Stenographisches Protokoll

37. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 21. September 2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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37. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 21. September 2000

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 21. September 2000: 9.02 – 21.50 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage 1998

2. Punkt: Bericht betreffend den Nachtrag zum Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998

3. Punkt: Bericht des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 1997 und 1998

4. Punkt: Sonderbericht des Rechnungshofes über die Finanzierung der politischen Parteien und parlamentarischen Klubs

5. Punkt: Kulturbericht 1998 der Bundesregierung

6. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9aE Vr 2897/00, Hv 1689/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler

7. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9c E Vr 4833/00, Hv 2842/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über ein Bundes-Heimvertragsgesetz (139/A)

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz geändert wird (147/A)

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz, BGBl. 183/1947, geändert wird (173/A)

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37. Sitzung / Seite 2

Inhalt

Personalien

Verhinderungen 9

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Ausschussberichte 293 und 294 d. B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung 27


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37. Sitzung / Seite 3

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1038/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 27

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 99

Redner:

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 100

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 102

Dr. Günther Kräuter 104

Mag. Gilbert Trattner 106

Erwin Hornek 107

Dr. Eva Glawischnig 108

Antrag des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, dem Hauptausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 258/A der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen auf Durchführung einer Volksbefragung für den Erhalt des öffentlichen Waldes, für die freie Zugänglichkeit des Waldes und für die Sicherung der öffentlichen Wasserressourcen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 13. Oktober 2000 zu setzen 27

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 27

Redner:


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37. Sitzung / Seite 4

Heinz Gradwohl 110

Emmerich Schwemlein 112

Jakob Pistotnig 114

Johannes Zweytick 116

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 117

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 118

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 28

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka im Laufe der Debatte über Tagesordnungspunkt 1 betreffend eine bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgte Stellungnahme seitens der Bundesministerin Dr. Elisabeth
Sickl 57

Wortmeldungen in oben erwähntem Zusammenhang:

Dr. Helene Partik-Pablé 58

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 58

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 58

Wortmeldung des Abgeordneten Peter Schieder betreffend Behinderung der Fernsehübertragung von Abgeordneten der Freiheitlichen durch "Vorstellen" vor die Kameras 75

Verlangen auf Durchführung von namentlichen Abstimmungen 95, 97, 164, 166

Unterbrechungen der Sitzung 95, 98, 99, 164, 166

Fragestunde (7.)

Justiz 9

Dr. Johannes Jarolim (50/M); Dr. Michael Krüger, Mag. Dr. Josef Trinkl, Mag. Terezija Stoisits

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (48/M); Dieter Brosz, Mag. Gisela Wurm, Dr. Sylvia Papházy MBA

Mag. Terezija Stoisits (53/M); DDr. Erwin Niederwieser, Mag. Eduard Mainoni, Werner Miedl

Dr. Michael Krüger (55/M); Werner Miedl, Mag. Terezija Stoisits, Dr. Johannes Jarolim

Mag. Barbara Prammer (51/M); Dr. Martin Graf, Hermann Gahr, Mag. Terezija Stoisits

Karl Freund (49/M); Mag. Terezija Stoisits, Dr. Helene Partik-Pablé, Otto Pendl

Mag. Terezija Stoisits (54/M); Dr. Elisabeth Pittermann, Dr. Martin Graf, Mag. Dr. Josef Trinkl

Mag. Rüdiger Schender (56/M); Karl Donabauer, Mag. Terezija Stoisits

Mag. Gisela Wurm (52/M); Mag. Rüdiger Schender, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Mag. Ulrike Lunacek

Ausschüsse

Zuweisungen 25, 188, 189, 193

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht (III-35 d. B.) der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage 1998 (247 d. B.) 28

Redner:

Karl Öllinger 28, 68

Rudolf Nürnberger 30


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37. Sitzung / Seite 5

Dr. Kurt Grünewald 33

Mag. Herbert Haupt 35

Theresia Haidlmayr 38

Edeltraud Gatterer 39

Heidrun Silhavy 41

Reinhart Gaugg 44

Rudolf Nürnberger (tatsächliche Berichtigung) 47

Dr. Reinhold Mitterlehner 47

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) 49

Dr. Alfred Gusenbauer 50

Karl Donabauer (tatsächliche Berichtigung) 52

Georg Schwarzenberger (tatsächliche Berichtigung) 52

Sigisbert Dolinschek 53

Heinz Gradwohl (tatsächliche Berichtigung) 54

Karl Donabauer 55

Annemarie Reitsamer 58

Bundesministerin Dr. Elisabeth Sickl 63

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (tatsächliche Berichtigung) 69

Dr. Helene Partik-Pablé 69

Werner Miedl 71

Dr. Elisabeth Pittermann 72

Dr. Alois Pumberger 75

Dr. Gottfried Feurstein 7


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37. Sitzung / Seite 6

6

Mag. Brunhilde Plank 78

Norbert Staffaneller 81

Helmut Dietachmayr 82

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 84

Mag. Gilbert Trattner 86

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigung) 87

Mag. Werner Kogler 88

Mag. Dr. Josef Trinkl 90

Dr. Günther Kräuter 91

Mag. Dr. Udo Grollitsch 91

Dr. Peter Kostelka 92

Friedrich Verzetnitsch 93

Dr. Andreas Khol 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend geplante Einführung von Studiengebühren – Ablehnung 34, 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen betreffend besondere Bedeutung von Infrastrukturmaßnahmen für die Beschäftigungspolitik – Ablehnung (namentliche Abstimmung) 44, 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend Heizkostenzuschuss für Personen mit einem Haushaltseinkommen unter 12 000 S – Ablehnung 61, 97

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend Bau des Semmering-Basistunnels – Annahme (E 33) (namentliche Abstimmung) 86, 97

Kenntnisnahme des Berichtes III-35 d. B. 94

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Nachtrag zum Tätigkeitsbericht (Zu III-11 d. B.) des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998 (269 d. B.) 119

3. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-12 d. B.) des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 1997 und 1998 (186 d. B.) 119

4. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Sonderbericht (III-37 d. B.) des Rechnungshofes über die Finanzierung der politischen Parteien und parlamentarischen Klubs (185 d. B.) 119

Redner:

Mag. Werner Kogler 119

Otmar Brix 122

Dr. Kurt Grünewald 124, 163

Mag. Gilbert Trattner 126

Rudolf Edlinger (tatsächliche Berichtigung) 129

Dieter Brosz 129

Mag. Dr. Josef Trinkl 131

Dr. Günther Kräuter 134

Mag. Beate Hartinger 135

Wolfgang Großruck 136

Anton Leikam 138

Staatssekretär Dr. Alfred Finz 139

Reinhart Gaugg 140

Edeltraud Lentsch 142

Anton Leikam (tatsächliche Berichtigung) 143

Josef Edler 143

Nikolaus Prinz 144

Dr. Elisabeth Pittermann 145

Mag. Martina Pecher 147

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 148

Mag. Kurt Gaßner 149

Johann Kurzbauer 150

Edith Haller (tatsächliche Berichtigung) 152

Gabriele Binder 152

Rosemarie Bauer 153

Mag. Brunhilde Plank 154

Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler 155

Gerhard Reheis 158

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 159

Harald Fischl 161

Dr. Peter Kostelka 162

Dr. Andreas Khol 163

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Beate Hartinger, Ridi Steibl und Genossen betreffend Weiterentwicklung der österreichischen Spitalsversorgung – Annahme (E 34) (namentliche Abstimmung) 128, 164

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen betreffend die Schließung von steirischen Spitalsstandorten – Ablehnung (namentliche Abstimmung) 134, 166

Kenntnisnahme der drei Berichte Zu III-11, III-12 und III-37 d. B. 164, 168

5. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Kulturbericht 1998 der Bundesregierung (III-14/246 d. B.) 168

Redner:

Dr. Eva Glawischnig 168

Dr. Josef Cap 170

Dr. Brigitte Povysil 171

Dr. Andrea Wolfmayr 172

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 174

Mag. Walter Posch 176

Dr. Sylvia Papházy MBA 177

Dr. Gertrude Brinek 179

Mag. Christine Muttonen 180

Dr. Gerhard Kurzmann 181

Ilse Burket 182

Kenntnisnahme des Berichtes III-14 d. B. 184

6. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9aE Vr 2897/00, Hv 1689/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler (293 d. B.) 184

Annahme des Ausschussantrages in 293 d. B. 184

7. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9c E Vr 4833/00, Hv 2842/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz (294 d. B.) 184

Annahme des Ausschussantrages in 294 d. B. 184

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über ein Bundes-Heimvertragsgesetz (139/A) 185

Redner:

Dr. Johannes Jarolim 185

Harald Fischl 186

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 187

Theresia Haidlmayr 188

Zuweisung des Antrages 139/A an den Justizausschuss 188

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz geändert wird (147/A) 188

Redner:

Helmut Dietachmayr 189

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 189

Zuweisung des Antrages 147/A an den Finanzausschuss 189

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz, BGBl. 183/1947, geändert wird (173/A) 189

Redner:

Karl Öllinger 190

Mag. Brunhilde Plank 191

Dr. Harald Ofner 191

Dr. Gottfried Feurstein 192

Theresia Haidlmayr 192

Zuweisung des Antrages 173/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales 193

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen betreffend Heizkostenzuschuss für Personen mit einem Haushaltseinkommen unter 12 000 S (265/A) (E)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (266/A)


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37. Sitzung / Seite 7

Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) geändert wird (267/A)

Mag. Johann Maier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe (Suchtmittelgesetz – SMG) geändert wird (268/A)

Mag. Rüdiger Schender, Werner Amon und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit (Bundes-Jugendförderungsgesetz) (269/A)

Werner Amon, Mag. Rüdiger Schender und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Vertretung der Anliegen der Jugend (Bundes-Jugendvertretungsgesetz) (270/A)

Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Entschädigungsfonds für durch Plasmaspenden mit Hepatitis-C infizierte Personen (271/A) (E)

Mag. Johann Maier und Genossen betreffend die Vorlage eines umfassenden Drogenberichtes über das Jahr 1999 an das Parlament (272/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Ulrike Sima und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend das nationale Klimaschutz-Konzept (1261/J)

Heinz Gradwohl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Vergabe öffentlicher Mittel an die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und an die 9 Landeslandwirtschaftskammern (1262/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Tiroler Verordnungsverlängerung der Deponierungsfrist (1263/J)

Otto Pendl und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Begünstigungen für Mitarbeiter des Kabinetts (1264/J)

Mag. Kurt Gaßner und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Einsparungen bei Frauen- und Mädchenprojekten (1265/J)

Mag. Kurt Gaßner und Genossen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau der verkehrspolitischen Anbindung Österreichs an das nördliche Europa (1266/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Drogenbereich – Bundeszuschüsse (1267/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Drogenbereich – Bundeszuschüsse (1268/J)

Anton Gaál und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Beschaffung von Transporthubschraubern für das Bundesheer (1269/J)

Anton Gaál und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Beschaffung von Transporthubschraubern für das Bundesheer (1270/J)


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37. Sitzung / Seite 8

Jakob Auer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Entwicklung der Mineralölsteuereinnahmen (1271/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundeskanzler betreffend persönliche Sicherheitserklärung/militärische Verlässlichkeitsüberprüfung für ehemals Bedienstete der BGV II (Grundrechtseingriff) (1272/J)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Hubschraubereinsatz des Bundesheers für militärfremde, parateipolitische Zwecke auf Weisung des Bundesministers für Landesverteidigung (1273/J)

Dr. Robert Rada und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Schließung der Höheren Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft (Försterschule) Gainfarn (1274/J)

Dr. Robert Rada und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Schließung der Höheren Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft (Försterschule) Gainfarn (1275/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend ausländischen Zugriff auf Trinkwasserressourcen (1276/J)

Jakob Auer und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Biodiesel (1277/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Maßnahmen unter dem Deckmantel "Soziale Treffsicherheit" (1278/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen betreffend das so genannte Zertifikat Familienkompetenz (1279/J)

 

 


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37. Sitzung / Seite 9

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

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37. Sitzung / Seite 10

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Meine Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und bitte Sie, die Plätze einzunehmen. Die 37. Sitzung des Nationalrates ist hiemit eröffnet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Faul, Grabner, Heinisch-Hosek, Jäger, Parnigoni, Dr. Baumgartner-Gabitzer und Platter.

Für den Beginn der Sitzung ist eine Fragestunde vorgesehen.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gelange daher jetzt – um 9.02 Uhr – zur Fragestunde und beginne mit dem Aufruf der einzelnen Anfragen.

Bundesministerium für Justiz

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die 1. Anfrage ist die Frage Nr. 50/M des Herrn Abgeordneten Dr. Jarolim. – Ich bitte Sie, die eingereichte Anfrage zu formulieren, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Anfrage lautet:

50/M

Halten Sie es für richtig, dass ein von der FPÖ in das ORF-Kuratorium entsandter Richter als Senatsvorsitzender in höchst sensiblen politischen Medienprozessen über Causen der FPÖ urteilt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte darauf hinweisen, dass der Richter Mag. Ernest Maurer von der Freiheitlichen Partei als Fachmann für die Bundesregierung vorgeschlagen wurde, also kein Direktvorschlag in das Kuratorium erfolgt ist. Die Bundesregierung hat ihn für den Kuratoriumssitz namhaft gemacht.

Über die Geschäftsverteilung entscheiden unabhängige Personalsenate bei Gericht. Ich glaube, dass diese Frage darauf abzielt, ob der Richter im konkreten Fall befangen ist. Da dies richterliche Entscheidungen sind, kann ich diese Frage nicht beantworten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Pilz: Es muss der Minister antworten und nicht der Parteianwalt!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Eine Zusatzfrage zum Instanzenzug: In einer nicht unerheblichen Anzahl von Medienverfahren gibt es zwischen dem erstinstanzlichen Gericht und dem Berufungsgericht des Oberlandesgerichtes unterschiedliche Betrachtungsweisen in der Frage der Meinungsfreiheit. (Abg. Jung: Frage!) Es gibt Kritik daran vom Vorsitzenden, vom Direktor der Helsinki-Föderation, wonach die OLG-Urteile nicht der Europäischen Menschenrechtskonvention entsprechen. (Rufe bei den Freiheitlichen: Frage! Frage!) Es gibt im Bericht Vorschläge, dass es eine weitere Instanz ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Erstens einmal werden wir sehen, ob hier Chancengleichheit und gleiche Dringlichkeit herrscht, wenn auf der anderen Seite ein, zwei Sätze zur Begründung gesagt werden. Zweitens bitte ich, an der Gewohnheit festzuhalten, dass nach ein oder zwei begründenden Sätzen die Frage kommt, Herr Dr. Jarolim. (Abg. Ing. Westenthaler und FPÖ-Klubdirektor Dr. Moser stehen vor der ORF-Kamera am rechten Saaleingang. – Abg. Dietachmayr: Der Moser steht dauernd vor der Kamera!)

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Es spricht für sich, dass man hier von den Freiheitlichen am Fragerecht gehindert werden soll. (Ruf: Unerhört!)

Meine Frage: Halten Sie es für richtig, dass über einen Vorschlag im Weisenbericht, einer Anregung des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes Adamovich entsprechend, bezüglich einer weiteren Instanz im Medienverfahren nachgedacht werden soll, beziehungsweise wie ist Ihre Meinung zu einer derartigen zusätzlichen Instanz? (Abg. Dr. Khol: Das sind zwei Fragen!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Herr Abgeordneter! Ich halte es natürlich für richtig, dass über bestimmte Probleme, vor allem, wenn sich die Gedanken in Richtung Verbesserung bewegen, nachgedacht wird. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch sehe ich keinen Anlass für eine aktuelle Diskussion über die Veränderung des Gerichtswesens in Strafsachen.

Die Vereinheitlichung der Judikatur wird wie folgt gewährleistet: Die Generalprokuratur hat die Möglichkeit, aus eigenem oder über Auftrag des Bundesministeriums für Justiz beim Obersten Gerichtshof Anträge zur Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen zu stellen. Das tut sie auch. Ich habe mit ihr außerdem konkret darüber gesprochen, dass sie dies auch in weiterer Folge tun wird.

Diese Antragstellungen werden auch im Hinblick auf die Frage überprüft, ob die Judikatur der österreichischen Gerichte, insbesondere aller vier Oberlandesgerichte, mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes übereinstimmt. (Abg. Dr. Khol: Das ist auch gut!) Es ist also ausreichend gewährleistet, dass in Österreich ein Instrumentarium für eine einheitliche Judikatur auch in Strafsachen besteht und gehandhabt wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Kollege Moser! Ich wiederhole die Bitte des Präsidenten Prinzhorn von gestern. (FPÖ-Klubdirektor Dr. Moser entfernt sich von der ORF-Kamera. – Abg. Dietachmayr: Das gilt auch für den Westenthaler!)

Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Krüger, bitte.

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Entspricht es den Tatsachen, dass es noch andere Kommissionen gibt, in welche von der vergangenen Bundesregierung unter Einschluss der SPÖ und über Vorschlag der SPÖ Richter entsandt wurden, die über Anliegen der damaligen Oppositionspartei, der Freiheitlichen Partei, zu entscheiden hatten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Es gibt natürlich eine Reihe von Kommissionen, bei denen die Freiheitliche Partei auch als Antragssteller in Frage kommt. Im gegenwärtigen Zeitpunkt fällt mir nur die Rundfunkkommission ein, in der zum Beispiel der Präsident der Richtervereinigung, Dr. Klingler, Mitglied, ich glaube sogar Vorsitzender war. (Abg. Schieder: Nicht einmal Mitglied! Der Klingler war nicht in der Rundfunkkommission!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Trinkl, bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Bundesminister! Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit, konkret die Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit des Richters, ist eine der


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37. Sitzung / Seite 11

Grundfesten der Demokratie. (Abg. Schieder: Er war nie in der Rundfunkkommission! Er war im Kuratorium!)

Unter dem Eindruck der Vorgänge in der letzten Zeit darf ich Sie daher fragen: Kann medialer Druck dieses fundamentale Recht beeinträchtigen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.


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37. Sitzung / Seite 12

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer:
Bitte, darf ich die Frage noch einmal hören?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Kollege Dr. Trinkl, würden Sie so lieb sein, die Frage noch einmal zu formulieren?

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (fortsetzend): Kann medialer Druck dieses fundamentale Recht, nämlich die Unversetzbarkeit und Unabsetzbarkeit des Richters, in irgendeiner Form beeinträchtigen? Sehen Sie dafür eine Gefahr?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.


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Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer:
Medialer Druck ist sicherlich, vor allem konzentriert ausgeübt, eine Gefahr. Es ist jedoch zu wünschen, dass Richter diesem Druck nicht nachgeben – sollen und können.


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37. Sitzung / Seite 14

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Danke, Herr Bundesminister.

Frau Kollegin Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Der verstorbene Dr. Klingler war nie Mitglied der Rundfunkkommission, sondern des ORF-Kuratoriums. Meines Wissens war er auch jeder Partei sehr fern stehend, also keiner nahe stehend.

Aber jetzt zu meiner Zusatzfrage: Herr Bundesminister! Ihnen als Anwalt muss die StPO ja ein Begriff sein. Und in dieser StPO gibt es die entsprechenden Vorschriften für eine Ablehnung von Gerichtspersonen. Die Präsidentin der Richtervereinigung hat bezüglich Richter Dr. Maurer den Verdacht geäußert, dass diese Bestellung, nämlich jene von Richter Dr. Maurer ins ORF-Kuratorium und seine gleichzeitig weiter ausgeübte Tätigkeit am OLG, die gesamte Richterschaft in ein schlechtes Licht rückt, ...


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37. Sitzung / Seite 15

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Ich bitte um die Frage, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): ... weil damit der Eindruck der Parteilichkeit der gesamten Richterschaft erweckt wird.

Was sagen Sie dazu? Sie sind der oberste Hüter der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister. (Abg. Ing. Westenthaler: Was war jetzt die Frage eigentlich?)

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Frau Abgeordnete! Prinzipiell sind die Richter selbst die Hüter ihrer Unabhängigkeit. Ich selbst bekenne mich aber dazu, dass ich jeden Beitrag zu leisten habe, damit diese Unabhängigkeit auch Unterstützung findet. Aber zu konkreten Befangenheitsfragen werde ich mich bestimmt nicht äußern, auch dann nicht, wenn die Präsidentin der Richtervereinigung dies getan hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur Anfrage Nr. 48/M. – Frau Abgeordnete Dr. Fekter, bitte.

Entschuldigen Sie, der Herr Minister will noch einen ergänzenden Satz sagen.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Danke schön. – Ich möchte etwas nachtragen. Nach meiner Information war Klingler sowohl Mitglied des Kuratoriums als auch Mitglied der Rundfunkkommission. (Abg. Dr. Kostelka: Das ist ja gesetzlich ausgeschlossen!)  – Es muss ja nicht gleichzeitig gewesen sein.

Ich sage aber: Jede Information kann auch unrichtig sein. Sie stammt aus unserem Ministerium. (Abg. Dr. Kostelka greift sich mit der Hand auf die Stirn.) Wir werden das noch einmal überprüfen lassen. Ich wollte nur mitteilen, wie mein derzeitiger – genau geprüfter – Wissensstand ist. (Abg. Ing. Westenthaler: ... hat dem Minister den Scheibenwischer gezeigt! – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Kostelka, Ing. Westenthaler und Mag. Trattner. )

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Jetzt kommt Frau Abgeordnete Dr. Fekter dran. – Bitte. (Abg. Mag. Trattner: Kostelka soll zuerst einmal den Knigge lesen! – Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung des Abg. Dr. Kostelka  –: Zeigt dem Minister den Vogel! Der ist ja unglaublich in seiner Primitivität da drüben! – Präsident Dr. Fischer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Wir können doch eine Fragestunde ohne Nervosität abwickeln! Es kommen ja eh alle Seiten dran – links und rechts und Minister und Abgeordnete, und jetzt Frau Dr. Fekter. (Weitere Zwischenrufe von Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP in Richtung SPÖ.)

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Bundesminister! Frage 2 lautet:

48/M

Welche Änderungen des Suchtmittelgesetzes sind geplant?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Folgende Änderungen sind geplant:

Erstens: die Ausdehnung der Strafdrohung auf lebenslange Freiheitsstrafe gegen die Führungsebene von Drogenringen. – Derzeitiger Rahmen: zehn bis zwanzig Jahre Freiheitsstrafdrohung.

Zweitens: die Anhebung der Mindeststrafe auf drei Jahre für Suchtgifthändler, die als Bandenmitglied im Wiederholungsfall oder als Mitglied einer Großbande tätig sind oder denen eine übergroße Menge Suchtgift anzulasten ist. – Derzeitiger Strafrahmen: ein bis fünfzehn Jahre.

Drittens: die Berücksichtigung neuer Kommunikationsmethoden beim Straftatbestand der Aufforderung zu oder der Gutheißung von Suchtgiftmissbrauch.

Viertens: die Einschränkung der Möglichkeit der vorläufigen Anzeigezurücklegung, wenn der Täter während der offenen Probezeit nach bereits einmal erfolgter Anzeigerücklegung erneut wegen Erwerbes oder Besitzes einer geringen Menge Suchtmittel zum eigenen Gebrauch angezeigt wird.

Dieser Ministerialentwurf ist bereits zur Begutachtung versendet. Allerdings ist es denkbar, dass die parlamentarische Enquete-Kommission diese Strafrahmen noch einmal zueinander in Bezug setzt und überprüft. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Minister! Wird diese Änderung auch eine Verbesserung im Schulbereich bringen? Denn gerade im Schulbereich ist dieses Problem ja auch virulent.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Nach § 13 des Suchtmittelgesetzes hat der Leiter der Schule, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass ein Schüler Suchtgift missbraucht, diesen einer schulärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Der schulpsychologische Dienst ist erforderlichenfalls beizuziehen.

Die gesamte Regelung ist eigentlich intakt, und wir haben nicht vor, § 13 des Suchtmittelgesetzes zu ändern.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Brosz, wünschen Sie ein Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Bundesminister! Von Experten und Expertinnen – allerdings nicht von jenen, die von Ihnen zu diversen Klausuren eingeladen werden – wird immer betont, dass die Differenzierung der Drogenpolitik ganz wesentlich ist, um sinnvolle Maßnahmen zu setzen. Es geht dabei vor allem um die Frage der Trennung der Märkte, was bedeutet, dass bei einem Dealer, der auch Heroin verkauft, nicht automatisch ein Zugang zu weichen Drogen wie Cannabis möglich ist.

Ich frage Sie daher: Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um auch dadurch einen Schutz vorzunehmen, dass die Märkte getrennt werden, und dieser gleichartige Zugang nicht mehr möglich sein wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Konkrete Maßnahmen kann ich Ihnen jetzt keine mitteilen. (Abg. Öllinger: Das denken wir uns auch!) Tatsache ist, dass wir im Ministerium diese Problematik ständig diskutieren. (Abg. Öllinger: Keine Ahnung, aber ...!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Wurm, bitte.

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Minister! Immer wieder steht zur Diskussion, ob die Höchstmenge der Drogen beim Eigenbedarf herabgesetzt wird. Man hört immer wieder, dass diese von fünf auf drei Gramm reduziert werden soll. Zurzeit ist das Prinzip des Suchtmittelgesetzes, das 1998 in Kraft getreten ist, "Helfen statt Strafen".

Meine Frage an Sie lautet: Sind Sie, da der Gesetzentwurf schon in Begutachtung ist, dafür, dass die Höchstmenge gesenkt wird – gegen den Rat von Experten, die immer wieder betonen, dass Sucht eine chronische Erkrankung ist? Und was hat sich – das möchte ich auch noch fragen – geändert innerhalb ... (Abg. Dr. Khol: Also das ist ja wirklich ...!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Kollegin, ich kann nicht zwei Zusatzfragen zulassen. Bitte um Entschuldigung!

Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich nehme an, Sie reden von der Grenzmengenverordnung. Ich bin dafür, dass die Grenzmenge bei Heroin von fünf auf drei Gramm herabgesetzt wird und folge dabei dem Rat von Experten und dem Ergebnis, das zwischen den beiden relevanten Ministerien ausverhandelt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Papházy, bitte.

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy MBA (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Wie hoch ist der Prozentsatz an Jugendlichen unter den nach dem Suchtmittelgesetz Verurteilten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Er liegt meines Wissens bei 10 Prozent.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit haben wir die 2. Frage behandelt.

Wir kommen zur 3. Frage. Frau Abgeordnete Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

53/M

Wie rechtfertigen Sie Ihre Mobilisierung der Staatspolizei gegen kritische JournalistInnen?

(Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich habe das nicht zu rechtfertigen, weil ich die Staatspolizei gegen kritische Journalisten nicht mobilisiert habe. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Abgeblitzt!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundesminister! Diese Ihre Aussage steht im krassen Widerspruch zu den Informationen, die sonst vorliegen, vor allem zu den Aussagen der in der Sache Beteiligten. (Abg. Ing. Westenthaler: Von wem denn? Wo denn?)

Aber, Herr Bundesminister, das ist ja nur ein Detail in der jetzigen Krisensituation um Böhmdorfer. (Abg. Dr. Khol: Frage!) Die drei Weisen werfen Ihnen Amtsmissbrauch vor, die drei Weisen legen Ihnen nahe, zurückzutreten. (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Frage! Frage!) Sie missbrauchen Ihr Amt für Werbung für Ihre Kanzlei. (Abg. Ing. Westenthaler: Missbrauch der Geschäftsordnung!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um die Frage, Frau Abgeordnete, nach den ein, zwei einleitenden Sätzen, die ich zugelassen habe. – Bitte sehr.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Danke, Herr Präsident.

Die Frage ist sehr einfach und präzis: Wann treten Sie zurück, Herr Bundesminister? (Beifall bei den Grünen.)

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Gar nicht! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Abgeblitzt!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Niederwieser, bitte.

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Bundesminister! Es ist schon merkwürdig: Sie haben die Staatspolizei nicht mobilisiert, Sie haben nur, wie Sie uns gestern gesagt haben, den Herrn Innenminister angerufen, und dieser hat es dann getan. Das ist schon ein merkwürdiges Verständnis von Ursache und Wirkung. (Abg. Dr. Fekter: ... das Recht dazu!)

Haben Sie jedoch anderweitig, beispielsweise im Zusammenhang mit den Fahrten zum einfachen Parteimitglied nach Kärnten, die Staatspolizei oder deren Leistungen in Anspruch genommen? (Abg. Dr. Puttinger: Grauslich ist das!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Es ist mir in Bezug auf Kärnten momentan nicht in Erinnerung, wirklich nicht! Da müssen Sie mir helfen, wenn Sie etwas Konkretes wissen wollen. (Abg. Ing. Westenthaler  – in Richtung SPÖ –: Schon wieder anonyme Hinweise bekommen?)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mainoni, bitte.

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Justizminister! Da sich die Frau Abgeordnete Stoisits mit ihrer Anfrage zur Schutzheiligen kritischer Journalisten aufspielt, meine Frage an Sie, Herr Justizminister: Wussten Sie zum Zeitpunkt der Verständigung der Polizei, welche Gestalten sich bei Ihrem Haus herumtreiben?

Präsident Dr. Heinz Fischer Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Natürlich nicht! Es haben sich Nachbarn bedroht gefühlt beziehungsweise den Eindruck gehabt, dass das Haus, in dem ich wohne, beziehungsweise dessen Einwohner bedroht sind. Das hat mich dazu veranlasst, mit dem Innenminister, wie gestern beschrieben, Kontakt aufzunehmen. (Abg. Dr. Fekter: Er wollte nur die Mitbewohner beschützen!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Miedl, bitte.

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Bundesminister! Niemand kann die Staatspolizei rufen. Es obliegt einzig und allein der Polizei, zu beurteilen, welche Einheiten sie wohin schickt. Deswegen weiß ich auch, dass Sie die Staatspolizei nicht rufen konnten.

Meine Frage lautet: Werden Sie auch künftig die Polizei anrufen, wenn Sie oder Ihre Familie sich bedroht fühlen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Jawohl. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nun zur 4. Anfrage, der Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Krüger an den Bundesminister. – Ich bitte um die Formulierung der Frage Nr. 55/M.


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Abgeordneter Dr. Michael Krüger
(Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

55/M

Wie ist der österreichische Ehrenschutz in Zivil- und Strafsachen im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern gestaltet?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, ich bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Das ist eine Frage, die mich seit Monaten und auch derzeit noch beschäftigt. Der neueste Stand der Erhebungen ist, dass es keine rechtsvergleichende Studie über den Ehrenschutz in Österreich und jenen in anderen europäischen Ländern gibt.

Wir haben aber festgestellt, dass im Frühjahr 2000 im Max-Planck-Institut ein Seminar über dieses Thema stattgefunden hat. Veröffentlicht wurde darüber jedoch nichts. Wir versuchen nun, diese Studie beizuschaffen. Ich möchte erwähnen, dass ich im Gespräch mit den "drei Weisen" aus eigenem ausdrücklich erwähnt habe, dass ich dieser Frage nachgehen und nächstes Jahr einer juristischen, allenfalls legistischen Klärung zuführen werde, weil ich es für notwendig halte, den österreichischen Ehrenschutz mit dem europäischen Standard in Vergleich zu setzen.

Leider scheint diese Bemerkung von mir im Bericht der "drei Weisen" nicht auf.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage gewünscht, Herr Dr. Krüger? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Entspricht es den Tatsachen, dass in einem Ehrenschutzverfahren der von der SPÖ so bekämpfte Richter Maurer vor mehreren Jahren den damaligen "profil"-Journalisten Worm freigesprochen hat, was in weiterer Folge zu rechtskräftigen Verurteilungen des halben Landesparteivorstandes der SPÖ-Burgenland geführt hat? (Abg. Ing. Westenthaler: So war das! – Abg. Dr. Khol  – in Richtung SPÖ –: Das ist die Rache!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Meines Wissens ja! (Abg. Ing. Westenthaler: Der lange Arm der SPÖ! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Miedl. – Bitte. (Rufe bei den Freiheitlichen: ... Richterhetze ...!)

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Bundesminister, offensichtlich werden die Zeiten sensibler. Wir sollten alle froh sein, dass diese Sensibilität herrscht.

Meine Frage: Sind Sie bereit, bei in der Öffentlichkeit besonders kritisierten Entscheidungen (anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist die Rache von Fischer und Co! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen – Abg. Ing. Westenthaler: Da läutet er gleich!) die Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes durch die Generalprokuratur anzuregen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Selbstverständlich ja! Schon vorige Woche habe ich mit der Generalprokuratur Rücksprache gehalten und ohne Weisungserteilung einvernehmlich festgelegt, dass in diesem Sinne vorgegangen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundesminister! Nicht nur mit der Wahrheit, auch mit der Unabhängigkeit der Justiz haben Sie ein bisschen Probleme. "Auch Pressefreiheit hat Grenzen", haben Sie im "Format" dieser Woche verkündet.

Wie halten Sie es mit der Pressefreiheit?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Diese Tatsache ist nicht neu. Wenn Sie die Presse, und zwar "Die Presse" lesen, werden Sie einen Artikel eines sehr prominenten Richters, nämlich des Herrn Dr. Ellinger, finden, der denselben Standpunkt vertritt. Es ist nun einmal so: Es gibt nicht nur ein Grundrecht, sondern mehrere, und die Auflösung dieses Spannungsverhältnisses ist eine permanente und anspruchsvolle Aufgabe für uns. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Jarolim, bitte.

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Ergänzend zu der völlig unsachlichen Frage des Kollegen Krüger (ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP)  – ich glaube, das hat für sich gesprochen, jeder weiß das zu werten! (Abg. Ing. Westenthaler: Das tut euch weh, der Richterhetze überführt zu werden!)

Herr Bundesminister, eine Frage: Aaron Rhodes, der Direktor der International Helsinki Federation for Human Rights, hat massive Kritik geübt bezüglich der Frage, ob die Judikatur des Oberlandesgerichtes Wien mit der Europäischen Menschenrechtskonvention konform ist. Sie


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selbst haben gesagt, Sie haben sich jetzt damit befasst, weil Sie auch draufgekommen sind, dass es eine Studie dazu gibt. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Wie ist Ihre persönliche Meinung zu diesem Angriff?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.


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Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer:
Zunächst: Diese Studie ist nicht allgemein bekannt, sie ist in keiner wissenschaftlichen Zeitschrift, nirgends, veröffentlicht. Wir haben das durch unsere Recherchen durch Spitzenbeamte in den letzten Tagen festgestellt.

Zur Kritik kann ich nichts sagen. Allgemein fehlt mir aber folgendes Element in der Diskussion: Wir müssen zwischen Werturteilen und Tatsachen unterscheiden. Auch die Journalisten müssen unterscheiden – und tun dies auch vielfach, meistens, von mir aus immer – zwischen einem Meinungsjournalismus und einem Faktenjournalismus. Ich glaube, dass die Meinungsfreiheit grenzenlos frei sein muss, also nicht sanktioniert werden soll – die Äußerung einer Meinung! –, dass man aber bei Fakten, die man einem anderen vorwirft (Abg. Dr. Fekter: Bei der Wahrheit bleiben muss!), durchaus sehr empfindlich und sorgfältig sein muss, nämlich bei falschen Fakten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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37. Sitzung / Seite 19

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wir kommen zur 5. Anfrage. – Frau Abgeordnete Prammer, bitte.

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

51/M

Wie beurteilen Sie die äußerst kritische Einschätzung Ihrer Person durch die "drei Weisen"?

(Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Die Beurteilung durch mich ist eine sehr kritische. (Abg. Mag. Trattner: Eine typisch "intellektuelle" Prammer-Frage!) Ich habe es schon öfter gesagt – auch gestern hier im Hohen Haus – und wiederhole das, dass den drei Weisen bei der Beurteilung meiner Person unrichtige Fakten vorgelegen sind.

Ich habe mich nämlich nicht an Massenklagen beteiligt, ich habe nicht den Strafrechtseinsatz gegen Kritiker verlangt, und ich habe auch nicht den Standpunkt vertreten, dass es Freiheit der Meinungsäußerung nur für einige geben darf, sondern ich habe immer den Standpunkt vertreten, Meinungsfreiheit ist ein unteilbares Gut für alle!

Und wenn diese Fakten, nämlich mein wirklicher Standpunkt, den drei Weisen vorgelegen wären, wären sie nicht zu dieser Kritik an mir gekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Prammer, bitte.

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Bundesminister, ich beziehe mich noch einmal auf den Bericht, den ich ja nicht zusätzlich zitieren muss, und zwar auf Punkt 107. Es hat Dr. Jörg Haider am 24. Mai – also nicht am 15. Mai, sondern am 24. Mai – in der APA auch die Forderung erhoben, nach § 248 Strafgesetzbuch gegen Oppositionspolitiker vorzugehen.

Nun meine Frage: Teilen Sie die Meinung des Landeshauptmannes von Kärnten, oder teilen Sie die Meinung der Judikatur und aller Experten, dass dieser Paragraph gegen Oppositionspolitiker auf keinen Fall anzuwenden ist? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist unzulässig, diese Frage!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich kenne dieses Interview nicht im vollen Wortlaut und werde mich dazu äußern, wenn mir der vollständige Text bekannt ist. Sie erkennen aber daran, dass alle Vorwürfe gegen mich, wonach dieser § 248 schon am 15. Mai diskutiert worden wäre, falsch sind. Er ist erstmals offensichtlich an diesem Tag diskutiert worden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Prammer: Nein!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Graf, bitte.

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! (Abg. Mag. Prammer steht nach wie vor neben ihrem Sitzplatz. – Rufe: Hinsetzen! – Abg. Dr. Partik-Pablé  – in Richtung der Abg. Mag. Prammer –: Setzen Sie sich! Sie haben nichts mehr zu fragen! – Abg. Dr. Khol: In die Bank!) Ich versuche, aus dieser Frage die Grundfrage, das Thema der allgemeinen Ministerverantwortlichkeit herauszulesen, und stelle daher – weil ja in der Ver-gangenheit immer gerne die politische Verantwortung für das Tun und Handeln von Politikern, insbesondere ehemaliger Regierungspolitiker, übernommen worden ist – die Frage:

Ist Ihnen bekannt, dass Kollegin Prammer, trotz eines von ihr im Jahre 1998 als Bundesministerin verschuldeten Schadens in Sachen Rindfleisch, welcher in die Hunderte Millionen Schilling gegangen ist, nicht zurückgetreten ist? (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, ich überlasse es Ihnen, ob Sie eine Frage, die offenbar nicht im Zusammenhang mit dem Bericht der drei Weisen steht, dennoch beantworten wollen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Vor der eigenen Haustüre kehren, Frau Prammer!)

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich möchte wegen allgemeiner Bekanntheit der Antwort die Frage nicht beantworten. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Edlinger: Das war jetzt "intellektuell"!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Gahr, bitte.

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Bundesminister! Wurden Sie von den "drei Weisen" in irgendeiner Weise persönlich kontaktiert beziehungsweise zur Auskunftserteilung eingeladen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich wurde bei einem Gespräch mit den drei Experten in Wien mit verschiedenen Themen befasst. Ich habe aus eigenem noch weitere Informationen über die Pressekonferenz am 15. Mai angeboten, doch wurden dazu keine Fragen gestellt, was logisch war, da dieses Thema nicht im Mandat der drei Weisen gelegen war.

Mit den konkreten Vorwürfen, die gegen mich erhoben wurden, wurde ich nicht befasst. Es hätte eigentlich ein zweites Gespräch geben sollen und müssen. Ich habe auch schriftlich darum gebeten, die drei Experten haben das aber ignoriert.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundesminister! Gestern haben Sie in der Debatte anlässlich der Aufhebung der so genannten bilateralen Maßnahmen hier das Parlament falsch – ich will nicht sagen informiert, aber dem Parlament zumindest falsch Auskunft gegeben. Sie haben nämlich gemeint, Landeshauptmann Jörg Haider hätte am 15. Mai nicht die strafrechtliche Verfolgung Oppositioneller verlangt. Dem ist absolut nicht so! Sie müssten es besser wissen, denn Sie sind neben ihm gesessen. Er hat es sogar noch präzisiert und ganz deutlich gemacht. (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Frage! Frage!)

Meine Frage, Herr Bundesminister, steht nun wieder im Zusammenhang mit Punkt 104 des Weisenberichtes, aus dem ich Ihnen einen Satz vorlesen möchte, an den ich dann meine Frage knüpfe. (Widerspruch bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Keine Ahnung von der Geschäftsordnung!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Kollegin Stoisits! Wir haben ein sensibles Klima, und ich werde nicht dulden, dass der Vorsitz quasi kollektiv geführt wird, aber Sie müssen es mir leichter machen: ein, zwei Sätze Begründung und dann eine Frage. (Abg. Ing. Westenthaler: Das kann sie ja nicht!) Und jetzt bitte ich Sie, ohne aus dem Weisenbericht zu zitieren, die Frage zu stellen.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Herr Präsident! Gerne komme ich Ihrer Bitte nach, Sie sind der Vorsitzführende, aber das Problem bin nicht ich (Rufe bei den Freiheitlichen: Oh ja!), sondern ist der Herr Bundesminister. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Werden Sie in Zukunft das Parlament exakt, richtig und präzise in-formieren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich habe nach meiner Überzeugung das Parlament immer richtig informiert – und werde das auch in Zukunft tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen jetzt zum 6. Fragenkomplex. Herr Abgeordneter Karl Freund wird seine Frage formulieren. – Bitte.

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

49/M

Welche Justizvollzugsanstalten sind nach den Plänen des Bundesministeriums für Justiz von einer Schließung bedroht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Wir arbeiten im Justizministerium seit einigen Wochen an einem Gesamtkonzept des Strafvollzuges. Das Gesamtkonzept wird voraussichtlich im März 2001 vorliegen. Diese Frage werde ich erst dann exakt beantworten können. Derzeit ist kein konkreter Plan in Arbeit, eine bestimmte Anstalt zu schließen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Ich möchte Sie noch fragen, Herr Bundesminister: Wie viele Schubhäftlinge sind in den Justizvollzugsanstalten untergebracht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: In Klagenfurt 10, in Korneuburg 3, in Krems an der Donau 19, in Ried im Innkreis 8 und in Stein 6, also insgesamt 46.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundesminister! Wie steht es um die Jugendvollzugsanstalt in Gerasdorf? Ich habe schon mehrmals gehört, dass es Pläne gibt, dort Änderungen durchzuführen, beziehungsweise bis hin zur Schließung.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Bitte, Frau Abgeordnete, fragen Sie mich in Zukunft immer direkt. Sie bekommen dann sofort eine Auskunft, die sich nicht widersprechen wird. Ich sage dazu immer dasselbe. Gerasdorf könnte nur geschlossen werden, wenn wir eine bessere Lösung finden. Wir haben dort einige Probleme, obwohl die Anstalt sehr gut ist. Eines der Probleme ist zum Beispiel, dass sie so abgelegen situiert ist, dass man nur schwer einen Freigang geben kann. Das macht uns Sorgen.


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Die Anstalt wurde vor zirka 20 Jahren gegründet, da hat noch eine andere Philosophie im Jugendstrafvollzug geherrscht. Jetzt ist die Tendenz in die Richtung gegangen, dass nur mehr wegen schwerer Delikte längere Strafen verhängt werden. Viele kleinere Delikte werden durch außergerichtlichen Tatausgleich und Ähnliches erledigt. Also insgesamt bemühen wir uns um diese Anstalt sehr. Wir haben dort auch Lehrwerkstätten, um die wir uns sehr kümmern. Auch die Justizwache ist dort sehr bemüht, wofür ich mich auch gleich bedanke, weil dort sehr viel Idealismus herrscht. Aber im Prinzip ist keine konkrete Schließung vorgesehen, dies nur, wenn wir eben eine noch bessere Lösung finden sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé, bitte.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Herr Minister! Ebenfalls zu Gerasdorf. Unter einem sozialistischen Justizminister hat man eben die jugendlichen schweren Straftäter von ganz Österreich in Gerasdorf zusammengezogen. Halten Sie es eigentlich für vernünftig, wenn man ein solches Konzentrat an doch sehr schweren Kriminellen dort versammelt? Wäre es nicht besser, andere Formen des Vollzuges für Jugendliche zu finden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.


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Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer:
Gerasdorf ist jetzt auch unter den Jugendgerichtshof Wien gestellt, wo der bekannte Richter Präsident Dr. Jesionek tätig ist. Ich werde ihn diesbezüglich kontaktieren. Ihre Argumente sind plausibel. Eine konkrete bessere Antwort kann ich jetzt noch nicht geben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Otto Pendl, bitte.

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Bundesminister! Erfreulicherweise halten sich die Belagszahlen in den Justizanstalten seit einigen Jahren konstant, aber wir haben innerhalb jener, die nach § 21 (1) StGB verurteilt sind, ein großes Problem.

Ich frage Sie daher: Planen Sie eine zusätzliche Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher? Wenn ja, soll das ein Neubau werden oder eine Umwidmung einer bestehenden Justizanstalt? Wenn nein, warum wird diesbezüglich nichts unternommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Wir sind weit davon entfernt, nichts zu unternehmen. Das ist ein Problem, das uns ständig beschäftigt. Derzeit sind 300 psychisch kranke Insassen. Wir planen natürlich eine Neuordnung der Unterbringung dieser Insassen, wobei auch an einen Neubau gedacht ist. Die Planung ist aber im Frühstadium. Ich kann noch nichts Konkretes sagen. Tatsache ist, dass uns die Krankenbehandlungskosten sehr zu schaffen machen, weil diese pro Tag bis zu 8 000 S betragen. Schon deshalb versuchen wir, bessere und effizientere Vollzugsmöglichkeiten zu finden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Wir kommen zum nächsten Thema. Frau Abgeordnete Stoisits formuliert die Frage Nr. 54/M. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

54/M

Halten Sie die Verwendung der Bezeichnung "Straflager" für Nationalsozialistische Konzentrationslager nicht in jedem Fall für eine Verharmlosung des Nationalsozialismus?

(Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Wie es Frau Moser getan hat!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Frau Abgeordnete! Diese Frage ist derzeit, wie wir aus den Zeitungen wissen, Gegenstand eines Verfahrens. Ich möchte hier nicht präjudiziell durch eine Kommentierung eingreifen. Aber ich kann Ihnen aus der Judikatur Folgendes sagen. (Abg. Edlinger: Er hat keine Meinung!) Ich gebe meine Meinungen nicht bekannt, wenn dadurch ein Strafverfahren präjudiziert werden könnte oder zumindest der Eindruck entstehen könnte, dass dies der Fall ist. (Abg. Nürnberger: Vertreten Sie in dem Prozess? Das ist unglaublich!)

Aber ich sage Ihnen, dass im Rahmen einer Zivilentscheidung über eine einstweilige Verfügung der Oberste Gerichtshof entschieden hat, dass die Verwendung des Begriffes "Straflager" nicht als unter das Verbotsgesetz fallend gewertet wird, wenn gleichzeitig klargestellt wird, dass in derartigen Lagern eine nicht straffällig gewordene ethnische Minderheit vernichtet wurde. Das ist aber eine Zivilentscheidung im Rahmen einer einstweiligen Verfügung des Obersten Gerichtshofes. (Ruf bei der SPÖ: Eine Schande, diese Antwort!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundesminister! Erstens erwarte ich von einem Bundesminister für Justiz, dass er eine klare Meinung vertritt. (Rufe bei den Freiheitlichen: Frage!) Zweitens, Herr Bundesminister, meine präzise Frage: Punkt 104 Weisen-Bericht: In einigen Fällen hat das Verhalten des Justizministers jedoch Besorgnis ausgelöst. – Haben Sie sich, Herr Bundesminister, schon Gedanken darüber gemacht, um welche Fälle es sich dabei handelt? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das sind keine Fragen des Vollzuges!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Natürlich habe ich mir Gedanken gemacht, aber es geht aus dem Bericht der drei Experten nichts Näheres dazu hervor. Ich habe auch versucht, mit Herrn Professor Frowein Verbindung aufzunehmen. Es ist mir bisher nicht gelungen. Sie können sicher sein, dass mich der Bericht der drei Experten, auch wenn ich ihn wegen der unrichtigen Sachverhaltsgrundlage nicht so akzeptieren kann, sehr zum Nachdenken anregt und ich sicherlich bemüht sein werde, alles, was an berechtigter Kritik enthalten ist, besser zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Pittermann, bitte.

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Bundesminister! Man liest immer wieder, dass es in letzter Zeit viel mehr Anzeigen wegen antisemitischer Bemerkungen, Wiederbe-tätigung, neonazistischer Bemerkungen gibt. Wie viele dieser Angezeigten in Absolut- und Prozentwerten sind auch strafrechtlich verurteilt worden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich kann Ihnen die Zahlen detailliert bekannt geben. Ich gebe Ihnen deshalb vorläufig nur eine überschlägige Auskunft. 1989 erfolgten 200 Anzeigen und 1998 424. Die Zahl hat sich also verdoppelt. Es gab in den Vergleichszeiträumen jeweils einen Freispruch. Es gab in den Vergleichszeiträumen 7 Anklagen 1989 und 21 im Jahre 1998, ihre Zahl hat sich also verdreifacht. Es gab 6 Schuldsprüche 1989 und 11 Schuldsprüche 1998, deren Zahl hat sich also verdoppelt. Die genauen Zahlen für alle Jahre können Sie jederzeit bei uns bekommen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Graf, bitte.

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! Uns allen hier im Hohen Haus ist noch die Debatte bekannt, in der Frau Kollegin Gabriela Moser im Zusammenhang mit den Konzentrationslagern von Straflagern gesprochen hat.


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Ich frage Sie in diesem Zusammenhang: Haben die drei Weisen in irgendeiner Art und Weise in ihrem Bericht irgendeine Feststellung dahin gehend getroffen, dass irgendeine Partei, die hier im Hohen Hauses vertreten ist, den Nationalsozialismus verharmlost?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Meines Wissens nein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Frage: Herr Abgeordneter Dr. Trinkl, bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Danke, Herr Präsident. – Herr Bundesminister! Wir haben ein sehr strenges Verbotsgesetz. Wie wir wissen, gibt es selbst in Deutschland keine vergleichbare Rechtslage. Sehen Sie auf Grund der Spruchpraxis der österreichischen Gerichte eine Notwendigkeit für eine Änderung des Verbotsgesetzes?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich persönlich nicht, und es liegen auch keine Anregungen dieser Art im Ministerium vor.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit haben wir die Frage Nr. 54/M behandelt und kommen zur Frage Nr. 56/M. Abgeordneter Mag. Schender formuliert sie. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir haben in Österreich sehr lange Verfahren ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Verlesung der Anfrage!

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (fortsetzend): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

56/M

Welche Maßnahmen erwägen Sie derzeit zur Beschleunigung der zivilrechtlichen Verfahren?

Präsident Dr. Heinz Fischer : Bitte, Herr Minister, um Beantwortung.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Wir haben unmittelbar nach meinem Antritt als Bundesminister für Justiz eine Kommission einberufen, die sich mit der Verfahrensbeschleunigung in Zivilrechtssachen befasst und die sehr erfolgreich tätig ist. Ich muss sagen, die Zivilprozesse sind natürlich ein ständiges Sorgenkind, aber wir liegen mit einer Erledigungsdauer von zirka einem Jahr für streitige Verfahren international im Spitzenfeld. Wir wollen diese Verfahrensdauer auf längstens neun Monate in erster Instanz herunterdrücken, und wir glauben, das auch tun zu können. Wir konzentrieren vor allem die Beweisaufnahme in erster Instanz durch eine Prozessförderungspflicht der Parteien, durch einen pflichtgemäßen Vergleichsversuch, durch Verkürzung der Fristen für Sachverständige und vieles andere mehr. Wir sind trotz guter Leistung im Zivilprozess sehr erfolgreich tätig bei der Novellierung der Zivilprozess-ordnung. Die Novelle wird voraussichtlich im Jahre 2001 in Kraft treten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Welchen zeitlichen Verkürzungseffekt erwarten Sie durch diese Maßnahmen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Von einem Jahr auf neun Monate. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Donabauer, bitte.


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Abgeordneter Karl Donabauer
(ÖVP): Herr Bundesminister! Die Zahl der Verfahren bei den Arbeits- und Sozialgerichten vergrößert sich enorm. Die Wartezeiten sind oft unerträglich lang. Als Begründung werden Richtermangel und Mangel an Sachverständigen angegeben. Welche Absichten haben Sie, diese Fristen zu verkürzen? Davon hängen ja die Lebensplanung und Lebensentscheidung vieler Menschen ab.


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Die Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht sind ein großes Sorgenkind von uns, das stimmt. Da legen wir besonderes Augenmerk auf die Verkürzung der Verfahren. Es gibt auch Schwerpunkte in der ersten Instanz. Laienrichter werden nur mehr beigezogen, wenn es Sachentscheidungen gibt. Den größten Verkürzungseffekt erwarten wir uns aber von der Angleichung der Revisionsbeschränkung, so wie wir sie im übrigen Zivilprozess bereits haben. Also für Juristen gesagt: § 508 ZPO soll in Zukunft nach unseren Vorstellungen auch im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren gelten. Wir glauben, dass dort der größte Effekt eintreten wird, weil ja dort die längste Verfahrensdauer zu verzeichnen ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundesminister! Punkt 104 des Weisen-berichtes beschäftigt Sie. Gerade eben haben Sie gesagt, dass Sie sich Gedanken über die berechtigte Kritik machen. Herr Bundesminister, ich frage Sie: Welche Kritik an Ihnen erachten Sie als berechtigt? (Abg. Auer: Das hat mit dieser Frage nichts zu tun! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Fragen Sie den Vollzug betreffend!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister! So wie vorhin überlasse ich es Ihnen, ob Sie die Frage beantworten wollen. Sie steht in keinem Zusammenhang mit dem zivilrechtlichen Verfahren. – Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Es ist mir schon ein Bedürfnis, auf diese Frage zumindest grundsätzlich einzugehen. Da der Sachverhalt, der kritisiert wird, völlig unrichtig angenommen ist, kann ich aus diesem Grund, aber nur aus diesem, in dem Bereich, den Sie meinen, nichts finden. Das heißt aber nicht, dass ich den Bericht nicht sehr aufmerksam durchlese und versuche, das Positive, das kritisch Positive daraus zu verarbeiten. Aber darüber gebe ich jetzt keine nähere Auskunft. Nur: Das, was Sie als Schwerpunkt meinen, kann ich so nicht akzeptieren, weil der Sachverhalt falsch angenommen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiterer Wunsch nach Zusatzfragen zu diesem Thema? – Liegt mir nicht vor.

Wir kommen daher zur 9. und letzten Frage. – Frau Abgeordnete Mag. Wurm, bitte.

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Bundesminister! Gegen eine Absenkung der Strafmündigkeit ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Minister (Abg. Dr. Khol: Nein, bitte nicht!), bitte, Frau Abgeordnete, um Verlesung der Anfrage!

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (fortsetzend): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

52/M

Warum befürworten Sie entgegen dem Rat der Fachleute die Herabsetzung der vollen Strafmündigkeit auf 18 Jahre?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich muss das aufklären. Wir haben in der Geschäftsordnung die Bestimmung, dass die Frage zu verlesen ist, so ist es. (Abg. Auer: So ist es!) Wir können daher bei keiner Fraktion anders vorgehen.

Herr Minister, bitte um Beantwortung.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Es ist richtig, dass im Zuge der Herabsetzung des Volljährigkeitsalters im zivilrechtlichen Bereich auch die Obergrenze des Alters für Jugendliche für das Jugendstrafrecht herabgesetzt wird. Es erfolgt also zunächst einmal eine jahresmäßige Angleichung, womit wir uns in Gesellschaft der meisten europäischen Staaten befinden. Darüber hinaus sind wir aber bemüht, durch angleichende Maßnahmen, durch Begleitmaßnahmen im Erwachsenenstrafrecht, die für heranwachsende Jugendliche – wir nennen sie jetzt junge Erwachsene – passend zugeschnitten sind, eine legistische Anpassung zu finden, mit deren Hilfe die Richter in der Lage sind, die Jugendlichen genauso individuell zu beurteilen wie vorher.

Ich darf darauf hinweisen, dass die Verfahren auch weiterhin vor dem Jugendgerichtshof von den entsprechenden Geschäftsabteilungen durchgeführt werden, was bedeutet, dass dieselben Richter, die früher über diese Altersgruppe entschieden haben, auch jetzt über diese Altersgruppe entscheiden. Aber durch Begleitmaßnahmen wollen wir erreichen, dass vor allem das Instrumentarium für diese Altersgruppe größer wird und nicht eine lineare Erhöhung der Strafen erfolgt, so wie das befürchtet wird.

Eine konkrete Kritik, dass es zwingend zu höheren Strafen kommen muss, liegt zum Teil in Randbereichen vor. Dieser Kritik gehen wir nach, und wir versuchen, im Begutachtungsverfahren das Beste im Interesse der jungen Erwachsenen zu machen. Wir haben zum Beispiel gestern hier im Hause in einer Pause, in der ich nicht hier auf der Regierungsbank sein musste, mit zwei Jugendrichtern konferiert. Also Sie können sicher sein, dass wir das Problem erkannt haben, nur anders lösen, als es andere vielleicht gelöst haben wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Wurm, bitte.

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Der Präsident des Jugendgerichtshofes Dr. Udo Jesionek und auch andere Fachleute genauso wie internationale Gesetzgebungen sind gegen die Herabsetzung der Strafmündigkeit. Was mir jetzt trotz Ihrer Erklärung fehlt (Rufe bei den Freiheitlichen: Frage!), ist die sachliche Begründung für die Herabsetzung.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Zunächst liegt die Begründung in der Rechtsvereinheitlichung. Das ist eine Forderung, die berechtigterweise immer an uns herangetragen wird. Zu einem präzisen Zeitpunkt tritt der Jugendliche in die so genannte Erwachsenenwelt ein. Trotzdem versuchen wir in Zusammenarbeit mit Wissenschaftern und Jugendrichtern durch Anpassungsregelungen im Erwachsenenstrafrecht, die Situation für die Jugendlichen nicht dramatisch zu verändern.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Schender, bitte.

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Halten Sie das Verhältnis der Strafdrohungen für Jugend- und Erwachsenenstraftaten für grundsätzlich überdenkenswert?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Das Verhältnis ist bewährt, die Jugendrichter sind anerkannt in ganz Europa. Das Problem, das wir haben, habe ich soeben beschrieben. Es betrifft nur die jungen Erwachsenen zwischen dem 18. und dem vollendeten


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21. Lebensjahr. Da wird es zum Beispiel keine lebenslange Strafe geben, und in diesem Fall ist auch ein besonderer Milderungsgrund vorgesehen, sodass das außerordentliche Milderungs-recht nach § 41 Strafgesetzbuch für diese Jugendlichen eher anwendbar ist als für Erwachsene. Wir feilen noch an diesem Ergebnis. Wir glauben, dass wir auf einem guten Weg sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Fekter, bitte.

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Gibt es durch die Herabsetzung einen Bedarf an Neuorganisation bei der Jugendgerichtsbarkeit, weil doch gerade im Bereich 18, 19 sehr viele Fälle dann plötzlich auftauchen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Nein, das wird auch nicht konkret verlangt, da in Zusammenarbeit mit dem Justizausschuss eben diese Anpassungsregelungen sehr sorgfältig und mit viel Verständnis für die Jugendlichen in Gesetze umgesetzt werden sollen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, bitte.

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Bundesminister! In Österreich existiert ein in der EU einzigartiger Strafrechtsparagraph – 209 –, der freiwillige Beziehungen zwischen über 19-jährigen jungen Männern und 14- bis 18-jährigen jungen Männern kriminalisiert. Vom Europaparlament ist Österreich schon x-mal aufgefordert worden, diesen Paragraphen abzuschaffen. Es gibt jetzt einen Unterausschuss zur Abschaffung, wo ich aber auch noch kein Ergebnis sehe. (Rufe bei den Freiheitlichen: Frage!)

Herr Bundesminister! Bedeutet das Vorhaben der Herabsetzung der vollen Strafmündigkeit auf 18 Jahre, dass das auch für den Strafrechtsparagraphen 209 gilt und dass dadurch die Kriminalisierung schwuler Männer in Österreich noch verschärft wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Von einer Verschärfung ist mir offen gestanden nichts bekannt – vielleicht habe ich auch etwas überhört in Ihrer Frage, aber ich glaube nicht. Es gibt eher eine Diskussion, ob und in welchem Ausmaß die von Ihnen angesprochene Altersgrenze herabgesetzt wird. Es ist eine offene Diskussion im Gang – ich stehe dieser eher positiv gegenüber.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit haben wir alle neun Anfragen beendet, das heißt, wir haben im Schnitt kürzere Zusatzfragen und kürzere Antworten gehabt als bei mancher anderen Fragestunde. Alles ist offenbar sehr subjektiv.

Herr Minister, ich danke für die Beantwortung der Fragen und erkläre die Fragestunde für beendet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesminister Dr. Böhmdorfer: Auf Wiedersehen!)

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Bautenausschuss:

Antrag 259/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Energieeffizienzverbesserung bei Bundesgebäuden;


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Finanzausschuss:

Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (281 der Beilagen),

Antrag 256/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird;

Gleichbehandlungsausschuss:

Antrag 263/A (E) der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossen betreffend: Gleichbehandlungsgesetz für die Privatwirtschaft,

Antrag 264/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, BGBl. I Nr. 153/1999, geändert wird;

Hauptausschuss:

Antrag 258/A der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen gemäß Art. 49b B-VG iVm § 26 GOG-NR auf Durchführung einer Volksbefragung gemäß Art. 49b B-VG für den Erhalt des öffentlichen Waldes, für die Wahrung der freien Zugänglichkeit zum Wald und zu den Seegrundstücken als Erholungsraum und für den Erhalt der öffentlichen Wasserressourcen;

Justizausschuss:

Antrag 257/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB) geändert wird,

Antrag 261/A (E) der Abgeordneten Dr Gabriela Moser und Genossen betreffend Schadenersatz für Urlaubsärger;

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bundesgesetz, mit dem die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber rechtlich verselbständigt werden (Spanische Hofreitschule-Gesetz) (282 der Beilagen);

Umweltausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz über den Umweltsenat (USG 2000) erlassen wird (280 der Beilagen),

Antrag 260/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Rettung der Mehrwegsysteme im Getränkebereich;

Verfassungsausschuss:

Antrag 254/A der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen betreffend ein Bundesver-fassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz um Bestimmungen über eine Infrastrukturkompetenz des Bundes ergänzt wird;

Wirtschaftsausschuss:

Antrag 262/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, lic.oec. HSG Irina Schoettel-Delacher und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Förderung der Maschinenstickerei im Lande Vorarlberg getroffen werden (Stickereiförderungsgesetz), BGBl. Nr. 222/1956, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 187/1985, aufgehoben wird.

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Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

Präsident Dr. Heinz Fischer: Um die Punkte 6 und 7 der heutigen Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es nach § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, auf die so genannte 24-stündige Aufliegefrist zu verzichten; dafür ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.

Bei den Punkten 6 und 7 handelt es sich um Berichte des Immunitätsausschusses, und zwar über Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler – das ist der Ausschussbericht 293 – und des Abgeordneten Dr. Peter Pilz – das ist der Ausschussbericht 294.

Ich stelle fest, dass das Quorum für eine solche Abstimmung vorhanden ist, und bitte jene Da-men und Herren, die mit der Abstandnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist einverstanden sind, um ein diesbezügliches Zeichen.

Ich stelle fest: Der Nationalrat hat dies einstimmig , das heißt natürlich auch mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit, beschlossen.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 2 bis 4 der heutigen Tagesordnung zusammenzufassen.

Gibt es dagegen Einwendungen? (Die Abgeordneten Mag. Trattner , Dr. Kostelka und Dr. Gusenbauer bleiben stehen.) Bitte, sind das Einwendungen? (Abg. Mag. Trattner setzt sich.) – Das ist nicht der Fall. Auch Kollege Kostelka hat keine Einwendung, nehme ich an. (Auch die Abgeordneten Dr. Kostelka und Dr. Gusenbauer setzen sich.)  – Gut, dann ist auch das so beschlossen.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1038/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine Kurzdebatte über die Beantwortung Nummer 1038/AB zur Anfrage 1032/J der Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber betreffend den möglichen Verkauf der Österreichischen Bundesforste zwecks budgetärer Einmalerfolge durch den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft abzuhalten.

Diese Kurzdebatte findet nach § 57a der Geschäftsordnung um 15 Uhr statt. – Dringliche Anfrage wurde heute also keine eingebracht.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, dass Herr Abgeordneter Dr. Kostelka beantragt hat, dem Hauptausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 258/A der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen auf Durchführung einer Volksbefragung für den Erhalt des öffentlichen Waldes, für die freie Zugänglichkeit zum Wald und für die Sicherung der öffent-lichen Wasserressourcen eine Frist bis zum 13. Oktober 2000 zu setzen.

Es liegt mir in diesem Zusammenhang nach § 43 Abs. 3 GOG das Verlangen auf Durchführung einer Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag vor.

Es wird so vorgegangen, dass die Kurzdebatte über den Fristsetzungsantrag im Anschluss an die Debatte zur Anfragebeantwortung anberaumt wird und im unmittelbaren Anschluss daran die Abstimmung erfolgt.

Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung der heutigen Sitzung ein.


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Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über folgende Abwicklung der Debatten erzielt: Es wurde eine Tagesblockzeit von 8 "Wiener Stunden" vereinbart, aus der sich ergeben: Redezeit SPÖ 156 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 116 Minuten und Grüne 92 Minuten.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden.

Ich frage, ob es dagegen Einwendungen gibt. – Das ist nicht der Fall. Damit ist das einstimmig so beschlossen und genehmigt.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht (III-35 der Beilagen) der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage 1998 (247 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit gelangen wir zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Wünscht ein Berichterstatter das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Da keine Berichterstattung gewünscht wird, erteile ich dem ersten Redner, Herrn Abgeordnetem Karl Öllinger, das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 12 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter Öllinger. (Abg. Leikam: Wo ist die Frau Minister? – Zwischenrufe der Abgeordneten Ing. Westenthaler und Öllinger.  – Abg. Ing. Westenthaler: Vor einer Rede von Ihnen bin ich immer heiter! – Abg. Öllinger  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Super!)

9.57

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Sozialbericht 1998 steht zur Debatte. Es ist schon eigenartig: In einer Zeit und Situation, in der die Bundesregierung gerade ein so genanntes "Paket zur sozialen Treffsicherheit" abgeliefert hat und dieses Paket von Expertenseite beziehungsweise von Regierungsseite auch damit begründet hat, dass die Sozialausgaben in Österreich überborden und dass sie eingebremst werden müssen, ist es merkwürdig, dass wir gerade dann eine Debatte über den Sozialbericht abführen, in dem auch Zahlen enthalten sind – Zahlen, Herr Kollege Westenthaler, die vielleicht auch Sie sich einmal anschauen sollten –, Zahlen zu den Sozialausgaben in diesem Land.

Und was fällt auf, wenn wir die Debatte der letzten Monate verfolgen? – Da wird über die steigenden Ausgaben des Staates beziehungsweise der Sozialversicherungen für Kranke, für Pensionen, für die Arbeitslosen diskutiert, und es wird so getan, als ob wir unser Pensionssystem – Herr Kollege Feurstein ist ja immer dafür zu haben – auf null oder beinahe auf null zurückstreichen müssten, weil wir es uns nicht mehr leisten können. Und dann vergleicht man diese Debatte, die auf politischer Ebene von der ÖVP und der FPÖ geführt wird, mit den Zahlen des Sozialberichtes. Und was stellt man fest? – Die Sozialausgaben gehen seit Mitte der neunziger Jahre rapid zurück.

1995 haben wir 29,8 Prozent des BIP für soziale Angelegenheiten ausgegeben. Der Sozialbericht stellt für 1997 28,8 Prozent fest – also eine Minderung um 1 Prozent. 1998 halten wir bei 28,4 bis 28,5 und 1999 – die Zahlen werden gerade aufbereitet – werden es nur mehr 28 Prozent sein. – Auf Deutsch, Herr Kollege Gaugg: Es schaut anders aus, als Sie in Ihren Propaganda-Reden immer verkünden.

Österreich gibt deutlich weniger für soziale Sicherheit und soziale Angelegenheiten aus, schon seit Jahren! Und die Ausgaben sinken jedes Jahr dank der Belastungspakete, die uns schon die alte Bundesregierung, aber auch diese Bundesregierung jetzt beschert haben. (Beifall bei den Grünen.)


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Meine Damen und Herren! Sie stellen sich in die öffentliche Debatte und behaupten, es werde zu viel ausgegeben! Wohin soll die Reise gehen, Herr Abgeordneter Khol? Wohin soll die Reise gehen? – Sagen Sie doch: Sind Sie zufrieden, wenn wir auf 20 Prozent des BIP für Sozialausgaben sind, sind Sie zufrieden, wenn wir bei 15 Prozent gelandet sind, oder ist Ihnen das dann auch noch zu viel? – Sagen Sie doch, was Sie wollen!

Und jetzt komme ich zu diesem Bericht und zur sozialen Treffsicherheit. Sagt der Bericht der Experten für soziale Treffsicherheit, wohin die Reise gehen soll? – Nein. Sagt er, was er will, welches Sozialsystem wir in Österreich haben sollen? – Nein. Sagt, er, dass es gut ist, wenn man für die Integration von armen, schwachen, einkommensschwachen Personen in ein Sozialsystem eintritt? – Nein. Sagt er, dass Ausgrenzung gut ist? – Sagt er auch nicht. Aber in der Praxis, meine Damen und Herren, läuft Ihre Politik, die Politik der neuen Bundesregierung, im Unterschied zum Sozialstaat der siebziger und achtziger Jahre – ich spreche da schon weniger von den neunziger Jahren – ganz klar auf Ausgrenzung, Abgrenzung und auf Angriff auf die sozial Schwachen, auf die Arbeitslosen hinaus. Das ist Ihre Ansage für die Zukunft! (Beifall bei den Grünen.)

Und deutlicher als in diesem Paket für die soziale Treffsicherheit kann es ja nicht mehr gesagt werden. Wo ist denn, bitte, Ihre Liebe für die Familie? Die Familienpartei ÖVP! Die Familienpartei ÖVP will, dass, wenn jemand arbeitslos ist und Familienzuschläge erhält, weil das Arbeitslosengeld, Herr Kollege Stummvoll, im Unterschied zu Ihrem und meinem Einkommen nicht so hoch ist, dass man auf Familienzuschläge verzichten kann, zusammen mit der FPÖ – das haben Sie ja deutlich bestätigt – die Familienzuschläge bei Arbeitslosen kürzen. Die kriegen zu viel Familiengeld!

Meine Damen und Herren! Was waren denn das in den letzten Monaten im Allgemeinen für Ansagen zur Familienpolitik von Ihrer Seite? Offensichtlich sollen diejenigen etwas kriegen, die bisher schon genug hatten. Aber diejenigen, die bisher schon zu wenig hatten, sollen weniger bekommen. – Das ist Ihre Antwort, und das ist Ihre Familienpolitik, meine Damen und Herren von der so genannten christlichen Familienpartei! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Weniger, deutlich weniger an Familienzuschlägen für Arbeitslose – das ist Ihre Antwort.

Aber, meine Damen und Herren, sind das die Gruppen, denen es zu gut geht? Sind das wirklich jene, denen es zu gut geht? Wissen Sie, was es heißt, mit einer Notstandshilfe von 5 000 S, 6 000 S oder 7 000 S leben zu müssen? Ich denke, der Kollege Feurstein kennt die Zahlen. Er weiß, wie hoch die durchschnittliche "Arbeitslose", wie hoch die durchschnittliche Notstandshilfe ist; das wird ja im Sozialbericht beschrieben. Und die Ausgaben aus der Arbeitslosenversicherung werden zu den treffsichersten Ausgaben gezählt. Da wird derzeit tatsächlich denen gegeben, die im untersten Einkommenszehntel sind. Die erhalten das meiste aus der Arbeitslosenversicherung – derzeit noch, denn das wird sich durch Ihre Politik ändern, meine Damen und Herren. Das wird sich durch Ihre Politik ändern!

Sie wissen, dass Österreich im internationalen Vergleich keine hohen Gelder für Arbeitslose zahlt. Die Ersatzraten sind in Österreich niedrig, das wissen Sie. Und trotzdem gehen Sie her und streichen dort, wo die Leute das Geld am dringendsten nötig haben: bei jenen Arbeitslosen, die nicht nur sich selbst, sondern auch Familien zu versorgen haben.

Und darüber hinaus gibt es natürlich Maßnahmen, die jenen, die bisher schon keinen Anspruch auf Notstandshilfe hatten, in Zukunft das Leben noch schwerer machen. Und damit bin ich beim Thema Mitversicherung.

Der Expertenbericht stellt zum Thema Abschaffung der beitragsfreien Mitversicherung abschließend fest: Lassen wir die Finger davon. – Ich wiederhole: Lassen wir die Finger davon!

Ich zitiere: Angesichts der Komplexität des Themas wurde innerhalb der Arbeitsgruppe auch erwogen, den Standpunkt zu vertreten, dass das Problem so komplex sei, dass keine befriedigende Lösung gefunden werden könnte, weshalb ein Festhalten an der geltenden Rechtslage empfohlen werde. "Redliches Scheitern" nennt Herr Dr. Mazal diese Haltung der Arbeitsgruppe. – Was Sie machen, ist unredliches Bemühen – unredliches Bemühen, jene zu treffen, die schon bisher am Rand gestanden sind.


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Und ich werde Ihnen ein Beispiel nennen, meine Damen und Herren, ein Beispiel für die Problematik der beitragsfreien Mitversicherung. Schon bisher war es so, dass eine Frau, die Arbeitslosengeld erhalten hat und verheiratet war, keine Notstandshilfe erhalten hat, wenn das Partnereinkommen über 13 000 S oder 14 000 S brutto gelegen ist.

Meine Damen und Herren! Da liegt ein Familieneinkommen von 13 000 S oder 14 000 S brutto für zwei Personen vor, und die zweite Person, die Frau, die arbeitslos war und daher Anspruch auf Arbeitslosengeldleistungen hätte, hat schon bisher nach gültigem Recht keine Arbeitslosengeldleistungen erhalten, weil der Gesetzgeber – ÖVP und SPÖ beziehungsweise jetzt ÖVP und FPÖ – findet, das ist genug. 13 000 S brutto für zwei Personen sind genug, davon kann man doch ordentlich in Saus und Braus leben! – Das ist Ihre Meinung.

Und jetzt wird noch ein Schäuferl nachgelegt. Eine Frau, der die Notstandshilfe aus diesem Grund nicht gegeben wurde, soll sich jetzt mitversichern lassen, denn sie wäre jetzt nicht mehr mitversichert über ihren Partner. Da soll jetzt der Mann, der 13 000 S nach Hause bringt, auch noch für die Mitversicherung seiner Frau zahlen.

Wissen Sie, was es bedeutet, bei 13 000 S noch ein paar hundert Schilling für eine Mitversicherung aufbringen zu müssen? Herr Kollege Gaugg, können Sie sich das vorstellen? Ist das Ihr Einsatz für den "kleinen Mann" und die "kleine Frau"? Glauben Sie wirklich, dass Sie diese auch nur im Ansatz vertreten, dass das ein Beitrag ist, der diesen Personengruppen hilft?

Und damit bin ich bei Ihnen, Frau Sozialministerin. Ich kann mich erinnern, in einer Sendung vor zwei oder drei Tagen wurden Sie zitiert mit Ihrer Aussage: Es gibt zu wenig Wärme in Österreich. Es gibt zu wenig soziale Wärme, es muss wieder wärmer werden. – Meine Damen und Herren! Was Sie machen und was Sie gemeinsam mit den anderen Mitgliedern der Bundesregierung in der Frage der sozialen Lage zu verantworten haben, das ist schlimm und kalt genug. Ich hoffe, dass Ihnen die Wählerinnen und Wähler beim nächsten Mal so ordentlich einheizen werden, dass Ihnen tatsächlich warm wird. (Beifall bei den Grünen.)

10.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Nürnberger. – Bitte.

10.08

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Frau Bundesminister, ich stelle mit Erstaunen fest, dass Sie einmal bei einer Sozialdebatte ohne Minister Bartenstein die Regierung vertreten dürfen. (Abg. Rosemarie Bauer: Was soll das?) Normalerweise ist er nämlich Ihr Einflüsterer. (Bundesministerin Dr. Sickl: Ich brauche keinen Einflüsterer!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Fekter: Das war eine diskriminierende Äußerung gegenüber einer Dame!) Der Sozialbericht 1998, der hier offiziell vorliegt, ist noch ein Bericht, der das Wort "sozial" verdient: niedrige Arbeitslosenrate, gutes Wirtschaftswachstum und zum Beispiel eine Steuerreform, die vor wenigen Monaten in Kraft getreten ist, bei der die Menschen weniger Steuer zahlen. Das sind aber Grundlagen – das muss ich mit aller Deutlichkeit sagen –, die die letzte Regierung geschaffen hat und die eindeutig ein Verdienst der Frau Ministerin Hostasch und des ehemaligen Finanzministers Rudolf Edlinger sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Einen Sozialbericht, wie er heute vorliegt, werden Sie, geschätzte Frau Bundesministerin, nicht vorlegen können, und ich werde Ihnen das auch nachweisen und begründen. Frau Sickl sagt im "Report" am 19. September: Soziale Gerechtigkeit stärker betonen. – Am Beispiel der Unfallrenten, meine sehr geehrten Damen und Herren, erkennt man das Empfinden der Frau Sickl für soziale Gerechtigkeit.

Denn wann erhält jemand eine Unfallrente – die nun besteuert werden soll, und das bezeichnet Frau Sickl als Harmonisierung! –? Eine Unfallrente aus der AUVA bekommt man, wenn man zum Beispiel eine abgequetschte Hand hat, ein amputiertes Bein, oder wenn man sein Augenlicht verloren hat.


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Frau Sickl, Sie meinen also, es ist treffsicher, menschliches Leid von Arbeitsunfallopfern zusätzlich zu besteuern. Ich gebe Ihnen einen Rat: Schauen Sie im Duden nach, was unter Harmonisierung, unter Harmonie zu verstehen ist! Ich habe gesagt, Sie werden einen solchen sozialen Bericht wie den zur Diskussion stehenden nicht vorlegen können, weil Ihnen jede soziale Gesinnung fehlt, Frau Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich Ihnen aus dem Maßnahmenpaket, das am Dienstag im Ministerrat beschlossen worden ist, an Hand von zwei Beispielen vor Augen führen, was Sie hier beschlossen haben.

Kürzung der Familienzuschläge von 663 auf 400 S und Deckelung der Nettoersatzrate von bisher 80 auf 75 Prozent. Vorweg gesagt: Es trifft in erster Linie alleinverdienende Arbeitslose mit Kindern und insbesondere alleinerziehende Frauen mit mehreren Kindern.

Beispiele dazu: Eine Alleinerzieherin mit drei Kindern, die bisher inklusive drei Familienzuschläge 5 700 S Arbeitslosengeld erhalten hat – sie hat einmal ein Bruttoeinkommen von 7 700 S gehabt –, bekommt in Zukunft nur mehr 4 900 S.

Ein zweites Beispiel: Ein alleinverdienender Arbeitsloser mit Ehepartner und drei Kindern – Sie werden mir Recht geben, dass eine Mutter mit drei Kindern nur schwer arbeiten gehen kann – hat bisher vier Familienzuschläge bekommen, insgesamt 12 500 S. Er hat ein letztes Arbeitsverdiensteinkommen von 25 000 S brutto gehabt – das ist ohnehin schon gut bezahlt in der Wirtschaft – und bekommt in Zukunft 11 400 S. (Abg. Riepl: Das ist unsozial!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Regierungsparteien! Sie haben wahrscheinlich den Bericht der Experten nicht ganz gelesen. Der Expertenbericht, der diese Kürzungsmöglichkeit zwar aufgelistet hat, verweist auch ausdrücklich auf die Bedenklichkeit einer solchen Maßnahme aus armutspräventiver Sicht. – Nachzulesen unter Punkt 5.3.6, letzter Absatz des Berichtes.

Weitere Beispiele: In Zukunft Sperre der Leistung für vier Wochen auch bei einvernehmlicher Auflösung oder bei Lösung durch Zeitablauf bei einem Arbeitsverhältnis. Ich sage einmal grundsätzlich, dass davon 430 000 Menschen betroffen sind. Zeigen Sie mir einen einzigen Dienstnehmer, der von Haus aus Interesse daran hat, in ein befristetes Arbeitsverhältnis einzutreten! Ich kenne eigentlich niemanden, aber vielleicht gibt es eine Hand voll, Kollege Feurstein, weil du mich so ernst ansiehst. Das heißt, wir treffen hier in erster Linie Saisonbeschäftigte, Bauarbeiter und im Fremdenverkehr Beschäftigte.

Und nun ein ganz interessantes Beispiel aus der Praxis: Einer als Arbeit suchend vorgemerkten Sekretärin wird eine Stelle als Karenzaushilfe angeboten – natürlich ein befristeter Arbeitsvertrag. Herr Ex-Generalsekretär der Bundeswirtschaftskammer! Nennen Sie mir einen Dienstgeber, der, wenn er eine Karenzaushilfe aufnimmt, diese auch nur einen Tag länger beschäftigt, wenn die karenzierte Kraft wieder da ist! Lehnt die Betreffende diese Arbeitsstelle ab, erhält sie gemäß § 10 Arbeitslosenversicherung für sechs Wochen kein Arbeitslosengeld. Nimmt Sie diese Stelle jedoch an und wird der Arbeitsvertrag nach Rückkehr der zu vertretenden Kollegin aus dem Karenzurlaub erwartungsgemäß nicht mehr verlängert, erhält sie dann ebenfalls eine Sperre, nämlich die vier Wochen, weil die Zeit ja befristet ist. (Rufe bei der SPÖ: Ungeheuerlich! Ein Skandal!)

Nun haben auch die Experten in diesem Bericht etwas dazu gesagt. Was sagen die Experten? – Anzumerken ist, dass der Expertenbericht ausdrücklich darauf verweist, dass die Selbstauflösung eines Arbeitsverhältnisses nicht mit Arbeitsunwilligkeit gleichzusetzen ist – nachzulesen unter Punkt 5.6.3 auf Seite 46, Kollege Feurstein – und Sanktionen auch den Verschuldensgrad mit zu berücksichtigen haben. – Auf Seite 46 nachzulesen. – Gerade bei Zeitablauf, aber auch bei der einvernehmlichen Lösung soll im Gegensatz dazu aber eine Bestrafung ohne Verschulden geschaffen werden.

Und jetzt weiß ich nicht, meine Herren Abgeordneten des ÖAAB, Herr Sozialsprecher Feurstein – der Führer der Mini-Gewerkschaft Gaugg ist jetzt nicht anwesend. (Rufe: Da ist er!) Ach; da ist er ja! Gestern war in der Zeitung "Die Presse" über die Klubtagung zu lesen, wie der


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Zuchtmeister – euer Klubobmann – euch wieder alle auf Vordermann gebracht hat, dass ihr das Paket mitgetragen habt. (Abg. Rosemarie Bauer: Mein Gott!) Ich frage euch, ob ihr auch diese Auswirkungen gelesen habt, dass hier jemand, der 5 700 S hat, nun auf 4 900 S heruntergekürzt wird. Das kann es ja nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

Und dann haben wir den Herrn Abgeordneten Khol in der "Zeit im Bild" erlebt und gesehen, wie diese Regierung arbeitet. Khol: Ein Problem? – Experten werden eingeladen, Vorschläge auf den Tisch gelegt, und dann, zack, zack, zack, ziehen wir sie durch! – Ob das, meine sehr geehrten Damen und Herren (Abg. Donabauer: Da sind auch eure Experten dabei!)  – hättest du gelesen, was im Expertenbericht drinnen steht! –, der Herr Professor Mazal erreichen wollte mit seinem Bericht? Ich bezweifle, dass Sie noch Experten finden werden, die sich als Feigenblatt für Ihren Sozialabbau hergeben.

Und wenn Sie gestern Herrn Professor Marin in der ZiB 3 gesehen hätten, wüssten Sie, dass er eine Generalabrechnung mit diesem Sozialpaket, das Sie da beschließen, gemacht hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Donabauer: Der hat auch gesagt, dass viele Maßnahmen notwendig sind!) Er sagte wörtlich: Es ist leichter, sozial Schwächere zu treffen als jene, die sich wehren können, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das hat er Ihnen gesagt! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

Und ich rufe in Erinnerung, was gestern der Herr Abgeordnete Kiss gesagt hat. Er sagte: Diese Regierung handelt. Mit der SPÖ wäre das nie gegangen, weil das hätte ein Jahr gedauert. – Das ist insofern nicht gegangen mit der SPÖ und wäre auch in Zukunft nicht gegangen, weil wir solche unsoziale Maßnahmen für die Kleinen und Schwächsten in der Gesellschaft verhindert hätten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Neuerlicher lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich bin auch verwundert, denn es hätte ja auch mit der FPÖ nicht gehen dürfen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Warum hätte es mit der FPÖ so zack, zack nicht gehen dürfen? – Ich erinnere an einen wahlkämpfenden Landeshauptmann aus dem Bärental – damit man nicht glaubt, es war jemand anderer –, der versprochen hat, sich für die so genannten kleinen Leute einzusetzen. Wie Robin Hood wollte er es von den Reichen nehmen und an die Armen verteilen. Und jetzt, meine sehr geehrten Damen, stellt sich heraus, dass sich hinter der Maske des Robin Hood in Wirklichkeit der Sheriff von Nottingham verbirgt, und der Sheriff von Nottingham macht es genau umgekehrt: Der nimmt es den Armen und gibt es den Reichen! (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich bin sehr gespannt – jetzt ist er da, jetzt kann ich es ihm nochmals sagen –, was dann der Führer der kleinen Mini-Gewerkschaft, Gaugg, zu diesen Vorgängen sagen wird, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zum Schluss kommend: Ich kann mich erinnern, dass ich, als wir die Ministerieneinteilung diskutiert haben, die Frage gestellt und Zweifel geäußert habe, auf welcher Seite der zuständige Minister für Wirtschaft und Arbeit, einer der reichsten Milliardäre in diesem Land, stehen wird. Mittlerweile ist eine Antwort gekommen, und man kann sich ausrechnen, auf welcher Seite er steht.

Und ein Zweites in diesem Zusammenhang: Erstmals seit vielen Jahren, ja Jahrzehnten mischt sich die Politik in Lohn- und Gehaltsverhandlungen aktiv ein. Warum sage ich das? – Es gibt eine APA-Aussendung über ein Wirtschaftsgespräch des Herrn Ministers Bartenstein vom 10. Juli, APA Nr. 1274. Er sagte unter anderem: Meine größte Sorge um den Standort ist, dass der soziale Friede gefährdet sein könnte. Streiks in Österreich würden uns hart treffen.

Ich habe es nicht gezählt, aber ich habe es da schon zigmal gesagt und unterstreiche noch einmal, dass wir das auch nicht wollen. Ich unterstreiche, was Minister Bartenstein gesagt hat.

Und dann geht es weiter: ... Wirtschaftsminister, der erste Signale für die herbstliche Lohnrunde der Metallgewerkschafter aussandte: Er sei überzeugt, dass sich Metallerchef Rudolf


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Nürnberger seiner Verantwortung für einen Abschluss bewusst sei, der dem Standort Österreich und seinen Beschäftigungschancen Rechnung trägt.

Erstens einmal brauche ich von einem Herrn Minister Bartenstein nicht eine derartige Lobhudelei, und mit der Aussage ist eigentlich klar, wohin es geht: Gewerkschaften, brav sein, ja nicht zu viel verlangen!

Er vergisst nur eines, der Herr Minister Bartenstein: Wir haben seit 1994 die höchste Inflationsrate, und an der hat er als Wirtschaftsminister erheblichen Anteil, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Mit aller Klarheit und Deutlichkeit stelle ich hier fest – und auch da treffe ich mich wieder mit ihm –: Die Gewerkschaften insgesamt, und damit auch ich als Repräsentant der Gewerkschaft Metall, Textil, wir waren uns immer unserer Gesamtverantwortung für die Arbeitsplätze, für den Wirtschaftsstandort Österreich bewusst. Aber ich sage auch ganz klar – und daran wird es nichts zu rütteln geben, Herr Ex-Generalsekretär Stummvoll, und ich fürchte, Sie werden ein paar unangenehme Überraschungen erleben –, wir sind uns auch mit aller Konsequenz der Verantwortung für die Beschäftigten in diesem Lande, für unsere Mitglieder, für die Kolleginnen und Kollegen bewusst, dessen bewusst, dass man deren Lebensstandard sichern und ausbauen muss. Und die Wirtschaftslage ist entsprechend! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

10.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.23

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, dass ich heute etwas fortzusetzen versuche, was gestern offenbar fruchtlos war. Sie werden sich wundern, wenn ich noch einmal betone, die Einführung von Studiengebühren hat etwas mit Sozialem zu tun. Sie werden sich wundern, wenn ich nun sogar in Frau Bundesministerin Sickl Hoffnung dahin gehend setze, dass das, was gestern nicht begriffen wurde, vielleicht von ihr begriffen wird.

Vor Jahren, 1996, als im Rahmen von Strukturpaketen und Sparmaßnahmen Studenten massivst betroffen wurden, schlug man folgende Taktik ein: Man ließ sie im Kreis politischer Verantwortlichkeiten vergeblich tanzen. Nun könnte man vorschlagen, man fasst diese Verant-wortungen zusammen in einem riesigen Staatssekretariat: Bildung, Wissenschaft, Kunst, Arbeit, Wirtschaft, Soziales, Gesundheit, in einem gigantischen Finanzministerium. Das wird aber dann nichts nützen – und ich habe gestern versucht, das zu erklären –, wenn als Drahtzieher und Gedankengeber in einem imaginären Aufsichtsrat Hardliner aus Industriellenvereinigung, Wirtschaftsbund und gewisse Köpfe auch aus dem Koalitionsausschuss das Sagen haben und das Diktat ausüben.

Ich beginne dort, wo ich gestern aufgehört habe, aus dem Schatzkästlein des Wirtschaftsbundes und der Gedanken seines Generalsekretärs Karlheinz Kopf zu zitieren. Er sagte: Was getan werden muss, das muss man auch tun. – Sie sehen ein, das ist Klugheit exponentiell, Grundlage und Möglichkeit für Hunderte von Dissertationen und Habilitationsarbeiten. Man könnte nur einen Satz entgegen stellen, wenn man in der heutigen Zeit, unter unserem heutigen Justizminister, an den höheren Wert der Gerechtigkeit glauben würde, und dieser Satz würde lauten – auch ein Sinnspruch –: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.

Aber lasset alle Hoffnung fahren – ich zitiere Kopf weiter. Kopf sagt: Studiengebühren – diese Ansicht vertritt der Wirtschaftsbund seit Jahren – sind geeignet, heimische Universitäten auf Europa-Niveau zu bringen, überlange Studienzeiten zu verkürzen, die Leistungsorientierung zu heben und für Kostenwahrheit zu sorgen.

Ich versuche, Ihnen jetzt noch einmal ganz langsam und geduldig zu erklären, warum das nicht so ungeheuer europareif und intelligent ist. Ganz nüchterne Fakten werde ich dabei jetzt heranziehen, und da ist nichts von Polemik.


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Die Wirtschaft ist seit den siebziger Jahren jährlich um 2,8 Prozent gewachsen. Die Ausgaben der Universität für Lehre sind pro Kopf um 1,1 Prozent gesunken. Das heißt nach Adam Riese, die Ausgaben für die Lehre, also für Studentinnen und Studenten, hinken 4 Prozent hinter dem Bruttoinlandsprodukt her. Ist das eine Leistung? Ich beurteile das nicht, Sie werden das alleine schaffen.

Das sind OECD-Indikatoren. Die OECD ist Ihnen sicher ein Begriff, und jetzt wird es vielleicht ein bisschen schwieriger, ich bitte Sie daher aufzupassen. Bezogen auf diese OECD-Indikatoren – ich sage es noch einmal, das sind Lehrausgaben pro Kopf und das BIP – sanken die öffentlichen Ausgaben für StudentInnen seit 1970 um 60 Prozent. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt noch einmal eine simple Rechnung nach Adam Riese. – Mit Khol konnte ich dann interessanterweise diskutieren. Schüssel hat immer noch gemeint, Studenten kosten 200 000 bis 300 000 S pro Jahr. – Ich werde Ihnen das vorrechnen: 1998 betrug das Wissenschaftsbudget 31 Milliarden Schilling. Davon flossen zirka 80 Prozent an die 19 österreichischen Universitäten. Nur ein Teil dieser Ausgaben, also dieser 80 Prozent von 31 Milliarden Schilling, lässt sich der Lehre zuordnen. Das sollten Sie eigentlich wissen, es sitzen ja auch einige von Ihnen im Wis-senschaftsausschuss, wenn man auch manchmal fragen müsste: Warum?

Nur ein Teil ist also der Lehre zuzuordnen. Ein guter Teil, mehr als 50 Prozent, wird durch Forschung und Verwaltung geschluckt, um es simpel zu sagen.

Die Studentenzahlen sind stärker gestiegen als die Personalkosten. Die Personalkosten machen 40 Prozent dieses Budgets aus. Und das Personal an den Hochschulen wurde be-fragt – passen Sie noch einmal auf! –: In Arbeitszeitäquivalenten investieren Hochschullehrer zirka 40 Prozent ihrer Arbeit in den Unterricht. Wenn man jetzt das alles subsummiert, ergeben sich Kosten für die Lehre von 40 000 S pro Student. So ist es, so sagt es die OECD, und so sollten Sie es auch nachvollziehen können.

Ich sage das deswegen, weil ich gemerkt habe, dass bildungspolitische, forschungs- und sozialpolitische Argumente anscheinend sinnlos sind. Daher muss man wirtschaftspolitische Argumente, fiskalpolitische Argumente, Argumente von Bilanzbuchhaltern hier ausbreiten, was mir, ehrlich gesagt, keinen großen Spaß macht.

Prinzhorn meint, der erste Schritt für eine unternehmerische Zukunft an den Universitäten sind Hochschulgebühren. Ich sage: nein. 20 Prozent der Studenten leben in ökonomischer Not. 10 Prozent der öffentlichen Transferleistungen wurden bereits 1996 gestrichen. Studieren ist auch nicht gratis, das weiß auch Frau Unterrichtsministerin Gehrer. Die Ausfallskosten durch fehlende Erwerbstätigkeit während des Studiums betragen 177 000 S. Das ist das, was ein Maturant in etwa jährlich brutto verdienen könnte.

Der ökonomische Wert der Bildung hat nach OECD-Statistiken einen Multiplikationsfaktor von drei. Vielleicht verstehen das Wirtschaftsbund und Finanzministerium. Der Staat ist Nettogewinner, wenn Leute das Risiko auf sich nehmen, zu studieren. (Beifall bei den Grünen.) Und wenn es noch jemand nicht weiß: Das Lebenseinkommen unselbständiger Akademiker liegt signifikant unter dem Lebenseinkommen von Absolventen höherer berufsbildender Schulen.

Jetzt weiß ich nicht, ob diese Argumente ausreichen. Ich fürchte, nicht für alle, aber meine Redezeit geht zu Ende und ich möchte daher noch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Grünewald, Freundinnen und Freunde betreffend geplante Einführung von Studiengebühren

Die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen und die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur werden aufgefordert,


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1. allen Bestrebungen zur Einführung von Studiengebühren entschieden entgegenzutreten,

2. Gesetzesvorlagen zur Einführung von Studiengebühren im Ministerrat die Zustimmung zu verweigern.

*****

Wenn das nicht geschieht, hat die Bundesregierung ihr Wort, Wissenschaft und Bildung einen Stellenwert für die Zukunft zuzusprechen, gebrochen. Und sie hat wieder ein Beispiel dafür geliefert, dass man bei jenen, die sich am schlechtesten wehren können, bei jenen, die im Kreis geschickt werden, am leichtesten sparen kann. – Und wenn Sie das gut finden, dann sagen Sie es auch laut und begründen Sie es mit diesen Argumenten, die nicht sehr ruhmreich sind. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

10.31

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte betreffend den Bericht der sozialen Lage hat, was ja ohnehin zu vermuten war, keine Diskussion über den Bericht der sozialen Lage des Jahres 1998 gebracht, sondern eine Diskussion über den Bericht der Experten sowie eine Diskussion über die allgemeine wirtschaftliche Lage. Ich werde daher einmal das nachholen, was Herr Kollege Nürnberger zumindest in seinem Redebeitrag beinhart verschwiegen hat, nämlich das, was in dem Bericht über die soziale Lage 1998 auch drinnen steht.

Herr Kollege Nürnberger! Sie wissen ganz genau, dass sich in der Zeit, in der Ihre Fraktion die Regierungstätigkeit innehatte, etwa im Zeitraum 1996/97/98, die Steuererhöhungen, die Sie damals durchgeführt und den Österreicherinnen und Österreichern abgeknöpft haben, auf 108,5 Milliarden Schilling belaufen haben. Sie bildeten in den Jahren 1996/97 die Grundlage für diesen Bericht 1998. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie 1997 die Autobahn-Vignette eingeführt haben, ich darf Sie erinnern, dass Sie 1997/98/99 die Rezeptgebühren erhöht haben, ich darf Sie erinnern, dass Sie bei Lohnsteuer, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Kapitalertragsteuer, Tabaksteuer, Umsatzsteuer und Versicherungssteuer Gebührenerhöhungen durchgeführt haben, die alle Grundlage dieses Berichtes 1998 sind. (Abg. Ing. Westenthaler: Nürnberger, gut zuhören!)

Ich darf darauf verweisen, dass Sie weiters die Normverbrauchsabgaben, die Rezeptgebühren, die Höchstbeitragsgrundlagen in der Sozialversicherung und all jene Dinge geregelt haben, die auch bei Strom und Gas in entsprechender Form vorhanden sind. (Abg. Aumayr: 107 Milliarden!)

Sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger! Ich darf Sie auch daran erinnern, dass Sie das, was Sie damals in diesem Bereich als notwendige Sparmaßnahmen durchführen mussten, in Ihrer Diktion immer als Absicherung des Sozialstaates bezeichnet wurde. (Zwischenruf der Abg. Huber. ) Jetzt, da Sie aus der Regierungsverantwortung heraußen sind, wollen Sie ähnliche Maßnahmen, die aus sozialer Sicht zu hinterfragen und zu evaluieren sind, selbstverständlich als das verkaufen, was Sie schon immer gerne getan hätten: nämlich als den – im Jargon der Gewerkschaften – Beutezug des Finanzministers und der Sozialministerin bei den Ärmsten in dieser Republik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie sieht der Bericht tatsächlich aus? – In diesem Bericht, sehr geehrte Damen und Herren, erfahren wir eigentlich eine klare Analyse von 28 Jahren sozialdemokratischer Politik in diesem Staate. Sie haben bei Ihren Zielgruppen, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, wenn man den Bericht über die soziale Lage 1998 liest und die daraus folgenden Schlüsse zieht, eigentlich sehr wenig erreicht. Die Zielgruppe dieser 28 und schlussendlich fast 30 Jahre der Sozialdemokratie waren und sind ja heute noch die Frauen. Berichtsinhalt des Berichtes 1998:


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Frauen verdienen um 31 Prozent weniger als Männer; im Zehnjahreszeitraum hat sich dieser Abstand nicht verkleinert, sondern ist nahezu unverändert geblieben.

Ich wiederhole es hier auch noch einmal, wie ich es immer wiederholt habe. Es hat eine kurze Zeit gegeben, in der es den Frauen besser gegangen ist: das war in der Zeit des Sozialministers Hesoun. Aber sobald Minister Hesoun aus seiner Regierungsverantwortung entlassen war, ist es den Frauen wieder schlechter gegangen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind die Zahlen, Herr Kollege Öllinger. Sie können sie sich, weil Sie so zweifelnd schauen, ansehen. Ich gehe davon aus, dass Sie sich, da Sie ja in Ihrer Rede auch einige der Zahlen dieses Berichtes hier erwähnt haben, diese sehr genau und umfassend angesehen haben. Sehen Sie sich die Jahresvergleiche an, sehen Sie sich die Arbeit der jeweils zuständigen Minister an, sehen Sie sich die Entwicklungen an, dann werden Sie selbstverständlich feststellen, dass ich mit diesem Zahlenvergleich und diesen Zitaten Recht habe!

Sehen wir uns aber auch an, wie die Lage bei den Arbeitslosen war! Und sehen wir den aktuellen Stand der Bundesregierung an! Diese Bundesregierung hat es im Jahresvergleich zu August 1999, als Sie noch verantwortlich waren, im heurigen Jahr zuwege gebracht, dass die Arbeitslosenrate deutlich gesunken ist. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger.  – Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beschäftigungseffekte sind deutlich gestiegen. Wir dürfen auch festhalten, dass in diesem Bereich festgestellt worden ist, dass der Unterschied in der Einkommenspyramide der Frauen nicht so sehr durch Arbeitslosigkeit, durch den Bruch in ihrer Karriere oder durch ihre Einkommensmöglichkeiten verursacht wird, sondern vielmehr durch die Entscheidung zwischen Familie und Berufstätigkeit. Ich darf Ihnen den Bericht auch in dieser Frage ans Herz legen.

Ich frage daher, Herr Kollege Nürnberger, warum Ihre Partei gerade in diesem Bereich immer gegen die Vorhaben der Bundesregierung, nämlich den Frauen mit der Einführung des Kindergeldes mehr Flexibilität, mehr Kompatibilität zwischen Arbeit und Familie sowie mehr Gestaltungs- und Wahlfreiheiten zu geben, so heftig polemisiert? Haben Sie diesen Ihren eigenen Bericht nicht gelesen? Das größte Problem für die Frauen, warum sie im Einkommen hinter jenem der Männer zurückbleiben, ist nämlich nicht so sehr die Teilzeitbeschäftigung der Frauen, die einen geringeren Effekt bei der Entwicklung der Löhne der Frauen ausmacht, sondern ausschließlich eine Inkompatibilität zwischen Beruf und Familie.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch im Behindertenbereich, der angesprochen worden ist, haben Sie überlesen, dass seit der Einführung des Pflegegeldes gerade in vielen Bereichen der unteren Pflegestufen erhebliche Ungerechtigkeiten stattfinden und dass im Jahre 1994 die Aufwendungen für Sachleistungen um 70 Prozent höher waren in Relation zu den sonstigen Aufwendungen in diesem Bereich, als sie es im letzten Jahr, 1999, waren. Die Relation zwischen Sach- und Geldleistungen ist von ehemals 1: 2 auf 1: 1,5 heruntergefallen.

Ich glaube daher, dass es besonders bedeutsam ist, dass diese Bundesregierung heute mit einer Milliarde Schilling im Invaliditätsbereich die zweitgrößte Initiative der letzten zehn Jahre in diesem Bereich setzen will. Sie möchte gerade diesen sozialen Ungerechtigkeiten, zu denen es durch die Nichtvalorisierung des Pflegegeldes seit dessen Einführung in Ihrer Regierungstätigkeit gekommen ist, entgegenwirken und in entsprechender Form Verbesserungen durchführen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn Sie hier in den letzten Tagen Kritik daran geübt haben, dass diese Bundesregierung sozial kalt sei (Abg. Huber: Eiskalt!), so ist, glaube ich, wenn man die Entwicklung verfolgt – weil Sie, Herr Kollege Nürnberger, auf die makroökonomischen Rahmenbedingungen betreffend Inflationsentwicklung hingewiesen haben –, Folgendes zu sagen: Der Hauptanteil dieser Entwicklung ist zuerst einmal auf die Erdölverteuerung zurückzuführen. Dazu darf man sagen, dass die Bundesregierung in den letzten Tagen in


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diesem Bereich von sich aus und sehr schnell entsprechende flankierende Maßnahmen für sozial schwache Schichten verabschiedet hat. Ich darf Sie, sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger, schon daran erinnern, dass in den letzten Tagen betreffend Heizkostenzuschüsse in entsprechender Form Verbesserungen gekommen sind.

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass für die Pendlerpauschalen Erhöhungen und Verbesserungen von Seiten der Bundesregierung beschlossen wurden. Falls Sie es noch nicht gelesen haben, Herr Kollege Nürnberger, darf ich schon eines sagen: Die Pendlerpauschale für zwei bis 20 Kilometer betrug bisher 2 880 S, 2000/2001 wird sie 3 240 S betragen. Das geht bis zu einer Entfernung von über 60 Kilometer mit bisher 28 800 S auf künftig 31 680 S. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger.  – Abg. Nürnberger: Ein Tropfen auf den heißen Stein!)

Sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger! Das ist wenigstens eine schnelle Maßnahme, und man sieht auch, dass jene Bundesländer, die bis dato noch etwas zurückgestanden sind, auch etwas tun, wie zum Beispiel das Bundesland Salzburg, das gerade in den letzten Tagen beschlossen hat, eine korrespondierende Schecklösung für die Heizölstützung armer Bevölkerungsschichten zu erreichen. Es hat also die Bundesregierung nicht nur in ihrem eigenen Bereich, sondern auch in jenen Bereichen, in denen bis dato Defizite in den Bundesländern vorhanden waren, einen Umlenkungseffekt erreicht, damit auch dort etwas für die sozial Schwächeren geschieht. Diese Bundesregierung ist nicht kalt, diese Bundesregierung denkt sozial. Ich glaube daher, Herr Kollege Nürnberger, dass Ihre Vorwürfe in dieser Zeit ungerecht sind. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger. )

Ich darf Sie aber auch darauf hinweisen, dass all diese Maßnahmen, sehr geehrter Herr Kollege Nürnberger, nur deswegen notwendig waren, weil Sie uns einen Schuldenberg von 1 700 Milliarden Schilling hinterlassen haben. Ich hätte mir auch gewünscht, in der Zeit der Ära Kreisky I Sozialpolitiker gewesen zu sein, als man das Füllhorn ausschütten konnte, und nicht in der Zeit der Regierung post Kreisky VI, in der durch das Füllhorn des Herrn Kreisky während seiner alleinigen Regierungsverantwortung über mehr als 13 Jahre und in der restlichen Zeit der letzten 30 Jahre in Koalitionsregierungen hier in Österreich dieser Schuldenberg angehäuft wurde. Sie können sich auf jeden Fall vor diesem Schuldenberg nicht drücken und aus Ihrer Mitverantwortung nicht herausstehlen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man die Sozialdemokratie insgesamt in Europa betrachtet, dann sieht man, es sind alle sozialdemokratischen Regierungen von Schweden über Finnland, Deutschland bis Holland gezwungen – manche früher, manche später –, diese verfehlte Sozialpolitik des Gießkannenprinzips zu reduzieren und nunmehr auf jenes Ausmaß zurückzuführen, das sozial treffsicher ist. (Zwischenruf des Abg. Nürnberger. ) Herr Kollege Nürnberger! Wenn Sie glauben, dass Sie bessere, sozial treffsicherere und sozial vernünftigere Argumente haben als die Bundesregierung, so lade ich Sie herzlichst dazu ein, das endlich wieder wahrzunehmen, was in der österreichischen Sozialpartnerschaft in der Vergangenheit hier immer üblich war (Abg. Nürnberger: ... Professor Marin!), nämlich den Dialog zu suchen und bessere Vorschläge einzubringen. Ich glaube nicht, dass sich die Bundesregierung Vorschlägen in diesen Bereichen entgegenstellt.

Kollege Nürnberger! Sie wollen Oppositionspolitik machen – um jeden Preis, um alles. Die Grünen unterscheiden sich hier sehr wohltuend von Ihnen, denn sie können differenzieren, sie sehen, wo die Bundesregierung Verbesserungen macht, und stimmen diesen zu. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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10.42


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Grünewald vorhin eingebracht hat, ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Theresia Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.42

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Mag. Haupt, ich nehme Ihnen ab, weil ich weiß, dass Sie selber betroffen sind, dass Sie sich für die Anliegen behinderter Menschen einsetzen und es natürlich als Skandal empfinden, was sich in den letzten Jahren speziell in der Behindertenpolitik abgespielt hat.

Aber, Herr Magister, das Problem ist, dass die Brutalität, die uns schon die letzte Bundesregierung Jahr für Jahr übergestülpt hat, weitergeht. Das ist das Traurige, wenn man sich anschaut, was jetzt im Rahmen der sozialen Treffsicherheit geplant ist, dass man nämlich mehr oder weniger den behinderten Menschen, die eine Unfallpension bekommen, das Geld wegnimmt und dafür großartig sagt, die Hälfte schiebt sich quasi der Staat ein und für die zweite Hälfte gibt es eine Behinderten-Milliarde. Wobei Sie genau wissen, dass diese Mittel nicht für Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt bestimmt sind, sondern ausschließlich für solche in geschützten Werkstätten. Das heißt nichts anderes, als dass Sie sich 1 Milliarde Schilling auf die Seite legen, um hoffentlich genug behinderte Menschen zu finden, die sich in prekären Dienstverhältnissen in geschützten Institutionen auf dem zweiten Arbeitsmarkt wiederfinden. – Ich hoffe, dass diese Rechnung nicht aufgehen wird.

Wenn Sie es ehrlich gemeint hätten, dann hätten Sie diese Milliarde locker hereinbekommen können, wenn Sie nur bereit dazu wären, die Ausgleichstaxe ein wenig anzuheben. Ich nenne Ihnen jetzt nur ein Beispiel – Stand 1. April 2000, das erfolgte bereits unter der neuen Bundesregierung –: Allein im Ministerium für Landesverteidigung, im Ministerium für Unterricht, Wissenschaft und Kultur sowie im Ministerium für Inneres zahlt man insgesamt pro Jahr 120 Millionen Schilling dafür, dass man sich von behinderten Menschen freikauft, praktisch mit ihnen nichts zu tun haben muss.

Wenn Sie mir jetzt erklären wollen, dass das nichts bringt, sage ich Ihnen Folgendes: Wenn dieser Betrag für alle angehoben würde, hätten Sie das Geld locker in der Kasse, und dann könnten Sie Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt schaffen. Dann wäre es für ein Unternehmen nämlich nicht mehr – so wie es jetzt ist – uninteressant, ob es eine behinderte Person anstellt oder nicht. Mit nur 20 000 S Ausgleichstaxe pro nicht besetztem Arbeitsplatz und Monat hätten Sie – hören Sie mir jetzt gut zu! – 6 Milliarden Schilling an Einnahmen, die Sie tatsächlich in Arbeitsplätze für behinderte Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt investieren könnten. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Gaál. )

Ich habe versucht, Ihnen das deshalb so genau vorzurechnen, weil Sie uns immer den Vorwurf machen: Ihr schimpft über alles. Macht Vorschläge, macht konstruktive Vorschläge! – Das war einer davon, und ich hoffe, er wird von Ihnen aufgegriffen.

Der andere Bereich, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Herr Haupt auch schon angesprochen hat, ist die Pflegegeldvalorisierung. Ja, Herr Haupt, mit Recht haben Sie kritisiert, dass es seit Jahren keine Valorisierung des Pflegegeldes mehr gegeben hat. Und Sie haben es auch in Ihrem Regierungsübereinkommen festgehalten, dass es heuer, wenn schon nicht eine Valorisierung, dann zumindest eine Einmalzahlung im Pflegegeldbereich zur Abdeckung der Nichtvalorisierung geben soll.

Frau Ministerin Sickl! Wir haben bereits Ende September. Auf den Konten der PflegegeldbezieherInnen findet sich diese Einmalzahlung bis heute nicht. Wo ist sie denn? – Ich sage Ihnen, wo sie ist: Sie wird nicht ausbezahlt, und deshalb ist Ihre Politik, wenn es um die Valorisierung des Pflegegeldes geht, mindestens so schändlich, wie es jene der alten Bundesregierung war. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

Jetzt gebe ich Ihnen noch ein Rechenmodell, sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung! Sie sind es, die immer wieder in der Öffentlichkeit mit Zahlen herumspielen, die Ängste und Misstrauen der behinderten Menschen – zu Recht! – gegen diese Bundesregierung auslösen. Sie sprechen davon, die Pflegevorsorge koste 18 Milliarden Schilling, und das könne sich kein Mensch mehr leisten. Diese Aussage ist entweder von Ihnen erlogen, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete, bitte!

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (fortsetzend): ... oder Sie können nicht rechnen. Sie können es sich aussuchen.

Rechnen Sie doch einmal Folgendes aus: Der Hilflosenzuschuss würde nach heutigem Stand 11,8 Milliarden Schilling betragen. Aus der Erhöhung der Sozialversicherung seit 1. Juli 1993 kommen weitere 8 Milliarden Schilling herein. Das heißt, wir sind bereits bei 19 Milliarden Schilling. Durch diese Beträge allein – da habe ich jetzt noch gar nicht abgerechnet, was Ihnen durch die Rückrechnung der Kürzung der Stufe 2 bleibt – verbleiben Ihnen Jahr für Jahr 2,8 Milliarden Schilling im Topf, die Sie ganz einfach, so wie die alte Bundesregierung, in irgendwelche anderen Töpfe zum Stopfen von Budgetlöchern verschwinden lassen. Und dieses Spiel, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, das Sie zu Recht mit mir gemeinsam jahrelang kritisiert haben, betreiben Sie heute selber auf Kosten der behinderten Menschen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

10.50

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Der Sozialbericht 1998 steht heute auf der Tagesordnung, und ich glaube, er zeigt wirklich, wie die Sozialpolitik in der Zusammenarbeit zwischen SPÖ und ÖVP war. Ich meine, die SPÖ kann wirklich sagen, in einigen Bereichen haben wir gemeinsam gute Arbeit geleistet. Das muss man auch anerkennen, wenn man den Sozialbericht liest. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Sie waren dabei, Frau Gatterer!)

Ja, man muss das auch sagen. Wir haben es geschafft, soziale Sicherheit für die Generationen zu schaffen. Wenn man sich die Sozialausgaben der neunziger Jahre ansieht, dann stellt man fest, die Hälfte unserer Sozialausgaben ist für Pensionen ausgegeben worden, ein Viertel für Krankheitsfälle, 10 Prozent für die Familien, 8 Prozent für Invaliditätspensionen und 6 Prozent für Arbeitslose. Es ist uns gelungen, die Pflegevorsorge zu schaffen und ein sehr gutes – weltweit fast das beste – Pensionssystem aufzubauen. Wir haben 99 Prozent Krankenversicherte. Ich glaube, das muss man positiv zur Kenntnis nehmen; und das zeigt der Bericht. Das möchte ich auch festhalten.

Aber es ist natürlich auch vieles darin enthalten, wovon Sie jetzt nicht sagen können, an allem sei die neue Regierung schuld. Es steht dort auch zu lesen, dass bereits 1998 4 Prozent der österreichischen Bevölkerung in der Armutsfalle waren und 11 Prozent armutsgefährdet waren. Es steht dort weiters drinnen, dass gerade Kinder besonders gefährdet sind, nämlich ein Drittel der Kinder. (Abg. Silhavy: Und Sie verschärfen das!)

Ich möchte jetzt schon auch als Frau sagen, dass der Bericht die Lohnunterschiede aufzeigt. Das soziale Gewissen des Kollegen Nürnberger hätte ich mir bei den Verhandlungen zu den Kollektivverträgen gewünscht. (Beifall bei der ÖVP.) Das soziale Gewissen entdeckt er jetzt, da er nicht mehr in dem Ausmaß verantwortlich ist, wobei er als Sozialpartner bei den Verhandlungen die Verantwortung ja noch immer hat. Das möchte ich schon auch sagen.

Ich möchte deswegen bewusst noch einmal sagen, dass auch damals schon – zu unserem großen Bedauern – die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen enorm groß waren. Es steht fest – die UNO hat das auf Grund dieses Berichtes 1998 kritisiert; das möchte ich auch dazusagen –, dass immer noch Lohnunterschiede von zwischen 28 und 40 Prozent bestehen. Es ist uns und auch Ihnen in den ganzen 30 Jahren Frauenpolitik – federführender Frauenpolitik! – nie gelungen, dass zum Beispiel die Frauen ein Senioritätsprinzip bekommen. Die Arbeiterin mit 18 Jahren verdient nämlich gleich viel wie die Arbeiterin mit 50 Jahren. In all diesen Bereichen haben zwar die männlichen Arbeiter und Angestellten einen Lohnzuwachs erhalten – man hat gesagt: mehr Erfahrung, länger im Betrieb und so weiter –, aber die Frauen


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sind, bei gleicher Qualifikation ohnehin schon niedriger eingestuft, immer auf ihrem viel zu niedrigen Einstiegsniveau stehen geblieben.

Da möchte ich schon auch fragen, Frau Exministerin Prammer – die ÖVP hat damals einen Antrag eingebracht mit dem Titel "Neubewertung der Arbeit" –: Wie schaut das aus? – Sowohl von Sozialministerin Hostasch als auch von Ihnen ist das gefordert worden. (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer. ) Ich kann mich nicht daran erinnern, dass da irgendetwas gekommen ist, aber gestern kam das bei der Diskussion.

Ich möchte also schon darauf eingehen, dass damals nicht alles so positiv gelaufen ist, wie man es jetzt darstellt, und dass Sie im Grunde lange Zeit gehabt hätten, die Missstände, die es zum Teil auch gibt, abzustellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es steht fest, dass Österreich eines der besten Sozialsysteme der Welt hat. Derzeit beträgt die Sozialquote in Österreich 30 Prozent des Bruttoinlandprodukts – Kollege Öllinger hat das schon angeschnitten –, das sind umgerechnet 800 Milliarden Schilling. Wenn die Bundesregierung jetzt sagt, man müsse in einigen Bereichen einsparen – es wird von 5 Milliarden Schilling gesprochen –, dann muss man sich schon vergegenwärtigen, das sind 0,6 Prozent der Gesamtaufwendungen im Sozialbereich. Ich glaube, man muss schon irgendwie die richtige Relation herstellen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Regierung einiges für die Arbeitnehmer, im sozialen Bereich und für die Familien geleistet hat. Ich darf Sie an die "Aktion Fairness" erinnern, die wir schon beschlossen haben. Sie haben das zwar sehr lange gefordert, aber unsere neue Koalition hat das sehr schnell umgesetzt. 30 Jahre lang wurde es gefordert, binnen 100 Tagen hat es die ÖVP/FPÖ-Koalition umgesetzt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Gaugg. ) Es gibt einen besseren Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Da Kollege Öllinger heute immer von den Arbeitslosen gesprochen hat: Wir alle wissen und haben das schon oft diskutiert, wie schlimm Arbeitslosigkeit ist. Ich glaube auch, dass Arbeitslosigkeit besonders für Frauen schlimm ist, weil sie viel weniger verdienen und dann natürlich weniger Arbeitslosengeld bekommen. Aber ich möchte auch auf die positiven Seiten im Bereich Arbeit hinweisen. Seit dieser neuen Koalitionsregierung gibt es 24 000 neue Arbeitsplätze. Ich bin der Ansicht, das Ziel von Politik muss es vor allem sein, Arbeit zu schaffen. Und das haben wir, so glaube ich, erfüllt. Da sind wir europaweit nach Luxemburg und den Niederlanden ganz vorne im Top-Ranking dabei, da haben wir eine Top-Position. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Österreich weist auch die niedrigste Jugendarbeitslosenrate auf. Bezüglich Arbeitslose freut es mich sehr, wenn wir bei Frauen in Beschäftigung sogar einen Zuwachs am Arbeitsmarkt verzeichnen können. Ich finde, das muss man auch sagen.

Zur sozialen Treffsicherheit und den anderen angeschnittenen Punkten. Da heute der Sozialbericht 1998 auf der Tagesordnung steht, ist dieser natürlich Gegenstand der Hauptdebatte, und ich möchte mich durchaus auch mit ihm auseinander setzen.

Erstens: Generell hat sich diese Regierung in ihren Übereinkommen dafür ausgesprochen, dass es das Unsozialste wäre, die Beiträge zu erhöhen. Ich glaube, da kann man wirklich sagen, das haben wir abgewendet.

Zweitens: Es ist unsozial, noch mehr Schulden anzuhäufen. Ich denke, jeder Österreicher trägt schon einen so schweren Schuldenrucksack mit sich herum, dass er damit sozial belastet ist. Wir müssen danach trachten, diesen Schuldenrucksack durch diese Maßnahmen sehr schnell wesentlich leichter zu machen. (Abg. Dr. Mertel: Indem Sie zur Kassa bitten!)  – Sie vor allem, Frau Dr. Mertel, werden zur Kassa gebeten.

Ich möchte noch auf die Punkte eingehen, die derzeit diskutiert werden. Stichwort Mitversicherung: Ich kann mich daran erinnern – ich glaube, es war 1994 nach der Wahl –, dass es Ihre Partei war, die generell für alle Frauen die Mitversicherung streichen wollte. (Abg.


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Schwarzenberger: Ederer hat das wiederholt verlangt!) Sie wollten auch – und ich glaube, ich erinnere mich da schon richtig –, dass alle Studenten ab 20 und alle Mitversicherten 2100 S – davon war damals die Rede – Versicherung zahlen. Wir haben gesagt, dass das für uns nicht machbar ist. Betreuungspflichten müssen im Vordergrund stehen, und daran haben wir uns auch gehalten. Ich muss sagen, wir sind über diese Regelung nicht glücklich, aber wir können auch als Familienpartei ÖVP damit leben, dass Partner, die keine Betreuungspflichten haben, kostengünstig mitversichert werden müssen. Ich glaube, das ist etwas, womit man leben kann und was sozial fair ist. (Abg. Silhavy:  ... für die Wirtschaft!) Sie haben ja immer kritisiert, dass die Billa-Verkäuferin die kostenlose Mitversicherung der Gattin des Generaldirektors mitzahlen muss. Ich meine, in diesem Punkt brauchen Sie nicht zu kritisieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Stichwort Besteuerung der Unfallrenten. Invaliditätsrenten waren besteuert, jetzt werden auch die Unfallrenten besteuert. Ich glaube, niemand ist glücklich über diese Tatsache, aber wir sind glücklich, dass eine Milliarde Schilling mehr in die Behindertenpolitik fließen wird. Ich habe hier einen Brief von einer verzweifelten Mutter eines behinderten Sohnes mit, der Ausbildungen gemacht hat und jetzt dringend einen Job sucht. Ich glaube, wenn es uns mit dieser Milliarde gelingt, Startjobs für diese Menschen zu finden und ihnen so den Weg – unter Anführungszeichen – in ein "normales Leben" zu ermöglichen, dann ist es mir das wert. Sie sollen eben diese Chance haben und sich auch in der Berufswelt verwirklichen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da meine Redezeit nur noch kurz ist, möchte ich ganz schnell auf den Expertenbericht eingehen. Kollege Nürnberger hat sich da natürlich sehr echauffiert, aber ich möchte schon sagen, woher ein paar dieser Experten stammen. Da ist es um 30 Milliarden Schilling gegangen. Es wurde dann ohnehin das ausgewählt, was am wenigsten schmerzhaft für alle ist. Diese Experten kommen zum Beispiel vom Österreichischen Gewerkschaftsbund, von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, dem Katholischen Familienverband, dem Arbeitsmarktservice Österreich, dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger, dem Arbeitsmarktservice Niederösterreich, der Kammer für Arbeiter und Angestellte, der Volkshilfe Österreich, der Bundesarbeitskammer, der Österreichischen Caritas, den Kinderfreunden und der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Diese haben alle mitgearbeitet, und das finde ich sehr positiv.

Ich finde es sehr positiv, dass sie mitgearbeitet haben, weil man sieht, dass sie sich nach wie vor verantwortlich fühlen. Aber Sie können jetzt nicht sagen: Ja bitte, wir waren da überhaupt nicht eingebunden. Wir wissen nichts. – Ich habe das offiziell bekommen. Sie können das gerne nachlesen, und ich finde es positiv, dass diese Organisationen sich gemeinsam mit uns Gedanken gemacht haben, wie wir die soziale Treffsicherheit erhöhen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

11.00

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Lassen Sie mich gleich zu Beginn auf die Ausführungen meiner Vorrednerin, Frau Kollegin Gatterer, eingehen.

Frau Kollegin Gatterer, Sie sagen: Einsparen ist sozial gerecht und die soziale Zukunft. – Es kommt aber immer darauf an, wo man einspart, Frau Kollegin Gatterer. Geht es darum, zu Lasten der Menschen einzusparen, um für eine gewisse Klientelpolitik wieder Geld ausgeben zu können, oder darum, einzusparen, um für die Menschen eine Zukunft zu gestalten?

Das, was Sie hier als Devise verkünden, ist eine Täuschung, denn Sie sparen ein zu Lasten der Menschen und zu Gunsten Ihrer Klientel. Und das ist nicht zukunftsorientiert. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Noch etwas, Frau Kollegin Gatterer, weil Sie diesen Bericht besonders erwähnt haben: Erstens ist der Bericht ein wirklich gutes Zeugnis für sozialdemokratisch geprägte Sozialpolitik. Sie


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werden darin ja auch über die Treffsicherheit und die Verteilung von Sozialleistungen auf die jeweiligen Einkommenskategorien gelesen haben, nämlich dass 40 Prozent der Sozialleistungen dem untersten Haushaltsfünftel zugute gekommen sind und nur 6 Prozent dem obersten Haushaltsfünftel. Das bedeutet: Wir haben eine Sozialpolitik gemacht, die treffsicher und sehr qualitativ war. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Gatterer! Herr Professor Mazal hat es etliche Male gesagt: Dieser Bericht zeigt mehrere Maßnahmen und das Für und Wider von Maßnahmen auf. Die Politik muss entscheiden – und das hat er sehr deutlich gesagt –, was davon sie nimmt. Und diese unsoziale und ungerechte Politik, für die Sie sich entschieden haben, haben Sie zu verantworten – nicht wir, sondern Sie und Ihr Koalitionspartner. Es ist das Ihre Entscheidung, und die Verantwortung dafür können Sie nicht auf die Expertinnen und Experten abwälzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über den Sozialbericht 1998. Auch dieser Sozialbericht offenbart den Unterschied zwischen einer sozialdemokratisch gestalteten Sozialpolitik und dem eiskalten blau-schwarzen Sozialabbau, mit dem wir heute konfrontiert sind. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Herr Kollege Haupt hat hier vom Rednerpult aus Kritik an der Sozialpolitik, die in diesem Bericht betreffend 1998 dargestellt ist, geübt. Ich frage: Wo bleibt das soziale Gewissen eines so genannten Sozialsprechers – ich weiß ja gar nicht, mit welcher Begründung er sich überhaupt noch so nennt –, wenn er hier heraußen gleichzeitig eine Politik verteidigt, wie dies Kollege Haupt getan hat, die diese Situation bei weitem verschlechtert, die eine Sozialdemontage und einen eiskalten Sozialabbau darstellt? (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich aber auch Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ehemaligen Sozialministeriums (Abg. Ing. Westenthaler: Sie können es ja nicht einmal begründen!), das es ja heute in der Form leider nicht mehr gibt, aussprechen. Offensichtlich wussten Sie bereits damals, als Sie die Ministerieneinteilung vorgenommen haben, welche Sozialdemontage Sie planen, denn sonst hätten Sie das Sozialministerium nicht so zersplittert und zerschlagen. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Für Sie ist ja auch symptomatisch – Frau Ministerin Sickl sitzt heute hier, der Wirtschaftsminister jedoch glänzt durch Abwesenheit, obwohl Teile dieses Berichtes in seinen Kompetenzbereich fallen –, Ihre Politik zeigt ganz deutlich: Die Wirtschaft hat gegenüber dem Sozialen gewonnen, die Wirtschaft steht über der Arbeit in diesem Land – bei Ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Der Gusenbauer hat uns genau das Gegenteil erzählt, die Wirtschaft wird so schlecht behandelt!) – Sie brauchen nicht nervös zu schreien, sondern Sie müssen nur eine andere Politik machen, dann können Sie sich Ihre Zwischenrufe ersparen. Machen Sie eine Sozialpolitik und nicht eine Politik der sozialen Schieflage. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Widerspruch! Wirtschaft – Soziales!)

Frau Bundesministerin! Wir stimmen diesem Sozialbericht natürlich zu, aber wir verwahren uns gegen das Vorwort, das Sie zu diesem Sozialbericht geschrieben haben, da Sie darin das Kinderbetreuungsgeld als soziale Maßnahme darstellen. (Abg. Ing. Westenthaler: Reines Chaos! Pures Chaos in der SPÖ! Einer weiß nicht, was der andere sagt!)

Frau Bundesministerin! 7 bis 8 Milliarden Schilling wird uns dieses Kinderbetreuungsgeld kosten, wenn dieses Haus es so beschließt, wie Sie es planen. 7 bis 8 Milliarden Schilling – die Sie auf der anderen Seite Unfallopfern, Arbeitslosen und Familien aus den Taschen ziehen, um es jenen, die es nicht brauchen, zu schenken! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Eine der unsozialen Maßnahmen, die Sie im Ministerrat ja offensichtlich mitgetragen haben, betrifft insbesondere Frauen. Ich frage Sie daher: Wo entsprechen Sie Ihrem Vertretungsmandat für Frauen? – Sie nehmen es nie und nimmer wahr. Die Maßnahme, die ich damit meine, ist das Ruhen des Arbeitslosengeldbezuges für einen Zeitraum von vier Wochen bei einvernehmlicher Auflösung des Dienstverhältnisses und bei Ablauf.


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Zum Ablauf: Sie wissen – Kollege Nürnberger hat es hier auch gesagt –, sehr viele Karenzvertretungen sind befristete Vertretungen; ich würde sagen: zu fast 99 Prozent. Und wen trifft das wieder? – Frauen, die gehofft hatten, durch ein befristetes Dienstverhältnis endlich wieder in dem Arbeitsmarkt einsteigen zu können, junge Frauen, denen die Wirtschaft immer sagt, ihnen fehle die Praxis. Diese Frauen haben die Möglichkeit, im Rahmen einer Karenzvertretung Praxis zu erwerben. Und was ist dann? – Sie werden dafür bestraft, sie bekommen für vier Wochen kein Arbeitslosengeld.

Oder: Frau Ministerin, eine Kellnerin in Gußwerk in der Steiermark – ich weiß nicht, ob Sie es kennen, aber Gußwerk hat keine Industrie und kein riesiges Angebot an Arbeitsplätzen – verdient 13 080 S. Sie bekommt, wenn sie arbeitslos wird, 5 835 S. Was wollen Sie dieser Frau mit 5 835 S noch wegnehmen, frage ich Sie. Sie wollen ihr für einen ganzen Monat das Arbeitslosengeld vorenthalten – bei 5 835 S! Das halten Sie für sozial gerecht? – Das ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin! Wenn diese Frau auch noch Alleinerzieherin ist, wird Sie noch einmal bestraft, da der Familienzuschlag von 672 S auf 400 S gekürzt wird. Das ist wirklich sozialpolitische Ungerechtigkeit!

Der Bericht über soziale Treffsicherheit, Frau Kollegin Gatterer, enthält auch einen anderen Vorschlag, den man hätte umsetzen können, wenn man es politisch gewollt hätte – nämlich dass jene Betriebe, die den Menschen ein längeres Arbeiten nicht ermöglichen, weil sie sie nur befristet beschäftigen oder weil es sich um Saisonbetriebe handelt, die nicht versuchen, die Menschen durchgehend zu beschäftigen, höhere Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu zahlen haben. Auch das wäre eine Möglichkeit gewesen, aber diese wollten Sie aus politischen Gründen nicht umsetzen. Sie wollten die Menschen, die arbeiten, mit Ihren Maßnahmen bestrafen. Reine Klientelpolitik, die Sie betreiben! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich lese Ihnen etwas aus der APA vom 20. September vor: "Die Regierung sei ein ,Gruselkabinett‘. Die ÖVP habe ,ihr soziales Gewissen verloren‘, Begriffe wie Solidarität und Gemeinwohl als wichtiges Standbein seien nicht mehr vorhanden". – Meine Damen und Herren! Wer, glauben Sie, kommt zu dieser Erkenntnis? (Abg. Gatterer: Sie! – Weitere Zwischenrufe.)  – Sie irren! Es ist Frau Christine Gubitzer von der Fraktion Christlicher Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Wer ist das?)

Herr Kollege Westenthaler, dass Sie keine Ahnung davon haben, was Gewerkschaft ist, haben Sie schon vor langer Zeit gezeigt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Wie heißt die Dame?) – Ich gebe Ihnen nachher das Papier.

Noch ein anderes Beispiel (Abg. Ing. Westenthaler: Wie heißt die Dame?)  – ich zitiere –: "Eine Entschädigungszahlung der AUVA für eine abgequetschte Hand, ein amputiertes Bein oder für verlorenes Augenlicht und so fort soll besteuert werden. Eine Schadenersatzzahlung für ein zerquetschtes Auto," (Abg. Gaugg: Das haben wir schon gehört!)  – hören Sie zu, Herr Kollege Gaugg; ich hoffe, Sie werden dann hier heraußen Stellung dazu nehmen, ich weiß nur noch nicht, wie Sie sich verteidigen wollen, aber Sie vertreten hier ohnedies die Unternehmer, das haben Sie ja sogar schriftlich herausgegeben –, ich wiederhole:

"Eine Schadenersatzzahlung für ein zerquetschtes Auto, für einen überfahrenen Rassehund bleibt in Österreich steuerfrei. Das ist Steuerkannibalismus pur. Wie bettelarm muss Österreich schon sein, dass die Regierung so skrupellos wird. Aber offenbar machen einige Uni-Professoren hier der Regierung die Mauer."

Ich denke, Herr Professor Mazal wird sich auch dagegen verwahren, es ist dies zitiert aus einem offenen Brief der ARGE der Konzern-Behindertenvertrauenspersonen.

Meine Damen und Herren! Da Sie so stolz auf die Arbeitsmarktdaten verweisen, möchte ich Sie daran erinnern, dass wir es waren, die den Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung eingeführt haben, und dass es Ihnen trotz Ihrer Politik nicht gelungen ist, die Konjunktur zu zerstören. (Abg. Dr. Gusenbauer: Bis jetzt!)  – Bis jetzt!


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Bis jetzt haben Sie von der europäischen Entwicklung profitiert, und es ist nicht einmal Ihnen gelungen, mit Ihrer Politik diesen Konjunkturaufschwung zu verhindern. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Ihre Zeit ist abgelaufen!) – Nein, Kollege Gaugg! Ihre ist schon lange vorbei. Das ist der Unterschied zwischen uns.

Meine Damen und Herren! Man weiß nicht, wie sich der Arbeitsmarkt weiter entwickelt, denn, wie gesagt, Ihre Politik gefährdet sogar die Konjunktur und den Konjunkturaufschwung. Daher ist es wichtig, die Beschäftigung durch Infrastrukturmaßnahmen weiterhin abzusichern.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen betreffend besondere Bedeutung von Infrastrukturmaßnahmen für die Beschäftigungspolitik, eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 1

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass umgehend – längstens aber bis 1. Oktober 2001 – die Bauarbeiten am Semmering Basistunnel fortgesetzt werden.

*****

Meine Damen und Herren! Damit können Sie Ihr soziales Empfinden und Ihre soziale Gerechtigkeit unter Beweis stellen.

Lassen Sie mich zum Schluss Folgendes sagen: Die Frau Vizekanzlerin hat noch am 2. Juni versichert, dass es zu keinen weiteren Belastungen für Österreichs Bevölkerung, sondern vielmehr zu einem Belastungsstopp kommen wird. (Abg. Gaugg: So ist es auch!)

Der Herr "einfaches Parteimitglied" und Landeshauptmann von Kärnten hat gefordert: kein Drehen an der Belastungsschraube! (Abg. Gaugg: So ist es!)

Meine Damen und Herren! Die Politik, die Sie hier beweisen, diese Kaltschnäuzigkeit im Umgang mit Menschen, mit deren Schicksal und Leben, bedeutet nicht nur ein Drehen an der Belastungsschraube, sondern verursacht hier auch ein eiskaltes Klima. (Abg. Ing. Westenthaler: Deswegen haben Sie sich heute so warm angezogen!) Es ist kein Zufall, dass die Sozialsprecherinnen und Sozialpolitikerinnen der ÖVP, aber auch der FPÖ gestern schon eine schwache Stimme hatten. Offensichtlich macht diese soziale Kälte auch vor ihnen nicht halt! (Beifall bei der SPÖ.)

11.11

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.11

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! 30 Jahre Sozialismus in Österreich (Zwischenrufe bei der SPÖ) bedeuten über eine


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Million Menschen in der Armutsfalle. Das ist die "Qualität" von 30 Jahren sozialistischer Politik! 30 Jahre Versagen! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Stummvoll.  – Abg. Dr. Kostelka: Ein ganz "neuer" Gaugg!)

Ich sage Ihnen Folgendes, Herr Geschäftsführender Klubobmann Kostelka (Abg. Dr. Kostelka: Schon die letzten Argumente müssen herhalten! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ): Die SPÖ scheint nur noch eine Chaos-Truppe zu sein! Die SPÖ beantragt eine Sondersitzung, der Herr Noch-Vorsitzende Gusenbauer geht hier zum Rednerpult und sagt: Ein Wahnsinn, was da passiert, eine Belastung für die Wirtschaft, unerträglich, das kann nicht sein! – und dann kommt Frau Silhavy und sagt: Eigentlich werden die Arbeitnehmer belastet! – Das ist keine gerade Linie! (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Die Eiseskälte in der SPÖ ist nach Kreisky eingezogen. Da gab es einen gewissen Vranitzky, wohl situierter Generaldirektor einer Bank, im Nadelstreif berühmt geworden – Kreisky hat davor gewarnt, solch einen Menschen zum Parteivorsitzenden zu machen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Dann kam Herr Klima – wohlbestallter Manager in Südamerika. Er hat es zustande gebracht ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Hören Sie zu! Frau Mertel, es freut mich, dass Sie wieder einmal hier sind.

Herr Klima hat es zustande gebracht, dass unter seiner Verantwortung als Vorstandsmitglied der OMV 4 000 Mitarbeiter abgebaut wurden. Das war die Leistung von Herrn Klima.

Nach 30 Jahren Sozialismus sind 1,1 Million Menschen in Österreich in der Armutsfalle! – Es ist so, auch wenn es Ihnen noch so weh tut.

Gusenbauer, Silhavy und Co – ich weiß nicht, wer da das Sagen hat –, steuern einen Zickzackkurs. Aber Sie sollten so ehrlich sein und gerade beim Sozialbericht 1998 auf ihre Versäumnisse in diesem Bereich hinweisen.

Kollege Nürnberger meint, dieser Bericht verdiene den Namen, dieses Verdienst sei Frau Hostasch und Herrn Edlinger zuzuschreiben. Er ist ganz stolz auf diesen Bericht. – Ich frage Sie: Wie kann ein Sozialdemokrat und Gewerkschafter darauf stolz sein, dass 1,1 Millionen Menschen in Österreich in Armut leben? Das frage ich mich! (Beifall bei den Freiheitlichen. )

Das ist die saturierte Haltung eines Gewerkschaftsfunktionärs, der so lange überhaupt kein Recht hat, über Sozialpolitik zu sprechen, solange in seiner Organisation Steuerhinterzieher das Sagen haben, Steuerhinterzieher in der Gewerkschaft Bau- und Holzarbeiter und anderen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das wurde sofort zugegeben. Ist jetzt bereits zurückgezahlt worden mit allen Strafen? – Das würde mich interessieren, denn wenn ein Arbeiter irgendwo eine Stunde schwarz arbeitet, sind Ihre Arbeitsinspektoren dort und bestrafen ihn. Aber die Gewerkschaftsfunktionäre teilen sich die Gelder auf, ohne dass sie jemals irgendwo einen Schilling zahlen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben nicht nur 1,1 Millionen arme Menschen zu verantworten (Abg. Ing. Westenthaler: Steuerhinterzieher im Gewerkschaftsbund! – Zwischenrufe bei der SPÖ), sondern Sie haben in Wirklichkeit auch 107 Milliarden Schilling Defizit zu verantworten, Herr Kollege Edlinger, der Sie immer von 20 Milliarden Schilling gesprochen haben. (Abg. Edlinger: Völlig falsch!)

Herr Nürnberger brachte Beispiele dafür, wer jetzt schlechter gestellt wird. Ich frage Sie: Gibt es bei Ihnen ein Gerechtigkeitsempfinden? Warum werden in Österreich Invaliditätspensionen besteuert und Unfallrenten nicht? Den Grund dafür müssen Sie mir einmal erklären! Sie müssen mir erklären, ob Sie das unter sozialer Gerechtigkeit verstehen – das eine wird besteuert, das andere nicht. Da wurden einzelne tragische Beispiele angeführt. (Abg. Edlinger: Sehr schwer tut sich heute der Gaugg! Sehr schwer!)

Wie ist es denn möglich, Herr Kollege Edlinger, dass es in Österreich Arbeiter gibt, die nicht einmal mehr den Mindestlohn bekommen, die 70 S brutto Stundenlohn haben? – Sie haben versagt! 30 Jahre und die Koalition mit der ÖVP haben nicht gereicht, um den arbeitenden


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Menschen gerechte Einkommen zu verschaffen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie wollen heute ... (Abg. Edlinger: Sie tun mir Leid! – Abg. Ing. Westenthaler: Herr Kollege Edlinger, gehen Sie lieber Ihre Schweinchen füttern!) – Jetzt muss ich Sie Folgendes fragen, lieber Herr Kollege Edlinger, Ex-Minister: Wollen Sie die jetzige Regierung für die Versäumnisse der Vergangenheit verantwortlich machen? – Dieser Eindruck entsteht. (Abg. Dr. Kostelka: Nein, die hat mit den eigenen Problemen zu tun!)

Frau Reitsamer darf sowieso nichts mehr sagen, das große Wort führt die Gewerkschaftsfunktionärin Silhavy, die hier immer wieder die "Eiseskälte" und Ähnliches betont. Ich kann nur wiederholen: Klima – das hat ja auch etwas mit Temperatur zu tun –: 4 000 Arbeitnehmer weniger in der OMV! – Das ist Ihre Form der Sozialpolitik.

Die Finanzierbarkeit des Sozialsystems war durch Ihre Form der Politik gefährdet. Oder möchten Sie haben, dass die österreichische Sozialpolitik dort landet, wo der "Konsum" gelandet ist, nämlich vor dem Konkursrichter? – Das ist Ihre verantwortungslose Politik! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Gusenbauer! Ich appelliere an Sie, doch vielleicht einmal darüber nachzudenken, dass die SPÖ eigentlich die Arbeiterpartei war, und dorthin zurückzufinden. Da Ihnen die Arbeiter jedoch in Scharen davongelaufen sind, versuchen Sie jetzt, bei der Wirtschaft zu punkten, indem Sie zum Beispiel sagen, die Wirtschaft werde so belastet. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Stummvoll.  – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Missbrauchspolitik setzt sich ja fort, es ist nicht nur der ÖGB mit seinen Schwarzgeldern. Es gibt einen gewissen Herrn Stuhlpfarrer von "Euroteam" – dort oben ist er gesessen, mit einer Einladungskarte des Herrn Gusenbauer; eine Besucherkarte des Herrn Gusenbauer, eine schriftliche Anfragebeantwortung liegt vor. (Abg. Mag. Kogler: Herr Gaugg! Sie machen ja den Villacher Fasching zu einer Ganz-Jahresveranstaltung!) Wir werden ja noch Gelegenheit haben, länger über das "Euroteam" zu diskutieren.

Sie haben ein krankes Sozialsystem hinterlassen und wollen jetzt die neue Regierung dafür verantwortlich machen. Das wird Ihnen aber nicht gelingen. Wir werden Ihnen beweisen, dass Sie durch Missbrauch und Ähnliches immer wieder dafür gesorgt haben, dass Steuergeld in den Taschen falscher Menschen gelandet ist. Es geht um Millionen- und Milliardenbeträge; Sie wissen das, Herr Vorsitzender Gusenbauer. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Edlinger. )

Einfach zum Nachdenken und zum Nachrechnen, Herr Kollege Edlinger – jetzt werden Sie mehr Zeit zum Rechnen haben, als Sie Minister waren, hat es nicht funktioniert (Abg. Ing. Westenthaler: Der Edlinger darf gar nicht mehr zum Rednerpult gehen! Ihm haben sie schon das Reden verboten in der eigenen Partei!) –, ein Beispiel: Wie kann es sein, dass laut einem OECD-Bericht in Österreich die Besteuerung von Erwerbseinkommen im Vergleich 70 Milliarden Schilling über dem Durchschnitt liegt und die Kapitalbesteuerung 40 Milliarden Schilling darunter. (Abg. Silhavy: Da brauchen Sie nur die ÖVP zu fragen!) – Nein, Sie müssen sie fragen!

Das ist genau der Punkt: Sie erwarten, dass die jetzige Bundesregierung innerhalb von Minuten Ihren Sauhaufen, sage ich einmal in aller Deutlichkeit, aufräumt. Aber das geht nicht.

Ich als engagierter Sozialpolitiker frage mich schon: Wie konnte es passieren, dass eine SPÖ, die immer für sich in Anspruch genommen hat, sozial zu sein, solch eine Schieflage zugelassen hat? (Ruf bei der SPÖ: Sie nehmen den Kleinen das Geld weg! Sie sind verantwortlich!)

Ich gebe meinem Kollegen Haupt Recht, wenn er sagt, die Grünen sehen es differenziert. Aber Sie sehen überhaupt nichts differenziert. Mit nicht einmal einer Silbe hat einer Ihrer Redner die Behindertenmilliarde erwähnt, nicht einen einzigen Schilling davon! Die größte Initiative für behinderte Menschen in diesem Land wird mit einer Milliarde Schilling gefördert. Nehmen Sie


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das einmal zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Zuerst abkassieren und dann zurückgeben!)

Es mutet auch eigenartig an, wenn man im Sozialbericht über die Einkommen der Österreicher liest. Die Gewerkschafter waren halt jahrelang auf Kuschelkurs, es hatte sie der Mut verlassen. Die Beamten haben jahrelang alles erduldet – jetzt drohen sie mit Streik und Ähnlichem.

Ich kann nur sagen: Zuerst sanieren wir diesen Haushalt, denn nur mit einer gesunden Wirtschaft gibt es gute Arbeitsplätze und gibt es überhaupt Sozialpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

11.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Nürnberger zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich bitte, § 58 der Geschäftsordnung zu beachten. Beginnen Sie mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen. (Abg. Ing. Westenthaler: Der sagt jetzt: Ich hätte doch unterschreiben sollen! – Danke, dass Sie nicht unterschrieben haben!)

11.20

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Gaugg: Es spricht der Bauherr der neuen Koalition!) Herr Abgeordneter Gaugg hat in meine Richtung gemeint, in "meiner" Gewerkschaft gäbe es Steuerhinterziehungen. (Abg. Ing. Westenthaler: So ist es!)

Ich stelle tatsächlich richtig: Ich besitze keine Gewerkschaft, sondern bin gewählter Vorsitzender und damit Repräsentant der Gewerkschaft Metall-Textil. (Abg. Ing. Westenthaler: Im gesamten ÖGB! Lohnsteuer- und Abgabenhinterziehung!)  – Wenn jemand von sich behaupten kann, die Gewerkschaft zu "besitzen", dann sind das deren 220 000 Mitglieder.

Weiters berichtige ich, dass es in jener Gewerkschaft, die ich repräsentiere, keinerlei Steuerhinterziehungen gibt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: In welcher dann? Das ist auch eine Form des Geständnisses: in seiner Gewerkschaft nicht!)

11.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mitterlehner. – Bitte.

11.21

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mancher ist zwar nicht Eigentümer, verhält sich aber wie ein solcher. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Wie wahr!)

Meine Damen und Herren! Ich habe mich bereits bei der Sondersitzung des Nationalrates vom 5. September darüber gewundert, dass uns vorher zwar monatelang vorgehalten wurde, die Wirtschaft wolle, "natürlich" unberechtigterweise, Lohnnebenkosten kassieren, Herr Gusenbauer dann aber seiner "tiefen Sorge" um die Wirtschaft Ausdruck verliehen hat, um allerdings in derselben Sitzung wiederum zu sagen, dass die Verschiebung der Einführung der Maut für LKWs völlig ungerecht sei. (Abg. Huber: Das ist auch ungerecht!)  – Sie sehen das halt so.

Diese Aussage des Kollegen Gusenbauer ist schon interessant, weil sie eben auch Rückschlüsse auf Ihre Taktik zulässt, die ja einigermaßen widersprüchlich ist. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Huber. ) Was mich allerdings noch mehr gewundert hat, Herr Gusenbauer, war, dass Sie in Ihrem gestrigen Debattenbeitrag Folgendes gemeint haben: Jetzt, angesichts einer prosperierenden Wirtschaft, wäre nichts naheliegender, als dass man das, was da ist, auch verteilt. – Dazu kann ich nur sagen: Das ist eine zutiefst unsoziale Haltung (Rufe bei der ÖVP: Unverantwortlich!), denn man kann doch nicht – und das wäre im Endeffekt das Ergebnis – ganz einfach nichts gegen Schulden in der Höhe von 1,7 Billionen Schilling tun! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren! Meinen Debattenbeitrag zum Bericht über die soziale Lage in Österreich möchte ich auch dazu nutzen, Ihr doch einigermaßen undifferenziertes Wirtschaftsbild, meine Damen und Herren von der linken Seite, ein wenig zu beleuchten beziehungsweise zu konkretisieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt nämlich nicht nur lauter Unternehmer, wie das Bruno Kreisky einmal meinte, die "Reitstallbesitzer" sind, sondern die Lage der Unternehmer ist sehr, sehr unterschiedlich.

Bei uns ist es so, dass im Jahre 1998 53 Prozent der Unternehmer ihre Beiträge nach der Mindestbeitragsgrundlage entrichteten. Interessant ist auch, dass diese Zahl seit 1995 – damals waren es noch 46 Prozent der Unternehmer – geradezu dramatisch gestiegen ist. Im Jahre 2000 geht es diesbezüglich überhaupt schon gegen 56 Prozent, wobei sich das wahrscheinlich noch auf 60 Prozent erhöhen wird. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka. )

Das, meine Damen und Herren, lässt zwei Schlüsse zu. Erstens: Den Unternehmen geht es nicht so gut, wie Sie von der linken Seite dieses Hauses glauben. (Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Und zweitens lässt das auch den klaren Schluss zu, dass die Mindestbeitragsgrundlage eindeutig zu hoch ist.

Frau Ministerin! Mindestbeitragsgrundlagen in Höhe von rund 14 000 S sind gerade für jene Unternehmer, die erst seit zwei oder drei Jahren auf dem Markt sind, einfach nicht zu finanzieren! Daher muss in Bezug auf diese Mindestbeitragsgrundlage dringend eine Senkung in die Wege geleitet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Warum muss das erfolgen? – Ich denke da jetzt in Ihrem Sinne weiter, was Sie sich wahrscheinlich vorstellen, was Sie vermutlich sagen werden: Na ja, der Einkommensteuerbescheid sagt doch nicht alles aus, die werden sicherlich viel liquider sein und schon etwas "auf der Seite" haben! – Dazu mein Standpunkt: Es ist für einen Unternehmer nicht so lustig, feststellen zu müssen, dass jeder fünfte Unternehmer, der in Bezug auf die Beiträge gemahnt werden musste, deswegen auch exekutiert wurde. (Zwischenruf der Abg. Huber. ) In jedem fünften Fall, in dem gemahnt wurde, wurde auch exekutiert. Das heißt also: Den Unternehmen geht es teilweise gut, teilweise aber gar nicht gut. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Huber. )

Herrn Abgeordneten Gaugg möchte ich auch etwas sagen – obwohl er jetzt, glaube ich, nicht im Saal ist –: Richtig ist – der Herr Finanzminister hat das ja auch angesprochen –: Österreich liegt, was die Gewinnsteuern anlangt, sehr gut, und zwar im Vergleich mit anderen Ländern an fünfter Stelle. Das heißt, da ist die Situation für jene Unternehmen, die Gewinne machen, als gut zu bezeichnen; und diese Unternehmen können zum Teil auch optimieren. Auf der anderen Seite allerdings: Was die Sozialbeiträge und deren Höhe anlangt, werden wir Österreicher nur noch übertroffen von Frankreich, Schweden und Deutschland. (Abg. Öllinger: Das stimmt ja nicht!)  Herr Öllinger, Sie können das ja nachher belegen. Ich jedenfalls habe hier die diesbezügliche OECD-Statistik.

Meine Damen und Herren! Ständig wird zwar von einer Steuer- und Abgabenquote gesprochen (Abg. Öllinger: Lesen Sie den Sozialbericht!), aber dabei haben manche eigentlich immer nur die Steuern im Blickfeld, aber in Wirklichkeit, Herr Öllinger, muss man natürlich auch die ganzen Abgaben bedenken. Sie meinen nämlich immer, dass es etwas geradezu Selbstverständliches ist, dass das jeder Betrieb sozusagen als Durchlaufposten hat und im Schnitt 375 000 S an Abgaben mehr oder weniger einfach finanzieren kann. Der Unternehmer muss das doch bitte in den Preisen, muss das auf dem Markt unterbringen! Es ist wirklich als großartige Leistung der heimischen Unternehmen zu bezeichnen, was diese zur Sicherung unseres Sozialsystems beitragen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese großartige Leistung heimischer Unternehmen lässt sich anhand von Zahlen sehr eindeutig aufzeigen, Herr Öllinger: Von 1995 bis 1998 ist das Bruttosozialprodukt, also der Gesamtkuchen, gewachsen, und zwar um insgesamt 12,6 Prozent. Und in dieser Zeit sind die Sozialbeiträge um 15 Prozent gewachsen, obwohl die Beschäftigung im Großen und Ganzen konstant geblieben ist. Und das heißt eben, dass die Unternehmen zum Gesamtaufkommen wesentlich mehr beigetragen haben.


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Jetzt auch noch einen Blick auf die Gewinnsituation; das muss man für Sie nämlich auch noch ein bisschen ausleuchten. In Österreich gibt es 270 000 Unternehmen, die einkommensteuerpflichtig sind, und von diesen Unternehmen befinden sich 83 000 im Verlustbereich! – Es gibt also bitte bei uns nicht nur gewinnorientierte, zu Verteilungen fähige Unternehmungen. Und das ist doch auch in Bezug auf KöSt-pflichtige Unternehmen feststellbar: 56 000 von 87 000 Kapi-talgesellschaften zahlen nach der Mindest-KöSt. Das heißt, auch da ist die Lage nicht eindeutig als gut zu bezeichnen, sondern auch da muss man sehr differenzieren.

Was lernen wir also daraus? Was sollte die Regierung, was sollte aber auch die Opposition daraus ableiten? – Es ist falsch, hier undifferenziert von "der Wirtschaft" zu sprechen. Sie müssen sehen, dass wir in Österreich eben Klein- und Mittelbetriebe haben, Betriebe, die unterschiedlich behandelt werden müssen. Und man muss ebenfalls sehen, dass es durchaus auch andere Betriebe gibt, Betriebe, die eben bessere Möglichkeiten haben.

Daher sollte der Staat Folgendes tun – und auch Sie von der linken Seite dieses Hauses sollten das tun –: erstens einmal nicht auseinander rechnen und nicht sagen, was diesen und jenen Bereich das und das kostet. Es gibt bei uns keine GesmbH, die, nennen wir es so, raucht. Jeder Unternehmer hat Belastungen zu tragen, wie eben jeder andere Haushalt auch. Daher sollten Sie da bitte schon differenzieren. Und den "Standort Österreich" insgesamt sollte man überhaupt nicht weiter belasten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Haigermoser. )

Andere Länder, so beispielsweise Deutschland und Frankreich, entlasten ihren Standort. Und am ehesten kann man in diesem Zusammenhang bei steueroptimierenden Unternehmen ansetzen, was diese Regierung aber ohnehin tut. Weiters muss man hinsichtlich jener Betriebe, die keine Gewinne machen, bei den Lohnnebenkosten ansetzen. Daher ist die Vorgangsweise dieser Bundesregierung vom Prinzip her als richtig zu bezeichnen, wenn es im Detail auch manchmal schmerzt.

Meine Bitte für die gesamte weitere Diskussion: Sagen Sie von der Opposition bitte nicht einfach so pauschal etwas, sondern begründen Sie das differenziert (Abg. Haigermoser: Das sind sie nicht in der Lage, die Herrschaften!)  – denn dann wäre das eine wesentlich spannendere Diskussion. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.28


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37. Sitzung / Seite 50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen.

11.28

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Mitterlehner hat zum wiederholten Male – und jetzt hier auch im Nationalrat – behauptet, dass Österreich, was seine Sozialquote und deren Höhe anlange, nur mehr von ganz wenigen anderen europäischen Ländern übertroffen werde (Abg. Haigermoser: Diese Behauptung ist richtig!) und dass Österreich diesbezüglich an der Spitze der Werte der Länder der Europäischen Union liege.

Ich stelle tatsächlich richtig und beziehe mich dabei auf jene Angaben, die auch im Sozialbericht, der heute hier zur Diskussion steht, enthalten sind, und zwar auf Seite 61:

"Österreichs Sozialquote knapp über dem EU-Durchschnitt." Nach diesen Angaben im Sozialbericht lagen im Jahre 1996 die Sozialabgaben gemessen am BIP bei 29,6 Prozent; sie sind seither auf 28,5 Prozent im Jahr 1998 gesunken und werden 1999 weiter sinken – wie ich das eben auch in meiner Rede festgestellt habe. (Abg. Dr. Mitterlehner  – dem Redner ein Schriftstück überreichend –: Lesen Sie das! Von dem habe ich geredet!)

Diesbezügliche OECD-Angaben sind unzuverlässige Angaben, weil dabei nach anderen Mess-kriterien vorgegangen wird als bei den wesentlich genaueren und mit EU-Normen koordinierten Angaben des österreichischen Sozialberichts. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Der österreichische Sozialbericht ist ...

11.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter, das ist nicht mehr Gegenstand einer Berichtigung!

(Beifall bei den Grünen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Öllinger. )

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte.

11.29

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Die Reden der Koalitionsredner müssen bei der breiten Öffentlichkeit den Eindruck hinterlassen haben: Diese Redner müssen über ein anderes Land sprechen. (Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das kann nicht Österreich sein, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn nämlich Herr Kollege Mitterlehner sich hier herausstellt und sagt: Jetzt, in Zeiten des Aufschwungs, ist es nicht möglich, dass es Lohnerhöhungen gibt, weil das einzelne Unternehmungen gefährdet!, dann will ich Ihnen eine ganz, ganz bescheidene Frage stellen. In Zeiten der Rezession sagt man den Gewerkschaften: Zurückhaltung!, denn eine Kuh, die keine Milch hat, kann man nicht melken. In Zeiten der Hochkonjunktur sagt man: Jetzt soll es keine Lohnerhöhungen geben, weil da die Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt wird. – Ich stelle die Frage: Zu welchem Zeitpunkt in der Wirtschaftsentwicklung wird es nach Ihrer Auffassung noch jemals Lohnerhöhungen für die Arbeitnehmer geben, meine sehr verehrten Damen und Herren? (Beifall bei der SPÖ.)

Der Bedauernswerteste, der heute hier an diesem Rednerpult war, war ja Kollege Gaugg – er hält es offensichtlich im Plenum nicht mehr aus, daher ist er bereits wieder geflüchtet. (Abg. Dr. Mertel: Mitleid erregend! – Weitere Zwischenrufe.) Dass er sich hier zehn Minuten mit einem inhaltsleeren Gebrülle über all die geplanten Spar-, Sozialabbau-Maßnahmen dieser Bundesregierung hinwegsetzt und glaubt, mit dem Anspruch, ein Arbeitnehmervertreter zu sein, diese Politik von Millionären für Millionäre decken zu können, ist unglaubwürdig, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Reden Sie von Vranitzky und Klima?)

Frau Abgeordnete Gatterer spricht über die armutsgefährdeten Kinder, und das als Vertreterin einer Bundesregierung, die nun beschließt, dass die Kinderzuschüsse von Arbeitslosen – und das sind die armutsgefährdeten Kinder – weiter gekürzt werden. Das heißt, dieses Programm geht auf Kosten der Ärmsten der Armen. Das hat mit sozialer Gerechtigkeit nichts zu tun! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Kollegen von der Wirtschaft fordern in einem immer größeren Ausmaß einen flexibleren Arbeitsmarkt und befristete Dienstverhältnisse, um auf die Auftragslage reagieren zu können. Das führt dazu, dass die Zahl der befristeten Dienstverhältnisse in Österreich permanent ansteigt. Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit beträgt von der Dauer her drei Monate. Jetzt stellt sich die Frage: Wofür zahlt jemand Arbeitslosenversicherung, wenn ihm, sobald er in die Situation kommt, arbeitslos zu sein, diese Bundesregierung mit dieser Sozialministerin de facto ein Drittel des Arbeitslosengeldes wegnimmt, meine sehr verehrten Damen und Herren? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer. )

Da das als soziale Treffsicherheit dargestellt wird, muss ich die Frage stellen: Wofür wird dieses Geld verwendet? – Die Arbeitslosenversicherung hat auf Grund der guten Konjunkturlage Überschüsse, und durch die Kürzungsmaßnahmen der Regierung werden die Überschüsse in der Arbeitslosenversicherung noch höher. Aber für welchen Zweck der sozialen Gerechtigkeit wird es verwendet? (Abg. Großruck: Die Schulden der SPÖ werden abgebaut!)  – Nicht für die Ärmsten der Armen, nicht für Zukunftsinvestitionen, sondern für die sinnlosen Mehrausgaben, zu denen sich diese Bundesregierung entschlossen hat! Das ist Umverteilung von unten nach oben, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Das ist unsozial: die Schulden der SPÖ!)


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37. Sitzung / Seite 51

Weil dieser Expertenbericht angesprochen wurde, hier die gesamte Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren: Die gesamte Wahrheit dieses Expertenberichtes besteht darin, dass erstens deutlich festgehalten wurde, dass es nicht Ziel dieses Expertenberichtes war, einen Konsens unter den Experten zu erzielen, sondern Daten zu liefern, die Grundlage für die politische Entscheidung sind. Die politische Verantwortung dafür, welche Maßnahme getroffen wird, tragen nicht die Experten, sondern die Verantwortung dafür trägt die Bundesregierung. (Abg. Dr. Stummvoll: Klar! No na!) Jetzt die Chuzpe zu haben, sich wie Frau Gatterer herzustellen und zu insinuieren, dass jeder, der seine Zeit und sein Wissen zur Verfügung gestellt hat, um eine gute Datenlage zu haben, mitverantwortlich für dieses Sozialabbau-Programm sein soll, das ist unerhört, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Im Übrigen kommt der von der Regierung beauftragte Professor Mazal zu der Auffassung, dass das Sozialsystem eine hohe Zielgenauigkeit hat, dass es aber in einzelnen Bereichen wie der Armutsbekämpfung mehr Anstrengungen geben muss. Er kommt zu der Schlussfolgerung, dass es zu einer Umverteilung im Sozialsystem, und zwar noch stärker hin zu den Ärmeren kommen soll. Was er, wie alle Experten, dezidiert abgelehnt hat, ist, dass es zu einer Senkung der Sozialausgaben kommt, weil das die Armutsgefährdung in diesem Land nur noch mehr verstärken wird, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Interessant ist, dass es für jenen Bereich, in dem es die größten Ungerechtigkeiten gibt – Kollege Donabauer, Sie wissen das –, nämlich die Agrarförderung (Abg. Zweytick: Nein, nein!), wo unsere kleinen Bauern in Wirklichkeit ganz wenig bekommen und die großen Gutsherren zweistellige Millionenbeträge abzocken, keinen einzigen Vorschlag gibt, wie es dort zu einer sozialen Gerechtigkeit kommen soll, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Das offensichtliche Motto dieser Regierung ist ... (Abg. Auer: Sie haben keine Ahnung!) Das offensichtliche Motto dieser Regierung ist: Sie schonen die "Abcasher", aber Sie bestrafen jeden Tag die Abwäscher! – Das ist das Motto dieser Regierungspolitik! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Mit diesem Programm, Herr Gaugg, das die Regierung am Dienstag beschlossen hat – und Sie wissen es ganz, ganz genau (Abg. Nürnberger: Er weiß eh!)  –, gibt es nicht um eine Nuance soziale Gerechtigkeit mehr. All die vorhandenen Probleme werden verschärft, und es zieht die soziale Kälte ein, wie es bei einer Regierung der Herzlosigkeit auch nicht anders sein kann, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Darf ich nur eine Frage stellen?)  – Millionen!

Da sich jetzt der Vorhang des Sanktionstheaters gelüftet hat, wird immer klarer (Abg. Auer: Waren Sie der Regisseur?): Die Regierung der Millionäre macht eine Politik für Millionäre und gegen die Menschen in unserem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Und die ... (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Ja, ja, ich verstehe Ihre Aufregung. Ich verstehe Sie wirklich: Die FPÖ, die angetreten ist, die Arbeiter zu vertreten, hat sie in den letzten sieben Monaten jeden Tag verraten. Da müssen Sie nervös werden, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.) Und am nervösesten ist Herr Gaugg, weil er ganz genau weiß: Diese Politik ist gegen die Arbeitnehmer gerichtet, gegen die Leute, die er vielleicht vertreten wollte , aber bei dieser Regierung und in dieser Partei nicht vertreten kann, weil die Millionäre das Sagen haben, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Die Treffsicherheit auf dem Golfplatz (Rufe bei den Freiheitlichen: Ja, Vranitzky!), wie sie von den Schlossherren und Schlossherrinnen täglich praktiziert wird (Heiterkeit bei Bundesministerin Dr. Sickl )  – diese Treffsicherheit haben Sie offensichtlich auch beim Sozialabbau. Sie treffen die Ärmsten der Armen in diesem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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37. Sitzung / Seite 52

Der Unterschied ist klar – da können Sie so laut schreien, wie Sie wollen –: Hier sind die Vertreter der Besitzenden, der Schlossherren und der Industriellen mit der Deckung des Herrn Gaugg, und wir sind die Vertreter der Arbeitnehmer, der Menschen, der sozial Schwachen in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Und der Schuldenmacher! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Gaugg! Ein allerletzter Punkt (Abg. Aumayr: Die "Internationale" müssen Sie singen!) : Wenn Sie beklagen, dass die Kapitalbesteuerung in Österreich vergleichsweise gering und die Besteuerung der Arbeitnehmer vergleichsweise hoch ist (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), dann empfehle ich Ihnen – Sie sind ja des Lesens mächtig –, die Vorschläge der Bundesregierung zur Budgetkonsolidierung zu lesen. Wissen Sie, was da herauskommt? – Die relative Steuerbelastung der Arbeitnehmer steigt weiter an und geht damit in die falsche Richtung, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen ganz offen: Diese Regierung – und Sie erkennen es bereits heute – tritt den Weg in die soziale Kälte, in eine Zeit vor dem Sozialstaat an, in eine Zeit, als die Arbeitnehmer wenige Rechte hatten. Sie sollten sich lieber heute als morgen von dieser Politik lösen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

11.42


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37. Sitzung / Seite 53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, bitte beginnen Sie mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen.

11.43

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Nicht die politische oder gesellschaftspolitische Positionierung meines Vorredners habe ich zu berichtigen, sondern seine Aussage, in der er meinte, diese Regierung verringere die Kinderzuschüsse bei allen. – Das stimmt nicht!

Tatsache und richtig ist, dass die Kinderzuschüsse vereinheitlicht werden, weil sie zurzeit eine unvertretbare Spreizung haben. In Zukunft werden alle gleich 400 S bekommen. Das ist richtig, Herr Dr. Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Schwarzenberger zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Schwemlein: Jetzt kommt der Großbauer ...!)

11.44

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Dr. Gusenbauer sagte in seiner Rede: Wo die größten sozialen Ungerechtigkeiten vorhanden sind, werden keine Vorschläge gemacht. – Das ist falsch!

Wir haben, wo wir vom Land aus Handlungsmöglichkeiten haben, in der Ausgleichszulage eine Staffelung nach der Größe. Wir haben auch im ÖPUL-Bereich eine Staffelung nach Größe. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Betreffend Marktordnungsausgaben, die zu 100 Prozent von der EU bezahlt werden, hat Österreich im Rahmen der Agenda 2000 den Antrag auf eine Größendegression eingebracht. Das ist von den Sozialdemokraten Europas abgelehnt worden, und Schröder sagte in Berlin bei Beschlussfassung der Agenda 2000: Ihr in der Alpenrepublik mit eurer Schrebergarten-Landwirtschaft werdet keine Zukunft haben; auch die Landwirtschaft muss sich industrialisieren.

Das ist die Haltung der europäischen Sozialdemokraten! (Beifall bei der ÖVP und den Frei-heitlichen.)

11.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. (Abg. Schwem-lein: Dolinschek! Bist du so ein früher Jahrgang, oder bist du jetzt so schnell gealtert?)

11.45

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Klubobmann Gusenbauer! Sie haben gesagt, Sie hätten den Eindruck, dass die Leute, die hier zum Sozialbericht sprechen, von einem anderen Land sprechen. Ich muss Ihnen sagen: Sie haben diesen Sozialbericht gar nicht gelesen. Sonst würden Sie nämlich anders darüber sprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Sie haben ihn nicht gelesen ...!)

Der Sozialbericht aus dem Jahre 1998, als Sie die Verantwortung in diesem Land getragen haben – und 30 Jahre zuvor ebenfalls –, sagt nämlich aus – und diese Zahlen sprechen für sich –, dass die Arbeitslosenquote zu diesem Zeitpunkt wesentlich höher war, als sie heute ist, und jetzt zurückgeht, dass die Bevölkerung weiter wächst, die Erwerbsquote ebenfalls wächst und die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit früher wesentlich höher als heute war. Also haben die Maßnahmen der Bundesregierung zur Zeit schon gegriffen.

Sie sprechen Dinge wie die Treffsicherheit der Agrarförderung an. Da gebe ich Ihnen Recht, dass bei der Agrarförderung einfach für die kleinen Bauern zu wenig und für die Großgrundbesitzer mehr getan wird. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.) Aber hier befinden Sie sich in einer guten Zweisamkeit mit dem Kärntner Landeshauptmann, der ebenfalls ein Großgrundbesitzer ist und von dem Sie sich das abgeschaut haben – früher wären Sie gar nicht darauf gekommen, dass das so ist (Abg. Schwemlein  – in Richtung des Abg. Schwarzenberger deutend –: Ihm musst du das sagen!)  –, denn er hat das ebenfalls vorgeschlagen und befürwortet eine diesbezügliche Änderung zu Gunsten der kleinen Bauern. So ist das – um es einmal richtig zu stellen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Klubobmann Gusenbauer! Bezeichnend in diesem Bericht ist auch, dass die Belastung der privaten und öffentlichen Arbeitgeber unter dem EU-Durchschnitt ist – dagegen habe ich noch nichts –, und das Vermögen ebenfalls. Aber dass Sie sich in den vergangenen Jahren nicht dazu aufgerafft und dafür eingesetzt haben, dass die Belastung der unselbstständig Erwerbstätigen endlich unter den EU-Durchschnitt gedrückt wird, und zugelassen haben, dass wir damit noch weiterhin oberhalb liegen, das ist ein Manko Ihrer Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: ... und ihr demoliert das Sozialsystem!)

Wir haben in Österreich noch große Einkommensunterschiede; gestern gab es den großen Bericht über die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern. Im öffentlichen Dienst ist es anders als in der Privatwirtschaft. Frau Sophie Bauer, die ja eine beherzte Gewerkschafterin ist, hat beklagt: Leasingfirmen haben keinen Kollektivvertrag. – Ja warum denn nicht? Wieso schaffen Sie keinen? Wieso machen Sie keinen Generalkollektivvertrag? – Ich bin sofort dafür, dass wir einen Generalkollektivvertrag machen. Sofort! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: Da gehören doch zwei dazu! – Zwischenruf der Abg. Sophie Bauer. )

Wir sind hier dazu da, um Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Aber ein Generalkollektivvertrag würde auch die noch bestehenden Ungerechtigkeiten zwischen Arbeitern und Angestellten bereinigen. Zum Beispiel könnte man bei der Kündigungsfrist alles über den Kollektivvertrag machen, und das wäre auch sinnvoll. Wieso machen Sie das nicht? (Abg. Reheis: Sie sind die Regierung!)

Ich fordere Sie jetzt auf – da der Oberverhandler bei den Kollektivvertragsverhandlungen der Metaller, Herr Nürnberger, jetzt in die Verhandlungen eintritt –, einmal dafür zu sorgen, dass im Textilbereich, im Metallerbereich und in sämtlichen Bereichen federführend die Verhandlungen dahin gehend geführt werden, dass dieser Ausgleich möglich ist, dass mehr bezahlt wird und dass die Leute mehr verdienen. Das geht eben nur über einen Kollektivvertrag.


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37. Sitzung / Seite 54

Oder wollen Sie vielleicht haben, dass wir das hier herinnen regeln? – Ich nicht! Ich will sagen: Das gehört auf eine andere Ebene, dass eben diese Einkommensunterschiede wegkommen und das Einkommen der Österreicher weiter steigt. (Abg. Dr. Wittmann: Sie kassieren bei den Kleinen!)

Herr Klubobmann! Sie haben die Treffsicherheit angesprochen. (Abg. Dr. Wittmann: Sie kassieren bei den Kleinen!) Diese Bundesregierung ist angetreten, die Treffsicherheit im Sozialbereich zu verstärken. Das Ziel ist, die Beschäftigung zu steigern, mehr Arbeitsplätze zu schaffen und weniger Arbeitslose zu haben. Hier sind wir auf dem besten Weg, die Kaufkraft zu steigern und die Treffsicherheit im Sozialbereich ebenfalls zu erhöhen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine Besteuerung bei der Unfallversicherung – da muss ich sagen: Wieso wird eine Leistung der Invaliditätsversicherung, eine Invaliditätspension, besteuert und eine Leistung der Unfallversicherung nicht? – Bestes Beispiel ist ja die Dagi Koller, die auch 5 000 S als Unfallversehrtenrente bekommt und weiter auf der Bühne herumhüpft. Ist das vielleicht sozial gerecht, oder wie? (Abg. Dr. Mertel: Sie kassieren nur bei den Kleinen!)

Frau Kollegin Mertel! Sie haben in Österreich lange genug die Verantwortung mitgetragen, haben aber für die arbeitende Bevölkerung, für die arbeitenden Frauen nichts weitergebracht. Sie sitzen im geschützten Bereich, nur, für diejenigen, die Sie vertreten, haben Sie nichts getan! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Sind Sie überfordert? Ein Armutszeugnis!)

Armutsbekämpfung und Existenzsicherung sind durch die Vernetzung und die Koordinierung bestehender Sozialleistungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu erwirken. Aber das muss einmal geschehen! Es soll nicht so sein wie bei den Lehrern, die vom Bund bezahlt werden, aber vom Land eingestellt werden. Deshalb haben wir zu viele. (Abg. Dr. Mertel: Warum kassieren Sie nur bei den Kleinen?) Das muss auch einmal gesagt werden! So ist es aber auch in anderen Bereichen. So meinen etwa viele Bürgermeister, ihre Unterschrift dafür geben zu müssen, dass irgendjemand eine Sozialleistung erhält, ohne zu prüfen, ob diese gerechtfertigt ist, nur weil er sein Wähler sein könnte. Das muss man nun ändern!

Sehr geehrte Damen und Herren! Abschließend: Jeder kann nur so viel ausgeben, wie viel er verdient. So bin ich nun einmal erzogen worden, und das Unsozialste ist, einfach Schulden zu machen und andere dafür bezahlen zu lassen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel – eine Zeitung in die Höhe haltend –: Da steht: Haider ist der Drahtzieher bei der Einführung der Uni-Gebühren!)

11.51


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37. Sitzung / Seite 55

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.51

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Dolinschek hat behauptet, die Sozialdemokratie habe sich die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit im Agrarbereich und nach sozialer Gerechtigkeit bei den Agrarförderungen vom Herrn Landeshauptmann Haider abgeschaut. (Abg. Dr. Fischer: Er kann sich in der Koalition nicht durchsetzen!)

Ich berichtige ihn tatsächlich dahin gehend, dass die Wahrheit vielmehr die ist, dass die Sozialdemokratie diese Forderungen seit Jahrzehnten erhebt und sie in der letzten Gesetzgebungsperiode teilweise auch umgesetzt hat.

Die Freiheitliche Partei Österreichs hingegen hat bei der letzten Sondersitzung die Chance, genau diese Forderungen ihres Landeshauptmanns, der sie Jahrzehnte nach uns erhoben hat, mit uns mitzutragen, versäumt, indem sie unseren Antrag niedergestimmt hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Mertel: Der Landeshauptmann hat keinen Durchblick! Er ist überfordert!)

11.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

11.53

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Vorlage des Sozialberichtes sorgt jedes Jahr für eine lebhafte Debatte hier im Hohen Haus. Dazu gibt es gute und auch sehr pointierte Redebeiträge, aber der heutige Redebeitrag des Herrn Dr. Gusenbauer war voll von Phrasen und enthielt nur wenige sachbezogene Aussagen. (Heftiger Widerspruch bei der SPÖ.) Hören Sie mir zu, ich möchte Ihnen etwas sagen!

Eines war schon interessant zu hören: Herr Dr. Gusenbauer meinte, dass die Treffsicherheit dieser Regierung auf dem Golfplatz stattfände. Ich darf ihm dazu sagen: Jawohl, dort treffen unsere Mitglieder der Bundesregierung Ihren Dr. Vranitzky mit seiner Frau, Herrn Helmut Manzenreiter und viele andere Ihrer Promis. Also, der Golfplatz ist nichts Verpöntes, auch für uns nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Das, was mich an der ganzen Diskussion etwas stört, ist, dass sehr viele Redebeiträge vor Einzelbeispielen – und mögen sie noch so schicksalhaft sein und dramatisch dargestellt werden – strotzen. Ich glaube, dass wir gerade im Sozialbereich mehr denn je eine Gesamtbeurteilung brauchen. Dieser Sozialbericht, den man aufmerksam durchlesen sollte, ist sicherlich Grund zur Freude über die Qualität und über die Leistungsstärke unseres Sozialsystems. Nahezu 700 Milliarden Schilling können wir über das Sozialsystem an die Bürger Österreichs verteilen.

Das ist eine große Leistung, über die wir uns freuen können, sie gibt aber keinen Anlass zum Jubeln, denn neben all diesen positiven Entwicklungen gibt es auch Negatives zu verzeichnen. So müssen wir klar erkennen – und das steht im Sozialbericht auch drinnen –, dass 4 Prozent der Bürger unseres Landes unter der Armutsgrenze leben und 11 Prozent der Österreicher armutsgefährdet sind, und vieles mehr. Wir müssen auch erkennen, dass die nachhaltige Finanzierbarkeit unseres Sozialsystems unser größtes Anliegen sein muss. Deshalb ist es der richtige Weg, wenn diese Regierung mit allem Engagement darangeht, Nachhaltigkeit und Ausgewogenheit in unserem Sozialsystem zu erreichen und sich diese Aufgabe zu ihrem politischen Programm macht.

Da heute der Bericht über die soziale Treffsicherheit mehrmals kritisiert worden ist, darf ich schon erwähnen, dass daran alle Sozialpartner mitgewirkt haben, und darf auch sagen, dass gestern Herr Professor Marin nicht nur davon gesprochen hat, dass dieser Bericht nicht nur zeigt, dass die sozialpolitischen Maßnahmen nicht ausnahmslos treffsicher waren, sondern auch gesagt hat, dass es weite Bereiche gibt, in welchen Korrekturen durchzuführen sind. Genau das wollen wir mit allergrößtem Verantwortungsbewusstsein ändern. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen, wie die Bezeichnung dieses Ministeriums heute lautet, für die Erstellung dieses Berichtes danken, und zwar vor allem seinen Mitarbeiterinnen und Mitabeitern. Ich stehe auch nicht an, Ihnen, Frau Ministerin, für Ihren Einsatz in den letzten Monaten Dank zu sagen. Aber auch Frau Ministerin Hostasch, die viele Jahre hindurch in unserem Land die Sozialpolitik gestaltet, dafür die Verantwortung getragen und einen wesentlichen Beitrag zur Erstellung dieses Berichtes geleistet hat, möchte ich danken.

Ich möchte aber weiters lobend hervorheben, dass Sozialpolitik auch durch unser Mittun gemacht wurde. Die Beiträge unseres Sozialsprechers Gottfried Feurstein waren alle Mal noch gute Leistungen. Ich glaube, dass sich auch Mag. Haupt in Zukunft mit entsprechender Verantwortung einbringen wird.

Meine Damen und Herren! Der Bericht über die soziale Lage beschreibt unter anderem sehr deutlich die Arbeitsmarktlage in Österreich. Das ist ja der wichtigste Bereich. Wenn wir Arbeit haben, haben wir auch Erträge und dann können wir all das, was uns so wichtig ist, auch


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finanzieren. Wenn in diesem Bericht steht, dass die Beschäftigung im letzten Jahr deutlich zugenommen hat, dann freuen wir uns, dann zeigen wir das auf, und wenn festgestellt wird, dass vor allem die Beschäftigungssituation älterer Arbeitssuchender deutlich verbessert werden konnte, dann haben wir wirklich Grund zur Freude und können das als positiv werten. Wir müssen aber weiter daran arbeiten. (Abg. Öllinger: Aber das sind 98er-Zahlen! Sie reden ja vom Jahr 1998!)

Wenn in diesem Bericht steht, dass wir auch im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit beachtliche Erfolge erzielt haben, dann können wir das vorzeigen. Aber wir müssen auf diesem Gebiet – Herr Öllinger, auch Sie, ganz klar! – weiter arbeiten. Die Beschäftigung der Menschen muss uns das höchste Anliegen sein. Das ist, bitte, eine klare Sache! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens wird in diesem Bericht die Lage der Sozialversicherungen ausgeführt. Es wird grundsätzlich festgestellt, dass gute Arbeit geleistet wird, wiewohl man nicht übersehen darf, dass auch dort wichtige Reformmaßnahmen zu setzen sind. Manche Verantwortungsträger arbeiten bereits mit aller Konsequenz an Anpassungsmaßnahmen, damit auch die Sozialversicherungsverwaltung den Anforderungen der heutigen Zeit im höchsten Maße gerecht wird.

Außerdem kann man in diesem Bericht lesen, dass es eine Steigerung der Sozialausgaben von 465 Milliarden Schilling auf 696 Milliarden Schilling in Zeitraum von 1990 bis 1998 gab. Das zeigt, dass wir im Sozialbereich sehr leistungsstarke Systeme haben. Das muss uns aber auch nachdenklich machen, vor allem dann, wenn einiges aus dem Ruder läuft. (Abg. Öllinger: Die Sozialausgaben sinken!) Wir müssen sehr deutlich sehen, dass wir gerade im Pensionsversicherungsbereich auf Grund der Tatsache, dass die Lebenserwartung – Gott sei Dank – steigt und das Pensionssystem sehr oft auch als arbeitsmarkt- und strukturpolitisches Instrument eingesetzt wurde, eine stark wachsende Gruppe an Pensionsbeziehern haben – und das ist ein Problem und lässt dieses System daher in seiner weiteren Entwicklung auf Schwierigkeiten stoßen.

Dass wir da nicht alleine stehen, möchte ich Ihnen jetzt zeigen. Sie haben in der letzten Sozialdebatte betreffend die Pensionsreform, die am 5. Juli stattfand, anhand sehr dramatischer Beispiele von Unrecht, Kälte und vielem anderem mehr gesprochen, so wie Herr Gusenbauer es auch heute wieder mit seinen Phrasen tat. (Abg. Dietachmayr: Zu Recht!) Lesen Sie bitte in der Zeitung, wie es in anderen Ländern ist! In Deutschland denkt man nicht über maßvolle Anpassungen nach, sondern dort geht man daran, das Pensionseintrittsalter mit aller Schärfe und Härte auf 67 Jahre anzuheben. Das machen Leute, die nicht dem politischen Umfeld dieser Regierung zuzuordnen sind, Leute wie zum Beispiel ein Herr Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und Soziales in Deutschland – weil auch er erkennt, dass da Handlungsbedarf besteht. Daran führt kein Weg vorbei.

Ich möchte auch noch hervorheben, was in diesem Bericht über die Einkommensentwicklung steht. Es macht mich schon nachdenklich, wenn wir da lesen müssen, dass zum Beispiel 78 Prozent aller Land- und Forstwirte ein Einkommen haben, das unter der Steuerfähigkeitsgrenze liegt.

Meine Damen und Herren! Das zu ändern, muss uns ein Anliegen sein! Egal auf welcher Seite wir auch stehen mögen, darüber haben wir nachzudenken, denn diese Menschen haben auch das Recht auf einen Anteil an einer vernünftigen und sozialen Entwicklung unserer Volkswirtschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Bericht steht, dass noch nahezu 20 Prozent der Unselbständigen unter der Steuergeringfügigkeitsgrenze liegen. Auch diese Menschen haben ein Recht darauf, dass da nachjustiert wird. Da dies in den letzten 30 Jahren nicht gelungen ist, wird sich diese Regierung mit aller Ernsthaftigkeit darum bemühen müssen, dass auch diese Gruppen in das soziale Netz, in die gesamte Wohlstandsentwicklung eingebunden werden.

Ich möchte nun auch ein paar Bemerkungen zum Gesundheitswesen machen: Wir haben in diesem Bereich akute Finanzprobleme. Das sagen alle Verantwortungsträger und weisen auch alle Berichte aus. Und warum haben wir sie?


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Wir haben sie zum Ersten deshalb, weil die Versorgungsqualität – Gott sei Dank! – in allen Bereichen besser wird. Das wollen wir, und das müssen wir auch nachhaltig unterstützen. Wir haben sie zweitens auch deshalb, weil uns die höhere Lebenserwartung natürlich größere Aufendungen abverlangt. Dazu müssen wir stehen, da haben wir zeitgerecht Vorsorge zu treffen. Ich glaube, dass gerade die anwendende Medizin heute sehr viele Möglichkeiten andient und anbietet, die in Anspruch nehmen zu können sich die Bürger auch erwarten. Wir sehen da jedoch in zwei Bereichen eklatante Fehlentwicklungen.

Der erste Konfliktbereich sind die Krankenhäuser. Wenn wir nicht bald darangehen, vor allem die Kompetenzfrage eindeutig zu klären, dann werden wir dieses Problem nicht lösen können, denn die Schwierigkeiten bestehen darin, dass ein Teil der Kompetenzen bei den Gemeinden, ein Teil bei den Ländern und ein Teil beim Bund liegt und die Sozialversicherungen auch einen Teil davon haben, aber die dadurch notwendige Koordination, die wir vor allem bräuchten, um die Ausgabenentwicklung richtig zu steuern, fehlt.

Der zweite Bereich betrifft die Medikamente. Eine Steigerung der Aufwandskosten in diesem Bereich um mehr als 12 Prozent in einem Jahr muss uns doch nachdenklich stimmen. Ich glaube, dass wir in diesem Zusammenhang auch den Mut haben sollten, über die Frage "aktive Gesundheitsvorsorge" nachzudenken, uns zu fragen: Wie gehen wir an das heran? Wie schaffen wir Anreizsysteme? Wir haben auch die Pflicht, darüber nachzudenken, ob es nicht Mitfinanzierungen oder Selbstbehalte in Zukunft wird geben müssen, und zwar in einer breiteren Form als heute. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser. )

Herr Öllinger! Weil Sie sich immer hier herunten herstellen und "g`scheitln", dass sie gegen Selbstbehalte sind, möchte ich Ihnen schon sagen, dass wir heute schon Selbstbehalte – in welcher Form auch immer – in der Größenordnung von 11,5 Milliarden Schilling haben. Diese haben wir in Zukunft besser zu steuern. Das wird unsere Aufgabe sein! Da wäre es auch gut, würden Sie nicht nur Kritik einbringen, sondern auch den einen oder anderen Vorschlag machen, der uns in dieser Situation weiterbringen könnte.

Ich schließe meine Ausführungen mit den Worten: Der Sozialbereich ist für uns alle zu wichtig und viel zu ernst, um darüber nur oberflächlich zu diskutieren. Ich glaube, wir haben uns mit der Entwicklung in diesem Bereich sehr eingehend zu beschäftigen. Wir haben uns zu bemühen, die Anwendungsgenauigkeit oder, wenn Sie wollen, die Treffsicherheit nachhaltig zu verbessern. Die Bürger in diesem Land haben nämlich ein Recht darauf, dass sich die politisch Verantwortlichen mit aller Kraft und mit viel Ideeneinsatz darum bemühen, dass jede Bürgerin und jeder Bürger auch seinen gerechten Anteil an diesem so guten Sozialsystem haben kann. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Zur Geschäftsbehandlung.)

12.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

12.04

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident, wir haben jetzt insgesamt zwölf Redner gehört. Von jeder Fraktion haben drei Redner gesprochen. Ich möchte nun die Frage stellen, wann der "steinerne Gast" auf der Regierungsbank endlich das Wort ergreifen wird und zu den Anregungen, zu den Kritiken, zu den aktuellen Problemen, die hier angeschnitten worden sind, eine entsprechende Erklärung abgibt? Wir warten darauf! Wir glauben, dass Demokratie Diskussion – und nicht Diskussions-verweigerung ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Nürnberger: Ist der Bartenstein hier?)


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12.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Es liegt im Ermessen der Frau Bundesministerin für Soziales, wann sie das Wort ergreift. (Ruf bei der SPÖ: Ist der Bartenstein da! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Zur Geschäftsbehandlung!)

Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

12.05

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Abgeordneter Kostelka! Sie sind ja schon lange in diesem Hohen Hause, sodass sie eigentlich wissen sollten, dass der Minister sich dann zu Wort meldet, wann er es für richtig erachtet. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich glaube, dass es wirklich ein sehr großes Entgegenkommen der Ministerin ist, dass sie sich erst dann zu Wort meldet, wenn möglichst viele Abgeordnete ihre Argumente vorgebracht haben. (Abg. Dr. Kostelka: Am besten gar nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Petrovic: Zur Geschäftsbehandlung!)

12.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.05

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Erstens: Der Minister kann sich in dieser Debatte nicht zu Wort melden, wir würden hoffen, dass sich die Frau Bundesministerin zu Wort meldet. Ich denke, es ist sehr wohl üblich – und das haben die Freiheitlichen auch stets getan –, nicht nur auf den Buchstaben der Geschäftsordnung zu achten, sondern auf Usancen. Ich glaube, gerade bei dieser Debatte und auch in Anbetracht der Diskussionen, die in der Bevölkerung geführt wurden, wäre eine Wortmeldung sehr wohl wichtig und würde auch den Usancen dieses Hauses entsprechen. (Abg. Nürnberger: Gehen Sie doch ein auf die Argumente! – Abg. Dr. Stummvoll: Zur Geschäftsbehandlung!)

12.06

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Stummvoll. – Bitte.

12.06

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Kollegin Partik-Pablé hat darauf hingewiesen, was formal gilt, und Frau Kollegin Petrovic darauf, was die Usancen sind. Ich habe, wenn ich in Richtung Opposition schaue, den Eindruck, dass da einige Damen und Herren schon zum Mittagessen gehen wollen.

Ich meine, dass es für diese Debatte gut wäre, würde sich die Frau Minister ein bisschen später zu Wort melden, denn dann würden sie alle noch dableiben. (Beifall bei der ÖVP. – Unruhe bei der SPÖ. – Abg. Nürnberger: Es ist unwürdig, solch ein Argument zu bringen!)

12.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Reitsamer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Nürnberger geht in Richtung Couloir. – Abg. Dr. Stummvoll – in Richtung des Abg. Nürnberger –: Nürnberger dableiben! – Abg. Nürnberger: Ich bleib eh da! – Abg. Dr. Mertel  – in Richtung ÖVP –: Kümmern Sie sich um Ihre leeren Sitze! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei der ÖVP. – Abg. Reitsamer: Bitte, mir das nicht auf die Redezeit anzurechnen!)

12.07

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Nachdem sich die Wogen wieder einigermaßen geglättet haben, zurück zur Sozialdebatte:

Zum Bericht über die soziale Lage möchte ich sagen: 1998 war die Welt noch in Ordnung! Es erübrigt sich, auf diesen Bericht einzugehen. Früher hat man trotz Sparmaßnahmen von Jahr zu Jahr darauf geschaut, Verbesserungen für die Menschen in diesem Land zu erreichen. Aber was haben Sie geschafft? – In weniger als acht Monaten Regierungszeit kippen Sie das ganze System. (Beifall bei der SPÖ.)

Von sozialer Ausgewogenheit ist nicht mehr die Rede. Sie reden immer von "Treffsicherheit", und diesem Begriff sind Sie gerecht geworden: Sie haben mit all Ihren Kürzungen und Streichungen immer dieselbe Gruppe, die ArbeitnehmerInnen und die Pensionisten, getroffen, und zwar mit voller Breitseite. Und Sie setzen das auch fort. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich habe mir die Beiträge zur vor dem Sommer stattfindenden Diskussion über die so genannte Pensionsreform ein bisschen angesehen. Dem Kollegen Haupt und seinen Fraktionskollegen konnten früher die jährlichen Pensionserhöhungen nie hoch genug sein. Er hat gesagt:

Wir werden eine Pensionspolitik machen, die alle Generationen umfasst, denn die Jungen – hören Sie zu! – müssen sicher sein, "dass sie auch nach 2020, nach 2030 eine entsprechende Pension bekommen werden, die im Verhältnis zu dem Realeinkommen ... die zweithöchste Ersatzrate im gesamten EU-Raum bietet." – Zitatende.

Der erste Schritt für die jungen Leute, meine Damen und Herren, ist gesetzt: Sie führen Studiengebühren ein. Das ist der Ausgleich unter den Generationen, denn je schlechter die Ausbildung ist, umso niedriger ist das Einkommen – und in diese Richtung arbeiten Sie.

Ich kann Ihnen das aus eigenem Erleben sagen. Als ich Jus studieren wollte, hat mein Vater gesagt: Ihr seid zwei Kinder, ich verdiene 1200 S, für beide muss die Handelsschule reichen! Wir haben das akzeptiert. Ich frage Sie: Wollen Sie die Mädchen wieder darauf zurückdrängen? Sie sind auf dem besten Weg dorthin! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Herr Haupt sagte weiters: Ich verstehe schon die große Betroffenheit der Menschen, die kurz vor dem Pensionsantritt stehen. Sie müssen jetzt "die bittere Pille schlucken", aber in einem halben Jahr werden Sie sehen, "wer tatsächlich" ihre Freunde sind, "die Freunde der arbeitenden Menschen in diesem Land". – Ich denke, das ist eine etwas eigenartige Interpretation von Freundschaft! (Beifall bei der SPÖ.)

Ihre Devise ist: Geschwindigkeit statt Gerechtigkeit! – Wenn ich mir die Rede des Herrn Abgeordneten Kiss Revue passieren lasse, so fällt mir auf: Er hat gestern diese Geschwindigkeit gelobt und gesagt, dass so etwas mit den Sozialdemokraten "nicht einmal in einem Jahr" möglich gewesen wäre. – Ich sage dazu: Ja! Wir sind stolz darauf, dass mit uns so etwas überhaupt nicht möglich wäre! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir von der SPÖ haben uns niemals Reformen verschlossen, allerdings maßvollen Reformen. Das ist aber heute nicht mehr gefragt. Ich erinnere etwa nur an eine Presseaussendung des Herrn Bundesministers Bartenstein, in welcher er über die Sozialpartnerschaft sagte: Na ja, ein Veto wird es nicht geben, und wir stellen jedenfalls Reformen vor Konsens. – Was heißt denn das? Bartenstein meinte natürlich die Sozialpartner auf der Arbeitnehmerseite, denn für jene auf der Arbeitgeberseite gibt es einen Lichtstreifen am Horizont, kommt es doch zu einer Umverteilung von unten nach oben. Und dieser Partner wurde auch schon längst instrumentalisiert, meine Damen und Herren!

Die Begründung für die Pensionsreform lautet immer: Der Grund ist die demographische Entwicklung, die Menschen werden älter! Aber sie versuchen auch, dem durch Maßnahmen im Gesundheitssystem gegenzusteuern! Und das werden Sie sicherlich in den Griff bekommen – mit all dem, was Sie so alles angedacht haben.

Die Ausbildung ist immer besser und länger. – Auch da haben Sie bereits gegengesteuert.

Der Bundesbeitrag zum Pensionssystem ist "explodierend", sagen Sie. – Wenn ich mir anschaue, dass ursprünglich eine Drittelregelung beschlossen war, so muss ich Ihnen dazu sagen: 1975 waren wir diesbezüglich bei 33,9 Prozent, 1998 bei 24,4 Prozent – dabei haben zu diesem Zeitpunkt die Maßnahmen der Reform von 1997 noch nicht gegriffen.

Ich bete es immer wieder herunter, wie unterschiedlich diese Bundesbeiträge sind, und zwar so lange, bis Ihnen das geradezu zum Hals heraushängt, weil das die soziale Schieflage an sich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Bei den Unselbständigen: 16,8 Prozent Bundespensionsbeitrag, gewerbliche Wirtschaft: 57,4 Prozent, Bauern: 73,5 Prozent.


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Zur Pensionsreform, zum "Generationenvertrag" sagte Herr Schender: Für die Kranken, für die Alten und sozial Schwachen wird diese Regierung immer da sein. – Wie wahr: Sie ist immer da, um denjenigen, die ohnehin wenig haben, noch etwas zu nehmen!

Zur Besteuerung der Unfallrenten: Ich weiß, wovon ich spreche: 1963 hatte mein Vater einen Arbeitsunfall und war von da an dazu verurteilt, zehn Jahre lang auf dem Rücken zu liegen. Zehn Jahre lang! Er wurde zu Hause gepflegt, ohne Bezug von Pflegegeld. – Meine Mutter hat eine Witwen-Unfallrente, und die wird sich "freuen", wenn sie mit 87 Jahren jetzt endlich für ihre paar Groschen Steuern zahlen darf! – Danke, liebe FPÖVP! (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters darf ich an die künstliche Aufregung bei den Freiheitlichen erinnern, als diese sagten: 13 Prozent Armutsgefährdung in unserem Lande! – Nicht, dass uns das nicht auch betroffen gemacht hätte, aber was machen denn Sie mit Ihren Maßnahmen? – Sie sorgen dafür, dass diese Armutsgefährdung zumindest verdoppelt wird, und zwar innerhalb eines Jahres! So viel zu den "Anwälten" der kleinen Leute, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es kommt doch nicht von ungefähr, dass Frau Gubitzer von der FCG, die Herr Westenthaler nicht einmal kennt – er kennt nicht einmal die Spitzenfunktionäre seines Regierungspartners –, von einem "Horror-Paket" spricht.

Herr Kollege Feurstein, ich habe Sie eigentlich immer für Ihr soziales Gewissen geschätzt – und ich weiß schon, dass Sie manchmal einen Riesenspagat machen mussten –, aber jetzt muss ich Sie fragen: Wie geht es Ihnen denn dabei? Ich erinnere auch Sie, Kollege Feurstein, an die Diskussion vom Juni 2000: Wir müssen unser Sozialsystem weiter positiv gestalten, sagten Sie. Und weiters: Ich darf dazu sagen, dass wir das bisher mit den Bundesministern von der SPÖ sehr gut gemacht haben! – Warum gestalten Sie es nicht weiter positiv, warum stimmen Sie jetzt für den Abbau, Kollege Feurstein?! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Zierler hat uns Kürzungen vorgehalten, die wir im Rahmen von Sparpaketen – leider! – vornehmen mussten. – Da möchte ich Sie schon fragen: Wenn Sie in dieser Regierung so schnell arbeiten, warum haben Sie dann diese Kürzungen nicht zurückgenommen, sondern verschärfen das noch?

Detto Herr Haupt. – Sie hätten es doch in der Hand, Sie arbeiten ja so "schnell", wie ich den Ausführungen des Herrn Kiss entnehmen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Sie weiters an eine Rede der Kollegin Pittermann hier in diesem Hohen Hause erinnern. Als wir von der sozialen Kälte sprachen, hat sie gemeint, das wäre nur das "Mailüfterl", denn es werde noch schlimmer kommen. – Und sie hatte Recht!

Klar ist: Bei den vom Rechnungshof geprüften Institutionen sollen Betroffene künftig für Zusatzpensionen bis zur Höchstbeitragsgrundlage Krankenversicherungsbeiträge zahlen. Es könnte das eine Krankenschwester treffen oder sonst jemanden. Jedenfalls meine ich, dass es sich hier in diesem Hohen Hause wieder einige "gerichtet" haben: Gelder heraus, in den Pensionsfonds hinein, an der Einschau des Rechnungshofes vorbei, genauso wie das beim Bezügebegrenzungsgesetz auch der Fall war.

Mit dem Thema "Lobbying für die Privatversicherungen" wird sich eine Nachrednerin aus meiner Fraktion noch auseinander setzen.

Die Sanktionen haben von den Grauslichkeiten abgelenkt, und Ihr Märchen vom "Schuldenstaat" wird auch nicht mehr so wirken. In Anbetracht meiner kurzen Redezeit möchte ich jetzt nicht noch einmal die Zahlen dazu nennen, obwohl das schon dafürstände, weil Herr Gaugg ja die Regierung Kreisky massiv attackiert hat. – Ich sage nur so viel:

In 13 Jahren Alleinregierung ging es dabei um 300 Milliarden Schilling, in der Regierungszeit SPÖ/FPÖ waren das 160 Milliarden Schilling plus – aber in der SPÖ/ÖVP-Regierungszeit 1 200 Milliarden Schilling plus!


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Österreich hat sich dadurch aber vom Schlusslicht Europas zu einem der reichsten Länder entwickelt – und jetzt entwickeln wir uns zurück. Und für dieses Zurück werden Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, keine 30 Jahre brauchen.

In diesem Zusammenhang darf ich an folgende Karikatur erinnern: Ein Geizhals sitzt in seinem Wohnzimmer auf Geldsäcken; es regnet ihm beim Dach herein – aber er muss sparen.

So ähnlich machen Sie es auch: Sie haben den Menschen Eigentumsbildung eingeredet. – Ja glauben Sie denn, dass einer eine Eigentumswohnung oder ein Einfamilienhaus hat, ohne vorher Schulden gemacht zu haben! Und dieses Land, meine Damen und Herren, sieht auch nicht so aus, wie es Ende der sechziger Jahre ausgesehen hat! In ein paar Jahren werden wir uns jedenfalls zurücklehnen und sagen können: Wir haben zwar keine Schulden, dafür aber hat sich die Zahl jener, die jetzt unter der Brücke schlafen müssen, weil sie sich Wohnen nicht mehr leisten können, stark erhöht! (Beifall bei der SPÖ.)

Für die Erstellung dieses Sozialberichtes möchte ich jedenfalls meinen Dank an die Beamten des Ressorts aussprechen. Wir werden diesen zwar heute nicht diskutieren, aber ich persönlich werde ihn für meine Enkelkinder aufheben, meine Damen und Herren. Ich erinnere mich nämlich noch gut daran, dass uns, als wir daran erinnert haben, wie es früher in Österreich war, die jungen Leute nicht selten gesagt haben: Ihr seid ja selbst schuld, wenn ihr euch das habt gefallen lassen! Und ich denke mir, da kann ich auf die jungen Leute setzen. Sie werden sich das nämlich nicht gefallen lassen, was man jetzt mit ihnen vorhat! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. )

Diese Jungen werden sich aber persönlich auch nicht mehr daran erinnern können, wie gut unser Land dagestanden ist, bevor diese FPÖVP-Regierung mit dem Rasenmäher drübergefahren ist. Und wenn diese Regierung noch eine Weile so fuhrwerkt, dann kann man auf den Titel in der "Presse" "Sozialsystem am Scheideweg: Korrekturen oder Kahlschlag?" – in diesem Artikel unter Fragezeichen – nur die Antwort geben: eindeutig Kahlschlag, denn das Land "neu regieren" heißt für Sie allemal nur: abkassieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich noch einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Heidrun Silhavy, Annemarie Reitsamer und GenossInnen betreffend Heizkostenzuschuss für Personen mit einem Haushaltseinkommen unter 12 000 S einbringen. – Dieser Antrag ist inzwischen verteilt worden, daher kann ich auf dessen Verlesung verzichten.

Es geht in diesem Antrag darum, dass man diesen Menschen die Mehrkosten für die Monate Oktober bis Dezember mit Einmalzahlungen von 1 500 S abdeckt und dass man, wenn es dann noch keine Entschärfung gibt, das auch für die Monate Jänner bis April 2001 fortsetzt, sowie dass in den Sozialhilfegesetzen der Bundesländer eine gleichwertige Regelung erfolgt. (Beifall bei der SPÖ.)

12.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Silhavy, Reitsamer und Genossen auch in schriftlicher Form überreicht wurde, genügend unterstützt ist und daher mit in Verhandlung steht.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich diesen gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigen und verteilen. Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Heidrun Silhavy, Annemarie Reitsamer und GenossInnen betreffend Heizkostenzuschuss für Personen mit einem Haushaltseinkommen unter 12 000 S,


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eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales (III-35/247 d.B.)

Obwohl die OPEC eine höhere Förderquote beschlossen hat, ist der Rohölpreis gestiegen. Die Heizölpreise bleiben ebenfalls auf Rekordniveau, jetzt wird auch noch Erdgas empfindlich teurer werden.

Die betroffenen Menschen können mit den notwendigen Käufen nicht mehr warten, denn die Temperaturen fallen, die Heizölpreise könnten hingegen sogar noch leicht ansteigen.

Die höheren Energiepreise belasten die österreichischen Haushalte enorm. Seit der Ölpreis-Explosion im September des Vorjahres belaufen sich etwa die Treibstoff-Mehrkosten auf rund 14 Milliarden Schilling. Und für Heizöl und Erdgas müssen in der kommenden Heizsaison rund 8 Milliarden Schilling mehr ausgegeben werden.

Am schlimmsten trifft es MieterInnen und BesitzerInnen von Eigenheimen mit niedrigem Einkommen, die auf Heizöl angewiesen sind. Verglichen mit dem Vorjahr ist der Preis je Liter um rund 3,50 S gestiegen. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von rund 4 000 Litern, für die Beheizung eines durchschnittlichen Eigenheimes, in einer Heizsaison belaufen sich die Mehrkosten somit auf rund 14 000 S.

Der Finanzminister profitiert von diesen massiven Belastungen der Haushalte in Form höherer Mehrwertsteuereinnahmen mit rund 2 Milliarden Schilling.

Ein Teil dieses Geldes soll so rasch wie möglich an NotstandshilfebezieherInnen, KarenzgeldbezieherInnen, PensionistInnen, Kranke, Menschen mit Behinderungen, ArbeitslosengeldbezieherInnen, BezieherInnen von Opferrenten rückgeführt werden.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis zum 18. Oktober 2000 eine Regierungsvorlage zuzuleiten, damit BezieherInnen von Leistungen aus dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, dem Karenzgeldgesetz, dem Sonderunterstützungsgesetz, dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz, dem Opferfürsorgegesetz, dem Heeresversorgungsgesetz, dem Impfschadengesetz und dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, die ein Haushaltseinkommen von unter 12 000 S netto im Monat haben, so rasch wie möglich von der Sozialversicherung, dem Arbeitsmarktservice beziehungsweise dem Bund ein Heizkostenzuschuss, durch eine Einmalzahlung von 1 500 S ausgezahlt werden kann um die Ölpreis bedingten Mehrkosten für die Monate Oktober 2000, November 2000, Dezember 2000 abzudecken.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert in der Regierungsvorlage eine Verordnungskompetenz für den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen unter folgender Voraussetzung vorzusehen: wenn bis zum 15. Dezember 2000 die Verkaufspreise für Heizöl und Erdgas nicht gesunken sind, ist durch Verordnung für den Rest der Heizperiode (Jänner 2001, Feber 2001, März 2001 und April 2001) ein zusätzlicher Betrag von 500 S pro Monat, für die definierte Personengruppe auszubezahlen.

In den Sozialhilfegesetzen der Bundesländer sind gleichwertige Regelungen auf landesgesetzlicher Ebene zu schaffen und die erhöhten Mittel auszubezahlen. Die finanzielle Bedeckung der


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zusätzlichen Kosten für die Bundesländer werden durch Überweisungen aus dem Bundesbudget gedeckt.

Die finanzielle Bedeckung ist durch die gestiegenen Einnahmen durch die Mehrwertsteuer von Treibstoffpreisen sichergestellt."

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nunmehr hat sich die Frau Bundesministerin für Soziales zu Wort gemeldet. – Bitte. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Es geschehen noch Zeichen und Wunder! Wahnsinn!)

12.18

Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Elisabeth Sickl: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich betrachte die Ungeduld, mit welcher manche auf meine Wortmeldung warten (Abg. Nürnberger: Sie sind ja zuständig!) , als sehr positiv, da ich das als Ausdruck des demokratischen Dialoges sehe. Wir alle sollten das Gespräch suchen, und Parlament und Regierung müssen einfach immer wieder miteinander sprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Riepl: Darum haben Sie geschwiegen!)

Ich wollte nur noch den Debattenbeitrag von Frau Reitsamer, der Vorsitzenden des Sozialausschusses, hören, nun möchte auch ich mich zu Wort melden.

Der Bericht über die soziale Lage 1998 liegt nun dem Nationalrat vor. Zunächst gilt mein Dank den Ressortbeamten, die diesen Bericht mit sehr viel Sorgfalt und sehr viel Sachkompetenz zusammengestellt haben. (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen heute vor der Situation, dass wir 1 Million Armutsbedrohte und 400 000 tatsächlich Arme haben, dass die Budgetpolitik mit einem Budgetloch kämpfen muss, mit dem nicht einmal die Maastricht-Kriterien erfüllt werden. Es wurde offenbar in den letzten Jahrzehnten zuviel Geld ausgegeben. Meine Frage lautet: Wohin ist dieses Geld geflossen? Offensichtlich ist es nicht treffsicher geflossen, ist es nicht sozial gerecht geflossen, denn wie könnte es sonst sein, dass wir 1 Million Armutsbedrohte und 400 000 Arme haben? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wo war denn die Sozialkompetenz der Sozialdemokratie in diesen letzten Jahrzehnten? (Abg. Sophie Bauer: Wo war denn die ÖVP?) Wo war die soziale Wärme? Ich muss diese Frage stellen, weil Sie von dieser Regierung immer wieder die soziale Kompetenz einfordern. Die haben wir! Aber Sie erwarten von uns Maßnahmen in wenigen Monaten, die Sie in Jahrzehnten nicht getroffen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn Herr Kollege Nürnberger es vermisst, dass der Wirtschaftsminister heute als "Einflüsterer" neben mir sitzt, so möchte ich sagen, ich brauche keinen Einflüsterer. Sie versuchen damit, dieser Regierung zu unterstellen, dass die Sozialpolitik von der Wirtschaft dominiert wird. Es ist keinesfalls so! (Abg. Riepl: Es ist noch viel ärger!) Aber richtig ist, dass nur ein gutes Zusammenwirken von Wirtschafts- und Sozialpolitik tatsächlich Arbeitsplätze und damit soziale Sicherheit schafft. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! Wenn Sie mich wegen angeblich sozialer Kälte rügen, dann ertrage ich diesen Theaterdonner mit Gelassenheit (Abg. Dietachmayr: Ah so! – Zwischenruf der Abg. Silhavy ), denn in Wirklichkeit wissen Sie alle sehr genau – Sie kennen ja meine Arbeit aus der Vergangenheit –, wie sehr ich mich um den Sozialstaat bemühe. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Wo? Wo? Wo?)

Ich bin zum Beispiel die erste Frauenministerin, die alle Frauenvereine – das sind 140 oder mehr – zu sich eingeladen und mit ihnen einen ganzen Nachmittag über diese Probleme


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diskutiert hat. Das hat es vorher noch nie gegeben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Gehen tut es um das Abkassieren und nicht um das Kaffeetrinken!)

Ich bin die erste Sozialministerin, die alle Sozialversicherungsträger im ganzen Land besucht und sich mit ihnen stundenlang zusammensetzt, um ihre Probleme zu diskutieren. (Beifall und Bravorufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Aber die Versicherten cashen Sie ab!) Mir ist nämlich die Sozialversicherung ein echtes Anliegen. Das ist die Wahrheit!

Herrn Kollegen Gusenbauer, der hier über die "Treffsicherheit auf dem Golfplatz" philosophiert hat (Abg. Dr. Stummvoll: Da trifft man die Frau Vranitzky! Am Golfplatz treffen wir die Vranitzkys, die Nadelstreifsozialisten!), möchte ich dafür danken, dass er mir dadurch ein Hölzel geworfen hat, denn auf Grund seiner Äußerungen habe ich jetzt die legitime Möglichkeit, endlich den Unsinn klarzustellen, der über mich ständig, immer wieder in Umlauf gebracht wird. (Abg. Dr. Mertel: Sie haben ja einen Golfschläger in der Hand gehabt!)

Erstens: mein Schloss. – Ich bin keine millionenschwere Schlossbesitzerin, keine Besitzerin eines Schlosses mit Türmen und Himmelbetten, sondern das ist ein barockes Gutsgebäude. Es heißt Schloss, was aus der Geschichte erklärbar ist. Es handelt sich um ein barockes Gutsgebäude in der Größe von 10 mal 25 Metern mit einem Stockwerk. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist für euch schon ein Schloss! Da wohnt der Verzetnitsch besser!) Es steht unter Denkmalschutz, ist eine schöne, gute alte Bausubstanz, und ich habe dieses Gebäude mit meiner eigenen Hände Arbeit vor dem Verfall gerettet. Das ist die Wahrheit! (Beifall und Bravorufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zeigen Sie mir bitte einen Sozialminister, der so wie ich alle Arbeiten schon gemacht hat: Bodenschleifen und -versiegeln, Ausmalen, Leitungen verlegen, Fliesenlegen, ich kenne diese Arbeiten sehr genau. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Hat das mit der Debatte heute etwas zu tun? – Abg. Riepl: Schwarzarbeit ist das!) Mir macht keiner etwas vor!

Arbeit adelt – jede Arbeit, und wenn es "Häuslputzen" ist, ist eine edle Arbeit! (Abg. Dr. Mertel: Wurmitzer hat gesagt, Sie haben mit Schwarzarbeitern gearbeitet! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Deswegen sage ich ja: Das, was Sie immer wieder gegen mich sagen, ist wirklich ein Theaterdonner, denn Sie wissen ganz genau, dass ich überaus sozial denke und dass mir gerade der "kleine" Mensch ein Anliegen ist, weil ich in meiner Biographie immer wieder auch mit den "Kleinen" und mit den Armen zu tun gehabt habe. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka  – in Richtung ÖVP und Freiheitliche –: Ihr hättet sie doch austauschen sollen! – Abg. Dr. Mertel: Landesrat Wurmitzer sagt, mit Schwarzarbeitern haben Sie gearbeitet!)

Ich kenne mich auch mit Frauenproblemen aus, denn ich habe nämlich als Alleinerzieherin drei Kinder aufziehen müssen, ganz allein! (Abg. Dr. Mertel: Wurmitzer sagt, Sie haben mit Schwarzarbeitern gearbeitet!) Und ich war daneben berufstätig, und ich habe zusätzlich dazu einen kleinen Gewerbebetrieb mit drei Mitarbeitern aufgebaut – aber ganz allein mit meiner eigenen Hände Arbeit und auf mein Risiko. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Nürnberger: Frau Minister! Sie waren noch nie so schwach – weil Ihnen der Bartenstein fehlt! – Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Nürnberger: Das ist ein Schauspiel, das Sie da liefern! – Gegenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Nein, Herr Nürnberger! Herr Gusenbauer hat mir dieses Hölzel geworfen, und ich muss dazu einmal Stellung nehmen, denn ich lasse mich von Ihnen nicht immer in der Öffentlichkeit anschütten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Abschließend möchte ich sagen: Ich bin stolz auf meine Kinder. Meine zwei Buben studieren zwar, aber sie sind als LKW-Fahrer tätig, sie sind auf der Straße unterwegs, um auch die Anliegen der Fernfahrer kennenzulernen. Und das ist wichtig für ihr ganzes Leben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Ich trete entschieden gegen kapitalistische Tendenzen auf. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Kapitalistische Tendenzen, die den Reichen reicher und den Armen ärmer machen, harmonieren nicht mit unserer Sozialauffassung. Für mich steht der Mensch im Zentrum, und zwar der Mensch mit seinen Sorgen, Ängsten und auch seinen Schwächen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich frage Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie – ich muss Sie das fragen, weil Sie in Ihren Redebeiträgen sehr aggressiv sind –: Wo war denn Ihre soziale Verantwortung, als Sie es zuließen, dass das Pensionssystem entgleitet, als die Gefahr bestand, dass es für die Zukunft nicht mehr finanzierbar sei? Sie haben halbherzige Pensionsreformen auf die Beine gestellt. Wo war da Ihre Sozialkompetenz? (Abg. Dr. Mertel: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)

Wo war Ihre Sozialkompetenz, als Sie es zuließen, dass die Gefahr drohte, dass das Gesundheitssystem nicht mehr finanzierbar ist? (Abg. Edlinger: Das stimmt doch nicht!) Wir haben uns jetzt dieser Sache angenommen, und wir haben die schwierige Aufgae, diese Versäumnisse der Vergangenheit nachzuholen und die Gebietskrankenkassen zu sanieren. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wo war Ihre Sozialkompetenz, als Sie es zuließen, dass der Staatshaushalt so verschuldet ist, dass ohne rascheste Konsolidierungsmaßnahmen auch der Sozialstaat gefährdet ist? (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn es Kollegin Haidlmayr beklagt, dass ich keine Einmalzahlung zum Pflegegeld auszahlen kann, dann will ich ihr sagen: Ich möchte das so gerne (Rufe bei der SPÖ: Na geh! – Abg. Eder: Dann machen Sie es! Sie sind ja Minister!), und ich habe diesen Wunsch auch beim Finanzminister deponiert, aber, bitte schön, das Budgetloch, das Sie verursacht haben, ist so groß, dass derzeit dafür kein Geld vorhanden ist. Ich werde weiterhin nachhaltig in diese Richtung arbeiten, damit die Einmalzahlung kommt. (Ruf bei der SPÖ: Wo ein Wille, da ist auch ein Weg!)

Besser noch: Es hat seit dem Jahre 1996 – und das geht auf Ihr Konto – keine Valorisierung des Pflegegeldes mehr gegeben. Auch darum werde ich mich bemühen, aber die derzeitigen Budgetverhältnisse erlauben es eben nicht. Das ist unser Problem! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Dann machen Sie den Leuten keine Hoffnungen!)

Ich trete auch ein – und da treffen wir uns – für die Solidarität, das ist die Sicherheit unseres Systems. (Abg. Dr. Mertel: Schwarzarbeit!) Der Gesunde muss für den Kranken mitzahlen und der Reiche für den Armen. (Abg. Eder: Es ist doch genau umgekehrt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das wird bei der Pension so sein. Und wenn es auf Grund des Regierungsprogrammes zu einer zweiten Säule der Pensionsversicherung kommt, dann nur zusätzlich und nicht in Ablöse eines Sozialversicherungssystemes. (Abg. Schwemlein: Wer kann sich das leisten?) Ich bin froh darüber, dass es eine parlamentarische Entschließung von vor dem Sommer gibt, in der dies deutlich festgehalten ist: zweite Säule zusätzlich zur Sozialversicherung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Und auch die hohe Nettoersatzrate der Pensionen soll erhalten bleiben.

Auch im Gesundheitsbereich, meine Damen und Herren, müssen wir zum Solidaritätssystem stehen. Es muss auch in Zukunft für alle Menschen der gleiche Zugang zu den hohen medizinischen Standards gewährleistet bleiben! (Neuerlicher Beifall und Bravorufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist derzeit meine undankbare Aufgabe, jene Probleme aufzuarbeiten, die Sie uns aus 30 Jahren Ihrer Politik hinterlassen haben. (Abg. Schwemlein: Sie können ja zurücktreten!) Wir haben in kürzester Zeit eine Pensionsreform auf die Beine gestellt, die sozial verträglich ist. Wir sanieren die Krankenkassen durchaus in Zusammenarbeit mit den Krankenkassen, und ich trete ein für eine Modernisierung der Sozialversicherungsträger, um sie effizienter, um sie sparsamer und um sie versicherten-näher zu machen. (Abg. Dr. Mertel: Feurstein hat versagt! Khol hat versagt! Die ÖVP hat geschlafen! – Abg. Dr. Khol: Wir haben ja 30 Jahre den Sozialminister gestellt!)


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Nun zum Paket der sozialen Treffsicherheit: Meine Damen und Herren! Es ist darum gegangen, Überversorgungen abzubauen und andererseits auch Geld im Budget zu haben, das für soziale Ausgaben wieder verwendet werden kann. Wenn genug Geld im Budget vorhanden ist, dann ist auch die Einmalzahlung für die Pflegegeldbezieher möglich, und dann ist auch die Valorisierung des Pflegegeldes möglich. (Abg. Dr. Mertel: Wann kommt das?)

Thema Behinderte: Es gibt keinerlei Eingriffe in das Pflegegeld. Das ist mir wichtig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Zusätzlich gibt es eine Behinderten-Milliarde, eine Offensive für die Schaffung von Arbeitsplätzen für behinderte Menschen, besonders für behinderte Schulabgänger. (Abg. Ing. Westenthaler: Das habt ihr nie zusammengebracht!) Das ist eine Initiative, die es zu Ihrer Zeit nie gegeben hat. (Abg. Dr. Kostelka: Aber zuerst abkassieren! – Abg. Dr. Mertel: Die Hosen ausziehen und dann den Lendenschurz geben!) Wir tun etwas genau für diese Gruppe, für die Integration notwendig ist, denn es ist uns ein Anliegen, die Behinderten nicht an ihren Defiziten zu messen, sondern an den Potentialen, an den Fähigkeiten, die sie gerade wegen ihrer Defizite für die Gesellschaft haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir werden in der nächsten Zeit mit dieser Behinderten-Milliarde sinnvolle Arbeitsplätze speziell für junge Behinderte schaffen. – Meine Damen und Herren! Ihrer Politik ist es zu verdanken, dass wir derzeit ein Drittel der Behinderten als Arbeitslose verzeichnen müssen. (Abg. Dr. Khol: 37 Prozent!)  – Noch mehr.

Was das Thema Familien anlangt: An der Familienbeihilfe wird in keinster Weise gerüttelt. Zusätzlich aber, meine Damen und Herren, wird es das Kinderbetreuungsgeld geben, das heißt eine massive Initiative für die Familie. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber auch die beitragsfreie Mitversicherung für Frauen mit Kindern ist gewährleistet. Wieder ein familienpolitisches Signal: Frauen, die durch ihre Arbeit Kinder großgezogen haben und damit etwas für die Sicherung unserer Zukunft getan haben, sind weiterhin beitragsfrei mitversichert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Riepl: Das ganze Leben lang?)

Wir haben es auch bewirkt, dass die Kinderzuschüsse für die Pensionisten von 320 S auf 400 S erhöht worden sind. Und wir haben Überversorgungen abgebaut, Überversorgungen im Bereich der Zusatzpensionen. Die Bezieher von Zusatzpensionen werden jetzt krankenversichert sein, denn es ist nicht einzusehen, dass ein einfacher ASVG-Pensionist Krankenversicherung zahlt und der Empfänger einer Zusatzpension, der ohnehin eine höhere Pension hat als üblich, weil er aus einem privilegierten Bereich stammt, keine Krankenversicherung zahlt und sich damit aus dem Solidarsystem herausstiehlt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine Überversorgung besteht auch dort, wo Frauen ohne Kinder beitragsfrei mitversichert sind, denn diese Frauen leisten weder durch ihre Berufsarbeit noch durch ihre Familienarbeit, durch das Aufziehen von Kindern einen Beitrag zum Solidarsystem. (Abg. Eder: Und wer keine Kinder kriegen kann, wird bestraft! Sehr gut!) Und meistens, meine sehr geehrten Damen und Herren – und das wissen Sie genauso gut wie ich –, handelt es sich hier um Gattinnen reicherer und wohlhabenderer Bürger, die es sich leisten können, zu Hause zu sein, und die auf diese Weise ungerechtfertigt keinen Beitrag für das Solidarsystem leisten. (Abg. Silhavy: Und was ist mit der Frau, die keine Notstandshilfe bekommt?)

Was die Frage der Unfallrenten anbelangt, so geht es dabei um eine Harmonisierung, und ich darf Ihnen hier den Text aus dem Expertenbericht zur Kenntnis bringen: Gerade bei der Unfallpension kommt es oft zu unnötigen Anhäufungen von Leistungen, und Leistungskumulierungen führen dazu, dass die auf Grund von Unfällen und Invalidität einkommensersetzenden Leistungen höher sind als das ausgefallene Entgelt.

Sie wissen sehr genau, dass in der Regel die Unfallrenten sehr klein sind, unter die Grenze von 10 000 S fallen und daher nicht versteuert werden. Sie fallen also in den steuerfreien Bereich. Das ist das Eine. Das Zweite: Meistens werden Unfallrenten neben anderen Einkommen bezogen, ob das Arbeitseinkommen sind oder ob das Invaliditäts- oder Alterspensionen sind. Und


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es ist nicht einzusehen, dass hier nicht das gemeinsame Einkommen versteuert werden soll. (Abg. Riepl: Das ist eine Kürzung! Unfallrenten werden gekürzt!) Wenn zum Beispiel ein Arbeiter 14 000 S verdient, so muss er davon Steuer zahlen. Und wenn ein Pensionist 9 000 S und 5 000 S Unfallrente bekommt, hat er insgesamt auch 14 000 S und muss keine Steuern zahlen. Das ist nicht einzusehen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Bei all Ihren Rügen, was die Familienzuschläge bei Arbeitslosigkeit anbelangt, haben Sie übersehen, dass in diesem Passus von der Regierung sehr deutlich hineingeschrieben wurde: Abfederungsmaßnahmen zur Bekämpfung von Armutsfällen sind zu treffen. – Auch hier wurde also Vorsorge getroffen, dass es in Einzelfällen zu keinen Härten kommen kann.

Wir haben in Österreich derzeit das Problem der Armutsbekämpfung zu lösen, und wir tun es. (Abg. Eder: Nix tut ihr!) Die 1 Million Armutsbedrohten und die 400 000 Armen sind laut Armutsbericht vor allem Alleinerzieherinnen, kinderreiche Familien, Behinderte und andere Menschen in Randgruppen. (Abg. Eder: Denen zieht ihr das Geld aus der Tasche!) Und genau für diese Menschen tut diese Regierung etwas. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Genau das ist es! Das ist soziale Treffsicherheit!)

Alleinerzieherinnen und kinderreiche Familien werden das Kinderbetreuungsgeld bekommen, und die Familienbeihilfen wurden nicht um einen Schilling gekürzt. (Abg. Eder: Wissen Sie überhaupt, was Sie reden?) Und Menschen in Randgruppen wie die Behinderten bekommen das Pflegegeld nach wie vor. Zusätzlich gibt es die große Initiative der Behinderten-Milliarde. (Abg. Eder: Ihr kürzt doch alles den armen Leuten!)

Zum Einkommen der Frauen: Aus dem Bericht des Wirtschaftsministeriums und jüngst auch aus dem Bericht des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger geht hervor, dass Frauen um 30 Prozent weniger verdienen als Männer – seit 30 Jahren schon! Wieso prügeln Sie mich dafür? Ich soll dieses Problem in sieben Monaten lösen, das Sie in 30 Jahren nicht gelöst haben?! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Eder: Das ist überhaupt kein Problem!)

Außerdem muss man der Gerechtigkeit halber gerade bei diesem Problem anmerken, dass es auch eine Aufgabe der Sozialpartner in den letzten Jahrzehnten gewesen wäre, bessere Kollektivvertragslöhne für Frauen zu erarbeiten. Wo war da die Kompetenz des ÖGB? Wo war da die Kompetenz der Arbeiterkammer? (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe in meinem Bereich sichergestellt – mit dem Zweck, dass die Fraueninitiativen weiterhin gut arbeiten und die Frauenpolitik unterstützen können –, dass die Förderungen trotz Kürzungen im heurigen Budget voll ausgezahlt worden sind. Und was Frau Frauenministerin Prammer und ihre Vorgängerinnen nie erreicht haben, das haben wir bereits gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Eder: Was denn? Was denn?) Wir haben nämlich auf meine Initiative hin einen Ministerratsbeschluss gefasst, mit dem das "Gender Mainstreaming" in Österreich eingeführt wird. Das ist ein pionierhafter Schritt. Das wissen Sie. Das ist sogar EU-weit pionierhaft. (Abg. Silhavy: Das ist EU-Recht!)

Gemeinsam mit Frau Ministerin Gehrer habe ich eine Initiative "Moderne Technologien für Frauen" in der EU eingereicht.

Meine Damen und Herren! Diese Regierung betreibt eine ausgewogene Politik – im Gegensatz zu dem, was die Vergangenheit gezeigt hat. Wir stehen für eine gesamtheitliche Sicht. Wir treten ein für eine Modernisierung des Sozialstaates, wir treten aber auch ein für eine Stärkung des Sozialsystems durch eine sinnvolle Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, denn nur eine gesunde Wirtschaft sichert Arbeitsplätze, und nur Arbeitsplätze gewährleisten soziale Sicherheit. (Anhaltender Beifall und Bravo-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.39


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Jetzt wissen wir, warum der Kostelka unbedingt die Frau Minister hören wollte! Er hat Recht: Es war ein wichtiger und guter Beitrag! Danke!)

12.40

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Bundesministerin! Ich finde es ja schön, dass Sie uns hier erzählt haben, dass Sie ein soziales Herz haben, dass Sie mit vielen reden, mit den Fraueninitiativen, mit den Sozialversicherungen, dass Sie auch etwas verstehen vom Sozial-Sein, aber das ist nicht Gegenstand der Debatte, Frau Bundesministerin. Da sind ganz konkrete Fragen von unterschiedlicher Seite an Sie gestellt worden, die sich auf das so genannte Paket der sozialen Treffsicherheit beziehen. Und das, was Sie dazu erklären, ist: Überversorgungen werden abgebaut. Wo bitte? Soll ich Ihnen, Frau Bundesministerin, dieses Beispiel noch einmal erzählen? Und Sie antworten mir bitte darauf, wo da eine Überversorgung gegeben ist. Ich erzähle es Ihnen:

Es geht um eine Frau, die eine Notstandshilfe erhalten sollte, sie aber nicht erhält, weil ihr Mann 14 000 S brutto verdient. Sie ist arbeitslos geworden, die Arbeitslosenzeit ist abgelaufen, sie kriegt keine Notstandshilfe, weil sie verheiratet ist und der Partner da einspringen muss. Sie verliert deswegen, obwohl sie keinen Job hat, ihren Anspruch auf Krankenversicherung und auf Pensionsversicherung, natürlich auch auf eigenständige Unfallversicherung. – Und jetzt sagt diese Bundesregierung: Da müssen wir noch mehr Überversorgung abbauen, das ist ja eine Schmarotzerin, diese Frau, eine Schmarotzerin, die nicht arbeiten will und sich von ihrem Mann mit seinen 14 000 S brutto aushalten lässt! Die lässt sich aushalten von ihm und vom Sozialstaat! Die soll zahlen, die soll jetzt Krankenversicherungsbeiträge zahlen!

Frau Bundesministerin, ich nehme an, Sie wissen, wovon ich spreche. Glauben Sie wirklich, dass in diesem Fall Überversorgung gegeben ist?

Ein anderes Beispiel. Kollege Gaugg – heute zitiert, ich glaube, im "Standard" ist es gestanden – spricht davon: Von pflegenden Angehörigen kann man durchaus auch den Krankenversicherungsbeitrag verlangen. Die kriegen ja eh das Pflegegeld! – Frau Bundesministerin, ist da Überversorgung gegeben?

Soll ich Ihnen noch weitere Beispiele erzählen? – Ich will Ihnen keine weiteren Beispiele erzählen. Faktum ist: Wir sprechen in Bezug auf dieses Paket der sozialen Treffsicherheit nicht über Überversorgung, sondern darüber, was Sie mit diesem Paket der so genannten sozialen Treffsicherheit gemacht haben.

In diesem Paket war ein Bouquet von Maßnahmen enthalten, Einsparungsvorschläge im Ausmaß von über 30 Milliarden Schilling, bunt und quer durch das Gemüsebeet, waren darin enthalten. Sie haben keine Vorgabe gemacht, welche Maßnahme der sozialen Gerechtigkeit dient, welche Maßnahme der Integration dient, welche Maßnahme Ausgrenzung verhindert, welche Maßnahme Armutsgefährdung verhindert. Das hätten Sie als Rahmenbedingung definieren müssen, damit so etwas wie soziale Treffsicherheit zustande kommt. Das haben Sie nicht gemacht. (Beifall bei den Grünen.)

Im Zusammenhang mit diesem Bouquet im Ausmaß von 30 Milliarden haben Sie zunächst gesagt, es sollen 3 Milliarden eingespart werden, dann sind es 5 Milliarden geworden. Schlussendlich sind es 7,7 Milliarden – 7,7 Milliarden Schilling quer durch das Gemüsebeet, indem Sie einerseits bei den Arbeitslosen, andererseits bei den Frauen und den Studierenden gespart haben.

Ein letzter Punkt, weil die Bundesministerin in einem wirklich verdächtigen Zusammenhang von Nachhaltigkeit gesprochen hat. Sie haben nämlich gesagt, Frau Bundesministerin: Nach wie vor werden Sie nachhaltig daran arbeiten, dass die Einmalzahlung beim Pflegegeld kommt. – Das ist bitte keine nachhaltige Maßnahme, wenn es eine Einmalzahlung gibt. (Abg. Haidlmayr: Außerdem kommt es gar nicht!)


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Aber weil Sie so oft den Begriff der Nachhaltigkeit verwenden und weil die Maßnahmen betreffend Studiengebühren und Studienkredite im Paket der sozialen Treffsicherheit enthalten sind: Es gibt Erfahrungen damit, was es bedeutet, wenn ein Studium weitgehend mit Krediten finanziert werden muss. Das ist das von Ihnen viel gerühmte australische Beispiel: Dort müssen die Studierenden, sobald sie berufstätig geworden sind, bis zum 70., 75. Lebensjahr an der Abzahlung ihrer Kredite arbeiten. (Abg. Jung: Das machen die Sozialstaaten Schweden, Norwegen, Finnland und so weiter auch!)

Ist das die Nachhaltigkeit, die Ihnen vorschwebt, dass Sie die Leute zu Kreditschuldnern machen, dass Sie die Kreditschulden des Staates auf die einzelnen Menschen verlagern? Ist das die viel gepriesene Nachhaltigkeit? Ist das das Beispiel, wo Sie sagen können: Überversorgungen werden abgebaut?

Das ist Ihre "soziale Treffsicherheit". – Danke schön! Das brauchen wir wirklich absolut nicht. (Beifall bei den Grünen.)

12.45

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit der Wiedergabe der Behauptung, die Sie zu berichtigen wünschen.

12.46

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Sozialminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vorredner, Kollege Öllinger, hat hier soeben vom Rednerpult aus erklärt, dass mit dem Paket "soziale Treffsicherheit" ein Einsparungsvolumen von 7,7 Milliarden Schilling erzielt werden soll.

Wahr ist vielmehr, dass in diesem Paket auch Offensivmaßnahmen enthalten sind (Abg. Öllinger: Das interessiert niemand! In ganz anderen Bereichen!), wie zum Beispiel die Start-Jobs für Behinderte, dass Maßnahmen zur sozialen Absicherung sozial bedürftiger Studenten vorgesehen sind. Sie haben hier einen Bruttobetrag genannt, und das ist falsch. Wahr ist vielmehr: Es ist ein wesentlich kleinerer Betrag. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Edlinger: 5,7 Milliarden, Herr Stummvoll! Hose runter, Socken rauf – das ist eure Methode!)

12.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.46

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Zuerst einmal zur Sozialdemokratie. Also jeder objektive Beobachter hier auf der Besuchergalerie muss sich wirklich wundern, wie Sie sich verhalten: Zuerst haben Sie wortreich die Wortmeldung der Frau Ministerin herbeireklamiert. Als dann die Frau Ministerin geredet hat, haben Sie es ihr durch einen so hohen Lautpegel fast unmöglich gemacht, zu reden. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Frau Mertel beispielsweise, die vorher so laut geschrien hat, dass die Frau Ministerin nicht da ist oder nicht redet, ist dann herumgegangen, hinausgegangen, hat getratscht. Man hat also gesehen, es ist wirklich der Theaterdonner, von dem die Frau Ministerin gesprochen hat, den Sie da veranstalten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Frau Silhavy, Ihr Verhalten hat gezeigt, dass eine sachliche Auseinandersetzung in diesem Parlament überhaupt nicht möglich ist. (Abg. Edlinger: Da haben Sie Recht!) Und alle menschlichen und persönlichen Argumenten, auch wenn sie noch so bewundernswert sind, prallen an Ihnen ab. Sie wollen ganz einfach nur Menschen, die eine andere politische Gesinnung haben, runtermachen, lächerlich machen und verhöhnen. (Abg. Schwemlein: Drücken Sie nicht auf die Tränendrüse!) Das machen Sie, und das haben Sie jetzt mit der


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Sozialministerin ebenfalls gemacht. Ich finde das wirklich traurig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Weiterer Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Es war wirklich sehr wohltuend – Frau Silhavy, Sie sollten sich an der ruhigen Redeweise der Frau Ministerin ein Beispiel nehmen –, wie sachlich die Frau Ministerin hier ihre Argumente vorgebracht hat. Und ich warte darauf, dass Sie Antworten auf die Fragen geben, die die Frau Ministerin aufgeworfen hat, nämlich warum Sie in 30 Jahren nicht das an sozialer Gerechtigkeit und an sozialer Versorgung hergestellt haben, was Sie von der Ministerin jetzt innerhalb von sieben Monaten fordern. Diese Antwort erwarte ich mir von den nachfolgenden SPÖ-Rednern. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich erwarte mir auch, dass die anderen SPÖ-Redner etwas sachlicher sind als zum Beispiel Frau Reitsamer, die ja offensichtlich mit ihrer Polemik geglaubt hat, dass sie ihren Stellenwert im Klub ein bisschen erhöhen kann, nachdem sie von Klubobmann Gusenbauer entmachtet worden ist. (Abg. Edlinger: Sehr sachlich sind Sie!) Und dass Frau Reitsamer irrsinnig frustriert war ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. – Frau Mertel, wissen Sie, was Frau Reitsamer gesagt hat? Sie hat gesagt: Es ist nicht sehr schön, wie sich diese Parteispitze verabschiedet hat. Mir geht es mehr als schlecht. Ich bin Zeit meines Lebens in der SPÖ gewesen! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Auch wenn Sie noch so laut schreien, Frau Mertel, das, was Frau Reitsamer gesagt hat, wie sie in diesem SPÖ-Klub behandelt worden ist, ist in der APA erschienen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Bravo, Frau Reitsamer, für den Mut! Sehr mutig! – Ruf bei der SPÖ: Was hat das mit dem Sozialbericht zu tun?)

Es hat insofern etwas mit der Sozialpolitik zu tun, als Sie nur Polemik vorgebracht haben, damit Sie sich im Klub wieder etwas in Szene setzen können. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Mertel: Sie sind wirklich jämmerlich!)  – Frau Mertel, wer jämmerlich ist, das sind Sie, denn Sie haben sich aufgeregt, dass die Ministerin nicht redet, und dann sind Sie hinausgegangen. Also wer ist da jämmerlich? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Es ist eh besser, wenn sie draußen ist! Vielleicht die Frau Silhavy auch gleich! Das ist ja erbärmlich!)

Aber ich befasse mich jetzt weder mit Ihnen, Frau Silhavy, noch mit Frau Mertel, sondern ich befasse mich jetzt mit Frau Haidlmayr.

Frau Haidlmayr! Ich habe Ihnen sehr interessiert zugehört, als Sie über die Sozialpolitik gesprochen haben, und ich muss sagen, einiges war wirklich falsch. Ich behaupte sogar, dass Sie böswillig etwas Falsches gesagt haben. Ich berichtige Sie, Frau


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Haidlmayr: Diese Regierung betreibt kein Spiel auf Kosten der Behinderten, sondern – ganz im Gegenteil! – diese Regierung hat die Bedürfnisse der Behinderten in ihrem gesamten Konsolidierungspaket in einer Weise beachtet, wie das in der Vergangenheit niemals der Fall war. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Haidlmayr! Sie wissen ganz genau, dass in der vergangenen Legislaturperiode die Behinderten vier Milliarden Schilling zum Sparpaket beigetragen haben, und dieses Sparpaket hat aber nicht dazu geführt, dass die Staatsschulden geringer wurden, sondern – ganz im Gegenteil! – die Staatsschulden sind gleich geblieben. Vier Milliarden Schilling aber haben die Behinderten dazuzahlen müssen.

Frau Reitsamer! Sie haben gesagt, man habe nach Verbesserungen gesucht, Verbesserungen seien geschaffen worden. – Ja, das Taschengeld von den Heiminsassen haben Sie auf 500 S gekürzt. Das waren Ihre Verbesserungen! (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr. ) Das müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Haidlmayr! Es gibt auch in der Sozialpolitik keine andere Möglichkeit, als gesamtstaatlich eine Konsolidierungspolitik zu betreiben. (Abg. Haidlmayr: Erhöhung der Ausgleichstaxe!) Wenn uns das nicht gelingt, bleibt auch das gesamte Sozialpaket auf der Strecke, Frau Haidlmayr, und das wollen wir nicht riskieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich verweise noch auf eine zweite falsche Behauptung von Ihnen. Sie behaupten, dass diese Regierung mit ihren Ankündigungen Ängste bei den Behinderten ausgelöst hätte. Wer Ängste auslöst, das sind Sie, Frau Haidlmayr, das ist die SPÖ und das sind andere, die beispielsweise zu einer Demonstration am 29. September unter dem Titel "Pflegegeld in Gefahr" aufrufen. (Abg. Schieder: Das hat sich die Kollegin nicht verdient, dass man so etwas sagt!)

Es heißt, die Bundesregierung beabsichtige, 1,5 Milliarden Schilling beim Pflegegeld einzusparen. – Nichts wird eingespart! (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr. ) Ich kann Ihnen versichern, dass beim Pflegegeld nichts eingespart wird. Da können Sie noch so schreien, Herr Schieder ebenfalls: Ich habe die Garantie von der Frau Vizekanzlerin, vom Finanzminister, von der Frau Sozialministerin, dass sich am Pflegegeld nichts ändern wird!

Bitte stellen Sie endlich Ihre Verängstigungskampagnen ein! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.52

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Miedl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.53

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist der erste Sozialbericht, den ich hier im Haus diskutieren kann, wenngleich ich nicht neu in der Politik bin; ich bin schon länger politisch tätig. Ich bin begeistert und überzeugt von diesem Sozialbericht, davon, wie er gemacht wurde. Das spricht von hoher Professionalität seitens der Beamten, und ich muss sagen, daraus lässt sich auch einiges für uns als Politiker ableiten. Ich möchte mich namens meiner Fraktion, namens der ÖVP, herzlich bei den Beamten des Sozialministeriums bedanken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das bedeutet aber nicht, dass wir uns nicht kritisch mit den Inhalten auseinander setzen. Ich möchte jetzt ein paar Dinge ansprechen, die mir im Laufe der Diskussion aufgefallen sind und die mich eher stören.

Erstens: Herrn Kollegen Öllinger von den Grünen habe ich noch nie so manipulativ erlebt wie heute. – Kollege Öllinger! Sie sind hierher ans Rednerpult gegangen, haben verschiedene Elemente aus der Rede der Frau Bundesministerin herausgenommen und haben sozusagen das Ganze umgedreht und ihr politisch zur Last gelegt. Ich glaube, das ist nicht fair von Ihnen. Sie sind ein erfolgreicher und vor allem erfahrener Politiker, Sie haben das nicht notwendig! Sie sollten das auch nicht tun, weil dabei immer etwas hängen bleibt, so nach dem Motto: Ein bisschen etwas wird schon stimmen, ein bisschen etwas hängen wir der Frau Ministerin schon um!

Zweitens, meine Damen und Herren: Ich bin doch einigermaßen überrascht über die Art und Weise, wie die SPÖ diesen Bericht diskutiert. Frau Kollegin Silhavy meinte: kaltschnäuzig, kalt, eiskalt, soziale Kälte. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )  – Das war Ihr Vokabular, Frau Kollegin.

Ich habe mir den Bericht natürlich genauer angesehen, und ich werde Ihnen jetzt nichts Neues sagen: Wir diskutieren heute einen Bericht aus dem Jahre 1998 – und wir wissen, unter wessen Zuständigkeit er fällt –, in dem die Rede ist von 1 Million Menschen, die armutsgefährdet sind, und 400 000 Menschen, die bereits in Armut leben – 400 000 Menschen, meine Damen und Herren, das sind etwa so viele wie die Bewohner der Stadt Graz samt Umland, nur damit wir wissen, wovon wir reden. 330 000 Personen leben bereits unter der Armutsgrenze. – Und Sie, meine Damen und Herren, reden von sozialer Kälte?!


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Es gibt eine Studie der steirischen Plattform für eine kinderfreundliche Gesellschaft, die Sie vielleicht kennen, Frau Kollegin Silhavy. Ein Drittel – und das muss man dazusagen – dieser armen Leute sind Kinder, ist jene Gruppe von Menschen, die sich selber nicht organisieren, nicht verteidigen kann. Diese Plattform für eine kinderfreundliche Gesellschaft hat diese Kinder gefragt, was für sie Armut bedeutet.

Wissen Sie, was die Kinder gesagt haben? – Und jetzt kommen wir zur "sozialen Kälte", zu Ihrem Vokabular und Wortlaut. – Sie haben gesagt: Armut bedeutet für mich – das Kind –, keine schönen Kleider zu haben, keinen Computer oder Fernseher zu haben, nie ausgehen zu können, weil man kein Geld hat, kein Taschengeld zu haben, von anderen ausgelacht zu werden, weil man nicht im Trend ist, beim Essen sparen zu müssen. Wenn man arm ist – sagt ein Kind –, dann will keiner mit einem reden und will keiner mit einem etwas zu tun haben.

Meine Damen und Herren! Über diese Kinder lese ich in dem vorliegenden Sozialbericht nichts, vor allem kann ich auch nichts davon lesen, dass Sie seinerzeit Maßnahmen gesetzt haben, damit es diesen Kindern besser geht. Diesbezüglich haben Sie nämlich nichts unternommen, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Silhavy! Da lasse ich nicht locker. Sie haben in dieser Frage versagt! Sie haben als Sozialisten in dieser Frage versagt, Frau Kollegin. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Silhavy! Ihr Landesparteivorsitzender lässt sich landauf, landab mit der roten Karte in der Hand plakatieren, und darunter steht geschrieben, dass Schluss sein muss mit dem schwarz-blauen Kaputtsparen. – Meine Damen und Herren! Ich bin schon vielen Menschen begegnet, ich begegne immer wieder Menschen in unserem Land, ich bin aber noch keinem einzigen Menschen begegnet, der durch Sparen "kaputt" geworden ist. Das habe ich noch nicht erlebt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe aber sehr wohl Menschen erlebt, die durch Sparen eine gute Zukunft, eine gute Karriere vor sich hatten. Deshalb unterstütze ich den Weg dieser Bundesregierung!

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass wir grundsätzlich auf dem richtigen Weg sind, wenngleich es für mich auch nicht immer einfach ist, zu den verschiedensten Maßnahmen so einfach ja zu sagen. Viel leichter hätten wir es natürlich, würden wir Ihren Weg beschreiten und die Verteilungspolitik weiter betreiben – allerdings ginge das auf Kosten unserer Jugend und Kinder!

Meine Damen und Herren! Zu Ihrem Weg werde ich nicht ja sagen, sehr wohl aber zu dem Weg der Bundesregierung! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte.

12.58

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Bevor ich auf den vorliegenden Bericht zu sprechen komme, möchte ich noch ganz kurz auf vorhin Gesagtes eingehen.

Frau Bundesministerin! Ich bewundere es wirklich, wenn man fähig ist, häusliche Bastelarbeiten beziehungsweise handwerkliche Tätigkeiten auszuüben, ich kann es leider nicht. Ich habe es versucht, aber ich habe zwei linke Hände, ich schaffe es nicht.

Ich möchte Sie aber Folgendes fragen: Herr Landesrat Wurmitzer, Vertreter Ihres Koalitionspartners, hat Sie einst als Bürgermeister Ihrer Heimatgemeinde immer geziehen, dass Sie Schwarzarbeiter beschäftigt haben. Das hat er auch öffentlich getan. Haben Sie ihn deswegen geklagt? Wenn ja, wie ist das ausgegangen? Wenn Sie nämlich die anfallenden Arbeiten selbst ausgeführt haben, so ist es doch wirklich eine Gemeinheit, wenn er Sie etwas Verbotenen be


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schuldigt hat, was Sie gar nicht getan haben. (Abg. Böhacker: Richtig! Das ist eine Gemeinheit!)  – Er hat es gesagt, ich habe das nie gesagt, so wie ich mich auch nie einmische, wer welche Funktionen in anderen Klubs innehat, wer Innenminister geworden ist und wer nicht und wer daher nicht Klubobmann geworden ist, das interessiert mich nicht. Sie sind immer interessiert daran, wer bei uns welche Funktionen innehat. Ich kümmere mich um diese Dinge nie.

Meinem Vorredner, der so über die armen Kinder gesprochen hat, möchte ich sagen: Ich empfinde das auch als fürchterlich, aber was passiert jetzt? – Man hat die Familienleistungen bei den Arbeitslosen gestrichen, und das wird die Situation nicht verbessern.

Nun zum eigentlichen Thema, dem Bericht, der ausgezeichnet ist, und dafür möchte ich den BeamtInnen danken.

Dieser Bericht handelt von der Erfolgsgeschichte der Sozialversicherung, die jetzt aber demontiert wird. Schon durchschnittlich Begabte müssen erkennen, welche Leistungen der Sozialversicherung vorgegeben sind und wodurch es zu Mehrausgaben kommt.

Die Regierungsparteien sind gegen Einnahmenerhöhung, um dann die Verantwortlichen der Krida und Unfähigkeit zu zeihen. Sind bei mehr als 200 Milliarden Schilling an Gesundheitsausgaben 5 Milliarden Schilling wirklich so unfinanzierbar, um die Sozialversicherung zu ruinieren?

Es muss Ihr ideologischer Hass sein gegen jene Institutionen, die Schwächeren Chancengleichheit geben, während Sie Klassenunterschiede wollen, was man auch an der Einführung von Studiengebühren erkennt. Eine kleine Wallfahrt, auch für Protestanten, die an Abtreibungspillen verdienen, ein bisschen Geld in den Klingelbeutel, wie man auf den Bildern gesehen hat, dafür soll der Ewige über die treffsicheren Schüsse gegen Schwächere hinwegsehen.

Der Vorschlag, dass Wohlhabende für Leistungen zuzahlen sollen, ist Lobbyismus für Privatversicherungen, die laut "Abendjournal" vom 18. September einen zu geringen Klientel- und Prämienzuwachs haben. Statt Selbstbehalten sind höhere Solidarbeiträge eines Sozialstaates würdig.

Kurzsichtig, ohne medizinische Entwicklungen zu erkennen, forderte eine Oppositionspartei, bei den Überschüssen 1997 und 1998 Beiträge herabzusetzen. Ihr Ziel ist teurere, ineffizientere Versicherungspflicht. Mit dieser wollen Sie die Österreicher, deren Gesundheitssystem im WHO-Ranking einen hervorragenden neunten Platz einnimmt, zwangsbeglücken. Diesen neunten Platz wird es danach nicht mehr einnehmen. Die Systeme andere Länder, in denen die Versicherungspflicht vorgesehen ist, haben im WHO-Ranking einen wesentlich schlechteren Stand.

Die privaten Krankenversicherungen dürfen jammern, wenn sie 80 Prozent ihrer Einnahmen ausgeben. Die Sozialversicherung gibt 96 Prozent für ihre Kunden aus. Die privaten Krankenversicherungen dürfen Prämien erhöhen, Leistungen einschränken. Kostspielige PatientInnen, wie ich es bei Schwerstkranken erlebt habe, können sie ausschließen. Viele, die in reichen, jungen, gesunden Jahren einst nur Privatpatienten waren, privatkrankenversichert, wechseln dann im Alter wegen Unfinanzierbarkeit zur Pflichtversicherung, wo sie für wesentlich geringere Beiträge wesentlich mehr Leistungen erhalten. Auch das habe ich persönlich erlebt. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Bei der Versicherungspflicht wird sehr viel Geld für PR, Werbung und anderes ausgegeben. – Das nützt der Wirtschaftskammer, aber nicht den Versicherten. In der Schweiz hat sich eine Privatversicherung, um dem Konkurs zu entgehen, aus acht Kantonen zurückgezogen.

Die Versicherungen buhlen um junge, reiche, gesunde Männer oder Kunden aus dem Medizinbereich. Alte, Schwache, Kranke, kinderreiche Frauen will niemand. Die Selektion von Men-schen waren vor einigen Jahrzehnten traurige Tatsache. Bei einer Tagung des Versicherungsverbandes sprach Europa-Abgeordneter Karas über Menschen, die genetische Risken bergen, und dass daher Versicherungen Recht auf Einschau in Genanalysen haben müssten. (Abg.


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Schieder: Da schau her! – Abg. Edlinger: Wer hat das gesagt?)  – Der Karas, der Karas am Montag. Ich war dabei. Lassen Sie sich doch eine Tonbandmitschrift geben.

Er ist auch gegen ein Antidiskriminierungsgesetz für Privatversicherungen. Sie müssen Menschen mit hohen Risken ausschließen dürfen! Besagte Genanalysen entscheiden heute über wertes und unwertes Leben wie einst pseudowissenschaftliche Vermessungen. Und gute Geschäfte von Privatversicherungen nutzen denen, die in ihren Diensten stehen, wie dem Herrn Karas, der für deren Lobbying im EU-Parlament steht. Auch das hat er gesagt.

Sie aber bereiten den Boden dafür vor. Sie reden von Zuzahlungen, schaffen die kostenlose Mitversicherung ab. Die erwarteten 850 Millionen Beiträge gehören nicht der leistenden Sozialversicherung, sondern dem Finanzminister. – Statt Mutterkreuz die Kinderlosen-Strafsteuer der familienfreundlichsten Partei! Einzig Mutterschaftsleistungen bleiben im öffentlichen Gesundheitswesen privilegiert. Die Zahl der Frauen, die außer den Gemahl niemanden versorgen, ist gering, die Verwaltungskosten für die Sozialversicherung groß. Die Einnahmen daraus gehören dem Finanzminister. Selbständige können ihre Ehefrauen anstellen, leidtragend sind Lohnabhängige.

Der größte Ausgabenposten für die Krankenversicherungen sind Spitäler. Wird von der Sozialversicherung dann weniger einbezahlt, wenn in Ambulanzen Beiträge entrichtet werden müssen? Ihre jetzige Zahlung inkludiert Ambulanzleistungen. Werden diese gedrosselt, denn es sind dann weniger Beiträge nötig?

Der nächsthöchste Ausgabenbetrag betrifft die ärztliche Hilfe. Wird dorthin umgelegt, steigen die Kosten für die Sozialversicherung.

Versicherungspflicht und Ambulanzgebühren sind, wie Sie, Herr Dr. Feurstein, wissen, unsozial, armuts- und gesundheitsgefährdend, kontraproduktiv durch die Folgekosten und verursachen einen massiven Mehraufwand für die dort tätigen Ärzte und die anderen Spitalsbeschäftigten. Kindern, Alten, Frauen, Ärmeren wird der Zugang erschwert. Die Wirtschaftskammer will bei den Instituten mitschneiden. Die Ärztekammer sieht sich als Freiberuflerkammer. Die angestellten Ärzte sind die leicht erfassbaren und melkbaren Zahler.

Das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000, bei welchem Rechtsunsicherheit durch zweimaligen Ausdruck des Bundesgesetzblattes herrscht, ist grausam und unlogisch. Physikalische Ambulanzen sind frei besuchbar, Zahnambulanzen nicht. – Sollen Ärmere durch Zahnlosigkeit gekennzeichnet werden? Den festsitzenden Zahnersatz gönnen Sie nicht allen.

Menschen werden verspätete ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Laut Dr. Kainz vom Gewerbeverein ist ein Risiko-Mix wichtig, sonst gäbe es zu viele Pensionsbezieher. Die Leute sollen früher sterben, besonders wenn sie sozial schwach sind. Das spart der Regierung Kosten. (Bundesministerin Dr. Sickl: Also das ist schon ein starkes Stück!)  – Schauen Sie sich die Aussendung von Herrn Kainz vom 26. Juli 2000 an, dann sehen Sie das.

Es ist unwahr, dass identische Leistungen in öffentlichen Ambulanzen teurer sind. Bei Frequenzrückgang kann man den Ambulatorien vorwerfen, zu teuer zu sein, und fordern, sie zu schließen. Die Krankenkassen haben bei Ärztestreiks keine Möglichkeit der Gesundheitsversorgung, sind erpressbar.

Sie von den Regierungsparteien können nicht ertragen, dass das von Sozialdemokratie, aber auch von Christlich-Sozialen gestaltete System der Sozialversicherung, das allen Menschen ohne Diskriminierung Hilfe zukommen lässt, in dieser bewährten Form weiter bestehen bleibt. Sie wollen ein privilegiertes Klientel. Sie haben sich längst – trotz Wallfahrten – von Ihren christlich-sozialen Grundsätzen entfernt. Sie wollen keine medizinische Leistung ohne Zuzahlung und schaffen soziale und gesundheitliche Sicherung und Risikoausgleich ab.

Menschen in soziale Not zu stürzen hilft autoritären Einrichtungen. Sie rütteln an den Grundfesten des demokratischen Staates! So wie Sie die parlamentarische Demokratie oft missachten, so wenig Beziehung und Interesse haben Sie an demokratischen Strukturen.


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Sie wollen alles zerstören, und Sie nennen es Reform. Der "wahre" Regierungschef ist seinem Ziel der "Dritten Republik" nahe. Hurra-Patriotismus, eine Art von Nationalismus und Schulterschluss führen zur weiteren Zerstörung dieser Zweiten Republik.

Menschen, die sich der Geschichte des vergangenen Jahrhunderts bewusst sind, haben Albträume. Das Erwachen ist schrecklicher: Mir graut vor der Zukunft, die diese Regierung plant! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf: Das ist schon übertrieben!)

13.08

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Alois Pumberger. (Abg. Schieder: Zur Geschäftsordnung!)  – Zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Schieder. – Bitte.

13.08

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! Seit gestern ist es immer wieder der Fall, dass sich Abgeordnete der FPÖ bewusst vor die Fernsehkameras stellen. Ich bitte, dass vor allem Kollege Westenthaler, der ja sogar Mitglied des Kuratoriums ist, nicht laufend die Übertragung stört, indem er sich bewusst minuten-, stundenlang vor die Kameras stellt. (Abg. Ing. Westenthaler: Herr Kollege Schieder! So breit kann ich mich vor der Kamera gar nicht machen, dass man Sie nicht sieht! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)  – Das ist unverschämt!

13.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Es ist nur diese eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung vorgelegen. Herr Abgeordneter Schieder hat gemeint, dass, ob bewusst oder unbewusst, niemand vor den Kameras stehen soll. Dem ist durchaus beizupflichten. Ich ersuche alle Abgeordneten, sich nicht vor die Kameras zu stellen und darauf zu achten, dass sie nicht – egal, ob mit schmalem oder breitem Rücken – das Bild verdecken.

Wir setzen die Debatte fort. Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

13.09

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute bin ich sehr froh darüber, dass wir dem Wunsch der sozialdemokratischen Fraktion im Sozialausschuss, nämlich diesen Sozialbericht 1998 nicht im Ausschuss endzuerledigen, sondern hier im Plenum vor aller Öffentlichkeit zu diskutieren, stattgegeben haben.

Das erbärmliche, ja teilweise menschenverachtende Verhalten und die Äußerungen seitens der SPÖ-Abgeordneten haben sich selbst gerichtet. Ich will gar nicht auf Details der Ausführungen der Frau Kollegin Pittermann eingehen, denn sie richten sich von selbst. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das soziale Denken, das soziale Gefühl gerade der weiblichen Abgeordneten von der Sozialdemokratischen Partei hat man während der Rede der Sozialministerin ganz klar erkannt. Als sie darauf einging, welch schwere Zeit sie selbst durchgemacht hat, dass sie nicht in einem Schloss wohnt, dass sie drei Kinder allein, als Alleinverdienerin aufgezogen hat, dass sie alle handwerklichen Arbeiten schon einmal selbst durchgeführt hat, dass sie dafür gesorgt hat, dass die Kinder eine Zukunft haben, und dass sie auch nebenbei noch einen gewerblichen Betrieb mit drei Mitarbeitern aufbauen konnte, da haben wir nichts als Hohn und Spott und Gelächter vor allem seitens der männlichen Abgeordneten aus den sozialistischen Reihen vernommen. Die weiblichen Abgeordneten sollen sich für ihre männlichen Kollegen schämen! Es ist unglaublich, was da vorgefallen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Nicht ideologischer Hass ist es, Frau Kollegin Pittermann, wenn wir mit unserer Sozialpolitik die Versäumnisse der Sozialdemokraten aufarbeiten, wenn wir dafür sorgen, dass die Armut im Lande weniger wird. Das ist nicht ideologischer Hass. Wenn wir dafür sorgen, dass die Krankenkassen ihr Defizit abbauen, wenn wir endlich auf Reformen bei den Krankenkassen drängen,


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dann ist das nicht ideologischer Hass! Wenn wir für eine Stärkung der Familien eintreten, dann ist das nicht ideologischer Hass. Und wenn wir eine Pensionsreform durchführen, mit der dafür gesorgt wird, dass auch unsere junge Generation später einmal eine Pension erhalten kann, dann ist das auch nicht ideologischer Hass. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

1,1 Millionen Menschen in Österreich leben an der Armutsgrenze, und – wir haben es heute schon mehrfach gehört – davon sind mehr als 300 000 Kinder betroffen. Ich muss sagen, die Rede des Herrn Abgeordneten Miedl hat mich sehr berührt, und ich möchte auch gleich daran anschließen.

Ich habe als Arzt, als Schularzt, schon die Erfahrung gemacht, dass ein Kind dann, wenn es sagt: Ich kann nicht auf den Schulschikurs mitfahren, meine Eltern können das nicht zahlen, ich habe keine Schi, meine Eltern können die Verpflegungskosten nicht bezahlen, ich muss zu Hause bleiben!, teilweise noch von Kindern so genannter vermögender, reicherer Eltern belächelt wird, dass es sich schämen muss. – Das müssen Sie sehen! 300 000 Kinder sind von der Armut betroffen!

Ich habe mit einer allein erziehenden Mutter gesprochen, die drei Kinder hat. Ich weiß als Arzt, dass ein Kind etwa einen Liter Milch pro Tag trinken soll. Einen Liter! Drei Liter Milch kosten mehr als 30 S – Bio-Milch 40 bis 50 S pro Tag! –, das macht 1 000 bis 1 500 S Milchkosten pro Monat aus. Das bedeutet für diese allein erziehende Mutter: Sie kann sich nicht einmal die Milch für ihre Kinder leisten! – Wenn die Frau Bundesministerin über die soziale Lage der Kinder spricht, dann vernehme ich aus den Reihen der Sozialdemokraten Hohn und Gelächter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir diesen Sozialbericht im Ausschuss nicht enderledigt haben. Ich wiederhole mich, ich sage es noch einmal: Ihre Reaktion, meine sehr verehrten, nein, nicht sehr verehrten, meine Kollegen und Kolleginnen von der Sozialdemokratischen Partei, hat gezeigt, dass es Ihnen nicht darum geht, das, was Sie 30 Jahre lang verabsäumt haben, zurechtzurücken, mitzuhelfen, die neue Regierung zu unterstützen. Nein! Ihnen geht es darum, das von Ihnen verursachte Schlamassel zu vertuschen, darauf hinzuweisen, dass Sie ja gar nicht schuld sind an dem ganzen Debakel, das wir jetzt haben.

Ich sage Ihnen abschließend noch etwas, was Sie in 30 Jahren Sozialpolitik versäumt haben: Vor etwa 100 Jahren erreichten erwerbstätige Frauen in Österreich mit ihren Löhnen und Gehältern nur etwa die Hälfte des Erwerbseinkommens der Männer – nur die Hälfte! Bis vor 30 Jahren sind praktisch sämtliche diskriminierenden Regelungen abgeschafft gewesen. Dann folgten 30 Jahre Sozialpolitik! Vor 30 Jahren war das Einkommen der Frauen ein Drittel geringer als das der Männer. Weg mit den diskriminierenden Regelungen! Aber in 30 Jahren Sozialpolitik bei gesetzlicher Gleichstellung hat sich nichts geändert! Die Frauen verdienen heute weiterhin um ein Drittel weniger, genauer gesagt um 31 Prozent weniger. – Das sind wirklich Versäumnisse Ihrerseits!

Dafür kann man Ihnen nicht danken, dazu kann man Ihnen nicht gratulieren. Daher war es höchste Zeit, eine neue, eine auf neue Beine gestellte, eine mit einer neuen Regierung ausverhandelte Sozialpolitik zu betreiben – eine Sozialpolitik nicht mit ideologischem Hass behaftet! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

13.15

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Es ist schon richtig, dass zwischen SPÖ und ÖVP in der Sozialpolitik immer wieder Unterschiede deutlich werden. Das war in der Vergangenheit so und ist natürlich auch in der heutigen Debatte so. Ich verstehe, dass man diese Unterschiede in einer solchen Debatte auch zum Ausdruck bringt, allerdings muss ich sagen:


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Für mich war es beschämend – und ich habe das noch nie erlebt –, was Herr Abgeordneter Gusenbauer heute in dieser Debatte vorgebracht hat. Ich sage Ihnen: Mit einer solchen Rede erhält er vielleicht hier im Saal Applaus von Ihnen, aber draußen, von der Bevölkerung, wird eine solche Rede, wie sie hier gehalten worden ist, Gott sei Dank nicht mehr akzeptiert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich finde, es ist beschämend, dass man einander vorwirft: Wo sitzen die Millionäre? Wer ist Schlossbesitzerin? Wer ist kein Schlossbesitzer? Ich finde, es ist beschämend, dass man eine Sozialdebatte auf dieser Ebene führt, und ich bitte darum, dass die Sozialpolitiker zu Wort kommen und nicht irgendwelche Abgeordnete, die sich in der Vergangenheit mit der Sozialpolitik nicht auseinander gesetzt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Frau Silhavy! Ich möchte eigentlich zu meinem Thema kommen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Frau Abgeordnete Silhavy, SPÖ-Fraktionssprecherin! Wenn Ihnen in einer Sozialdebatte nichts anderes einfällt, als einen Antrag einzubringen, der darauf abzielt, man möge den Semmering-Basistunnel bauen, so ist das ein wenig einfallslos. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Das interessiert uns in einer Sozialdebatte wirklich nicht, das möchte ich Ihnen sagen. Ich hätte es Ihnen nicht gesagt, wenn Sie mich jetzt nicht herausgefordert hätten.

Meine Damen und Herren! Ich komme nun zum Sozialbericht. Manche Indikatoren, die im Sozialbericht dargestellt sind – zum Teil positiv, zum Teil negativ –, haben sich seit dem Jahre 1998 wesentlich verbessert, und ich sage: Gott sei Dank! Ich denke nicht nur an die Arbeitslosenrate, die gesenkt worden ist – auch auf Grund der guten Konjunktur, in erster Linie auf Grund der guten Konjunktur –, sondern ich denke auch an die Maßnahmen im Bereich der Familien, die wir noch gemeinsam beschlossen haben, die Verbesserung der Familienbeihilfe, die Steuerabsetzbeträge und vieles andere in der Familienpolitik.

Das hat dazu beigetragen, dass heute die Armutssituation der Familien nicht mehr so ist, wie sie sich im Jahre 1998 dargestellt hat, meine Damen und Herren, denn wir haben bei den Familien immerhin eine Verbesserung um bis zu 20 Prozent in zwei Jahren bewirkt. – Ich sage das zur Klarstellung, weil so getan worden ist, als ob für die Familien nichts gemacht worden sei. Ich sage das ganz klar.

Auch für die alten Menschen, Herr Öllinger, ist sehr viel getan worden. (Abg. Öllinger: Ich habe nicht von den alten Menschen gesprochen!) Wir haben die Aufwendungen für die Pensionen in zwei Jahren um über 10 Prozent erhöht. Wir geben für die kranken Menschen wesentlich mehr aus als im Jahre 1998. – Das ist positiv!

Die Sozialquote – da gebe ich Ihnen natürlich Recht, das stimmt – ist gesenkt worden, aber sie ist gesenkt worden, weil wir weniger Arbeitslose haben. Und wenn Sie vergleichen, welche Länder eine hohe Sozialquote haben, so sehen Sie, es sind jene Länder mit vielen Arbeitslosen; diese Länder haben eine hohe Sozialquote. Wer wenig Arbeitslose hat, hat eine geringe Sozialquote. Also: eine niedrigere Sozialquote ist ein positives Argument für unsere Sozialpolitik, und wir wollen nicht, dass das einfach zerredet wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vergessen Sie nicht die wichtigen Maßnahmen, die wir nun setzen. Ich komme nicht auf alle zu sprechen, ich möchte nur einen Punkt nennen: das Arbeitslosengeld. Die heutige Wartefrist beim Arbeitslosengeld, nämlich vier Wochen, wenn man selbst kündigt, war im höchsten Maße sozial ungerecht! Wer kündigen musste, weil er nicht anders konnte, hat dann vier Wochen auf das Arbeitslosengeld warten müssen, diejenigen, die es sich richten konnten, die haben das Arbeitslosengeld sofort bekommen. Und das wollen wir ändern, Frau Reitsamer, und ich bin der Meinung, wenn Sie in der Regierung wären (Abg. Reitsamer: Aber was tun die mit einem befristeten Dienstverhältnis?), würden Sie hier mitgehen, dass wir bei der einvernehmlichen Lösung bei der Wartefrist für das Arbeitslosengeld unbedingt etwas tun müssen, um mehr Gerechtigkeit zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)


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37. Sitzung / Seite 78

Die Unfallrente – ich gebe das zu – ist eine harte Maßnahme für die Unfallrentner, aber der Ausgleichstaxfonds ist ja ausgeräumt, der ist in den letzten Jahren total ausgeräumt worden, deshalb brauchen wir diese eine Milliarde Schilling dringendst! (Abg. Reitsamer: Aber Sie nehmen denen, die nie was gehabt haben!) Ich glaube, dass die Unfallrentner gut beraten sind, wenn sie sagen, jawohl, wir sind bereit, dieses Opfer zu bringen. Wenn ich viel verdiene, wenn ich eine hohe Unfallrente habe, dann habe ich auch die Aufgabe, ein Schärfchen beizutragen zu dieser einen Milliarde Schilling, damit ich für jene Leute, die als Behinderte dringend einen Arbeitsplatz brauchen, eben diesen Arbeitsplatz auch vermitteln kann.

Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung – und ich wiederhole das, was Frau Reitsamer gesagt und mir in die Schuhe geschoben hat –: Jawohl, wir müssen unser Sozialsystem ständig weiter entwickeln, wir müssen überlegen, wo wir etwas wegnehmen können und wo wir etwas hingeben müssen. Wir müssen diesmal etwas mehr für die Arbeitsplätze für behinderte Menschen tun. (Abg. Mag. Plank: Das zahlen sich die Behinderten selber mit ihren Beiträgen!) Das ist ganz dringend, das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Wir müssen also immer überlegen: Wo können wir etwas wegnehmen, wo können wir etwas hingeben. Und ich meine, oberstes Ziel und die beste Politik auch für den sozialen Bereich ist es, wenn wir damit beginnen und wenn wir garantieren, dass es in Österreich keine Neuverschuldung gibt. Wenn es keine Neuverschuldung gibt, dann werden wir unser Sozialsystem halten und sichern und weiter gewährleisten, wenn es jedoch weiterhin eine Neuverschuldung gäbe, so wäre unser Sozialsystem wirklich in Gefahr, nicht nur in Gefahr, sondern es würde den Bach hinunterfließen.

Aus diesem Grunde stimme ich den Maßnahmen, die die Regierung beschlossen hat, ausdrücklich zu, denn ich meine, dass sie richtig sind und auch das richtige Ziel verfolgen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Plank. – Bitte.

13.22

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Zuerst eine Bemerkung zu Ihrer Stellungnahme, Frau Ministerin Sickl. Ich glaube, mit dieser Stellungnahme, die Sie heute zum Sozialbericht und zur sozialen Lage abgegeben haben, sind Sie im Wettlauf, wer von den freiheitlichen MinisterInnen als Erste die Regierungsbank verlässt, ziemlich weit vorne, und Sie liegen gut. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Aumayr: Na das ist ein Skandal! – Abg. Ing. Fallent: Das ist ungeheuerlich! – Abg. Aumayr: Das ist menschenverachtend! – Abg. Ing. Fallent: Das ist ungeheuerlich! Das ist eine menschenverachtende Politik! – Abg. Aumayr: Genau das ist es!)

Herr Kollege Feurstein! Darauf, ob Ihnen die Rede des Herrn Kollegen Gusenbauer gefällt oder nicht, kommt es nicht so sehr an (Abg. Aumayr: Ja, ja, menschenverachtend! Sie sind letztklassig!) , es kommt für die Menschen in Österreich darauf an, welche Politik gemacht wird, und diese Politik, die Sie bis jetzt vorgelegt haben, richtet sich von selbst. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Aumayr: Sie auch! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Warum? – Wenn ein Sozialbericht – da gebe ich Ihnen Recht, Frau Ministerin – auch aussagt, dass jeder fünfundzwanzigste Österreicher arm ist und jeder neunte armutsgefährdet, dann stellt sich die Frage nach dem Auftrag für die Politik. Es besteht Handlungsbedarf.

Wenn ich dieser Bestandsaufnahme aber die meiststrapazierten Wörter dieser Bundesregierung gegenüberstelle, sehe ich Verdrängung der Tatsachen oder aber bewusstes Verzerren. Sie reden vom Sparen und meinen Kürzen und Wegnehmen, Sie reden von sozialer Treffsicherheit und meinen damit, treffsicher auf Schwache schießen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Treffsicherheit ist ein Begriff aus dem Militärischen. (Abg. Jung: Ach so!) Jemand schießt und trifft. (Abg. Böhacker: Sie qualifizieren sich selber ab!)


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37. Sitzung / Seite 79

Eine Gruppe dieser sozial Schwächeren, Frau Ministerin, sind so genannte behinderte Menschen, die, die von der Norm abweichen, die, die vermeintlich nicht dem Durchschnitt entsprechen. (Bundesministerin Dr. Sickl: Und was haben die anderen gesagt?)  – Ich gehe nur darauf ein.

Die SPÖ hat das früh erkannt und hat 30 Jahre für diese Menschen Politik gemacht. (Abg. Böhacker: Warum sind Sie dann so arm?) Ich habe mir nur Stichworte, einige Highlights aufgeschrieben: Behinderteneinstellungsgesetz – das gab es schon sehr, sehr früh in dieser Republik –, ein Behindertenbeirat wurde eingerichtet – ein wesentlicher sozialpolitischer und gesellschaftspolitischer Schritt! –, das Pflegegeld wurde eingeführt, die Integration von Kindern mit besonderen Bedürfnissen in der Schule wurde verankert, weiters wurde ein Diskriminierungsverbot von Behinderten in der Verfassung festgelegt. Das waren Meilensteine in der SPÖ-Politik. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Fallent: 1 700 Milliarden Schilling Schulden!)

Es wurden damit, Herr Kollege, auch Werte geschaffen: ideelle, materielle und moralische Werte – und die sind unbezahlbar. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Geldvernichtung! Unbezahlbar! Da haben Sie Recht!)  – Mein Sohn beginnt gerade zu studieren, und der wird Sie befragen zu dieser Politik.

Jetzt ist es kalt geworden in dieser Politik. Ihr Noch-Zauberwort "Sparen" fegt alle Bedenken hinweg, und Sie verschleiern das hinter dem Wort "soziale Treffsicherheit". Aber wehe denen, die von Ihnen getroffen werden! Gerhard Roth, der Schriftsteller, hat in diesem Zusammenhang von den "Politzwergen" gesprochen, die hier am Werk seien. Und es reicht nicht, die Revolution der Jungen, der Feschen, der Gesunden und der Leistungsfähigen auszurufen, denn wir müssen uns auch um die anderen kümmern und fragen: Was ist mit denen, die nicht jung, nicht fesch, nicht gesund und nicht so leistungsfähig sind? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Aber Sie handeln nicht danach. Das sehen wir an diesen Maßnahmen.

Und diese Gruppe ist wirklich treffsicher getroffen. Wahrhaftig! Die sozial Schwächeren werden treffsicher zur Kasse gebeten, kommen treffsicher zum Handkuss, werden treffsicher zu Verlierern gestempelt. Sie kassieren bei den Ärmsten: bei den Behinderten, bei den Kranken und bei den Arbeitslosen.

Was meine ich damit? – Stichwort Arbeitslosigkeit: Sie haben heute die Arbeitslosenzahlen hier gelobt, Sie haben aber eine Gruppe vergessen, die überproportional hohe Arbeitslosigkeit von behinderten Menschen. Unternehmer fürchten sich davor, Behinderte einzustellen, und sie sagen so salopp: Die werde ich womöglich gar nicht mehr los.

Unter diesem Blickwinkel ist Ihre Ankündigung, eine Milliarde Schilling in eine Beschäftigungsoffensive für Behinderte zu stecken, für mich angsteinflößend, wenn gleichzeitig die erste Antwort der Frau Vizekanzlerin darauf ist, sie könne sich die Aufweichung des Kündigungsschutzes vorstellen. Was heißt denn das? – Die behinderten Menschen noch mehr zu gefährden!

Wir hingegen fordern etwas ganz anderes. Wir können uns nur eines vorstellen, und das sagt auch Professor Mazal in seinem Bericht: Anhebung der Ausgleichstaxe auf die Höhe des Kollektivvertrages, zum Beispiel: Es können sich die Arbeitgeber viel zu billig freikaufen von ihrer Verpflichtung, Behinderte einzustellen, und daher hat auch nur ein Drittel der verpflichteten Betriebe behinderte ArbeitnehmerInnen angestellt. (Abg. Jung: Was ist Ihnen dazu eingefallen?)

Stichwort Unfallrente: Der Zynismus, die Unfallrente überhaupt in Frage zu stellen, sie womöglich abzuschaffen, wenn einer noch in einem Dienstverhältnis steht, scheint im Moment wieder vom Tisch zu sein, aber auch das wird noch kommen. Besteuern? – Ein Mensch hat seine Gesundheit mit Arbeit ruiniert, er hat massive Einschnitte in seiner Lebensqualität – er leidet ja an den Folgen seines Unfalls –, und Sie nehmen ihm einfach etwas weg.

Herr Sozialsprecher Feurstein! Wenn Sie meinen, diese Besteuerung könne der Schaffung von Arbeitsplätzen für Behinderte dienen, heißt das dann, benachteiligte Arbeitnehmer finanzieren


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sich ihre Arbeitsplätze für Behinderte selbst? Das heißt es doch, wenn Sie dieses Geld dafür verwenden wollen. Nichts anderes kann es sein.

Stichwort Integration: Wie sollen junge Menschen mit besonderen Bedürfnissen Arbeit finden, wenn sie nicht einmal das Recht auf Integration in ihrer gesamten Pflichtschulzeit haben? Die Pflichtschulzeit beträgt nun einmal neun Jahre, daher gehört das dringend reformiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wenn Frau Bundesministerin Gehrer dazu lapidar sagt, die Wirtschaft soll sich halt um diese Menschen kümmern, dann frage ich mich: Was steckt dahinter? Will sie sie zu billigen Hilfsarbeitskräften machen, anstatt ihnen Ausbildung zu geben für die Arbeit, die sie durchaus zu leisten in der Lage sind?

Drittes Stichwort: Pflegegeld. – Hände weg vom Pflegegeld! Soziale Staffelung wurde diskutiert; im Moment haben Sie davon Abstand genommen. Besteuerung war schon im Gespräch; im Moment ist es Gott sei Dank still dazu. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das hat die SPÖ gefordert! Die Frau Ederer hat das gefordert!) Auch der Mazal-Bericht sagt: endlich Valorisierung.

Frau Ministerin! Auch Sie haben sich im Sommer dazu bekannt, aber nach dem Sanktionen-Theater kommt jetzt offensichtlich das Ja-Nein-Theater, welche Maßnahmen umgesetzt werden sollen. (Abg. Schieder  – auf eine im Gang zwischen den Abgeordnetenplätzen stehende und ziemlich laut sprechende Gruppe von ÖVP- und FPÖ-Abgeordneten zeigend –: Herr Präsident!)

Stichwort Armutsbekämpfung: Auch Sie, Frau Ministerin, haben die Armut heute im Mund geführt, aber zur Bekämpfung dieser Armut braucht es Konzepte (Abg. Ing. Fallent: Armut, die Sie geschaffen haben!) , denn von der Armut Gefährdete sind keine Almosenempfänger, Herr Kollege. (Abg. Schieder  – neuerlich auf die Gruppe miteinander sprechender ÖVP- und FPÖ-Abgeordneten zeigend –: Herr Präsident! So geht das doch nicht! – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.)

Bedenklich finde ich eines: Wenn Kurt Bergmann, der Motor der "Licht-ins-Dunkel"-Aktion, die Abgeordneten um Unterstützung bittet gegen Maßnahmen dieser Bundesregierung. Hier wird nämlich um Spenden geheischt, hier soll Gewissen beruhigt werden (Präsident Dr. Fasslabend gibt neuerlich das Glockenzeichen), hier wird Nächstenliebe gefordert, und der Staat wird aus seiner Verantwortung für die Schwächsten gemäß dieser Ihrer Politik offensichtlich entlassen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Meine Damen und Herren! Die Rednerin hat ein Anrecht darauf, auch gehört zu werden. Ich kann mir vorstellen, dass es durchaus interessante Debatten zusätzlich gibt, glaube aber, man sollte ihr doch so viel Aufmerksamkeit schenken. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Auf den Lärmpegel hätten Sie bei der Frau Ministerin achten sollen!)

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (fortsetzend): Ich frage mich auch, ob es das ist, was Bundeskanzler Schüssel meint, wenn er sagt: "Mehr privat – weniger Staat!" Ist das gemeint im Grundsatzprogramm der ÖVP, in dem steht, die Förderung behinderter Menschen ist nicht allein Aufgabe öffentlicher Einrichtungen?

Klubobmann Khol hat hier gestern, Ingeborg Bachmann zitierend, gemeint: Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar. – Ich meine aber, auch allen Mitgliedern dieser Bundesregierung ist die Wahrheit zumutbar, und diese ist: Sie gefährden ein funktionierendes Sozialsystem. Sie wollen Geld lukrieren auf Kosten von sozial schwachen Gruppen. Sie überlassen hilfsbedürftige Menschen sich selbst: Für dieses "neue Regieren" sollten Sie sich genieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Statt versprochenem Belastungsstopp treten Sie an zu rasantem Sozialabbau. Und diese Wahrheit ist Ihnen zumutbar. Handeln Sie anders, um die Menschen nicht ganz zu verlieren! (Beifall bei der SPÖ.)

13.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Staffaneller. – Bitte.

13.32

Abgeordneter Norbert Staffaneller (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es wurde heute schon wiederholt von sozialer Kälte gesprochen, von sozialer Kälte, die angeblich diese Regierung mit sich gebracht hat. (Abg. Dr. Mertel  – sich vor die erste Bankreihe stellend und ihre SPÖ-Kollegen auffordernd, es ihr gleichzutun –: Jetzt machen wir das Gleiche! Kollege Trattner, willst du dich nicht ein bisschen dazustellen?)

Ich möchte an einiges erinnern. Ist es soziale Kälte, wenn diese Regierung, wenn Frau Bundesministerin Sickl jetzt eine Milliarde Schilling zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit für Behinderte zur Verfügung gestellt hat? Seit zehn Jahren ist die Arbeitslosigkeit der Behinderten ständig angestiegen. Sie ist um mehr als 100 Prozent gestiegen, nämlich von 18 000 auf über 40 000; so viele Behinderte waren Ende dieses Berichtszeitraumes arbeitslos.

Ist es soziale Kälte, wenn etwas gegen Langzeitarbeitslosigkeit getan wird, wenn Herr Bundesminister Bartenstein das Modell "Integra" vorgestellt hat, das sich bestens zu bewähren scheint? Ist es soziale Kälte, wenn dagegen etwas Wirksames unternommen wird, indem Personen in Schulung und in Arbeit auf den nächsten Beruf vorbereitet werden?

Ist es soziale Kälte, wenn die Zahl der älteren Arbeitslosen innerhalb von zehn Jahren um über 100 Prozent gestiegen ist, und diese Regierung jetzt den Kampf angetreten hat und gegen die Arbeitslosigkeit der älteren Menschen etwas tut? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Der zur Debatte stehende Sozialbericht gibt qualitativ und quantitativ gut Auskunft über den erreichten Ist-Zustand 1998. Der Bericht ist eine gute Grundlage für die großen und anstehenden Reformziele dieser Regierung. An dieser Stelle möchte ich aber an notwendige Vorhaben und Maßnahmen, die teilweise ja bereits in Angriff genommen worden sind und von denen sich viele bereits in Umsetzung befinden, erinnern: beispielsweise an die höhere Beschäftigtenzahl, beispielsweise an die niedrige Arbeitslosigkeit, eine Arbeitslosenrate, wie sie seit Jahren nicht mehr erreicht wurde, beispielsweise auch an die verbesserte Ausbildung, die nachhaltige und sichere Finanzierung der Pensionen und des Gesundheitswesens, eine Modernisierung und Effizienzsteigerung mit gleichzeitiger Vergabetransparenz in den staatlichen Verwaltungseinheiten, aber auch in sozialen Diensten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Anhaltende Unruhe im Saal.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die anstehenden Reformziele wurden von dieser Regierung mit großem Engagement und dem notwendigen Blick für das Machbare und für das Notwendige konsequent in Angriff genommen. (Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen. – Abg. Nürnberger  – in Richtung Freiheitliche –: Ja, schau da hinüber!) Dies gilt besonders für Frau Bundesministerin Sickl und auch für Bundesminister Bartenstein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe bei diesem Tagesordnungspunkt vor wenigen Minuten darauf aufmerksam gemacht, dass man dem Redner auch die gehörige Aufmerksamkeit schenken sollte. Das Plenum ist auf dem besten Weg dazu, sich nicht als Plenum darzustellen, sondern als Vielfalt von Einzelgruppen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich bitte, die nötigen Diskussionen, wenn es geht, am Rande der Sitzung durchzuführen, und die Aufmerksamkeit der anderen nicht zu behindern. Bitte um entsprechende Aufmerksamkeit!

Herr Redner, Sie sind am Wort.

Abgeordneter Norbert Staffaneller (fortsetzend): Ich danke, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! In einem jahrzehntelang teilweise von Sozialromantik geprägten Ressort hat es Frau Dr. Sickl in kürzester Zeit geschafft, die Sicherung der Finanzierung der Pensionen


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in Angriff zu nehmen und diese auch zu gewährleisten. Diese erste große Hürde ist ein wesentlicher gesellschaftspolitischer Meilenstein. Unsere Jugend kann wieder mit Zuversicht in die Zukunft blicken. (Abg. Binder: Das glauben Sie ja selber nicht!)

Eine vernünftige Sozial- und Finanzpolitik – Thema: keine Neuverschuldung des Staatshaushaltes – hat mit dem Leben auf Kosten der nächsten Generation ein Ende gemacht. Die älteren Menschen wissen nun, dass die Pensionen auch in Zukunft gesichert sind und dafür nicht, wie in 30 Jahren sozialistischer Finanzpolitik, ein immer größerer Schuldenberg angehäuft wird, bis das System zusammenbricht. Wir sind froh, dass hier Maßnahmen gesetzt worden sind, die uns gestatten, auch in Zukunft die Pensionen und die Sozialleistungen zu sichern! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Maßnahmen im Hinblick auf eine Effizienzsteigerung in der Verwaltung und bei den sozialen Diensten sind ebenso dringend erforderlich. Verbesserte Leistungen dienen letztlich der gesamten Bevölkerung. Die Bevölkerung weiß das. Die Bevölkerung hat das inzwischen aufgenommen. Sie weiß das und ist dieser Regierung dankbar, dass sie entsprechende Maßnahmen eingeleitet hat.

Natürlich ist vor dem Hintergrund des unserer Regierung hinterlassenen Schuldenberges von 1 700 Milliarden Schilling die Solidarität der Staatsbürger gefordert, um das soziale Netz für die Schwächeren in unserem Lande zu sichern. Die Menschen haben das verstanden, die Menschen sind bereit, mitzuhelfen, das soziale Netz zu sichern, und sie sind auch bereit, entsprechende Beiträge zu leisten, damit auch in Zukunft die Arbeit und das Sozialwesen gesichert sind. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

13.38

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir diskutieren seit mehreren Stunden den Sozialbericht 1998, und auch wenn wir jetzt im Jahr 2000 von anderen Zahlen und anderen Voraussetzungen ausgehen, so ist doch deutlich erkennbar, dass auch in diesem Bericht der Trend ganz eindeutig zu mehr Beschäftigung und zu weniger Arbeitslosen führt. Dieser Trend hat sich ja, wie wir wissen, Gott sei Dank fortgesetzt.

Die wirtschaftliche Lage, die auch in der heutigen Debatte schon mehrmals angeschnitten wurde, ist bestens. Das bestätigen alle objektiven Berichte. Unsere Gesamtwirtschaft wird heuer mit 3,5 Prozent real so stark wachsen wie seit Anfang der neunziger Jahre nicht mehr. Die Sachgüterproduktion und die Exporte entwickeln sich noch besser. Die Sachgüterproduktion erhöht sich um 6,3 Prozent – real! –, und die Exporte werden real um 10 Prozent steigen.

Also die Auftragsbücher sind randvoll, und die Gewinne steigen weiter. Daher versteht der arbeitende Mensch nicht, was diese Regierung jetzt mit ihm vorhat, mit einem Sparprogramm, das zum Kaputtsparen führt, meine Damen und Herren!

Im internationalen Vergleich liegt der Anteil Österreichs an den Sozialausgaben – das ist heute schon mehrmals erwähnt worden – im Mittelfeld der Mitgliedsländer der Europäischen Union. 1996 betrug die Sozialquote 29,6 Prozent und lag damit knapp über dem EU-Durchschnitt von 28,7; sie stieg von 1980 bis 1996 um 3 Prozentpunkte. Die höchsten Sozialausgaben in Relation zur Wirtschaftsleistung weisen in der EU die Länder Schweden mit über 34, Dänemark mit über 33 und Finnland mit über 32 Prozent aus. (Abg. Dr. Feurstein: Herr Kollege Dietachmayr! Ich habe Ihnen genau erklärt, was Sozialquote bedeutet! Sie bringen wieder falsche Zahlen!)

Meine Damen und Herren! Die Frau Bundesministerin hat in diesem Zusammenhang in ihrem Redebeitrag gemeint, sie wisse nicht, wo das Geld für diese Sozialleistungen hingekommen ist. Frau Bundesminister, ich erinnere an Ihre eigene Homepage des Ministeriums, aus der ganz klar ersichtlich ist – das kann sich jedermann ausdrucken –, welche Bevölkerungsgruppen die


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Empfänger der Sozialtransfers sind. Daraus geht ganz eindeutig hervor, dass 60 Prozent aller Sozialleistungen in der Höhe von insgesamt 150 Milliarden Schilling zum untersten Einkom-mensfünftel gehen.

Wenn diese Regierung die Sozialquote durch Sozialabbau reduzieren will, muss sie den Österreicherinnen und Österreichern auch sagen, dass der österreichische Sozialstaat auf das spanische, griechische oder portugiesische Niveau abgesenkt werden soll. Wer den Sozialstaat radikal abbauen will, spaltet Österreich (Beifall bei der SPÖ) und führt viele Menschen in eine verfehlte neoliberale Politik, die nur den Reichen nutzt und die Armut fördert.

Meine Damen und Herren! Einige Sätze zur Arbeitsmarktpolitik. Die vorausschauende Politik der früheren Sozialministerin Hostasch hat Österreich derzeit eine der niedrigsten Arbeitslosenraten in Europa beschert. Die Steuerreform und die Erhöhung der Familienbeihilfen, die auf einen Beschluss der rot-schwarzen Regierung im vorigen Jahr zurückgehen – wogegen Sie von der FPÖ gestimmt haben, obwohl Sie sich heute immer damit schmücken –, haben den von uns damals vorausgesagten volkswirtschaftlichen Effekt erzielt, er hat voll durchgeschlagen. (Beifall bei der SPÖ. – Die bereits mehrmals erwähnten Gesprächsgruppen haben sich noch nicht aufgelöst.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Darf ich neuerlich ersuchen, Herr Klubobmann Khol, Herr Klubobmann Westenthaler, notwendige Gespräche am Rande der Sitzung durchzuführen! – Danke. (Abg. Dr. Niederwieser: Ein Skandal ist das!)

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (fortsetzend): Unsere Argumentation war eindeutig. Wir haben immer gesagt: Wenn wir den kleineren und mittleren Einkommensbeziehern durch die Steuerreform, durch die erhöhten Familienleistungen mehr Geld geben, dann wird von dieser Bevölkerungsgruppe dieses Geld sofort in den Konsum wandern. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das wird sofort in den Konsum gesteckt, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Familienvater mit 20 000 S irgendwo mit Aktien spekulieren kann. Der gibt das Geld sofort wieder aus. Dies hat sich bereits in der derzeitigen Konjunktur niedergeschlagen, und das fördert wiederum die Arbeitsplätze.

Das war also eine richtige Politik, bei der die FPÖ im Vorjahr – ich muss es noch einmal betonen – dagegen gestimmt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Sozialdemokraten lehnen den radikalen Abbau des Sozialstaates durch die schwarz-blaue Regierung auf das Entschiedenste ab und fordern eine Politik der gesellschaftlichen Integration. Und da man in der letzten Zeit, gerade von Minister Bartenstein, immer wieder hört, dass es auch eine Konfliktdemokratie geben kann, so sage ich Ihnen: Diese Konfliktdemokratie gefährdet den Sozialstaat und die Lebensverhältnisse vieler Bürgerinnen und Bürger.

Die Sozialdemokratie lehnt diesen Weg entschieden ab. Wir wollen keine Konfliktdemokratie, sondern wir wollen Verhandlungen wie bisher. Es gibt internationale Studien, die genau be-stätigen, dass der Verhandlungsdemokratie, in die alle gesellschaftlichen Kräfte, Interessenvertreter und alle Ebenen des Staates eingebunden sind, vor dem Durchsetzen der Konfliktde-mokratie, in der auf Integration keine Rücksicht genommen wird, eindeutig der Vorzug zu geben ist.

Wir wollen weiterhin verhandeln, aber Ausdrücke, wie sie die Frau Vizekanzlerin verwendet, wenn sie sagt, es lässt sie "kalt" oder sie lässt sich "nicht beeindrucken" von irgendwelchen Aussagen führender Gewerkschaftsfunktionäre in Österreich, sind sicherlich keine Verhandlungsbasis, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen keinen Sozialabbau und auch keinen Wechsel zur Konfliktdemokratie, wie diese Regierung es will.

Ziel der Politik ist es, die Situation der Menschen zu verbessern. Resultat Ihrer Politik ist es, dass es allen schlechter geht. Heizen, Autofahren, Kranksein, Studiengebühren – alles ist


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teurer. Die Bilanz Ihrer ersten sieben Monate, meine Damen und Herren, ist vernichtend! (Beifall bei der SPÖ.)

13.46

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

13.46

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte über den Sozialbericht 1998 war – und das verstehe ich – über weite Strecken gekennzeichnet von der aktuellen Diskussion über soziale Treffsicherheit und eigentlich viel weniger über den Inhalt des Sozialberichtes 1998. (Abg. Dr. Mertel weist auf eine Gruppe hin, die sich nun hinter den Abgeordnetenbänken zusammengefunden hat.) Das ist verständlich, Frau Kollegin, weil natürlich diese Plattform benutzt wurde, hier die Vorschläge in Richtung Erhöhung der sozialen Treffsicherheit zu diskutieren.

Meine Damen und Herren! Aber lassen wir bei aller aktuellen Dramatik, Herr Präsident, die Kirche ... (Abg. Dr. Fischer  – auf die erwähnte Gruppe zeigend –: Werden Sie nicht gebraucht da hinten?)  – Bitte? (Abg. Dr. Fischer : Werden Sie nicht gebraucht dort hinten?)  – Herr Präsident! Lassen Sie das meine Sorge sein. Aber bitte lassen wir die Kirche im Dorf. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Worum geht es? – Es geht darum, meine Damen und Herren, dass wir ein Sozialsystem haben, das zu den besten der Welt gehört, ein Sozialsystem, für das wir rund 30 Prozent des Sozialprodukts ausgeben. 30 Prozent des Sozialprodukts sind ein Betrag von ungefähr 800 Milliarden Schilling. Wir reden über ein Paket, das genau 0,6 Prozent dieser 800 Milliarden ausmacht.

Meine Damen und Herren! Wer hier allen Ernstes sagt, dass ein Paket von 0,6 Prozent des Sozialaufwandes den Sozialstaat zertrümmert (anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ), der ist zumindest nicht ehrlich, sage ich einmal. Ich will keine deftigeren Worte verwenden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Schauen wir uns in Europa und in der Welt ein bisschen um! In jedem Staat der Welt, in jedem Mitgliedsland der Europäischen Union findet ein Prozess statt, der notwendig ist, der natürlich ist. In einer Zeit, in der sich die Welt so rasant verändert, in der die Wirtschaft sich ständig verändert, in der der technische Fortschritt so rasant ist wie noch nie in der Menschheitsgeschichte, müssen wir natürlich die Sozialsysteme anpassen an die geänderten technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen.

Ich sage Ihnen eines sehr deutlich: Wer heute sagt, in der Sozialpolitik muss alles so bleiben, wie es ist, der handelt unsozial, und derjenige ist sozial, der diese Systeme den neuen Erfordernissen unserer Zeit anpasst, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Edlinger! Es wäre für die jetzige Regierung sehr leicht, zu sagen: Administrieren wir nur! Lassen wir alles so, wie es ist! Da regt sich niemand auf. Ein schönes Leben – wie es zum Teil der Finanzminister Edlinger gehabt hat. Lassen wir alles so wie es ist! Sagen wir: Es ist eh nicht so arg, wir haben ja nur ein Defizit von 20 Milliarden Schilling! In Wirklichkeit waren es 100 Milliarden Schilling, Herr Kollege Edlinger. Das wissen Sie. Das berühmte Edlinger-Budget-Loch war ja nur ein Fünftel der wahren Dimension. Das wissen Sie gut genug. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie wissen es gut genug, Ihre Zwischenrufe erfolgen wider besseres Wissen, Herr Kollege Edlinger. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Mertel: Was ist mit der Gruppe da hinten? – Anhaltende Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich eines auch sehr deutlich sagen: Warum die SPÖ so nervös ist, ist ja ganz klar. Ihr sozialpolitisches Modell basiert nämlich auf dem Konflikt zwischen Kapital und Arbeit. (Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen.) Wir sehen heute, dass


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neue soziale Fragen auftreten bei den kleinen Landwirten, bei den kleinen Gewerbetreibenden, bei jenen, die aus dem Arbeitsprozess bereits ausgeschieden sind, neue soziale Fragen, die nichts mit dem klassischen Konflikt Kapital und Arbeit zu tun haben, ganz neue soziale Fragen. Und diese lassen sich mit Ihrem Modell, dem Konflikt zwischen Kapital und Arbeit, nicht lösen. Daher sind Sie jetzt so aufgeregt: weil hier eine Regierung am Werk ist, die – Österreich neu regieren! – sehr wohl auf diese neuen sozialen Fragen eingeht. (Abg. Dr. Mertel: Das merkt man! – Abg. Edlinger: Auf Kosten der Kleinen!)

Herr Kollege Edlinger! Ich habe hier bei einer Berichtigung vor zirka eineinhalb Stunden darauf hingewiesen: Bei diesem Paket geht es nicht nur um Einsparmaßnahmen, sondern da geht es auch um Offensivmaßnahmen! Und was wäre sozialer, als gerade für Behinderte eine Milliarde Schilling mehr bereitzustellen, um entsprechende Beschäftigungsmöglichkeiten für Behinderte zu schaffen? Meine Damen und Herren! Das übersehen Sie ganz. Das passt nicht in Ihre Ideologie hinein, in der die Behinderten aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden sind. Ihre Sozialpolitik heißt: Geben wir Ihnen eine Sozialleistung, und damit haben wir das Problem gelöst. Wir sagen, mit Geld allein sind soziale Fragen nicht zu lösen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und eines sollte man auch sehr, sehr deutlich sagen – einige Vorredner meiner Fraktion haben das sehr betont –: Das sozialpolitische Konzept der SPÖ beruht auf einem sehr, sehr unsicheren Fundament. Es beruht auf einer Schuldenpolitik, meine Damen und Herren! Es beruht seit vielen Jahren auf einer Schuldenpolitik! (Abg. Haigermoser: Jawohl! Schuldenpolitik! – Lebhafter Widerspruch bei der SPÖ.) Heute wissen wir: Schulden sind der Feind der Arbeitsplätze, und Schulden sind der Feind des Sozialsystems, meine Damen und Herren! Das ist Ihre Politik! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Lebhafter Widerspruch bei der SPÖ. – Unruhe im Saal.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Stummvoll ist ein sehr routinierter Redner, aber wenn die Zwischenrufe einen gewissen Geräuschpegel überschreiten, dann hat selbst ein routinierter Redner Schwierigkeiten, sich Gehör zu verschaffen. Ich bitte daher alle, auf der einen Seite diejenigen, die geschäftsordnungsmäßige Angelegenheiten behandeln, auf der anderen Seite jene, die sich mit dem Thema auseinander setzen und in einem doch überproportionalen Ausmaß Zwischenrufe durchführen, um Mäßigung! Ich bitte vor allem diejenigen, die nicht unbedingt mit geschäftsordnungsmäßigen Dingen beschäftigt sind, dem Redner so viel Aufmerksamkeit zu widmen, dass wir hier nicht nur ein Klima des gegenseitigen Zuhörens bekommen, sondern auch ein Klima, das so weit geht, dass man einander überhaupt hören kann. (Abg. Dr. Fischer: Er sollte schon aufhören!)

Bitte, Herr Abgeordneter, setzen Sie fort!

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (fortsetzend): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Danke vielmals für diesen Appell, Herr Präsident. Ich darf meine Rede fortsetzen.

Mir ist völlig klar, warum Sie, wenn man die Schwachstellen sozialdemokratischer Sozialpolitik aufzeigt, etwa die Schuldenpolitik oder die Strategie, nur Konflikte zwischen Kapital und Arbeit zu sehen, nervös werden. (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Aber, Herr Kollege, auch für Sie gilt: Wenn Ihre Argumente schwach werden, dann werden die Zwischenrufe immer lauter! Merken Sie sich das! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege! Mir ist schon klar, dass es mir nicht gelingen wird, hier in einem kurzen Debattenbeitrag vom Rednerpult aus Sie von etwas zu überzeugen, was seit Jahrzehnten Ihrer Ideologie zuwiderläuft.

Ich komme daher zum Schluss meiner Rede, meine Damen und Herren, und möchte im Zusammenhang mit der Frage Sozialpolitik, Arbeitsplätze, Infrastrukturprojekte seitens meiner Fraktion einen


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Entschließungsantrag einbringen, der lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Dr. Khol und Kollegen betreffend Bau des Semmering-Basistunnels

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, alle Beschlüsse, die sie im Zusammenhang mit dem Bau des Semmering Basistunnels getroffen hat, vollinhaltlich umzusetzen."

*****

Herr Präsident! Ich bitte, den Entschließungsantrag in die Debatte einzubeziehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Lebhafte ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Da habt ihr schön geschaut, gelt?)

13.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt. Er ist vom Inhalt her ähnlich zu sehen wie ein von meinem Vorgänger in der Vorsitzführung zugelassener Entschließungsantrag und steht daher mit zur Verhandlung. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner. – Bitte.

13.54

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich verstehe Ihre Aufregung gar nicht. Aber andererseits verstehe ich Ihre Aufregung doch. Sie waren nämlich diejenigen, die die soziale Treffsicherheit in Österreich in einer Art und Weise definiert haben, dass einem eigentlich kalte Schauer über den Rücken laufen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Versetzen wir uns zurück in die Budgetdebatte 1998. Herr Ex-Finanzminister Edlinger ist da. Damals haben Sie – als so genanntes soziales Gewissen der Sozialdemokratischen Partei –, um ein Defizit in der Größenordnung von 67,3 Milliarden Schilling darzustellen, unter anderem folgende Maßnahmen gesetzt: Sie haben die Versicherungsbeiträge für die gewerbliche Wirtschaft beziehungsweise für die Bauern in einer Größenordnung von 1 Milliarde Schilling erhöht. (Ruf: Angepasst!) Sie haben durch die vorgezogene Einhebung die Versicherungssteuer in einer Größenordnung von 1,5 Milliarden Schilling erhöht.

Sie haben die Stempelmarkengebühren um 50 Prozent, sprich: um 1,2 Milliarden Schilling erhöht. Sie haben die Bausparprämien um 1,8 Milliarden Schilling gesenkt. Sie haben die Freibeträge für 1998 in der Größenordnung von 3 Milliarden Schilling sistiert. Sie haben einen 5-prozentigen Zuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuervorauszahlung in der Größen-ordnung von 3 Milliarden Schilling lukriert, und und und. Und trotzdem haben Sie ein Budget-defizit von 67 Milliarden Schilling erwirtschaftet.

Diesen Weg geht diese Bundesregierung ganz sicherlich nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Richtig!) Diesen Weg geht diese Bundesregierung nur in der Form, dass alle an der Budgetsanierung mitwirken beziehungsweise teilnehmen, sich beteiligen, die dazu auch in der Lage sind!

Es ist nicht so, wie Kollege Gusenbauer gesagt hat, ein jeder in Österreich soll dazu etwas beitragen, vom Kleinen bis zum Großen, sondern die Bundesregierung hat ganz klar zum Ausdruck gebracht: Diejenigen, die es sich leisten können, sollen einen Beitrag zur Budget-defizitsenkung beziehungsweise zu einem Nulldefizit beitragen. Und so ist dieses Nulldefizitbudget bis zum Jahre 2002 auch erreichbar.


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Wir sind auch davon ausgegangen, dass wir einen Querschnitt nehmen. Wir haben die Unternehmer in der Form mit einbezogen, dass wir den Investitionsfreibetrag abschaffen, wir haben die Unternehmer in der Form einbezogen, dass wir die Verlustbeteiligungsmodelle reduzieren, und wir haben die Unternehmer in der Form einbezogen, dass wir die Rückstellungen in der bisherigen Form abschaffen. Das sind Maßnahmen, die eben sehr wohl alle gemeinsam tragen. Und auch die Arbeitnehmer tragen ihren Anteil dazu bei, aber in einem Verhältnis, das viel geringer ist als das, was Sie damals aufgeführt haben, als Sie die zwei Konsolidierungspakete für die Budgets 1996/97 geschaffen haben.

Sie haben etwas gemacht, Herr Ex-Finanzminister Edlinger – da waren Sie immer so quasi der Bote beziehungsweise der Sanierer von irgendwelchen Maßnahmen –: Sie haben Verlustbeteiligungsmodelle gehabt, bei denen der Zeichnungsbetrag zum Beispiel 600 000 S gewesen ist. Die Steuerrückerstattung aus der Verlustbeteiligung betrug ebenfalls 600 000 S. Sie wissen genau, wovon ich spreche! Im Rahmen einer Anfragebeantwortung im Feber 1999 haben Sie ohne weiteres zugegeben, dass der Steuerausfall dafür grob mit ein bis zwei Milliarden Schilling zu veranschlagen ist. Betraf das die so genannten Kleinen? – Das war für die Reichen und Superreichen, die sich das haben leisten können! Für das sind Sie gestanden!

Herr Ex-Finanzminister Edlinger! Oder erinnern wir uns daran, dass Sie im Rahmen einer Steuerprüfung bei VISA eingegriffen und gesagt haben, wir machen ein rückwirkendes Abgabenänderungsgesetz 1997 für das Umsatzsteuergesetz 1994 in der Form, dass unecht umsatzsteuerbefreite Kreditkartengesellschaften zur Umsatzsteuerpflicht optieren können. Dagegen wäre grundsätzlich nichts einzuwenden. Aber Sie, Herr Ex-Finanzminister, haben entschieden, dass man rückwirkend dafür optieren konnte, rückwirkend konnte man das in Anspruch nehmen! Dadurch ist VISA beziehungsweise indirekt der Bank Austria ein Betrag in der Größenordnung von 500 bis 600 Millionen Schilling zugeflossen!

Das ist Ihr "soziales Gewissen", Herr Ex-Finanzminister. Und Sie setzen sich hierher und machen dieses Budgetkonsolidierungspaket der Bundesregierung madig (Abg. Edlinger: Wir machen es nicht madig, es ist madig!) beziehungsweise artikulieren gegenüber Abgeordneten der Freiheitlichen Partei, dass sie "blaue Schweine" seien. Für diesen Ausdruck haben Sie sich bis heute noch nicht entschuldigt, Herr Kollege Edlinger. Das würde endlich einmal anstehen. (Abg. Edlinger: Tatsächliche Berichtigung!) Herr Kollege Edlinger! Ich bin froh, zu hören, dass Sie dann hier zur Abgabe zu einer tatsächlichen Berichtigung herauskommen werden.

Herr Kollege Edlinger! Wir sind bemüht, dieses Budgetdefizit auf null zu stellen. Wir wollen die kommenden Generationen von zukünftigen Schuldenzahlungen befreien. Wir wollen ein Schuldenrückzahlungsprogramm initiieren, das diese Bundesregierung beschlossen hat, um auch in Zukunft soziale Gerechtigkeit in Österreich walten zu lassen. Darum geht es. Nur dann, wenn der Haushalt in Ordnung ist, wenn man einen ausgeglichenen Haushalt hat, kann man es sich leisten, dass man denjenigen Hilfe zukommen lässt, die sie auch wirklich brauchen, und dafür steht diese Bundesregierung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Rudolf Edlinger hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet.

14.00

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte eine tatsächliche Berichtigung zu der Behauptung des Herrn Abgeordneten Trattner vorbringen, der gesagt hat, ich hätte Abgeordnete der Freiheitlichen Partei als "blaue Schweine" bezeichnet. – Das ist unrichtig!

Ich habe im Zusammenhang mit einem Fernsehinterview auf die Frage, welches Design meine Krawatte hat, gesagt: Ja, das sind blaue Schweine. Ich gebe aber zu, auf der Krawatte sind blaue Schweine abgebildet.

Ich habe keine wie immer geartete Partei oder Abgeordnete im Zusammenhang mit diesem Interview genannt. Ich gebe jedoch zu, dass die Frage des Journalisten, der gefragt hat, ob die


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Krawatte eine symbolische Bedeutung zu dem Anlass hat, zu dem ich befragt worden bin, einen solchen Schluss zulassen könnte. Das lag nicht in meiner Absicht. Ich wollte niemanden beleidigen, nehmen Sie das zur Kenntnis!

Ich bin allerdings nicht in der Lage, die Tatsache, dass diese Krawatte blaue Schweine zeigt, zurückzunehmen, weil ich dafür jederzeit den Beweis antreten kann. (Der Redner holt die betreffende Krawatte hervor und hält sie für alle sichtbar in die Höhe.) Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.02

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

14.02

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt doch wieder gelungen, auch die Sozialdebatte "aufs Schwein" zu bringen. Aber nicht nur das verlangt einem hier als Abgeordnetem Geduld ab.

Die beiden Entschließungsanträge, die vorliegen, verdienen noch eine kurze Stellungnahme. Zunächst zum Antrag der Regierungsfraktionen, den Kollege Stummvoll eingebracht hat. Ich glaube, es war Stummvoll. Dieser Entschließungsantrag, der zum Inhalt hat, dass der Nationalrat beschließen wolle, dass die Bundesregierung ersucht wird, alle Beschlüsse, die sie, die Regierung, im Zusammenhang mit dem Bau des Semmering-Basistunnels getroffen hat, vollinhaltlich umzusetzen, ist ja für sich genommen schon eigenartig genug. Aber er wird noch eigenartiger, wenn man ihn einmal in alle Richtungen interpretiert. Man braucht ihn nur umzudrehen. Besteht jetzt schon die Gefahr, dass die Regierung die Beschlüsse, die sie gefasst hat, nicht umsetzt? (Abg. Edlinger: Das wäre ja besser, das wäre klüger!)

Warum sollte sie gerade diese Beschlüsse nicht umsetzen? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Warum gerade die Beschlüsse zum Semmering-Basistunnel nicht? Nur weil Sie von der ÖVP und der FPÖ sich in die Ecke gedrängt fühlen von dem zugegebenermaßen auch nicht besonders gescheit formulierten SPÖ-Antrag? – Das ist doch kein Niveau der Debatte in diesem Haus! (Beifall bei den Grünen.)

Eine Bundesregierung aufzufordern, ihre eigene Beschlüsse umzusetzen, ist jedenfalls für jene Abgeordneten, die das fordern, ein ziemliches Armutszeugnis, insbesondere dann, wenn sie von der gleichen Fraktion kommen. Oder soll das ein Misstrauensantrag sein? – Ich glaube, Sie haben da noch gewissen Erklärungsbedarf. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Edlinger: Ein Misstrauensantrag gegen die Regierung!)

Aber – entschuldigen Sie! – auch der Entschließungsantrag der SPÖ gibt nicht wirklich zu Jubel Anlass. Der Nationalrat möge nämlich hiernach beschließen, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, sich dafür einzusetzen, bis längstens 1. Oktober 2001 die Bauarbeiten am Semmering-Basistunnel weiterzuführen. – Nun denn. (Abg. Dr. Fischer: Das ist doch gescheit! – Abg. Edlinger: Ganz intelligent!)

Moment! Auch da stellt sich wieder die Frage: Wie ist da die Rollenverteilung zwischen Exekutive und Legislative? Ich glaube nicht, dass es Aufgabe des Hauses sein kann, der Bundesregierung zuzurufen, wann bei irgendeinem konkreten Projekt der Baubeginn sein soll. Das ist auch eine Aufgabenverfehlung.

Aber zur Sache. Zwei Aspekte noch. Erstens ist es ja schon bedenklich genug, wenn das im Kontext zur Sozialdebatte eingebracht wird. Kollegin Silhavy! Sie haben es zwar mit Beschäftigungspolitik begründet. Ich glaube, da sind Sie wirklich 20 Jahre hintennach mit dieser Argumentation. Großprojekte bringen ... (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )  – Ja, Frau Kollegin, wir kennen die Argumente, aber diese sind eben 20 Jahre alt.


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10 Milliarden Schilling kann ich so oder so investieren. Und was die Arbeitsplatzfrage betrifft, müssen sogar Tunnelbefürworter, wie ich übrigens einer bin – dazu werde ich später noch etwas sagen –, einbekennen, dass bei den anderen Investitionen, etwa in die Alternativvorschläge zum Semmering-Basistunnel, mehr Arbeitsplätze herausschauen.

Aber all das gehört nicht in diese Debatte, sondern in eine wirtschaftspolitische und strukturpolitische Debatte, jedenfalls in eine verkehrspolitische.

Es kann nicht angehen – wenn man die Intention dieses Antrages weiter verfolgt, würde man nämlich dort landen –, dass Großprojekte akkurat keine naturschutzrechtlichen Bewilligungen brauchen sollen! Wenn man das in Kombination mit Ihren sonstigen Initiativen sieht, die Sie hier im Haus eingebracht haben, gibt das zu denken.

Ich habe gestern einen Antrag gesehen, der darauf hinausläuft, dass dann, wenn staatspoli-tische Interessen betroffen sind, das Naturschutzrecht der Länder nicht mehr greifen soll, sondern der Bund sozusagen in seiner Kompetenz-Kompetenz einschreiten und die naturschutzrechtlichen Belange entsprechend auslagern soll. Sonst soll nichts hinzukommen. Es wird nämlich nicht gefordert, ein Bundes-Naturschutzgesetz zu schaffen, zum Beispiel gerade für jene Großprojekte, die grenzüberschreitend sind. Das würde ja zu der paradoxen Situation führen, dass große Projekte keine Genehmigung in diesem Bereich brauchen! Dem kann man ja wohl auch nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber vielleicht ist das nur ein Lapsus Ihrerseits und ein Missverständnis meinerseits. Ich wäre ja sehr gerne bereit, meine Meinung zu ändern, wenn Sie das bei nächster Gelegenheit erklären können.

Bundesnaturschutzregelungen dort, wo Großprojekte so gelagert sind, dass die Ländernaturschutzrechte dazu führen, dass ein Landeshauptmann ständig die Verfassung missbraucht – ich getraue mich das durchaus zu sagen! –, so kann es auch nicht sein! Dann muss es zumindest eine alternative Bestimmung auf der höheren Ebene geben. Das ist die Position der Grünen.

Noch einmal zur Fristsetzung, nämlich zum Baubeginn 1. Oktober. Stellen Sie sich vor, die tschechische Regierung würde erklären, es sind zwar noch nicht alle Genehmigungen für Temelin da, aber es soll spätestens ab 1. Oktober zu bauen begonnen werden. – Da würden wir uns auch ein bisschen aufregen, und, wie ich meine, völlig zu Recht! (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme zum zweiten und letzten Aspekt und möchte an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass die meisten meiner Fraktionskolleginnen und -kollegen diesbezüglich eine andere Meinung haben als ich. Aber letztlich geht es auch um das Projekt selbst, und die SPÖ will offenbar eine Nagelprobenabstimmung für den Wahlkampf machen. Soll sein. Das passt ja in die Politik und ins Haus, da rege ich mich nicht auf. Aber zum Semmering-Basistunnel darf man meines Erachtens getrost unterschiedliche Meinungen haben.

Es ist auch nicht so einfach zu beurteilen. Meine persönliche Position weicht von der Meinung meiner Fraktion ab. Dort werden meistens Argumente dafür gebracht, dass die 10 Milliarden sinnvoller investiert werden können, Stichwort: Flächenbahn, Stichwort: andere Möglichkeiten der Fahrzeitverkürzung mit dem gleichen Betrag. Ich sehe das alles ein, füge aber hinzu, derartige Großprojekte haben natürlich andere Nutzungsdauern.

Ich war als Student einmal bei Herrn Professor Schleicher eingeladen, mich an diversen Kosten/Nutzen-Schätzungen zu beteiligen. Natürlich kommt heraus, dass mit dem gleichen Geld, anders investiert, auch auf der Südachse günstigere Modelle der Investition zu haben wären, die ähnliche Effekte erzeugen. Das ist richtig. Aber langfristig – und das ist meine Position –, wenn wir endlich dazu kommen, eine gescheite Infrastrukturpolitik zu machen und wirklich in den nächsten zehn, 20 Jahren mehrere hundert Milliarden Schilling in den Schienenausbau investieren, dann stellt sich aus der Sicht der nächsten 50 Jahre, aus der Sicht des Jahres 2050, das Projekt auch anders dar.


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Meine Position, auch als Ökonom, ist, dass Kosten/Nutzen-Abwägungen in diesem Bereich, in diesem großdimensionierten Bereich, auch scheitern können. Es hätte auch – das ist wieder meine persönliche Position – Ghega nicht bauen dürfen, hätte man damals Kosten/Nutzen-Abwägungen in der Genauigkeit, wie sie heute üblich ist, angestellt.

Es ist einfach die Frage, ob man daran glaubt, dass in den nächsten Jahren mehrere hundert Milliarden Schilling locker gemacht werden können oder nicht. Wenn man das nicht glaubt, dann verstehe ich die Position der Ablehnung, denn das knappe Geld ist sicherlich sehr schnell anders zu verwenden. Aber langfristig ist das meines Erachtens ein gescheites Projekt, und deshalb sollte auch relativ rasch zu bauen begonnen werden – aber, bitte schön, unter Einhaltung aller naturschutzrechtlichen Belange. Ohne das kann es ja nicht gehen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

14.09


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

14.09

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kogler, ich gebe Ihnen völlig Recht: Es ist wirklich suspekt, wenn im Zusammenhang mit der Sozialdebatte hier ein Antrag über Infrastrukturmaßnahmen eingebracht wird. Aber wir stellen uns dieser Debatte sehr, sehr gerne.

Wir werden auch erklären, warum: Frau Silhavy und ihre Fraktion kommen wenige Tage vor einer Landtagswahl darauf: Achtung, wir müssen uns für die Infrastruktur der Steiermark einsetzen! – Es ist spät, es ist reichlich spät, wenn Sie heute hier darauf kommen und das österreichische Parlament bemühen, weil Sie bei den Wählern nicht glaubwürdig sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie wollen ein Polittheater aufführen. Sie haben schon zu Beginn der Woche Presseaussendungen versendet: Am Mittwoch wird es passieren! – Alle haben gespannt auf Ihre Wortmeldung gewartet. Was wird passieren? – Einem Irrtum sind wir aufgesessen. Wir haben geglaubt, Herr Dr. Kräuter wird das machen, aber dass Sie sich auch schon für solche Aktionen hergeben, damit hätten wir nicht gerechnet. Okay.

Die Entscheidung über den Semmeringtunnel, liebe Frau Kollegin Silhavy, ist lange gefallen. Die Entscheidung ist bereits lange gefallen. Die steirische Volkspartei mit Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic an der Spitze hat sich immer glaubwürdig für den Ausbau der Infrastruktur eingesetzt, und das wissen die Leute. Das wissen die Leute! (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir brauchen unsere Linie nicht zu ändern. Wir legen Wert darauf, dass die Regierungsbeschlusslage umgesetzt wird. Ich bin daher der Ansicht, dass unser Antrag wesentlich weiter geht als Ihrer. Was hilft das Einsetzen? Wir wollen umsetzen, meine sehr geehrten Damen und Herren (neuerliche ironische Heiterkeit bei der SPÖ – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen) , und dazu fordern wir die Bundesregierung auf. Wir sind sicher, dass uns die Bundesregierung helfen wird. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Auch wenn Sie noch so laut schreien, man hat Sie enttarnt. Sie wollen heute hier Wahlkampf spielen. Hätten Sie den Wahlkampf vor fünf Jahren begonnen, dann hätten Sie heute eine Chance. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich gebe aber zu, dass der Rechtsstaat natürlich Rechtsstaat bleiben muss und dass die Verfahren ordentlich zu Ende geführt werden müssen. Wir brauchen unsere Vorgangsweise nicht zu ändern. Sie versuchen in einem Zickzackkurs noch schnell auf den Zug zu springen, der hoffentlich bald durch den Semmering fährt, aber wir werden dafür sorgen, dass es auch wirklich dazu kommt. Deshalb fordere ich Sie auf: Stimmen Sie unserem Antrag zu, dann werden wir gemeinsam eine breite Basis finden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Pröll! Pröll!)

14.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

14.12

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatsekretär! Meine Damen und Herren! Dieser Redebeitrag des Kollegen Trinkl verlangt, ja schreit gerade zu nach einer Replik.

Kollege Kogler hat ja die Lächerlichkeit des Entschließungsantrages von Westenthaler und Khol blendend dargestellt, meine Damen und Herren. Man muss sich das einmal vorstellen! Da bringen Westenthaler und Khol einen Antrag ein, und die ÖVP und die FPÖ werden das auch beschließen, dass die eigene Bundesregierung die eigenen Beschlüsse ernst nehmen soll. – Also, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, das lässt wirklich Schlimmes befürchten. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Unterstützung des Parlaments!)

Zum SPÖ-Antrag, dem Antrag der Kollegin Silhavy. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. )  – Natürlich geht es um ein sozialpolitisches Thema, meine Damen und Herren. (Abg. Dr. Lichtenberger: Nicht einmal in der Begründung!) Es geht doch um die Zukunftschancen der südlichen Bundesländer, und ein Offenbarungseid der ÖVP und FPÖ heute hier in dieser Debatte macht natürlich Sinn.

Was den Naturschutz betrifft, Kollege Kogler: Es gibt einen Antrag der SPÖ-Fraktion auf Änderung der Verfassung, und ich kann versichern, dass auf Belange des Naturschutzes – das ist gutachtlich abgesichert, Frau Kollegin – nicht vergessen wird. Wir werden diesen Antrag im Verfassungsausschuss zu gegebener Zeit debattieren.

Aber kurz noch zum Inhaltlichen, meine Damen und Herren, denn davon wollen ja die ÖVP und die FPÖ nichts wissen. Wie ist denn das mit dem zuständigen Minister Schmid, Kollege Trinkl? – Gestern hat er im "Kurier" gesagt: Der Tunnel wird gebaut. Wie ist das mit der ÖVP-Obfrau Klasnic in der Steiermark? – Sie hat ja schon lange plakatiert: Der Tunnel ist durchgesetzt! Kollege Trinkl hat gerade gemeint, sie hätte ihn schon umgesetzt. Das ist ja wieder etwas Neues!

Und was ist – das an die Kollegen aus Niederösterreich – mit dem ÖVP-Obmann Pröll? – Kommt nicht in Frage!, sagt Pröll. Ich verhindere diesen Tunnel, sogar wenn ich die Verfassung breche. – Das sagt Pröll. Was werden heute die steirischen ÖVP-Abgeordneten machen? – Sie werden heute gegen den Weiterbau des Tunnels stimmen. Was macht die Bundesregierung insgesamt? Was macht der Bundeskanzler in dieser wichtigen Frage?

Meine Damen und Herren! Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen, und ich bin überzeugt davon, dass die steirischen Wählerinnen und Wähler am 15. Oktober Ihnen von der ÖVP und Ihnen von der FPÖ eine entsprechende Antwort geben werden. (Beifall bei der SPÖ.)

14.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte.

14.15

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das breite Grinsen auf dieser Seite hier (auf die Reihen der SPÖ weisend) in der letzten Stunde hat angekündigt, dass man hier eine Finte vorhat, eine leicht durchschaubare Finte. Sie ist ja aufgelegt gewesen. (Abg. Schieder: So leicht haben Sie es nicht durchschaut!)

Ich gestehe Folgendes: Erstens: Ich bin für den Bau des Semmering-Basistunnels. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Zweitens: Ich gestehe, dass ich die Mutierung der SPÖ von ihren Plakaten im steirischen Wahlkampf vom Kaputtsparen anerkenne, dass man hier ansatzweise versucht, etwas Konstruktives, Kreatives zu erfinden. Den steirischen Wahlkampf hier


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hereinzuholen, das ist verlockend. Das sei Ihnen unbenommen. Auch dass Sie Ihre Oppositionsrolle hier entsprechend ausnützen, wird Ihnen niemand übel nehmen. Aber bitte, der Herr Bundesminister Schmid, ein Architekt und sicherlich der erfolgreichste Landesrat der letzten Jahre, der sein Ressort von minus 3 Milliarden Schilling zu plus 3 Milliarden Schilling im Wohnungsbereich gebracht hat, ist als Architekt eben gewohnt: Zuerst planen, dann Rechtsverfahren, dann Finanzierung und dann Bau.

Und was hat er beim Semmering geerbt? – Fragmente hat er geerbt! Daher sollen wir seinen Plan, seine Realisierung vom Hohen Haus her unterstützen, und dafür ist dieser Antrag, der jetzt eingebracht wird, natürlich bestens geeignet – wie immer Sie ihn interpretieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Er ist bestens geeignet. Wir vertrauen unserem Bundesminister Schmid, wir vertrauen dieser Bundesregierung, und daher wollen wir gemeinsam diesen Antrag unterstützen. Ihrer leicht durchschaubaren "Finterei" müssen wir zumindest die Mehrheit des Hauses entgegenhalten. Ich bin gespannt, wie die niederösterreichischen SPÖ-Abgeordneten mit dieser Show umgehen. Darauf bin ich neugierig! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Die sind schon alle weg! Der Schlögl ist schon weg!)

14.18

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

14.18

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dreieinhalb Stunden hat der Abgeordnete Grollitsch gebraucht, um diese "Finte" – unter Anführungszeichen – zu durchschauen. So leicht war es also anscheinend doch nicht. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Dabei, meine Damen und Herren, ist der Sachverhalt doch so einfach. Am Tag, als Bundesminister Strasser, Bundesminister für Inneres, Niederösterreicher, angelobt wurde, hat er gesagt, solange er Minister ist, wird dieser Semmering-Basistunnel nicht gebaut. Vor wenigen Tagen hat Herr Bundesminister Schmid, der am gleichen Tage angelobt wurde, erklärt: Spätestens in einem Jahr, also nach den steirischen Landtagswahlen, aber jedenfalls in einem Jahr, das heißt spätestens mit 1. Oktober 2001 wird gebaut. – Entweder bricht einer dieser beiden Herren sein Versprechen – oder die Regierung wird umgebildet. Diese beiden Möglichkeiten gibt es. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber das ist nicht das Einzige, meine Damen und Herren. Sie alle können sich erinnern: Herr Landeshauptmann Haider, zwar nur mehr einfaches FPÖ-Mitglied, aber für Sie zählt er doch noch ein bisschen mehr, hat vor dem Sommer vor laufender Kamera erklärt: Als Landeshauptmann von Kärnten bin ich dafür. Was gilt jetzt in Ihrer Partei? Haider oder das Stimmverhalten, das Sie in wenigen Minuten an den Tag legen werden? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Stört Sie das so, dass es verschiedene Meinungen gibt?)

Meine Damen und Herren! Diesen Entschließungsantrag, den Sie hier gestellt haben, muss man sich ja wirklich auf der Zunge zergehen lassen. (Abg. Großruck: Dann lassen Sie ihn auf der Zunge zergehen und lassen Sie uns in Ruhe!) Die Bundesregierung wird ersucht – sagen Sie ausdrücklich –, alle Beschlüsse, die sie im Zusammenhang mit dem Bau des Semmering-Basistunnels getroffen hat, vollinhaltlich umzusetzen. – Wissen Sie, was das heißt? Sie fordern Ihre Regierung auf, das, wozu sie sich selber verpflichtet hat, zu tun. No na! Ich sage Ihnen, Herr Abgeordneter Khol: Wir werden diesem Antrag zustimmen. Für uns ist es nämlich selbstverständlich, dass eine Regierung das, was sie beschließt, auch tatsächlich tut. (Beifall bei der SPÖ und demonstrativer Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber klatschen Sie nicht zu früh, meine Damen und Herren! Wir gehen nämlich davon aus, dass die Bundesregierung nicht nur falsche, sondern auch richtige Beschlüsse fasst, und die Beschlüsse sind im Sinne dessen, was Herr Bundesminister Schmid ausnahmsweise einmal richtig gesagt hat, dass spätestens mit 1. Oktober nächsten Jahres gebaut werden muss. Das verlangen wir von Ihnen! (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren! Wenn es wirklich auf den Punkt kommt, wenn es wirklich darum geht, zu entscheiden, dann ist nichts mehr mit dem Zack-Zack-Umsetzen, Herr Kollege Khol (Heiterkeit bei der SPÖ) , dann ist nichts mehr damit, dass diese Regierung auch tatsächlich entscheidet. Dann kann man nämlich nicht entscheiden, was vor und was hinter dem Semmering zu geschehen hat. Dann ist es eine Regierung, dann sind es zwei Parteien, die Chaos präsentieren. Und das wird heute namentlich in diesem Haus festgestellt werden. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

14.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Verzetnitsch. – Bitte. (Abg. Dr. Khol war bereits auf dem Weg zum Rednerpult. – Heiterkeit bei der SPÖ.)

14.22

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! So wichtig natürlich das Infrastrukturanliegen des Semmering-Basistunnels ist – und das ist ein wichtiges Anliegen, nicht nur für die Steiermark, nicht nur für Niederösterreich, sondern für das Verkehrssystem in ganz Österreich –, so wichtig erscheint es mir doch, auch zum heutigen Tagesordnungspunkt noch einige Bemerkungen anzubringen.

Herr Abgeordneter Stummvoll hat gemeint: Na ja, was sind denn eigentlich 5 Milliarden, wenn es um ein Volumen von rund 800 Milliarden geht? Es sind ja nur 0,6 Prozent. – Herr Abgeordneter, das ist eben die Kälte, die wir spüren. Diese 5 Milliarden betreffen ja jene 11 Prozent unserer Bevölkerung, die von Armut bedroht sind, und darum geht es, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie den "Schuldenberg" anführen, dann halte ich auch fest: Ab 1996 ist es mit Ihrer Beteiligung gelungen, das Defizit um 3 Prozent zu reduzieren, aber nicht mit sozialem Kahlschlag, wie wir ihn jetzt spüren. Sie wollen 2 Prozent reduzieren – mit sozialem Kahlschlag, und das bekämpfen wir, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird in diesen Debatten, die wir in den letzten Tagen geführt haben, immer wieder auf die Produktivität hingewiesen. Richtigerweise wird auf die Produktivität hingewiesen. Richtigerweise wird darauf hingewiesen, dass unsere Wirtschaft boomt. Ich frage mich nur, wieso dann auf einmal neue Schlagwörter wie "Kerninflation" auftauchen. Die Gewerkschaften mögen bei den Lohnverhandlungen die "Kerninflation" berücksichtigen. Da hätten wir auch schon genug zu tun, denn durch Ihre Maßnahmen des heurigen Jahres ist die Inflationsrate um 0,6 Prozent gestiegen. Nicht gesunken, gestiegen! Aber dass Sie in einer Zeit der Prosperität mit neuen Schlagwörtern versuchen, den Menschen ihren gerechten Anteil am Produktivitätszuwachs abzuluchsen, dafür werden Sie uns nicht finden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Und es wird in diesem Haus niemanden geben, der bestreitet, dass, um aus der Armutsfalle herauszukommen, verschiedene Faktoren wichtig sind, zum Beispiel auch Beschäftigungschancen. Wie kann man Beschäftigungschancen kreieren?

Ich erinnere mich nur an die Debatte der letzten Jahre, in denen die Sozialdemokratie immer wieder angetreten ist, in den Ländern, auch hier im Hohen Haus, die Kinderbetreuung zu verbessern. Wer hat denn gegen diese Kinderbetreuung immer wieder mit Argumenten der Vorzeit geantwortet: Frauen zurück an den Herd!? Es war die Sozialdemokratie und wird auch in Zukunft die Sozialdemokratie sein, die der Kinderbetreuung besonderes Augenmerk schenkt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Welchen sozialpolitischen Fortschritt machen wir denn zum Beispiel betreffend Arbeitszeiten? Werden sie familienfreundlicher? Es wird zum Beispiel seitens der Wirtschaft angekündigt, dass in Hinkunft die Ladenöffnungszeiten von Montag 0 Uhr bis Samstag 17 Uhr geregelt sind. (Abg. Haigermoser: Nicht mit mir!) In Ordnung. Wir werden ja sehen, wieweit du dich durchsetzen kannst. – Der Sonntag muss natürlich frei bleiben, denn der ist für die Wallfahrt vorgesehen. Aber von Montag 0 Uhr bis Samstag 17 Uhr soll jetzt durchgehend geöffnet werden. Das sind


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keine familienfreundlichen Arbeitszeiten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Und wie schaut es denn aus mit dem Herauskommen aus der Armutsfalle, wenn man die neuesten Vorschläge dieser Woche näher beleuchtet? – Herr Abgeordneter Stummvoll, Sie werden nicht leugnen können, dass ein Arbeitsloser mit rund 9 000 S auf einmal um 400 S weniger Kinderbeihilfe durch Ihre Maßnahmen bekommt. Der spürt das, nicht Sie spüren es, der spürt das, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Heißt es nicht auch, dass man der Jugend eine Chance in der Beschäftigung geben soll? Ich kann Ihnen sofort – wir werden ja dann sehen, ob es uns gemeinsam besser gelingt – etliche Adressen von Jugendlichen geben, die zum Beispiel aus Informatikschulen kommen, die einen Lehrplatz suchen und keinen finden. Wir haben zwar erst Ende September, vielleicht wird es im Oktober möglich sein. Aber Faktum ist, dass diese Bundesregierung angetreten ist, das gute Modell, das wir unter der vorigen Bundesregierung gemeinsam entwickelt haben – Stiftungen, Lehrgänge – zu reduzieren. Das ist die neue Politik, die 4 000 Jugendliche heuer wahrscheinlich ohne Ausbildungsplatz im Raum stehen lassen wird, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Von "Euroteam" reden brauchst du nicht!)

Keiner redet von "Euroteam". Keiner redet von "Euroteam", aber die neue Sozialpolitik schaue ich mir an! – Apropos Armutsfalle: Ambulanzgebühren auch für Kinder. Ich schaue mir an, wie das mit den Studiengebühren aussieht. Ich schaue mir an, wie das mit den Arbeitslosen ausschaut. Und, Herr Abgeordneter Feuerstein, nur nicht so hinter dem Berg halten: Es geht nicht nur um die Frage der einvernehmlichen Lösung des Dienstverhältnisses, sondern auch um Beendigung. Das steht zumindest im Ministervortrag drinnen. Und da bin ich gespannt, was Sie der Karenzvertretung sagen werden, die mit Zeitablauf ihr Dienstverhältnis beendet, dass sie vier Wochen lang keine Arbeitslosenunterstützung bekommt! Das steht in dem Ministervortrag drinnen. Bekennen Sie sich wenigstens dazu! (Beifall bei der SPÖ.)

Wie schaut es denn mit den Plänen zum Budget aus? – Einer, der wenig verdient, eine Frau, die wenig verdient, muss in Hinkunft einen Monatslohn hinlegen, damit er beziehungsweise sie sich das erspart, was Sie vorhaben. Die Negativsteuer, die um 750 S gekürzt wird, ist nämlich nur dann nicht von der Kürzung bedroht, wenn solche Einkommenskategorien einen Monatslohn in eine Pensionsversicherung einlegen. Und das sagen Sie dann den Personen, die in Wirklichkeit zu wenig haben, um damit auskommen zu können.

Wir sehen Chancen in der Sozialpolitik, aber nicht Belastungen, wie Sie sie sehen. Das gehört aufgezeigt! (Beifall bei der SPÖ.)

14.28

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

14.28

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Meine Damen und Herren! Das war heute Parlamentarismus in Reinkultur. Ich freue mich, dass die SPÖ zu ihrer neuen Oppositionsstrategie gefunden hat und unserem Antrag zustimmt. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, den vorliegenden Bericht III-35 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


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37. Sitzung / Seite 95

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Grünewald und Genossen betreffend geplante Einführung von Studiengebühren.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Silhavy und Genossen betreffend besondere Bedeutung von Infrastrukturmaßnahmen für die Beschäftigungspolitik.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden, tragen den Namen sowie die Bezeichnung "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich die amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Silhavy stimmen, "Ja" -Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" -Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich mache darauf aufmerksam, dass um 15 Uhr die Kurzdebatte beginnen sollte und dass es sicherlich im Sinne der Zeitökonomie wäre, wenn wir zumindest eine namentliche Abstimmung – es sind insgesamt zwei verlangt – vor diesem Zeitpunkt durchführen könnten. Ich bitte daher um entsprechende – ich möchte den Begriff "Disziplin" vermeiden – Schnelligkeit bei der Abstimmung.

Ich bitte nunmehr die Frau Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Auer wird sie später dabei ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Reitsamer und den Schriftführer Auer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich danke für die rasche Durchführung der Abstimmung. (Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ, ÖVP und den Freiheitlichen.) Da offensichtlich niemand mehr einen Stimmzettel abgeben will, erkläre ich die Stimmabgabe für beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 14.38 Uhr unterbrochen und um 14.43 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich bitte, die Plätze wieder einzunehmen. Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 172, davon "Ja"-Stimmen 60 und "Nein"-Stimmen 112.

Der Antrag ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.


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37. Sitzung / Seite 96

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Antoni;

Bauer Sophie, Binder, Brix, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Eder Kurt, Edler Josef, Edlinger, Einem;

Fischer;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Gradwohl, Gusenbauer;

Hagenhofer, Heindl, Heinzl, Huber;

Jarolim;

Kaipel, Keppelmüller, Kiermaier, Kostelka, Kräuter, Kubitschek, Kummerer, Kuntzl;

Lackner, Leikam;

Maier, Mertel, Muttonen;

Niederwieser, Nürnberger;

Oberhaidinger;

Parfuss, Pendl, Pfeffer, Pittermann, Plank, Posch, Prammer;

Rada, Reheis, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schieder, Schlögl, Schwemlein, Silhavy, Sima;

Verzetnitsch;

Wimmer, Wittmann, Wurm.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Aumayr;

Bauer Gerhard, Bauer Rosemarie, Böhacker, Bösch, Brinek, Brosz, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischl, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Gaugg, Glawischnig, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck, Grünewald;

Haidlmayr, Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kogler, Kopf, Kößl, Krüger, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;


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Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 97

Leiner, Lentsch, Lexer, Lichtenberger, Loos, Lunacek;

Maderthaner, Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck;

Ofner, Öllinger, Ortlieb;

Papházy, Partik-Pablé, Pecher, Petrovic, Pirklhuber, Pistotnig, Povysil, Prinz, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schultes, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steibl, Stoisits, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Wochesländer, Wolfmayr;

Zellot, Zierler, Zweytick.

*****


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Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 98

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Ich bitte, die Plätze wieder einzunehmen, weil wir den Abstimmungsprozess fortsetzen, meine Damen und Herren, und es ist sehr schwer, das Abstimmungsverhältnis festzustellen, wenn die Plätze nicht eingenommen sind. Ich bitte daher, das jetzt zu tun.

Herr Abgeordneter Einem! Ich werde nicht erkennen können, ob Sie dafür oder dagegen sind; das Gleiche gilt auch für Herrn Abgeordneten Pilz.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen betreffend Heizkostenzuschuss für Personen mit einem Haushaltseinkommen unter 12 000 S.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Dr. Khol und Genossen betreffend Bau des Semmering-Basistunnels.

Auch hier ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen.

Ich gehe daher so vor, wie ich es Ihnen bei der ersten Abstimmung bereits angekündigt habe.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag Ing. Westenthaler, Dr. Khol und Genossen stimmen, "Ja" -Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" -Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Frau Schriftführerin Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen, und es wird sie Herr Abgeordneter Auer später dabei ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Reitsamer und den Schriftführer Auer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer wie üblich die Stimmenauszählung vornehmen.

Ich unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung für einige Minuten.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 14.50 Uhr unterbrochen und um 14.55 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 167, davon "Ja"-Stimmen 156 und "Nein"-Stimmen 11.

Der Entschließungsantrag ist somit angenommen. (E 33.) (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist eine Mehrheit! – Abg. Dr. Fekter: Großes Vertrauen in die Regierung! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ, der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wie es die Geschäftsordnung vorsieht, werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Antoni, Auer, Aumayr;

Bauer Gerhard, Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Böhacker, Bösch, Brinek, Brix, Brugger, Bures, Burket;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg, Dolinschek;

Eder Kurt, Edler Josef, Edlinger, Egghart, Einem, Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Fink, Firlinger, Fischer, Fischl, Freund, Frieser;

Gaál, Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gatterer, Gaugg, Gradwohl, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Heinzl, Hofmann, Hornegger, Hornek, Huber;

Jarolim, Jung;

Kaipel, Kampichler, Keppelmüller, Khol, Kiermaier, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Kostelka, Kräuter, Krüger, Kubitschek, Kukacka, Kummerer, Kuntzl, Kurzbauer, Kurzmann;

Lackner, Leikam, Leiner, Lentsch, Lexer, Loos;

Maderthaner, Maier, Mainoni, Mertel, Miedl, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer, Muttonen;

Neudeck, Niederwieser, Nürnberger;

Oberhaidinger, Ofner, Ortlieb;

Papházy, Parfuss, Partik-Pablé, Pecher, Pendl, Pfeffer, Pistotnig, Pittermann, Plank, Posch, Povysil, Prammer, Prinz, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;


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37. Sitzung / Seite 99

Rada, Rasinger, Reheis, Reindl, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schender, Schieder, Schlögl, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schultes, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Schwemlein, Sevignani, Silhavy, Sima, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steibl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Verzetnitsch;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Wimmer, Wittmann, Wochesländer, Wolfmayr, Wurm;

Zellot, Zierler, Zweytick.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Brosz;

Glawischnig, Grünewald;

Haidlmayr;

Kogler;

Lichtenberger, Lunacek;

Öllinger;

Petrovic, Pilz, Pirklhuber.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Bis zur nächsten zu behandelnden Angelegenheit – das wird die Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sein – um 15 Uhr unterbreche ich hiemit die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 14.56 Uhr unterbrochen und um 15.02 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme jetzt, um 15.02 Uhr, die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 1038/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich rufe als Verhandlungsgegenstand die Debatte über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft mit der Ordnungszahl 1038/AB auf.

Diese Anfragebeantwortung ist inzwischen schriftlich verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Ich gehe in die Debatte ein.

Die Geschäftsordnung sieht so aus, dass der Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten hat, dann die Stellungnahme des Herrn Bundesministers – ebenfalls mit 10 Minuten – folgt und in der weiteren Debatte jeder Redner eine Redezeit von 5 Minuten hat.


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37. Sitzung / Seite 100

Ich darf Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber als Erstunterzeichner bitten, mit der Debatte zu beginnen. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Es ist ein wichtiges Thema, das wir in den nächsten Minuten behandeln werden. Die Bundesforste sind ein zentrales Element der österreichischen Umweltpolitik und dürfen nicht kurzfristigen Erfolgen und Einmaleffekten zum Opfer fallen.

Der konkrete Anlass für die Anfrage der Grünen vom 6. Juli dieses Jahres waren die Budgetsanierungsvorschläge, die der Kärntner Landeshauptmann Haider damals anlässlich einer Pressekonferenz vorstellte. Dabei sprach er von einem 80-Milliarden-Paket aus dem Verkauf der Bundesforste. Unsere Sorge verdichtete sich in den nächsten Wochen und Monaten, und wir mussten feststellen, dass diese alte Forderung der FPÖ nach Privatisierung der Bundesforste – ich erinnere nur an den weitergehenden Antrag des Abgeordneten Prinzhorn aus dem Jahr 1996 betreffend zügige und sukzessive Privatisierung der Bundesforste –, dass dieser Antrag und dieses Ansinnen bei Ihnen, Herr Bundesminister, auf offene Ohren gestoßen sind. Und das hat mich sehr überrascht.

Ihre Aussage dazu vom 24. Juli dieses Jahres war noch sehr kryptisch. Sie haben davon gesprochen, dass dort privatisiert werden soll, wo Bedarf besteht, also bei den Bundesforsten, ohne dass es zu einer Totalzerschlagung kommen soll. Und diese Wendung: "wo Bedarf besteht", ist wirklich entlarvend, Herr Bundesminister!

Es stellt sich die Frage: Wo besteht denn dieser Bedarf bei dieser Privatisierung? Welche Interessen stehen für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft dahinter? (Abg. Mag. Kogler: Noch trinkt der Minister nicht privatisiertes Wasser! – Bundesminister Mag. Molterer: Können Sie mir den Unterschied sagen zwischen dem und dem Wasser? Wasser ist Wasser! Prost!)

Herr Bundesminister! Wasser ist nicht gleich Wasser. Sie wissen ganz genau, dass es einen Riesenunterschied macht, ob es sich um ein öffentliches Gut, das wir hier verteidigen müssen und verteidigen werden, handelt oder um Profitinteressen, die dazu führen werden, dass Grundlagen der österreichischen Umwelt wesentlich beeinträchtigt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Der Anteil an Staatswäldern in Österreich ist im internationalen Vergleich deutlich geringer als in den meisten vergleichbaren Industrienationen. Sie wissen das, Herr Bundesminister! Wir haben in Österreich gerade 15 Prozent Staatswald, im Vergleich dazu sind es in den USA 38 Prozent, in Deutschland 56 Prozent und in der Schweiz sogar 73 Prozent. Das sollten wir bei dieser Debatte auf keinen Fall vergessen.

Angesichts dieser Tatsache ist jeder Verkauf ein Verlust von Gestaltungs- und Schutzmöglichkeiten im Sinne der Interessen der Österreicherinnen und Österreicher, im Sinne des Wasser-, Natur- und Ressourcenschutzes, aber auch im Sinne des Tourismus und der bäuerlichen Landwirtschaft, meine Damen und Herren!

Herr Bundesminister! Wir Grünen lehnen Ihre Salamitaktik beim schrittweisen Ausverkauf der Österreichischen Bundesforste entschieden ab, und ich werde Ihnen im Folgenden zeigen, wo Ihre Mängel in dieser Anfragebeantwortung stecken. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! In einem Punkt haben Sie uns Recht gegeben, das finde ich wesentlich und bemerkenswert, nämlich dass die Substanzerhaltung – dies ist eine Verfassungsbestimmung – außer Streit steht. Das bedeutet, wir können Verkaufserlöse der Bundesforste nur in diesen Bereich reinvestieren. Das ist der Sinn dieser Substanzerhaltungsregelung.

Sie haben in dieser Anfragebeantwortung auch mitgeteilt, dass es etwa 9 700 Hektar an ausgewiesenen Flächen gibt, die in den nächsten Jahren – nach Information der Bundesforste – im


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37. Sitzung / Seite 101

Rahmen von so genannten Arrondierungsverkäufen zur Disposition stehen. Das entspricht einem Gegenwert von einer Milliarde Schilling.

Herr Bundesminister! Die entscheidende Schwachstelle dieser Anfragebeantwortung liegt aber darin, dass Sie nicht beantwortet haben, welche Maßnahmen Sie treffen werden, um eine ökologische Waldbewirtschaftung zu sichern, und vor allem haben Sie nicht beantwortet, wie Ihre Maßnahmen zur Sicherung der Trinkwasserreserven aussehen. Welche Maßnahmen sehen Sie, Herr Bundesminister, angesichts dieser wesentlichen nachhaltigen Veränderungen für den Besitzstand der Bundesforste vor?

Das ist Ihr Dilemma, Herr Bundesminister! Sie hätten als Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft entschieden und mit aller Deutlichkeit diesen Privatisierungsvorschlägen der FPÖ entgegentreten müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist ein Kniefall, meine Damen und Herren, vor Privatinteressen, vor dem Lobbying von Holz- und Sägeindustrieunternehmungen. Das sind nämlich die potenziellen Käufer und nicht die kleinen Bäuerinnen und Bauern. Daher ist es wirklich eine Frechheit von Landeshauptmann ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Ich bitte, die Tonart doch so zu wählen, dass wir alle zuhören können.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Gerne, Herr Präsident! Aber ich denke, dass ich sehr wohl aus vorliegenden Pressemitteilungen Schlussfolgerungen ziehen darf. Ich werde das begründen.

Sie wissen, dass Landeshauptmann Haider im Juni dieses Jahres die Waldverkäufe der Bundesforste und den Deal von 80 Milliarden in die Diskussion geworfen hat und dann – das ist zynisch, und ich lasse es mir nicht nehmen, das festzustellen – vor einigen Tagen behauptet hat, dass die österreichischen Bäuerinnen und Bauern da zum Zug kommen sollen. Das ist bitte nicht möglich. Die Bäuerinnen und Bauern haben das Kapital nicht, um die Bundesforste zu kaufen, sondern wir alle wissen, dass das Unternehmungen, Stiftungen und Kapitalgesellschaften sein werden. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Beschwichtigen Sie daher nicht, versuchen Sie nicht, die Lage zu beschönigen, und beenden Sie endlich diese Vogel-Strauß-Politik! Wir wollen es nicht glauben, dass Sie im Fahrwasser des blauen Koalitionspartners wesentliche Grundsätze der österreichischen Umwelt- und Naturschutzpolitik über Bord werfen und fahrlässig zu einem Ausverkauf der Österreichischen Bundesforste übergehen.

Meine Damen und Herren! Das ökonomische Problem des Verkaufs dieser Wälder ist in Fachkreisen unbestritten. Es sind Gefahren mit diesen Verkäufen verbunden, und auch der Vorstand der Österreichischen Bundesforste ist sich dessen bewusst. Daher – das ist der Skandal! – müssen die Bundesforste wesentliche Kredite aufnehmen, um Ihr Ziel, nämlich die 3 Milliarden Schilling für dieses Budget sicherzustellen, finanzieren zu können.

Herr Bundesminister! Diese Kosten von bis zu einer Milliarde Schilling für die Bedienung der Zinsen müssen die Bundesforste zusätzlich aus Verkäufen lukrieren. Das ist einfach ein Skan-dal! Das kann man nicht anders formulieren, weil damit die Substanz eines Unternehmens gefährdet wird, welches vor allem wir Grüne erst nach langen Diskussionen und mit sehr vielen Vorbehalten in dieser Rechtsform akzeptierten, meine Damen und Herren!

Es geht hier um 30 000 bis 50 000 Hektar Wald, das sind etwa 10 Prozent der bewirtschaftbaren Fläche der Bundesforste. Das ist ein Faktor, der langfristig die Ertragskraft des Unternehmens massiv schwächen und ein jetzt erfolgreiches Unternehmen der Republik mittelfristig wieder in die roten Zahlen führen wird, Herr Bundesminister. Das wird mit einer Politik der Einmaleffekte für das Budget einhergehen.


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37. Sitzung / Seite 102

Meine Damen und Herren! Es ist eine ökonomische Tatsache, dass die Verkaufspreise von Wald im Vergleich zu ihrem tatsächlichen Ertrag hoch sind. Die Bankzinsen von 6 Prozent oder mehr für einen Kredit zum Ankauf von Wald fressen den normalen jährlichen Ertrag des Waldes sozusagen auf. Die Kapitalrendite des Waldes beträgt etwa 1 Prozent. Das bedeutet, bei einer mengenmäßig nachhaltigen Bewirtschaftung des Waldes, bei der nur so viel Holz entnommen wird, wie jährlich zuwächst, wachsen die Bankschulden, anstatt dass sie sinken. Das ist das große Problem. Der Wald wirft diese Rendite nicht ab. Das hat auch Nationalratspräsident Prinzhorn sehr klar im "WirtschaftsBlatt" vom 17. August formuliert. Sie kennen sicher seine Aussage. Er sagte: Wälder sind eine schlechte Geldanlage, aber ich kann mir durchaus eine ÖBf-Immobilie als nette Sommerfrische vorstellen. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Diesen Zynismus, der dahinter steht, sollten Sie einmal genau unter die Lupe nehmen, das möchte ich Ihnen wirklich empfehlen.

Wie gesagt, die Kapitalrendite ist nicht gegeben, und damit müssen diese Käufe mit Überschlägerungen finanziert werden. Es gab größere Waldverkäufe in den letzten Jahren, und man kann sehr deutlich an diesen Beispielen sehen, welche ökologischen Risken damit verbunden sind.

Meine Damen und Herren! Auf Grund dieser genannten Tatsachen und auch deshalb, weil letztlich dieser Deal mit den Seeufergrundstücken, der sozusagen der Versuch ist, ein ... (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Abschließend würde ich Sie, Herr Bundesminister, ersuchen, im Sinne der Interessen der Österreicherinnen und Österreicher von diesem Deal Abstand zu nehmen und diesen Ausverkauf der Bundesforste noch einmal zu überdenken. (Beifall bei den Grünen.)

15.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine Stellungnahme zu diesem Thema gibt jetzt der Herr Bundesminister ab. Sie soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister.

15.14

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin dankbar dafür, dass mir die Möglichkeit gegeben wurde, zu diesem Thema Stellung zu nehmen, zu dem in den letzten Tagen nichts anderes als Vernebelungsmeldungen in der Öffentlichkeit platziert wurde.

Meine Damen und Herren! Erstens: Die österreichischen Wälder sind im internationalen Vergleich in einem exzellenten Zustand. Das beweist die jährliche Waldinventur, und das besagt eine Studie der Universität Wien, die den österreichischen Wäldern eine hohe Güteklasse bestätigt.

Meine Damen und Herren! Zweitens: Die gute rechtliche Grundlage dafür ist das österreichische Forstgesetz, das seit vielen Jahrzehnten sicherstellt, dass die österreichischen Wälder ihre vier Funktionen erfüllen können: die Nutzfunktion, die Schutzfunktion, die Erholungsfunktion und die Wohlfahrtsfunktion. Es ist dies das Forstgesetz, das die Nachhaltigkeit aller österreichischen Wälder sicherstellt und das seit 1975 auch die freie Begehbarkeit der Wälder sicherstellt.

Die Eigentumsstruktur, für die dieses Forstgesetz gilt, ist auch klar. 80 Prozent des österreichischen Waldes sind in Privatbesitz und werden von privaten Waldeigentümern sorgsam gepflegt und gehegt. Etwa 20 Prozent sind in Besitz der öffentlichen Hand, davon etwa 15 Prozent im Eigentum der Republik, meine Damen und Herren, und nur etwa 30 000 Hektar sind im Eigentum der Österreichischen Bundesforste AG, also weniger als 1 Prozent befinden sich im Eigentum der AG.

Ich bin stolz auf die Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste, weil wir damit eine gute Grundlage für die nachhaltige Entwicklung im Sinne der Waldwirtschaft und der Ökonomie ge-leistet haben. Die Bundesforste AG liefert höhere Erträge, als wir es bisher gewohnt waren, und


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pflegt den Wald sehr sorgsam, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Auf Basis dieses guten Gesetzes habe ich nun eine Novelle des Bundesforstegesetzes vorgelegt und zur Begutachtung ausgesendet, die zum Inhalt hat, meine Damen und Herren, dass wir die stehenden Gewässer des öffentlichen Wassergutes – man könnte es einfacher sagen, die Seen –, soweit sie noch nicht im Eigentum der Bundesforste sind, der Verwaltung der Österreichischen Bundesforste AG übertragen. Das betrifft den Wörther See, den Ossiacher See, den Millstätter See, den Weißensee, den Brennsee, den Afritzer See, den Längsee, den Pressegger See, den Baßgeigensee und in Oberösterreich den Attersee. (Abg. Leikam: Das ist alles nur in Kärnten!) Diese Seen verbleiben weiterhin, Herr Abgeordneter, im Eigentum der Republik. (Abg. Dr. Khol: Der Attersee ist in Oberösterreich!) Sie haben offensichtlich nicht die zur Aussendung gelangte Novelle gelesen.

Meine Damen und Herren! Durch diese Übertragung steigt der Substanzwert der Österreichischen Bundesforste, weil aus diesen Seen letztendlich auch Erträge erwirtschaftbar sind. Im Gegenzug dazu leistet die Österreichische Bundesforste AG eine Zahlung in der Höhe von etwa 3 Milliarden Schilling an den Eigentümer, sprich an die Republik Österreich. Das hat der Rechtsrahmen, den ich vorgeschlagen habe, zum Inhalt. Die Österreichischen Bundesforste werden selbstverständlich zur Bedeckung dieser Beträge auch den Grundverkehr in Anspruch nehmen. Ja, die Österreichischen Bundesforste haben eine Grundverkehrsstrategie, die, meine Damen und Herren, einstimmig im Aufsichtsrat verabschiedet wurde.

Diese Grundverkehrsstrategie sieht keine Veräußerung von Kerngebieten, keinen Verkauf von strategischen Ressourcen, den Verkauf von Randlagen und Streuflächen und die Berücksichtigung von Anrainern und kommunalen Interessen vor. Diese Verkaufsstrategie ist auch Grundlage für die notwendigen Schritte im Grundverkauf und im Grundverkehr, meine Damen und Herren, und das ist nichts Neues. Im Jahre 1988 etwa haben die Bundesforste in Gußwerk 640 Hektar verkauft, in Rosenbach-Millstatt etwa 250 Hektar oder im Forstbetrieb Krems 1 185 Hektar.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, bei dieser Diskussion die Kirche im Dorf zu lassen. Die Verantwortlichen in den Bundesforsten schätzen, dass eine Fläche von zwischen 30 000 bis maximal 50 000 Hektar davon betroffen sein kann. Das sind zwischen 1 Prozent und 1,5 Prozent der österreichischen Waldfläche, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich möchte abschließend drei Fragestellungen an Sie richten. Können Sie mir die Frage beantworten, warum angesichts dieses Zustandes der österreichischen Wälder, von denen 80 Prozent im Privateigentum bewirtschaftet werden, der private Waldeigentümer plötzlich besser wirtschaften sollte als die Bundesforste, oder umgekehrt: Sie das Risiko vermuten, der Private würde dem Forstgesetz nicht entsprechen? Der private Waldbesitz hat über viele Jahrzehnte den Nachweis geliefert, dass ihm nachhaltige Forstwirtschaft ein Anliegen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Zweitens: Mit diesem Grundverkehr wird auch den Bauern die Möglichkeit geboten, letztendlich zu ihrer Substanzerhaltung einen Beitrag zu leisten.

Drittens: Die Bundesforste müssen selbstverständlich auch die gesetzlichen Verpflichtungen aus dem Bundesforstegesetz und der Novelle, etwa im Bereich der Seeuferpolitik, einhalten, und zwar ist das eine bessere Substanzsicherung, als wir das bisher im Bereich der Seeufergrundstücke hatten.

Die Bundesforste werden eine entsprechende Beschlussfassung vorlegen, wie sie mit den Seeufern umgehen und umgehen dürfen. Der Bund als Eigentümer hat dabei die notwendige Sicherung vorzunehmen.


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Herr Abgeordneter! Gestatten Sie mir eine letzte Bemerkung: Ich kann mich genau an die Parlamentsdebatte anlässlich der Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste AG erinnern. Ich meine, dass die jetzige Debatte eigentlich ein Kompliment an die Bundesforste für die gute Arbeit, die sie leisten, und auch ein sehr eigenartiger Widerspruch zu der Diskussion von vor drei Jahren ist, denn damals wurde gesagt, mit der Umwandlung in die AG breche die Katastrophe über den österreichischen Wald herein. Das Gegenteil ist der Fall.

Sie können sicher sein, dass ich auch in Zukunft für die nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes und die schonende und nachhaltige Sicherung der Ressource Wasser Sorge tragen werde. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.21

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Eines ist wirklich sehr interessant und neu, aber nicht überraschend, und zwar dass auf einmal bei einer Anfragebesprechung der Minister Fragen zu stellen beginnt. Ich glaube, das ist auch ein Novum in diesem Haus.

Herr Minister! Nichtsdestotrotz werde ich auf die Themen eingehen, aber mir auch erlauben, Ihnen zwei Fragen zu stellen. (Abg. Mag. Trattner: Die Fragen sind aber gut! – Abg. Schwar-zenberger: Der Minister war gut!)

Meine Damen und Herren! Im ersten Satz – Sie haben diese Anfragebeantwortung vor sich – heißt es: Der Gesamtverkauf der Österreichischen Bundesforste steht nicht zur Diskussion. – Angesichts dessen ist man schon geneigt, auszurufen, da hat die österreichische Bevölkerung noch einmal Glück gehabt. Aber dieser Ruf bleibt einem im Hals stecken, wenn man weiß, dass der Ausgangspunkt dieser Verschleuderungsabsichten die 80-Milliarden-Sache des Dr. Haider war. (Abg. Rosemarie Bauer: Man sollte von der Sache vielleicht doch etwas verstehen, wenn man sich zu Wort meldet!)

Herr Bundesminister! Sie haben von Verschleierung und Vernebelung gesprochen, aber dieser Satz ist in diesem Lichte sehr fragwürdig.

Meine Damen und Herren! Im letzten Satz heißt es: Bezüglich der naturschutzrechtlichen Bestimmungen wird festgehalten, dass diese natürlich bestehen bleiben und einzuhalten sind. – Herr Bundesminister! Danke für den Hinweis auf geltendes öffentliches Recht. Was aber fehlt, sind die privatrechtlichen Konsequenzen von Abverkäufen heimischer Wälder. Dazu haben Sie nichts gesagt, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Was ist zum Beispiel mit den Verträgen der Tourismusverbände, die mühevoll Einzelregelungen für das Radfahren auf Forstwegen geschaffen haben? Wie ist das mit den Jagdsperrgebieten, mit den Betretungsverboten aller Art, die die privaten Eigentümer natürlich forcieren? Herr Bundesminister! Wie ist es mit dem Wasser? Meine Damen und Herren! Der Grundeigentümer ist auch der Wassereigentümer und kann nach Wasserrechtsgesetz verwerten.

Herr Minister! Daher lautet meine erste Frage: Sind Sie bereit, so wie es auch die Naturfreunde Österreichs wollen, rechtzeitig eine Änderung des Wasserrechtsgesetzes einzuleiten, sodass nicht mehr der Grundeigentümer der Wassereigentümer ist, sondern dass Wasser Gemeingut ist?

Meine Damen und Herren! Zum Wasser: Was haben nicht die FPÖ und Dr. Haider gegen den Ausverkauf des Wassers in der EU gewettert! – Keine Polemik war da zu tief. Oder: Hirschmann aus der ÖVP Steiermark hat das Ausland beschimpft und vor dem Ausverkauf des steirischen Wassers gewarnt. – Meine Damen und Herren! Jetzt verscherbelt FPÖ-Minister Grasser


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Grundstücke und Wasser an das Ausland, und ÖVP-Landeshauptfrau Klasnic applaudiert unverhohlen dazu.

Meine Damen und Herren! Wissen Sie, was Landeshauptfrau Klasnic zu diesem 3-Milliarden-Ding gesagt hat? – Sie freut sich für jeden Bauern, dem es gelingt, sich von den Bundesforsten ein Stück Wald zu kaufen. (Abg. Schwemlein: Das schau’ ich mir an!)

Meine Damen und Herren! Ist das nicht blanker Zynismus? Wir alle wissen, dass FPÖ-Nationalratspräsident und Millionär Prinzhorn am 17. August im "WirtschaftsBlatt" schonungslos offen – das muss man ihm wirklich lassen – gemeint hat: Er kann sich durchaus vorstellen, eine Immobilie der Bundesforste als nette Sommerfrische zu haben. – Das sind also die "kleinen Bauern" im Sinne Klasnics, nämlich die Millionäre Prinzhorn? (Abg. Zweytick: Das hast du gesagt! – Zwischenruf der Abg. Aumayr. )

Meine Damen und Herren! Es geht in dieser Sache um viel mehr als um die Kapriolen Ihrer Politik, Frau Kollegin von der FPÖ! Es geht um viel mehr als um diese erbärmlichen Rechtfertigungsversuche von Klasnic. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es geht um die Sicherung des Waldes als Erholungsgebiet. Das ist eine freizeitpolitische Frage von ungeheurer Bedeutung. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Aumayr. )  – Frau Kollegin! Der Wald ist nicht nur ein Rohstofflieferant oder eine nette Sommerfrische für Millionäre oder ein privates Jagdrefugium für einige Betuchte, sondern er hat eine überragende Bedeutung für die Gesundheit und Erholung der österreichischen Be-völkerung. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist traurig, dass das hier im österreichischen Nationalrat dezidiert festgestellt werden muss und keine Selbstverständlichkeit ist.

Herr Bundesminister! Meine zweite Frage lautet. Was werden Sie unternehmen gegen Tendenzen, dass die Wegefreiheit des Forstgesetzes 1975 immer mehr eingeschränkt wird? – Sie wissen natürlich, dass das freie Wegerecht zurückgedrängt wird (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl ), auch wenn Sie andere Lippenbekenntnisse ablegen, und dass Landesjagdgesetze und restriktive Maßnahmen von Waldbesitzern die Vorgaben des Forstgesetzes 1975 aushöhlen.

Meine Damen und Herren! Es geht um mehr als 600 Sperrgebiete für Erholungssuchende, Wanderer und Touristen; allein in der Steiermark sind es 267. 44 Prozent der Sperrungen befinden sich in der Steiermark, 33 Prozent in Salzburg. Meine Damen und Herren! Mit dem Verkauf der Österreichischen Bundesforste an Private sperren Sie Menschen zusätzlich aus.

Die Entwicklung ist ganz klar: Seit gestern sind Zehntausende Menschen von den Universitäten ausgesperrt. Mit Ihrem so genannten treffsicheren Sozialprogramm sperren Sie Hunderttausende von einer sozialen Krankenversicherung aus. (Abg. Prinz: ... Das ist ein Horror!) Und mit Ihren Verkaufsabsichten sperren Sie Millionen Erholung suchende Österreicherinnen und Österreicher aus ihrem eigenen Land aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Zum Abschluss ein Leserbrief von einem jungen Menschen: Meiner Meinung nach hat seitens der Regierung niemand das Recht, ohne Zustimmung des Volkes etwas zu verkaufen oder zu verschenken. (Abg. Dr. Martin Graf: Redezeit!)


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Sie werden Gelegenheit zum Wahrheitsbeweis haben. – Berg frei! (Beifall bei der SPÖ.)

15.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Kräuter! Das haben wir schon einmal gehört: Eigentum ist Diebstahl!)

15.27

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Kräuter! Aus Ihrer Rede ist den meisten Mitgliedern des Hauses nicht ganz klar geworden, was Sie eigentlich wollten.

Wer wird denn ausgesperrt? – 80 Prozent des österreichischen Waldes befinden sich in Privatbesitz, sind in einer hervorragenden Qualität und frei zugänglich. Wer wird da ausgesperrt? – Sie müssen sich einfach einmal davon lösen, dass privat schlecht ist. Wir sind der Auffassung, die öffentliche Hand soll sich von gewissen Dingen trennen, die sie nicht gut verwalten kann und die ein Privater besser macht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Das ist aber genau das Gegenteil von dem, was der Minister früher gesagt hat!)

Es ist natürlich logisch, dass man im Zuge von Budgetmaßnahmen beziehungsweise zur Erreichung des Zieles, einem ausgeglichenen Budget näher zu kommen, versucht, sämtliche Maßnahmen in Angriff zu nehmen beziehungsweise auszuloten, wo kann ich etwas erreichen beziehungsweise Verwaltungsvereinfachungen lukrieren.

Zuerst möchte man natürlich eine Inventarisierung des gesamten Bestandes des Bundesver-mögens zu Stande bringen. Diese Inventarisierung gibt es ja nicht. Wir wollen zuerst einmal wissen: Wie hoch ist das gesamte Bundesvermögen? Wir wollen wissen: Was ist betriebs-notwendiges Bundesvermögen, wovon kann man sich trennen, und was kann man dafür er-zielen?

Das Gleiche gilt natürlich auch für die Österreichischen Bundesforste beziehungsweise den Waldbestand. Wenn ich heute sage, ich treffe die vernünftige Lösung und habe das Ziel vor Augen, dass ich über die Bundesforste 3 Milliarden Schilling – wenn wir diese Zahl jetzt einmal definieren – in das allgemeine Budget fließen lassen kann, dann muss ich mir überlegen, wie das Ganze geschehen kann, sodass die Qualität des Waldes darunter nicht leidet beziehungsweise ein Ausverkauf, vor dem Sie so Angst haben, nicht stattfindet.

Laut verfassungsrechtlichen Bestimmungen können Veräußerungen aus dem Vermögen der Bundesforste nur wieder in unbewegliche Anlagevermögen beziehungsweise Immobilienver-mögen veranlagt werden. Daher gibt es diese Maßnahme, dass Seen, die sich derzeit in Besitz des Bundes befinden, an die Bundesforste übertragen werden, dort verwaltet werden und man versucht, Erträge zu erwirtschaften. Vice versa sollen sich die Österreichischen Bundesforste von gewissen Grundstücken trennen, die für sie nicht betriebsnotwendig sind beziehungsweise die zu Arrondierungsmaßnahmen verwendet werden können.

Aus diesen Erträgnissen sollte natürlich auch zum Großteil die Finanzierung dieser 3 Milliarden für den Ankauf der Seen gewährleistet werden. Das ist Sinn der Sache, daran ist nichts Schlechtes, sondern das ist etwas Gutes.

Jetzt geht es darum, wovor Sie Angst haben: Wenn die Seeufer unter Umständen privatisiert werden beziehungsweise die Bundesforste, dann können sich gewisse Liebkinder dort einkaufen, und die öffentliche Zugänglichkeit der Seeufer ist nicht mehr gewährleistet. – Diese Angst können Sie vergessen. Das wird gesichert sein, dass nach wie vor gewährleistet ist, dass die Seeufer für die Öffentlichkeit zugänglich sind.

Sie können auch versichert sein, dass sich an der Qualität des Waldes beziehungsweise an seinen Schutzfunktionen nichts ändern wird, wenn der Besitz von öffentlicher Hand an private Hand übergeht. Die Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, dass sich der Wald bei uns in Österreich in guten Händen befindet und dass die Waldpflege eine so hohe ist, dass sowohl der


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Schutz für die gesamte Bevölkerung als auch der Erholungswert gewährleistet sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Man unterstellt uns, dass der Landeshauptmann von Kärnten meint, die Österreichischen Bundesforste seien 80 Milliarden Schilling wert und das verkaufen wir alles gleich in Bausch und Bogen. Darum geht es ja nicht, sondern es geht darum, dass man, wenn man etwas realisieren will, zuerst einmal einen Wert festlegen muss. Genauso hat es auch der Landeshauptmann von Kärnten gemeint: Zuerst wird der Wert festgelegt, dann stellt man die Frage, was man daraus veräußern kann, was nicht notwendig ist, was besser bewirtschaftet werden kann und wie viel man dafür erzielen kann, um einen Beitrag an das Bundesbudget abzuführen beziehungsweise eine Verwaltungsvereinfachung herbeizuführen.

Ihre Angst, dass eine Privatisierung beziehungsweise Wald in privater Hand schlecht ist, ist wirklich unbegründet. Mittlerweile befinden sich bereits 80 Prozent in privater Hand, und der Wald in Österreich ist in einem exzellenten Zustand. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. Er hat das Wort. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.32

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wer die geplanten Waldverkäufe als Bedrohung der grünen Lunge Österreichs verteufelt und sich für eine Volksbefragung stark macht, der kann es nicht ernst meinen mit diesem Thema. (Rufe: Oh! – Abg. Gradwohl: Erklären Sie, warum!)

Ganz einfach, das erkläre ich Ihnen sehr gerne: Wenn Sie meinen, dass ein Besitzwechsel von einer staatlichen Einrichtung zu den Privaten, zu den Kleinbauern Österreichs, die gut ausgebildet sind, schlecht ist, dann unterstellen Sie diesen, dass sie wesentlich schlechter arbeiten. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. ) Unsere Bauern sind bestens ausgebildet, unsere Bauern haben über Jahrhunderte unter Beweis gestellt, dass sie damit hervorragend umgehen. (Beifall bei der ÖVP. – Heftige Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ und ÖVP.)

Ich nenne Ihnen die kleinen Bauern. Ich bin ein Bauer, der 28 Hektar besitzt. Ich würde gerne zwei, drei Hektar dazukaufen. Es gibt in Österreich über 100 000 Bauern, und einige von ihnen würden zu ihrer existentiellen Absicherung gerne einige Flächen arrondierend dazukaufen.

Dem Grünen Bericht ist zu entnehmen, dass sich die Einkommensentwicklung der Bauern um drei Prozent reduziert hat. Das bedeutet, dass das eine existentielle Frage für viele meiner Berufskollegen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Von den 865 000 Hektarn, die die Bundesforste bewirtschaften, sind 30 000 bis 50 000 Hektar lediglich ein Teil von vier bis fünf Prozent. Der Herr Bundesminister meinte, wir sollen die Kirche im Dorf lassen. Ich meine, wir diskutieren über die Kirchenmaus. (Abg. Schwemlein: Da kriegen Sie nicht einmal einen Applaus dafür!)

Geschätzte Damen und Herren! Wenn wir uns mit einer eventuellen Volksbefragung auseinander setzen, dann sollten wir uns in Erinnerung rufen, welche Aussagen manche Menschen und Abgeordnete dieses Hohen Hauses diesbezüglich in der Vergangenheit getroffen haben. Ich zitiere Abgeordneten Schieder, 5. Juli: Die Volksbefragung ist sauteuer, aber sie wirkt nicht. (Abg. Gradwohl: Welche? Die, die Sie gestern abgelehnt haben?) Häupl sagte am 17. Mai in der "Presse", die Volksbefragung sei eine "Pflanzerei" und außerdem eine "reine Steuergeldvernichtung". Kostelka, 15. Mai: Eine Volksbefragung sei eine "Volksbenutzung, die nichts als eine Verschwendung von Steuergeldern darstellt".

Geschätzte Damen und Herren! Ich bin nicht der Meinung, dass eine Volksbefragung Derartiges ist, sondern ich bin der Meinung, dass es sich um eines der höchsten Güter unseres Staates


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handelt, wenn man die Bevölkerung mit einbezieht. Es stellt sich nur die Frage, wozu man diese Volksbefragung durchführt. Wenn die Volksbefragung einen Großteil von dem kostet, was finanziell lukriert werden soll, dann stelle ich sie in hohem Maße in Frage.

Zu den Anmerkungen des Kollegen Pirklhuber beziehungsweise zu seinen betriebswirtschaftlichen Betrachtungen, dass ausländische Investoren den Wald in Österreich kaufen werden, mit dem Rückschluss, das bringt eigentlich eh nichts, lediglich ein Prozent Ertrag. – Ich frage mich: Welcher internationale Investor wird in etwas investieren, wobei er nur geringen Kapitalertrag hat? Im Gegensatz dazu haben die Bauern ihr Einkommen nicht aus dem Kapitalertrag (Abg. Schwarzenberger: Sondern aus ihrer Arbeitsleistung!), sondern aus ihrer mühsamen Arbeit, die sie an Berghängen und in unseren Wäldern durchführen. Sie leisten damit den wichtigsten Beitrag, den es überhaupt gibt: Sie erhalten unsere fundamentalen Lebensgrundlagen: reines Wasser, gesunde Luft und gesunder Boden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Ich würde mir besonders in Anbetracht der Diskussion über die Entwicklung der Heizkosten wünschen, dass wir in Zukunft mehr darüber nachdenken, wie dieses viele Geld, das zurzeit ins Ausland geht, bei uns in Österreich bleibt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

15.37

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte die Debatte wieder zum Thema zurückführen. Es geht nicht ausschließlich um die Situation von kleinen und großen Landwirtschaften. Ich habe – nur nebenbei – auch eine kleine Landwirtschaft und einen kleinen Forstbetrieb.

Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, dass in den letzten Wochen sehr viel vernebelt wurde. Ich muss diese Aussage zurück an den Sender schicken. Es ist traurig, wie Sie vor allem als zuständiger Umweltschutzminister die eklatanten Naturschutz- und Umweltschutzauswirkungen immer wieder unter den Teppich kehren. Ich möchte Ihnen noch einmal die Frage stellen, warum Sie nie offensiv die Rolle des Umweltministers in Österreich wahrnehmen, sondern immer die Interessen der Land- und Forstwirtschaft vertreten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es wurde im letzten Jahrhundert schon einmal eine derartige Debatte geführt. Damals hat man bei der Diskussion die Tatsache, die Abverkäufe der Staatsforste zur Schuldenabdeckung heranzuziehen, sehr treffend als Güterschlächterei bezeichnet. Das trifft die aktuelle Situation sehr, sehr gut.

Ich denke, man muss sich Folgendes noch einmal vor Augen führen: Sie haben von einem Prozent der Waldfläche gesprochen. – Ein Prozent der Waldfläche ist sehr, sehr viel. Das ist die größte naturschutzpolitische Frage in diesem Jahrzehnt. Es ist der größte Grundstücksübertrag in den letzten 45 Jahren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das sind Fragen, über die man nicht so einfach drüberwischen kann.

Es ist heute schon erläutert worden: Durch den geringen Ertrag aus der Holzbewirtschaftung sind die Käufer aus ökonomischer Sicht extrem unter Druck, und ich sage Ihnen eines vorher: Auf diesen Flächen wird es in weiten Teilen Kahlschlag geben. Anders ist das ökonomisch nicht durchzurechnen. (Bundesminister Mag. Molterer: Kennen Sie das Forstgesetz?)  – Ich kenne das Forstgesetz, danke für den Hinweis. Das Forstgesetz unterliegt irgendwie immer dieser nebulosen Behauptung, dass es so streng sei, dass es das strengste der Welt sei. – Das ist schlicht und einfach unwahr. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Zweytick: Sie haben einen Wald, ich habe einen Wald! Sie wissen doch: So einfach ist das nicht!) Ich weiß es.


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Das Forstgesetz schützt ausschließlich jene Bäume, die 60 Jahre und jünger sind. Alles, was älter ist, kann, ohne in irgendeiner Form restriktiv eingeschränkt zu werden, ausgeplündert werden. (Abg. Schwarzenberger: Sie müssen es genauer lesen, das Forstgesetz!) Das bedeutet, der gesamte alte Baumbestand, der für die Dichte, für die Artenvielfalt und als Lebensraum sehr wichtig ist, unterliegt einem sehr schwachen Schutz. (Abg. Zweytick: Verpflichtende Aufforstung!)

Erlauben Sie mir, noch ein Wort zur Aufklärung beizutragen, weil einige Kollegen von der FPÖ und der ÖVP nicht verstanden haben, was die Frage der Seen und des freien Zugangs betrifft.

§ 5, der jetzt eingefügt werden soll, sagt ganz klar: Bei der Verwaltung von Seeuferflächen oder Seen ist auf den Erhalt der natürlichen Seeuferteile sowie den freien Zugang zu den Seen besonders Bedacht zu nehmen. – "besonders Bedacht zu nehmen" ist, denke ich, das Schwächste, das man in ein Gesetz hineinschreiben kann. Es steht nicht: zu garantieren, aufrechtzuerhalten, sondern es steht: Bedacht zu nehmen. – Wenn es nicht geht, dann geht es halt nicht.

Herr Bundesminister! Was heißt das dann Ihrer Meinung nach, wenn es nicht geht? (Abg. Schwemlein: Das ist ein Konjunktiv!) Es ist darauf Bedacht zu nehmen! – Das Schwächste, das man in der legistischen Sprache nur ausdrücken kann. – Das ist der Schutz für den freien Zugang zum See. Das ist definitiv zu wenig. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist eine sehr wichtige Frage, und ich glaube, so, wie sie jetzt diskutiert wird, ist es nicht zielführend. Wir haben einen riesigen ökonomischen Faktor, der sich in wirtschaftlichem Druck sowohl auf die Bundesforste auswirken wird als auch auf jene, die diese Flächen kaufen werden.

Herr Bundesminister! Ich möchte Sie noch einmal fragen: Wie ist es Ihrer Meinung nach technisch möglich, dass die Bundesforste diese 3 Milliarden Schilling aufbringen, ohne unter massiven Ausbeutungsdruck zu kommen? – Die Bundesforste selbst sagen, dass sie Kredite aufnehmen müssen, um das überhaupt finanzieren zu können, dass es vielleicht im Endeffekt nicht 3 Milliarden, sondern 4 Milliarden Schilling sind.

Was bedeutet das für eine Bundesgesellschaft, für eine Aktiengesellschaft, die im letzten Jahr als bestes Ertragsjahr 200 Millionen Schilling erwirtschaft hat? – Das bedeutet einen extremen ökonomischen Druck! Ich halte überhaupt nichts davon, die Frage der Budgetsanierung über eine derartig unsinnige Privatisierung zu lösen. (Abg. Mag. Trattner: Ein extremer Rechenfehler!) Privatisierung löst bei weitem keine Probleme, und dieses schon gar nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Ich halte das für eine wirklich schlechte Lösung, nur um irgendwie ein Nulldefizit zu erreichen, damit der Bundesfinanzminister in die Geschichte eingehen kann – auf Kosten von Umwelt- und Naturschutz in Österreich! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Trattner: Wollen Sie nicht Schulden abbauen? Sie sind ja selbst Unternehmerin!)

Ein Letztes noch zur Wasserproblematik: Mich ärgert es maßlos, ja, mich ärgert es wirklich, wenn man das rot-weiß-rote Fähnlein auf den österreichischen Alpenstock stellt und sagt: Die Ausländer und die bösen Konzerne und schon gar nicht die EU, überhaupt niemand darf unser Wasser angreifen.


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Den Schlusssatz bitte, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (fortsetzend): Über eine Hintertüre – siehe UVP-Gesetz und andere Erleichterungen! – hat man für österreichische Verwerter diese Schiene bereits geöffnet. Und das ist doppelbödig und doppelzüngig, das können wir nicht akzeptieren! (Beifall bei den Grünen.)

15.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich schließe die Debatte über die Anfragebeantwortung. Ich danke dem Herrn Bundesminister.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen jetzt zur beantragten Kurzdebatte über den Antrag des Abgeordneten Dr. Kostelka, dem Hauptausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 258/A der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Genossen auf Durchführung einer Volksbefragung für den Erhalt des öffentlichen Waldes eine Frist bis zum 13. Oktober zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. Dann folgt allenfalls die Stellungnahme eines Regierungsmitglieds. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.43

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte meine Ausführungen mit einer Aufklärung beginnen.

Herr Kollege Trattner, Sie haben vorhin in Ihren Ausführungen behauptet, es wäre notwendig, dass die Bundesforste AG eine Bestandsaufnahme über ihre Liegenschaften und Grundstücke macht. (Abg. Mag. Trattner: Nicht speziell, gesamt gesehen!) Ich verweise Sie auf das Bundesforstegesetz 1996, in dem die Bundesforste im Anhang eine Liste mit Grundstücksnummern und allem erstellt haben. Diese Bestandsaufnahme, die Sie einfordern, ist also schon längst von den Österreichischen Bundesforsten erfüllt. (Abg. Böhacker: Das gesamte Bundesvermögen!) – Er hat dezidiert die Bundesforste genannt. Ich habe sehr genau zugehört, Herr Kollege. (Abg. Böhacker: Nein! Das gesamte Bundesvermögen!)

Aber damit bin ich eigentlich schon beim Kernpunkt, nämlich beim Bundesforstegesetz 1996. Es freut mich, dass der Herr Generaldirektor dieser Debatte beiwohnt. Ich werde mir erlauben, einige Male seine Aussagen auch in meinem Redebeitrag zu verwenden.

Im Jahre 1996 haben wir hier im österreichischen Nationalrat die Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste zu einer AG beschlossen, weil wir der Ansicht waren, dass das gut sei. Eine Fraktion hat das damals nicht so gesehen und hat gemeint, es wäre nicht gut, dass die Österreichischen Bundesforste ausgegliedert werden. Es waren jene, die heute die vehementesten Verfechter des Ausverkaufs dieser Flächen der Österreichischen Bundesforste sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damals hat die Debatte gezeigt, dass es der Wille des Verfassungsgesetzgebers ist, dass die Substanz der Österreichischen Bundesforste nicht nur erhalten werden soll, sondern dass sie geschützt werden soll, dass sie verbessert werden soll und dass Verkäufe wiederum in den Substanzerhalt einfließen sollen. Mit einer Verfassungsbestimmung wurde das damals festgeschrieben.

Kollege Schwarzenberger ist leider nicht da. Ich hatte die Ehre, gemeinsam mit ihm eine Ausschussfeststellung einzubringen, der die damaligen Regierungsfraktionen – Sie, Frau Kollegin Aumayr, leider nicht – zugestimmt haben und in der das noch einmal untermauert wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Nachdruck, der mit dieser Feststellung und der Verfassungsbestimmung festgeschrieben wurde, ist auch Grund unserer Aufregung. Heuer feiern nämlich die Österreichischen Bundesforste ihr 75-jähriges Bestehen. Anlässlich dieser Bestandsfeier hat auch der Eigentümervertreter, Bundesminister Molterer, der dieser Debatte leider nicht mehr beiwohnt, den Bundesforsten herzlich gratuliert, aber auch zur Entwicklung der letzten drei Jahre. Diesen Gratulationen schließen wir uns wirklich sehr gerne an. (Beifall bei der SPÖ.) Kompliment, Herr Generaldirektor! Die Bundesforste AG hat wirklich hervorragend gearbeitet. Die Ergebnisse lassen sich sehen, es ist eine absolute Verbesserung eingetreten.


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Aber Herr Bundesminister Molterer hat auch noch ein Geschenk für die Österreichischen Bundesforste mitgebracht. Ein Geschenk in der Form, dass 10 000 Hektar See- und Seeufergrundstücke an die Bundesforste übergeben, zur Verwaltung übertragen werden. Anscheinend hat dieses Geschenk jedoch eine scharfe Schneide.

Bei uns in der Steiermark ist es üblich, dass man, wenn man einem Freund ein Messer schenkt, vom Beschenkten als Gegenleistung einen Schilling verlangt, damit die Freundschaft nicht durchschnitten wird. Da ist das ebenfalls der Fall gewesen, denn anlässlich dieser Feier hat Herr Bundesminister Molterer nicht nur den obligaten Schilling eingefordert, auf dass die Freundschaft nicht zerschnitten werde, sondern es ist entweder eine intensive Freundschaft oder es sind scharfe Klingen in dem Geschenk verpackt, denn er forderte von diesem österreichischen Unternehmen 3 Milliarden Schilling ein! 3 Milliarden, die dem Bundeshaushalt zugeführt werden sollen! 3 Milliarden, die der "Nullenerotik" des Herrn Finanzministers geopfert werden sollen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber was bedeutet das für die Bundesforste AG und für die Öffentlichkeit? – Die Bundesforste AG kann das trotz hervorragendem Geschäftsergebnis natürlich nicht aus dem Eigenkapital bezahlen, sondern sie muss erstens einen Kredit aufnehmen, zweitens die Kreditkosten und die Zinsen daraus bedienen. Wie wird sie das machen können, Herr Kollege Trattner als Wirtschaftsfachmann? – Indem sie Grundstücke verkauft. Aber nicht die in der Beantwortung des Herrn Bundesministers angegebenen Grundstücke, denn diese bringen laut Anfragebeantwortung nur 1 Milliarde, es braucht aber 3 Milliarden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dazu darf ich Herrn Generaldirektor Ramsauer zitieren, der am 15. September im "Standard" meinte: Die Kosten der Vorfinanzierung des Deals könnten bis zu einer Milliarde Schilling betragen. – Das heißt nicht 3, sondern 4 Milliarden für dieses Vorhaben. – Und weiter im "WirtschaftsBlatt" des gleichen Tages: Wir brauchen für die Abwicklung fünf bis zehn Jahre, daher auch die Finanzierungskosten von einer Milliarde zusätzlich. – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das heißt, über Nacht wurde ein gewinnbringendes Unternehmen, das im Vorjahr 210 Millionen Schilling an den österreichischen Staat abgeführt hat, in Schulden gestürzt, Herr Kollege Trattner! Das ist Ihr Vorhaben! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich auch kurz auf den Kärntner Landeshauptmann eingehen. Er hat vor einigen Tagen eine Presseaussendung gemacht, die in den Zeitungen wieder zu finden ist, wo er unter dem Titel: Haider – kein Ausverkauf von Wald an Ausländer! noch genauer darauf eingeht und meint – ich zitiere wörtlich –: Molterer müsse die Bedingungen so gestalten, dass der Wald an heimische Landwirte gehe und nicht an Ausländer. – Zitatende.

So weit, so gut. – Kollege Trattner oder Kollege Zweytick! Können Sie mir vielleicht erklären, welcher kleine Bauer in der Nähe von Steyr 380 Hektar Jagd- und Forstbesitz im oberösterreichischen Ennstal kaufen kann? Kennen Sie einen, der 380 Hektar auf einmal kaufen kann? – Ich nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Im oberösterreichischen Pyhrn-Priel-Gebiet sind 180 Hektar Eigenjagd zu kaufen. Kennen Sie einen kleinen Bauern, der das dort kaufen kann? – Ich kenne keinen, Kollege Zweytick, aber das ist bereits der Beginn des Ausverkaufs. Das ist der Beginn des Ausverkaufs dieser ... (Zwischenruf des Abg. Hornek. )

Herr Kollege Hornek! Zu Ihnen komme ich noch. Das ist der Beginn des Ausverkaufs österreichischen Volkseigentums – zu lesen im "Waidwerk" 9/2000, geschätzte Damen und Herren! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Die kleinen Bauern, geschätzte Damen und Herren, werden sich das nicht leisten können – dank Ihrer Förderpolitik, dass die Großen mehr Geld kriegen als die Kleinen.

Nun behaupten Sie und auch die Landeshauptfrau der Steiermark, die Kleinen würden jetzt endlich ein bisschen etwas dazu kriegen, würden von den Bundesforsten Grundstücke kaufen


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können – Einen Schmarr’n werden sie, auch das ist ganz klar den Medien zu entnehmen! Aussage des Vorstandes der Österreichischen Bundesforste: Tranchieren tun wir nichts, wenn, dann verkaufen wir ganze Grundstücke zur Arrondierung! (Abg. Hornek: Drei Hektar!)  – Das heißt, mit Ihren drei Hektar werden Sie, Herr Kollege Hornek, als kleiner Bauer wahrscheinlich an das Christkind schreiben können, sonst schon gar nichts! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber, geschätzte Damen und Herren, unser Zweiter Präsident des Nationalrates, Herr Abgeordneter Prinzhorn, liefert auch da eine Erklärung, wie das tatsächlich gemeint ist, denn im "WirtschaftsBlatt" vom 17. August stellt er auf eine entsprechende Frage fest: "Ich kenne genügend Leute, die sich gerne das eine oder andere Forstgut zulegen würden."

Vor einigen Wochen haben wir das bereits bei der ÖIAG erlebt. Rauscher hat jene, die nun im ÖIAG-Aufsichtsrat sitzen und die sich die Gustostückerln herausholen werden, FOPs, die "Friends of Prinzhorn", genannt. Bei den Österreichischen Bundesforsten wird es nicht anders sein. Nicht die kleinen Bauern, Herr Kollege Hornek, die Großindustriellen werden sich das holen! (Beifall bei der SPÖ.)

Gestatten Sie mir noch einen Hinweis auf die Möglichkeiten der kleinen Bauern und darauf, wer da Grund kaufen kann. Generaldirektor Ramsauer, ein Kenner der Situation – ich bin überzeugt davon, dass er auch das richtig eingeschätzt hat –, spricht nicht von den "kleinen Bauern", sondern er meint: Auch ausländische Käufer sind uns herzlich willkommen. – Also!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Haider grölt im Bärental: Keine Ausländer, nur kleine Bauern! – 50 000 Hektar werden verkauft, 50 000 Hektar grüne Lunge Österreichs, "weißes Gold", Wasserreservoirs Österreichs werden verkauft, und Sie als kleiner Bauer werden das nicht bekommen (Abg. Hornek: Alleine nicht, aber Hunderttausende Bauern schon!) , sondern das werden sich die FOPs unter den Nagel reißen! Schon die gegenwärtige Pächterliste der Österreichischen Bundesforste, auch die Kaufinteressentenliste, Herr Kollege Hornek, liest sich wie das "Who’s Who" der österreichischen und deutschen Industrie. Da ist kein kleiner Bauer dabei, das sind nur große, mächtige, finanzkräftige Stiftungsväter oder Stiftungsinhaber! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Trinkl: Das sind ... aus der Steiermark!)

Herr Kollege Trinkl, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich zu Wort melden, denn zur Steiermark, dem "grünen Herz Österreichs", (Abg. Dr. Trinkl: Jawohl!) ist zu fragen: Wie wird es denn diskutiert, wenn es jetzt darum geht, dass 15 Prozent, nämlich die von den Bundesforsten verwalteten Forstflächen veräußert werden? (Abg. Dr. Khol: Werden ja nicht!) Wie wird denn das diskutiert? – Kollege Kräuter hat es schon gesagt. Ich höre aber keinen Aufschrei, weder von Ihnen noch von der Frau Landeshauptfrau, noch von ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, den innersteirischen Dialog zu einem Schlusswort zu bringen!

Abgeordneter Heinz Gradwohl (fortsetzend): Jawohl, Herr Präsident! – Wenn das grüne Herz der Steiermark herausgerissen wird, dann fordern wir von der Sozialdemokratie, dass eine Volksbefragung durchgeführt wird, denn es handelt sich hiebei um das Vermögen der Zukunft in Form der grünen Lunge und der Wasservorsorge für die Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Trinkl: Glaubt ihr, dass ihr mit dieser Art und Weise noch das Ruder herumreißen könnt bei der Landtagswahl?)  – Es geht nicht um die Landtagswahl, Herr Kollege Trinkl.

15.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Jede Fraktion hat eine Redezeit von 5 Minuten.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

15.54

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wenn wir über den Erhalt des österreichischen Waldes


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reden, reden wir klarerweise auch über die Funktionen, die der Wald hat. Ich möchte in meiner Funktion als Freizeit- und Tourismussprecher die Erholungsfunktion des Waldes hervorheben.

Wenn wir die Vergangenheit und die Gegenwart anschauen – und ich hoffe, dabei auch an die Zukunft denken –, dann sieht man, dass es doch so war, dass wir den Gästen immer die Möglichkeit gegeben haben, nicht in irgendwelchen Ghettos, sondern "unter uns" zu leben. Wir haben es in der Vergangenheit und in der Gegenwart immer wieder möglich gemacht, dass die Menschen, die Bürgerinnen und Bürger, Zugang zu unserer Natur haben. Wir haben als Folge davon in der Vergangenheit eine sehr erfolgreiche Werbekampagne mit der Zielsetzung, mit dem Schwerpunkt "Wanderbares Österreich" gestartet.

Wenn nun aber die Bürgerinnen und Bürger wie in der Vergangenheit auch in Zukunft das Bedürfnis haben, sich im Wald zu erholen, dann wird das anders ausschauen! Sie werden nämlich nicht den Wald vorfinden, den sie so gerne haben möchten, den Wald, den sie gewohnt sind (Abg. Dr. Puttinger: Eine schöne Rede!), gesunde Bäume, sondern sie werden einen neuen Wald erleben, den "Österreich neu regieren"-Wald, und zwar ist das der Schilderwald, meine Damen und Herren. Und dieser Schilderwald, der auf die Österreicherinnen und Österreicher zukommen wird, wird sich zeigen in: "Betreten verboten", "Wandern verboten", "Durchgang verboten". (Der Redner stellt drei Tafeln mit den jeweils in einem roten Kreis stehenden Aufschriften: "Mountainbiken strengstens verboten!", "Betreten verboten" und "Wandern verboten" auf das Rednerpult.)

Und warum ist das alles verboten, meine Damen und Herren? – Weil Sie die Möglichkeit einräumen, dass private Grundstücksbesitzer die Öffentlichkeit ausschließen! Und das ist die Schande! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Kollege Schwemlein! Haben Sie nichts ... von den Bundesforsten ...?)  – Kollege Schwarzenberger, ich weiß, dass die Menschen über mich reden. Über mich reden sie, aber über dich ärgern sie sich ja nur noch! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat das bereits angesprochen, aber noch keine Namen genannt. In Salzburg zum Beispiel gehört ein sehr hoher Anteil des Waldes den Bundesforsten. Ich frage Sie: Wer sind denn die klassischen Pächter, die wir in Salzburg haben? Tatsache ist: Diese Pächter sind nicht der Herr Schwarzenberger und irgendwelche anderen kleineren Bauern. Nein, das sind die "klassischen Bauern", Mercedes-Pappas, natürlich Herr Prinzhorn, die Krupp AG, der Schotterbaron Eder, die Familie Porsche, bei uns die Gutsverwaltung Fischhorn-Gildemeister. (Rufe bei der ÖVP: Klima! Vranitzky! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Das sind die "kleinen Bauern"! Und genau diesen "kleinen Bauern", diesen milliardenschweren Leuten, diesen FOPs, diesen "Friends of Prinzhorn", treiben Sie jetzt den österreichischen Wald zu! Das ist eine Schande, das ist traurig! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Was Sie mit diesen Schritten, die sie jetzt setzen, in Österreich letztlich einleiten werden, ist, dass Sie den Tourismusstandort Österreich massiv schädigen. Sie gefährden eine Fülle von Arbeitsplätzen! (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Ich weiß, dass du, Kollege Schwarzenberger, mit den Leuten von den Bundesforsten nicht redest, denn sonst würde das passieren, was bei einer Versammlung im Flachgau schon passiert ist – ich will das hier nicht zitieren. Diese haben aber größte Sorge davor, denn sie wissen: Wenn der arbeitskräfteintensive Wirtschaftswald weg ist, dann fallen Hunderte Arbeitsplätze bei den Bundesforsten weg, und das ist traurig. Ihr redet von Beschäftigungspolitik, macht aber genau das Gegenteil! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Meine Damen und Herren! Und bezüglich der Wassersituation ist vollkommen klar: In der gegenwärtigen Situation beschäftigt es den einen oder anderen vielleicht nicht in besonderem Ausmaß, aber in Zukunft wird wahrscheinlich nicht mehr das Öl im Vordergrund stehen, sondern, wie es mein Vorredner Kollege Gradwohl schon angesprochen hat, das "weiße Gold". Dann wird das "weiße Gold" ein ganz wesentlicher Wirtschaftsfaktor sein. Aber dann ist der Erhalt dieses Wirtschaftsfaktors, dieser Lebensader Wasser, nicht mehr in den Händen der Öffentlichkeit, sondern in der Hand von Privaten, weil Sie das Wasser an ein paar


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milliardenschwere Leute verschleudern. Und das ist die Katastrophe, die wir in Österreich haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich appelliere an Sie in aller Ernsthaftigkeit: Jeder, der in diesem Saal sitzt, trägt die Bezeichnung "Volksvertreter". Ich bitte Sie darum: Treffen Sie Ihre Entscheidungen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger und nicht im Interesse der milliardenschweren Regierungsmitglieder, die Sie da sitzen haben! (Beifall bei der SPÖ.)

16.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Schwemlein! (Abg. Dr. Puttinger  – in Richtung des zu seinem Platz zurückkehrenden Abg. Schwemlein –: Schilder mitnehmen! – Abg. Schwemlein entfernt die Tafeln vom Rednerpult.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pistotnig. Gleiche Redezeit. Ich erteile ihm das Wort. (Mehrere Abgeordnete von SPÖ, Freiheitlichen und ÖVP stehen in den vorderen Bankreihen.)  – Meine Damen und Herren! Am Beginn der Legislaturperiode haben alle Klubs um Sitzplätze gekämpft. Ich bitte Sie, diese jetzt auch zu benutzen.

5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.00

Abgeordneter Jakob Pistotnig (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es kommt mir so vor, als ob die linke Hälfte nicht wissen würde, wovon heute gesprochen wird. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Merken Sie sich: Sie können Oppositionspolitik nicht so machen, dass Sie alles schwarz sehen, sondern Sie müssen eine Politik im Sinne der Realität machen, indem Sie die Dinge so sagen, wie sie tatsächlich sind. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Herr Kollege Kräuter! Niemand spricht von einem Verkauf der Bundesforste (Abg. Dr. Kostelka: O ja!), sondern es wird davon gesprochen (Abg. Dr. Kostelka  – in Richtung ÖVP zeigend –: Gerade wurde davon geredet!), dass die Bundesforste zirka drei bis fünf Prozent ihres zu verwaltenden Besitzes – das sind zirka 30 000 bis 50 000 Hektar –, hauptsächlich am Rand gelegene Teilstücke (Abg. Gradwohl: Verschenkt!), abverkaufen wird. (Abg. Gradwohl: Ah so!)

Warum? – Sie von der SPÖ waren mehr als 30 Jahre verantwortlich und haben sich nicht darum gekümmert, dass die Bundesforste den Steuerzahler jedes Jahr hunderte Millionen, ja Milliarden Schilling gekostet haben, aber keine Rendite gebracht haben. (Ruf bei der SPÖ: Na geh!) Jetzt, seit vier Jahren, seit wir tüchtige Kaufleute dort sitzen haben – ich gratuliere dem Herrn Generaldirektor Ramsauer mit seinem Team –, seitdem eine Rendite hereinkommt, entdecken gerade Sie auf einmal die Liebe zu den Österreichischen Bundesforsten! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Gradwohl  – eine Publikation in die Höhe haltend –: Wenn Sie lesen könnten, dann würden Sie das nicht sagen!)

Ich sage Ihnen: Es ist der Wunsch sehr vieler Landwirte – wir haben hunderttausende –, dass sie ihren Besitz abrunden können (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Hunderttausende Landwirte gibt es nicht!) und dadurch, dass sie zu ihrem Besitz etwas dazubekommen, unter Umständen überlebensfähig werden, wenn die Zuschüsse von Brüssel nicht mehr so hoch sein sollten, wie sie jetzt sind.

Selbstverständlich wird sich ein Landwirt hart tun, eine Eigenjagd zu kaufen. Sie reden immer nur von Eigenjagden. Ich kann Ihnen sagen: Ich bin überzeugt davon, dass der Großteil, der verkauft wird, keine Eigenjagden, sondern einzelne Grundstücke von einem bis 50, 60 Hektar sein werden, weil die Bundesforste als verantwortliche Kaufleute wissen, dass man Eigenjagden nicht leichtfertig verkauft, denn je größer der Zusammenhang ist, desto leichter ist die Bewirtschaftung.

Noch etwas: 80 Prozent unseres heimischen Waldes sind im Privatbesitz unserer Bauern. Für den Fall, dass es sich noch nicht bis zu Ihnen, meine Herren Kollegen von der roten Fraktion, herumgesprochen hat: Es gibt ein österreichisches Forstgesetz, aber es gibt auch ein


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Grundverkehrsgesetz. Keine Macht der Welt, weder ein Ausländer noch einer aus Kärnten, kann in Oberösterreich ein Grundstück erwerben, wenn der angrenzende Landwirt sagt: Ich möchte das kaufen, ich brauche es zur Aufstockung meines Besitzes. (Abg. Dr. Puttinger: Um so etwas haben sich die noch nie gekümmert!)

Herr Kollege Schwemlein! Sie reden von hunderten Arbeitsplätzen, die verloren gehen. (Abg. Schwemlein: Das ist richtig! Ja!) Wenn Sie am vergangenen Donnerstag zugehört haben – falls Sie beim Geburtstag gewesen sind –, dann müssen Sie wissen (Abg. Schwemlein: Gestern habe ich mit dem Forstmeister der Bundesforste telefoniert!), dass die Österreichischen Bundesforste – es hat sich noch nicht herumgesprochen bis zu Ihnen, Sie denken noch immer, da arbeiten tausende Leute – so gut sind, dass sie über 800 000 Hektar mit 1 800 Beschäftigten bewirtschaften. Und jetzt verkaufen wir drei Prozent – das sind im Schnitt sechs Leute weniger. (Abg. Schwemlein: Das glauben Sie ja selber nicht!)

Ich sage Ihnen: Das geht ja nicht verloren! Der Wald muss ja von jemand anderem auch bewirtschaftet werden. (Abg. Schwemlein: Die können einen Antrag auf Saisonniers stellen, das sind aber dann keine Österreicher!) Ich weiß, dass diese nicht so ausgerüstet sind und mehr Arbeiter brauchen werden als die Bundesforste. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch etwas, Herr Kollege Schwemlein: Die Erholungsfunktion des Waldes bleibt selbstverständlich auch dann, wenn der Eigentümer privat ist, bestehen. Dafür gibt es gesetzliche Grundlagen.

Und wenn Sie schon so großartig auf den Tisch hauen, dann frage ich Sie: Welcher große Forstbesitzer sperrt denn die Bevölkerung aus? – Es ist das die Gemeinde Wien! Die Gemeinde Wien hat überall Taferln stehen: "Betreten verboten", "Wasserschutzgebiet". (Rufe bei den Freiheitlichen: Da seht ihr!) Das ist Ihr Herr Häupl! Dort gehen Sie einmal spazieren, dann werden Sie sehen, wie lange Sie gehen – nämlich nicht sehr lange! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dass der Wald und die Verwaltung der Seen in eine Hand gehören, damit man nicht zweispurig fährt, wird Ihnen jeder Wirtschaftler erklären können.

Nun zu Ihrem Antrag, der in meinen Augen ein für Sie typischer ist. Sie verlangen jetzt eine Volksbefragung. Warum eigentlich nicht? Ich bin für Volksbefragungen, aber nicht mit einem Text, bei dem ich erwarten muss, dass die Bevölkerung dumm ist, wenn sie überhaupt hingeht – falls sie überhaupt hingeht bei diesem Text. (Abg. Schwemlein: Volksbefragung nur dann, wenn Sie dahinter sind!)

Ich sage Ihnen, warum: Für den "Erhalt des öffentlichen Waldes" – der wird natürlich erhalten, darüber brauchen wir heute gar nicht zu reden, weil das gar nicht Gegenstand ist –, für die "Wahrung der freien Zugänglichkeit zum Wald und zu den Seegrundstücken" – meine Damen und Herren, das ist ja seit vielen Jahren und Jahrzehnten gesetzlich geregelt. Die Leute können auch in Zukunft dort hingehen, wo sie auch jetzt hingehen.

Der letzte Punkt: Für den "Erhalt ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Jakob Pistotnig (fortsetzend): Ich komme schon zum Schluss. – Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen klar und deutlich: Das Wasser werden weder die Österreichischen Bundesforste noch der Staat verkaufen. Wenn es aber danach geht, was Sie wollen, wird das in Brüssel entschieden. Sie von der linken Seite sind ja gegen das Einstimmigkeitsprinzip. (Abg. Gradwohl: Sie sind so etwas von ahnungslos!) Sie können aber hier machen, was Sie wollen, sobald das Einstimmigkeitsprinzip fällt, wird Brüssel sagen, das Wasser kommt nach Spanien – dann können wir es hergeben. (Abg. Dr. Glawischnig: Unsinn!)

Wir sind dagegen! Wir sind für die Aufrechterhaltung des Einstimmigkeitsprinzips! Und wir sind die Garanten dafür, dass dieses von Ihnen so bezeichnete "weiße Gold" in Österreich den


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Österreichern auch erhalten bleibt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zweytick. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

16.06

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Liebe Freunde von der SPÖ! Gerade heute habe ich schon ein wenig den Verdacht, dass ihr ein bisschen ein Problem mit dem Eigentum in diesem Land habt. (Abg. Gradwohl: Nein! Nur mit den Eigentümern in der Regierung!) Beim Eigentum gibt es offenbar ein Problem, mit dem ihr nicht zu Rande kommt.

Zum Zweiten glaube ich, dass hier vom Inhalt her unheimlich viel in eine Sache "hineintheatert" wird, das ihr eigentlich gar nicht gerecht wird.

Zum Dritten sieht man, dass es in Wirklichkeit – diesen Eindruck habe ich – ein Wahlkampfthema für die Steiermark ist und alles dazu benützt wird, um wieder Verunsicherung in der Bevölkerung zu schüren, weil die sachlichen Argumente nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. ) Das muss ich Ihnen schon sagen, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es ist ja nicht fair, wenn man in so einer sachlichen Debatte dann plötzlich – wie das Kollege Kräuter getan hat – die Frau Landeshauptmann Klasnic bezichtigt, ihre Aussagen seien erbärmlich. Ich glaube, das ist gegenwärtig bezeichnend für die SPÖ in der Steiermark. (Rufe bei der SPÖ: Na, na!) Das möchte ich schon zurückweisen, weil das keine erbärmlichen Aussagen waren, weil sie einfach Recht hat, wenn sie meint, dass nun auch Bauern wieder die Möglichkeit haben, Grundstücke zu kaufen. (Abg. Gradwohl: Wie viele kaufst du denn?) Ich kaufe keines. Ich brauche ja keines! Aber es gibt genug andere, und es wird natürlich ein Kleiner nur kleine Stücke kaufen können und der Große große Stücke. Das wird immer so sein, oder?

Meine Damen und Herren! Das sind wieder die gleichen Versuche wie vorher in der Sozialdebatte, nämlich mit Taschenspielertricks die Geschäftsordnung auszunutzen und einen Wirbel zu inszenieren. Das steht alles unter dem Motto "Wahlkampf in der Steiermark". (Abg. Gradwohl: Geh bitte!) So verstehe ich das, so sehe ich das, weil es einfach als sachliche Argu-mentation nicht gerechtfertigt wäre. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Allen ist bekannt und auch bewusst, dass es sich einfach auf die Wirtschaftspolitik der letzten 30 Jahre unter Ihrem Finanzminister und Ihrem Bundeskanzler zurückführen lässt, dass heute saniert werden muss. (Abg. Schwemlein: Wir reden da nicht über dein Privatvermögen, sondern über Volksvermögen!) Daher muss auch ein gewisser Teil privatisiert werden. Und im Bereich der Ausgliederungen der Bundesforste wird es eben dann Realität. Man kann sich das durchaus leisten, weil die Bundesforste bewiesen haben, wie hervorragend sie arbeiten und wie hervorragend sie wirtschaften können. (Abg. Schwemlein: Darum hängt ihr ihnen jetzt einen Stein mit 4 Milliarden Schilling um!) Auch von dieser Seite her einen herzlichen Dank dem Direktor Ramsauer und seinem Team! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wichtig ist – und das möchte ich schon noch einmal festhalten –, dass beim Verkauf durch die Bundesforste sichergestellt ist, dass jene Bauern und Grundbesitzer, die im Interesse der Öffentlichkeit – für den Straßenbau, bei Eisenbahntrassen oder bei der Naherholung und so weiter – Grundstücke verkaufen müssen, eine Ausgleichsmöglichkeit aus den Bundesforsten bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens besteht dadurch auch für jene Bauern, die aufstockungswillig sind, weil der internationale Marktdruck doch größere Einheiten fordert, die Möglichkeit, sich wirtschaftlich stärker mit der Konkurrenz messen zu können.


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Aber zu Ihrem Antrag auf eine Volksbefragung möchte ich Sie nur daran erinnern, dass es vor wenigen Monaten eine eigentlich viel legitimere Sache für eine Volksbefragung gegeben hat – Sie können sich noch erinnern – im Sinne Österreichs, der ganzen Republik, aber auch im Sinne der EU, die jetzt auch eine Antwort erfahren konnte. Gott sei Dank! Allerdings: Was Sie damals zu unserem Antrag oder zu unserem Anliegen einer Volksbefragung sagten, möchte ich Ihnen nun in Erinnerung rufen. (Abg. Gradwohl: Das habt ihr ja gestern selber abgelehnt!)

Landesrat Dörflinger aus der Steiermark sagte: Eine Volksbefragung wäre eine einzige Geldvernichtungsmaschine. – Wollen Sie die Menschen aufhetzen?

Ihr Klubobmann Kostelka sagte damals zur Volksbefragung: Die Volksbefragung löst keine Probleme, aber kostet sehr viel Geld, die Befragung selbst 120 Millionen. Wenn dazu noch eine Informationskampagne kommt, kostet das den Steuerzahler 250 bis 350 Millionen Schilling. – Das nur zu Ihrem Verständnis von einer Volksbefragung. Wollen Sie keine Probleme lösen? (Abg. Gradwohl: Als Weinbauer solltest du wissen, dass man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen kann!)

Oder Ihr Bürgermeister Häupl aus Wien meinte, die Volksbefragung sei eine Pflanzerei und außerdem reine Steuergeldvernichtung. – Wollen Sie das Volk pflanzen? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es gibt noch eine Anmerkung, und das ist die beste. Der steirische Landeshauptmannstellvertreter Schachner-Blazizek bezeichnete die Volksbefragung "NEWS" gegenüber grundsätzlich als "Instrument zur Aufhetzung der Menschen" und als "Urkeim des Faschistoiden". – Wollen Sie Faschisten?

Das Nestbeschmutzen muss endlich einmal aufhören. Die Widerstandsbewegungen haben keine Legitimität und finden auch kein Verständnis mehr. Sie könnten Ihr Image aufpolieren und Ihrer Partei etwas Gutes tun, wenn Sie sagten, dass diese Widerstandsbewegungen jeden Donnerstag seit Februar jetzt keine Legitimität mehr haben und beendet werden sollten. Damit würden Sie den Steuerzahlern und den Ländern einen großen Gefallen tun.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Johannes Zweytick (fortsetzend): Dieser Republik auf jeden Fall. Und Ihrem Image würde das nicht schaden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Dipl.-Ing. Pirklhuber, und zwar der nächste Redner – im Singular!

16.12

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Präsident! Eine hitzige und heiße Debatte zu einem wirklich essentiellen Thema.

Kollege Zweytick, ich weiß nicht, was mit Ihnen in den letzten fünf Minuten passiert ist. Aber gehen Sie in Ruhe ein Achterl Wein trinken, Sie sind ja Weinbauer, und beruhigen Sie sich wieder. Es geht nicht darum, das Volk aufzuhetzen, es geht nicht darum, das Nest zu beschmutzen, sondern es geht um unser öffentliches Gut, Herr Kollege. (Abg. Zweytick: Der Antrag lautet Volksbefragung! – Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es geht um das öffentliche Gut Wald, unser Trinkwasserreservoir und unsere Naturschutz-gebiete. Die Bundesforste – Vorstandsvorsitzender Dipl.-Ing. Ramsauer ist ja hier im Hause, er kann dieser Debatte folgen – sind ja ein Garant dafür. Wir Grüne sind stolz darauf, dass wir Anteil an dieser Entwicklung genommen und dazu beigetragen haben, dass die Bundesforste heute eben auch Naturschutz, aktive Naturschutzpolitik betreiben. Das ist ein wichtiges öffentliches Anliegen, und das kostet etwas, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)


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Bei den Bundesforsten handelt es sich um ein Unternehmen, das jetzt nach einer mühsamen, wirklich schwierigen Geburt, wo auch wir sehr viele Bedenken hatten, das will ich gar nicht verschweigen, erfolgreich in Österreich tätig ist und auch internationales Renommee gewonnen hat als Spezialist für den Bereich Forstwirtschaft. Hier muss man einmal ganz klar festhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der bäuerlichen Reichshälfte: Die Bundesforste bewirtschaften im Schnitt ihren Wald auf jeden Fall naturnäher als die kleinen Privatbesitzer und auch als die großen Forstbetriebe. Das ist bekannt, und dazu gibt es auch detaillierte Unterlagen.

Zum Kollegen Pistotnig, der davon spricht, dass es nur darum gehe, am Rande gelegene Flächen abzuverkaufen. Herr Kollege, wo leben Sie? In Kärnten gibt es weniger Anteil der Bundesforste an den Waldflächen, das ist schon richtig. Aber wer spricht hier vom Rande? Da geht es um Kernzonen! Wir haben in Salzburg einen ganz hohen Anteil von Waldflächen der Bundesforste, auch in der Steiermark und teilweise in Oberösterreich. Wenn Kollege Hornek von hunderttausend Bauern spricht, die den Wald kaufen werden, dann muss ich sagen, das ist völlig lachhaft, lachhaft deshalb, weil Sie im Waldviertel, in Kautzen wohnen. Ich kenne die armen Kautzener Bauern. Diese haben andere Probleme, als jetzt Kredite aufzunehmen, um irgendwo in Salzburg einen Forst zu kaufen. Das ist lächerlich, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Es geht um die Nachhaltigkeit, es geht um nachhaltige Entwicklung in Österreich. Und es macht mir wirklich Sorge, dass sich ein Bundesminister, der es auf sich genommen hat, Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in einem Ressort zu vereinen – wir haben das massiv kritisiert, meine Damen und Herren, und, wie wir sehen, zu Recht kritisiert –, der in einen Interessenkonflikt kommt und zwischen Budgeterfordernissen auf der einen Seite und Umweltschutzinteressen auf der anderen Seite zu entscheiden hat, für die Budgetsanierung entscheidet, mit einer kurzfristigen Strategie und nicht nachhaltig. (Abg. Donabauer: Was würden Sie tun?) Das sind Einmalerfolge, Kollege Donabauer, die nichts bringen.

Wir wollen ein schlagkräftiges, gutes Unternehmen, das auch fähig ist, die Schutzwälder zu sanieren und zu erhalten. Über 200 000 Hektar der Bundesforste – Sie wissen es – sind ja Schutzwälder. Wir haben die Nationalparke, die betreut werden müssen. Bitte, woher soll das Kapital kommen, wie soll das erwirtschaftet werden? – Das geht nur in einem gut geführten Unternehmen. Sie können nicht 10 Prozent des Wirtschaftswaldes wirklich zur Disposition stellen, und zwar auch aus dem Grund, meine Damen und Herren, weil damit der Holzpreis in Österreich in den Keller fallen wird. Experten sprechen von 5 bis 10 Millionen Festmetern Holz, das dadurch zusätzlich auf den Markt kommt. Wenn der Holzpreis um 100 S pro Festmeter sinkt, dann werden auch die privaten Waldbesitzer und vor allem wieder die kleinen Bäuerinnen und Bauern die Zeche bezahlen müssen, und das ist ein Skandal! (Beifall bei den Grünen.)

Schließlich und endlich zu dem Antrag der Sozialdemokratischen Partei bezüglich einer Volksbefragung zu den Bundesforsten. Wir glauben, an sich ist eine Volksbefragung nicht notwendig, weil die Fakten klar und deutlich auf dem Tisch liegen, nämlich dass dieser Verkauf abzulehnen ist. Wir werden alles daransetzen, dass dieser Verkauf noch platzt, aber wir werden in diesem Fall selbstverständlich den Kollegen auch unsere Stimme für ihren Antrag geben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Kurzdebatte ist daher geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Antrag, dem Hauptausschuss zur Berichterstattung über die Vorlage 258/A betreffend Durchführung einer Volksbefragung für den Erhalt des öffentlichen Waldes eine Frist bis zum 13. Oktober zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. (Abg. Nürnberger  – in Richtung ÖVP und Freiheitliche –: Was ist mit euch Demokraten?)  – Der Fristsetzungsantrag hat keine Mehrheit gefunden.

Damit ist die Kurzdebatte abgeschlossen.


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2. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Nachtrag zum Tätigkeitsbericht (Zu III-11 d. B.) des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998 (269 d. B.)

3. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-12 d. B.) des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 1997 und 1998 (186 d. B.)

4. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Sonderbericht (III-37 d. B.) des Rechnungshofes über die Finanzierung der politischen Parteien und parlamentarischen Klubs (185 d. B.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die Verhandlungen über die eigentliche Tagesordnung wieder auf, und zwar kommt zu Punkt 2 Abgeordneter Mag. Kogler mit einer Redezeit von 8 Minuten ans Rednerpult. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.18

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Drei Tagesordnungspunkte in einem verhandelt, das ist vielleicht gut so, vielleicht können wir einmal eine kürzere sachliche Debatte abführen, wiewohl ich weiß, dass die Gegenstände dieser Berichte durchaus geeignet wären, dass man da heftiger werden könnte. Probieren wir es einmal anders zum Start. (Zwischenruf.) Drei Tagesordnungspunkte sind es, bitte nachzuschauen.

Ich beginne mit dem Tätigkeitsbericht zum Verwaltungsjahr 1998 und möchte hier nur auf einen allgemeinen Umstand hinweisen, der es mir wert zu sein scheint festgehalten zu werden. Es hat nämlich einen Usancenbruch in der Frage der Ladungspolitik des Rechnungshofausschusses gegeben. Es sind zum ersten Mal seit längerem – jedenfalls meiner Erinnerung nach – ein nicht mehr aktiver Minister, diesfalls sogar Bundeskanzler, und noch ein Bundeskanzler sozusagen um Auskunft gebeten worden. Der Status von Auskunftspersonen im Rechnungshofausschuss hat ja manchmal einen zweideutigen Charakter, wie wir wissen. Also ehemalige Minister und Kanzler.

Mir war die Usance sowieso nie begreiflich, warum das denn nicht sein soll. Deshalb habe ich da gerne mitgestimmt für die grüne Fraktion, nämlich diesfalls mit den nunmehrigen Regierungsparteien. Aber es scheint mir schon wert zu sein, an dieser Stelle im Plenum festgestellt zu werden, sozusagen als moralische Rückenstärkung für die Ausschussmitglieder, dass wir hinkünftig immer dann, wenn solche Fälle auftauchen, auch so vorgehen werden, selbst wenn es ehemalige ÖVP- und FPÖ-Minister betrifft. (Beifall bei den Grünen.)

Es wäre doch sehr schön, würden wir diese Usance jetzt so beibehalten können. – Das war das Erste.

Der Anlass in diesem Zusammenhang ist auch noch eine Erwähnung wert. Es war der CA-Verkauf beziehungsweise, genauer ausgedrückt, die Veräußerung der Bundesanteile der CA an die Bank Austria. Diese Geschehnisse haben ja fast zur Scheidung der nunmehr schon alten Koalition geführt. Es wäre vielleicht ganz nützlich, ein paar Gedanken auch noch dafür zu verwenden.

Ich möchte mich nur auf die Verhandlungen im Ausschuss beziehen, nachdem der Rechnungshofbericht ja ein relativ gutes Urteil über den Verkauf abgegeben hat, nämlich zumindest dahin gehend, dass die Republik finanziell ganz gut reüssiert hat und der seinerzeitige Finanzminister mehr oder weniger, aber im Ergebnis doch klug vorgegangen ist.

Es hat aber auch einen Hintergrund. Es hat ja viele Jahre lang mehrere Anläufe gegeben, was diesen Verkauf der Anteile betrifft – die wirtschafts- und bankpolitischen Experten erinnern


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sich –, aber ein Faktum möchte ich noch festhalten, und das hat sich auch im Ausschuss bestätigt. Gedacht war ja von der ÖVP-Fraktion, wenn wir Vranitzky und Klima in den Ausschuss holen, können wir ihnen am Zeug flicken, erfahren wir genau, wie diese Vorgänge damals waren. Dies scheint mir, wenn ich das festhalten darf, nicht ganz gelungen zu sein. Aber eines hat sich bestätigt, nämlich dass sich das damalige Konsortium aus der schwarzen Reichshälfte, das es ja auch gegeben hat – ich muss so verkürzen, sonst verwende ich den Ausdruck "schwarze Reichshälfte" ja nicht so gern; wir wissen ja, welches Konsortium gemeint war –, in entscheidenden Phasen derart ungeschickt benommen hat, dass dem guten Finanzminister ja gar nicht so viel übrig geblieben ist, als so vorzugehen, wie er vorgegangen ist. Man hat sich auch an dieser Stelle wieder gefragt, woher denn dieses hartnäckige Gerücht kommt beziehungsweise wieso es sich vor allem so lange hält, dass die ÖVP eine derart dominante Wirtschaftspartei sein soll.

Mir ist das, wenn man die großen Fragen der österreichischen Wirtschaftspolitik und die Entscheidungen der letzten Jahre kritisch beleuchtet – und das haben wir im Ausschuss gemacht – , oft nicht so geläufig. (Beifall bei den Grünen.)

Zwei kurze Anmerkungen noch, weil sie in der Öffentlichkeit so hohe Resonanz gefunden haben: Stichwort Residenzverlag, der im Eigentum des Bundesverlags steht, und dann noch Galerie Belvedere. Dazu ist schon anzumerken, dass sich meiner Meinung nach die Vorgangsweise im Ausschuss, die eine oder andere Auskunftsperson mehrmals zu laden, insofern bewährt hat – sie hat zwar das Verfahren verlängert, vielleicht war es auch einmal zu viel –, als wir zutage fördern konnten, dass es bei der Ablöse des vormaligen Geschäftsführers denn doch nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Ich sage das über alle Fraktionsgrenzen hinweg und stelle auch fest, dass die Fraktion der Freiheitlichen in diesem Fall einen – sagen  wir einmal – sehr aufklärerischen Beitrag geleistet hat. Die Vorgänge dort waren äußerst eigentümlich, was uns jedenfalls dazu veranlasst hat, im Ausschuss festzustellen, dass man den weiteren Verlauf der wirtschaftlichen Geschicke des Residenzverlags genauer im Auge behalten wird müssen. Die Vorgangsweise des Bundesverlags, auf diese Art und Weise dort in die Geschäftsführung einzugreifen, ohne dass irgendein Plan erkennbar ist, sollte zumindest uns als Kontrollgremium im Ausschuss auf den Plan rufen.

Nächster Punkt, wie gesagt, Galerie Belvedere. Wir sollten es uns im Übrigen nicht verdrießen lassen hinzugehen – eine kleine Werbung für die Galerie Belvedere. Meines Wissens ist seit gestern die Klimt-Ausstellung dort eröffnet. Aber wir sollten uns auch deshalb noch einmal damit auseinander setzen und vielleicht mit einem kritischen Auge hingehen, damit nicht wieder ein Bild, in diesem Fall ein Klimt-Bild, irgendwo verschwindet und wieder in irgendeinem Ministerium auftaucht, ohne dass eine Liste vorliegt, die Auskunft darüber gibt, wo sich denn die ganzen wertvollen Bilder nun wirklich befinden. (Beifall bei den Grünen.) Das sind ja wirklich abenteuerliche Zustände.

Ich möchte aber hinzufügen, dass sich – zumindest nach meinem Eindruck; die Kollegen mögen ja einen anderen Eindruck gewonnen haben – die Dinge dort in den letzten, glaube ich, zwei Jahren doch gebessert haben mit einem Neuanlauf der Managementgestaltung. Soll sein, aber die Zustände dort waren sicher abenteuerlich. Ich habe schon den Eindruck, dass – mittlerweile ist Ministerin Gehrer hier eingetroffen – die Kritik, die momentan in vielen Kontrollfragen sozusagen nachträglich von der nunmehrigen Regierungskoalition an der SPÖ geübt wird, schon immer wieder so weit zu relativieren ist, dass es sehr viele ÖVP-Ministerien gibt, wo man sinnvollerweise Nachschau halten kann und eigentlich immer überraschend schnell fündig wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Großruck: Herr Kogler! Wo denn? Konkret!) Galerie Belvedere.

Herr Kollege Großruck! Wenn Sie meinen ohnehin sehr, sehr zurückhaltenden und vielleicht doch ein bisschen differenzierteren Ausführungen nicht folgen wollen, müssen Sie Ihre Restenergie nicht dafür verschwenden, da so dazwischenzukeppeln. Gerade habe ich das differenziert. (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme zu den beiden anderen Berichten; meine Redezeit geht zu Ende. Zum Einkommensbericht der alten Art: Wir kennen ihn, wir kennen ihn in dieser Färbung. Dieser soll ja eigentlich mit nächstem Jahr durch einen Einkommensbericht der anderen Art, nämlich den nach dem


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Bezügebegrenzungsgesetz, abgelöst werden. Wir Grüne halten das für äußerst sinnvoll. Da geht es nämlich um die namentliche Auflistung von bestimmten Einkommensbeziehern ab einer bestimmten Höhe und insbesondere von Mehrfachverdienern, die aus öffentlichen Geldern ihr Einkommen beziehen. Dafür gibt es viele gute Gründe, diese sind im Haus bereits diskutiert worden. Was aber nicht akzeptabel ist, ist, dass diese Verfassungsbestimmung so mir nichts, dir nichts von wesentlichen Institutionen des öffentlichen Rechts, öffentlichen Anstalten und öffentlichen Unternehmungen einfach gebrochen wird. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, das sollte sich das Parlament nicht gefallen lassen. Ich lade also alle herzlich ein, in ihren Bereichen – es sind ja viele Bürgermeister und sonstige Funktionsträger, die mehrere Funktionen haben, da – darauf hinzuwirken, dass man sich eben auch an die Verfassungsgesetze hält, mit Khol gesprochen: die Schäfchen wieder unter den "Verfassungsbogen" treibt, weil gerade bei öffentlichen Betrieben in ÖVP-Nähe wieder – das ist eine komische Häufung, ich merke meine Einseitigkeit jetzt selber schon, aber es ist auch da wieder so – eine bestimmte Häufung der Verweigerung der Befolgung dieser Verfassungsbestimmung festzustellen ist.

Ich nehme als Beispiel die steirische Wirtschaftskammer, und zwar nicht, weil in der Steiermark Wahlen sind, sondern weil es in diesem Fall ein Verfahren beim Verfassungsgerichtshof gibt – Präsident Fiedler wird ja vielleicht dann dazu noch Stellung nehmen können –, weil dort folgender Vorgang festzustellen war: Die Prüfer des Rechnungshofs kommen an die Tür der Wirtschaftskammer der Steiermark, um diese zu prüfen, unter anderem und sinnvollerweise natürlich auch im Hinblick auf die Bestimmungen des Bezügebegrenzungsgesetzes. Man wird ja seitens der Rechnungshofprüfer nicht zwei verschiedene Prüfungen durchführen: die kammerrelevante und dann eben jene im Hinblick auf den Vollzug der entsprechenden Bestimmungen des Bezügebegrenzungsgesetzes. Es wurde ihnen kalt die Einschau verwehrt. Das muss natürlich Konsequenzen haben, so kann es nicht gehen.

Also eine herzliche Einladung auch an die Wirtschaftskammern, die ja gerne auf die Arbeiterkammer, vielleicht auch auf die Landwirtschaftskammer – ich weiß es nicht – mit dem Finger zeigen, was denn dort nicht alles in Ordnung sein soll. Diesbezüglich ist sie ein Vorbild.

Ich weiß ja auch gar nicht, was es da alles zu verbergen gibt. Mein Verdacht ist ja relativ simpel, und so wird es wohl auch sein. Es gibt in den Wirtschaftskammern eine ganze Reihe von Mehrfachverdienern, weil dort Funktionsträger sind, die auch anderswo Funktionen haben und die alle namentlich erfasst werden würden, von denen wir bis jetzt möglicherweise ganz wenig wissen. Diesen Verdacht sollten Sie einmal widerlegen, heute hätten Sie ja Gelegenheit dazu. (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme zum Letzten, zum Bericht über die Parteienfinanzierung. Ich gebe zu, dass die eine oder andere kritische Anmerkung auch gegenüber den Grünen darin gemacht wird, habe mich aber noch einmal beim Finanzreferenten der Partei erkundigt. Insbesondere der Hauptkritikpunkt an der buchhalterischen Umstellung ist nunmehr seit längerer Zeit im Sinne der Rechungshofanregungen gelöst.

Ansonsten wollte ich nur sagen, passen wir auf bei der Parteienfinanzierungsdebatte und unterscheiden wir zwei Aspekte: Die Ausgabenseite ist der eine. Diese hat der Rechnungshof überprüft. Unserer Meinung nach geht es auch um etwas ganz anderes: Es geht auch um die Einnahmenseite der Parteien. Es gibt auch eine Anmerkung des Rechnungshofes, für die ich sehr dankbar bin, nämlich dass die Rechenschaftsberichte der Parteien – und da geht es eben vor allem auch um die Einnahmen – viel zu mangelhaft sind, und zwar nicht einmal nur böswillig, sondern auch weil es Gesetzeslücken gibt. Diese sollten wir relativ rasch bereinigen. Es gibt hierbei die Lücken, dass wir eigentlich alle parteinahen Institutionen in die Rechenschaftspflicht nehmen sollen, dass die Bundesländerorganisationen zur Offenlegung der Spenden gebracht werden sollen et cetera.

Es ist ja zum Beispiel gar nicht möglich, über den Bericht der "Wiener Zeitung" nachzuvollziehen, ob denn nun von diesen behaupteten und unwiderlegt behaupteten Schmiergeldern, die Hom-Rusch auf seinem Konto gehabt hat, irgendwann einmal etwas bei der SPÖ gelandet ist oder nicht. Es wäre wahrscheinlich sonst auch nicht so ohneweiters nachvollziehbar. Aber dass die SPÖ-Burgenland überhaupt keine Verpflichtung verspürt, ihre Parteieinnahmen offen


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zulegen, ist einerseits sowieso politmoralisch bedenklich, aber es ist auch eine Gesetzeslücke, weil dies meiner Meinung nach nicht eng genug ist. Wir sollten darangehen, diese Gesetzeslücke demnächst zu beheben.

Ich habe ja schon einmal angekündigt, Sie zu Parteienverhandlungen einladen zu wollen, damit endlich alle Spenden in einer öffentlich zugänglichen Spendenliste angeführt werden, und zwar mit den Namen der Spender. Ich meine, es ist das das wesentlichste Gebot in einer Demokratie, was eben die Parteienfinanzierung betrifft: Die Leute sollen wissen, wer von wem finanziert wird. Nicht mehr und nicht weniger! Natürlich soll es Spenden geben dürfen, aber man soll auch wissen, woher diese kommen. (Beifall bei den Grünen.)

Das Prinzip der "gläsernen Kassen" ist für eine brauchbare und jedenfalls moderne Demokratie, so meine ich, unverzichtbar. Und das ist viel wesentlicher, als wenn wir uns jetzt da vorhalten, ob die SPÖ vom Klub in die Partei 30 Millionen Schilling gegeben hat oder wieder retour – und so weiter. Ich halte das nicht für das Hauptproblem, sondern das Hauptproblem ist: Woher kommen die Gelder? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Der Edlinger weiß das sicher!)

Und darauf sollte man schauen, damit das in Zukunft etwas transparenter wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Hom-Rusch!)

16.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brix. Er hat das Wort.

16.31

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Nicht aus Tradition heraus, sondern aus tiefster Überzeugung, Herr Präsident Fiedler, möchte ich Ihnen und Ihren Mitarbeitern den Dank meiner Fraktion übermitteln, und zwar nicht nur, weil Sie es immer wieder mit Ihren Leuten schaffen, Dinge, die uns alle interessieren, offenzulegen, sondern weil Sie durch Ihre Tätigkeit eben mithelfen, dass in diesem Staate korrekt und anständig gearbeitet werden kann.

Besonderer Dank auch dafür – zu dieser Überzeugung bin ich immer mehr gekommen –, dass Sie, Herr Präsident Fiedler, ein solch aufrechter Demokrat sind. (Abg. Gaugg: Hast du daran gezweifelt?) Wie sehr Sie bemüht sind, die Dinge in Ordnung zu halten, hat ein Beispiel im heurigen Sommer gezeigt, als feststand, dass Herr Abgeordneter Westenthaler die Kopie eines RH-Rohberichtes zur Verteilung gebracht hat, und zwar jenes Rohberichtes, den der Rechnungshof dem Büro des Finanzministers übermittelt hat. Sie selbst, Herr Präsident Fiedler, waren ja darüber auch sehr betroffen, dass es jetzt schon so ist, dass Rohberichte ganz einfach weitergegeben werden, obwohl jene, die darin als Betroffene angeführt waren, nicht einmal die Gelegenheit hatten, diesen Rohbericht zu lesen oder dazu Stellung zu nehmen, weil dieser Rohbericht eben – über den Weg des Büros des Finanzministers – vom Klubobmann der Freiheitlichen an die Journalisten weitergegeben wurde.

Das, meine Damen und Herren, ist wirklich ein Skandal! Und ein Skandal ist es auch, dass Verurteilungen ausgesprochen werden, ohne dass, wie gesagt, die Betroffenen auch nur die Möglichkeit gehabt hätten, dazu Stellung zu nehmen. Aber das hat ja Methode. (Abg. Gaugg: Siehe Böhmdorfer!)

Diese Methode zeigt sich ja auch beispielsweise darin, dass im Burgenland Herr Landtagsabgeordneter Rauter bereits das Wort "Verurteilung" ausgesprochen hat, obwohl es noch nicht einmal einen Abschlussbericht gegeben hat. (Abg. Gaugg: Aber einer sitzt im Häfen! Der beste Freund vom Stix ist inhaftiert!) Ob das Freunde oder Betroffene sind, ist aber ein Unterschied.

Geprüft worden ist damals der Landeshauptmann des Burgenlandes, aber nicht der Angeklagte und sich jetzt "im Häfen" befindende – wie Sie das nennen – Hom-Rusch. Sie von den Freiheitlichen haben eine Verurteilung ausgesprochen, obwohl es da noch gar nichts zu verurteilen gab. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das hat also Methode. Und so soll es offensichtlich auch weitergehen. Es haben sich die Koalitionspartner ÖVP und FPÖ bereits jetzt darauf festgelegt, dass


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nicht ein Vertreter einer Oppositionspartei im kommenden Untersuchungsausschuss den Vorsitz führen wird, sondern dass Frau Abgeordnete Partik-Pablé den Vorsitz in diesem Untersuchungsausschuss haben wird. – Auch da will man also ganz offensichtlich eine Verurteilung haben, und zwar ohne dass es hier irgendeine Debatte darüber gibt.

Wir von der SPÖ lehnen eine solche Vorgangsweise ganz einfach ab. Es ist das Recht der Opposition, es ist das Recht einer der beiden Oppositionsparteien, den Vorsitz im Untersuchungsausschusss zu führen – nicht aber das Recht der Regierungspartei, die Regierung auch noch zu kontrollieren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Aber Sie wollen das halt so.

Dass Frau Partik-Pablé jetzt schon geifert, zeigt sich ja in ihrer Rede ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Brix! So geht’s nicht!

Abgeordneter Otmar Brix (fortsetzend): Ich entschuldige mich! – Frau Partik-Pablé tätigt jetzt jedenfalls schon Aussprüche wie beispielsweise: Ich erinnere nur an die Skandale Flughafen, DDSG, Länderbank und so weiter. Sie hat hier Dinge angeführt, die überhaupt keine Skandale waren, sondern das war etwas, was einer Überprüfung durch den Rechnungshof ordentlich standgehalten hat.

Es soll also offensichtlich zuerst einmal verurteilt werden – und das lehnen wir Sozialdemokraten entschieden ab!

Es wäre daher wirklich wichtig, dass ein Vertreter der Oppositionsparteien nicht nur im Untersuchungsausschuss den Vorsitz führt, sondern auch im Unterausschuss des Rechnungshofes. Auch dort hat den Vorsitz ein Freiheitlicher, das heißt der Vertreter einer Regierungspartei. Sie wollen also ganz offensichtlich die Opposition nicht zu Kontrolltätigkeiten zulassen. (Abg. Dr. Trinkl: Ihr wollt ja nicht kontrollieren!)

Meine Damen und Herren! In diesem Rechnungshofbericht sind vor allem sehr interessant die Passagen betreffend die Österreichische Galerie im Belvedere. Diese Galerie fällt ja in den Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich von Frau Bundesministerin Gehrer. Nur ein paar Kleinigkeiten, die in diesem Bericht erwähnt werden: So waren beispielsweise in der Österreichischen Galerie von 10 000 Sammlungsobjekten rund 3 200 inventarisierte Objekte nicht auffindbar. Bei einer im Jahre 1992 durchgeführten Inventarkontrolle konnten mindestens 300 Werke nicht gefunden werden. Diese Werke aber, meine Damen und Herren, stellen einen Gesamtwert von 20 Millionen Schilling dar, aber man hat sich für deren Verbleib ganz offensichtlich überhaupt nicht interessiert! Diese Werke sind nicht mehr auffindbar, die gibt es dort nicht mehr!

Der Rechnungshof hat in seinem Bericht ausdrücklich festgehalten, dass das Ministerium dort einen kaufmännischen Direktor, der dem anderen Direktor gleichgeordnet ist, installieren muss. Man hat zwar einen Leiter des Rechnungswesens installiert, ist aber bis heute nicht den Aufforderungen des Rechnungshofes nachgekommen, obwohl gerade im kaufmännischen Bereich die Sorgfaltspflicht mehrfach, und zwar sträflich, vernachlässigt wurde.

Weiters wurde im Rechnungshofbericht festgehalten, dass es dort zwischen den Voranschlägen und den Jahresabschlüssen Abweichungen bis zu 258 Prozent gibt.

Das Bundesministerium für Unterricht und Kultur – wie es damals hieß – hat der Österreichischen Galerie gegenüber seine Aufsichtspflicht im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit nicht in gebotenem Maße wahrgenommen. Die seit vielen Jahren bestehenden Mängel in der Galerie wurden ganz einfach nicht behoben.

Ein Beispiel dafür: Für den Ende 1997 in Seattle errichteten Messestand wurde 1998 bei Einnahmen von 48 000 S ein Verlust von 700 000 S gemacht! Kein Mensch in diesem Ministerium, auch nicht die Frau Bundesministerin, hat sich dafür interessiert! Woanders wäre der verantwortliche Direktor sicherlich nicht länger Direktor gewesen, sondern es wäre zu einer neuen Führung gekommen.

Aber dieser skandalöse Zustand in der Österreichischen Galerie bleibt ganz einfach aufrecht. Werke im Werte von Hunderten Millionen Schilling gingen dort zwar verloren – Frau Bundes


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ministerin Gehrer erfindet aber sogleich etwas Neues, so beispielsweise, dass Studenten nun pro Jahr 10 000 S zahlen müssen, um überhaupt studieren zu dürfen. Damit wird seitens dieser Regierung jungen und lernwilligen Menschen gegenüber eine Einschränkung gemacht; ihre Studienmöglichkeiten werden arg eingeschränkt. Auf der einen Seite wird den jungen Menschen das Geld aus der Tasche gezogen – auf der anderen Seite hingegen wird Geld verschleudert und werden keinerlei Kontrollen durchgeführt. Und das halte ich in unserem Lande für mehr als ungerecht! (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Es muss zwar gespart werden – und der Rechnungshof schaut ja auch genau darauf –, interessant ist aber gerade in diesem Zusammenhang ein Artikel in der neuesten Ausgabe von "NEWS", in dem es heißt: "Schüssel will 66 Millionen für die Sparpropaganda". Kanzler Schüssel will also den harten Sparkurs mit umstrittenen Methoden bewerben. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sollten lieber mehr "Perry Rhodan" lesen!)

Ich zitiere weiter: "Drei Unternehmen wurden dabei eingeladen, sich für die Umsetzung des Regierungsprojektes ‚Unterstützung für die Informationstätigkeit der Bundesregierung zum Thema Reformdialog für Österreich – Konsolidierung des Budgets‘ zu bewerben."

Und weiters ist zu lesen: "NEWS liegen jetzt Auszüge aus dem Konzept einer an der Ausschreibung teilnehmenden Agentur für die ‚kommunikative Begleitung‘ der Sparmaßnahmen der Regierung vor."

Und jetzt kommt’s, Hohes Haus! "Peinliches Zitat über das Propagandaziel. ‚Dass in weiten Kreisen der Bevölkerung der großen Oppositionspartei das Recht abgesprochen wird, die fiskalischen Maßnahmen der Bundesregierung zu kritisieren‘". – Zitatende.

Das heißt, weil die Bevölkerung diese Maßnahmen ablehnt, gibt die Regierung Schüssel Geld für Propaganda aus! 66 Millionen Schilling darf es kosten, das jetzt propagandistisch aufzufangen zu versuchen. Aber den Studenten nimmt man Geld weg! (Abg. Dr. Khol lacht.) Und Sie lachen dazu noch!

Ich habe eine Tochter, die studiert (Abg. Dr. Khol: Ich auch!) , und ich habe einen Sohn, der demnächst studieren wird (Abg. Dr. Khol: Ich lache, denn die größten Propagandaaufwendungen hat Klima gemacht! Im Wahlkampf hat er Hunderte Millionen Schilling für Öffentlichkeitsarbeit aufgewendet!), und ich weiß daher, dass viele dieser jungen Menschen nebenbei arbeiten gehen müssen, um sich ihr Studium finanzieren zu können! Aber Sie geben 66 Millionen Schilling für Propaganda aus! Es wird jedenfalls interessant werden, wenn der Rechnungshof das auch überprüft. (Beifall bei der SPÖ.)

16.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Khol: Ich habe zwei Kinder studieren lassen! – Ruf bei den Freiheitlichen: Drei Kinder! – Abg. Dr. Khol: Am meisten Geld hat der Herr Alt-Bundeskanzler Klima ausgegeben! – Ruf bei den Freiheitlichen: Und der Edlinger! – Abg. Dr. Khol: Hunderte Millionen! Alles für Propaganda! Wenn man die Zeitungen aufgemacht hat, ist es nur so rot herausgeronnen! – Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf: Geh, hör auf! – Abg. Dr. Khol: In der "Kronen-Zeitung" Seite 3: 800 000 S kostet das! – Abg. Dr. Grünewald: Herr Klubobmann! Würden Sie mir sagen, wann ich anfangen darf? – Beifall bei den Grünen. – Gegenrufe bei der SPÖ und weitere Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Grünewald, ich stelle die Uhr noch einmal auf null, und Sie fangen dafür mit lauter Stimme an. (Abg. Dr. Grünewald: Ja! – Abg. Dr. Martin Graf: Betrügen kann man auch gescheit! – Abg. Edlinger: Nein, wirklich nicht! – Weitere Rufe und Gegenrufe. – Abg. Dr. Grünewald: Herr Pumberger! Ich habe gesagt, bei Eishockeyspielen wird bei Fouls die Zeit gestoppt, man sollte es im Parlament auch so machen! – Beifall bei den Grünen.)

16.41

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident Fiedler! Sehr geehrte Frau Minister! Verehrte Staatssekretäre! Herr Präsident Fiedler! Ich wäre froh, wenn Sie zum wichtigen Thema der Universitätskliniken öfter mit uns diskutieren


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dürften und könnten, weil hier – viele werden es nicht wissen – Milliarden Schilling umgesetzt werden, und meine erste These lautet: zu Ungunsten des Bundes. Der Bund zieht im Bereich des klinischen Mehraufwandes – und ich werde Ihnen erklären, warum – pausenlos den Kürzeren. Hier ergäben sich Sparmaßnahmen ohne Qualitätsverluste, wenn man Kostenwahrheit darüber herstellt, wer etwas zu zahlen hat, was Sache und Aufgabe des Wissenschaftsressorts und was als Krankenversorgung eine klar den Ländern zugewiesene Aufgabenstellung ist. (Abg. Dr. Khol: Da haben Sie Recht!)

Laut § 55 KAG soll die Abgeltung des klinischen Mehraufwandes nichts anderes sein, als dass der Bund den Trägern von Universitätskliniken jene Kosten refundiert, die durch Mehrleistungen dieser Kliniken im Bereich von Lehre und Forschung entstehen. In Wien zahlt aber der Bund zusätzlich 100 Prozent aller Bundesärzte – und damit klarerweise aller Ärzte, denn es sind nur Bundesärzte im AKH – und 50 Prozent der Ärzte an den Universitätskliniken Innsbruck und Graz. Das sind 2 330 oder 2 350 Ärzte, und es werden durch das Arbeitszeitgesetz und die gegebenen Bedingungen bald mehr werden müssen.

Die Personalkosten in Wien allein auf dem Ärztesektor im AKH belaufen sich auf 2,2 Milliarden Schilling, in Innsbruck auf 621 Millionen und auf 611 Millionen Schilling in Graz. Ich sage Ihnen hoffentlich nichts Neues: Diese Ärzte an Kliniken arbeiten bis zu 100 Prozent der regulären Wochenarbeitszeit in der Patientenversorgung und Spitzenmedizin. Die Patientenversorgung – ich wiederhole mich – ist eine den Ländern zugewiesene Aufgabe und hat kaum etwas mit Forschung, immerhin noch etwas mit Lehre und Ausbildung zu tun, aber sicher nicht primär und nicht schwerpunktmäßig. (Beifall bei den Grünen.)

Der Punkt ist: Der Bund selbst hat wenig Einflussmöglichkeiten auf die Betriebsausgaben dieser Kliniken, weil diese einfach durch die pragmatische Notwendigkeit der Patientenversorgung beherrscht werden, die sich durch die Aufnahmepflicht und Nichtabweisbarkeit von Patienten ergibt. Auch in den Verhandlungen mit den Trägern steht der Bund auf schlechten Beinen. Er hat zwar hervorragende Beamte, ist aber nicht in der Lage, so viel an Personalressourcen hineinzustecken, wie die Träger – gut beraten – hinein investieren, um wiederum diese Verhandlungen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die fixierten Beteiligungsschlüssel des Bundes erlauben auch relativ wenig Virementfähigkeit, und fehlende Zusammenarbeitsverträge zwischen Bund und Trägern, also Bund und Gemeinden und Ländern, tun das Übrige dazu. Vorschläge für Zusammenarbeitsverträge waren teilweise so formuliert, und zwar von den Trägern vorformuliert, dass sich Fakultäten und Bund relativ rasch aus diesen Verhandlungen zurückziehen mussten, weil die Bedingungen unerträglich waren.

Ich gebe zu, dass eine Entkoppelung der Kostenrechnung für Lehre und Forschung von der Krankenversorgung nicht einfach ist, aber sie ist zumindest besser zu leisten als bisher. Man wird daher im Ministerium schon darauf achten müssen, in den Verhandlungen irgendwie Waffengleichheit herzustellen, also für etwas, das nahezu 40 Prozent der Ressortmittel verschlingt, nicht nur ein Hundertstel der Beamtenschaft einzusetzen.

Eine Studie im AKH Wien, die relativ brisant ist, zeigt die Situation des Bundes ganz deutlich auf. Das AKH wurde mit 13 Akutspitälern verglichen. Die Leistungen am AKH – ich führe jetzt nur zwei Beispiele an, sonst dauert es zu lange – im Bereich operativer Dienstleistungen an Hirngefäßen waren 27  Mal so hoch als an allen 13 vergleichbaren Wiener Akutspitälern, bei Eingriffen am offenen Herzen fünf Mal so hoch, und ich kann Ihnen die Liste um den Faktor 10 erweitern. Diese Leistungen – und es sind die teuersten Leistungen nach LKF oder KRAZAF, wie Sie es haben wollen – haben wiederum nur bedingt mit Forschung und Lehre zu tun. Das heißt, der Bund ist einer der besten Financiers der Krankenversorgung der Länder. Ich weiß, die haben auch keine Freude, ich weiß, die haben auch kein Geld, aber Fairness und klare und offene Karten sind hier gefragt.

Auffallend ist die Entwicklung der Kosten der Verwaltung am AKH Wien, und wenn ich Ihnen das sage, ist das keine Polemik gegen Wien, sondern eine klare Position, um sozusagen die Verhandlungsschiene des Bundes zu stärken. Vergleicht man die Verwaltungskosten des AKH Wien mit Graz und Innsbruck, liegen die Kosten der Verwaltung des AKH 20 Mal höher als jene von Graz, und zwar auch dann, wenn man es auf Bettengleichheit egalisiert, und 30 Mal höher als die von Innsbruck. Verwaltungskosten haben am wenigsten mit Forschung und Lehre zu tun,


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und ich verstehe sehr gut, wenn die Frau Ministerin im Sinne einer ordentlichen Kauffrau nicht mehr bereit ist, hier Forschungsmittel hineinzubuttern.

Weiters schadet die Dualunion zwischen Bund und Ländern, das heißt das Mischverhältnis zwischen Universitätsklinik und Landeskrankenhaus, wie es am krassesten im Personalsektor in Innsbruck und Graz existiert. Bis heute hat jeder Minister dafür zwar Verständnis gehabt, aber letztlich nicht die Durchsetzungskraft, das zu ändern.

Weiters gebe ich noch zu bedenken: österreichische Universitätskliniken zählen zu den größten weltweit. Man kann darauf stolz sein. Wenn man aber weiß, dass in etwa 300 Anästhesisten als Hochschullehrer tätig sind und diese locker die gesamte Lehre und Forschung für den mitteleuropäischen Raum abdecken könnten, frage ich Sie, ob man hier nicht umdenken muss. Glauben Sie aber nicht, dass die Kliniken dieses Geld nicht benötigen! Die Frage ist, ob der richtige Verantwortliche dafür zahlt.

Es gibt genügend Missstände im Klinikbereich – und ich habe einmal ein sehr langes Gespräch darüber führen können – und Abgabenverweigerung gerade im Bereich der Forschung im Auftrag Dritter, wodurch der Republik und dem Ministerium Milliardensummen vorenthalten werden. Frau Ministerin Gehrer hat einen ausgezeichneten Brief an alle Vorstände geschrieben, und ich weiß, und das kann ich Ihnen beschwören, dass die Mehrzahl der Ordinarien diesen Brief nach kurzem Lesen abgetan und gesagt hat: Darauf reagieren wir nicht. – Wenn man sich das gefallen lässt, verstößt man gegen die Verantwortlichkeit, die man als Staatsbürger hat. Frau Minister Gehrer hat sich bemüht, aber ich würde doch bitten, dort noch weniger Schüchternheit an den Tag zu legen, wo Unzulänglichkeiten offen liegen.

Ich würde auch bitten, den Rechnungshof zu unterstützen. Die schönsten Berichte nützen nichts, wenn in offiziellen Sitzungen von Fakultätskollegien Leute aufstehen und sagen können, mir ist das egal, und damit noch auf Applaus stoßen. Ich greife nicht meine Kollegen an, ich verteidige nur keine schwarzen Schafe.

Ein letztes Wort zum Thema Nebenbeschäftigung: Ich weiß, das ist ein Problem, in Wien wesentlich größer als in Graz und Innsbruck. Ich persönlich verteidige auch hier keine in welcher Farbe auch immer eingefärbten Schafe. Hier sollte das Ministerium vorlegen, dass die reine Meldepflicht gesetzlich in Richtung einer Genehmigungspflicht ausformuliert wird. Das wird mir keine Freunde bescheren, aber ein gewisser Anstand ist angezeigt. Ich bitte Sie aber, dieses Thema nicht in 8 Minuten abzuhandeln, sondern öfter darüber zu debattieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte. (Abg. Mag. Trattner gibt eine Verkürzung der Redezeit auf 6 Minuten bekannt.) Ich korrigiere: auf 6 Minuten. – Bitte.

16.51

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Werter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Kollege Edlinger, Sie haben so erzürnt geschaut, als Klubobmann Westenthaler gesagt hat, Hom-Rusch sei ein Freund von Ihnen. Ich kann das schon verstehen, aber ich weiß nicht: Haben Sie den "Standard" geklagt, und zwar den "Standard" vom 1. September 2000? Darin findet sich nämlich folgende Aussage:

"Im nicht öffentlichen Teil des U-Ausschusses erklärte Harald Werilly vom Finanzamt für Körperschaftssteuern, Finanzminister Rudolf Edlinger habe für Hom-Rusch interveniert. Der Steuerberater Hom-Ruschs, Herbert Schuster, der nächsten Donnerstag als Zeuge geladen ist, habe mit ihm 1997 das persönliche Gespräch gesucht. Werilly habe ihm freilich sagen müssen, das vom Finanzamt ins Auge gefasste Insolvenzverfahren ließe sich nicht mehr vermeiden. Daraufhin habe sich Schuster ans Ministerbüro gewandt. Und erst dann sei – dem Ausschuss liegt ein diesbezüglicher Brief des Ministerbüros an Schuster vor – das Verfahren gestoppt worden." – Zitatende. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist starker Tobak!) Was sagen Sie dazu?


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Haben Sie geklagt? Ist das wahr? (Zwischenruf des Abg. Edlinger. ) Ist das falsch? Haben Sie geklagt?

Herr Finanzminister! Herrn Hom-Rusch kennen Sie schon! Sie kennen ihn auch von Rapid. (Abg. Dr. Trinkl: Oder sind Sie eine Blindschleiche? – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist stark!) Sonst hätten Sie nämlich hier geklagt, weil dieser Mann weiß wahrscheinlich doch einiges mehr, als es der SPÖ lieb ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kogler! Ich gehe mit Ihnen vollkommen konform, dass natürlich interessant ist, woher die Mittel kommen. Aber interessant ist auch, wohin die Mittel gehen. Wenn ich mir allein die Finanzgebarung seitens der SPÖ anschaue, welches Zahlenspiel dargebracht worden ist, welcher Drehwurm entstanden ist: Mitte Feber gibt die SPÖ 200 Millionen Schilling zu, Ende Feber sind es bereits 300 Millionen Schilling. Im März hat man gesagt: 350 Millionen Schilling. Das Ostergeschenk waren dann 411 Millionen Schilling. Und wenn man dem gegenüberstellt, was die SPÖ an Parteienfinanzierung pro Jahr bekommt: Das sind nämlich in etwa zwischen 65 und 70 Millionen Schilling. Wie soll denn das jemals bedient werden?

Und hinsichtlich der Verantwortlichkeit gab es auch einen schönen Kreislauf. Klima hat gesagt: Ich habe das alles von Vranitzky übernommen. Frau Staatssekretärin Ederer, damals Finanzreferentin beziehungsweise Bundesgeschäftsführerin, hat gesagt: Klima hat nur 153 Millionen Schilling übernommen. (Abg. Dr. Kräuter: Rosenstingl!) Zu einer Zeit, als Sie bereits Schulden von 300 Millionen Schilling gehabt haben, haben Sie für einen EU-Wahlkampf und Nationalratswahlkampf dann noch einmal eine Überschuldung von 200 Millionen Schilling in Kauf genommen.

Jetzt kommen die Dinge zutage, und die SPÖ sagt, das müssen wir den Mitgliedern abverlangen, diese 350 Millionen Schilling sollen die Mitglieder zurückbezahlen. Und dies, obwohl man eine Firma namens Merkur besitzt, eine so genannte Merkur-Unternehmensbeteiligungs-, Vermögensverwaltungs-, Finanzierungs-VermittlungsgmbH mit einer Bilanzsumme von 162 Millionen Schilling, einem Gewinn von 14,3 Millionen Schilling und einem Bankguthaben von 47 Millionen Schilling. Sie haben Beteiligungen an der AWH-BeteiligungsgmbH, die halten 100 Prozent des Verbandes der Wiener Arbeiterheime, Anteile an den Wiener Kinos Gloria und Elite, den Werbeagenturen Echo und Progress, Wohnbaugesellschaften und dergleichen mehr. Ausgewiesene Gewinne ebenfalls in Millionenhöhe.

Herr Häupl, der große Mentor des neuen Obmanns Gusenbauer, hortet in Wien ein Vermögen in Millionenhöhe, weil allein die Wiener Landesgruppe der SPÖ an die 170 Millionen Schilling Parteienfinanzierung bekommt. (Abg. Edler: Und was tut die FPÖ?) Hier wird Geld gehortet, und andererseits tritt man an die Mitglieder heran und will von den Mitgliedern verlangen, dass sie die Schulden zurückbezahlen. Nichts werden sie bezahlen! Sie kennen nämlich Ihre Finanzpolitik aus der Vergangenheit.

Herr Kollege Edlinger! Da rede ich jetzt gar nicht von der Budgetpolitik, von der ganzen Verschleierungspolitik, die Sie betrieben haben, sondern es geht darum, was Sie bereits in den Vorjahren realisiert haben. Was haben Sie denn da alles realisiert? Zum Beispiel Anteile an der Oesterreichischen Nationalbank: Da haben Sie 100 Millionen Schilling lukriert. Dann haben Sie das Reisebüro Ruefa verkauft, Ihren Bundesanteil am Plakatierungsunternehmen Gewista, die Parteipresse samt Druckhaus und so weiter und so fort. (Abg. Ing. Westenthaler: Das schaut nicht gut aus!) Das heißt, Sie können nicht wirtschaften. Es war höchste Zeit, dass Sie abgewählt worden sind, denn sonst hätte sich das Desaster auch für das Bundesbudget fortgesetzt, und das wäre wirklich zum Schaden der Republik gewesen. (Abg. Silhavy: Das ist typisch für Ihr Demokratieverständnis! – Abg. Eder: Und Sie sind also die Experten?) Das ist Faktum! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Weitere Rufe und Gegenrufe.)

Jetzt muss man sich das ganze Spiel einmal vorstellen: Sie bekommen in ganz Österreich insgesamt über eine Milliarde Schilling an Parteienfinanzierung, Kollege Brix. Über eine Milliarde Schilling! Dann verkaufen Sie Beteiligungen in der Größenordnung von weiteren 100 Millionen Schilling und haben noch immer Schulden von über 400 Millionen Schilling und sind auch gar


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nicht in der Lage, diese Schulden jemals zurückzubezahlen. (Abg. Ing. Westenthaler: Geht’s ihr gambeln, geht’s ins Casino?) Wenn so etwas passiert, dann müssten Sie normalerweise wegen kaufmännischer Unfähigkeit in die Riemergasse gehen. Jeder Private kriegt ein Kridaverfahren angehängt, und das, was Sie hier gemacht haben, das ist fahrlässiges Handeln gewesen! (Abg. Eder: Und was war mit Rosenstingl und der Genossenschaft "Freies Wohnen"?)

Da ist nicht bloß eine Gaunerei passiert, wie es leider bei uns passiert ist. Ja, es ist bei uns passiert. Es war eine Gaunerei, die passiert ist, und die haben wir saniert. (Abg. Ing. Westenthaler: Bei Ihnen war es direkt die Partei, die die Schulden gebaut hat! – Abg. Edler: Und was ist mit der FPÖ-Niederösterreich?) Aber bei Ihnen war es keine Gaunerei, sondern bei Ihnen war es nachlässiger Umgang mit Geldmitteln aus österreichischen Steuergeldern! (Abg. Edler: Und wie war das mit der FPÖ-Niederösterreich? Die ist auch nur durch Prinzhorn vor dem Konkurs gerettet worden!) Kollege Kogler! Deswegen ist es wichtig, dass eben nicht nur die Einnahmen überprüft werden, sondern auch die widmungsgemäße Verwendung der Mittel. Wenn eine Partei mit den Mitteln nicht umgehen kann, dann muss sie zuerst ihr Vermögen offen legen und nicht alles durch Treuhandschaften verdecken. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Sie haben ja versucht, einiges durch Treuhandschaften zu verdecken, na selbstverständlich! Da gibt es die Frau Notarin Christl Scheibenpflug, die als Treuhänderin 93 Prozent an der Unternehmensgruppe Merkur gehalten hat, damit kein anderer dort hineinschauen kann. Was haben Sie denn alles an Treuhandvermögen? (Zwischenruf des Abg. Eder. ) Legen Sie die Sachen einmal offen! Erst dann können Sie hier über eine ordnungsgemäße Gebarung bei Ihren Parteifinanzen sprechen. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. ) Solange Sie das nicht können, haben Sie überhaupt kein Recht, über die finanzielle Gebarung irgendeiner anderen Gruppierung hier im Hohen Haus irgendetwas Negatives auszusagen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Rechnungshof hat alle politischen Parteien geprüft, er hat die Klubs geprüft. Es ist auch im Großen und Ganzen alles in Ordnung, und wir sind froh darüber. Aber eines ist Ihnen natürlich nicht gelungen – und das ist auch ganz klar bestätigt durch den Rechnungshofbericht –: Sie wollten unserem Parteiobmann nachweisen, dass die Freiheitliche Partei für ihn eine Wohnung in der Größenordnung von 30 000 S bezahlt, was Sie in den Medien immer wieder gespielt haben und was absolut unwahr ist. Gott sei Dank wurde das vom Rechnungshof bestätigt, dass das eben nicht der Fall ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Zusammenhang mit Ihren Diffamierungen, die Sie in letzter Zeit gerade auch im Hinblick auf die steirische Landtagswahl immer wieder betrieben haben, geht es auch darum, dass Spitalsbetten geschlossen werden sollen. Ich bringe dazu jetzt einen Entschließungsantrag ein, der da lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Hartinger, Steibl, Mag. Trattner, Dr. Trinkl, Fischl, Dr. Rasinger und Kollegen eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend Weiterentwicklung der österreichischen Spitalsversorgung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Nationalrat ersucht die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen, im Zuge der Verhandlungen über den österreichischen Krankenanstalten- und Großgeräteplan 2001 alle Maßnahmen zu Fragen der Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitswesens gemeinsam mit allen Bundesländern in Zusammenwirkung mit den betroffenen Gebietskörperschaften festzulegen und in diesen Verhandlungen eine Verbesserung der generellen Versorgungsqualität der österreichischen Spitäler anzustreben."

*****


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Das ist ein vernünftiger Antrag. Ich glaube, den können auch Sie unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.00

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner mit einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Edlinger.

Herr Abgeordneter Edlinger! Sie kennen die Geschäftsordnung. Bitte beginnen Sie mit der Wiedergabe des Sachverhaltes, den Sie zu berichtigen wünschen. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt bin ich aber gespannt, wie er das berichtigt, wenn das da steht!)

17.01

Abgeordneter Rudolf Edlinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Trattner hat vor wenigen Minuten behauptet, ich müsste Herrn Hom-Rusch kennen. – Das ist unwahr. Ich kenne Herrn Hom-Rusch nicht.

Er hat weiters behauptet, ich müsse ihn vom SK Rapid kennen. – Ich kenne ihn nicht vom SK Rapid, weil ich selbst nie in der AG war, in der angeblich Herr Hom-Rusch, lange bevor ich dort eine Funktion übernommen habe, tätig war.

Herr Mag. Trattner hat auch behauptet, dass ein Brief an mich gerichtet war. – Das ist wahr. Allerdings habe ich bereits mehrfach – auch öffentlich – dazu Stellung genommen und erklärt, dass dieser Brief über das Kabinett an die zuständige Abteilung gegangen und von dort aus auch erledigt worden ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter! Hat das noch mit einer tatsächlichen Berichtigung zu tun?

Abgeordneter Rudolf Edlinger (fortsetzend):  ... wie dies der zuständige Beamte auch vor dem Untersuchungsausschuss festgestellt hat.

Zur letzten Ihrer Bemerkungen: Ich habe den "Standard" nicht geklagt, weil das nicht der Stil meiner Auseinandersetzung mit einem Medium ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben es auch nicht richtig gestellt! ... werden wir schauen, wer die Wahrheit sagt!)

17.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Brosz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.02

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Hohes Haus! Die Tatsache, diese drei Berichte unter einem zu diskutieren, hat zwar gewisse Vorteile für jene, die nicht öfters hier heruntergehen müssen, hat aber den Nachteil, dass man dadurch eine ziemliche Kraut- und Rübendiskussion ins Plenum bekommt. Das lässt sich nicht vermeiden.

Ich komme wieder zurück zum Nachtrag zum Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes und möchte kurz auf den Aspekt bezüglich Erwachsenenbildung eingehen, weil das zuständige Regierungsmitglied anwesend ist, nämlich Frau Minister Gehrer. Ich möchte wirklich auf den politischen Aspekt eingehen. Sie haben anlässlich der Woche der Erwachsenenbildung letzte Woche bei der Eröffnung einige Äußerungen gemacht, die ich durchaus so unterschreiben kann, wie sie gefallen sind. Ich möchte eine davon zitieren. In der APA stand Folgendes zu lesen:


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"Mittlerweile betrage die ‚Halbwertszeit‘ des Wissens nur mehr dreieinhalb Jahre, betonte die Ministerin. Gleichzeitig verdoppele sich das Wissen alle vier Jahre. Diese Veränderungen könnten nur durch lebensbegleitendes Lernen bewältigt werden." (Abg. Fischl: Das wäre für die Sozialdemokraten auch gut!)

Dem kann man von unserer Seite aus nur zustimmen. Dann sollte man sich allerdings auch anschauen, was der Rechnungshof zum Thema Erwachsenenbildung festgestellt hat, und dann kann man einmal fragen, ob das im Zusammenhang mit diesen Erkenntnissen steht. Der Rechnungshof stellt fest, dass die Ausgaben des Bundesministeriums für Erwachsenenbildung nur 0,33 Prozent jener für die Erstausbildung an den Schulen betrugen. – Das ist vor allem im internationalen Vergleich extrem wenig.

Es heißt weiter: Die gesamten Aufwendungen für berufliche und allgemeine Weiterbildung in Österreich betrugen 1995 schätzungsweise rund 27,7 Milliarden Schilling. Im selben Jahr betrugen die Ausgaben des Bundesministeriums für die Erstausbildung an Schulen 55 Milliarden Schilling, für die Erwachsenenbildung 0,18 Milliarden Schilling. Der Rechnungshof empfiehlt daher, längerfristig auf ein ausgewogenes Verhältnis der Ausgaben für Erstausbildung zu jenen der Weiterbildung zu achten.

Wenn dem so ist, dann schauen wir einmal zurück: Budgetdebatte, Stichwort Kürzung um 15 Prozent. Was betraf das? – Natürlich auch die Gelder der Erwachsenenbildung. Dass das nicht alles so harmlos ist, wie man das dann darstellt – jeder könne irgendwie sparen, man könne umschichten und es gehe dann alles weiter –, zeigt sich am Beispiel der Volkshochschulen, die mittlerweile einfach Mitarbeiter entlassen mussten. Dabei geht es gar nicht darum, wie ein Gespräch mit deren Vertretern ergeben hat, das im Übrigen auch die anderen Bildungssprecher geführt haben, dass die Kurse mitfinanziert werden sollen, denn diese tragen sich in der Erwachsenenbildung ohnehin schon selbst. Die Finanzierung ist da sehr gering. Aber auch die Strukturmaßnahmen sind damit nicht mehr aufrechtzuerhalten. Und jeder, der sich zur Er-wachsenenbildung bekennt, wird sich wohl auch zur Struktur der Erwachsenenbildung bekennen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Eine Antwort zu den Aussagen des Kollegen Großruck, der vorher gemeint hat, man sollte konkrete Beispiele für ÖVP-Ministerien nennen, bei denen es durchaus etwas zu untersuchen gäbe. Ein Beispiel hat Ihre – mittlerweile – Koalitionspartnerin Frau Ministerin Sickl geliefert. (Abg. Dr. Trinkl: Das ist kein ÖVP-Ministerium!)

Das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie war vor Amtsantritt von Frau Ministerin Sickl ein ÖVP-Ministerium, es stand unter der Verantwortung von Minister Bartenstein. Sie werden sich vielleicht daran erinnern: Da gab es diese Anfragebeantwortung, bei der die Opposition die Mehrheit bekommen hat, und die Anfrage musste noch einmal beantwortet werden. Jetzt könnte man Frau Bundesministerin Sickl vorwerfen, sie habe die erste und die zweite Antwort sehr unterschiedlich gelegt. Ich will ihr einmal zugute halten, dass sie neue Informa-tionen bekommen hat. Nun stand da drinnen, dass einerseits die Aufsichtspflicht des Ministeriums verletzt worden ist, dass die Ausschreibungsnormen nicht berücksichtigt worden sind und dass andererseits disziplinäre und strafrechtliche Konsequenzen überprüft werden. – Das ist ein durchaus herber Schlag für ein ehemaliges ÖVP-Ministerium.

Man kann jetzt noch in den Rechnungshofbericht hineinschauen. Da gibt es ein zweites Beispiel – ebenfalls mit sehr guten Verbindungen zur ÖVP. Ich spreche vom Österreichischen Institut für Familienforschung, in dem Ihr Experte, der dann zum ÖVP-Experten mutiert und in diversen Ausschüssen auftritt, Herr Dr. Schattovits, der Geschäftsführer ist. Das hat mich im Übrigen sehr verwundert, als wir beim Volksbegehren darüber diskutiert haben. Der zweite ÖVP-Experte hat gefehlt, und Herr Dr. Schattovits hat dann gleich doppelt so lange geredet, weil er meinte, ÖVP ist ÖVP. Vom einem unabhängigen Experten, wie es dargestellt wurde, kann man in diesem Fall wirklich nicht sprechen.

Faktum ist auf jeden Fall – das steht sogar im Rechnungshofbericht, Herr Kollege Großruck; Sie müssen das nur lesen, dann wissen Sie, dass auch da ein Ministerium stark kritisiert wird –:


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"Der Rechnungshof kritisierte, dass das Vergabeverfahren teilweise mangelhaft durchgeführt wurde und nicht den Vorgaben des Bundesvergabegesetzes entsprach."

Das ist wohl ein sehr ähnlicher Vorwurf wie jener, der Frau Kollegin Sickl bezüglich des Jugendressorts gemacht wurde.

Jetzt sind es bereits zwei Beispiele, die beide Ihren Minister Bartenstein betreffen. Ich würde meinen, wenn Sie untersuchen wollen, dann fände sich in diesem Ministerium jede Menge an Dingen, die mindestens genauso spannend wären wie das, was Sie in den SPÖ-Ministerien suchen. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Österreichischen Institut für Familienforschung könnte man noch einiges sagen. Man könnte einiges von seinen Stellungnahmen zitieren. Diese waren durchaus in einer Form, von der ich sage, dass das konservative Familienbild der ÖVP hier durchgedrungen ist. Ich möchte aber auf einen Punkt aufmerksam machen. (Zwischenruf des Abg. Großruck. )  – Das stimmt nicht. Ich überlasse das dann der Bewertung derer, die die Publikationen lesen.

Nichtsdestotrotz hat Herr Dr. Schattovits eine Äußerung gemacht, die bemerkenswert war. Das Institut hat gedacht: Na ja, demnächst ist auch der Kinderscheck ein Thema in der Politik. Machen wir eine Untersuchung zum Kinderscheck! – Übrigens ist das wieder ein Naheverhältnis: Die ÖVP braucht das, und das Institut macht das ohne Auftrag von sich aus. Aber das Spannende ist: Herr Dr. Schattovits hat festgestellt ... (Abg. Dr. Trinkl: Nicht jede Arbeit ist ein Skandal!)  – Die Arbeit ist kein Skandal. (Abg. Dr. Trinkl: Da bin ich froh!) Das ist überhaupt kein Skandal. Der Skandal liegt allerdings – auch vielleicht übertrieben – jetzt vor. Zumindest ist es Tatsache, dass sich das Ministerium ein eindeutig der ÖVP zuzuordnendes Institut so weit finanziert, dass man das einfach politisch verwerten kann. Und das ist nicht wirklich Aufgabe eines Bundesministeriums. Das muss man wohl auch klar feststellen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rosemarie Bauer: Das war der Wille der Abgeordneten, Herr Kollege!)

Die Kinderscheck-Studie war sicher kein Wille dieses Hauses. Das war ein eigens an das Ministerium herangetragenes Projekt des Österreichischen Instituts für Familienforschung. Wer diese Kinderscheck-Studie gebraucht hat, ist wohl klar – oder muss man das jetzt auch noch betonen? (Beifall bei den Grünen.)

Herr Dr. Schattovits hat jedoch festgestellt, er sei nicht bereit, eine Kinderscheck-Studie zu erstellen, in der nur österreichische Mütter begünstigt werden sollen. (Abg. Rosemarie Bauer: Sie verwechseln da etwas!) Das war noch zu Zeiten der schwarz-roten Regierung. Jetzt bin ich sehr gespannt, wie dieses Institut angesichts der Situation, wie sie nun in der Bundesregierung vorherrscht, angesichts dessen, was der Herr Landeshauptmann von Kärnten von sich gegeben hat, mit dieser Forderung umgeht. Ich wünsche mir in diesem Punkt, dass dieses Institut bei seiner Linie bleibt. Vielleicht erspart es uns dann wenigstens eine traurige politische Diskussion in diesem Land. (Beifall bei den Grünen.)

17.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

17.10

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr verehrte Frau Ministerin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Der Rechnungshof als Instrument der Kontrolle trägt wesentlich zur Effizienzsteigerung, aber auch zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung in unserem Lande bei. Diese Bundesregierung hat sich diesem Ziel ganz besonders verschrieben. Daher ist die Arbeit des Rech-nungshofes so wichtig, zusammen mit der Bundesregierung diese Ziele auch umzusetzen. Ich danke daher für die von Einsatz, Sachkenntnis und Engagement getragene Arbeit der Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter dieses so wichtigen Kontrollorgans. Danke, Herr Präsident! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Wir beschäftigen uns heute mit einem Nachtrag zum Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998, und wir beschäftigen uns auch mit dem Sonderbericht über die Finanzierung der politischen Parteien. Meine Kollegen werden zum zweiten Teil noch einige Details bringen.

Einige kurze Bemerkungen zu einem Teil des Nachtrages, nämlich zur Veräußerung der Bundesanteile der Creditanstalt-Bankverein an die Bank Austria, möchte ich hier selbst verlieren. Dieser Verkauf hat zwei Dimensionen: einerseits eine technisch-wirtschaftliche, andererseits aber auch eine immense politische. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was die technische Seite anlangt, so wird man allen Beteiligten eine professionelle Abwicklung bestätigen müssen. Zu dieser Erkenntnis kommt auch der Rechnungshof.

Anders sieht natürlich die politische Beurteilung aus, denn hier blieben viele Fragen offen. Nicht zuletzt war gerade dieser Verkauf auch Ursache dafür, dass dieses Haus einen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses einsetzte, um die politischen Hintergründe auszuleuchten. Der Bericht ist nun fertig und wird in Kürze diesem Haus zugeleitet werden. Wir werden dann versuchen, diese politischen Fragen näher zu begründen. (Abg. Mag. Kogler: Wir kriegen ihn ja erst am ...!) Nur: Die Verbindungen des Herrn Bundeskanzlers Vranitzky zur WestLB und die damit zusammenhängende Thematik der Freiflüge, die eventuell zu einer möglichen Beeinflussung geführt haben, blieben im Unklaren.

Ich darf Herrn Kollegen Brix Folgendes sagen: Er hat behauptet, man lasse die Opposition nicht an die Kontrolle heran. – Ihr wolltet ja nicht kontrollieren! (Zwischenrufe der Abgeordneten Edler und Brix. ) Ihr habt ja die Geschäftsordnung immer dazu verwendet, um Fragen nicht zuzulassen, die selbst Herr Kollege Kogler gerne beantwortet haben wollte. Dass sich jetzt die Opposition hier beklagt, man lasse sie nicht an die Kontrolle ...! Hier wäre die Möglichkeit dazu gewesen. Hätten Sie mitgeholfen! Hätten Sie kontrolliert! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie brauchen sich daher nicht zu wundern, dass die Volkspartei diesem Deal seinerzeit kritisch gegenüberstand und es aus den genannten Gründen auch heute noch tut.

Zum Sonderbericht einige Anmerkungen. Es geht hier um öffentliches Geld, das den politischen Parteien, aber auch den Parlamentsklubs zur Verfügung gestellt wird. Erlauben Sie, dass ich zu einer Anmerkung des Rechnungshofes, die die ÖVP betrifft, kurz Stellung nehme. Es wurde festgestellt, dass vereinzelt hohe Kosten für die Inszenierung von Veranstaltungen anfielen. Ich darf Ihnen sagen, Herr Präsident, für unsere Fraktion gilt Folgendes: Qualität geht vor Quantität, und die Auswahl des Veranstaltungsortes ist zweifelsohne ein wesentlicher Faktor für den Erfolg einer öffentlichkeitswirksamen Veranstaltung. Und ich freue mich, dass unsere Verantwortlichen so kreativ sind, denn Kreativität sollte eigentlich kein Hindernis auf dem Weg zum Erfolg sein. Wenn kreative Plätze gefunden werden, so sollte das auch vom Rechnungshof so zur Kenntnis genommen werden. Wir würden uns zumindest darüber freuen.

Der Anlassfall für diese Sonderprüfung des Rechnungshofes aber war ein ganz anderer, meine Damen und Herren. Er liegt schon einige Jahre zurück. Der Anlassfall waren dubiose Transferleistungen vom SPÖ-Klub in die SPÖ; und da ging es bitte nicht um einige hunderttausend Schilling, da ging es um Millionen! Der Rechnungshofbericht spricht von 24 Millionen Schilling. Grundlage für diese Transaktionen sollte eine mündliche Vereinbarung des Herrn Klubobmannes mit dem Parteigeschäftsführer sein. Auf Grund der Diskussionen in der Öffentlichkeit hat man die Flucht nach vorne angetreten und der Wirtschaftsprüfer der Partei hat festgestellt: Don’t worry, es ist alles in Ordnung. – Dieser Wirtschaftsprüfer heißt meines Wissens Dr. Staribacher. Das ist also ein ganz unabhängiger Mann in der SPÖ, und dieser Wirtschaftsprüfer hat, wie gesagt, die widmungsgemäße Verwendung festgestellt.

Jetzt ist es richtig – das stellt auch der Rechnungshof fest –, dass Transaktionen zwischen dem Klub und der Partei nicht grundsätzlich ausgeschlossen sind, wenn ein Zusammenhang gegeben ist. Seien Sie mir nicht böse, aber mir kommt es eigenartig vor, wenn der eigene Prüfer feststellt, dass das in Ordnung ist! Und mir kommt es eigenartig vor, wenn Millionen hinüber


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transferiert werden, ohne geeignete Belege vorzulegen. Das ist mir zu wenig. Der Vorwurf der Parteienfinanzierung bleibt, auch wenn die Angelegenheit schon Jahre zurückliegt. Aber heute ist der Tag, hier darüber zu reden.

Bei uns in der ÖVP dagegen stehen echten Rechnungen echte Leistungen gegenüber, und wenn Honorare bezahlt werden, halten sie jedem Fremdvergleich stand. Das wird ein Fachmann, der in diesem Sektor tätig ist, gerne bestätigen.

Über das LIF möchte ich in diesem Zusammenhang nicht reden. Meine gute Erziehung verbietet es mir, Nicht-mehr-Lebende zu kritisieren.

Spannender aber ist es, wenn man Vorgänge im SPÖ-Klub aus dem Jahr 1997 noch einmal beleuchtet. Dabei geht es um Rückstellungen, die man offensichtlich bilden musste, um erhaltene Beträge auch zu rechtfertigen. Der Rechnungshof bestätigt in diesem Zusammenhang, dass diese Vorgänge nicht mit der parlamentarischen Aufgabenerfüllung im Einklang stehen. Aber köstlich wird die Geschichte vor dem Hintergrund, wenn man fragt: Wo ist das Geld? – Der SPÖ-Klub gibt an, das Geld liegt auf einem Sparbuch. Und auch hier geht es wieder um Millionen, die auf Sparbüchern liegen. Ich könnte Herrn Gusenbauer einen guten Tipp geben, falls er sein 400-Millionen-Schilling-Loch abdecken will: Er soll rundherum schauen, ob es noch irgendwo andere Sparbücher gibt. Er könnte auf diese Art und Weise sein Problem lösen. (Abg. Edler: Die ÖVP soll offen legen!)

Wir haben ja keine Probleme. Wir waren ja nicht Gegenstand einer Sonderprüfung. Ihre Partei war Gegenstand dieser Sonderprüfung. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen. Ihr wart der An-lassfall dafür. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Brix und Edler. )

Herrn Brosz möchte ich nur eines sagen: Er hat hier gesagt, es gebe so viele Unzulänglichkeiten, Ungenauigkeiten. Den grünen Klub betreffend verzeichnet der Rechnungshof – einen Satz darf ich zitieren – Folgendes:

Der Rechnungshof meint dazu höflich – zu höflich meiner Meinung nach –, die Doppelerfassung von Aufwendungen wäre zu vermeiden. – Ich hoffe, Sie verstehen, was ich meine.

Ich freue mich, dass unser Klubkassier Georg Schwarzenberger – jeder, der ihn kennt, hätte nichts anderes vermutet – unsere Finanzen entsprechend darstellen konnte. Wir haben nichts zu verbergen. Wir konnten vieles aufklären. Unsere Finanzen sind in Ordnung. Georg, wir danken dir dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

Erlauben Sie, dass ich noch eine Anmerkung zum klinischen Mehraufwand mache, der auch Gegenstand dieses Rechnungshofberichtes war. Herr Kollege Trattner hat einen Entschließungsantrag eingebracht, der endlich klarstellen soll, dass Herr Landesrat Dörflinger in der Steiermark aufhören soll, den Leuten Angst zu machen. Ich habe selbst vor wenigen Tagen einen Zeitungsbericht der "Kleinen Zeitung" in die Hand bekommen, in dem zu lesen steht, sieben – ich glaube sieben – steirische Spitäler sind von der Schließung bedroht. (Ruf bei der SPÖ: Sechs!) Oder sechs. Ich weiß es nicht. Aber nach dem Motto Dörflinger: Es kann nie genug sein, können es auch sieben sein.

Jetzt weiß man jedoch, dass gerade die Gesundheit jener Bereich ist, auf den die Menschen sehr sensibel reagieren. Und ich frage jetzt den Herrn Landesrat Dörflinger: Warum sollte irgendjemand auf die Idee kommen, das Marienkrankenhaus Vorau zu schließen? – Das wäre falsch. Dieses Krankenhaus ist hervorragend ausgestattet, es genießt eine ausgezeichnete Akzeptanz bei der Bevölkerung, es ist völlig neu gestaltet, es ist jeden Tag voll, man bekommt dort kein Bett. Warum soll man solch ein Krankenhaus schließen? Und wenn man es nicht tun soll, warum steht es dann in der Zeitung? – Nur um den Menschen Angst zu machen!

Ich darf Ihnen Folgendes sagen – auch wenn Landtagswahlen ins Haus stehen und Ihnen Ihre eigene Performance im Augenblick nicht besonders gefällt; ich kann auch nichts dafür, dass die Leute am Ruder sind, die am Ruder sind –: Ich bitte Sie, hören Sie endlich auf, Blendgranaten


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abzufeuern! Der Bürger ist nicht so dumm, wie Sie vielleicht glauben, und er wird Ihnen, so fürchte ich, am 15. Oktober die richtige Antwort geben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Edler. )

17.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten.

17.2


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1

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich kann hier nahtlos an die Ausführungen meines Vorredners Trinkl anschließen und muss mich auch mit der Schließung steirischer Spitäler befassen. Es sind tatsächlich sechs Spitäler, die laut Bundesplan, meine Damen und Herren, zugesperrt werden sollen, und zwar die Spitäler in Vorau, Fürstenfeld, Radkersburg (Abg. Schwarzenberger: Der Staatssekretär schüttelt schon den Kopf!), Kalwang, Mürzzuschlag und Mariazell.

Aber was ist das Entscheidende, meine Damen und Herren? Was sagen die politisch Verantwortlichen dazu? – Der Herr Staatssekretär – ich bin sehr froh darüber, dass er hier ist –, Herr Universitätsprofessor Dr. Reinhart Waneck, sagt: Ob Spitäler geschlossen werden oder nicht, liegt allein in der Kompetenz der Bundesländer, in diesem Fall der Steiermark.

Herr Staatssekretär! Warum heißt es dann aber die Frau Landeshauptmann betreffend heute in der "Kleinen Zeitung": Ein klares Nein zu völlig unakzeptablen Schließungskonzepten, betont hingegen Waltraud Klasnic. – Das ist ja gar nicht notwendig, wenn sie ohnehin für das Land Steiermark selbst zuständig ist. (Ruf bei der ÖVP: Weil es der Dörflinger sagt!)

Um Ihnen, meine Damen und Herren von der ÖVP, zu helfen, bringe ich einen Entschließungsantrag ein, der diese Frage klären wird. Das ist vor den steirischen Landtagswahlen sehr wichtig, da bekannt ist, dass Herr Finanzminister Grasser drei Tage nach dem Wahltermin – drei Tage nach dem Wahltermin! – ein Gesamtsparpaket präsentieren wird:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Heidrun Silhavy, Heinz Gradwohl, Anna Huber, Mag. Brunhilde Plank, Sophie Bauer, Ludmilla Parfuss, Karl Dobnigg und GenossInnen betreffend die Schließung von steirischen Spitalsstandorten

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Nationalrat fordert die Bundesregierung auf, die Schließung von steirischen Spitalsstandorten – im Sinne der Erklärung der steirischen Landeshauptfrau Klasnic – unter allen Um-ständen zu verhindern und von den Einsparungen in der Höhe von 3 Milliarden Schilling im österreichischen Krankenanstaltenwesen, wovon 420 Millionen Schilling auf die Steiermark entfallen, abzusehen."

*****

Meine Damen und Herren! Die steirische Öffentlichkeit wird mit großem Interesse Ihr Abstimmungsverhalten beobachten. (Beifall bei der SPÖ.)

17.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kräuter, Silhavy, Gradwohl, Huber und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hartinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.

17.23

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte Ihnen heute eine Mängelliste der letzten SPÖ-Regierung und vor allem Versäumnisse im Gesundheitsbereich präsentieren. (Abg. Huber: Das ist aber relativ lange her!) – So lange ist es noch nicht her, Frau Kollegin, dass Sie in der Regierung waren. (Abg. Huber: Die "letzte SPÖ-Regierung"!) Aber Sie haben Recht: Es war zu lange! Das ist einmal sicher. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Rechnungshof stellt fest, dass im Verwaltungsjahr 1998 der Kostenersatz für klinischen Mehraufwand uneinheitlich ist, es gibt keine Transparenz, es gibt einen Kompetenzdschungel, es gibt keine Anpassung des Bettenschlüssels. – All das sind Punkte, die auf Bundesebene vor einiger Zeit noch in Ihrer Verantwortung lagen, in der Verantwortung von Frau Minister Hostasch, von Herrn Minister Einem.

Eines möchte ich Ihnen, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, schon sagen: Ihre Stärke liegt in einem Punkt, nämlich im Polemisieren, Falschmelden und Angstschüren. Darin liegt Ihre Stärke! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe im Gesundheitsbereich noch nie erlebt – auch in keinem Teilbereich (Zwischenruf der Abg. Huber  – Abg. Haigermoser: Keine Polemik aus den Oppositionsbänken! Frau Huber, unterlassen Sie die Polemik!), egal, ob es die Sozialversicherung, die KAGes oder die Landespolitik im Gesundheitsbereich ist –, dass Sie Fachkonzepte vorgelegt haben, Frau Kollegin. Das habe ich noch nie erlebt. An der Sache sind Sie nicht interessiert. Es geht Ihnen rein um das Funktionärswesen, darum, dass Sie im Sozialversicherungsbereich Ihre Funktio-näre haben, dass Sie im landespolitischen Bereich, zum Beispiel im Gesundheitswesen, Ihre politischen Freunde unterbringen. Der Parteiproporz ist das, was Sie interessiert. An der Sache sind Sie nicht interessiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da der liebe Herr Kollege Kräuter hier jetzt auch Parteipolitik machen wollte – wir haben das ja schon geahnt, da Landtagswahlen vor der Tür stehen –, möchte ich ihm schon Folgendes mitgeben: Lieber Herr Kollege Kräuter! Herr Landesrat Dörflinger ist jetzt schon mindestens seit vier Jahren Gesundheitslandesrat der Steiermark, und ich weiß sehr genau, was er dort gemacht hat, er hat nämlich auch nur polemisiert. (Abg. Dr. Kräuter: Sind Sie für die Schließung der Spitäler?) Er hat damals mit Frau Genossin Hostasch – Bundesministerin Hostasch damals – den vom ÖBIG vorgeschlagenen österreichischen Krankenanstaltenplan (Abg. Dr. Kräuter: Stimmen Sie meinem Antrag zu!)  – hören Sie zu, Herr Kollege! – unterschrieben. (Abg. Gaugg: Das hat er schon vergessen!) Herr Landesrat Dörflinger hat damals diesen österreichischen Krankenanstaltenplan unterschrieben. Es war das, bitte, eine Empfehlung des ÖBIG. Das hat er jetzt absolut vergessen.

Von einer Schließung der Spitäler war hier nie die Rede (Abg. Dr. Kräuter: Dann stimmen Sie zu!), und jetzt zu sagen, es wäre die Idee unseres Herrn Staatssekretärs, diese Spitäler zu schließen, ist wirklich ein Unfug, der zum Himmel schreit. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kräuter: Dann stimmen Sie gegen die Schließung!)

Der Herr Staatssekretär hat garantiert, bitte – das war gestern in Presseaussendungen zu lesen –, dass keines der Spitäler geschlossen wird, dass die Standorte gesichert sind. Dass aber Umstrukturierungen notwendig sind, ist keine Frage. (Abg. Huber: Sie brauchen ja nur zuzustimmen!)

Herr Kollege! Sie selbst werden doch auch wissen, dass es auf der einen Seite im chirurgischen Bereich Auslastungen von nur 40 Prozent gibt, dass es aber auf der anderen Seite dringend erforderlich ist, Rehabilitationseinrichtungen zu haben. Ich kann Ihnen sagen, fast täglich rufen mich Menschen an, die beispielsweise eine Hüftoperation oder einen Oberschenkelhalsbruch gehabt haben und eine Rehabilitation brauchen (Abg. Huber: Stimmen Sie jetzt zu oder nicht? Ja oder nein?), jedoch keine Möglichkeit haben, einen Rehabilitationsplatz zu bekommen,


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obwohl es dringend notwendig wäre, die Patienten nach Operationen sofort wieder zu aktivieren. Dort sind die Probleme.

Man muss die Gesundheitspolitik gesamtheitlich sehen und kann nicht nur sagen: Wir brauchen Spitäler!, oder: Wir schließen Spitäler! – Man muss die Gesundheitspolitik gesamtheitlich sehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zu einzelnen Standorten, die angeblich geschlossen werden sollen – vielleicht hat Herr Landesrat Dörflinger im Kopf, diese in der nächsten Gesetzgebungsperiode zu schließen; aber ich versichere Ihnen, er ist sicher keine zweite Gesetzgebungsperiode Landesrat –: Vorau, Bad Aussee.

Vorau ist ein ausgezeichnetes Spital – Kollege Trinkl hat das schon gesagt –, es bekommt jetzt einen Notarztwagen dazu. In Bad Aussee gibt es einen Gesundheitspark. Sie wissen ganz genau, dass in der Bundesstrukturkommission der Plan vorliegt, dort eine Einrichtung zu schaffen. Wer stimmt denn dort nicht zu, bitte, bei der Finanzierung etwas zu machen? – Die Sozialversicherung! Die Sozialversicherung stimmt nicht zu. Sie ist der Bremser, sodass man nicht gesamtheitliche Gesundheitspolitik machen kann.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie haben heute der Frau Minister soziale Kälte vorgeworfen. Ich sage Ihnen Folgendes: Ihre Sozial- und Gesundheitspolitik, meine Damen und Herren, ist vor lauter Kälte schon eingefroren. Sie sind in der Eiszeit (Beifall bei den Freiheitlichen), und in der Eiszeit hat man mit Keulen herumgeschlagen – das passt zu Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Großruck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

17.29

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich vorweg dem Dank meines Freundes Trinkl an den Rechnungshof anschließen. Herr Präsident! Ich möchte Ihnen und Ihrem Team sehr herzlich danken für die hervorragende Arbeit, die Sie leisten, für die professionelle Arbeit, für die wichtige Arbeit, aber auch für die nicht immer leichte Arbeit. Ich habe mich im Gespräch mit Ihren Beamten etwas über diese Arbeit informieren können.

Das größte Lob, das man bekommen kann, ist, wenn es von allen Seiten kommt, denn dann ist auch Objektivität gegeben. Und das größte Lob haben Sie, glaube ich, vor kurzem vom Linzer Bürgermeister bekommen, als Sie die Einrichtungen der Stadt Linz geprüft haben und er gesagt hat: Das gefällt mir, ich habe mir eine große Beratungsfirma erspart. Das, was der Rechnungshof geliefert hat, hat uns viel Geld erspart! – Ich glaube, so sollten wir auch die Arbeit sehen und auch das Kompliment an den Rechnungshof weitergeben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Präsident! Sie und Ihre Mitarbeiter werden wahrscheinlich auch in Zukunft nicht über mangelnde Arbeit zu klagen haben, denn nach dem Ende der sozialistischen Regentschaft, nach 30 Jahren, sind viele Fragen offen geblieben. (Abg. Edler: ÖVP-Ministerium!) Ein Spiegel- und ein Sittenbild werden so manche Rechnungshofberichte abgeben, davon bin ich überzeugt.

Es sind einige Fragen offen geblieben, und sie stellen sich: Wie war das genau mit den Gratisflügen des Herrn Vranitzky mit der WestLB? – Da werden wir ja noch einen eigenen Ausschussbericht diskutieren können. (Abg. Edler: Da war gar nichts dahinter!) Wie macht man es dem kleinen Mann, den Sie vertreten, klar, dass so ein Flug von Düsseldorf nach Wien 180 000 S gekostet hat? – Das werden wir klären müssen, da wird Erklärungsbedarf bestehen.

Wie war das genau, oder wie ist das genau mit der Aufteilung der Kosten der Universitätskliniken in Österreich? (Abg. Edler: Wie war das mit dem Waffengeschäft?)  – Herr Primar


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Dr. Grünewald hat hier ganz hervorragend und sehr sachlich die Problematik beleuchtet. (Abg. Edler: Wie war das mit dem Waffengeschäft?) Ich stehe nicht an zu sagen, dass es das erste Mal war, dass ich einem Grünen applaudiert habe, Herr Primar! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Edler: Wie war das mit dem Waffengeschäft?)

Wie schaut es aus mit der Abrechnung des AKH Wien, das noch immer im Errichtungsstadium ist? Wie schaut es aus mit der Bezahlung des medizinischen Personals? – Das alles sind Fragen, die ein Prüfungsbericht – wofür der Antrag kommen wird – unmissverständlich klären soll.

Oder wie war das mit dem "Euroteam"? – Auch das wird uns beschäftigen. Da haben wir von dem Rohbericht schon einige Daten bekommen. Ist bei der Vergabe der 100 oder 150 Millionen Schilling alles mit rechten Dingen zugegangen? – Auch das wird aufgeklärt werden, meine Damen und Herren, und es wird ein Spiegel- und Sittenbild nach 30-jähriger Regentschaft der SPÖ sein!

Herr Abgeordneter Mag. Kogler! Als Sie hier den Prüfbericht über den Verkauf der CA an die Bank Austria erklärt und betrachtet haben, haben Sie diesem Bericht zu Unrecht einen Persilschein ausgestellt. Sie haben ihn sozusagen mit einem Grünen Star gesehen. Denn ich gebe Ihnen darin Recht: Der Vorwurf, dass etwas unsachlich oder nicht korrekt gelaufen wäre, scheint in diesem Rechnungshofbericht nicht auf. Aber man muss, so glaube ich, zwischen den Zeilen lesen, um zu sehen, ob alles in Ordnung war.

Ich möchte auch die politische Dimension beleuchten, meine Damen und Herren. Wenn man den Rechnungshofbericht, was den CA-Verkauf anbelangt, zwischen den Zeilen liest und kryptisch betrachtet, dann steckt mehr dahinter als nur ein sachlicher Bericht. Da steckt beispielsweise dahinter, dass bereits im Jahre 1991 dem damaligen Finanzminister Ferdinand Lacina der Auftrag erteilt wurde und dass er vier oder fünf Jahre lang nichts getan hat. Er hat vier Jahre lang keine Initiative ergriffen, und es ist nach vier Jahren nicht klar gewesen, was man eigentlich will: Welchen Partner will man? Will man eine große Streuung? Will man einen strategischen Partner?

Da steht beispielsweise zu lesen, dass vielleicht auch das Honorar an J.P Morgan mit 73,5 Millionen Schilling, die diese Firma bekommen hat, etwas zu hoch war. Ich kann es nicht beurteilen. Der Rechnungshof sagt, dass dieses Honorar überhöht ist.

Außerdem steht drin – und jetzt kommt für mich die politische Dimension –, dass viele Anbieter da waren und dass in der Koalition eigentlich eine Einigung darüber bestanden hätte, an wen verkauft werden sollte.

Meine Damen und Herren! Es ist ganz gut, wenn man solche Berichte aus dem Blickpunkt der Geschichte betrachtet oder zurückschaut. Denn da wird manches klar. Zum Zeitpunkt der Diskussion gibt es vieles zu berichten und zu behaupten. Ich gebe Ihnen dafür nur ein Beispiel.

Sie wissen, dass die CA entgegen der Vereinbarung in der Koalition an die Bank Austria verkauft wurde. Herr Generaldirektor Randa hat laut "Salzburger Nachrichten" vom 16. November 1996 Folgendes gesagt – 1996, in der heißen Phase des Verkaufs, als man eigentlich schon gemunkelt hat –:

Auch werden die kolportierten Ambitionen von Bank-Austria-Chef Gerhard Randa heftig dementiert. Wir bieten sicher nicht an, diese Gerüchte haben die Qualität einer Karnevalsveranstaltung, sagte Randa, der angesichts der Spekulationen zwischen Ärger und Verwunderung schwankt. – "Salzburger Nachrichten", 16. November 1996.

Dann hat es diesen Ausschuss gegeben, in dem ebenfalls der Bericht zur Diskussion ge-standen ist. Dort hat Generaldirektor Randa gesagt, und zwar am 31. Mai 2000:

Erste Überlegungen für einen Erwerb der CA-Anteile seien im engsten Kreis im Sommer 1996 erfolgt. Die Bank Austria sei damals gut mit Kapital ausgestattet gewesen. – Sommer 1996! Im


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November 1996 hat sich Herr Randa nicht mehr daran erinnern können. Er hat gesagt: Es ist eine "Karnevalsveranstaltung".

Meine Damen und Herren! Es ist das gute Recht jedes Direktors und jeder Firma, strategisch zu arbeiten. Aber wenn es hier eindeutige Aussagen gibt – und jetzt müssen Sie mir helfen, Herr Präsident, damit ich keinen Ordnungsruf bekomme –, würde ich, wenn ich nicht Abgeordneter wäre, sagen: Die haben gelogen wie gedruckt!, als Abgeordneter aber sage ich: Sie haben mit der Wahrheit hinter dem Berg gehalten, und der Berg war nicht das Leithagebirge, das waren nicht die Alpen, sondern das war mindestens der Himalaja.

So haben Sie uns "informiert", und so haben Sie uns wirklich informiert, und das, meine Damen und Herren, ist das Sittenbild, das hier erkennbar wird und das wir Ihnen vorwerfen, das Sittenbild, das zwischen den Zeilen gelesen werden muss: dass Sie Behauptungen aufstellen und erst dann das Gegenteil zugeben, wenn es bewiesen ist.

So wird es sich wahrscheinlich auch mit den Flügen des Herrn Vranitzky verhalten. Wir können also gespannt sein, was sich hier bei weiteren Untersuchungen noch ergeben wird. Ich hoffe, dass sich die Vorwürfe, die erhoben worden sind, nicht bewahrheiten werden. Sollten sie sich bewahrheiten, meine Damen und Herren, dann werden Sie die Konsequenzen zu tragen haben. Dann sind viele Diskussionen, die heute geführt werden, wahrscheinlich klein gegenüber dem, was bei diesen Prüfungen herauskommen wird! – Ich bedanke mich herzlich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.37

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Leikam zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

17.37

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Kollege Großruck, ich glaube, man soll sich nicht zu früh freuen. Aber eines soll trotz der Kürze der Zeit, die mir zur Verfügung steht, festgestellt werden: Ihre Fraktion und die Fraktion der Freiheitlichen haben einen von der sozialdemokratischen Fraktion eingebrachten Antrag auf Rechnungshofprüfung auch des Wirtschaftsministeriums abgelehnt. Sagen Sie doch der Öffentlichkeit, was Sie dort zu verbergen haben, wo Ihre Minister tätig gewesen sind! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben überhaupt kein Problem, wir haben dem Antrag auf Prüfung durch den Rechnungshof zugestimmt. Aber Sie haben das abgelehnt. Sie haben offensichtlich sehr viel zu verbergen, sonst hätten Sie unserem Antrag zustimmen können! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes mit dem Nachtrag für das Jahr 1998 zeigt natürlich eine breite Palette. Das reicht quer durch alle Ministerien und quer durch unsere Republik. Es ergibt sich dadurch natürlich auch in der Debatte, dass verschiedene Themen erwähnt werden sollten. Dazu kommt noch, dass ursprünglich eigentlich geplant war, diesen Rechnungshofbericht noch vor dem Sommer hier im Haus zu diskutieren. Er ist heute auf der Tagesordnung, also sind wir schon etwas weit weg von der Debatte im Ausschuss. Dennoch, glaube ich, sollte man sich hier einiges in Erinnerung rufen.

Ich tue das für den Bereich der inneren Sicherheit und meine hier die Prüfung des Landesgendarmeriekommandos Salzburg, weil das eine typische Prüfung war, nämlich für eine von Minister Löschnak eingeleitete Reform der Bundesgendarmerie, die viele Veränderungen mit sich gebracht hat und am Beginn, als diese Reform eingleitet wurde, auch auf Widerstand gestoßen ist. (Abg. Gaugg: Und den habt’s abg’sagelt!) Der Rechnungshof kommt hier – im Großen und Ganzen, möchte ich sagen; es sind einige Kritikpunkte enthalten – zu der Erkenntnis, dass diese Reform gut war, dass sie wichtig war und dass sie eine Reform ist, die zweckmäßig in ihren Auswirkungen war.


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Kritik gibt es – ich habe es schon gesagt – in einigen kleineren Bereichen, vor allen Dingen aber an der Schnittstelle zwischen dem Landesgendarmeriekommando und der Sicherheitsdirektion. Hier wäre es überhaupt einmal angebracht, Herr Präsident des Rechnungshofes, ein bisschen ausführlicher auf diesen Bereich einzugehen, denn ich muss auch sagen: Ich habe kein Verständnis dafür, dass Erlässe über die Sicherheit von Ministerium und Sicherheitsdirektion zu den Landesgendarmeriekommanden und Polizeidirektionen weitergeleitet werden. Ich glaube, im Zeitalter der Telekommunikation kann man das direkt tun, man muss da nicht allzu viele andere Bereiche mit einbauen. Da wäre es vielleicht auch einmal ganz gut, die Situation ein bisschen intensiver zu beleuchten.

Meine Damen und Herren! Der Prüfungszeitraum war September und Oktober 1998, das war also vor fast genau zwei Jahren. Ich wage zu behaupten: Würde heute, nach zwei Jahren, der Rechnungshof wieder eine solche Prüfung vornehmen, dann würde dabei etwas ganz anderes herauskommen. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese positiven Elemente, die hier vom Rechnungshof angeführt werden, nicht mehr standhalten würden. Allzu viel ist nämlich in dieser Zeit geschehen.

Die Entwicklung, die von dieser Bundesregierung und vom Innenminister im Bereich der Bundesgendarmerie, im Bereich der gesamten Exekutive eingeleitet wurde, geht in die falsche Richtung. Sie geht nämlich in Richtung weniger Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Lande. Wir werden bei anderen Debatten noch Gelegenheit haben, sehr ausführlich darauf einzugehen.

Aber bei den Beamten, die in den letzten Jahren wirklich engagiert ihren Dienst versehen haben und mit Begeisterung dabei gewesen sind, ist von diesem Engagement derzeit kaum mehr etwas festzustellen. Alle Gendarmeriedienststellen – oder fast alle, möchte ich sagen – sind unterbesetzt. Niemand hat mehr den systemisierten Stand. Nach diesem Engagement, dieser Begeisterung ist allgemeiner Frust an den einzelnen Dienststellen eingekehrt. Das ist sicherlich nicht der Weg, den wir haben wollen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär Finz! Daran, dass dieser Frust bei der Bundesgendarmerie und bei der Polizei gegeben ist, haben auch Sie beide einen Anteil. Wenn ich auch Ihre Arbeit als Rechnungshofpräsident durchaus anerkenne – vielleicht nicht mit der Begeisterung, wie es mein Fraktionsführer Otmar Brix getan hat –, so darf ich Ihnen zumindest vorwerfen, wo Sie wenig Fingerspitzengefühl bewiesen haben, als Sie eine Debatte darüber begonnen haben, Gendarmerie und Polizei zusammenzulegen, Herr Präsident!

Und wenn Sie, Herr Staatssekretär Finz, ununterbrochen und ohne Fakten auf den Tisch zu legen – das gilt übrigens auch für den Herrn Rechnungshofpräsidenten – 1 000 Planstellen beim Bundesheer sowie 1 000 Planstellen bei der Exekutive einsparen wollen und auch nicht begründen, wie das Ganze geschehen soll, so sind das Ankündigungen, die zu diesem Frust an den Dienststellen und zu diesem Frust in der Beamtenschaft führen. Legen Sie Fakten auf den Tisch, oder unterlassen Sie in Zukunft solche Ankündigungen! (Beifall bei der SPÖ.)

17.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte, Herr Staatssekretär.

17.42

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Da ich direkt angesprochen wurde, möchte ich gleich antworten.

Die Bundesregierung hat einen Beschluss gefasst, bis zum Jahr 2003 insgesamt 11 000 Bedienstete einzusparen und weitere 4 000 Bedienstete in ausgegliederte Bereiche zu überführen. Von diesen Einsparungen ist auch die Exekutive betroffen. Es ist aber jetzt nicht so, dass die Bediensteten im derzeitigen Stadium nichts zu tun hätten. Es wäre ja ganz leicht, sie alle abzuziehen. Es geht daher nur dann – das Ganze dient natürlich der Budgetkonsolidierung –, wenn effektive Umorganisationen und Neustrukturierungen stattfinden. (Abg. Leikam: Auf Kosten der Sicherheit!)


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Es sind hierbei die Synergieeffekte zu nützen. Es gibt eben innerhalb der Verwaltung Studien, dass man, wenn man zum Beispiel in Städten, in denen es eine Polizeiorganisation gibt, diese mit der Organisation von Gendarmeriedienststellen, die flexibler ist, durchführen lassen würde, mit einem Drittel der Bediensteten durchkommen würde. Diese Synergieeffekte, dass wir getrennte Werkstätten haben, dass wir ein getrenntes Uniformwesen haben, dass wir noch immer die Massafonds haben – das alles muss natürlich neu organisiert werden, damit das Ziel der Budgetkonsolidierung erreicht werden kann.

Wir können nicht einfach nichts machen. Es gibt auch – Sie haben es ja selbst gesagt – ein veraltetes Meldewesen, in dem die EDV noch wenig genützt wird und noch wenig darauf geachtet wird, dass nicht alle Hierarchieebenen durchlaufen werden. Alle Bereiche müssen ihren Beitrag leisten. In diesem Sinne waren die Beiträge zu verstehen.

Dabei muss selbstverständlich gesagt werden: Es gibt Beispiele aus dem Ausland dafür, dass es nicht Polizei und Gendarmerie nebeneinander gibt. Wieso ist es möglich, dass es in Bayern nur die Polizei gibt? Wieso muss das getrennt sein? – Das nur mit der Tradition zu erklären, ist noch kein Beweis dafür.

Ich habe mich damit schon in sehr vielen Gesprächen beschäftigt. Dieser Tage habe ich mit dem Polizei-General Schnabl gesprochen und habe von ihm wissen wollen, worin bei der Sicherheitswache und der Gendarmerie der unterschiedliche Dienst besteht. Wir haben ja heute auch in Ballungsräumen – zum Beispiel in der Südstadt – die Gendarmerie im Einsatz; dort gibt es auch städtische Probleme. Es sind nicht so viele Unterschiede.

Aber zumindest – und das steht auch im Regierungsprogramm – sollte man bei den bestehenden Wachkörpern die Synergieeffekte besser als bisher nützen. Es kann ja keiner erklären, warum zum Beispiel das Blaulicht für die Gendarmerie gesondert vom Blaulicht für die Polizei beschafft werden muss. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.46

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Herr Präsident des Rechnungshofes, Ihnen und Ihren Mitarbeitern gilt der Dank für die geleistete Arbeit! Wenn die Arbeit auch hin und wieder unter einem engem personellen Korsett stattfinden muss und sicherlich noch etwas umfassender werden wird, bedanke ich mich für mich persönlich und für meine Fraktion für die umfassende, objektive und fachkundige Prüfung.

Ich weise entschieden die Vorwürfe des Herrn Abgeordneten Leikam zurück, hier Einschüchterungsversuche zu starten. (Widerspruch des Abg. Leikam. ) Herr Abgeordneter Leikam! Ich bin überzeugt davon, dass es bei Polizei und Gendarmerie keine Mitarbeiter gibt, die die Stechuhr bedienen und ihre Arbeitsleistung nicht erbringen. Aber Sie haben das geschafft.

Daher muss ich sagen: Ihr Einsparungspotential wäre, wenn Sie einmal auf Ihren Posten, für den Sie bezahlt werden und den Sie nicht besetzen, verzichten würden. (Abg. Leikam: Sie kennen das Ergebnis der Disziplinarkommission!) Das wäre die erste sinnvolle Einsparung, die wir erzielen könnten. Das wäre es! (Abg. Leikam: Sie kennen das Ergebnis der Disziplinarkommission!) Ja, ich kenne das Ergebnis der Disziplinarkommission. (Abg. Leikam: Sie wissen ...!) In Ihrem Interesse besteht das so!

Darf ich Ihnen nur eines sagen: Der Frust ist nicht bei Gendarmerie und Polizei, sondern bei Ihnen vorhanden, weil Sie das Innenministerium nicht mehr besetzen und bevormunden können. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leikam. ) Sie haben zwar den Kollegen Löschnak erwähnt, aber über den Kollegen Einem haben Sie höflich geschwiegen. Darüber gibt es ja Bücher, wie er sein Amtsverständnis ausgeübt hat, und Ähnliches mehr.


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Sie stellen hier Behauptungen auf, die bar jeder Wahrheit sind. (Abg. Gaál: Das machen Sie!) Ich kenne keine Aussage des Rechnungshofpräsidenten, wonach beim Bundesheer 1 000 Stellen eingespart werden sollen. (Abg. Leikam: Zuhören muss man ...!) Im Gegensatz dazu ist es dem Rechnungshofpräsidenten in Österreich wohl noch erlaubt, tatsächliche Einsparungspotentiale, die bei einer eventuellen Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei bestehen, aufzuarbeiten. Es kann doch nicht so sein, dass es ausschließlich der Einkauf von Blaulichtern ist, der Kosteneinsparungen mit sich bringt. Nicht nur Sie haben Ihre Wahrheit!

Herr Kollege Leikam! Diese Einschüchterungsversuche weise ich noch einmal auf das Entschiedenste zurück. Diese Zeit ist Gott sei Dank vorbei, jetzt gibt es einmal etwas freiere Luft zum Atmen.

Weil heute den ganzen Tag – Klubobmann Gusenbauer hat damit begonnen – von der so genannten und angeblichen "sozialen Kälte", die hier eingezogen sei, die Rede ist, werde ich Ihnen an einem Beispiel das Verhalten der Sozialdemokraten gegenüber den Menschen in diesem Land, die beschäftigt sind und verantwortungsvolle Tätigkeiten ausüben, präsentieren. Da geht es um den Residenzverlag.

Der Residenzverlag wurde vom Rechnungshof in seiner Verantwortung geprüft, weil es dort in den letzten Jahren Abgänge gab, was nicht gerade zufrieden stellend war; das wissen wir. Dort gab es einen Geschäftsführer, der über 25 Jahre ordnungsgemäß seinen Dienst versehen hatte. Anscheinend hat er den beiden Geschäftsführern im Bundesverlag nicht in den Kram gepasst, sodass sie wie ein Scherbengericht am Tag seines 25-jährigen Dienstjubiläums inklusive Notar und Nachfolgerin im Büro erschienen sind und ihn seines Büroraums verwiesen haben.

Das muss man einmal zusammenbringen – frage nicht, was geschähe, würde das eine ÖVP-FPÖ-Koalition tun und würde sie mit Menschen, die 25 Jahre lang im literarischen Bereich gute Arbeit geleistet haben, so umspringen! Den Aufschrei der Gewerkschaften möchte ich hören!

Da wird also einer, dem wirtschaftlicher Misserfolg vorgeworfen wird, fristlos entlassen, und zwar mit dem Vorwurf, er hätte wirtschaftliche Besserstellung verhindert. Interessanterweise war aber gerade im letzten Jahr vor seiner Abberufung der Abgang mit 3,7 Millionen Schilling am geringsten.

Im Jahre 1993 hat der Bundesverlag den Residenzverlag übernommen, und von diesem Zeitpunkt an ist ein wirtschaftlicher Erfolg eingetreten. Damals war derselbe Geschäftsführer beschäftigt. Tatsache ist, dass der Verlust von 5,4 Millionen Schilling im Jahre 1993 auf 7,5 Millionen Schilling im Jahre 1996 angestiegen ist. Man hat dem Geschäftsführer alle Kompetenzen weggenommen, man hat den Aufsichtsrat des Residenzverlages nicht darüber informiert, dass man mit dem Geschäftsführer nicht zufrieden sei, sondern hat intern die Entscheidung gefällt und wahrscheinlich politisch motiviert gehandelt. – Ich gehe davon aus, weil einer der Bundesverlags-Geschäftsführer der ehemalige Sekretär des Herrn Lacina war. Es war anscheinend noch immer Tradition, jemanden, der einmal Sekretär eines Ministers war, zum Geschäftsführer mit gutdotierten Verträgen zu machen.

Der genannte Geschäftsführer wurde dort mit fadenscheinigen Begründungen hinausgeworfen, in Anwesenheit eines Notars wie ein Verbrecher vorgeführt, und dann ging es um die Nachfolge. Man hat gleichzeitig mit der Ablöse dieses Geschäftsführers, dem man vorwarf, nicht wirtschaftlich zu handeln, der aber genau jene Maßnahmen gesetzt hat, die der Rechnungshof in seinem Bericht empfahl, nämlich das Angebot auf politische Sachbücher und Literatur zeitgeschichtlicher Art zu erweitern, was vom Bundesverlag untersagt wurde, eine Nachfolgerin bestimmt, und zwar am selben Tag und zur selben Stunde. Drei Tage nach Bestellung dieser Geschäftsführerin wurde die Stelle öffentlich ausgeschrieben. – Also da muss ich sagen, das ist wirklich SPÖ-Methode: Man installiert einen Geschäftsführer, drei Tage später schreibt man die Stelle aus und bedient sich eines Personalbüros.

Die ganze "Hetz" kostete den Steuerzahler 132 000 S. Selbstverständlich wurde das jene Geschäftsführerin, die es davor schon war. Sie war nämlich im Handelsregister schon eingetragen, und zwar mit 1. Februar, obwohl immer betont wurde, sie sei dort nur interimistisch


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Geschäftsführerin. Das stimmte nicht, sie war schon vor der Ausschreibung Geschäftsführerin. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Die Ablöse eines durchaus engagierten Geschäftsführers beim Residenzverlag hat sage und schreibe 1,1 Millionen Schilling an Steuergeld gekostet, weil man ihn nicht einmal mehr eine Sekunde hat arbeiten lassen, obwohl er 25 Jahre dort beschäftigt war. Das ist soziale Kälte! Das ist aber nicht nur soziale Kälte, denn man stellte einen Menschen als erfolglos hin, nur weil er einem politisch nicht in den Kram passte.

Das Erstaunliche an der ganzen Sache ist aber, dass diese Dame, die jetzt Geschäftsführerin ist, gleichzeitig Geschäftsführerin des Deuticke Verlages ist, der genau dieselben Aufgaben wie der Residenzverlag wahrzunehmen hat. Doch der Deuticke Verlag hat Verluste, er schreibt rote Zahlen. Das ist ja wirklich abenteuerlich! Also jene Dame, die bei dem einen Verlag schon Verluste geschrieben hat, wird eingesetzt für einen anderen Verlag, und dort schreibt sie weiter Verluste.

Es wird nun unsere Aufgabe sein, sehr genau darauf zu achten, wie es in diesen beiden Verlagen weitergeht, wie es vor allem im Bundesverlag weitergeht. Schön langsam muss man sich, wenn man die ganze Geschichte kennt – und jene Personen, die im Unterausschuss des Rechnungshofausschusses waren, kennen sie –, fragen, ob da wirklich der Richtige geschickt wurde. In Wirklichkeit ist der Sumpf noch viel tiefer. Daher möchte ich den Rechnungshof bitten, diese beiden Verlage und den übergeordneten Bundesverlag im Auge zu behalten. Das ist im Interesse der Steuerzahler und im Interesse der betroffenen Menschen einfach notwendig. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Schwarzenberger. )

17.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lentsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.54

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Auch ich möchte mich beim Präsidenten und bei den Beamten des Rechnungshofes für die aufschlussreiche Arbeit zum Thema "Erwachsenenbildung" bedanken. Sie haben uns durch ihre hohe Sachkenntnis einen sehr tiefen Einblick in diese Thematik gegeben. Sie haben aber auch Frau Bundesministerin Gehrer und ihren Mitarbeitern ein gutes Zeugnis ausgestellt, und zwar zu Recht, wie ich meine, denn unsere Unterrichtsministerin beziehungsweise Bildungsministerin Elisabeth Gehrer hat in den letzten Jahren den gesamten Bildungsbereich sehr positiv verändert. Ein herzliches Dankeschön dafür, Frau Minister! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube aber, dass die Bildungspolitik eigentlich vor einem Zwiespalt steht: Zum einen wird Bildung zum so genannten Megathema erklärt mit dem Anspruch, dass Bildung die wichtigste Investition in die Zukunft ist, und zum anderen werden immer öfter nützlichere Bildungsinhalte gefordert, die man dann auch sehr rasch und sehr unmittelbar umsetzen kann, denn der Arbeitsmarkt hat einfach keine Zeit, fehlendes Wissen und fehlendes Können zu vermitteln. Sehr viele Frauen, die nach einer Familienpause wieder in ihren alten Beruf einsteigen wollen, können ein Lied davon singen: Meistens gibt es diesen so genannten alten Beruf gar nicht mehr, denn in ein, zwei Jahren vollzieht sich in sehr vielen Branchen ein totaler Umbruch.

Was wir daher brauchen, ist tatsächlich ein ununterbrochenes Lernen. Das heißt, dass neben der Schule und der beruflichen Ausbildung beziehungsweise der Universität der Erwachsenenbildung ein wesentlich höherer Stellenwert eingeräumt werden muss. Es muss einfach eine Selbstverständlichkeit werden, ein Leben lang zu lernen, und zwar sowohl im Beruf als auch in der Freizeit.

Noch eines muss bewusst gemacht werden: Nicht der Staat, nicht die Firma, nicht der Vorgesetzte sind dafür verantwortlich, dass sich jemand weiterbildet, sondern jeder Einzelne von uns ist zur Fortbildung verpflichtet, wenn er im Beruf oder auch im Alltag ernst genommen werden möchte.


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Aus dieser individuellen Verpflichtung heraus auch ein offenes Wort zu den Bildungskosten, geschätzte Damen und Herren: Ich glaube nicht, dass Bildung etwas ist, das man allen kostenfrei nachwerfen muss. Da stimme ich mit unserer Frau Bundesministerin Gehrer völlig überein, die da meint, dass beispielsweise auch die Kosten für die Berufsreifeprüfung zumutbar sind. Die Menschen dieses Landes wissen doch längst, dass jedes Zuckerl, das sie von der Politik beziehungsweise vom Staat erhalten, auch von ihnen selbst wieder bezahlt werden muss. Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, hören Sie doch endlich auf, das Geld zu verteilen, das wir nicht haben, auch wenn es sich um so wichtige Dinge wie die Erwachsenenbildung handelt.

Die über 4 000 Österreicherinnen und Österreicher, die sich zurzeit auf die Berufsreifeprüfung vorbereiten, machen dies sicherlich nicht wegen ein paar tausend Schilling Prämie. Diese Leute lernen und opfern ihre Freizeit, weil sie den Zugang zur Universität brauchen und mit einer besseren Bildung dann auch bessere Zukunftschancen haben.

Ich glaube auch nicht, dass man in der Erwachsenenbildung mit Gesetzen etwas erreichen kann, denn weder Arbeitnehmer noch Unternehmer lassen sich heutzutage erpressen. Das haben wir schon bei der Lehrlingsausbildung sehr deutlich gesehen. Dort wurde das so lange reguliert, freigestellt und verteuert, bis die Unternehmer einfach ausgestiegen sind und keine Lehrlinge mehr ausgebildet haben. Mit sehr viel Mühe und Steuerzuckerln mussten wir den Schaden dann wieder reparieren.

Statt staatlicher Bevormundung sollten wir viel mehr auf jene Chancen setzen, die uns Europa und die EU-Ausbildungsprogramme bieten. Noch nie gab es so viele Möglichkeiten, sich beruflich oder allgemein weiter zu bilden. Es liegt also an jedem Einzelnen von uns, sich einen Anteil an diesem Bildungskuchen abzuholen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.59

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Leikam zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit der Wiedergabe des Sachverhaltes, den Sie zu berichtigen wünschen.

17.59

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Hohes Haus! Herr Abgeordneter Gaugg hat mir in seinem Debattenbeitrag vorgeworfen, ich hätte mich beim Zeiterfassungssystem des Landes Kärnten falsch bedient. – Dieser Vorwurf ist unberechtigt, und ich stelle daher seine Behauptung richtig:

Eine Woche vor der Nationalratswahl hat der Personalreferent der Kärntner Landesregierung, der auch Landeshauptmann ist, gegen mich eine Disziplinaranzeige erstattet und den Vorwurf erhoben, ich hätte das Zeiterfassungssystem falsch bedient. Die Disziplinarkommission hat getagt, und über Antrag des Disziplinaranwaltes wurde festgestellt, dass ich das Zeiterfassungssystem völlig korrekt bedient habe, und daher ist auch der Antrag auf Freispruch erfolgt.

Daher ist die Feststellung des Abgeordneten Gaugg wider besseres Wissen erfolgt und ist eine falsche Behauptung. (Beifall bei der SPÖ.)

18.00

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Edler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.00

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Frau Bundesministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Wir haben heute ein umfassendes Prüfungswerk des Rechnungshofes zu diskutieren, doch einleitend möchte ich einige politische Anmerkungen machen.

Meine Damen und Herren! Wir mussten bei den letzten Beratungen immer wieder feststellen, dass diese blau-schwarze Regierung nur gewillt ist, ehemalige SPÖ-Regierungsmitglieder zu


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laden, und wenn es darum geht, ÖVP-Regierungsmitglieder, die einst ein Ressort geführt haben, zu laden, kommt ein striktes Njet. So schaut Ihr Demokratieverständnis aus! Das ist abzulehnen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! (Beifall bei der SPÖ.)

Da hier von Parteifinanzierung gesprochen wurde: Es ist alles, was damals über die SPÖ gesagt und was kritisiert worden ist, durch diesen Bericht aufgeklärt worden. Ich darf feststellen – Kollege Gaugg ist jetzt nicht im Saal –, dass da besonders die FPÖ angesprochen worden ist, die 8,5 Millionen Schilling an parteinahe Organisationen verschoben hat, und zwar an die in ihrer Entwicklung stehengebliebene Gewerkschaftsbewegung "AUF". Das muss auch ganz deutlich gesagt werden!

Meine Damen und Herren! Man muss auch erwähnen, dass die ÖVP es bei den Abrechnungen, besonders im Zusammenhang mit Veranstaltungen, sehr schlampig gehalten hat.

Meine Damen und Herren! Für die Erstellung des Berichtes hat mein Kollege Brix, unser Fraktionssprecher, schon herzlich gedankt, und auch meinerseits ein Dank an Sie, Herr Präsident des Rechnungshofes, aber auch eine Frage. Auf Grund der unangebrachten Veröffentlichung des Rohberichts im Sommer, über welchen es dann eine Diskussion gab, ersuche ich Sie und auch die anderen politischen Parteien und ebenso die Ministerien, dafür zu sorgen, dass so etwas nicht mehr vorkommt, denn das schadet der politischen Diskussion. Außerdem werden dadurch Entscheidungen vorweggenommen.

Meine Damen und Herren! Zum Thema Untersuchungsausschüsse: Ich habe schon gesagt, dass dazu nur ehemalige SPÖ-Regierungsmitglieder geladen werden. Und da frage ich Sie: Warum, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, stimmen Sie nicht zu, wenn es um das Wirtschaftsministerium, das Bildungsministerium oder das Bundesministerium für Landesverteidigung geht? Wenn Sie das nicht machen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, dann werden wir die alten Berichte nochmals aufrollen – und zwar mit Unterstützung der Medien – und werden insbesondere unseren ehemaligen Regierungspartner, die ÖVP, fragen: Wie war das mit den Waffengeschäften? Wie war das mit dem damaligen Wirtschaftsminister, Herrn Dr. Schüssel? Warum ist sein Name im Zusammenhang mit der Affäre Kohl im Kalender von Herrn Schreiber vermerkt? Das alles ist aufzuklären, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich unterstreichen, dass der Rechnungshofbericht ganz deutlich feststellt, dass die Veräußerung der Bundesanteile der Creditanstalt-Bankverein eine gute, zukunftsorientierte Entscheidung war. Hätten wir, die SPÖ, das damals so gemacht, wie unser Regierungspartner, die ÖVP, damals wollte, dann hätte die Republik 7 Milliarden Schilling verloren. So machen Sie es heute: Sie verscherbeln, ohne zu überlegen! Wir haben überlegt und haben Steuerschillinge gespart. (Beifall bei der SPÖ.)

18.04

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.04

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident! Frau Ministerin! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Edler, über Privatisierung sollte ein Eisenbahner besser schweigen, anstatt hier anderen Vorwürfe zu machen. Dass Privatisierung der richtige Weg ist, haben die letzten Monate bewiesen, und die neue Bundesregierung wird diesen positiven Weg fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es geht hier jetzt nicht um die Anliegen des Herrn Kollegen Edler oder um irgendwelche Waffengeschäfte, in welche derzeit im Bundesrat sitzende, anno dazumal Abgeordnete zum Nationalrat aus den Reihen der SPÖ möglicherweise verwickelt waren. Das ist aber ein anderes Thema, das gehört jetzt nicht hierher, das hat mit dem zur Debatte stehenden Thema nichts zu tun. (Zwischenruf des Abg. Brix. )


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Herr Brix, wozu die Hektik? Wer im Bundesrat ist, fragen Sie? Sie werden doch die SPÖ-Bundesräte kennen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Brix. ) Aber Herr Brix, doch nicht so hektisch! Beruhigen Sie sich! Das ist nicht gut für die Nerven. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brix: Das ist polemisch!) Herr Brix, ruhig, wir sind nicht im Schwimmbad!

Nun zum Thema, um das es mir in meinen Ausführungen geht, und zwar betrifft dieses die Galerie Belvedere. Die Galerie Belvedere ist ein gut Teil österreichischer Geschichte, und viele der vermerkten Werke können derzeit nicht aufgefunden werden. Das stellt sich nun die Frage: Warum können diese Werke nicht mehr aufgefunden werden?

Es wird ja sogar ein Verbrechen in diesem Zusammenhang vermutet. Aber: Was ist eigentlich wirklich der Grund dafür? Die Zeit und vielleicht auch die Unachtsamkeit mehrerer Generationen von Museumsbediensteten ist der Grund dafür. Durch vielleicht schlampig geführte, veraltete Inventarlisten, die noch dazu in anachronistischer Art und Weise geführt worden sind, ist es dazu gekommen, dass viele Werke nicht mehr aufgefunden werden können. Aber es sind auch einige Eintragungen aus der Vergangenheit, wie zum Beispiel Abkürzungen oder Kürzel, nicht mehr zu identifizieren, und manches Rätsel ist nicht mehr zu lösen.

Man muss auch bedenken, dass viele Werke, die auf den Listen angeführt sind, im Vertrag von Saint-Germain, dem Friedensvertrag zwischen Österreich-Ungarn und den Westmächten, den ehemaligen Kronländern zugesprochen worden sind. Das liegt also weit zurück. Ich möchte jetzt nicht auch noch von den Wirrnissen des Zweiten Weltkrieges sprechen und der Frage nachgehen, wie viele Werke wohl damals verschwunden sind. Zeitzeugen sind dafür kaum mehr zu finden. Viele dieser Werke könnten zum Beispiel bei der Bombardierung und Beschießung Budapests verbrannt sein oder könnten sich in den ehemaligen Kronländern befinden.

Meine Damen und Herren! Den Fehler ausschließlich in der heutigen Administration zu suchen, wäre unfair und ginge an der Wurzel des Problems vorbei, die wahrscheinlich viel tiefer liegt. Man könnte durchaus sagen: Es ist eine Chronik der österreichischen Geschichte. Vielleicht ist es opportun, die Versäumnisse der Vergangenheit den heute Verantwortlichen anzulasten, fair ist es jedenfalls nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Man muss den Verantwortlichen auch zugestehen, dass sie ihr Möglichstes tun, um den Aufbewahrungsort dieser Werke zu eruieren. Das Museum hat nicht gezögert, auf die Kritik des Rechnungshofes zu reagieren, und hat eine Liste der Werke übergeben. Als klar wurde, dass die eigenen Ermittlungen nicht weiterführen, wurde die Sicherheitsbehörde eingeschaltet. Es hat auch das Ministerium nicht gezögert, sofort den Auftrag zur Bildung einer Arbeitsgruppe aus Vertretern und Repräsentanten des Bundesministeriums für Finanzen und des Bundesministeriums für Inneres zu bilden, und es sind, was wichtig ist, auch Experten des Rechnungshofes dabei. Diese Experten stehen allerdings jetzt vor einer fast unlösbaren Aufgabe, denn die meisten Zeitzeugen sind leider schon verstorben. Ein plakatives Beispiel dafür sind die Ermittlungen im Zusammenhang mit der Poiret-Stiftung.

Meine lieben Kollegen! Wir müssen akzeptieren, dass es für manche Dinge aus der Vergangenheit heute einfach keinen Alleinverantwortlichen mehr gibt. Für wichtig halte ich, dass in der Galerie Belvedere aus der Kritik des Rechnungshofes die richtigen Schlüsse gezogen und entsprechende Schritte gesetzt worden sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.08

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Werte Mitglieder der Bundesregierung! (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. ) – Es ist schön, dass Sie mir immer zuhören. Es baut mich ja irrsinnig auf, dass Sie zuhören. Ich hätte gar nicht gedacht, dass Sie einem so viel Ehre zuteil werden lassen. Aber Sie können immer


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noch etwas lernen, wenn Sie mir zuhören, und das haben Sie bereits erkannt. (Beifall bei der SPÖ.)

Der klinische Mehraufwand ist durch das Zusammenspiel vieler Faktoren schwer einzugrenzen. Universitätskliniken behandeln in erster Linie Patienten mit schweren, seltenen und auch unheilbaren Erkrankungen. Auf Grund größerer Erfahrungen werden diese PatientInnen dort besser versorgt. Die Lehre für StudentInnen, die bald auch Studiengebühren bezahlen müssen, und für junge ÄrztInnen wird verbessert, aber überwiegend, wie Ihnen, Frau Bundesministerin, von den hochrangigen Professoren der Medizinischen Fakultät brieflich mitgeteilt wurde, um das hohe Niveau der Wissenschaft zu halten und auszubauen.

Nach diesen Aufzeichnungen der Professoren hat die Wiener Medizinische Fakultät einen vierfach höheren Impact-Wert als die anderen Fakultäten erzielt. Heilen ist durch Forschen möglich, war das Postulat des aus Österreich vertriebenen großen Forschers Sigmund Freud.

Frau Bundesministerin! Ich glaube nicht, dass Sie, wenn Sie so schwer krank wären oder in Ihrer Familie so schwere Erkrankungen aufträten, deren Behandlung Sie dem AKH vorwarfen, ins nächstgelegene Heimatspital gingen.

Die Wiener Medizinische Fakultät ist die größte, hat daher die höchsten Aufwendungen, den höchsten wissenschaftlichen Output und die meisten MedizinstudentInnen.

Ich begrüße, was zur Verbesserung der Kostenzuordnung führt. Als Kostenersatz wurden durch Vereinbarung seit 1957 18 Prozent der Nettoausgaben des laufenden Betriebes herangezogen. Der Rechnungshof rügt jetzt 40 Jahre danach alte Regelungen und Verträge.

Seit Jahren wird die Errichtung einer eigenen Betriebsgesellschaft überlegt. Man war sich nie sicher, ob die Vorteile die Nachteile aufheben.

Für die Steiermark schlug der Rechnungshof als alternative Sicherung der Krankenversorgung die Übernahme durch einen Orden vor. Das hätte 600 Millionen Schilling an Einsparungen gebracht. Die Landesregierung lehnte das ab.

Die Klinik Graz passte trotz Verringerung der Bettenzahl den Bettenschlüssel nicht an. Der klinische Mehraufwand stieg in den letzten Jahren in Graz erheblich mehr als bei den anderen Kliniken. Der Rechnungshof stellte Berechnungsmängel fest. Der Bund beteiligt sich in Graz auch an den Pensionskosten für Landesärzte und bemängelte die Doppelfinanzierung der unterrichtsbedingten betrieblichen Mehrkosten. Der Kostenersatz wurde laut Bericht für den klinischen Mehraufwand unrichtig und überhöht geltend gemacht. Preisminderungen wurden nicht wie in Wien und Innsbruck an den Bund weitergegeben. Auf meine Frage an Sie, Herr Präsident, ob Sie Dolus vermuten, sagten Sie, Sie glauben nur, dass es sich um Schlamperei handelt. Der Bund soll für eine ordentliche Abrechnung sorgen und nicht immer nur auf das AKH losschlagen.

Zum Personalbericht möchte ich noch sagen: Es ist abzulehnen, während der Dienstzeit Nebenbeschäftigungen auszuüben und den Dienstbetrieb zu vernachlässigen. Mehr als 50 Prozent der Ärzte der Chirurgischen Universitätsklinik Graz waren in der Dienstzeit in Sanatorien tätig. Universitätsprofessoren sind leistungsgerecht zu entlohnen und haben an der Medizinischen Fakultät im Sinne einer Konkurrenzklausel ihre Arbeit in der eigenen Anstalt durchzuführen.

Gleiches gilt aber auch für die anderen Fakultäten. Professoren betätigen sich hoch dotiert in Expertengremien, erstellen Gutachten, auch mit Hilfe nachgeordneter Assistenten, und stehen ihrer Fakultät dadurch nur beschränkt zur Verfügung.

Am Erwirtschafteten sollen Fakultät und dort tätiges, eingebundenes Personal teilhaben.

Ich wünsche mir gerechte Entscheidungen. Sparen Sie das AKH Wien nicht zu Tode! Sie werden es vielleicht noch brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.12


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37. Sitzung / Seite 147

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Pecher. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.13

Abgeordnete Mag. Martina Pecher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Frau Bundesministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Es zieht sich wie ein roter Faden durch alle Finanzbereiche, deren Gebarung in der Zeit sozialistischer Führung liegt: fehlende Kostenrechnung, fehlendes und mangelhaftes Controlling, Verschleierung von Kostenwahrheiten und eine sich daraus völlig logisch ergebende schlechte Budgetdisziplin.

In meiner einjährigen Abgeordnetenerfahrung reicht der Bogen von einem "punktgenauen" Budgetdefizit des Herrn Ex-Finanzministers Edlinger, aus dem dann eine 20-, 30-, 40-, 50-prozentige Überschreitung wurde, über marode Parteifinanzen der SPÖ bis hin zu katastrophalen Skandalen in der Bank Burgenland.

Aber auch die Rechnungshofberichte betreffend die öffentlichen Dienste weisen immer wieder deutlich auf Mängel in der Kostenrechnung, im Controlling hin, so auch der nun vorliegende Bericht über die Vergütung des klinischen Mehraufwandes bei den Universitätskliniken. Ich zitiere den Rechnungshofpräsidenten Fiedler, der im Ausschuss sagte: Mit der reinen Differenzrechnung werde man nicht das Auslangen finden. Es müssen unbedingt eine Kostenrechnung und eine interne Kontrolle eingeführt werden.

Einem Wirtschaftstreibenden kräuselt es schon die Zehennägel auf, wenn man im Bericht weiter lesen muss: Die Angemessenheit der Höhe des klinischen Mehraufwandes war weder beim AKH noch beim Landeskrankenhaus Graz und Innsbruck zu ermitteln.

Da ist es tatsächlich kein Wunder, wenn seit 1981 – also seit fast 20 Jahren – immer wieder ein Streit vor dem Verfassungsgerichtshof anhängig ist, bei dem es darum geht, welche Zuschüsse der Bund zur Finanzierung der Krankenhäuser, der Universitätskrankenhäuser zu leisten hat.

Dazu kommt, dass beim AKH die Situation mit dem Neubau nach wie vor nicht geklärt ist und das AKH seit den achtziger Jahren – also auch schon seit fast 20 Jahren – im Bau begriffen ist und durch diese Situation des Im-Bau-begriffen-Seins die Stadt Wien eine 40- bis 50-prozentige Bezuschussung durch den Bund bekommt. Also auch das ist ein echter Missstand, den der Rechnungshof aufzeigt, und er empfiehlt natürlich, die Beendigung dieses Baubeauftragungsvertrages herbeizuführen.

Und schließlich liest man auch noch über unzweckmäßige Strukturen, die keine wirtschaftliche und sparsame Betriebsführung ermöglichen: unterschiedliches Dienstrecht für Personal und Uni-Ärzte, zwei Personalbüros, keine klaren Zuständigkeiten, Weisungsstrukturen. Also Mängel, Mängel, Mängel, die für einen Wirtschaftstreibenden völlig absurd und paradox sind, denn so kann man ein Unternehmen – und ein Spital ist ein großes Unternehmen – nicht führen.

Da mutet es schon sehr seltsam an, wenn Sepp Rieder in Anbetracht der Zahlungseinstellungen durch den Bund wegen der seit Jahren andauernden Streitigkeiten droht, er werde in Zukunft eine Fremdpatientenregelung einführen. In "NEWS" ist er sogar zitiert mit: Er wird keine Behandlung von Bundesländer-Patienten mehr vornehmen. Da frage ich Sie schon: Was ist das für eine Gerechtigkeit, wenn man den Bundesländern mit etwas droht, was den Bundesländern völlig absurd vorkommen muss, denn diese bekommen – verglichen mit dem, was das AKH bekommt – nur die halben Personalkosten ersetzt? Außerdem profitiert das AKH aus der Neubau-Situation schon seit Jahren.

Abschließend, diese vielen Missstände aufzeigend, die für mich nur eine Fortführung dessen sind, was man immer wieder vermutet hat, nämlich dass unter sozialistischer Führung hier wirklich ein großer Missstand gegeben war, noch ein Appell in eigener Sache an Sie, Frau Bundesministerin Gehrer: Es gab eine lange Kampagne im "WirtschaftsBlatt" – über drei Wochen hindurch –, bei der es um mehr Wirtschaft an Österreichs Schulen ging. Hier haben sich Menschen, angefangen von Wirtschaftsfachleuten über Lehrer, Schüler bis zu wichtigen Ver


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tretern aus allen Bereichen und allen Organisationen, zu Wort gemeldet, und es kam schon sehr einhellig rüber, dass es für die Verbesserung unserer Situation in allen Bereichen unseres Lebens, bis hin eben zum öffentlichen Dienst, notwendig wäre, den Bereich Wirtschaft an den Schulen stärker einfließen zu lassen. Wirtschaft heißt nämlich nicht nur, über Buchhaltung zu lernen, sondern Wirtschaft heißt auch Ziele, Budgets, Kostenrechnung, Controlling, Strukturen, Organisation, Aufgabenverteilung, Entscheidungsstrukturen, Verantwortung und Qualitätsmanagement.

Frau Bundesministerin! Ich darf schließen mit einem Satz des Leiters des Kreditschutzverbandes Hierzenberger: Die ökonomische Grundausbildung muss endlich den ihr zukommenden Platz in den Lehrplänen bekommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Gehrer. – Bitte.

18.18

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In mehreren Beiträgen wurde bereits der klinische Mehraufwand im AKH angesprochen. Frau Kollegin Pittermann ist jetzt nicht im Saal, aber ich stimme ihr völlig zu: Wenn jemand krank ist, will er die beste Versorgung haben. Ich meine, dass viele Menschen die beste Versorgung in unseren besten Universitätskliniken erhalten, und darauf können wir auch stolz sein.

Das hat aber nichts damit zu tun, dass eine Kostenaufteilung zwischen dem Spitalserhalter und den dort Auszubildenden auf einer Basis fundiert sein muss, die für alle Universitätskliniken gleich ist. Wir haben eine Ungleichbehandlung. Der Rechnungshof hat das ganz klar festgestellt. Wir haben eine Ungleichbehandlung insofern, als im AKH in Wien 100 Prozent der Ärztekosten vom Bund getragen werden und in den zwei anderen Universitätskliniken nur 50 Prozent. Das kann überhaupt niemand erklären. Es heißt immer nur, das habe historische Ursachen. Ich glaube, "historische Ursachen" sind keine sachliche Begründung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das heißt für mich, wir müssen eine Vereinbarung anstreben, die eine Gleichbehandlung aller Universitätskliniken in Österreich garantiert.

Jetzt erzählt man im AKH den Ärzten, dass man ihr Budget einschränken müsse, weil der Bund den klinischen Mehraufwand nicht bezahle. Die Wahrheit ist, dass sich die Stadt Wien auf Grund ihrer Budgetlage und auf Grund von manchen nicht so gut organisierten Vorgängen selbst auferlegt hat, 7 Prozent beim Budget des AKH einzusparen, und deswegen muss gespart werden.

Ich glaube, wir sollten gerade im Sinne der besten Ausbildung für die Jugend, aber auch im Sinne der besten Betreuung unserer Kranken zu einer vernünftigen Aufteilung kommen. Es ist erfahrungsgemäß so, dass 27 bis 28 Prozent an Universitätskliniken für klinischen Mehraufwand anerkannt werden. Das ist in Deutschland so, das ist in Innsbruck so, das ist in Graz so. Und wir müssen auch in Wien zu einer derartig fairen Regelung kommen. Das wird die Aufgabe in den nächsten Monaten sein.

Meine Damen und Herren! Nun noch ein Wort zur Frage der wirtschaftlichen Bildung der Jugend. Ich halte es für ganz besonders wichtig, dass wir unseren jungen Menschen in der Ausbildung wirtschaftliches Denken mitgeben. Darunter verstehe ich nicht, eine Buchhaltung machen zu können, sondern das wirtschaftliche Grundverständnis über wirtschaftliche Zusammenhänge zu vermitteln, über die Frage, was die Entwicklung einer Gesellschaft mit der Wirtschaft zu tun hat, wie die Wirtschaft die Entwicklung einer Gesellschaft beeinflusst, wo die Steuergelder herkommen, wer die Steuergelder erwirtschaftet, wovon Bildung eigentlich bezahlt wird – nämlich von den Steuergeldern aller Steuerzahler und aller Steuerzahlerinnen in Österreich.


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Diese wirtschaftlichen Zusammenhänge sind ganz wichtig, sie gehören in vielen Gegenständen vermittelt, und ich weiß, dass sehr viele Lehrer und Lehrerinnen dies tun. Man muss sich einmal unsere Bücher aus Geographie und Wirtschaftskunde anschauen: Über die Hälfte dieser Unterrichtsmittel beschäftigen sich mit Wirtschaftskunde. Und das Fach heißt in der Hauptschule, im Gymnasium Geographie und Wirtschaftskunde.

Ich meine aber, dass wir in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft neue Akzente setzen können, besonders auch in der Lehrerweiter- und -fortbildung. Ich habe die Spitzen der Industriellenvereinigung und der Wirtschaft eingeladen, und ich bin sehr froh, wenn uns von dieser Seite aus Unterstützung zukommt, wenn uns Angebote, Vorschläge gemacht werden, wie wir noch besser, noch weiter dieses wirtschaftliche Denken in der Weiterbildung verankern können.

Die Erwachsenenbildung ist mehrfach erwähnt worden, sie ist ein sehr wichtiger Bereich. Ich bin dem Herrn Rechnungshofpräsidenten, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr dankbar für die wichtigen Hinweise, die wir erhalten haben. Es wird notwendig sein, das Erwachsenenbildungszentrum in Salzburg, in Strobl, in eine Betriebs-GesmbH umzuwandeln, in ein echtes Kompetenzzentrum.

Meine Damen und Herren! Wenn da gesagt wird, der Staat muss in der Erwachsenenbildung mehr tun, dann müssen wir uns zuerst einmal anschauen, was in ganz Österreich in die Er-wachsenenbildung investiert wird, von der Wirtschaft, von verschiedenen Organisationen. Der Staat muss eine Steuerungsfunktion haben, muss Richtlinien vorgeben, muss Weiterbildung für Ausbildner anbieten, muss aber nicht in jeder einzelnen kleinen Volkshochschule einen Kurs fördern.

Und da gesagt worden ist, dass wir die Förderungen für die Volkshochschulen etwas eingeschränkt haben, dann möchte ich darauf hinweisen, dass gerade die Volkshochschule Wien einen ansehnlichen Förderbetrag bekommt und dass gerade die Maßnahmen für das Nachholen des Bildungsabschlusses, die aus den ESF-Mitteln kommen, nicht gekürzt und nicht angetastet wurden. Und es ist mir ganz besonders wichtig, dass wir das Nachholen von Bildungsabschlüssen in ganz Österreich weiterhin voll gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.24

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Herr Präsident des Rechnungshofes! Im Anschluss an das, was die Frau Bundesministerin über das wirtschaftliche Denken an den Schulen gesagt hat, möchte ich nur noch sagen, die Lehrer und Lehrerinnen Österreichs sind durchaus in der Lage, den Kindern auch wirtschaftliches Denken beizubringen, aber sie sind nicht angehalten, wirtschaftliche Fachidioten auszubilden. (Beifall bei der SPÖ.)

Und eine zweite Bemerkung zu meiner Vorrednerin, weil sie gemeint hat, es waren die roten Minister, die das Budget laufend überzogen und keine Budgetdisziplin an den Tag gelegt hätten: Sehr geehrte Frau Kollegin Pecher! Es gibt einen Rechnungshofbericht – ich glaube, er ist auch aus 1998; der Herr Präsident wird mich korrigieren –, in dem die Budgetdisziplin der einzelnen Ministerien beleuchtet wird, und da hat sich interessanterweise herausgestellt, dass das damalige Unterrichtsministerium das Ministerium war, das die Budgetvorgaben am weitesten von allen überzogen hat – zwar mit vielen Begründungen, aber wenn schon, dann sagen Sie auch das dazu! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rosemarie Bauer: Wieder nichts begriffen!)

Zum Nachtrag. Der Herr Abgeordnete Gaugg – ich sehe ihn jetzt nicht – hat hier schnell einen Kübel ausgeschüttet und ist dann weggegangen. Er hat hier von sozialer Kälte im Zusammenhang mit dem Herrn Geschäftsführer Jung des Residenzverlages gesprochen. Wenn sich der Herr Gaugg dieses Thema schon ansieht, dann sollte er sich doch das Papier anschauen, das an ihn in der schriftlichen Beantwortung seiner Frage an die Geschäftsführung des Bundes


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verlages gerichtet wurde. Da steht nämlich ganz deutlich drinnen, dass die Geschäftsführung des Bundesverlages den Aufsichtsrat des Bundesverlages, und zwar am 17. Dezember des Vorjahres, über das Vorgehen bereits informiert hat, und dieser Aufsichtsrat hat diesem Vorgehen zugestimmt. (Zwischenruf des Abg. Gaugg. )

Ein Zweites zu Ihren Aussagen, Herr Kollege Gaugg: Warum hat denn der Herr Geschäftsführer Jung die Kündigung widerspruchslos entgegengenommen, obwohl er heute noch im Dienstverhältnis stehen würde? Ich glaube, er ist in der Zwischenzeit in Pension gegangen. Das Dienstverhältnis mit Dr. Jochen Jung, steht da drinnen, endet am 30. September 2000. (Abg. Gaugg: Also ist er noch! Aber er darf die Firma nicht betreten!) Also ist er noch Angestellter. Sie müssen unterscheiden zwischen Geschäftsführer und Angestelltem. Wenn Sie schon solche Behauptungen aufstellen, dann sagen Sie die volle Wahrheit, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Kennen Sie sich im Aktienrecht aus? Haben Sie eine Ahnung?) Ich habe leider zu wenig Zeit. Geschäftsführung, das ist Handelsrecht, Herr Kollege! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gaugg. ) Ich habe zu wenig Zeit, um mich mit Ihnen darüber zu unterhalten. (Abg. Dr. Khol: Nicht zu wenig Zeit, zu wenig Kenntnisse!)

Zu einem Punkt in diesem Nachtrag möchte ich noch kurz Stellung nehmen. Da heißt es, dass die Förderungen, die das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie ausgeschüttet hat, sehr ungenau abgerechnet worden sind. Unter anderen werden hier namentlich zwei Projekte genannt, nämlich ein Projekt des Freiheitlichen Familienverbandes über 100 000 S und ein Projekt des Österreichischen Familienbundes über 150 000 S. – Der Rechnungshof empfiehlt die Rückzahlung.

Der Freiheitliche Familienverband hat die Hälfte zurückgezahlt. Es steht nicht drinnen, warum und wieso. Ich weiß es nicht, aber es wäre interessant. (Abg. Neudeck: Hätten Sie zugehört im Ausschuss, da ist das aufgeklärt worden!) Und den Österreichischen Familienbund betreffend steht im Bericht zu lesen – Zitat –:

Beim Österreichischen Familienbund habe die mit Entlastungsschreiben des Bundesministeriums erfolgte Anerkennung zu einer stillschweigenden Umwidmung der Förderung geführt. – Zitatende. (Abg. Neudeck: Euroteam!)

Aha! Da wird einfach ein Entlastungsschreiben geschickt, und das Ganze ist umgewidmet und passt schon. Wenn das nicht einer Familienorganisation passiert wäre, welcher Skandal wäre wohl daraus geworden? (Beifall bei der SPÖ.)

Da Herr Trinkl hier betont hat, wie gut die Regierung mit dem Rechnungshof zusammenarbeitet und wie gut der Rechnungshof arbeitet, so bin ich ganz bei ihm, wenn es um die gute Arbeit des Rechnungshofes geht. Aber die gute Zusammenarbeit der Regierung beziehungsweise des Herrn Ministers Bartenstein mit dem Rechnungshof bezweifle ich, in einem "Kurier"-Artikel vom 8. September 2000 lese ich schon wieder, dass ein Jahr später – aus 1998 ist der Bericht –, 1999, Subventionen im Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie nicht ordnungsgemäß vergeben worden sind. Und das sage nicht ich, sondern das sagt die heute dafür zuständige Ministerin Sickl: Grobe Verletzungen im Bartenstein-Ressort. Revisionen werden angekündigt. Und die Grünen gehen ja noch weiter, sagt der "Kurier"-Artikel. Ich freue mich schon darauf, wie dann mit Mehrheit, Herr Kollege Großruck, diese Überprüfung wahrscheinlich abgewürgt wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. – Bitte.

18.30

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr verehrte Damen und Herren! Wir behandeln heute den Nachtrag zum Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang mit dem Thema Residenzverlag beschäftigen.


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Der Residenzverlag steht im Eigentum des Österreichischen Bundesverlages, und das Verlagsprogramm konzentriert sich vorwiegend auf die Schwerpunkte Kunst- und Architekturbände. Es ist an sich ein kleiner Verlag, die Auflage der Bücher wird mit zirka 1 500 bis 3 000 Stück angegeben und ist eher gering. Vorwiegend beschäftigt sich dieser Verlag mit Werken öster-reichischer Autoren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen alle, dass es für einen kleinen Verlag äußerst schwierig ist, sich im Umfeld der Anbieter zu behaupten. So bemühte sich der Residenzverlag mit Marktnischen, sich in diesem Bereich zu positionieren, was ihm aber nur zum Teil gelungen ist.

Die Prüfung durch den Rechnungshof erfolgte im Jahre 1998, und die Analyse dieses Berichtes, wenn man sie nüchtern betrachtet, ergibt, dass die wirtschaftliche Lage äußerst angespannt ist und dass grundsätzliche Änderungen der Geschäftspolitik notwendig sind. Ich möchte das auch mit einigen Zahlen untermauern.

So lag im Wirtschaftsjahr 1996/1997 – der Bilanzstichtag ist immer der 31. Mai – der Umsatz bei rund 24,2 Millionen Schilling, und in den folgenden zwei Jahren, 1998/1999, verringerte sich dieser Umsatz auf 17,2 Millionen Schilling; ein gewaltiger Umsatzeinbruch! Dementsprechend erhöhte sich auch die buchmäßige Überschuldung. Im Berichtsjahr 1998/1999 stieg sie auf rund 8,9 Millionen Schilling.

Für mein Verständnis – und so steht es letztlich auch im Rechnungshofbericht – wurde es verabsäumt, die Umstellung auf die neuen Gegebenheiten zeitgerecht vorzunehmen. So wurden beispielsweise die Wirtschaftspläne, die immer im laufenden für das nächste Geschäftsjahr erstellt wurden, regelmäßig verfehlt. Es wurde zwar versucht, auf der Ausgabenseite – speziell im personalen Bereich – Einsparungen zu tätigen, aber diese Maßnahmen reichten nicht aus, um eben durch die Kostensenkung die Verluste abzudecken.

Es gibt einige Empfehlungen des Rechnungshofes in seinen Schlussbemerkungen. Ich fasse diese in fünf Punkte zusammen:

Der Rechnungshof bemerkt, dass ein Unternehmenskonzept zu erstellen wäre, dass der Anteil jener Bücher, welche einen positiven Deckungsbeitrag erwarten lassen, zu erhöhen wäre, dass eine gemeinschaftsrechtskonforme Lösung zur Abdeckung der buchmäßigen Überschuldung erarbeitet werden soll, dass mehrjährige Fördervereinbarungen anzustreben sind und dass letztlich ein fachlicher Beirat den Aufsichtsrat ersetzen soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde heute schon darauf hingewiesen, dass mittlerweile die Geschäftsführung abgelöst wurde; es wurde eine neue Geschäftsführerin angestellt. Es hat darüber auch im Ausschuss Diskussionen gegeben. Vielleicht war die Optik dieses Wechsels nicht ganz in Ordnung, aber wie auch seitens des Rechnungshofes berichtet wird, war der Wechsel aus rechtlicher Sicht in Ordnung, ist er auch nachvollziehbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es bleibt jetzt abzuwarten, inwieweit die neue Geschäftsführerin mit dem Eigentümer Unternehmenskonzepte erstellt und diese auch umsetzt. In wenigen Wochen wird ja die Bilanz per Mai 2000 über das Wirtschaftsjahr 1999/2000 vorliegen. Ich meine aber, der Zeitraum wird noch zu kurz sein, um auch eine Aussage zu tätigen.

Ob diese Konsolidierungsbemühungen letztendlich greifen, wird vermutlich das Wirtschaftsjahr 2000/2001 zeigen. Dies wird die Bewährungsprobe, die echte Bewährungsprobe für die neue Geschäftsführerin sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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18.35

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Haller zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete, bitte beginnen Sie mit der Wiedergabe des Sachverhaltes, den Sie zu berichtigen wünschen.

18.35

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mein Vorredner, Herr Mag. Gaßner, hat behauptet, man wisse nicht, warum der Freiheitliche Familienverband nur 50 000 S, also die Hälfte der 100 000 S, zurückbezahlt habe.

Das ist unrichtig, und ich stelle wie folgt fest: Durch die Erkrankung des damaligen Obmannes Becher konnten nicht alle geplanten Projekte durchgeführt werden und auch erst verspätet durch den Nachfolger, den neuen Präsidenten Professor Vonach, belegt werden.

Diese Verzögerung war und ist dem Bundesministerium, dem damaligen Familienministerium, bekannt. Und auch Sie hätten es erfahren können, wenn Sie nachgefragt hätten. Sie hätten nachfragen können! Es ist bekannt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.36

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich mit dem Prüfungsergebnis der familienpolitischen Aktivitäten beschäftigen. Schwerpunkt war die Vergabe von Förderungen durch das Familienministerium. Der Rechnungshof prüfte ab Herbst 1998, und damals lag die Zuständigkeit bei Minister Bartenstein.

Meine Damen und Herren! Wie schauen die Kritikpunkte des Rechnungshofes aus? – Zum einen: Abrechnungsrückstände in Bezug auf Förderungen im Jahr 1994. Das war das Internationale Jahre der Familie. Es gab damals viele Aktivitäten, hervorragende Aktivitäten, dennoch konnte erst 1998 abgerechnet werden.

Angestrebte Ziele für Förderungsgewährungen im Rahmen des jährlichen Arbeitsprogramms des Familienministeriums wurden auch nicht erreicht. Es wurden Verbesserungen im Bereich der Kooperationen der einzelnen Förderungsstellen angeregt.

Ein wesentlicher Kritikpunkt des Rechnungshofes war auch die Vertragsgestaltung des Familienministeriums mit dem ÖIF, dem Österreichischen Institut für Familienforschung.

Inhaltlich einige Bemerkungen dazu: Erstaunlich ist natürlich die Vergabe von Forschungsaufträgen, denn die Antragsforschung war ein wesentlicher Faktor in diesem Zusammenhang. Die Initiative ging dabei immer von den Auftragnehmern aus. In der Auftragsforschung gab es eher wenige Aufträge vom Familienministerium. Hier empfiehlt der Rechnungshof, dies verstärkt anzunehmen, dies verstärkt durchzuführen und die Themen durch das Ministerium vorzugeben.

Es ist natürlich schade, dass die Frau Ministerin Sickl, unsere Familienministerin, nicht mehr anwesend ist, denn ein Rechnungshofbericht sollte ja auch zukunftsweisend sein, nämlich Veränderungen herbeiführen. Mich würde interessieren, wie das Arbeitsprogramm für das Jahr 2001 im familienpolitischen Bereich ausschaut, auch im Blickwinkel dieses Sparpaketes, dieses so genannten Sparpaketes. Wie schauen die Themen im Ressort aus? Welche Aufträge werden vergeben, und welche Schwerpunkte werden gesetzt? Leider können diese Fragen nicht beantwortet werden.

Zum Thema Projektförderung/Basisförderung möchte ich noch feststellen, und zwar für alle Familienorganisationen, dass Basisförderung ein notwendiges Mittel ist, um sozusagen den Organisationen ein Standbein zu geben. Darüber hinaus, meine Damen und Herren, muss es natürlich die Projektförderung geben, denn es gibt vielfältige und spannende Aktivitäten und Projekte, die dadurch zusätzlich organisiert und durchgeführt werden können. Die Basisförderung ist nach wie vor ein wichtiges Instrument für diese Organisationen.

Ebenfalls ein Vorschlag des Rechnungshofes: die Kooperation und den Informationsaustausch mit anderen Förderungsstellen sozusagen zu koordinieren. – Dazu möchte ich sagen, Herr


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Präsident, dass, wie wir wissen, viele Aktivitäten und Projekte nur deshalb durchgeführt werden können, weil es eben aus verschiedenen Töpfen, von verschiedenen Stellen Förderungen gibt.

Meine Damen und Herren! Zum Schluss kommend: Familienpolitische Aktivitäten sind wichtig und notwendig, vor allen Dingen dann, wenn es darum geht, Menschen mit Kindern in ihrer Verantwortung für diese, im Zusammenleben mit diesen zu unterstützen. Die Familien brauchen keine Almosen, sie brauchen Rahmenbedingungen und Hilfestellungen und Unterstützung im Hinblick auch darauf, dass derzeit tatsächlich eine Sozialabbaulawine mit rasender Geschwindigkeit über Österreich donnert und die Menschen ganz sicher davon betroffen sein werden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.41

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.41

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich habe mich zum Thema Überprüfung der familienpolitischen Aktivitäten durch den Rechnungshof zu Wort gemeldet, weil ich mich im besonderen Maße zu dem Thema Förderungen und zu den aufgegriffenen Beanstandungen, aber auch Beurteilungen beziehungsweise zukunftweisenden Erkenntnissen oder Vorschlägen des Rechnungshofes äußern wollte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin eine Alt-Parlamentarierin, nicht nur an Jahren, sondern vor allem auch von der Funktion her. (Abg. Dr. Khol: Nur von der Funktion her!) Ich hege keine Hoffnungen mehr, dass es einmal gelingen möge, zu einem Tagesordnungspunkt tatsächlich eine richtige, sachliche, interessante und für uns alle auch fruchtbringende und weiterführende Diskussion abzuhalten. Aber der heutige Tag, der nur so strotzt vor Unterstellungen und Versuchen, grundsätzlich politische Gegner anzupatzen, frustriert mich trotzdem noch. (Abg. Edler: Wer hat angepatzt?) Das muss ich zugeben, und ich muss sagen, es tun mir all jene Kolleginnen und Kollegen Leid, die erst vor kurzem in dieses Haus eingezogen sind. Motivierend dürfte die heutige Diskussion für sie nicht sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir nehmen die Gebarungsprüfung des Rechnungshofes ernst, und natürlich hat der Rechnungshof im Bereich der familienpolitischen Aktivitäten ... (Zwischenruf des Abg. Edler. )  – Lautstärke ersetzt weder Intelligenz noch Inhalt, Herr Kollege Edler. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Sehr gut!)

Wir nehmen diese Kritik des Rechnungshofes ernst. Ich bin jetzt leider nicht in der glücklichen Lage wie Frau Kollegin Haller, darauf zu antworten, aber ich nehme an, es war der Familienbund, der Geld zurückzahlen wollte. Ich kann nur aus meiner Erinnerung sagen – dies ist schon einmal Gegenstand einer Debatte im Ausschuss beziehungsweise einer Auskunft gewesen –, dass es sich hier um Doppelrechnungen, Doppelförderungen gehandelt hat, die das Ministerium natürlich zurückgestellt hat und daher also dann dem jeweiligen Institut diese Zahlungen verweigert hat, und zwar ganz korrekt. Dann konnten aber doch noch restliche Beträge ausbezahlt werden, die dann gutgeschrieben wurden, wodurch praktisch wieder Ordnung in die Kassa gebracht wurde.

Das ist aber, wie gesagt, nur meine Erinnerung. Es ist leider niemand hier, den ich fragen könnte.

Ich möchte mich nun mit der Gewährung von Förderungen und dem Koordinieren der Förderstellen beschäftigen. Das stellt eine riesige Problematik dar. Es gibt gerade in diesem Bereich familienpolitische Aktivitäten, und hier spielt natürlich auch die Frauenförderung hinein. Es gibt Veranstaltungen, es gibt Projekte, was natürlich zusammenwirkend zu gestalten ist, und es wird wirklich problematisch sein, einen Überblick zu behalten.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Brix. )  – Das, Kollege Brix, bestätigt nur, dass es richtig war von dieser Regierung, durch das Ministeriengesetz Ministerin Sickl quasi eine breite Basis zu geben, nämlich das Generationenministerium. Dies umfasst die Jugend, die Familie, die Frauen – ein Instrumentarium also, wodurch es leichter ist, Verknüpfungen, aber auch Kontrollen durchzuführen, um in Zukunft solche Doppelförderungen, aber auch Projekte, die übergreifend sind, auszuleuchten. So könnte ich mir das vorstellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich begrüße das sehr. Das ist für mich ein besonderes Anliegen.

Zu Beginn dieser Legislaturperiode und nach Bildung dieser Regierung ist gerade von grüner Seite und von Seiten der Sozialdemokratie der Ministerin immer unterstellt worden, sie würde die Förderungen für Frauenvereine kürzen; die Welt gehe unter. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mitnichten! Frau Kollegin Prammer hat eine parlamentarische Anfrage gestellt – nur damit das nicht untergeht –; ich habe sie hier. Das ist interessant: Dieser Betrag ist gar nicht ausgeschöpft worden. Es hat – nur damit es dann nicht heißt, die haben nichts bekommen – einige Frauenorganisationen gegeben, die um die Förderung nicht einmal angesucht haben. Das heißt also, Frau Ministerin Sickl hat wie ihre Vorgängerin diese Frauenförderungen linear weitergeschrieben. Ich persönlich wäre für eine effiziente Unterstützung und Förderung, die nicht immer nur linear sein kann.

Natürlich zahlen die Länder dazu. Ich kenne einen Verein, der an die 2 Millionen Schilling aus den verschiedensten Töpfen bekommt. So soll es sein, wenn das Geld richtig eingesetzt wird. Wahrscheinlich braucht er in ein oder zwei Jahren sogar noch viel mehr, denn er hat ein neues Projekt und braucht mehr finanzielle Unterstützung. Daher sollte diese Förderung auch flexibel und projektorientiert sein, weil sie dann auch effizient ist.

Ich verknüpfe damit auch die Hoffnung und den Wunsch, dass man hier natürlich auch eine Evaluierung zustande bringt – im Interesse dieser Gruppierungen, sowohl bei den Familien als auch bei den Frauen, sodass diese auch Erfolge vorweisen können, die wir hier auch diskutieren können, mit denen wir uns auseinander setzen können. Das bringt sicherlich letztendlich auch die Kontrolle darüber, was mit den jeweiligen Mitteln geschieht.

Ich glaube, wir tun alle gut daran, statt Ängste zu schüren, statt uns gegenseitig Vorwürfe zu machen, konstruktiv zusammenzuarbeiten. Dazu lade ich auch die Opposition ein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Plank. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.47

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Gestatten Sie mir, dass ich als Steirerin noch einmal zur Krankenhausdiskussion Stellung nehme. Die Verwirrung ist perfekt, die Kompetenzen sind nicht mehr klar und die Bundesregierung steht offenbar nicht mehr zu ihrer Verantwortung.

Staatssekretär Waneck spielt den Ball an die Steiermark weiter. Landeshauptfrau Klasnic widersetzt sich den Schließungsplänen, wie sie sagt – also gibt es welche –, und Dementis waren bisher immer Garantie dafür, dass das Dementierte eintritt. Ich verweise nur auf die Studiengebühren, und auch Bundesminister Schmid hat dementiert, der Steiermark Budgetmittel wegzunehmen; heute höre ich: 400 Millionen Schilling Kürzung beim Straßenbau in der Steiermark. Ich sage nur: Danke, FPÖVP, für das gebrochene Wort!

Dass die Abgeordneten der Regierungsparteien offenbar selber ihrer Regierung nicht ganz trauen, zeigt ihr Entschließungsantrag, in dem die Bundesministerin aufgefordert wird, sie möge alle Maßnahmen in Sachen Weiterentwicklung der österreichischen Spitäler und so weiter anstreben. Wer könnte zu diesem No na!-Antrag nein sagen? – Natürlich werden wir diesem Antrag zustimmen.


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Wer es aber ernst damit meint, Spitalsschließungen zu verhindern, wird unserem Antrag zustimmen müssen. Wir laden Sie dazu ein. In unserem Antrag heißt es: Der Nationalrat fordert die Bundesregierung auf, die Schließung von steirischen Spitalsstandorten im Sinne der Erklärung der steirischen Landeshauptfrau Klasnic unter allen Umständen zu verhindern. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Hartinger! Nach Ihrem heutigen flammenden Appell für den Erhalt aller steirischen Spitäler ist für mich klar, dass zumindest Sie unserem Antrag zustimmen werden und vermutlich auch alle anderen steirischen Abgeordneten, und die Steiermark wird Ihnen dabei zusehen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.50

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Präsident des Rechnungshofes Dr. Fiedler. – Bitte, Herr Präsident.

18.50

Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Der Rechnungshof ist gesetzlich verpflichtet, alle Möglichkeiten, die zur Herabminderung oder Vermeidung von Ausgaben führen, wahrzunehmen, und er hat in diesem Zusammenhang Vorschläge zu machen, die darauf abzielen, dass eine sparsamere Gebarung sowohl im Bundes- als auch im Landes- und Kommunalbereich gewährleistet ist.

Selbstverständlich beschränkt sich der Rechnungshof bei derartigen Vorschlägen nicht nur auf solche punktueller Art, sondern er macht immer wieder auch grundlegende strukturelle Vorschläge, und dies nicht erst seit kurzem, sondern schon seit längerer Zeit, unabhängig von diversen Sparpaketen, die von den Regierungen verschiedener Zusammensetzung in den letzten Jahren gemacht wurden.

Diese strukturellen Reformvorschläge beziehen sich zum Beispiel auf die Zusammenlegung von Finanzlandesdirektionen, auf das Überdenken unserer Gerichtsorganisation und unter anderem, Herr Abgeordnete Leikam, darauf, ob die Organisation unserer Exekutive optimal ist oder ob sie nicht verbessert werden könnte. Gerade im Bereich der Exekutive scheint es dem Rechnungshof angesichts der budgetären Belastungen, die damit für die öffentliche Hand verbunden ist, doch angeraten zu sein, sich eingehend damit zu befassen.

Polizei und Gendarmerie bekommen jährlich insgesamt rund 20 Milliarden Schilling aus dem Budget. Wenn es daher gelingt, hier durch eine Zusammenlegung oder zumindest durch eine bessere Kooperation – vorerst vielleicht nur in Teilbereichen, später in größeren Bereichen – einen Abbau zu erreichen, könnte damit vieles bewegt werden, aber vor allem könnte damit erreicht werden, dass Milliardenbeträge einzusparen wären. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Freund. )

Wenn man bedenkt, dass Einsparungen in der Größenordnung von nur 5 Prozent – und die lassen sich durch Synergieeffekte ohneweiters erzielen – bereits 1 Milliarde Schilling an Einsparungen brächten, bei 10 Prozent sogar 2 Milliarden Schilling, dann sollte es uns doch wert sein, die Organisation der Exekutive zu überdenken und vielleicht Vorschläge dazu zu machen.

Wenn es im Bereich der Privatwirtschaft heutzutage gang und gäbe ist und gerühmt wird, dass dort Synergieeffekte ganz besonders zum Tragen kommen – wie zum Beispiel beim Kauf der CA durch die Bank Austria –, wenn dies im Bereich der Privatwirtschaft gefördert wird und eigentlich auch von allen Parteien gutgeheißen wird, dass es derartige Maßnahmen gibt, dann kann eine solche Maßnahme als Vorbild für die öffentliche Hand und durch die öffentliche Hand nicht verwehrt sein.

Es ist mir sehr daran gelegen, dass die Diskussion darüber in Gang kommt, dass man sich ernsthaft von allen Seiten, auch von denen, die sich vielleicht nicht unbedingt mit einer solchen Überlegung anfreunden können, nun doch dazu bereit findet, dass vertiefte Studien angestellt


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werden, und dass man sich Gedanken darüber macht, wo ein Weg gegeben ist, um Einsparungsmaßnahmen vorzunehmen.

Herr Abgeordneter Leikam, ich möchte aber eines deutlich machen: Von meiner Seite aus wurde im Zusammenhang mit den Anregungen bezüglich Polizei und Gendarmerie niemals der Vorschlag gemacht oder gar die Forderung erhoben, dass es zu Personaleinsparungen kommen müsste. (Abg. Leikam nickt dazu.) Gerade im Bereich der Exekutive sehe ich die eigentlich nicht. Und noch viel weniger – das möchte ich auch mit aller Deutlichkeit sagen – bin ich ein Anhänger der so genannten Rasenmähermethode, dass also mit einem bestimmten Prozentsatz über die gesamte Bundesverwaltung oder auch nur über einige größere Bereiche drübergefahren wird (demonstrativer Beifall des Abg. Leikam ) und ohne Rücksicht darauf, welche Aufgaben von den betreffenden Beamten zu erfüllen sind, Einsparungen vorgenommen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Leikam  – in Richtung Regierungsbank –: Herr Staatssekretär! Genau aufpassen!) Es bedarf zuerst des Verzichtes auf Aufgaben – und es gibt genug verzichtbare Aufgaben in der Bundesverwaltung –, dann erst kann man darangehen, Personaleinsparungen ins Auge zu fassen.

Ich glaube auch, dass man sich im Zusammenhang mit der großen Reform, die jetzt angekündigt wurde – sei es in der Bundesverwaltung, sei es aber auch teilweise im Bereich der Länder und Gemeinden –, ernsthaft die Frage stellen sollte, ob man es nur bei Einzelmaßnahmen belassen soll oder ob man nicht tatsächlich tiefgreifende Reformen angehen sollte. Wenn Einsparungsvorschläge von Seiten des Rechnungshofes, mögen sie auch unkonventioneller Art sein und mögen sie im ersten Moment nicht mehrheitsfähig sein, dann doch dazu führen, dass man sich mit ihnen näher auseinander setzt und dass letztlich tatsächlich Einsparungen erreicht werden können, so wäre der Rechnungshof damit sehr zufrieden, und er wäre sehr froh darüber. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie des Abg. Reheis. )

Lassen Sie mich nun auf das eigentliche Thema der heutigen Verhandlungen zu sprechen kommen. Es sind drei Berichte des Rechnungshofes, die in Verhandlung stehen: ein Bericht über die Einkommen im Bereich der verstaatlichten Wirtschaft, der Nachtrag zum Tätigkeitsbericht über das Jahr 1998 und der Bericht über die Finanzierung der politischen Parteien und Klubs.

Ich möchte mich letzterem Bericht besonders zuwenden, denn dieser Bericht ist doch etwas Außergewöhnliches; etwas Außergewöhnliches deshalb, weil es in der Vergangenheit nichts Vergleichbares von Seiten des Rechnungshofes gab.

Der Rechnungshof hat sich der Aufgabe, die politischen Parteien und die parlamentarischen Klubs zu prüfen, deshalb zugewendet, weil dem ein einstimmiger Beschluss aller im Nationalrat vertretenen Parteien zugrunde lag. Der Rechnungshof hat sich einer sehr umfangreichen Aufgabe unterzogen. Er hat die fünf politischen Parteien, die im Nationalrat vertreten waren, und die damaligen fünf parlamentarischen Klubs geprüft, und darüber hinaus die Parlamentsdirektion als jene Stelle, die die Subventionen an die parlamentarischen Klubs auszahlt. Er hat weiters das Bundeskanzleramt geprüft, das dafür verantwortlich ist, dass die politischen Parteien die entsprechenden Subventionen bekommen.

Er hat im Zuge seiner Prüfung klarerweise Mängel festgestellt; das war zu erwarten. Es hat in diesem Zusammenhang von Seiten des Rechnungshofes vor allem Kritik an der mangelnden Sparsamkeit der politischen Parteien und der Klubs gegeben. Ich möchte aber insgesamt doch zum Ausdruck bringen, dass alles in allem der Bericht über die parlamentarischen Klubs und die politischen Parteien doch so ausgefallen ist, dass man zum Resümee kommen kann, dass die politischen Parteien und die Klubs eine wesentlich bessere Gebarung haben, als vielleicht landläufig und in der Öffentlichkeit angenommen wird. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Niederwieser. )

Die Gebarung der politischen Parteien und auch der parlamentarischen Klubs war durchaus nicht von Nachlässigkeit und Verschwendungssucht geprägt. Das möchte ich mit aller Deutlich


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keit hier sagen, und wir haben das in dieser Weise auch in den Bericht einfließen lassen. Nichtsdestoweniger gab es natürlich gewisse Kritikpunkte.

Was die Parlamentsdirektion anlangt, so hat ihr der Rechnungshof totale Mängelfreiheit bescheinigen können. Auch das soll einmal mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Trattner. )

Auch das Bundeskanzleramt hat im Umgang mit der Vergabe der Subventionen gesetzmäßig und ordnungsgemäß gehandelt.

Dem Rechnungshof erschienen als Ergebnis seiner Prüfung weniger Kritikpunkte in Richtung der politischen Parteien und auch der parlamentarischen Klubs in erster Linie angebracht zu sein, vielmehr schien es ihm zweckdienlich, einige ganz bestimmte Schwachstellen der Rahmenbedingungen, unter denen die Subventionen für die politischen Parteien ablaufen, aufzuzeigen. Und zwei dieser Schwachstellen möchte ich besonders herausgreifen.

Das ist zum Ersten die offene Frage, was unter "Öffentlichkeitsarbeit" zu verstehen ist. Den politischen Parteien kommt auf Grund des Parteiengesetzes die Förderung für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zu. Das heißt, die politischen Parteien haben die ihnen zugekommenen Gelder zweckgewidmet für die Öffentlichkeitsarbeit zu verwenden. Um aber eine Prüfung vornehmen zu können, ob nun eine solche Zweckwidmung tatsächlich eingehalten wurde oder nicht, bedarf es einmal einer klaren Definition des Begriffes Öffentlichkeitsarbeit.

Und hier scheint es dem Rechnungshof doch gewaltig zu kranken. Der Rechnungshof hat ja – und dies in Übereinstimmung auch mit der im wissenschaftlichen Schrifttum vertretenen Ansicht – unter Öffentlichkeitsarbeit eine nach außen gerichtete Information, eine werbende Tätigkeit der Parteien verstanden. Die politischen Parteien – eigentlich im Wesentlichen in ihrer Gesamtheit – haben ihrer Tätigkeit einen wesentlich weiteren Begriff der Öffentlichkeitsarbeit zugrunde gelegt.

Die politischen Parteien haben uns in ihren Stellungnahmen dargetan, dass ihrer Ansicht nach eigentlich die gesamte Tätigkeit der politischen Parteien unter dem Begriff der Öffentlichkeitsarbeit zu subsumieren ist, auch – und das ist besonders bedeutsam – der innerparteiliche Aufwand. Und hier ist der Rechnungshof grundsätzlich anderer Ansicht. Er räumt zwar ein, dass es der Gesetzgeber seinerzeit unterlassen hat, eine klare, eindeutige Definition für den Begriff Öffentlichkeitsarbeit zu geben, er meint aber, dass dieses Versäumnis der Vergangenheit saniert werden sollte.

Wenn man nämlich den Begriff "Öffentlichkeitsarbeit", wie ihn die politischen Parteien verstehen, zugrunde legt, dann würde dies bedeuten, dass eigentlich jede Prüfung auf die zweckgewidmete Ausgabe der Subventionen obsolet würde, denn dann würde schlichtweg jede Verwendung dieser Gelder dem Begriff "Öffentlichkeitsarbeit" unterstellt werden können. Und das, meint der Rechnungshof, kann aus dem Gesetz nicht herausgelesen werden.

Daher hat der Rechnungshof in seinen Bericht die Empfehlung aufgenommen, dass der Gesetzgeber für eine Klarstellung des Begriffes "Öffentlichkeitsarbeit" sorgen möge. Ob er dies nun im Wege einer authentischen Interpretation oder in einer Novelle zum Parteiengesetz vornimmt, erscheint dem Rechnungshof nicht wesentlich zu sein, er kann den einen wie den anderen Weg wählen, aber er ist nach Meinung des Rechnungshofes aufgerufen, insoweit eine eindeutige Klärung vorzunehmen, weil dies im Interesse aller gelegen ist.

Eine zweite Schwachstelle hat der Rechnungshof im Zusammenhang mit den mangelnden Rückforderungsmöglichkeiten von Subventionen, die an die politischen Parteien vergeben werden, erkannt. Im Gegensatz zu anderen Subventionsnehmern gibt es in Ansehung der politischen Parteien keine Bestimmung, die vorsieht, dass im Falle einer nicht widmungsgemäßen Mittelverwendung die Mittel auch wieder zurückzuzahlen beziehungsweise mit künftigen Mitteln gegenzuverrechnen sind. Der Rechnungshof steht auf dem Standpunkt, dass auch die politischen Parteien so wie alle anderen Subventionsnehmer in dieser Republik behandelt werden sollten und dass der Gesetzgeber dafür Vorsorge treffen sollte, dass es im Falle einer


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nicht widmungsgemäßen Mittelverwendung auch zu einer Rückzahlung von Seiten einer politischen Partei kommen kann, wenn dies festgestellt wird.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf ähnliche Bestimmungen verweisen, die bereits heute für die Subventionen an die Bildungseinrichtungen der politischen Parteien gelten. Man sollte diese Bestimmungen, die ja bereits für einen Teil der politischen Parteien in Geltung stehen, auch analog auf die politischen Parteien an sich – wie im Übrigen auch auf die parlamentarischen Klubs – zur Anwendung bringen.

Ich meine, wenn der Gesetzgeber – und damit sind Sie alle aufgerufen – diesbezüglich für eine Novellierung des Parteiengesetzes sorgte, dann wäre damit auch vielen Kritikern an der Gebarung der politischen Parteien der Wind aus den Segeln genommen. Von Ihrer Seite aus könnte unter Beweis gestellt werden, dass es Ihnen mit einer wirklichen Kontrolle der Mittel für die politischen Parteien ernst ist und dass Sie sich auch den gleichen Bedingungen unterwerfen, die bei anderen Subventionsnehmern dieser Republik angewendet werden.

Es war heute sehr viel Dank von allen hier im Hause vertretenen Fraktionen an den Rechnungshof und an die Prüfer des Rechnungshofes zu vernehmen. Das habe ich mit großem Wohlwollen aufgenommen. Ich möchte aus Anlass der Prüfung der politischen Parteien und der parlamentarischen Klubs nun meinerseits zum Ausdruck bringen, dass die Prüfung in einer sehr guten Atmosphäre abgelaufen ist, und ich darf mich an dieser Stelle, was eher selten ist, für die gute Kooperation der politischen Parteien und der parlamentarischen Klubs bedanken. (Allgemeiner Beifall.)

Gestatten Sie mir daher, an diesen Dank auch noch den Wunsch anzuschließen, dass Sie gerade, was diese Prüfung anlangt, den Empfehlungen des Rechnungshofes folgen mögen. Dies würde nämlich die Ernsthaftigkeit, mit der Sie diese Empfehlungen aufnehmen, von Ihrer Seite deutlich unter Beweis stellen. (Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen und der ÖVP sowie des Abg. Öllinger. )

19.05

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Reheis. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.05

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Die Prüfungsergebnisse des Rechnungshofes im Bereich des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, konkret der Österreichischen Galerie Belvedere, sind für mich eine Offenbarung der Misswirtschaft, Schlamperei und nicht vorhandener Kontrolle seitens des zuständigen Ministeriums. Der gesamte Bericht des Rechnungshofes über die Galerie Belvedere beinhaltet keine einzige positive Zeile und ist alles in allem ein vernichtender Befund über die Geschäftsführung, die dafür die volle Verantwortung zu tragen hat. Verantwortlich ist aber auch das Bundesministerium für Unterricht und Kunst, das die Aufsichtspflicht gegenüber der Österreichischen Galerie nicht in gebotenem Maß wahrgenommen hat.

Neben den chaotischen Gebarungsaufzeichnungen, die laut Rechnungshofbericht nicht den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Rechnungswesens entsprachen, zeigte der Rechnungshof besonders das Fehlen schriftlicher Verträge sowie eine lückenhafte Dokumentation des Rechnungs- und Personalwesens auf.

Besonders schlimm ist, dass bei rund einem Drittel aller inventarisierten Sammlungsobjekte deren Standort nicht mehr festzustellen war. Das muss man sich einmal vorstellen: Da wurden wertvolle Werke außer Haus gegeben, und niemand weiß, wo die heute sind! Es gibt keinerlei Aufzeichnungen, aus denen klar hervorgeht, an wen diese Werke mit Millionenwerten entlehnt wurden. Niemand aus der Österreichischen Galerie kann sagen, wo welches Kunstwerk hängt.

Große Teile der Bestände der Österreichischen Galerie an Aquarellen und Handzeichnungen wurden der Graphischen Sammlung Albertina übergeben. Die Standorte zahlreicher Werke,


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darunter 14 Blätter von Egon Schiele als prominenteste Kunstwerke, die aus der Galerie Belvedere verschwunden sind, weiters Werke von Faistauer und Albert Paris Gütersloh, waren trotz Nachforschungen nicht zu bestimmen. Bei einer 1992 durchgeführten Inventarkontrolle waren die Standorte von mindestens 300 Werken nicht zu eruieren. Diese Werke stellen einen Gesamtwert von 20,2 Millionen Schilling dar. Aber angeblich sollen später doch noch bereits abgeschriebene Werke wieder aufgetaucht sein, was beweist, dass hier sehr oberflächlich gearbeitet wurde.

Ich gebe Herrn Dr. Frodl, dem Direktor der Österreichischen Galerie Belvedere, Recht, wenn er wie im Interview im "Format" Nr. 14/2000 sagt: Es schaut schrecklich aus. – Ja, Herr Doktor, es schaut schrecklich aus, wenn Werke mit hohem künstlerischen und finanziellen Wert so quasi unter der Hand verliehen wurden, ohne Eintrag, wohin und an wen diese Kunstgegenstände gingen, ohne die entsprechenden konservatorischen Erfordernisse zu erfüllen und ohne Haftung des Leihnehmers.

Auf meine Frage an den Herrn Präsidenten Fiedler im Rechnungshofausschuss wurde mir bestätigt, dass zur Klärung der Ungereimtheiten der Österreichischen Galerie auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wurde. Herr Präsident, vielleicht bekommen wir eine Antwort, wie die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ausschauen, ob Kunstwerke wieder gefunden oder zurückgegeben wurden beziehungsweise ob es zu Konsequenzen wegen der Vorkommnisse in der Galerie gekommen ist oder kommen wird.

Dem Unterrichtsministerium möchte ich abschließend noch empfehlen, nicht nur von Kontrolle zu reden, sondern in seinem Bereich auch zu kontrollieren und diese Kontrolle konsequent auszuüben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brosz. )

19.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte, Herr Staatssekretär.

19.09

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Man sollte versuchen, in der Gesundheitspolitik nicht in Polemik zu verfallen. Es fällt mir aber schwer, wenn ich den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kräuter, Heidrun Silhavy, Gradwohl, Anna Huber, Mag. Brunhilde Plank, Sophie Bauer, Ludmilla Parfuss, Dobnigg und GenossInnen sehe, dies nicht zu vermuten. An diesem Antrag ist fast alles falsch, inklusive der Schreibung meines Namens. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Das ist unerträglich! Das ist eine unzulässige Beurteilung durch Sie! – Abg. Ing. Westenthaler: Alles falsch! Ziehen Sie den Antrag zurück!) Falsch deshalb, weil überall dort, wo mein Name, also Reinhart Waneck, steht, "Frau Bundesminister a. D. Eleonora Hostasch" oder der Name ihrer Vorgängerin stehen sollte – beides Damen, die ich persönlich sehr schätze. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Keine Kinderstube, Herr Staatssekretär! Unerhört! Ein Benehmen ist das! – Weitere Zwischenrufe und Gegenrufe.)

Aus diesem Grund ist es notwendig, doch einen kurzen Exkurs in die Vergangenheit zu unternehmen. (Abg. Schieder: Das ist kein Benehmen! Er glaubt, er ist der liebe Gott! – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Die jetzige Artikel-15a-Vereinbarung stammt aus dem Jahre 1997. Damals wurde einstimmig – denn nur eine einstimmige Lösung führt zu einer Artikel-15a-Vereinbarung – die Schließung von 19 Krankenanstalten in Österreich sowie von 50 Abteilungen verbindlich beschlossen. (Abg. Dr. Mertel: Aber nicht hier!) Bisher sind sieben Schließungen realisiert worden, davon allein durch die Gemeinde Wien vier, aber von den 50 Abteilungen erst ein Bruchteil.

In den Jahren 1994 bis 1999 sind 3 000 Betten eingespart worden – ebenfalls aufgrund einer Vereinbarung –, aber ohne die notwendigen strategischen Umschichtungen und strukturellen Anpassungen vorzunehmen. Unsere Aufgabe, die wir vorgefunden haben, war es, in kürzester Zeit – und dank der Vorarbeiten und der Unterstützung durch das ÖBIG ist das auch gelungen –


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den Plan dahin gehend umzuarbeiten, dass nicht weitere Betten abgebaut werden und verschwinden müssen, sondern dass die erwähnten dringend notwendigen Umstrukturierungsmaßnahmen sukzessive ermöglicht werden. Das heißt: mehr Geriatriebetten statt mehr Akutbetten, mehr Psychiatriebetten statt mehr Akutbetten, mehr Rehabilitationsbetten statt mehr Akutbetten und mehr Hospizbetten und Palliativbetten statt mehr Akutbetten.

Weiters ist es notwendig, den Ausbau und die Förderung strategischer Zentren im Bereich der Spitzenmedizin vorzunehmen, wie zum Beispiel der Herzchirurgie und der Transplantationsmedizin. Und hier möchte ich Ihnen ein Beispiel dafür nennen, was in der Vergangenheit so falsch gelaufen ist, und ein Beispiel für die Probleme, vor denen wir nun stehen und die wir in richtiger Weise korrigieren wollen.

Es gibt – ebenfalls aus dem Jahre 1997 – eine verbindliche Vereinbarung, dass für Österreich sieben Zentren für so genannte Stammzellentransplantationen notwendig sind. Diese bestanden damals schon. – Heute haben wir 19 dieser Art!

Wenn Sie eine internationale Empfehlung sehen, dass mindestens 25 bis 30 Transplantationen an einer solchen Abteilung durchgeführt werden müssen, dann sollten Sie wissen, wir haben in Österreich einen Durchschnitt von 25 bis 30 Eingriffen dieser Art. Wissen Sie, wozu das führt? – Dass diese Einrichtungen international nicht anerkannt sind! Das heißt, sie bekommen zum Großteil keine Akkreditierung, sie werden nicht nach den entsprechenden Qualitätskriterien gemessen. Und wozu führt das in der Praxis? Ich erwähne das, damit Sie das auch verstehen. Es führt dazu: Wenn zum Beispiel ein leukämiekrankes Kind eine Knochenmarkstransplantation benötigt und wenn diese in einem nicht akkreditierten Zentrum durchgeführt wird, dann liegt dort kein direkter Zugriff zu den internationalen Karteien vor, sondern es muss erst darum angesucht werden. Dadurch werden der entsprechende Prozess und der mögliche Therapieverlauf wesentlich verzögert. – Dort liegen unsere Probleme, und da müssen wir mit Umstrukturierungsmaßnahmen eingreifen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben weiters in Österreich – auch das ist bekannt, und das war schon früher bekannt – einen hohen Anteil an nichtmedizinischen Leistungen, die in unseren Spitälern durchgeführt werden. Er liegt bei etwa 25 Prozent. Das ist im internationalen Schnitt viel zu hoch. Da können mit vernünftigen Auslagerungen, ohne einen einzigen Arbeitsplatz zu vernichten – im Gegenteil, es werden sogar mehr Arbeitskräfte benötigt –, Einsparungen von jenen Mitteln vorgenommen werden, die dann im Gesundheitswesen richtig platziert werden können.

Es ist daher die Absicht – und nicht nur die Absicht, sondern eine klare Tatsache –, dass diese Regierung keinen einzigen Spitalsstandort sperren wird, so wie das im alten Plan vorgesehen war! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Widerspruch bei der SPÖ. – Abg. Edlinger: Das glaube ich nicht!)

Im Gegenteil, es ist unser expliziter Wunsch, die Standorte zu erhalten, sie aber gemeinsam mit den Bundesländern – und das geht nur gemeinsam – so zu strukturieren, dass sie der jeweiligen Bevölkerung des Bundeslandes wirklich punktgenau gerecht werden und zugute kommen.

Es besteht auch nicht die Absicht und vor allem nicht die Kompetenzmöglichkeit, hier einzugreifen, außer im Konsens. Daher haben wir in unserer Präambel zum gegenwärtigen ÖKAP ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Standorte erhalten werden müssen. Und jeder, der das Gegenteil behauptet, macht sich der wissentlichen Unwahrheit schuldig.

Wir schlagen Verbesserungen vor, wir schlagen Weiterentwicklungen und Umschichtungen vor, und wir wollen die überregionalen Versorgungsperspektiven entwickeln, damit nicht unsinnige Entwicklungen stattfinden, wie etwa, dass Krankenhäuser, die 20 oder 30 Kilometer auseinander liegen, sich im gegenseitigen Konkurrenzdenken in die falsche Richtung entwickeln und dadurch Ressourcen verbrauchen, die woanders dringend notwendig sind.

Die Entscheidung, unsere Vorschläge anzunehmen, liegt aber ausschließlich im Bereich der Bundesländerkompetenz. Daher finden jetzt auch Verhandlungen statt, die bis Mitte Oktober abgeschlossen sein werden.


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Es ist auch keineswegs so, dass irgendein Plan irgendwo schubladisiert ist. Der Plan ist allen bekannt. Und wenn sich jemand wegen der steirischen Wahlen sorgt, dann kann ich ihm sagen, die Verhandlungen werden noch vorher abgeschlossen sein, und es besteht durchaus für den betroffenen Landesrat noch die Möglichkeit, hier noch tätig zu werden.

Ich darf auch berichten, dass er vorige Woche im Rahmen der Strukturkommission in allen Einzelheiten unterrichtet wurde. Ich sehe hier doch eine gewisse Polemik, vor allem dann, wenn man weiß, dass die Erfüllung des Bettenabbaus schon längst stattgefunden hat, aber nicht an das ÖBIG gemeldet wurde, sodass hier die alten Zahlen noch einmal aufscheinen. Das heißt, jener Bettenabbau, der im ÖBIG im alten Plan von der alten Regierung vorgesehen war, wurde erfüllt, und daher ist diese Sache auch erledigt.

Ich habe aber einen ganz anderen Verdacht. Hier geht es nicht darum, dass die Regierung vielleicht Standorte schließen könnte, sondern ich habe den Verdacht, dass Versäumnisse kaschiert werden sollen, dass ein Szenario vorbereitet werden soll, das nachträglich, weil es nicht anders möglich ist, in eine Katastrophe führt, die dann der jetzigen Bundesregierung zugeschoben werden soll. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Richtig! – Abg. Dr. Khol: Bravo!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich versichere Ihnen: Solange ich dieses Amt ausüben darf – und ich übe es gerne aus –, garantiere ich, dass kein Schilling aus dem Gesundheitssystem hinauswandert, sondern dass es unter Umständen besser strukturiert wird. Wir brauchen einen gemeinsamen Plan für die Spitäler, für den ambulanten Bereich und für den niedergelassenen Bereich. Der Gesundheitsmarkt ist ein wichtiger Bereich für Arbeitsplätze!

Noch etwas – und ich glaube, da sind wir alle einer Meinung –: Wenn wir den Patienten und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen, dann werden wir den richtigen Weg gehen. Und ich lade Sie gerne ein, den mit uns mitzugehen! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fischl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.19

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Herr Kollege Kräuter, Ihnen möchte ich sagen, ich stehe aus gutem Grund hier. Zum Ersten möchte ich festhalten, dass ich die Ursache der einleitenden Begründung des Herrn Staatssekretärs Waneck kenne. Dass "alles falsch" ist, liegt daran – das hat uns ja Frau Kollegin Plank schon veranschaulicht –, dass ihr keine Ahnung habt. Sie stand hier und hat gesagt: Ich habe keine Ahnung, ich kenne mich nicht aus. – Ich finde, Frau Kollegin, für diese offene, ehrliche Ansage gebührt Ihnen Dank, und sie gibt mir auch tiefen Einblick in den geistigen Zustand Ihrer Partei! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kräuter! Frau Kollegin Plank hat es zugegeben, und Sie haben es bewiesen. Sie haben nämlich schon vor ein paar Tagen die Attacke auf den Rechnungshofbericht begonnen, indem Sie medial angekündigt haben, Sie werden heute die Diskussion des Rechnungshofberichtes dazu missbrauchen, dass Sie einen Entschließungsantrag einbringen werden. Sie haben sinngemäß in Ihrer APA-Aussendung formuliert, dass Sie heute sozusagen vom Parlament einfordern werden, dass die Abgeordneten heute ihr Gewissen zeigen können, wenn es um die Verhinderung der Schließung von Spitälern geht. (Abg. Silhavy: Sofern sie eines haben, Herr Kollege!)

Herr Kollege! Damit haben Sie auch bewiesen, dass Sie wirklich keine Ahnung haben. – Günther, du bist schon so lange in diesem Geschäft, du müsstest eigentlich wissen, was die Kompetenzfragen bedeuten!


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Ihr stellt euch guten Gewissens hier hin, signalisiert Unkenntnis, signalisiert Destruktion, signalisiert Wahlkampf in der Steiermark. Herr Kollege Kräuter! Ich wünsche mir wirklich im Sinne der Patienten unseres Landes, dass dieser 15. Oktober bald kommt. Zum einen wünsche ich mir das, weil ich sicher bin, da werdet ihr eine ordentliche Abreibung kriegen, denn mit solchen Initiativen kann man nur eine Abreibung bekommen, und zum anderen wünsche ich es mir, damit danach endlich wieder mehr Sachlichkeit einkehrt.

Jetzt komme ich am Ende dieser Debatte zu meinem eigentlichen Anliegen, vor allem in Hinblick auf die heute geführte Debatte im Bereich des Spitalswesens. Ich selbst bin Fürstenfelder. Eines der Spitäler, das in den Medien genannt wurde – das angeblich vom Zusperren bedroht ist, wie es die Sozialdemokraten jetzt öffentlich zum Ausdruck gebracht haben –, ist das Krankenhaus in Fürstenfeld. Ich komme nun auf die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs Waneck zurück – ich selbst kenne mich ein bisschen aus in diesem Spital –, und zwar zum Thema Stammzellentransplantation. Wir haben in Fürstenfeld eine derartige Abteilung, und im Untersuchungszeitraum, als diese ÖBIG-Studie gemacht wurde, hat man festgestellt, dass nur ganze acht Mal Stammzellen transplantiert wurden.

Verehrte Damen und Herren! Jeder, der ein bisschen etwas von Wirtschaft versteht – und der Gesundheitsbereich ist halt einmal zu einem Großteil von wirtschaftlichen Entscheidungen abhängig –, wird einsehen, dass gewisse, nicht rationelle Dinge einfach nicht möglich sind, wenn man nicht das gesamte System zerschlagen und gefährden will.

Ich mache es kurz, damit wir zur Abstimmung kommen. Herr Kollege Kräuter! Ich lade Sie ein: Kommen Sie nach dem 15. Oktober, wenn die Wahlen geschlagen sind, wenn es vielleicht einen freiheitlichen Soziallandesrat oder vielleicht einen freiheitlichen Gesundheitslandesrat gibt, mit mir nach Fürstenfeld, und hören Sie sich an, was wir dort der betroffenen Bevölkerung und vor allem der Belegschaft im Spital demonstrieren werden! Ich kann Ihnen sagen – und das sage ich als Fürstenfelder, als Steirer und als Mitglied dieses Hohen Hauses –: Ich bin nicht dabei, mich dazu vereinnahmen zu lassen, dass das Parlament hier Weisungen erteilt in Form der Zustimmung zu einem Entschließungsantrag, die eigentlich verfassungsrechtlich gar nicht möglich sind. Ich bin nicht dabei, wenn es darum geht, die Bevölkerung meiner Heimatgemeinde zu irritieren, wie man es heute in der Zeitung vernommen hat. Ich bin nicht dabei, diese Tendenzen zu unterstützen.

Ich freue mich auf den 15. Oktober. Ich bin überzeugt, es wird genug Gelegenheit dazu geben, dass wir Freiheitlichen beweisen können, wie man auch in der Steiermark eine gescheite Spitalspolitik macht. Herr Kollege Waneck hat den Anfang gemacht. Er hat Ihnen heute schon Nachhilfe erteilt, und Sie werden sehen, auch der künftige steirische Spitalslandesrat wird Ihnen ausreichend Nachhilfe in Gesundheitspolitik erteilen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

19.23

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine Herren Staatssekretäre! Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Nur zwei Bemerkungen: Das Erste ist, dass eine Entschließung aus einer Begründung – das sind die Motive der jeweiligen Antragsteller – und aus dem Entschließungstext besteht. Die Motive, die Begründung stehen nicht zur Abstimmung. Und wenn wir dem Entschließungsantrag über die Weiterentwicklung der österreichischen Spitalsversorgung zustimmen, dann möchte ich ausdrücklich feststellen, dass die sehr vordergründige Begründung von uns nicht akzeptiert wird. Sie wurde von Ihnen deswegen artikuliert, um uns zu provozieren, nein zu sagen zu dem Entschließungsantrag, der den frommen Wunsch hat, die Bundesregierung möge alle Maßnahmen zu einer Verbesserung der generellen Versorgungsqualität der österreichischen Spitäler anstreben. Das ist zwar die richtige Richtung, aber mit Sicherheit nicht das, was Österreich braucht – nämlich die Sicherung all dessen.


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Wir werden ihm aber zustimmen, denn wenn Sie einmal auf der richtigen Fährte sind, dann sind uns die Motive sozusagen Wurscht, dann geht es um die Sache! (Beifall bei der SPÖ.) Meine Damen und Herren! Wir lassen uns von Ihnen auch durch eine noch so provokative Formulierung in der Begründung nicht provozieren. Uns geht es um die Sache! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

19.25

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Ich stehe jetzt nicht gerne hier heraußen, weil ich nicht der König Salomon bin, der hier weise ausgleicht. Sie wissen, dass ich es nicht bin. Okay. – Aber etwas zur Glaubwürdigkeit: Die Grünen und ich haben uns, wie ich meine, mehr als glaubwürdig für die Patientenrechte und für das Gesundheitswesen eingesetzt. Wir haben die "Krankensteuer" kritisiert und die Regierung nicht geschont.

Nun liegen aber zwei Anträge vor – und jetzt sage ich ganz offen, was ich dabei spüre –, bei denen ich mir sehr schwer tue. (Abg. Ing. Westenthaler: Was macht ihr jetzt?) Beide Anträge sind irgendwie auch von zukünftigen Wahlen gekennzeichnet.

Ich komme zuerst zum ÖVP-Antrag: Der Text dieses Entschließungsantrages ist per se vernünftig, und zwar mit einigen Einschränkungen, zum Beispiel betreffend das Problem der bundesweiten Aufsicht, Kontrolle und Qualitätssicherung, das ganz flott umschifft wird. Da fehlt noch einiges.

Aber was mich massivst irritiert, ist, dass in der Begründung zu diesem Antrag doch politische Vorwürfe enthalten sind. Auch das Wort "Verunsicherung" würde ich als Bundesregierung nicht als Schimpfwort einer anderen Partei zuwerfen, denn Sie haben auch verunsichert, und Sie dürfen sich nicht wundern, wenn die Leute dann auch verunsichert sind.

Aus diesem Grunde – vorwiegend wegen der Begründung, nicht wegen des Inhalts – lehne ich einfach den Antrag ab, denn Sie brauchen uns ja ohnehin nicht.

Aber es gibt noch einen zweiten Entschließungsantrag. Dieser Antrag beinhaltet – wenn ich es jetzt sehr salopp sage, was mir sonst nicht liegt – streng genommen die Conclusio: Es soll alles so bleiben, wie es ist. – Die Sozialdemokraten wissen aber so gut wie ich – und wir alle haben es vielfach hier im Haus kritisiert –, dass im Gesundheitswesen nicht alles so ist, dass jeder Stein dort bleiben soll, wo er jetzt sitzt.

Ich war in der Untersuchungskommission Freistadt. Ich habe verpflichtende Gütesiegel für Krankenanstalten gefordert. Ich habe kritisiert, dass da Strukturfehler bestehen. Auch aus diesem Grund fällt es mir – wenn ich mir und meiner Gesundheitspolitik treu sein will – schwer zu sagen: Der Weisheit letzter Schluss ist, dass sich nichts ändern darf.

Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür. Wir können trotzdem daran arbeiten, dass niemand verunsichert wird und dass alles, was das Soziale, das Humanistische und Patientenfreundliche betrifft, so bleibt, wie es ist und noch besser wird, und dass alles, was nicht so ist, nie eintreffen wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

19.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

19.28

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sozialdemokraten haben heute in der Früh über den Pressedienst angekündigt, sie werden eine Entschließung gegen eine bevorstehende Schließung von sechs Spitälern in der Steiermark einbringen. Sie wurden ertappt. Der Herr Staatssekretär hat klargemacht: In dieser Regierung wird


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kein Standort geschlossen! Es wird kein Krankenbett geschlossen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: Dann könnt ihr ja zustimmen! – Abg. Dr. Kostelka: Dann stimmt zu!)

Das, was in diesem Antrag der Sozialdemokraten zum Ausdruck kam, war die Absicht der Vorgängerin, die Absicht einer anderen Amtsinhaberin. Diese wollte Standorte schließen!

Ich stelle fest: Der Staatssekretär hat klar die Intentionen der neuen Regierung zum Ausdruck gebracht, nämlich eine bessere Versorgung. Ich stelle auch fest, dass die SPÖ zum zweiten Mal heute wieder einsichtig ist und unserem Antrag zustimmt. Ich begrüße das. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fischer: Die SPÖ ist einsichtig, die ÖVP ist uneinsichtig!)

19.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend den Nachtrag zum Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1998 (Zu III-11 der Beilagen) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Hartinger, Steibl und Genossen betreffend Weiterentwicklung der österreichischen Spitalsversorgung.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen.

Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, die Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hartinger, Steibl und Genossen stimmen, "Ja" - Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" - Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Frau Abgeordnete Haller wird sie später dabei ablösen. – Bitte, Frau Abgeordnete.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Haller werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 165

Präsident Dr. Werner Fasslabend
(den Vorsitz übernehmend): Die Stimmabgabe ist beendet.

Zur Durchführung der Stimmenzählung unterbreche ich die Sitzung für einige Minuten.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 19.37 Uhr unterbrochen und um 19.41 Uhr wieder aufgenommen .)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 165; davon "Ja"-Stimmen: 154, "Nein"-Stimmen: 11.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Hartinger, Steibl und Genossen ist somit angenommen. (E 34.)

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Antoni, Auer, Aumayr;

Bauer Gerhard, Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Böhacker, Bösch, Brinek, Brix, Bruckmann, Brugger, Bures, Burket;

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg, Dolinschek, Donabauer;

Edler, Edlinger, Egghart, Einem, Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischer, Fischl, Freund, Frieser;

Gaál, Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gatterer, Gaugg, Gradwohl, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Heindl, Heinzl, Hofmann, Hornegger, Hornek, Huber;

Jarolim, Jung;

Kaipel, Kampichler, Khol, Kiermaier, Kiss, Knerzl, Kopf, Kößl, Kostelka, Kräuter, Krüger, Kubitschek, Kukacka, Kummerer, Kuntzl, Kurzbauer, Kurzmann;

Leikam, Leiner, Lentsch, Loos;

Maderthaner, Maier, Mainoni, Mertel, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer, Muttonen;

Neudeck, Niederwieser, Nürnberger;

Oberhaidinger, Ofner, Ortlieb;

Papházy, Parfuss, Partik-Pablé, Pecher, Pendl, Pfeffer, Pistotnig, Pittermann, Plank, Posch, Povysil, Prammer, Prinz, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rada, Rasinger, Reheis, Reindl, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schender, Schieder, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schultes, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Schwemlein, Sevignani, Silhavy, Sima, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steibl, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Wimmer, Wittmann, Wochesländer, Wolfmayr, Wurm;

Zellot, Zweytick.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 166

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Brosz;

Glawischnig, Grünewald;

Haidlmayr;

Kogler;

Lichtenberger, Lunacek;

Öllinger;

Petrovic, Pirklhuber;

Stoisits.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kräuter und Genossen betreffend die Schließung von steirischen Spitalsstandorten.

Es ist auch hier namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen.

Ich gehe so, wie Ihnen heute bereits ausreichend bekannt ist, bei der Abstimmung vor.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kräuter und Genossen stimmen, "Ja" -Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein" -Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nun die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Haller wird sie dann ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Haller werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche die Sitzung zum Zweck der Stimmenauszählung für einige Minuten.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 19.48 Uhr unterbrochen und um 19.53 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 160; davon "Ja"-Stimmen: 50, "Nein"-Stimmen: 110.

Der Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens dem Stenographischen Protokoll beigefügt.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Bauer Sophie, Binder, Brix, Bures;


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 167

Cap;

Dietachmayr, Dobnigg;

Edler, Edlinger;

Fischer;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Gradwohl, Gusenbauer;

Hagenhofer, Heindl, Heinzl, Huber;

Jarolim;

Kaipel, Kiermaier, Kostelka, Kräuter, Kubitschek, Kummerer;

Leikam;

Maier, Mertel, Muttonen;

Niederwieser, Nürnberger;

Oberhaidinger;

Parfuss, Pendl, Pfeffer, Pittermann, Posch, Prammer;

Rada, Reitsamer, Riepl;

Schasching, Schieder, Schwemlein, Silhavy, Sima;

Wimmer, Wittmann, Wurm.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer, Aumayr;

Bauer Gerhard, Bauer Rosemarie, Böhacker, Bösch, Brinek, Brosz, Bruckmann, Brugger, Burket;

Dolinschek, Donabauer;

Egghart, Ellmauer;

Fallent, Fasslabend, Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Fischl, Freund, Frieser;

Gahr, Gatterer, Gaugg, Glawischnig, Graf Herbert L., Graf Martin, Grollitsch, Großruck, Grünewald;

Haidlmayr, Haigermoser, Hakl, Haller, Hartinger, Haupt, Hofmann, Hornegger, Hornek;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Knerzl, Kogler, Kopf, Kößl, Krüger, Kukacka, Kurzbauer, Kurzmann;

Leiner, Lentsch, Lichtenberger, Loos, Lunacek;

Maderthaner, Mainoni, Miedl, Mikl-Leitner, Mitterlehner, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neudeck;

Ofner, Öllinger, Ortlieb;


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
37. Sitzung / Seite 168

Papházy, Partik-Pablé, Pecher, Petrovic, Pirklhuber, Pistotnig, Povysil, Prinz, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Reindl;

Schender, Schoettel-Delacher, Schöggl, Schultes, Schwarzenberger, Schweisgut, Schweitzer, Sevignani, Sodian, Spindelegger, Staffaneller, Steibl, Stoisits, Stummvoll;

Tancsits, Trattner, Trinkl;

Wattaul, Weinmeier, Wenitsch, Westenthaler, Wochesländer, Wolfmayr;

Zellot, Zweytick.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 1997 und 1998, III-12 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht betreffend den Sonderbericht des Rechnungshofes über die Finanzierung der politischen Parteien und parlamentarischen Klubs, III-37 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle die Einstimmigkeit fest. Der Bericht ist damit angenommen.

5. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Kulturbericht 1998 der Bundesregierung (III-14/246 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Ich erteile es ihr.

19.54

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Der vorliegende Kulturbericht ist aus unserer Sicht zwar eine übersichtliche Darstellung der Situation in den Museen, unsere Ablehnung des Berichtes ist aber doch auf der aktuellen Museumspolitik begründet, die sich vor allem in zwei Diskussionen sehr klar herauskristallisiert, nämlich einmal in Bezug auf die aktuellen Entwicklungen rund um das Museumsquartier und zweitens in der Debatte rund um das Haus der Geschichte beziehungsweise das Haus der Toleranz.

Betreffend aktuelle Entwicklungen im Museumsquartier: Wir wissen, im Jahr 2001 soll das Museumsquartier, das gerne auch als der größte Kulturbezirk Europas bezeichnet wird, eröffnet werden. Nach einer 20-jährigen Planungsphase ist das nicht ein lapidares Ereignis, sondern ein sehr wichtiges Ereignis in der Geschichte der Stadt Wien, aber auch der Republik Österreich. Symbolisch sieht man an diesem Museumsquartier und allem, was rundherum passiert, auch die Kulturpolitik Österreichs sehr exakt dargestellt.


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37. Sitzung / Seite 169

Drei Punkte möchte ich noch in Erinnerung rufen: Das Siegerprojekt eines Architekturwettbewerbes wurde mehrfach grob verändert, das Symbolzeichen Leseturm wurde einfach gestrichen und die Außengestaltung rund um das Museumsquartier bislang ewig verzögert.

Die politische Verantwortung liegt natürlich zu 75 Prozent klarerweise bei der Eigentümervertreterin der Errichtungsgesellschaft, bei Bundesministerin Gehrer. Auf Grund des Diskurses im Sommer haben wir gesehen, dass neben diesen negativen Entwicklungen, neben dieser schleppenden Planung im Inneren des Museumsquartiers eine sehr lebendige, vielfältige Auseinandersetzung mit der Gegenwartskunst entstanden ist, ein echtes urbanes Kulturzentrum. Genau dieser lebendigste Teil ist jetzt massiv bedroht. (Beifall bei den Grünen.)

Wir wissen, den Projekten "basis wien", "Depot", "Public Netbase" oder der Kulturzeitschrift "springerin" – all denjenigen ist die Zukunft im Museumsquartier verwehrt, beziehungsweise ist die Zukunft für sie unsicher. Aus unserer Sicht ist das ein massives Versäumnis, denn ich glaube, ein solches Jahrzehnteprojekt kann nicht ohne die lebendige Gegenwartskultur auskommen. Gerade betreffend den ganzen Bereich Auseinandersetzung mit den neuen Medien konstatiere ich so etwas wie völliges Unverständnis, was dieses Medium für die zukünftige Kultur- und Kunstpolitik in Österreich heißen kann. (Beifall bei den Grünen.)

Das Zweite, warum wir mit der aktuellen Museumspolitik sehr unzufrieden sind, betrifft die Debatte um die beiden Häuser, wobei ich jetzt eine Wortmelange vorstellen möchte, weil sie sehr zutreffend ist, nämlich "Haus der Toleranzgeschichte" oder "Geschichtetoleranz" – das ist vielleicht noch besser. Das setzt eine Proporzpolitik fort, obwohl das Gros der Zeithistoriker in sehr klaren Worten gesagt hat, dass die Vorgangsweise und auch der Inhalt, dass die Konzepte, die vorgelegt worden sind – ich zitiere –, monokratisch, zentralistisch sind und in keiner Weise moderner Museumsdidaktik beziehungsweise Zeitgeschichte entsprechen. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist traurig, dass das Versprechen von allen vier Parlamentsparteien, das es gegeben hat, nämlich einen Ideenwettbewerb zu machen, eine Enquete zu veranstalten, bei der erstbesten Gelegenheit, nämlich im letzten Kulturausschuss, wieder gebrochen worden ist. Es deutet sehr viel darauf hin, dass eine kritische Aufarbeitung der Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts eigentlich nicht gewünscht ist, sondern dass man einfach zwei – wie es so schön von den Zeithistorikern genannt wurde – zentralistische und monokratische Konzepte zusammenmanschen will und man sich mit der sehr heiklen und schwierigen Frage, wie sich Österreich auch als Täterland mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts auseinander setzt, eigentlich nicht beschäftigen will.

Als letzten Punkt möchte ich noch auf die Restitutionenfrage eingehen. Die Grünen waren in der ganzen Debatte führend, und meine Vorgängerin Terezija Stoisits im Kulturbereich hat 250 Anträge und Anfragen in diesem Bereich eingebracht und die ganze Debatte maßgeblich ins Laufen gebracht.

Mit großem Vertrauen hat damals der Nationalrat das Kunstrückgabegesetz verabschiedet. Es hat sich allerdings aus unserer Sicht vom heutigen Standpunkt aus nicht bewährt. Der Kunstrückgabebeirat tagt nicht sehr häufig, tritt nicht sehr häufig zusammen. Riesige Rückstände sind aufzuarbeiten, auch das ganze Kuriosum rund um Maria Altmann, rund um diese Gerichtscausa lässt sehr klar erkennen, dass es um die Verschleppung einer wichtigen Aufgabe der Republik Österreich geht. Das war nicht im Sinne und nicht im Geiste dieses Gesetzes, als es damals mit der Zustimmung aller Parteien beschlossen worden ist.

Ich hoffe, dass sich das in Zukunft ganz massiv verbessert. Frau Ministerin Gehrer! Sie tragen auch die Verantwortung dafür, dass diese riesigen Rückstände endlich aufgearbeitet werden, dass wir sozusagen mit den Altbeständen der Vergangenheit sauber abschließen können.

Wir werden dem Kulturbericht unsere Zustimmung nicht geben. Noch einmal: Die aktuellen Debatten Museumsquartier, die Museumspolitik, die rund um dieses "Haus der Geschichtetoleranz" zum Ausdruck kommt, und diese Restitutionenfragen lassen uns keine andere Wahl. Die Grünen werden diesen Bericht nicht zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

20.00


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37. Sitzung / Seite 170

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

20.00

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Ministerin! Es ist nicht so, dass Sie mir nicht auf der Regierungsbank genügen würden, aber nachdem Staatssekretär Morak eine Koordinierungsaufgabe zu erfüllen hat und daher quasi als Mitkoordinator bei den Planungsgesprächen und Diskussionen in allen Ressorts dabei sein müsste, wäre es nicht schlecht gewesen, wenn er auch heute hier anwesend gewesen wäre. Aber anscheinend ist er gerade wieder bei einer seiner unzähligen Koordinierungssitzungen und wahrscheinlich unabkömmlich. (Abg. Dr. Khol: Wer?) – Staatssekretär Morak! (Abg. Dr. Khol: Er berät gerade die Künstler-Sozialversicherung, was ihr nicht zusammengebracht habt!)

Zuerst möchte ich in aller Kürze auf die Frage des Gesamtkonzeptes der baulichen Erfordernisse einzelner Häuser, wie es im Kulturbericht steht, eingehen. Es ist überlegt worden, einen Zehnjahresplan zu erstellen. Sie werden sich sicher heute zu Wort melden, Frau Ministerin, daher frage ich Sie: Was kann von solch einem Zehnjahresplan übrig bleiben angesichts dieser Sparorgien, die vom Finanzministerium ausgehen und sich letztlich auch auf diesen Zehnjahresplan niederschlagen müssen? Ich wäre Ihnen zutiefst verbunden, wenn Sie mir eventuell in Ihrer Wortmeldung mitteilen könnten, was noch von dem Zehnjahresplan übrig bleibt und ob das letztlich nicht mehr nur eine Willenskundgebung, aber keine reale Perspektive ist.

Ich hoffe, dass Sie auch in die Planungsarbeit einbezogen werden. Es steht im Bericht: mit dem Wirtschaftsministerium. Wenn das, was man liest, stimmt, nämlich dass Ihnen auch die Einführung von Studiengebühren einfach auf den Tisch geknallt wurde, ohne dass Sie darüber vorher informiert wurden, dann muss ich Ihnen sagen, das sollten Sie sich nicht gefallen lassen, Frau Ministerin! Immerhin haben Sie ein Vetorecht in der Regierung. Sie könnten dort eigentlich ganz schön auf den Tisch hauen und sollten sich doch dagegen zur Wehr setzen. Ich hoffe nicht, dass Ihnen die Einsparungen im Kulturbereich auch bloß verordnet werden, weil dann stimmt irgendetwas in der Arbeitsteilung und der Hierarchisierung dieser Bundesregierung nicht.

Der zweite Punkt betrifft das Museumsquartier, die Quälereien gegenüber "Public Netbase". Ich habe nicht die Zeit, um jetzt noch einmal alle Details aufzuarbeiten. Diese bekommen einen Preis nach dem anderen. Man hört, dass sie wahrscheinlich deswegen ununterbrochen so kritisiert werden, weil sie regierungskritisch sind. Das wirft insgesamt ein problematisches Bild auf, und daher wäre es nicht schlecht, wenn Kollege Morak auch dazu etwas gesagt hätte, nämlich der Umgang dieser Bundesregierung mit Kunstschaffenden insgesamt und mit denen, die sich auch kritisch ausdrücken und das als Teil ihres Kunstschaffens verstehen. Dieser Umgang ist unverständlich, "Public Netbase" ist ein Beispiel dafür. Sogar die Bundes-ÖVP intrigiert in Wien hinein, so möchte ich sagen, wegen der Kompensationen, die Wien machen will. Der Bund zieht sich aus den Unterstützungen für diese Gruppe zurück. Meiner Meinung nach ist das eine etwas seltsame Vorgangsweise, mit der ich mich nicht abfinden kann.

Dritter Punkt: die Ausgliederungen. Ich lese im "profil" vom 11. September, dass es da einen geheimen Abbauplan geben soll. Darunter befindet sich auch das Bundesdenkmalamt. Mich würde interessieren, was jetzt mit der Nationalbibliothek und dem Bundesdenkmalamt geschieht. Bei den Teil- und Vollrechtsfähigkeiten der Museen habe ich das verstanden, weil diese etwas anzubieten haben. Diese sind irgendwo Dienstleister, sie können Produkte verkaufen und auch Geld einnehmen. Was macht aber das Bundesdenkmalamt oder die Nationalbibliothek? – Seien Sie so lieb, und sagen Sie mir, was diesbezüglich geplant ist, welche Rechtskonstruktion überlegt wird oder ob das keinen Hintergrund hat.

Nächster Punkt: Wie geht es mit dem Oberen Belvedere weiter? – Das ist zwar jetzt Gegenstand der Debatte zum Tagesordnungspunkt Bericht des Rechnungshofausschusses gewesen, aber mich würde der letzte Stand interessieren. Sind noch einige Bilder aufgetaucht? Weiß man im Endeffekt jetzt endgültig, was von diesen 300 fehlenden Bildern, die einen Wert in der Höhe von 20 Millionen Schilling haben, übrig geblieben ist?


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37. Sitzung / Seite 171

Auch ich bin mit dem Projekt oder Nichtprojekt "Haus der Toleranz", "Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts" unzufrieden. Ich kann nur sagen, dass man sich da etwas überlegen sollte. Es muss nicht "Haus der Toleranz" heißen, aber man sollte sich im Lichte der Ereignisse der letzten Monate, seit 4. Februar, seit der Installation dieser Regierung, etwas überlegen. Es wäre, so glaube ich, ein Ding der Notwendigkeit und ein Gebot der Stunde, dass man sich wirklich kritisch mit der Zeitgeschichte unserer Republik auseinander setzt, und zwar bis in die jüngste Zeit.

Besonders interessant ist, dass im Kulturbericht steht, man möge sich Gedanken über eine zukunftsorientierte Museumslandschaft und über ein ausgewogenes Verhältnis zwischen "kontemporanem künstlerischen Schaffen und der Pflege des so genannten kulturellen Erbes" machen. Darüber könnte man doch einmal eine Grundsatzdebatte führen, in welcher Balancierung das vor sich gehen soll, was überhaupt kontemporanes künstlerisches Schaffen in Relation zur Pflege des so genannten kulturellen Erbes ist. Damit sollten wir uns wirklich einmal auseinander setzen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Khol. )

Die Sprache im Kulturbericht ist die Sprache Ihres Ministeriums. (Abg. Dr. Khol: Kontemporan oder mediterran?) – Davon bin nicht ich der Sprachschöpfer. Sie meinen mediterran, ich meine kontemporan. Sie sind wahrscheinlich geistig bereits nicht mehr in diesem Hause anwesend. Ich bin noch da, auch am Rednerpult. Sie sind gerade mediterran geistig orientiert gewesen, ich kontemporan. Das ist ein kleiner Unterschied. – Wenn Sie also so lieb wären und auch darauf eine Antwort geben würden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte.

20.07

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine Damen und Herren! Machtstreitigkeiten unter dem Deckmantel der Moral zwischen den großen und den kleinen Staaten Europas war eigentlich die Thematik der letzten Monate. In diesem Zusammenhang hat mir besonders der Ausspruch von Hugo Portisch gefallen, der sagte: Die wichtigste Aufgabe der Zukunft für Österreich in Europa ist es, seine Identität zu wahren. Und das kann Österreich vor allem durch sein einmaliges kulturelles Erbe. Dadurch ist es optimal definiert, und dadurch ist es, wie ich meine, unverwechselbar darzustellen.

Österreich wird in der Welt, nach allen Erfahrungen, nach allen Statistiken, noch immer in erster Linie mit Kultur assoziiert. (Abg. Dr. Cap: Welcher Kultur?)

Wir alle reden heute über den Kulturbericht, auch Sie, Herr Abgeordneter Dr. Cap! Dies ist ein Bericht, der in einer Stückzahl – ich weiß nicht, ob Ihnen das bekannt ist oder ob sich das einmal jemand angeschaut hat – von 40 000 Stück aufgelegt worden ist. Man kann ihn auch kaufen. Er kostet 80 S pro Stück, und es wurden immerhin Tausende Stück verkauft. Wofür spricht das? – Das spricht einerseits für den Bericht, der interessant ist, und andererseits für das Kulturverständnis unserer Bürger, ein Kulturverständnis, das den Bürgern zu gern und zu oft in unserem Land abgesprochen wird. Die Angst vor Volksbefragung und direkter Demokratie gerade bei politischen Kulturprojekten, die man durchpeitschen möchte, ist ja allgemein bekannt – derzeit ganz besonders in Oberösterreich.

Dieser Kulturbericht stellt eine Momentaufnahme aus dem Jahre 1998 dar und zeigt zuerst einmal die positiven Auswirkungen der Teilrechtsfähigkeit auf. Er geht aber dann weiter und zeigt uns die ganze Umbruchsphase, in der die Museen eben durch das neue Bundesmuseen-Gesetz derzeit stehen. De facto stehen die Museen noch immer beim Stand null. Sie sind durch die jetzt teilweise zu erlangende Vollrechtsfähigkeit gefordert und vor große Herausforderungen gestellt.

Die Österreichische Galerie, die Graphische Sammlung Albertina, das Museum für angewandte Kunst und das Technische Museum werden mit dem Jahr 2000, also heuer, in die Vollrechtsfähigkeit entlassen. Das Kunsthistorische Museum hat sie, wie wir wissen, bereits 1999 erlangt. Die vorläufigen Zahlen aus diesem Entlassen in die Eigenständigkeit sprechen positiv für diese Vorgangsweise. Beispiele: Die Besucherzahlen sind in die Höhe geschnellt, bis über 100 Prozent. Die Einnahmen und der Ertrag aus den Eintritten sind nicht unerheblich.


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37. Sitzung / Seite 172

Das Sponsoring der diversen Häuser – auch ein neuer Anteil der Finanzierung – macht diese attraktiver und steigert die Einnahmen. Zum Beispiel hat die Buchpatenschaft der Nationalbibliothek immerhin 4 Milliarden Schilling für dieses Haus lukriert, und damit können wieder andere Projekte realisiert werden. Innerstädtische Museumsbezirke sollen entstehen, das ist für den kulturell interessierten Bürger sicher von Vorteil. Es ist aber noch zu diskutieren, ob die Zusammenlegung von Theatern tatsächlich für diese einen Vorteil und eine Sinnhaftigkeit bringt.

An dieser Stelle möchte ich mich auch im Namen meiner Fraktion bei der zuständigen Sektion und bei der, wie man sie so nennt, "Miniholding" des Sektionschefs Wran für diesen sehr guten und wirklich sehr informativen, wenn auch in manchen Teilen inhaltlich zu kritisierenden Bericht bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun ist natürlich die gesetzliche Deckelung des Budgets der Museen eine große Herausforderung, und es müssen neue Wege in der Zusammenarbeit im Bereich des Marketings und des Sponsorings gegangen werden, um diese neue Freiheit auch in irgendeiner Weise festigen und leben zu können. "Mehr privat – weniger Staat" ist ein uralter freiheitlicher Gedanke. Wenn wir diesen umsetzen, dann heißt das aber auch, dass man alte museale Gedanken über Bord werfen muss.

An dieser Stelle sei ein Appell an die Direktoren der einzelnen Museen gerichtet, dass es zum Beispiel nicht wieder einen "Kassenkampf" bei einem Kartenverkauf mehrerer Museen, wie beispielsweise im Museumsquartier, gibt. Es kann doch wirklich nicht sein, dass man nicht den Besuch mehrerer Museen sinnvollerweise zu einem Ticket zusammenfasst, sodass man zum Beispiel das Kunsthistorische Museum besucht, dort der Eintritt etwas höher ist, dann dafür aber für andere Museen ein geringerer Preis zu bezahlen ist und der kulturell interessierte Bürger damit einen größeren Überblick über die museale Kultur unserer Stadt bekommt.

Das Gegenargument, dass man dann nicht weiß, wie hoch die Besucherzahlen in den einzelnen Museen sind, lässt sich relativ leicht entkräften.

Auch um ein ministerielles Machtwort, wie in einer Zeitung gestanden ist, um solch ein Ticket gerade im Museumsquartier möglich zu machen, kann es doch wohl nicht gehen. Solche Hürden sollten ganz einfach in einer modernen Museumsführung überwunden werden können.

Aber auch die Forschung in den Museen muss einen neuen Stil haben. Es kann nicht weiter nur Liebhaberei sein, sondern sollte wirklich eine effektive Forschung sein, die auch dem Ruf der Häuser gerecht wird und die auch in Publikationen und im Bereich von Recherchen wieder neue Geldquellen erschließen kann und akquiriert.

Viele Ansätze sind in diesem Museumsentwicklungsplan enthalten, Frau Minister, aber was natürlich jetzt ungeheuer wichtig ist, ist, diese Ansätze auch zu realisieren. Diesbezüglich sind alle gefordert, nicht nur die Ministerien, nicht nur die Direktoren, sondern auch wir Parlamentarier und vor allem aber auch die Besucher der einzelnen Häuser, die aufgefordert sind, positiv mitzuarbeiten und mitzugestalten. Das ist etwas, was uns ganz besonders wichtig ist.

Die Bürgerinnen und Bürger des Landes sollen am kulturellen Erbe teilhaben, nicht nur als Konsumenten, sondern auch als Beteiligte. Das ist einer unserer Grundgedanken: die Mitbestimmung des Bürgers, die Mitbestimmung des Bürgers in allen politischen, vor allem aber auch in allen kulturpolitischen Fragen, als Zeichen einer gelebten Demokratie. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. – Bitte.

20.15

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Der vorliegende Kulturbericht ist ein beeindruckender Niederschlag der Arbeit von Beamten der Bundesmuseen und ein Nachweis ihrer Tätigkeit und der geleisteten Neuorganisa


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37. Sitzung / Seite 173

tion auf dem Stand von 1998. Ich möchte mich auf einige mir wesentlich erscheinende Punkte konzentrieren und davon ausgehend ein paar Ideen oder Perspektiven aktueller Museumsarbeit entwickeln.

Meine Vorrednerin, Frau Dr. Povysil, ist schon auf die Besucherzahlen eingegangen, die eine erfreuliche Steigerung um 11 Prozent im Jahre 1998 gegenüber dem Jahr 1997 aufweisen. Insbesondere der eintrittsfreie 26. Oktober, dieser österreichische Museumstag, hat sich als eine sehr gute Werbemaßnahme erwiesen, und meine Anregung dazu wäre: Ich habe gehört, in England gibt es Museen, die diesen offenen Tag einmal in der Woche haben. Auch die Sammlung Essl in Österreich hat diese Anregung anscheinend aufgenommen. Das ist ein sehr gutes Werbemittel, welches sich jetzt weniger für den Tourismus zu Buche schlägt, aber sehr gut bei Familien und Schülern ankommt und, wie sich gezeigt hat, eine nachhaltige Werbewirkung hat.

Es stellt sich nämlich heraus, dass der Besuch eines Museums durchaus – mit der neuen Museumsdidaktik, die teilweise angewandt wird beziehungsweise schon im Entstehen begriffen ist – interessant, spannend und auch lustvoll sein kann. Die Zeiten sind Gott sei Dank vorbei, als Museen noch "Kirchen für Sammler" waren, in denen flüsternde Besucher andächtig von Ausstellungsraum zu Ausstellungsraum schritten. Ich beziehe mich da auf ein Referat von Friedrich Waidacher, dem ehemaligen Direktor des Joanneums Graz.

Das Museum heute versteht sich vielmehr als Institution im Auftrag und Dienst der Gesellschaft, bei der nicht Objekte, sondern der Mensch im Mittelpunkt steht, und zwar als Schöpfer, Sammler, Nutzer des Dargestellten, als Betroffener, als Erzählender, als Zuschauer, als Erlebender und Nachvollziehender. Das Museum wird als Ort verstanden, an dem ausgewählte Zeugnisse einer bestimmten Wirklichkeit gesammelt, bewahrt und erforscht werden, die für jeden erfassbar sind. Dies findet jetzt nicht mehr an einem Lernort oder in einem Klassenzimmer, sondern – wieder Zitat – an einem spezifischen Ort der informellen, freien und potenziell schöpferischen Begegnung mit wirklichen Objekten statt.

Wir wissen, dass der Öffentlichkeitsarbeit eine ganz besondere Wichtigkeit zukommt. Dem dienen, wie das auch im Kulturbericht aufgezählt wird, ein monatlicher Programmfalter, Jahresplakate, Plakate der Schule, der Kulturbericht selbst und, was jeden Tag mehr wahrgenommen und intensiver genutzt wird, das Internet.

Festgestellt wird im Kulturbericht auch, dass die Besucherfreundlichkeit weiter gesteigert werden muss, was sehr wichtig ist. Es geht um die Wichtigkeit der Museumspädagogik im Rahmen einer intensiven Zusammenarbeit von Kulturinstitutionen am Schulsektor und am Sektor der Erwachsenenbildung.

Meine Damen und Herren! Das Wort "volksbildnerisch" hat mir noch nie besonders gefallen, aber um Bildung und Wissensvermittlung geht es dabei in erster Linie. Die Bildung für Kinder ist von ganz besonderer Wichtigkeit. Die Museumsdidaktik speziell für Kinder hat da ganz neue und sehr interessante Wege beschritten. Es geht also um Bildung für Kinder und Erwachsene, um das Wissen um die eigenen Wurzeln und die Herkunft, um das Wissen um Vergangenheit und um die Kultur, in der man aufgewachsen ist.

In diesem Zusammenhang möchte ich jetzt unbedingt auf ein Projekt hinweisen, das leider über das Planungsstadium noch nicht hinausgekommen ist, und zwar ist das der Plan des völlig neu gestalteten und neu konzipierten Volkskundemuseums in Graz. Der Geramb-Enkel, Erwachsenenbildner und Joanneums-Kurator, Heiner Herzog, will dieses nach neuesten musealen Vorstellungen zu revitalisierende Museum im Rahmen des Projektes "Graz – Kulturstadt 2003" verwirklichen. Ich kann sagen, dass ich diese Idee vollinhaltlich unterstütze.

Herr Cap! Sie haben die Begegnung von kontemporanem Schaffen in Auseinandersetzung mit musealer Kunst gefordert. Dazu hat es Versuche gegeben, und ich würde Sie einladen, sich das anzuschauen. Man kann die Berichte dazu im Joanneum abrufen. Dort findet diese Begegnung moderner Künstler statt. Das Projekt ist in seiner ersten Stufe schon durchgezogen worden, wird aber erweitert. Zeitgenössische Künstler reagieren auf Ausstellungsobjekte, und das wird dann wieder weiter vermittelt.


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Laut Bundesverfassung fallen ausschließlich die Bundesmuseen in die Kompetenz des Bundes; die Angelegenheiten der übrigen Museen sind Landessache. Allerdings, um die kulturelle Präsenz des Bundes auch in den Ländern zu sichern, werden sehr wohl Landes- und Gemeindemuseen subventioniert, wodurch dem föderalen Prinzip entsprochen wird. Leider wird aber dem Thema Förderung der regionalen Strukturen noch viel zu wenig Platz gewidmet. Ich schlage vor, dies in Zukunft sehr viel stärker zu tun. Ein regerer Austausch zwischen Wien und den Bundesländern täte uns im Sinne einer intensiveren Vernetzung von Bund und Land, die ja auch gewünscht wird, gut. Es könnten zum Beispiel erfolgreiche Großausstellungen durchaus jetzt in die Bundesländer gebracht werden oder umgekehrt, weil wir auch sehr interessante Ausstellungen in den Bundesländern haben.

Das Thema ist sehr komplex, sehr vielschichtig, sehr vielfältig und in Entwicklung begriffen. Der vorliegende Kulturbericht zeigt einen Status quo mit neuen, damals – also 1998 – noch gar nicht zu ahnenden Möglichkeiten für zukünftige Museumsarbeit und Zielsetzungen. Ich möchte sagen, dass mir dieser Punkt aber besonders wichtig ist und dass man in diesem Zusammenhang durchaus gerade auch die Volkskundemuseen sehen kann. Wenn ich nämlich die Aufmerksamkeit den Regionen und ihren Unterschiedlichkeiten zuwende, wecke ich dadurch das Bewusstsein für Individualität bei mir und bei denen, mit denen ich meine Erfahrungen austausche und teile.

Ich möchte mit einem Zitat Heiner Herzogs, der wirklich seine ganze Lebensarbeit und Liebe der Museums- und Volkskultur gewidmet hat und dem ich von Herzen wünsche, dass er sein Projekt der Revitalisierung und Verjüngung des heuer 90-jährigen und zurzeit leider im Tiefschlaf befindlichen Volkskundemuseums in Graz verwirklichen kann, schließen. Heiner Herzog sagt: Gewachsene Identität ist Voraussetzung für gelebte Toleranz. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

20.22

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zuerst auf einige Feststellungen des Herrn Kollegen Cap eingehen. Herr Kollege Cap hat gesagt, die Einführung der Studienbeiträge sei ohne meine Information geschehen. – Das ist falsch. Es war das ein gemeinsamer Diskussionsprozess. Es gab ein Ringen um Lösungen, die es ermöglichen, dass wir mehr Qualität, mehr Kostenbewusstsein, mehr Kostenstellenrechnung an den Universitäten haben, dass wir auch die Universitätsmilliarde für Schwerpunktinvestitionen zur Verfügung stellen können.

Gleichzeitig wurde beschlossen, dass begleitende Maßnahmen zur sozialen Abfederung erfolgen sollen: eine Ausweitung und Anhebung des Förderungssystems, die Einbeziehung von Geschwistern, gleichzeitig eine Verbesserung für die Studenten, indem die Zuverdienstgrenze aufgehoben und die Jahresdurchrechnung ermöglicht wird. Ich meine, dass das ein abgerundetes Paket war, das im Sinne von uns allen für die Universitäten gut sein wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Irgendjemand hat die Bemerkung gemacht, man müsse sich trauen, dagegen zu sein. Meine Damen und Herren! Jemand, der in der Politik an einer verantwortlichen Stelle ist, muss sich trauen, zum richtigen Zeitpunkt das Notwendige zu tun. (Abg. Schasching: Aber doch nicht so!) Das war der richtige Zeitpunkt für das Notwendige! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was die Frage, die von Frau Kollegin Glawischnig hier bezüglich des Museumsquartiers gestellt worden ist, betrifft: Das Museumsquartier wird schnellstens fertig gestellt. Es gibt keine negative Entwicklung, es gibt keine schleppende Planung. Wir haben einen sehr guten Geschäftsführer eingesetzt. Es wird die bauliche Fertigstellung noch im Jahr 2000 – Ende 2000 – erfolgen. Die Besiedlung der Museen wird erfolgen. Diese werden im September 2001 eröffnet werden. Die Gesamteröffnung wird im September 2002 stattfinden.


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Es gibt die Festlegung, dass im Museumsquartier in einem kleinen Bereich in dem alten Fischer-von-Erlach-Trakt eine lebendige Kulturszene mit auch wechselnden Angeboten stattfinden soll.

Sie haben hier gesagt, wie schrecklich es sei wegen der Firma "Public Netbase", die mit modernsten Medien, mit den modernsten Computern arbeitet, die wirklich moderne Medienkunst macht: Gerade diese Art der Kunst und diese Art der Arbeit ist unabhängig von Ort und Zeit! Gerade mit den modernen Medien bin ich überhaupt nicht an irgendeinen Ort gebunden! Diese kleinen Kulturbetreiber haben ein Präkarium gehabt. Denen war von vornherein klar: Wenn der Fischer-von-Erlach-Trakt restauriert wird, müssen sie sich etwas anderes suchen. Ich meine, man muss sich auf vertragliche Vereinbarungen auch verlassen können. Es wird dieses "Quartier 21" nun von einer Facharbeitsgruppe geprüft. Es wird gesagt, wo wir Platz für diese Kulturinitiativen finden, und es werden Mietverträge gemacht. – Ich glaube, das ist ein völlig normaler Vorgang, der gegen niemanden gerichtet ist.

Was mir noch ein besonderes Anliegen ist, ist die ganze Frage der Restitutionen. Meine Damen und Herren! Wir sollten uns wirklich einmal ganz ehrlich anschauen, was Österreich schon gemacht hat, besonders im ganzen Kunst- und Kulturbereich. Die Republik Österreich hat nach 1945 für die Restitution von Kunst- und Kulturgütern insgesamt sieben Rückstellungsgesetze sowie zwei Kunst- und Kulturbereinigungsgesetze beschlossen und hat die so genannte "Mauerbach-Auktion", die Versteigerung der von Nationalsozialisten konfiszierten Kunstwerke zugunsten der Opfer des Holocaust, gemacht.

Wir haben dann auch ein neues Rückgabegesetz beschlossen, und zwar aus folgenden Gründen: Man hat befunden, dass es moralisch nicht vertretbar ist, dass für Kunstgegenstände, die während des Krieges geraubt worden sind, nach dem Krieg zurückgestellt worden sind und auf Grund des Ausfuhrverbotsgesetzes dabehalten worden sind, dieses Ausfuhrverbotsgesetz weiterhin gültig ist. Man wollte es für diese Kunstgegenstände, die restituiert worden sind, nicht mehr geltend haben. Deswegen wurde das letzte Restitutionsgesetz oder Kunstrückgabegesetz noch beschlossen.

Der Kunstrückgabebeirat arbeitet sehr intensiv. Die Aufarbeitung der ganzen Provenienzen ist eine sehr große Arbeit, und diese wird mit sehr großem Engagement geleistet.

Betreffend die eine Frage, die Sie hier angesprochen haben, möchte ich wirklich allen Ernstes Folgendes klarstellen: Dieses Kunstrückgabegesetz hat nichts mit testamentarischen Verfügungen zu tun. Im Fall Bloch-Bauer gibt es ein Testament aus dem Jahr 1923. Da kann man nicht sagen, das Testament ist richtig oder ist nicht richtig. Es ist nicht Sache dieses Kunstrückgabegesetzes und des Kunstrückgabebeirates, über ein Testament aus dem Jahr 1923 zu befinden.

Ich als Bundesministerin habe die Aufgabe, auf gesetzlicher Basis zu handeln. Ich kann nicht nach eigenem Gutdünken, Ermessen, aus irgendwelchen moralischen Gründen Millionenwerte, die den Bürgerinnen und Bürgern gehören und die sich im Oberen Belvedere befinden, zurückgeben, wenn ich keine rechtliche Basis dafür habe. Über dieses Testament zu entscheiden ist nicht Aufgabe des Kunstrückgabebeirates. Es fällt einfach diese Causa Bloch-Bauer nicht unter dieses Gesetz. Das muss man, bitte, auch zur Kenntnis nehmen.

Was das "Haus der Geschichte" und das "Haus der Toleranz" betrifft, so sind da die Konzeptionen weiter vergeben. Die Fachleute arbeiten an einer gemeinsamen Konzeption.

Zum Thema der Ausgliederungen möchte ich noch Folgendes feststellen: Wir werden als nächste Schritte die noch ausstehenden Bundesmuseen ausgliedern. Das wird bis zum Jahre 2003 abgeschlossen werden, wobei wir glauben, dass es vernünftig ist, wenn in der ganzen Frage der Logistik, der Abrechnung, der Personalabrechnung auch eine Zusammenarbeit erfolgt, sodass kleine Häuser diese Kosten nicht wieder extra haben. Deswegen werden wir ein Zusammenarbeitsmodell zwischen dem Theatermuseum und dem Völkerkundemuseum einbringen.


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Die weitere Sanierung der Museen wird nach Maßgabe der budgetären Möglichkeiten voranschreiten. Ich glaube, dass man in einer Zeit, in der man einen großen Schuldenberg abtragen muss, in der man ein Budget sanieren muss, einfach Schwerpunkte setzen muss.

Wir haben uns als Schwerpunkt die Albertina gesetzt, weil es einfach nicht zu verantworten ist, dass die weltgrößte Graphiksammlung länger geschlossen bleiben wird. Das Studiengebäude wird 139 Millionen Schilling kosten, der Speicher wird 91 Millionen Schilling kosten. Das Studiengebäude wird 2001 eröffnet, der Speicher ebenfalls, und das renovierte Palais wird im Jahr 2002 eröffnet werden. Dann werden wir darangehen, auch das Völkerkundemuseum zu sanieren.

Dass diese Sanierungen und dieses Umstellen auf eine wissenschaftliche Anstalt sehr erfolgreich sind, zeigt sich beim Technischen Museum, das wir mit 480 Millionen Schilling umgebaut und mit 250 Millionen Schilling eingerichtet haben – das ist ein schöner Beitrag – und das jetzt eine Super-Managerin hat, nämlich die Direktorin Frau Dr. Zuna-Kratky, die dieses Haus hervorragend managt. Da freut es mich ganz besonders, dass sie bei einer Liste, bei einer Wertung der 20 besten Managerinnen Österreichs an eine vordere Stelle gereiht worden ist. Man stelle sich vor: die Direktorin einer Non-profit-Organisation, im Gegensatz zu vielen, die in der Wirtschaft tätig sind! Ich glaube, das ist ein schönes Zeichen dafür, dass wir zukunftsweisende Museumsarbeit leisten! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.31

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

20.31

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Frau Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Zum Kulturbericht 1998 wäre Folgendes zu sagen: Es ist ein ausgezeichneter Bericht. Er ist hervorragend gemacht. Es war überhaupt 1998 ein wichtiges Jahr, und ich teile in vielen Ihrer Ausführungen Ihre Einschätzungen. Es hat zahlreiche wichtige Weichenstellungen gegeben, so die Umwandlung der Bundesmuseen in wissenschaftliche Anstalten durch das Bundesmuseen-Gesetz, die von Ihnen angesprochene Restitution von Kunstgegenständen aus den Bundesmuseen, die "Mauerbach-Auktion". Auch die Besucherentwicklung des Jahres 1998 ist eine äußerst positive. Die Besucherzahlen sind gegenüber dem Jahr 1997 um 11 Prozent gestiegen. Die Bestände der Nationalbibliothek umfassen fast 6 Millionen Objekte, und auch der Denkmalschutz – das möchte ich extra anführen – leistet ganz Hervorragendes. Es sind zahlreiche behutsame Restaurierungen in diesem Bericht aufgeführt, und das möchte ich ganz ausdrücklich anerkennen.

Trotzdem hat sich, glaube ich, im Jahre 2000 – und es ist schade, dass wir jetzt den Bericht des Jahres 1998 hier diskutieren – die Situation insgesamt etwas geändert. Nicht dass sich jetzt die verwaltete Kultur und Kunst dramatisch verändert hätte; es ist aber trotzdem, glaube ich, eine Veränderung der Rahmenbedingungen eingetreten: Da ist einerseits die Kürzung des Kunstbudgets 2000 Ihres Kollegen Morak, da sind andererseits die wichtigen und schwer wiegenden Kürzungen an den Kunstuniversitäten, und es ist insgesamt das geistig-kulturelle Klima in diesem Land zu nennen.

Im "Salzburger Programm" der ÖVP heißt es: Die ÖVP versteht Kunst als schöpferische Interpretation und Gestaltung der Welt und des Welterlebens. Ursprung der Kunst sind schöpferische Phantasie, kritischer Geist und Gestaltungskraft des Menschen.

Wie aber sieht die österreichische Regierungsrealität im Jahre 2000 aus? – Es gibt kaum einen prominenten österreichischen Künstler, der nicht schon als "Staatskünstler" – ein Ausdruck, den Ihr geistiger Regierungspartner Haider geprägt hat – diffamiert worden wäre. Auch der ÖVP-Landesrat Hirschmann wäre hier zu nennen, der anlässlich der "Diagonale" sagte, grundsätzlich sei er zwar für die Freiheit der Kunst, aber alle, die dort aufscheinen, hängen ohnedies am "Futtertrog der Republik"; oder Herr Mölzer als oberster Kulturberater des Landes Kärnten, über den der Intendant des Klagenfurter Stadttheaters sagt:


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"Herr Andreas Mölzer verursache ein Klima der Verächtlichkeit. Es muss für jene, die auf Subventionen angewiesen sind, erniedrigend und entwürdigend sein, einem solchen Mann ihre Objekte vorzulegen."

Dazu die Affäre Kolig, die Affäre Nitsch, die Beschimpfungen als Fäkal- und Blutkünstler. Der Opernchef Holender sagt auf die Frage "Was erwarten Sie sich von einer blau-schwarzen Kulturpolitik?" wörtlich:

"...dass die Demagogie und der Populismus weitergeführt werden, wie wir es von den infamen Plakatkampagnen kennen. Hier wurde nominelle Ausgrenzung propagiert. Wer von ,gesunder‘ und ,kranker‘ Kunst spricht, ist gefährlich."

Ich komme auch zu Ihnen, Frau Minister, weil Sie Kollegen Cap im Hinblick auf die Studiengebühren repliziert haben: Man kann seine Meinung ändern, es ist nur ein bisschen erstaunlich, wenn man die Meinung relativ rasch – quasi über Nacht – ändert. Man kann, glaube ich, im Laufe der Jahre klüger werden und seine Meinung und seine Position ändern. Trotzdem möchte ich Sie mit Ihren Zitaten konfrontieren. Sie haben noch am 8. Februar 2000 gesagt: "Das Grundstudium ohne Gebühren ist mir ein Anliegen."

Sie haben in "uni aktuell" im Juni dieses Jahres gesagt: "Es ist nicht mein Anliegen, für jede Art des Studiums Gebühren einzuführen. Studierende haben ein Recht auf eine kostenlose, das heißt aus Steuermitteln finanzierte, akademische Grundausbildung. Darunter verstehe ich ein Studium, das Magisterium und Doktorat einschließt. ... Aus meiner Sicht ist es Aufgabe des Staates, das heißt der Gesellschaft, eine solche Grundausbildung zu gewährleisten."

Sie können jetzt versuchen zu klittern; ich halte es trotzdem für einen Wortbruch. Wenn man Sie gestern auf der Regierungsbank beobachtet hat – eingekeilt zwischen Bartenstein und Schüssel – und Ihre Körpersprache gesehen hat, dann hat diese Ihre Körpersprache einiges über Ihre wirkliche Befindlichkeit ausgesagt. Jetzt mag ich Ihnen zugestehen, dass Sie vielleicht nicht eingebunden waren, dass Sie nichts gewusst haben, aber die Frage der Studiengebühren, so, wie Sie es gesagt haben, und auch so, wie Sie es gemeint haben, ist etwas so grundlegend anderes als das, was Sie jetzt darüberwischend Kollegen Cap repliziert haben. Das ist ganz eindeutig. – Ich sehe Ihnen das persönlich nach, weil ich die Zwänge verstehen kann, in denen Sie sich befinden. Trotzdem bleibt die Tatsache bestehen, dass es ein Wortbruch ist – und das ist auch Kultur.

Wie heißt es so schön im ÖVP-Programm: Ursprung der Kunst sind schöpferische Phantasie, kritischer Geist und Gestaltungskraft des Menschen.

Wie aber gehen Sie mit dem kritischen Geist in dieser Republik, mit den Künstlern, mit den Intellektuellen, mit den Journalisten, mit den Kulturschaffenden um? – Sie klagen. (Der Redner hält eine Ausgabe des "Falter" mit der Überschrift "Geklagt" auf der Titelseite in die Höhe.) Das ist Ihr Umgang mit dem kritischen Geist: die Klage! (Beifall bei der SPÖ.)

20.37

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Herr Kollege Posch! Das Parteiprogramm der ÖVP ist nicht mehr das "Salzburger Programm"! Wir haben das "Wiener Programm" seit dem Jahr 1994! Genauso "aktuell" sind all Ihre anderen Informationen! – Abg. Dr. Mertel: Fortschrittlich ...! – Abg. Dr. Khol: Nun, so fortschrittlich wie Sie zu sein, ist nicht schwer! – Weitere Zwischenrufe des Abg. Dr. Khol sowie Gegenrufe der Abg. Dr. Mertel. )

Am Wort ist jetzt die Frau Rednerin bitte!

20.38

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Den Kulturbericht 1998 verstehe ich als Arbeitsauftrag. Die Regierung hat ein desaströses finanzielles Erbe übernommen. Wir brauchen strukturelle Maßnahmen in allen Bereichen – auch im Kulturbereich –, und wir müssen die Subventionen in allen


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Bereichen durchforsten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Durchforsten? – Roden! "Roden" hat Ihr Chef gesagt! "Rodungsbedarf"!)

Wir brauchen strukturelle Maßnahmen, Frau Kollegin Mertel, die die Attraktivität der Museen weiter steigern. Das Bundesmuseen-Gesetz ist die Basis für die Neuordnung der Museenlandschaft. Ein höherer Grad an Autonomie, größere Selbständigkeit auf der einen Seite bringen größere Gestaltungsmöglichkeiten, größere finanzielle Freiheit und die Notwendigkeit, effizient zu wirtschaften.

Auch museumsübergreifend müssen wir die Synergien nützen. Ich denke hier zum Beispiel an eine unterirdische Erweiterung des Kunsthistorischen Museums, die zu einer Verbindung zwischen Kunsthistorischem Museum, Naturhistorischem Museum und Museumsquartier führen soll. Ich denke auch an das Museumsquartier selbst, das eine Vielzahl attraktiver Angebote unter seinem Dach beherbergen wird. Gerade dieses Museumsquartier befindet sich im Wettstreit zwischen Ideenreichtum auf der einen Seite und Machbarkeit auf der anderen Seite. Das Museumsquartier wird sehr auf die Einhaltung der finanziellen Rahmenbedingungen zu achten haben und gleichzeitig um optimale Nutzungsmöglichkeiten bemüht sein müssen.

Ich denke bei museumsübergreifenden Synergien auch an das Völkerkundemuseum und an das Theatermuseum, die unter das organisatorische Dach des Kunsthistorischen Museums kommen sollen. Dies wird optimale Verwaltungsabläufe gewährleisten und ein effizientes Nützen der finanziellen Ressourcen sicherstellen. (Abg. Dr. Cap: Und das Uhrenmuseum?)

Eine Konzentration der Verwaltungsagenden bedeutet, dass sich die Museen ihren eigentlichen Aufgaben zuwenden können. Die Erhaltung des kulturellen Erbes und die Förderung der zeitgenössischen Kultur bedeuten einen Balanceakt für die Museen: einen Balanceakt zwischen notwendigen Einsparungen, wissenschaftlicher Tätigkeit, optimaler Archivierung und attraktiver Aufbereitung. (Abg. Dr. Cap: Was ist das kulturelle Erbe? – Abg. Dr. Mertel: Das steht nicht da!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir brauchen Museen modernen Zuschnitts. Wir brauchen Museen, die Kunst einem breiten Publikum zugänglich machen. Nach Jahren verfehlter sozialistischer Kulturpolitik und Kulturförderpolitik (Abg. Dr. Mertel: Endlich haben Sie den Satz wieder!) brauchen Kunst und Kultur wieder ein breites Interesse. (Abg. Dr. Cap: Noch einmal, bitte!) Museen schaffen die Verbindung zwischen Kunst und Publikum. (Abg. Dr. Cap: Noch viel stärker!) Die Aufgabe des Museumsquartiers wird es sein, Herr Kollege Cap, Frau Kollegin Mertel, möglichst vielen zeitgenössischen jungen Künstlern eine Brücke zum Publikum zu schlagen. (Abg. Dr. Mertel: Eine Sprechmaschine!) Es ist nicht notwendig, dass die dargebotene Kunst jedem Betrachter gefällt; Kunst soll Diskussionen auslösen – und da bin ich bei Ihnen, Kollege Cap. (Abg. Dr. Cap: Sollen wir bei diesem Text jetzt wirklich bleiben?)

Es braucht ein Grundverständnis für Kunst in der Bevölkerung. Dieses Grundverständnis für Kunst soll jeder Österreicher haben! (Abg. Dr. Mertel: Ja! Genau!)

Werte Damen und Herren der Sozialdemokratie! Ihre sozialistische Politik war nicht dazu angetan, das Grundverständnis für Kunst in diesem Land zu fördern! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Khol. )

Wir brauchen ein Grundverständnis, das bereits in Kindergarten und Schule vermittelt wird. Die Politik von heute hat auch die Versäumnisse der sozialistischen Kulturpolitik und Bildungspolitik zu berücksichtigen. (Abg. Dr. Cap: Geißel, Geißel!) Dabei ist es wichtig, dass auch die Museumspädagogik verstärkt Berücksichtigung finden wird.

Ich wünsche mir für die Zukunft, dass jeder Österreicher sich von Fragen der Kunst und Kultur angesprochen fühlen wird. Ich wünsche mir von der Zukunft, dass das Grundverständnis für Kunst und Kultur auch zu einem stärkeren persönlichen und finanziellen Engagement des Einzelnen führen wird. Der Staat ist für die Rahmenbedingungen zuständig (Abg. Dr. Cap: Das war jetzt eine Kritik an der ÖVP!), und es ist eine Herausforderung, größtmögliche steuerliche Erleichterungen für alle Sponsoren im Bereich von Kunst und Kultur zu schaffen! (Abg. Dr. Cap: Das war jetzt Kritik am Koalitionspartner, was Sie da jetzt gemacht haben! Wissen Sie das?)


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Wir haben in Österreich ein einzigartiges kulturelles Erbe. Wir haben viele junge talentierte Künstler mit hohem, höchstem Potential. (Abg. Dr. Cap: Welches Erbe? – Abg. Dr. Khol  – in Richtung des Abg. Dr. Cap –: Du willst sie nur stören, aber du schaffst das nicht!) Wir müssen dieses künstlerische Potential wecken, wir müssen die Begeisterung der Bevölkerung wecken, und wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen! Der Kulturbericht 1998 kann uns dafür einige Denkanstöße geben. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Eine Sprechmaschine!)

20.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

20.44

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Einige Bemerkungen zu meinen Vorrednern. "Public Netbase" im Museumsquartier ist schon angesprochen worden. Du weißt, lieber Josef Cap, dass "Depot" und "basis wien" etwas mit dem Kuratorenmodell zu tun haben, und dazu ist auch eine Zwischenbilanz und eine Entscheidung, die Staatssekretär Morak avisiert hat und auch treffen wird, gerechtfertigt und erlaubt. Ich glaube auch nicht, dass mit diesen drei Projekten, auf die sich, wie ich in letzter Zeit beobachtet habe, etwa die SPÖ zusammen mit den Grünen immer wieder konzentriert, das gesamte Kunstverständnis umfasst wird. Da bin ich schon lieber bei Kollegen Posch, der beim Kunstverständnis im "Salzburger Programm" der ÖVP ansetzt.

Liebe Frau Ministerin! Noch herzlichen Dank in diesem Zusammenhang für die Starthilfe im Kindermuseum, im Museumsquartier, das ja nicht ursächlich ein Bundesprojekt ist, das aber genau das anspricht, was auch meine Vorrednerin gemeint hat, nämlich, sehr früh das Verständnis für jede Art von Kunst – nicht nur die von Kindern hervorgebrachte, aber diese auch – zu fördern. Auch mit diesem Objekt sind wir im Zeitplan und im Bereich des kalkulierten Budgets. Das ist wirklich eine ökonomische Meisterleistung, dass dieses "Kultur-Quartier" als größte Baustelle der Zweiten Republik so gut dasteht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bin sehr froh, dass wir im nächsten Kulturausschuss die Diskussion extra dem Museumsquartier widmen werden. Da wird es dann auch direkte Fragemöglichkeiten geben.

Eine Bemerkung auch noch zum "Haus der Geschichte", zum "Haus der Toleranz": Wir waren gemeinsam bei dieser Abschlussdiskussion und haben dort gehört, dass sowohl das eine Konzept als auch das andere nicht wirklich Zustimmung und Applaus gefunden haben und dass man sich dort eher auf die Empfehlung einer virtuellen Umsetzung geeinigt hat. Ministerin Gehrer hat im letzten Ausschuss auch eine Diskussion mit den jeweiligen Autorenteams über die Vorschläge zugesagt. Mir gefällt die Idee der virtuellen Umsetzung sehr gut, einigen anderen auch. Sie ist ökonomisch interessant, weil virtuell längst nicht einen Neubau mit allen infrastrukturellen Konse-quenzen und Lasten nach sich zieht.

Nun doch noch eine Bemerkung zum Kollegen ... (Abg. Dr. Cap: Wo geht es hin jetzt? Was kommt heraus?) Das Virtuelle fragt nicht nach dem Ort, lieber Kollege Josef Cap! (Abg. Dr. Khol  – in Richtung des Abg. Dr. Cap –: Das ist virtuell!) Ja, so ist es. Das Virtuelle fragt nicht nach dem Ort, sondern es verwirklicht sich im Konzept! (Abg. Dr. Khol: Das ist virtuell! Das ist in deinem Kopf, die Toleranz! Verstehst du das nicht?) Ja, das ist im Kopf und lebt aus den schon existierenden Speichern, Depots und Archiven! Diese Idee braucht kein traditionelles Haus! – Das war ja auch dein Missverständnis bei der Podiumsdiskussion. Das war dein Denkfehler! (Abg. Dr. Khol: Da bekommst du eine CD-ROM, und die tust du hinein ...!) – Es geht überhaupt nicht, weil es noch nicht existiert. (Abg. Dr. Cap: Das Virtuelle ist virtuell! – Abg. Dr. Khol: Und du auch!) – Gut.

Nun zu Kollegen Posch: Er hat den Umgang mit den Künstlern angesprochen. Da fällt mir auch ein, wie die Künstler sich artikuliert haben, als Peter Scharang dem Bundeskanzler geschrieben hat, er habe mit der Auswahl von Kollegen Morak eine glückliche Hand bewiesen. Da hat es Aufregung gegeben, angetrieben von einigen, die das nicht aushalten konnten. Da frage ich, wie das mit der Sensibilität im Denken und im Gebrauch der Sprache ist. Die letzten Kunstverteidi


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ger haben dann schon geschrieben, es war eine Huldigung, eine Verbeugung, ein Kniefall. (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap. )  – So ist es: Der Altkommunist ist ein intellektuell fairer Mensch und hat sich gegenüber dem Bundeskanzler positiv und konstruktiv verhalten. (Abg. Dr. Cap: Altkommunisten sind immer beweglich!)

Ich will aber noch ein paar Worte über eine wichtige Einrichtung, die manchmal zu kurz kommt, nämlich die Österreichische Nationalbibliothek – nationales und internationales Kulturgut und "user-freundliche" Volks- und Fachbibliothek –, sagen. Damit sie user-freundlich – wie das so schön heißt – wird, wird gerade eben (Ruf bei den Freiheitlichen: Benutzerfreundlich!)  – "benutzerfreundlich" ist mir auch viel lieber – die Digitalisierung des Katalogs abgeschlossen. Bitte stellen Sie sich vor: 6 Millionen alte Katalogzettel – betreffend die Zeit von 1501 bis in die Jetztzeit – werden aufgearbeitet und sind nun digitalisiert zugänglich!

Des Weiteren wird am digitalen Bildarchiv gearbeitet. Das heißt, es geht im nächsten Schritt um die Digitalisierung der Objekte. Das ist ein unheimlicher Gewinn (Abg. Dr. Khol  – auf seine Armbanduhr weisend –: Gertrude!), und ich bedanke mich sehr herzlich bei den Beamtinnen und Beamten, die neben dem Softwarezukauf viel, viel Energie und Zeit investiert haben, damit diese User-Freundlichkeit erreicht wird.

Ich hoffe, dass es uns mit der Überleitung in die Autonomie, das heißt mit der Ausgliederung gelingt, dieses Kulturgut, dieses Museum, diese Fachbibliothek auch in aller Leistungsfähigkeit zu erhalten. (Abg. Dr. Khol  – neuerlich auf seine Uhr weisend –: Gertrude!)  – Ich bedanke mich sehr herzlich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Die auf ihren Platz zurückkehrende Rednerin Dr. Brinek  – in Richtung des Abg. Dr. Khol –: Ich bin noch in der Zeit gewesen! – Abg. Dr. Fischer  – in Richtung des Abg. Dr. Khol –: Zu einer so charmanten, guten Rednerin musst du nicht so streng sein!)

20.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

20.48

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Vorneweg eine kurze Bemerkung zu einer Vorrednerin, Frau Abgeordneter Papházy. Ich möchte Sie fragen: Ist Ihnen entgangen, dass die Museen schon seit einigen Jahren in die Kompetenz der ÖVP fallen? Ich denke, die Kritik, die Sie da geäußert haben, hätten Sie vielleicht lieber an die Frau Ministerin richten sollen. Vielleicht können Sie das ja auch noch tun. (Abg. Dr. Ofner: Ist das wirklich maßgeblich, wer kompetent ist? Wenn man etwas wirklich für wichtig hält, kann man doch nicht fragen: Wer ist kompetent?) – Das wäre vielleicht ganz gut, wenn sie sich das einmal überlegen würde.

Es ist sehr erfreulich, dass wir heute diesen Kulturbericht hier besprechen dürfen. Was ist in Zeiten wie diesen schon selbstverständlich? Sie werden sich vielleicht erinnern: Den Kunstbericht durften wir nicht im Plenum besprechen. Die Opposition wurde niedergestimmt, damit die Katastrophe der blau-schwarzen Regierung im kulturellen Bereich nicht angesprochen wird und nicht öffentlich zur Diskussion steht. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Niederwieser. )

Das Demokratieverständnis der blau-schwarzen Regierung zeigt sich aber nicht nur hier deutlich. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Die Künstler sind nicht aus Kärnten ausgewandert! Die Künstler strömen nach Kärnten!) Der wichtigste Grundsatz heißt – wir haben das ja schon gehört –: Schnell beschließen und drüberfahren nach dem Motto, wie Herr Dr. Khol gesagt hat, "speed wins" oder eigentlich, wie er das erste Mal gesagt hat (Abg. Dr. Mertel: "Speed kills"!), "speed kills"! – Genau: Wenn man über die Leute drüberfährt und sie es nicht schaffen, vorher wegzugehen, dann werden sie eben gnadenlos überrollt!

Noch nie hat eine Regierung der Zweiten Republik eine so massive Ablehnung wie diese provoziert, und zwar auch aufgrund ihrer Haltung zur Kulturpolitik! (Abg. Neudeck: Haben Sie die vergangenen 30 Jahre geschlafen?)


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Der Kulturbericht, den wir heute diskutieren, ist zweifellos ein sehr schönes Dokument. Es ist ein guter Bericht. Im Vorwort heißt es – wie Herr Dr. Cap schon gesagt hat –: Das kulturelle Erbe in Österreich muss erhalten bleiben und damit eine Basis geschaffen werden. – Diesbezüglich bin ich mit Ihnen einer Meinung: Das kulturelle Erbe muss erhalten werden, gar keine Frage! Aber der Zugang dazu steht nicht wirklich einer breiten Bevölkerungsschicht offen. Da kann man natürlich sagen: Selber schuld!, oder man kann sich überlegen, welche Art der Kulturvermittlung man anbieten kann, damit viele verschiedene Menschen sich dieser Kultur bedienen können, ob das jetzt Junge, Alte, Frauen, Männer, Reiche oder Arme sind.

Reich oder arm, das ist, so denke ich, eine der wichtigen Fragen, denn so, wie sich die Aktivitäten dieser Regierung anlassen, wird die Schere im sozialen Bereich immer weiter auseinander gehen.

Aber ein offener Zugang zur Kultur für alle Bevölkerungsschichten ist offensichtlich gar nicht erwünscht, und außerdem wissen wir, dass die Wertigkeit der zeitgenössischen Kultur für Sie nicht besonders hoch ist. Der Begriff "zeitgenössische Kultur" ist im Regierungsprogramm der jetzigen Regierung überhaupt nicht vorgekommen, wie Ihnen vielleicht noch erinnerlich sein wird! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Eine sehr bemühte Oppositionsrede!)

Denken Sie zum Beispiel an das MAK, das Museum für angewandte Kunst, das ja sehr unter den Kürzungen leidet: Es wurden sogar fix geplante Ausstellungen abgesagt, und das ist wirklich mehr als bedauerlich. Oder denken Sie auch an das heute schon sehr oft, aber offenbar noch nicht oft genug zitierte Museumsquartier: In diesem Kulturbericht kommt es gerade auf einer halben Seite vor, obwohl es zu den größten Kulturbaustellen Europas zählt. Darüber findet sich kein Wort betreffend Richtlinien und Konzepte. Die Planungsgruppe, von der wir gehört haben, wurde erst jüngst erstellt, und jetzt mit Jahresende soll die Nutzung des einen Teils, des "Quartiers 21", überhaupt erst eingebracht werden. Das heißt: Diskussion, Transparenz, Partizipation sind Begriffe, die im Wortschatz der Freiheitlichen und der christlich-sozialen Partei nicht besonders oft vorkommen.

Ich weiß schon: Ein wichtiger Satz, der von Ihrem Chef in Klagenfurt immer wieder gebracht wird, lautet: Die Hand, die einen füttert, beißt man nicht! (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ist ein chinesisches Sprichwort!) Nein, man müsste sie wahrscheinlich sozusagen schlecken oder lecken, wenn man bei der Sprache bleiben will, die da angewandt wird – wenn man das auf Tiere bezieht –, damit die Kulturschaffenden gefördert werden! (Abg. Dr. Papházy: Lecken Sie Ihre Wunden!) Solche Nacht- und Nebelaktionen, sei es die Kürzung des Geldes für die Zivildiener oder sei es die Kürzung des Geldes für KünstlerInnen, finden bei Ihnen nämlich leider immer wieder statt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Cap: Soll man die Hand, die füttert, lecken oder gleich die Füße? Was ist Ihnen lieber?)

20.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

20.55

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir diskutieren heute den Kulturbericht 1998, einen Bericht, der wegen des Zeitablaufs nicht mehr ganz so aktuell ist, wie er das vor zwei Jahren oder auch vor einem Jahr noch gewesen wäre. Wenn der Nationalrat sich wirklich gegenwartsbezogen mit den Anliegen der Kultur auseinander setzen wollte, dann müssten wir uns heute eigentlich schon mit der Projektstudie "Kulturpark Österreich"– die ich bei Frau Dr. Brinek schon gesehen zu haben glaube – auseinander setzen. Darin befinden sich mit Sicherheit sehr interessante neue Ansätze, sowohl für den Denkmalschutz als auch für die Architektur oder jene Organisationsmodelle, die uns wie das so genannte "National Trust" in England durchaus als Vorbild dienen könnten.

Zurück zum Kulturbericht 1998: Er bietet einen sehr informativen Überblick über den Zustand und die Tätigkeit der Bundesmuseen, der Österreichischen Nationalbibliothek, der Phonothek, aber auch über den Bereich der so genannten Volkskultur, den man nicht unterschätzen sollte. Breiten Raum nehmen darin der Denkmalschutz und die Aktivitäten des Bundesdenkmalamtes


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und der Landeskonservatoren ein. – Es ist dem Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten mit diesem Bericht durchaus gelungen, die Vielfalt der Kulturinstitutionen und den Reichtum ihrer Bestände übersichtlich gegliedert darzustellen. Dafür ist Ihrem Ressort, Frau Bundesminister, sehr herzlich zu danken, vor allem Ihren Beamten! (Beifall bei den Freiheitlichen und Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte mich aber nicht nur auf die Anerkennung dieser wichtigen Arbeit beschränken, sondern auch zu einem wesentlichen Problem, nämlich den Finanzen für den Denkmalschutz, etwas sagen. Ein Blick auf die Haushalte des Bundesdenkmalamtes zeigt über verschiedene Jahre hinweg sehr unterschiedliche Dotationen. 1995 standen dem Denkmalamt 109 Millionen Schilling zur Verfügung, 1996 war es ein fast doppelt so hoher Betrag, nämlich fast 209 Millionen. 1997 waren es 154 Millionen, und heuer wird das Budget 133 Millionen Schilling betragen.

Meine Damen und Herren! Die Förderungsbeträge in dieser Größenordnung zwingen das Denkmalamt zu absoluter Sparsamkeit, und man versucht, mit einem Drei-Stufen-Plan der schwierigen finanziellen Situation entgegenzuwirken.

Es ist bekannt, dass sich die österreichischen Bundesländer in der Vergangenheit in sehr unterschiedlicher Weise um ihre Denkmäler gekümmert haben. Tirol und die Steiermark haben für den Denkmalschutz besonders viel getan. Frau Bundesminister! Wir hoffen, dass gerade diese beiden Bundesländer heuer finanziell nicht benachteiligt werden, da sie sonst für ihre bisherigen Leistungen eher bestraft als zu weiteren Leistungen angespornt würden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum Abschluss meiner kurzen Ausführungen möchte ich Ihnen noch eine interessante Einschätzung der Kulturpolitik der letzten Jahre geben, die vielleicht Nachdenklichkeit auslöst. Das, was ich Ihnen zitieren werde, ist kein Urteil eines Freiheitlichen und auch keines Kärntner Landeshauptmannes, sondern eine offizielle Quelle der vergangenen Bundesregierung. Im "Weißbuch zur Reform der Kulturpolitik" wird auf Seite 23 der Status quo, den Sie, meine Damen und Herren von der Linken, zu verantworten haben, wie folgt beschrieben – ich zitiere wörtlich –:

"Den Entscheidungen der letzten Jahre nach ist die Kulturpolitik selbstgenügsam geworden. Ausgliederungen sollen die bessere Verwaltung ermöglichen, Finanzierungsverpflichtungen und eingefrorene Budgets sorgen für den vorhersehbaren Subventionsverlauf, Kulturereignisse garantieren die Auftrittsmöglichkeiten, und die sich selbst überlassenen Entwicklungen besorgen die Tatsachen."

Und jetzt kommt’s, meine Damen und Herren! Sie sagen selbst: "Der kulturpolitische Verkleinerungsprozeß spiegelt sich genauso in der Kulturressortverteilung auf Bundesebene wie in der Behandlung von kulturellen Themen außerhalb der jeweils dafür zuständigen Ressorts wider." – Zitat Ende.

Meine Damen und Herren! Das ist – wie erwähnt – kein freiheitliches Werturteil. Sie – und ich meine damit vor allem die Vertreter einer linken Kulturpolitik wie Posch oder Muttonen, die wir gehört haben – sollten sich dieses Zitat als Spiegel immer wieder vor Augen halten, bevor Sie die Arbeit der neuen Bundesregierung kritisieren und schlecht machen! (Beifall bei den Freiheitlichen und Abgeordneten der ÖVP.)

21.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Burket. – Bitte.

21.00

Abgeordnete Ilse Burket (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich jetzt kurz mit dem Kulturbericht in seiner 1998er Version befassen. – Dieser äußerst aufwendig hergestellte Kulturbericht zeichnet sich in erster Linie durch seine geschmackvolle Aufmachung aus. Außerdem kommt er für jegliche konstruktive Kritik, Anregung oder Verbesserungsvorschläge ohnehin viel zu spät. Vielleicht gelingt es doch einmal mit den heutigen technischen Hilfsmitteln, ihn nicht nur schön, sondern auch aktuell zu gestalten, sprich: ihn vielleicht im Folgejahr zu erstellen.


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Eine nähere Betrachtung des Berichtes zeigt, dass sich bei den Museen weiter fortsetzt, was im gesamten Verwaltungsbereich festzustellen ist: Die Personalkosten stehen in keinem Verhältnis zu den Erträgen, zu den Objekten, zur Ausstellungsfläche oder wo immer man versucht, Vergleichsmöglichkeiten zu finden, und das habe ich sehr hingebungsvoll getan. Der einzige gemeinsame Nenner: Bei allen Museen sind die Personalkosten exorbitant und überproportional gestiegen.

Ebenso gestiegen ist die Zahl der nicht zahlenden Besucher, was ich als ein Zeichen sehe, dass die Bevölkerung – und das wurde heute schon angesprochen – die eintrittsfreien Tage wirklich nützt. Das zeigen auch die Diagramme ganz deutlich.

Es ist auch zu erkennen, dass die Teilrechtsfähigkeit, die in Kürze in eine Vollrechtsfähigkeit umgewandelt und abgeschlossen sein wird – teilweise besteht sie ja schon –, neuen Schwung in verstaubte Strukturen gebracht hat: Das ist ein Beweis für die Richtigkeit dieses Weges in die Vollrechtsfähigkeit, wiewohl der neue Schwung zum Teil auch Auswüchse gebracht hat, die skandalös und unappetitlich waren. Ich erinnere nur an die Kunstwerke eines Herrn Mühl, die ins MAK Einlass gefunden haben. Aber in diesem Zusammenhang war ja nicht nur das Museum für angewandte Kunst hilfreich; auch im Burgtheater hat man auf Kosten der Steuerzahler einem verurteilten Kinderschänder Raum und Publikum geboten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Gerade jetzt, nachdem wir gestern und heute über soziale Maßnahmen, über eine Behindertenmilliarde, über mehr Geld für die Universitäten, die mehr als renovierungsbedürftig sind – speziell im Verwaltungsbereich –, und über Studiengebühren gesprochen haben, sollten die Veranstaltungen, welche Steuergelder kosten, genau geprüft werden. Der sorgsame Umgang mit dem Geld der Steuerzahler ist den Sozialisten ein völlig fremder Begriff, auch wenn Kollegin Pittermann heute tief in den Reklametopf für ihre Partei gegriffen und die gute alte Zeit hinreichend strapaziert hat. Dazu wäre aber auch noch zu sagen, dass es wohl die gesamte Bevölkerung war, die dieses Land aufgebaut hat, und nicht nur die Sozialisten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Irgendetwas muss an dem glorreichen Sozialismus auch nicht ganz gestimmt haben, denn sonst wäre es wohl kaum möglich, dass Sie heute auf der Oppositionsbank sitzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was unser Staat dringend braucht, sind die Abkehr vom freundschaftserhaltenden Gießkannenprinzip sowie Respekt und Achtung vor dem Bürger und seiner Urteilsfähigkeit. Ich darf an die Ausführungen von Frau Kollegin Plank erinnern – sie ist im Moment gerade nicht da, ich sehe sie zumindest nicht –, die, nachdem sie uns heute erklärt hat, dass jeder achte oder neunte Staatsbürger der Armut anheim zu fallen droht, behauptet hat, dass das unsere Schuld sei. – Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Verarmung der Bevölkerung im Februar schlagartig hereingebrochen ist! Das ist völliger Unsinn! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Das merkt man an Ihrer Rede!)

Das bedeutet eben, dass Ihre Benefizien wohl an die falschen Leute gegangen sein müssen! Der Sozialbereich war ja wohl immer bei Ihnen: Und das nennt man verfehlte Sozialpolitik, nicht wahr?

Es wird etwa auch notwendig sein, bei den Schwerpunktveranstaltungen in den Museen dort anzusetzen, wo sich ganz deutlich die Vorlieben und Interessen der Bevölkerung anhand steigender Besucherzahlen gezeigt haben. (Abg. Dr. Cap: Das ist Ihr Kulturverständnis!) Die Österreicher wissen, was sie wollen. Das hat Ihre Abwahl, meine Damen und Herren, ganz deutlich gezeigt! (Bravorufe und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man bedenkt, dass zwei sozialistische Sparpakete 97 Milliarden ausgemacht haben und keinerlei Verbesserung der Budgetsituation gebracht haben – ganz im Gegenteil –, dann kann ich nur sagen: Es war höchste Zeit für die Kursänderung! (Abg. Edlinger: Das ist ein Blödsinn!) Das ist kein Blödsinn! Das stimmt ganz genau, ganz genau! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.05


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37. Sitzung / Seite 184

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag des Kulturausschusses, den vorliegenden Bericht III-14/246 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

6. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9aE Vr 2897/00, Hv 1689/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler (293 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Zum Wort ist niemand gemeldet, die Debatte daher auch formal geschlossen.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 293 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

1. In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24. Mai 2000 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der von dem Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Peter Westenthaler wird zugestimmt.


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37. Sitzung / Seite 185

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

7. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9c E Vr 4833/00, Hv 2842/00) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz (294 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort hat sich niemand gemeldet. Daher ist auch in diesem Fall die Debatte formal geschlossen.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 294 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

1. In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18. Juli 2000 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der von der Privatanklägerin behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz wird zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

8. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über ein Bundes-Heimvertragsgesetz (139/A)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Ich erteile es ihm.

21.09

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Vorschlag eines Bundes-Heimvertragsgesetzes liegt der Umstand zugrunde, dass effiziente Maßnahmen gegen den Missbrauch von Senioren notwendig sind, welcher zwar nur in wenigen Heimen vorkommt, dort aber, wo er stattfindet, doch unerträglich ist.

Sie alle werden den einen oder anderen Fall vielleicht aus Ihrer nächsten Umgebung kennen und selbst erkennen, dass hier ein dringendes Bedürfnis besteht, dass effizient eingeschritten wird. Wir haben daher die Frage diskutiert, was tatsächlich effizient ist und was man machen kann. Von Fachleuten wurde in diesem Zusammenhang der Vorschlag für ein Bundes-Heimvertragsgesetz erarbeitet, das als einzig mögliche Maßnahme einen Vertrag mit Regelungen normiert, was möglich ist und was nicht möglich ist, und in welchem auch definierbar ist, was auf Grund der Menschenrechte in Heimen möglich ist und was nicht. Daher sollte dieser Vertrag, denn Vertragszivilrecht ist Bundessache, auch mit einem Bundesgesetz bundeseinheitlich verabschiedet werden.

Jetzt gibt es einen Gegenvorschlag von Kollegen Bartenstein und auch von Kollegin Fekter, dass man das nicht so machen soll, sondern mit einem Artikel-15a-Vertrag oder dass die Länder das in irgendeiner Weise veranlassen sollen, wobei absehbar ist, dass das natürlich nicht von heute auf morgen geht, sondern dass das vermutlich erst nach einem längeren Verhandlungsprozess eventuell funktioniert, und sich auch die Frage erhebt, ob das in allen Bundesländern auch wirklich gleichermaßen geregelt werden kann. Ich meine, es besteht überhaupt kein Bedarf, das den Bundesländern zu überlassen, wenn wir hier einen bundeseinheitlichen Mindeststandard im Interesse der Senioren definieren können. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

"NEWS" entnehme ich beispielsweise, was sich in einem niederösterreichischen Heim abspielt, wo eine Patientin in ein Netzbett eingeschlossen wird, obwohl sie überhaupt nicht bewegungsgestört ist, bei einem offenen Fenster gelegen ist und von der Familie erst wieder von dem offenen Fenster entfernt werden musste. Die steirische Sachwalterschaft berichtet davon, dass es Heime gibt, in welchen die Heiminsassen nicht mit dem Lift fahren dürfen, und zwar bei Androhung einer Strafe, und in einem Heim in Oberösterreich ist es beispielsweise üblich, dass Zimmertüren von außen verkeilt werden, indem eine Holzlatte unter die Türschnalle gesteckt wird, um das Öffnen zu verhindern.

Wenn man das weiß, dann ist klar, dass es notwendig ist, dass diesbezüglich schleunigst etwas unternommen wird, und dass es unerträglich ist, wenn man sagt, dass halt irgendjemand in den Bundesländern Maßnahmen zu Verbesserungen setzen soll. Sie werden solche Fälle kennen, und ich meine, dass die einzige wirklich effiziente Form ein Bundesgesetz ist. Daher darf ich Sie auffordern, dem in der weiteren Diskussion zuzustimmen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und Abgeordneten der Grünen.)


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37. Sitzung / Seite 186

21.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fischl. – Bitte.

21.12

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Kollege Jarolim, Sie sind Rechtspraktiker, und ich entnehme Ihrer Wortmeldung, dass Sie von den in den Zeitungen artikulierten Problemen betroffen sind. Ich sage Ihnen aber als Berufspraktiker, was wirklich notwendig wäre.

Im Übrigen möchte ich hinzufügen, dass diese Idee des Herrn Dr. Kostelka, der ja der Erstunterzeichner dieses Antrages ist, von wenig offensichtlicher Rechtskunde zeugt, denn Rechtsexperten haben – und ich habe hier einige Unterlagen – festgestellt, dass das, was Sie schaffen möchten, eigentlich gar nicht justitiabel sei. Es gibt ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahre 1998, das eindeutig bestätigt, dass der Betrieb und die Betreuung und alles, was mit einem Heim zu tun hat, immer Ländersache sein wird. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. )

Verehrte Damen und Herren! Herr Kollege Jarolim! Ich bin prinzipiell bei Ihnen, denn das ist ja auch mein Beruf, sage Ihnen aber: Ein Heimvertrag allein wird überhaupt nichts bewegen! Ich glaube, wir können, wenn Sie ein Bundes-Heimgesetz möchten, das nur über einen Konsens mit den Ländern schaffen, wobei wir wertvolle Ansätze, die es in manchen Bundesländern schon gibt, einbauen.

Es gibt verschiedene Überlegungen, ich sehe das täglich in der Praxis. Es gibt keine Qualitätssicherung in diesem Bereich, wir haben, was mich sehr, sehr ärgert, in verschiedenen Bundesländern kein Bestimmungsrecht des Bewohners. In manchen Bundesländern hat jemand, etwa wenn er beantragt, in ein Altenpflegeheim aufgenommen zu werden, überhaupt keine Möglichkeit zu sagen, dass er in ein bestimmtes Heim nicht gehen will. Oder er hat auch keine Möglichkeit, wenn er bereits in einem Heim ist, dieses Heim zu verlassen und auf einen anderen Heimplatz zu wechseln, wenn beispielsweise der Magistrat oder der Sozialhilfeverband sagt: Sie haben keine Chance! Das heißt, der Mensch ist in gewissen Bereichen – wenn ich auch glaube, dass man das nicht absichtlich gemacht hat, sondern das System eben so beschaffen ist – in seiner Bestimmungskraft als Heimbewohner sehr, sehr eingeschränkt.

Darüber hinaus sind viele Heimbetreiber – und das liegt natürlich auch am Mangel an gesetzlichen Grundlagen – völlig überfordert, Altenpflegeheime zu betreiben. In der Steiermark sind zum Beispiel etwa 1 600 Menschen – Herr Kollege Kräuter, Sie sollten mir zuhören – in Pflegeeinrichtungen untergebracht, die die geringsten Normen nicht erfüllen, die keine behindertengerechte Ausstattung und schon gar nicht entsprechendes Pflegepersonal haben. Es handelt sich hiebei um die so genannten privaten Betreiber, die sich bis zu neun Leute "halten", die im dritten Stock eines Gebäudes ohne Lift untergebracht sind und wo Tiere, beispielsweise Hunde, übers Bett kriechen und wo zum Teil hygienische und fachlich unhaltbare Zustände herrschen. Durch das Bundespflegegeld wurde es ermöglicht, dass diesbezüglich sozusagen ein neuer grauer Markt geschaffen wurde, auf welchem sich einzelne Individuen durch Pflegen ohne fachliche Grundlage eine wunderbare Geldquelle geschaffen haben. Ich habe das Beispiel von 1 600 betroffenen Menschen in der Steiermark schon erwähnt.

Aber auch insgesamt gibt es im Gesundheitswesen vor allem betreffend Pflege einen enormen Notstand. Ich denke jetzt etwa an die Fortbildung. In meinem Bundesland, in der Steiermark, schreibt das Gesetz für den Gesundheitsberuf beispielsweise laufende Fortbildungsmaßnahmen vor, die Leute haben dafür aber keine Zeit, vor allem aber gibt es auch keine Einrichtungen, welche Fortbildung im Bereich der Altenpflege in entsprechender Qualität vermitteln können.

Der Handlungsbedarf umfasst also ein riesiges Spektrum. Ein Heimvertrag allein, der in der Form, wie Sie ihn vorschlagen, rechtlich äußerst bedenklich ist, weil er nicht halten wird, weil Ihre Vorstellungen mit dem geltenden Recht nicht konform gehen, wird nicht die Lösung sein. Vielmehr müssen wir das gesamte Programm der Altenversorgung neu strukturieren, wir müssen die entsprechenden Standards definieren, wir müssen für Aus- und Fortbildung sorgen, und wir müssen vor allem für die entsprechenden Kontrolleinrichtungen sorgen.

Es gibt seit einigen Jahren eine HACCP-Verordnung. Kein Mensch redet jedoch davon, dass beispielsweise in einem Altenheim mit über 50 Personen diese HACCP-Verordnung angewendet werden muss. Nur wenn etwas passiert, wird der Betreiber einer solchen Anlage natürlich in


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37. Sitzung / Seite 187

die Pflicht genommen, aber der Gesetzgeber unterlässt es ganz einfach, diese Normen auch prinzipiell einzufordern. Das ist Gesetz, das wird aber nicht umgesetzt!

Ich sehe täglich in der Praxis viele, viele Dinge, ich würde jetzt zwei Stunden brauchen, um das hier darzulegen. Ich möchte Sie aber ersuchen, diesbezüglich mit uns in einen Dialog einzutreten. Ich möchte wirklich darum ersuchen, dass man sich im Sozialausschuss, im Justizausschuss und in allen entsprechenden Bereichen darüber Gedanken macht.

Immerhin über 300 000 Menschen sind momentan Pflegegeldbezieher, wovon etwa 6 Prozent – mit steigender Tendenz – in Altenpflegeeinrichtungen untergebracht sind. Aus statistischen Erhebungen wissen wir, dass dieser Bereich der stationären Altenversorgung in den nächsten 15 bis 20 Jahren für unsere Gesellschaft ein fast nicht bewältigbares Problem werden wird. Daher meine ich, dass es wichtig ist, dass auch extramurale Einrichtungen wie mobile Hilfsdienste und das Pflegen zu Hause besonders forciert werden müssen, weil ich nicht daran glaube, dass die Gesellschaft diese Last durch stationäre Einrichtungen allein wird bewältigen können. Deshalb müssen wir parallele Strukturen entwickeln, wir müssen ein klares Bild des so genannten extramuralen Bereiches und des intramuralen Bereiches, des mobilen Bereiches und des stationären Bereiches entwerfen. In diesem Zusammenhang dürfen wir wirklich nicht nur Lippenbekenntnisse abgeben, sondern sind wirklich gefordert, die Probleme zu erkennen und selbstbewusst möglicherweise auch gegen den Widerstand der Länder entsprechende Maßnahmen einzuleiten, damit wir ehestmöglich zu einer wirklichen Strukturausrichtung in diesem Bereich gelangen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.18


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37. Sitzung / Seite 188

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Die Uhr ist auf 3 Minuten eingestellt. – Bitte.

21.18

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Heimbewohner sind nicht rechtlos. Die Menschen, die in Heimen leben, legen ihre Bürgerrechte nicht beim Eingang ab. Aber auch wir von der ÖVP halten es für notwendig, dass im Hinblick auf zwei Themenbereiche Heimbewohnern, Heimerhaltern und dem Pflegepersonal ein besserer rechtlicher Rahmen gegeben wird.

Erstens – unter Anführungszeichen – der "Konsumentenschutz" für Heimbewohner: Ich meine jetzt Regelungen betreffend Entgelt und Leistung und die Transparenz darüber, Kündigungsrechte, Kündigungsmöglichkeiten, Vertragsmindestinhalte, Formerfordernisse für die Verträge, aber auch, was ganz wichtig ist, Vertretungsrechte für Personen, die sich nicht mehr selbst artikulieren können.

Das muss nicht zwangsläufig in einem Bundes-Heimvertragsgesetz geregelt werden, die Kompetenzlage widerspricht dem nämlich eher, es wäre aber ein Lösungsansatz, wenn wir Konsumentenschutzregelungen in diesem Bereich finden können.

Der zweite Bereich, für welchen wir dringenden Regelungsbedarf haben, betrifft die Grund- und Freiheitsrechte dieser Bewohner. Insbesondere werden nämlich Regelungen notwendig werden, wenn zum Schutz eines Heimbewohners Maßnahmen ergriffen werden müssen, die einen Eingriff in persönliche Freiheitsrechte bedeuten.

Analog zum Unterbringungsgesetz müssen wir Kriterien und Verfahren entwickeln, die klarstellen, dass solche Maßnahmen nur aufgrund medizinischer, pflegerischer Notwendigkeit, therapeutischer Indikation oder wenn sie zum Schutz vor Selbstgefährdung notwendig sind, gesetzt werden dürfen. Gleichzeitig wird dafür ein unbürokratischer Kontrollmechanismus notwendig sein, um eine rechtsstaatliche Vorgangsweise zu gewährleisten.

Ein Bundes-Heimvertragsgesetz für Freiheitsrechte ist denkbar ungeeignet, weil man diese Freiheitsrechte nicht vertraglich abbedingen können soll. Dieser Schutz soll unabdingbar gesetzlich verankert werden, und in diesem Sinne wird im Justizressort gemeinsam mit den Ländern bereits gearbeitet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

21.22

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Entwurf zu einem Bundes-Heimvertrag, der von der SPÖ eingebracht worden ist, ist auf jeden Fall eine Diskussionsgrundlage und soll keinesfalls von einer Debatte über ein Bundes-Heimgesetz ausgeschlossen werden. Noch dazu jetzt, wo ich mehr oder weniger ein Signal vom Herrn Fischl bekommen habe: Er gibt zum ersten Mal auch zu, dass in der Steiermark – was ich ja schon seit Jahren behaupte – auch noch ein gewaltiger Wildwuchs herrscht.

Ich glaube, das müsste jetzt endlich so weit sein. Ich halte nichts von 15a-Verträgen, und ich halte auch nichts davon, dass man sagt: Das war immer Ländersache, deshalb soll es Ländersache bleiben. Diese Regelung muss auf Bundesebene kommen, und diese Regelung muss auch beinhalten, wie groß ein Heim sein darf beziehungsweise wie viele Insassen ein Heim maximal haben darf. Inzwischen ist es ja immer noch so – Sie wissen es ja –, dass teilweise bis zu 1 000 Menschen in einem Heim sind. Dass es dort keine fachgerechte Betreuung gibt, das, glaube ich, brauche ich hier nicht gesondert zu erwähnen.

Es muss aber neben diesem Pflegeheimgesetz auch der Aufbau der ambulanten Betreuungsstrukturen berücksichtigt werden – und das ist seit Jahren eine Forderung der Grünen –, und zwar nicht nur von Montag bis Freitag, sondern 24 Stunden und kurzfristig abrufbar. Es muss im Pflegeheimgesetz mindestens das Selbstbestimmungsrecht der Heiminsassen sichergestellt werden, was jetzt nicht der Fall ist. Es muss Qualitätsstandards geben. HeimbewohnerInnen-Anwälte müssen verankert werden, die aber nicht Teil der Trägerorganisation sind, sondern es müssen unabhängige HeimbewohnerInnen-Anwälte sein.

Großheime müssen abgeschafft werden, es muss kleine, dezentrale Strukturen geben, kleine Wohneinheiten in den Bezirken, und – was ganz wichtig ist – es muss endlich eine Kostentransparenz in den stationären Einrichtungen geben. Die Tagsatzfinanzierung, so wie sie jetzt angelegt ist, kann keine Dauerlösung sein, denn das bringt Unsensibilität gegenüber den Leistungen der Betroffenen: Ob der Betroffene eine Leistung kriegt oder nicht, steht überhaupt nicht zur Diskussion – er bezahlt sie auf jeden Fall. Da gehört Transparenz hinein, um jede Leistung einzeln zu bezahlen. Auch im Bereich der so genannten Mahlzeiten – das ist nicht unwesentlich – muss etwas geschehen, denn es ist nicht einzusehen, wenn ein Heimbewohner beim Mittagessen nicht da ist, weil er von irgendjemandem abgeholt wird, dass er diese Mahlzeit zu bezahlen hat, obwohl er sie gar nicht konsumiert. (Beifall bei den Grünen.)

Wir fordern also Transparenz auf allen Ebenen, klare Strukturen und klare Mindeststandards beziehungsweise Höchstzahlen von HeimbewohnerInnen. Ich hoffe, dass es in diesem Bereich in den nächsten Monaten eine konstruktive Diskussion geben wird. Dieser Entwurf ist zumindest eine gute Grundlage, auf der man aufbauen kann. (Beifall bei den Grünen.)

21.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist im Rahmen dieser ersten Lesung niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Ich weise den Antrag Dr. Kostelka mit der Nummer 139/A dem Justizausschuss zu.

Damit haben wir den 8. Punkt der Tagesordnung erledigt.

9. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz geändert wird (147/A)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 9. Punkt.

Wir gehen in die Debatte ein.


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37. Sitzung / Seite 189

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. Die Uhr ist auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte.

21.26

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Anfang Dezember ist die Kfz-Zulassung privatisiert, wie wir wissen, und wird österreichweit von den Versicherungen durchgeführt. Die Kosten für solch eine private Zulassung sind aber gesetzlich geregelt. Die Versicherungen dürfen einen Kostenersatz von 400 S plus Mehrwertsteuer verlangen, also 480 S, und diesem Obolus steht natürlich von den Versicherungen auch eine konkrete Leistung gegenüber.

Die Behörde erhält jedoch seit diesem Zeitpunkt um 480 S mehr an Gebühr. Es ist daher durch diese Privatisierung der Verwaltungsaufwand für die Behörde gewaltig gesunken, und daher ist es nur recht und billig, wenn in diesem Antrag verlangt wird, dass die Gebühr von 1 000 auf 600 S reduziert wird. Es gibt diesbezüglich auch Unterstützungen von den Autofahrerorganisationen, vom ARBÖ genauso wie vom ÖAMTC.

Ich beziehe mich auf eine Presseaussendung des Verkehrssprechers der ÖVP, Abgeordneten Kukacka, der am 30. November letzten Jahres ebenfalls gefordert hat, dass diese Gebühr reduziert werden soll. Ebenso verlangt der Verkehrssprecher der FPÖ, Abgeordneter Firlinger, eine mögliche Unterstützung für eine parlamentarische Initiative zur Abschaffung der erhöhten Gebühr für Kfz-Zulassungen. Es gibt also eine breite Zustimmung.

Ich sehe die Möglichkeit, dass wir dieses Gebührengesetz nicht nur im Ausschuss, sondern auch hier im Plenum einstimmig beschließen werden – ich kann mir vorstellen, dass die Grünen auch mitstimmen. Daher glaube ich, dass gerade im Zuge der allgemeinen Steigerungen der Kosten für die Autofahrer durch die Preiserhöhung der Vignette, durch die Kfz-Versicherungserhöhung und durch die hohen Treibstoffpreise die Möglichkeit geschaffen wäre, diese Gebührensenkung möglichst bald durchzuführen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.28


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37. Sitzung / Seite 190

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte. (Abg. Dr. Ofner: Ich ziehe zurück!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

21.29

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag des Kollegen Parnigoni sieht eine Gebührensenkung bei der Kfz-Anmeldung vor. Wer von uns würde nicht gern einem solchen Antrag zustimmen? Jeder senkt gerne Gebühren, Steuern und Abgaben, gar keine Frage. Es war allerdings zum Zeitpunkt, zu dem Kollege Parnigoni diesen Antrag eingebracht hat, offensichtlich nicht absehbar, dass wir nicht in der Zeit von "Wunschkonzerten", sondern von Sparkonzepten leben.

Ich sehe daher eigentlich keinen Spielraum für eine derartige Senkung (Abg. Dietachmayr: Ach so!), sondern wir haben das primäre Ziel, endlich Schluss mit der Schuldenpolitik zu machen. In dieser Zeit kann man nicht Gebühren, Abgaben und Steuern senken, sondern muss daran appellieren, dass man verantwortungsvoll ein Konzept für die Zukunftsgestaltung im Budget machen muss. (Beifall bei der ÖVP.)

21.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte in dieser ersten Lesung.

Die Vorlage selbst, nämlich den Antrag 147/A, Parnigoni, weise ich dem Finanzausschuss zu.

Damit haben wir den 9. Punkt erledigt.

10. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz, BGBl. 183/1947 geändert wird (173/A)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

21.30

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau D. wurde 1943 aufgrund des nationalsozialistischen Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses zwangssterilisiert. 13 Jahre lang – von 1951 bis 1964 – kämpfte sie vergeblich um ihre Anerkennung als Opfer im Sinn des Opferfürsorgegesetzes. Entmutigt forderte sie die BeamtInnen des Wiener Opferfürsorgereferates schließlich auf, ihr Gift für einen Selbstmord zu schicken.

Frau D. war kein Einzelfall. Die im Zuge gesundheitspolitischer Verfolgung durchgeführten Zwangssterilisationen wurden in der Zweiten Republik bis 1995 – Zusatz von mir: bis zur Beschlussfassung über die Einrichtung des Nationalfonds – nicht als solche anerkannt. Die Betroffenen erhielten keinerlei medizinische, finanzielle oder auch moralische Unterstützung zur Bewältigung der Folgen des Zwangseingriffs. – Zitatende.

Das Zitat stammt aus einer Diplomarbeit, die eine sehr engagierte Frau zu dem Thema der NS-Zwangssterilisationen geschrieben hat. Die Arbeit heißt "Verdrängte Überlebende" und beschäftigt sich mit dem Thema der Zwangssterilisationen.

Meine Damen und Herren! Der aktuelle Anlass für diese Debatte ist das, was in den letzten Jahren Gott sei Dank wieder ein öffentliches Thema geworden ist: Die Debatte um die Causa Gross, um jenen Arzt der Mordanstalt Spiegelgrund, der an der Tötung von Hunderten Jugendlichen verantwortlich mitgewirkt hat, und im Zusammenhang mit diesem Prozess, mit diesem eingestellten Prozess, dann auch noch die Chuzpe besessen hat, die Opfer und Medien, die über diesen Prozess berichtet haben, zu klagen.

Eines dieser Opfer ist Johann Gross, er hat ein Buch geschrieben. In diesem Buch, das ich Ihnen sehr empfehlen würde, beschreibt er seine Erfahrungen am Spiegelgrund. Er ist – wie leider nur mehr wenige andere – ein Überlebender vom Spiegelgrund. (Der Redner platziert das Buch "Spiegelgrund" von Johann Gross am Rednerpult.)

Ich habe persönlich mit einigen der Überlebenden gesprochen. Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr diese Menschen nach 50 Jahren noch immer um ihre Anerkennung kämpfen.

Ich habe ein sehr persönliches Erlebnis gehabt: Der Herr Gross hat mich eines Abends, als über den Dr. Gross berichtet wurde, angerufen, um mich darauf aufmerksam zu machen, dass er einer der Überlebenden ist. Er hat mir im Zusammenhang mit diesem Telefongespräch mitgeteilt: Aus mir und meinen Söhnen ist etwas geworden. – Die Stigmatisierung, die ihm als asozialem Jugendlichen umgehängt wurde, und die Asozialität, die bei ihm darin bestanden hat, dass er aus einem schwer kriminellen Erziehungsheim der Nazis mehrmals abgehauen ist und deswegen in den Spiegelgrund eingeliefert wurde, die Stigmatisierung wirkt bei Personen wie Johann Gross, aber auch bei vielen anderen nach.

Ich habe auch mit einem anderen gesprochen. Er hat voriges Jahr um eine Opferfürsorgerente angesucht – ich nenne seinen Namen nicht – und war völlig entsetzt und schockiert, dass ihm im Zusammenhang mit seinem Ansuchen um Opferfürsorgerente jener Akt, mit dem er während der Nazizeit zu einem Asozialen erklärt wurde, der vom Anstaltsleiter Dr. Illing ausgefertigt wurde, vorgehalten wurde. Er hat es als Vorhaltung verstanden, auch wenn es die Beamtin nicht so gemeint hat, weil natürlich zu klären war und in allen solchen Fällen zu klären ist, ob ein Anspruch besteht.

Der Anspruch auf eine Opferfürsorgerente besteht – Herr Abgeordneter Feurstein, ich kann mich an Ihre Rede erinnern – bei diesem Menschen nach wie vor nicht. Nicht nur bei diesem Menschen nicht, sondern auch bei allen nicht, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder einfach deswegen, weil sie "nur" – unter Anführungszeichen – zwangssterilisiert worden sind, nach wie vor jeglichen Opferanspruch vermissen – und nicht nur den Opferanspruch, denn es geht nicht um die Rente, sondern es geht um die Anerkennung von Seiten dieser Republik. Es


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geht schlicht und einfach um die Anerkennung durch eine Republik, die sich 50 Jahre lang nicht um diese Opfer gekümmert hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich kann mich erinnern, es war damals eine sehr bewegte Debatte, aus der ich sehr viel gelernt habe, weil vor allem viele sozialdemokratische Kolleginnen und Kollegen den Mut gehabt haben, klar zu sagen: Wir stimmen mit diesem Antrag überein. Das war nicht eine persönliche Freude, sondern weil bemerkbar war, dass aus einer sichtlich emotionalen Bewegung heraus diese Kolleginnen und Kollegen so gehandelt haben.

Ich weiß, dass Präsident Fischer einen Brief an alle Klubobleute geschickt hat. Ich würde mir wünschen, dass diesen Personengruppen entweder im Zusammenhang mit der Behandlung dieses Gesetzes im Ausschuss oder über Initiative der Klubobleute endlich von der Republik die Anerkennung zuerkannt wird. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

21.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Plank. – Bitte.

21.37

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Den Worten meines Vorredners kann man sich vollinhaltlich ohnehin nur anschließen. Mittlerweile ist ja allgemein anerkannt, dass das NS-Regime Menschen verachtet, verfolgt, interniert und ermordet hat. Es war der sozialdemokratische Bundeskanzler Vranitzky, der die Opfer im Namen Österreichs als erster zumindest um Entschuldigung gebeten hat.

Das Opferfürsorgegesetz – wie schon erwähnt – anerkannte und entschädigte einen Teil dieser verfolgten Menschen. Aber es ist immer noch eine Gruppe von Menschen als Opfer nicht anerkannt, darf keine Ansprüche stellen, und zwar Menschen, die nur deswegen verfolgt wurden, weil sie nicht in den gesunden Volkskörper passten. Die sogenannten Asozialen, wie sie genannt wurden, Homosexuelle und diese Behinderten, von denen mein Vorredner gesprochen hat, blieben ausgeklammert. Es waren einst maßgebliche Verbände in Österreich, die – behaupte ich – der ÖVP nicht unnahe stehen – und verhinderten, dass diese Betroffenen heute als Opfer anerkannt sind.

Nun scheint die Zeit reif zu sein beziehungsweise ist es höchst an der Zeit, diesen menschenunwürdigen Zustand endlich zu beseitigen. Es liegt der Antrag der Grünen vor und ein beinahe identischer der SPÖ, und ich meine, dass damit auch die Regierungsparteien die Chance haben zu beweisen, dass sie es ernst meinen mit dem bedingungslosen Aufarbeiten der österreichischen Geschichte und mit ihrer Distanzierung vom Gräuel-Regime der NS-Zeit.

Daher von hier aus meine Einladung an Sie alle: Treten Sie diesem Antrag bei, machen wir einen Vier-Parteien-Antrag daraus, und schließen wir gemeinsam dieses negative Kapitel doch noch positiv ab. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte.

21.39

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Anliegen, um das es geht, ist menschlich und sozial berührend, sehr berührend.

Die Diskussion, die wohl im Ausschuss kommen wird, wird politisch und historisch sehr interessant sein, gilt es doch ein Paradoxon zu behandeln und aufzuarbeiten, das sich aus dem Datum des Gesetzes ergibt, das novelliert werden soll. Das Gesetz stammt aus den Anfangsmonaten des Jahres 1947, das heißt, es ist von einem Parlament beschlossen worden, in dem nahezu ausnahmslos Konzentrationslagerinsassen als Abgeordnete gesessen sind – ausnahmslos: Sozialisten, ÖVP-Angehörige und Kommunisten.

Sie sind damals aus Gründen, die wirklich interessant sind, zu dem Schluss gekommen, wer im Opferfürsorgegesetz zu berücksichtigen ist und wer nicht. – Das war die Wahl Herbst 1945, es war das erste gewählte Parlament. Es hat nur aus Kommunisten, Sozialisten und ÖVP-


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Angehörigen bestanden, und sie waren ausnahmslos politisch Verfolgte, die zum größten Teil direkt aus den Konzentrationslagern ins Parlament gekommen sind.

Ich wiederhole: Es ist menschlich und sozial berührend, politisch und historisch interessant. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

21.41

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Meine Damen und Herren! Es ist richtig: Am 1. Juni 1995 wurde eine sehr ernste und gute Diskussion über dieses Thema hier im Hohen Hause geführt.

Man kann es in meiner Rede nachlesen – ich war einer der letzten Redner –: Ich bin beeindruckt von der sachlichen und engagierten Diskussion, die damals am 1. Juni 1995 hier geführt wurde. Es sind damals auch ähnliche Beispiele genannt worden, wie Sie sie heute nennen, Herr Abgeordneter Öllinger. Wir haben uns mit diesen auseinandergesetzt, und wir haben eine Lösung gehabt. (Abg. Öllinger: Das ist keine Lösung!)

Ich darf feststellen, dass von den Verfolgten, gleichgültig, aus welchen Gründen: Nationalität, Herkunft, politische Einstellung, damals die Lösung gefunden worden ist. Ich zitiere Ihnen, was Herr Bundesminister Hums damals hier erklärt hat. Er hat gesagt:

"Ich möchte das wiederholen, was ... ich im Ausschuss festgestellt habe: Jenen Gruppen, die nicht ausdrücklich im Gesetzestext erwähnt sind, werde ich mit der Möglichkeit der Bestimmung des Opferfürsorgegesetzes im Härteausgleich", einer Bestimmung, die wir im Jahre 1984 hier eingeführt haben – Sie waren schon dabei, Herr Dr. Ofner –, "dieselben Leistungen zuerkennen, die ihnen auch zustehen und die in diesem Gesetz vorgesehen sind." – Zitatende. (Abg. Öllinger: Es geht nicht um Leistungen!)

Meine Damen und Herren! Es geht darum, dass eine Verfolgung vorgelegen ist. Ich möchte noch einmal sagen, was schon angedeutet worden ist: Minister Hums hat damals auch darauf hingewiesen, dass jede Änderung in diesem Gesetz immer mit der Arbeitsgemeinschaft der KZ-Verbände und der Widerstandskämpfer Österreichs besprochen wird und dass wir Änderungen nur dann vornehmen, wenn das Einvernehmen mit diesen Organisationen, wo alle politischen Parteien vertreten sind, erzielt wird. (Abg. Öllinger: Das stimmt nicht!)  – Das ist richtig, die Grünen sind nicht vertreten, die Liberalen waren es auch nicht. – Ich bitte, dass wir diese Vorgangsweise beibehalten.

Wir haben im Nationalfondsgesetz, wie Sie wissen, das ist in der gleichen Sitzung beschlossen worden, einen anderen Weg gefunden. Präsident Fischer und Präsident Neisser waren damals federführend dabei, damit diese andere Lösung, nämlich der Entschädigung, gefunden werden kann.

Aber bitte: Bleiben wir beim Begriff "Verfolgte", Verfolgte in diesen Jahren 1938 bis 1945, und ändern wir diesen Begriff nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Die restliche Redezeit der Grünen für den heutigen Tag ist 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.45

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. Feurstein! Ich glaube, Sie haben nicht zugehört und auch unseren Antrag nicht gelesen. Es geht nicht darum, ob sie eine Entschädigung bekommen oder nicht, es geht darum, dass sie als Opfer anerkannt werden. Darum geht es und um nichts anderes. Ich glaube, Herr Dr. Feurstein, es wäre höchst an der Zeit, dass Sie auch diese Gruppe von Menschen als Opfer anerkennen. (Beifall bei den Grünen.)


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Sie brauchen sich nicht zu fürchten, Herr Dr. Feurstein, dass jetzt Unmengen an Anträgen gestellt werden und die Menschen Leistungen haben wollen. Sie wissen, dass es "nur" 5 000 bis 10 000 Menschen sind, die zwangssterilisiert worden sind, denn alle anderen behinderten Menschen sind der Euthanasie zum Opfer gefallen.

Herr Dr. Feurstein! Vielleicht tun Sie sich auch deshalb so schwer mit der Vergangenheit, weil dieses Problem auch heute noch aktuell ist. Sie wissen ganz genau, dass es auch heute noch in unserer österreichischen Rechtsordnung straffrei ist, wenn Frauen unter 19 Jahren ohne ihre Einwilligung zwangssterilisiert werden. Diese Zwangssterilisation ist auf der Tagesordnung, und Sie wissen es alle.

Herr Dr. Feurstein! Sie haben es auch – und das kann ich Ihnen persönlich nie verzeihen – mit Ihrer Fraktion geschafft, damals im Justizministerium, wo es genau um diesen Bereich ging, erfolgreich zu verhindern (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger ), dass die Gesetze entsprechend verändert wurden. Ich denke dabei an das Sachwaltergesetz, ich denke auch an das Kindschaftsrecht, denn diese Gesetze hätten geändert werden müssen, um endlich diese Grausamkeit, die heute noch stattfindet, abzustellen.

Ich habe am 1. März dieses Jahres wiederum einen Antrag eingebracht, dass es endlich eine gesetzliche Bestimmung geben muss, dass in Österreich niemand mehr zwangssterilisiert werden darf. Aber auch dieser Antrag erscheint Ihnen nicht wichtig.

Dass es heute passiert, dass es morgen passiert, dass es gestern passiert ist und all die Jahre, das lässt Sie ganz einfach kalt. Ich verstehe wirklich nicht, was Sie persönlich darüber denken. Was empfinden Sie dabei, wenn Frauen ohne ihr Wissen sterilisiert werden? Ist das in der Zeit, in der wir leben, wirklich noch Normalität, und darf das Normalität bleiben?

Ich glaube, es müsste schon lange verboten sein. – Es ist nicht verboten. Sie haben erfolgreich daran gearbeitet, dass es nicht verboten wurde.

Aber ich glaube, es ist noch nicht zu spät. Sie haben die Möglichkeit, die Gesetze entsprechend zu verändern, damit Zwangssterilisation ein strafrechtlicher Tatbestand wird für Eltern, für Sachwalter und für Mediziner. Bitte unterstützen Sie die behinderten Frauen in Österreich, dass diese schreckliche Situation, unter der Tausende behinderte Frauen in Österreich leiden, endlich eingestellt wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte und weise diesen Antrag 173/A, Öllinger, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

Damit ist die Tagesordnung dieser Sitzung erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 265/A bis 272/A eingebracht wurden und die Anfragen 1261/J bis 1279/J eingelangt sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die eine bloße Zuweisungssitzung sein wird, berufe ich jetzt im unmittelbaren Anschluss an diese Sitzung, das heißt für 21.50 Uhr ein.

Die 37. Sitzung des Nationalrates ist damit geschlossen.

Schluss der Sitzung: 21.50 Uhr