehen – für einen Wirtschaftsstandort nicht ganz ohne Bedeutung sind. In diesem Punkt sind wir uns ja mit den plakativen Aussagen der Mitglieder der Bundesregierung wohl einig, nur: Wir sind nicht der Meinung, daß das, was die Bundesregierung tut, wirklich Anlaß ist, optimistisch zu sein, und zwar gleichgültig, ob man Arbeitnehmer oder Arbeitgeber ist.

Daher glaube ich: Wenn man sich nicht entschließt, wirklich neue Finanzierungsmöglichkeiten aufzuschließen für das, was wir als soziales Netz unbedingt brauchen, was für uns unverzichtbar ist, und immer nur an den Lohnnebenkosten hängen bleiben wird, dann wird der eine Minister sagen, unnötige Lohnnebenkosten senken – ohne zu sagen, welche –, und der andere wird nichts anderes sagen können als: die Lohnnebenkosten sind unverzichtbar, denn sie sind der Garant für die soziale Sicherheit.

Da kommt es dann zu Ungereimtheiten: Staatssekretär Schlögl schlägt "Sonntagsjahre" vor, eine Forderung, die wir sehr begrüßen, die vollkommen in unseren Vorschlägen zur Flexibilisierung der Arbeitswelt, zur Flexibilisierung der Arbeitszeitgestaltungen enthalten ist. Damit wollen wir endlich erreichen, daß die Menschen die Arbeitszeit, die sie zu leisten bereit oder in der Lage sind, selbst wählen können – und nicht, daß sie ihnen zugeteilt wird in der Art der Brotkarten der unmittelbaren Nachkriegszeit.

Staatssekretär Schlögl also schlägt diese Sonntagsjahre vor, aber er vergißt dazuzusagen, daß das nur im Rahmen einer Gesamtreform im öffentlichen Dienst durchführbar ist, wobei man ja auch den Versetzungsschutz relativieren, neue Zugänge zur Pragmatisierung schaffen, Arbeitsplatzbeschreibungen neu definieren muß, denn sonst schafft man mit dem Modell von Staatssekretär Schlögl – vier Jahre arbeiten, ein Jahr frei, bei 80 Prozent durchgezahlten Löhnen – eine Gruppe von Parias: Es muß nämlich dann Springer geben, die für diese Jahre einspringen. Das sind dann sozusagen, um ein Bild aus der Justiz zu nehmen, die Sprengelrichter auf Lebenszeit.

Das wäre aber ganz, ganz schlecht: Da haben wir dann die glücklich Besitzenden, die jetzt schon im öffentlichen Dienst sind, die diese "Sonntagsjahre" machen können – und diese Lückenbüßer auf der anderen Seite, die in diesen Zeitlücken arbeiten. So beliebig geht das nicht, daß einer einfach ein Jahr lang weg ist, außer – und das wäre immerhin interessant – es stellt sich heraus, daß er, obwohl er ein Jahr lang weg war und kein Ersatz gefunden wurde, eigentlich gar niemandem gefehlt hat. Dann wäre er vielleicht überhaupt überflüssig. Das wäre schon möglich! (Abg. Ing. Reichhold: Genau!)

Aber dann kann man sich wieder nur helfen, wenn man ihn nach seiner Rückkehr – bei aufgehobenem Versetzungsschutz – woanders einsetzen kann. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zur Überstundendiskussion: Die Bundesregierung hat bei den Überstunden eine Regelung gefunden, wo sie eine bestimmte untere Betragsgrenze aus der Versteuerung heraußenläßt. Sie ist offenbar der Meinung, das ist Sozialpolitik, Umverteilungspolitik oder was immer.

Kollege Haider hat sich darüber alteriert, daß die Menschen, die Überstunden leisten, so schlecht behandelt werden, und er meinte, daß leistungswillige Menschen so zu Schaden kommen. – Ich sage Ihnen: Das, was wir jetzt machen, ist ein negativer Lenkungseffekt. Wir machen Überstunden so billig, daß sie tatsächlich andere Arbeit verdrängen. Diese Überstunden tragen keine sozialen Lasten mehr; sie sind bereits als Grenzstunden kalkulatorisch viel günstiger.

Der Weg muß ein umgekehrter sein. Man muß sich ernsthaft überlegen: Sind nicht möglicherweise einerseits die Überstundenzuschläge zu niedrig, weil deswegen leichtfertig Überstunden angeordnet werden, und könnte man sie dafür – wenn man sich dazu finden kann, die Über


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stundenzuschläge anzuheben – nicht aber auch voll und ganz normal besteuern, denn das wäre doch gerechter? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Dann würden zwar Überstunden nicht unterbleiben, aber es würde sie wirklich nur mehr dort geben, wo es aus ganz bestimmten Gründen sinnvoll und richtig ist. Das Ganze bitte – um nicht mißverstanden zu werden – selbstverständlich vor dem Hintergrund einer flexiblen Gestaltung der Arbeitszeiten mit Jahreszeitendurchrechnungen und mit einer Lebbarkeit von Wahlarbeitszeiten, das heißt von Arbeitszeiten, die nicht im starren Schema irgendeines fiktiven Vollarbeitszeitverhältnisses laufen.

Daß das alles nicht ohne sozial flankierende Maßnahmen geht, daß es nicht geht, einfach in Kauf zu nehmen, daß zwar geringfügig beschäftigte Menschen ein Einkommen erzielen, davon aber nicht leben können – die USA führen uns das in einem Teilsegment vor; in einem anderen Teilsegment sind sie sehr erfolgreich, auch bei hochwertigen Arbeitsplätzen –, sei nur der Vollständigkeit halber von mir erwähnt.

Auch aus diesem Grund haben wir Überlegungen angestellt. Man muß eben die Arbeitslosigkeit neu definieren. Das wären die eigentlichen Aufgaben, die die Bundesregierung jetzt zu lösen hätte. Solange man sich jedoch immer nur sozusagen im Kreise derer bewegt, die schon einmal Arbeit hatten, und alle anderen, die zwar eine Ausbildung haben, aber vielleicht den Arbeitsmarkt nie wirklich erfolgreich betreten können beziehungsweise verlangsamt oder nur sehr schwer, solange man also diese draußen läßt, sind natürlich auch die statistischen Zahlen automatisch geschönt, denn dann werden all diejenigen, die vorher nie einen Arbeitsplatz hatten, nicht mitgezählt. Dann sind eben 4 Prozent an Arbeitslosenrate bei uns deswegen so niedrig und in anderen Ländern die 11 Prozent deswegen höher, weil es dort vielleicht eine höhere Fluktuation gibt, sodaß eben einfach mehr Menschen in dieser Statistik erfaßt sind und die Arbeitslosigkeit dort sichtbarer als bei uns ist; bei uns ist sie halt versteckt.

Ich glaube, man macht einen schweren Fehler, in einer solchen Situation die Arbeitslosenrate in der Statistik zu schönen. Jene Menschen, die arbeitslos sind, wissen, daß sie keine Arbeit haben und können überhaupt nicht damit getröstet werden, daß sie nur ein Teil von veröffentlichten 4 Prozent sind. Das sind doch alles Einzelschicksale, das sind Menschen möglicherweise mit Familie, mit Sorgepflichten und auch mit einem zunehmend angeschlagenen Selbstbewußtsein, mit psychischen Problemen.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die jetzt wirklich schon zur Zeitgeschichte gehörende Studie von Marienthal. – Ich fürchte jedoch, sie ist in Vergessenheit geraten. – Es ist eine der politischen Aufgaben, Rahmenbedingungen herzustellen, in denen sich die Wirtschaft erfolgreich entfalten kann, weil das auch gleichzeitig Nachfrage nach Arbeit bedeutet, sodaß sich die Menschen an ihren Arbeitsplätzen entfalten und deswegen zum Beispiel die Menge der von ihnen zu leistenden Arbeitszeit selbst wählen können.

Das alles setzt jedoch voraus – das sage ich, um jetzt nicht mißverstanden zu werden –, daß eine sozialpartnerschaftliche Gesinnung einkehrt, die nicht "Pfründe", die nicht "starre Strukturen" heißt, sondern daß man sich um die Anliegen der Menschen wirklich bemüht – und auch bitte vor Ort geht. Das habe ich nur deswegen erwähnt – obwohl das für Liberale selbstverständlich ist –, damit mir nicht jemand das Wort im Mund verdreht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich habe bereits vorhin erwähnt, daß es sinnvoll wäre, sich auch einer Wahlarbeitszeit zu nähern, was bedeuten kann, ja sogar bedeuten sollte, daß es zu Beschäftigungsverhältnissen kommt, die für sich alleine genommen nicht ausreichen, das ordentliche Fortkommen dessen, der diese Arbeit leistet, zu sichern, und daß man daher vielleicht den Begriff "Teilarbeitslosigkeit" definieren sollte, wenn es Wahlarbeitszeiten gibt, die letztlich dann Teilarbeitszeiten sind. Und das ist überhaupt nicht utopisch, denn in der Schweiz etwa findet das seit Jahr und Tag statt. Dort bekommt jemand, der eine Beschäftigung findet, die nicht im Sinne dessen ausreicht, was ich vorher ausgeführt habe, Zuzahlungen. Diese Zuzahlungen sind geringer als das, was man an ihn zahlen müßte, wenn er völlig arbeitslos wäre, sind aber so hoch, daß er mit dem, was er


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geringfügig plus Zuzahlung verdient, mehr hat, als wenn er nur Arbeitslosengeld beziehen würde.

Die Schweiz ist für mich frei vom Verdacht, da irgendwelchen Sozialutopien nachzuhängen. Da gibt es aber offensichtlich einen anderen mitmenschlichen Zugang in der Schweiz, auch einen rationalen Zugang – und möglicherweise auch einen, bei dem nicht durch überwuchernde Sozialbürokratie der Blick für die Realität verlorengegangen ist.

Daher kann mich auch nicht trösten, wenn Herr Bundesminister Hums hier ausgeführt hat, es werden mehr Mittel für die Beschäftigungspolitik eingesetzt. Wir können das nicht erkennen, wir sehen nichts von diesem Mehr an Mitteln, sondern nur eine Fülle von Budgetpositionen, die eigentlich am falschen Platz stehen und hin- und hergeschoben werden.

Ich hatte in diesem Haus bereits einmal Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß eine Mehrzuwendung von 4,7 Milliarden Schilling an die AMS letztlich kompensiert ist durch Zahlungen der AMS an den Ausgleichsfonds der Pensionskassen von 4,9 Milliarden Schilling. Natürlich kann man sagen, wir haben hier 4,7 Milliarden Schilling dazugegeben, und das sind jetzt mehr Mittel, aber wenn man genau rechnet, sieht man, daß das nicht stimmt. Möglicherweise sind damit EU-Förderungen gemeint, aber sind nicht beim Namen genannt worden. – Es sind das also eigentlich nur Leerformeln.

Ich habe mich zuvor auseinandergesetzt mit dem Vorschlag des Herrn Schlögl bezüglich "Sonntagsjahr", ein Vorschlag, den ich vom grundsätzlichen Ansatz her – ich sage das noch einmal – begrüße, nur meine ich, daß das so punktförmig ist, daß das nicht funktionieren wird. Es gehört eine Gesamtreform des Arbeitsrechtes dazu, insbesondere des Beamtendienstrechtes und eine Angleichung aller Dienstnehmerrechte. Es ist jedoch besonders fatal, wenn man in der Zeitung liest, daß das, was den Beamten im heurigen und im nächsten Jahr als einmalige Abgeltung im Rahmen der Verhandlungen eingeräumt wurde – offenbar auf Wunsch und nach dem Willen des Herrn Dohr, des Vorsitzenden der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst –, von Zahlungen an die Sozialversicherung freigestellt wurde.

Also, was waren das jetzt für Zahlungen? – Waren das einmalige Zuzahlungen zu den Gehältern, also Löhne, also sozialversicherungspflichtig, oder waren das sozusagen einmalige Geschenke an die Beamten, damit sie ruhig sind, und waren das keine Löhne? Was war das jetzt? Steuerpflichtig ist es, habe ich mit Interesse gelesen. Immerhin! Man könnte auch sagen, die Republik zahlt jetzt ab sofort brutto für netto aus, weil die Steuern kassiert sie ohnehin wieder selber, also welchen Sinn macht das. – Das hat man zwar nicht gemacht, aber es wurden diese einmaligen Zahlungen sozialversicherungsfrei gestellt. Und das bitte vor dem Hintergrund, daß man im Bereich der Werkverträge – jetzt wende ich mich einmal dem Teil zu, bei dem kassiert wird – kassiert, und zwar auch dann, wenn man den Leuten einerseits noch nicht einmal sagen kann, welche sozialen, welche zeitabhängigen Rechte sie damit erwerben, man sich aber andererseits sofort beeilt, einen ganz großen Brocken, nämlich die bekanntlich freie Unternehmer seienden Zeitungskolporteure von dieser Regelung auszunehmen. Es werden Zeitungskolporteure aus Gründen der Opportunität davon ausgenommen. Es werden diese Sonderzahlungen an die Beamten aus Gründen der Opportunität sozialversicherungsfrei gestellt. Und das Ganze läuft unter der Überschrift "Wir müssen gemeinsam solidarisch sein". (Abg. Dr. Frischenschlager: Rechtstaat!) Das Ganze läuft unter der Überschrift "Rechtstaat". Das ist doch mindestens gleichheits- und daher jedenfalls verfassungswidrig. Aber das scheint Sie nicht zu stören! Sie haben wohl die Hoffnung, das wird niemand merken. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Gegen Ende meiner Ausführungen zitiere ich jetzt aus einem hier schon längst eingebrachten – aber noch der Bearbeitung harrenden – Entschließungsantrag unserer Partei, der sich mit der Angleichung der Rechte für alle unselbständig Erwerbstätigen befaßt, selbstverständlich bis hin zur Pensionsreform und selbstverständlich einschließlich der Sozialversicherungsseite, wobei wir der Meinung sind, daß Reform da dringend not tut, weil eben diese Systeme an den Grenzen ihrer Finanzierbarkeit angelangt sind, sodaß man bereits anfängt, das Geld mit Gewalt hereinzukarren – siehe etwa den Versuch, die Rezeptgebühren anzuheben und so weiter.


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Wir möchten die Bundesregierung mit diesem Entschließungsantrag gerne auffordern – dieser muß erst abgestimmt werden –, daß gemeinsam ein Operationskalender ausgearbeitet wird, ausgehend von einer neuen Definition der Erwerbsarbeit und so weiter.

Ich glaube, das wäre auch die einzige seriöse Möglichkeit, das Problem zu lösen. Ich wünsche und erwarte mir, daß endlich die Diskussion über diese konstruktiven Anträge beginnt – endlich, denn sie liegen bereits seit 15. Jänner dem Haus vor –, und daß man sich endlich dazu bekennt, daß solche Projekte, wie etwa ein neuer Sozialkontrakt, eine Neuordnung der unselbständigen Erwerbsarbeit, eine Neuordnung der Pensionssysteme in Angriff zu nehmen sind.

Selbstverständlich erwartet niemand – auch wir nicht –, daß ein Bundesminister plötzlich sagt: So, jetzt habe ich hier die Lösung, und die Mehrheit wird es diskussionslos beschließen! – Diese Dinge werden in Diskussionen erarbeitet werden müssen, denn wir werden auch die Bevölkerung davon überzeugen müssen, daß das gut ist. Es wird das aber nicht für alle Verbesserungen bringen, sondern es wird nur hoffentlich viel gerechter sein, als das jetzt der Fall ist. Daher erwarten wir uns von einer Bundesregierung, die sich und das Parlament ernst nimmt, daß sie uns einen Operationskalender vorlegt.

Wir sind nicht so naiv, zu meinen, Sie können alles aus dem Taschl ziehen. Offenbar haben Sie in den letzten neun Jahren mit der Bearbeitung nicht begonnen. Das ist erkennbar. Aber wenn man das seit neun Jahren nicht bearbeitet hat, heißt das ja nicht, daß man das auch die nächsten vier Jahre nicht tun sollte.

Wir meinen, ein Parlament, das sich selbst ernst nimmt, würde mit offener Hand auf die Regierung zugehen, und zwar meine ich damit auch die Abgeordneten der Regierungsparteien, die sich auch als Parlamentarier sehen und diesen kontradiktorischen Arbeitsprozeß ernst nehmen sollten. Sie sollten nicht darauf warten, welche Regierungsvorlagen eingebracht werden, sondern sie sollten hier in eine gemeinsame Diskussion treten. Wenn das, nämlich dieser Zugang zum Parlamentarismus, der auch unser Zugang ist, wieder mehrheitsfähig würde in diesem Haus, dann könnten wir auch leichter mit der Zweidrittelmehrheit der Regierungsfraktionen umgehen. Denn dann würden Sie nicht das tun, was Sie in den letzten Wochen unter der Ausrede "Zeitdruck" getan haben, nämlich einfach Absicherungsbeschlüsse in Form von Zweidrittelgesetzen fassen. Dann käme es vielleicht zu annähernd einstimmigen Gesetzen in diesem Haus. Bei diesen Themen wäre das wichtig. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Verzetnitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

12.41

Abgeordneter Fritz Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Arbeit für Österreich – ein an und für sich richtiges und wichtiges Thema, aber es wäre falsch, würden wir nur zuwarten, bis es eine Sondersitzung darüber gibt, um uns in der Praxis damit auseinanderzusetzen.

Vor wenigen Tagen sind hier im Nationalrat Gesetze – mit unterschiedlichen Mehrheiten – beschlossen worden, die genau zu diesem Thema praktische Antworten geben und beweisen, daß wir nicht zuwarten. Denken Sie an das Bauinvestitionsprogramm, denken Sie an das Investitionsprogramm im Zusammenhang mit dem gesamten Verkehrswesen. Darin werden durch die Bundesregierung, wie das auch die beiden Bundesminister dargestellt haben, konkrete Maßnahmen nicht nur angesprochen, sondern auch umgesetzt. Das können Sie zum Beispiel beim Bauinvestitionsprogramm sogar für jede einzelne Maßnahme nachvollziehen. Ist also beweisbar, ist vorhanden.

Es ist dabei aber auch zum Vorschein gekommen, daß nämlich in vielen Bereichen immer gesagt wird, man würde, man könnte ja, aber dann, wenn etwas realisiert werden soll, merkt man plötzlich, daß nicht einmal noch die Planungsphase abgeschlossen ist. Ich erwarte mir von den Verantwortlichen in den Ländern, in den Regionen, daß sie die Bemühungen der Bundesregie


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rung und auch des Nationalrates rasch unterstützen, damit die geplanten Maßnahmen auch tatsächlich wirksam werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Mein Vorredner hat bemerkt, daß Bundesminister Hums nicht flexibel genug sei, wenn ich das so definieren darf, was die Lohnnebenkosten betrifft. Ich habe sehr genau zugehört, was Bundesminister Hums gesagt hat. Er hat gesagt, er sei für eine Änderung der Lohnnebenkosten, wenn die soziale Sicherheit gewährleistet ist und deren Finanzierung durch andere Töpfe nicht in Frage gestellt wird. Daher sollte man hier, so glaube ich, nicht dem Minister unterstellen, nicht die nötige Flexibilität zu haben.

Genauso hat es auch Herr Abgeordneter Haider in seiner Wortmeldung gemacht. Er hat hier angegriffen und gesagt, das Arbeitsmarktservice verwalte nur die Arbeitslosen. Herr Kollege Haider! Die Entwicklung der letzten Jahre hat sehr deutlich gezeigt, daß das Arbeitsmarktservice weit entfernt ist von der reinen Verwaltung, hin zu einer Frage ... (Zwischenruf des Abg. Meisinger. ) Das brauchst du nur in deinem Betrieb zu überprüfen, lieber Freund. In deinem eigenen Betrieb kannst du das überprüfen. Wenn du mit den Arbeitnehmern redest, wirst du draufkommen, daß das Arbeitsmarktservice in Form von Arbeitsstiftungen und Qualifizierungskursen, die es den Arbeitnehmern anbietet, weit mehr macht als nur zu verwalten, wie Sie es hier immer darzustellen versuchen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wird vom Abgeordneten Haider kritisiert, daß der Jugend im öffentlichen Dienst keine Chance mehr gegeben wird. Da kann ich auch nur wieder in Erinnerung rufen: 1994: Programm der Freiheitlichen Partei, Punkt 17: kein Ersetzen des natürlichen Abganges im öffentlichen Dienst. (Abg. Dr. Haider: Die Jugendarbeitsplätze habt ihr gestrichen!) Wie soll denn das funktionieren, Herr Kollege Haider? Auf der einen Seite sagen Sie: Beamtenstopp, keine Neuaufnahmen, aber auf der anderen Seite kritisieren Sie, daß jungen Menschen kein Zugang zum öffentlichen Dienst ermöglicht wird.

Durchrechnungszeitraum bei Arbeitszeiten – Punkt 11 des FPÖ-Programmes. Auf der einen Seite wird kritisiert, daß eine Jahresbeschäftigung ermöglicht wird, auf der anderen Seite wird das aber von der FPÖ selbst verlangt.

Gemeinnützige Pflichtarbeit – Punkt 2 desselben Programmes.

Senkung der Kollektivvertragsmindestlöhne – Punkt 3 desselben Programmes. (Abg. Dr. Haider: Der Staat soll den Ausgleich finanzieren!) Ja, der Staat soll es finanzieren, steht drinnen.

Im Kreis der FPÖ-Abgeordneten sitzt ein Abgeordneter Prinzhorn, der im eigenen Bereich ja auch nicht gerade zu jenen zählt, die hohe Löhne zahlen und hohe Sozialleistungen bieten. Es ist da in Wirklichkeit ganz etwas anderes angesagt. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber, meine Damen und Herren, wenn man auch hier wieder in den Reden die Flexibilisierung beklagt, dann, so meine ich, kann man auch das neueste Programm heranziehen, zum Beispiel Punkt 2.5: Mehr Zeitautonomie für die Betriebe. – Kollege Blünegger! Was heißt denn das konkret für einen Arbeitnehmer, wenn die Zeitautonomie ausschließlich der Betrieb festsetzt? Ist das das Programm, das Sie unter Flexibilisierung verstehen? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Oder: flexible Arbeitszeitregelungen in Punkt 2.7. – Ich bin der Überzeugung, ehrliche Arbeitsbedingungen sind angesagt für ehrlich arbeitende Menschen, aber nicht Polemik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man sich die FPÖ-Programme der letzten Jahre ansieht, kann man meiner Meinung nach an der Feststellung nicht vorbei: Das Drehbuch wird zwar immer umgeschrieben, aber der Film bleibt gleich, die Schauspieler bleiben gleich – und auch der Regisseur ist derselbe.

Das FPÖ-Sparpaket 1994 schlägt vor: 60 Milliarden Schilling Einsparungen, Einführung einer Energiesteuer, die 27 Milliarden Schilling bringen würde, Einsparungen im Lohnsteuerbereich. Das tatsächlich durchgerechnete Modell hätte bedeutet, daß nicht neue Arbeitsplätze geschaf


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fen worden wären, sondern daß allein im Landwirtschafts- und Gewerbebereich rund 150 000 Arbeitsplätze bei Realisierung dieses Modells verschwunden wären. – 1994!

Das Wirtschaftskonzept der FPÖ im Wahljahr 1995: Unternehmeroffensive, insbesondere Klein- und Mittelbetriebe sollen gefördert werden. Einige Monate vorher von der FPÖ ganz anders dargestellt.

So kann man es weiter fortsetzen: "Bündnis für Arbeitsplätze" der Freiheitlichen Partei. Der gemeinsame Nenner dieses Programmes, auch durchaus diskutierbar: Nach Auffassung der Freiheitlichen Partei sind die zu hohen Löhne der Arbeitnehmer und auf der anderen Seite die zu niedrigen Gewinne der Unternehmer schuld. (Abg. Dr. Haider: Habt ihr dagegengestimmt?) Abhilfe will die Freiheitliche Partei durch Umverteilung von unten nach oben, aber nicht von oben nach unten schaffen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Herr Präsident! Du bist kein Analphabet!)

Man kann das fortsetzen mit dem neuesten Programm der Freiheitlichen Partei. Die Steuerauswirkung des FPÖ-Vorschlages 1996: Senkung des Höchststeuersatzes von 50 auf 38 Prozent. – Lieber Kollege Haider! Das kostet ja "nur" 12 Milliarden Schilling... (Abg. Dr. Haider: Ein Gewerkschaftspräsident, der keine Vorschläge für die Arbeitsplatzsicherung hat! Das ist einmalig!) 12 Milliarden Schilling kostet das!

Die Senkung der Mindestkörperschaftsteuer von 50 000 auf 15 000 S (weitere Zwischenrufe des Abg. Dr. Haider ) – zuhören, Kollege Haider, zuhören! – kostet weitere 800 Millionen Schilling. Es ist nicht angenehm, wenn man sich mit den Programmen im Detail auseinandersetzt und nicht nur auf Überschriften reagiert. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zu den Sozialversicherungsanstalten. Ich bin sicher, daß noch einige Redner auf dieses Thema eingehen werden. Ich will hier klar und deutlich feststellen: Der Verwaltungsaufwand der Sozialversicherungsträger macht 3 Prozent aus. (Abg. Dr. Haider: Frau Krammer hat ganz anders geredet!) Ich gehe auf die Ausführungen meines Vorredners ein und nicht nur auf die Überschriften. Der Verwaltungsaufwand macht 3 Prozent aus. (Abg. Dr. Haider: Du verteidigst schon wieder die Bürokratie!) Die 1 169 deutschen Versicherungsanstalten haben 17 Prozent Verwaltungsaufwand. Wenn wir über Verwaltungsaufwand reden, dann überlege einmal, was es kostet, wenn mehr Versicherungen in einen Wettbewerb eintreten.

Meine Damen und Herren! Wenn es um Arbeitsplätze geht, dann sollte man sich auch mit dem aktuellen Arbeitsmarkt auseinandersetzen. Ich habe heute früh den Versuch gemacht, mit zwei prominenten Mitgliedern dieses Hohen Hauses auf Arbeitssuche zu gehen. Dr. Haider, von seiner Ausbildung her Jurist, würde zurzeit in Wien zwei offene Stellen vorfinden. Gesucht werden ein Referent für Frauenförderungsangelegenheiten, Gleichbehandlungsfragen im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und ein Hausjurist bei einer Baugesellschaft. Das einzige Problem dabei ist, daß Kollege Haider als Jurist in seinem geliebten Kärnten keinen Arbeitsplatz finden würde. (Abg. Dr. Haider: Ich suche auch keinen!)

Präsident Maderthaner, der als Elektrotechniker in Wien fünf offene Stellen vorfinden würde, hat leider das Problem – und das ist ein Problem, das wir gemeinsam bewältigen müssen –, daß er zu alt ist für diese Arbeitsplätze, da er das 50. Lebensjahr bereits überschritten hat. (Abg. Dr. Graf: Den nimmt keiner mehr!) In Amstetten, in seiner Heimatgemeinde, gibt es überhaupt keinen Arbeitsplatz für einen Elektrotechniker, auch in St. Pölten nicht.

Das sind die Probleme, die wir heute auf dem Arbeitsmarkt vorfinden, meine Damen und Herren. Sie mögen nicht angenehm sein, sind aber Tatsache.

Wenn der Satz stimmt, daß nur Unternehmer Arbeitsplätze schaffen, dann frage ich mich, wo diese sind und wo die Zukunftskonzepte der Unternehmer sind, die sozial verträgliche und existenzsichernde Arbeitsplätze schaffen. Oder trifft da tatsächlich der Satz zu: "Daß der Arbeiter für seine Arbeit auch einen Lohn haben muß, ist eine Theorie, die heute allgemein fallengelassen worden ist."? – Das hat Kurt Tucholsky schon 1931 gesagt. Das sollte allerdings


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nicht die heutige Devise sein. (Abg. Dr. Haider: Peinlich, daß der Gewerkschaftspräsident keine Ideen hat!)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, man sollte sich auch mit der heute schon mehrfach angesprochenen Frage der Lohnnebenkosten auseinandersetzen. Es wurde in der vergangenen Woche von der Wirtschaftskammer eine schwedische Untersuchung betreffend die österreichischen Lohnnebenkosten zitiert. Es ist bedauerlich, daß man jetzt wieder versucht, obwohl wir uns vor zwei Jahren in der Frage der Lohnnebenkosten geeinigt haben, den Eindruck zu vermitteln, daß die österreichischen Lohnnebenkosten wesentlich höher als in allen anderen Staaten seien. Der 13. und 14. Monatsgehalt zählen im internationalen Rahmen nicht zu den Lohnnebenkosten.

Wenn wir mit den Schweden konkurrierten, Kollege Maderthaner, dann würden sich die österreichischen Arbeitgeber wahrscheinlich schön bedanken, wenn sie statt 27 Prozent an Sozialabgaben 35 Prozent leisten müßten und der Rest über das Budget finanziert ist. Der Arbeitnehmer müßte auch mit 6 Prozent Belastung im Sozialbereich auskommen. (Abg. Dr. Haider: Da hast du recht!)

Ich meine also, daß es nur dann sinnvoll ist, über die Lohnnebenkosten im Zusammenhang zu sprechen, wenn man auch alles andere miteinbezieht. Da ist es eben eine Tatsache, daß die Lohnstückkosten in Österreich im Vergleich mit jenen unserer Haupthandelspartner günstiger sind als vor zwei Jahren. Daher sollten wir die Debatte unter anderen Voraussetzungen führen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist eine Tatsache, daß wir immer mehr auch einer internationalen Entwicklung in Österreich entgegentreten, die der amerikanische Sozialminister als "überzogene Wallstreet-Gesinnung" dargestellt hat, wo in Wirklichkeit nur mehr der Börsenwert eines Unternehmens im Vordergrund steht. Das ist in der "Neuen Zürcher Zeitung", die sicherlich nicht ein arbeitnehmerfreundliches oder sozialdemokratisches Organ ist, am 20. April dieses Jahres nachzulesen, wo über die Entwicklung des Arbeitsmarktes in der Welt, besonders aber in Europa geschrieben wird. Es ist nicht erklärlich, daß ein Generaldirektor eines Unternehmens wie AT&T durch die Ankündigung, daß er 40 000 Arbeitnehmer freisetzen wird, den Aktienkurs so in die Höhe schnellt, daß er selbst 160 Millionen Schilling Gewinn für das Jahr 1995 auf sein Konto gutschreiben konnte. – Das ist die Wallstreet-Gesinnung, die abgelehnt wird.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen eine Änderung dahin gehend, daß neben den Aktienkursen, neben den Aktionären auch die Interessen der Arbeitnehmer und Kunden sowie der Gesellschaft als Ganzes berücksichtigt werden. Ich glaube, daß alles andere eine falsche Entwicklung wäre.

Wir erleben es aber auch europaweit – das wurde auch hier im Hohen Haus angesprochen –, daß mit einer blinden Deregulierung versucht wird, da oder dort dem Problem Wirtschaftsentwicklung Herr zu werden. Ich bin eigentlich froh darüber, daß die EU-Kommission vor wenigen Wochen in einem Bericht feststellte, daß weniger Regulierung auch zu einem größeren Lohngefälle führt und daß der Beweis nicht erbracht werden konnte, daß durch Deregulierung, zum Beispiel in Amerika, zum Beispiel in England, tatsächlich mehr Beschäftigung geschaffen wird. Das einzige, was nachweisbar ist, ist, daß die Lohneinkommen sinken, daß die Sozialleistungen weg sind und daß die Armut in diesen Bereichen eindeutig zunimmt. Ich glaube, daß das auch nicht uninteressant ist.

Wenn zum Beispiel von der Freiheitlichen Partei heute die Konzentration der Sozialpartnerschaft auf betrieblicher Ebene verlangt wird, dann muß ich sagen, daß ich persönlich Sozialpartnerschaft nicht ausschließlich darin sehe, daß Präsident Maderthaner, Präsident Schwarzböck, Präsidentin Hostasch und ich einander gut verstehen und Ziele setzen, sondern sie lebt im wesentlichen davon, daß in den Betrieben Betriebsräte und Unternehmensführung gemeinsam versuchen, Lösungen der anstehenden Probleme für die Zukunft zu entwickeln. Aber das ist nicht eine neue Forderung, sondern das ist ein Modell, das bereits seit 1920 im Betriebsverfassungsgesetz definiert ist. Ich glaube, daß durchaus auch an Hand von praktischen Beispielen


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beweisbar ist, wie es funktionieren könnte. (Zwischenruf des Abg. Blünegger. ) Kollege Blünegger! Öffnungsklausel in deinem Unternehmen! Denk doch an dein eigenes Unternehmen und tu nicht so, als ob es das überhaupt nicht gäbe. Wozu bist du denn eigentlich Betriebsrat, wenn das nicht funktioniert? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP )

Im Zusammenhang mit der Frage des Arbeitsmarktes wird ein Thema immer wieder kontroversiell behandelt oder ist für einige sogar ein Gottseibeiuns-Thema in Österreich, nämlich die Frage der Arbeitszeitverkürzung. Ich weiß schon, daß sehr viele sofort sagen, darüber darf einfach nicht geredet werden, das ist eine "Idee von gestern". – Seltsamerweise ist diese "Idee von gestern" Gegenstand von Beratungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, seltsamerweise ist die Arbeitszeitverkürzung Gegenstand einer Debatte in Frankreich, wo ein konservativer Ministerpräsident mit einem sozialdemokratischen Vorgänger, Jospin und Rocard, darüber diskutiert, ob Arbeitszeitverkürzung dazu beitragen könnte, mehr Arbeitsplätze zu schaffen und die Arbeit besser zu verteilen. (Abg. Dr. Stummvoll: Sollen sie! Das stört uns nicht!)

Kollege Stummvoll! Was ist denn die neue Form der Arbeitszeitverkürzung? Der Titel ist mir im Prinzip egal, aber mir geht es darum, daß wir die Arbeit verteilen. Wenn Sie sagen, die Teilzeitarbeit ist die neue Linie, dann wissen Sie genauso gut wie ich, daß aufgrund der österreichischen Lohnverhältnisse ein Teilzeitarbeitsplatz kaum ausreicht, um eine Existenz wirklich absichern zu können, sondern es sind mindestens zwei notwendig. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher bin ich froh darüber, daß das Thema Arbeit, Arbeitsverteilung nicht ein Thema ist, das man als Gottseibeiuns oder als von gestern abqualifizieren kann. Ob es jetzt die Initiative des Herrn Schlögl ist oder ob es Überlegungen sind, Überstunden in Freizeit abzugelten, ich muß sagen: Da bewegt sich etwas. Ich will aber nicht falsch verstanden werden. In meinem ursprünglichen Beruf als Installateur konnte ich auch nicht zur Kundschaft sagen: Jetzt halten Sie den Finger aufs Rohr, es ist halb fünf, die Arbeitszeit ist vorbei. Aber wogegen wir in einer Zeit, in der Arbeitslosigkeit in unserem Lande zunimmt, auftreten, ist, daß eine ganz bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern permanent, und zwar in steigendem Maße, Überstunden macht – und das noch unter dem Titel "steigende Leistung".

Es geht in Wirklichkeit darum, daß wir die Arbeit besser verteilen, um damit zu verhindern, daß nur ein paar Arbeit haben. Dazu brauchen wir Beschäftigungsförderung, dazu brauchen wir aber auch Erhaltung von Beschäftigung. Ich glaube daher, daß das, was die Bundesregierung und verschiedene andere Stellen, etwa auch die Wirtschaftskammer – ich stehe nicht an, das zu erwähnen – im Rahmen der Wirtschaftsförderung tun, ein richtiger Ansatz ist.

Wir brauchen eine andere Industriegesinnung, wir brauchen auch eine Gesinnung, die lautet: Im Vordergrund muß das Arbeiterhalten und Arbeitschaffen stehen. Ein Manager sollte nicht dann bejubelt werden, wenn er Arbeitnehmer kündigt, wenn "lean Management" angesagt ist, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Dafür gibt es genügend Beweise – egal, ob in der Papier-, in der Elektroindustrie, in der Autoindustrie, in der Bauwirtschaft. Ich verweise auf das neu eingeführte Bonus-Malus-System und auf verschiedene andere Entwicklungen da oder dort. Wenn zum Beispiel die Zeitschrift "Regal", die dem Unternehmerkreis zuzurechnen ist, im Handelsbereich schreibt: Arbeit muß her, dann, so meine ich, ist das ein richtiger Ansatz, weil diese Unternehmungen als erste spüren, wenn es eng wird. (Abg. Meisinger: So wie bei Semperit!) Lieber Freund! Schau dir Semperit im Detail an und mach Vorschläge, wie man dort gegensteuern kann! Nur Schlagworte in diesem Zusammenhang sind nicht gefragt! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir Arbeit für Österreich wollen, dann geht es um die Bündelung und Nutzung der vorhandenen Unternehmensstrukturen klein- und mittelständischer Unternehmungen, dann geht es um die Forschung und Entwicklung, dann geht es um die Standortsicherung dieses Landes, dann geht es aber auch um Qualifikation. Dann gilt es, einem Trend entgegenzutreten, den wir in wenigen Wochen wieder sehen werden. (Abg. Dr. Haider: Das habt ihr in der Hand, mein lieber Freund, seit Jahrzehnten! Seit Jahrzehnten seid ihr in der Regierung!) Es sind wieder viele


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Burschen als Automechanikerlehrlinge angemeldet und Mädchen als Lehrlinge bei Friseuren und Einzelhandelskauffrauen. – Das haben nicht wir alleine in der Hand, das ist eine Frage der Berufsinformation, das ist eine Frage der Einstellung, das ist aber auch eine Frage der Zurverfügungstellung geeigneter Lehrplätze.

In diesem Sinn, meine Damen und Herren, glaube ich, daß das Ziel der Wirtschaftspolitik darin liegen muß, daß für eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität durch Beschäftigungssicherung, durch Einkommenswachstum, durch faire Einkommensverteilung so zu sorgen ist, daß die Sozial- und Umweltstandards in unserem Lande erhalten bleiben und daß nicht wie ein Dauerprogramm immer wieder neue F-Programme die Wiederholung bereits bekannter Tatsachen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

13.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile es ihm.

13.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in dieser Debatte wieder einiges gelernt. Es ist zum Beispiel für die Freiheitliche Partei möglich, hier im Prinzip die Variation des Identischen zu vertreten. Das, was Sie immer schon gesagt haben in den letzten zwei Jahren und als Sparpaket der FPÖ oder als Beschäftigungsprogramm der Freiheitlichen, als "Kontrakt mit Österreich" verkauft haben, wird heute in einem anderen Gewand, aber im wesentlichen mit denselben Forderungen wieder präsentiert.

Im Prinzip war es auch den Vertretern der Regierung möglich, sich hier herauszustellen und zu sagen: Wir machen gute Politik, wir machen die beste Beschäftigungspolitik, und wenn ihr auf uns vertraut, ist alles in Ordnung.

Meine Damen und Herren! Ich denke, daß es eigentlich möglich, notwendig und wünschenswert wäre, sich in einer Zeit, in der wir nicht nur österreichweit, sondern europaweit erkennen müssen, daß Wachstum, Beschäftigung und der Sozialstaat in Gefahr sind, einige der Konzepte, die man in den letzten Jahren vertreten und auch durchgesetzt hat, dahin gehend anzusehen, ob man damit wirklich erfolgreich gewesen ist. Ich lese Ihnen vor, was Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, als Begründung für Deregulierung in Europa, als Begründung, warum wir dem EWR und der Europäischen Union beitreten sollen, gesagt haben.

Herr Nettig zum Beispiel hat im Jahre 1994 gesagt: Die Wiener Wirtschaft wird durch den EU-Beitritt um 10 Milliarden Schilling entlastet. Die gesamtösterreichische Exportwirtschaft würde durch einen EU-Beitritt rund 16,5 Milliarden Schilling, die Importeure rund 20 Milliarden Schilling lukrieren – also fast 40 Milliarden Schilling.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich jetzt hierherstellen und sagen, die Wirtschaft leidet, die Wirtschaft braucht Luft, dann frage ich Sie: Wo sind diese 40 Milliarden Schilling geblieben? Wo sind sie geblieben? Wo haben Sie den Wohlstand in Österreich vermehrt? Wo hat sich die Deregulierung in Europa und in Österreich tatsächlich positiv bemerkbar gemacht, so positiv, daß Wachstum, Beschäftigung, daß die Löhne profitiert hätten? Noch vor zwei Jahren ist gesagt worden: Nur dann, wenn wir der EU beitreten, ist es sicher, daß die Löhne nicht gekürzt werden. Wenn wir nicht beitreten, dann müssen die Löhne gekürzt werden. – Heute vertreten Sie – egal, ob Regierung oder Teile der Opposition – die Meinung, es sei möglich und notwendig, die Löhne zu kürzen, wenn wir die Aufgaben der nächsten Jahre bewältigen wollen.

Ich denke, es wäre wünschenswert, ja unabdingbar notwendig gewesen, sich anzusehen, was mit diesen Konzepten der Deregulierung in den letzten Jahren europaweit erreicht wurde. Abgeordneter Verzetnitsch hat vorher schon die "Neue Zürcher Zeitung" erwähnt. Ich möchte Ihnen sagen, was die "Neue Zürcher Zeitung" über die Beschäftigungspolitik, über die Perspektiven der europäischen Beschäftigungspolitik schreibt. Unter dem Titel "Ratlosigkeit des Europäischen Rates. Intensive Diskussion über die Beschäftigungspolitik" heißt es – ich zitiere –:


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"Die Ratlosigkeit des Europäischen Rates in der Beschäftigungsfrage zeigt sich darin, daß die Gipfelteilnehmer offenbar immer stärker zu Aktivismus statt zu Aktivitäten Zuflucht nehmen. So unterbreitete der Präsident der Kommission Jacques Santer den 15 EU-Chefs in Turin seine Initiative für einen sogenannten Europäischen Vertrauenspakt für Beschäftigung, der im Ansatz dem – gescheiterten – deutschen ‘Bündnis für Arbeit’ entspricht."

Das ist die Realität! Auf Europaebene fällt den Regierungsvertretern, Herr Kollege Mock, nichts mehr ein. Die Zeit der Ideen ist aus und vorbei. Niemand weiß auf europäischer Ebene – oder niemand will es wissen –, wie unter den Auspizien dieser Wirtschaftspolitik, die jetzt in allen europäischen Ländern betrieben wird, tatsächlich noch Beschäftigung gesichert werden kann. Es sagen doch die Wirtschaftsforscher nicht nur wie hier in Österreich versteckt, sondern in anderen Ländern wie beispielsweise Deutschland schon etwas lauter und sehr klar, daß mit dieser prozyklischen Politik der Defiziteinschränkung das Wachstum quer durch Europa ruiniert wird und damit das Ziel, das man eigentlich angestrebt hat, nämlich das Defizit zu bekämpfen, nicht erreicht werden kann.

Das ist die Realität, der wir in Europa jetzt gegenüberstehen. Wir können das Defizit nicht nachhaltig bekämpfen, weil die Mittel dafür ungeeignet sind, und wir können damit schon gar nicht Beschäftigung und Wohlstand sichern. Wir können, wenn wir diese Politik weiterbetreiben, den europäischen Sozialstaat, auch wenn er ein bürokratischer Sozialstaat ist, mit dem Anspruch und der Dimension, tatsächlich soziale Sicherheit zu gewährleisten, nicht aufrechterhalten.

Das ist die Realität in Europa! Nicht zufällig wurde von der EU-Kommission eine Studie über Deregulierung und Beschäftigungswirkung in Auftrag gegeben. Diese kommt zu folgendem Urteil: "Insgesamt hat sich in der EU die Beschäftigungslage – im Sinne einer höheren Beschäftigungsquote und niedrigerer Arbeitslosenquoten – seit dem Beginn der Deregulierung nicht verbessert.

Solange uns keine eindeutigen Hinweise vorliegen," heißt es in dieser Studie weiter, "sollten wir die Mitgliedstaaten nicht dazu anhalten, ihre Beschäftigungspolitik auf der Annahme aufzubauen, daß die Vorteile einer breit angelegten Arbeitsmarktderegulierung erwiesen sind."

Das ist eine klare und deutliche Aussage, die das Scheitern dieser Politik eigentlich eingesteht, das Scheitern einer Politik, die in den letzten zehn Jahren auf Deregulierung auf Teufel komm raus gesetzt hat. Und jetzt ist der Teufel heraußen! Jetzt sinken überall in Europa nicht nur die Wachstumszahlen, sondern es sinken auch die Beschäftigungszahlen. Und niemand weiß, wie das weitergehen soll. Da wird man sich dann wieder zu einem neuen Gipfel treffen und beraten, vielleicht den Gewerkschaften etwas anbieten, die Gewerkschaften ins Gespräch einbinden. Aber – lieber Kollege Verzetnitsch, du weißt das ganz genau –: Es wird nichts dabei herauskommen, so wie in den letzten zehn Jahren nichts herausgekommen ist.

Das ist die Realität! Die gesteht man nicht ein, auf europäischer Ebene nicht und hier auf dieser Regierungsbank schon gar nicht. Da wird so getan, als ob man schon irgendwie weitermachen könnte, als ob es schon irgendwie weitergehen würde – man hat es ja auch in den letzten Jahren hinbekommen.

Jetzt zeigt sich aber: Es geht nicht so weiter! Es ist Schluß mit dieser Art, Politik zu betreiben! Überall, an allen Ecken und Enden brennt es: in der Beschäftigungspolitik, in der Beschäftigungssituation, im Sozialstaat. Wir haben ja vor zwei Wochen die Perspektiven dieses österreichischen Sozialstaates diskutiert: Sozialmißbrauchsverhinderung, Sozialstrafen – das sind die "Perspektiven", die wir derzeit zu bieten haben.

Zumindest beschäftigungspolitisch ist Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien – und ich gebe zu, auch den Oppositionsparteien – nicht sehr viel eingefallen. Ich gestehe es ein: Es ist nicht möglich, irgend etwas Neues zu erfinden. Aber es ist möglich und denkbar, durchaus mit alten Konzepten, mit alten Ansätzen auch etwas Neues zu entwickeln, auch vorwärtszugehen. Wir haben beispielsweise ... (Abg. Verzetnitsch: Was ist mit der Bauwirtschaft? Was ist mit der Infrastruktur, die gemacht wird?)


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Selbstverständlich, Herr Kollege Verzetnitsch, haben wir auch ein Konzept, wie der Bauwirtschaft geholfen werden könnte. Aber unser Konzept setzt nicht bei der Bauwirtschaft an, das sage ich klipp und klar. Das kann nicht Zentrum der Beschäftigungspolitik sein. Und es kann auch nicht die Perspektive der Bauwirtschaft sein, sehr maschinenintensive, aber wenig arbeitsintensive Straßenprojekte zu betreiben, bei denen man zwar einige Maschinen einsetzen, aber nur sehr wenige Menschen beschäftigen kann. Es kann auch nicht die Perspektive einer Beschäftigungspolitik für den Bau sein, daß man, wie wir ja wissen – zuletzt gesehen an der Baustelle Freudenau –, nicht nur sehr viele Maschinen beschäftigt und wenige Leute, sondern die Leute, die dort arbeiten, teilweise auch noch aus illegalen Beschäftigungsverhältnissen kommen, weil es anders für die Baufirmen offensichtlich nicht mehr möglich ist, sich in dem Segment von Löhnen, das sie bereit sind, zu zahlen, Beschäftigung zu organisieren. Es kann nicht so sein, daß wir diesen Weg weitergehen.

Es kann aber auch nicht so gehen, wie es sich der Herr Haider vorstellt. Er hat vor einem Jahr einen Besuch in Amerika gemacht, Newt Gingrich zugehört und sich gedacht: Dieser "Kontrakt mit Amerika" ist eine wunderbare Sache, das müssen wir für Österreich übernehmen, das adaptieren wir. Wir machen einen "Kontrakt mit Österreich", mischen das gut durch mit dem, was wir schon gehabt haben – einmal durchschütteln! –, und präsentieren das dann – so wie es in den letzten Monaten geschehen ist – mehrmals heftig in Sondersitzungen hier im Parlament. Irgend etwas wird schon davon hängenbleiben, daß wir uns um die Arbeitsplätze kümmern.

Ich glaube nicht, daß das hängenbleiben wird, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Wenn man Ihre Konzepte betrachtet, wenn man sich ansieht, wie, unter welchen Bedingungen in Amerika Beschäftigung gesichert wird, dann kann man nicht zu der Annahme kommen, daß das ein Konzept ist, welches tatsächlich gut ist für die Beschäftigung, für die Arbeitnehmer, für die Unternehmer. In Amerika ist der breite Mittelstand derzeit ruiniert, meine Damen und Herren! Die einzigen, die von der Entwicklung in Amerika profitieren, sind die Oberklassen. Die Oberklassen sind es, die profitieren – und das ist auch Ihr Konzept, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen (Abg. Ing. Reichhold: Dann hast du es nicht gelesen!); ein Konzept, von dem die breite Mehrheit der Bevölkerung nichts haben würde – egal, ob Arbeitnehmer oder kleine Selbständige. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Reichhold: Das war jetzt peinlich!)

Das durchschnittliche Wocheneinkommen von Arbeitnehmern in Amerika in der Produktion und in anderen Jobs ohne Leitungsfunktion fiel zwischen 1973 und 1995 um 18 Prozent – das durchschnittliche! –, von 315 Dollar auf 258 Dollar pro Woche. Das ist offensichtlich Ihr Konzept! Im Vergleich dazu stieg das Jahresgehalt von Spitzenmanagern zwischen 1979 und 1989 brutto um 19 und netto gar um 66 Prozent. Um 66 Prozent! (Abg. Ing. Reichhold: Öllinger, was hat das mit unserem Konzept zu tun?)

Es ist daher kein Zufall, daß der Chef der Federal-Reserve Bank Alan Greenspan im Juli 1995 den Kongreß gewarnt hat, daß die wachsende Ungleichheit zu einer "bedeutenden Bedrohung unserer Gesellschaft" werden könnte. (Abg. Ing. Reichhold: Redest du von unserem Programm?) Ja, ich rede auch vom freiheitlichen Programm, das ja offensichtlich abgekupfert ist von den amerikanischen Vorstellungen. – Aber Sie sind nicht die einzigen, die abkupfern, das gebe ich schon zu; es gibt auch noch andere. (Beifall bei den Grünen.)

Ich denke, ein österreichisches Konzept müßte – da setze ich voll bei den Ausführungen des Kollegen Verzetnitsch an – woanders anknüpfen, nicht an den amerikanischen Erfahrungen, nicht an der Übernahme des amerikanischen Konzeptes oder des britischen Konzeptes, das nur ein schlechter, ein mieser Abklatsch des amerikanischen Konzeptes ist. Es müßte an den positiven Erfahrungen ansetzen, die wir mit der Entwicklung des österreichischen Modells in den letzten Jahren und Jahrzehnten gemacht haben.

Nicht zufällig, Kollege Reichhold, brachte "Die Zeit" – ich zitiere auch eine andere Zeitung – am 19. April 1996 einen einseitigen Bericht über ein österreichisches Unternehmen – ein einseitiger Bericht in der "Zeit" ist schon etwas wert –: "Der Strumpfhersteller Wolford setzt auf Menschen statt auf Maschinen und hängt die Konkurrenz ab." In einem Bereich, in dem es sehr schwierig


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ist für Österreich, Beschäftigung zu sichern, nämlich in der Textilindustrie, ist es offensichtlich möglich, mit intelligenten Ideen und mit der Bereitschaft, auch anständige Löhne zu zahlen, die 30 Prozent über dem Durchschnitt liegen – 30 Prozent! –, Beschäftigung nicht nur zu sichern, sondern auch auszubauen. Der Strumpfhersteller Wolford hat wie der Palmers-Konzern derzeit ganz sicher nicht mit dem Problem zu kämpfen, daß er zuwenig Beschäftigung anzubieten oder zuwenig Aufträge hätte. – Ich denke, das ist eine Antwort. Diese kann man nicht verallgemeinern, das ist mir schon klar. Aber es steckt eine intelligente Idee dahinter, und es wäre notwendig, solche intelligenten Ideen weiterzuentwickeln, auch in anderen Segmenten.

Nehmen wir einen ganz wichtigen Bereich her: den Informationsmarkt. Es ist auffällig, daß in Österreich, was den Informationsmarkt betrifft, über alles an Hardware diskutiert wird, was wir möglicherweise brauchen oder nicht. Es wird diskutiert, ob die Wiener Kabelgesellschaft Dienste über ihre Kabelnetze anbieten soll. Aber worüber nicht diskutiert wird – und das wäre ein lohnenswerter Auftrag für den Herrn Wirtschaftsminister! –, ist, welchen Universaldienst wir in Österreich anbieten, entwickeln könnten, welche Dienste er integrieren sollte, was da an Informationen enthalten sein müßte und ob das ein intelligentes, sinnvolles Produkt für die Zukunft wäre. Da hätten wir Chancen, auf einem Markt tatsächlich etwas zu entwickeln, was nicht nur für Österreich, sondern für ganz Europa vorbildlich sein könnte, ein intelligentes Produkt, das von jedem Österreicher einfach benutzbar ist. Das wären die Anforderungen an einen derartigen Universaldienst im Bereich der Informationsdienste insgesamt.

Das wäre möglich und denkbar. Dazu braucht man nicht die Milliarden, die große Konzerne im Bereich der Informationstechnologien aufwenden. Man würde mit relativ bescheidenen Mitteln auskommen und hätte ein exportfähiges Produkt, ein Produkt, das auch Sinn macht für die Leute, weil es nicht nur die bisherigen Nutzer von Informationstechnologie weiter dazu befähigen würde, diese zu nutzen, sondern weil es für jeden eine nutzbare und sinnvolle Technologie wäre, die Zugang zu Informationen verschaffen könnte, die man sonst nicht bekommt. Das wäre sinnvoll und möglich.

Aber die Situation auf dem Medien- und Informationsmarkt ist ja eine andere – ich habe nicht zufällig dieses T-Shirt an. (Abg. der Grünen tragen T-Shirts mit der Aufschrift "S.O.S. Medienfreiheit".) Wir sind mit einer gewaltigen Konzentration auf dem Mediensektor konfrontiert, mit einer enormen Ideenarmut sowie mit einem beängstigenden Ausmaß an abnehmender Meinungsfreiheit. Wir haben – und das ist wirklich bezeichnend für Österreich – bei den Printmedien in Österreich eine Medienkonzentration, wie sie kaum mit einem anderen europäischen Land vergleichbar ist. Die Schweiz leistet sich derzeit allein im Printmedienbereich 120, glaube ich – ich habe die genaue Zahl nicht da –, Tageszeitungen. Sie ist in dieser Hinsicht nicht das am besten dastehende europäische Land, die skandinavischen Länder sind noch besser: Sie haben noch mehr Tageszeitungen. Die Schweiz ist das drittbeste europäische Land, was die Zahl der Tageszeitungen im Verhältnis zur Einwohnerzahl betrifft.

Österreich steht auf der Stufe eines Entwicklungslandes, was die Anzahl der Tageszeitungen betrifft, jedoch nicht, was die Anzahl der Leser betrifft. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Das ist das Resultat Ihrer Politik, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten völlig versagt hat, die sich einem Medienkartell unterworfen hat und die in keiner Weise bereit war, gegen diese Medienkonzentration irgendeinen Schritt zu unternehmen, wie notwendig er auch immer gewesen wäre. (Beifall bei den Grünen sowie Beifall der Abg. Schaffenrath. )

Es ist die Beschäftigungsentwicklung auf dem Mediensektor negativ verlaufen. Es rührt sich nichts. Sie haben alle Entwicklungen, die beispielsweise im Radiobereich, aber auch im Fernsehbereich möglich gewesen wären, verschlafen. Sie konnten sich nicht einigen. Es gibt ein Regionalradiogesetz, von dem jeder schon vorher, noch bevor es überhaupt entstanden ist, gewußt hat, daß es natürlich unsinnig ist, weil es die Medienkonzentration und die gegenseitige Verflechtung der Medien noch weiter verschärft hätte. Dieses Gesetz konnte also von vornherein nicht greifen. Sie sind trotzdem den Weg gegangen, die Medienkonzentration und die Verflechtung zwischen den unterschiedlichen Medien noch weiter zu erhöhen.


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Ein anderer Bereich auf dem Mediensektor ist schon von meinem Vorredner, Herrn Abgeordneten Kier, angesprochen worden. Was Sie im Bereich der Werkverträge gemacht haben, mit dieser Gefälligkeitsgesetzgebung, die Sie in den letzten Wochen verabschiedet haben, ist nicht nur grob rechtswidrig – das wissen Sie und das werden Sie vermutlich auch vom Verfassungsgerichtshof bestätigt bekommen –, sondern es begünstigt natürlich das Medienkartell Mediaprint. Nur dieses Kartell wird durch diese Gesetzgebung enorm begünstigt. Einige andere bekommen auch etwas von diesem Kuchen ab, von diesem Zugang über die Werkverträge, von dieser besonders begünstigten Hauszustellung. Es ist natürlich für alle anderen Bundesländer und kleinen Tageszeitungen nicht möglich, das so zu organisieren, wie es die Mediaprint organisiert hat. Diese können davon nicht profitieren.

Sie haben das trotzdem beschlossen. Sie waren der Meinung, daß es richtig ist. – Damit haben Sie demonstriert, wie sehr Sie für Erpressungen anfällig sind, wie sehr Sie bereit sind, die Fragen von Meinungsfreiheit, aber auch von Beschäftigung in diesem wichtigen Bereich ohne Anstand preiszugeben, und zwar für den einzigen Preis, den Sie bereit sind, dafür zu bezahlen, nämlich daß Sie positiv und lobend in diesem Medienkartell erwähnt werden und keinen Krieg mit den wichtigsten Zeitungsherausgebern dieses Landes haben.

Aber das ist die falsche Perspektive, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! So können Sie auf dem wichtigen Informations- und Mediensektor weder Meinungsfreiheit noch Beschäftigung sichern. Es wäre notwendig, intelligente Ideen, intelligente Perspektiven zu entwickeln – auch hier.

Ich habe Ihnen ein Beispiel genannt. Der Herr Wirtschaftsminister hat da gerade nicht aufgepaßt, ich wiederhole es deshalb, und zwar ist das der Universaldienst. Es wäre möglich, diesen im Bereich der Telematik für Österreich zu entwickeln. Ich glaube, es gibt diese Beispiele auch in anderen Bereichen, es gibt die intelligenten Produkte im Umweltbereich, es gibt sie, wenn man bestimmte Lenkungsinstrumente in diese Richtung steuert, wenn man eine Ökosteuer einsetzt, wenn man rechtliche Rahmenbedingungen schafft, auch im Bereich Arbeitnehmerschutz und Umweltschutz, die es ermöglichen, daß diese Technologien, und zwar die sanften Technologien, gefördert werden, daß Beschäftigung eben anders organisiert wird.

Ich sage Ihnen nur ein Beispiel: Es kommt nicht zufällig aus Skandinavien, wo im Bereich der Druckereien deswegen sanfte Technologien zum Einsatz kommen, weil in Skandinavien ein sehr rigides Verbot von Lösemitteln existiert. Die skandinavischen Unternehmer waren findig, sie mußten nach Alternativen suchen, und sie haben diese auch gefunden, und zwar in ganz einfachen Ölprodukten. (Bundesminister Dr. Ditz: Was hat das mit Arbeitsplätzen zu tun?) – Ich sage Ihnen schon, was das mit Arbeitsplätzen zu tun hat, und zwar ganz konkret.

Es hat auch einen österreichischen Betrieb gegeben, einen großen Hersteller von Chemieprodukten für den Druckbereich, der gesagt hat: Eigentlich will ich auch aussteigen. Ich biete ein alternatives Produkt an, ich entwickle es, und zwar ein Reinigungsmittel auf Ölbasis statt auf Lösemittelbasis. Ich biete das an, aber, weil die Kundschaft es so verlangt, kann ich es natürlich nur alternativ zu den giftigen Lösemitteln anbieten. Ich kann die giftigen nicht aus dem Sortiment herausnehmen, weil die Kunden sie wollen, aber ich will das Ölprodukt eigentlich bevorzugt auf den Markt bringen.

Dieses österreichische Produkt – das ist ein ganz bescheidener Beitrag – war eines der besten auf dem Markt. Aber der Unternehmer hat nur so wenig auf dem Markt absetzen können, daß er die Forschung in diesem Bereich nicht weiter betreiben und sein Produkt nicht vervollkommnen konnte.

Daß Sie, Herr Wirtschaftsminister, und Sie, Herr Sozialminister, die entsprechenden Rahmenbedingungen nicht gesetzt haben, hat dazu geführt, daß kein Druck auf die Lösemittel entstanden ist. In diesem Fall hat es damit geendet, daß der österreichische Unternehmer sein eigenes, österreichisches, gutes Produkt vom Markt nehmen mußte, weil er gesehen hat, daß es nichts bringt und jetzt ein Lizenzprodukt eines deutschen Herstellers für Österreich übernommen hat,


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das natürlich inzwischen wesentlich besser ist, als es das österreichische Produkt sein konnte, weil er nicht die Mittel hatte, die Forschung voranzutreiben.

Das ist ein weiteres Beispiel – ähnlich wie das Beispiel mit den lärmarmen LKWs –, wo es darauf ankommt, Herr Wirtschaftsminister, Rahmenbedingungen zu setzen, mit denen es möglich ist, Umweltschutz und damit auch Beschäftigung zu sichern. Ich denke, es ist ein sehr konkretes Beispiel, das illustriert, wie wenig Ihnen eigentlich daran liegt, ganz konkret in diese Richtung zu gehen, ganz konkret Initiativen zu setzen, die nicht nur Beschäftigung, sondern auch Gesundheit und Umwelt sichern. Es geht zum Beispiel bei diesem Produkt nämlich nicht nur darum, daß den Menschen durch das Einatmen von Lösemitteln immer schlecht wird, sondern ein Alternativprodukt wäre auch ein wirksamer Beitrag gegen das bodennahe Ozon. Aber die Regierung läßt es diesbezüglich an jeglichen Rahmenbedingungen fehlen. Ich denke allerdings, gerade das wäre eine Möglichkeit, ein Weg, den Sie gehen sollten.

Darum bin ich auch nicht im Einklang mit jenen, die seitens der Regierungsparteien einfach völlig undifferenziert den Abbau von Bürokratie fordern. Selbstverständlich sind wir für einen Abbau von Bürokratie, wenn das heißt, daß diese 98 oder 99 schludrigen Gesetze – die Sie vor zwei Wochen zusammengeschludert, und hier dem Parlament auf΄s Haupt oder auf den Tisch geknallt haben –, daß diese Gesetze also gründlich beraten werden, daß diese Gesetze vereinfacht werden, daß hier einiges weitergebracht wird. Dafür sind wir selbstverständlich!

Aber falls Sie mit "Abbau von Bürokratie" meinen sollten – was ich Ihnen nicht unterstelle, aber manchmal hat man den Eindruck, so etwas herauszuhören –, daß alle schutzrechtlichen Bestimmungen, egal ob es den Arbeitnehmerschutz oder den Umweltschutz betrifft, dadurch eliminiert werden könnten, bin ich nicht Ihrer Meinung.

Ich wäre aber bei Ihnen, Herr Wirtschaftsminister, wenn Sie beispielsweise – und das wäre durchaus ein Angebot – ein Mediationsverfahren im Bereich des Umweltschutzrechtes einführen würden, wenn Sie Bürgerbeteiligung durch Mediation ergänzen würden, wenn zwischen den Interessen der Unternehmen und den Interessen der Bürgerinitiativen, der beteiligten Bürger und Umweltschutzinitiativen wirksame Vermittlungsmöglichkeiten geschaffen würden. Das wäre ein Beitrag in die richtige Richtung! Da könnte man außerhalb gesetzlicher Festlegungen etwas machen.

Ich bin allerdings nicht bei der Regierung – der Herr Sozialminister ist ja nicht mehr da; ich muß es aber sagen –, wenn versucht wird, mit 99 Gesetzen, die Sie verabschiedet haben, bestimmte Gruppen aus dem Arbeitsmarkt hinauszudrängen. Sie reden da heute über Beschäftigung, aber Sie selbst haben in diesen 99 Gesetzen – Herr Kollege Feurstein, Sie wissen es – Bestimmungen beschlossen, mit denen Frauen aus dem Arbeitsmarkt hinausgedrängt werden, und zwar dann, wenn sie alleinstehend sind und Kinder zu betreuen haben.

Jetzt gibt es schon die Durchführungsweisung des Sozialministers, die das, was wir immer als Verdacht formuliert haben, klar sagt. – Herr Kollege Feurstein, Sie haben die Möglichkeit, sich dazu zu äußern.

Es heißt hier ganz klar: In Fällen, in denen Zweifel an der angegebenen Erklärung bestehen, insbesondere – jetzt kommt der Passus: – bei Vorliegen von Betreuungspflichten – ich betone: Betreuungspflichten! – ist die Verfügbarkeit anhand eines konkreten Beschäftigungsangebotes im Sinne des § 9 Arbeitslosenversicherungsgesetz zu prüfen.

Was heißt das? – Wir bieten den Frauen spätestens ab zweieinhalb Jahren nach der Geburt eines Kindes keine Betreuungsmöglichkeiten an. Es gibt keine Kindergärten, es gibt keine Kinderkrippen auf dem Land. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) In der Folge muß diese Frau, damit sie Notstandshilfe bekommt, zum Arbeitsamt gehen. Dort kommt dann aufgrund dieser Durchführungsweisung der Arbeitsmarktbetreuer und sagt: Ich hätte ein Angebot für Sie. – Daraufhin wird sie antworten: Ich habe aber Betreuungspflichten, nämlich für mein Kind zu Hause, zweieinhalb Jahre alt. – Dann wird der Arbeitsmarktbetreuer sagen: Da kann ich nichts machen. Ich kann Ihnen kein Arbeitslosengeld und keine Notstandshilfe mehr bezahlen. – Das ist die Aussteuerung, die klassische Aussteuerung, die Sie mit diesen Maßnahmen vor zwei


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Wochen für eine ganz bestimmte Gruppe, nämlich alleinerziehende Frauen, beschlossen haben.

Wenn das Ihre Art, Beschäftigung zu sichern, ist, Herr Abgeordneter Feurstein, aber auch Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, dann tut es mir leid um Ihre Perspektiven, dann tut es mir leid um Ihre Art, Sozialpolitik zu betreiben! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Schaffenrath. )

Es gäbe natürlich noch manches zu sagen, meine Damen und Herren! Es gäbe auch noch viele konkrete Vorschläge, zum Beispiel zum Bereich Arbeitszeitregelung. Selbstverständlich ist es möglich und notwendig, mit intelligenten Ideen, nicht nur mit dem Beharren auf der 35 Stunden-Woche, Beschäftigung zu sichern. Selbstverständlich haben wir immer dafür plädiert, daß intelligente, neue Jahresarbeitszeitmodelle entwickelt werden, die eine verkürzte Arbeitszeit beinhalten, aber gleichzeitig auch mehr Flexibilität für den Unternehmer ermöglichen, die beiden etwas an Vorteilen sichern und trotzdem ein sinnvoller Beitrag zur Weiterentwicklung des Arbeitszeitrechtes sind. Selbstverständlich wäre es möglich, auch mit Mitteln der aktiven Arbeitsmarktpolitik zusätzlich Beschäftigung zu sichern, etwa durch Aufteilung von Arbeit auf mehr Personen, etwa in dem Sinn, wie es Herr Staatssekretär Schlögl auch vorgeschlagen hat. Selbstverständlich könnte man da zusätzlich noch mit Mitteln der aktiven Arbeitsmarktpolitik eingreifen und die Lohnlücke, die da natürlich klafft, etwas auffüllen.

Selbstverständlich wäre das möglich, aber wir müßten die Mittel dafür haben. Wenn die Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik oder des Arbeitslosenbudgets für steigende Arbeitslosigkeit aufgehen, dann werden die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik immer weniger. Das ist die Realität. 3 Milliarden Schilling bleiben im nationalen Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik übrig. Der Rest geht an kofinanzierte, also gemeinsam mit der EU finanzierte Beschäftigungsinitiativen. Das ist sinnvoll, aber gleichzeitig ist es eine Bindung von Mitteln, die relativ wenig Spielraum für die ohnehin schon sehr bescheidene österreichische Arbeitsmarktpolitik läßt.

Es wäre notwendig, die Mittel dafür aufzustocken. Es wäre notwendig, ein neues Arbeitszeitrecht zu schaffen. Es wäre notwendig, auch ein neues Abfertigungsrecht zu schaffen, damit wir ein für allemal dieses leidige Debatte, ob der 13. und 14. Gehalt und die Abfertigungen jetzt Lohnnebenkosten oder Lohnkosten sind, beiseite hätten.

Selbstverständlich sind es Lohnkosten und selbstverständlich wäre es möglich, das ganz anders zu organisieren, fließend zu organisieren, Abfertigungen beispielsweise auch für Bildungsfreistellungen zu benützen oder das angesparte Abfertigungsgeld abrufen zu können. Selbstverständlich wären in diesem Bereich Ideen möglich und notwendig, mit denen man tatsächlich nicht nur Beschäftigung, sondern auch Qualifikation organisieren und so einen sinnvollen Beitrag leisten könnte.

Der deutsche Jesuitenpater Friedhelm Hengsbach hat gemeint, das wichtigste Problem ist die gerechte Verteilung des Reichtums und der Arbeit. Das ist das Hauptproblem. Meine Damen und Herren! Solange wir über dieses Hauptproblem nicht reden, inklusive aller seiner Implikationen – und da geht es nicht nur um die gerechte Verteilung von Lohnarbeit, da geht es auch um die gerechte Verteilung ...


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Präsident Dr. Heinrich Neisser
(das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter! Es gibt eine – freiwillig vereinbarte – Redezeitbeschränkung. Ich wollte nur darauf aufmerksam machen.

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Es geht auch um die gerechte Verteilung nicht nur der Lohnarbeit, sondern auch der Hausarbeit, der Familienarbeit. Wenn wir das nicht schaffen, da tatsächlich einen Schritt vorwärts zu kommen – und da sind auch wir als Parlamentarier gefordert –, wenn wir es nicht schaffen, unsere eigene Arbeitszeit, auch die Sitzungszeiten hier im Parlament so zu organisieren, daß tatsächlich Haus- und Familienarbeit noch möglich ist, und wenn wir es nicht schaffen, für die anderen 7 Millionen Menschen das so zu organisieren, dann haben wir tatsächlich versagt. Hier, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, möchte ich schon noch etwas mehr als die bloße Schulterklopferei von Ihnen hören. (Beifall bei den Grünen.)

13.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Blünegger hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Bitte beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen.

13.32

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zur Berichtigung der Ausführungen des Abgeordneten Präsident Verzetnitsch. Die Öffnungsklausel habe in meinem Betrieb nicht funktioniert, hat Herr Präsident Verzetnitsch behauptet. – Das ist nicht wahr. Wir haben nämlich im Jahr 1993 1,5 Prozent unter dem Kollektivvertrag abgeschlossen und haben sozusagen 1,5 Prozent Lohnverlust in Kauf genommen. Die Belegschaft war dazu bereit, um zu dokumentieren, daß die Arbeitsplätze gesichert werden sollen. Aber leider – und das muß ich jetzt berichtigen – hat diese Bundesregierung versagt, denn in der Fahrzeugindustrie, wo diese Arbeitsplätze jetzt verloren gegangen sind ...

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter, das ist schon keine tatsächliche Berichtigung mehr. (Rufe bei der SPÖ: Und falsch auch noch!)

Abgeordneter Anton Blünegger (fortsetzend): Das ist nicht falsch! – Jedenfalls ist die Fahrzeugindustrie dadurch unter die Räder gekommen und die Schaffung der entsprechenden Rahmenbedingungen für unsere Fahrzeugindustrie zur Sicherung der Arbeitsplätze über die EU hat nicht stattgefunden.

Ich bringe eine weitere Berichtigung der Ausführungen des Abgeordneten Öllinger, der heute gesagt hat, daß wir Freiheitlichen kein Konzept hätten und nicht auf dem laufenden seien. – Dazu möchte ich ihm nur einige Konzepte vorlegen (der Redner hält eine Mappe in die Höhe), die beinhalten, daß wir Freiheitlichen sehr wohl in der Arbeitsmarktpolitik und in der Wirtschaftspolitik Konzepte haben, die sinnvoll sind. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kiss: Jetzt hat er sogar den Präsidenten verblüfft – er hat gar nichts gesagt!)

13.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. – Bitte.

Aufgrund der Vereinbarungen gilt eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 10 Minuten.

13.34

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten bei einer Debatte, in der es darum geht, Ideen zu entwickeln, auszutauschen und darzulegen, wie vorhandene Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen werden können, vor allem die Tatsache sehen, daß wirtschaftliche Abläufe, daß Wirtschaften im allgemeinen in einem sehr hohen Ausmaß auch psychologischen Bedingungen unterworfen ist.

Ich ersuche deswegen darum, daß von gewissen Seiten – wer immer es ist – aufgehört wird, nur alles negativ darzustellen, nur alle zu verunsichern, nur pessimistische Aussagen zu treffen. Das ist nämlich nicht die Art, wie wir versuchen können, den Optimismus, der bei vielen Menschen durchaus da ist, zu wecken. Das heißt, ich plädiere dafür, keine Miesmacher, sondern Mutmacher in Österreich zu haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. )

Diejenigen, die glauben, es genüge, eine Situation schönzufärben, wären nicht am richtigen Platz. Diejenigen allerdings, die glauben, eine Situation krankjammern zu müssen, sichern auch keinen einzigen Arbeitsplatz! Das sei Ihnen auch heute bei dieser Diskussion gesagt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Böhacker: Die Wahrheit können Sie nicht vertragen!) – Sie können nur kritisieren.

Die Frage ist nur, wer mit welchen Methoden, mit welchen Vorschlägen, mit welchem Handeln Arbeitsplätze tatsächlich schafft – statt zu sagen, wir wollen damit die Leute verunsichern und sich vielleicht darüber zu freuen, daß soundso viele Menschen um ihren Arbeitsplatz Angst


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haben, wenn noch mehr negative Botschaften verkündet werden. (Abg. Böhacker: Sie können die Wahrheit nicht vertragen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer etwas für die österreichischen Arbeitnehmer, wer etwas für die österreichischen Betriebe tun will, soll positiv denken, soll Vorschläge entwickeln und diese verwirklichen. Das ist der Grundsatz, der gilt und nach dem wir handeln. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Reichhold: Setzen Sie sich mit uns auseinander!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir machen das, Kollege! Außerdem: Wir sind nicht jene Regierungspartei, die jeglichen Vorschlag, wenn er von irgendeiner anderen politischen Gruppierung kommt, ablehnt. Nein! (Abg. Ing. Reichhold: Reden Sie sachlich mit uns, dann können wir reden miteinander!)

Wir wollen durchaus im Diskurs, im Miteinander, im Entwickeln von Vorschlägen das Beste für die Bevölkerung finden. In dieser kurzen Zeit, die mir jetzt zur Verfügung steht, möchte ich Sie fragen: Wie könnten solche wesentlichen Ansätze nun aussehen? – Ich glaube, zunächst einmal ist die Tatsache zu sehen, daß der Grundsatz unserer Beschäftigungspolitik zu sein hat, nicht Arbeitslosigkeit zu finanzieren, sondern durch das Fördern von neuen Initiativen Arbeit zu schaffen. Was bedeutet das? – Es bedeutet, daß wir beispielsweise in der Frage des Abbaus der rund 180 000 Saisonarbeitslosen mit Wiedereinstellungszusagen, die es ja gibt, in sinnvollen Verhandlungen von Jahresarbeitszeitverträgen eine neue Qualität schaffen, wodurch sowohl Arbeit gegeben ist, als auch weniger Mittel für die Arbeitslosigkeit ausgegeben werden müssen.

Wir haben das Bonus-Malus-System mit 1. April 1996 verwirklicht. Wir werden sehen, welche Auswirkungen es durch dieses Modell in einigen Monaten geben wird. – Sollten diese negativ sein, wären wir die Letzten, die nicht sofort daran gingen, das zu korrigieren, Kollege! Aber nichts zu tun, ist die schlechteste Art, auf eine Herausforderung zu reagieren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abg. Böhacker und Meisinger. )

Wir glauben, daß wir beispielsweise die vielen bedauernswerten Langzeitarbeitslosen durch betriebliche Eingliederungshilfen aus dieser Arbeitslosensituation wieder herausbringen und in den Arbeitsmarkt integrieren können. Das sind konkrete Initiativen, die von dieser Bundesregierung gesetzt werden, umgesetzt und verwirklicht werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind auch in der heute diskutierten Frage der Arbeitszeit diejenigen, die nicht nur diskutieren, sondern auch versuchen, die Vorschläge aus dieser Diskussion systematisch umzusetzen, und zwar auch mit einer Formel, die da heißt: Arbeitszeiten nach höchst persönlicher Wahl, die sowohl den Arbeitnehmern mehr Gestaltungsmöglichkeiten, mehr Einteilungsmöglichkeiten und dem Betrieb zweifellos auch die Chance zu einer höheren wirtschaftlichen Effizienz gibt. Denn nur in dem Miteinander von Arbeitnehmern und Arbeitgebern können wir ein hohes Beschäftigungsniveau nicht nur sichern, sondern entsprechend erhöhen. (Beifall bei der ÖVP. )

Es sind beispielsweise alle Modelle, wie wir mehr Teilzeitarbeitsplätze schaffen könnten, diskutierenswert. Wir sehen aus allen Untersuchungen, daß insbesondere zwei Gruppen eine besondere Nachfrage nach Teilzeitarbeit haben. Das sind einerseits jüngere Frauen, die eine Kombination von Familie und Beruf verwirklichen wollen, andererseits sind es ältere Arbeitnehmer, die sagen, sie würden lieber gerne beispielsweise nur mehr 30 Stunden anstelle von 40 Stunden arbeiten.

Warum sollte man nicht diesen tatsächlich vorhandenen Bedürfnissen entsprechen und dadurch zusätzlich Menschen in den Arbeitsprozeß eingliedern? Ich halte das für eine ideale Kombination. Wir sagen ja zu einer Teilzeitoffensive, weil wir in Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Staaten noch ein Nachzügler sind, was die Teilzeit anlangt. In Österreich sind nur 10 Prozent aller Arbeitsplätze Teilzeitarbeitsplätze; in den Niederlanden beispielsweise sind es 36 Prozent. Käme es in den nächsten fünf Jahren im Teilzeitbereich zu einer Erhöhung um nur 5 Prozent (von der Besuchergalerie ist ein kurzer, lauter Ruf einer Frau zu hören; die Betreffende wird von Bediensteten des Hauses der Galerie verwiesen), könnten 150 000 Menschen


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zusätzlich in den Arbeitsmarkt integriert werden. Das ist unsere Aufgabe, und dieser Aufgabe haben wir uns zu stellen! (Beifall bei der ÖVP.)

Oder, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir haben in dieser Bundesregierung eine Exportoffensive vereinbart. Kollege Maderthaner hat bereits darauf hingewiesen, daß es in einigen Sektoren gelungen ist, bedeutende Exportzuwächse zu sichern. Damit Sie sich darunter etwas vorstellen können: Die Erhöhung der Exportquote um 1 Prozent würde die Schaffung von rund 16 000 Arbeitsplätzen zusätzlich ermöglichen. Der Mut zu neuen Märkten und nicht die Stagnation in gewohnten Bereichen – das ist meines Erachtens die Devise, das Motto dieser Offensive. Und ich glaube auch, daß dieser Offensive ein Erfolg beschieden ist, wenn wir daran glauben und sie Schritt für Schritt verwirklichen.

Ein weiterer, ganz wichtiger Punkt: Wir müssen versuchen – und mit "wir" meine ich diese Bundesregierung –, mit den Sozialpartnern einen Pakt für die Arbeit zu schließen, um die Abwanderung der Betriebe ins Ausland zu verhindern. Eine Umgestaltung – nicht eine Streichung! – der verschiedenen Leistungen im Lohnnebenkostenbereich ist unser Ziel, denn niemand von uns will die Streichung dessen, was damit finanziert wird. Wir sind aber sehr offen, sehr flexibel, wie, mit welchen Mitteln das finanziert werden soll. Ich glaube: Umgestalten ja, Streichung nein, da ist eine gemeinsame Initiative anzustreben! (Beifall bei der ÖVP.)

Oder: Wir wollen keine defensive Vorgangsweise im Arbeitsmarktbereich, sprich: nur ein Verteilen vorhandener Arbeitsplätze. Unser Motto ist es, ein offensives Mehr an Arbeitsplätzen zu erreichen, und deswegen unsere Initiative (Zwischenruf des Abg. Meisinger ) – Herr Kollege, hören Sie zu! – zur Förderung neuer Unternehmungen. Wir glauben, daß mit jedem neuen kleinen oder mittleren Betrieb im Durchschnitt rund drei bis fünf Arbeitsplätze neu geschaffen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist partnerschaftliche Form der Politik: daß Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein Höchstmaß an Beschäftigung zu erreichen trachten. Nur ein hohes Beschäftigungsniveau ermöglicht auch ein hohes Einkommen. Dieses wieder ermöglicht einen hohen Konsum, und dadurch werden Arbeitsplätze gesichert und Betriebe erhalten. Alle anderen Wege führen in eine Situation, die wir nicht wollen. Wenn wir nur verunsichern, wird derjenige, der als Konsument sein Einkommen ausgeben soll, nicht konsumieren, und wird der Betrieb nicht investieren können.

Wenn wir versuchen, die von mir angeführten Punkte gemeinsam umzusetzen, besteht die Chance, daß in einigen Jahren nicht die horrible Vision Wahrheit wird, daß zwei Drittel der Menschen einen Arbeitsplatz haben und ein Drittel nicht. Ich fordere deswegen: Fördern wir mehr den Optimismus, fördern wir mehr die Mutmacher und bekämpfen wir alle Miesmacher! (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall der Abg. Hostasch und Reitsamer .)

13.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Prinzhorn. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

13.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich heute bei dieser ernsten Sitzung ein paarmal zuviel herzlich gelacht habe, dann hat das einen ganz einfachen Grund: Wenn Sie mir als Unternehmer, der ein paar tausend Mitarbeiter in Österreich beschäftigt, Dinge unterstellen, wie Sie, Herr Präsident Verzetnitsch, das getan haben, als Sie sagten, wir zahlen schlechte Löhne in unseren Betrieben. (Abg. Verzetnitsch : Ich habe gesagt, Sie sind der bestbezahlte!) Sie müssen doch wissen, daß die Papierindustrie die zweithöchsten Löhne in der österreichischen Industrie zahlt, daß wir im Jahr 1995 16,5 Löhne und Gehälter gezahlt haben – etwas, wovon andere Betriebe nur träumen können. Das wissen Sie doch, daher war das ein klassischer Untergriff Ihrerseits. Das ist aber nichts Neues. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Gott sei Dank sind Sie ja draußen dann sehr freundlich zu mir, und das soll auch weiter so bleiben, Herr Präsident.


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Dasselbe trifft auch für die Irrationalitäten zu, die der Herr Wirtschaftswissenschaftsminister dem Unternehmer und Wirtschaftssprecher vorwirft, wenn er sagt, na ja, es ist ja ganz klar, wir haben ja von Volkswirtschaft keine Ahnung. – Ich will da nichts zurückgeben, was Sie von Betriebswirtschaft wissen (Heiterkeit bei den Freiheitlichen); ich schätze Sie persönlich außerordentlich, Herr Minister. Dies vor allem auch deshalb, weil ich zehn Jahre Wirtschaftssprecher der Industriellenvereinigung war, der Sie ja auch sehr nahegestanden sind in dieser Zeit, Sie haben sich ja immer Ezzes geholt von uns in der Industriellenvereinigung. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Daß Sie jetzt sagen, wir seien irrational, belustigt mich einfach.

Aber ich möchte hier auch eine andere Sache – eine sehr ernste – noch einmal anschneiden: Irgendwie scheinen unsere Konzepte in den letzten Jahren immer wieder in Verlust geraten zu sein. Wir haben ein Wirtschaftsstandortkonzept, wir haben ein Industriekonzept, und diese Konzepte sind im Ausland von führenden Wirtschaftszeitungen sehr gelobt worden – sie sind nicht als irrational bezeichnet worden, Herr Minister –, beispielsweise am 13. Dezember im "Handelsblatt". – Ihnen ist all das anscheinend entgangen. (Abg. Mag. Stadler: Ein "irrationales" Blatt!) – Ja, richtig! Irrationalität!

Egal, was wir Freiheitlichen sagen, es muß für Sie auf jeden Fall ein Unsinn sein, und daher prüfen wir ja manchmal Ihre eigenen Vorschläge, indem wir sie einbringen; Sie aber lehnen sie ab! Das ist das Irrationale, Herr Wirtschaftswissenschaftsminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn ich neu wäre in diesem Land, wenn ich erst seit 1. Jänner in diesem Land wäre, würde ich sagen, die Programme von Herrn Minister Klima, von Herrn Minister Ditz, aber auch die der Liberalen in Wirtschaftsfragen – wenn sie beziehungsbereinigt zur F dargestellt werden – ähneln einander sehr. Sie ähneln einander so frappierend, muß ich Ihnen sagen, daß ich mich immer wieder wundere, was die letzten 20 Jahre passiert ist. Es sind ja immer dieselben Programme, immer dieselben Probleme, die Sie aufrühren, und daher kann ich nur sagen: Sie kritisieren Ihre eigenen Programme! Wenn Sie nämlich heute kritisieren, daß das alles fehlt, was Sie vor 20 Jahren in Ihr Programm hineingeschrieben haben, erscheint mir das irgendwie irrational, Herr Wirtschaftswissenschaftsminister!

Ihr Vorgänger als Wirtschaftsminister, Herr Minister Schüssel, hat sich ja auch Professor Malik geholt. Dieser hat ihm dann ja sehr viele Dinge gesagt – und als es dann unangenehm geworden ist, haben Sie ihn wieder nach St. Gallen zurückgeschickt. Wie wahr das alles leider ist, wissen Sie heute selber; Sie können es in den Schriften von Professor Malik nachlesen.

Die Realität schaut ganz anders aus: Die Entbürokratisierung und die Betriebsanlagenrechtskonzentration haben nicht stattgefunden. Vielleicht ein kleines Beispiel aus der Praxis: Die Verwirklichung einer zig-Millionen-Investition – Herr Minister, auch Ihr Vorgänger, Minister Schüssel, kennt sie –, einer Erweiterungsanlage für eine Kraft-Wärme-Kupplung, hat ungefähr viereinhalb Jahre gedauert: Man hat immer einen Bescheid gehabt, den anderen nicht; es sind zahlreiche Devolutionsanträge gekommen, und das ist letztlich alles unter der Führung des Herrn Wirtschaftsministers Schüssel und auch unter Ihrer Führung gewesen.

Daß Sie das bejammern, freut mich sehr, denn wir bejammern das schon lange. Sie sollten da aber auch ein bißchen Mitgefühl mit mir haben und verstehen, daß wir skeptisch sind – aber nicht pessimistisch! Wir sind skeptisch, und wir wollen Taten und nicht immer nur Ankündigungen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen auch etwas Trauriges sagen: Wenn eine solche Investition dann nach fünf Jahren endlich durch die Behörden durch ist und technisch veraltet ist und man sie dann wieder nicht machen kann, kostet das Arbeitsplätze. – Genauso wie die Arbeitsplätze, die gerade in diesen Tagen in einem Werk der Zulieferindustrie von "Semperit" verlorengegangen sind – dies aber nicht deshalb, weil "Semperit" weggeht. Das war ein kluges Unternehmen, das vom Staat mit 250 Mitarbeitern übernommen und auf 400 aufgestockt wurde. Aber jetzt kommt die tolle Geschichte – Herr Verzetnitsch, hören Sie wirklich zu, weil das betrifft Ihren Bereich –: Als dieses Unternehmen im Monat April 180 Mitarbeiter aufstocken wollte und sich mit dem Be


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triebsrat über diese Aufstockung geeinigt hat, ist das schließlich daran gescheitert – und das ist ein Zulieferbetrieb von "Conti" in Deutschland und von "Michelin" –, daß man gesagt hat: Zwei Kollektivverträge unter einem Dach, das geht wirklich nicht, und der Kollektivvertrag der Textilindustrie ist unmöglich, den können wir mit der Chemie nicht unter einem Dach haben! Ab mit den Arbeitsplätzen in die Slowakei! Dort sind sie jetzt. Dort werden sie in den nächsten sechs Wochen aufgebaut. Der Betriebsratsobmann in diesem Werk ist entsetzt, und Sie als Gewerkschafter haben das letztlich mitzuvertreten! (Ruf bei den Freiheitlichen: Ein Wahnsinn!)

Ich muß Ihnen sagen, den Zeiten bei "Semperit", wo Betriebsratsobmann Kaiser dort noch wirklich Entscheidungen getroffen hat und sie letztlich auch mit der Unterstützung des Herrn Abgeordneten Teschl im Interesse des Unternehmens auch umgesetzt hat, weine ich heute ein bisserl nach.

Wenn Sie am Sonntag die Sendung "Zur Sache" verfolgt haben – und das haben Sie sicher getan –, wissen Sie – und da war bitte kein F-Politiker dabei! –, daß das eine alarmierende Auseinandersetzung gewesen ist. Es ist nämlich nicht so, wie Herr Öllinger sagt, daß wir in Österreich über den eigenen Tellerrand ja gar nicht hinausschauen, sondern wir sehen ganz klar, daß wir durch die globale Entwicklung die Arbeitsplätze verlieren.

Darum geht es, und das haben Sie nicht antizipiert. Daher haben Sie auch keine neuen Arbeitsplätze und keine entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen.

Herr Minister! Wenn Sie jetzt sagen, im Telekommunikationsbereich ist es ganz dringend notwendig, etwas zu tun, das ist die Zukunftsindustrie, kann ich nur sagen: eine um Jahre verspätete Erkenntnis, die nicht zuletzt auch daran gescheitert ist, daß Sie ja den ORF als Staatsmonopol betrieben haben und auch die Post und sich daher jetzt nicht wundern dürfen, wenn die Zukunftsbranche bei uns im argen liegt und dort keine Arbeitsplätze geschaffen werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Da hat der Herr Abgeordnete Öllinger ja ganz recht, aber er hört sich ja nie eine andere Meinung an, auch wenn sie einmal ausnahmsweise seine ist.

Aber auch das Bewußtsein im Forschungs- und Entwicklungsbereich kommt sehr langsam und viel zu spät. Sie wissen – seit Jahren sind all diese Dinge in unserem freiheitlichen Wirtschaftsstandortkonzept enthalten –, daß die Forschungs- und Entwicklungsausgaben mit 1,5 Prozent weit unter dem europäischen Schnitt liegen. Sie selber haben in den letzten Jahren zugeben müssen, daß Ihre Bemühungen, Herr Minister, die Sie mehrfach angekündigt haben, hinsichtlich einer Konzentration der Anliegen, um diesem wesentlichen Aspekt der Schaffung neuer Arbeitsplätze Rechnung zu tragen, eigentlich gescheitert sind. Aber in der nächsten Periode, haben Sie gesagt, haben Sie diesbezüglich wieder große Hoffnung.

Eines, muß ich Ihnen sagen, verbindet mich mit Ihnen schon: Auch ich habe große Hoffnung, sonst wäre ich nämlich nicht Unternehmer in Österreich. Und ich bedauere es außerordentlich, daß die beiden anderen Unternehmer, Bartenstein und Haselsteiner, heute nicht da sind, denn das sind zwei Unternehmer – würde ich sagen – aus schwierigen Branchen. Aber auch sie finden noch Zeit für das Parlament, und Sie können mich nicht damit verjagen, Sie Berufspolitiker, daß Sie ständig Untergriffe machen. Das schockiert mich überhaupt nicht! Das bin ich gewohnt. Daher werde ich auch weiter aus der Praxis zu Ihnen sprechen – und nicht aus der Theorie! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher haben wir auch heute wieder Entschließungsanträge eingebracht – 16 an der Zahl – , die Sie alle in unserem jahrelang entwickelten Wirtschafts- und Industriestandortprogramm nachlesen können und die zum Teil auch in Ihren Programmen überall enthalten sind – aber dort seit 20 Jahren! –, jedoch nicht umgesetzt wurden.

Wir haben die Spezialbörse für Klein- und Mittelbetriebe angeregt. Wir haben die "kleine AG" angeregt, um den Kapitalmarkt zu fördern. Österreich ist Entwicklungsland geblieben auf dem Kapitalmarkt, mit 4 Prozent Aktionären. Das einzige Land, das noch hinter uns ist, ist Indien. Da ist es wirklich allerhöchste Zeit, Herr Minister, daß wir auch in bezug auf den Kapitalmarkt andere Möglichkeiten in Betracht ziehen und nicht immer nur Ankündigungen von Ihnen hören! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Aber auch Ihre Front bei den Lohnnebenkosten bröckelt ein bisserl ab. Frau Dr. Krammer – sie ist heute leider nicht da – hat auch eine Anregung gemacht, was die 28 Sozialversicherungsanstalten betrifft. Ich muß sagen, das muß sie auch aus unserem Programm haben, denn im Programm der Sozialisten und der ÖVP habe ich das noch nicht gelesen. Ich bin sehr froh darüber, daß auch Sie endlich bei den Reibungsverlusten, bei den Lohnnebenkosten ansetzen. Das sind nämlich genau die Ansätze, die wir immer vorgeschlagen haben.

Aber auch die Wirtschaftskammern – Herr Präsident Maderthaner ist natürlich auch schon weg, ebenso Herr Stummvoll; das verstehe ich, weil ich ja Insider letztlich auch bei der Kammer bin – haben eine Reformkommission. Und diese Reformkommission der Wirtschaftskammer hat bereits einiges an Programmen zur Kostenreduktion der Funktionäre vorgelegt. Als ich das erste Kuvert bekommen habe als Funktionär der Wirtschaftskammer, als Aufwandsentschädigung, und das zurückgegeben und gesagt habe: Das ist unmöglich, was Sie da machen, Sie geben eine Funktionärsentschädigung, die nicht ausgemacht ist, für drei Sitzungen in einem Fachverband!, habe ich mir damals den Unwillen so mancher zugezogen (Abg. Mag. Stadler: Das ist bezeichnend!), weil ich keiner von denen bin, die man so leicht integrieren kann in diese Denkweise.

Das sind nämlich alles Dinge, die in die Lohnnebenkosten eingehen. Die gehen in die KU 2 ein, und das sind genau die Kammerumlagen, die reduziert werden müssen, die Kammerbeiträge, die reduziert werden müssen. Und nichts anderes sagen wir! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei der ökologischen Energiesteuer sind Sie ja auch bereit, etwas umzudenken. Zuerst haben Sie zwar gesagt, was wir alles nicht dürfen, aber jetzt kommen Sie selber mit diesen Ideen.

Auch beim Insolvenzrechts-Änderungsgesetz kommen Sie jetzt auf den Geschmack. Ich darf Ihnen unseren Vorschlag, die "Chapter 11"-Regelung, jetzt noch vorlesen; leider ist die Redezeit heute sehr kurz. Der Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ofner, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Mag. Haupt und Kollegen zu den Erklärungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie des Bundesministers für Arbeit und Soziales betreffend wirtschafts- und beschäftigungspolitische Maßnahmen der Bundesregierung betreffend Reform des Insolvenzrechtes zur Verbesserung der Sanierungsmöglichkeiten

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Justiz wird zur Sicherung der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandortes Österreich ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der die Möglichkeit einer Weiterführung insolventer Unternehmen unter gerichtlicher Aufsicht nach dem Vorbild des amerikanischen "Chapter 11"-Verfahrens vorsieht und damit Sanierungs- und Reorganisationsversuche ermöglicht."

*****

Dadurch wird es möglich, daß auch im Ausgleichsfall und im Konkursfall nicht unbedingt zu zur Betriebsschließung führenden Maßnahmen gegriffen werden muß. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit bin ich schon am Ende meiner Ausführungen und kann Ihnen nur noch einmal sagen, was ich schon bei meiner ersten Rede hier gesagt habe: Hören Sie auf mit Ankündigungen! Ich schätze Sie, Herr Minister, persönlich ungemein, aber ich glaube, es hat keinen Sinn, mit Untergriffen zu agieren. Auch Sie, Herr Präsident Verzetnitsch ... (Abg. Verzetnitsch liest in einer Zeitung.) – Haben Sie fertiggelesen? Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag im Parlament. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.57


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Der vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn verlesene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt; er wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Frau Abgeordnete Hostasch. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.57

Abgeordnete Eleonora Hostasch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Prinzhorn, wenn Sie hier das Insolvenzrecht ansprechen, springen Sie auf einen fahrenden Zug auf, denn die Verhandlungen über eine Novellierung des Insolvenzrechtes sind seit langem im Gange und stehen vor dem Abschluß. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Das ist ein Bummelzug!)

Ich gehe davon aus, daß wir hiemit jene Voraussetzungen schaffen, die wir benötigen, damit Insolvenzgefährdungen rechtzeitig erkannt werden und von Insolvenz gefährdete Unternehmen rechtzeitig so abgesichert werden, daß es nicht zu tatsächlichen Insolvenzen kommt. Es ist dies also nicht eine Forderung der Freiheitlichen, sondern ein Arbeitsthema dieser Koalitionsregierung, das sie sich vorgenommen hat und das sie dabei ist, in Kürze zu realisieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren von den Freiheitlichen! Es gibt sicherlich in Ihren Programmen zur "Arbeit für Österreich" einige Punkte, die sich auch in unserer Diskussion finden; aber das sind jene Punkte, die Sie entweder aus dem Regierungsübereinkommen abgeschrieben haben oder aus dem Maßnahmenkatalog, den die Sozialpartner hier formuliert haben, in Ihre Programme übernommen haben.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Was die anderen Punkte angeht, sind wir absolut dagegen. Ich möchte zu einigen dieser Punkte jetzt konkret Stellung nehmen.

Wenn Sie hier unter dem Thema "Arbeit für Österreich" sagen: Lohnnebenkosten senken, sinkende Steuern, einschneidende Kostensenkungsstrategien auf der Unternehmensseite, gleichzeitig aber sagen, daß dies nicht zu Lasten der Einkommen der unselbständig Erwerbstätigen sein kann, dann glaube ich – und ich glaube, das auch beweisen zu können –, daß, wenn man sich die Struktur der Lohnnebenkosten ansieht, diese Erwartung nicht erfüllt werden kann. Das ist eine Täuschung, die hier vorgenommen wird, denn über die Hälfte der kalkulatorischen Lohnnebenkosten kommen den Arbeitnehmern direkt zugute. Würde man diese Lohnnebenkosten senken, dann müßte man den Arbeitnehmern direkt Kaufkraft entziehen oder auch Rechte wegnehmen (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist falsch!), wie zum Beispiel durch Kürzung von Weihnachtsremunerationen oder der Urlaubszuschüsse, durch Kürzung des Urlaubes, des Krankenentgeltes oder auch der Abfertigung oder durch Reduzierung der Feiertage. All das sind Elemente der Lohnnebenkosten, und wenn diese reduziert werden, betrifft es unmittelbar Ansprüche von unselbständig Erwerbstätigen.

Da hier undifferenziert von der Senkung der Lohnnebenkosten gesprochen wird, muß man sich wirklich fragen: Wollen Sie genau das, obwohl Sie zuerst sagen, es darf das nicht zu Lasten der unselbständig Erwerbstätigen gehen?

Sehr geschätzte Damen und Herren! Zu den Sozialversicherungsbeiträgen. – Diese und auch die sonstigen lohnbezogenen Beiträge, die von Arbeitgeberseite finanziert werden, tragen zur Finanzierung der sozialen Komponente unseres Wohlfahrtsstaates bei und sind daher unerläßlich.

Jeder, der eine ersatzlose Streichung dieser Beiträge, dieser Arbeitgeberabgaben zur sozialen Sicherheit verlangt, fordert damit aber auch gleichzeitig eine Kürzung von Pensionen, von Familienbeihilfen oder auch Einschränkungen unseres qualitativ ... (Abg. Böhacker: Wer fordert das? Wer verlangt das?)

Sehr geschätzte Damen und Herren von den Freiheitlichen! Sie fordern die totale Zurücknahme der Lohnnebenkosten, und Sie fordern zum Beispiel auch eine steuerfinanzierte Wohlfahrt.


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(Abg. Mentil: Sie haben keine Ahnung! – Abg. Ing. Reichhold: Sie arbeiten mit Halbwahrheiten!) Da frage ich mich: Wie wollen Sie die steuerfinanzierte Wohlfahrt mit Ihrer Forderung nach Senkung des Höchststeuersatzes auf maximal 38 Prozent in Einklang bringen? Wie soll sich denn diese Rechnung ausgehen, wenn Sie darüber hinaus noch eine Steuerbegünstigung für Haushaltsbeihilfen und einen Steuerfreibetrag für Lehrlingsausbildung fordern und außerdem verlangen, daß insgesamt die Steuern gesenkt werden sollen? – Das ist eine Quadratur des Kreises, das kann sich nicht ausgehen. Da wird getäuscht, da wird mit falschen Karten gespielt, da wird kein wahres Bild gezeichnet. (Beifall bei der SPÖ. – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte noch eine zweite Vorstellung aus Ihrem Arbeitsprogramm aufgreifen. Sie schreiben darin – und das können Sie nicht bestreiten –, daß Sie für einen freien Wettbewerb im Gesundheitswesen eintreten. Haben Sie sich eigentlich schon überlegt, was "Marktmechanismus" im Gesundheitswesen konkret bedeutet? – Das ist menschenverachtend, denn der Markt nimmt keine Rücksicht auf die Schwächeren, nimmt keine Rücksicht auf jene Menschen, die der Solidarität der Gesellschaft bedürfen. Wenn Sie im Gesundheitswesen dem Markt freien Lauf lassen, bleiben die Schwächsten auf der Strecke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie verlangen, daß Versicherungspflicht vor Pflichtversicherung geht, dann schlagen Sie den Weg in diese Entwicklung ein, und das ist eine Entwicklung, die wir unter keinen Umständen akzeptieren werden, denn das bedeutet, daß Risken gegenseitig zugeschoben werden, daß Starke gegen Schwache ausgespielt werden, daß jene Menschen, die besondere Unterstützung brauchen – zum Beispiel Familien, Kinder, Angehörige, die besonders krankheitsanfällig sind –, keine Chance haben, dieselbe qualitätsmäßige Betreuung durch das Gesundheitswesen zu erfahren wie alle anderen. Das ist kein Konzept, dem wir unsere Zustimmung je geben würden! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich auch ein paar Worte zu Ihrer Überlegung der Zusammenlegung der 28 Sozialversicherungsträger sagen. Weil Sie vorhin die Frau Ministerin Krammer angesprochen haben: In unserer Partei hat Meinungsvielfalt einen Stellenwert, wir lassen natürlich unterschiedliche Meinungen zu – etwas, was bei Ihnen ganz selten anzutreffen ist, wenn es überhaupt vorkommt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Reichhold: In der Frage der EU gibt es bei uns Befürworter und Gegner!)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich frage mich: Wie viele Arbeitsplätze werden geschaffen oder gesichert, wenn 28 Sozialversicherungsträger zusammengelegt werden sollen? – Ich sehe da keinen Effekt. (Abg. Mag. Schweitzer: Sie sollten sich fragen, wieviel Geld eingespart wird! – Abg. Dr. Haider: Fragen Sie Ihre Genossin Krammer! – Abg. Ing. Reichhold: Krammer wird nicht mehr lange Ministerin sein!)

Herr Dr. Haider! Unser Sozialversicherungssystem hat international einen ganz hohen Stellenwert. Unser System besteht jeden Vergleich mit anderen. Im Gegenteil: Es ist ein besseres System. (Abg. Dr. Haider: Das ist ein Unsinn, was die Frau Krammer gesagt hat!)

In Österreich leisten 28 Sozialversicherungsträger das, was in Belgien zum Beispiel 1 754 Anstalten machen, in Deutschland 1 170, in der Schweiz etwa 300. Außerdem gibt es in Österreich noch über 60 Privatversicherungsunternehmen, die gleichermaßen Leistungen anbieten. (Abg. Dr. Haider: In Österreich sind die Gebietskrankenkassen pleite! 3 Milliarden Schilling! Ein Unternehmen müßte den Konkurs anmelden!)

Herr Kollege Dr. Haider! Das Niveau der Gesundheitsleistungen, das wir in Österreich über die gesetzliche Sozialversicherung, über die Krankenversicherung anbieten können, ist ein hohes, und wir werden den Sozialminister bei seiner Aufgabe unterstützen, dafür Sorge zu tragen, daß das Krankengeld weiterhin bezahlt wird, und zwar nicht 26 Wochen, wie es jetzt vom Gesetz vorgesehen ist, sondern mindestens 52 Wochen. Daß dieses Limit erhöht wird, dafür werden wir Sorge tragen, und Sie werden uns daran nicht hindern können! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Reichhold: Wie wollen Sie das 3-Milliarden-Schilling-Loch stopfen?)


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Weil Sie hier die Verwaltungskosten ansprachen: Es halten die Verwaltungskosten der österreichischen Krankenversicherungen jeden Vergleich mit jenen anderer Länder stand. In Österreich liegt der Verwaltungkostenbeitrag unter 4 Prozent, in der Schweiz 7,7 Prozent, in Deutschland knapp unter 5 Prozent. Wenn Sie sich die Berechnungen der Sozialversicherungstäger, insbesondere jene der Krankenversicherungen anschauen, dann werden Sie sehen, daß in den letzten Jahren über 1 Milliarde Schilling an Verwaltungskosten eingespart wurde. (Abg. Dr. Haider: Am Papier!)

Aber eines muß man schon dazusagen, sehr geschätzte Damen und Herren: Die österreichische Sozialversicherung betreut die gesamte österreichische Bevölkerung, und bei dieser umfassenden sozialen Betreuung sind die 28 Sozialversicherungsanstalten mit ihrem geringen Personalaufwand und ihrem geringen Verwaltungsaufwand mit jedem anderen System konkurrenzfähig. Ich behaupte sogar: Unser System ist besser als andere Systeme! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren von den Freiheitlichen! Ihre Konzepte zeigen, daß für Sie nicht der Mensch im Mittelpunkt steht, sondern tagespolitische Schlagzeilen. (Abg. Dr. Haider: Na geh!) Wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt, wir haben auch entsprechende Beschäftigungsprogramme und unterstützen die Regierung bei deren Umsetzung, und wir kämpfen um die Arbeitsplätze und nicht um eine Schlagzeile am nächsten Tag in der Zeitung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.07

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wie wir soeben hörten, ist Optimismus angesagt. Optimismus ist verordnet, Optimismus ist erwünscht. Herr Wirtschaftsminister! Ich nehme zur Kenntnis: Optimismus ist befohlen! Herr Höchtl hat noch ein Schäuferl nachgelegt und hat uns Unternehmern Mut gemacht, indem er uns aufforderte, fleißig zu sein, zu arbeiten, den Karren zu ziehen, so nach dem Motto: Freunde, strengt euch ein bißchen an; ihr werdet den Hügel schon schaffen, krempelt die Ärmel auf!

Herr Wirtschaftsminister! Wem machen sie eigentlich Mut: Machen Sie wirklich uns Unternehmern Mut, oder machen Sie sich selbst Mut? Sie schreien in der Finsternis, damit Sie sich selbst nicht fürchten. Das ist Ihr Problem! Wir Unternehmer brauchen Mutmacherei nicht. Wir arbeiten jetzt schon unter schwierigen Rahmenbedingungen, die Sie zu verantworten haben. Unter schwierigen Rahmenbedingungen kämpfen wir um Marktpreise, kämpfen wir um Kosten, und hier im Hohen Haus müssen wir uns noch Mut machen lassen vom Kollegen Höchtl, der im geschützten Bereich arbeitet. Das ist so, wie wenn einer, der im Trockenen sitzt, demjenigen, der draußen im Regen marschiert, sagt: Renn schneller, dann wirst du weniger naß! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Mir wäre es viel lieber, Sie würden die ganze Frage der wirtschaftlichen Entwicklung Österreichs viel ernster nehmen und sie nicht mit verordnetem Optimismus zu bekämpfen versuchen, sondern mit konkreten Daten.

Ich höre dem Wirtschaftsminister gerne zu. Er spricht vom Konzept "Österreichs Wettbewerbsfähigkeit". Recht hat er, so muß es gehen: Exporte ankurbeln, Innovationen, Kostensenkung, Abbau der Lohnnebenkosten und Abbau der Bürokratie. Ich gratuliere, Herr Wirtschaftsminister, so geht es!

Nur: Herr Dr. Ditz, eine Frage: Warum tun Sie es dann eigentlich nicht? Sie haben doch vor kurzem federführend ein Sparpaket durch das Parlament gejagt. Doch darin war, soweit ich mich richtig erinnere, kein einziges Kostensenkungsprogramm für Unternehmungen enthalten. Sie werden sicher dann aufstehen und erzählen – ich danke jetzt schon für die Nachhilfestunde –, wie Sie die Lohnnebenkosten gesenkt haben. Ach so, die Besteuerung der Werkverträge sind


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keine Lohnnebenkosten! Vielleicht sollte ich die Frau Hostasch fragen, was das dann ist; sie hat ja soeben erklärt, was Lohnnebenkosten sind. – Wissen Sie, was das ist, Herr Wirtschaftsminister? Eine Erhöhung der Arbeitskosten ist das! Doch das macht offensichtlich den Kampf zwischen Kosten und Marktpreisen nicht leichter. Aber Sie machen uns ja Mut, Herr Wirtschaftsminister, wir würden es schon schaffen, wir sollen arbeiten. Wir können ohnehin nicht anders, es bleibt uns doch nichts anderes übrig.

Herr Bundesminister! Sie haben ein "Artenschutzabkommen" abgeschlossen. Dem müssen Sie doch im Ministerrat zugestimmt haben. Auf einmal ist die Kündigung 50jähriger teurer. Mein Freund Haselsteiner konnte Ihnen schon nachweisen, daß das dazu führen wird – und es führt schon dazu –, daß leider – ich betone: leider! – bereits 49jährige freigesetzt werden. Glauben Sie wirklich, daß Sie mit solchen reaktionären Maßnahmen, mit solchen rigiden obrigkeitsstaatlichen Maßnahmen dem schwierigen Phänomen der Arbeitslosigkeit Paroli bieten können, indem Sie ein "Artenschutzabkommen" schließen?! Beantragen Sie jetzt darin den Kündigungsschutz für 45jährige oder überhaupt einen Kündigungsschutz für alle, wie Herr Dohr gesagt hat?

Herr Dohr hat im November 1994 den unsäglichen Satz, was die Arbeitswelt betrifft, gesagt: Ich würde mir wünschen, daß mehr Leute pragmatisiert sind. – Ja wo glauben Sie, daß wir sind: im Wolkenkuckucksheim der Volkswirtschaft oder auf dem harten Boden der Betriebswirtschaft, wo wir, Herr Bundesminister, jene Wertschöpfung verdienen, die Sie ausgeben? Bitte, nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Der Tourismus ist eine reine Wonne.- Mut! Sie müssen nur Mut haben, meine Damen und Herren, dann überwinden Sie die Hartwährungspolitik! Mit Optimismus müssen Sie gegen ein Hochlohnland kämpfen! Die einzige Chance ist Optimismus und Mut!

Herr Bundesminister! Der Tourismus ist erfolgreich. Der österreichische Tourismus wird erfolgreich bleiben. Der österreichische Tourismus bleibt im Spitzenfeld Europas. Nur müssen Sie zur Kenntnis nehmen: Bei den volkswirtschaftlichen Daten, die wir haben, bei dem Marktpreis, den man vom Markt bezahlt bekommt, und den Kosten, die Sie uns durch Ihre Politik aufgebürdet haben, werden maximal zwei Drittel der Betriebe überleben. Es sind in den letzten drei, vier Jahren die Einnahmen der Devisen im Tourismusbereich von 8,5 Prozent am Bruttoinlandsprodukt auf 6,5 Prozent zurückgegangen. Sie aber haben das einfach mit schönen Worten übertan.

Sie haben ein neues Werbe- und Marketingkonzept versprochen. Es soll im Juni 1996 kommen. Ich bedanke mich jetzt schon dafür. Wir werden es kritisch lesen. Nur: Seither ist geraume Zeit vergangen.

Schon im März 1994 habe ich Ihnen gesagt, wie es um die Tourismuswirtschaft steht. Damals schon mußte ich mich als Miesmacher bezeichnen lassen. Leider, leider habe ich recht behalten. Ich will ja nicht recht haben, ich will, daß Sie recht haben, Herr Wirtschaftsminister! Es ist viel schöner, wenn alles optimistisch und blau und lila und Veilchen ist. Nur ist das nicht die Realität! Im Wolkenkuckucksheim am Schubertring Politik zu machen, ist etwas anderes, als eine Papierfabrik wie Herr Prinzhorn oder ein Bauunternehmen oder ein Hotel draußen in der Wüstenei zu führen, wo man wirklich arbeiten muß. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Also die Eigenkapitalbildung im Tourismus wird gefördert. Herr Wirtschaftsminister, ich gratuliere! Das ist wirklich epochal. Bitte machen Sie es! Das ist ganz, ganz wichtig. Aber glauben Sie wirklich, Herr Bundesminister, daß Sie dann, wenn Sie jetzt das einzige, wirklich spezialisierte Tourismusförderungsinstitut, die Österreichische Hoteltreuhand, in die große BÜRGES einverleiben, weil Sie da offensichtlich parteipolitisch einen leichteren Zugang haben, an der Förderungspolitik etwas verändern? Die Schweizer haben ihre Tourismusfinanzierungsgesellschaft, die Tourismuskreditgesellschaft, die wissen, daß man, wenn man Tourismusförderung macht, die Fremdkapital- und die Eigenkapitalförderung in einer Hand vereinigt. Nein, Dorn macht es in der BÜRGES besser als Stockhammer oder Mücke in der ÖHT, wobei beide auch schwarz sind. Ich kann es Ihnen versichern, beide, Stockhammer und Mücke, sind stockschwarz. (Zwischenruf des Bundesministers Dr. Ditz. ) Mein Gott, ich sage es Ihnen, ich nehme es schon zur Kenntnis: Aber nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß wir, wenn Entlastungen bei der Logismehrwert


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steuer und bei der Getränkesteuer nicht möglich sind, im Jahre 2000 nur noch 100 Millionen Nächtigungen haben werden und daß die Deviseneinnahmen nur noch 5 Prozent am Bruttoinlandsprodukt ausmachen werden. Ich bin gespannt darauf, welche Ausreden ich mir dann von Ihnen werde anhören müssen.

Optimismus werden Sie verkünden. Mut, wird Höchtl sagen. Dann wird es heißen: Liebe Unternehmer, arbeitet ein bißchen mehr, dann geht es schon wieder! – So einfach ist Wirtschaftspolitik nicht! Das können wir nicht so hinnehmen.

Der Herr Sozialminister hat dankenswerterweise in seiner Diktion schon vieles dazugelernt. Er hat gesagt, Vollbeschäftigung sei nicht verordenbar. – Mein Kompliment, Herr Sozialminister! Das ist ein wirklich wahres Wort! Herr Sozialminister, Sie haben aber nichts darüber gesagt, wie Sie darangehen werden, die notwendige Entflechtung zwischen dem Netz der sozialen Sicherheit und dem Arbeitseinkommen zu bewerkstelligen. Herr Sozialminister, Sie haben nicht dazu Stellung genommen, wie Sie sich eine Grundsicherung in unserer Republik vorstellen. Das ist ein ganz, ganz sensibles Thema, ein politisches Thema, das lange verdrängt wurde. Nur: Es steht doch fest, daß die notwendige Grundsicherung für alle Bürgerinnen und Bürger in unserer Gesellschaft offensichtlich über das Arbeitseinkommen nicht mehr funktioniert. Wir Liberale behaupten nicht, zu diesem Thema eine Patentlösung zu haben, aber wir laden Sie ein – wir hätten uns gefreut, wenn Sie heute dazu eine erste Stellungnahme abgegeben hätten –, darüber nachzudenken, wie wir das Netz der sozialen Sicherheit gemäß dem Wandel der Gesellschaft neu stricken können, wie wir die Trennung zwischen Arbeitseinkommen und sozialer Sicherheit durchführen können – eine schwierigere, aber umso wichtigere und notwendige Aufgabe. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Nun noch einige Anmerkungen prinzipieller Art. Ich würde mich freuen, wenn sie als Grundlage dieser Debatte verstanden werden würden. Wirtschaften ist ohne Zweifel kein Selbstzweck, sondern muß sich an der Befriedigung von Kundenbedürfnissen orientieren. Von einem hohen Wohlstandsniveau ausgehend, abgesichert durch ein dichtes soziales Netz, müssen wir eines wieder lernen: Arbeitszeitgestaltung den Wünschen unserer Kunden anzupassen.

Wir im Hohen Haus diskutieren viel zu sehr über die Probleme, die wir alle mit der Verteilungspolitik und der sozialen Sicherheit haben. Nur, verstehen wir doch eines: Die Verteilungspolitik und die soziale Sicherheit sind Ausfluß der Wertschöpfung, die vorher verdient wurde, und Wertschöpfung verdient man nur über Märkte, Wertschöpfung verdient man nur über Kunden, Wertschöpfung verdient man nur, wenn man versteht, was Kunden letztlich wünschen.

Wir diskutieren die ganze Frage der Beschäftigungspolitik und der Arbeitspolitik in unserem Land querbeet über alle Sektoren. Das ist doch nicht richtig. Da gibt es doch große Unterschiede. So hat der primäre Sektor, der landwirtschaftliche Sektor, seine Rationalisierung bereits abgeschlossen; da sind keine zusätzlichen Arbeitsplätze mehr zu bekommen. Im sekundären Sektor ist eine unerhörte Rationalisierungswelle im Gang, da werden Arbeitszeitverkürzungen wegen Produktivitätssteigerungen durch längere Maschinenlaufzeiten möglich sein. Nur im tertiären Sektor gibt es eine Beschäftigungschance, und wer die Beschäftigung im tertiären Sektor abwertet, der wertet die Beschäftigungschance in diesem Land ab. Es ist nicht menschenunwürdig oder unterwürfig oder der Ehre eines Menschen abträglich, im Bereich der persönlichen Dienstleistung zu arbeiten. Es gibt eine Unmenge von Arbeit, wo heute keine Nachfrage mehr besteht, weil sie zu teuer geworden ist.

Herr Wirtschaftsminister und Herr Sozialminister! Wo sind Ihre Rahmenbedingungen spezifisch für den tertiären Sektor, der sich schließlich zum Teil in den quartären Sektor wandelt? Dazu gehören Versicherungen, die Banken, all das, wo die Telekommunikationsrevolution höhere Produktivitäten und damit auch Rationalisierungen und Freisetzungen ermöglicht. Wie werden Sie darauf antworten? Wo sind die Konzepte dieser Bundesregierung, wie die Rahmenbedingungen für die Arbeit in dem sich neu gestaltenden quartären Sektor zu gestalten sind? Wie wollen Sie es ermöglichen, daß die Beschäftigungschance im verbleibenden tertiären Sektor, die persönliche Dienstleistung, genützt wird?


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Ich komme noch einmal mit dem amerikanischen Beispiel, weil es mir zuwenig ist, nur das Schlechte an der amerikanischen Gesellschaft herauszuarbeiten. Es gibt ohne Zweifel in der amerikanischen Gesellschaft Entwicklungen, die wir Liberalen nicht mittragen, die wir nicht einmal tolerieren wollen, weil für uns die soziale Sicherheit des Menschen die Basis für seine Freiheit ist. Und wer nicht frei ist, wer nicht selbstbestimmt ist, kann letztlich auch nicht kreativ und produktiv sein.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Entschuldigen Sie! Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (fortsetzend): Ich glaube, wir haben 20 Minuten, Herr Präsident. 10 Minuten sind nur eine freiwillige Begrenzung. Wir haben es anders aufgeteilt.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Entschuldigen Sie! – Bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (fortsetzend): Die amerikanische Gesellschaft hat es durch eine vollkommene Kundenorientierung, durch eine Konzentration auf Kundenwünsche geschafft, ihre Gesellschaft umzubauen. Sie hatten in den achtziger Jahren Schwierigkeiten, und es gab Irrungen, und es gibt heute noch Fehlentwicklungen in der amerikanischen Gesellschaft. Aber nehmen Sie doch zur Kenntnis: In Amerika wurden von 1983 bis 1996 an die 27 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen! Rechnet man das auf Österreich um, so müßten das weit über 1 Million neue Arbeitsplätze sein. Lassen Sie uns nicht nur großkotzig, europäisch überheblich Amerika kritisieren, lassen Sie uns auch am Beispiel Amerika lernen.

Meine Damen und Herren! Wenn wir nicht prinzipiell an das Netz der sozialen Sicherheit und damit an die Lohnnebenkosten herangehen, werden wir nicht in der Lage sein, Arbeitskosten bei Aufrechterhaltung der Bruttolöhne zu senken. Wenn wir nicht bereit sind, den Schritt zu gehen, Energiesteuern oder Ressourcen gegen Lohnnebenkosten abzutauschen, werden wir eine Produktivitätschance und damit eine Beschäftigungschance verlieren.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Ich bin überzeugt davon – und ich glaube, da teilen Sie unsere Meinung, Herr Wirtschaftsminister –, daß die österreichische Gesellschaft in der Zweiten Republik heute vor ihrer größten Herausforderung steht. Die Industriegesellschaft alter Prägung ist in eine Sackgasse gelaufen: Sie investiert immer mehr Kapital, um immer mehr Ressourcen auszubeuten und immer mehr Menschen beschäftigungslos zu machen. Mit alten Rezepten kommen wir nicht weiter. Die Chance liegt im Wandel. Die Chance liegt darin, den Wandel als Herausforderung zu begreifen. Aber das bedingt, daß wir selbst wandlungsfähig sind und eine ganze Reihe heiliger Kühe zur Schlachtbank führen.

Neue Märkte in den Reformstaaten, der Beitritt zum Binnenmarkt und die Liberalisierung des Welthandels bringen nicht nur mehr Wettbewerb in unser Land, sondern auch größere Marktchancen. Wir stehen an der Bruchlinie unserer Entwicklung. Erfahrungen der Vergangenheit werden zum Hemmschuh der Gegenwart. Die Verteidigung alter Besitzstände erhöht nur den Anpassungsdruck von morgen und gefährdet das bisher Erreichte. Neue Beschäftigungen entstehen durch die Anpassung überholter Normen an die Realität der Märkte. Wir Liberalen wollen durch offensive Maßnahmen Wege aus der drohenden Gefahr der Zweidrittelgesellschaft finden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Ich möchte doch an die Übereinkunft in der Präsidiale erinnern, wonach jeder Zweitredner höchstens 10 Minuten spricht. Das war ein Gentlemen’s/Gentlewomen’s Agreement – ich gebe das zu –, aber jetzt, glaube ich, ist es bindend.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Die Gentlemen sind halt so rar geworden, Herr Präsident!)

14.20

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Herren Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ein paar Worte zu den


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Ausführungen des Abgeordneten Peter: Ich möchte hier einen unverdächtigen Zeugen nennen, nämlich den ehemaligen Wirtschaftsminister Schiller, der den Satz geprägt hat: 50 Prozent der wirtschaftlichen Entwicklung sind vom Psychologischen her beeinflußbar. Das bedeutet – ich möchten den Satz des Kollegen Höchtl wiederholen –, daß es für die wirtschaftliche Entwicklung besser ist, Mut zu machen, als etwas mieszumachen, sehr geschätzter Herr Abgeordneter Peter. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. )

Haben Sie das altbekannte Sprichwort: "Dem Mutigen gehört die Welt!" schon vergessen? Denn dieser ist bereit, in die Zukunft zu investieren, Arbeitsplätze zu schaffen und Positives für die Zukunft beizutragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Selbstverständlich können Arbeitsplätze nicht verordnet werden – das ist logisch. Für die Schaffung von Arbeitsplätzen kann es keine Patentrezepte geben, was wir aber machen müssen, ist, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, daß wir im europäischen Wettbewerb bestehen können, und daran mangelt es teilweise. Maßnahmen in dieser Hinsicht sind schon gesetzt worden. Es ist beim Strukturanpassungsgesetz insgesamt darauf geachtet worden, daß die Lohnnebenkosten und damit die Stückkosten nicht erhöht werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

Für die Entwicklung unseres Landes sind die Erhaltung und die Schaffung von Arbeitsplätzen gerade auch in den ländlichen Regionen von großer Wichtigkeit, denn immerhin lebt rund die Hälfte der österreichischen Bevölkerung in ländlichen Regionen und nicht in Städten. Und nur dann, wenn es uns gelingt, auch den ländlichen Raum als Wirtschaftsstandort zu sichern, wird der ländliche Raum eine Lebensqualität bieten können, die mit jenen in den Städten vergleichbar ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Rahmen der Dorferneuerungsprojekte können zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und gleichzeitig kann die Lebensqualität in den Dörfern verbessert werden. Es ist daher nicht richtig, wenn Abgeordneter Haider, wie er das in seiner Rede getan hat, die Abschaffung der Kommunalsteuer verlangt, da diese ein wichtiges Finanzierungsinstrument für die Gemeinden ist. Wenn die Kommunen nicht mehr investieren können, sind eben die Arbeitsplätze und die Lebensqualität dort gefährdet. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ein weiterer sehr wesentlicher Faktor für den ländlichen Raum ist die Sicherung einer flächendeckenden bäuerlichen Landwirtschaft, ist doch damit im vor- und nachgelagerten Bereich eine große Anzahl von Arbeitsplätzen verbunden. Allein in der Lebensmittelbranche haben wir in Österreich rund 80 000 Arbeitsplätze. Auch in der Landmaschinenbranche, in der Betriebsmittelbranche haben wir in den ländlichen Regionen sehr viele Arbeitsplätze.

Aber auch im Bereich der holzverarbeitenden Industrie haben wir in Österreich sehr viele Arbeitsplätze – als waldreichstes Land Mitteleuropas können wir ja die Rohstoffe für diesen Zweig liefern. Was wir in diesem Bereich brauchen, ist eine stärkere Wertschöpfung im Inland. Es ist oft so, daß wir die Rohstoffe exportieren und die verarbeiteten Produkte dann importieren. Gerade in der holzverarbeitenden Industrie, für die wir sozusagen die nachwachsenden Rohstoffe haben, wäre es ein Gebot der Stunde, für die Zukunft zu investieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Im landwirtschaftlichen Bereich und im Bereich der Lebensmittelverarbeitung haben wir in Österreich in den letzten Jahrzehnten einen sehr geschützten Markt gehabt, und das hat nicht unbedingt dazu geführt, daß rationalisiert wurde, um im europäischen Wettbewerb bestehen zu können. Umso angebrachter ist es jetzt, die gebotenen Möglichkeiten, etwa Sektorenpläne, 5b-Programme, rasch umzusetzen, sodaß unsere Betriebe diesen Rationalisierungsrückstand gegenüber anderen europäischen Staaten mittels der finanziellen Hilfe aufholen können. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Ing. Tychtl. )

Ziel kann aber nicht sein eine volle Liberalisierung, denn diese ist mit einer umweltbewußten Landwirtschaft, wie wir sie in Österreich verstehen, nicht vereinbar. Wir können nicht wettbewerbsfähig sein, wenn wir die billigsten Produkte des europäischen Marktes in unseren Supermärkten verkaufen, sondern wir brauchen eine Abstimmung, daß die Produktion dem Verbrauch in Europa angepaßt wird. Daher werden wir auch in Zukunft Produktionsquoten brauchen.


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Wir brauchen aber auch weiterhin das Instrument der Ausgleichszulage, um eine flächendeckende Besiedlung in den Berggebieten zu erhalten. Obwohl wir einen zehnjährigen Übergangszeitraum für Sockelbeträge beim Bergbauernzuschuß haben, haben wir den Wunsch nach einer gesamteuropäischen Lösung mit Sockelbeträgen, damit unsere kleinen Betriebe in den Berggebieten mit der entsprechenden Förderung erhalten bleiben können und die Söhne und Töchter bereit sind, die Betriebe zu übernehmen.

Ich freue mich, daß Wirtschaftsminister Ditz angekündigt hat, daß an einer weiteren Liberalisierung der Gewerbeordnung gearbeitet wird. Diesbezüglich haben wir Wünsche. Es sollen für die Landwirtschaft gemeinsam mit den Betrieben, den Gewerbetreibenden des Ortes Möglichkeiten geschaffen werden, denn auch die zusätzliche Wertschöpfung in der Landwirtschaft beziehungsweise im Dorf bedeutet Arbeitsplätze für Österreich.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Eine wirkungsvolle Agrarpolitik ist in diesem Sinne als Stütze für den Arbeitsmarkt und Wirtschaftsstandort Österreich keineswegs zu unterschätzen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.28

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Damit ich aufgrund meiner Redezeit nicht in Schwierigkeiten komme, möchte ich zunächst den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haupt und Dolinschek zur Verlesung bringen, damit er laut Geschäftsordnung ordnungsgemäß eingebracht ist.

Entschließungsantrag

betreffend Erweiterung der branchenbezogenen und betrieblichen Entscheidungsmöglichkeiten bei arbeitsrechtlichen Regelungen

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Arbeit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der zur Erleichterung flexibler und im Interesse der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelegener arbeitsrechtlicher Regelungen eine deutliche Erweiterung der branchenbezogenen und betrieblichen Entscheidungsmöglichkeiten vorsieht, aber Schmälerungen der Entgelte der Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang verhindert."

*****

Einige Damen und Herren Vorredner – namentlich Frau Kollegin Hostasch und Herr Kollege Verzetnitsch von der sozialdemokratischen Fraktion – haben sich ja in ihren Ausführungen schon mit diesem Antrag beschäftigt. Ihnen ist er im Vorfeld der heutigen Debatte, obwohl er noch nicht eingebracht war, offensichtlich nicht verborgen geblieben, sehr zum Unterschied von Herrn Minister Ditz, der ja nach seinem und nach dem Referat unseres Bundesparteiobmanns Dr. Haider gemeint hat, daß in der heutigen Sitzung von den Freiheitlichen kein einziger Vorschlag kommt.

Herr Bundesminister Dr. Ditz! Ich hoffe, daß Sie sich in der Zwischenzeit wenigstens die Mühe gemacht haben, sich die 16 Anträge, die als Konvolut am Präsidium liegen, anzusehen, und


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zumindest diesen Punkt Ihrer unsachlichen Polemik von der Regierungsbank aus revidieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Diskussion, die heute hier über diesen Bereich geführt worden ist, ist eigentlich verwirrend. Sie, Herr Kollege Ditz, haben gemeint, daß wir Staat, Länder und Gemeinden um ihre Gelder bringen und irgendwelche Beschäftigungseffekte erfinden, die nicht eintreten. Ich sage Ihnen klar und deutlich folgendes: Die freiheitliche Fraktion hier im Parlament ist, seit sie hier im Parlament ist, immer dafür eingetreten, möglichst viel Geld bei den Arbeitnehmern und Unternehmern zu lassen und nur soviel Staat zuzulassen – von den Gemeinden bis hinauf zur Bundesregierung –, wie es notwendig ist.

Ich darf in diesem Zusammenhang Ihnen, Frau Kollegin Hostasch, und Ihnen, Herr Kollege Verzetnitsch, folgendes ins Stammbuch schreiben: Bei den positivsten – positivsten! – Kriterien werden aus einem Steuerschilling 62 Groschen an Beschäftigungseffekt. Der Durchschnitt liegt aber bei 32 bis 36 Groschen pro Steuerschilling, die in die Wirtschaft zurückfließen – der Rest geht in die Verwaltung beziehungsweise auch in die entsprechenden Kammern und Sozialversicherungsbeiträger, die dann in Diskussionsrunden dieses Geld am eigentlichen Zweck vorbei, nämlich an der Beschäftigungspolitik vorbei, zur Eigenbeschäftigung verwenden. Daher rentieren sich unsere Anträge – wenn man das Geld tatsächlich dort läßt, wo es seinerzeit gut aufgehoben war.

Da der frühere Herr Bundesminister Löschnak heute hier im Plenum sitzt, sei auf folgendes verwiesen – Frau Kollegin Hostasch, Sie haben sich ja mit der Gesundheitspolitik der Freiheitlichen auseinandergesetzt –: In den Jahren 1986 und 1987, als Löschnak als Kanzleramtsminister Gesundheitsminister war, wurden 15 Prozent der österreichischen Krankenanstaltenkosten von den privaten Krankenversicherungen getragen. Sie haben es zuwege gebracht, sehr geehrte Damen und Herren, daß Sie in neun Jahren rot-schwarzer Einheitspartei in Österreich eine Umverteilung von arm zu reich durchgeführt haben.

Nunmehr beträgt der Kostenanteil der privaten Krankenversicherungen zwischen 5 und 9 Prozent – unterschiedlich nach Bundesländern. Viele Leute, die sich 20 oder 30 Jahre hindurch in ihrem Arbeitsleben eine private Krankenversicherung geleistet hatten, mußten, als sie in Pension gingen, aufgrund der exorbitanten Kosten die Krankenversicherung kündigen.

Die Arbeitszeitregelungen für Ärzte und Primarii, die wir 1986/87 mit Löschnak meiner Ansicht nach gut ausverhandelt hatten, um Doppelt- und Dreifachbeschäftigungen in diesem Bereich zu verhindern und damit die Patienten auch bei den Primarii mit gutem und internationalem Ruf in den öffentlichen Krankenanstalten und nicht im privaten Bereich, wo diese ausschließlich selbst verdienen, zu halten, sind bis heute, neun Jahre später, nicht gekommen.

Ich lasse es nicht gelten, wenn uns Freiheitlichen hier Verunsicherungspolitik in die Schuhe geschoben wird. In den letzten neun Jahren hatten die beiden Regierungsparteien allein und ausschließlich die Verantwortung dafür zu tragen!

Ich halte es auch für schlichtweg frivol, wenn der ehemalige Vizebürgermeister von Wien, Mayr, uns nunmehr via österreichisches Fernsehen ausrichtet, warum in der Gesundheitspolitik nichts weitergegangen ist. Jeder, der damals hier im Parlament war, weiß, wer das Nichtzustandekommen dieser zukunftsträchtigen Regelungen, wer diese Umverteilung von arm zu reich in Österreich zu verantworten hat (Beifall bei den Freiheitlichen): nämlich der Herr Vizebürgermeister Mayr, der heute in der Pension gescheiter ist als damals, als er noch in dem Amtsstuben der Gemeinde Wien residiert hat.

Lassen Sie mich zur Gesundheitspolitik und zur Beschäftigung in diesem Bereich noch folgendes sagen: Die Sozialpartner kreißen, die Regelungen, die herauskommen, sind nicht effizient!

Schauen Sie sich das leistungsorientierte Krankenhausfinanzierungssystem an. Es wird uns nichts nützen, wenn wir die leistungsorientierte Krankenhausfinanzierung isoliert betrachten und das Umfeld, die niedergelassenen Ärzte und die Vertreter der anderen Heil- und Gesundheitsbe


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rufe nicht in entsprechender Form miteinbeziehen. Ich sage das auch im Hinblick auf die jetzige Diskussion betreffend Kosten auf dem Medikamentensektor.

Herr Bundesminister! Lassen Sie sich nicht blenden: Wir in Österreich haben europaweit gesehen eine Unterakademisierung. Von 23 OECD-Ländern haben wir in Österreich die geringste Akademikerquote, obwohl wir bei den Maturanten und bei den Lehrabschlüssen mit 60 Prozent die Führungsposition innehaben. In diesem Bereich hat die Bundesregierung in den letzten neun Jahren nichts zuwege gebracht – ob die Schwarzen im Ministerium gesessen sind, Busek und Konsorten, oder ob es jetzt Herr Wissenschaftsminister Scholten ist: Die eklatanten Fehler im österreichischen Bildungssystem sind in den letzten zehn Jahren nicht behoben worden! Da wurde keine Europaoffensive gestartet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein Land, das sich bemüht, von einer verlängerten Werkbank in ein hochtechnologisiertes Umfeld einzutreten, hat im Spitzenbereich der Ausbildung kläglich versagt. Und dieses Versagen wird sich noch 10 bis 15 Jahre in Österreich auswirken, denn auch wenn Sie jetzt eine Bildungsoffensive starten und sich jetzt aufgrund der Autonomiebestrebungen der Universitäten das eine oder andere zum Besseren wenden wird, werden wir durch die Sünden der letzten 10 Jahre in den nächsten 15, 20 Jahren auf einem sich öffnenden Weltmarkt schwer im Spitzenfeld zu kämpfen haben.

Kollege Schwarzenberger hat vor mir hier in seiner Rede den ländlichen Raum apostrophiert und gemeint, daß wir Freiheitlichen diesen vergessen. Ich frage Sie, Herr Kollege Schwarzenberger: Wo bleiben die Initiativen der Bundesregierung, um den ländlichen Raum etwa im High-Tech-Bereich mit entsprechenden Standleitungen für computerisierte Betriebe, für die Verlegung von Datenarbeitsplätzen nach Hause in entsprechender Form zu versorgen? Es gibt ein Gefälle zwischen dem urbanisierten Raum und dem ländlichen Raum. Die Städte sind die ersten, die drankommen, der ländliche Raum muß warten, wie man bei der Postauskunft warten muß, wenn alles besetzt ist und es heißt: Bitte warten! Bitte warten! Bitte warten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir in den Bundesländern wissen doch ganz genau: Die großen Firmen haben ihren internationalen Sitz nach Wien verlegt, weil sie in ihren ehemaligen Zentralen draußen – ob sie bei uns in Kärnten, bei Ihnen in Salzburg oder in Oberösterreich waren – zu spät an die internationalen Kontakte, an die Hochleistungsdatensysteme herankommen, sodaß sie mit ihren Betrieben zeitgerecht, schnell kommunizieren und in entsprechender Form arbeiten können.

Das sind hausgemachte Probleme. Dafür mache ich weder die EU noch sonst jemanden verantwortlich, sondern jene Damen und Herren, die dafür zuständig waren, und Sie, die Sie die Mehrheit hier im Plenum in den letzten neun Jahren gestellt und wider besseres Wissen die Mauer gemacht haben. Denn, Kollege Schwarzenberger, wenn man Ihnen zuhört, erkennt man: Sie wissen, worum es geht, aber Sie haben hier neun Jahre lang der Benachteiligung des ländlichen Raumes kontinuierlich zugestimmt. – Das sind die Skandale! Das ist die Verunsicherungspolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen noch etwas, Herr Kollege Schwarzenberger: Sie brauchen hier nicht in Sonntagsreden Unzufriedenheit in der österreichischen Bevölkerung zu monieren. Die österreichische Bevölkerung ist deswegen unzufrieden, weil zwischen der Ankündigungspolitik dieser Bundesregierung, zwischen den Versprechungen von ÖVP und SPÖ im Wahlkampf und der jetzigen Politik, die Sie umsetzen, eine eklatante Lücke klafft. Die jetzt erhobenen Daten sind nicht zurückzuführen auf Verunsicherungspolitik von Rot, Schwarz, Liberalen oder sonst jemanden, sondern sind allein und ausschließlich das Verdienst dieser Bundesregierung.

Wenn Sie den Fernseher einschalten, sehen Sie die Sozialpartner diskutieren. Am Montag, Dienstag und Mittwoch versprechen Sie den Leuten über Fernseher Besserstellungen für die Arbeitnehmer, die Betriebe, die Mittelbetriebe, die Unternehmer, den Gesundheitsbereich, und am Mittwoch, Donnerstag und Freitag – so geschehen in der Plenarwoche zum Budget – sitzen dieselben Vertreter hier im Parlament und stimmen gegen ihre eigenen Anträge, die Sie am Sonntag zuvor bei Herrn Rabl oder sonst jemanden im Fernsehen ventiliert haben. Das bringt


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den Verlust an Glaubwürdigkeit der Politik, das ist ein Herunterwirtschaften der Politiker insgesamt. Dafür sind Sie von der Regierungsbank und Sie aus den Reihen der Regierungsparteien voll und allein verantwortlich. (Zwischenruf des Abg. Freund. ) Da brauchen Sie nicht uns Freiheitliche in die Zugnummer zu nehmen, dafür brauchen Sie nicht die anderen Oppositionsparteien verantwortlich zu machen, sondern das ist hausgemachte Verunsicherungspolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Den Sozialdemokraten muß ich noch folgendes sagen: Sie werfen uns Freiheitlichen immer Populismus vor, aber Frau Kollegin Ederer, seit dem Wahlkampf 1995 haben Sie dazu überhaupt keinen Grund mehr, denn seit Kreiskys Zeiten hat es in Österreich keinen solch populistischen Wahlkampf mehr gegeben. Und wir Freiheitlichen sind stolz darauf, daß wir noch nie auf diesen Schmalztiegel der populistischen Politik in Österreich zurückgegriffen haben. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

14.39

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ein paar Stücke aus dem Papier "Arbeit für Österreich" herauspicken. Es ist zwar zu einigen Punkten schon etwas gesagt worden, aber "Versicherungspflicht statt Pflichtversicherung" reizt mich, auch noch ein paar Worte dazu zu verlieren.

Sie von den Freiheitlichen, die Sie sich immer als Anwalt des "kleine Mannes", der "kleinen Frau" hier herstellen, wollen haben, daß gesunde, junge Menschen Vorteile haben und Ältere, Kranke auf der Strecke bleiben, daß es nach ein, zwei Erkrankungen heißt: Die Versicherungsprämien müssen erhöht werden.

Sie sind also mit dem System, das 7,8 Millionen Österreicher, also 99 Prozent der österreichischen Bevölkerung optimal absichert, nicht zufrieden. Das lasse man sich auf der Zunge zergehen!

Sie fordern weiters eine Konzentration der Sozialpartnerschaft auf betrieblicher Ebene. Auch dazu ist heute schon einiges gesagt worden. Aber für mich bedeutet das, sofern das auf der betrieblichen Ebene nicht ohnehin schon funktioniert, eine Absage an die Kollektivvertragsebene. Ich habe es hier schon des öfteren gesagt: Der Kollektivvertrag ist das Sicherheitsnetz für die arbeitende Bevölkerung. Wir werden ihn nicht preisgeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein besonderes Gustostückerl findet sich unter der Überschrift "Senkung der Lohnnebenkosten". Lohnfortzahlung durch Selbstversicherung der Arbeitnehmer, der die bisherigen Aufwendungen des Dienstgebers dazu erhält. Wenn er diese Aufwendungen des Dienstgebers dazu erhält, meine Damen und Herren, dann frage ich mich, wie Sie auf diesem Weg die Lohnnebenkosten senken wollen. Wahrscheinlich wird das wieder so eine Hintertüraktion sein: Erst schlagen Sie das dazu, dann nehmen Sie es weg, und der Arbeitnehmer soll schauen, wo er bleibt.

Herr Abgeordneter Haider hat sich ja heute hier dafür ausgesprochen, daß es zu keinen Kürzungen kommt. (Abg. Dr. Haider: Lesen Sie es nach!) Er hat uns etwas von der PWA Hallein erzählt, das ist zufällig mein Bezirk. Es ist schon richtig, daß von der Direktion gefordert wurde, daß die Arbeitnehmer eine Stunde wöchentlich kostenfrei arbeiten sollen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. (Abg. Dr. Haider: Vier!) Eine Stunde wöchentlich. Das sind vier Stunden im Monat, Herr Abgeordneter Haider. Das zählt zu den Grundrechnungsarten. (Abg. Dr. Haider: Vier Stunden wöchentlich!) Aber es macht nichts. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Verteidigen Sie die PWA?) Nein, aber das wurde vom Betriebsrat und von den Gewerkschaften abgelehnt, und das haben Sie vergessen, hier zu sagen, wie Sie immer gerne etwas vergessen. Ein halber Satz genügt auch, um Verunsicherung zu erzeugen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Nebenbei bemerkt: Eine Drohung seitens des Arbeitgebers, wenn die Belegschaft dazu nicht bereit wäre, hat es nicht gegeben. Das muß ich auch sagen. Hier waren Ihre Ausführungen nicht ganz richtig.

Eine weitere Forderung von Ihnen: mehr Zeitautonomie für die Betriebe; in Klammern: ohne Einkommensverluste für die Mitarbeiter. Das ist schon gut. Das hört sich sehr gut an. Ich frage Sie aber: Wo bleibt die Zweitautonomie der Arbeitnehmer? Und wenn etwas so gut klingt, ist es immer verdächtig, denn was mit den Mehrleistungen zu geschehen hat, die sich automatisch aus einer derartigen Zeitautonomie der Betriebe ergeben, darüber verschweigen Sie sich schamhaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein besonderes Gustostück ist mir aufgefallen: Die Entsteuerung der Überstunden. Meine Damen und Herren! Das klingt unglaublich gut. Die Arbeitnehmer werden sich schon freuen, wenn sie für die Überstunden keine Steuern mehr zahlen müssen. Sie werden noch mehr Überstunden machen. Und wenn Sie in Ihrem Papier behaupten, die Streichung der Überstundenzuschläge und Zeitgutschrift schaffe keine neuen Arbeitsplätze, dann sage ich Ihnen: die Entsteuerung der Überstunden auch nicht. Sie ist eher als Jobkiller zu bezeichnen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dolinschek. )

Noch so ein Wunschgedanke: Steuerbegünstigung für Haushaltshilfen. Das geistert ja immer wieder durch dieses Haus. Es mag schon sein, daß der eine oder andere Arbeitsplatz damit geschaffen wird. Aber um welchen Preis, bitte, meine Damen und Herren? Die Besserverdienenden, die sich eine Haushaltshilfe leisten können, können diese auch noch absetzen. Was ist mit den Kinderbetreuungskosten für jene, die gezwungen sind, arbeiten zu gehen, um überhaupt die Familie erhalten zu können? Das frage ich Sie jetzt! Das alles nennt sich "Arbeit für Österreich", vorgestellt, meine Damen und Herren, vom Parteiobmann der Freiheitlichen und von seinem Wirtschaftssprecher.

An dieser Stelle möchte ich Sie an etwas erinnern, was sich während der Budgetverhandlungen hier abgespielt hat. Da war der Herr Wirtschaftssprecher der Freiheitlichen hier am Rednerpult und hat eigentlich ziemlich höhnisch ein Handy aus der Tasche geholt und gesagt, er sei an ein ausländisches Netz gebunden, weil das um vieles billiger sei. – In diesem Stil will er das scheinbar weitermachen. Ein Mann, der auf die Republik Österreich vereidigt ist, sagt hier unter dem Beifall der Zuhörer, wie man österreichische Arbeitsplätze vernichten kann. Das finde ich äußerst bemerkenswert! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Haider: Wer die Semperit auf dem Gewissen hat, sollte lieber den Mund halten!) Wann ich den Mund zu halten habe, Herr Kollege Haider, das sagen Sie mir aber sicher nicht! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Haider: 1 400 Arbeitsplätze vernichtet! – Ruf bei der SPÖ: Haben Sie schon einmal einen gesichert, Herr Dr. Haider? )

Was die begehrlichen Blicke zu den Reformstaaten im Osten betrifft, meine Damen und Herren, da muß ich Ihnen sagen: keine Angleichung nach unten. Wenn wir diese Länder integrieren wollen, müssen wir sehen, daß sie die Sozial- und Umweltstandards etwa in der gleichen Höhe einhalten wie wir. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es kommt kontinuierlich vor – manchmal versteckt, manchmal offener –, daß die Probleme, die wir auf dem Arbeitsmarkt haben, mehrheitlich auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen werden sollen. Herr Bundesminister Hums hat heute hier schon gesagt, daß wir einen sehr hohen Beschäftigtenstand haben, daß uns aber trotzdem die Arbeitsmarktsituation Sorge macht.

Aber diesen hohen Beschäftigtenstand, meine Damen und Herren, hat die Regierung ohne Zutun der "F" erreicht. Die Freiheitlichen können hier nicht herausgehen und der Regierung ständig Säumigkeit vorwerfen. Diese Probleme bedürfen nämlich einer sozialpartnerschaftlichen Lösung. Es ist an der Zeit, Arbeit anders zu organisieren. Man kann sie durchaus auch flexibilisieren, man muß sie anders verteilen – aber unter beiderseitiger Mitsprache, meine Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

In diesem Zusammenhang darf man nicht außer acht lassen, daß die Rahmenbedingungen ausschließlich in Kollektivverträgen zu verankern sind, daß die Schutzfunktion und die Normen des


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Arbeitszeitgesetzes nicht unterhöhlt werden dürfen. Wir sind auch gegen Extremformen wie KAPOVAZ und Standby. Das haben wir alles hier mehrheitlich schon deponiert. Bis jetzt sind die Vorschläge, so auch jener zur Verlängerung der täglichen Arbeitszeit, mehr als Kostensenkungsprogramm für die Unternehmer zu sehen, als für die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze. Zur Sicherung der Arbeitsplätze muß man auch heiße Eisen anfassen. Ich habe schon von der Flexibilisierung gesprochen, das ist heute auch von der Regierungsbank schon angeklungen. Aber wie gesagt: unter Einhaltung der genannten Mindeststandards.

Meine Damen und Herren! Tun wir doch nicht so, als ob die Probleme auf dem Arbeitsmarkt nur hier in Österreich zu finden wären. Alle Industriestaaten haben diese Probleme. Aus diesem Blickwinkel heraus erscheint dann das von Herrn Stadler am Sonntag Gesagte, das "Vor-sich-Hertreiben-der-Regierung", in einem ganz besonderen Licht. Sie warten nämlich gar nicht, bis die hier beschlossenen Maßnahmen greifen; Sie machen sie gleich madig.

Wir, meine Damen und Herren, werden daran gemessen werden, wie wir die – zugegebenermaßen großen – Probleme in den Griff bekommen. Aber eines sei hier gesagt: Für Lösungen, die ausschließlich auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen werden, steht die Sozialdemokratie nicht zur Verfügung. (Beifall bei der SPÖ.)

"Arbeit für Österreich". Meine Damen und Herren! Mit dieser Sondersitzung hat die "F" eines geschafft, nämlich Mitglieder der Bundesregierung und Funktionäre der Sozialpartner, für welche die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen höchsten Stellenwert hat, zeitlich zu blockieren. Herr und Frau Österreicher werden das zu beurteilen wissen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.48

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Minister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Reitsamer hat es schon anklingen lassen: Wir haben Probleme. Die Freiheitlichen haben das zum Anlaß genommen, heute hier eine Sondersitzung einzuberufen: "Arbeit für Österreich". Ich glaube, es ist uns allen klar, daß sich die Situation auf dem österreichischen Arbeitsmarkt ganz deutlich verschärft hat.

Was mich aber in der Zwischenzeit schon nicht mehr überrascht, ist, daß weder die Abgeordneten der SPÖ noch die Abgeordneten der ÖVP diese besondere Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt hier beleuchten beziehungsweise besprechen.

Die Gründe für die Verschärfung der Situation wurden von meinem Vorredner Peter schon deutlich gemacht. Nur: Diese verschärfte Situation gibt es für Frauen schon lange, es war so in der Vergangenheit, und in Zukunft wird sich unsere Situation leider auch nicht verbessern. Und ich werde nicht müde werden, hier von dieser Stelle aus zu sagen, daß Frauen auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sind.

Es ist Tatsache, meine Damen und Herren, daß Frauen länger arbeitslos sind, daß sie weniger an Arbeitslosenentschädigung bekommen. Darüber, daß sich die Lohnschere noch weiter öffnet und der Unterschied in der Bezahlung über ein Drittel beträgt, möchte ich gar nicht mehr sprechen. Ich möchte auch hier noch einmal der Ordnung halber und als Ergänzung festhalten, daß die Erwerbsquote bei Frauen in Österreich eine nur mäßig durchschnittliche ist, sie liegt in etwa bei 55 Prozent. Damit liegen wir nur knapp vor Portugal und weit hinter vergleichbaren Ländern wie zum Beispiel Schweden, das immerhin eine Erwerbsquote von Frauen an die 93 Prozent aufweisen kann.

Meine Damen und Herren! Dafür sind selbstverständlich auch fehlende Rahmenbedingungen verantwortlich; ich möchte aber gar nicht im Detail auf all diese Versäumnisse der Regierungsparteien hinweisen.

Aber diese Verschärfung wird noch deutlicher werden. Sie haben hier in diesem Haus ein Bonus-Malus-System beschlossen, das sich nicht nur allgemein nachteilig auswirken wird,


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sondern in besonderem Maße frauendiskriminierend ist. In Österreich gibt es nach wie vor ein Nachtarbeitsverbot für Frauen, nach wie vor wird über vordergründige Schutzmechanismen diskutiert, die sicherlich nicht zur Schaffung von Frauenarbeitsplätzen beitragen (Beifall des Abg. Meisinger ) , weil nach wie vor durch Bürokratie entschieden werden soll, was für uns Frauen zumutbar ist und was nicht. Nach wie vor gibt es Auflagen an Betriebe, die sicherlich auch nicht zur Schaffung von Frauenarbeitsplätzen beitragen werden, weil sie kostenintensiv sind. Ich vermisse außerdem in diesem letzten Koalitionsübereinkommen zumindest jene Impulse für die Schaffung von Frauenarbeitsplätzen, die im Koalitionsübereinkommen des Jahres 1994 zumindest noch als Absichtserklärung angeführt waren. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Darüber hinaus werden jetzt auch noch mehr Frauen auf den Arbeitsmarkt drängen. Einige davon unfreiwillig, als – unter Anführungszeichen – "Opfer des Sparpaketes", andere selbstverständlich auch – und das ist das Erfreuliche, Kollege Kier hat schon darauf hingewiesen – aufgrund eines verbesserten Selbstverständnisses, aufgrund einer besseren Qualifizierung. Frauen, insbesondere junge Frauen holen auf. Es ist den Frauen einfach klar geworden, daß nur ein Anteil an dieser bezahlten Arbeit ihnen letztendlich ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben sicherstellen wird.

Frauen hatten ja in manchen Bereichen der Arbeit bereits einen übermäßig hohen Anteil. Frauen leisten nämlich nach wie vor den weitaus größeren Anteil, wenn es um sogenannte unbezahlte Arbeit, um Betreuungsarbeit, um Pflegearbeit geht, und sie erwirtschaften da auch einen hohen Anteil an der Wertschöpfung des Staates.

Das Verhältnis ist wirklich sehr ungleich verteilt: 70 Prozent der Arbeit von Frauen ist unbezahlt, 30 Prozent der Arbeit, die Frauen leisten, ist bezahlt. Es ist aber gar nicht verwunderlich, daß bei Männern das Verhältnis ganz genau umgekehrt ist. Diese unbezahlte Arbeit sichert den Frauen eben keinen Anteil am Wohlstand, sondern führt sie eigentlich auf eine doppelte Art und Weise in die Abhängigkeit: Sie sind einerseits abhängig vom Einkommen ihres Mannes, andererseits vom Wohlwollen des Mannes, dieses Einkommen mit ihnen zu teilen. Daß sie keinerlei sozialrechtliche Absicherung haben, das ist ein Problem, das endlich, und zwar spätestens jetzt, angegangen werden muß.

Daher müssen wir hier Maßnahmen setzen. Wir müssen endlich die Arbeit neu bewerten, insbesondere die typische Frauenarbeit. Wir müssen vor allem die unbezahlte und die bezahlte Arbeit endlich neu verteilen. Wir müssen dafür Sorge tragen, daß unbezahlte Arbeit, Pflegearbeit, Betreuungsarbeit auch sozialrechtliche Absicherung mit sich bringt. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abgeordneten Horngacher und Gatterer. )

Meine Damen und Herren, daß diese Arbeit neu verteilt werden kann, setzt voraus, daß Rechte und Pflichten zwischen Männern und Frauen endlich neu, gerechter, besser verteilt werden. Nur: Davon sind wir leider noch weit entfernt.

Es gibt aber auch Frauen, die bezahlte Arbeit leisten und trotzdem keine sozialrechtliche Absicherung haben. Ich spreche jetzt von der immer größer werdenden Zahl von geringfügig Beschäftigten, sie ist innerhalb der letzten zwei Jahre von rund 100 000 auf 150 000 angestiegen, davon sind zwei Drittel Frauen. (Abg. Dr. Khol: Karenzgeldbezieherinnen!) Viele dieser Frauen üben mehrere geringfügige Beschäftigungen aus, sind de facto vollzeitbeschäftigt, sie können sich zwar ihre Existenz sichern, aber sie haben nach wie vor keine Chance auf sozialrechtliche Absicherung. (Abg. Dr. Khol: Frau Kollegin! Viele davon sind Karenzgeldbezieherinnen!)

Aber Herr Kollege Khol, Sie wissen schon, welcher Anteil da auf die Karenzgeldbezieherinnen entfällt. (Abg. Dr. Khol: Fragen Sie den Sozialminister!) Ich spreche von dieser großen, von dieser erfaßten Anzahl, ich spreche noch gar nicht von jenen Frauen, die noch nicht einmal statistisch erfaßt sind und im Bereich der geringfügigen Beschäftigung versuchen, zumindest ihren Lebensunterhalt zu erwerben. (Abg. Dr. Khol: Das sind wenige!) Herr Abgeordneter Khol! Sie haben überhaupt einen ganz besonderen Zugang, wenn es um die Problematik der Frauen geht: Verdrängen ist Ihre Methode, meine ist das ehrlich gesagt nicht, ich möchte Problemen lieber offen gegenüberstehen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)


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Es sind eben diese geringfügig Beschäftigten, die unsere besondere Aufmerksamkeit brauchen. Ich möchte Sie, Herr Sozialminister und auch Frau Kollegin Hostasch von der Arbeiterkammer auffordern, endlich einmal dafür Sorge zu tragen, daß dieses Problem in Angriff genommen wird. (Zwischenruf der Abg. Aumayr .) Ich weiß zwar nicht, was Sie unter "sexistisch" verstehen, aber Sie haben sich hoffentlich gegen einen Kollegen gewehrt, das finde ich immer sehr vernünftig, Frau Kollegin.

Wir haben diesbezüglich großen Nachholbedarf. Wir brauchen einfach neue Arbeitszeitmodelle, unsere Arbeitswelt ist derzeit leider nach wie vor nur auf Vollbeschäftigung ausgerichtet; wir brauchen mehr Teilzeitarbeitsplätze. Leider ist der gesellschaftliche Befund derzeit noch so, daß Teilzeitarbeitsplätze Frauenarbeitsplätze sind. Da bedarf es eines Umdenkens. Wir brauchen aber auch neue Arbeitsformen, Job-sharing, Telearbeit, ausgelagerte Arbeit, und – was ganz wichtig ist – diese neuen Arbeitsformen dürfen weder steuerrechtlich noch sozialrechtlich den Vollzeitarbeitsplätzen hintangestellt werden. Es darf da zu keinen Benachteiligungen kommen, das liegt auch im ganz besonderen Interesse der Frauen.

Aber es wird weitere Benachteiligungen geben. Gerade die Technologisierung der Arbeitswelt wird Frauen, die in den technischen Bereichen nach wie vor unterrepräsentiert sind, in Zukunft in besonderem Maße benachteiligen. Ich vermisse da Ansätze in der Bildungspolitik. Die Bildungsoffensive, von der auch der Herr Kollege Haupt gesprochen hat, die uns versprochen wurde, läuft ja nicht einmal zögerlich an. Ich vermisse Maßnahmen für das lebensbegleitende Lernen. Da werden besondere Programme, besondere Maßnahmen für Frauen notwendig sein, weil trotz aller Bemühungen Bildungsdefizite aufzuholen sind. Wir haben in Österreich nach wie vor die zweithöchste Diskriminierungsrate, nur Australien liegt schlechter als wir. Bildungsunterschiede zwischen Männer und Frauen sind in Österreich ganz besonders hoch.

Ein ganzes Bündel von Maßnahmen ist also notwendig, die Herausforderung ist groß. Wir brauchen andere Rahmenbedingungen. Natürlich braucht die Wirtschaft jene Bedingungen, die die Arbeit auch wieder leistbar macht, aber ich fordere hier von dieser Stelle aus vor allem eine gerechtere Verteilung der Arbeit ein, und ich glaube, es ist endlich an der Zeit, daß auch Frauen ihren Anteil an dieser Arbeit bekommen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.58

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hätten heute die Chance gehabt, hier eine Grundsatzdebatte über unsere Wirtschaft zu führen, über einen Bereich unserer Gesellschaft, der derzeit vor einer unglaublich großen Herausforderung steht. Ich sage es ganz offen und mache auch kein Hehl daraus: Was mich an solchen Debatten wie heute stört, ist, daß wir diese Chance jedesmal vertun, und zwar deshalb, weil von der Opposition in einer – ich würde sagen – einfachen Schwarzweißmalerei agiert wird: Alles, was von der Regierung kommt, ist schlecht, aber Sie sind im Besitz der absoluten Wahrheit. – Das kann es nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sie werden es in meiner Rede noch hören. Ich werde hier nicht alles verteidigen, was von der Regierung kommt. Aber seien Sie doch bitte so ehrlich und geben Sie zu, daß nicht alles, was die Regierung gemacht hat, schlecht ist. Mit Ihnen kann man nicht sachlich diskutieren. Diese Sondersitzung ist wieder eine Chance, die vertan wurde. (Abg. Dr. Haider : Das sagst du jedesmal!) Es ist im Grunde genommen ein Mißbrauch des Parlaments, Herr Klubobmann Haider, wenn Sie hier nur eine Show abziehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zur "Glaubwürdigkeit" der freiheitlichen Fraktion, meine Damen und Herren: Ich möchte mich über diesen Fall hier jetzt nicht verbreiten, daher nur soviel: Letztes Mal hat eine Kollegin von Ihrer Fraktion hier etwas über meine Tochter gesagt. Ich habe daraufhin dieser Kollegin von Ihrer Fraktion alles erklärt und ihr sogar den Dienstvertrag gezeigt. – Wider besseres Wissen wird jedoch heute wieder eine Anfrage hier im Parlament zur gleichen Causa gestellt.


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Es ist für mich eine Frage des Charakters, wie man mit der Wahrheit umgeht. – Wenn ich einer Abgeordneten einer Oppositionspartei genau erkläre, wie sich etwas verhält, und ihr sogar den betreffenden Dienstvertrag zeige und sie dennoch wider besseres Wissen eine parlamentarische Anfrage stellt – sie ist leider auch von Thomas Prinzhorn, dem Wirtschaftssprecher dieser Partei, mitunterschrieben –, dann frage ich mich wirklich, ob mit Menschen mit solchen charakterlichen Eigenschaften eine positive Zusammenarbeit noch möglich ist. Meine Damen und Herren! Das, was ich jetzt gesagt habe, sage ich im vollen Wissen dessen, was diese Aussage bedeutet. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Nun zum Hauptthema: Sorgen unserer Wirtschaft. Ich habe schon festgestellt und werde jetzt gleich näher darauf eingehen, daß ich nicht bereit bin, hier alles rosarot zu malen, also gleichsam als Vertreter einer Regierungspartei zu erklären, daß alles Wonne und Waschtrog sei. Wir haben große Probleme, wir sind mit Herausforderungen konfrontiert, wie wir sie noch nie hatten: Der Binnenmarkt bedeutet härteren Wettbewerb, Osteuropa bedeutet härteren Wettbewerb, Währungsturbulenzen bedeuten härteren Wettbewerb.

Meine Damen und Herren! Jetzt komme ich auch gleich zu den hausgemachten Problemen: Jobkiller Nummer eins in Österreich ist heute die Bürokratie. Daher richte ich ein Dankeschön an den Wirtschaftsminister, der sich heute von der Regierungsbank aus sehr klar zu einem radikalen Abbau der Bürokratie bekannt hat. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Rosenstingl. )

Meine Damen und Herren! Wenn Sie heute mit Unternehmern diskutieren, dann ... (Abg. Dr. Haider : Was ist dann?) Das wissen Sie nicht? Vielleicht führen Sie zu wenige Debatten mit Unternehmern! Wenn man heute mit Unternehmern diskutiert, merkt man, daß das Sparpaket nicht das Thema ist, auch nicht die Steuern, sondern Thema Nummer eins ist vielmehr die Bürokratie. Die Unternehmer sagen: Wir sind gerne bereit, etwas zu unternehmen, wir sind auch gerne bereit, Steuern zu zahlen, aber wenn man von der Bürokratie erdrückt wird, dann widerspricht das dem Geist des Unternehmertums. (Abg. Dr. Haider : Vor 14 Tagen hast du im "WirtschaftsBlatt" Steuersenkungen für nicht entnommene Gewinne gefordert! Jetzt redest du wieder ganz anders!) Du hast deine Redezeit ausgeschöpft, aber du kannst dich ja noch einmal melden, aber laß mir bitte meine zehn Minuten Redezeit! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Erster Punkt: Was sich heute – das hat Herr Staatssekretär Schlögl auch schon gesagt – im Bereich EU-Statistik im Statistischen Zentralamt abspielt, meine Damen und Herren, ist im Grunde unerhört. Es ist ein derartiger Papierkrieg entstanden, daß viele Unternehmer sagen: Da kann ich einfach nicht mehr mit! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Böhacker. )

Zweites Beispiel, Herr Sozialminister. Ich gehe jetzt nicht ins Detail, aber bei den Durchführungsbestimmungen zum Arbeitnehmerschutzgesetz müssen wir sehr achtgeben, wenn es um Gesundheitsvorsorge und Arbeitnehmerschutz geht, daß es sich dann nicht um reine Bürokratie und Schikanen handelt. Darüber werden wir noch Gespräche miteinander führen. (Beifall bei der ÖVP.)

Kritik an der Bürokratie ist also derzeit bei Unternehmern das Thema Nummer eins. Thema Nummer zwei ist die Kritik an der mangelnden Flexibilität, daraus mache ich hier kein Hehl, meine Damen und Herren, auch nicht gegenüber meinen Freunden von der Gewerkschaftsseite: Ich verstehe die Haltung vieler Gewerkschafter in der Frage der flexiblen Arbeitszeit wirklich nicht. Die Entwicklung in der Praxis widerspricht dem Gesetz völlig, und es werden immer mehr Arbeitnehmer – was ich bedaure, das betone ich, damit ja kein Mißverständnis entsteht – aus der Gewerkschaft austreten, je mehr sie erkennen, daß da Interessen vertreten werden, die nicht der Sicherung der Arbeitsplätze dienen.

Ich habe heute vor drei Stunden mit einer Unternehmerin, nämlich mit Frau Dr. Rudda aus Heidenreichstein gesprochen. Vorigen Samstag wurde eine Messe in Heidenreichstein zur Belebung der Wirtschaft, damit die Kaufkraft in der Region bleibt, abgehalten. Aber was ist dort geschehen? – Ein Sekretär der GPA hat Anzeige erstattet, weil einer Bestimmung des Arbeitsruhegesetzes – es war ja Samstag – zuwidergehandelt wurde.


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Meine Damen und Herren! So kann man doch nicht vorgehen! Wir öffnen dort die Betriebe, wir zeigen die Leistungskraft dieser Betriebe: Und dann kommt ein Gewerkschaftssekretär und zeigt diese Betriebe an, weil sie irgendeine Bestimmung des Arbeitsruhegesetzes verletzen. – Das ist nicht Arbeitsplatzsicherung, wie wir sie uns vorstellen! (Abg. Dr. Partik-Pablé : Der Gewerkschafter hat ja seinen Arbeitsplatz! – Zwischenruf des Abg. Grabner .) – Frau Kollegin! Ich spreche jetzt bewußt zur anderen Seite.

Meine Damen und Herren! Was wir jetzt brauchen, ist die ganz einfache Erkenntnis: Arbeiten muß ich dann, wenn Arbeit da ist, verkaufen muß ich dann, wenn Kunden da sind. Gäste bedienen muß ich dann, wenn Gäste da sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir brauchen also mehr Flexibilität. Wir müssen uns lösen von diesen starren Schemata der Zeiteinteilung. Flexibilität ist jetzt erforderlich, wenn wir Arbeitsplatzsicherung ernst nehmen, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Haider : Ihr seid zehn Jahre in der Regierung! Ihr stellt seit zehn Jahren den Wirtschaftsminister! Warum tut ihr nichts?)

Zuletzt möchte ich noch etwas über Wirtschaftsförderung sagen: Gott sei Dank ist Österreich als Investitionsland für ausländische Investoren immer noch attraktiv. Im Gespräch mit potentiellen ausländischen Investoren stellten diese vor Jahren immer die Frage: Wenn ich bei euch investiere, bekomme ich da von euch Wirtschaftsförderung und – wenn ja – wieviel?

Diese Fragestellung hat sich längst gewandelt. Heute lautet die Fragestellung: Wenn ich mich entscheide, in Österreich zu investieren, wann kann ich anfangen? Meine Damen und Herren! Wenn wir dann sagen müssen, daß ein entsprechendes Verfahren eineinhalb bis zweieinhalb Jahre dauern kann, dann kann es passieren, daß der potentielle Investor sagt: Nein danke, da gehe ich lieber nach Spanien, nach Irland oder in irgendein anderes Land. – Das heißt, es ist völlig richtig, was der Wirtschaftsminister angekündigt hat: Wir müssen eine radikale Vereinfachung der Betriebsgenehmigungsverfahren durchsetzen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das betrifft auch die ÖVPler in Niederösterreich!) Ich spreche von der Zukunft, Frau Kollegin! Und wir stehen auf diesem Gebiet vor großen Herausforderungen.

Ich diskutiere nicht, so wie Sie, alles schwarzweiß. Ich gebe zu, daß es einige Probleme gibt, die noch nicht gelöst sind, aber wir werden sie lösen. Wir vertrauen darauf, daß diese Regierung die Probleme lösen wird, trotz des Krankjammerns durch die Opposition. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé .)

Frau Kollegin! Ich hätte es sonst nicht gesagt, aber jetzt tue ich es: Jeder Ihrer Redner hat heute das getan, was Politik nicht tun soll, nämlich Angst machen und krankjammern. Aufgabe der Politik ist es jedoch, Mut zu machen – und nicht, mieszumachen. Merken Sie sich das! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Krüger : Kollege Stummvoll! Für Sie gilt: Nichts hören, nichts sehen, nichts sprechen!)

15.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.07

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Ich möchte zunächst vier Entschließungsanträge einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Kollegen betreffend Realisierung eines aufkommensneutralen ökologischen Steuersystems

Der Nationalrat wolle beschließen:


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"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ein Konzept zur ökologischen Reform des bestehenden Steuersystems vorzulegen, das eine steuerliche Entlastung der menschlichen Arbeitskraft bei gleichzeitiger Belastung des Verbrauchs von Umwelt vorsieht:

Folgende Punkte sind zu berücksichtigen:

Steuerliche beziehungsweise abgabenseitige Belastung des Verbrauchs von Primärenergie und des Verbrauchs von nicht erneuerbaren Rohstoffen,

gleichzeitige steuerliche Entlastung von Lohn und Einkommen (aufkommensneutraler Ansatz),

Sozialverträglichkeit durch Ausgleich über Negativsteuer für Kleinverdiener und Pensionisten sowie über Direktzahlungen in der Landwirtschaft,

Wirtschaftsverträglichkeit durch berechenbare schrittweise Umsetzung und Begleitmaßnahmen für einzelne Wirtschaftszweige,

Umsetzungsstrategie für den sogenannten nationalen Alleingang."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Kollegen betreffend Reduzierung von Entsorgungs- und Umweltsanierungskosten

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird aufgefordert, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen und dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten alle für die österreichische Wirtschaft relevanten gesetzlichen Umweltbestimmungen auf ihre Belastungseffekte für die österreichischen Betriebe zu überprüfen und dem Nationalrat ein Entlastungspaket vorzulegen, das eine Optimierung der administrativen Abläufe und eine Minimierung der Kosten bei gleichzeitiger Wahrung der Umweltstandards gewährleisten kann."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosenstingl, Mag. Stadler, Dr. Graf und Kollegen betreffend Vertretung des Bundes in Unternehmungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei der Bestellung von Aufsichtsorganen, die die Interessen des Bundes, insbesondere auch seine Interessen als Eigentümer, wahrzunehmen haben, ausschließlich nach sachlichen Kriterien vorzugehen.

Zu diesem Zweck sind Richtlinien zu erarbeiten, die eine sachliche und nachvollziehbare Auswahl der für die jeweilige Funktion höchstqualifizierten und bestgeeigneten Aufsichtsorgane sicherstellen.

2. Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, sicherzustellen, daß in Unternehmen, die direkt oder indirekt, ganz oder teilweise im Eigentum des Bundes stehen, die freihändige Ver


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gabe von Aufträgen ausgeschlossen wird und die für Gebietskörperschaften geltenden Regelungen über die Ausschreibung von Aufträgen zur Anwendung kommen."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Böhacker und Kollegen betreffend Entsteuerung von Überstunden

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, ein Abgabenänderungsgesetz vorzulegen, durch welches zur Stärkung der Kaufkraft, zur Förderung der Leistungsbereitschaft, zur Sicherung der österreichischen Arbeitsplätze und um die Flucht in die Schattenwirtschaft zu unterbinden, die Überstundenzuschläge steuerfrei gestellt werden sollen."

*****

Hohes Haus! Kollege Höchtl ist jetzt nicht im Saal. Er hat gemeint, die österreichische Wirtschaft braucht Mutmacher und keine Miesmacher. Es hätte gerade gefehlt noch, daß sich Kollege Höchtl auf die eigene Brust klopft und sagt: Solche Männer wie mich braucht das Land!

Vielleicht kann Kollegen Höchtl folgendes ausgerichtet werden: Im Gegensatz zu ihm treffe ich tagtäglich im Zuge meiner beruflichen Tätigkeit mit Unternehmern zusammen, und gerade diese Unternehmer – vom kleinen Einmann-Unternehmen hinauf bis zum Fabrikanten mit 500 bis 600 Mitarbeitern – sind diejenigen, die die Situation in Österreich kritisch darstellen. – Wir Freiheitlichen sind keine Miesmacher! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann eines jetzt fast schon drei Jahrzehnte lang beobachten: Es gibt immer wieder ein Auf und ein Ab in der Wirtschaft. In Situationen wie der jetzigen, wenn etwa ein Jahresabschluß oder ein Wirtschaftsplan für das folgende Jahr erstellt werden, dann gibt es eben kritische Anmerkungen. – Herr Bundesminister! Herr Kollege Höchtl! Ich weise jedoch mit aller Entschiedenheit zurück, daß alle Unternehmer in der Republik Österreich als Miesmacher hingestellt werden! (Beifall bei den Freiheitlichen. )

Herr Bundesminister! Sie haben in Ihren Ausführungen wieder einmal das Märchen von der niedrigen Arbeitslosenrate zum besten gegeben. Sie haben aber vergessen zu sagen, welchen Preis wir dafür zahlen. – Herr Bundesminister! Sie wissen ganz genau: Wir in Österreich haben die höchste Zahl an Frühpensionisten. Wir haben die längste Studiendauer. Jeder fünfte Bedienstete ist im öffentlichen Dienst beschäftigt. 70 Prozent der Akademiker kommen im öffentlichen Bereich unter. Jugendliche, die noch nie einen Arbeitsplatz gehabt haben, scheinen in dieser Statistik nicht auf. So kommt es zu dieser niedrigen Arbeitslosenrate. Und das, Herr Bundesminister, ist die Schönfärberei, die wir Ihnen vorwerfen. Auf diesem Gebiet hätten Sie entschiedenen Handlungsbedarf.

Herr Bundesminister! Sie haben auch eine Steuerpauschalierung eingefordert. – Ich darf Sie daran erinnern – Sie haben wahrscheinlich wieder darauf vergessen –, daß vor fast einem Jahrzehnt dieses Hohe Haus dem Herrn Finanzminister die Verordnungsermächtigung erteilt hat, entsprechende Pauschalierungsrichtlinien zu erlassen. – Werden Sie in der Bundesregierung also tätig! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fordern Sie Ihren Kollegen auf, endlich diese Pauschalierungsrichtlinien zu erlassen! Und verhindern Sie, daß die Kammer aus kleinkarierten Gründen die Erlassung dieser Pauschalierungsrichtlinien immer wieder verhindert.

Herr Bundesminister! Sie haben gemeint, daß Gründungssparen eine gute Sache ist. – Damit bin ich einverstanden. Das ist völlig richtig. Das ist eine alte Forderung der Freiheitlichen, aber auch der Österreichischen Volkspartei. – Sie haben aber vergessen uns mitzuteilen, warum Sie das Vorhaben betreffend Gründungssparen nicht schon längst umgesetzt haben. Und Sie haben


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auch nicht darauf hingewiesen, daß mit den Prämien, die in Zukunft ausbezahlt werden sollen, gerade noch die ersten zwei Jahresraten der Mindestkörperschaftssteuer bezahlt werden können, nicht mehr und nicht weniger!

Kollege Stummvoll hat den Herrn Minister in der Feststellung der Tatsache bestärkt, daß Bürokratieabbau das wichtigste Element unter den Forderungen der österreichischen Wirtschaft ist. – Einverstanden, völlig d’accord! 37 Milliarden Schilling kostet die österreichische Wirtschaft die Tätigkeit als ehrenamtlicher "Staatsbuchhalter". Dazu gibt es eine Studie. – Dazu stelle ich nun noch einmal die Frage – Herr Minister! Herr Kollege Stummvoll! Sie sitzen ja in der Regierung –: Warum ist wirklich nichts geschehen? – Sie haben in bezug auf den Bürokratieabbau in uns Freiheitlichen wirklich einen Partner! Aber es ist nichts geschehen! Ganz im Gegenteil: Mit diesem Strukturanpassungsverhinderungsgesetz werden Sie eine aufwendige Bürokratie einführen, wie es sie bisher noch nie gegeben hat.

Herr Bundesminister Hums! Die Sozialversicherungspflicht für die besonderen Werkverträge ist ein großes Unding, in der derzeit vorliegenden Form nicht vollziehbar und in der Praxis nicht umsetzbar. Ich möchte Ihnen hier nicht sagen, Herr Minister Hums, was mir Lohnverrechnerinnen aus vielen Unternehmen geschrieben haben. Meine eigene Lohnverrechnerin hat mir aufgetragen, Ihnen etwas auszurichten. Ich kann Ihnen das jedoch nicht sagen, denn sonst würde mir der Herr Präsident das Wort entziehen. Diese Worte sind leider nicht druckreif. Vielleicht kann ich sie Ihnen in einem persönlichen Gespräch sagen. – Diese Sozialversicherungspflicht für Werkverträge ist meiner Ansicht nach verfassungswidrig.

Herr Bundesminister Hums! Trotzdem richte ich ein Kompliment an Sie! Sie haben nämlich noch einen Funken von Rechtsstaatlichkeit in Ihrem Denken, weil Sie diese Bestimmung nicht in Verfassungsrang heben haben lassen, ganz im Gegensatz zu Ihrem Ministerkollegen Klima, der es nicht unterlassen hat, steuerliche Bestimmung in Verfassungsrang heben zu lassen und damit die Grundrechte der österreichischen Bürger entsprechend einzuschränken.

Herr Bundesminister! Sie haben uns heute erklärt, daß Sie sich von einem Betriebssteuersystem verabschiedet haben. – Ich frage Sie: Wie rechtfertigen Sie die von der Rechtsform abhängige unterschiedliche Besteuerung von Unternehmungen? Herr Bundesminister! Können Sie sich nicht vorstellen, daß im Bereich der Unternehmensbesteuerung auch Einzelunternehmen und Personengesellschaften die Auswahlmöglichkeit haben, nach den Prinzipien des Körperschaftsteuerrechtes besteuert zu werden? Das soll eine Optionsmöglichkeit sein, es soll kein Zwang bestehen! In einer Kapitalgesellschaft werden Gewinne, die nicht ausgeschüttet werden, mit 34 Prozent versteuert. Beim Einzelunternehmer und bei der Personengesellschaft werden Gewinne, egal ob sie ausgeschüttet, entnommen oder reinvestiert werden, gleich behandelt. – Das ist eine steuerliche Ungerechtigkeit!

Herr Präsident Maderthaner hat in der letzten Sendung "Zur Sache" wieder einmal die Getränkesteuer als Unding bezeichnet und deren Abschaffung gefordert. (Zwischenruf des Bundesministers Dr. Ditz. ) 200 000 Unterschriften wurden dem Herrn Präsidenten überreicht. (Weiterer Zwischenruf des Bundesministers Dr. Ditz. ) Herr Minister Ditz! Präsident Maderthaner ist auch nicht hier, daher frage ich jetzt Sie: Warum lehnen Sie Anträge von uns Freiheitlichen auf Abschaffung der Getränkesteuer bei gleichzeitigem Ersatz des Aufkommens an die Gemeinden immer wieder ab? – Das, Herr Bundesminister, ist geradezu eine klassische Doppelzüngigkeit der Österreichischen Volkspartei! Das ist Populismus in Reinkultur! (Beifall bei den Freiheitlichen. ) Herr Bundesminister!

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ihre Redezeit ist um! Den Schlußsatz, Herr Abgeordneter, bitte!

Abgeordneter Hermann Böhacker (fortsetzend): Sie haben dem Herrn Klubobmann Haider vorgeworfen, daß er generell alle Unternehmer als Steuerhinterzieher darstellt? – Das ist unrichtig. Herr Bundesminister! Klubobmann Dr. Haider hat hier eindeutig eingefordert, daß professionelle Steuerhinterzieher und Steuerbetrüger massiv bestraft werden und nach ihnen gefahndet


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wird. Daß Sie sich auf die Seite jener Steuerbetrüger stellen, ist etwas, was wir nicht zur Kenntnis nehmen können. (Beifall bei den Freiheitlichen. )

15.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die zuvor verlesenen Entschließungsanträge, nämlich zwei Anträge der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen, ein Antrag der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen sowie einer der Abgeordneten Böhacker und Genossen sind ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Zu Wort ist nun Herr Mag. Guggenberger gemeldet.- Bitte, Herr Abgeordneter.

15.18

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Als ich mich Anfang der siebziger Jahre nach Absolvierung meines Studiums um ein Stelle im öffentlichen Dienst beworben habe, konnte ich mir diese noch aussuchen, obwohl ich ein durchaus durchschnittlicher Student gewesen bin. (Abg. Dr. Khol: Das glaube ich dir!) Heute suchen allein in Innsbruck rund 150 Juristen nach Absolvierung des Gerichtsjahres eine Stelle. Der Grundsatz: Der Tüchtige hat jede Chance im Leben, ist schon längst zu relativieren.

In unserem Amt hatten wir vor kurzem aufgrund der Beschäftigungsinitiative der Bundesregierung für ältere Arbeitnehmer die Möglichkeit, einen Langzeitarbeitslosen im Alter über 50 einzustellen. Aufgrund dieser Ausschreibung haben sich rund 50 Frauen und Männer beworben. Allesamt waren über 50 Jahre alt und bereits ein Jahr lang arbeitslos. Und da war einer beziehungsweise eine qualifizierter als der andere, die andere. Es blutet einem das Herz, wenn man dann eine Auswahl treffen muß.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jedem Menschen, dem Arbeit vorenthalten wird, werden individuelle Lebenschancen vorenthalten. Es gibt keine größere Vergeudung von menschlichen Fähigkeiten, menschlichen Talenten, menschlichen Kapazitäten und menschlichen Ressourcen als Arbeitslosigkeit.

Es ist für mich der wahre politische Skandal in den westlichen Industriegesellschaften, daß Millionen und Abermillionen Menschen ohne Arbeit sind. Jeder von uns braucht Arbeit, nicht nur um seinen Lebensunterhalt zu verdienen; Arbeit schafft auch Lebenssinn. – Erlauben Sie mir, in diesem Zusammenhang aus einem Hirtenbrief der amerikanischen Bischöfe zu zitieren, die diese Situation meiner Ansicht nach beeindruckend beschrieben haben:

"Oft genug stellt sich bei den Arbeitslosen das Gefühl ein, sie seien nichts wert, könnten in der Gesellschaft keine produktive Rolle spielen. Tag für Tag läßt unsere Gesellschaft sie wissen: Wir brauchen dein Talent nicht, wir brauchen deine Initiative nicht, wir brauchen dich nicht. Menschen, die arbeitslos sind, empfinden oft, daß die Gesellschaft ihnen die Schuld für ihre Lage gibt. Nur wenige Personen überstehen lange Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne psychischen Schaden, selbst wenn sie genug Geld besitzen, um ihren Lebensunterhalt zu fristen." – Soweit die amerikanischen Bischöfe. Ich meine, daß jedem, der sich einen Rest an Gefühl bewahrt hat, solche Worte unter die Haut gehen müssen.

Für uns Sozialdemokraten ist die Frage aller Fragen schlechthin: Wie können wir allen, die Arbeit haben wollen, Arbeit schaffen? – Wir wissen, daß wir dieses Problem nicht allein lösen können, daß wir an Grenzen der nationalen Möglichkeiten stoßen. Daher hat Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky zu Beginn dieses Jahres sozialdemokratische Regierungschefs und Außenminister ins tirolerische Seefeld geladen, um dort gemeinsam Strategien im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu erarbeiten. Und die Botschaft, die dann gegeben wurde, war glasklar: Dieses Europa braucht die Wirtschafts- und Währungsunion, dieses Europa braucht aber auch eine Beschäftigungs- und eine Sozialunion. Was wir brauchen, sind neue technologische Produkte. Wir brauchen kreative Marketingstrategien, wir brauchen mehr Geld für Forschung und Entwicklung, wir brauchen auch den Abbau bürokratischer Hürden.

Betreffend bürokratische Hürden gebe ich allen, die über dieses Problem geklagt haben, recht: Ich habe unlängst mit einer Unternehmerin gesprochen, die mir anhand eines Aktenstückes be


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wiesen hat, daß sie nach der Stellung eines Antrags auf Erweiterung einer Schottergrube vier Jahre lang auf einen Bescheid warten mußte. – Das grenzt an Rechtsverweigerung, das kann man nicht hinnehmen!

Wir müssen auch den Mut haben – ich sage das durchaus im Bewußtsein dessen, daß das nicht bei allen, insbesondere auch in meiner Gesinnungsgemeinschaft, ungeteilte Freude findet –, die Frage der Flexibilisierung der Arbeitszeit offensiver anzudiskutieren, wenngleich das, diese Hinzufügung ist sehr wichtig, niemals bedeuten kann, daß den Arbeitnehmern durch die Hintertür Lohnverzicht abverlangt wird. Dazu möchte ich nur sagen, was der Herr Bundeskanzler am 1. Mai mit aller Festigkeit und Deutlichkeit gesagt hat: Wir brauchen keine Arbeitsplätze, die uns billiger und ärmer machen, sondern wir brauchen Arbeitsplätze in unserem Land, die uns besser und die uns reicher machen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir brauchen – das kam bei dieser Tagung in Seefeld deutlich hervor – auch Maßnahmen, die unsere Infrastruktur stärken helfen: Unser Schienennetz, unser Straßennetz und unser Telekommunikationswesen muß modernisiert und auf den neuesten Stand der technischen Entwicklung gebracht werden. In diesem Zusammenhang haben wir in den letzten Wochen in diesem Haus sehr Maßgebliches beschlossen, indem wir den Bundesbahnen die Möglichkeit bieten, in den nächsten fünf Jahren 60 Milliarden Schilling in den Ausbau unseres Schienennetzes zu investieren, indem wir in den nächsten fünf Jahren eine ähnliche Summe in den Bau von Umfahrungsstraßen und in ähnlich wichtige Projekte investieren und indem wir unser Telekommunikationsnetz modernisieren.

Was wir freilich nicht brauchen, das sind die Vorstellungen, wie sie unter dem Titel "Arbeit für Österreich" angepriesen werden. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Da seitens der Freiheitlichen so gerne Zeitungsartikel zitiert werden, darf ich Ihnen die Lektüre des Artikels, den Günter Traxler im heutigen "Standard" verfaßt hat, empfehlen. – Er schreibt: "Sollten Haider und Co. das Parlament heute tatsächlich bloß als Depot für die Sammlung alter Hüte mißbrauchen? Gibt es sie etwa gar nicht, jene neuen Frohbotschaften für koalitionsgequälte Arbeitnehmer, die Stadler am Sonntag" – in der "Pressestunde" – "noch zurückzuhalten schien, oder schwieg er etwa nur, weil er sich nicht schon im Fernsehen lächerlich machen wollte?" – Soweit Günter Traxler. Ich will gar nicht so streng sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Mir fällt angesichts dieser Sondersitzung und des bisher von den Freiheitlichen Gehörten nur etwas Literarisches ein, nämlich der Titel der Komödie von William Shakespeare "Viel Lärm um Nichts". (Beifall bei der SPÖ.)

Viel Lärm um sehr viel Positives ist hingegen zu machen, wenn man sich den Kohäsionsbericht der EU-Kommission ansieht. Da haben wir – insbesondere unsere Wiener Bürger – wieder einmal allen Grund nicht zur Freude, sondern zu berechtigtem Stolz. Denn laut Information aus Brüssel ist Wien die viertreichste – die viertreichste! – von 206 EU-Regionen. Laut dem Kohäsionsbericht 1996 der Europäischen Kommission erreichte Wien einen Durchschnittswert von 161 gegenüber dem Durchschnittswert der EU, der mit 100 beziffert wird. Vor Wien liegen innerhalb dieser 206 Regionen der Europäischen Union nur Hamburg, die Ile de France – das ist die Umgebung von Paris – und Darmstadt. Verglichen mit der Bewertung des Jahres 1983 hat die Bundeshauptstadt in den letzten Jahren um 12,2 Prozentpunkte zugelegt.

Das ist etwas Erfreuliches, hier sind Sozialdemokraten in der Lage, allein politische Verantwortung zu tragen. Das ist die Richtung, an der wir unsere Politik orientieren wollen! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

15.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.28

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zuerst auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Stummvoll eingehen, weil er mir keine Zwischenrufe gestattet hat.


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Herr Dr. Stummvoll hat bemängelt, daß es sehr lange dauert, bis Betriebsanlagengenehmigungen erteilt werden, und er hat gesagt, daß wir mehr Flexibilisierung brauchen. – Wir haben das immer schon angeprangert, das weiß auch jeder. Aber Herr Stummvoll meint jetzt offensichtlich, daß wir die Welt neu erfinden müssen. Offensichtlich hat er bisher noch keine entsprechenden Vorschläge gehört: Das betrifft gerade auch jene Bundesländer, in denen die Österreichische Volkspartei durchaus die Möglichkeit hätte, auf die Bürokratie einzuwirken.

Ein Beispiel: Ich habe neulich im Fernsehen – ich glaube, in einer Wirtschaftssendung – einen Bericht über einen Unternehmer in Niederösterreich gesehen, der Katamarane erzeugt, und zwar sehr große. Diese müssen sieben Kilometer weit zur Donau befördert werden, wo sie ins Wasser gelassen werden, bevor sie – wie ich glaube – ins Meer kommen. Es handelt sich jedenfalls um einen Exportartikel. Der Unternehmer hat sechs oder neun Monate lang kämpfen müssen, bis er eine Bewilligung bekam, daß er die sieben Kilometer zur Donau fahren darf. Und ein Beamter der Landesregierung, der dazu interviewt wurde, hat im Brustton der Überzeugung gesagt: Wenn eine solche Ausnahmebewilligung verlangt wird, dann dauert das halt viele Monate. – Ich bin überzeugt davon, daß das ein ÖVP-Beamter war oder jedenfalls ein Beamter, der jemandem von der ÖVP untersteht, der darauf einwirken könnte.

Man hätte durchaus dafür sorgen können, daß der Unternehmer nicht schikaniert wird. Herr Dr. Feurstein! Sie kenne ich sehr gut unter den Abgeordneten Ihrer Fraktion. Vielleicht können Sie Dr. Stummvoll folgendes ausrichten: Er soll sich einmal mit den Bereichen befassen, in denen die Österreichische Volkspartei die Möglichkeit hat, einzugreifen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Heute wissen es sogar die Sozialisten; jeder weiß heute, daß die Bürokratie in Österreich zu Lasten der Unternehmer geht. Wann immer wir Freiheitlichen aber das aufgezeigt haben, haben Sie uns als Querulanten abgestempelt. Da hat es geheißen: Naja, die Freiheitlichen kritisieren halt wieder.

Sie haben in der vergangenen Zeit nämlich nichts anderes getan als abzumauern. Sie haben immer nur Versprechen gemacht, insbesondere was die Arbeitsplätze anlangt. Ich kann mich noch genau daran erinnern: Während der EU-Debatte hat es geheißen: 100 000 Arbeitsplätze werden geschaffen; das hat damals ÖVP-Obmann Busek gesagt.

Landeshauptmann Pröll aus Niederösterreich hat gesagt: 30 000, alleine in Niederösterreich! Der Herr Vranitzky hat vor den Wahlen Pressedienste ausgesandt, daß 20 000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Herr Minister Hums hat vor einem Jahr gesagt, die Arbeitslosigkeit werde auf 3 Prozent gesenkt. Das heißt also, es wird nahezu Vollbeschäftigung hergestellt.

Mittlerweile wissen wir, daß das alles nur leere Versprechungen waren. Mittlerweile wissen wir, daß pausenlos und kontinuierlich Arbeitsplätze vernichtet worden sind. Da können Sie, Herr Minister Ditz, von den Österreichern doch nicht verlangen, daß sie optimistisch sind! Da können Sie doch uns Freiheitlichen keinen Vorwurf machen, wenn jeder nur pessimistisch ist. Dieser Pessimismus stellt sich ganz einfach aufgrund einer solchen Sachlage ein.

Ich frage mich wirklich, was das soll, Herr Minister Hums und auch alle anderen, die geschildert haben, welche Länder alle vor uns liegen: Indonesien liegt vor uns, die USA liegen vor uns, und das bei diesem Wirtschaftswachstum, bei diesem Reichtum haben Sie gesagt. – Das nützt doch nichts! Die Österreicher wollen einen Arbeitsplatz haben in Österreich, und die Österreicher wollen nicht ununterbrochen hören, daß es in Amerika noch schlechter ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich frage Sie von SPÖ und ÖVP wirklich: Was haben Sie in der Vergangenheit getan, um diesen Zustand zu verhindern, den es jetzt bei uns gibt? Warum haben Sie nicht schon in den vergangenen Jahren eine Entbürokratisierung bei den gesamten Betriebsanlagengenehmigungen, bei den gesamten bürokratischen Vorgängen verlangt?

Herr Minister! Sie haben heute gesagt, Entbürokratisierung in der Wirtschaft sei nötig, eine enge Kooperation zwischen der Lehrlingsausbildung und der Wirtschaft sei notwendig. Wir Freiheitlichen haben das seit Jahrzehnten gefordert. Seit ich im Parlament bin, haben wir genau das


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gefordert. (Bundesminister Dr. Ditz: Das stimmt ja nicht!) Sagen Sie doch nicht nein! Ich kann Ihnen das Ergebnis einer Arbeitsgruppe vorlegen, die ich selber geleitet habe und die 1985 ihre Arbeit beendet hat. In diesem Bericht steht all das drinnen, nämlich daß die Wirtschaft mit den Berufsschulen zusammenarbeiten soll, sehr geehrter Herr Minister.

Sie verlangen weiters bessere Öffnungszeiten für den Bereich Tourismus. Aber, sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister, solange Sie eine derartige Arbeitsmarktpolitik betreiben, sodaß die Unternehmer für die Tourismuswirtschaft nicht einmal Arbeitskräfte bekommen, so lange nützt Ihnen das gar nichts, wenn Sie bessere Öffnungszeiten verlangen. Es gibt heute wahrscheinlich Tausende Betriebe, die Personal suchen, aber keines bekommen, weil nämlich eine schlechte Arbeitsmarktpolitik gemacht wurde. Seit Jahren wird die Arbeitslosigkeit in Österreich nur verwaltet!

Sie rühmen sich, Herr Sozialminister, 500 000 Arbeitsplätze seien in den vergangen elf Jahren geschaffen worden. Aber ein Großteil dieser Arbeitsplätze ist geschaffen worden, um ausländische Arbeitskräfte einzustellen. Und solange Sie nicht versuchen, die Ausländerbeschäftigung zu reduzieren, so lange werden Sie die Arbeitslosenrate in Österreich nicht senken können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben derzeit 150 000 ausländische Arbeitslose, aber Sie wollen noch mehr Ausländer nach Österreich hereinlassen! (Rufe bei der SPÖ: Wir nicht! Wir nicht! – Abg. Marizzi: Die Wirtschaft!) Sie werden keinen Erfolg in der Arbeitsmarktpolitik haben, wenn Sie in Ihrer Regierung ein Mitglied haben, das noch weitere 150 000 Ausländer nach Österreich hereinlassen möchte. Da möchte ich Sie schon um eines bitten, Herr Minister Ditz – an den Minister Hums richte ich das Ersuchen ja gar nicht, denn das ist ja sein Fraktionskollege –: Sie müssen Innenminister Einem einmal klarmachen, was es bedeutet, wenn er mit seinem Wunsch nach Familienzusammenführung durchkommt. Das heißt: 150 000 neue ausländische Mitmenschen sind da, die teilweise einen Arbeitsplatz brauchen, eine Wohnung brauchen und vieles mehr. Und das ist eine enorme Belastung für Österreich, für die Wirtschaft, für unseren Sozialstaat! Dessen sollten Sie sich auch einmal bewußt werden, sehr geehrter Herr Sozialminister! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Ich glaube, der Herr Sozialminister teilt unsere Meinung!)

Ich bin ja sehr froh darüber, daß sich dem Thema "Familienzusammenführung" jetzt die Frau Hostasch und die Arbeiterkammer angenommen haben. Die Frau Hostasch beweist mehr Realitätssinn als der Innenminister, denn sie hat gesagt, daß die Kinder, die einwandern, auch einen Arbeitsplatz erwarten, den aber nicht vorfinden, weil nicht einmal jene Kinder, die hier in Österreich groß werden, damit rechnen können, daß sie in 20 Jahren einen Arbeitsplatz haben werden. – Aber das stört den Innenminister nicht. Er möchte, daß 100 000 Kinder noch zusätzlich nach Österreich kommen. Es soll mir einer von den Sozialisten oder von der Österreichischen Volkspartei sagen, wie das eigentlich gehen soll!

Wir verlangen, daß endlich einmal die Zuwanderung wirklich auf Null gesetzt wird, das heißt, daß keine Neuzuwanderung stattfindet.

Folgendes möchte ich Ihnen auch noch sagen: Die Fremden, die in Österreich leben, haben offensichtlich auch schon das österreichische Sozialnetz kennengelernt, denn es gibt nämlich gerade in der Tourismusbranche eine Menge ausländischer Arbeitskräfte. In Österreich sind 1995 26 000 ausländische Arbeitskräfte in der Tourismusbranche arbeitslos gewesen, im April 1996 waren es 40 000. Die Tourismusmanager, die Hoteliers und so weiter brauchen dringend Arbeitskräfte. – Das heißt also, diese Arbeitskräfte beziehen Arbeitslosenunterstützung, gehen daneben pfuschen und leben besser, als wenn sie ordentlich arbeiten würden – und die Tourismusbranche hat keine Arbeitskräfte zur Verfügung.

Herr Minister Hums! Ich richte an Sie das Ersuchen: Schauen Sie sich das einmal an, und kontrollieren Sie dort besser, wo die Arbeitslosenunterstützung zu Unrecht bezogen wird! Es ist das dringend notwendig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte weiters sagen – die Redezeit ist leider sehr begrenzt –: Sie haben auch leider Gottes die Bestimmungen bezüglich Saisonniers nicht ordentlich ausgenützt. Es gibt, wie gesagt, den


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dringenden Bedarf, Arbeitskräfte einzustellen. Sie glauben, daß Sie das nur durch eine Zuwanderung bewirken können. Wir haben aber die Möglichkeit, Saisonniers einzustellen. In Wien beispielsweise weigert sich der Österreichische Gewerkschaftsbund, der Saisonnier-Lösung zuzustimmen. In der Steiermark ist es offensichtlich genauso. Das heißt, die Kontingente werden nicht ausgeschöpft, es werden keine Saisonniers angestellt, sondern es kommt der Ruf nach Zuwanderung. Und das ist wirklich eine falsche Entwicklung! – Sie brauchen nicht den Kopf zu schütteln, Herr Kollege Verzetnitsch! Das ist ganz einfach falsch und entspricht auch nicht den Bestimmungen, die wir wollten. (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. ) Ja, die Saisonniers setzen Sie nur ein zur Gurkerlernte, aber nicht in der Tourismuswirtschaft, wo sie so dringend notwendig wären. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie weiterhin so viele Arbeitskräfte nach Österreich lassen, wird das entstehen, was man immer in der Zeitung liest. Da schreibt zum Beispiel einer: Maschinenputzpartie gesucht – Kroaten bevorzugt. (Abg. Dr. Graf: Das ist ja unerhört, bitte!) – Na klar, die Ausländer, die hereinkommen, sind billige Arbeitskräfte!

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz, bitte!

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Ich komme schon zum Schlußsatz. – Billige Arbeitskräfte kann man bekommen, die Wirtschaft ist zufrieden, der Arbeitnehmer ist zufrieden, und in Österreich bleiben dann diejenigen, die hier Arbeitslosenunterstützung erhalten und wieder dem Sozialstaat zur Last fallen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.38

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Meine Vorrednerin hat einiges an Zahlen gebracht. Ich möchte nur eine Zahl klarstellen: Die heurige Zuwanderungsquote beträgt 17 000 und nicht 150 000, und davon sind 10 000 Familienzusammenführungen und zirka 7 500 neue Arbeitskräfte aus dem Ausland. (Abg. Böhacker: Das hat sie ja nicht behauptet! Sie haben nicht zugehört!)

Das zeigt auch, wie die "F"-Bewegung – jetzt auf der rechten Seite – "Arbeitsplätze sichern in Österreich" sieht: eine Sondersitzung mit dem Thema "Bündnis für Arbeitsplätze", abgeschrieben aus Deutschland, um medienwirksam auftreten zu können, heute eine Sondersitzung mit dem Thema "Arbeit für Österreich", um medienwirksam auftreten zu können. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Gehen Sie doch auf das ein, was ich gesagt habe!) Ob das wirklich das Gelbe vom Ei ist, wage ich zu bezweifeln! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Partik-Pablé: Gehen Sie doch auf den Katamaran-Unternehmer, der nicht auf der Straße ...!)

Ich möchte meine Redezeit für etwas Sinnvolleres nutzen, als Ihnen jetzt Antworten zu geben. Ich glaube auch, daß es nicht wirksam ist, eine Leberkässemmel zu kaufen, um den "Konsum" zu retten, sondern es wäre wahrscheinlich wirksamer, anstelle hier zu sitzen, wenn wir in die Betriebe gehen würden und mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen reden und sie fragen, ob es ihnen gut geht in diesen Betrieben oder nicht! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. )

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß es an der Zeit ist, wirklich Probleme als Herausforderung zu sehen, um diese zu lösen beziehungsweise positive Aktionen zu forcieren und nicht immer alles krankzujammern! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich glaube auch, daß es genügend positive Beispiele auch in Österreich gibt, nicht nur im Ausland, wo gezeigt wird, wie Arbeitgeber mit Arbeitnehmern, mit diesem wirklich guten Potential, umgehen. (Abg. Mag. Stadler: Es ist besonders lustig, wenn eine pragmatisierte Beamtin über Arbeit redet!)


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Erstens bin ich keine pragmatisierte Beamtin, sondern Vertragsbedienstete, und außerdem habe ich 18 Jahre lang in der Privatwirtschaft gearbeitet, und in dieser arbeite ich noch immer. Und ich möchte das auch von Ihnen wissen, ob Sie das tun. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. ) Jetzt werden Sie ein bißchen unrund, wenn Ihnen eine Frau zurückredet! – Moment mal, mein Herr Kollege. (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich glaube, daß wir in Zukunft natürlich überlegen müssen, erstens wie wir Arbeit teilen – und das heißt sehr wohl auch Überstundenarbeit abbauen und Arbeitszeit bündeln, daß wir weniger Tage arbeiten –, zweitens daß wir teilen zwischen den Generationen und drittens auch teilen zwischen den gesellschaftlichen Gruppen. Ich möchte aber jetzt nicht eingehen auf das, was vorhin gesagt wurde.

Wir haben heute schon sehr viele Ideen gehört – nicht nur heute –, und ich möchte jetzt zur Fixierung einige Punkte noch einmal wiederholen: Bündnis für Arbeit zwischen den Sozialpartnern, Flexibilisierung im Austausch gegen Arbeitsplätze, branchen- und unternehmensgerechte Flexibilisierung der Arbeitszeit. Ich muß leider zu dieser Seite sagen (zur SPÖ gewandt), daß eine Aussage von uns viele Schlagzeilen gebracht hat, aber wir sind dort, und man hat es bewußt falsch verstanden und Killerphrasen gebracht.

Wir brauchen Zeitkonto-Modelle, wir brauchen qualifizierte Tele-Arbeit, denn das wird auch eine Umverteilung sein. Wir brauchen Jahresarbeitszeit-Modelle, und wir brauchen in der Folge – wenn wir das auch nicht so gerne hören wollen, aber Frauen wünschen sich das unter anderem auch – bedarfsgerechte Öffnungszeiten. Und wir brauchen auch raschest das, was Herr Bundesminister Hums heute gesagt hat, nämlich die Aufhebung des Nachtarbeitsverbotes für Frauen in der bestehenden Form.

In der Folge brauchen wir aber auch eine offenere Diskussion über Berufe der Zukunft. Darüber reden wir viel zuwenig. Die zukünftigen Berufe – sei es im Bereich der Kommunikation, sei es im Bereich der technischen Berufe – müssen mehr denn je forciert werden. Und wir brauchen auch eine praxisorientierte Bildungspolitik, sei es in Form von Bildungsschecks, sei es in Form von Verankerung von gewissen Tagen, sei es auch durch die Anerkennung von Bildungswegen, die heute noch nicht anerkannt sind, weil sie nicht verstaatlicht sind.

Ich glaube auch, daß es in unserem Arbeitsmarkt positive Aktionen gibt, daß aber diese positiven Aktionen auch einmal verkauft werden müßten.

Meine Damen und Herren! Unser Kopf ist bei fast allen rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. Wer es nicht kann, ist eingeladen, hinauszugehen in unser Land, Betriebe zu besuchen, die vorzeigen, wie das Miteinander zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen geht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.44

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute wird hier der Eindruck zu erwecken versucht, daß eigentlich nicht die Regierungsparteien schuld sind am derzeitigen Desaster, sondern die Oppositionsparteien. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Das stimmt!)

Hier werden die Tatsachen wirklich verdreht. Der Herr Wirtschaftsminister betet hier Dinge schon seit Jahren vor – früher noch als Staatssekretär im Finanzministerium, jetzt als Wirtschaftsminister –, Dinge wie etwa die Stärkung des Eigenkapitals bei Unternehmen, Verwaltungsvereinfachung, Vereinfachung bei der Privatisierung und so weiter. (Abg. Mag. Stadler: Die Regierung verlangt von der Opposition endlich Maßnahmen!) Alles das sind Dinge, die die Opposition von der Regierung einfordert. Wir fordern Sie auf, endlich jene Versprechungen, die


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Sie schon seit zehn Jahren hier machen, einzulösen – und sonst gar nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister Ditz! Sie können nicht einfach hier sagen, die Freiheitlichen argumentieren nur mit Schlagwörtern, wo doch die Freiheitlichen bereits bei der Budgetdebatte 1994 – da waren Sie noch Staatssekretär im Finanzministerium und Lacina Finanzminister – ein Sparpaket mit 46 Punkten präsentiert haben. Einzelne Punkte hat man fürchterlich zerrissen, manche Punkte hat man sich gar nicht richtig angeschaut, dazu haben Sie eher geschwiegen, so nach dem Tiroler Spruch: Nicht g’schimpft ist g’lobt g’nua! – Im Grunde genommen hat sich jedoch herausgestellt, daß viele dieser Punkte sehr gut sind und einer Umsetzung bedürften.

Ich spreche jetzt einmal einen Punkt an. Nicht nur Sie, Herr Wirtschaftsminister, sondern auch die sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie haben gesagt, man müsse die Schwarzarbeit beseitigen. Das ist ein Wertschöpfungspotential in der Größenordnung von 150 Milliarden Schilling – das hat eine Untersuchung der Kepler-Universität in Linz ergeben. Es werden ungefähr 600 000 Pfuscher beschäftigt, und diese erwirtschaften ein Nebeneinkommen in der Größenordnung von 63 Milliarden Schilling.

Wir haben das damals in unser Sparpaket aufgenommen; dieser Vorschlag des "Luxemburger Modells" – das werde ich dann noch präsentieren – wurde aber überhaupt nicht debattiert und "natürlich" abgelehnt. Einige Wochen später kommt der Obmann des Wirtschaftsbundes der Österreichischen Volkspartei aus dem Burgenland und bringt denselben Vorschlag wie die Freiheitliche Partei – und jetzt ist auf einmal der Vorschlag in Ordnung. (Abg. Mag. Stadler: Das ist typisch!) Sie haben immer einen gewissen Time-lag. Dieser Time-lag dauert oft drei, vier Jahre, bis Sie dann draufkommen, daß die Vorschläge der Freiheitlichen Partei eigentlich die richtigen Vorschläge sind. Hätten Sie diese Vorschläge der Freiheitlichen Partei schon früher realisiert, dann wäre es nicht zu dieser wirtschaftlichen Situation in Österreich gekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aus diesem Grund bringen die Freiheitlichen folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Böhacker und Kollegen betreffend Einführung des sogenannten Luxemburger Modells

"Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, folgende Maßnahmen zur Sicherung der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandortes Österreich umzusetzen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, ehestmöglich einen Gesetzentwurf zum Umsatzsteuergesetz dem Nationalrat vorzulegen, welcher sich zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft in der Baubranche am sogenannten Luxemburger Modell orientiert und eine 15prozentige Umsatzsteuerrückvergütung für Arbeitsleistungen von Professionisten für private Bauherren vorsieht."

*****

Was hat dieser Antrag zum Inhalt? – Es geht darum, den Pfusch am Bau zu beseitigen, den Häuslbauern eine Prämie in der Größenordnung von 15 Prozent der bezahlten Umsatzsteuer in Aussicht zu stellen. Das hat für die Unternehmen den Vorteil, daß sie mehr Möglichkeiten haben, Arbeitsplätze zu besetzen, und das hat für die Häuslbauer den Vorteil, daß sie Garantien für Arbeitsleistungen in Anspruch nehmen können, die nicht ordentlich vollbracht wurden; beim Pfuscher haben sie diese Garantieleistungen nicht. In Form dieser Garantieleistungen wäre das möglich, und die Häuslbauer würden dieses Modell sehr in Anspruch nehmen. Das würde ein Steueraufkommen – geschätzt von der Kepler-Universität – in der Größenordnung von 50 Milliarden Schilling ergeben.


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Jetzt kommt gerade Herr Kollege Stummvoll herein, der gesagt hat, die Freiheitlichen seien genau jene, die alles zunichte beziehungsweise alles miesmachen, was die Bundesregierung vorschlägt. (Abg. Dr. Stummvoll: Alles schlechtmacht! Jawohl!)

Herr Kollege Stummvoll! Sie sitzen jetzt schon jahrelang hier im Hohen Haus. Es dürfte Ihnen wohl nicht entgangen sein, daß der Großteil der Gesetze hier einstimmig beschlossen wird, und Sie sind nämlich derjenige... (Abg. Dr. Khol: Das stimmt ja gar nicht!) Über drei Viertel der Gesetze werden hier im Hohen Haus einstimmig beschlossen. Das ist richtig. (Abg. Dr. Khol: Nein, das stimmt nicht! Maximal 40 Prozent!)

Herr Kollege Stummvoll! Sie haben auch nicht die Weisheit mit dem Löffel gegessen, und Sie können sich das nicht herausnehmen, daß immer nur Sie beziehungsweise die Damen und Herren von der Regierungsbank recht haben. Sie haben es ja gesagt – und das haben Sie bei der gesamten Budgetdebatte beziehungsweise bei der Debatte über das Strukturanpassungsgesetz praktiziert –: Alle Anträge der Oppositionsparteien, seien sie auch noch so vernünftig und noch so gut, müssen einfach abgelehnt werden, denn es darf an diesem Maßnahmenpaket nicht gerüttelt werden. Das ist doch wirklich keine Politik, daß man vernünftige und gute Anträge der Oppositionsparteien einfach ablehnt und keiner positiven Gesetzesregelung zuführt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da geht es einfach auch um die Tatsache des Auseinanderklaffens zwischen dem, was Sie hier gesagt haben, Herr Kollege Stummvoll, und dem, was der Herr Wirtschaftsminister gesagt hat. Sie haben gesagt, Sie seien ein Verfechter einer steuerlich – jetzt geht er schon wieder weg (Abg. Dr. Stummvoll verläßt den Sitzungssaal) – schonenden Behandlung des nichtentnommenen Gewinns. Das sind nicht Thesen aus dem Jahr 1987, wie Sie hier behauptet haben, Herr Wirtschaftsminister, sondern das ist eine Aussage des Kollegen Stummvoll vom 9. Juni 1995. Damals forderte er die Abschaffung der Getränkesteuer, eine Begünstigung nichtentnommener Gewinne, volle steuerliche Absetzbarkeit von Geschäftsessen, stärkere Förderung von Beteiligungsgesellschaften, Senkung der Mehrwertsteuer, flexible Ladenöffnungs- und Arbeitszeiten, höhere Abschreibungsquoten im Fremdenverkehr, Ausbau der Exportförderung.

Bitte schön, das ist alles zu unterschreiben, aber machen Sie es auch! Sagen Sie aber nicht hier von der Regierungsbank aus genau das Gegenteil von dem, was Herr Kollege Stummvoll sinnvollerweise vorgebracht hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber auch Kollege Maderthaner spricht von einer Abschaffung der Getränkesteuer und von einer Begünstigung nichtentnommener Gewinne. Kollege Puttinger, der selbst in einem Tourismusbetrieb tätig ist, forderte am 7. Feber 1995 ebenfalls eine steuerliche Begünstigung bei nichtentnommenen Gewinnen.

Herr Wirtschaftsminister! Warum machen Sie das denn nicht? Sie sitzen da heroben, versprechen seit Jahren steuerliche Begünstigung des Eigenkapitals beziehungsweise steuerliche Maßnahmen, damit eine Eigenkapitalförderung der Klein- und Mittelbetriebe stattfinden kann, aber Sie machen genau das Gegenteil. Sie machen hier schön langsam den Eindruck, als sei es Ihnen vollkommen egal, wie es der österreichischen Wirtschaft geht, Hauptsache Sie erhalten Ihre Macht und können weiterhin Minister bleiben. (Abg. Tichy-Schreder: Das ist primitivst, Herr Kollege!) Ansonsten hätten Sie nämlich das Versprechen einlösen müssen, das Sie vor der Wahl gegeben haben, als Sie gesagt haben: Sollte die ÖVP nicht stimmenstärkste Partei werden, stünden Sie, Herr Minister Ditz, für eine Mitgliedschaft in der Bundesregierung nicht mehr zur Verfügung. – Bitte schön, was ist aus diesem Versprechen geworden? Nicht einmal die Versprechungen, die Sie zu Ihrer Person abgegeben haben, haben Sie eingehalten. (Abg. Tichy-Schreder: Das sind Primitivargumente!)

Budgetentlastung beziehungsweise Budgetsanierung wird nicht nur einnahmenseitig stattfinden können, sondern es geht auch darum, Steuersenkungen durchzuführen, und zwar Steuersenkungen, wie sie auch zwei Universitätsprofessoren der Harvard-Universität verlangt haben. Deswegen stellen die Freiheitlichen folgenden Antrag:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Kollegen betreffend steuerliche Entlastungsmaßnahmen für die österreichische Wirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Finanzen wird zur Sicherung der Arbeitsplätze und zur Belebung des Wirtschaftsstandortes Österreich aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzubereiten, der folgende steuerliche Entlastungsmaßnahmen beinhaltet:

1. Entlastung des Kostenfaktors Arbeit durch aufkommensneutrale Umgestaltung der Energiesteuer, sodaß die Lohnnebenkosten gesenkt und mittelfristig die Mehrwertsteuer um 2 Prozentpunkte vermindert und die Getränkesteuer schrittweise abgebaut werden können.

2. Abbau der Besteuerung nichtentnommener Gewinne, um die Eigenkapitalsituation der österreichischen Betriebe zu verbessern, international wettbewerbsfähiger zu werden und der Insolvenzwelle entgegenzuwirken.

3. Einführung eines Gründungssparens, welches vorsieht, das vom Jungunternehmer für die Betriebsgründung angesparte Kapital um eine Prämie aus öffentlichen Mitteln in der Höhe von 15 Prozent zu erhöhen.

4. Abschaffung der diskriminierenden Substanzbesteuerung für GmbHs, die durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 mit einer eigenkapitalvernichtenden Mindest-Körperschaftsteuer in der Höhe von 50 000 S per anno nunmehr ruinös belastet sind.

5. Steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen für Haushaltshilfen als außergewöhnliche Belastung.

6. Schrittweise Absenkung des Spitzensteuersatzes zur Eindämmung der sogenannten kalten Progression, zur Zurückdrängung der Steuerflucht und zur Stärkung der Kaufkraft auf maximal 38 Prozent unter gleichzeitiger maßgeblicher Kürzung von Subventionen und der Streichung diverser Steuerprivilegien."

*****

Herr Wirtschaftsminister! Sehr geehrte Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! In diesem Antrag sind viele Formulierungen, viele Wünsche, wie sie auch von Ihrer Seite gekommen sind, enthalten. Sie haben daher heute die Möglichkeit, diesen Anträgen Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die beiden soeben verlesenen Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Ditz. – Bitte, Herr Bundesminister.

15.54

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Johannes Ditz: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Erlauben Sie mir, kurz zu einigen Debattenbeiträgen Stellung zu beziehen.

Es ist heute in der Debatte – ich glaube, es war der Abgeordnete Öllinger, aber ich bin nicht ganz sicher – die Feststellung gefallen, daß die österreichische Fahrzeugindustrie und die Zulieferindustrie quasi ihre Existenz verloren hätten. – Ich würde sagen, daß das sicher nicht der Fall ist, wiewohl zuzugeben ist, daß der Beitritt zur EU und die damit verbundenen Umstellungen uns im Bereich des japanischen Markts Marktanteile gekostet haben. Nur stelle ich die Gegenfrage: Was wäre gewesen, wenn wir nicht in die EU gegangen wären? – Dann hätten wir unsere


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20. Sitzung / Seite 99

Zulieferungen an BMW, an Audi, an Mercedes verloren. Diese konnten systematisch ausgebaut werden – und das geschieht immer noch –, und als Wirtschaftsminister bemühe ich mich auch – in Umsetzung des Versprechens meines Parteiobmannes – unter Einschaltung der EU sicherzustellen, daß die EU Druck macht auf die Öffnung der japanischen Märkte, sodaß wir auch hier zu denselben Bedingungen anbieten können. Aber jeder, der den japanischen Markt kennt, weiß, daß das nicht ganz einfach ist, daß natürlich die Preise und der Wettbewerb entscheiden und daß sich in Südostasien – das wurde mit Recht gesagt – viel ereignet hat, was es nicht leichter gemacht hat, in diesen Markt hineinzukommen. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Warum hat er dann die Unwahrheit gesagt?)

Er hat nicht die Unwahrheit gesagt, das ist immer eine Ihrer Behauptungen. Er hat sich bei der EU eingesetzt und hat die Unterstützung der EU in diesem Zusammenhang sichergestellt und durchgesetzt. (Abg. Mag. Stadler: Er hat hier gesagt, er hat es unter Dach und Fach gebracht!) Das ist von Sir Leon Brittan auch vorgenommen worden, und das wurde umgesetzt. (Abg. Mag. Stadler: Er hat gesagt, er hat es unter Dach und Fach gebracht!) Er hat dieses Versprechen unter Dach und Fach. Das ist richtig, das hat er auch. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Er hat ein Versprechen unter Dach und Fach! – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Prinzhorn. Also wenn ich Sie mit dem Ausdruck "Irrationalität" gekränkt haben sollte, dann ziehe ich das mit Bedauern zurück. Das war sicher nicht auf Sie gemünzt, sondern eher auf die Fülle der Vorschläge, die – darauf werde ich noch zu sprechen kommen – wirklich nicht ganz zusammenstimmen.

Nur mit einer Aussage, glaube ich, sollten auch wir hier vorsichtig sein, nämlich wenn hinsichtlich des österreichischen Kapitalmarkts – falsch – behauptet wird, nur Indien sei noch schlechter, sonst sei Österreich ziemlich am Ende dieser Statistik zu finden. – Hiezu möchte ich schon eine tiefergehende Analyse anstellen, warum das so ist. Da müssen wir doch ehrlich sagen, daß bis in die siebziger Jahre hinein niemand in Österreich eine Eigenkapitalaußenfinanzierung wollte – wirklich niemand! –, auch die Unternehmen wollten sie nicht. Wir haben dann die steuerlichen Rahmenbedingungen geändert, wir haben eine Liberalisierung im Bereich der festverzinslichen Wertpapiere erreicht, und wir sind jetzt dabei, die Börse aufzubauen. Ich glaube, daß die Steuern derzeit nicht das Hindernis sind, sondern unser Problem ist vielmehr, daß das Anlageverhalten der Österreicher eher in die festverzinslichen Wertpapiere geht, und zwar deshalb, weil die Renditen nicht da sind.

Herr Abgeordneter Prinzhorn! Überlegen Sie doch wirklich einmal, warum wir keinen Beteiligungsfonds für Tourismusbetriebe zusammenbringen. (Abg. Madl: Weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen!) Das müssen wir ja ehrlich zugeben: Weil alle Beteiligungsgesellschaften Angst haben, mit Eigenkapital hineinzugehen. Ich bemühe mich ja um eine Lösung. Wir schauen uns das an. (Abg. Madl: Warum ist das so? Weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen!) Ja, die Rahmenbedingungen. Was sind denn die Rahmenbedingungen? (Abg. Madl: Dafür sind ja Sie zuständig!) Ja, ich bin für alles zuständig, das weiß ich. (Abg. Madl: Sie sitzen in der Regierung!) Das ist das einzige, was ich dieser Debatte entnehmen konnte. Ich verleugne das nicht, ich werde das machen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Wenn das das einzige ist, was Sie mitbekommen haben, ist das nicht sehr viel! Wenn das das einzige ist, ist das bedauerlich!)

Ich glaube auch, daß die Unternehmen noch immer eine Scheu haben, an die Börse zu gehen, weil man versucht, ohne zusätzliche Eigentümer durchzukommen. Das liegt ein bißchen auch in der Struktur der österreichischen Wirtschaft, und wir müssen diesbezüglich Aufklärungsarbeit betreiben, um diese Eigenkapitalfinanzierung von außen weiter zu verbessern, denn die alten Finanzierungsinstrumente von innen reichen sicher nicht mehr. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Zu den Ausführungen des Abgeordneten Peter: Ich habe keinen Optimismus befohlen. Das steht mir auch nicht zu, und ich würde nie einem Unternehmer sagen: Jetzt mußt du optimistisch sein und in die oder jene Richtung denken. Ich habe allerdings mit sehr vielen Unternehmern gesprochen, die nicht pessimistisch waren (Abg. Mag. Stadler: Und das ist schon ein Erfolg?


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Das ist schon ein Erfolg, wenn sie nicht pessimistisch sind!) , und das hat mich trotz schwieriger Situation optimistisch gemacht. Ich sage Ihnen, ich bin optimistisch, daß wir die Prognosen der Wirtschaftsforscher durchaus im Positiven überschreiten können. Ich sage ganz ehrlich, ich sehe es nicht so negativ. (Zwischenruf der Abg. Madl .) Das ist legitim, und das kann ich auch hier und heute sagen.

In bezug auf die Altersarbeitslosigkeit war es, glaube ich, schon sehr wichtig, daß wir endlich Instrumente beseitigt haben, die es in Wahrheit manchen Unternehmern leicht gemacht haben, sich von älteren Arbeitskräften zu verabschieden. Ich meine damit das Sonderunterstützungsgesetz, das in Österreich die – wie soll ich sagen – soziale Grenze in diesem Bereich, daß verdiente Mitarbeiter in den Betrieben gehalten werden, reduziert hat, indem man gesagt hat: Okay, den teuersten nehme ich, den kann ich jetzt billig "anbringen". Der Staat zahlt die Rechnung, und daher tue ich es. Das haben auch staatliche Versorgungsunternehmen gemacht. – Das war sicher ein falscher Weg, und ich glaube daher, daß es wichtig ist, dieses Instrument zu beseitigen. Es war für Notfälle vorgesehen, es war aber sicherlich nicht als Droge gemeint, die Frühpension anzukurbeln.

Insgesamt ist die Umsetzung der Entbürokratisierung – das muß ich ehrlich sagen – sicherlich etwas schwieriger, als es hier immer dargestellt wird, weil natürlich gleichzeitig mit dieser Forderung auch hier im Hohen Haus viele Gesetze beschlossen werden, die zusätzliche und neue Bürokratie bringen, die dann wieder aufgearbeitet werden muß. Ich glaube, wir müssen schon in der Begutachtung wesentlich genauer darauf achten, welche Kosten und welcher Nutzen damit verbunden sind.

Das Patentrezept Arbeitsplatzsicherung wird es nicht geben, aber einem Vorschlag des Liberalen Forums kann ich wirklich nicht folgen. Ich bin nicht sicher, ob Sie ihn heute gebracht haben, ich bin nur vom "profil" angerufen worden, was ich zur Forderung sage, sozusagen eine Grundabsicherung für jeden zu garantieren – unabhängig davon, ob er arbeitet oder nicht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: 20 Milliarden Schilling!) Ich habe gesagt, ich kann mir nicht vorstellen, daß das vom Liberalen Forum kommt, und habe auch nicht offiziell Stellung dazu genommen.

Nur sage ich Ihnen ganz offen: Wenn wir diesen Weg gehen, dann werden wir die Arbeitsplätze nicht mehr im offiziellen Sektor haben, sondern definitiv in der grauen Wirtschaft, und es werden ganz neue Arbeitsverhältnisse entstehen. Ich glaube hingegen, wir sollten eher den umgekehrten Weg gehen und versuchen, durch Wegnahme der Bürokratie Leute aus dem grauen Sektor, aus der grauen Wirtschaft hereinzunehmen.

Ich teile auch nicht Aussagen in Presseartikeln, die da lauteten, in Österreich sinken die Lohnniveaus permanent. Das sind teilweise schon auch Teilzeitbeschäftigungen, und wir müssen sehen, daß das mitunter auch mit anderen Einkommensmöglichkeiten kombiniert ist. Wie wäre es sonst denkbar, daß man im Tourismusbereich – trotz gar nicht so schlechter Bezahlung – immer schwerer Leute findet. Wenn Frau Abgeordnete Partik-Pablé meint, man müsse zuerst die Arbeitskräfte bringen, dann muß ich ihr schon sagen: Viele Tourismusbetriebe wenden sich an den Sozialminister und sagen, sie finden keine Arbeitskräfte, sie wollen eine Erhöhung der Ausländerquote. Genau das wollen aber Sie von der Freiheitlichen Partei nicht. – Also irgend etwas in dieser Feststellung von Frau Pablé steht im Widerspruch und sollte in einer Debatte auch ab- beziehungsweise aufgeklärt werden.

Zur Aufhebung der Hoteltreuhand. Also ich glaube, daß die Konzentration von Förderungen Sinn macht, und wenn die Hoteltreuhand gut gearbeitet hat, dann wird sie auch ohne Kreditvergabe in der Beratung tätig sein können. Insgesamt sollten wir versuchen, dieses Geschäft mit weniger Leuten zu bewältigen und gleichzeitig in neue Aktionen wie eben Eigenkapitalsicherung zu gehen. Ich habe halt die Erfahrung gemacht, daß all diese Förderungsinstitutionen irgendwann ein totales Eigenleben bekommen. Ich weiß auch nicht, ob die permanente Fremdfinanzierung, die dort schon durchgeführt wird, plus die sehr starke Erweiterung wirklich gut ist. Sie selbst sagen, daß das nicht immer das Beste ist, und damit haben Sie wahrscheinlich recht. Wahrscheinlich sind hier Änderungen und ein öfter stattfindendes Überdenken der Förderungen sinnvoll.


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Von Herrn Abgeordneten Böhacker kam der Vorwurf, es sei doppelzüngig, Entschließungsanträge nicht aufzunehmen, nicht zu verwirklichen, obwohl man das selber gefordert habe. (Abg. Böhacker: Das ist populistisch!) Was ist es? (Abg. Böhacker: Populistisch!) Nein, Populismus ist es nicht (Abg. Mag. Stadler: Populismus pur!) , sondern Populismus (Abg. Mag. Stadler: Aber wirklich pur!) sind jene Forderungen, die Sie hier vorlegen. Ich habe mir das jetzt genau angesehen. Herr Abgeordneter Stadler, schauen Sie ... (Abg. Mag. Stadler: Wir haben das alles abgeschrieben von der Bundeswirtschaftskammer!) Ich weiß nicht, ob Sie von der Bundeswirtschaftskammer etwas abschreiben oder nicht. (Abg. Mag. Stadler: Wir unterstützen die Bundeswirtschaftskammer!)

Die Bundeswirtschaftskammer kann an die Regierung eine Forderung stellen, Sie wollen jedoch eine Alternative sein, Sie müßten überlegen, welche Forderung Sie wie umsetzen können. Und ich sage Ihnen ganz ehrlich, Ihren letzten Entschließungsantrag ... (Abg. Mag. Stadler: Den sollte die Regierung übernehmen!) Nein, Herr Abgeordneter, ich sage Ihnen, den kann man guten Gewissens wirklich nicht umsetzen. (Abg. Mag. Stadler: Der Herr Minister sagt, was die Kammer verlangt, ist ein Blödsinn!) Den kann man nicht umsetzten, denn die lapidare Forderung: "Entlastung des Kostenfaktors Arbeit durch aufkommensneutrale Umgestaltung der Energiesteuer, sodaß die Lohnnebenkosten gesenkt und die Mehrwertsteuer um 2 Prozentpunkte vermindert und die Getränkesteuer abgebaut wird", das bedeutet rund 25 Milliarden Schilling.

Bitte, legen Sie ein Konzept vor! Sie sind ja Steuerberater. (Abg. Rosenstingl: Das gibt es ja! Es gibt ein Konzept der Freiheitlichen!) Können Sie das nicht formulieren, damit man einmal nachprüfen kann, was Sie eigentlich wollen? (Beifall bei der ÖVP.) Sie erteilen der Regierung permanent Aufträge. Ich bin nicht Finanzminister, aber ich sage Ihnen: Diesen Auftrag kann, ja soll man nicht erfüllen. (Abg. Mag. Stadler: Da klatschen Ihre Bundeskammerleute mit! Das ist ja unglaublich!) Wissen Sie, wie der Benzinpreis aussehen würde, wenn wir das tun? Und wer jammert über zu hohe Benzinpreise? Also man muß das auch durchdenken, wenn man Forderungen stellt, und nicht einfach hier herausgehen und quer über die Wiese einmal groß fordern. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Herren aus der Praxis! Man müßte sich auch überlegen ... (Abg. Mentil: Zum Unterschied von Ihnen!) Ich komme auch aus der Praxis. Meine Eltern haben auch ein Geschäft gehabt, und ich habe viele Unternehmen kennengelernt. Aber ich sage Ihnen eines: Es ist ein großer Fehler, von einem Unternehmen sozusagen auf das Ganze zu schließen. Die Situation ist sehr unterschiedlich, je nach Branche, und es ist wichtig, daß Sie sich das anschauen, das mit allen diskutieren, bevor Sie eine wirtschaftspolitische Linie setzen. – Das habe ich gemacht und das werde ich weiterhin tun. Sie können mich nicht davon abhalten! (Beifall bei der ÖVP.)

Aber die Energiesteuer zu erhöhen und die Mehrwertsteuer um 2 Prozentpunkte zu senken, halte ich wirklich für einen Unsinn. Das muß ich einmal ganz deutlich sagen. Das gibt keinen Sinn, das gibt keinen Preiseffekt, das führt aber dazu, daß ganz wichtige Industriebetriebe nicht mehr konkurrenzfähig sind.

Zu fordern, daß die Getränkesteuer abgeschafft werden soll, ohne zu wissen, wie man die Energiesteuer dann verteilt, nicht zu sehen, daß dann keine eigene Steuereinhebungsautonomie der Kommunen mehr gegeben ist – was für den Föderalismus nicht unwichtig ist; auch dem, glaube ich, ist die Freiheitliche Partei verpflichtet –, das überhaupt nicht auszuführen, gar kein Konzept vorzulegen und dann zu sagen: Bitte, stimmen Sie mit!, also da sage ich Ihnen ehrlich: Wir machen unsere eigenen Konzepte und werden sie dann beschließen, wenn die Zeit reif ist, sie zu beschließen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Besteuerung von Betrieben: Also die Rechtsform Neutralität ist für mich kein Ziel der Besteuerung, denn jeder hat die Chance, in eine GesmbH zu gehen, in eine Kapitalgesellschaft, in ein Einzelunternehmen, in eine Personengesellschaft. (Abg. Böhacker: Sollen die Jungunternehmer in eine AG gehen? Was wollen Sie?) Warum soll man alles über einen Kamm scheren? Wahlmöglichkeiten sind sinnvoll, daher ist Ihr Betriebssteuersystem – ich wiederhole das – ein


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System, das in keinem Land der Welt verwirklicht ist, und wir werden es auch in Österreich nicht verwirklichen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Seidinger. Er hat das Wort. Redezeit 10 Minuten.

16.09

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Hohes Haus! "Arbeit für Österreich", wie es uns die Bewegung der "F" heute wieder einmal vorexerziert, ist Populismus in Reinkultur. Populismus in Reinkultur deswegen, weil sie immer wieder diese Arbeit für Österreich fordert und bis jetzt sehr wenige oder fast keine Beispiele geliefert hat, die auch tatsächlich Arbeit für Österreich gebracht hätten. (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei operieren Sie vor einem ernsten Hintergrund. Wenn heute der "Kurier" in einer Aussendung titelt "Die Angst um Arbeit", so ist das nicht unbegründet, und zwar deswegen nicht unbegründet, weil das Linzer Meinungsforschungsinstitut Market festgestellt hat, daß 70 Prozent der Österreicher die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit als die wichtigste Aufgabe der Regierung ansehen. Und wir dürfen nicht verschweigen, daß die EU auf 20 Millionen Arbeitslose hinsteuert.

Wenn ich als Sozialdemokrat hier beim Rednerpult stehe, möchte ich nicht verabsäumen, zu wiederholen, daß die Vollbeschäftigung ein altes und neues Ziel unserer Bewegung ist, daß nur diese die Basis für den Wohlfahrtsstaat darstellt. Der Sozialstaat muß von der Jugend bis zu den Pensionisten alle Bürger umfassen.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich auf einige Punkte eingehen. Arbeitszeitverkürzungen brachten bisher nicht die gewünschten Erfolge. Verkürzte Arbeitszeit brachte erhöhte Produktivität durch verstärkte Automatisation. Das heißt, wenn wir uns in der Praxis umschauen: Volle Auftragsbücher der Industrie, aber leere Hallen, keine Menschen. Vielleicht sollte man die alte Dallinger-Idee wieder einmal aufgreifen, um zu fragen: Was ist mit der Wertschöpfungsabgabe, die damals als "Maschinensteuer" verdammt und verteufelt wurde?

Es geht auch um eine Neuverteilung der Arbeitszeit. Es ist also möglich, Überstunden zu teilen. – Jemand hat jetzt die Rechnung aufgestellt: Sollte man in der Steiermark die rund 1 Million Überstunden pro Woche bei einer 38-Stunden-Woche ansetzen, so würde das – Milchmädchenrechnung! – 26 315 neue Arbeitsplätze ergeben, und das gegenüber 40 000 Arbeitssuchenden. (Abg. Dr. Graf: Ein sehr fortschrittliches Konzept!)

Viele sagen jetzt: besser Teilzeit als keine Arbeit. Ich wehre mich nicht dagegen, jetzt Überstunden abzubauen und sie auf andere aufzuteilen; das kann eine sinnvolle Angelegenheit sein (Abg. Mentil: Kann!) , nur: Die Frage ist, ob man das aus kollegialer, freundschaftlicher Absicht heraus tut, oder ob man dazu Verordnungen, Gesetze, Zwang und Maßnahmen braucht.

Beim Stichwort "Solidarität": Sie werden sicher alle das Beispiel der VW-Werke kennen, wo Arbeitnehmer gesagt haben, sie verzichten auf Lohn und Einkommen, wenn Kündigungen dadurch vermieden werden können. – Nur: Dieser vorübergehende Einkommensverzicht bedeutet keine Dauerlösung. Dauerlösungen sind komplizierter, als es im ersten Moment den Anschein haben mag.

Nächstes Stichwort: Flexibilisierung. Ja, aber nicht um jeden Preis. Flexible Arbeitszeiten müssen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern verhandelt werden. Arbeitnehmerschutzbestimmungen sollen verbessert werden; gemeinsam mit der Wirtschaft ist nach einer kreativen Lösung zu suchen.

Aber schauen wir uns das im einzelnen an, verfolgen wir verschiedenste Medienberichte, so etwa über den Handel: Da wird gelobt, daß man jetzt bis halb acht oder halb neun einkaufen gehen kann. Ich frage aber andererseits: Werden auch jene gelobt, die bis halb acht oder halb neun hinter der Pudel stehen müssen, um zu verkaufen? Wann gehen sie einkaufen? – Das


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heißt, auch da wird man noch nach Lösungen suchen müssen. (Abg. Dr. Graf: Die können dann am Vormittag einkaufen! Die arbeiten ja nicht durch!)

Sie können eine Berufsgruppe herausgreifen und sagen: Der kann sich seine Arbeit gestalten, es gibt jedoch viele Berufsgruppen, bei denen keine Gestaltungsmöglichkeit gegeben ist. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. ) Herr Kollege! Ich habe auch nur eine begrenzte Redezeit und kann mich jetzt nicht in Diskussionen mit Ihnen einlassen.

Jetzt kommt aus dem Musterland des Kapitalismus, aus den USA, die Frohbotschaft: 210 000 geschaffene Arbeitsplätze pro Monat. Ein Jobwunder: flexible Verträge, niedrige Löhne und dergleichen.

Wenn man aber ein bißchen hinter die Kulissen schaut, sieht man, daß 75 Prozent aller Beschäftigten in den USA im Dienstleistungssektor arbeiten. In den USA beträgt die Arbeitslosenrate zwar nur 5,5 Prozent – in Europa ist sie doppelt so hoch –, aber: 10 Millionen Amerikaner arbeiten zum Mindestlohn, und der Mindestlohn beträgt 4,25 Dollar in der Stunde. (Abg. Dr. Graf: Brutto oder netto?) Es ist in Zeiten der Hochkonjunktur in dieser Teilzeitbranche, in einer Branche, in der es Zeitarbeitsmodelle gibt, so, daß 60 Prozent aller amerikanischen Haushalte mit dem Standard von 1973 leben müssen.

Das ist das Musterland des Kapitalismus! Sie kennen ja alle diese Schlagworte und wissen auch in Europa: Der Kapitalismus kennt längst keine Grenzen mehr; er ist heimatlos geworden und er kann überall auf der Welt vorkommen.

Folgende Devise gab und gibt es in den USA: Das Feuern von Arbeitnehmern bringt steigende Aktien, und davon leben viele. Aber eine Reduktion der Löhne verschlechtert auch den Lebensstandard, die Kaufkraft wird verringert und die Wirtschaft verschlechtert sich.

Maßnahmen in Österreich – heute schon mehrfach hier beim Rednerpult angesprochen –: Öffentliche Investitionen verstärken Beschäftigungsinitiativen. 90 Milliarden Schilling an Infrastrukturausgaben für Bahn, Straßenbau, Semmering-Tunnel, Koralm-Tunnel und so weiter! Das sollte man nicht außer acht lassen!

Durch Umweltschutzmaßnahmen können Arbeitsplätze geschaffen werden! Arbeit anstatt Sozialhilfe! Stichwort: aktive Arbeitsmarktpolitik. Immer wieder wird gejammert, daß die Mittel für die Arbeitsmarktförderung gesunken seien. – Es stehen heuer 6,6 Milliarden Schilling dafür zur Verfügung; das sind um 16 Prozent mehr als bisher.

Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Was heute von der "F" mit diesem Programm "Arbeit für Österreich vorgelegt wird, hat Othmar Karas von der ÖVP als haltlos, unrealistisch und als große Belastung für den Wirtschaftsstandort Österreich bezeichnet.

Ich weise Sie von der "F" nur auf folgenden Widerspruch hin: Senkung der Steuern, aber Finanzierung des Wohlfahrtsstaates durch Steuern. Das bitte ist doch unseriös, geradezu eine Quadratur des Kreises!

Heute hat Ihr Führer hier heraußen gesagt (Abg. Dr. Graf: Lassen Sie diese Bezeichnung aus dem Spiel!) , man müsse nur die Kommunalsteuer abschaffen, damit wären die Lohnnebenkosten um 3 Prozent weniger. Ich verweise da auf die Gemeinden, die von der Kommunalsteuer leben müssen. Und die Gemeinden, bitte, sind es, die in Österreich einen Anteil von 60 Prozent des gesamten Investitionsvolumens haben. Das an die Adresse der "F"! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mentil: Mit der Kommunalsteuer! Ahnungslos!)

16.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol gemeldet. Bitte, die einschlägigen Bestimmungen zu beachten.

16.18

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Ich berichtige die Ausführungen des Abgeordneten Trattner, wonach eine Vielzahl der Gesetze einstimmig beschlossen würden.


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In der XIX. Gesetzgebungsperiode wurden von 122 Gesetzen 34 Prozent einstimmig beschlossen, im Jahre 1993 28 Prozent, im Jahr 1992 27 Prozent. Damit ist also die Behauptung, daß eine Vielzahl der Gesetze einstimmig beschlossen würden, falsch. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Das ist eine große Zahl!)

16.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Die Redezeit ist bekannt.

16.19

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich mit meinem Redebeitrag einer ganz speziellen Facette des Problems Arbeitslosigkeit in Österreich widmen.

Es war sehr viel die Rede von der Schaffung neuer Arbeitsplätze, von einer Technologieoffensive. – Es fehlt uns von den Grünen allerdings ein bißchen der Glaube, daß Sie das wirklich ernst meinen. Unserer Ansicht nach fehlt auch ein überzeugendes Konzept – ein solches sind Sie bis jetzt schuldig geblieben –, denn mit irgendwelchen vagen Investitionsanreizen lassen sich nicht mehr hochqualifizierte Arbeitsplätze schaffen, da bedürfte es doch einer sehr gezielten Technologieoffensive in ganz bestimmten Branchen.

Aber eine solche Offensive hat ja nur dann einen Sinn und kann nur dann zu einem Erfolg führen, wenn nicht in anderen Bereichen andauernd Arbeitsplätze verlorengehen. Und ich glaube, dieses Problem wird viel zu wenig beachtet.

Wir wissen, daß wir in den Industriebetrieben laufend mit einem Sinken der Beschäftigtenzahlen rechnen müssen. Teilweise muß man jedoch diese Entwicklung gar nicht beklagen, denn es werden so auch Arbeitsplätze wegrationalisiert, die für Menschen wirklich unzumutbar, da gesundheitsschädigend sind, die mit extremen Belastungen verbunden sind. Ich glaube daher, daß die Rationalisierung durchaus auch positive Seiten hat, wenn es nur gelingt, zu einer faireren Verteilung der Früchte des Arbeitens und auch der Arbeit selbst zu kommen.

Das heißt, wir müssen Arbeit und Arbeitserlöse stärker umverteilen. Wir dürfen uns nicht abfinden mit einer Entwicklung in Richtung Zweidrittelgesellschaft, sondern müssen danach trachten, die vorhandene Arbeit auf mehr Menschen aufzuteilen – und selbstverständlich auch die Erlöse dieser Arbeit mehr Menschen zugänglich zu machen. (Beifall bei den Grünen.)

Mir liegt aber heute ein ganz spezielles Problem am Herzen: Österreich steht an der Schwelle zum Eintritt in eine neue, eine sehr gefährliche Technologie, nämlich in die Gentechnik, soweit sie Freisetzungen betrifft. Und es wird überhaupt nicht überlegt, es ist überhaupt keine Studie dazu gemacht worden, wieviel Arbeitsplätze das kosten wird. Da spreche ich jetzt vor allem auch die Abgeordneten der Österreichischen Volkspartei an. Ich weiß, daß Ihnen die Probleme, die Sorgen und Anliegen der österreichischen Bauernschaft nach wie vor am Herzen liegen. Ich glaube, es ist kein Zufall, daß sich die Minister Molterer und Bartenstein gegen derartige gentechnische Freisetzungsexperimente ausgesprochen haben; sie wissen nämlich, was das bedeutet.

Es gibt in Österreich mehr als 20 000 Biobauernbetriebe. Das sind sehr arbeitsintensive Betriebe, die Produkte von höchster Qualität für sehr anspruchsvolle Märkte liefern. Ich meine, das ist das Erfolgsrezept für die österreichische Landwirtschaft von morgen. Wir haben keine Chance, wenn wir in Konkurrenz treten mit riesigen Massenerzeugern etwa in den Niederlanden oder in anderen Staaten, mit Produzenten von tierischen Lebensmitteln, die quasi am Fließband erzeugt werden. Da hat Österreich keine Chance.

Und wir sollten uns auch gar nicht bemühen, diesbezüglich in eine Konkurrenz zu treten, in einen Wettbewerb, den wir nur verlieren können. Wir müssen doch erkennen, wo unsere Erfolgschancen liegen: in einem wirklich auch für die Konsumenten ehrlich deklarierten Produkt höchster Qualität, einem Produkt, das allen ökologischen Standards entspricht, in einem Produkt, das frei sein muß von irgendwelchen gentechnischen Einflüssen. – Für Biobauernbetriebe


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ist die Gentechnik etwas diametral Entgegengesetztes, etwas das ihre Bemühungen konterkariert.

Wir Grünen haben keinen absolut ablehnenden Standpunkt der Gentechnik insgesamt gegenüber. Ich glaube, es gibt diesbezüglich sinnvolle Anwendungen im Bereich der Medizin. Aber auch dort muß man sehr, sehr vorsichtig sein. Auch dort müssen alle Sicherheitsauflagen eingehalten werden, und es muß sicherlich noch das Gesetz verbessert werden. Ich glaube aber, daß es auf medizinischem Sektor berechtigte Anwendungsformen gibt.

Nur: Im Bereich der Landwirtschaft, für landwirtschaftliche Produkte ist die Gentechnik ein Irrweg, und wir sollten dort nicht hinein! (Beifall bei den Grünen.) Dort ist die Gentechnik sozial nicht angepaßt. So werden die österreichischen bäuerlichen Betriebe in einen Quantitätswettbewerb mit riesigen Agrarfabriken gehetzt. Dem können sie nicht standhalten! Es ist das wirklich ein Irrweg der Forschung: Die ökologischen Risken sind unkalkulierbar, die sozialen Folgen sind verheerend, denn es würde für weitere bäuerliche Betriebe das Aus bedeuten. Und: Wir vermauern uns damit den eigentlich schon erkennbaren Erfolgsweg für die österreichische Landwirtschaft.

Daher ersuche und bitte ich Sie wirklich: Stimmen Sie für unseren Entschließungsantrag! Wir verlangen – wir sehen das als eine Art Kompromißangebot an dieses Haus – kein generelles Verbot, aber wir verlangen ein Moratorium von fünf Jahren, und das aus gutem Grund. Wir wissen, daß die Freisetzungen, die bisher passiert sind, zu ganz anderen Resultaten geführt haben, als man ursprünglich dachte. Alle Studien über den Pollenflug, über die Fruchtbarkeit dieser Pflanzen waren bisher falsch. Die Wissenschaftler haben sich, so wie damals bei der Atomtechnik, geirrt. Ich glaube, wir sollten uns diese fünfjährige Nachdenkpause gönnen. – Ich persönlich bin überzeugt davon, daß danach diese Freisetzungsexperimente gar nicht mehr gewollt sein werden.

Jetzt jedoch in diese Technik einzusteigen und damit einen erfolgversprechenden, einen ökologischen Weg der österreichischen Landwirtschaft insgesamt zu versperren, das wäre wirklich das Falscheste, was man jetzt tun könnte.

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Madeleine Petrovic, Ing. Monika Langthaler, Andreas Wabl, Freundinnen und Freunde betreffend Moratorium für Freisetzungsanträge von gentechnisch veränderten Organismen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz werden aufgefordert, ein Moratorium für die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen für die Dauer von fünf Jahren zu beschließen."

*****

Meine Damen und Herren! Die ökologische Landwirtschaft ist arbeitsintensiv. Sie liefert hochwertige, vielleicht auch etwas teure Produkte. Ich glaube jedoch, dieser Preis sollte bezahlt werden, und zwar für eine faire Leistung der österreichischen Landwirte. Und ich meine, das ist ein gut angelegtes Geld. Nur, wie gesagt: Wenn wir hier politische Entscheidungen treffen, die dem entgegengesetzt sind, dann werden wieder 10 000 oder 20 000 Landwirte auf dem Arbeitsmarkt vorstellig werden, dann werden sie wahrscheinlich in der Industrie, im Gewerbe, die heute schon niemand mehr aufnehmen können, verzweifelt versuchen, einen Arbeitsplatz zu finden – und das, obwohl es relativ leicht wäre, einen hochwertigen Arbeitsplatz in der Landwirtschaft zu erhalten.


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Im Sinne der Arbeitsplatzsicherheit ersuche ich Sie daher nochmals: Schließen Sie sich unserem Antrag an! Stimmen Sie diesem Moratorium von fünf Jahren für landwirtschaftliche Freisetzungsexperimente zu! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic betreffend Moratorium für Freisetzungsanträge ist ausreichend unterstützt und steht mit zur Beratung und Verhandlung.

Zum Wort gelangt als nächster Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

16.27

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Petrovic, ich verkenne nicht Ihr Engagement für die Arbeitslosen und auch hinsichtlich der Gentechnik.

Sie haben richtigerweise darauf hingewiesen, daß sich die beiden Minister Bartenstein und Molterer sehr klar und eindeutig zu dieser Frage geäußert haben. Ich darf Sie daran erinnern, daß wir auch im Hauptausschuß, als diese Frage im EU-Ministerrat zur Debatte stand, sehr klar und eindeutig dazu Stellung genommen haben. Ich vertraue auf diese Stellungnahmen und auf dieses Engagement unserer beiden Minister mehr als auf einen Entschließungsantrag, der eine Einigelung bedeuten würde. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte hiermit ganz klar zum Ausdruck bringen: Diese Frage können wir in Österreich allein nicht lösen, sondern dazu sind wir in die EU eingetreten, um gemeinsam die Probleme in bezug auf Genmanipulation, Gentechnik in den Griff zu bekommen, und zwar in einer Art und Weise, daß die Lösungen menschen- und auch tiergerecht sind. Das möchte ich ausdrücklich betonen.

Noch einmal: Ihr Engagement anerkenne ich, aber den Weg, der in gewisser Hinsicht eine Alibiaktion bedeutet, halte ich nicht für richtig. – Und ich anerkenne auch Ihr Engagement für die Arbeitslosen, Sie sollten jedoch zur Kenntnis nehmen, daß nicht erst heute, sondern bereits von der Bildung dieser neuen Bundesregierung an eine klare Neukonzeption der Arbeitsmarktpolitik eingeleitet wurde.

Ich zitiere diesen Schlüsselsatz aus der Budgetrede des Herrn Finanzministers Klima, in dem er sagte: "Ein Defizit ist kein effizientes Instrument, um Beschäftigung zu schaffen." Es handelt sich um eine Neuorientierung der Beschäftigungspolitik, der Arbeitsmarktpolitik in unserem Land, meine Damen und Herren.

Ich zitiere auch den Schlüsselsatz aus der heutigen Rede vom Wirtschaftsminister Ditz, als er sagte: "Die Bundesregierung hat ihre beschäftigungspolitische Konzeption weder auf dauerhafte Schuldenpolitik noch auf Lohnverzicht gesetzt." Dr. Ditz zählte dann Alternativen einer vernünftigen Beschäftigungspolitik, die in die Zukunft weist, auf.

Ich bedaure es, daß dieses Thema der Neukonzeption, einer zukunftsweisenden Beschäftigungspolitik insbesondere von den Freiheitlichen nicht aufgenommen wurde. Es wäre eine Chance für Sie – Dr. Stummvoll hat es bereits gesagt –, über diese Neukonzeption wenigstens zu reden. Denn, meine Damen und Herren, diese bedeutet eine Abkehr von der alten keynsianischen Beschäftigungspolitik. Wir müßten eigentlich Applaus dafür bekommen; wir haben uns durchgesetzt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Was sind die Kernsätze dieser neuen Politik? – Sie sind von den ÖVP-Abgeordneten und zum Teil auch von den SPÖ-Abgeordneten, insbesondere von Minister Hums, angeführt worden. Minister Hums hat ganz besonders auf die Wichtigkeit und Bedeutung der Bauwirtschaft im Zusammenhang mit dem Wohnbau und auf die Impulse, die auf die Beschäftigung, auf den Arbeitsmarkt davon ausgehen, hingewiesen. Andere Abgeordnete haben die Flexibilisierung der Arbeitszeit in den Vordergrund gestellt. Ich betrachte das auch als ganz wichtig. Und ich sage auch an die Abgeordneten der SPÖ gerichtet: Ich halte es für richtig, wenn man die Flexibilisie


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rung von Arbeitszeit forciert – zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber individuell, also ohne kollektivvertragliche Bindung.

Ich meine, daß wir dieses Vertrauen in die Wirtschaft, in die Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben sollten, daß diese eben selbst in der Lage sind, in bestimmten Bereichen gestaltend einzugreifen.

Ich möchte ganz klar sagen, daß wir nicht der Meinung der Freiheitlichen sind, die gesagt haben, daß man mit der Besteuerung von Überstunden Arbeitsplätze sichern, schaffen könnte. Im Gegenteil: Wenn es ein Instrument gibt, mit dem man umverteilen kann, so funktioniert dies sicher nur über eine vernünftige Gestaltung der Besteuerung von Überstunden, meine Damen und Herren! Das ist der einzige Bereich, bei dem wir vernünftig ansetzen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Mag. Stadler, weil Sie jetzt hier sind, möchte ich Ihnen folgendes sagen: Gerade durch den Beitritt zur EU wurden Arbeitsplätze nicht nur gesichert, sondern auch geschaffen. Ich nenne Ihnen zwei Betriebe. Ich nenne Ihnen die Firma Wolford und die Firma Otten, die Firma Wolford in Bregenz beziehungsweise Hard und die Firma Otten in Hohenems. (Abg. Mag. Stadler: Die wären beide nach wie vor konkurrenzfähig!)

Diese beiden Betriebe haben seit dem 1. Jänner 1995 600 neue Arbeitsplätze geschaffen, meine Damen und Herren, weil der Markt durch unseren EU-Beitritt für diese beiden Betriebe größer wurde. Sie müßten das ja am besten wissen, Herr Mag. Stadler, denn Herr Otten hat Ihnen einige Male gesagt, was gedroht hätte, wenn es zu keinem EU-Beitritt gekommen wäre.

Wenn man diese 600 bis 700 Arbeitsplätze auf ganz Österreich umlegt, so muß ich sagen, kommen wir auf rund 20 000 Arbeitsplätze, die geschaffen wurden. (Abg. Mag. Stadler: In Vorarlberg eine Rekordarbeitslosigkeit! Seit dem Zweiten Weltkrieg eine Rekordarbeitslosigkeit – trotz EU!)

Die Arbeitslosigkeit in Vorarlberg hat jetzt zugenommen, weil es in der Bauwirtschaft und im Fremdenverkehr Schwierigkeiten gibt. Diese Schwierigkeiten müssen wir bewältigen. Wir müssen Veränderungen durchführen, aber das erreichen wir nicht, wenn wir nur dauernd über die EU schimpfen, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich betrachte die Neuorientierung der Arbeitsmarktpolitik durch das Arbeitsmarktservice als etwas ganz Wesentliches in Österreich. Es haben sicher einige mitverfolgt, was vom Arbeitsmarktservice ausgeht, weil dieses Arbeitsmarktpolitik betreibt, aktiv versucht, die Beschäftigung zu fördern. Sie selbst können Arbeitsplätze natürlich nicht schaffen, das ist richtig, niemand, der in der Verwaltung tätig ist, kann unmittelbar Arbeitsplätze schaffen. Aber sie können die Voraussetzungen dafür schaffen, daß nicht mehr verwaltet wird, sondern aktive Arbeitsmarktpolitik betrieben wird.

Ich wehre mich dagegen, meine Damen und Herren, daß man heute noch dem Arbeitsmarktservice den Vorwurf macht, wie das Herr Abgeordneter Haider getan hat, sie würden lediglich Arbeitslosigkeit verwalten. Im Gegenteil: Sie schaffen Arbeitsplätze, sie machen aktiv Arbeitsmarktpolitik. Ich bin sehr froh darüber – Minister Hums hat darauf bereits hingewiesen –, daß in diesem Jahr, im Jahre 1996, für die aktive Arbeitsmarktpolitik ein Drittel mehr an finanziellen Mitteln als 1995 zur Verfügung gestellt wurden. Diese Mittel sind von 5 Milliarden auf 6,5 Milliarden Schilling aufgestockt worden. Das sind Mittel für eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die jetzt eingesetzt werden können, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß sich die Situation der Wirtschaft verbessert.

Wir haben auch die Lohnnebenkosten – wenn auch nur in einem kleinen Bereich – sehr wirkungsvoll gesenkt. Es wird immer wieder vergessen, zu sagen, daß bei der Neueinstellung von älteren Arbeitnehmern die Lohnnebenkosten um 3 Prozentpunkte gesenkt wurden. In einem Betrieb, in dem ältere Arbeitnehmer zusätzlich beschäftigt werden, werden 3 Prozentpunkte weniger an Lohnnebenkosten anfallen, weil kein Arbeitslosenversicherungsbeitrag für diese Perso


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nen bezahlt werden muß. Das ist eine echte arbeitsmarktpolitische Maßnahme, um die Situation der älteren Arbeitnehmer zu verbessern, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben – zugegebenermaßen – Probleme, aber wir bemühen uns, diese Probleme zu lösen, Alternativen aufzuzeigen. Der richtige Weg einer vernünftigen Arbeitsmarktpolitik ist heute von den beiden Ministern Ditz und Hums aufgezeigt worden. (Beifall bei der ÖVP.)

16.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte.

16.36

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mich dem Lob des Kollegen Feurstein für das Arbeitsmarktservice anschließen. Ich bin nämlich überzeugt davon, daß die Bedeutung dieser Institution in Zukunft noch steigen wird. Denn bei all dem, was sich im industriellen und gewerblichen Bereich aufgrund der rasanten Entwicklung abspielt, werden wir es in Zukunft wahrscheinlich mit einer gewissen Anzahl von Menschen zu tun haben, die nicht imstande sind, das Tempo mitzuhalten, das in der Produktionsgesellschaft auf der Tagesordnung steht. Das heißt, es wird eine Reihe von Menschen geben, die aus dem Produktionsprozeß sozusagen hinausgeschleudert werden. Und da wird es ganz entscheidend sein, wie kreativ das Arbeitsmarktservice diesen Menschen alternative Beschäftigungsmöglichkeiten bieten kann. – Daher ist das absolut keine Defensivorientierung, und es ist wirklich nicht so, daß nur Arbeitslosigkeit verwaltet würde, sondern es werden der österreichischen Bevölkerung in ganz entscheidenden Sektoren künftige Chancen geboten.

Ich kann Ihnen allerdings nicht applaudieren, Herr Kollege Feurstein, wenn Sie meinen, das nunmehr beschlossene Budget wäre eine Abkehr vom Keynesianismus gewesen. Abgesehen davon, daß, wenn man internationale Wirtschaftszeitungen liest, dieser offensichtlich gar nicht so unmodern geworden ist, besteht ja der Kern der keynesianischen Theorie darin, daß es gerade aus der Erfahrung der Weltwirtschaftskrise 1929 heraus notwendig ist, daß in bestimmten Situationen die Nachfrage durch den Staat stimuliert wird, aber daß man – sobald sich die Situation wieder gebessert hat – imstande sein muß, die Verschuldung des öffentlichen Haushaltes zurückzunehmen, wenn nämlich das Ziel, das ein kurzfristig angelegtes ist, erfüllt ist.

Ähnlich ist dies auch in Österreich heute der Fall. Sie wissen ganz genau, daß wir im Jahr 1993 wesentliche Budgetausweitungen infolge einer Rezession vornehmen mußten, uns jetzt aber in einer Phase befinden, in der wir gezwungen sind, diese Budgetausweitungen in einem gewissen Maße zurückzunehmen.

Ein weiterer Punkt und eigentlich der Kern dessen, was mich heute interessiert: Da über eine Reihe sozialpolitischer und wirtschaftspolitischer Fragen, was eine Binnenorientierung anlangt, bereits gesprochen wurde, soll der Kontext lauten: Beschäftigungspolitik und Europäische Union. Und ich meine, daß dieser Zusammenhang heute noch zu wenig beleuchtet wurde.

Worin besteht das Problem steigender Arbeitslosenraten im europäischen Zusammenhang? – Das Kernproblem besteht doch darin, daß es zu einer Steigerung des Arbeitskräftepotentials gekommen ist, und mit dem konnte man bezüglich Wachstumstrends in Europa nicht mithalten. Es stellt sich die Frage: Wieso konnte bezüglich Wachstumstrends in den letzten Jahren mit dieser Entwicklung nicht mitgehalten werden?

Es gibt im übrigen keinen empirischen Befund, der bestätigen würde, daß die Beschäftigungsintensität des Wachstums abgenommen hätte und daß es so etwas wie beschäftigungsloses Wachstum gäbe. – Die Beschäftigungsintensität ist mehr oder weniger gleich geblieben.

Die Probleme, daß es zu keiner Wachstumsentwicklung im erforderlichen Maße gekommen ist, liegen in einem anderen Bereich. Wie Sie wissen, waren alle westeuropäischen Staaten, was ihre öffentlichen Haushalte betrifft, relativ hoch verschuldet, und dies hat unter anderem zu hohen Realzinsen geführt. Das hatte weiters zur Folge, daß Investitionen im betrieblichen Bereich weit weniger lukrativ waren, daß es eine starke Verlagerung hin auf den Finanzsektor gab


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und daß zudem das Investitionsklima gestört war durch währungspolitische Instabilitäten, die es in den letzten Jahren in Europa gab.

Es stellt sich daher nicht nur für Österreich, sondern für ganz Europa die Frage: Wie kommt man zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum, das auf die Entwicklung von Massenkaufkraft gestützt ist? Und da, meine ich, gibt es gerade jetzt einige positive Entwicklungen. Es gibt die niedrigsten Realzinsen seit 1949 vor allem in Deutschland, was doch dazu führen wird, daß die Investitionen in einem stärkeren Maße wieder greifen werden. (Abg. Dr. Lukesch: Sind Sie Keynesianer?) Nicht lupenrein, aber es gehört dazu, Herr Kollege Lukesch! (Abg. Dr. Lukesch: Kennen Sie die Theorie der Liquiditätsfalle?) Diese Theorie ist mir bekannt, Herr Kollege! (Abg. Dr. Lukesch: Das ist ein historischer Moment, in den Österreich hineinzugeraten droht, wenn wir nicht auf der Kostenseite sehr aufpassen!)

Auf die Kostenseite komme ich noch zu sprechen, Herr Kollege Lukesch, aber Sie werden mir doch zustimmen, daß die nun gesunkenen Zinsen eine wesentliche Veränderung sind, eine Veränderung in Richtung eines gewissen Investitionsklimas.

Sie werden mir wohl auch darin zustimmen, daß mit der Bestrebung einer europäischen Währungseinheit und damit der Zielsetzung, daß es zu stabileren Wechselkursen kommt, eine zweite wesentliche Voraussetzung geschaffen wird, nämlich ein günstiges Investitionsklima zu erreichen.

Und Sie werden wahrscheinlich gleichfalls mit mir übereinstimmen, daß mit der Entwicklung in Osteuropa ... (Abg. Ing. Reichhold: Reden Sie über das Heute!) Jetzt beschäftige ich mich mit einem Einwand des Kollegen Lukesch. – Einer nach dem anderen! (Abg. Dr. Khol: Diese Sondersitzung wird zu einer Erwachsenenbildung!) – Vor allem für die Kollegen auf der ganz rechten Seite, wie dies ja heute auch von unserem Herrn Bundesminister Hums des öfteren vorgebracht wurde.

Ich komme zu einem weiteren Punkt: Osteuropa. Sie werden mir sicherlich zustimmen, wenn ich sage, daß es mit der Integration der osteuropäischen Staaten in die Europäische Union zu einer Verstärkung der effektiven Nachfrage in Osteuropa kommen wird, vor allem auch vor dem Hintergrund der Investitionstätigkeit, die es in diesen Ländern gibt. Eine große Hoffnung auf die Entwicklung dieser Märkte in Mittel- und Osteuropa ist durchaus berechtigt.

Sie werden sich wahrscheinlich dem nicht verschließen können, was unter anderem auch als Priorität im Regierungsprogramm festgelegt wurde. Innerhalb der Europäischen Union steht die wirtschaftspolitische Orientierung derzeit nämlich sozusagen auf einem Bein, und zwar dem der Wirtschafts- und Währungsunion, während andererseits die Europäische Union noch zu keinen Vereinbarungen gekommen ist, was auf dem Beschäftigungs- und Investitionssektor gemacht werden soll.

Ich nenne als Beispiel hiefür die Finanzierung der transeuropäischen Netze, die nach wie vor in der Luft hängt. Ich füge das von Delors zur Unterstützung der kleinen und mittleren Unternehmungen vorgeschlagene Programm an. Es ist erforderlich, daß die Europäische Union wirtschaftspolitisch handelt.

In Zukunft, wenn es eine einheitliche europäische Währung, wenn es eine unabhängige europäische Notenbank geben wird, so muß diese auf nationalstaatlicher Ebene ein wirtschaftspolitisches Gegengewicht haben, und das ist in Österreich eben klar die Bundesregierung: unter Einbeziehung der Wirtschafts- und Sozialpartner. Auf europäischer Ebene verfügen wir noch nicht über eine solche Konstruktion. Ich kann mir beispielsweise nicht vorstellen, daß der ECOFIN-Rat, der Rat der Finanzminister der Europäischen Union imstande wäre, diese Funktion zu erfüllen. Delors hat vor vielen Jahren vorgeschlagen, es möge eine Wirtschaftsregierung geben, die dieser Europäischen Notenbank gegenübersteht, weil es doch darum gehe, daß die wirtschaftspolitischen Ziele in Europa ausbalanciert werden – und nicht allein die Geldwertstabilität im Vordergrund steht.


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Ich meine, daß eine der entscheidendsten Aufgaben – das war auch der Grund, warum Österreich Mitglied der Europäischen Union geworden ist – gerade in bezug auf die Beschäftigungspolitik auch die Wahrnehmung makroökonomischer Weichenstellungen auf der Ebene der Europäischen Union sein muß, denn wir müssen Handlungsverluste, die wir auf nationaler Ebene aufgrund der globalen Entwicklungen zur Kenntnis nehmen mußten, auf europäischer Ebene wieder gewinnen. Das wird unsere Aufgabe sein. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Edeltraud Gatterer. – Bitte sehr.

16.46

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Nach den Ausführungen des Kollegen Gusenbauer könnte ich eigentlich als Österreicherin sagen: Es ist mir alles egal, ich will einfach nur einen Arbeitsplatz.

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist angespannt, und ich glaube, alle, die hier im Hause sind, wissen das, und sie sind auch durchaus Politiker, die über die Grenzen schauen. Der Herr Wirtschaftsminister hat ja ausgeführt, daß wir trotzdem sagen können, daß wir im Vergleich mit anderen westeuropäischen Staaten an und für sich in einer noch recht guten Situation sind. Aber trotzdem ist für uns alle die hohe Arbeitslosigkeit ein Auftrag zu handeln, und zwar ein Auftrag für die Politik.

Ich glaube, daß die Situation bis jetzt – sage ich einmal – so gut ist, ist auch ein Resultat dessen, daß die Bundesregierung in den letzten Jahren richtige Maßnahmen gesetzt hat, denn sonst wäre die Arbeitslosenrate wahrscheinlich so hoch wie in anderen Ländern; das muß man auch einmal sagen. Und das hat nichts damit zu tun, daß man das durch eine rosa Brille sieht, sondern das ist die Realität! (Beifall bei der ÖVP.)

Von der freiheitlichen Fraktion wird es immer wieder so dargestellt, als ob der Beitritt zur EU schuld wäre an der bedauerlichen Situation, die wir derzeit haben. Schauen Sie sich doch zum Beispiel die steigende Arbeitslosenrate in der Schweiz an! Was ist dort? – Die Schweiz ist nicht der EU beigetreten, ja nicht einmal dem Europäischen Wirtschaftsraum, und trotzdem gibt es dort eine geradezu explosionsartig steigende Arbeitslosenrate. Das muß man fairerweise hier auch einmal sagen! (Beifall bei der ÖVP.)

Es wurde und wird sowohl von der EU als auch von allen Nachbarländern versucht, neue Wege aufzuzeigen, nach neuen Lösungen zu suchen, neue Maßnahmen zu setzen. Aber man muß, glaube ich, auch so ehrlich sein und sagen, daß es bis jetzt noch kein Patentrezept dafür gibt, wie man praktisch über Nacht dieses Problem, das aufgetaucht ist, lösen kann.

Ich kenne Patentrezepte nur von Menschen, die bei Gruppierungen sind, bei denen wir nicht dabei sein möchten, nämlich bei Sekten. Diese sagen immer: Ich bin im Besitz der absoluten Wahrheit, nur was ich sage, ist richtig – und alles andere ist nicht akzeptabel.

Wir haben jedenfalls die politische Verpflichtung, aktiv zu werden. Und ich glaube, das Sparen ist ein erster Schritt dazu. (Abg. Mag. Stadler: 21prozentige "Sekte"!) Ich bringe Ihnen das nächste Mal einen Zeitungsausschnitt mit, woran man ... (Abg. Mag. Stadler: 21prozentige "Sekte" in Österreich! Das ist schon sehr groß!)

Vielleicht gestehen Sie den anderen auch einmal zu, daß sie positive Vorschläge bringen, wie zum Beispiel jene der Regierung. (Abg. Mag. Stadler: Aber nicht mit einer Sekte vergleichen! 21prozentige Sekte!) Nein, nein, ich sage nicht, daß Sie eine Sekte sind, das würde ich niemals tun. Wenn Sie das so verstanden haben, dann stelle ich das sofort klar. Aber es ist so, daß ich Gruppierungen kenne, die von sich behaupten, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein. (Beifall bei der ÖVP.)


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Sparen, das Strukturanpassungsgesetz sind sicher nicht Selbstzweck, sondern die Voraussetzung dafür, den Wirtschaftsstandort Österreich zu sichern, ebenso Arbeitsplätze zu sichern beziehungsweise zu schaffen.

Namhafte Wirtschaftsexperten sagen, daß wir an einem Wendepunkt stehen, daß unsere Gesellschaft mehr oder minder eine Wandlung durchmacht, die es seit der Industriellen Revolution nicht mehr gegeben hat. Dies war damals auch ein schmerzhafter Schritt. Man muß jedoch auch sagen, daß mehr Beschäftigung, mehr Berufe geschaffen wurden und daß auch unser heutiger Wohlstand, der breite Wohlstand der Bevölkerung, nicht zuletzt auf diese Industrielle Revolution zurückzuführen ist. – Jetzt stehen die Menschen wieder an einer Wende, und zwar hin zu einer Industrie- beziehungsweise Dienstleistungsgesellschaft.

Trotzdem – damit möchte ich auf die Ausführungen der Kollegin Schaffenrath eingehen – besteht natürlich für verschiedene Gruppen, nicht zuletzt für Frauen, die oft in Branchen tätig sind, die für Arbeitslosigkeit besonders anfällig sind, die Gefahr, vermehrt arbeitslos zu werden. Wir sehen das bei jungen Frauen. Wir stellen auch vermehrt fest, daß weibliche Lehrlinge zum Beispiel in Kärnten sehr schwer qualifizierte Lehrstellen finden. Ich glaube, die diesbezügliche Initiative der Bundeswirtschaftskammer ist sehr zu begrüßen. Von 400 möglichen Lehrstellen wählen 83 Prozent der Mädchen immer noch nur 25 Prozent der Berufe. Ich glaube, da müssen wir initiativ werden.

Ich glaube aber auch, daß wir überhaupt zu einer Neubewertung der Arbeit kommen müssen. Es ist so, daß wir auch die Bereiche auf dem sozialen Sektor neu bewerten, daß wir danach trachten müssen, in diesen Bereichen zu einer sozial rechtlichen Absicherung zu kommen. Wir müssen neue Lösungen suchen und neue Wege gehen. Ich glaube, die flexible Arbeitszeit, die schon von Kollegin Steibl ausgeführt wurde, ist ein gangbarer Weg, ebenso wie zum Beispiel die vermehrte Teilzeitarbeitsplätze, die Kollege Höchtl erwähnt hat. Wir brauchen in diesem Bereich mehr Initiativen und mehr Möglichkeiten.

Wir müssen aber auch allen Berufstätigen sagen, daß es ein lebenslanges Lernen geben muß, wenn man einen qualifizierten Beruf haben möchte. Alle Daten der Arbeitsmarktverwaltung zeigen, daß niedrige Qualifikation, schlechte Ausbildung und Arbeitslosigkeit eine Falle sind und sozusagen einen Nährboden für Langzeitarbeitslosigkeit bilden.

Wir müssen neue Arbeitsplätze schaffen. Der Bereich Telearbeit wurde von vielen Vorrednern angesprochen. Kollege Schwarzenberger hat auch auf die Wichtigkeit des ländlichen Raumes hingewiesen. Es gibt also von der Technik her viele neue Möglichkeiten. Ich glaube sehr wohl, daß Ministerien, daß Körperschaften dazu aufgerufen sind, diesbezüglich erste Schritte zu setzen, initiativ zu werden, denn man kann nicht immer nur Initiativen von privaten Unternehmern fordern. Es gibt sicher auch Möglichkeiten, bei diesen Bereichen auszugliedern und Telearbeit zu forcieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir von der ÖVP wollen kein Lohndumping, sondern faire Einkommen für die unselbständig Erwerbstätigen! Es gibt in vielen Bereichen Chancen, und wir sind eben alle aufgefordert, aktiv zu werden. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, daß durch Schuldzuweisungen auch nur ein Arbeitsplatz geschaffen worden wäre. (Beifall bei der ÖVP.)

16.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Riepl. Ich erteile es ihm.

16.53

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sozialminister Hums hat in seinen Ausführungen heute vormittag darauf hingewiesen, daß ein wichtiges Element im Arbeitsleben die Sozialpartnerschaft ist; er hat insbesondere die "Sozialpartnerschaft mit Augenmaß" erwähnt. Als einer, der schon mehrere Jahre bei Kollektivvertragsverhandlungen dabei ist, weiß ich, daß die Sozialpartnerschaft gerade im Zusammenhang mit der Wirtschaft und mit der Gestaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen einiges in unserem Land im Sinne der Wirtschaft, aber auch im Sinne der Arbeitnehmer weitergebracht hat; die Ergebnisse bei den Kollektivvertragsverhandlungen zeigen das Jahr für Jahr.


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Es gibt dabei meist keine Gewinner und keine Verlierer. Man einigt sich auf einen Abschluß, den beide Seiten tragen können, und wir sind damit bisher gut gefahren.

Herr Abgeordneter Höchtl hat in seinem Diskussionsbeitrag gemeint, nur im Miteinander können wir Lösungen finden – ich glaube, ich zitiere Sie sinngemäß richtig –, und dem möchte ich nicht widersprechen. Im Gegenteil: Ich begrüße das. Ich glaube, genauso ist es, und so soll es auch künftig bleiben.

Sehr verehrte Damen und Herren! Aber nicht alle sehen das so, und auch nicht alle in diesem Haus sehen das so. Ich beziehe mich jetzt auf Pressemeldungen, in denen in den letzten Wochen und Tagen Herr Abgeordneter Stummvoll zitiert wurde und wo Haltungen und Meinungen zum Ausdruck gebracht werden, die nicht gerade das Miteinander, sondern eher das Gegeneinander forcieren.

Beispielsweise in der "Presse" wurde Stummvoll zitiert: Wer arbeitet denn heute in Österreich überhaupt noch? – Fünf Wochen Urlaub gibt es, jeder geht jedes Jahr auf Kur; zweieinhalb Wochen Krankenstände gibt es; die Arbeitsleistung wird reduziert und vieles andere mehr. – Solche Aussagen sind sicherlich nicht sinnvoll für die Problemlösung im Zusammenhang mit dem vom Abgeordneten Höchtl zitierten und von mir unterstützten Miteinander.

In der "Neuen Zeit" beispielsweise wird Stummvoll am 3. Mai dieses Jahres zitiert: Die ersten drei Krankenstandstage sollen als Urlaubstage abgezogen werden. Das ist eine weitere Meldung, die in bezug auf die schwierigen Probleme, die es zu lösen gibt, sicherlich nicht dienlich ist.

Aber in der "Neuen Zeit" hat Elisabeth Strasser in einer Glosse die richtige Antwort gegeben, und ich zitiere aus dieser Glosse vom 3. Mai 1996: "Seit Stummvoll in der Wirtschaftskammer ist, erfindet er Vorschläge die (naturgemäß) zu Nutzen der Wirtschaft sind. Über deren soziale Verträglichkeit und damit auch Umsetzbarkeit aber scheint er kaum nachzudenken." Ich möchte das gar nicht näher erörtern, ich glaube aber, es ist richtig analysiert worden.

Die Lohnpolitik, die Arbeitsplatzpolitik und die Beschäftigungspolitik in den einzelnen Unternehmen sind Fragen, die am besten in den Unternehmen erörtert, diskutiert und gelöst werden beziehungsweise am Verhandlungstisch der jeweiligen Branche, also bei Kollektivvertragsverhandlungen. Ich glaube, wir sind in der Vergangenheit gut gefahren, als wir diese Fragen dort diskutierten, wo sie hingehörten, und nicht in den Medien. Ich glaube auch, daß das eine bessere Voraussetzung wäre, die Probleme eben dort zu diskutieren, wo sie hingehören, und sich nicht in den Medien zu profilieren versuchen.

Aber leider ist Herr Abgeordneter Stummvoll – ich muß das sagen in – unter Anführungszeichen – "guter" Gesellschaft. Franz Ceska von der Industriellenvereinigung fordert, für Löhne zu arbeiten, die unter den heutigen Kollektivvertragslöhnen liegen; das sollte erlaubt werden. Ein Generaldirektor eines großen Elektrokonzerns meint, jede Lohnerhöhung bedeute Arbeitsplatzvernichtung. Binnen fünf Jahren sei eine Reduzierung der Lohnkosten von 20 Prozent – real – notwendig. – All das sind Beispiele und Aussagen der letzten Tage, die es sicher sehr schwierig machen, das bisher sachliche Klima in der Auseinandersetzung, in der Diskussion um diese Lohn- und Arbeitsbedingungen aufrechtzuerhalten.

Beispielsweise gibt der Chef dieses Konzerns – es handelt sich dabei um den ABB-Konzern – zur gleichen Zeit in einer Pressemitteilung in der gleichen Zeitung bekannt, daß der Reingewinn im ersten Quartal 1996 um 19 Prozent, nämlich auf 2,4 Milliarden Schilling gesteigert werden konnte. – Also auf der einen Seite ein Generaldirektor, der ein Sprecher eines wichtigen Wirtschaftsbereiches in unserer Republik ist, der meint: Runter mit den Löhnen um 20 Prozent!, und auf der anderen Seite steht sein Konzernchef, der stolz berichtet, daß der Gewinn in einem Quartal um 19 Prozent gestiegen ist. – Das sind Dinge, die man schwer verstehen kann und aus denen man den Schluß ziehen muß, daß es nicht um Marktanteile, nicht um den Verkauf, sondern schlicht und einfach um Gewinnmaximierung geht.


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Herr Abgeordneter Trattner von den Freiheitlichen hat von diesem Rednerpult aus vor wenigen Minuten gemeint, es sei auch wichtig, sich der Frage der illegalen Arbeit, der Schattenwirtschaft, den Schwarzarbeitern zuzuwenden. Das erinnert mich an eine Situation, die in der Partei, aus der Abgeordneter Trattner kommt, vor einiger Zeit Diskussionen hervorgerufen hat.

Diese Partei – jedenfalls ein Teil dieser Partei – hatte praktische Erfahrungen mit Schwarzarbeitern und mit der Beschäftigung von Arbeitnehmern in der Illegalität: Ein Wiener Landtagsabgeordneter dieser Partei mußte aus diesem Grund sogar sein Mandat zurücklegen, weil er Schwarzarbeiter beschäftigt hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) – Darum verstehe ich natürlich auch, daß sich diese Partei diesbezüglich sehr gut auskennt; sie hat es selbst ausprobiert, wie das ist. Also wir haben es unter den Freiheitlichen auch mit Vertretern zu tun, die das als Mandatare sogar ausprobiert haben, und ich glaube, das ist es Wert, einmal hier festgestellt zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Am Schluß, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich noch drei Beispiele aus Wien nennen, die man als positive Beispiele in dieser Debatte nennen sollte.

Seit drei Wochen gibt es verstärkte Anstrengungen des Arbeitsmarktservices der Stadt Wien, der Wiener Wirtschaft, aber auch der Interessenvertretung der Arbeitnehmer im Hinblick auf die Lehrstellensituation, und durch gemeinsame Anstrengungen gelang es in drei Wochen, 100 zusätzliche Lehrstellen zu finden und diese Lehrlingen anzubieten. Das bedeutet: 100 Arbeitsplätze für junge Menschen in unserer Bundeshauptstadt mehr.

Ein zweites Beispiel, das ich nennen möchte, ist das Berufsausbildungszentrum des BFI in Wien. Es wird in wenigen Tagen der 100. Facharbeiter, der dort ausgebildet wurde, gefeiert werden. Es zeigt sich also, daß mit der Unterstützung der Mittel des Arbeitsmarktservice auch Möglichkeiten hinsichtlich Qualifikation gegeben sind.

Drittes: Seit neun Monaten gibt es den Wiener Arbeitnehmerförderungsfonds. 600 Menschen konnten dort in Betreuung übernommen werden, und es zeigt sich auch da, daß dieser Wiener Arbeitnehmerförderungsfonds, der ebenfalls mit der Unterstützung der Wirtschaft, der Interessenvertretungen, der Stadt Wien und des Arbeitsmarktservices seine Tätigkeit aufgenommen hat, das richtige Instrument zur richtigen Zeit war. (Beifall bei der SPÖ.)

17.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. Er hat das Wort.

17.02

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz auf den Entschließungsantrag, der von Frau Abgeordneter Petrovic eingebracht wurde, eingehen und die Position des Liberalen Forums klarlegen.

Es geht um jenen Entschließungsantrag, demgemäß ein Moratorium für Freisetzungsanträge von gentechnisch veränderten Organismen für die Dauer von fünf Jahren festgeschrieben werden soll. Die Liberalen werden diesem Entschließungsantrag – wiewohl wir den Freisetzungen sehr kritisch gegenüberstehen – nicht zustimmen, und zwar deshalb nicht, weil diese Argumentation eines Moratoriums auf fünf Jahre ohne Anführung weiterer Gründe den Befürwortern von solchen Freisetzungsanträgen die Argumentation zu leicht macht, einen solchen Antrag als fortschrittsfeindlich, als einfach nicht sachadäquat zu diffamieren.

Wir bereiten derzeit einen Antrag vor, der als eigenständiger Entschließungsantrag hier eingebracht werden wird und der darauf abzielt, daß, solange jene Haftungsregeln, die im Enquete-Kommissionsbericht für Freisetzungsversuche hier im Hause einstimmig beschlossen worden sind, nicht umgesetzt werden, so lange Freisetzungsanträge in Österreich auch nicht bewilligt werden sollen.


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Diesen Antrag, meine Damen und Herren, werden wir heute einbringen. Um sicherzustellen, daß diese Problematik nicht einfach mit irgendwelchen Totschlagargumenten vom Tisch gewischt wird, sollten wir auf jene Grundsätze Bezug nehmen, die hier im Hause für die Haftung bei solchen Freisetzungsanträgen einstimmig beschlossen worden sind. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. Er hat das Wort.

17.04

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Am 3. Mai dieses Jahres war in den "Kammernachrichten Oberösterreich" folgendes zu lesen: Arbeit schaffen durch Lohnkostensenkung. – Dieser Artikel bezieht sich auf eine Studie von Professor Schneider der Universität Linz, in der es heißt, daß, würde man die Lohnkosten senken, bis zum Jahr 2006 in Österreich jährlich rund 48 500 Arbeitsplätze geschaffen werden würden.

Ich glaube, so verlockend die Strategie über die Senkung der Arbeitskosten aus betrieblicher Sicht auch sein mag, das würde letztlich nur negative Auswirkungen haben, denn der Nutzen besteht nur so lange, bis die Konkurrenten nachziehen. Dieser kurzfristige Vorteil wird aber damit erkauft, daß sich Arbeitsbedingungen und der Lebensstandard der Menschen verschlechtern, die Kaufkraft nachläßt und die Absatzmöglichkeiten zurückgehen.

Wir können mit den Billiglohnländern, die teilweise ein Zehntel unserer Löhne zahlen, nicht über die Arbeitskosten konkurrieren, sonst haben wir auch deren Lebensstandard. Statt des Defensivkonzeptes, des Arbeitskostenwettlaufes, meine Damen und Herren, brauchen wir einen offensiven Wettbewerb von Know-how, Qualität und Innovation.

Laut Kreditschutzverband – das ist auch bekannt – sind 86 Prozent der Insolvenzen hausgemacht, also vom betroffenen Unternehmer selbst verschuldet. Nur bei etwa 10 Prozent liegen die Verlustquellen im außerbetrieblichen Bereich. Die Unternehmensberatungsfirma Mc Kinsey zeigte in einer Analyse der Elektro- und Elektronikindustrie auf, daß die entscheidenden Wettbewerbsschwächen der europäischen Industriebetriebe mangelnde Kundenorientierung, umständliche Abläufe, Abteilungsegoismus und Fehler in der Mitarbeiterführung sind. Sechs der derzeit führenden Unternehmensberatungsfirmen sehen große Defizite beim Management. Mc Kinsey sieht die Einsparungsmöglichkeiten beim Material, bei Energie, bei Transportkosten und bei effizienter Arbeitsorganisation wesentlich höher als bei Arbeitskosten. Ähnliche Berechnungen gibt es auch aus der deutschen Elektronikindustrie.

Die zentralen Strategien für erfolgreiche Unternehmen sind daher Qualifikation der Mitarbeiter, viel mehr Augenmerk auf Marketing, Innovation, Fertigungslaufzeit und Ausschußreduzierung und verkürzte und optimierte Produktentwicklung durch Einbeziehung aller Beteiligten – vom Kunden bis zum Lieferanten sowie aller betroffenen Mitarbeiter.

Nachweislich richten erfolgreiche Unternehmen ihre Personalpolitik bewußt danach aus, Motivation und Qualifikation der Mitarbeiter zu fördern. Ich beziehe mich auf einen Artikel im "WirtschaftsBlatt" vom 27. Jänner dieses Jahres, in dem Werner Vontobel schreibt: "Streicheln statt streichen". – Er bezieht sich in diesem Artikel auf ein Studienergebnis: Die höchsten Gewinne erzielen Firmen, die sichere Jobs und Löhne garantieren. Das wahre Erfolgsrezept heißt Jobsicherheit, hohe Löhne und Kooperation statt Konfrontation.

Vontobel zitiert hier auch ein Buch von Professor Pfeffer von der Stanford Graduate School of Business, der in einer Studie fünf US-Firmen genauestens unter die Lupe genommen hat. Auch Professor Pfeffer schreibt:

"Die fünf Firmen verfügen weder über eine beherrschende Wettbewerbsstellung noch über eine einzigartige Technologie, noch könnte man sie als Massenproduzenten bezeichnen. Vielmehr zeigt es sich, daß der entscheidende Erfolgsfaktor offenbar im pfleglichen Umgang mit dem Per


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sonal lag. So waren etwa die Belegschaften aller fünf Erfolgsunternehmen gewerkschaftlich organisiert, alle waren am Gewinn der Unternehmungen oder dem Produktivitätsfortschritt ihrer Abteilungen beteiligt." – Meine Damen und Herren! Es gibt also schon auch Strategien, die in Zukunft umzusetzen wären.

Eine Langzeitstudie deutscher Unternehmen der Universität Hannover zeigt: Erfolgreiche Unternehmen zahlen ihren Mitarbeitern im Durchschnitt höhere Löhne als andere Unternehmen in der Vergleichsgruppe.

Nun noch einige Sätze zu den Lohnnebenkosten, die heute schon sehr strapaziert wurden. Ich möchte nicht mehr über die Höhe diskutieren; das ist ja bekannt. Die Dienstgeber haben Sozialabgaben und Steuern von der Lohnsumme in der Höhe von etwa 32 Prozent zu entrichten; werden dann noch die Urlaube, Krankenstände, Feiertage dazugerechnet, kommt man auf 66 Prozent. Nur wenn Urlaubs- und Weihnachtsgeld als Lohnnebenkosten – was ja falsch ist – gerechnet werden, würde sich diese Zahl auf 96 Prozent erhöhen. Aber entscheidend, meine Damen und Herren – das sollte hier nochmals gesagt werden –, sind nicht die Lohnnebenkosten, sondern die gesamten Arbeitskosten bezogen auf die Produktivität, nämlich die Lohnstückkosten, und diesbezüglich hat Österreich sehr gute Werte. Zwischen 1980 und 1990 hat sich Österreichs Position bei den Lohnstückkosten gegenüber den Handelspartnern jährlich um 0,7 Prozent verbessert. Nur in den letzten Jahren stieg sie geringfügig stärker als in vergleichbaren Ländern.

Die Produktivität in Österreich stieg in den letzten 15 Jahren mit Abstand stärker als bei unseren Handelspartnern. Auch der "Exportweltmeister" Deutschland hat 25 Prozent höhere Arbeitskosten als Österreich und ist in bezug auf die Produktivität bereits hinter Österreich zurückgefallen. Das heißt, Deutschland hat höhere Lohnstückkosten als Österreich.

Ich kann im Detail nicht mehr auf alles eingehen, aber eines möchte ich gerade in diesem Zusammenhang doch noch hervorstreichen: Die Personalkosten machen einen immer geringer werdenden Anteil der Gesamtkosten aus.

Meine Damen und Herren! Da heute so viel über die Lohnnebenkosten gesprochen wurde: Schauen Sie sich einmal an, wie hoch die Personalkosten insgesamt sind: Inklusive der Lohnnebenkosten liegen sie nur mehr zwischen 15 und 35 Prozent; die Tendenz ist fallend.

Sie von den Freiheitlichen sprechen hier immer von Lohnnebenkosten, und wir alle wissen, daß speziell in der Industrie – es mag schon sein, daß in manchen Dienstleistungsbereichen der Lohnkostenanteil höher ist – in weiten Bereichen und auch im Gewerbe der Lohnkostenanteil sinkt, und zwar auf 15 bis 35 Prozent. In der so exportorientierten Sägeindustrie lag er bei nur mehr 12,9 Prozent, im Nicht-Eisen-Metallindustrie, also in den Buntmetallbereichen und so weiter nur mehr bei 14 Prozent.

Einige Kollegen und ich waren gestern bei einer Betriebsbesichtigung bei BMW in Steyr. Wissen Sie, wie hoch dort der Lohnkostenanteil ist? – 9 Prozent! Aber hier reden Sie immer davon, die Lohnnebenkosten zu senken. – In Wirklichkeit sind diese ein verschwindend kleiner Anteil. Daher sollte man da auch bei der Wahrheit bleiben!

Meine Damen und Herren! Wettbewerbsfähig sein – darum geht es ja letztendlich – ist das Ergebnis einer Vielzahl komplexer Faktoren, und diese sind nicht gleichbedeutend mit Arbeitskosten. Sechs der derzeit führenden Unternehmensberater haben in einer gemeinsamen Arbeit die für sie wichtigsten 16 Standortfaktoren bewertet. Die entscheidenden Faktoren sind unter anderem: qualifizierte Arbeitskräfte, hohe Bildung, technisches Wissen, hohe Produktivität, effizientes Management und eine gut ausgebaute Verkehrs- und Telekommunikationsinfrastruktur. Österreich Stärken liegen in der guten Qualifikation und Motivation der Beschäftigten, in sozialem Frieden und in hoher Lebensqualität und Sicherheit!

Lassen Sie mich abschließend nochmals das "WirtschaftsBlatt" zitieren, in dem Werner Vontobel schreibt: "Die Wirtschaft ist nicht so wie sie ist: Sie ist so, wie man denkt, daß es sei. Wenn alle überzeugt sind, daß die Börsenkurse steigen, dann steigen sie. Wenn jedermann


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glaubt, die Wirtschaft sei ein Dschungel, in dem nur die Starken und Rücksichtslosen überleben können, dann ist die Wirtschaft ein Dschungel."

Noch trommeln die Dschungeltheoretiker am lautesten. Sorgen wir dafür, daß es anders wird! (Beifall bei der SPÖ.)

17.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi. – Bitte. (Abg. Dr. Graf: Was gibt es Neues bei Semperit? – Abg. Marizzi: Dorthin kommen wir schon!)

17.13

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute wurden von diesem Rednerpult aus die beiden Minister als "Beschwichtigungshofräte" tituliert. Herr Wirtschaftsminister Ditz hat sieben konkrete und Herr Sozialminister Hums fünf konkrete Punkte präsentiert, damit wir rasch reagieren und noch vor dem Sommer entsprechende Lösungen für die Wirtschaft finden. Das, um entschlossenes Handeln zu zeigen – um ihre Worte zu verwenden – und bessere politische Rahmenbedingungen zu setzen. Dafür werden wir in Österreich sorgen!

Anschließend gab es dann die Wortmeldungen des Herrn Bundesminister Ditz beziehungsweise Herrn Sozialminister Hums. Sie von der "F" wurden enttarnt: keine höheren Kosten oder Steuern und keine niedrigen Lehrlingsentschädigungen in Großpetersdorf, das hat der Herr Bundesminister für Soziales klargelegt. Teilweise gab es seitens der Freiheitlichen Halbwahrheiten, Unwahrheiten, und vor allem war auch ein bißchen Angstmacherei dabei.

Ich will Ihnen persönlich sagen: Nicht alles, was Sie sagen, ist falsch, sondern wie Sie es machen, ist falsch. Angstmachen ist nicht die richtige Antwort.

Herr Dr. Haider! Da gibt es einen guten Artikel, und den sollten Sie einmal lesen. Auch dort heißt es: Angst ist immer die falsche Antwort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich hat nach den Kriterien der EU eine Arbeitslosenrate von 3,8 Prozent, das Vereinigte Königreich von Großbritannien 8,6 Prozent, Frankreich 11,6 Prozent, die USA 5,5 Prozent, Schweden 9,7 Prozent und so weiter. Österreich liegt, was Arbeitslosenrate betrifft, weit unten. Wir wissen aber ganz genau, daß wir jetzt Rahmenbedingungen schaffen müssen, um ein drohendes Ansteigen der Arbeitslosigkeit zu verhindern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen alle: Wir leben in einer globalen Wirtschaft, wir leben in der Zeit der Ostöffnung. Wir leben in der Zeit – Frau Kollegin Ridi Steibl von der ÖVP hat bereits darauf hingewiesen – der dritten industriellen Revolution, und wir leben auch in einer Zeit ungeahnter Möglichkeiten. Man muß sich nun fragen: Geht uns in Europa die Arbeit aus? – Antwort: Das ist sicherlich nicht der Fall!

Diesbezüglich gibt es einen sehr interessanten Artikel in den "Salzburger Nachrichten", in dem es gleichfalls heißt, daß wir neue Rahmenbedingungen schaffen müssen. – Wenn ich hier vom Angstmachen spreche, nehme ich jetzt ein – wohl unverdächtiges – Heft der Bundeswirtschaftskammer zur Hand. Dort steht – Herr Präsident Maderthaner hat auch daraus zitiert –: Die Steigerung der Verbraucherpreise beträgt, inklusive der Inflationsrate, 2,2 Prozent; der EU-Effekt macht minus 0,8 Prozent aus. So schlecht ist es in Österreich also nicht!

Oder: die Investitionen. Da gab es von 1994 auf 1995 in Österreich einen Anstieg um 5,7 Prozent. Darauf sind wir stolz! Und noch einen Hinweis: Die Arbeitslosenrate ist trotz geänderter Rahmenbedingungen noch niedriger, und zwar um 0,2 Prozent, als im Krisenjahr 1993. Der Schilling ist in den Jahren seit 1990 um 10 Prozent härter geworden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von der Sozialdemokratie geben natürlich Vorrang der Beschäftigungspolitik. In den letzten Jahren ist es durch Strukturänderungen, auch durch Privatisierung gelungen – die positiven Beispiele der ÖIAG und anderer Betriebe zeigen dies –, die Rezessionen besser als andere Staaten zu bewältigen.


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Es wurde heute schon gesagt – aber man soll das durchaus wiederholen –, daß von 1985 bis 1995 die Zahl der Arbeitsplätze in Österreich um zirka 11 Prozent gestiegen ist. Man sollte da nicht immer Angst machen, sondern es wäre besser, gemeinsam Konzepte zu erstellen. Herr Dr. Haider! Ich glaube, nicht alles, was Sie sagen, ist falsch, aber wie Sie es machen, ist falsch, nämlich sich hierherstellen, Angstmacherei zu betreiben und so weiter! Es ist nicht notwendig, die Wirtschaft krankzujammern, es ist aber auch nicht notwendig, sie gesundzubeten. Die Wirtschaft braucht Optimismus, und Optimismus soll auch vom Parlament hier ausgehen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wer Berichte aus Frankreich, aus den Vereinigten Staaten oder aus anderen Ländern im Fernsehen sieht, wo er sieht, wie sich die Jugendarbeitslosigkeit dort auswirkt, wohin Jugendliche tendieren, wird froh darüber sein, daß wir in Österreich die niedrigste Jugendarbeitslosenrate überhaupt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann der Bundesregierung alles vorwerfen, aber daß sie sich um die Jugend nicht kümmert, stimmt nicht! Sie versucht, bei den Lehrlingen neue Wege gehen. – Herr Dr. Haider, da glaube ich, sind Sie heute auf dem falschen Fuß gestanden. Die Baubranche und so weiter ist ja schon erwähnt worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der FPÖ! Wenn es in Österreich wirklich so schlecht wäre, wie Sie sagen, muß ich schon fragen: Warum investiert BMW in Steyr für 3,5 Milliarden Schilling? Warum investiert Opel in Aspern um 4,9 Milliarden Schilling? Warum investiert Hofmann la Roche in Linz um 1,5 Milliarden Schilling? Warum investiert Siemens in Villach um 3,5 Milliarden Schilling? (Abg. Dr. Ofner: Globalisierung! Arbeitsteilung!) Das kommt dazu, Herr Dr. Ofner!

Ich bin überzeugt davon: Wir alle haben keine Patentrezepte, keine allgemeingültigen Antworten auf die Globalisierung, auf die internationale Arbeitsteilung. Aber man kann der großen Koalition nicht nachsagen, daß sie sich nicht bemüht, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, jene Rahmenbedingungen, die diese österreichische Wirtschaft – die Indikatoren weisen ja darauf hin – konkurrenzfähig machen helfen und die Arbeitslosenrate sehr gering halten, Herr Dr. Haider! (Beifall bei der SPÖ.)

Über alle Maßnahmen möchte ich jetzt nicht reden, aber einen Punkt möchte ich schon herausgreifen, weil immer wieder auf die Arbeitsmarktverwaltung verbal hingeschlagen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Vorjahr stellte das Arbeitsmarktservice rund 2,7 Milliarden Schilling zur Verfügung, um Arbeitslose und von der Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen für die immer rasanteren Erfordernisse der Arbeitswelt umzuschulen und zu qualifizieren.

Zweiter Punkt, den ich aus dem Maßnahmenpaket des Sozialministeriums noch anfügen möchte: die Industrieansiedlungspolitik.

In meinem Bezirk gibt es Betriebe, die große Förderungen bekommen haben, aber jetzt nach Tschechien gehen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) EuroQuarz und andere, Herr Dr. Ofner! Das kennst du zu wenig, denn du bist nie in unserem Bezirk, daher kannst du nicht mitreden. Kümmere dich lieber um deinen eigenen Bezirk, da hast du genug zu tun. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Herr Dr. Ofner! Ich weiß schon, wir leben auf keiner Insel der Seligen, wir sind dem scharfen Wind des internationalen Wettbewerbes ausgesetzt. – Aber jetzt möchte ich zu einem Punkt kommen, weil immer von den Lohnnebenkosten gesprochen wird. Ich habe gestern mit Betriebsräten von Semperit gesprochen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbst wenn die Lohnnebenkosten fallen würden, würden Semperit nicht konkurrenzfähig sein, weil der Stundenlohn inklusive Lohnnebenkosten in Tschechien 52 S beträgt; das ist ein Fünftel von dem in Österreich. Aber da sind wir als Konsumenten aufgerufen; wir haben da ja auch Kraft. Und wenn zum Beispiel Semperit oder Conti wirklich nach Tschechien gehen, werde ich mir persönlich sicher keinen einzigen Semperit-Reifen mehr kaufen. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zusammenfassend kann man sagen: Unsere Wirtschaft ist nicht kaputt. Es gibt geänderte Rahmenbedingungen, ich glaube aber, daß unsere Bundesregierung die richtigen Schritte gesetzt hat. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Haider gemeldet. – Bitte sehr.

17.23

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Marizzi hat hier behauptet, ich hätte im Zusammenhang mit der Kritik, daß die Lehrlinge in der Lehrwerkstätte "Jugend am Werk" in Großpetersdorf unter dem Kollektivvertrag entschädigt werden, die Unwahrheit gesagt. Das ist falsch! – Der Minister hat mir heute vormittag bestätigt, daß es diesen Mißstand tatsächlich gegeben hat. Er selbst habe vor drei Wochen bereits eine entsprechende Anweisung gegeben.

Ich habe dem Herrn Minister mitgeteilt, daß ich am Samstag mit den Lehrlingen zusammengesessen bin, die mir gezeigt haben, daß das aber noch immer nicht repariert ist. Es wird also notwendig sein, gemeinsam dafür zu sorgen, daß die Lehrlinge zu einer kollektivvertragsgemäßen Entschädigung kommen. Es wäre eigentlich Ihre Aufgabe, das – genauso wie ich – hier einzumahnen, anstatt umgekehrt an mir Kritik zu üben, weil ich mich für Lehrlinge einsetze. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

17.24

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte bei dieser Sondersitzung zum wichtigen Thema "Arbeit für Österreich" hat gezeigt, daß zwar die meisten Redner, inklusive der beiden Bundesminister Ditz und Hums, alle ein Ziel vorgegeben haben, nämlich die Vollbeschäftigung in Österreich zu erhalten, die Wege dorthin aber sehr verschieden sind.

Ja, es gibt verschiedene Wege zu einem gemeinsamen Ziel, aber nach dem, wie die Debatte geführt wurde – ich erinnere nun an gewisse Aussagen des Kollegen Stummvoll und des Herrn Ditz: man sollte die österreichische Wirtschaft nicht krankjammern, man soll keine Schwarzweißmalerei betreiben, Optimismus ist gefragt –, frage ich: Was macht denn bitte diese Bundesregierung? – Sie malt schwarz und jammert uns vor, die Probleme seien infolge der Ostöffnung aufgetreten, durch die Bürokratie, aufgrund mangelnder Flexibilität. Wer ist denn dafür verantwortlich, meine Damen und Herren? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie von SPÖ und ÖVP sind dafür verantwortlich, Sie sitzen in der Bundesregierung. Sie bilden eine Koalition, und Sie hätten das zu lösen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist Aufgabe der Opposition, auf diese Mißstände hinzuweisen. Herr Bundesminister Ditz meinte, schuld sei auch die starke Konkurrenz auf dem Weltmarkt, in Österreich aber sei das Wirtschaftswachstum noch immer höher, wir hatten noch immer die niedrigste Arbeitslosenrate. Weiters hieß es: Die Beschäftigungspolitik der österreichischen Bundesregierung werde darauf abzielen, kein Lohndumping zuzulassen; neue Arbeitszeitmodelle und Weiterbildungsmöglichkeiten sollen geschaffen werden, um die saisonale Schwankung auszugleichen.

Meine Damen und Herren! Das fordern wir Freiheitliche schon seit langem! Wir wollen auch kein Lohndumping. Ich verstehe nicht, daß der Herr Sozialminister hier das Ziel Vollbeschäftigung einmahnt – keine Frage! –, aber auch wieder die Folgen der Ostöffnung bejammert und darauf hinweist, daß in den neunziger Jahren, die sehr schwierig waren, die Zahl unselbständig Beschäftigter wesentlich, und zwar um zirka 11 Prozent, erhöht worden ist.

Meine Damen und Herren! Wie kommen Sie zu dieser Zahl unselbständig Beschäftigter in den neunziger Jahren? – Im Prinzip sind nämlich die Arbeitsplätze für Österreicher weniger geworden. Es wurden diese Arbeitsplätze eher an ausländische Arbeitskräfte vergeben. Außerdem


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hat es während dieser Zeit sozusagen ein großes Bauernsterben gegeben. Diese Landwirte haben auch auf den österreichischen Arbeitsmarkt gedrängt und sind in die Zahl der unselbständig Beschäftigten, die jetzt etwas höher ist, integriert.

Herr Sozialminister! Sie haben gesagt, die Sozialpartner haben in den letzten Jahren Lohnabschlüsse mit Augenmaß getätigt, und weiters: Die Beschäftigung soll auch in Zukunft gesichert werden, es soll mehr Jobs geben. – Man muß aber schon bei der Wahrheit bleiben: Jedes flexible Arbeitszeitmodell – ich bin selbst in Arbeitskreisen tätig, wobei wir in unserem Betrieb auch ein flexibles Arbeitszeitmodell mit einer Durchrechnungszeit über das ganze Jahr ausarbeiten – kann nur so funktionieren, daß es innerhalb der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes liegt, und daß es zu keinem Lohndumping kommt.

Deswegen verstehe ich auch gewisse Aussagen nicht, wie zum Beispiel die des Herrn Bundesministers Ditz, der meinte: Die Abschaffung der Besteuerung von Überstundenzuschlägen bewirke nichts anderes, als daß es Arbeit für weniger Menschen und mehr Arbeitslose geben wird. – Das kann kein Widerspruch sein, meine Damen und Herren, denn im Prinzip sind die Arbeitskosten in Österreich zu hoch, und das Arbeitszeitgesetz ist zu starr geregelt. Es muß daher zu einer gewissen Flexibilisierung kommen, aber innerhalb dieses Arbeitszeitgesetzes, wobei trotzdem eine gewisse Anzahl von Überstunden, maximal 60 pro Jahr, ausgeschöpft werden kann. Dort aber sollte es keine Überstundenbesteuerung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Überstundenzuschläge sollten steuerfrei bleiben, denn kein Arbeitgeber in Österreich läßt Überstunden machen, wenn es sich nicht lohnt, und kein Arbeitnehmer macht Überstunden nur deshalb, weil es so lustig ist, sondern weil er mehr verdienen, weil er sich etwas schaffen will, weil er ein Häuschen bauen will, seine Wohnung einrichten will, weil er seine Kaufkraft stärkt, und das kommt wieder der Wirtschaft zugute; das ist doch ein gewisser Kreislauf – und kein Widerspruch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Präsident Verzetnitsch stieß ins selbe Horn, als er sagte: Wenn die Überstundenbesteuerung aufgehoben werden würde, wäre das kontraproduktiv. Ich kann nur darauf verweisen, Herr Präsident: Du müßtest öfter in gewisse Betriebe gehen und dir dort die Probleme anhören.

Es gibt sicher Arbeitnehmer, die sagen: Wenn ich mehr Freizeit habe, ist mir das auch recht. Aber das sind jene, die sich schon etwas geschaffen, die bereits eine Familie gegründet haben, denen daher mehr Freizeit lieber ist. Aber es gibt auch die anderen, die 20- bis 30jährigen, die noch voll im Aufbau begriffen sind, und die trifft das besonders hart. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Heute hieß es hier, daß es in Österreich die geringste Jugendarbeitslosigkeit gebe. – Dann muß ich sagen: Schauen Sie sich doch die Statistiken an! – Herr Kollege Marizzi hat vorhin auch gesagt, daß es in Österreich die niedrigste Jugendarbeitslosenrate gebe; daher könne man der Bundesregierung keinen Vorwurf machen. – Diese Bundesregierung muß aber Maßnahmen setzen, damit sich das nicht ändert.

Kollege Marizzi! Du weißt ganz genau, daß die Lehrlingszahlen rückläufig sind, und zwar sind sie in den letzten zehn Jahren um 26 Prozent zurückgegangen. Die Zahl der Ausbildungsbetriebe ist ebenfalls rückläufig. Dort müssen wir auch den Hebel ansetzen, damit das attraktiver gestaltet wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jene Maßnahmen, die bisher gesetzt wurden, um das Image des Lehrlings zu heben, haben eigentlich nichts gefruchtet. "Karriere mit Lehre" und so weiter, diese ganzen Schlagworte haben eigentlich nichts gebracht. Wir haben weiterhin einen Facharbeitermangel, den wir beheben müssen.

Sie müssen eben auch zugeben, daß Maßnahmen, die gesetzt wurden, ein Fehler waren, so zum Beispiel die Anhebung der Kommunalsteuer auch für Lehrlinge. Dadurch ist der Lehrling auch noch ein erhöhter Kostenfaktor geworden.


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Den Vorschlägen der Bundeswirtschaftskammer, die Lehrlingsentschädigung im ersten bis zum zweiten Lehrjahr einzufrieren, kann ich überhaupt nichts abgewinnen. Sehr geehrte Damen und Herren! Im Prinzip müßte es so sein, daß die Lehrlinge aufgewertet werden, damit wir auch in Zukunft genügend Facharbeiter haben.

Deswegen bringe ich auch folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dr. Michael Krüger und Kollegen zu den Erklärungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie des Bundesministers für Arbeit und Soziales betreffend wirtschafts- und beschäftigungspolitische Maßnahmen der Bundesregierung betreffend umfassende Attraktivierung der Lehre

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat binnen dreier Monate Gesetzentwürfe zuzuleiten, die

1. eine gesetzliche Festlegung einer jährlichen Mindeststeigerung der Lehrlingsentschädigungen im Ausmaß der sonstigen kollektivvertraglichen Lohnerhöhungen im jeweiligen Wirtschaftszweig (Mindestlehrlingsentschädigung),

2. ein vom Bund finanziertes Leistungsstipendium für überdurchschnittliche Leistungen bis zur Höhe der für AHS-Schüler im Vergleich mehr anfallenden Kosten,

3. eine steuerliche Entlastung der lehrlingsausbildenden Betriebe (Ausbildungsfreibetrag),

4. den Entfall der Kommunalsteuer auf Lehrlingsentschädigungen,

5. eine frühzeitige laufende Information aller Schüler über sämtliche Bildungs- und Berufsmöglichkeiten,

6. eine Neuorganisation der Lehrlingsausbildung durch eine nach Wirtschaftsbereichen getrennte konzentrierte schulische Ausbildung anstelle des Polytechnischen Lehrganges vor der berufsspezifischen betrieblichen Lehre,

7. eine verbesserte verpflichtende Aus- und Weiterbildung der Berufsschullehrer,

8. eine allgemeine Förderung einer Lehrlingsweiterbildung im Ausland und

9. eine Gleichstellung der Meisterprüfung mit der B-Matura im öffentlichen Dienst und freien Zugang zu einschlägigen Fachhochschulen

vorzusehen."

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

17.33

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Auf die Ausführungen meines Vorredners eingehend möchte ich bemerken: Wenn Sie die Medienberichte verfolgt haben, werden Sie gehört haben, daß der Bundeskanzler am vergangenen Freitag bei einer Pressekonferenz zugesagt hat, daß die Lehrwerkstätte vom Siemens in Fohnsdorf und die ÖBB-Lehrwerkstätte in Knittelfeld fortgeführt werden. Ich weiß


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auch, daß unser Herr Sozialminister maßgeblich daran mitgewirkt hat. Ich glaube, das sind die wesentlichen Punkte. An den Taten werden wir gemessen, nicht an den Worten. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister Hums! Ich begrüße auch sehr, daß das Arbeitsmarktservice für heuer den Schwerpunkt "Frauen in nichttraditionelle Berufe" setzt. Es ist mir jedoch bewußt, daß es dabei nur um einen Impuls gehen kann, den geteilten Arbeitsmarkt in seiner Wirkung abzuschwächen. Angesprochen ist auf jeden Fall die Wirtschaft. Es geht darum, sowohl die horizontale Benachteiligung von Frauen als auch die vertikale Benachteiligung in der Berufswelt zu beseitigen.

Aber auch was die Arbeitszeit betrifft, sind Frauen mittelbar diskriminiert. Teilzeitarbeit wird nämlich überwiegend nicht dann angeboten, wenn es sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wünschen, zum Beispiel in Form eines Rechtsanspruches nach dem Karenzjahr, sondern Teilzeitarbeit wird in erster Linie dort angeboten, wo es um Niedriglohnbereiche geht. In extremer Form finden wir diese Teilzeitarbeit bei den geringfügig Beschäftigten. Ich verweise nur auf den Beitrag von Kollegin Schaffenrath, die auf diese Probleme hingewiesen hat. Diese Form der Arbeitszeitverkürzung löst keine Probleme, sondern sie schafft neue.

Ich teile jedoch die Auffassung von Minister Ditz, der gemeint hat, daß es nicht so sein kann, daß immer weniger immer mehr arbeiten müssen, dafür immer mehr arbeitslos sind. Allerdings müssen wir dieser Form von Arbeitszeitverkürzung, der Flucht aus dem Arbeits- und Sozialrecht, dem Mißbrauch durch das Ausbeuten der Abhängigkeit der arbeitenden Menschen von der Arbeit entschieden entgegentreten. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine weitere Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt scheint mir äußerst bedenklich zu sein. In der Steiermark sind rund zwei Drittel der Arbeitslosen von einer neuen Form der Arbeitslosigkeit betroffen, nämlich jene Menschen, die nach einer gewissen Zeit der Arbeitslosigkeit wieder vom selben Dienstgeber beschäftigt werden. Man spricht zynisch davon, sie seien in der Arbeitslosenversicherung "zwischengeparkt". Diese Art von "Flexibilisierung" kann wohl nicht als wünschenswert betrachtet werden.

Herr Dr. Feurstein hat heute hier die individuelle Flexibilisierung angesprochen, und dabei muß man einen Aspekt berücksichtigen: Wahlmöglichkeit, Herr Dr. Feurstein, hat nur jener Mensch, der nicht abhängig ist. Diese Abhängigkeit ist mit ein Grund dafür, daß sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter Federführung unseres Bundesministers Hums und Frauenministerin Dr. Konrad bemühen, durch Lenkungsmechanismen der Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt entgegenzuwirken. Tatsächlich wird die Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt aber nur dann beseitigt werden können, wenn es einen breiten gesellschaftlichen Konsens hiefür gibt.

Der menschenverachtende Umgang mit dem Thema "Frauen und Arbeitswelt" wird durch folgenden Satz verdeutlicht: Die feministische Illusion von der Selbstverwirklichung der Frau und Mutter im Beruf hat sich als verhängnisvoller Irrtum erwiesen. – Nachzulesen in "Die Freiheit, die ich meine".

Auch das Auftreten von Frau Dr. Partik-Pablé gegen Familienzusammenführung wirkt sehr eigenartig, wenn sie gleichzeitig nach der Einstellung von Saisonniers ruft. Heißt das, daß das Beschäftigungsmodell der FPÖ so aussieht: Arbeitnehmer sozial nicht abgesichert, jederzeit abschiebbar, den man unter den schlechtesten Bedingungen beschäftigen kann.

Interessant in dieser Frage ist aber auch ein Zitat aus dem "Standard" vom 5. Feber 1996: Wien: Wir brauchen Ausländer wie einen Bissen Brot, stellt der Industrielle, Neoparlamentarier und neuer Wirtschaftssprecher der FPÖ, Thomas Prinzhorn, gegenüber dem "Standard" fest.

Womit auch die Beurteilung des "Industriemagazins" vom Februar 1995 bestätigt wird. Dort heißt es nämlich: Ein freiheitliches Wirtschaftsprogramm existiert nicht. Statt dessen wird eine Politik nach dem Wünsch-dir-was-Prinzip betrieben, eine Politik, die alles fordert, was populär ist.


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So gesehen will ich Herrn Abgeordneten Haupt nicht widersprechen, der meinte, daß die FPÖ nicht in den "populistischen Schmalztigel" greift. Die heutigen Beiträge Ihrer Partei haben gezeigt: Sie greifen tief in ein anderes Gefäß und treten zusätzlich in jeden sprichwörtlichen Napf. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Abgeordneter Rosenstingl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.38

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Marizzi – er ist im Moment nicht da – und auch andere Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen meinen immer, die Freiheitlichen machen Angst – und das sollten wir doch lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sollten doch endlich einmal die Realität sehen und erkennen, wie es um Österreich, um seine Wirtschaft und die Arbeitsplätze in Österreich steht. Die Investitionsfreudigkeit ist gesunken. Es müssen daher positive Maßnahmen gesetzt werden, um die Wirtschaft wieder zu beleben. Seit 10 Uhr debattieren wir hier, aber von den Regierungsparteien ist bis jetzt kein einziger Vorschlag, kein einziger Antrag gekommen, wie man Arbeitsplatzsicherung in Österreich betreiben könnte. – Die einzigen Vorschläge sind von den Freiheitlichen gekommen. Das sollten Sie endlich zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister Ditz war mit seiner Erklärung der beste Beweis dafür, wie erfolglos diese Regierungskoalition beim Setzen wirtschaftsbelebender Maßnahmen ist. Bei diesen Erklärungen – auch bei jener von Herrn Bundesminister Hums – hat es sich um Schönfärberei gehandelt, sie waren überhaupt nicht praxisbezogen. Ankündigungen, wie Sie Herr Bundesminister Ditz bei jeder Rede hier in diesem Haus macht, daß sich alles verbessern wird, nützen nichts in Österreich: Sie nützen weder den Unternehmern noch den Arbeitnehmern!

Sie von SPÖ und ÖVP sind seit 1986 in einer Koalitionsregierung. Und diese Ihre Ankündigungen hören wir seit 1986. Ich frage Sie: Wer hindert Sie daran, entsprechende Gesetze zu beschließen, sodaß es tatsächlich zu wirtschaftsbelebenden Maßnahmen kommt? – Sie würden dazu sogar die Unterstützung von uns Freiheitlichen haben.

Ich habe den Eindruck, diese Regierung ist ganz einfach überfordert. Sie haben keine Zukunftsperspektiven, Sie haben keine Kompetenz bei der Arbeitsplatzsicherung, Sie haben auch – wie ich schon erwähnt habe – bisher keine Maßnahmen gesetzt. Die einzigen Vorschläge haben wir Freiheitlichen eingebracht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Wirtschaftsbelebung ist die Bauwirtschaft von großer Bedeutung, und da müssen rasch Maßnahmen gesetzt werden. Es soll daher die Realisierung von anstehenden Bauprojekten, insbesondere in Kärnten, in Angriff genommen werden. Wir erzielen dabei zwei Effekte. Erstens würden solche Maßnahmen die Konjunktur beleben, außerdem würde das auch dem Kärntner Fremdenverkehr helfen.

Ich möchte daher folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold, Mag. Herbert Haupt, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Kollegen betreffend die umgehende Realisierung von ausschreibungsreifen Straßenbauprojekten im Bundesland Kärnten

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen die erforderlichen Bundesmittel bereitzustellen, sodaß die


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nachstehend angeführten Infrastrukturprojekte des Bundes im Bundesland Kärnten ehestmöglich realisiert werden können:

Ausbau:

B 81 Bleiburger Straße: Jaunstein – St. Stefan,

B 95 Turracher Straße: Weißenbach,

B 98 Millstätter Straße: Linksabbieger Lirzberg,

B 100 Plöckenpaß Straße: Kleiner Pal – Theresienkehre,

Stützpunkt Ferlach.

Instandsetzungen:

B 70 Packer Straße: St. Andrä – Framrach,

B 82 Seeberg Straße: Hallenbad St. Veit – Goggawenig,

B 82 Seeberg Straße: Völkermarkt – Draubrücke,

B 83 Kärntner Straße: St. Veit/Nord – St. Veit/Mitte,

B 84: Faakersee Straße: Maria Gail – Mittewald,

B 85: Rosental Straße: Freibach – St. Margarethen,

B 85 Rosental Straße: Ortsdurchfahrt Fürnitz,

B 98 Millstätter Straße: Radenthein/Untertweng,

B 100 Drautal Straße: Draubrücke Villach/Nord,

B 100: Drautal Straße: Spittal – St. Peter,

B 105: Mallnitzer Straße: Obervellach – Mallnitz,

B 106 Mölltal Straße: Möllbrücke – Putschall,

A 2 Süd Autobahn: Objekte V 1 – V 4 Deckensanierung,

A 2 Süd Autobahn: Objekt V 12 – Brückeninstandsetzung,

A 10: Tauern Autobahn: Spittal Ost – Belagssanierung und

A 10 Tauern Autobahn: Objekt D 26 – Belagssanierung."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was für Kärnten wichtig ist, ist auch für Gesamtösterreich wichtig. Es müssen daher Großbauprojekte noch 1996 bauwirksam werden, Projekte, die arbeitskräfteintensiv sind.

Ich möchte daher einen zweiten Antrag einbringen:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Kollegen betreffend die vorgezogene Realisierung eines arbeitskräfteintensiven Arbeitsprogrammes für die Bauwirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten werden aufgefordert, ein Arbeitsprogramm für die Bauwirtschaft in der Weise zu beschließen, daß bereits projektierte Bundes-Bauvorhaben ehestmöglich realisiert werden."

*****

(Zwischenruf des Abg. Wurmitzer. ) – Herr Kollege! Eine Aufbruchsstimmung in der österreichischen Wirtschaft werden Sie nur durch Stärkung der Wirtschaftskraft der Unternehmen erreichen, nicht durch Ihre unkonstruktive Politik, die Sie in der Regierungskoalition betreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dazu gehört, meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere von der ÖVP, daß die Gewinne in größtmöglichem Maße in den Unternehmen belassen werden. Wenn uns heute der Herr Wirtschaftsminister zweimal gesagt hat, er halte nichts davon, daß nichtentnommene Gewinne weniger besteuert werden, dann, muß ich sagen, tut es mir leid, daß Österreich einen solchen Wirtschaftsminister hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Kammer hätte sich auch dafür einsetzen müssen, daß es in Österreich nicht zu Steuererhöhungen, sondern zu Steuerreduzierungen kommt. Die Kammer müßte sich aber auch dafür einsetzen, daß die Lohnnebenkosten nicht dadurch gesteigert werden, daß sie selbst diese Lohnnebenkosten durch ihre Zwangsbeiträge erhöhen und somit die Betriebe noch weiter belasten. Wir sind der Ansicht, daß die Kammern arbeitsplatzsichernde und der Wirtschaftsbelebung dienende Maßnahmen zu setzen haben.

Ich möchte daher folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Mag. Karl Schweitzer betreffend Senkung der Kammerumlagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird zur Sicherung der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandortes Österreich ersucht, dem Nationalrat ehestmöglich Gesetzentwürfe zuzuleiten, die eine Senkung der für Arbeiter-, Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Landarbeiterkammern eingehobenen Umlagen befristet bis Ende 1998 vorsehen."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Sie, insbesondere die Vertreter der Bundeswirtschaftskammer, könnten jetzt beweisen, ob Sie wirklich etwas für die Unternehmer in Österreich tun wollen.

Abschließend möchte ich festhalten: Die Regierungsparteien setzen keine Initiativen zur Arbeitsplatzsicherung in Österreich. Ihnen fehlen alle Zukunftsperspektiven für ein Fortkommen, für eine Wirtschaftsbelebung in Österreich. Im Interesse der österreichischen Arbeitnehmer und Unternehmer bitte ich Sie, die Anträge von uns Freiheitlichen zu unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.46


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Die drei Anträge sind ordnungsgemäß unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Redezeit: 10 Minuten.

17.46

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Österreich hatte Ende April 1996 eine saisonbereinigte Arbeitslosenquote von 3,9 Prozent. Die Europäische Union hatte eine knapp dreimal so hohe, nämlich 11 Prozent. Das ist zweifelsohne ein großer Erfolg, ein sehr großer Erfolg, wenngleich uns die Zunahme der Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vorjahr nicht kalt lassen sollte.

Ich möchte mich in meinen Ausführungen, nachdem heute sehr, sehr viel über Wirtschaft, Unternehmen, Wirtschaftskraft geredet wurde, mit dem Menschen beschäftigen, nämlich mit dem Menschen, der frei von Arbeit ist, frei im doppelten Sinne: nämlich dem Arbeitslosen. Ich glaube, daß sich eine solche Diskussion nicht für eine spekulative Diskussion eignet, daß der Stellenwert der Erwerbstätigkeit am besten an seinem Gegenteil gesehen werden kann, nämlich an dem, was Erwerbslosigkeit ist, nämlich schlicht Not, psychische und physische Not, Depression, soziale Isolation, selbstzerstörerische Schuldgefühle, die meistens damit einhergehen.

Das heißt, Erwerbstätigkeit ist eine zentrale Lebenserfahrung, ist nicht nur Einkommenssicherung, ist nicht nur Befriedigung der Konsumbedürfnisse, sondern Beruf und Arbeit sind wichtig für Lebenszufriedenheit, für Bestätigung als Quelle gesellschaftlicher Anerkennung und als Basis sozialer Kontakte.

Daher sind die sozialen Kosten der Arbeitslosigkeit immer zu hoch. Sie sind immer zu hoch. Sie heißen Selbstmord, sie heißen Alkohol- und Drogenmißbrauch, sie heißen Kriminalität und Gewalt. Untersuchungen belegen dies ganz eindeutig, daß mit einem Ansteigen der Arbeitslosigkeit auch das Ansteigen der Kriminalitätsrate einhergeht, wobei besonders betroffen Frauen, ältere Arbeitnehmer, Jugendliche und ethnische Minderheiten sind.

Wenn in den Industrieländern 35 Millionen Menschen ohne Arbeit sind, was einer Quote von 8,5 Prozent entspricht, und auch in einigen Gebieten Europas die Jugendarbeitslosigkeit 50 Prozent und mehr beträgt, so sind das 50 Prozent zuviel. Arbeitslosigkeit ist ein gesellschaftlich nicht wünschenswertes Phänomen und muß daher als solches entschieden bekämpft werden.

Der grenzenlose Kapital- und Produktionstransfer hat es mit sich gebracht, daß der Mensch – unabhängig von seiner sozialen Entwicklungsstufe und Kultur – mit jenen konkurrieren muß, die eine wesentlich günstigere Kostenstruktur anbieten: mit den Reformstaaten Südostasiens etwa. Ein Österreicher mit einer 100-Quadratmeter-Wohnung, mit zwei studierenden Kindern, mit Auto und allem, was zum westlichen Lebensstandard dazugehört, muß in Konkurrenz treten mit einem Koreaner, der auf 30 Quadratmetern lebt, mit dem Rad zur Arbeit fährt und dessen Kinder selbst ihr Studium zu finanzieren haben. Das heißt: Die Verstärkung der Forschung und auch die Konzentration auf Dienstleistungen werden den fortschreitenden Verlust von Arbeitsplätzen und die Abwanderung der Produktion in diese Schwellenländer nicht auffangen, wobei ich hinzufügen möchte, daß die ausschließlichen Nutznießer dieser Situation die Kapitaleigner sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Wofür ich deswegen plädieren würde, da zahlreiche dieser Probleme Strukturprobleme sind und heutige Arbeitnehmer auch mit früheren Facharbeitern nicht mehr vergleichbar sind und die Arbeit auch nicht mehr die hauptsächliche Produktivkraft ist, wenn Betriebe eben die menschliche Arbeit durch computerintegrierte Fertigungssysteme ersetzen, die besser und flexibler produzieren, und solcherart angelernte Arbeiter und Hilfsarbeiter aus dem Prozeß verdrängt werden: Wenn nur wenige Industriearbeiter mit den neuen Arbeitsbedingungen Schritt halten können, in selbständiger Teamarbeit zu arbeiten, Verantwortung zu tragen für ein komplexes System von Maschinen und Robotern und die übrigen Randarbeitnehmer, Zeitarbeitskräfte werden, jederzeit kündbar, und zwar nach den Bedürfnissen der Betriebe, wenn Arbeit also dazu


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führt, daß einige arbeiten und andere keine Arbeit mehr haben, dann ist das Arbeit, die zur Beseitigung der Arbeit führt.

Das heißt, der zentrale Punkt, der zentrale Konflikt ist nach meinem Dafürhalten, daß es einen neuen Katalog von Freiheiten und Rechten geben muß: das Recht, in jedem Alter zu lernen, zu studieren und nicht nur seine Arbeitskraft zu reproduzieren, quasi sich zu recyclen (Beifall bei der SPÖ), das Recht, öffentliche und politische Aktivitäten zu entfalten, das Recht, bei kranken Verwandten zu bleiben, das Recht auf Eigenarbeit, das Recht auf Zeitsouveränität. Eine Verkürzung der Arbeitszeit ist also unabdingbar, und das meine ich nicht nur in bezug auf die tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit, sondern vor allem auf die jährliche Arbeitszeit, auf die Lebensarbeitszeit.

Wenn die Wirtschaft einem großen Teil der erwerbstätigen Bevölkerung nur mehr unterbrochene, zeitweise, halbtägige oder prekäre Beschäftigung bietet, wenn prekär Beschäftigte nur mehr für die geleistete Arbeit entlohnt werden, aber nicht für die Zeitdisponibilität, und wenn zwischen 70 und 90 Prozent der geringfügig Beschäftigten Frauen sind, dann ist das eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Es ist eine Ungerechtigkeit, daß ein Teil der Bevölkerung ganztägig arbeitet, während ein immer größer werdender Teil kürzere Zeit mit niedrigerem Lohn arbeitet und ein Teil überhaupt arbeitslos bleibt.

Erwerbsarbeit muß daher nach meinem Dafürhalten für alle reduziert werden, weil das Individuum gegenüber der Gesellschaft ein unantastbares Recht nicht nur auf Einkommen, sondern auch auf Arbeit hat, ein Recht auf eigene Entfaltung. Die Arbeitslosigkeit kann zwar als eine zeitweilige Unterbrechung der Teilnahme an der ökonomischen Tätigkeit verstanden werden, aber nicht als Wahl, überhaupt nicht am Arbeitsprozeß beteiligt zu sein.

Wenn eine bestimmte Menge an Arbeit zur Existenz der Gesellschaft und seiner Individuen notwendig ist – und das ist durch die Natur der Dinge gegeben –, dann soll niemand die Last der Notwendigkeit für andere tragen, es soll auch niemand davon freigestellt sein. Daher bin ich auch skeptisch gegenüber all jenen Forderungen, die vom Liberalen Forum betreffend arbeitsloses Grundeinkommen erhoben wurden, weil es zwar ein Recht auf Einkommen garantiert, nicht aber das Recht auf Arbeit, und das Recht auf Arbeit ist untrennbar mit dem Recht auf Einkommen verbunden. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Gefühl der gesellschaftlichen Zugehörigkeit gehört nach meinem Dafürhalten nicht nur das Recht auf Einkommen, sondern vor allem das Gefühl, daß die anderen mich brauchen, daß ich fähig bin, zu tun, was gesellschaftlichen Zielen entspricht. Aber es ist tragisch und bedauerlich, daß der Mensch zwar fähig ist, sich selbst auf den Mond zu schießen, hervorragende Technologien zu produzieren, aber nicht, eine intelligente Arbeitsorganisation beziehungsweise eine Arbeitsverteilung zu erreichen.

Wenn das gesellschaftlich benötigte Arbeitsvolumen sinkt und wenn Arbeitslosigkeit steigt, dann muß die gesellschaftlich benötigte Arbeitsmenge umverteilt werden. Wenn die Regelarbeitszeit sinkt und die Zeitsouveränität zunimmt – und das bei steigender Produktivität –, muß Arbeitszeit umverteilt werden.

Wenn man weiß, daß um das Jahr 1900 3 000 Arbeitsstunden nötig waren, um ein Fünftel von dem zu produzieren, was heute in 1 600 Jahresarbeitsstunden produziert wird, dann erkennt man die Notwendigkeit einer sozial verträglichen Umverteilung von Zeit und Arbeit. Das ist nach meinem Dafürhalten das prioritäre beschäftigungspolitische Ziel, das es jetzt im Sinne der Gerechtigkeit zu realisieren gilt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

17.55

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute von Kollegin Partik-Pablé gesagt worden, Minister Hums


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mache schlechte Arbeitsmarktpolitik, und es ist von Dr. Haider gesagt worden, das Arbeitsmarktservice verwalte lediglich die Arbeitslosen. – Ich möchte, da das Arbeitsmarktservice am heutigen Tag immer wieder erwähnt worden ist, einiges klarstellen und auch dem Kollegen Dr. Feurstein Grundsätzliches sagen. (Abg. Dr. Khol: Er hat es gelobt!) Ja, ich habe es auch so verstanden, daß er es gelobt hat. Er hat gesagt, das Arbeitsmarktservice arbeitet jetzt besser. Ich möchte dazu Grundsätzliches sagen.

Das Arbeitsmarktservice hatte sowohl vor der Ausgliederung – also vor der "Privatisierung" unter Anführungszeichen – als auch jetzt einen Auftrag zu erfüllen, nämlich Dienstgeber und Dienstnehmer zur Begründung eines Dienstverhältnisses zusammenzuführen. Das Arbeitsmarktservice kann außer Projektarbeitsplätzen – das konnte es früher nicht und kann es jetzt auch nicht – keine Arbeitsplätze schaffen. Wir haben vor der Ausgliederung eine gute, eine sehr gute Arbeitslosenrate gehabt, und wir haben auch jetzt keine besonders schlechte, wenngleich man sie nicht als gut bezeichnen kann.

Was ich damit sagen will: Das Arbeitsmarktservice ist natürlich sehr stark vom Markt abhängig, und man kann nicht einfach sagen, dort wurde schlecht verwaltet und jetzt geht es besser. Das wollte ich damit klarstellen.

Wir haben immer schon berufliche Qualifizierung, also aktive Arbeitsmarktpolitik betrieben. Es ist sehr wichtig – und das, glaube ich, ist jetzt der Punkt: Dr. Partik-Pablé hat die schlechte Arbeitsmarktpolitik kritisiert –, daß Minister Hums auf seiner Arbeitsmarktpolitik beharrt. Dazu gehören die Rahmenbedingungen für den Arbeitsmarkt, dazu gehört auch, daß die Rahmenbedingungen eingehalten und geprüft werden, und dazu gehört der Kollektivlohn als wichtigster sozialer Bestandteil.

Die Begehrlichkeit, diesen Kollektivlohn zu unterschreiten, hat Herr Ceska ganz klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, indem er gemeint hat, es sollte auch möglich sein, die Arbeitslosen unter dem Kollektivvertragslohn zu beschäftigen.

Wir werden nie erreichen, daß wir kostenmäßig mit Manila konkurrieren können. Dort werden um 80 Groschen pro Stunde Elektroteile gewickelt. Bei uns kostet dieselbe Arbeit 80 S pro Stunde. Diesen "Standard" können und wollen wir nie erreichen, und darum ist es wichtig, daß Minister Hums auf dieser Arbeitsmarktpolitik beharrt. (Beifall bei der SPÖ.)

Minister Ditz hat heute gemeint, er hätte nicht wahrgenommen, daß die Löhne nach unten revidiert werden. Nach meinen Erfahrungen im Arbeitsmarktservice Braunau ist das sehr wohl so, und das ist auch logisch, denn dieser Markt regelt sich genauso wie jeder andere: Angebot regelt die Nachfrage. Wenn viele Arbeitssuchende auf einen Arbeitsplatz kommen, dann geht natürlich das Lohnniveau nach unten, so ist das. Ein Beispiel: Mir hat jemand vom Angebot eines Dienstgebers erzählt: Kaufe dieses Luftreinigungsgerät – Kosten: 30 000 S –, und wenn du es verkauft hast, bekommst du eine garantierte Provision.

Ich meine, so darf es nicht sein, so kann es nicht gehen. Deregulierung kann nicht die Lösung des Beschäftigungsproblems sein, sondern bestenfalls eine Ergänzung im Bereich der Arbeitszeitflexibilisierung darstellen.

Noch einmal eine Bitte: kein freier Markt für die Löhne, denn die Kluft zwischen Arm und Reich würde dadurch nur größer werden.

Kollegin Partik-Pablé – das möchte ich auch noch aufzeigen – hat gemeint, die Ausländer sonnen sich in unserem Sozialsystem, und das werde sich nicht ändern, solange der Herr Minister diese Ausländer hereinläßt. – Was ist dann damit gemeint, wenn Kollegin Rossmann an Minister Hums die Anfrage stellt, wann er denn für den Tourismusbereich, für das Gastgewerbe das nächste Kontingent ausländischer Arbeitskräfte zulassen wird? – Da liegt Doppelbödigkeit vor! Bitte bleiben Sie doch ehrlich: Wenn Sie sagen, Sie wollen keine Ausländer, dann dürfen Sie auch keine Anfrage stellen, wann denn das nächste Kontingent kommt! (Beifall bei der SPÖ.)


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Bei mir im Bezirk hat mich ein Dienstgeber gefragt: Warum bekomme ich diese Ausländerin nicht? Ich kenne sie, sie ist eine gute Köchin. Sie wissen, wir müssen mit den Kosten kalkulieren, und bei dieser Ausländerin würde es damit nicht so genau sein. – Also so kann es ja bitte nicht gehen. Da müssen wir besonders vorsichtig sein, und daher bin ich sehr froh, daß Minister Hums da nicht lockerläßt.

Die Kolleginnen Steibl und Gatterer haben gemeint, qualifizierte Telearbeitsplätze seien notwendig. Ich darf Ihnen dazu folgendes sagen: Wir haben ein Projekt gemeinsam mit dem TechnoZ Braunau gestartet. Personen, die sich dafür interessieren, gibt es genug, aber die Betriebe sind dazu noch nicht bereit, da gibt es noch keine Resonanz. Ich möchte dazu noch sagen, daß Telearbeit die Kinderbetreuung nicht regelt. Das heißt, es muß neben der Telearbeit sehr wohl für Kinderbetreuung gesorgt werden. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ein letztes Beispiel: Die FPÖ meinte im Zusammenhang mit den Sparmaßnahmen, würden die Sozialversicherungsanstalten zusammengelegt, dann brächte das eine Kostenersparnis. Ich zitiere aus einem Antrag, der im oberösterreichischen Landtag gestellt wurde, in welchem die FPÖ gebeten hat, die Bezirksgerichte nicht zu schließen, weil man der Bevölkerung den Zugang zum Recht nicht verwehren soll. Wenn bezüglich der Gebietskrankenkassen von Ihnen aber genau das Gegenteil gefordert wird, dann müssen Sie den Leuten schon einmal erklären, wie da der Zugang zum Recht in Sachen Krankengeld und Pensionsversicherung zu sehen ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol .)

18.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zweite Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.01

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine zweite Wortmeldung werde ich sehr kurz halten. – Wir hatten inzwischen Gelegenheit, uns mit sämtlichen Entschließungsanträgen der Freiheitlichen Partei in aller gebotenen Eile auseinanderzusetzen. Das Ergebnis dessen wollte ich hier nicht verschweigen, damit unser Abstimmungsverhalten in der Folge nicht mißinterpretiert wird. Wir sind der Meinung, daß die gewählte Vorgangsweise leider eine große Ähnlichkeit mit der Vorgangsweise der Bundesregierung, die wir kritisiert haben, hat: Ein großes Konvolut wurde uns ziemlich kurzfristig vorgelegt, und in diesem Fall noch dazu mit dem Anspruch, sofort darüber abzustimmen.

Unserer Ansicht nach enthalten diese Entschließungsanträge durchaus diskussionswürdige Elemente. Es wird daher darum gehen, einen Weg zu suchen, wie man diese Elemente ernsthaft in die parlamentarische Diskussion einbringt. Der heutige Tag ist offenbar nicht dazu geeignet, da sich die Debatte hier nicht um diese Anträge gedreht hat, sondern ganz anderen Zwecken gehorcht hat; Sie wissen alle, was ich meine. Wir können ohne Ansehen des Inhaltes dieser Anträge denselben nicht zustimmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.04

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte aus Solidarität mit meinen Kollegen nur mehr auf einen Punkt eingehen, und zwar geht es dabei um den Bereich der Lehrlinge.

Kollege Posch hat hier dargelegt, was Arbeitslosigkeit beim Menschen bewirkt, wie dramatisch das ist. Ich möchte den Finger noch einmal auf das Problem der Lehrlingsarbeitslosigkeit und der Jugendarbeitslosigkeit legen, weil ich glaube, daß das noch eine andere, eine zusätzliche Brisanz, eine dramatische Dimension hat.


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Wir wissen alle, daß seit 1991 die Schere zwischen Lehrstellenangebot und Lehrstellensuchenden in dramatischem Ausmaß auseinandergeht, und zwar zuungunsten der Lehrlinge. Ich möchte in diesem Zusammenhang vor allem darauf hinweisen, daß Jugendliche, die vor dem Problem der Arbeitslosigkeit stehen, damit auch vor dem Problem der Perspektivenlosigkeit stehen. Das heißt, einem Jugendlichen mit 14, 15 Jahren, einem Mädchen oder einem Buben, wird damit das Gefühl gegeben, sie seien in dieser Gesellschaft nicht brauchbar, sie könnten keinen Beitrag leisten, sie hätten keinen Platz in dieser Gesellschaft. Jugendliche, die 14, 15 Jahre alt sind, geraten, wenn sie permanent Absagen auf Bewerbungen bekommen – und das kennen wir ja – im Unterschied zu älteren Menschen wesentlich schneller in einen Zustand, wo sie sich sagen: Ich bin selbst daran schuld!

Ich gehe deshalb besonders darauf ein, weil ich glaube, daß Jugendarbeitslosigkeit in ihrer ganzen Dimension eine enorme gesellschaftliche Sprengkraft hat; wir kennen sie zum Beispiel aus England und aus Frankreich. In dieser Hinsicht haben mich Aussagen der Frau Kollegin Partik-Pablé – sie ist jetzt leider nicht hier – schon mehrmals erschüttert.

Die FPÖ und im besonderen Frau Partik-Pablé hat uns vorgemacht, was ich damit meine: Aus dem Umstand, daß Jugendliche an sich selbst zweifeln, sich selbst die Schuld geben, wird der Boden für eine Sündenbock-Philosophie bereitet. Kollegin Partik-Pablé hat uns nämlich heute erklärt, daß die Ausländer schuld daran seien. Genau das meine ich damit! Wenn man sich hinstellt und so tut, als könne man mit Ausländer-raus-Parolen Arbeitsmarktpolitik betreiben, dann muß ich Ihnen sagen: Es wird nicht helfen. Ich weiß jedoch, es gehört zu Ihrer Propaganda. Genau das ist das Problem: Wenn man Inländer und Ausländer auseinanderdividiert, bereitet man den Boden für eine Entwicklung, von der man nicht weiß, was am Ende herauskommen wird.

Abschließend möchte ich zum Bereich der Lehrlinge noch eines sagen: Es sollte einen Lastenausgleich zwischen ausbildenden Betrieben und nichtausbildenden Betrieben geben. Aber es gehört mehr dazu. Ich glaube, daß wir auch das Problem Lehre als Sackgasse ansprechen sollten. "Karriere mit Lehre" ist zwar ein netter und gutgemeinter Slogan, aber diese Vision entspricht weitgehend nicht der Wirklichkeit. Die Lehre ist nur wenig attraktiv, und zwar sowohl was den Bereich der Einkommen als auch was die Entscheidungs-, Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten betrifft. Es gibt zwei Zahlen, die das sehr gut belegen: 41 Prozent der Lehrlinge wechseln den Beruf nach Absolvierung der Lehre, laut einer oberösterreichischen IBE-Studie würden 59 Prozent der Lehrabsolventen ihren Kindern eine weiterführende Schule statt einer Lehre empfehlen.

Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, über den man nachdenken sollte, und da sind nicht nur die Bundesregierung und die Sozialpartner aufgefordert, zu handeln – sehr rasch zu handeln –, sondern auch die Unternehmer. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Am Wort ist nunmehr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.08

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist wirklich bemerkenswert, daß es der FPÖ heute gelungen ist, keinen einzigen konkreten Vorschlag etwa zur Verwaltungsreform zu machen. (Zwischenruf des Abg. Ing. Meischberger .) Per du sind wir nicht, Kollege Meischberger! – Aber in Sachen Schlagworte, Gemeinplätze und Phrasen haben Sie heute wirklich überzeugt. (Beifall bei der SPÖ.)

Positives, Konstruktives fehlt absolut. Ganz im Gegenteil: Herr Prinzhorn, der sich als Paradeunternehmer darstellen wollte, hat kein gutes Haar am Staat und an den Behörden gelassen. Meine Damen und Herren! Ich weise darauf hin, daß der Unternehmer Prinzhorn von diesem Staat, von seinen Behörden Subventionen, Haftungen, Sanierungszuschüsse empfängt. – Ich werfe ihm das nicht vor, aber wenn man schon das Handerl beim Staat aufhält, so wie Herr Dipl.-Ing. Prinzhorn dies tut, muß man sich dann nicht auch an die Spielregeln halten? – Es ist unerträglich, Herr Prinzhorn, der Sie sich hier im Zusammenhang mit der Firma Brigl & Berg


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meister in der Steiermark als Wohltäter für Tausende Arbeitnehmer darstellen, daß bei der Bezirkshauptmannschaft Leoben Hunderte Übertretungen der Arbeitszeitbestimmungen dokumentiert sind. Was sind die Hauptdelikte? 12-Stunden-Arbeit, Überschreitung der wöchentlichen Arbeitszeit, Nichteinhaltung von Wochenendruhe, Nichteinhaltung von Feiertagsruhe, Nichteinhaltung von Ersatzruhezeiten. (Abg. Dr. Mertel: Das ist aber interessant!) Wenn man schon vom österreichischen Staat Subventionen empfängt, meine Damen und Herren, dann muß man sich gefälligst auch an die österreichische Arbeitsverfassung halten. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Papierindustrie in der Steiermark und die FPÖ-Leute sind ein besonderes Kapitel. Die Firma KNP-Leykam in Gratkorn investiert 6,5 Milliarden Schilling und baut die modernste Papiermaschine der Welt, was Herrn Dr. Haider am 30. Jänner veranlaßt hat, hier zu kommentieren, daß dort Leere sei, nichts als gähnende Leere.

Ich kenne ja die Motive des Herrn Dr. Haider. Es ist ihm natürlich ein Dorn im Auge, wenn eine Region wirtschaftlich floriert und erfolgreich ist, wenn es gut bezahlte Arbeitsplätze gibt, wenn Lehrlinge in großer Anzahl ausgebildet werden. Was sich Herr Dr. Haider wünscht, ist Krise, Arbeitslosigkeit und Unzufriedenheit.

Da kann er dann die Menschen gegeneinander ausspielen und im trüben auf Stimmenfang gehen. Das ist längst durchschaut, und er wurde auch am 17. Dezember 1995 bei der Nationalratswahl von den Leuten überführt.

Herr Dr. Haider! Nehmen Sie ein für alle Mal zur Kenntnis, daß die Mitarbeiter der KNP-Leykam in Gratkorn ein Leitbild haben. Sie wollen das erfolgreichste Papierunternehmen Europas sein. Das ist kein Akt von Übermut, denn das ist realisierbar. – Aber Herr Dr. Haider ätzt: Leere, gähnende Leere! Das ist eine unglaubliche Entgleisung, eine ungeheuerliche Beleidigung der anständigen und fleißigen Menschen im Bezirk Graz Umgebung. Herr Dr. Haider, ich fordere Sie auf: Entschuldigen Sie sich dafür! (Beifall bei der SPÖ.)

18.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Reichhold. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.11

Abgeordneter Ing. Mathias Reichhold (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Ich sehe keinen Vertreter der Bundesregierung hier im Plenum. Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Rufe bei der SPÖ: Sie müssen besser schauen! Nach links schauen! – Bundesminister Hums steht, von Beamten verdeckt, hinter der Regierungsbank.)

Er unterhält sich gerade mit seinen Beamten. Ich habe niemanden auf der Regierungsbank gesehen. Ich nehme zur Kenntnis, daß er irgendwo mit seinen Beamten wahrscheinlich gerade die aktuelle Situation auf dem österreichischen Arbeitsmarkt bespricht. Für den Redner ist es nachgerade unangenehm, wenn die Regierungsbank leer ist, denn das schaut so aus, als würde sich die Regierung vor ihrer Verantwortung drücken, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die heutige Debatte war ja für uns sehr interessant: Es sind verschiedene Aspekte aufgetaucht, diese wurden von verschiedenster Seite beleuchtet, aber eines ist mir besonders aufgefallen: Kein einziger Redner der Regierungsparteien hat es heute geschafft, jenen Wahlslogan der Beitrittskampagne zur EU zu rechtfertigen, der mit dem heutigen Thema in Zusammenhang steht. Dieser Wahlslogan lautet: Die EU schafft Arbeitsplätze. – Das ist leider nicht der Fall! Genau das Gegenteil ist der Fall: Seit Österreich bei der Europäischen Union ist, ist die Arbeitslosigkeit in Österreich dramatisch angestiegen. Es ist heute von den Regierungsparteien aber keine einzige Maßnahme genannt worden, die diese Dramatik auf dem Arbeitsmarkt für die Betroffenen auch nur im geringsten mildern würde.

Herr Bundesminister Ditz hat heute von den Chancen, die die EU bietet, gesprochen. Wie schauen denn diese Chancen aus? Wie werden denn diese Chancen genutzt? – Wenn Sie sich die Bilanz Österreichs bezüglich der Ausnützung von EU-Förderungen im Jahre 1995 an


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schauen, so werden Sie mir dahin gehend recht geben müssen, daß 3 Milliarden Schilling Förderungen 1995 in Brüssel liegengeblieben sind und daß es auch über das berühmte österreichische Lobbying nicht gelungen ist, diese Mittel für die österreichische Wirtschaft und für die Sicherung der österreichischen Arbeitsplätze zu nutzen. Ein wesentlicher Grund dafür liegt meiner Meinung nach darin, daß die Kammern in dieser Frage bis heute versagt haben, und zwar schwer versagt haben.

Ich selbst hatte als Abgeordneter zum Europaparlament Gelegenheit (Abg. Grabner: Da warst du aber nicht lange! – Abg. Mag. Guggenberger: Sie waren ja nie dort!), das Lobbying der Kammern und der verschiedenen Institutionen in Österreich mitzuverfolgen. Sie wissen, daß zwar die Kammern, die Bundesländer, die Bundesregierung großartige Büros in Brüssel eröffnen, daß immer mehr Beamte nach Brüssel pilgern, daß aber im Endeffekt viele Chancen ungenützt und viele Förderungsgelder dort liegen bleiben. Sie selbst mußten peinlicherweise zur Kenntnis nehmen, daß einer der Kommissäre Brüssels, nämlich Karel van Miert, die Österreicher dafür rügte, daß das österreichische Proporzsystem eins zu eins in die Europäische Union übertragen wird. – Wenn Sie darauf stolz sind, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann tun Sie mir leid! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Viele wichtige Vertretungsaufgaben, Frau Tichy-Schreder, übernehmen mittlerweile bereits private Organisationen. Viele junge Juristen, junge Leute, die zum Teil auch in den Kammern gearbeitet haben, sind jetzt in diesen Organisationen integriert, und sie haben mir erzählt, sie haben mir bestätigt, daß es dort viel schneller, viel flexibler zugeht als in diesen verstaubten Organisationen, die es offenbar nicht schaffen, mittels ordentlichen Lobbyings die Chancen Österreichs in der Europäischen Union auch zu nutzen.

Ich möchte Ihnen anhand des Beispiels eines Kärntner Betriebes zeigen, wie da auch die österreichische Bürokratie versagt.

Ein erfolgreicher Betrieb, der über Jahrzehnte in der Lebensmittelindustrie und in der fleischverarbeitenden Industrie exportiert hat, hat im letzten Jahr große Schwierigkeiten bekommen. Über 200 Mitarbeiter beschäftigte dieser Betrieb. Die Erstattungen, die dieser Betrieb zu bekommen hatte, wurden seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union nicht mehr von den österreichischen Finanzbehörden abgewickelt beziehungsweise ausbezahlt, sondern diese Aufgabe übernahm natürlich die Europäische Union. Mit 7. Jänner 1995 hat dieser Betrieb die entsprechenden Erstattungsanträge beim zuständigen Zollamt abgeliefert. Der Beamte, der dort saß, wußte zwar nicht, was er mit diesen Anträgen anfangen sollte, hat sie aber dennoch entgegengenommen. Daraufhin hat sich bis zum März nichts gerührt. Dann hat er einen Anruf von einem Zollamt aus Salzburg bekommen und wurde gefragt, ob er entsprechende Anträge für Erstattungen abgegeben habe. Der Unternehmer bestätigte diese, wurde aber stutzig. Er recherchierte und kam drauf, daß diese Anträge nicht weitergeleitet worden waren.

Er hat dann im März noch einmal einen Antrag abgegeben, entsprechende Stempelmarken gepickt, aber der Beamte, der diese Anträge entgegennahm, hat sich aufgrund der neuen Situation nicht ausgekannt. Dem Unternehmer wurde mitgeteilt, daß die Beamten erst in einem Seminar auf die neue Situation eingeschult werden müssen. Inzwischen waren aber schon dreieinhalb Monate vergangen. Österreich war bereits in der EU. Dieser Betrieb hat bereits dreieinhalb Monate auf seine Erstattungen gewartet und ist natürlich dann in Schwierigkeiten geraten. (Abg. Grabner: Das war er vorher schon!)

Im Juni wandte sich dieser Unternehmer (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grabner ) – ich habe den Akt hier, Herr Kollege, Sie können ihn dann gerne studieren; das wird auch noch ein Nachspiel haben – an seine Berufsvertretung. Die Berufsvertretung intervenierte dann beim Finanzamt und beim Finanzminister mit einem Schreiben, und nach zirka zwei Monaten reagierte der damalige Kabinettchef des Finanzministers, Herr Kornfeld, auf das Schreiben der Berufsvertretung. In der Antwort auf dieses Schreiben vom Juli des vergangenen Jahres wies der Kabinettchef des Finanzministers darauf hin, daß die Situation in Österreich hinsichtlich


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dieser Erstattung unklar ist und daß man sich jetzt erst einmal bei der EU-Kommission über die neuen Regelungen erkundigen müsse.

Nach einem halben Jahr, meine sehr verehrten Damen und Herren, wachen die österreichischen Behörden aus ihrem Winterschlaf auf, um sich bei der Europäischen Union einmal zu erkundigen, wie denn nun eigentlich die neuen Erstattungssysteme zu handhaben sind. Das ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, wirklich eine Bankrotterklärung der österreichischen Bürokratie und zeigt, daß der EU-Beitritt überhaupt nicht vorbereitet wurde!

Nach einem weiteren Monat bekommt dann dieser Unternehmer von der Beamtenschaft des Finanzministeriums einen Brief gleichen Inhalts. In diesem Brief stand ebenfalls, daß sich die österreichische Bundesregierung beziehungsweise die Behörden mittels einer Anfrage bei der EU-Kommission über die neuen Regelungen erkundigen werden.

Ich selbst hatte als EU-Abgeordneter dann Gelegenheit, in Brüssel für diesen Betrieb vorzusprechen und mich selbst zu informieren, wie die Situation ausschaut. – Ich habe in 10 Minuten vom zuständigen Beamten die notwendigen Antworten erhalten!

Die österreichische Bundesregierung, die österreichischen Behörden aber brauchen neun Monate, um in Erfahrung zu bringen, wie die Europäische Union die neuen Erstattungsregelungen gehandhabt haben will. Das ist leider das Problem, das die Wirtschaft mit der Bürokratie in Österreich hat!

Mittlerweile ist diesem Betrieb ein Schaden von 14 Millionen Schilling entstanden – mit Folgeschäden, weil ja auch die Exporte zurückgenommen werden mußten, die Märkte verlorengegangen sind und die Kunden ausgeblieben sind. Dazu kam noch, daß auch dieser Betrieb ein Opfer der Konsumpleite war, bei der auch er mehrere Millionen verloren hat.

Ergebnis: Im Jänner dieses Jahres ist dieser Betrieb in Konkurs gegangen, 200 Arbeitsplätze, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind futsch. – Das ist "Arbeitsplatzpolitik made in Austria", darauf sollten Sie nicht stolz sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da die österreichischen Behörden nachweislich an diesem Vorfall schuld sind, wird dieser Unternehmer natürlich die österreichischen Behörden klagen. Wir dürfen gespannt sein, inwieweit das Verfahren dann zu einer späten Rechtfertigung für das richtige Verhalten des Unternehmers führen wird.

Meine Zeit reicht leider nicht mehr aus, um auch auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Schwarzenberger einzugehen. Er hat ganz richtig darauf hingewiesen, daß auch die Arbeitsplatzsicherung in der Landwirtschaft große Bedeutung hat.

Wir haben in anderen Debattenbeiträgen schon mehrmals darauf hinweisen können, wie wichtig dieses Anliegen für uns Freiheitliche ist, und möchten dazu heute einen Entschließungsantrag einbringen.

Entschließungsantrag

der Abg. Ing. Mathias Reichhold, Anna Elisabeth Aumayr, Franz Koller, Dr. Stefan Salzl, Robert Wenitsch betreffend Sicherung von Arbeitsplätzen in der Land- und Forstwirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert, in den zuständigen EU-Gremien eine Änderung der EU-Agrarmarktordnung zu erreichen. Die neue Agrarförderung muß sich an den volkswirtschaftlichen Primärzielen der Arbeitsplatzsicherung, Ökologisierung und Befreiung der


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Land- und Forstwirtschaft aus Produktionszwängen orientieren. Eine Vereinfachung des Förderungssystems soll auch eine höhere Effizienz der eingesetzten Gelder bringen."

*****

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einen zweiten Entschließungsantrag einbringen und vorlesen. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Herr Präsident, wenn Sie mir das noch erlauben! – Danke.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Herbert Haupt zu den Erklärungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie des Bundesministers für Arbeit und Soziales betreffend wirtschafts- und beschäftigungspolitische Maßnahmen der Bundesregierung betreffend Ausländerbeschäftigung und Arbeitslosigkeit

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird zur Erhaltung österreichischer Arbeitsplätze aufgefordert

1. dem Hauptausschuß des Nationalrates umgehend den Entwurf einer Verordnung zuzuleiten, die vorsieht, daß für die Jahre 1996 und 1997 – mit Ausnahme von Härtefällen im Familienbereich und Schlüsselarbeitskräften in der Wirtschaft – keine weiteren Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz mehr erteilt werden, und

2. dem Nationalrat den Entwurf einer Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz zuzuleiten, der eine Absenkung der Höchstzahlen der Ausländerbeschäftigung für die Dauer der hohen Arbeitslosigkeit vorsieht."

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die beiden vorgelesenen Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und werden in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.23

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute eine lange Debatte geführt, und es wurden von der Freiheitlichen Partei sehr viele Entschließungsanträge eingebracht, die zum Ziel haben, den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken und die Arbeitsplatzsituation zu verändern.

Ich habe mir diese Entschließungsanträge angesehen und habe sehr viel Widersprüchliches darin gefunden. Es wurde nicht, wie Herr Abgeordneter Stadler gemeint hat, von anderen abgeschrieben, sondern sie sind in der Tat widersprüchlich. Aus diesem Grund können wir diesen Anträgen auf keinen Fall zustimmen. Auf den ersten Blick scheinen die vorgeschlagenen Maßnahmen plausibel zu sein, bei einer genaueren Analyse stellt sich jedoch heraus, daß es lauter Luftblasen sind, wie es der Abgeordnete Stummvoll gesagt hat, und Luftblasen wollen wir wirklich keinen Platz geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Darüber hinaus fällt mir auf, daß die Freiheitlichen einen eigenen Entschließungsantrag zur Arbeitsplatzsicherung speziell für Bauvorhaben in Kärnten gestellt haben. Das ist eigentümlich! Wenn Bauvorhaben, dann für Gesamtösterreich, aber nicht für ein Bundesland allein. Ich glaube, wir hier im Parlament sind für alle Bundesländer und nicht nur für ein Bundesland verantwortlich! (Beifall bei der ÖVP.)

Abgesehen davon sind der Öffentlichkeit bereits Bauvorhaben vorgestellt worden, bei denen unter anderem auch Kärnten dabei ist. Es geht immerhin um eine Summe von 33 Milliarden


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Schilling, die da Platz greifen soll, um die Arbeitsplatzsituation in Österreich zu verbessern und die Bauwirtschaft wieder anzukurbeln.

Interessant habe ich auch gefunden, daß der Abgeordnete Dipl.-Ing. Prinzhorn in seiner Einleitung sagte – und das zieht sich durch alle Entschließungsanträge hindurch –, er bedauere, daß der Anteil der Entwicklungsausgaben Österreichs gemessen am Bruttoinlandsprodukt im Verhältnis zu anderen OECD-Staaten unterdurchschnittlich ist. – Da gebe ich ihm recht. Das stimmt. Aber es wird dabei jene Forschung und Entwicklung nicht berücksichtigt, die in vielen kleinen und mittleren Betrieben erfolgt. Diese Forschung scheint nicht auf, obwohl es gerade sie ist, die diese Betriebe international erfolgreich macht.

Seine Schlußfolgerung daraus, daß wir im OECD-Durchschnitt bei den Forschungs- und Entwicklungsausgaben unterdurchschnittlich abschneiden, ist, daß die langfristigen Folgen daraus Entindustrialisierung und Arbeitsplatzverluste sowie geringe Innovationsfähigkeit sind. Dem kann ich nicht zustimmen, denn eines gilt: Wir haben festgestellt – und das weiß sicher auch der Herr Abgeordnete Dipl.-Ing. Prinzhorn –, daß die Zahl der Industriearbeitsplätze geringer geworden ist, weil viele davon in den Dienstleistungsbereich ausgelagert wurden. 90 Arbeitsplätzen in der Industrie stehen 106 Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich gegenüber. Darauf muß auch hingewiesen werden.

Wichtig ist auch die Flexibilisierung der Arbeitszeit. Allerdings kann man das so, wie es die Freiheitlichen hier dargestellt haben, nicht sehen. Herr Abgeordneter Haupt meint zum Beispiel, daß die Flexibilisierung der Arbeitszeit eigentlich in die Kollektivvertragsregelungen der einzelnen Betriebe verlagert werden sollte.

Meine Damen und Herren! Wir wollen noch vor dem Sommer einen Antrag zur Flexibilisierung der Arbeitszeit einbringen und nicht auf die Kollektivverträge warten, denn die Flexibilisierung in den Kollektivverträgen käme erst im Herbst zustande, und das ist relativ spät. Wir wollen es früher erreichen, und zwar gemeinsam mit einer Partnerschaft.

Um folgendes geht es mir auch: Meine Damen und Herren, Sie stellen etwas fest und bringen hier Anträge ein, vergessen aber, daß wir in Österreich eine Sozialpartnerschaft haben, und zwar, wie Herr Präsident Verzetnitsch gesagt hat, nicht nur auf der obersten Ebene, sondern auf verschiedenen Ebenen, bis in die kleinsten Einheiten, bis in den Betrieb hinein.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch Herrn Abgeordneten Mag. Posch etwas sagen: Er hat gemeint, das Arbeitsvolumen sinke. – Ich halte dem entgegen: Das Arbeitsvolumen sinkt nicht! Arbeit ist genügend vorhanden. Es geht nur darum, wie die Arbeit bezahlt wird. Wir haben genügend Arbeit. Es gibt viele Bereiche – jeder von uns hier im Haus kennt solche Bereiche –, in welchen Arbeit zwar notwendig wäre, in welchen es aber keine Finanzierung dafür gibt. Wir müssen uns überlegen, wie wir die Arbeit in diesen Bereichen attraktiver machen, damit sie auch bezahlt wird. Das ist ein sehr wesentlicher Punkt.

Herr Abgeordneter Verzetnitsch meinte, Herr Präsident Maderthaner fände auf dem Arbeitsmarkt aufgrund seines Alters keinen Platz mehr. Dazu möchte ich ihm folgendes sagen: Er übersieht völlig, daß es das Wichtigste ist, daß Unternehmer Arbeitsplätze schaffen. Und als Unternehmer schafft und erhält er Arbeitsplätze. Was wir brauchen, sind mehr Unternehmer, die Arbeitsplätze schaffen (Beifall bei der ÖVP), statt nur zu schauen, wen man auf dem Arbeitsmarkt vermitteln kann. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Herr Abgeordneter Verzetnitsch! Ich weiß zum Beispiel, daß genügend Installateure gesucht werden. (Abg. Verzetnitsch: Dann sollten Sie das dem Arbeitsmarktservice melden!) Herr Präsident Verzetnitsch! Nennen Sie mir Installateure, die arbeitslos sind. Ich kenne etliche Betriebe, die Installateure notwendig brauchen und suchen! (Abg. Verzetnitsch: Das sollten Sie melden!) Es gibt auch genügend Friseurbetriebe, die dringend Friseurinnen und Friseure brauchen und suchen, die es aber offenbar nicht gibt.

Wir haben das Problem der richtigen Vermittlung der Arbeitswilligen und Arbeitsfähigen. Da ist Gott sei Dank durch die Privatisierung der Arbeitsmarktverwaltung einiges geschehen. Es muß aber noch mehr in dieser Hinsicht unternommen werden. Ich weiß ganz genau, in den Bundesländern, wo kleinere Einheiten arbeiten, funktioniert es tadellos. Der Bezirk Braunau hat die


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geringste Arbeitslosenrate, weil man einander kennt. Auch in Mattersburg ist es wunderbar, weil man einander kennt und vermittelt. In städtischen Bereichen ist es schwieriger. Da muß diesbezüglich noch einiges getan werden. Was wir brauchen, ist aber, wie schon gesagt wurde, Optimismus und auch Bürokratieabbau. Das sind die nächsten Schritte, die wir zu setzen haben. Das können wir aber nicht allein mit dieser Sondersitzung erreichen, sondern dazu bedarf es noch vieler Arbeit.

Es ist nicht eine Aufgabe des Bundes, sondern eine Aufgabe der Verwaltung in den einzelnen Bundesländern, den Menschen bei Betriebsanlagengenehmigungen und dergleichen zu helfen. Dieses Problem stellt sich nicht nur in Österreich, sondern auch in der Europäischen Union, in den einzelnen Mitgliedstaaten. Natürlich gibt es dafür Auflagen, und jede Behörde hat ihren Anteil an der Bearbeitung zu leisten. Aber wir wollen eine Konzentration dieser Aufgaben. Wir sind der Meinung, daß das notwendig ist. Das kann man teilweise machen, indem man in den eigenen Behörden spezielle Ansprechstellen schafft, die dann den Betrieb begleiten und ihm beim Abwickeln helfen. Das würde vielleicht auch in dem Fall helfen, den Herr Abgeordneter Reichhold bezüglich EU-Förderungen genannt hat.

Ich kann nur eines sagen: Auch in anderen Staaten hat es Schwierigkeiten gegeben, die Umstellungen in der Verwaltung durchzuführen. Der Nachholbedarf ist da und dort sicher gegeben, das gebe ich zu. Aber ich bin überzeugt, daß der Betrieb, wenn er sich sofort an die Wirtschaftskammer gewendet hätte, früher zu einem Ergebnis gekommen wäre.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch sagen, daß das Wichtigste die Beratung ist, die wir den Unternehmern in den verschiedensten Bereichen angedeihen lassen, damit sie für die Zukunft für unternehmerische Aufgaben frei werden. Wir brauchen neue Ideen und neue Produktgestaltung!

Aber eines kann ich Ihnen auch sagen – und das merke ich immer wieder, wenn ich im Ausland bin, speziell in meiner Eigenschaft als Unternehmerin, aber auch, wenn ich unsere Betriebe im Ausland sehe –: daß die österreichischen Betriebe und die österreichischen Produkte im Ausland einen hervorragenden Ruf haben, hervorragend angenommen werden und daß es sehr gute Kooperationen mit anderen Ländern gibt. Nur: Wir müssen auch das Positive sagen und nicht nur das Negative! Wir müssen beobachten, wo unsere Betriebe erfolgreich sind.

Ich habe erst gestern wieder von einem Betrieb in Kanada erfahren, der ein ganz neues System entwickelt hat, teilweise mit US-Technologie, wo er Kostensenkungen in anderen Betrieben durchführen kann, Kostensenkungen, die noch nicht erkannt worden sind. Da schlägt die Innovationskraft österreichischer Betriebe durch, die vielleicht da und dort nicht mit genauen Beträgen in der Forschung und Entwicklung genannt sind, aber da haben österreichische Unternehmen – keine großen Betriebe – flexibel auf die Anforderungen der heutigen Zeit geantwortet.

Da wären einige Namen zu nennen, aber diese Betriebe wollen nicht immer in der Öffentlichkeit als besonders gute Betriebe genannt werden, denn sie wollen sich vor der Konkurrenz bedeckt halten. Man kennt sie nur in Insider-Kreisen, Gott sei Dank! Leider erfährt die Öffentlichkeit meistens nur von den Betrieben, die scheitern. Das ist meines Erachtens nicht richtig. Ich glaube, wir sollten die ungenannten Betriebe Österreichs, die positiv arbeiten, vor den Vorhang bitten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Meine Damen und Herren! Wir führen jetzt eine Reihe von Abstimmungen durch.

Ich bitte zunächst einmal alle diejenigen, die nicht gewählte Mandatare sind, aus den Abstimmungsreihen zurückzutreten.

Wir gelangen nunmehr als erstes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen betreffend Maßnahmen zur Stärkung des Wirt


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schaftsstandortes Österreich, Sicherung der internationalen Konkurrenzfähigkeit Österreichs und Reduktion der Arbeitslosigkeit.

Wer diesem Entschließungsantrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit . – Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend Vereinheitlichung des Sozialversicherungsrechts und Strukturreform der Sozialversicherungsträger.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist in der Minderheit geblieben und gilt als abgelehnt.


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Ich lasse nunmehr abstimmen über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen betreffend Verwaltungsreformmaßnahmen zur Sicherung der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandortes Österreich.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt .

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen betreffend Verwirklichung eines Maßahmenpaketes zur Stützung der krisengeschüttelten Bauwirtschaft.

Wer für diesen Antrag ist, möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ofner und Genossen betreffend Reform des Insolvenzrechtes zur Verbesserung der Sanierungsmöglichkeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, dies durch ein Zeichen kundzutun. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend Erweiterung der branchenbezogenen und betrieblichen Entscheidungsmöglichkeiten bei arbeitsrechtlichen Regelungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Realisierung eines aufkommensneutralen ökologischen Steuersystems.

Wer dafür ist, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Reduzierung von Entsorgungs- und Umweltsanierungskosten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen betreffend Vertretung des Bundes in Unternehmungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Böhacker und Genossen betreffend Entsteuerung von Überstunden.

Jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, mögen dies durch ein Zeichen der Zustimmung kundtun. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Böhacker und Genossen betreffend Einführung des sogenannten Luxemburger Modells.

Wer dafür ist, möge dies durch ein Zeichen der Zustimmung kundtun. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen betreffend steuerliche Entlastungsmaßnahmen für die österreichische Wirtschaft.

Wer für diesen Antrag ist, möge dies durch ein Zeichen der Zustimmung kundtun. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dolinschek und Genossen betreffend umfassende Attraktivierung der Lehre.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Reichhold und Genossen betreffend die umgehende Realisierung von ausschreibungsreifen Straßenbauprojekten im Bundesland Kärnten.

Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung gibt, möge dies durch ein Zeichen der Zustimmung bekunden. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend die vorgezogene Realisierung eines arbeitskräfteintensiven Arbeitsprogramms für die Bauwirtschaft.

Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung gibt, möge dies durch ein Zeichen der Zustimmung kundtun. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend Senkung der Kammerumlagen.

Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung gibt, möge dies durch ein Zeichen der Zustimmung kundtun. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Reichhold und Genossen betreffend Sicherung von Arbeitsplätzen in der Land- und Forstwirtschaft.

Wer diesem Antrag zustimmt, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Genossen betreffend Ausländerbeschäftigung und Arbeitslosigkeit.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

(Der Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Moratorium für Freisetzungsanträge von gentechnisch veränderten Organismen wurde zurückgezogen .)


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2. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2 der Beilagen): Maklergesetz – MaklerG und über den Antrag 107/A (E) der Abgeordneten Hans Schöll und Genossen betreffend Rahmenbedingungen zum Maklergesetz (87 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr zum 2. Punkt der Tagesordnung: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2 der Beilagen): Maklergesetz, und über den Antrag 107/A (E) der Abgeordneten Schöll und Genossen betreffend Rahmenbedingungen zum Maklergesetz (87 der Beilagen).

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Riedler. Ich bitte ihn, die Debatte zu eröffnen.

Berichterstatter Dr. Wolfgang Riedler: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Ich erstatte Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2 der Beilagen): Bundesgesetz über die Rechtsverhältnisse der Makler und über Änderungen des Konsumentenschutzgesetzes (Maklergesetz – MaklerG) und über den Antrag der Abgeordneten Hans Schöll und Genossen betreffend Rahmenbedingungen zum Maklergesetz [(107/A (E)].

Der Justizausschuß hat beide Vorlagen in seiner Sitzung am 27. März 1996 in Verhandlung genommen. Zur Regierungsvorlage berichtete der Abgeordnete Dr. Wolfgang Riedler, zum Antrag 107/A (E) der Abgeordnete Hans Schöll. An der sich an die Berichte anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Fuhrmann, Barmüller, Schöll, Schwimmer, Ofner und Stoisits sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek.

Von den Abgeordneten Schöll sowie von den Abgeordneten Fekter, Fuhrmann, Schöll, Barmüller und Stoisits wurde je ein Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage eingebracht.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Fekter, Fuhrmann, Schöll, Barmüller und Stoisits in der diesem Bericht beigedruckten Fassung einstimmig angenommen. Der Abänderungsantrag des Abgeordneten Schöll fand keine Mehrheit. Desgleichen fand die im Initiativantrag 107/A (E) der Abgeordneten Schöll und Graf enthaltene Entschließung nicht die Mehrheit des Justizausschusses.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Justizausschuß den Antrag, der Nationalrat wolle 1. dem dem schriftlichen Ausschußbericht angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen, 2. diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Herr Präsident! Ich ersuche um Durchführung einer Debatte zu diesem Antrag.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.

Über die Redezeitvereinbarung wurde bereits referiert.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.40

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das jetzt zur Debatte stehende Maklergesetz kodifiziert erstmalig eine Vielzahl wichtiger wirtschaftlicher Tätigkeiten im Vermittlungsbereich. Wir haben mit diesem Gesetz eine einheitliche klare Regelung für alle Makler sowie Sonderregelungen für Immobilienmakler, Handelsmakler, Versicherungsmakler und Personalkreditvermittler normiert. Das Gesetz legt Rechte und Pflichten fest und bringt mehr Transparenz und einen besseren Konsumentenschutz.

Ein zentrales Anliegen des Maklers ist die Erlangung der Provision bei erfolgreicher Vermittlungstätigkeit. Die privatrechtliche Regelung eines Rechtsverhältnisses hat dementsprechend dafür zu sorgen, daß die Adäquanz von Leistung und Gegenleistung gewährleistet ist. Daher ist sowohl auf die Interessen der Auftraggeber – das ist meistens der Konsument – als auch auf die


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Interessen der Makler in diesem zentralen Punkt ausgeglichen Rücksicht zu nehmen. In diesem Spannungsfeld ist das gesamte Gesetz zu sehen.

Zur Wahrung dieser unterschiedlichen Interessen wurden im § 3 besondere Nachrichtspflichten vorgeschrieben, die im Rahmen der gegenseitigen Sorgfaltspflicht in der Vertragsgestaltung normiert sind. Es ist im Gesetz nicht detailliert ausgeführt, was man darunter verstehen soll, und daher möchte ich hier einige Fälle beispielhaft anführen.

Insbesondere werden die Vertragspartner sich dann Nachricht geben müssen, wenn es einen zweiten Vertrag, die Einschaltung eines anderen Maklers im Falle einer Mehrfachbeauftragung gibt oder wenn zwischenzeitlich der Verkauf oder die Vermietung des Vermittlungsobjektes erfolgt ist oder wenn sich die Bedingungen ändern, wie etwa Preis, Termine oder Zustand des Vertragsgegenstandes, oder wenn notwendige Unterlagen für das Rechtsgeschäft, wie etwa Gutachten, Pläne, Verträge, behördliche Verfügungen, Gerichtsurteile oder Ertragsberechnungen, auszuhändigen sind. Das Liefern sonstiger Informationen, wie etwa über frühere Benützungsarten, zum Beispiel wegen allfälliger Kontaminierungen oder übermäßiger Belastung im näheren Umfeld, kann auch zu den Nachrichtspflichten gehören. Selbstverständlich ist auch über künftige, bereits absehbare Belastungen, wie etwa Abgaben und Gebühren, zu informieren.

Aus alle diesen Bestimmungen können Sie erkennen, daß wir mit dem Maklergesetz mehr Transparenz schaffen wollen und daß wir damit das bestehende Mißtrauen auf dem Markt abbauen wollen und einen funktionierenden Makler-, sprich Vermittlungsmarkt aufbauen helfen.

Der Beitritt Österreichs zur EU hat im Bereich der Versicherungsvermittlung zu einer geänderten Situation geführt, die in diesem Entwurf jedoch nicht berücksichtigt ist. Die Politik der EU in Sachen Konsumentenschutz gegenüber der Versicherungswirtschaft hat den Weg beschritten, die staatliche Aufsicht zugunsten der Versicherungsvermittler zurückzudrängen. Es sollen die allgemeinen Geschäftsbedingungen und auch jene Rahmenbedingungen, die für den Vermittlungsvertrag gelten, in einer eigenen Richtlinie gesondert normiert werden. Ich bedauere es sehr, daß wir in Österreich gerade auch auf dem Versicherungssektor noch über keinen zufriedenstellenden Markt mit ausreichendem Wettbewerb verfügen. Es wird deshalb auch in nächster Zukunft notwendig werden, daß wir die Vermittlungsrichtlinie der EU im Versicherungsbereich, aufbauend auf den allgemeinen Bestimmungen des Maklergesetzes, das wir heute beschließen werden, in einem eigenen Versicherungsvermittlergesetz umsetzen.

Bei aller Regelungsdichte darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß ein Gesetz lediglich den Rahmen vorgeben, nicht aber Verträge zwischen den Partner ersetzen kann. Deshalb bin ich gegen einen Kontrahierungszwang und auch gegen Provisionsregelungen im Detail; dies nur zu der heute bereits angesprochenen Folgeprovision. (Beifall bei der ÖVP.)

Für die Vermittlung von Immobilien bringt das neue Maklerrecht einen verbesserten Konsumentenschutz: Rücktrittsmöglichkeit binnen einer Woche, besondere Aufklärungspflichten und für bestimmte vertragliche Vereinbarungen zwingend die Schriftform, zum Beispiel für Provisionszahlungen bei fehlendem Vermittlungserfolg. Diese Regelungen finden sich jedoch nicht im Maklergesetz, sondern wegen ihrer Bedeutung für die Konsumenten im Konsumentenschutzgesetz.

Das Maklergesetz erforderte eine relativ intensive Diskussion in der Vorbereitungsphase, da es dabei um Bereiche der Wirtschaft geht, in welcher ein gewaltiges Spannungsfeld zwischen den Auftraggebern, den Vermittlern und den Konsumenten besteht. Ich hoffe, daß uns diese Kodifizierung einem funktionierenden Vermittlungsmarkt näherbringt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fuhrmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.47

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Anbetracht der Tatsache, daß von der uns zustehenden


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Blockredezeit nur mehr sehr wenig übrig ist und ich weiß, daß noch einige Kolleginnen und Kollegen zu Wort gemeldet sind, werde ich mich kürzer fassen, als ich es vorgehabt habe. Ich kann das auch deshalb tun, weil Frau Kollegin Fekter als Vorsitzende des Justizausschusses inhaltlich die wesentlichen Punkte des vorliegenden Gesetzentwurfes schon zum Vortrag gebracht hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es bleibt für mich als Hauptsprecher der sozialdemokratischen Fraktion dieses Hauses folgendes festzuhalten: Dieses Regierungsvorlage hat einen relativ langen Gesetzwerdungsprozeß hinter sich, da viele gesetzliche Regelungen fehlten, nach welchen sowohl von seiten der Konsumenten als auch von seiten der Makler ein hoher Bedarf bestand, da es in der Vergangenheit zu Mißverständnissen, Schwierigkeiten, Streitereien und letztendlich auch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kam. Es ist zu hoffen, daß durch das Maklergesetz, das wir heute beschließen werden – erfreulicherweise einstimmig; ich habe gesehen, es sind nur Proredner angemeldet –, wesentliche Verunsicherungsfaktoren in diesem Bereich ausgeräumt werden konnten. Ich bin überzeugt davon, daß die Unerfreulichkeiten, wie wir sie alle, die wir in rechtsberatenden Berufen tätig sind, aus der Praxis in den vergangenen Jahren kennen, weniger werden. Wir werden sie nicht ganz verhindern können, es wird noch immer gestritten werden, aber sie werden doch minimiert werden.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Es hat einige politisch umstrittene Punkte gegeben. Es war zum Beispiel umstritten, ob es – eine, wie ich glaube, ungeheuer wichtige Maßnahme, die durch die Änderung des Konsumentenschutzgesetzes im Zusammenhang mit dem Maklergesetz nun beschlossen wird – ein Rücktrittsrecht geben soll, wenn bei der Erstbesichtigung gleich der Auftrag unterschrieben wurde, und zwar soll man eine Woche Zeit haben, es sich noch zu überlegen und zu Hause duchzudiskutieren. Der Druck, der bei Sammelbesichtigungen von Wohnungen aufgebaut werden kann oder sich emotional aufbaut, ist uns ja allen bekannt. Wir werden nun in wenigen Minuten die Möglichkeit des Rücktrittes beschließen.

Bei der Diskussion ging es inhaltlich um Objekte, die zur Befriedigung eines Wohnbedürfnisses entweder gemietet oder im Falle einer Eigentumswohnung gekauft werden. Ich freue mich, daß man letzten Endes im Justizausschuß von dem ursprünglich vorgesehenen Limit von 3 Millionen Schilling Abstand genommen hat und damit das Problem, was dann ist, wenn es 3 010 000 S zum Beispiel sind, erst gar nicht hat entstehen lassen. Es hätte nämlich der, den Kaufpreis von 2 999 000 S unterschrieben hat, zurücktreten können, während der, der um 10 S mehr als 3 Millionen Schilling das Objekt erworben hat, nicht mehr hätte zurücktreten können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß das sehr wichtig war. Es war meiner Meinung nach außerdem wichtig, auch die Grundstücke, die zum Zwecke der Errichtung eines Einfamilienwohnhauses zur Deckung eines besonders dringend vorhandenen Wohnbedürfnisses erworben werden sollen, mit aufzunehmen.

Der zweite Punkt – dieser ist durch die Diskussion der Frage Immobilienmakler ein wenig überdeckt worden –, der meiner Auffassung nach wichtig ist, ist, daß bei den Versicherungsmaklern mit diesem Maklergesetz auch ein konsumentenpolitischer Durchbruch gelungen ist, weil jetzt erstmals festgeschrieben ist, daß der Versicherungsmakler, der freie Versicherungsmakler, der ja in der Vergangenheit sehr oft mit den bei der Versicherung angestellten Agenten verwechselt wurde und sicher auch in der Zukunft verwechselt werden wird, daß also der selbständige Versicherungsmakler vom Gesetz her verpflichtet ist, für seinen Kunden, also den Versicherungsnehmer, die bestmögliche Versicherungsvariante herauszufinden, sie ihm anzubieten und zu vermitteln. Das ist eine ganz wichtige Bestimmung.

Es sind von seiten der Versicherungsmakler einige Bedenken betreffend die Bestimmung im § 30 Abs. 40 des Maklergesetzes an uns herangetragen worden, und zwar meinen sie, daß sie durch die Formulierung des § 30 Abs. 4 in die Hände der übermächtigen Versicherungsunternehmer gegeben wären.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben den Rechtszustand, wie er bis jetzt bestanden hat, nicht geändert. Wir haben daher den selbständigen Versicherungsmaklern sicherlich nicht Unrecht getan. Im Hinblick darauf, daß seit der Mitgliedschaft beim EWR und insbesondere Österreichs in der Europäischen Union die Möglichkeit besteht, daß ausländische Versicherungen als selbständige Versicherungsmakler in Österreich vermakeln, gehe ich davon aus, daß sich inländische selbstständige Versicherungsmakler durch eben diese Möglichkeiten durchaus gegenüber den von ihnen bisher als übermächtig eingeschätzten österreichischen Versicherungsunternehmen werden durchsetzen können.

Ich möchte nun etwas sagen, was inhaltlich mit dem Maklergesetz zusammenhängt, was aber nicht den Herrn Justizminister und sein Ressort betrifft, sondern den Herrn Wirtschaftsminister: Die Regelung, die durch das Maklergesetz jetzt eintritt, ist noch eine unvollständige – aber nicht deshalb, weil etwa das Ministerium mit seiner Vorlage oder wir mit unserer Arbeit im Justizausschuß Pfusch gebaut hätten und etwas Unvollständiges produziert hätten, sondern deshalb, weil – und dafür ist aufgrund der Kompetenzlage das Wirtschaftsministerium zuständig – die Verordnung, die die Höhe der von den Maklern, insbesondere von den Immobilienmaklern, zu verlangenden Provisionen regelt, noch ausständig ist.

Aber dazu möchte ich eine Anmerkung machen: Es gibt einen, wie ich höre, inoffiziellen Entwurf aus dem Wirtschaftsministerium zu einer solchen Immobilienmaklerverordnung, der mir und vielen anderen Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses vom Inhalt her nicht gefällt. Da geht es nicht nur um den einen Punkt, den das Liberale Forum in seinem Entschließungsantrag angesprochen hat, sondern da geht es auch noch um andere Punkte. Daher werbe ich auch um Verständnis, liebe Kolleginnen und Kollegen des Liberalen Forums, daß wir diesem Ihrem Antrag nicht zustimmen werden. Ich gehe aber davon aus, daß Sie offensichtlich ohnehin nicht daran interessiert sind, denn es hat sich niemand von Ihnen bei uns dafür verwendet, daß wir mitstimmen sollen. Ich erkläre jetzt, warum uns dieser Entschließungsantrag auch nicht ausreichend erscheint.

Es ist nämlich in dieser Immobilienmaklerverordnung vorgesehen, daß Regelungen festgeschrieben werden sollen, die auch für die Zukunft zementieren würden, daß in Österreich im Bereich der Immobilienmaklerei die europaweit weitaus höchsten Provisionen und Preise zu bezahlen sind. Das kann, soll und darf nicht Sinn und Zweck der ganzen Angelegenheit sein, und man wird sicherlich mit dem Herrn Wirtschaftsminister noch darüber zu reden haben; ich weiß gar nicht, ob er diesen Vorentwurf aus seinem Haus persönlich schon zur Kenntnis genommen hat. Es kann nicht das Ziel einer solchen Verordnung sein, daß man bei einer Wohnungsmiete von monatlich rund 9 000 S brutto in Österreich 27 000 S Provision zu bezahlen hat, in Berlin 13 800 S, in Helsinki 8 200 S, in Zürich 6 140 S, in Bozen 4 150 S, sogar inklusive Vertragserrichtung, und in Stockholm 1 600 S. Ich beeile mich hinzuzufügen, daß aufgrund der bestehenden Rechtslage in London, Oslo, Brüssel, Genf und Kopenhagen der Mieter überhaupt keine Provision in einem solchen Fall zu bezahlen hätte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, daß es uns möglich sein wird, mit dem Wirtschaftsministerium als der für diese Immobilienmaklerverordnung zuständigen Instanz in der Bundesregierung noch vernünftige Gespräche zu führen. Ich bin selbst Freiberufler. Das sage ich nicht aus der inneren Einstellung, daß man irgendeinen Immobilienmakler sein Geld, das er sich redlich verdient hat, neidig ist. Aber es soll doch nicht – wo wir doch immer vom europäischen Gleichklang sprechen, insbesondere in Fällen, wo es die betrifft, die möglicherweise, wahrscheinlich oder zumindest das eine oder das andere Mal nicht zu jenen zählen, die zu den Begütertsten unseres Landes gehören – bei einer Wohnungssuche in Österreich unverhältnismäßig viel mehr an Provisionen zu bezahlen sein als in anderen, vergleichbaren europäischen Ländern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß zum Ende kommen, weil die mir von mir selbst in einer gewissen Selbstdisziplin auferlegte Redezeit abgelaufen ist. Ich freue mich darüber, daß die doch relativ langen Verhandlungen zwischen den Parteien, den Fraktionen dieses Hauses und dem Herrn Justizminister und seinen Beamten dazu geführt haben, daß wir schlußendlich in vollem Einvernehmen diese sehr wichtige Gesetzesmaterie beschließen kön


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nen. Damit ergibt sich automatisch, daß meine Fraktion dem Gesetzentwurf natürlich sehr gerne zustimmen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

18.59


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter

18.59

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Kollegin Stoisits! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie in den vorangegangenen Wortmeldungen bereits geäußert wurde, ist dieses Maklergesetz durchaus ausgewogen. Es ist, kann man sagen, durch die Festschreibung des Rücktrittsrechts auch äußerst konsumentenfreundlich – ein Gesetz, in dem die Handschrift eines echten Experten, wie ich meine, und zwar jene des Kollegen Schöll, deutlich zum Ausdruck kommt. Den Beamten und ihm gilt der Dank der Konsumenten und der Makler.

Meine Damen und Herren! Dankbar sind die Makler aber auch – besonders heute – in einem anderen Zusammenhang: Der Dank der Makler gilt heute ganz besonders Bundesminister Michalek und Europastaatssekretär Schlögl, und zwar deshalb, weil sie in den vergangenen Tagen – Minister Michalek heute um 17 Uhr – Schluß gemacht haben mit den Täuschungsmanövern, die von Vranitzky, Klima, Cap & Co immer wieder gestartet wurden; Täuschungsmanöver, die vor dem 12. Juni 1994 gestartet wurden, als sie versprochen haben: Die Anonymität der Sparbücher bleibt unangetastet!, so Kollege Cap am 8. Juni 1994. Klima und Vranitzky wurden nicht müde, diese offenkundige Unwahrheit bis heute zu wiederholen. Offensichtlich fehlt ihnen der Mut, zuzugeben, daß sie die Sparer wider besseres Wissen falsch informiert haben. (Abg. Mag. Guggenberger: Was hat das mit dem Maklergesetz zu tun?)

Die Makler haben natürlich eine große Freude, daß das Geld, das jetzt auf den Sparbüchern liegt, aller Voraussicht nach auch ihnen zugute kommen wird, wenn man es in den Ankauf neuer Wohnungen investiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die Sparer merken nämlich, daß die Anonymität nicht zu halten ist, trotz der Beteuerungen des Bundeskanzlers.

Die im heutigen "Standard" wiedergegebene Rechtsauffassung von Justizminister Michalek entlarvt das, was Vranitzky, Klima, Cap & Co immer wieder erzählt haben. Einmal mehr kann man feststellen, was von der Regierungspropaganda zum Thema EU zu halten ist.

Der Versuch, sich mit der täglichen Wiederholung von Unwahrheiten über den EU-Wahltermin hinwegzuschwindeln, wurde von Schlögl schon etwas früher und vom Justizminister mit der heutigen Klarstellung endgültig zunichte gemacht. Auch wenn Minister Michalek im "Abendjournal" auf Geheiß Vranitzkys zum Rückwärtssalto angesetzt hat, würde es mich interessieren, Herr Minister, wie das Zitat zu verstehen ist, wenn Sie sich dezidiert für eine restlose Beseitigung der Möglichkeit anonymer Kontenführung aussprechen. (Abg. Dr. Fekter: Maklergesetz!)

Für die österreichischen Sparer ist jetzt klar, daß sie ihr Geld den Maklern in den Rachen werfen müssen, Frau Kollegin. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die Anonymität wird nämlich auf dem EU-Altar geopfert.

Für den Fall, daß das noch einer Bestätigung bedarf, so kommt diese jetzt frisch aus dem Außenministerium. (Abg. Mag. Guggenberger: Das ist "Schweitzer Käse"!) In der morgigen Ausgabe der "Presse" heißt es – Sie können das nachlesen –: Es hegt auch das Außenministerium seit einiger Zeit Zweifel an der Anonymität von Sparbüchern. In einem der Zeitung vorliegenden internen Papier des Außenamtes heißt es, die Bundesregierung strebe eine vollständige Durchführung der Empfehlungen der OECD-Antigeldwäscheorganisation FATF an. (Abg. Mag. Guggenberger: Zur Sache, Herr Kollege Schweitzer!) Eine wesentliche Empfehlung der FATF betreffe das auch von der Europäischen Union urgierte sogenannte Know-your-customer-Princip: Jede Bank müsse die Inhaber ihrer Konten namentlich kennen.

Meine Damen und Herren! Dem ist nichts hinzuzufügen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Sie haben das Wort. (Ruf bei den Freiheitlichen – zur Abg. Dr. Fekter –: Maria, da siehst du, was man aus dem Thema machen kann!)

19.03

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Nach dem kurzen Abschweifen des Herrn Abgeordneten Schweitzer, offenbar getragen von der Sorge um die anonymen Sparbücher der FPÖ-Burgenland für Sozialfonds und dergleichen (Zwischenrufe der Freiheitlichen), zurück zum eigentlichen Thema, dem Maklergesetz (Beifall des Abg. Mag. Guggenberger ) , in dem es um die Zusammenfassung jener gesetzlichen Grundlagen geht, die für die Maklerberufe so wesentlich sind und die jetzt Gott sei Dank endlich in einer einheitlichen Materie zusammengefaßt worden sind. Wir halten dieses Vorgehen für sinnvoll und für notwendig und stehen dem daher auch zustimmend gegenüber.

Ich möchte aber, da von Frau Abgeordneter Fekter und Herrn Abgeordnetem Fuhrmann auf den Inhalt dieses Gesetzes bereits eingegangen wurde, insbesondere den politischen Hintergrund des Zustandekommens ein wenig mehr ausleuchten, da dieser Hintergrund – das weiß auch Abgeordneter Schweitzer – besonders von berufsspezifischen Interessen geprägt war.

Ich möchte als Beispiel die Provisionsregelungen für Immobilienmakler herausgreifen, insbesondere die Höhe der Provisionen, die gerade bei befristeten Mietverträgen finanziell besonders stark zu Buche schlagen, da – um das hier noch einmal zu wiederholen – das 3. Wohnrechtsänderungsgesetz nicht, wie ursprünglich beabsichtigt, dazu geführt hat, daß es mehr unbefristete Mietverträge gibt, sondern, ganz im Gegenteil, zu sehr vielen befristeten Mietverträgen geführt hat. Und je kürzer die Laufzeit der befristeten Mietverträge ist, desto stärker schlagen die Provisionen zu Buche.

Das hat auch Herr Abgeordneter Schöll durchaus richtig erkannt und hat deshalb am 31. Jänner 1996 einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem er eine Reduktion der Maklerprovisionen auf europäisches Niveau gefordert hat. Er hat diesen Antrag am 29. März 1996 leider zurückgezogen und ihn durch einen doch sehr standespolitisch motivierten ersetzt, sodaß die Diskussion über dieses wichtige Thema ein wenig zu kurz gekommen ist. Ich bin daher froh darüber, daß Herr Abgeordneter Fuhrmann diese Diskussion angeschnitten hat. Die Liberalen wollen mit dem Entschließungsantrag, wie Sie, Herr Abgeordneter Fuhrmann, richtig gesagt haben, nur einen ganz kleinen Bereich herausgreifen, denn, Sie wissen das ja: Je größer die Bereiche sind, umso größer ist die Möglichkeit, Unstimmigkeiten hinsichtlich der Vorstellungen zu haben.

Ich möchte Ihnen gegenüber folgendes nicht verschweigen: Wenn von Ihrer Seite wirklich Bereitschaft besteht, betreffend Immobilienmaklerverordnung in eine Diskussion einzutreten und mehr und Umfassenderes zu lösen, dann sind wir gerne bereit, diesen Antrag zurückzuziehen, um einer allfälligen Verhandlung nicht vorzugreifen. (Abg. Dr. Fuhrmann: Das ist gescheit!) Vielleicht ist schon der 22. oder 23. Mai ein guter Termin, zu dem man einen diesbezüglichen Entschließungsantrag ein paar wesentliche Schritte vorangebracht hat. Wenn das der Fall ist, dann werde ich das sehr gerne tun. (Abg. Dr. Fuhrmann: Reden wir darüber, ziehen Sie ihn zurück!)

Ich möchte aber festhalten, daß wir in unserem Entschließungsantrag – das wird auch in den Verhandlungen dann ein wesentlicher Punkt sein – davon ausgehen, daß grundsätzlich vom Auftraggeber die Provision zu zahlen sein wird und nicht, wie das im Antrag des Herrn Abgeordneten Schöll verlangt wird, sowohl vom Auftraggeber als auch von jenem, an den die Wohnung vermittelt werden soll. Und wir sind durchaus überzeugt davon, daß es gerechtfertigt ist, auch in diesem Bereich jene durchschnittlichen Verhältnisse zum Maßstab, zur Orientierung in Österreich zu nehmen, die in anderen europäischen Staaten für die Immobilienmakler gelten. Da ist Österreich sehr weit voraus, und zwar zum Nachteil jener, die die Provisionen zu zahlen


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haben. Wir meinen daher, meine Damen und Herren, daß das europäische Niveau für Österreich ein Orientierungspunkt sein kann.

Noch einmal: Nicht vergessen werden darf, daß gerade bei befristeten Mietverträgen – die Summe der Mietverträge ist derzeit auf drei Jahre befristet – diese Provisionen besonders stark zu Buche schlagen.

Von all den positiven Maßnahmen, die – das ist unbestritten – im Maklergesetz enthalten sind, sei nur noch ein Bereich herausgegriffen: § 6 Abs. 4 zweiter Satz des Maklergesetzes beziehungsweise des Gesetzentwurfes, der in der Folge zur Abstimmung kommt. Das ist insofern eine positive Neuerung, als dort vorgesehen ist, daß, wann immer eine wirtschaftliche Einheit zwischen dem Makler und demjenigen, der Eigentümer der jeweiligen Wohnung ist, besteht, keine Provision zu zahlen ist. Wir halten das für sehr sinnvoll und wichtig für jene Bereiche, wo große Wohnungseigentümer juristische Personen gründen, 100-Prozent-Töchter, um dann über diese Wohnungen zu vermitteln. Die 100-Prozent-Töchter würden unter diese Bestimmung fallen, denn das wäre ein wirtschaftlicher Zusammenhang, bei dem Provisionen nicht mehr gerechtfertigt sind.

Meine Damen und Herren! Noch einmal: Wir werden dieser Materie zustimmen, und wir freuen uns, Herr Abgeordneter Fuhrmann, daß wir betreffend Immobilienmaklerverordnung in eine Diskussion eintreten werden, die insbesondere die Höhe der Provisionen und noch weitere Punkte betreffen wird. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

19.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.09

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die Grünen stimmen dieser Novelle zu; aus zwei Gesichtspunkten: Erstens ist darin eine sehr wesentliche Änderung des Konsumentenschutzgesetzes enthalten. Zusammengefaßt in einem Satz: Der Schutz für die Konsumenten und ihre Rechte ist durch dieses Maklergesetz in einer Art und Weise garantiert und erhöht, daß es eine wesentliche Verbesserung des derzeitigen Zustandes darstellt.

Ich freue mich besonders, daß es abweichend zur Regierungsvorlage – Dr. Fuhrmann hat das schon erwähnt – noch gelungen ist, beim Rücktrittsrecht den Schutz für alle Verbraucher zu garantieren, denn es ist nicht einzusehen, daß jemand, der eine Wohnung um 3 Millionen Schilling oder 2,5 Millionen Schilling, wie es ursprünglich vorgesehen war, erwerben möchte, weniger schützenswert ist als jemand, der 3,5 Millionen Schilling ausgibt.

Ein wesentlicher Punkt, der im Ausschuß in einem gemeinsamen Abänderungsantrag eingebracht wurde, ist die Tatsache, daß dieses Rücktrittsrecht auch für unbebaute Grundstücke gelten soll, die dem Zweck gewidmet sind, daß man ein Einfamilienhaus baut. Auch das ist eine wesentliche Verbesserung im Sinne der Konsumenten.

Bezüglich der Immobilienmaklerverordnung, die nicht in diesem Gesetz enthalten ist und hinsichtlich derer Kollege Barmüller – ich weiß jetzt gar nicht, ob er den Entschließungsantrag vorgelesen hat oder nicht ... (Abg. Mag. Barmüller: Nicht eingebracht wegen Verhandlungen!) Okay, dann braucht man auch nicht darauf einzugehen.

Meiner Ansicht nach wäre es dringend notwendig, diese Diskussion voranzutreiben, weil – das weiß jeder – die Höhe der Provisionen in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern überdurchschnittlich hoch ist. Meiner Meinung nach wäre es ein tauglicher Vorschlag, zu sagen, daß es auf der Seite der Abgeberprovision keine Höchstgrenze braucht – diese kann man streichen, denn warum soll es für jemanden, der zu einem Makler geht und sagt, vermieten Sie meine Wohnung oder mein Geschäftslokal, irgendwelche Reglementierungen und Grenzen geben –, aber auf der Seite des Mieters beziehungsweise des Abnehmers eine ganz klare Grenze gibt. Warum sollten wir zum Beispiel nicht die diesbezüglichen deutschen Regelungen


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als Vorbild nehmen, wo wir uns ja im Mietniveau bedauerlicherweise schon der Bundesrepublik angenähert haben – nicht beim Lohnniveau, nicht beim Einkommensniveau –, und einfach sagen: Zwei Monatsnettomieten sind genug! Was für Deutschland in diesem Fall gut ist, sollte für Österreich erst recht gut sein.

Ich würde Herrn Bundesminister Dr. Michalek als Vertreter der Regierung hier bitten, jetzt, auch wenn keine gemeinsame Entschließung und keine Ausschußfeststellung zustande gekommen sind, im Sinne der Mieter auf seinen Kollegen Wirtschaftsminister Dr. Ditz einzuwirken, denn das wäre sozusagen die Komplettierung dieses Gesetzes, das ich für wichtig und notwendig für die Verbraucher halte, aber auch für ein Schutzinstrument für die Makler; für ein Schutzinstrument für die Makler deshalb, weil kaum eine andere Branche sozusagen so unterschiedlichen Beurteilungen, manchmal absolut zu Unrecht, ausgesetzt ist und mit kaum einer anderen Branche ein derart negatives Image verbunden wird wie mit jener der Makler.

Wir können uns zu diesem Gesetz selbst gratulieren, obwohl sein Zustandekommen ein bißchen lange gedauert hat. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort hat sich nunmehr Herr Bundesminister Dr. Michalek gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

19.13

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dieser Gesetzesvorlage habe ich ein anläßlich der Verabschiedung des Handelsvertretergesetzes hier abgegebenes Versprechen eingelöst. Es gehen ihr – wie heute schon erwähnt wurde – langwierige Grundsatzdiskussionen und aufwendige Vorarbeiten in dem im Bundesministerium für Justiz eingesetzten Arbeitskreis, in den alle beteiligten Berufsgruppen eingebunden waren, voraus.

Ziel war es, das in der österreichischen Rechtsordnung bisher nur teilweise und auch nur sehr zersplittert geregelte Maklerrecht klar und übersichtlich in einem Gesetz zusammenzufassen. Schon dieser rechtssystematische Grund rechtfertigt dieses neue Gesetz.

Die Notwendigkeit dieses legislativen Vorhabens ergab sich aber auch durch die ganz besondere, immer größer werdende Bedeutung, die dem unabhängigen Makler in einem immer größer werdenden freien Markt zukommt. Für das Funktionieren eines Marktes ist dessen weitgehende Transparenz sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite Voraussetzung. Der Makler, der auf einen bestimmten Wirtschaftsbereich spezialisiert ist, stellt seine umfassende Kenntnis hinsichtlich dieser Marktverhältnisse dem Anbieter und dem Konsumenten/Abnehmer zur Verfügung und fördert damit für den einzelnen Marktteilnehmer, aber auch für die Volkswirtschaft insgesamt notwendige, sinnvolle Ergebnisse des Spiels der Kräfte auf dem Markt.

Um dem Konsumenten, der von den oft komplexen Produktgestaltungen und Rechtsmaterien nicht ausreichend Kenntnis haben kann, die Inanspruchnahme der Dienste eines Maklers zu erleichtern und mögliche Geschäftsrisken für ihn auszuschalten, wird die Rechtslage für den Konsumenten durch das vorliegende Gesetzesvorhaben deutlich verbessert. Ich wiederhole, was teilweise schon gesagt wurde: verstärkte Schriftformpflicht, konkrete Aufklärungspflichten im Verbrauchergeschäft, vor allem aber auch das neue Rücktrittsrecht bei Immobiliengeschäften, das den Konsumenten vor unbedachten rechtsgeschäftlichen Erklärungen schützen soll. Verletzt der Makler wesentliche Interessenwahrungspflichten, so soll seinem Auftraggeber künftig neben einem allfälligen Schadenersatzanspruch auch ein Anspruch auf Mäßigung des Provisionsanspruches zustehen.

Dieses Maklergesetz regelt insbesondere auch die Rechtsverhältnisse eines immer wichtiger werdenden Berufsstandes: der Versicherungsmakler. Die Regelung ihrer Rechte und Pflichten ist ein rechtspolitisch äußerst wichtiger Schritt. Der Wunsch der Versicherungskunden nach Beratung durch einen unabhängigen Makler steigt angesichts der schon heute kaum noch überblickbaren Vielfalt der angebotenen Versicherungsprodukte. Dabei befinden wir uns erst am


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Beginn der EU-weiten Öffnung der Versicherungsmärkte, die zu einer noch größeren Differenzierung des Angebotes führen wird. Die konkrete Normierung der Interessenwahrungspflichten des Versicherungsmaklers soll dazu beitragen, daß er dem Anspruch seiner Kunden auf fachkundige Beratung und auf Vermittlung des bestmöglichen Versicherungsschutzes gerecht wird.

Der künftig gesetzlich festgelegte Pflichtenkatalog war schon bisher der Rechtsprechung und der Lehre zu entnehmen. Dennoch hat allein schon die Absicht der Festschreibung in den Reihen der Versicherungsmakler bereits vor der heutigen Beschlußfassung das Bewußtsein ihrer Sensibilität für ihre aus diesen Pflichten resultierende potentielle Haftung und die dagegen vorzusorgende Deckung sehr geschärft.

Überlegt wird auch die Umsetzung einer Empfehlung der EU, die durch eine Registrierungspflicht eine klare Abgrenzung zwischen der abhängigen und unabhängigen Versicherungsvermittlung – nach unserer Diktion: den Agenten und Maklern – erreichen will.

Das Maklergesetz ist meiner Ansicht nach der erfreuliche Beweis dafür, daß klare zivilrechtliche Normen sogar schon vor ihrem Inkrafttreten eine positive präventive Wirkung entfalten können. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP, dem Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Schwimmer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.18

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Einlage des Abgeordneten Schweitzer hat an den alten Kalauer vom Elefanten mit seinem wurmförmigen Rüssel und die Einteilung der Würmer nach Brehms "Tierleben" erinnert, nämlich durch die gewaltsame Herstellung eines Zusammenhanges zwischen der Anonymität der Sparbücher und dem Maklergesetz. Ich bin ihm aber trotzdem sehr dankbar dafür, daß er das getan hat, weil es ein Beweis dafür ist, wie wenig ernsthaft von den "F" hier überhaupt argumentiert wird (Zwischenruf des Abg. Scheibner ) und wie wenig wirtschaftliches Wissen überhaupt vorhanden ist, Herr Abgeordneter Scheibner!

Vielleicht kann Abgeordneter Schöll Herrn Schweitzer, wenn er wieder hier ist, ein bißchen Nachhilfeunterricht geben, denn dieser hat gemeint: Wegen der – auch von mir nicht goutierten – Diskussion über die Anonymität der Sparbücher würden die Sparer jetzt das Geld den Maklern in den Rachen werfen. Also: Weil die Anonymität des Sparbuches vielleicht gefährdet sein könnte – ich hoffe, nur vielleicht –, würde man das Geld in Grundstücken anlegen, wo der Name im Grundbuch steht, öffentlich ist – das ist ein absoluter Unsinn, machen Sie das dem Herrn Schweitzer einmal klar! (Abg. Scheibner: Zuerst die Sparbücher und dann der Grundbesitz! Das ist Sozialismus!)

Zum zweiten: Wenn er mit seiner Grundthese recht hätte, wäre ich fast dafür, die Anonymität der Sparbücher in Diskussion zu ziehen. Abgeordneter Schweitzer geht nämlich davon aus, daß die Anzahl der Grundstücke und Wohnungen beliebig vermehrbar ist und man das Geld, das auf den Sparbüchern liegt, in neue Wohnungen und neue Grundstücke investieren könnte. Leider ist das nicht wahr. Leider gibt es das nicht, und es war ein völliger Unsinn, was Kollege Schweitzer hier verzapft hat. Man muß ihm aber geradezu dankbar sein, daß er sich hier mit seiner Argumentation derart entblößt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Weiters hat er gemeint, die Makler seien dem Abgeordneten Schöll zu Dank verpflichtet, weil er in der Vorbereitung des Gesetzes nicht sehr oft in Erscheinung getreten ist. Das hat Schweitzer wahrscheinlich mit dem schon erwähnten Spielchen mit dem Entschließungsantrag des Abgeordneten Barmüller verwechselt. Am 31. Jänner 1996 wurde ein Entschließungsantrag betreffend Reduktion der Maklerprovisionen auf das EU-übliche Niveau eingebracht, welcher am 29. März 1996 sang- und klanglos mit einem Schreiben an die Parlamentsdirektion zurückgezogen wurde, worin es heißt: Wir erlauben uns, das zurückzuziehen. Wir danken für Ihre


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Mühe und verbleiben ... – Das hat der Abgeordnete Schweitzer wohl damit gemeint. Abgeordneter Schöll wird es uns aber noch erklären können. (Abg. Scheibner: Das war ein freundliches Schreiben! Was wollen Sie denn?)

Zu dieser Diskussion möchte ich aber auch eine kurze Anmerkung machen: Natürlich muß eine Diskussion mit dem zuständigen Wirtschaftsminister über die notwendige Maklerverordnung geführt werden. Ich glaube aber, daß einige Bemerkungen heute verfrüht waren, da es sich bei dieser Verordnung um einen Vorentwurf aus dem Ministerium handelt. Wir alle wissen, wie solche Vorentwürfe ausschauen können. Der allererste Vorentwurf orientiert sich meist an den bisherigen Regelungen, und dann gibt es die entsprechenden Korrekturen und Veränderungen. (Abg. Dr. Fuhrmann: Aber es ist gescheiter, man sagt es rechtzeitig als zu spät!)

Meine Damen und Herren! Einige kurze Anmerkungen zur Bedeutung des Maklergesetzes für den Immobilien- und für den Wohnbereich. – Auch wenn das Maklergesetz alle Maklerverträge regelt – Handelsmakler, Versicherungsmakler, Personalkreditvermittler –, ist dabei nicht zu vergessen, daß es aus der Wohnrechtsreform entstanden ist. Gemeinsam mit den Abgeordneten Dr. Keimel und Eder habe ich am 21. Oktober 1993 einen Entschließungsantrag eingebracht – der auch angenommen wurde –, in dem der Justizminister ersucht wurde, zur Vorbereitung des nächsten parlamentarischen Arbeitsschrittes der Wohnrechtsreform eine Regierungsvorlage mit Bestimmungen des Maklerwesens vorzulegen. Und in diesem Sinne ist meiner Meinung nach das Maklergesetz ein sehr positiver Mosaikstein der Wohnrechtsreform.

Wie bereits erwähnt wurde, werden dabei rechtliche Lücken geschlossen und vor allem die Verträge mit Immobilienmaklern – unter dem Gesichtspunkt des Konsumentenschutzes – besonderen Schutzbestimmungen zugunsten der Verbraucher unterworfen. Der Alleinvermittlungsauftrag wird sowohl hinsichtlich seiner Dauer als auch hinsichtlich des Provisionsanspruches bei Nichtzustandekommen durch Vermittlung reduziert.

Ferner kommt es zum Rücktrittsrecht, das ein wichtiger Aspekt ist. Dieses Recht kommt dann zur Anwendung, wenn beispielsweise eine Vertragserklärung des Konsumenten bereits anläßlich der ersten Besichtigung einer Wohnung, eines Einfamilienhauses oder auch eines Grundstückes, das für ein Einfamilienhaus gedacht ist, abgegeben wurde. Aus der Praxis wissen wir, daß das unüberlegt sein kann und die Situation am nächsten Morgen vielleicht schon ganz anders ausschaut, nämlich dann, wenn man keine Angst mehr hat, daß einem ein scheinbar günstiges Angebot von anderen weggenommen wird. Dieses Rücktrittsrecht ist daher wichtig, und ich freue mich auch, daß es gelungen ist, dieses Rücktrittsrecht in dieser umfassenden Form zu verankern.

Auch die neuen Sorgfalts- und Aufklärungspflichten des Maklers, vor allem, daß der Makler den Konsumenten über alle künftig anfallenden Kosten einschließlich der zu erwartenden Nebenkosten aufklären muß, daß er über Naheverhältnisse zu einer Partei oder etwa zur Hausverwaltung informieren muß – bei sonstiger Schadenersatzpflicht –, halte ich für gut und für wichtig, und ich glaube daher, daß wir guten Gewissens diesem Maklergesetz zustimmen können. (Beifall bei der ÖVP.)

19.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Huber. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.25

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Schritt vom Entwurf bis zum heutigen Beschluß der Gesetzesvorlage zum Maklergesetz hat sehr lange gedauert, und das ist vielleicht auch ein Zeichen dafür, daß dieses Gesetz besonders gründlich vorbereitet wurde. Als Konsumentensprecherin begrüße ich es, daß nun das Verhältnis – und das ist heute bereits einige Male angeklungen – zwischen Makler und Konsumenten gesetzlich geregelt wird. Es war bisher ein bißchen "verpackt" in der Immobilienmaklerverordnung, so als Mischkulanz, hätte ich beinahe gesagt. Ich finde es sehr gut, daß es in diesem Bereich jetzt zivilrechtliche Regelungen gibt.


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Aus der Sicht des Konsumentenschutzes freue ich mich, daß es im Ausschuß gelungen ist, die bereits erwähnten Verbesserungen für Verbraucher zu erreichen, nämlich daß das Rücktrittsrecht eine Woche lang gilt, analog zu den Bestimmungen im Konsumentenschutzgesetz. In diesem Punkt, meine ich, sollte es generell analoge Regelungen für vergleichbare Situationen geben.

Ich finde es auch richtig und gut, daß das Rücktrittsrecht keiner betragsmäßigen Beschränkung unterliegt, denn der ursprünglich vorgesehene Betrag von 3 Millionen Schilling wäre meines Erachtens tatsächlich ein sehr willkürlich festgelegter Betrag gewesen. Auch aus grundsätzlichen Überlegungen halte ich es in Wirklichkeit für nicht nachvollziehbar.

Abschließend möchte ich auch an den Herrn Minister appellieren, in Diskussionen mit dem Wirtschaftsminister bezüglich der Immobilienmaklerverordnung und der Provisionsregelung, die in dieser Verordnung erfolgen soll, einzutreten. Grundsätzlich meine ich aber, daß dieses Gesetz eine sehr gute Basis dafür ist, das Rechtsverhältnis zwischen Maklern und Kunden zu regeln, vor allem wird es aber auch die Position des Konsumenten bei Konflikten stärken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schöll. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Der Schöll weiß, wovon er spricht! – Abg. Mag. Guggenberger: Der einzige, weil er hat das Gesetz gemacht! – Abg. Dr. Khol: Ein sehr erfolgreicher Mann!)

19.28

Abgeordneter Hans Schöll (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich zunächst auf die Ausführungen der Damen und Herren Vorredner ein bißchen eingehe.

Frau Kollegin Fekter hat zu Recht gesagt, es wird mit diesem Gesetz gelingen, das Mißtrauen auf dem Markt etwas abzubauen. – Dem kann ich mich durchaus anschließen. Ich hoffe, daß durch diese Gesetzesregelung das Vertrauen zwischen den Konsumenten und den betroffenen Berufsständen von nun an etwas größer wird.

Es ist schon erwähnt worden, daß verschiedene Makler hier behandelt werden, einige jedoch nicht – ich führe das als Kuriosität an –: das sind die Schiffsmakler, die Heiratsvermittler oder die Arbeitsvermittler, die man natürlich auch hätte einbauen können, wenn man hiemit erstmalig ein solch umfassendes Werk schafft, das bei den Maklern praktisch bis in die Monarchie zurückreicht. Es greift bis zur Regierung Kaiser Franz Josephs II zurück, als schon von Privatgeschäftsvermittlung, Hofagenten und Privatgeschäftskanzleien die Rede war. Diese Geschäfte gingen bis ins Jahr 1847 weiter, als die Konzessionspflicht für diesen Berufsstand eingeführt wurde, und bis 1925: Einbeziehung in die Gewerbeordnung, 1932: der Lokalbedarf, dieser ist dann wieder gefallen, und letztendlich hat die Gewerbeordnung 1973 gewisse Regelungen für diesen Berufsstand gebracht.

Versicherungsmakler sind davon auch Betroffene. Wie ich es bereits im Justizausschuß gesagt habe, kann ich mich mit dem, was diesem Berufsstand jetzt damit möglicherweise angetan oder beschert wird, nicht ganz abfinden. Wir können es ganz deutlich aussprechen: Hier geht es um die Folgeprovisionen. Diese sind aber, wenn auch in einer Ausschußbemerkung darauf Bezug genommen wird, zu wenig ernsthaft und sicher geregelt. Sie müssen sich vor Augen führen, daß es dieser Berufsstand mit übermächtigen Konkurrenten zu tun hat, nämlich mit Multis, mit diversen Versicherern und selbstverständlich auch mit EU-Versicherern, denn diese werden auch auf unseren Markt hereindrängen. Und da wäre es gut, wenn man bezüglich der Folgeprovisionen konkrete Regelungen, wie sie bisher üblich waren, beibehält.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:


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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Schöll, Dr. Ofner, Ing. Meischberger und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über die Rechtsverhältnisse der Makler und über Änderungen des Konsumentenschutzgesetzes (Maklergesetz – MaklerG), 2 der Beilagen, in der Fassung des Ausschußberichtes (87 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

1. In Artikel I § 30 wird nach Abs. 3 folgender Abs. 4 eingeführt:

"(4) Stehen dem Versicherungsmakler neben der beim Eingang der Erstprämie gebührenden Abschlußprovision auch beim Eingang von Folgeprämien weitere Provisionen (etwa sogenannte Folge-, Betreuungs- oder Bestandspflegeprovisionen) zu, so gelten auch diese im Zweifel als Abschlußprovision und nicht als Vergütungen für die laufende Betreuung des Versicherungsvertrags und alle sonstigen Dienstleistungen."

2. Artikel I § 30 Abs. 4 (alt) erhält die Neubezeichnung "(5)".

*****

Meine Damen und Herren! Ich gebe Ihnen somit noch einmal die Gelegenheit, darüber nachzudenken, ob man diesem Berufsstand nicht doch hilfreich zur Seite stehen sollte.

Über den Inhalt des Gesetzes haben die diversen Vorrednerinnen und Vorredner schon eine ganze Menge gesagt. Es wurde unter anderem über Rücktrittsrecht, Fall der Obergrenze in diesem Zusammenhang und Schriftlichkeitsform gesprochen.

Das Liberale Forum hat dazu einen eigenen Weg vorgeschlagen, dieser ist aber nicht in Antragsform formuliert worden, deshalb werden ich jetzt darauf nicht eingehen. Ich möchte jedoch erklären, warum dieser Antrag vom Jänner von mir zurückgezogen wurde.

Ich versuche seit Monaten, auch bereits im vorigen Jahr habe ich das getan, zu erwirken, daß das, was Kollege Fuhrmann heute zu Recht kritisiert hat, nicht eintritt, nämlich daß im Justizausschuß – in Form eines Unterausschusses – sowohl das Maklerrecht als auch die Maklerverordnung gemeinsam behandelt, von Experten und Fachleuten diskutiert werden. Das ist leider abgelehnt worden. Ich habe das zur Kenntnis genommen, da kann man halt nichts machen.

Aus diesem Grund hat sich mein Antrag vom Jänner, den ich danach zurückgezogen habe, erübrigt. Ich habe auch bedauert, daß man diesem anderen Antrag, den ich eingebracht habe und der sich im Unterausschuß durchaus bewährt hätte, leider nie die Zustimmung erteilt hat, obwohl im vergangenen Herbst ursprünglich ein Unterausschuß darüber geplant war. – Aber das ist Vergangenheit. Wir sind heute froh darüber, daß – und das möchte ich wirklich betonen – der Herr Justizminister in dieser wichtigen und heiklen Materie ein sachliches Klima in diesen Verhandlungen und Gesprächen geschaffen hat. Das war sehr zielführend und hat letztendlich dazu geführt, daß heute ein Konsens zwischen allen fünf Fraktionen hier im Hohen Haus möglich ist.

Nun zur Kritik betreffend das, was Kollege Schweitzer hier gesagt hat. Eines muß man schon sagen: Er hat nicht unrecht in diesem Zusammenhang. Banken, Versicherungen, Sparkassen und auch Makler, sie alle haben mit Vermögen und Anlegern zu tun. Das ist schon die gemeinsame Basis, auch dann – Kollege Schweitzer hat es heute aus Aktualitätsgründen gebracht –, wenn es um das Bankgeheimnis und um die Anonymität der Sparbücher geht. Das wird den Markt natürlich in irgendeiner Form beunruhigen. Es geht im Zusammenhang mit dem Maklergesetz auch um das Verhalten der Multis.


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Ich habe schon mehrmals darauf hingewiesen, und ich weise auch heute im Hohen Haus darauf hin: Es geht nicht an, daß sich die Multis ständig in Angelegenheiten hineindrängen, wie jetzt zum Beispiel im Fall des Wiener Dorotheums, das sich vehement als Immobilienmakler vorstellt. Das Dorotheum will unbedingt, daß es als einziges Auktionshaus mit der Konzession zur Versteigerung unbeweglicher Dinge, Liegenschaften, Eigentumswohnungen et cetera, betraut wird. Und einer derartigen Vorgangsweise muß ich energisch widersprechen!

Es ist unsinnig, in einer Zeit wirtschaftlicher Schwierigkeiten – und wir wissen alle, daß das Dorotheum im Besitz der Republik Österreich steht – der Wirtschaft durch ein solches Agieren sinnlose Konkurrenz zu bereiten – unabhängig davon, daß es in diesem Berufsstand genügend qualfizierte und erfahrene Makler gibt, die durchaus in der Lage wären, die entsprechenden Versteigerungen durchzuführen (Beifall bei den Freiheitlichen) , die sich nicht nur in Europa, sondern auch rund um die Welt, vor allem in Australien und USA großer Beliebtheit erfreuen.

Warum ist das so? – Bei diesen Versteigerungen haben die Konsumenten die Möglichkeit, in Ruhe und ohne Hast – da braucht man keine Rücktrittsrechte – Versteigerungsobjekte zu besichtigen, und dann während einer Versteigerung versuchen können, diese völlig korrekt und günstig zu erwerben. – Das hat sich bewährt, und ich sehe wirklich nicht ein – das weise ich wirklich zurück –, weshalb das österreichische Dorotheum der alleinige Konzessionsträger sein soll.

Es hat sich auch nicht bewährt – man mußte das zuletzt bei der Kritik über die Bewertung von Bildern leider zur Kenntnis nehmen –, daß verschiedene Agenden des Dorotheums ausgeweitet wurden, während andere Agenden offenbar vernachlässigt wurden. Es hat auch keinen Sinn, wenn sich das Wiener Dorotheum plötzlich rühmt, daß sie als Immobilienmakler 50 Millionen Schilling Umsatz machen. Wozu! Das ist die Republik Österreich, die da unter anderen Konkurrenzverhältnissen auftritt. – Das bitte nur als Anmerkung.

Nur von einer Seite Provision zu verlangen, wird, glaube ich, seitens dieses Berufsstandes größerer Vorbereitungen bedürfen. Man müßte die ganze Thematik zumindest einer Urabstimmung unterziehen.

Ich möchte nun noch den Punkt, den Frau Kollegin Stoisits heute vorgetragen hat, aufgreifen, der meines Erachtens interessant ist, nämlich keine Obergrenzen zu setzen. – Ich muß ehrlich sagen, dem kann ich mich anschließen. D’accord! Man sollte nicht allzusehr dramatisieren, daß Österreich hinsichtlich der Provisionen angeblich sehr hoch liegt. – Ich glaube das nicht.

Kollege Fuhrmann hat zu Recht hier aus einem Papier von der internationalen Maklervereinigung FIABCI zitiert. Es handelt sich hiebei um aktuelle Zahlen des Jahres 1996. Diese habe ich damals im Justizausschuß zur Verteilung gebracht, weil für diesen Antrag, Kollege Schwimmer, den ich damals eingebracht und zurückgezogen habe, leider ein Papier verwendet wurde, das auch im Bereich des Wirtschaftsbundes seit dem Jahre 1990 akzeptiert und nicht korrigiert wurde. – Ich habe das durch dieses neue Papier korrigiert. Dazu können wir uns alle bekennen, denn das ist international aktualisiert. – Das nur als Anmerkung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, daß es möglich sein wird, durch das heute zu beschließende Maklergesetz seitens der Konsumenten und seitens der betroffenen Berufsstände jenes notwendige gegenseitige Vertrauen zu erwirken, das in der Folge zu einer sehr hohen Akzeptanz von allen Seiten führt.

In diesem Zusammenhang begrüße ich es auch, daß heute sämtliche Fraktionen dieser heiklen und sensiblen Materie zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. – Bitte.

19.38

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Justizminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme unmittelbar auf die sachlichen Ausführungen des Herrn Kolle


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gen Schöll zurück und möchte ihm und Ihnen allen begründen, warum wir diesen Abänderungsantrag, der wortgleich ist mit einem Zwischenstadium der Diskussion und über den ausführlich diskutiert wurde, nicht die Zustimmung geben können.

Wir von der Volkspartei sind auch bei den besonderen Bestimmungen für die Versicherungsmakler vom Grundsatz: soviel Konsumentenschutz wie notwendig, aber auch soviel Vertragsfreiheit wie möglich ausgegangen. Denn der Versicherungsvertrag ist nicht mit dem einmaligen Austausch von Leistung und Gegenleistung beendet, sondern ein Versicherungsvertrag erstreckt sich meistens auf viele Jahre. Der Versicherungsmakler übernimmt dabei eine Vermittler- und Betreuungsfunktion für viele Jahre, und aus dieser Vermittler- und Betreuungsfunktion ergibt sich auch eine Abschluß- und eine Folgeprovision.

Diese zwei Provisionen haben zwei verschiedene Ziele, und daher muß auch die zwischenzeitlich überlegte Zweifelsregelung, die Kollege Schöll angesprochen hat, fallengelassen werden. Denn die Quasi-Zusammenführung dieser beiden Provisionen in eine am Beginn des Versicherungsvertrages fällige Provision hätte die Bindung zwischen Makler und Kunden zweifellos nachteilig beeinflußt: Der Versicherungsmakler müßte nach dem Inkasso dieser Provision, am Beginn des Vertrages, keine Tätigkeit mehr für seinen Versicherungsnehmer oder Versicherer ausüben, und das ist nicht unser Ziel. Es soll das Betreuungsverhältnis intensiv aufrecht erhalten bleiben.

Daher ist die jetzt im Gesetz normierte, sinnvoll eingeschränkte Vertragsgestaltung zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsmakler ein guter Kompromiß für beide Seiten, vor allem für den Konsumenten, also den Versicherungsnehmer, denn das bietet die größte Gewähr für eine gute Betreuung.

Ein Gesetz kann und darf Einzelverträge nicht ersetzen. Auch die in Ausarbeitung befindliche EU-Richtlinie wollen wir in dieser Richtung beeinflussen. Denn Vertragsgestaltung muß in erster Linie Sache der Vertragspartner sein – und auch bleiben. Da gilt wieder der Grundsatz: soviel Konsumentenschutz wie notwendig, soviel Vertragsfreiheit wie möglich. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

19.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich möchte noch nachträglich festhalten, daß der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Schöll verlesen hat, ausreichend unterstützt ist und in die Verhandlungen miteinbezogen wird.

Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordneter Bures. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.42

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Vereinheitlichung des Maklerrechtes in einem Gesetz ist zu begrüßen, weil dadurch natürlich eine Rechtslücke geschlossen wird und auch allgemeine, für alle Gruppen von Maklern gültige Normen geschaffen werden. Ich möchte mich ganz kurz der weitaus wichtigsten Gruppe innerhalb der Zivilmakler widmen, nämlich der Gruppe der Immobilienmakler.

Gerade innerhalb der Immobilienvermittlung, speziell natürlich bei der Wohnungsvermittlung, gibt es ein beträchtliches Ungleichgewicht, was den Informationsstand, aber auch die Marktlage betrifft, zwischen Makler und Wohnungssuchenden. Ich kenne diese Problematik, die für Wohnungssuchende mit sehr viel Unsicherheit und mangelndem Vertrauen zu diesem Berufsstand verbunden ist, auch durch meine Tätigkeit innerhalb der Mietervereinigung sehr gut.

Ich glaube, daß die heutige Gesetzesregelung eine klare Verbesserung bei der Rechtsstellung der Wohnungssuchenden als Konsumenten, in ihrem Verhältnis zu Immobilienmaklern, darstellen wird, nämlich durch den Bereich der Sorgfaltspflicht und der Informationspflicht gegenüber dem potentiellen Mieter auf der Seite, aber auch durch die Rücktrittsrechtsregelungen auf der anderen Seite.


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Wir alle kennen die typischen Praktiken bei Immobiliengeschäften, die vor allem dadurch gekennzeichnet sind, daß Immobilienmakler Besichtigungstermine vereinbaren, zu denen mehrere Wohnungssuchende gleichzeitig eingeladen werden, und in dieser Situation werden sie gedrängt, ein Angebot sehr schnell zu unterfertigen, ohne sich wirklich über die Vor- und Nachteile dieses Mietobjektes informieren zu können.

Ich halte daher die vorgesehene Regelung, nämlich die Ausdehnung auf ein siebentägiges Rücktrittsrecht, um dieser Gefahr der Überrumpelung, der Mieter täglich ausgesetzt sind, hintanzuhalten, für sehr positiv.

Der zweite Punkt, den ich kurz anschneiden möchte, weil er natürlich mit dem Maklergesetz in einem Zusammenhang steht, aber nicht konkret in den Ressortbereich fällt, ist die Maklerverordnung. Kollege Schöll hat sozusagen bedauert, daß das nicht in einem diskutiert werden konnte. – Ich halte es aufgrund dieser positiven Maßnahmen im Maklergesetz für sehr gut, daß wir dieses Gesetz verabschieden, und betrachte es eher als Verzögerungstaktik, auf die Verordnung zu warten. Ich möchte, was den Entwurf zu einer Maklerverordnung betrifft, doch festhalten – im Unterschied zum Kollegen Schöll, der hier mit eigenartigen Listen arbeitet –, daß es im internationalen Vergleich nirgendwo in Europa so hohe Maklerprovisionen gibt, wie das in Österreich der Fall ist.

Diese Liste, von der er gesprochen hat und die angeblich international anerkannt ist, weist zwar Provisionsvolumen auf, geht aber davon aus, daß es sich um Provisionen handelt, die die Vermieter oder Eigentümer zu zahlen haben. Unser Anliegen ist es, zu einer klaren Einschränkung der Provisionen im Bereich der Wohnungssuchenden, der zukünftigen Mieter zu kommen. Diese Liste ist keine adäquate Unterlage und entspricht auch nicht den Tatsachen.

In Wien beträgt die Maklerprovision bei einer durchschnittlichen Bruttomiete von 9 000 S, Betriebskosten und Mehrwertsteuer inklusive, 27 000 S. In Helsinki beträgt die durchschnittliche Provision rund 8 000 S, und in Zürich rund 6 000 S. Diese Zahlen beweisen, daß die von ihnen genannte Liste nicht stimmt.

Ich betone daher in diesem Zusammenhang, daß uns dieser Entwurf – und da wende ich mich konkret an den Kollegen Schwimmer –, der wieder Maklerprovisionen von drei Bruttomonatsmieten vorsieht, keinen Schritt in Richtung Senkung dieser Provisionen weiterbringen würde.

Er geht sogar noch einen Schritt weiter: Er spricht von Mindestprovisionen in Höhe von 8 000 S. Das wäre im Bereich von Substandardwohnungen eine hundertprozentige Verteuerung, sogar zum derzeitigen Stand. Aus diesem Grund stimmen wir der Verordnung in dieser Form nicht zu.

Abschließend: Dieser Gesetzesvorschlag schließt eine Rechtslücke und enthält sehr viele positive und konsumentenfreundliche Bestimmungen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Graf gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.46

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! In aller gebotenen Kürze, aufgrund der wenigen Redezeit, die uns noch zur Verfügung steht, möchte ich mich namens unserer Fraktion bei Ihnen, Herr Minister, dafür bedanken, daß Sie offensichtlich der einzige Minister sind, der in seinem Fachbereich in der Lage ist, einen Konsens herbeizuführen. Für Ihre diesbezügliche Mühe sei Ihnen auch einmal vom Rednerpult aus Dank gesagt.

Es gibt jedoch einige Punkte, die meines Erachtens einer Präzisierung bedürfen. Der Kern der Novelle oder des Gesetzes ist sicherlich gut gemeint, aber manchmal wurde etwas übers Ziel geschossen. Meines Erachtens sollte auch der Konsumentenschutz gewisse Grenzen haben. Schließlich gibt es auch den schutzwürdigen Makler, wenn das auch vielleicht bei dem einen


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oder anderen Gelächter hervorrufen möge. Auch ein Makler sollte nicht außerhalb aller rechtlichen Möglichkeiten stehen.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Meischberger, Dr. Graf und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über die Rechtsverhältnisse der Makler und über Änderungen des Konsumentenschutzgesetzes (Maklergesetz – MaklerG), 2 der Beilagen, in der Fassung des Ausschußberichtes (87 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

1. In Artikel I entfällt der 3. Satz von § 6 Abs. 4.

2. In Artikel II lauten die §§ 30a und 30b wie folgt:

"Rücktritt von Immobiliengeschäften

§ 30a. (1) Gibt ein Verbraucher eine Vertragserklärung ab, die auf den Erwerb eines Bestandrechtes, eines sonstigen Gebrauchs- oder Nutzungsrechtes oder des Eigentums an einer Wohnung, an einem Einfamilienwohnhaus oder an einer Liegenschaft, die zum Bau eines Einfamilienwohnhauses geeignet ist, so kann er von seiner Vertragserklärung zurücktreten, wenn ihr keine oder eine unrichtige, nämlich zu niedrige Kosten ausweisende, schriftliche Übersicht über alle für den Verbraucher durch den Abschluß des Geschäfts voraussichtlich entstehenden wesentlichen finanziellen Verpflichtungen (dem Grunde und der Höhe nach) zugrundeliegt.

(2) Der Rücktritt kann binnen einer Woche ab Kenntnis der zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen erklärt werden; die Frist beginnt erst zu laufen, sobald der Verbraucher eine schriftliche Belehrung über das Rücktrittsrecht erhalten hat. Im übrigen gilt für die Rücktrittserklärung § 3 Abs. 4. Ist ein Makler eingeschritten und wird die Rücktrittserklärung an diesen gerichtet, so gilt der Rücktritt auch für einen im Zuge der Vertragserklärung geschlossenen Maklervertrag.

Besondere Aufklärungspflichten des Immobilienmaklers

§ 30b. (1) Der Immobilienmakler hat vor Abschluß des Maklervertrages dem Auftraggeber, der Verbraucher ist, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Immobilienmaklers eine schriftliche Übersicht zu geben, aus der hervorgeht, daß er als Makler einschreitet, und die sämtliche dem Verbraucher aus dem Maklervertrag voraussichtlich erwachsenden Kosten ausweist. Wenn der Immobilienmakler kraft Geschäftsgebrauchs als Doppelmakler tätig sein kann, hat diese Übersicht auch einen Hinweis darauf zu enthalten. Bei erheblicher Änderung der Verhältnisse hat der Immobilienmakler die Übersicht entsprechend richtigzustellen. Erfüllt der Makler diese Pflichten nicht spätestens vor der Vertragserklärung des Auftraggebers zum vermittelten Geschäft, so gilt § 3 Abs. 4 MaklerG.

(2) Zu den erforderlichen Nachrichten, die der Immobilienmakler dem Auftraggeber nach § 3 Abs. 3 MaklerG zu geben hat, zählen jedenfalls auch sämtliche Umstände, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäfts wesentlich sind."

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.40


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20. Sitzung / Seite 154

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Der von Abgeordnetem Dr. Graf verlesene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt; er wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. – Die Debatte ist geschlossen.

Wird vom Berichterstatter ein Schlußwort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 87 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Meischberger und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Schöll und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die von dem erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Schöll und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung eines neuen Absatzes 4 in Artikel I § 30 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Damit erübrigt sich eine Abstimmung über die beantragte Änderung der Absatzbezeichnung.

Weiters haben die Abgeordneten Ing. Meischberger und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I § 6 Abs. 4 und Artikel II §§ 30a und 30b eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Zur Abstimmung steht daher Artikel I § 6 Abs. 4 sowie Artikel II §§ 30a und 30b in der Fassung des Ausschußberichtes, und ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Die genannten Bestimmungen sind in der Fassung des Ausschußberichtes mit Mehrheit angenommen worden.

Schließlich kommen wir zu Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen worden.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 87 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen worden.

3. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (34 der Beilagen): Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Ent


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scheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988, samt Protokollen und Erklärungen sowie Erklärung der Republik Österreich (88 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nunmehr zum 3. Punkt der Tagesordnung: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (34 der Beilagen): Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen samt Protokollen und Erklärungen sowie Erklärung der Republik Österreich (88 der Beilagen).

Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. Ich bitte sie, die Debatte zu eröffnen.

Berichterstatterin Rosemarie Bauer: Herr Präsident! Ich erstatte den Bericht zum Tagesordnungspunkt 3.

Der Justizausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 27. März 1996 in Verhandlung genommen und stellt als Ergebnis seiner Verhandlungen den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1. Der Abschluß des Staatsvertrages: Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988, samt Protokollen und Erklärungen sowie Erklärung der Republik Österreich (34 der Beilagen) wird genehmigt.

2. Gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG hat die Kundmachung dieses Vertragswerkes in dänischer, englischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, isländischer, italienischer, niederländischer, norwegischer, portugiesischer, schwedischer und spanischer Sprache durch Auflage im Bundesministerium für Justiz zu erfolgen.

Herr Präsident! Für den Fall, daß Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke der Frau Berichterstatterin für ihre Ausführungen.

Es liegt eine Wortmeldung vor. Frau Abgeordnete Wurm hat sich zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort. Maximale Redezeit: noch 16 Minuten.

19.56

Abgeordnete Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Am 16. September 1988 wurde in Lugano zwischen den Mitgliedstaaten der EU und der EFTA das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, kurz Lugano-Übereinkommen, abgeschlossen. Es stimmt in Aufbau und Inhalt weitestgehend mit dem 1968 geschlossenen Europäischen Gerichts- und Vollstreckungsübereinkommen, kurz Brüsseler Übereinkommen, überein und wird deshalb auch als Parallelübereinkommen bezeichnet.

Das Lugano-Übereinkommen ist derzeit bereits zwischen 14 europäischen Staaten in Kraft. Im folgenden gebe ich eine grobe Übersicht über die Grundregeln dieses Übereinkommens.

Das Lugano-Übereinkommen wird nicht nur die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, sondern auch die internationale Zuständigkeit der Vertragsstaaten regeln. Man spricht insofern von einer direkten Kompetenz im Unterschied von der in bisherigen bilateralen Vollstreckungsabkommen üblichen indirekten Kompetenz, die als bloße Beurteilungsregel erst im Stadium der Anerkennung und Vollstreckung im Zweitstaat zu beachten ist. Das Lugano-Übereinkommen ist daher bereits im Erkenntnisverfahren anzuwenden und ersetzt innerhalb seines Anwendungsbereiches die nationale Zuständigkeit, also die Jurisdiktionsnorm, als auch bilaterale Vollstreckungsabkommen, soweit diese nicht einen speziellen weiteren Anwendungsbereich haben.

Der sachliche Anwendungsbereich des LGVÜ umfaßt nach seinem Artikel 1 Abs. 1 ohne Rücksicht auf die Art der Gerichtsbarkeit – also egal, ob Handels- oder Arbeitsgerichtsbarkeit,


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streitiges oder außerstreitiges Verfahren – alle Zivil- und Handelssachen. Nicht erfaßt werden jedoch Personenstandsachen, eheliches Güterrecht, Erbrechtsangelegenheiten, Insolvenzverfahren, der Bereich der sozialen Sicherheit und die Schiedsgerichtsbarkeit. Voraussetzung für die Anwendung ist ferner, daß die beklagte Partei – auch Gesellschaften oder juristische Personen – ihren Wohnsitz beziehungsweise Sitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat.

Wohnt der Beklagte außerhalb eines Vertragsstaates, so bestimmt sich die internationale Zuständigkeit des jeweiligen Vertragsstaates nach dessen eigenen autonomen Gesetzen. Ausgenommen davon sind lediglich die Fälle der ausschließlichen Zuständigkeit nach Artikel 16 LGVÜ. Die besonderen Zuständigkeiten des zweiten Abschnittes begründen Wahlgerichtsstände außerhalb des Wohnsitzstaates. Sie regeln sowohl die internationale als auch die örtliche Zuständigkeit. Zu erwähnen ist der Gerichtsstand des Erfüllungsortes, der Gerichtsstand für Unterhaltssachen, der Gerichtsstand für Gerichtsklagen, der Gerichtsstand für Adhäsionsverfahren und der Gerichtsstand der Niederlassung.

Artikel 6 des Übereinkommens enthält einen Katalog von Wahlgerichtsständen, die es ermöglichen, Klagen mit Sachzusammenhang vor ein Gericht zu bringen, um einander widersprechende Entscheidungen zu vermeiden. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft, der Gerichtsstand der Gewährleistungs- und Interventionsklage, der Gerichtsstand der Widerklage und der Gerichtsstand für Immobiliengeschäfte. Besondere Schutzbestimmungen sind in Artikel 7 und folgende für Versicherungsnehmer, in Artikel 13 und folgende für Verbraucher sowie in Artikel 5 Abs. 1 zweiter Satz und in Artikel 17 Abs. 5 für Arbeitnehmer vorgesehen.

Dazu ist noch zu sagen, daß es besondere Bedürfnisse der Arbeitnehmer, zu ihrem Recht kommen, erforderlich machen, daß über das aktuelle Übereinkommen hinaus Initiativen auf EU-Ebene gesetzt werden, wie auch vom Europäischen Gewerkschaftsbund gefordert, daß so bald wie möglich Verhandlungen mit den EFTA-Staaten aufgenommen werden, mit dem Ziel, daß vor Inkrafttreten der Entsenderichtlinie die Zuständigkeitsregeln des Luganer Übereinkommens mit der Entsenderichtlinie in Übereinstimmung gebracht werden, damit ein entsandter Arbeitnehmer sowohl im Beschäftigungsstaat als auch in seinem Heimatstaat den Arbeitgeber zu gleichen Bedingungen klagen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Artikel 17 gibt den Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat, die Möglichkeit, Vereinbarungen über die Zuständigkeit zu schließen. Gerichtsstandsvereinbarungen sind jedoch unwirksam, wenn sie den Schutzbestimmungen der Versicherungs- und Verbrauchersachen zuwiderlaufen – oder wenn eine Zwangszuständigkeit vorliegt. Bei individuellen Arbeitsverträgen darf eine Zuständigkeitsvereinbarung nur nach Entstehung der Streitigkeit getroffen werden.

Titel III des Übereinkommens regelt schließlich die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, Titel IV jene von öffentlichen Urkunden und Prozeßvergleichen.

Zur Gewährleistung einer einheitlichen Vertragsauslegung haben sich die EFTA-Staaten im Protokoll Nr. 2 zum LGVÜ verpflichtet, die Rechtsprechung des EuGH sowie die Rechtsprechung der Vertragsstaaten des EuGVÜ zu respektieren. Umgekehrt haben die Vertragsstaaten des Brüsseler Übereinkommens die Judikatur der Höchstgerichte der EFTA-Staaten zu beachten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Sie meinen Ausführungen entnehmen konnten, ist diese Rechtsmaterie sehr kompliziert und sperrig und wird bei der Umsetzung, bei der mehr als ein Dutzend Staaten beteiligt sind, einen schier unerschöpflichen Quell für wissenschaftliche Dispute und praktische Anwendungsfragen liefern. Trotz dieser zu erwartenden Anfangsschwierigkeiten muß es vorrangiges Ziel sein, daß in einem schon verwirklichten Wirtschaftsraum, in dem die vier Grundfreiheiten gelten, auch ein einheitlicher Rechtsraum für Zuständigkeit und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen geschaffen wird. Dieser Rechtsraum, der über die EU hinaus die EFTA-Staaten miteinschließt und auch den Reformstaaten die Mög


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20. Sitzung / Seite 157

lichkeit zur Teilnahme eröffnet, erspart Österreich viele bilaterale Abkommen, die in Rechtsprechung und Anwendung auch sehr aufwendig und kompliziert sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Vertrauen darauf, daß nach Ratifizierung dieses Übereinkommens die Rechtsdurchsetzung in Europa für Verbraucher und Wirtschaftstreibende einfacher und effizienter wird, stimmt die sozialdemokratische Fraktion diesem Übereinkommen zu. (Beifall bei der SPÖ.)

20.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Protokollen und Erklärungen sowie der Erklärung der Republik Österreich in 34 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Die Genehmigung wurde einstimmig erteilt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz zu beschließen, daß die Kundmachung dieses Vertragswerkes in dänischer, englischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, isländischer, italienischer, niederländischer, norwegischer, portugiesischer, schwedischer und spanischer Sprache durch Auflage im Bundesministerium für Justiz zu erfolgen hat.

Jene Damen und Herren, die dafür sind, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen worden.

4. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (85 der Beilagen): Übereinkommen zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Ausführung von Artikel III Absätze 1 und 4 des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen samt Protokoll (108 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nunmehr zum 4. Tagesordnungspunkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (85 der Beilagen): Übereinkommen zwischen Belgien, Dänemark, Deutschland, Irland, der Italienischen Republik, Luxemburg, den Niederlanden, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Ausführung von Artikel III Absätze 1 und 4 des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen samt Protokoll (108 der Beilagen).

Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Jäger. Ich bitte sie, die Debatte zu eröffnen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Berichterstatterin Inge Jäger: Herr Präsident! Ich erstatte den Bericht zum Tagesordnungspunkt 4 über die Nichtverbreitung von Kernwaffen samt Protokoll.

Österreich ist als Mitglied des Atomsperrvertrages gemäß Artikel III Z 1 als Nicht-Atomwaffenstaat verpflichtet, die Kontrolle der Internationalen Atomenergie-Organisation über sein Kernmaterial und relevante nukleare Aktivitäten anzunehmen.


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Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ist ein Teil der Sicherheitskontrollaufgaben von Österreich auf die EURATOM-Sicherheitskontrollbehörde von Luxemburg übergegangen und wird von dieser gemäß Verordnung Nr. 3227/76 wahrgenommen.

Der Außenpolitische Ausschuß hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 24. April 1996 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Im vorliegenden Fall hält der Außenpolitische Ausschuß die Erlassung eines besonderen Bundesgesetzes gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages für entbehrlich.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuß den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1. Der Abschluß des Staatsvertrages: Übereinkommen zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Europäischen Atomgemeinschaft und der Internationalen Atomenergie-Organisation in Ausführung von Artikel III Absätze 1 und 4 des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen samt Protokoll (85 der Beilagen) wird genehmigt.

2. Gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG ist dieser Staatsvertrag dadurch kundzumachen, daß das Übereinkommen in allen authentischen Sprachen zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegt.

Herr Präsident! Ich bitte, die Debatte fortzusetzen.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Berichterstatterin.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Wurmitzer. Ich erteile es ihm.

20.07

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Natürlich wird die Österreichische Volkspartei einem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen in Europa und der Welt zustimmen. Es sind die Länder Belgien, Dänemark, Deutschland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande und Österreich, die diese Vereinbarung schließen. Ich stelle aber mit Recht die Frage: Wo sind diesbezüglich andere Länder Europas? Wo sind da Frankreich, Großbritannien, Rußland, wo die Ukraine? Und außerhalb Europas stellt sich die Frage: Wo sind da die Volksrepublik China, Pakistan, der Iran, Indien und so weiter?

Dieser Vertrag steht aus meiner Sicht unter drei Prämissen, die die ganze Problematik eines Vertrages unter Nationen aufzeigen. Die erste Prämisse lautet: Was einmal wirklich war, bleibt ewig möglich. – Dieser Satz stammt vom Lehrmeister der Philosophen, von Baruch Spinoza, und er hat seit dem 16. Juli 1945, seit dem Zünden der ersten Atombombe durch die USA, auch in diesem Bereich absolute Gültigkeit.

In der Zeit zwischen 1945 und 1982 wurden allein mehr als 900 atomare Sprengköpfe gezündet. Die Hoffnung, daß die Menschen die Kenntnis der Herstellung von Kernwaffen vergessen würden, ist eine absolut unbegründete und eine sehr trügerische. Auch der Einsatz an Menschen wurde im Jahr 1945 erprobt. Seit diesen Versuchen lastet das Damoklesschwert der atomaren Bedrohung über der gesamten Menschheit.

Die zweite Prämisse lautet: Kernwaffen sind hochpolitische Waffen. Kernwaffen bedeuten Weltmacht – und das war den Erfindern der ersten Atombombe in den USA bereits von Beginn an voll bewußt. Es gibt heute, wenn man das genau betrachtet, keine einzige Weltmacht ohne Atomwaffen. Es gibt eine Reihe von Staaten, die atomar aufrüsten wollen oder bereits dabei sind, die ersten eigenen Atomwaffen zu entwickeln.


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Ein besonders schlimmer Zustand tritt dann ein, wenn durch politische oder ökonomische Veränderungen ein Staatssystem instabil wird und die Obhut dieser Waffen nicht mehr in jenem Umfang gewährleistet ist, der ihrer Gefährlichkeit entspricht.

Dritte Prämisse: Die sogenannte friedliche Nutzung der Kernenergie liefert tagtäglich neuen Grundstoff für Atomwaffen. Das Plutonium, das in Kernreaktoren entsteht, ist geeignet, kritische Masse für Kernwaffen zu bilden, und solange Kernreaktoren in Betrieb sind, geht das Baumaterial für Kernwaffen nicht aus. Wenn sich ein atomarer Meiler sozusagen selbständig macht und sich den Gesetzen der Kontrolle entzieht, wie eben im Falle von Tschernobyl, dann wird ein Kernkraftwerk selbst zur atomaren Waffe. Dazu kommen die hohen Risken aus schadhaften Meilern, aus schlecht gewarteten Meilern und aus Meilern, deren Finanzierung von vornherein in Frage steht.

Es ist signifikant, daß laut einer Umfrage, die heute von unserer Umweltministerin außer Dienst Maria Rauch-Kallat präsentiert wurde, 90 Prozent der Österreicher Angst vor den atomaren Anlagen in unserer Nachbarschaft, etwa in Mochovce, in Bohunice, aber auch in Krško haben. Daher ist es eine absolute Forderung von uns, daß die Herstellung von Kernwaffen und deren Weitergabe nur unter strengsten Kontrollen erfolgen dürfen. Es müssen die Materialflüsse auch im Zusammenhang mit der Kernenergie genauestens kontrolliert und nachverfolgt werden können, auch wenn uns bewußt ist, daß eine lückenlose Kontrolle in dieser Angelegenheit gar nicht möglich ist. Es gibt Länder, die zwar internationalen Vereinbarungen beitreten, sich dann aber nicht daran halten, und es gibt Länder, die solchen Verträgen von vornherein nicht beipflichten, weil sie nicht bereit sind, diese Bestimmungen und vertraglichen Vereinbarungen einzuhalten.

Daher kann es für uns nur ein Ziel geben – zugegebenermaßen ein sehr hohes –: Es soll eine Selbstbeschränkung der Menschheit insgesamt sein, auf Atomwaffen überhaupt zu verzichten (Abg. Wabl: Bravo!) und auch die friedliche Nutzung der Kernenergie durch andere, bessere Energieformen zu ersetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein und kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Protokoll in 85 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen .

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu beschließen, daß die Kundmachung des Vertragswerkes in allen authentischen Sprachen durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Ich bitte abermals jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen .

5. Punkt

Regierungsvorlage: Erklärung über den Rücktritt der Republik Österreich vom Internationalen Zuckerübereinkommen 1992 (55 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zum Punkt 5 der Tagesordnung: Regierungsvorlage: Erklärung über den Rücktritt der Republik Österreich vom Internationalen Zuckerübereinkommen 1992 (55 der Beilagen).


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20. Sitzung / Seite 160

Von der Vorberatung in einem Ausschuß wurde gemäß § 28 der Geschäftsordnung Abstand genommen.

Zu Wort ist niemand gemeldet.

Gemäß § 65 der Geschäftsordnung gelangen wir daher zur Abstimmung, und zwar über die Genehmigung des Abschlusses des Staatsvertrages in 55 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

6. Punkt

Regierungsvorlage: Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits samt Anhängen, Protokollen und Erklärungen (77 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung. Regierungsvorlage: Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits samt Anhängen, Protokollen und Erklärungen (77 der Beilagen).

Von der Vorberatung in einem Ausschuß wurde gemäß § 28 der Geschäftsordnung Abstand genommen.

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein.

Gegenstand ist die Genehmigung des Abschlusses des Staatsvertrages samt Anhängen, Protokollen und Erklärungen in 77 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, nach Artikel 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu beschließen, daß die Kundmachung des Vertragswerkes in allen authentischen Sprachen durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

7. Punkt

Erste Lesung des Antrages 109/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge der obersten Organe und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen somit zum Punkt 7 der Tagesordnung, und zwar zur Ersten Lesung des Antrages 109/A der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge der obersten Organe und das Unvereinbarkeitsgesetz geändert werden.

Wir gehen in die Debatte ein. Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.16

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich hätte gehofft, daß bei dieser Debatte auch zahlreiche Mitglieder der Bundesregierung anwesend sind.


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20. Sitzung / Seite 161

Leider ist dem nicht so, dennoch ist es, glaube ich, ein sehr wichtiger Antrag, und ich bitte Sie, obwohl dies der letzte Tagesordnungspunkt ist, doch mit einiger Aufmerksamkeit diesem Antrag hier zu folgen beziehungsweise dann auch in den auf uns zukommenden Debatten diesen Antrag wirklich sehr, sehr ernsthaft zu diskutieren.

Ich glaube, der Nationalrat hat – anders als die politischen Parteien – noch ein sehr hohes Maß an Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung. Und wir sollten darum kämpfen, daß das so bleibt. Die Bevölkerung schätzt das Parlament, schätzt die Abgeordneten zum Hohen Haus und wünscht, daß hier eine ordentliche Arbeit geleistet wird.

Das hat auch damit zu tun, wie diese Arbeit honoriert, wie diese Arbeit entlohnt wird. Ich glaube, es ist absolut notwendig, daß Mandatarinnen und Mandatare einen korrekten, einen fairen Bezug für ihre Arbeit hier in diesem Hohen Haus bekommen. Wer die Arbeit als Nationalrätin oder als Nationalrat ernst nimmt, weiß, daß dies ein Job ist, der auch an Sonn- und Feiertagen nicht ruht, der bis in die Abendstunden hineinreicht, und der weiß, daß das wirklich vollen Einsatz bedeutet. Daher glaube ich, daß eine Entlohnung wie etwa im mittleren Management absolut notwendig ist für diesen Beruf. Aber etwas geht nicht an: daß man sich hier der Illusion hingibt, daß es möglich ist, den Beruf – und das ist ein Beruf – als Volksvertreterin oder Volksvertreter und gleichzeitig einen anderen vollen Beruf daneben auszuüben. Das ist einfach nicht möglich, und wir sollten endlich Schritte in diese Richtung setzen.

Es gibt eine Reihe von Leuten hier, die irgendwo in einem Ministerium als Beamter oder Beamtin arbeiten, die in einer Kammer arbeiten; eigentlich Berufe, die eine Servicefunktion darstellen, die die volle Aufmerksamkeit erfordern. Und das ist nicht möglich neben einem Mandat im Nationalrat.

Wir sollen hier im Nationalrat die Interessen der Bevölkerung vertreten, wir sollen die Bürgerinitiativen vertreten, wir sollen die Sozialinitiativen vertreten, wir sollen die vielen Berufsgruppen vertreten, und wir sollen das wirklich mit Leidenschaft tun und mit unserem ganzen Engagement. (Beifall bei den Grünen. ) Und niemand, Frau Abgeordnete Steibl, niemand kann mir sagen, daß es möglich ist, einen Job, der bestimmt mehr als 40 Wochenstunden in Anspruch nimmt, zu vereinbaren mit einem Job in einem Ministerium, in einer Kammer oder sonst irgendwo. Das ist einfach nicht fair!

Wenn Sie jetzt an einer Regelung basteln, die es vor allem den Angehörigen der Regierungsparteien ermöglicht, weiterhin ihre Beamtensalärs zu kassieren, dann, glaube ich, ist diese Regelung doppelt ungerecht. Es ist nicht möglich, mehr als einen Full-time-Job auszuüben. Darüber hinaus ist Volksvertreterin oder Volksvertreter sein auch eine Ehre. Dazu werden wir gewählt, dazu haben wir ein Mandat von der Bevölkerung. Wir sind nicht hier als Lobbyisten irgendeiner Kammer, irgendeines Ministeriums, irgendeiner Firma.

Es soll aber möglich sein, wieder in einen "normalen" Beruf zurückzukehren. Daher wollen wir mit unserem Antrag auch, daß es Karenzierungslösungen gibt, und zwar nicht nur für den öffentlichen Dienst, sondern auch für die Privatwirtschaft. Es soll möglich sein, vier, acht, zwölf Jahre lang Abgeordneter im Hohen Haus zu sein und dann wieder in einen zivilen Job zurückzukehren. Aber dann, nachher, und nicht parallel! Das ist nämlich nicht möglich, das ist eine Augenauswischerei, und das bringt uns auch dieses negative Image, das jetzt leider teilweise auch schon für den Nationalrat Platz greift.

Meine Damen und Herren! Der Antrag der Grünen befaßt sich mit all diesen Punkten. Wir wollen, daß wir erstens einmal als Nationalrätinnen und Nationalräte ein – und nur ein! – Gehalt bekommen, wir wollen, daß Abgeordnete zu diesem Haus eine – und nur eine! – Pension bekommen. Das kann durchaus ein gutbezahlter Job sein. Ich will nicht mitmachen bei diesen Spielchen, bei denen die Bezüge der Abgeordneten immer nach unten lizitiert werden. Es soll möglich sein, Abgeordneter oder Abgeordnete in diesem Haus zu sein, ohne Großgrundbesitzer zu sein. Das muß möglich sein! Aber mit diesem Einkommen soll es dann auch sein Bewenden haben. Das heißt: keine Doppeljobs, keine Doppelpensionen!


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20. Sitzung / Seite 162

Wir verlangen weiters, daß man hinsichtlich der Parteispenden endlich einmal der Bevölkerung die Wahrheit präsentiert. Es ist keine Schande, politischen Parteien Spenden zu geben, es ist sehr legitim, auch mit Geld politische Interessen voranzutreiben, aber weil es keine Schande ist, kann man es ruhig auch offenlegen. Wir wollen mit unserem Antrag auch gläserne Parteikassen schaffen. Wir wollen genau die Einkommens- und Vermögensverhältnisse einerseits der Mitglieder dieses Hauses, aber andererseits auch der Parteien insgesamt wissen: Die Parteien sollen offenlegen, wie sie sich finanzieren, wer diejenigen sind, die ihre Mittel bestreiten, und es soll ersichtlich sein, ob es da allfällige Abhängigkeiten gibt. Ich halte das für fair und korrekt. (Mehrere ÖVP-Abgeordnete in den hinteren Reihen diskutieren eher lautstark miteinander.)

Das heißt, insgesamt zielt dieser Antrag darauf ab, einen Beruf – den Beruf als Volksvertreterin und Volksvertreter – endlich einmal anzuerkennen. Unser Antrag ist auch insofern völlig konsequent, als er – und das mag Sie trotz Ihrer Tuschelei da vielleicht interessieren – eine klare Absage an Parteisteuern beinhaltet. Wir wollen, daß Abgeordnete fair entlohnt werden, daß sie ihren Job hier als hauptberuflichen Job mit aller Ernsthaftigkeit ausüben, daß sie Volksvertreterinnen und Volksvertreter sind, und wir wollen, daß auch die Parteien hinsichtlich ihrer Mittelbereitstellung keine Geheimnisse haben, sondern daß sie das gegenüber der Bevölkerung offenlegen.

Es ist vielleicht gerade im Rahmen einer Sondersitzung zum Thema Arbeitslosigkeit doch wichtig, daß wir uns ein bißchen in Erinnerung rufen, daß es mittlerweile Zigtausende Menschen in Österreich gibt, die wirklich nicht wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt in den nächsten Monaten bestreiten werden, Zigtausende Menschen, die arbeitslos oder langzeitarbeitslos sind. Die große Mehrheit von ihnen wartet dringend darauf, endlich wieder einen Job zu bekommen, endlich wieder auch im sozialen System verankert zu sein.

Wir alle hier – alle, die wir hier sitzen, alle Fraktionen – sind eindeutig privilegiert. Wir haben hier ein sicheres Einkommen – ein sehr hohes Einkommen –, viele von uns sind gleichzeitig auch in Ministerien, in Kammern, in sonstigen Berufen abgesichert, und ich glaube daher, es wäre ein Minimum an Solidarität, wenn wir hier heute beschließen würden, auch mit diesen Arbeitslosen wirklich praktisch Solidarität zu üben.

Meine Damen und Herren! Praktische Solidarität üben heißt, daß wir auch bereit sind, über unsere eigenen Gehaltsregelungen nachzudenken, und ich glaube, daß es ein wirklich vernünftiges Prinzip wäre, ein Gehalt, eine Pension zu haben, und zwar von diesem Hohen Haus, nicht aber Doppel- und Dreifachbezüge. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte, Herr Abgeordneter. 9 Minuten Restredezeit.

20.26

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Hohes Haus! Man muß diesen Antrag ernst nehmen, so wie man all diese Anträge ernst zu nehmen hat. Sie geben auch die Möglichkeit, daß man hier eine inhaltlich sehr tiefgehende Diskussion führen kann. Ich kann nur nicht dieses Berufspolitikerbild teilen, das Abgeordnete Petrovic vorhin entwickelt hat. Es erinnert ein bißchen an das altgriechische Plenarparlament, und das geht an der Realität vorbei, denn wir müssen danach trachten, daß es transparente Interessenvertretungen gibt, daß Lobbyismus transparent ist, und natürlich ist das Parlament der Schnittpunkt verschiedener – auch widerstrebender – Interessen.

Was mich aber ganz besonders stört – das ist ja jetzt nur die erste Lesung –, ist der Passus, der förmlich verbietet, daß es Partei- und Klubsteuern geben soll. Ich bin der Auffassung, das ist eine Sache, die jeder für sich entscheiden soll. Das sollen die Parteien für sich entscheiden, das soll der Klub für sich entscheiden. Wenn Sie dem Chorherr nichts geben wollen, dann ist das Ihre Sache, wenn der Chorherr Ihnen nichts geben will, ist das seine Sache; aber Sie sollten nicht das Problem, das die Grünen haben, hierher transferieren. Ich meine, das ist etwas, was wirklich bedenklich ist.


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Insgesamt ist der Antrag ernst zu nehmen, zu diskutieren. Genau das werden wir in Zukunft auch tun, so wie wir das bis jetzt getan haben und wie wir seit Jahren immer wieder versuchen, uns dieser Frage mit Vorschlägen und Veränderungen zu stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.28

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist ich weiß nicht der wie vielte Antrag zu diesem Thema, der mir in meiner 13jährigen Parlamentsgeschichte vorgekommen ist, und ich gebe mich sicher nicht der Illusion hin, daß wir das Problem der Politikerbezüge für alle Beteiligten hier im Haus, außerhalb des Hauses zufriedenstellend lösen können. Dieses Problem ist unlösbar! (Beifall bei der ÖVP.)

Solange nämlich in Österreich der Grundsatz herrscht, jeder, der mehr verdient als ich selbst, hat ein unverdientes Privileg, so lange können wir eine leistungsgerechte Politikerentlohnung wahrscheinlich nicht unter allgemeinem Applaus durchsetzen. Wir können uns nur bemühen – wer immer redlich sich bemüht, den können wir erlösen, glaube ich, heißt es im "Faust" –, Annäherungen zu erzielen. Und wenn wir uns bemühen, Annäherungen zu erzielen, so sehe ich viele interessante Hinweise im Antrag der Grünen, ich sehe aber auch sehr viel interessante Hinweise im Antrag der Freiheitlichen aus der letzten Legislaturperiode, der meines Erachtens überhaupt einer der am gründlichsten gearbeiteten Anträge auf dem Gebiete der Politikerbesoldung in diesem Haus ist, und ich sehe auch vieles im Antrag Peter, also im Antrag des Liberalen Forums, das weiterführend ist.

Worum es uns geht, ist, daß wir uns als Regierungsparteien verpflichtet haben, daß wir innerhalb eines Jahres nach der Regierungserklärung Ansätze zur Regelung dieses Problems vorlegen, wobei der erste Ansatz der ist, daß wir versuchen werden, das Gehaltsrecht der Politiker, sozusagen die Besoldungsordnung der Politiker, auch transparent zu machen und eine Pyramide – so haben wir das im Arbeitstitel genannt – der Politikerbezüge abzubilden, an deren Spitze der Bundespräsident steht und an deren Basis die Bürgermeister und ihnen vergleichbare öffentliche Mandatare stehen.

Das heißt also, wir wollen hier einmal die Dinge untereinander in Relation bringen. Wir sind auch überzeugt davon, daß wir die Selbstverwaltungskörper beziehungsweise die staatliche Wirtschaft in diese öffentliche Gehaltspyramide einzubeziehen haben.

Worum es uns auch geht, ist, daß wir keine arbeitslosen Einkommen mehr erzielen. Das wahre Privileg der heutigen Tage ist nicht die Höhe des Bezugs, denn hier kann man Leistung überprüfen, sondern das wahre Privileg der heutigen Tage ist, daß jemand Bezüge bekommt, für die er nicht arbeitet. Ich glaube, wir müssen bei den Bezügen, die wir heute im politischen Bereich haben, mit diesem Privileg aufräumen.

Ich glaube auch, daß wir im Bereich des öffentlichen Dienstes Handlungsbedarf haben. Es gibt hiezu das Vorarlberger Modell der Stechuhr, das heißt, es wird soviel bezahlt, wie der öffentlich Bedienstete auch Leistung erbringt. (Abg. Wabl: Das ist pure Heuchelei!) Auch dieses Modell wird unterschiedlich bewertet. Ich sage nur: Es gibt positive Auswirkungen, es gibt aber auch negative. Ich glaube, daß wir dieses Problem ernsthaft untersuchen müssen, weil auch hier der Grundsatz gelten sollte, daß es keine arbeitslosen Einkommen gibt.

Frau Kollegin Petrovic! Aber eine Sache möchte ich mir besonders rausbitten. Die Frage des Rollenverständnisses der Abgeordneten zum Nationalrat ist unterschiedlich. Die einen verstehen ihr Amt als einen Full-time-Job. Ausschußvorsitzende, Klubobleute natürlich, sind hier voll beschäftigt. Aber daneben möchte ich jene wirklich nicht absondern, aussondern oder fast kriminalisieren, die einem Beruf nachgehen. Ich kenne sehr viele Abgeordnete in den meisten Fraktionen, die neben ihrer Abgeordnetentätigkeit, die sie hervorragend ausfüllen, auch noch einen Beruf ausfüllen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei den Freiheitlichen.)


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So wie überall sollten wir hier Optionen öffnen und entsprechend den Optionen auch honorieren: die einen und die anderen, aber nicht gegeneinander ausspielen. Ich glaube eben, daß hier in diesem Hause sehr viele zwischen 160 und 180 Arbeitstage im Jahr haben, manche aber über 250. Das kommt eben darauf an, wie man eingesetzt ist. Ich glaube, eine Diskriminierung besteht nicht nur darin, daß man Gleiches ungleich behandelt, sondern auch, daß man Ungleiches gleich behandelt.

Ich glaube, daß wir nicht nur den Berufspolitiker hier in diesem Hause sitzen haben wollen, sondern daß wir hier in diesem Hause Frauen und Männer brauchen, die im Leben stehen, die auch die Arbeit in ihrem Betrieb, die Arbeit im öffentlichen Dienst kennen und nicht nur wie Blinde von der Farbe reden. (Allgemeiner Beifall.)

Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Wir versuchen, nach den Grundsätzen, die ich hier erläutert habe: leistungsgerecht, transparent, keine arbeitslosen Einkommen, eine Pyramide zu entwickeln, das heißt: Bezüge sollten in vergleichbaren Dingen vergleichbar sein, es sollte keine Ausreißer in der einen oder anderen Weise geben; und auch die Bezüge in der staatlichen Wirtschaft sollten miteinbezogen werden.

Ich glaube, daß die Vorschläge, die von den Grünen, von den Freiheitlichen, von den Liberalen gemacht wurden, Hinweise dafür bieten, daß wir eine gute Diskussion in diesem Hause dazu führen werden. (Allgemeiner Beifall.)

20.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte, Herr Abgeordneter. 7 Minuten Restredezeit.

20.35

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube dem Kollegen Khol gerne, daß er schon eine Vielzahl von Anträgen zu diesem Thema im Hohen Hause erlebt hat. Eine nicht unerhebliche Zahl davon stammt aus der Feder und Ideenfabrik der Freiheitlichen. (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.)

Leider ist der politische Druck bisher lediglich in zwei Bundesländern groß genug gewesen, daß wir diesbezüglich wirklich substantiell einiges weitergebracht haben. Ich darf Sie nur daran erinnern, daß etwa über Druck der Freiheitlichen in Oberösterreich die Politpensionen abgeschafft wurden, daß über Druck der Freiheitlichen in Vorarlberg eine entsprechende Regelung zustande kam, die in ihrer Tendenz in Richtung Stechuhr geht. Aber das sind Regelungen, die letztlich natürlich noch nicht ganz befriedigend sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich teile zwar Ihre Meinung, daß wir hier nie eine Lösung finden werden, die alle komplett zufriedenstellt, vor allem jene nicht, die gerne Privilegienritter auch in Zukunft sein wollen. Aber wir werden eine Lösung finden, die wir jedenfalls vor den Bürgern, vor unseren Wählern vertreten können, gerade in Zeiten, in denen ihnen durch ein Belastungspaket unglaublich tief in die Taschen gegriffen wird und unvertretbare Belastungen aufgebürdet werden.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir Freiheitlichen haben daher als Eckpfeiler unserer Diskussion zum Thema "Bezüge, Abfertigungen und Pensionen" ebenfalls eine leistungsorientierte, leistungsbezogene Besoldung, die Angemessenheit der Bezüge, Vermeidung von ungerechtfertigten Doppelbezügen, Abschaffung der Abfertigungsregelungen, Abschaffung der Abgeordnetenpensionen und eine Eingliederung ins ASVG verlangt.

Herr Kollege Khol! Entscheidend dabei ist, daß wir jetzt etwa vor dem Hintergrund der konkreten Belastungen – ganz aktuell! – eine Senkung der Politikerbezüge um 30 Prozent in unserem Antrag vorgesehen haben, der vor wenigen Monaten hier im Hause behandelt und leider auch mit den Stimmen der Österreichischen Volkspartei abgelehnt wurde. Er wurde allerdings nahezu gleichlautend auch als selbständiger Initiativantrag im Hause wieder eingebracht; er steht daher weiter zur Debatte.


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Dabei wollen wir auch in Zukunft die Leistungsbezogenheit der Höhe der Bezüge daran orientieren, wie es der "Firma Österreich" insgesamt geht. Das heißt: Wirtschaftliche Eckdaten – dazu gehört auch die Arbeitslosigkeit, dazu gehört die Verschuldung, dazu gehört so manch andere wirtschaftliche Größenordnung – sollten dafür maßgeblich sein, ob es den Führern, den Chefs dieser "Unternehmung Österreich" auch in ihrer Besoldung entsprechend gutgehen kann oder nicht.

Wenn ich heute in einer Zeitung, die hier im Haus verteilt wurde, lese, daß ein "Unternehmen Cheops" innerhalb der Regierungskoalition debattiert wird, amüsiert mich das, weil man wahrscheinlich nicht zufällig auf diesen ägyptischen Pharao gekommen ist: Es geht ja bei der Frage der Bezüge, der Abfertigungen und der Pensionen immer um die Fleischtöpfe. Wir werden daher gerade in Zeiten, in denen man dem Bürger schwerschwiegende Belastungen zumutet, dafür sorgen, daß diese "Fleischtöpfe Ägyptens" nicht zum Selbstbedienungsladen für Politiker in dieser Republik werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Antrag der Grünen ist von der Tendenz her sicherlich zu unterstützen. Der Antrag der Grünen beinhaltet aber einige Punkte, die es uns schwer machen, diesen vollinhaltlich mitzutragen, so etwa die Frage der Karenzierung von Politikern, die dann überhaupt nicht einmal mehr einen zivilen Beruf ausüben dürfen – eine Frage, die man getrennt sehen muß von der, ob es Beamte, öffentlich Bedienstete als Politiker geben soll, die 75 Prozent ihres Bezuges erhalten, dafür aber nicht einmal annähernd die Leistung – auch nicht zu 75 Prozent – in ihrem Beruf erbringen.

Das sind Dinge, die man regeln muß. Aber das darf nicht so weit gehen, daß eine Kollegin, wie etwa Frau Primaria Dr. Povisyl, die eine hervorragende Abgeordnete, aber auch eine hervorragende Medizinerin ist, in Zukunft nicht mehr ihren Beruf ausüben kann.

Das würde nicht zur Qualitätshebung und zur Qualitätssteigerung in einem Parlament beitragen, sondern das würde – ganz im Gegenteil! – zu einer Qualitätsminderung führen, wenn nur mehr karenzierte, hauptberufliche, freigestellte Politiker in unserer Republik das Sagen hätten. Meine Damen und Herren! Das wäre eine Fehlentwicklung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das wäre eine Fehlentwicklung, wie sie offensichtlich auch von den Grünen im Bereich der Kollektivverträge gesehen wird. Herr Minister Einem verlangt einen Kollektivvertrag und einen Mindestlohn für alle Illegalen in Österreich, die Grünen verlangen, wie ich das heute dem "Standard" entnehme, einen kollektivvertraglichen Mindestlohn und gleich eine Pension für alle Häftlinge in Österreich!

Meine Damen und Herren! Das ist der falsche Zugang! Wir müssen einmal dafür sorgen – und das haben wir heute ausgiebig, wie ich glaube, und auch richtigerweise und aktuellerweise diskutiert –, daß jene Leute, die nicht in Haftanstalten sind, draußen zumindest eine Arbeit haben und daß dort der Kollektivvertrag gewahrt wird – bis hin zu den Lehrlingen, wo im öffentlichen Bereich nicht einmal mehr für die Lehrlinge der Kollektivvertrag eingehalten wird, ehe wir darüber diskutieren, ob wir jenen, die in unserer Republik straffällig geworden sind, auch noch eine Pension dafür geben, daß sie straffällig geworden sind.

Das ist der falsche Weg, wie es auch der falsche Weg wäre, eine generelle Lohnausschüttung für jeden vorzunehmen, jedem einen Grundlohn zu geben, wie dies etwa die Chefin des sogenannten Liberalen Forums vor einigen Tagen recht skurril vorgeschlagen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.41

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist mir zwar nicht ganz erklärlich, was Grundlohn-Debatte mit Politikerentgelt zu tun hat, aber bitte, Sie mischen halt immer wieder alles in einen großen Topf.


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20. Sitzung / Seite 166

Ich beglückwünsche die grüne Fraktion dazu, daß sie sich nun kurz vor "Redaktionsschluß" auch mit einem eigenen Vorschlag zum Bezügegesetz zu Wort gemeldet hat. Frau Petrovic! Dieser Antrag liegt jetzt vor, Sie haben ihn auch schon entsprechend medial verkauft, wir werden ihn selbstverständlich auch entsprechend bewerten.

Ich könnte Ihnen jetzt meine Rede vom 17. April vorlesen, in der ich zu genau diesem Thema bereits gesprochen habe, wo ich die liberale Position, die seit Juni 1995 festliegt, klargemacht habe. Sie sind jetzt mit in der Diskussion. Ich begrüße Sie herzlich im Bunde der Fünf und hoffe, daß bald ernsthaft über diese Frage diskutiert wird.

Dieser Antrag der Grünen geht mir persönlich zu wenig weit. Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, warum Sie an Biennalsprüngen festhalten wollen, sodaß ein Abgeordneter umso mehr verdient, je dicker die Schwielen auf seinem Popo sind, weil er schon so lange herinnen sitzt. Das halte ich für abstrus!

Ich verstehe auch Ihre Haltung zu Klubabgaben nicht. Daß Sie gegen Parteiabgaben sind, ist klar, aber daß Sie gegen Klubabgaben sind, verstehe ich nicht. Es steht jedem Klub frei, seine Kosten über die Abgeordneten solidarisch einzuheben.

Ich verstehe auch nicht, warum Sie sich nicht vom Zulagen-Unwesen entfernen und weiter mit Auslagenersätzen und diesen Dingen arbeiten. Warum bekennen Sie sich nicht einfach zu einem Politiker als Freiberufler, der ein sehr anständiges Honorar bekommt und davon alle seine Auslagen zu bezahlen hat. – Die Entfernungszulagen – da stimme ich Ihnen zu – werden aus Fairneßgründen notwendig sein.

Etwas, was Sie sich offensichtlich zu wenig überlegt haben, ist das, was es für private Wirtschaftsbetriebe heißt, eine Politikerin oder einen Politiker mit all den sozialrechtlichen Ansprüchen, die trotz des Karenzurlaubes weiterlaufen, in Karenz zu schicken, der dann nach vier Wochen zwar gekündigt werden kann, wie Sie vorschlagen, aber immerhin: Dann beginnen erst die Kündigungsfristen zu laufen. Das heißt, die Frau oder der Mann, der dann nach fünf, zehn, 15 Jahren in den Betrieb zurückkommt, ist dann dort bei den langen Kündigungsfristen von Angestellten weitere sechs, acht Monate auf der Lohnliste, was ein Unternehmen einige hunderttausend Schilling bis zur Größenordnung von 1 Million Schilling kosten kann – von Abfertigungsansprüchen ganz abgesehen.

Nochmals: Ich begrüße, daß Sie diesen Vorschlag gemacht haben. Wir werden das heute hier nicht ausdiskutieren, aber ich lade alle Parteien ein, uns diesbezüglich bald zusammensetzen, sodaß wir ein faires und transparentes Entgeltschema für Politiker finden. Und ich hoffe, daß wir den Mut dazu haben, uns zu Freiberuflern zu machen. – Es wäre schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.44

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! – Kein Minister! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fange mit dem Herrn Abgeordneten Peter an, der gemeint hat, wir hätten zu "Redaktionsschluß" auch noch etwas eingebracht. Ich möchte Sie nur an folgendes erinnern: 1988 haben wir Grünen unseren ersten Antrag dazu eingebracht. (Abg. Mag. Peter: Da war ich noch nicht da!) – Ich weiß, da waren Sie noch nicht da, da haben Sie noch einer anderen Partei angehört. (Abg. Mag. Peter: Nicht einmal das!) Nicht einmal das? Aber ich kann mich erinnern, Sie sind da drüben irgendwo gesessen und haben auch gegen die Offenlegung der Parteispenden gestimmt. Daran kann ich mich noch genau erinnern, weil ich mich gewundert habe, warum Sie gegen gläserne Kassen sind, Herr Peter. Aber damals durften Sie nicht aufstehen. Ich weiß schon, da war das Regime etwas strenger, bei der Frau Liberalenchefin ist das etwas einfacher. (Abg. Mag. Trattner: Das ist ein großer Irrtum!)


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20. Sitzung / Seite 167

Ist das ein großer Irrtum? – So gut kenne ich Frau Heide Schmidt nicht, aber ich nehme an, bei dem gestrengen Blick des Bruders Haider in seiner heutigen Kluft, daß die Ordensregeln in der F-Bewegung noch viel strenger sind. (Heiterkeit.) Frau Heide Schmidt macht zumindest keine Kleidervorschriften und sonstige Haarschnittvorschriften. (Abg. Mag. Stadler: Ein ordentlicher Haarschnitt wäre nicht schlecht!) Oje, das wäre für mich das Ende meiner politischen Karriere. (Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stadler hat im Zusammenhang mit unserem Antrag sehr richtig argumentiert, konnte aber nicht mitgehen hinsichtlich der Möglichkeit eines Zweitberufes. – In unserem Antrag steht jedoch nicht, daß ein Zweitberuf nicht möglich ist, das ist natürlich in jedem Wirtschaftsunternehmen ... (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Frau Abgeordnete Petrovic hat sich im wesentlichen auf jene Politiker bezogen, die gleichzeitig in der Legislative oder Exekutive noch ihren Dienst sozusagen versehen. – Wir haben hier – ich will nicht sagen: das Musterbeispiel an Heuchelei, das wäre der falsche Ausdruck, das wäre doch etwas zu hart, und ich will diese feierliche Stimmung hier nicht durchbrechen, aber das mit der Stechuhr, das war etwas Bestechendes. Da gibt es einige, die praktizieren das und glauben, das sei die sauberste und anständigste Lösung, verschweigen dabei jedoch, daß man durchaus die Stechuhr drücken kann, dann geht man ins Amt hinein und macht seine politischen Geschäfte, anstatt seinem Amtsgeschäft nachzugehen. Man sollte das einmal ganz offen und ehrlich aussprechen. Ich glaube, Kollege Cap ist da etwas ehrlicher. Er weiß, daß hier eine Lösung sehr, sehr schwierig ist, aber im Grunde genommen kann man schon Lösungen finden, aber ganz bestimmte Berufe schließen einander einfach aus.

Herr Abgeordneter Khol! Nicht nur im Bereich eines Klubobmannes und einer Klubobfrau gibt es eine Unvereinbarkeit mit einem anderen Beruf, sondern auch in anderen Bereichen.

Meine Damen und Herren! Das ist der heikle Punkt, der in der letzten Zeit so oft diskutiert wurde. Kollege Amon und Kollege Maitz werden sich daran erinnern, welche Hektik da plötzlich in der Steiermark im Zusammenhang mit den Karenzierungen ausgebrochen ist.

1986, als ich meine erste Pressekonferenz im Zusammenhang mit meinem arbeitslosen Einkommen als Lehrer gemacht habe, habe ich gesagt, ich verdiene als Politiker sehr schön. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Herr Abgeordneter Schwarzenberger, darüber können wir noch reden. Der steirische Verfassungsdienst hat jetzt ein Gutachten herausgegeben, das meine Haltung noch einmal bestätigt, aber es geht mir jetzt um etwas ganz anderes.

Damals habe ich die Regierungsparteien aufgefordert, das zu ändern. 1986 bereits! Das ist jetzt schon neun Jahre her. Jetzt habe ich das wieder gemacht, und in der Steiermark war das jetzt fruchtbar. Da sind plötzlich aus verschiedenen Richtungen der Steiermark Abgeordnete aufgetaucht, die gesagt haben: Ich möchte das Gehalt auch nicht mehr nehmen, ich möchte jetzt irgendwo einen Beruf haben. Da hat man versucht, Arbeitsplätze zu schaffen. In sehr prominenten Fällen hat man natürlich nicht gewußt, was man tun soll. Beispiele: Flecker und Strenitzer. Da hat man irgendwo einen Schreibtisch freimachen müssen, das war nicht so einfach. Da mußte zuerst einer ganz woanders hingehen, damit diese Politiker wieder ihrem Beruf nachgehen können. Was sie dort tun, das möchte ich jetzt nicht näher untersuchen, aber: Da wird auch eine Stechuhr nichts helfen.

Aber das Schöne war, daß plötzlich drei oder vier Abgeordnete der ÖVP gesagt haben, sie möchten auch wieder arbeiten gehen, damit sie ihr Gehalt auch zu Recht beziehen. – Selbstverständlich findet dann die steiermärkische Landesregierung, findet der Magistrat wieder eine Arbeitsstelle für diese netten Menschen aus der ÖVP. Das ist kein Problem.

Dann meldete sich aber auch ein Freiheitlicher, zur Überraschung vieler. Er sagte: Ich war Finanzbeamter, ich habe einen Bezug, den ich natürlich spende – diesen zu behalten, kann er sich nicht leisten, auch nicht in der FPÖ. Aber da hat man gesagt: Nein, das geht nicht. – Da war mir wiederum klar, welches neue Spiel da beginnt.


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20. Sitzung / Seite 168

Man sagt eben unter dem herrlichen Titel: Es darf kein Berufsverbot geben!, daß selbstverständlich jetzt alle Politiker weiterhin ihre Berufe ausüben und weiterhin in ihren Ämtern sitzen dürfen. Und für diejenigen, die zufällig der ÖVP oder der SPÖ angehören, die zufällig einer Regierungspartei angehören, wird man auch einen Platz finden, einen Schreibtisch freimachen. Das wird doch wohl noch möglich sein. Und da geben wir ihm noch eine Stechuhr dazu, eben für die Parteien, die kommen und das sehen sollen. Denen kann er dann erklären: Ich steche immer da hinein, beim Hineingehen und beim Hinausgehen, und nur so wird abgerechnet. Und wenn im Parlament weniger los ist, dann kann ich mehr stechen und viel mehr verdienen. Meine Damen und Herren! Das ist nicht korrekt, das ist ein faules Ei, das hier offensichtlich ausgebrütet werden soll, das aber nicht akzeptabel ist. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Abgeordneter Stadler! Zu Ihrer Primarärztin: Ich finde, wenn in ihrem Beruf, in dem sie tätig ist, die Kontrolle möglich ist und einwandfrei funktioniert, die sicherstellt, daß sie voll ihrem Beruf nachgeht (Abg. Mag. Stadler: Da können Sie Gift drauf nehmen! Das ist ein Privatkrankenhaus!), dann soll sie von mir aus noch einen Beruf annehmen. Wenn sie glaubt, sie kann 24 Stunden pro Tag arbeiten, soll sie das tun. Aber dort, wo wir mehr oder weniger uns selbst kontrollieren, wo politische Einflußnahme möglich ist, da wird es problematisch. Das ist das Problem, und dem wollen wir entgehen.

Meine Damen und Herren! Kollege Cap hat gesagt, Parteisteuer und Klubsteuer, das sei eine Privatsache, ähnlich wie Kollege Peter. Sie haben nur von Klubsteuer gesprochen, denn die Parteisteuer ist ja bei euch Liberalen abgeschafft. Ihr seid ja, glaube ich, die bestverdienenden Abgeordneten überhaupt. In der grünen Fraktion heißt Parteisteuer nicht Parteisteuer, sondern da gibt man es in den Bürgerinitiativenfonds. In der SPÖ ist es eine Parteisteuer, da hat man sich immer für diese resolute Art der Parteiabgabe entschieden. Bei den anderen Parteien weiß ich das nicht so genau. Bei der ÖVP dürfte es aber auch so sein, denn die jammern auch immer.

Es hat eine wunderbare Geschichte gegeben in einem Ausschußlokal, in dem sich Abgeordnete zusammengesetzt haben. Ein neuer Abgeordneter der Grünen ist dort mit Abgeordneten anderer Parteien, mit ein paar Kolleginnen und Kollegen von hier gesessen, und die haben gesagt: Schaut doch her, liebe Studentinnen und Studenten, ich bekomme eigentlich nur 22 000 S. Ich muß Parteisteuer zahlen und Pokale finanzieren, da muß ich spenden, dort muß ich spenden, Klubsteuer, Bezirksabgaben muß ich zahlen. Mir bleiben daher nur 22 000 S. Der nächste ist gekommen und hat gesagt: Ich habe nur 27 000 S Gehalt.

Die SchülerInnen waren daraufhin alle ganz verwirrt. – Und dann greift ein neuer Abgeordneter, der Gföhler, in seinen Sack, nimmt seinen Lohnzettel heraus und sagt: Blöde G’schicht’, da muß irgend etwas falsch gelaufen sein! Bei mir steht aber 53 000 S. Da stimmt doch etwas nicht.

Das darf nicht weiter fortgesetzt werden, Herr Peter. Sie können mit Ihrem Geld machen, was Sie wollen, aber das, was jetzt Parteisteuer ist, wird ja nicht freiwillig bezahlt, sondern das wird verpflichtend abgenommen. Die Transparenz ist die einzige Chance in der politischen Auseinandersetzung, die Transparenz auch bei den Parteispenden, ganz gleich, ob sie von den Abgeordneten oder von Firmen und Industrieunternehmungen kommen.

Unser Antrag ist wie immer vorzüglich, mit wenigen Abstrichen. (Heiterkeit.) Ich wünsche noch einen schönen Abend. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Ich weise den eben behandelten Antrag 109/A dem Verfassungsausschuß zu.

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.


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20. Sitzung / Seite 169

Einlauf

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 180/A bis 191/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 554/J bis 586/J eingelangt.

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen dient, berufe ich für 20.54 Uhr – das ist gleich im Anschluß an diese Sitzung – ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 20.54 Uhr