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Plenarsitzung

des Bundesrates

Stenographisches Protokoll

 

947. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Mittwoch, 30. November 2022

 

 

 

 

Großer Redoutensaal


Stenographisches Protokoll

947. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Mittwoch, 30. November 2022

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 30. November 2022: 9.00 – 20.20 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Wahl eines/einer 1. Ordners/-in für den Rest des 2. Halbjahres 2022

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Zukunftsfonds-Gesetz, das Tabaksteuergesetz 2022, das Tabakmonopolge­setz 1996, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das KMU-Förde­rungsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz, das Behinderten­einstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunter­richts (SchDigiG) erlassen wird, das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundes­theaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler und das Umweltförderungsgesetz geändert sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Zuschusses an das Land Steier­mark zur Sanierung der Grazer Burg, ein Kommunalinvestitionsge-


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setz 2023, ein Bundesgesetz über einen pauschalen Kostenersatz des Bun­des an die Länder für Aufwendungen im Zusammenhang mit § 58c des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 und ein Landesverteidigungs-Finanzie­rungsgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2023 – BBG 2023)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz 1989 geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das BFW-Gesetz geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, In­novation und Technologie genehmigt wird

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsge­setz geändert wird

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953 und das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 geändert werden

11. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Wien über die vierte und fünfte Ausbauphase der Wiener
U-Bahn


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12. Punkt: Bericht über technische Unterwegskontrollen im Jahr 2021

13. Punkt: Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2021

14. Punkt: Verkehrstelematikbericht 2022

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird

16. Punkt: Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern (Buchpreisbin­dungsgesetz 2023 – BPrBG 2023)

17. Punkt: Kunst- und Kulturbericht 2021

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Spaltungsge­setz, das Genossenschaftsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geän­dert werden (Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2022 – GesDigG 2022)

19. Punkt: Datenschutzbericht 2021

20. Punkt: Wahl eines Mitgliedes und von Ersatzmitgliedern des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948

*****

Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Verfassungsdienstes des Amtes der Tiroler Landesregierung betreffend die Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundes­rates ..........................................................................................................................     25

Angelobung der Bundesrät:innen Klara Neurauter, Daniel Schmid, Christoph Steiner, Christoph Stillebacher und Markus Stotter, BA ......................................     19


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Schreiben des Bundeskanzlers Karl Nehammer, MSc gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG betreffend Nominierung eines Mitglieds und eines stellvertre­tenden Mitglieds in den Ausschuss der Regionen .............................................     27

Antrag des Bundesrates Christoph Steiner gemäß § 49 Abs. 3 GO-BR auf Durchführung einer Debatte zur Geschäftsbehandlung ...................................     39

Wortmeldungen im Zusammenhang mit dem von Bundesrat Christoph Steiner gestellten Antrag:

Karl Bader ....................................................................................................  42, 46

Stefan Schennach .......................................................................................  42, 48

Christoph Steiner .....................................................................................................     44

Ablehnung des Antrages auf Durchführung einer Debatte zur Geschäftsbe­handlung ..................................................................................................................     49

Ersuchen des Bundesrates Christoph Steiner um Sitzungsunterbrechung und Abhaltung einer Stehpräsidiale .............................................................................     50

Unterbrechung der Sitzung ......................................................  50, 94, 191, 262

1. Punkt: Wahl eines/einer 1. Ordners/-in für den Rest des 2. Halbjah­res 2022 ...................................................................................................................     51

Ersuchen des Bundesrates Karl Bader um Sitzungsunterbrechung und Ab­haltung einer Stehpräsidiale ..................................................................................     94

Wortmeldung des Bundesrates Christoph Steiner in Bezug auf das Ergebnis der Beratungen in der Stehpräsidiale ..................................................................     95

Ankündigung des Bundesrates Christoph Steiner, die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage zu verlangen .............................................................  148

Ersuchen des Bundesrates Marco Schreuder um Sitzungsunterbrechung und Abhaltung einer Stehpräsidiale .............................................................................  191


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Personalien

Ordnungsrufe ................................................................................  191, 206, 307

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ...........................................................................................................  24, 38

Vertretungsschreiben ............................................................................................     39

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ...................................................................     39

Ausschüsse

Zuweisungen ............................................................................................  20, 356

20. Punkt: Wahl eines Mitgliedes und von Ersatzmitgliedern des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 .......................................  261

Dringliche Anfrage

der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Lösen Sie endlich die Krisen im eigenen Land, Herr Nehammer!“ (4062/J-BR/2022) .......................................................  262

Begründung: Josef Ofner ........................................................................................  263

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc .....................................................................  278

Debatte:

Markus Leinfellner ...................................................................................................  300

Karl Bader ................................................................................................................  309


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Stefan Schennach ....................................................................................................  312

Marco Schreuder .....................................................................................................  318

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................  323

Günter Pröller ...........................................................................................................  326

Mag. Sandra Gerdenitsch ........................................................................................  331

Marlies Steiner-Wieser ............................................................................................  334

Dr. Johannes Hübner ...............................................................................................  340

Marco Schreuder (tatsächliche Berichtigung) ......................................................  346

Andrea Michaela Schartel .......................................................................................  347

Andreas Arthur Spanring ........................................................................................  351

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zuwanderungstopp in den österreichischen Sozialstaat jetzt – ‚Unser Geld für unsere Leute‘“ – Ablehnung ...... 305, 355

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Günter Pröller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenlawine stoppen – Entlastung für Österreich“ – Ablehnung ......................................................................  330, 355

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Entschädigungszahlung an Personen, die durch gesetzwidrige Verordnungen und verfassungswidrige Gesetze psychisch, physisch sowie auch finanziellen Schaden genommen haben“ – Ablehnung ...............................................................................................  336, 355

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Arbeitslosenversicherungssystem und AMS-Schulungen dürfen nicht zum Ausländer-Arbeitsamt ver­kommen – Stopp der weiteren unqualifizierten Zuwanderung in den öster­reichischen Arbeitsmarkt und den Sozialstaat“ – Ablehnung ..........  349, 356

Verhandlungen


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2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Zukunftsfonds-Gesetz, das Tabaksteuergesetz 2022, das Tabakmonopol­gesetz 1996, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insol­venz Entgeltsicherungsgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das KMU-För­derungsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts (SchDigiG) erlassen wird, das Bundes-Jugendförde­rungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbstän­dige Künstlerinnen und Künstler und das Umweltförderungsgesetz ge­ändert sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Zuschusses an das Land Steiermark zur Sanierung der Grazer Burg, ein Kommunal­investitionsgesetz 2023, ein Bundesgesetz über einen pauschalen Kosten­ersatz des Bundes an die Länder für Aufwendungen im Zusammenhang mit § 58c des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 und ein Landesver­teidigungs-Finanzierungsgesetz erlassen werden (Budgetbegleit­gesetz 2023 – BBG 2023) (1744 d.B. und 1776 d.B. sowie 11104/BR d.B. und 11116/BR d.B.) ...............................................................................................     52

Berichterstatter: Mag. Franz Ebner .......................................................................     52

Redner:innen:

Mag. Bettina Lancaster ...........................................................................................     53

Ing. Eduard Köck .......................................................................................  57, 105

Dr. Johannes Hübner ...............................................................................................     60

MMag. Elisabeth Kittl, BA .......................................................................................     68

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................     75

Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner .................................................................     79


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Bernhard Hirczy .......................................................................................................     80

Stefan Schennach ....................................................................................................     82

Otto Auer .................................................................................................................     86

Andreas Arthur Spanring ........................................................................................     89

Eva Prischl ................................................................................................................     96

Staatssekretär Florian Tursky, MBA MSc ..............................................................     97

Andrea Michaela Schartel .......................................................................................  100

Mag. Daniela Gruber-Pruner ..................................................................................  103

Ingo Appé .................................................................................................................  107

Josef Ofner ...............................................................................................................  109

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Dr. Johannes Hübner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Nein zum rückwirkenden Klimabonus für Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten“ – Ablehnung ..................  67, 112

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung des Kilometergeldes für Ehrenamtliche und Berufstätige im Gesundheits- und Sozialwesen, in den Rettungsorganisationen, bei den Bergrettungs-, Feuerwehrwehr- und Wasserrettungsorganisationen und allen verwandten Verwendungs­gruppen“ – Ablehnung ..........................................................................  102, 112

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  112

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz 1989 geändert wird (1777 d.B. sowie 11117/BR d.B.) .........................................................................  113

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ..................................................................  11


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4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (1778 d.B. sowie 11118/BR d.B.) .........................................................................  113

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ..................................................................  114

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das BFW-Gesetz geändert wird (1779 d.B. sowie 11105/BR d.B. und 11119/BR d.B.) .........................................................  113

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ..................................................................  114

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bun­desministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (1745 d.B. und 1780 d.B. sowie 11120/BR d.B.) .........................  113

Berichterstatterin: MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................  116

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastun­gen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobili­tät, Innovation und Technologie genehmigt wird (1770 d.B. und
1781 d.B. sowie 11121/BR d.B.) .......................................................................... 
113

Berichterstatterin: MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................  116

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz geändert wird (2839/A und 1782 d.B. sowie 11122/BR d.B.) .........................  113

Berichterstatter: Ing. Eduard Köck ........................................................................  117


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9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird (2840/A und 1783 d.B. sowie 11123/BR d.B.) ..................................................  114

Berichterstatter: Ing. Eduard Köck ........................................................................  117

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953 und das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 geändert wer­den (2892/A und 1784 d.B. sowie 11124/BR d.B.) ...........................................  114

Berichterstatter: Ing. Eduard Köck ........................................................................  117

Redner:innen:

Günther Novak ........................................................................................................  118

Florian Krumböck, BA .............................................................................................  123

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ..............................................................  127

Michael Bernard ......................................................................................................  131

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ............................................................................................  135

Ingo Appé .................................................................................................................  140

Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber ......................................................................................  142

Markus Steinmaurer ................................................................................................  145

Alexandra Platzer, MBA ..........................................................................................  146

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gaspreisdeckel jetzt umsetzen!“ – Ablehnung ....  122, 150

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 3, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  149

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  149


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Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 5, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  150

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 6, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  150

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 7, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  150

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 8, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  151

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................  151

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 10, gegen den vor­liegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ............  151

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2022 betref­fend eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Wien über die vierte und fünfte Ausbauphase der Wiener
U-Bahn (1677 d.B. und 1761 d.B. sowie 11112/BR d.B.) ................................. 
151

Berichterstatter: Florian Krumböck, BA ................................................................  152

Redner:innen:

MMag. Elisabeth Kittl, BA .......................................................................................  152

Mag. Harald Himmer ...............................................................................................  156

Mag. Daniela Gruber-Pruner ..................................................................................  157

Günter Pröller ...........................................................................................................  160

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................  162

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ..............................................................  164

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  166


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 12

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie über technische Unterwegskontrollen im Jahr 2021 (III-785-BR/2022 d.B. sowie 11113/BR d.B.) .......................................................................................................  166

Berichterstatterin: Barbara Tausch .......................................................................  167

13. Punkt: Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-788-BR/2022 d.B. sowie 11114/BR d.B.)        166

Berichterstatterin: Barbara Tausch .......................................................................  167

14. Punkt: Verkehrstelematikbericht 2022, vorgelegt von der Bundesminis­terin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie (III-789-BR/2022 d.B. sowie 11115/BR d.B.) .......................................  167

Berichterstatterin: Barbara Tausch .......................................................................  167

Redner:innen:

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ...........................................................................  169, 188

Ferdinand Tiefnig .....................................................................................................  173

Horst Schachner ......................................................................................................  176

Michael Bernard ......................................................................................................  179

Martin Preineder ......................................................................................................  184

Horst Schachner (tatsächliche Berichtigung) .......................................................  186

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ..............................................................  186

Christoph Steiner .....................................................................................................  188

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (tatsächliche Berichtigung) ............................................  192

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „kein Geld für Klimaterrorismus und -extre­mismus“ – Ablehnung ...........................................................................  183, 193


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 13

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 12, den Bericht III-785-BR/2022 d.B. zur Kenntnis zu nehmen .......................................................  192

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 13, den Bericht III-788-BR/2022 d.B. zur Kenntnis zu nehmen .......................................................  193

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 14, den Bericht III-789-BR/2022 d.B. zur Kenntnis zu nehmen .......................................................  193

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2022 be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (2864/A und 1785 d.B. sowie 11107/BR d.B.) .........................................  193

Berichterstatter: Marco Schreuder ........................................................................  194

Redner:innen:

Ingo Appé .................................................................................................................  194

Claudia Hauschildt-Buschberger ............................................................................  195

Marlies Steiner-Wieser ............................................................................................  196

Heike Eder, BSc MBA ..............................................................................................  200

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................  202

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................  203

Christoph Steiner .....................................................................................................  205

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Marlies Steiner-Wieser, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Krankenanstaltenfinanzie­rung 2023 – 150 Mio. Euro zusätzlich jetzt!“ – Ablehnung .............  199, 208

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  208


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 14

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern (Buchpreis­bindungsgesetz 2023 – BPrBG 2023) (1743 d.B. und 1746 d.B. sowie 11110/BR d.B.) .......................................................................................................  208

Berichterstatter: Marco Schreuder ........................................................................  209

Redner:innen:

Marco Schreuder .....................................................................................................  209

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler .................................................................................  212

Doris Hahn, MEd MA ...............................................................................................  214

Günter Pröller ...........................................................................................................  217

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ....................................................................  219

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  221

17. Punkt: Kunst- und Kulturbericht 2021 der Bundesregierung (III-792-BR/2022 d.B. sowie 11111/BR d.B.) ...................................................................  221

Berichterstatter: Marco Schreuder ........................................................................  221

Redner:innen:

Marco Schreuder .....................................................................................................  222

Klara Neurauter .......................................................................................................  224

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ....................................................................  227

Eva Prischl ................................................................................................................  229

Josef Ofner ...............................................................................................................  231

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-792-BR/2022 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ...............................................................  233

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2022 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 15

Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Spaltungsge­setz, das Genossenschaftsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesellschaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2022 – GesDigG 2022) (2893/A und 1760 d.B. sowie 11106/BR d.B. und 11108/BR d.B.) .......................................................................................................  233

Berichterstatter: Otto Auer ...................................................................................  234

Redner:innen:

Mag. Elisabeth Grossmann .....................................................................................  235

Marco Schreuder .....................................................................................................  238

Mag. Christine Schwarz-Fuchs ...............................................................................  240

Markus Leinfellner ...................................................................................................  242

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................  243

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „,Wiener Zeitung‘ – Erhalt der ältes­ten Tageszeitung der Welt – für Medienvielfalt“ – Ablehnung ......  237, 245

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ...................................  244

19. Punkt: Datenschutzbericht 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Justiz (III-784-BR/2022 d.B. sowie 11109/BR d.B.) ....................................  245

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ..................................................................  245

Redner:innen:

Marco Schreuder .....................................................................................................  246

Ing. Eduard Köck ......................................................................................................  248

Mag. Sascha Obrecht ..............................................................................................  250

Andreas Arthur Spanring ........................................................................................  253

Stefan Schennach ....................................................................................................  257

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................  259


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 16

Entschließungsantrag der Bundesrät:innen Stefan Schennach, Karl Bader, Marco Schreuder, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Achtung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)“ – Annahme (360/E-BR/2022) .............................................  252, 261

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-784-BR/2022 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ...............................................................  261

Eingebracht wurden

Petition ....................................................................................................................  356

Petition betreffend „Uran-Grenzwert bei Trinkwasser – Anpassung an EU-Richtlinie“ (Ordnungsnummer 50/PET-BR/2022) (überreicht von Bun­desrat Günther Novak)

Antrag der Bundesrät:innen

Korinna Schumann, Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gleichbe­handlung im Bereich des Bundes (Bundes-Gleichbehandlungsgesetz - B-GIBG) und das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GBK/GA W-Gesetz) geändert werden (360/A-BR/2022)

Anfragen der Bundesrät:innen

Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Wo bleibt die dringend benötigte Auszahlung der Fami­lienbeihilfe? (4053/J-BR/2022)

Josef Ofner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Vorführung von kritischen Ärzten durch ÖÄK (4054/J-BR/2022)


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Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Truppenbesuch im Fliegerhorst Brumowski mit reiner ÖVP-Delegation (4055/J-BR/2022)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Klasse-Job“-Kampagne: Lehrkräfte­offensive auf Kosten der Elementarpädagogik? (4056/J-BR/2022)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Covid-19 Sonderfreistellung: Wo bleibt der Schutz für Schwangere? (4057/J-BR/2022)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Covid-19 Sonderfreistellung: Wo bleibt der Schutz für Schwangere? (4058/J-BR/2022)

Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Konsument*innenschutz bei Stromtankstellen: Intransparenz bei der Preisbildung als Blockade für die Verkehrswende (4059/J-BR/2022)

Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Kli­maschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Stromtankstellen: Intransparenz bei der Preisbildung als Blockade für die Verkehrswende (4060/J-BR/2022)

Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schutzzonen in Grazer Parks (4061/J-BR/2022)

Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Lösen Sie endlich die Krisen im eigenen Land, Herr Nehammer! (4062/J-BR/2022)

Anfragebeantwortungen


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der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einsatzfähigkeit von Notarzt-Rettungs­hubschraubern in den Nachtstunden in der Steiermark (3733/AB-BR/2022 zu 4028/J-BR/2022)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Bundesrät:innen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Plagiatsverdacht der Dissertation von Alma Zadić (3734/AB-BR/2022 zu 4027/J-BR/2022)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesrät:innen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Plagiatsverdacht der Dissertation von Alma Zadić (3735/AB-BR/2022 zu 4026/J-BR/2022)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesrät:innen David Egger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nutzung des Asylquartiers in Salzburg-Gaisberg (3736/AB-BR/2022 zu 4029/J-BR/2022)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Bundes­rät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz des Österreichischen Bundesheeres bei der EU Trainings- und Ausbildungsmission in Mali (EUTM) (3737/AB-BR/2022 zu 4030/J-BR/2022)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesrät:innen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anhaltendes Chaos im öffentlichen Ver­kehr (3738/AB-BR/2022 zu 4031/J-BR/2022)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sanierung der Teergrube entlang der Mürz­zuschlager Hauptstraße (3739/AB-BR/2022 zu 4033/J-BR/2022)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Bundes­rät:innen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend In­anspruchnahme der Sonderbetreuungszeit (3740/AB-BR/2022 zu 4032/J-BR/2022)


 


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09.00.25Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Korinna Schumann, Vizepräsident Bernhard Hirczy, Vizepräsident Günther Novak.

*****09.00.28


Präsidentin Korinna Schumann: Guten Morgen! Ich eröffne die 947. Sitzung des Bundesrates.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 946. Sitzung des Bundesrates vom 20. Oktober 2022 sind aufgelegen und wurden nicht bean­standet.

Verhinderung eines Mitglieds des Bundesrates ist uns keine gemeldet worden.

Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, möchte ich ganz herzlich unsere Besucherinnen und Besucher auf der Galerie begrüßen, das sind die Vertreterinnen und Vertreter des Seniorenbundes aus Tirol, aus Reutte. – Schön, dass Sie im Bundesrat sind. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

09.01.17Angelobung


Präsidentin Korinna Schumann: Eingelangt ist ein Schreiben des Verfassungsdienstes des Amtes der Tiroler Landesregierung betreffend die Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates. (siehe S. 25)

Die neuen Mitglieder beziehungsweise das wiedergewählte Mitglied des Bun­desrates sind beziehungsweise ist im Haus anwesend. Ich werde daher so­gleich die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Ange­lobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein. – Ich ersuche nun die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.


9.02.04

Schriftführerin Mag. Dr. Doris Berger-Grabner: Gelöbnisformel für die Mitglieder des Bundesrates: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der


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Republik, stete und volle Beachtung der Gesetze sowie gewissenhafte Er­füllung Ihrer Pflichten.“

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Berger-Grabner leisten die Bun­desrät:innen Klara Neurauter, Daniel Schmid, Christoph Steiner, Christoph Stille­bacher und Markus Stotter, BA die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.)

*****


Präsidentin Korinna Schumann: Ich begrüße die neuen Mitglieder bezie­hungsweise das wiedergewählte Mitglied des Bundesrates recht herzlich in un­serer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

09.03.26Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Korinna Schumann: Hinsichtlich der eingelangten und verteilten Anfragebeantwortungen,

jener Verhandlungsgegenstände, die gemäß Art. 42 Abs. 5 Bundes-Verfas­sungsgesetz nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen,

eines Schreibens des Verbindungsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt eines Mitglieds der Bundesregierung in einem anderen Mit­gliedstaat der Europäischen Union,

der Unterrichtung des Bundeskanzlers gemäß Art. 23c Abs. 5 Bundes-Verfas­sungsgesetz

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf diese gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte


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Mitteilung, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung ange­schlossen wird.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangt sind:

1. Anfragebeantwortungen

(Anlage 1) (siehe auch S. 17)

2. Eingelangte Verhandlungsgegenstände, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungsrecht des Bundesrates unterliegen

Beschluss des Nationalrates vom 17. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 erlassen wird (Bundesfi­nanzrahmengesetz 2023 bis 2026 – BFRG 2023-2026) (1670 d.B. und Zu 1670 d.B. und 1786 d.B.)

Beschluss des Nationalrates vom 17. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfi­nanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1669 d.B. und 1787 d.B.)

3. Aufenthalt eines Mitgliedes der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union

Schreiben des Ministerratsdienstes betreffend den Aufenthalt von Herrn Bundes­minister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher am 30. November 2022 (16.30 Uhr) und 1. Dezember 2022 in Belgien, wobei seine Angelegenheiten im Bundesrat Herr Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner wahrnehmen wird (Anlage 2)

4. Schreiben des Landtages

Schreiben des Verfassungsdienstes des Amtes der Tiroler Landesregierung betreffend die Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates (Anlage 3)


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5. Unterrichtung des Bundeskanzlers gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG

Nominierung von Herrn Mag. Thomas Steiner zum stellvertretenden Mitglied und Herrn Landesrat Werner Amon, MBA zum ordentlichen Mitglied des Ausschuss der Regionen (Anlage 4)

B. Zuweisungen

1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates

(siehe Tagesordnung) sowie

2. Vorlagen der Bundesregierung oder ihrer Mitglieder

(siehe Tagesordnung) sowie

Sonderbericht der Volksanwaltschaft betreffend "NGO-Forum Soziale Grundrechte" (III-797-BR/2022)

zugewiesen dem Ausschuss für BürgerInnenrechte und Petitionen

und

Sportbericht 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-798-BR/2022)

zugewiesen dem Ausschuss für Sportangelegenheiten

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Eingelangt in laufender Sitzung:

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Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsidentin Korinna Schumann: Weiters eingelangt ist ein Schreiben des Verbindungsdienstes des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Frau Bundesministerin für EU und Verfassung Mag.a Karoline Edtstadler vom 30. November bis 1. Dezember 2022 in Äthiopien bei gleichzeitiger Beauf­tragung von Herrn Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M. mit ihrer Vertretung.

*****

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Aus­schussberichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände sowie die Wahl eines 1. Ordners beziehungsweise einer 1. Ordnerin für den Rest des 2. Halbjah­res 2022 und die Wahl eines Mitgliedes und von Ersatzmitgliedern des Stän­digen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sin­ne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? (Bundesrat Steiner: Zur Geschäfts­ordnung! Antrag zur Geschäftsordnung!) – Bitte, Herr Bundesrat Steiner.

09.05.31*****


9.05.32

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol) (zur Geschäftsbehandlung): Zum wieder­holten Male geht es halt wieder einmal darum, dass kein Regierungsmitglied es der Mühe wert findet, bei uns - - (Bundesministerin Tanner: Ah!) – Hören Sie einmal zu, Frau Tanner! Winken Sie nicht! Zuerst zuhören, Sie wissen


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wahrscheinlich gar nicht, worum es geht, so gut, wie Sie immer informiert sind! (Beifall bei der FPÖ. – He-Rufe bei der ÖVP.)

Es findet zum wiederholten Male in diesem Haus kein Mitglied dieser Bundesregierung es der Mühe wert, hier im Bundesrat zu aktuellen Themen in einer Aktuellen Stunde Stellung zu nehmen und mit uns zu diskutieren. (Ruf bei der ÖVP: Jeder kann einmal krank sein!)

Ich sage es jetzt in Worten eures ehemaligen Kanzlers von unserer Seite her: Genug ist jetzt genug! Wir als Bundesrat oder zumindest wir als freiheit­liche Bundesratsfraktion lassen uns nicht mehr länger pflanzen.

Worum geht es? – Es geht darum, dass wir eine Aktuelle Stunde anberaumt hatten – mit dem Kanzler. Die haben wir nicht gestern anberaumt und nicht vor­gestern, sondern die Termine für diese Aktuellen Stunden sind weit über ein Jahr hinweg bekannt. Wenn man zurückschaut, wann das Datum festgelegt wur­de: Wissen Sie, welcher Kanzler da für den heutigen Tag eingetragen war? – Herr Kurz war eingetragen. Dann war Herr Schallenberg eingetragen, und jetzt war Herr Nehammer eingetragen. Also das Datum war bekannt.

Nun muss Herr Nehammer halt – wie so viele ÖVP-Mitglieder – dauernd in den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: „Dauernd“, na?!) – das verstehen wir ja noch; wir wollen ja auch, dass diese ÖVP-Korruption endlich aufgeklärt wird. Dann ist verwiesen worden – kein
Problem –: Der Herr Kanzler hat ja eine Staatssekretärin in Amt und Würden, und die wird kommen. – Gut, dann ist Frau Plakolm am Montag erkrankt, heute haben wir Mittwoch – ich wünsche der Frau Staatssekretärin gute Besse­rung. Und dann hat keiner der zwölf übrigen Minister Zeit, hier im Bundesrat zu aktuellen Themen Stellung zu nehmen! Ja wo sind wir denn überhaupt? (Bei­fall bei FPÖ und SPÖ.)

Das ist doch ein Wahnsinn. Wir haben eine Regierung mit so vielen Ministern und Staatssekretären wie noch nie, und kein einziger von denen findet es


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der Mühe wert, hier mit uns über aktuelle Themen zu sprechen. Aktuelle The­men gibt es ja en masse: von der Teuerung über den Asyltsunami (Bundes­rat Bader: ... ein Debattenbeitrag!), die Klimaterroristen, die das ganze Land ter­rorisieren, die Pensionisten, die nicht mehr leben können, weil sie mit dem Geld nicht mehr auskommen, bis zu den Familien, die nicht wissen, wie sie hei­zen sollen, wie sie sich den Winter finanzieren sollen. Das sind brennende Themen, und kein Minister findet es der Mühe wert, hier im Bundesrat in einer Aktuellen Stunde – das sagt ja schon der Titel: Aktuelle Stunde – mit uns über aktuelle Themen zu sprechen!

Das Ganze hat die Auswüchse darin, dass diese ÖVP andauernd im Korrup­tionssumpf versinkt und somit halt das ganze Land, die Demokratie, den Parlamentarismus lähmt. Und das wollen wir so nicht länger hinnehmen, Frau Präsidentin! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir lassen uns als Bundesrat – das ist die Auffassung der freiheitlichen Frak­tion im Bundesrat – nicht länger von dieser Regierung vorführen. Wir als Bundesrat müssen so viel Kraft haben, zu sagen: Wir lassen uns eine Aktuelle Stunde von einer Regierung nicht einfach abblasen! Wir nicht! Wir sind die zweite Kammer in Österreich! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Bader hebt die Hand.)

Deshalb, Frau Präsidentin, stelle ich nun den Antrag nach § 49 Abs. 3 auf Durchführung einer Debatte über den skandalösen Umgang dieser Bundesregierung mit uns, der zweiten Kammer des österreichischen Parla­ments.– Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

9.10


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet hat sich der Fraktions­vorsitzende der ÖVP. – Bitte.



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9.10.19

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, tatsächlich: Genug ist genug! (Bundesrat Ofner: Richtig!) Herr Kollege Steiner, das, was Sie jedes Mal geschäftsordnungsmäßig aufführen, ist eigentlich ungeheuerlich und nicht notwendig.

Es ist klar und deutlich, dass Aktuelle Stunden auch eine Einteilung haben, und diese Einteilung ist erfolgt. Der Herr Bundeskanzler ist in den Untersuchungs­ausschuss geladen. Ich habe es auch in der Präsidiale gesagt: Wenn man die Ein­ladung zurücknimmt, dann könnte er auf jeden Fall heute hier bei der Aktuel­len Stunde anwesend sein. Die Vertretung wäre die Frau Staatssekretärin gewe­sen. Das ist alles ein Thema, das ganz normal abläuft. Da gibt es keine Aufre­gung, da gibt es eigentlich gar nichts. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Bundesrätin Stei­ner-Wieser: Das ist ein Wahnsinn!) Die Erkrankung der Frau Staatssekretärin ist ganz einfach eine Erkrankung, und daher gibt es eine Entschuldigung. (Bun­desrätin Steiner-Wieser: Was ist mit den anderen?)

Da die Einteilung für die Aktuellen Stunden, wie gesagt, über längere Zeit vorge­nommen wurde - - (Bundesrätin Steiner-Wieser: Es betrifft jeden ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Man muss nicht immer hereinschreien. Es wird nicht besser, wenn Sie hereinschreien. Tatsache ist, dass hier eben diese Entschul­digung vorliegt (Bundesrat Steiner: Vom Kanzler keine Entschuldigung!) und daher diese Aktuelle Stunde heute der Geschäftsordnung gemäß ganz einfach ent­fällt. (Bundesrat Schennach hebt die Hand.)

9.11


Präsidentin Korinna Schumann: Nächster Redner: Der Fraktionsvorsitzende der SPÖ. – Bitte schön.


9.11.37

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Lieber Kol­lege Bader, diese Debatten wären nicht notwendig – und die haben wir jetzt,


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glaube ich, zum dritten Mal en suite –, wenn die Regierung mehr Respekt vor ei­ner parlamentarischen Kammer zeigte. (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner.)

Die Flucht der Regierungsmitglieder vor dem Bundesrat ist geradezu eine Ver­höhnung eines parlamentarischen Gremiums. Deshalb verstehe ich, was Kollege Steiner meint, und ich muss ihm in kürzester Zeit zum zweiten Mal recht geben, ja. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich gebe ihm nicht bei den Alternativvorschlägen der Themen recht. Das wären nicht die, die wir vorschlagen. (Bundesrat Steiner: Die Teuerung!) – Ja, die Teuerung schon. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Da sind wir voll dabei. – Es geht aber darum, dass eine Aktuelle Stunde durchaus möglich gewesen wäre. Im Falle einer bedauerlichen Erkrankung wäre es durchaus möglich gewesen, aus der Riege der Minister und Ministerinnen jemanden zu fragen: Wer übernimmt die Aktuel­le Stunde im Bundesrat? (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Bundesrat Steiner: Frau Tanner wäre eh da! – Bundesrat Spanring: Die Frau Minister kann gleich überneh­men! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und SPÖ.)

Jetzt kommt aber noch etwas, lieber Kollege Bader, was ja den Aufschrei der Opposition geradezu herausfordert: Seit diese Regierung im Amt ist, haben bis­her erst zwei Minister die Bereitschaft erklärt, sich einer Fragestunde zu stellen. Ja, wie schlimm ist denn das, wenn wir das Appellationsrecht in Anspruch nehmen? Die Angst dieser Bundesregierung, sich einer Fragestunde zu stellen, ist beachtlich.

Wir hatten bisher erst zwei. Beide Minister haben die Fragestunde sehr gut überlebt. Das waren Minister Anschober und Minister Kocher. (Bundesrat Stei­ner: Minister Anschober hat es nicht überlebt! – Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Überlebt hat er schon!) – Nein, Minister Anschober hat die Fragestunde bravourös durchgetragen, auch wenn sie extrem lang war. Das war aber sicherlich eines der Highlights.


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Das heißt, die Regierung verweigert die Fragestunden. Die Regierung verweigert die Anwesenheit bei ganz vielen Tagesordnungspunkten, bei denen sie ei­gentlich hier zu vertreten hat. (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie Bravoruf des Bun­desrates Steiner.)

Es ist das Minimum an Selbstachtung aller Fraktionen, zu sagen: So geht das nicht weiter! Deshalb appelliere ich an die beiden Regierungsfraktionen: Hören Sie mit dieser Missachtung des Bundesrates auf! Reden Sie mit den Vertretern in der Regierung, mit Ihren Leuten! Das geht so nicht mehr. (Bundesrat Steiner hebt die Hand.)

Kollege Steiner, wir werden den Antrag unterstützen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Bundesrat Steiner: Danke!)

9.14


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet hat sich Fraktionsvorsit­zender der FPÖ Steiner. – Bitte.


9.14.45

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol) (zur Geschäftsbehandlung): Ich zitiere jetzt nur für Sie, Herr Kollege Bader, aus der Geschäftsordnung. Die Ge­schäftsordnung des Bundesrates sollte Ihnen bekannt sein. § 42 Abs. 1: „Jede Sitzung des Bundesrates“ – jede Sitzung des Bundesrates – „beginnt ent­weder mit einer Fragestunde oder mit einer Aktuellen Stunde.“ – Allein das, was heute hier passiert, ist eine Widrigkeit gegenüber der Geschäftsordnung un­serer Kammer, unseres Bundesrates.

Dann, Herr Bader, behaupten Sie in Ihrer Geschäftsordnungswortmeldung, der Kanzler und (Bundesrat Krumböck: Lies den zweiten Satz vor! – Bundesrat Kornhäusl: Lies weiter! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) die Frau Staatssekre­tärin wären entschuldigt. Es liegen keine Entschuldigungen vor, Herr Bader. Die einzigen Entschuldigungen, die heute vorliegen, sind für Herrn Kocher mit Vertretung Karner und Frau Edtstadler mit Vertretung Brunner.


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Wenn wir schon bei den Entschuldigungen und bei der Missachtung des Parla­ments sind: Ich habe hier über 20 Entschuldigungen alleine aus den letzten zwei Sitzungen. Ich kann sie gerne vorlesen: Frau Tanner ist am 7. Juli entschul­digt, Norbert Totschnig übernimmt bis 12 Uhr, dann übernimmt Magnus Brunner – so geht man mit uns um! –; Karoline Edtstadler ist entschuldigt, es übernimmt Johannes Rauch; Klaudia Tanner ist entschuldigt – und jetzt wird es interessant –, für Klaudia Tanner, die entschuldigt ist, übernimmt zuerst Herr Totschnig, dann übernimmt Bundesminister Rauch und dann übernimmt Bundesminister Brunner.

Dann geht es weiter: Karoline Edtstadler ist entschuldigt, es übernimmt Dr. Magnus Brunner bis mittags und dann übernimmt Johannes Rauch; Bundes­kanzler Nehammer ist entschuldigt, es übernimmt Vizekanzler Kogler und dann seine Vertretung, die Staatssekretärin (Bundesrat Himmer: Aber so wollt ihr es ja!); dann ist Bundesministerin Raab entschuldigt, es übernimmt Pola­schek; dann ist Karner entschuldigt, es übernimmt Schallenberg; dann ist Totsch­nig entschuldigt, es übernimmt Schallenberg bis mittags, dann übernimmt Karner; dann ist Vizekanzler Kogler entschuldigt, es übernimmt Staatssekretärin Mayer; dann ist Gewessler entschuldigt, es übernimmt Kocher bis mittags, dann Zadić (Bundesrat Spanring: Zwei Sitzungen!); dann ist Gewessler entschul­digt, keine Vertretung – die sendet überhaupt keine Vertretung –; dann ist Bundeskanzler Nehammer entschuldigt, es übernimmt bis mittags Kogler, dann Staatssekretärin Plakolm; dann ist Bundesminister Schallenberg entschuldigt, es übernimmt Edtstadler; dann ist Karner entschuldigt, es übernimmt Edtstadler; dann ist Karner entschuldigt, es übernimmt Susanne Raab bis 13 Uhr, dann Magnus Brunner bis 14 Uhr und danach Martin Polaschek; dann ist Alexander Schallenberg entschuldigt, es übernimmt Edtstadler; dann ist Karl Nehammer entschuldigt, es übernimmt der Vizekanzler bis Mittag, dann Plakolm; dann ist Karner entschuldigt, Leonore Gewessler übernimmt.

Das waren jetzt 20 Entschuldigungen, alleine in den letzten zwei Sitzungen, und Sie behaupten, der Herr Kanzler und Frau Plakolm seien entschuldigt. Uns


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sind keine Entschuldigungen des Bundeskanzleramtes zugegangen. So viel zu Ih­ren wahrheitsgemäßen Ausführungen, Herr Bader. (Beifall bei der FPÖ und bei Bundesrät:innen der SPÖ. – Bundesrat Bader hebt die Hand.)

9.18


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet hat sich Fraktionsvorsitzen­der Karl Bader. – Bitte.


9.18.13

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Kollegen, die Wortklauberei des Herrn Kollegen Steiner nehme ich zur Kenntnis. (Bundesrat Steiner: Das ist Tatsache! – Bundesrat Preineder: Die Wahrheit ist ein sehr hoher Anspruch! – Ruf bei der ÖVP: Der Kickl war immer ent­schuldigt! Immer! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) – Das nehme ich zur Kenntnis. Herr Steiner (Bundesrat Steiner: Ich lese ja nur das vor, was ihr uns schickt!) – ja, das nehme ich zur Kenntnis (Bundesrat Steiner: Gott sei Dank!) –, es ist eigentlich schon in der Präsidiale klar gewesen, dass eine Ladung des Herrn Bundeskanzlers vorliegt und er daher heute nicht teilnehmen wird (Bundesrat Steiner: Es liegt keine Entschuldigung vor! – Bundesrat Spanring: Bei der ÖVP zählt die Präsidiale, und wir sind der Pöbel, oder wie?), und dass sich die Frau Staats­sekretärin wegen Krankheit abgemeldet hat, ist auch ein klares und deutliches Faktum.

Das Zweite: Respekt einzufordern und die Selbstachtung des Bundesrates herauszustreichen, wie es Herr Kollege Schennach gemacht hat, halte ich schon für ein bisschen eigenartig und heuchlerisch, wenn ich etwas zurückdenke. (Bundesrätin Hahn: Haha, heuchlerisch!) Ich habe mir ein bisschen heraussuchen lassen, wie das früher mit Herrn Bundeskanzler Faymann oder Herrn Bun­deskanzler Kern war: Dringliche Anfrage an den Bundeskanzler: Er ist nicht da gewesen, Vertretung durch Dr. Josef Ostermayer. (Bundesrätin Grimling:
Aber der war da! – Bundesrätin Hahn: Da war wenigstens eine Vertretung da!)


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Dringliche Anfrage in der 813. Sitzung: Es war ebenfalls Herr Ostermayer statt Herrn Faymann da. Das Gleiche gilt für verschiedenste Sitzungen des Bun­desrates, nicht nur für Dringliche Anfragen, sondern - - (Bundesrätin Grimling: Das war das 2012er-Jahr ...! – Bundesrätin Hahn: Erklären Sie es ihm! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, ich weiß ja schon. Ich kenne ja die Aufgeregtheit der Sozialdemokratie bei allem, was wir diskutieren. (Bundesrätin Grimling:
Ja, das braucht sie, denn wie ihr mit der Sozialdemokratie umgegangen seid, das war nicht fein! – Bundesrätin Hahn: Wir sind nicht aufgeregt! – Bundesrat Prein­eder – in Richtung SPÖ –: Fragen Sie das Kai Jan Krainer, warum er nicht da ist! Das kann man ja mit Krainer ausmachen!)
B
ei allem, was wir diskutieren, ist es ja ein Spiel, das die Sozialdemokratie betreibt. (Bundesrätin Grimling: Ah so, ein Spiel?) Alles, was die Sozialdemokratie macht, ist hui, alles, was die anderen machen, ist pfui. (Bundesrätin Hahn: Vor der eigenen Türe kehren!)

Es ist auch so gewesen, dass Herr Staatssekretär Ostermayer immer wieder anstelle des Herrn Bundeskanzlers hier im Plenum war. (Bundesrätin Grimling: Ja, aber es war immer eine Vertretung da! Herr Steiner hat nichts anderes gefordert! – Bundesrätin Hahn: Da war jemand da!) Ja, das ist ja eine Sache, die Sie durchaus - - (Bundesrat Steiner: Da war jemand hier, da gab es keine Absage! Das ist ja nicht dasselbe! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Das darf ja nicht wahr sein! – Bundesrat Preineder: Das letzte Mal waren die Vertreter nicht gut! – Weitere Zwi­schenrufe bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

Ich weiß nicht (Heiterkeit des Redners), warum die Aufgeregtheit gerade so groß ist, nur weil ich Ihnen einen Spiegel vorhalte. (Bundesrätin Grimling: Sie brauchen uns keinen Spiegel vorzuhalten! Bei uns waren Vertretungen da, und ihr schafft das nicht! – Bundesrätin Hahn: Ihr schafft das nicht!) – Ah so, okay. Ja, die hat es bisher auch gegeben, heute ist die Situation eben eine andere. (Bun­desrätin Hahn: Bei der Größe der Regierung dürfte es kein Problem sein!) – Es gibt sogar eine Vorstellung von Regierungsmitgliedern, die neu angelobt wurden, bei der der Herr Kanzler von der Sozialdemokratie nicht da war und diese Erklä­rung auch jemand anderer abgegeben hat. So viel also zum Respekt, den Sie


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einfordern. Den haben Sie nie vorgelebt (Bundesrätin Grimling: Ja, natürlich!), und daher würde ich bitten, dass wir das auch einmal anmerken und dass Sie diese Aufgeregtheit ein bisschen ablegen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Grimling: Ihr hättet es besser machen können! – Bundesrat Schennach hebt die Hand.)

9.21


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet hat sich Fraktionsvorsitzen­der der SPÖ Stefan Schennach. – Bitte.


9.21.27

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Lieber Kollege Bader, es ist unerhört, wenn man versucht, so davon abzulenken, was die ÖVP in dieser Regierung im Umgang mit dem Parlamentarismus macht. (Zwischenruf des Bundesrates Bader.)

Zu dem, was Sie gesagt haben: Ja, Minister Ostermayer war Kanzleramtsminister und war immer wieder hier. Es ist auch kein Problem (Bundesrat Bader: Ihr regt euch doch bei Vertretungen auf!), wenn ein Minister oder eine Ministerin nicht an­wesend ist, aber die Massenflucht dieser Regierung aus der parlamentarischen Verantwortung ist eine ganz andere Nummer. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Ich erinnere nur daran – und Sie können jetzt gerne nachschauen –, dass sich alle Ministerinnen und Minister der SPÖ Fragestunden gestellt haben. Legendär waren alleine die Fragestunden mit Herrn Minister Hundstorfer – Kollege Him­mer nickt –, das war ein Highlight des Parlamentarismus. (Bundesrat Himmer: Er war ausführlich!) – Die waren ausführlich und ein Highlight, das muss man da­zusagen. Das soll nur zeigen, dass SPÖ-Ministerinnen und -Minister nie Angst
vor Fragestunden hatten, weil sie profunde Kenner und Kennerinnen ihrer Mate­rie waren. Das ist nämlich möglicherweise einer der Gründe.

Wenn wir aber zur heutigen Aktuellen Stunde gehen: Zum Thema, das man uns vorgeschlagen hat, muss ich kurz in Erinnerung rufen – ich glaube, es war un­ter Präsident Buchmann –, dass wir das Thema der europäischen Jugend und das


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Jahr der Jugend hier als eigene Enquete abgewickelt haben. Warum wir das heute in einer Aktuellen Stunde machen müssen, wo wir zu diesem Thema eine ganze Enquete hatten – es gibt sie sogar, für jene, die nicht dabei waren, broschiert zum Nachlesen –, erschließt sich mir nicht. Da haben wir im Bundes­rat etwas Großartiges gemacht. Ich danke Herrn Buchmann, aber möglicherweise war der ÖVP der Vorsitz des Herrn Buchmann zu wenig in die­ser Frage. Anders kann ich mir nicht vorstellen, dass wir das heute noch ein­mal hätten wiederholen sollen.

Ich teile durchaus die Meinung, dass es einfach brennende Fragen gibt, die einer Aktuellen Stunde hätten unterworfen werden sollen. Die Teuerung – Kollege Steiner, da sind wir ganz bei Ihnen – ist eine Frage, die die Menschen, die Fami­lien in Österreich tagtäglich beschäftigt; und wenn die Inflation ihnen die letzten Euros dahinrafft, dann ist das eine wirkliche Frage einer Aktuellen Stun­de, die es hier zu diskutieren gibt. Das verweigern Sie heute.

Jetzt versuchen Sie mit irgendwelchen historischen, sehr – würde ich einmal sa­gen – schabernackartigen Argumenten hier - - (Heiterkeit des Bundesrates Ba­der. – Ruf bei der ÖVP: Tatsachen!)  Tatsache ist, dass sich hier immer Minister und Ministerinnen ihrer Verantwortung gestellt haben, dass niemand Angst vor einer Fragestunde hatte, wie es offensichtlich in den ÖVP-Ministerien eine kursierende Krankheit ist. Das ist die Tatsache, nur das vergisst Herr Bader. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

9.25


Präsidentin Korinna Schumann: Im Sinne des Antrages von Bundesrat Steiner gemäß § 49 Abs. 3 der Geschäftsordnung ist vorgesehen, eine Debatte über den Antrag zur Geschäftsordnung durchzuführen.

Ich lasse sogleich über diesen Vorschlag, eine Debatte durchzuführen, abstimmen und bitte jene Mitglieder des Bundesrates, die diesem Vorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Minderheit. Der Vor­schlag ist somit abgelehnt. Es findet keine Debatte statt. (Bundesrat Steiner – die


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Hand hebend –: Zur Geschäftsordnung! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Ein Wahnsinn! Nicht einmal diskutieren! Das ist ein Parlament! – Bundesrat Preineder: Und da entscheidet die Mehrheit!)

Bitte, Herr Bundesrat Steiner.


9.25.40

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol) (zur Geschäftsbehandlung): Das ist so was von bezeichnend. Zur Erinnerung: Ihr seid Mitglieder des Bundesrates! Ihr seid nicht, wie Karl Bader fälschlicherweise vermutet, das Sprachrohr der Regierung. Ihr seid Mitglieder des Bundesrates (Bundesrat Buchmann: Was hat das mit der Geschäftsordnung zu tun?) und ihr müsst euch doch für die Interessen des Bundesrates und für die Interessen Österreichs einsetzen, ver­dammt noch einmal! Das ist ja unglaublich. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Frau Präsidentin, nach diesem Skandal (Bundesrätin Kaltenegger: Wortwahl!) und dieser nicht möglichen Durchführung einer Debatte über derart wichtige Themen stelle ich jetzt den Antrag auf Sitzungsunterbrechung und Stehpräsi­diale.

9.26


Präsidentin Korinna Schumann: Gut. Wir nehmen die Anregung auf. Die Sitzung wird kurz für eine Stehpräsidiale unterbrochen.

09.26.38*****

(Die Sitzung wird um 9.26 Uhr unterbrochen und um 9.32 Uhr wieder aufge­nommen.)

09.32.00*****

Präsidentin Korinna Schumann: Ich nehme die Sitzung wieder auf.

Ich darf bekannt geben, dass versucht wird, ein Mitglied der Bundesregierung zu einem aktuellen Bericht in den Bundesrat zu bitten. (Bundesrat Steiner: Zu einer


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Erklärung!) – Zu einer aktuellen Erklärung, ja. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Das heißt was? – Bundesrat Steiner: Frau Tanner wäre ja da, die könnte das überneh­men, die hat sich ja aufgedrängt, quasi!)

Wir fahren mit der Sitzung fort.

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Korinna Schumann: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatten über die Tagesordnungspunkte 3 bis 10
und 12 bis 14 jeweils unter einem zu verhandeln.

Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Das ist nicht der Fall.

09.33.031. Punkt

Wahl eines/einer 1. Ordners/-in für den Rest des 2. Halbjahres 2022


Präsidentin Korinna Schumann: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Wir kommen zur Wahl eines 1. Ordners beziehungsweise einer 1. Ordnerin.

Es liegt mir der Vorschlag vor, das Mitglied des Bundesrates Klara Neurauter für den Rest des zweiten Halbjahres 2022 zur Ordnerin des Bundesrates zu wählen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Wahlvorschlag ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Wahlvorschlag ist somit angenommen.

Ich frage die Gewählte, ob sie die Wahl annimmt.

*****

(Bundesrätin Klara Neurauter nimmt die Wahl an.)

*****


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Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

09.33.542. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Zukunftsfonds-Gesetz, das Tabaksteuergesetz 2022, das Tabakmonopolgesetz 1996, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungs­gesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das KMU-Förderungsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesge­setz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts (SchDigiG) erlas­sen wird, das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das Bundes­museen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzie­rung für selbständige Künstlerinnen und Künstler und das Umweltförderungsgesetz geändert sowie ein Bundesgesetz über die Gewäh­rung eines Zuschusses an das Land Steiermark zur Sanierung der Grazer Burg, ein Kommunalinvestitionsgesetz 2023, ein Bundesgesetz über einen pau­schalen Kostenersatz des Bundes an die Länder für Aufwendungen im Zusammenhang mit § 58c des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 und ein Lan­desverteidigungs-Finanzierungsgesetz erlassen werden (Budgetbegleit­gesetz 2023 – BBG 2023) (1744 d.B. und 1776 d.B. sowie 11104/BR d.B. und 11116/BR d.B.)


Präsidentin Korinna Schumann: Wir gelangen nun zum 2. Tagesordnungspunkt.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mag. Franz Ebner. – Ich bitte um den Bericht.


9.34.11

Berichterstatter Mag. Franz Ebner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich bringe
den Bericht über die Verhandlungen des Finanzausschusses über den Beschluss


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des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend das Budgetbegleitge­setz 2023. Die Information, welche Gesetze hier genau enthalten sind, sowie der vollständige Bericht liegen Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.


Präsidentin Korinna Schumann: Vielen Dank für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Bettina Lancaster. – Bitte, Frau Bun­desrätin.


9.35.12

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Vorab sei gesagt: Viele Gesetzesmaterien mit einer Abstim­mung zu erledigen, daran wird von den Regierungsparteien festgehalten. Ein Teilabstimmungsrecht kommt in dieser Konstellation mit den Regierungs­fraktionen nicht zustande – schade. Konstruktiv ist das nicht.

Beim gegenwärtigen Tagesordnungspunkt könnte die Sozialdemokratie etlichen Punkten ihre Zustimmung geben. Beim Gesamtpaket geht sich das jedoch nicht aus. Das ist nicht das erste Mal so und es schmerzt. Vielleicht lassen sich die Regierungsparteien doch noch zu einer Teilabstimmung bewegen. Es ist nie zu spät, dazuzulernen, es sei denn, es ist Teil des parteitaktischen Regierungsstils. Das konstruktive Miteinander von Regierung und Oppositions­parteien wird ohnehin nicht angestrebt. (Bundesrat Preineder: Ja fragen Sie einmal den Kai Jan Krainer im U-Ausschuss!)

Aber jetzt zum Thema: Mein Schwerpunkt liegt bei den Kommunen. Auch die Gemeinden und Städte erleiden eine der größten Teuerungswellen. Die


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kommunale Budgeterstellung 2023 stellt sich als äußerst schwierig dar. Energie, Personal, Instandhaltung, Erhalt der Einsatzbereitschaft der Freiwilligen Feuerwehren, Schneeräumung und so weiter, alles kostet mehr. Die Zeichen deuten darauf hin, dass es viel mehr Gemeinden geben wird, die ihren Haushalt nicht ausgleichen können.

In meinem Bundesland Oberösterreich wird man dann als Härteausgleichsge­meinde geführt. Strenge Kriterien müssen erfüllt werden, um Ausgleichsmittel zu erhalten. Bürgermeisterinnen und Bürgermeister werden dabei angehalten, gerade im Bereich der freiwilligen Ausgaben stark einzusparen. Trinkwasserver­sorgung, Abwasserentsorgung, Müllentsorgung, aber auch Kindergarten­busbegleitung, Essen auf Rädern sind verpflichtend kostendeckend zu führen. Die Verlässlichkeit der öffentlichen Infrastruktur leidet stark, und die Bürger:innen bekommen es nicht nur über höhere Gebühren und Tarife zu spü­ren, sondern manche Angebote im Ermessensbereich werden einfach rück­gebaut. Das Hallenbad reduziert die Öffnungszeiten, und der Eislaufplatz bleibt geschlossen. Der Sportverein wird kräftig für die Turnsaalbenützung zur Kasse gebeten. Genau da beginnt die Lebensqualität, das Wohlbefinden und die Si­cherheit in unseren Dörfern und Städten zu bröckeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Als Kommunalpolitikerin bekenne ich mich zu einer für den Bürger, die Bürgerin leistbaren öffentlichen Daseinsvorsorge für alle. Dazu zählen neben Trink­wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Krabbelstuben und Kindergärten auch Freizeitangebote. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele dazu aus meiner Heimat­gemeinde, einer strukturschwachen Landgemeinde im Härteausgleich: Die Be­gleitung im Kindergartenbus muss kostendeckend geführt werden. Un­günstige Bestandssiedlungsstrukturen führen dazu, dass alleine für die Beglei­tung mindestens 35 Euro pro Kind pro Monat verrechnet werden müssen. Ich sehe jetzt schon ein erhöhtes Verkehrsaufkommen vor dem Kindergarten. Neben Sicherheitsrisiken kommen auch noch umweltschädliches Verhalten und gestresste Eltern dazu.


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Zweitens: Auch bei uns gibt es ältere Menschen, die mit Unterstützung noch ein selbstbestimmtes Leben im Ort führen können. Zur Unterstützung würde Essen auf Rädern zählen. Nun gibt es in meiner Gemeinde keinen Gastrobetrieb, der bereit ist, Essen zu kochen und zuzustellen.

Es muss von der 11 Kilometer entfernten Nachbargemeinde bezogen werden, das ist eine 11-Kilometer-Leerfahrt, die die Endkunden selbst zahlen müs­sen, denn meine Gemeinde darf aufgrund der Kriterien für Härteausgleichsge­meinden keinen Beitrag zu den Fahrten leisten. Das heißt, das Leben in meiner Gemeinde ist im Alter ziemlich teuer. Gerade für alleinstehende Frauen, die Ausgleichszahlungen beziehen, ist das Leben im ländlichen Raum kaum leistbar.

Das, was jetzt passiert, ist ein Rückschritt. Die Regierung riskiert den Be­stand der funktionierenden Daseinsvorsorge in unseren Gemeinden. So gewinnt die Politik nicht das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger für den notwen­digen Wandel hin zu einem umweltfreundlicheren Lebensstil. Das Mitnehmen der Bevölkerung gründet auf Vertrauen, und dieser Regierung wird nicht vertraut.

Mit dem KIG 23 unterstützen Sie keine Bürgerin und keinen Bürger bei den konkreten Herausforderungen im Budgetjahr 2023, im Gegenteil, die Menschen werden in finanziell schwierigen Zeiten auch vom Staat, von den Gemeinden
und Städten mit höheren Gebühren und Tarifen bedacht. Die Gemeinden kön­nen gar nicht anders, da sie vom Bund bei der Bewältigung der Folgen der Teuerung einfach sitzen gelassen werden. Das ist nicht verantwortungsvoll gegenüber den in Österreich lebenden Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich frage mich: Warum gibt es für die Kommunen keinen Strompreisdeckel beziehungsweise Energiepreisdeckel? Warum werden die Gemeinden nicht di­rekt bei der Erbringung der so wichtigen Daseinsvorsorge unterstützt? Wa­rum wehrt sich die Regierung so vehement, die Liquidität und damit die Auto­nomie der Gemeinden und Städte zu stützen?


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Ja, Sie mögen meinen, dass 500 Millionen Euro aus den KIG-2023-Mitteln, die in die Fotovoltaik, LED-Straßenbeleuchtung und so weiter investiert werden, genau diesen Ausgleich schaffen. Das stimmt nur begrenzt, es gibt nämlich Über­gangszeiten. Wir investieren, um in der Zukunft den hohen Energiekosten und der Abhängigkeit entgegenwirken zu können. Das ist auch richtig und wich­tig, aber Projekte müssen kofinanziert werden, beauftragt werden, umge­setzt werden, bis das Einsparungspotenzial realisiert werden kann. Bis die in Be­trieb sind, dauert es – grob geschätzt – meistens circa ein Jahr, wenn nicht länger.

Es wird wieder Kommunen geben, die aufgrund der schlechten finanziellen Ausstattung die Mittel gar nicht in Anspruch nehmen können, da sie die
50-prozentige Kofinanzierung nicht realisieren können. Diese Kommunen wer­den weiter abgehängt, meist sind das die strukturschwachen im ländlichen
Raum. Das Herz der Regierungsparteien schlägt beim Handeln nicht für den strukturschwachen ländlichen Raum. Das muss ich noch einmal festhalten. (Bundesrat Buchmann: Na wirklich? Ruf bei der ÖVP: Na geh!)

Die zweiten 500 Millionen Euro des KIG 2023 sollen ja sehr breit über kommunale Investitionsprojekte gestreut werden. Auch da muss wieder mit 50 Prozent kofinanziert werden. In welchem Ausmaß dies gelingen kann,
wird sich zeigen, denn die Rücklagen in den Kassen der meisten Gemeinden sind weg. Die Gemeinde als regionaler Wirtschaftsmotor ist der Regierung etwas wert, das passt auch so. Eine leistbare, funktionierende Daseinsvorsorge im Jahr 2023 sollte der Regierung aber auch etwas wert sein. – Danke. (Beifall
bei der SPÖ.)

9.44


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Eduard Köck. – Bitte, Herr Bundesrat.



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9.44.12

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! (Bundesrat Schennach: Präsidentin!) – Sehr geehrte Frau Präsidentin, genau! (Bundesrat Schennach: Danke!) – Sehr geehrte Frau Minister! Sehr
geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Nun, wir leben in einer unsicheren Zeit, die Regierung hat große Verantwortung, und mit diesen Budgetbegleitgesetzen nimmt sie diese Verantwortung auch wahr. Sie garantiert damit Sicherheit und Stabilität für die Zukunft. (Heiterkeit der Bundesrä­tin Schartel.)

Das ist ein sehr gutes Unterfangen, welches da ausgebreitet wird. Ich möchte
hier nicht auf alle Dinge eingehen, es werden ja sehr viele Dinge auch verlängert, wie der NPO-Fonds, der natürlich sehr wichtig für unsere Freiwilligen ist,
die Basisfinanzierung für die Bundestheater und -museen, die Förderung für die Dekarbonisierung der Fernwärme, die ganz, ganz wichtig ist, und viele andere Dinge, wie zum Beispiel die Umstellung der Heizsysteme (Zwischenruf der Bun­desrätin Schartel), die noch immer wichtig ist und die ja sehr sozial gestaltet worden ist, dass man, wenn man wenig verdient, 100 Prozent der Kosten für die Umstellung auf ein ökologisches System ersetzt bekommt.

So etwas hat es überhaupt noch nicht gegeben, leider auch nicht in jenen Zeiten, in denen die Sozialdemokratie regiert hat. Da kann man, glaube ich, schon applaudieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Appé: Ihr wart ja nie da­bei! Bundesrätin Hahn: Wie lange habt ihr den Finanzminister gehabt?  Bun­desrätin Grimling: Na, Sie waren ja nie dabei! Nie!)

Eine weitere wichtige Maßnahme dieses Budgetbegleitgesetzes ist die Heeresfinanzierung (Bundesrätin Schartel: Heeresfinanzierung ...!), sie ist ein Meilenstein in der österreichischen Budgetpolitik. Es werden damit für
die nächsten Jahre 5,5 Milliarden Euro sichergestellt.

Ich möchte nur darauf hinweisen, was die Vorgänger dieser Ministerin so geleistet haben: Wir erinnern uns, dass ein Minister aus dem Burgenland, der


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zuvor Zivildiener war, das Heer abmontieren wollte. Sein Nachfolger hat
alles verkauft. (Bundesrat Spanring: Ihr habt den Finanzminister gestellt und habt brav mitgemacht!) Es gab Assistenzeinsätze während Krisen, bei denen
nicht einmal mehr eine Feldküche vorhanden war. Dann ist Kunasek gekommen, den sein Nachfolger Starlinger hier in einer Sitzung „zerlegt“ hat (Zwischen­rufe bei der FPÖ), weil es da nur mehr um Postenbesetzungen und darum gegan­gen ist (Bundesrat Spanring: Lächerlich!), dass in den Kasernen die Bilder des Generalsekretärs aus dem Ministerium aufgehängt werden mussten. (Ruf bei der ÖVP: ... die Wahrheit! Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Mit diesem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz haben wir eine Benchmark gesetzt, und dazu muss ich wirklich sehr herzlich gratulieren, Frau Ministerin!
Sie haben gezeigt, dass Sie für die Sicherheit der Österreicherinnen und Öster­reicher einstehen (Beifall bei der ÖVP), dass Sie für ein Budget kämpfen,
welches Sicherheit für die Zukunft des Heeres gibt und mit dem wir es auch wieder modernisieren können (Zwischenrufe bei der SPÖ) – in Sachen Technik, Cyberkriminalität und Cyberabwehrwaffen, was ja auch ganz, ganz wichtig ist.

Sogar der Präsident der Offiziersgesellschaft sagt, es geht darum, die Versäumnisse der Vergangenheit, vor allem bei Kunasek, aufzuarbeiten, alles wieder auf die Reihe zu bringen (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel) und
endlich einmal auch für das Heer ein richtig gutes Budget sicherzustellen.

Die dritte große Benchmark, die mit diesem Gesetz ganz einfach auch angegangen wird, ist die Unterstützung im Bereich der Pflegeausbildung. Da wird es in Zukunft ein Pflegestipendium geben: 600 Euro für jeden, der
sich bereit erklärt, in diesem Bereich zu arbeiten. Ich denke, auch das ist eine ganz wichtige Maßnahme. Uns werden in den nächsten zehn Jahren 70 000 Pflegekräfte abgehen (Bundesrätin Schartel: 100 000!), alleine aufgrund der demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft.

Die wird uns in allen Bereichen, in allen Berufsgruppen treffen, aber nirgends ist sie so sichtbar wie im Bereich der Pflege. Gerade deshalb müssen wir da


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einen Punkt setzen (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schartel), damit wir die Leute in diese Bereiche hineinbekommen. Genau das haben wir sehr,
sehr gut gemacht. Die ehemalige Sozialministerin aus der freiheitlichen Riege hätte das sicherlich nicht so gut hingebracht. (Zwischenruf der Bundesrä­tin Steiner-Wieser.)

Nun zu den Finanzierungen für die Gemeinden: Es ist richtig, es gibt das
vierte Gemeindeunterstützungspaket. Das ist genauso gut wie die drei, die davor vom Bund aufgelegt worden sind. Wir haben im letzten Jahr gespürt, dass
die Finanzen der Gemeinden sehr, sehr gut waren. Wir konnten irrsinnig gut in­vestieren und wir sind daher auch ein Treiber der Konjunktur gewesen.

Meine Vorrednerin hat hier ein sehr düsteres Bild der oberösterreichischen Gemeinden gezeichnet, und ich wundere mich, warum in Oberösterreich mehr als die Hälfte der Gemeinden Sanierungsgemeinden sind. (Bundesrat Schennach: Wer regiert dort?) In Niederösterreich gibt es ganz wenige Sanie­rungsgemeinden, und wenn, dann sind sie nur kurz in der Sanierung; sobald sie saniert sind, sind sie wieder im normalen Wirtschaftsgeschehen. Was ist los in Oberösterreich? Warum wird da – das muss ich einmal fragen – in den Gemeinden so schlecht gewirtschaftet? (Bundesrat Reisinger: Lan­deshauptmann Stelzer zum Beispiel ...! Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Sie haben das Beispiel von Essen auf Rädern gebracht. Ich sage Ihnen, wie das bei uns läuft: Bei uns, in meiner Gemeinde, fahren am Wochenende die Gemeinderäte – das gibt es nur in meiner Gemeinde (Bundesrat Spanring: Stimmt ja nicht ...!) – und unter der Woche Freiwillige. Deshalb ist es so, dass das
Essen auf Rädern bei uns, in einer ländlichen Gemeinde, noch immer sehr gut läuft. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie man sich vielleicht dort oder da
auch ein bisschen freiwillig engagieren kann, damit man die Gemeinde und vor allem die älteren Bürger in der Gemeinde unterstützt. Ich kann nur sagen,
dieses Förderinstrument für die Gemeinden ist einzigartig gut.


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500 Millionen Euro sind dafür sichergestellt, um unser Energiesystem ganz einfach in Richtung Unabhängigkeit und Eigenständigkeit zu transformieren. Das muss doch gerade jetzt in dieser Zeit das Wichtigste sein, das wir angehen müssen – wenn wir sehen, was um uns herum passiert und wie alle, von denen wir abhängig sind, letzten Endes mit unserer Abhängigkeit spielen. Deshalb
ist es so wichtig, dass 500 Millionen Euro bereitgestellt wurden, um ökologische Energiesysteme in den Gemeinden zu installieren. Damit unterstützen
wir unsere eigenen Firmen vor Ort und damit schaffen wir auch Arbeitsplätze.

Dieses Unterstützungsprogramm für Gemeinden wird ein Konjunkturtreiber für die nächsten Jahrzehnte sein. Deshalb ist es so gut, dass dieses Budgetbe­gleitgesetz so aufgestellt worden ist, wie es aufgestellt worden ist – ich kann nur gratulieren. Wir werden damit der österreichischen Wirtschaft helfen, wir werden damit Arbeitsplätze schaffen und wir werden damit den Gemeinden hel­fen. Zuletzt werden wir auch noch unsere Sicherheit gewährleisten, denn
wir sehen: Wir können uns nicht zurücklehnen und sagen, alle anderen sollen für unsere Verteidigung aufkommen. (Bundesrat Reisinger: Märchenstunde ist das heute! – Heiterkeit der Bundesrätin Grimling. Bundesrat Spanring: Unglaublich!) Wir müssen die Mittel dafür ganz einfach selbst aufstellen.

Danke noch einmal, Frau Minister, das haben Sie hervorragend gemacht! Danke auch an den Kollegen Finanzminister, der wirklich eine tolle Vorlage gemacht
hat! Ich bitte um Zustimmung zu dieser guten Gesetzesvorlage. (Beifall bei der ÖVP.)

9.51


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hübner. – Bitte, Herr Bundesrat.


9.51.45

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr
geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuhörer auf den Galerien, vor den Fernseh- oder Internetempfangsgeräten! Liebe Kollegen hier im Plenum!


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 61

Wenn Sie Kollegen Köck zugehört haben, dann haben Sie jetzt ein Lehrstück bekommen – eine Lehrstunde war es nicht, aber Lehr-10-Minuten –,
wie man alles, was in Österreich vorgeht, unter den Tisch reden kann, wie man durch Bedanken, durch Verbeugen, durch Loben und durch Zeigen, wie
schön alles ist, die Realität beiseite wischt und den Leuten den Eindruck gibt, in einer anderen Welt zu leben, lieber Kollege Köck, als der Welt, in der sie
selbst sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Kein einziges der Probleme, unter denen wir nicht nur leiden, sondern die
wie eine Bombe unter dem Sessel ticken, wird angesprochen. (Bundesrat Köck: Na, Wahnsinn! – Bundesrätin Zwazl: Scharf gestellt!) Ein kleines Beispiel – überlegen Sie einmal – ist die Pensionserhöhungsrunde: Wir haben derzeit eine Inflation von 12 Prozent. Das heißt, die Leute haben 12 Prozent der Real­kaufkraft ihrer Löhne und Pensionen verloren, 12 Prozent Inflation bedeuten 12 Prozent Reallohnsenkung. Wenn sie jetzt – und zwar in die Zukunft gesprochen – 7 Prozent Erhöhung bekommen, wurscht, ob bei Löhnen oder Pensionen, bedeutet das immer noch eine Realpensionssenkung von
5 Prozent, aber das nur unter der Bedingung, dass es ab sofort keine Inflation mehr gibt und Preisstabilität einsetzt.

Wenn man davon ausgeht, dass es nächstes Jahr – die Erhöhung gilt ja
für nächstes Jahr – wieder eine Inflation gibt, nehmen wir nur 5 Prozent an, dann werden aus den 5 Prozent Realpensionssenkung im Oktober 2023 bereits 10 Prozent. Das sind ja dramatische Entwicklungen und dramatische Zahlen. Da­rüber wird kein Wort verloren und es wird auch nicht gesagt, was man
dagegen tun könnte – nichts! (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) Ich habe nichts darüber gehört, dass Sie irgendwelche Maßnahmen unterstützen,
die diese Spirale bremsen – nichts!

Ich habe nichts davon gehört, dass Sie sagen, wir sind dabei, zum Beispiel das Meritordersystem, das unseren Strompreis an den Gaspreis bindet, zu zerschlagen – nichts! Das Maximum, das man da von der Regierung hört, ist: Wir werden eine Kommission bilden, wir überlegen das, wir haben mit den


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entsprechenden Stellen in der Europäischen Union bereits Kontakt aufgenom­men!, und so weiter und so fort.

Wundern, dass wir in Österreich vor einer Streikwelle bisher ungekannten Aus­maßes stehen, darf man sich nicht. Das Glück für die Mitarbeiter in den Betrieben und auch für die Pensionisten ist, dass die SPÖ nicht in der Bundes­regierung sitzt und daher die Gewerkschaften freie Hand haben, die For­derungen durchzusetzen. (Bundesrat Schennach: So geht Politik!) – Kollege Schen­nach, auch wenn man jetzt kein Arbeitskämpfer ist (Bundesrat Schennach:
Man muss Herrn Hübner zuhören, dann weiß man ...!):
Dass diese Inflations­entwicklung auf dem Rücken der arbeitenden Menschen ausgetragen wird und durch Reallohnsenkungen eingebremst wird, auf der anderen Front aber
nichts gemacht wird, das kann man auch als Nichtsozialdemokrat nur als einen Skandal ansehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die späte Einsicht, die die Sozialdemokratie dadurch immerhin hat, dass sie der Gewerkschaft nicht ins Ruder fällt und sie tun lässt, ist immerhin lobenswert. (Bundesrat Schennach: Ich unterstütze derzeit die Vorgangsweise der Gewerk­schaft!  Ist das richtig?) – Das ist aber nur eines der Dinge.

Wir stehen davor, dass wir bis heute 90 000 – mittlerweile bereits über 90 000 – illegale Zuwanderer aus dem Titel Asylwerber in Österreich haben. (Bundesrätin Hahn: Wurscht, um was es geht, Hauptsache ... Asylwerber!)
Wir gehen davon aus – da gibt es unterschiedliche Einschätzungen –, dass uns ein Asylwerber pro Monat zwischen 2 000 und 3 000 Euro kostet – das
sind aber Untergrenzen. Da ist alles einberechnet: Unterstützungen, Rechtskos­ten, Beratungskosten und so weiter. Bei 90 000 zusätzlichen Asylwerbern bedeutet das etwa 3 Milliarden Euro im Jahr. 3 Milliarden Euro werden im Jahr dafür ausgegeben, dass wir uns Probleme ohne Ende ins Land holen. Damit verschärfen wir die Situation – die jetzt schon an vielen Schulen, in vielen Wohn­gebieten, in sicherheitspolitischen Dingen, im Haftvollzug, im Strafvollzug un­erträglich ist – weiter. Dafür nehmen wir weitere 3 Milliarden Euro in die Hand.


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Sie haben stillschweigend – Kollegin Tanner, Sie haben es nicht gemacht, aber
Ihre Kollegin Gewessler – auch sichergestellt, dass der Klimabonus rückwirkend für das Jahr 2022 an alle Leute ausgezahlt wird, die sich insgesamt sechs
Monate in Österreich aufgehalten haben. Was wir da tun, ist also nicht nur, nichts zu tun, sondern die Zuwanderung nach Österreich weiter anzuheizen.
Dass daran keine internationalen Leute schuld sind, dass wir keine EU brauchen oder dass wir mit Orbán reden oder nach Serbien reisen müssen, das ist ja
klar, wenn Sie sich die europäischen Statistiken anschauen. Es gibt ja kein Land, nicht annähernd ein Land, das pro Kopf so viele Asylwerber hat wie Öster­reich. Wir stehen in absoluten Zahlen schon ganz oben.

Mit bisher 90 000 Anträgen haben wir fast halb so viele Asylwerber, wie ganz Deutschland bisher aufgenommen hat, und Deutschland hat zehnmal so
viele Einwohner. Das heißt, pro Kopf haben wir mittlerweile fünfmal so viele illegale Einwanderer, sprich Asylwerber, wie Deutschland. Das ist doch
eine Situation, die verheerend ist! Da kann man ja nicht davon reden, dass man zur Entlastung ein Klimabonusgesetz gemacht oder die Gemeinden unter­stützt hat und alles andere super ist, alles andere rosig ist und es keine anderen Probleme gibt. Wir haben riesige, riesige Probleme.

Gott sei Dank hat Kollege Steiner, unser Fraktionsführer, die Initiative ergriffen und dieser Verweigerung einen Riegel vorgeschoben. Er hat gesagt, es muss doch möglich sein, dass man über diese aktuellen, drängenden Probleme hier im Plenum des Bundesrates spricht. Das muss doch möglich sein! Ich bin ge­spannt, ob es möglich ist, ob sich jemand von der Bundesregierung herablässt, darüber zu sprechen, oder ob wir darauf beschränkt werden, über die Dinge, die uns da mit der Tagesordnung vorgelegt werden, zu reden.

Das Paket, das wir unter Tagesordnungspunkt 2 verhandeln, also dieses Budget­begleitgesetz, beinhaltet viele Dinge. Manche sind gut, manche sind weniger gut, manche sind irrelevant. Da sind zum Beispiel Dinge drinnen, die nicht unbe-


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dingt die Krise bekämpfen, Kollege Köck. Wir haben zum Beispiel die Erhö­hung der Basisförderung für die Bundestheater um fast 11 Millionen Euro – von 175 auf 186 Millionen Euro – drinnen. Da kann man sagen, gut, wir machen etwas für die Kunst.

Was heißt Basisförderung? – Das ist der Grundbetrag, den diese Betriebe
im Jahr an Defizit haben können. Das ist die Basisförderung, die sie kriegen, das ist einmal die Nulllinie. Aufbauend auf diese 186 Millionen Euro ist dann zu schauen, wie viel Defizit sie wirklich machen, dafür kriegen sie dann einen Nach­schub.

Sind das Dinge, die im Interesse der Bevölkerung sind, dass irgendwelche Selbstverwirklicher am Burgtheater oder am Akademietheater dem Publikum den Spiegel vorhalten, der bürgerlichen Gesellschaft die Maske vom
Gesicht reißen oder Denkanstöße zum kritischen Hinterfragen unserer Gesell­schaftsordnung geben können?! Das ist ja das Standardprogramm und die Standardaussage der Intendanten, Direktoren und Regisseure. Ob man unbe­dingt eine Erhöhung der Basisförderung um 11 Millionen Euro gewährleis­ten muss, um weiterhin halb leere Theater zu erhalten, weiß ich nicht, aber das ist die von Ihnen bejubelte Antwort auf die Krise.

Es gibt noch viele solche Sachen. Wir verlängern zum Beispiel auch den Zukunftsfonds. Zukunftsfonds, das klingt ja gut; wenn man aber schaut, was der Zukunftsfonds tut, sieht man, der beschäftigt sich im Wesentlichen mit dem Gedenken und der Erforschung des Unrechts des NS-Systems. Das mag
ja alles wichtig sein, aber ist das eine Zukunftsansage, dass wir uns dem Geden­ken und der Erforschung von Dingen, die vor über 75 Jahren passiert sind, vermehrt widmen und einen Fonds – der als verzehrender Fonds gedacht war, der 20 Millionen Euro gehabt hat und längst aus sein sollte – ständig wieder verlängern und da ständig wieder Geld hineinwerfen? – Ich glaube nicht.

Beim Staatsbürgerschaftsgesetz geht es um erleichterten Zugang für irgendwelche Opfergruppen, da muss Geld an die Bundesländer ausgeschüttet


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werden. Das ist in Ordnung – wenn die Bundesländer dadurch mehr Arbeit haben, dann sollen sie das bekommen –, aber all das hat mit Zukunft, Kri­senbewältigung und dergleichen aber schon rein gar nichts zu tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Letztes vielleicht noch, bevor ich zu unserem Antrag komme, die Schiene Österreich/Europäische Union – wir haben es hier ja eh schon ein-, zweimal zur Sprache gebracht –: Was da auf europäischer Ebene im Sinne der Umgehung
der geltenden vertraglichen Bestimmungen und der Umgehung des von allen Ländern gebilligten EU-Haushalts abgeht, ist ja einzigartig. Die Europäische Kommission hat ja schon im Jahr 2020 den Trick aller Tricks ausgegraben und den EU-Zukunftsfonds Next Generation EU geschaffen – das steckt alles
da drinnen –; sie hat aus dem Nichts 750 Milliarden Euro geschaffen, ihr eigenes Jahresbudget mehr als vervierfacht, ohne in den Verträgen eine Deckung
zu haben.

Das Geld wurde auf den sogenannten Kapitalmärkten ausgeborgt, sprich es wurden Schulden bei Banken und anderen Finanzinstitutionen aufgenommen, besichert ist das mit den künftigen Einnahmen der EU. In Österreich sagen
vom Finanzminister aufwärts alle: Ja, das ist eine gute Idee, da hat Österreich überhaupt keine Belastung, das ist ja nur die Kommission, die das Geld aufnimmt, und wir kriegen sogar 3,1 Milliarden Euro von der Kommission!

Ja wer ist denn die Kommission? Wer steht denn hinter der Kommission? Ist
das das Königreich Saudi-Arabien oder ist es Indonesien oder Putin? – Nein, es sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union! Wir haften für alles, was
da ausgegeben und aufgenommen wird, mit circa 2,8 Prozent mit, das heißt, un­ser Haftungsanteil beträgt 23 Milliarden Euro. Der Anteil, den wir einmal
zahlen müssen, sei es durch Einzahlungen, durch Leistungskürzungen oder was auch immer, beträgt 23 Milliarden Euro – 23 Milliarden, ein Federstrich!
Von diesen 23 Milliarden Euro kriegen wir 3,1 Milliarden Euro zurück, und da­rüber freuen wir uns.


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23 Milliarden Euro ist der Anteil, den Österreich da einzahlt, nur nicht jetzt, sondern irgendwann später, und 3,1 Milliarden Euro kriegen wir vielleicht zurück, wenn wir alle Förderungen - - (Bundesrat Köck: So ein Blödsinn!) – Was heißt „So ein Blödsinn!“, Kollege Köck? Haben Sie es gelesen? 750 Milliar­den Euro: Wenn Sie die Kosten dazunehmen, ist dieser Fonds 810 Milliarden Euro wert. (Bundesrat Köck: Ist eine Haftung, aber keine Zahlung!) Wenn Sie 2,8 Prozent von 750 oder 810 Milliarden Euro nehmen: Sagen Sie mir, was da der große Unterschied ist! Also ja, Mathematik bleibt Mathematik, und 2,8 Prozent von 750 oder 800 Milliarden Euro bleiben einfach mehr als 20 Mil­liarden Euro. (Beifall bei der FPÖ.)

„So ein Blödsinn!“ – diese Aussage reicht vielleicht dafür, sich wie Ihre Minister oder Ihre Co-Abgeordneten vor einer Debatte zu drücken. (Bundesrat Köck: Stimmt ja alles nicht!) Ja, das stimmt alles nicht! Das sind die Argumente, die ich so liebe: Stimmt ja alles nicht! (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)
Nein, stimmt ja nicht (Bundesrat Köck: Es stimmt nicht ...!), brauchen wir nicht zu debattieren, stimmt ja alles nicht! – Mit diesen Dingen, indem Sie wesentliche Dinge verschweigen, verharmlosen oder relativieren, verkaufen Sie die Leute für blöd.

Ja, ich werde es nicht vergessen, Kollege (Bundesrat Köck: Die ganze Rede ist zu vergessen!), und Sie werden es wahrscheinlich nicht einmal zur Kenntnis genommen haben, weil Sie sich mit diesen Fragen überhaupt nicht beschäfti­gen – aus Selbstschutz, um das Gewissen reinzuhalten. Hier zu sitzen und zu sagen: stimmt nicht, stimmt nicht!, etwas am besten gar nicht zur Kenntnis zu nehmen, eine innere Sperre zu machen (Bundesrat Köck: Ihr macht es, ihr macht es wirklich!) und Dinge, die nicht behagen und wegen derer man sich mor­gens nicht in den Spiegel schauen kann, überhaupt nicht reinzulassen – das machen viele Abgeordnete der Regierungsfraktionen, das machen ja auch die Minister, das macht auch Minister Brunner. Sprechen Sie ihn auf das Ganze
an! Er wird Ihnen auch sagen: Na ja, das kann man nicht so sehen, das ist relativ!, und so, und dann wird es vorbei sein.


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Wir aber machen das nicht. Wir werden jetzt auch einen Entschließungsantrag einbringen, denn: Der Worte sind genug gewechselt, lasst uns nun Taten sehen!, wie es so schön heißt. Die Tat besteht nur darin, dass wir einen Antrag einbringen, mehr können wir als Opposition nicht tun. Wir werden uns wenigs­tens mit dem einen Superskandal beschäftigen, dass in einer Zeit, in der wir
mehr als 90 000 illegale Zuwanderer haben, in der die Asylantenflut über Öster­reich hereinbricht, die Ministerin – mit Deckung solcher Kollegen wie Kolle­gen Köck, der das alles mitträgt, weil er sagt: stimmt alles nicht, gibt es alles nicht, wollen wir alles nicht wissen! 
de facto einen rückwirkenden Klimabonus
für Asylwerber einführt, indem sie rückwirkend für das Jahr 2022 im Jahr 2023 noch diese 500 Euro an alle, die sich mehr als sechs Monate in Österreich aufgehalten haben, auszahlen lässt.

Wir werden auch das Thema ansprechen, dass man trotz der erwähnten Inflation und der verheerenden Auswirkungen, die das auf alle hat  die Dienstneh­mer, die Pensionisten, die Sparer, auf alle –, nicht einmal bereit ist, die absurde Klimaabgabe, die CO2-Abgabe, einzufrieren, auszusetzen, zurückzunehmen. Nichts dergleichen wird gemacht – nichts dergleichen! Aus ideologischen Grün­den müssen Dinge durchgezogen werden, sie können noch so absurd und schädlich sein, sie müssen bleiben. Bevor etwas gemacht wird, das die Lage des Volkes bessert, dem Interesse des Volkes entspricht, sagt man lieber: alles Blödsinn!

Wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zum rückwirkenden Klimabonus für Wirtschaftsmigranten und Schein­asylanten“

Der Bundesrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, um sowohl das Klimabonusgesetz als auch das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz umgehend außer Kraft zu setzen und insbesondere keinen rückwirkenden Klimabonus für Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten auszuzahlen.“

*****

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

10.06


Präsidentin Korinna Schumann: Der von den Bundesräten Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Nein zum rückwirkenden Klimabonus für Wirtschaftsmigranten und Schein­asylanten“ ist genügend unterstützt und steht demnach in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kittl. – Bitte, Frau Bundesrätin.


10.06.37

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Liebe Gäste hier und vor den Bildschirmen! Ich möchte auch auf ein
paar mit dem Budget im Zusammenhang stehende Gesetzesänderungen genauer eingehen, und zwar auf solche, die richtungsweisend und andererseits auch wichtige Antworten auf den aktuellen Bedarf in der Klima-, Energie- und Kosten­krise sind.

Ich beginne gleich bei den Kosten, und zwar bei der Verdoppelung der Geldmittel für das kommunale Investitionsprogramm 2023, das sogenannte Gemeindepaket drei.


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Krisen haben es an sich, dass Investitionen zurückgefahren werden. Aber nicht nur das, die hohen Energiepreise, wir wissen es, und damit die inflationsbe­dingt gestiegenen Kosten knabbern an den Gemeindefinanzen, wir haben es von Frau Lancaster auch schon gehört.

Daher und genau daher – das wissen wir, das beobachtet die Regierung, und sie tut etwas – wurde, wie schon die letzten Male angekündigt, ein drittes Ge­meindepaket geschnürt und auch gleich aufgestockt. Das zeigt genau – ganz im Gegensatz zu dem, was die SPÖ immer behauptet –, dass diese Ankündi­gungen eingehalten werden. (Ruf bei der SPÖ: Du verstehst es nicht!) Was bedeu­tet das? – Das bedeutet, dass man Vertrauen in das, was die Regierung macht und ankündigt, setzen kann. Wenn Sie das ein wenig unterstützen wür­den, gäbe es auch nicht so viel Unsicherheit in diesem Land. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Mehr als 1 Milliarde Euro wird für die Gemeinden zusätzlich in den nächsten Jahren für Investitionen bereitgestellt (Bundesrat Reisinger: Null Ahnung von Kommunen, null Ahnung!), 500 Millionen Euro davon für grüne Maßnahmen, das heißt, mit dem Fokus auf die Energiewende und für erneuerbare Energie und Energieeffizienzmaßnahmen. Weitere 500 Millionen Euro orientieren sich am kommunalen Investitionspaket 2020. Das kennen wir schon, da geht es
um die Infrastruktur der Gemeinden. Die Mittel können für den Bau und die Sa­nierung von Kindergärten, Schulen, Altenpflegeeinrichtungen, für die Attraktivierung von Ortskernen, den Bau von Fuß- und Radwegen, für den öf­fentlichen Verkehr, die E-Mobilität, Investitionen in die Kreislaufwirtschaft
und schließlich 
etwas Kleines, aber doch auch Wichtiges  für mehr Kinderbe­treuungsplätze in den Sommerferien verwendet werden.

Das Letzte erwähne ich deswegen, wir haben es auch gestern gehört, weil die Investition in Kinderbetreuungsplätze Auswirkungen auf die Familien­jahresplanung und damit auch auf die Entscheidung von  meistens  Frauen


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hat, ob sie Voll- oder Teilzeit arbeiten, und das ist extrem wichtig. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Diese Investitionen in Kinderbetreuungsplätze wurden auch schon mit den kommunalen Investitionsprogrammen 2017 und 2020 gefördert. Einmal wurden 50 Prozent dafür in Anspruch genommen, also beim KIP 2017, und einmal
30. Beim KIP 2020 flossen auch mehr als 25 Prozent der Zuschüsse in ökologi­sche Maßnahmen.

Im Gegensatz zu dem, was Frau Lancaster gesagt hat, werden strukturschwache Gemeinden und die Liquidität dort sehr wohl unterstützt – auch mit dem KIP 2020. Alles, was nicht in Anspruch genommen wurde – das wurde uns im Ausschuss auch gesagt –, fließt diesen strukturschwachen Gemeinden zu,
und das sind derzeit 40 Millionen Euro. (Bundesrat Reisinger: In ganz Österreich 40 Millionen!)

Ja, das ist aber nicht das Ende der Geschichte. Sie wissen, es kommt auch noch mehr: einige Milliarden Euro, die für - ‑ (Bundesrat Steiner: Wann? Wann? Wann? – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Warten Sie ein bisschen, ein bisschen Ge­duld! Sie verlangen auch immer ein bisschen Geduld, Herr Steiner. Hören
Sie zu und warten Sie ein bisschen! (Zwischenruf der Bundesrätin Gruber-Pruner.)

Einige Milliarden Euro werden nun für die Gemeindeinvestitionen ausgegeben. Das war 2017 und 2020 und ist auch in Zukunft gesehen ein sinnvoller
und eben zukunftsgerichteter Boost für die lokale Wirtschaft, für unsere Jugend, für die Senior:innen, für die Familien und für die Energiewende.

Mit dem KIP 2023 werden auch Energieausgaben gemeinnütziger Organisationen unterstützt. 5 Prozent der Zuschüsse, also 50 Millionen Euro, können die Gemeinden für gemeinnützige Vereine, also für deren Energieausgaben, ausgeben.

Da möchte ich ganz kurz – auch weil es im Antrag angeführt wurde – etwas zur ehrenamtlichen Arbeit sagen, also zu eben dem, was jetzt auch hinsichtlich


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der Energieausgaben unterstützt wird: Ehrenamtliche sind extrem wichtig und ein sozialer Pfeiler im Gemeindeleben. Mit ihnen werden Zusammenhalt
und Integration gefördert. Gerade in schwierigen Zeiten gibt Vereinsarbeit Halt, wenn man gemeinsam arbeitet, wenn man sich gemeinsam und gegenseitig unterstützt, aber auch wenn man ab und zu feiert.

Weitere 75 Millionen Euro – jetzt geht es auch um das, was wir zuerst gesagt haben – werden als Bedarfszuweisung den Gemeinden zur Verfügung
gestellt, eben wenn sie struktur- oder finanzschwach sind oder wenn es um Härtefälle geht. Es wird also sehr wohl darauf Bedacht genommen.

Wichtig ist auch die Zeit der Durchführung und der Antragstellung beim KIP 2023. Die Anträge können bis 2024, also volle zwei Jahre, gestellt werden, und die Durchführung hat vier Jahre, bis 2026, Zeit. Das ist genügend Zeit,
um auch den Bedarf zu eruieren, um zu planen, zu budgetieren, zu beschließen und auch die Aufträge zu vergeben. Ich hoffe, das ist auch für Wien – weil
das immer wieder moniert wird – genügend Planungssicherheit.

Wie für die vorangegangenen wird es auch für das KIP 2023 eine Evaluierung geben, wie der Einsatz und die Auswirkungen der Investitionen sein werden. Die vorherigen Zuschüsse haben nachweislich Investitionen angeregt – und
so wird es auch weiterhin sein.

Sie sind im Gegensatz zu dem, was Kollegin Lancaster von der SPÖ vorhin gesagt hat, sehr wohl sichtbar und greifbar für die Menschen vor Ort. Sie beeinflussen
ihr Leben und sie beeinflussen ihr Lebenswohlgefühl. Wenn sie klug und gemein­schaftsstärkend investiert werden, haben diese Geldmittel ein enormes Poten­zial, den Ort zu gestalten, dass er attraktiver wird, dass er lebendiger wird und dass aus diesen Schlafstädten, wie sie leider jetzt manchmal schon benannt werden müssen, wieder Lebensräume werden.


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Ansässige Firmen werden beauftragt. Damit wird die lokale Wirtschaft belebt, und es werden Arbeitsplätze vor Ort gesichert und geschaffen. Das ist ein wichtiger Effekt.

Mehr Arbeitsplätze vor Ort haben auch den Nebeneffekt – einen hoffentlich guten Nebeneffekt –, dass Wohn- und Arbeitsort nicht mehr Hunderte Ki­lometer voneinander entfernt liegen müssen und aufwendiges Pendeln, das Zeit und Geld kostet und vor allem das Klima belastet, vermieden werden kann.

Arbeiten und mehr Kinderbetreuung vor Ort haben das Potenzial, das Fami­lienmanagement zu verbessern und gerechter zu gestalten und die Gleichberechtigung hoffentlich ein Stückchen voranzutreiben. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Vor allem aber können die Gemeinden – und das ist uns Grünen natürlich wichtig – mit den Zuschüssen klimaschützende Maßnahmen setzen: 500 Mil­lionen Euro für grüne Maßnahmen. Das ist wichtig und dringlicher denn je.

Ich freue mich auch schon auf die klimaschützenden Maßnahmen und Investitionen in Wien, die gleichzeitig auch immer soziale Verbesserungen für Menschen mit wenig Einkommen sind. (Zwischenruf des Bundesrates Schen­nach.) Wenn Wien will, bekommt es knapp ein Viertel der Förderungen. Das sind 250 Millionen Euro. Damit kann es Kinderbetreuungsplätze und Schulen ausbauen. Es kann in Fotovoltaik und Geothermie investieren. (Bundesrat Schennach: Man kann alles! Alles!) Es kann Flächen entsiegeln, Radwege
bauen, den öffentlichen Verkehr stärken und die Fußgänger:inneninfrastruktur verbessern. (Bundesrat Reisinger: Da geht noch viel mehr! – Bundesrat Schen­nach: Na, da geht noch mehr!)

Ja, Sie können es sich aussuchen, was Sie machen, denn das sind alles Maßnahmen für mehr Gleichberechtigung im weitesten Sinn. Frauen nützen auch den öffentlichen Verkehr mehr, fahren weniger mit dem Auto.
Natürlich sind das auch Maßnahmen für mehr Klimaschutz.


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Damit komme ich ganz kurz – mein Kollege Gross wird es genauer ausführen – zum Umweltförderungsgesetz. Noch nie gab es so viel Geld für Umwelt-
und Klimaschutzförderung in der Wirtschaft und Industrie wie jetzt: 5 Milliarden Euro. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Diese 5 Milliarden Euro sind auch mehr als notwendig, denn wenn wir so weitermachen, ist unser CO2-Budget schon 2025, in drei Jahren, ausgeschöpft, obwohl wir seit 50 Jahren wissen, dass es die Klimakrise geben wird. Wir
haben sie aber noch nie so ernst genommen wie jetzt mit grüner Regierungsbe­teiligung.

Der Staat gibt mit diesen 5 Milliarden Euro den Anstoß, die Energiewende in Wirtschaft und Industrie gesichert bis 2030 umzusetzen. Damit erhalten
wir Arbeitsplätze und den Industriestandort. (Bundesrat Spanring: Da werden die Unternehmen florieren ...!)

Nun aber zu einem ganz anderen Thema – ich freue mich, dass die Frau Ministe­rin für Landesverteidigung da ist –: zur Erhöhung des Landesverteidigungs­budgets. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Auch das Budget für die Lan­desverteidigung wird um circa 5 Milliarden Euro, verteilt bis 2026, erhöht.
Die entscheidende Frage dabei ist aber, wofür das Geld ausgegeben wird, denn das muss sorgfältig abgewogen werden und es darf keinesfalls unüberlegt in ineffiziente Strukturen fließen. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Kriegstreiberei!) Vielmehr ist es sinnvoll, gezielt in besondere Bereiche zu investieren, wie
zum Beispiel in das Milizsystem oder wie schon angekündigt in die Resilienz der Streitkräfte, in Nachhaltigkeit, in Energieunabhängigkeit oder in die Vorbe­reitung – wir haben es in den letzten Tagen gehört – auf Großkatastrophen.

Um für Sicherheit und für Frieden zu sorgen, muss aber jedenfalls klar sein, dass der Einsatz des bewaffneten Militärs das letztmögliche Mittel ist. Als aktiv neutrales Land muss sich Österreich vor allem auf anderen Wegen bemühen, Si­cherheit und Frieden aufrechtzuerhalten, zum Beispiel durch Vermitt-


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lungsbemühungen, durch alternative Sicherheitskonzepte, durch Katastrophen­schutz, Cybersicherheit, Aufklärung im Bereich Desinformation, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit.

Aktive Friedenspolitik ist der Auftrag eines neutralen Staates. Dazu bedarf es auch einer guten Zusammenarbeit von Landesverteidigungs-, Innen- und Außenministerium mit genügend Ressourcen.

Im Zusammenhang mit der aktiven Friedenspolitik freue ich mich, dass der 2020 gegründete Zivile Friedensdienst, in dessen Rahmen Friedensfachkräfte zur Gewaltprävention und Friedensförderung in Krisengebiete geschickt werden, nun mit einem Pilotprojekt im Libanon startet, denn es ist nicht die militäri­sche Stärke, sondern es sind die friedenssichernden Maßnahmen auf allen poli­tischen Ebenen und in allen Institutionen, die für unser aller Sicherheit sorgen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Gestatten Sie mir abschließend noch ein paar Worte zur budgetären Unterstützung von Menschen mit Behinderung! Vor circa 30 Jahren gab es ein Werbeplakat mit einem Menschen im Rollstuhl, auf dem stand: Es kann
jedem passieren. Ein einziger Satz drückte damals sehr perfekt aus, dass wir alle betroffen sind, wenn es um Behinderung geht. Das Verrückte und das eigent­lich Unmenschliche dabei ist aber: Wir schließen Menschen mit Behinderung aus dem gesellschaftlichen Leben und im Endeffekt aus unserer Gemeinschaft aus. Wir wenden dieselben Ausschlussmechanismen an wie bei Menschen mit Migra­tionshintergrund – nur oft mit einem mitleidigen Blick –, aber wir vergessen
dabei immer, dass wir auch selbst betroffen sein können.

Gesellschaftlich ausgeschlossen zu sein ist eine der größten Strafen für dieses soziale Wesen Mensch. Daher dürfen wir es weder bei Menschen mit Behinderung noch bei anderen Menschen tun. Daher werden für 2023 und 2024 160 Millionen Euro für die Verbesserung der gesamtgesellschaftlichen und
der beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung zur Verfügung gestellt.


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Das ist gut und das ist sehr wichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Bundes­rät:innen der ÖVP.)

Diese Entlastungs- und Transformationspakete für Personen, Haushalte, Un­ternehmen und Gemeinden mit vielen, vielen Milliarden Euro für den Klimaschutz antworten auf die Energie- und die Klimakrise. Sie leiten die drin­gend notwendige Transformation ein und können eine Richtung zu einer inklusiven und gerechten sowie sozialen und ökologischen Zukunft vorgeben.

Diese Richtung sollten wir beibehalten und weiterhin dafür arbeiten. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

10.20


Präsidentin Korinna Schumann: Wir begrüßen Herrn Staatssekretär Tursky im Bundesrat. – Herzlich willkommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen
der Grünen. – Bundesrat Spanring – erheitert –: Auch schon gekommen, oder was?)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Arlamovsky. – Bitte, Herr Bundesrat.


10.20.26

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben mit dem Budgetbegleitgesetz ja wieder ein Sammelgesetz mit 22 Artikeln, über die wir auch nicht getrennt abstimmen können. Deswegen möchte ich auszugsweise kurz erläutern, welchen Gesetzesbeschlüssen – wären sie separat – ich eigentlich hätte zustimmen können und welche ich auf jeden Fall ablehnen würde.

Zu Artikel 2, Zukunftsfonds-Gesetz: Also im ausdrücklichen Gegensatz zur Position der Freiheitlichen oder des Kollegen Hübner finde ich es gut, dass
dieser Zukunftsfonds nicht endet, sondern weiterhin jährlich dotiert wird, weil diese Projekte tatsächlich Zukunftsprojekte sind.

Zu Artikel 3, Tabaksteuergesetz: Da spreche ich mich dagegen aus, weil das eine unstimmige Regierungsvorlage ist. Was auf jeden Fall fehlt, sind Überlegungen,


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was die Harm Reduction betrifft, also die Gefährdungs- oder Schädigungsreduk­tion, und was sehr stark fehlt, ist der Aspekt der Suchtprävention. Unter die­sem Aspekt würde nämlich nur eine deutliche Steuererhöhung etwas bringen. In Wirklichkeit wird bei diesem Gesetz die Steigerung der Tabaksteuer abge­flacht, es geht also genau in die entgegengesetzte Richtung.

Zum Kommunalinvestitionsgesetz: Das ist im Wesentlichen positiv, allerdings bleiben einige Fragen offen. Es ist gut, dass es einen Zweckzuschuss gibt
und dass Investitionen in Energieeffizienz, in den Umstieg auf Erneuerbare und zur Dekarbonisierung von Fernwärme- und Fernkältesystemen finanziert werden. Es sind also gezielte Mittel für eine Energietransformation, allerdings fehlen dazu noch detaillierte Richtlinien, und die Frage ist: Was passiert
mit den Gemeinden, die diese Umstellung bereits aus eigener Initiative jetzt schon gemacht haben?

Im Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, Artikel 8, sind auch positive und negative Teilaspekte drinnen. Positiv zum Beispiel: zusätzliches Geld für
die Pflegeausbildung und die Fortführung der Lehrlingsförderungen. Die Neufi­nanzierung erfolgt dann nicht durch den Bund, sondern durch den Insol­venzentgeltsicherungsfonds.

Große Probleme bestehen allerdings auf der einen Seite beim SWF-Fonds, der darin finanziert wird. Der ist intransparent. Allerdings gibt es weiterhin jähr­liche Mittel dafür.

Aus Sicht einer gesetzgebenden Körperschaft auch sehr schwierig: die Verord­nungsermächtigung, dass die Obergrenze des Kurzarbeitsförderungsgeset­zes nicht mit einer gesetzlichen Bestimmung erhöht werden könnte – falls man draufkommt, dass sie nicht ausreicht –, sondern dass eine Verordnungser­mächtigung erteilt wird, die es erlaubt, diese Fördergrenze vorbei am Gesetz­geber unbegrenzt zu erhöhen. Allein deswegen müsste man bereits da­gegenstimmen.


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Großer Sprung zu Artikel 15, Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts – das wird den Herrn Staatssekretär besonders in­teressieren –: Das ist ein sehr positiver Punkt. Dem würde ich auch alleine zu­stimmen.

Im Bundes-Jugendförderungsgesetz, im Bundesmuseen-Gesetz und im Bundestheaterorganisationsgesetz gibt es im Wesentlichen Valorisierungen. Wir fordern schon einige Zeit, dass diese Beträge regelmäßig valorisiert werden.
Jetzt werden sie zumindest einmalig erhöht, das ist ein Schritt in die richtige Rich­
tung. Besser wäre es natürlich, wenn das automatisch passieren würde.

Zum Umweltförderungsgesetz, Artikel 21: Positiv, weil es sinnvolle Investitionen sind, die allerdings in der Höhe noch unzureichend sind. Es sind auch noch offene Fragen, zum Beispiel ob es eine Bedarfsschätzung gab, wie es zu diesen 2,9 Milliarden Euro im Transformationsfonds kommt.

Jetzt schließlich zum wesentlichen Knackpunkt dieses Sammelgesetzes, weswegen auch die Frau Bundesministerin hier ist, zum Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz: Grundsätzlich halten wir eine längerfristige Finanzie­rung der Landesverteidigung für positiv, dieses Gesetz bringt das allerdings nicht auf die Reihe. In Wirklichkeit bekommen wir hier lediglich Zahlen prä­sentiert, wiewohl wir eigentlich Strategien bräuchten.

In den Erläuterungen zum Gesetz steht richtigerweise, dass es Sicherheit nur in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik gibt. Allerdings sagen
Sie, Frau Bundesministerin, praktisch bei jedem GSVP-Projekt, dass die Neutra­lität verhindert, dass wir uns daran beteiligen könnten. Solange wir keine Strategie haben, ist eine gesicherte Finanzierung ein Paradoxon. Wir sichern eine Finanzierung, allerdings bleibt offen, wofür.

Wir könnten einem Finanzierungsgesetz zustimmen, das es erlaubt, bereits beschlossene Beschaffungen über eine vom Beschaffungszeitraum vorgegebene


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Periode zu finanzieren – damit könnte man Großprojekte langfristig finan­zieren und garantieren –, aber einfach eine Regierung eines zukünftigen Natio­nalrats fünf Jahre in der Zukunft mit einer vorgegebenen Zahl zu belasten, ist undemokratisch.

Das österreichische Bundesheer kann seine Aufgaben wegen einer veralteten Doktrin, aber auch wegen zu vieler Aufgaben, die übernommen wurden und im Gegensatz zur Verfassung stehen, nicht erfüllen. Die Lösung wäre erstens
eine Kombination aus einer neuen Sicherheitsdoktrin im europäischen Verbund, zweitens eine Beendigung der verfassungswidrigen Assistenzeinsätze – Stichwort Pistenpräparierung am Hahnenkamm – und drittens eine Mitteler­höhung, angepasst an die neuen Aufgaben.

Es ist demokratiepolitisch bedenklich, dass zukünftige Regierungen bezie­hungsweise das Parlament heute durch ein Finanzierungsgesetz gebunden wer­den sollen, da das Budget von 2027 nicht heute festgelegt werden kann. Da müssen erst die Wählerinnen und Wähler darüber entscheiden. Wir würden Ja zu einem Gesetz sagen, das heute beschaffte Systeme über den Beschaf­fungszeitraum ausfinanzieren lässt, aber wir sagen Nein dazu, wenn eine Regie­rung heute einer möglicherweise völlig anders zusammengesetzten in fünf
Jahren Zahlen vorgeben will.

Es gibt ein zusätzliches Problem, das darin besteht, dass es Diskrepanzen zwischen dem Gesetzestext und den Erläuterungen gibt, zum Beispiel bei den Milizübungen und den Budgetzielen, die nicht im Gesetz stehen, sondern
nur in den Erläuterungen. Wir sind gegen eine Gesetzgebung auf diesem Weg durch die Hintertür. Wir sagen nicht Nein zu mehr Verteidigungsausgaben,
wir würden Ja sagen zu einem besseren Gesetz als diesem. – Danke. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

10.27


Präsidentin Korinna Schumann: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundes­ministerin Tanner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.



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10.27.22

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte und Damen und Herren, die uns zugeschaltet sind! Ich komme im­mer wieder sehr gerne in den Bundesrat, zuletzt auch, als wir zu einem ak­tuellen Thema, nämlich Blackout, eine Aktuelle Stunde abgehalten haben. Das war erst am 6. Oktober dieses Jahres. Ich möchte mich bei jedem und bei jeder von Ihnen bedanken, weil Sie alle dazu beigetragen haben, dass das Be­wusstsein in der Bevölkerung zu diesem Risiko gestiegen ist. Vielen, vielen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

Sicherheit ist nicht alles, aber ohne Sicherheit ist alles nichts. – Das ist schon vor dem Unvorstellbaren, das am 24. Februar passiert ist, das den Krieg wieder
auf unseren Kontinent zurückgebracht hat und das uns ob der furchtbaren Bil­der, die wir tagtäglich erleben müssen, sprachlos macht, erkannt worden.
Schon davor waren es auch Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren Bun­desräte, die es ermöglicht haben, dass das österreichische Bundesheer eine dreimalige Budgeterhöhung erhalten hat.

Mit diesem Budget, das jetzt auf den Beinen der Sicherheit in einem sehr umfassenden Sinne steht, schaffen wir eine gänzlich andere Möglichkeit und mit dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz tatsächlich etwas, das
so noch nicht da war: eine Planbarkeit für all die Beschaffungen, die notwendig sind, die selbstverständlich auf strategischen Überlegungen beruhen, die
auf einem Risikobild aufbauen, das nach dem Beginn des Krieges selbstver­ständlich auch adaptiert worden ist, was uns schon im nächsten Jahr
ermöglicht, 680 Millionen Euro zusätzlich zu investieren, und uns für die nächsten vier Jahre 16 Milliarden Euro für dringend notwendige Investitionen bietet.

Wo werden wir investieren? – Ich glaube, es ist immer wichtig, festzuhalten, dass wir mit dem Geld der Steuerzahler sorgsam umzugehen haben. Die


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drei Bereiche, in die wir investieren werden, sind zum einen der Schutz und die Wirkung unserer Soldatinnen und unserer Soldaten.

Der zweite Bereich ist der der Mobilität zu Luft und zu Lande. Ich freue mich wirklich sehr, dass wir schon dieses Jahr einen der neuen Hubschrauber in Nachfolge unserer Alouette III hier in Österreich begrüßen dürfen. Dem werden ja noch weitere folgen.

Der dritte Bereich ist der, über den wir auch in der letzten Aktuellen Stunde gesprochen haben, nämlich das Thema Blackout und im Zusammenhang damit das Auf-den-Vordermann-Bringen unserer Kaserneninfrastruktur, um
diese 100 Kasernen bis zum Jahr 2035 für zwei Wochen lang autark zu machen. Das ist der dritte wesentliche Bereich.

Daher bitte ich Sie, nicht so wie in der Vergangenheit einen Bereich der Sicher­heit über den anderen zu stellen, sondern die Sicherheit in einem umfas­senden Sinne zu sehen und auch daran mitzuwirken, sehr geehrte Damen und Herren, dass auch die Landesverteidigung in einem umfassenden Sinne ge­sehen wird. Sie darf nicht am Kasernenzaun enden. Nein, dort muss sie begin­nen: in jeder Familie, in jedem Unternehmen, in jedem Betrieb. Darum bitte
ich Sie im Interesse der Sicherheit von uns allen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

10.30


Präsidentin Korinna Schumann: Vielen Dank.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hirczy. – Bitte, Herr Bundesrat.


10.31.10

Bundesrat Bernhard Hirczy (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Wir diskutieren das Budgetbegleitgesetz und haben bereits unterschiedliche Facetten beleuchtet und die Standpunkte analysiert. Man


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muss dennoch festhalten: ein Begleitgesetz und dann auch ein Budget, das in ei­ner Zeit der Herausforderungen fixiert wird, über die wir vor einigen Jahren nicht nachzudenken wagten.

Ich bin 1982 geboren und kann mich noch an die Geräusche des damaligen Ju­goslawienkrieges 1991 am Grenzübergang Bonisdorf erinnern. Die Aus­wirkungen des derzeitigen Ukrainekrieges spüren wir nicht nur in Österreich, sondern auf der ganzen Welt, und ebenso auch die Nachwirkungen einer Coronapandemie und viele weitere Herausforderungen – denken wir an die Ökologisierung, denken wir an alle weiteren Bereiche.

Daher ist es nur positiv, dass diese Bundesregierung Maßnahmen setzt, die
für die Zukunft wirken. Da freut es mich – ich möchte es noch einmal wiederholen –, dass die Gemeindemilliarde umgesetzt wird – Geld, das in den Gemeinden sinnvoll verwendet wird. Dort entscheiden die Gemeinderäte,
dort entscheiden die Bürgermeister. Dieses Geld kommt dort an, wo wir es be­nötigen: in der Gemeinde vor Ort. Dementsprechend werden dort damit
auch Betriebe mit Aufträgen unterstützt.

Die Frau Bundesminister hat soeben über den Bereich der militärischen Landes­verteidigung gesprochen. Auch diesen Bereich möchte ich als Wehrsprecher
nur unterstreichen. Es tut gut, hier zu stehen, wenn man diesen Leistungsbericht hört, wenn man diese Zahlen sieht. Ja, es ist damit gelungen, das Heeres­budget mittel- und langfristig abzusichern und demnach Planungssicherheit zu haben. Ich darf auf ein Plus von 5,3 Milliarden Euro verweisen – eine groß­artige Leistung. Liebe Frau Bundesminister, ich darf dir dafür ein herzliches Dan­ke sagen und dir auch gratulieren, denn das ist aus meiner Sicht ein nachhal­tiges Budget für die nächsten Jahre.

Ebenso möchte ich auf einen Punkt verweisen, der auch schon angesprochen worden ist. Da geht es mir um die 100 Millionen Euro für die Trinkwas­serversorgungsanlagen. Auch da sehe ich einen wichtigen Schritt in die richtige


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Richtung, denn wir müssen nachhaltig denken. Wir müssen diese Infrastruk­tur ausbauen. Das ist aus meiner Sicht gerade in der jetzigen Zeit unbedingt not­wendig.

Man muss natürlich die Zahlen im Auge behalten. Da möchte ich noch auf weitere Aspekte verweisen: Es geht um Hilfen, es geht um Unterstützungen, die in allen Bereichen ankommen: Unterstützungen für die Menschen, Unter­stützungen für die Betriebe und auch für die Landwirtschaft.

Gleichzeitig setzt diese Regierung auch Schritte wie zum Beispiel die Absenkung der Steuerstufen – auch das ist für mich ein Meilenstein – von 42 auf 40 Prozent, von 35 auf 30 Prozent und von 25 auf 20 Prozent und ebenso die Abschaffung der kalten Progression. Auch da wird man langfristig die Aus­wirkungen spüren.

Ich möchte mich daher bei allen, die daran mitgewirkt haben, recht herzlich bedanken und sehe diesen Beschluss als notwendig und richtig an. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Kittl.)

10.34


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schen­nach. – Bitte, Herr Bundesrat.


10.34.25

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wir haben ein Budgetbegleitgesetz, das wieder einmal ein Sammelgesetz ist. Ich gebe zu: nicht 90, sondern nur über 20 Gesetze. Viele da­von hätten eigentlich ins ganz normale Budget hineingehört.

Ich erinnere nur an Jürgen Weiss und seine Initiativen im Rahmen des Bundesrates dahin gehend, dass man solche Sammelgesetze möglichst und tunlichst nicht vorgelegt bekommt, weil wir nur einmal für alle Gesetze abstimmen können. Ich kann mich erinnern, bei der letzten Diskussion darüber hat Kollege Gross gesagt, wir würden nur das Chaos wollen. Früher war


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das hier immer einstimmig, dass wir das nicht wollten. Jetzt scheint das eben an­ders zu sein.

Immerhin bin ich aber dankbar, denn im ursprünglichen Vorschlag war das Bud­getbegleitgesetz für eine gemeinsame Diskussion mit allen anderen Geset­zen bis zu Tagesordnungspunkt 10 vorgesehen. Ich habe damals ersucht, dann bitte wenigstens das Budgetbegleitgesetz als eigenen Punkt zu behandeln.

Ein Budgetbegleitgesetz kann man nicht ohne das Budget diskutieren. Man muss natürlich sagen: Dieses Budget, das hier mit der Mehrheit der Regierungs­fraktionen beschlossen wurde, gibt weder Antwort auf die explodierenden Energiepreise noch auf den Klimawandel, noch auf die Inflation, noch auf die auslaufenden Probleme der Pandemie. (Vizepräsident Hirczy über­nimmt den Vorsitz.)

Bestimmte Bereiche sind komplett übersehen worden. Ich verstehe nicht:
Man freut sich, man gratuliert, dass Österreich wieder einen Nobelpreisträger hat – aber man vergisst die Universitäten. Die Universitäten werden ausgehungert. Was können die Universitäten derzeit angesichts der dramati­schen Energiekosten und der Inflation tun? – Lehrpersonal nicht nachbe­setzen. Es ist einfach unerhört, dass man hier komplett auf die Universitäten vergisst. Die Lappalie, die der Herr Minister mit zusätzlichen 150 Millionen Euro angeboten hat, führt bei den Universitäten eigentlich nur zu Stirnrun­zeln darüber, wie das ein ehemaliger Rektor tun kann.

Wir können zusammenfassen: Dieses Budget ist nicht nachhaltig, es ist wenig wirksam, wo es wirksam sein sollte, und es ist in vielen Bereichen nicht durchdacht.

Zu Frau Kittls Märchenstunde hier: weder etwas zu den Übergewinnen noch etwas über die Überförderung in bestimmten Bereichen. Sie meint, man soll klug einsetzen – das, was man nicht hat. Ein toller Ratschlag für die Städte und Gemeinden. (Beifall bei der SPÖ.)


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Sie hat aber noch etwas dazu gesagt: Die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen sollen vor Ort gute Stimmung verbreiten. (Bundesrätin Kittl: Das habe ich nie gesagt!) – O ja, es wurde von guter Stimmung gesprochen. (Bundesrätin Kittl: Nein, das habe ich nicht gesagt! Schauen Sie nach! So ein Blödsinn! Schauen Sie
nach im Stenographischen Protokoll! Das habe ich sicher nicht gesagt! Ich weiß ja, was ich gesagt habe! – Bundesrat Tiefnig: Das ist nichts Negatives, wenn der Bürgermeister gute Stimmung verbreitet! – Bundesrat Preineder: Es kommt darauf an, welcher Bürgermeister ...! – Bundesrat Schwindsackl: Das stimmt! – Bun­desrat Spanring: Sie sind der Letzte, der gute ...!)

Gut, aber in einer Märchenstunde kann man vielleicht einmal darüber hinausgehen. Ich habe es mitgeschrieben, aber ich nehme zur Kenntnis: Frau Kittl will nicht, dass in den Städten und Gemeinden gute Stimmung ver­breitet wird. (Heiterkeit des Redners sowie bei SPÖ und FPÖ. – Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Kittl: Das ist schön, dass Sie immer Unterstellungen ...!) Frau Kittl will, dass die Wahrheit verbreitet wird. Und die Wahrheit für Städte und Gemein­den ist: keine gute Stimmung. Das haben wir jetzt mehr denn je mitbekom­men. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Kittl.)

Wir haben gestern hier eine beeindruckende Enquete gehabt. (Bundes­rat Schwindsackl: Ja, sehr!) Ja, ich hoffe, auch den Herrn Schwindsackl hat es beeindruckt. Er nickt. (Bundesrat Steiner: Ja, eine Gewerkschaftssitzung! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ja, hallo, guten Morgen! Wenn kommunale Dienstleistungen und die Daseinsvorsorge - - (Zwischenruf des Bundesrates Köck.)

Ich meine, die Gewerkschaft leistet derzeit sehr viel, was die Bekämpfung
der Inflation und der Senkung der Reallöhne betrifft. (Bundesrat Köck: Ja, die ÖBB, gell?) – Wollen wir bei der Bahn Einkommen von 1 300 Euro? – Das
scheint Herrn Köck zu gefallen. Uns gefällt das nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Bun­desrat Köck: Die gibt es ja nicht! Der Durchschnitt ist 3 300! 3 300 Euro Durch­schnittslohn! Frag einmal den Matthä! – Bundesrat Kornhäusl – in Richtung Redner –: Das ist ja dein Freund! – Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Tiefnig: Der hat


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keine Freunde!) Er hat auch eine andere Funktion. (Bundesrat Kornhäusl: Ah! Standort bestimmt den Standpunkt!) Ein Manager hat eine andere Funktion
als eine Gewerkschaft. (Zwischenrufe der Bundesräte Buchmann und Himmer.) Das ist vielleicht bei euch eine kleine Unschärfe, über die ihr nicht ganz drüber­kommt. (Bundesrat Buchmann: SPÖ-Mitglied ist er schon, oder?)

Es ist ganz, ganz wichtig, dass wir die Städte und Gemeinden dahin gehend absichern, dass genau das, was in einer solchen Krise das Allerallerwichtigste ist, nämlich die Daseinsvorsorge und die kommunale Selbstverwaltung, funktio­niert. Darauf haben wir hier an diesem Rednerpult schon so oft aufmerksam ge­macht, ob das in der Zeit der Pandemie war, ob das jetzt beim Budget war. Diese Regierung lässt die Gemeinden und die Städte einfach im Stich. Das ist eine Tatsache. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur: Im Unterschied zur Bundesregierung lassen die Städte und die Gemeinden ihre Bürger und Bürgerinnen nicht im Stich (Bundesrat Köck: Ah! Wir sollten
Wien und Wien Energie nicht mehr helfen! Das war ein Blödsinn!) und versuchen, wie es auch Frau Bürgermeisterin Lancaster am Anfang ausgedrückt hat,
trotz widrigster Umstände zum Beispiel Essen auf Rädern noch zu organisieren.

Oder: Was wir mittlerweile sehen – und ich denke, alle Kolleg:innen sollten sich darüber besonders besorgt zeigen –, ist, dass manche Eltern sich die Nach­mittagsbetreuung nicht mehr leisten können und ihre Kinder von der Nachmit­tagsbetreuung abmelden. Wenn immer mehr Kinder von der Nachmit­tagsbetreuung abgemeldet werden, dann geht die Einrichtung einer Nachmit­tagsbetreuung flöten. Einen solchen Rückschritt wollen wir nicht. Genau da bedarf es einer verstärkten Unterstützung der Städte und Gemeinden (Bun­desrat Preineder: Ist ja passiert!), um all diese Dinge abzusichern.

Ich glaube, es war Kollege Köck, der sich hier stark in Szene gesetzt hat und uns erzählt hat, was denn alles erledigt wird, und er hat gemeint: Die Regierung beobachtet! – Na, also wenn die Regierung beobachtet, ist mir das, ehrlich ge-


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sagt, ein bisschen zu wenig. (Bundesrat Köck: Das ist ja eine einzige Unter­stellung! Das habe ich ja gar nicht gesagt! Das habe ich ja gar nicht gesagt!) Eine Regierung sollte anlässlich einer Inflation, anlässlich einer Energiepreisexplosion handeln und nicht beobachten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.43


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Otto Auer. – Bitte, Herr Bundesrat.


10.43.11

Bundesrat Otto Auer (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident!
Frau Minister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und zu Hause! (Bundesrat Schennach: Ah! Wieder ein Bürgermeister! Jetzt
wird es ...!)
Wir leben in herausfordernden Zeiten, wir haben eine Pandemie fast hinter uns, einen Krieg, der unmenschlich ist und ganz einfach vom Zaun gebrochen wurde, und Teuerung und Inflation, die uns sehr beschäftigen.

Das Budget 2023 kann eine Hilfe und ein Lösungsansatz für viele Dinge sein, die uns derzeit beschäftigen. Viele unterstützende und fördernde Maßnahmen
sind für viele Bereiche und für viele Gruppen installiert worden. Es ist eine KMU-Förderung gemacht worden, Überbrückungshilfen für Künstlerinnen und Künstler bleiben. Es wurde wieder ein kommunales Hilfspaket geschnürt. In diesem Zusammenhang muss man betonen, dass die Ertragsanteile im laufenden Jahr um 14 Prozent steigen werden, dass mit dieser kommunalen Hilfe noch einmal so viel Geld kommt, wie es schon einmal gekommen
ist, was gesamt gesehen einen sehr guten Kick für die Wirtschaft hervorgerufen hat, dass damit Arbeitsplätze geschaffen wurden, dass da auch viel ent­standen ist, was für unsere Bürgerinnen und Bürger durchaus notwendig war. Das alles muss man hier sagen.

Die Pflege wurde neu geregelt. Da haben wir circa 1,7 Milliarden Euro neu inves­tiert.


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Die Digitalisierung – Herr Staatssekretär, dafür ein Dankeschön – in Stadt und Land wird vorangetrieben. Da muss man sagen, es ist ganz wichtig, dass
die ländlichen Regionen mitgenommen werden, denn in einem Ballungszentrum Digitalisierung zu machen rechnet sich von selbst, doch draußen in der Prä­rie muss man lange Leitungen verlegen, die kostenintensiv sind. Es ist sehr wich­tig, dass Stadt und Land gleich stark davon profitieren und dadurch beide auch
die Wertschöpfung in ihre Regionen bringen können.

Im Bundesheerbudget – das wurde schon gesagt – gibt es 5 Milliarden Euro mehr. Auch das ist etwas, das sehr wichtig ist, denn die Landesverteidigung muss zeitgemäß passieren und sollte sich auf dem neuesten Stand der technischen Möglichkeiten wiederfinden.

Die Gasthematik hat uns lange beschäftigt. Wir haben die Meldungen bekommen, dass die Gasspeicher fast zu 100 Prozent gefüllt sind. Somit gibt es die Sicherheit für unsere Bevölkerung und für unsere Industrie, dass wir
bei der Produktion und der Beheizung während der Wintermonate keine Pro­bleme haben werden.

Die Maßnahmen, die wir als Bundesregierung gesetzt haben, haben uns enorm gut aus der Pandemie geführt. Der Krieg fungiert als kleine Bremse, doch ich denke, dass wir mit dem Budget 2023 den Zug weiter am Fahren halten können. Die Maßnahmen im steuerlichen Bereich – Senkung der Einkommensteuersätze, Abschaffung der kalten Progression –, all das werden die Menschen nicht sofort spüren, aber es wird sich langsam in den Geldbörsen der Menschen wieder­finden. Ich denke, dass da viele gute Dinge gemacht wurden, die langfristig den Wohlstand unserer Bevölkerung absichern werden.

Die Unterstützung im Strom- und Gasbereich spüren die Menschen jetzt schon, da wurde ausbezahlt. Es trifft nicht gleich alle, viele haben noch laufende Verträge und haben von der Teuerung noch gar nichts gespürt. Wenn sie durch­schlägt, werden auch diese Menschen und Betriebe unterstützt werden.


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Teuerungsausgleich, Deckelung, das sind Wörter, die Taten bezeichnen, die passiert sind, deren Umsetzung zum Beispiel gerade läuft und die, auch mit der Abschöpfung bei den Energieproduzenten – so etwa bei den Stromerzeu­gern bei einem Erlös über 140 Euro beziehungsweise über 180 Euro –, durchaus ihre Wirkung zeigen werden.

Wichtig ist auch die Erhaltung und Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes Österreich, denn da muss man sagen: Wenn die Wirtschaft gut läuft, gibt es viele Arbeitsplätze, und die Einkommen der Bürger sind gesichert.

Der Ausbau der erneuerbaren Energieversorgung in allen Bereichen ist ein An­liegen. Ich denke, dass da viel passiert, egal ob das Wind, Fotovoltaik oder Sonstiges ist. Da kann man eine gewisse Vorsorge für sich selbst schaffen, man kann versuchen, als Bürger des Landes, des Bundes etwas dazu beizutragen, einen Beitrag zu leisten und die Versorgung mit Strom durch Fotovoltaik auf den Dächern abzusichern.

Unsere Maßnahmen haben im ersten Halbjahr 2022 ein Wirtschaftswachstum
von mehr als 7 Prozent bewirkt, und ich denke, dass es am Jahresende durchaus irgendwo im Bereich von 4 bis 5 Prozent zu liegen kommt, und das trotz
eines Krieges, der weder planbar noch vorhersehbar war. Ich denke, dass da die Maßnahmen gut gegriffen haben. Besondere Taten brauchen besondere Maßnahmen, und das wurde da sehr gut umgesetzt.

Unsere Politik mit den Maßnahmen hat dem Land und den Leuten gutgetan, das bekommen wir international bestätigt. Wir haben uns wirtschaftlich sehr gut positioniert.

Die Umweltschutzmaßnahmen können wir setzen. Wir haben sie bereits gesetzt. Ich denke, das ist ein Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise und dazu, dass
auch unsere Nachkommen noch eine gute Welt vorfinden und ohne Probleme schön leben können.


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Alle Maßnahmen können mit ihren Folgen und Auswirkungen die Teuerung und die Inflation nur lindern und nicht zur Gänze verhindern oder ausgleichen. Das ist ein bisschen auch wirtschaftlich bedingt. Ich denke, dass wir mit diesem Budget durchaus ein Zukunftsbudget haben, das die Erhaltung des Wohlstandes und der sozialen Leistungen für unsere Österreicher und Österreicherinnen weiterhin garantiert. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.49


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Spanring. – Bitte, Herr Bundesrat.


10.49.13

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vorsitzender! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte
Damen und Herren vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Lieber Christoph Steiner, vielen Dank, dass du heute in der Früh diese Debatte angeregt
hast. Das war, glaube ich, sehr wichtig. Hier eine Aktuelle Stunde zu verschieben oder abzusagen ist eigentlich ein Wahnsinn.

Wenn ich jetzt da hinüber (in Richtung Regierungsbank) schaue: Vorhin hat die Frau Minister noch gewunken, dass sie da ist. Jetzt verstehe ich nicht, Frau Minister: Warum übernehmen Sie diese Aktuelle Stunde nicht einfach? (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann mich erinnern: Als es um die Verhandlungen der Koalition gegangen ist, gab es eine Ministerin – das war Frau Minister Tanner –, die gesagt hat: Wurscht, was für ein Ressort, Hauptsache Ministerin! (Beifall bei der FPÖ. – Bun­desrat Steiner: Jawohl!) Damals habe ich mir gedacht: Die ist so fähig, die kann jedes Ministerium führen! – Und jetzt trauen Sie sich nicht, sich hier herzustellen und diese Debatte abzuhandeln?!


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Dann habe ich vorhin noch mitgekriegt, dass Sie, nachdem Kollege Bader Sie gefragt hat, gesagt haben: Na, wie komme ich dazu? – Ja, Frau Minister, da fallen mir gleich einmal 18 752 Gründe ein. Das ist nämlich der Eurobetrag, den Sie monatlich als Ministerin verdienen. So einfach ist das. (Beifall bei der FPÖ.)

Da möchte ich gleich noch weiterleiten, und zwar zu etwas Zweitem, das mir wirklich sauer aufstößt. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann das letzte Mal der ORF da war. Ich habe mir gedacht, zumindest heute wird er wieder einmal da sein, nachdem er, glaube ich, vor dem Sommer das letzte Mal da war. (Bundesrat Schennach: Gestern! Gestern! – Zwischenrufe bei Bundesrät:innen
der ÖVP.)
Wie kann das sein? – Da! Die ÖVP macht sich darüber lustig, weil er gestern bei der Enquete da war. Ja, meine Damen und Herren, es ist doch
der verdammte Bildungsauftrag des ORF, dass er vielleicht auch die Debatten aus dem Bundesrat überträgt. Da merkt man aber, wie wichtig oder un­wichtig Ihnen die zweite Kammer in Wahrheit ist. Ihnen geht es ja nur darum, in der Regierung und an der Macht zu sein.

Auf alle Fälle: Mich verwundert es, dass der ORF da seinem Bildungsauftrag nicht nachkommt. Ich habe mir natürlich wieder erlaubt, ein bisschen zu schauen: Was wird im ORF stattdessen gespielt? – Dreimal oder viermal Agatha Christie, zweimal „SOKO Donau". Na, da bin ich ja richtig froh, dass Debat­ten aus dem Bundesrat nicht für die Bevölkerung übertragen werden. Also, mei­ne Damen und Herren, das kann es nicht sein. (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenruf des Bundesrates Köck.) – Herr Köck, Hochmut kommt vor dem Fall, sage ich da nur.

Da wir heute über die Finanzen verhandeln und jetzt schon sehr viel über die Bundesfinanzen gesagt wurde, möchte ich ein bisschen etwas über die Länderfinanzen sagen.

Da sind wir gleich bei Ihnen, Herr Köck: Niederösterreich ist der Schuldenkaiser in Österreich. Warum ist das so? Nur das rote Wien kann vielleicht noch schlechter mit Geld umgehen, aber allein von 2008 bis 2021 sind die Schulden in


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Niederösterreich von 6 auf 9 Milliarden Euro explodiert. Die ÖVP Niederösterreich hat es sogar geschafft, dass man eine höhere Pro-Kopf-Ver­schuldung hat als Wien.

Jetzt vor der Wahl wird man auf einmal aktiv, macht man kräftig neue Schulden, um die Niederösterreicher davon zu überzeugen, dass die ÖVP mit Geld, das
sie in Wahrheit gar nicht hat, großzügig umgehen kann, denn um das Geld der Bürger ist der Hanni nichts zu teuer. Das ist das Prinzip: Wählerkauf auf Wählerkosten. Das hat ja die ÖVP auch im Bund – wie man sieht, wenn man sich das Budget anschaut – schon immer perfektioniert.

In diesem Sinne entdeckt die ÖVP plötzlich ihre soziale Ader und sorgt sich wahlkampfmotiviert um die Niederösterreicher. Nicht, dass ich es nicht gut finde, dass jetzt endlich etwas gegen die Teuerung getan wird, gegen jene Teue­rung übrigens, die diese Regierung mit ihren Maßnahmen befeuert hat, aber,
liebe ÖVP, das ganze Jahr nichts zu tun und jetzt kurz vor der Wahl aktiv zu wer­den, das ist ein sehr, sehr durchsichtiges Schauspiel, das Sie da veranstalten.

Es heißt ja, am Abend wird der Faule fleißig. Ja, wenn es nur so wäre. Also eines kann man der ÖVP nicht unterstellen: Die ÖVP ist mitnichten faul, denn wenn es darum geht, den eigenen Leuten, nämlich den ÖVPlern, Gutes zu tun, ist sie
sehr aktiv, wenn es darum geht, den eigenen Seilschaften zu helfen, ist die ÖVP geradezu hyperaktiv, Stichwort Cofag, Covid-19-Finanzierungsagentur.

In Niederösterreich geht das Ganze genauso munter weiter. Wir in Niederösterreich wissen nicht erst seit den Enthüllungen der Bundes-ÖVP, was in diesem Land gespielt wird. Ganz Österreich weiß mittlerweile: Die ÖVP
ist korrupt. Die Unschuldsvermutung hat sich inzwischen zu einer Schuldvermu­tung gewandelt. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der FPÖ.)

Was wir auf Bundesebene schwarz auf weiß beziehungsweise Schmid auf Kurz haben, das kennen wir in Niederösterreich schon seit Jahrzehnten. Da wird
mir die SPÖ wahrscheinlich sogar recht geben. Die schwarze ÖVP Niederöster-


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reich ist noch um einiges schlimmer als die türkise ÖVP-Truppe um Kron­zeugen Schmid. (Bundesrätin Hahn: Das ist ja eh dasselbe: türkis, schwarz, blau-gelb!) Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Justiz endlich auch in Nieder­österreich bei der ÖVP an die Tür klopfen wird.

Jetzt sagen natürlich einige da herinnen: Na, warten wir einmal ab, ob die Schwarzen überhaupt angeklagt werden! – Ja, natürlich kann man einfach ab­warten, bis die Handschellen im Landhaus klicken. Nur, das Problem ist: Diese Zeit hat Niederösterreich nicht mehr, denn wir brauchen jetzt eine Ent­kriminalisierung der Politik in Niederösterreich. Freunderlwirtschaft, Seilschaften und Korruption zum Nutzen der ÖVP und zum Schaden der Bürger, das muss endlich abgestellt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, die Demokratie hat einen entscheidenden Vorteil,
der sie allen anderen Staatsformen überlegen macht: In der Demokratie gibt es die Möglichkeit, für Veränderung zu sorgen. Wir können an der Wahlurne
dafür sorgen, dass sämtliche Machenschaften dieser ÖVP, der politisch Mächti­gen sofort abgestellt werden. Wir können an der Wahlurne ganz im Sinne
der Demokratie für neue Mehrheiten sorgen, um jenen den Wind aus den Segeln zu nehmen, die glauben, ihnen gehört Niederösterreich. Wir können der
ÖVP an der Wahlurne ein Signal senden, dass wir genug haben von einer Partei, die allen Ernstes glaubt: Geht es der ÖVP gut, dann geht es uns allen gut!
Das ist in Wahrheit der neue Wahlslogan der ÖVP. (Beifall bei der FPÖ. – Bundes­rätin Hahn: Hast du nicht gewusst: Niederösterreich gehört der ÖVP!? Genau!
Noch nicht gehört?)
 – Du hast vollkommen recht, Frau Kollegin.

Die ÖVP ist nicht Niederösterreich, auch wenn sich die ÖVP jetzt in Niederösterreich „Niederösterreich Partei“ nennt. Na, ich verstehe es. Ich würde mich auch nicht mehr ÖVP nennen wollen, ich würde mich auch von dieser Clique distanzieren. (Bundesrätin Hahn: Blau-gelb natürlich!) Die ÖVP ist und bleibt eine Partei, die alles und jeden den eigenen Zielen unterordnet. Machtgewinn und Machterhalt um jeden Preis – das ist die Maxime dieser ÖVP.


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Die Landsleute – und da sind wir jetzt wieder bei den Finanzen – rücken immer nur kurz vor der Wahl in den Fokus, und das auch nicht, weil Hanni plötzlich begriffen hat, dass gute Politik für die Menschen im Land gemacht werden soll, nein, sondern weil sie Angst hat, ihre Macht, ihren Einfluss und ihre Mög­lichkeiten, der eigenen Seilschaft Gutes zu tun, zu verlieren.

Meine Damen und Herren, wir haben alle fünf Jahre die Gelegenheit, für einen Aufbruch in eine bessere Zeit zu sorgen. Jetzt öffnet sich dieses Zeitfenster wieder für einen Tag. Wenn wir diese Möglichkeit verstreichen lassen, dann bleibt nur noch die Staatsanwaltschaft, die uns in Niederösterreich vor
dieser ÖVP retten kann. Wir brauchen neue Mehrheiten im Land, eine Aufar­beitung der gelebten Korruption in Niederösterreich, eine Fokussierung
auf die Bedürfnisse der Menschen, und das nicht nur kurz vor der Wahl, und wir brauchen eine lebendige Demokratie in Niederösterreich, nicht eine ÖVP-Diktatur. Für all das stehen wir Freiheitliche.

Wir sind bereit, Niederösterreich zu sanieren, auch was die Finanzen angeht,
wir sind bereit, die Sümpfe trockenzulegen, auch was die Finanzen angeht, und wir sind bereit, das Land zu dem zu machen, was es sein könnte, auch was die Finanzen angeht, nämlich zu einem Land, in dem die Politik den Menschen dient und nicht die Menschen den Politikern dienen müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam aufstehen und der ÖVP bei der Landtagswahl in Niederösterreich zumindest einmal die Gelbe Karte zeigen! Wir wollen eine saubere Politik mit Politikern, die für die Menschen da sind, ihre Sorgen und Nöte verstehen und bereit sind, für unser Nieder­österreich zu arbeiten. Mit einer Stimme für die FPÖ stimmen wir am 29. Jänner gemeinsam für ein besseres Niederösterreich. (Beifall bei der FPÖ.)

10.59


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Ich möchte nach dieser Rede noch einmal an die Würde des Hohen Hauses erinnern, möchte auch an die Ordnungsrufe erinnern, die bei vorigen Reden bereits ausgesprochen wurden, und würde auch


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 94

darum bitten, dass in den Redebeiträgen zur Sache gesprochen wird. (Bun­desrat Bader hebt die Hand.)

Zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat sich Herr Fraktionsvorsitzender Karl Bader. – Bitte.

*****


10.59.44

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Da heute
schon mehrmals von Missachtung dieses Gremiums gesprochen wurde, muss ich sagen: Also die Freiheitlichen missachten dieses Gremium in ganz besonderer Weise, vor allem Herr Kollege Spanring, weil er kein einziges Wort zum Tages­ordnungspunkt Budgetbegleitgesetz gesagt hat, sondern eine Wahlkampf­rede zur niederösterreichischen Wahl im Jänner gehalten hat.

Das ist aber nicht der Grund, warum ich mich zu Wort gemeldet habe, sondern ich möchte um eine kurze Sitzungsunterbrechung und um Einberufung einer Stehpräsidiale bitten.

11.00


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Ich unterbreche die Sitzung für eine Steh­präsidiale.

11.00.30*****

(Die Sitzung wird um 11 Uhr unterbrochen und um 11.05 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

11.05.11Fortsetzung der Tagesordnung


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Ich nehme die Sitzung wieder auf.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 95

Die Stehpräsidiale hat zum Ergebnis geführt, dass versucht wird, im Rahmen der nächsten Sitzung am Ersatztag eine Aktuelle Stunde abzuhalten. (Bundesrat Steiner: Das ist ja nicht das Ergebnis der Stehpräsidiale!)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Eva Prischl. (Bundesrat
Steiner:
Zur Geschäftsordnung! Zur Geschäftsordnung!)
 – Zur Geschäftsordnung? – Bitte.

*****


11.05.51

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vizepräsident, ich bitte schon darum, wenn Sie selber Mitglied der Präsidiale sind, wahrheitsgemäß zu berichten.

Die Präsidiale ist nicht zum Ergebnis gekommen, eine Reserve-Aktuelle-Stunde abzuhalten, sondern es gab seitens des Fraktionsvorsitzenden Bader das Angebot. Das war kein Ergebnis.

Herr Karl Bader, Fraktionsvorsitzender der ÖVP, hat uns bestätigt, dass er noch nicht einmal von irgendeinem Minister eine Zusage hat. Also ist das nicht das Ergebnis der Stehpräsidiale. Es gab kein Ergebnis, sondern es wurde von Herrn Bader versichert, er wird sich darum bemühen. Das war aber nicht das
Ergebnis der Stehpräsidiale. Das ist schon ein Riesenunterschied, Herr Vizeprä­sident – nur zur Klarstellung. (Beifall bei der FPÖ.)

11.06

*****


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Ich nehme die Wortwahl des Fraktions­vorsitzenden zur Kenntnis. Wir haben somit das gleiche Ergebnis: dass an die­sem Ersatztag der Versuch gestartet wird.

Als Nächste zu Wort gemeldet und bereits am Rednerpult: Frau Bundesrätin Eva Prischl. – Bitte, Frau Bundesrätin.



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11.06.55

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr
geehrte Frau Ministerin! Werter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir haben ein Konvolut an Gesetzesvorlagen vorliegen.
Ich habe mir jetzt als Kultursprecherin (mit den Fingern Anführungszeichen an­deutend) „meine“ zum Thema Kultur herausgepickt und möchte dazu
meine Stellungnahme abgeben, und das ganz sachlich, um hoffentlich wieder ein bisschen Ruhe einkehren zu lassen: Ja, schön, das Kulturbudget wird erhöht –
das ist ein Bekenntnis zur österreichischen Kunst und Kultur; grundsätzlich fin­den wir das natürlich wunderbar –: 11,3 Prozent. Das sehe ich im Gegensatz
zu manch anderen hier positiv. Auch die Basisabgeltung für die Bundestheater und Bundesmuseen ist sehr positiv zu sehen.

Was ich aber nicht positiv sehe, ist, dass das zeitlich begrenzt ist. Also uns fehlt eigentlich der Blick in die Zukunft, damit man auch besser planen kann. Es
wäre schon wichtig, ein bisschen vorausschauender zu sein.

Innovative Projekte fehlen uns – ich will nicht sagen: gänzlich – viele, und es gibt auch Kulturbereiche, die noch keine finanzielle Wertschätzung erfahren, in denen Anstrengungen unbedingt notwendig sind.

Konkret vermissen wir Finanztöpfe für die Umsetzung von Fair-Pay-Maßnahmen, das haben wir schon oft erwähnt. Wir haben jetzt im Ausschuss gehört, es wird eine Gruppe geben, die sich damit befasst, damit über­haupt einmal eine Studie dazu eingeleitet wird, welche Fair-Pay-Maßnahmen es denn da gibt. Da könnten wir auch gerne mit Rat und Tat unterstützen.

Ebenso vermissen wir Mittel für eventuell notwendige Unterstützungsmaßnahmen, falls wieder eine Coronawelle zuschlägt, und wir fordern – das ist ganz wichtig für uns – für alle in Österreich lebenden
Menschen unkomplizierte Zugänge zu Kunst und Kultur, leistbare Kulturan­gebote und entsprechende Mittel im Kulturbudget. Ein Leben ohne
Kunst und ohne Kultur ist für viele Menschen nicht denkbar.


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Für mich persönlich ein Vorzeigeprojekt ist eine Kulturpassaktion, die es in Deutschland gibt, bei der Jugendliche einen gewissen Geldbetrag bekommen und um diese Summe Kulturveranstaltungen besuchen können. Ich finde, das ist
eine sehr innovative Idee. Die könnte man ausbauen, die könnte man umlegen. Es gibt sicher noch viele weitere Ideen. Die fehlen uns allerdings in diesen Unterlagen, deswegen stimmen wir auch diesem Budget nicht zu. – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ.)

11.09


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Florian Tursky. – Bitte, Herr Staatssekretär.


11.09.33

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Florian Tursky, MBA MSc: Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte als Staatssekretär im Finanzministe­rium natürlich auch im Rahmen der heutigen Debatte zum Budgetbegleit­gesetz 2023 die Gelegenheit nutzen, um insbesondere zu den kritischen Stel­lungnahmen kurz Stellung zu beziehen. (Ruf bei der FPÖ: Korruption ...!) – Das vorhin waren die Wahlkampfreden.

Weil immer kritisiert wird, dass das Budgetbegleitgesetz ein Sammelgesetz ist: Ja, dem ist so. Das Budgetbegleitgesetz ist immer ein Sammelgesetz, und
das war auch nie anders. Was im Budget quasi beziffert wird, wird inhaltlich im Begleitgesetz geregelt, und darum erlaube ich mir auch, ein paar allgemeine Anmerkungen zum Budget zu machen.

Die multiplen Krisen prägen natürlich auch den Rahmen für das Budget. Die vielfältigen Wirtschaftshilfen waren entscheidend, dass wir so gut aus der Coronakrise herausgestartet sind. Für heuer können wir daher noch mit einem Wirtschaftswachstum von 4,8 Prozent rechnen. Dann kam der Angriffskrieg Russlands, und mit ihm stiegen die Inflation und die daraus resultierende Teue­rung auf Rekordwerte. Erneut nehmen wir nun viel Geld in die Hand, um


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die Auswirkungen der Teuerung auf die Menschen und die Betriebe bestmöglich abzufedern.

Wir können nicht alle Krisen dieser Welt zu 100 Prozent kompensieren, aber wir können, wie gesagt, abfedern, und das tun wir in großem Ausmaß. Allein im heurigen Jahr investieren wir 6,3 Milliarden Euro in Entlastungsmaßnahmen. Im kommenden Jahr werden es 8,3 Milliarden Euro sein, bis 2026 30 Milliarden Euro. Ja, viele Hilfsmaßnahmen sind dabei auch Einmalzahlungen, aber auch die­se Einmalzahlungen wirken und stärken die Kaufkraft. Da die Inflation aber weiterhin hoch bleiben wird, braucht es strukturelle Maßnahmen, und diese sol­len langfristig wirken – wie beispielsweise die Abschaffung der kalten Pro­gression oder die Valorisierung vieler Sozialleistungen, von der Jahrzehnte ge­sprochen wurde, bis es jemand gemacht hat, bis es Finanzminister Magnus Brun­ner gemacht hat.

Es braucht Hilfen in Krisenzeiten, aber es braucht auch Konsolidierung der zukünftigen Budgets. Warum? – Weil die Staatsausgaben und damit die Schulden und gleichzeitig auch Zinsen steigen. Trotzdem – und so sieht es der Finanzrahmen vor – wird es uns gelingen, das Maastrichtdefizit bis 2026
auf 1,6 Prozent des BIP und die Schulden auf 72,5 Prozent zu drücken.

Trotz des notwendigen Schuldenabbaus haben alle Ressorts in ihrem Budget ausreichend Spielraum für die Antworten auf die wichtigen Fragen der Zukunft. Es ist uns gelungen, über alle Lebens- und Themenbereiche hinweg mehr
Mittel zur Verfügung zu stellen. Wir setzen dabei auch gezielt Schwerpunkte im Budget, und damit möchte ich nun konkret auf ein paar Punkte im Budget­begleitgesetz eingehen.

Ein Schwerpunkt – die Frau Bundesministerin hat es bereits erwähnt – ist der Bereich der Sicherheit, denn der russische Angriffskrieg in Europa hinter­ließ auch Spuren in Österreich, es wurde wieder sichtbar, wie wichtig das Thema Sicherheit und wie wichtig auch das Thema der Landesverteidigung ist. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Hättets euch nicht eingemischt, bitte!) Bis 2026 gibt


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es daher zusätzliche 5,3 Milliarden Euro für das österreichische Bundes­heer – so viel wie noch nie zuvor. Dieser Betrag ist auch im neuen Landesvertei­digungs-Finanzierungsgesetz so abgebildet.

Ein ganz wesentlicher Schwerpunkt ist aber auch die Transformation, und das ist mir als Digitalisierungsstaatssekretär sehr wichtig: einerseits die digitale Transformation, aber andererseits auch die Energiewende. So werden beispiels­weise bis ins Jahr 2026 jetzt erneut wieder 400 Millionen Euro mehr für den Glasfaserausbau in die Hand genommen – ein Thema, das Ihnen als Bundes­rat sicher ganz besonders am Herzen liegt.

Bis 2026 stellen wir nun für diese Transformation rund 5 Milliarden Euro zur Ver­fügung. Im Rahmen des neuen Umweltförderungsgesetzes wird es dazu einen Fördertopf für die ökologische Transformation der Industrie, auch mit einem be­sonderen Schwerpunkt der Digitalisierung, geben. Wir begleiten damit die heimische Industrie wie auch die Wirtschaft insgesamt auf dem Weg zur Dekar­bonisierung, und wir sichern gleichzeitig Wertschöpfung und langfristig Arbeitsplätze in Österreich.

Schließlich – und das ist auch ein Schwerpunkt – braucht es auch für diejenigen Unterstützung, die einen großen Anteil daran hatten, dass wir so gut durch die
Krise gekommen sind: nämlich – und das ist Ihnen im Bundesrat sicher auch ein besonderes Anliegen und wurde auch in den Debattenbeiträgen schon erwähnt – für die Städte und Gemeinden. Schon während der Coronapandemie haben wir die Gemeinden Österreichs und auch die Länder mit rund
4 Milliarden Euro unterstützt. Eine Milliarde davon erhielten die Gemeinden in Form eines Zweckzuschusses, mit dem der Bund Investitionen in den Gemeinden förderte und schlussendlich auch die regionale Wirtschaft ankur­belte.

Dieses Programm setzen wir quasi neu auf. 500 Millionen Euro sind dabei für Investitionen im Bereich der Energieeffizienz sowie des Umstiegs auf er­neuerbare Energien reserviert. Weitere 500 Millionen Euro können, wie schon


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bisher, nach sehr offenen und bewusst breit gehaltenen Kriterien verteilt werden: von der Straßensanierung über Kinderbetreuungsplätze – was bereits erwähnt wurde –, über den Ausbau von Schulen bis hin zu Maßnahmen
im Bereich der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung und vielem mehr.

Diese und viele andere zentrale Maßnahmen sind in diesem Budgetbegleitgesetz abgebildet und im Budget 2023 beziehungsweise Finanzrahmen bis 2026
in Zahlen gegossen. Wir setzen gezielt Schwerpunkte, die auf lange Sicht unser Land stärken sollen. Das erwarten sich die Menschen von uns – nicht nur in schwierigen Zeiten, aber in solchen umso mehr. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

11.16


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Schartel. – Bitte, Frau Bundesrätin.


11.16.11

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Vizepräsident! Ich möchte nur noch sagen: Ich finde, der heutige Tag ist für die Demokratie wieder ein sehr trauriger Tag, und es schlagen halt wieder einmal die Überheb­lichkeit und die Ignoranz der ÖVP voll durch. Immer zu behaupten: Men­schen, die gewissen Dingen kritisch gegenüberstehen, sind die Demokra­tiegefährder! – Ich sage mittlerweile: Die ÖVP selber gefährdet unse­re Demokratie. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist für mich heute auch so spannend, dass die ÖVP auf einmal die Liebe zum Bundesheer entdeckt hat. Ich weiß schon, das habt ihr damals gemacht, als
nämlich bei der Volksbefragung die Bevölkerung für die Erhaltung der Wehr­pflicht und des Bundesheeres war, da seid ihr auf einmal umgeschwenkt.
In Wirklichkeit ist euch aber das Bundesheer wurscht – und eines sage ich Ihnen, Herr Köck, auch: Erstens einmal, allein durch unseren Verteidigungsminister außer Dienst Mario Kunasek können Sie jetzt Ihre Verteidigungsministerin loben –


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 101

weil er sofort erkannt hat, was das Bundesheer braucht, was technisch an Mitteln umgesetzt werden muss, und so weiter. (Bundesrat Köck: Postenscha­cher! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie konnte einfach etwas fort­setzen, was von uns super vorbereitet wurde, das sage ich Ihnen auch einmal. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Der Kunasek hat’s erfunden! Der hat’s erfunden! – Heiterkeit und weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jetzt zum Budgetbegleitgesetz: Natürlich ist das Budgetbegleitgesetz in Wirklichkeit die wesentliche und wichtigere Angelegenheit, denn das Budget – so, wie es vorhin der Staatssekretär schon gesagt hat – sind die Zahlen, aber im Begleitgesetz steht dann detailliert drinnen, was damit passiert, wie die Dinge umgesetzt werden. Da gibt es sehr, sehr viele Dinge, die durchaus sicherlich positiv und gut sind, aber in den wesentlichsten Bereichen, über die wir ja heute mit einem Minister diskutieren wollten, gibt es nach wie vor – sage ich – im Budget überhaupt keine Ansätze. Es ist meiner Meinung nach absolut nicht zu­kunftsfit.

Einer dieser ganz, ganz großen Bereiche ist natürlich in erster Linie der Bereich
der Gesundheit und der Pflege. Da ist es sicherlich gut, dass man den Ansatz hat, die Ausbildung zu unterstützen, ein Stipendium zu machen, damit man Men­schen, die sich bereiterklären, sich in diesem Bereich ausbilden zu lassen, auch eine finanzielle Abgeltung gibt; aber aufgrund der Versäumnisse – jahrelan­ger Versäumnisse – funktioniert das System nach wie vor nur deshalb, weil es so viele Ehrenamtliche gibt, die bereit sind, sich in diesem Bereich einzusetzen, zu unterstützen, Familien zu unterstützen, Spitäler in bestimmten Bereichen zu unterstützen. Ich denke da zum Beispiel an jene Personen, die bereit sind, auf Palliativstationen Besuche abzustatten, Menschen zu begleiten, deren Fami­lienangehörigen das aufgrund von Berufstätigkeit oder zu großer Entfer­nung nicht möglich ist.

Deshalb bringen wir folgenden Entschließungsantrag ein:


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Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung des Kilometergeldes für Ehrenamtliche und Berufstätige im Gesundheits- und Sozialwesen, in den Rettungsorganisationen, bei den Bergrettungs-, Feuerwehrwehr- und Wasserrettungsorganisationen und allen verwandten Verwendungsgruppen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine Rückwirkende Anhebung des Kilometergeldes von 42 auf 60 Cent für 2022 für Bezugsberechtigte im Sozial- und Gesundheitswesen und in den freiwilligen Hilfsorganisationen – davon umfasst sind alle Ehrenamtlichen und Berufstätigen, insbesondere in der Hauskrankenpflege, Altenpflege und der Behinderten­betreuung, in den Rettungsorganisationen, bei den Bergrettungs-, Feuerwehr­wehr- und Wasserrettungsorganisationen und allen Verwandten Verwendungsgruppen – beinhaltet.“

*****

Ich ersuche um Annahme. (Beifall bei der FPÖ.)

11.20


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Der von den Bundesrät:innen Andrea Schartel, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Erhöhung des Kilometergeldes für Ehrenamtliche und Berufstätige im Gesund­heits- und Sozialwesen, in den Rettungsorganisationen, bei den Bergrettungs-, Feuerwehrwehr-“ – Feuerwehr- – „und Wasserrettungsorganisationen und allen verwandten Verwendungsgruppen“ ist genügend unterstützt und steht
demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner. – Bitte.



BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 103

11.20.53

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen
und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher:innen! Ich möchte von meiner Seite noch auf drei Bereiche bezüglich dieses Budgetbegleitgesetzes eingehen, die Sicht
junger Menschen in den Fokus bringen und die Frage stellen: Was brauchen jun­ge Menschen zurzeit gerade am meisten?

Einerseits braucht es nach zwei Jahren der Pandemie – und wir wissen um die psychische Belastung junger Menschen – ganz konkrete, konstante Angebote in ihrer Freizeit. Sie brauchen Bezugsgruppen, die abseits der Schule für sie da
sind, mit denen man sprechen kann, die man regelmäßig trifft. Ich spreche also von den Jugendorganisationen. Jugendorganisationen sind – einerseits für
den sozialen Ausgleich in unserem Land, aber auch für die außerschulische Bil­dung von jungen Menschen – von unschätzbarem Wert.

Ich möchte da tatsächlich ein Lob aussprechen, weil es nach über 20 Jahren mit diesem Budget jetzt auch gelungen ist, endlich einmal eine Erhöhung der Basisförderung in diesem Bereich vorzunehmen. Da gab es seit der letzten Erhö­hung mittlerweile einen Wertverlust von sage und schreibe 60 Prozent. Da
ist jetzt zwar nicht alles aufgefangen worden, was die aktuelle Inflation betrifft, und diese Jugendorganisationen sagen, es ist noch nicht ganz klar, ob
nächstes Jahr Ferienangebote im üblichen Ausmaß stattfinden können, aber es war zumindest ein Schritt in die richtige Richtung, sagen wir es so. Wir
hätten dem auch sehr gerne zugestimmt, aber leider ist es in diesem Sammelge­setz nicht möglich, das einzeln auch so zu bekunden. (Bundesrat Schennach:
Genau so ist es!)

Den gleichen notwendigen Schritt hat man allerdings bei den verschiedensten Familienorganisationen verabsäumt: Auch da ist so eine Wertanpassung ausständig. Es wäre dringend an der Zeit, jetzt Familienorganisationen abzusi­chern, damit sie ihr Angebot für Familien, für junge Menschen im selben
Ausmaß weiterführen können. (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 104

Der zweite Bereich, der für junge Menschen und in diesem Sinne auch für
die Zukunft unseres Landes so wichtig ist, ist der Bereich der Bildung. Mit dem jetzt veranschlagten Budget und den Mitteln, die uns vorgestellt wurden,
wird es leider nur möglich sein, den aktuellen Istzustand – man muss fast sagen – zu verwalten. Der aktuelle Istzustand ist ein Mangelzustand. Es fehlt in allen Bildungsbereichen ganz akut an Personal.

Es bräuchte eigentlich einen starken Impuls zur Behebung dieses Pädagog:in­nenmangels in allen Bildungsstufen. Es bräuchte einen starken Impuls im Bereich des Ausbaus der Ganztagsschulen. Es bräuchte dringend Support oder einen Impuls, was die pädagogische Assistenz, was das Unterstützungspersonal in ver­schiedenen pädagogischen Einrichtungen betrifft. Es bräuchte mehr Infra­struktur in allen Schultypen, was die digitale Transformation im Bildungssystem betrifft, und es bräuchte pädagogische Innovation. All das ist mit dem jetzi­gen Budget in der Form, wie es gebraucht würde, nicht möglich. Ich muss noch einmal sagen: Es ist eine Verwaltung des Istzustandes, und der ist einfach nicht befriedigend. Das hat schlussendlich auch mit der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Einen dritten Bereich möchte ich noch ansprechen – Kollegin Kittl hat auch schon darauf Bezug genommen –, und zwar den Bereich der Menschen mit Behinderungen. „Licht ins Dunkel“ – wir alle kennen das, Sie alle kennen „Licht ins Dunkel“ – feiert dieses Jahr das 50-jährige Jubiläum. Ich muss sagen,
mich beeindruckt die Spendenbereitschaft, die Großzügigkeit der Menschen in Österreich jedes Jahr aufs Neue. Es ist wirklich großartig, was da an Spen­densummen – und ich bin mir sicher, auch heuer wieder – zusammenkommt.

Ich habe allerdings in den letzten Wochen sehr viel mit Vertreter:innen von Be­hindertenverbänden und auch mit Inklusionsexpert:innen gesprochen. Sie
sagen, dass es nachhaltig zu einem Umdenken in diesem Bereich kommen muss. Menschen mit Behinderungen wollen zu Recht nicht auf Spenden angewie­sen sein. Sie wollen nicht Spendenempfänger:innen sein. Sie wollen das bekom-


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 105

men, was sie brauchen, was ihnen zusteht, was auch die Behindertenrechts­konvention so benennt – und das durch die öffentliche Hand und nicht durch Spendengelder. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der FPÖ.)

Das bedeutet – und das ist der budgetrelevante Punkt –: Erst wenn das sozusagen im öffentlichen Haushalt auch so abgebildet ist, kann man von tat­sächlicher Gleichberechtigung und von tatsächlicher Autonomie sprechen.
Ich finde das sehr unterstützenswert. (Bundesrat Preineder: Da geht’s wieder nur ums Geld!)

Echte Inklusion basiert auf Gleichberechtigung, und da kann es nicht sein, dass manchen Menschen Geld zusteht und anderen sozusagen nur Spenden zustehen. Solange aber das noch der Fall ist, werden wir weiter auf diese Spen­den vertrauen und angewiesen sein und auch hoffen, dass heuer natürlich wieder einiges an Spenden zusammenkommen wird.

Wie gesagt, wir würden nicht alles in diesem Gesetzeskonvolut ablehnen. Wir hätten durchaus Stellen, an denen wir gerne zustimmen würden. Das können wir nicht. Wir hoffen nach wie vor, dass wir irgendwann diese Einzelgesetzab­stimmung ermöglichen. Wir könnten das ändern – so müssen wir leider als So­zialdemokratie diese Gesetzesvorlage ablehnen. – Danke schön. (Beifall
bei der SPÖ.)

11.27


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.

Als Nächster nochmals zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Eduard Köck. – Bitte, Herr Bundesrat. (Uh-Rufe bei der SPÖ.)


11.27.42

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich kann natürlich nicht stehen lassen, dass die ÖVP eine korrupte Partei ist. Es gibt derzeit 42 Anzeigen, es gibt 26 Einstellungen wegen zu wenig Anfangsverdacht. Das heißt, da ist die Suppe


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so dünn, dass man nicht einmal zu ermitteln beginnen kann. (Bundesrätin Schumann: Und eine Ex-Ministerin, die angeklagt ist, nicht? – Rufe bei der SPÖ: Karmasin? Karmasin?) Es gibt keine einzige Verurteilung, keinen Prozess
und keine Anklage. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ich jetzt „FPÖ“ und „Betrug“ google, dann kommt gleich als Erstes die Meldung „Millionenbetrug, Vertuschung & Parteispaltung: Das passiert gerade in der steirischen FPÖ“. (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja arg! – Oh-Rufe bei der ÖVP.)
Als Nächstes kommt dann gleich: „Hans-Jörg Jenewein“: „Suizidversuch“ und Korruption in der Parteizentrale. Hochmut kommt vor dem Fall, Herr
Spanring! Ihr habt in eurer Partei selbst genug aufzuräumen und braucht euch überhaupt nicht über andere auszulassen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Spanring: Die sind alle weg! Wo sind denn eure Leut’? Die sitzen ...!)

Punkt zwei: Niederösterreich ist nicht das pro Kopf am höchsten verschuldete Bundesland, das ist Kärnten. (Bundesrat Spanring: Hab ich nicht gesagt! Hab
ich nicht gesagt! Ich hab gesagt: Höher als Wien! Das ist Kärnten, das weiß ich eh!)
Da habt ihr eine Zeit lang mitgemischt. Man kann das aber auch nicht so vergleichen. In Niederösterreich und Wien sind die Schulden der Landeskliniken in den Gesamtschulden inkludiert, das sind sie in den anderen Bundes­ländern nicht. Niederösterreich hat auch das höchste veranlagte Finanzvermö­gen aller Bundesländer, und deshalb braucht sich kein Niederösterreicher und keine Niederösterreicherin über unseren finanziellen Haushalt Gedanken zu machen.

Wie ich schon gesagt habe: Die Leistungen von Minister Kunasek hat Minister Starlinger hier eine Stunde lang zerlegt, das hat es noch nie gegeben. Außer
Bilder aufzuhängen und Postenschacher ist halt nichts übrig geblieben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.29


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Bundesrat.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 107

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ingo Appé. – Bitte, Herr Bundesrat.


11.29.39

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Eingangs möchte ich über das Bundesgesetz über die Gewährung eines Zuschusses an das Land
Steiermark zur Sanierung der Grazer Burg kurz reflektieren.

Es freut uns, dass das Land Steiermark für diese Maßnahme in Graz Geld zur Verfügung gestellt bekommt. Andererseits tut es uns aber aus der Sicht
von Kärnten schon weh, wenn wir sehen, dass es möglich ist, ein Bundesland explizit mit einer schönen Summe zu unterstützen, während auf der an­deren Seite – das habe ich an dieser Stelle schon zweimal gesagt – in einem Bundesland, das von Naturkatastrophen massiv getroffen worden ist –
die Gemeinden Arriach und Treffen wurden massiv in Mitleidenschaft gezogen, und der Herr Bundesminister für Finanzen hat zugesagt, dass diesen Ge­meinden und der Bevölkerung in dieser Gegend auch geholfen wird –, bis dato leider nicht viel passiert ist.

Im Bundesland Niederösterreich war man da ein bisschen flotter, als die Kata­strophe eingetreten ist. Mit einer Sonderbestimmung sind Geldmittel ge­flossen. Warum nicht für die Gemeinden Arriach und Treffen? Dort sind Ge­meindeeinrichtungen – ob das eine ganze Kläranlage war, ein Kraftwerk, ein Bauhof – einfach vom Wildwasser weggespült worden. Das wird mit diesem Hilfspaket, bei dem eine 50-50-Finanzierung möglich ist, leider für diese Ge­meinden nicht bewältigbar sein. Da wäre es ein schönes Zeichen des Bundes ge­wesen, diesen beiden Gemeinden zu helfen und diese zu unterstützen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Frau Bundesministerin, weil Sie aber gerade da sind, möchte ich auch etwas Positives berichten: Ohne das österreichische Bundesheer wäre es nicht möglich gewesen, gemeinsam mit den Katastrophenzügen der Feuerwehren des Lan­des Kärnten rasch und effektiv der betroffenen Bevölkerung zu helfen. Dafür


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auch vom Land Kärnten ein großes Danke an das Bundesheer und auch an
Sie! (Beifall bei der SPÖ.)

Somit wäre ich bezüglich der Gesetzentwürfe zu diesem Tagesordnungspunkt eigentlich schon am Ende, aber ich muss noch einmal auf den Redebeitrag
von Kollegin Kittl eingehen. Dass in den Gemeinden alles Wonne und Grieß­schmarrn ist, ist leider nicht der Fall. Realität und Ihre Pippi-Langstrumpf-Welt klaffen da massiv weit auseinander. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Na!) Ich lade Sie ein, einmal in die Gemeinden zu kommen und zu schauen, was da passiert, wie wir arbeiten. (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Auch der Klimaschutz ist in den Gemeinden angekommen. Ihre Bundesministerin hat die Bemühungen der Gemeinden – ob das E5, KEM, Klar! und so weiter sind – massiv gelobt, wir sind auf einem sehr guten Weg. Es freut uns, dass wir 500 Millionen Euro für diese Maßnahmen kriegen, das reden wir nicht weg,
aber das Geld müssen wir auch selber einmal zur zweiten Hälfte aufstellen.

Und ja, ich muss es sagen: Jetzt ein gutes Gefühl zu verbreiten, das passt
in das allgemeine Bild der Regierungsparteien hinein. Die Teuerung befindet sich auf einem Hoch, wie wir es seit 70 Jahren nicht gehabt haben. Die Lebens­mittelpreise schießen in die Höhe, und viele Menschen wissen nicht mehr, wie sie Strom und Gas bezahlen sollen. – Und das ist alles nur Einbildung?

Wir sollen ein gutes Gefühl verbreiten und - - (Bundesrätin Kittl: Das hat niemand gesagt! – Bundesrat Reisinger: Doch, sicher hast du es gesagt, geh bitte! – Bun­desrätin Schumann: Sicher!) – Lasst mich fertigreden, da kommt noch etwas! (Bun­desrat Schennach: Dominik Reisinger ist mein Zeuge ...! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Alles „Einbildung,“ – Beistrich – „meinte die ÖVP-Abgeordnete Angela Baumgartner.“ – In einer Rede im Parlament hat sie konkret gesagt: „Die Leute“ hätten nur „das Gefühl, dass sie sich gewisse Sachen nicht mehr leisten
können“ und „dass sie sich den Alltag nicht mehr leisten können“. Schuld daran


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sei – laut ÖVP-Abgeordneter – die „Opposition“, weil sie „nur Hetze“
betreibt und „ungute Stimmung“ verbreitet.

Liebe Mitglieder der Regierungsparteien, die gestern bei der Enquete zugehört haben und die den Bericht von Frau Anzengruber, der Leiterin der Caritas-Sozialberatung in Wien, gehört haben! Sie hat sehr drastisch geschildert, dass es sehr wohl eine Teuerung gibt und dass diese bei der Bevölkerung – nicht
nur bei den Ärmsten der Armen, sondern auch in der Mittelschicht – angekom­men ist. (Bundesrat Schennach: Und die ist von der Caritas und nicht von der Gewerkschaft! Na, nur für den Kollegen Himmer!) – Die ist von der Caritas und nicht von einer Vorfeldorganisation der SPÖ.

Ich wäre ja fast geneigt, den Klubobmann der FPÖ Kärnten zu zitieren – ich sage: ich wäre fast geneigt –, der bei der letzten Landtagssitzung festgestellt hat: Manchmal wäre es schöner, „ein Haus im Grünen“ zu haben als eine Grüne
„im Haus“. – Herzlichen Dank. (Anhaltender Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

11.35


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. – Bitte.


11.35.35

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Werte Kollegen! Liebe Zuhörer auf der Galerie und vor
den Bildschirmen! Ich kann eingangs einmal meinem Kollegen Appé jedenfalls die Zustimmung geben und werde das nachher auch noch entsprechend begründen, aber zuerst einmal zu Kollegen Köck: Herr Kollege Köck hat das ers­te Mal Google gefunden und einmal versucht, „FPÖ“ einzugeben. Ich kann
dir einen guten Tipp geben: Gib einmal „ÖVP“ ein! Dann poppt wieder einmal die Wahrheit auf, und dann widerlegt das ganz das, was du gesagt hast: Man
darf die ÖVP nicht als „korrupte Partei“ bezeichnen! (Bundesrat Köck: Schauts euch eure Meldungen an!) Dein Herr Blümel hat einen Prozess beim Ober­landesgericht Wien gegen den Pensionisten verloren, der ihn als Teil einer ver­gesslichen oder korrupten Partei bezeichnet hat. (Beifall bei der FPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 110

Er wollte erwirken, dass das nicht mehr gesagt werden darf, und das Gericht hat festgestellt, dass das in seinem Fall gesagt werden darf. Da er bekennender ÖVPler ist und meines Wissens noch nicht ausgeschlossen wurde – und da sind wir beim nächsten Punkt –, ist auch die ÖVP eine korrupte Partei, weil er ja
Teil dieser Partei ist. (Bundesrat Köck: Das hat ja mit der Partei nichts zu tun, das ist ganz was anderes! – Bundesrat Preineder: Das ist ja ganz was anderes!)

Jetzt komme ich gleich zu einem weiteren Punkt – und das macht eben den Unterschied aus –: Wenn es bei uns parteiinterne Probleme gibt, so werden die­se gelöst. Ihr übertragt sie seit Jahren auf das ganze Land, und das ganze
Land ist gelähmt, weil das ganze Land in eurem Korruptionssumpf versinkt. (Bei­fall bei der FPÖ. – Bundesrat Preineder: Märchenstunde ist heute?)

Das ist auch der Grund, warum ihr eigentlich sehr froh seid, dass der ORF nicht dabei ist und dass der ORF nicht überträgt. Ja klar: weil es ja sein könnte,
dass just am Tag, an dem eine Bundesratssitzung ist – das war ja schon des Öfte­ren der Fall –, wieder einmal eine Korruptionsgranate von der ÖVP hier ein­schlägt, und dann muss man sich auf die Schnelle rechtfertigen. Deswegen ist es natürlich besser, wenn der ORF nicht überträgt und die Wahrheit dem Volk,
der Bevölkerung nicht zugemutet wird. (Bundesrätin Platzer: Na, eure Wortwahl! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Eure Wortwahl ...!)

Es wäre ja wirklich schade, wenn diese Schande, der Sie den österreichischen Parlamentarismus und vor allem Österreich mit Ihrer Verhöhnung und Ihrer Überheblichkeit, die Sie an den Tag legen, aussetzen, vielleicht auch noch live gesendet werden würde. In diesem Zusammenhang also verstehe ich das
auch, weil man da eines sagen muss: Es ist abgrundtief schändlich, was Sie hier aufführen, und deswegen ist es vielleicht gut, dass der ORF das nicht live überträgt.

Ein Punkt – und da möchte ich zu den Finanzen überleiten –: Das ist auch
wieder dieser Konnex von Grünen und Schwarzen oder warum sie sich so gut verstehen müssen – weil es dort natürlich eine Justizministerin gibt, und


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 111

die könnte ja wieder irgendeinen korrupten Schwarzen aus dem Hut zaubern, und daher ist man bei sämtlichen Maßnahmen dabei und heißt sie auch noch gut.

Dann stehen da am Pult Bürgermeister, unterstützen eine Geschichte und
reden vom größten Investitionspaket, und: Das ist schon das dritte Paket! (Bun­desrätin Eder-Gitschthaler: Das vierte!) – Wenn Sie nur den Funken einer
Ahnung hätten, wie es den Gemeinden da draußen geht, dann wüssten Sie, dass die Gemeinden unter einem immensen Liquiditätsengpass zu leiden haben,
dass die Gemeinden überhaupt keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung ha­ben, dass sie die 50 Prozent der Investitionskosten zuzüglich tragen könnten.
Sie sind nicht mehr in der Lage dazu, weil Sie mit Ihrer gescheiterten Politik der letzten zweieinhalb Jahre dazu beigetragen haben, dass wir überall, in jedem Bereich – in der Kinderbetreuung, bei der Schülerbeförderung –, noch mehr, noch mehr zuzahlen müssen, und eben auch kein Geld mehr übrig bleibt.

Und Frau Kollegin Kittl, Sie lachen natürlich, denn Ihnen ist das Klima am wichtigsten. Ich darf Ihnen vielleicht eines sagen: Die Gemeinden sind es, die die meisten Klimamaßnahmen auch umsetzen. Nur hilft es halt nichts, wenn wir draußen in den ländlichen Gemeinden Fotovoltaikanlagen haben, die von Ihnen zu 50 Prozent gefördert werden, und dafür kommt kein Kind mehr von A
nach B und funktionieren Wasser und Kanal nicht mehr. (Beifall bei der FPÖ.)

Noch eines: Bei uns im ländlichen Raum – in Wien ist es vielleicht anders, und deswegen verliert man gerne den Bezug zur Realität – braucht es auch
noch Straßen, E-Autos fliegen nicht. Ich weiß, dass Ihre Ministerin das vielleicht anders sieht, oder haben Sie ihr eingeredet, dass, wenn sie im Luxusjet un­terwegs ist, das ein fliegendes E-Auto ist?

Die Realität sieht anders aus, und deswegen kann ich Ihnen nur sagen, auch dieses Gemeindehilfspaket, Herr Staatssekretär, ist kein Hilfspaket, sondern das sind wieder diese Ankündigungen. Das werden die Gemeinden in dieser Form auch nicht abholen können, weil ihnen die nötige Liquidität dazu fehlt. (Beifall bei der FPÖ.)

11.41


11.41.09


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 112

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Nein zum rückwirkenden Klimabonus für Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten“ vor. Ich lasse
über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsan­trag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Erhöhung des Kilo­metergeldes für Ehrenamtliche und Berufstätige im Gesundheits- und Sozial­wesen, in den Rettungsorganisationen, bei den Bergrettungs-, Feuer­wehrwehr “ – Feuerwehr- – „und Wasserrettungsorganisationen und allen ver­wandten Verwendungsgruppen“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungs­antrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungs­antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 113

11.42.583. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz 1989 geändert wird (1777 d.B. sowie 11117/BR d.B.)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird
(1778 d.B. sowie 11118/BR d.B.)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das BFW-Gesetz geändert wird (1779 d.B. sowie 11105/BR d.B. und 11119/BR d.B.)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (1745 d.B. und 1780 d.B. sowie 11120/BR d.B.)

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird (1770 d.B. und 1781 d.B. sowie 11121/BR d.B.)

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz geändert wird (2839/A und 1782 d.B. sowie 11122/BR d.B.)


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 114

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird (2840/A und 1783 d.B. sowie 11123/BR d.B.)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatz­steuergesetz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953 und das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 geändert werden (2892/A
und 1784 d.B. sowie 11124/BR d.B.)


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punkten 3 bis 10, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu den Punkten 3 bis 5 ist Herr Bundesrat Ernest
Schwindsackl. Berichterstatterin zu den Punkten 6 und 7 ist Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl. Berichterstatter zu den Punkten 8 bis 10 ist Herr Bundesrat
Eduard Köck. – Ich bitte um die Berichte.


11.44.39

Berichterstatter Ernest Schwindsackl: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz 1989 geändert wird.

Seit 2011 werden Sportorganisationen in den Bereichen des Leistungs- und Spitzensports und des Breitensports sowie gesamtösterreichische Orga­nisationen mit besonderer Aufgabenstellung im Sport mit den gemäß § 20 des Glücksspielgesetzes zur Verfügung gestellten Mitteln in der Höhe von
80 Millionen Euro unterstützt. Ab 1. Jänner soll dieser Betrag von 80 auf 120 Millionen Euro angehoben werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme zur Antragstellung.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 115

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 4: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird.

Die bestehende Kurzarbeitsregelung wird derzeit aufgrund der aktuellen Arbeitsmarktlage kaum in Anspruch genommen. Sie soll bis Ende Juni 2023 verlängert werden, um bei verstärkten Beschäftigungsproblemen infolge
von wirtschaftlichen Schwierigkeiten ein arbeitsmarktpolitisches Instrument bei der Hand zu haben.

Der Bericht liegt ebenfalls in schriftlicher Form vor, ich komme zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 5: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das BFW-Gesetz geändert wird.

Der Finanzierungsbedarf des Bundesforschungs- und Ausbildungszentrums für Wald, Naturgefahren und Landschaft ist insbesondere aufgrund der Übertragung neuer Aufgaben in den letzten Jahren stark gestiegen und kann trotz ent­sprechender Rationalisierungsmaßnahmen nicht mehr bedeckt werden. Es ist daher eine Erhöhung der Basiszuwendung erforderlich.

Der Bericht liegt ebenfalls in schriftlicher Form vor, ich komme zur Antrag­stellung.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 116

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben. – Herzlichen Dank.


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Ich nütze die Gelegenheit und darf bei uns
die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler herzlich willkommen heißen. (Beifall
bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Bitte, Frau Berichterstatterin.


11.47.43

Berichterstatterin MMag. Elisabeth Kittl, BA: Zu Tagesordnungspunkt 6: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme gleich zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 7: Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben. – Danke.



BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 117

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Berichterstatterin.

Herr Bundesrat, ich bitte um die weitere Berichterstattung.


11.48.47

Berichterstatter Ing. Eduard Köck: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 9: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 10: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuer­gesetz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953 und das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 118

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch
zu erheben.


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Vizepräsident Günther Novak. – Bitte.


11.50.17

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident!
Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde zu den Punkten 6 und 7 in Bezug auf das Budgetbegleitgesetz sprechen.

Zum einen – um einen Teil davon herauszunehmen – geht es um den Ener­gieverbrauch, bei dem 15 500 Gigawattstunden eingespart und 22 000 Giga­wattstunden aus erneuerbaren Energieträgern zusätzlich produziert wer­den sollten. Die 3 Milliarden Euro werden gesetzlich blanko vergeben. Die Betonung liegt auf blanko, denn die genauen Inhalte und die Form der Ab­wicklung der Förderung sind in keiner Weise aus dem Gesetz oder aus dem Budgetbegleitgesetz herauszulesen. Wir haben das Ganze schon damals
bei Bundesministerin Köstinger beim Ökostromgesetz abgelehnt, und es wird auch diesmal wieder so sein.

Ich möchte aber bei der Gelegenheit vielleicht dann auch noch einmal fragen – das habe ich ja schon ein paar Mal getan –, ob das Energieeffizienzgesetz,
das seit 2019 verhandelt wird, irgendwann einmal zustande kommt. Da habe ich nämlich das Gefühl, dass die Grünen verständlicherweise viel hineininter­pretieren wollen und die ÖVP nichts, weil sie damit anderen – sage ich einmal – Wirtschaftsbetrieben schadet. Das Gefühl verlässt mich nicht, dass das wahrscheinlich in Zukunft auch so sein wird, dass wir noch lange darauf werden warten müssen.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 119

Vielleicht noch ein Teilbereich herausgenommen, das habe ich ja gestern
auch schon ganz kurz gemacht: Wir wissen, dass der warme Herbst vorbei ist und der Winter vor der Tür steht. Die Gaspreise sinken derzeit, aber irgendwann einmal, wenn das Gas mehr oder weniger verbraucht ist, wird auch der Gaspreis wieder steigen. Leider Gottes ist in Österreich ein Gaspreisdeckel, der
unserer Meinung nach die Inflation dämpfen und das Heizen wieder leistbar ma­chen könnte, nicht in Aussicht. Man fragt sich, warum das so ist, weil es –
das muss man wirklich sagen – der Regierung ja auch gelungen ist, eine Strom­preisbremse mit diesen 10 Cent bis 2 900 kW/h einzuführen. Wenn man
in diesem Bereich bleibt, ist das ein wirklich sinnvolles Modell, das massiv hilft und natürlich auch zum Sparen anreizt. Es ist ein wichtiger Schritt zur
Entlastung der Haushalte, sie sparen sich zum Teil hohe Energiekosten.

Warum sind in Österreich Kundinnen und Kunden aber weiterhin den Preissteigerungen bei Gas vollkommen hilflos ausgeliefert? Dass es auch anders gehen kann, zeigt uns die Bundesrepublik Deutschland. Sie hat einen Gaspreisdeckel ab März 2023 beschlossen, der jetzt schon ab Jänner gelten soll, und es gibt Einmalzahlungen für Dezember. Die deutsche Regierung hat sich
auf ein Entlastungspaket geeinigt, das in weiten Teilen den Vorschlägen einer un­abhängigen Expertenkommission für Gas und Wärme folgt, die bereits vor Monaten eingesetzt wurde. In Österreich lässt die Regierung die Menschen dies­bezüglich im Stich. Das muss man einfach so feststellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Selbst wenn man sich nun rasch mit diesem Preisdeckel – und Sie tun es ja auch – befasst, kommen wir wahrscheinlich zu spät. Ich habe mir diese Beschlüsse, die in Deutschland gefasst wurden, herausgeschrieben: Private, kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 1,5 Millionen Kilowatt­stunden Gasverbrauch können dieses um 12 Cent beziehen. Auch Vereine sind da dabei. Für Fernwärme sind es nicht mehr als 9,5 Cent, und die Industrie –
man höre und staune – zahlt 7 Cent für 70 Prozent, die in diesem Bereich ver­braucht werden. Die deutschen Haushalte zahlen also für Gas in Zukunft
im Vergleich mit den Haushalten in Österreich nur noch die Hälfte.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 120

Meine Damen und Herren, ich weiß schon, da werden Herr Kollege Bader
und Herr Gross wieder sagen (Bundesrat Schennach: Aber der Bader redet nicht!): Wir haben so viele Pakete geschnürt und den Bewohnern in Österreich
oder der Industrie beziehungsweise den KMUs zur Verfügung gestellt! – Das ist zu wenig. Das sind Einmalzahlungen. Es wird auf jeden Fall in Zukunft not­wendig sein, dass es kontinuierlich monatliche Zahlungen gibt. Und es kann nicht das Hauptargument von Ihnen sein, dass die Gaspreisbremse nach deutschem Vorbild noch nicht in Österreich eingeführt worden ist, weil wir zu wenig Men­schen haben, die davon profitieren, und in Deutschland mehr Menschen
davon profitieren. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist eine Aussage, die in Zeitungen wie­dergegeben worden ist. Ich hoffe, Frau Bundesministerin, dass das nicht
auch Ihre Meinung dazu ist, wenn ich nur allein an Wien mit seinen mehreren Hunderttausend Privatanschlüssen denke, die es notwendig machen
würden, dass auch diese Leute ihre Energie günstiger beziehen können.

Kollegen, Kolleginnen, jetzt haben wir von jenen Leuten geredet, die zu Hause
in der Wohnung sitzen. Wir reden aber auch von Unternehmen und vor
allem von KMUs – die in Österreich einen Anteil von über 90 Prozent haben – und vor allem auch von der Industrie. Und ich sage Ihnen, sowahr ich hier
stehe: Wenn wir dort nicht schnell etwas schaffen, dann werden diese Leute, diese Betriebe irgendwann einmal ein finanzielles Problem haben, weil sie unmittelbar in Konkurrenz mit Deutschland stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es tut mir leid, in der Beziehung – ich möchte nicht sagen, dass Sie untätig sind – kriegen Sie einfach nichts weiter. Wenn wir uns das anschauen: Es sind ja
nicht nur wir, die davon sprechen, sondern es sind vor allem massive Forderun­gen seitens der Wirtschaftskammer, wenn ich da an den Präsidenten Mah­rer denke oder an die Industriellenvereinigung, die wirklich schauen müssen, dass es ihren Betrieben wieder besser geht, dass sie wettbewerbsfähig blei­ben und dass sie die Arbeitsplätze erhalten. Das kommt ja noch mit dazu: Wenn die nicht mehr in der Situation sind, wettbewerbsfähig bleiben zu können,


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dann werden wir viele, viele Arbeitslose auf der Straße haben. Und das wollen wir ja wahrscheinlich alle nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine einheitliche Lösung auf EU-Ebene – Sie haben ja selbst mitverhandelt – scheint ja auch nicht in Aussicht zu sein. Das Meritordersystem ausein­anderzuklauben oder einen Deckel zu bringen mit einem Ersatz, den man nicht überschreiten sollte: Ja, es ist mir schon klar, dass, wenn man das hat, unter Umständen jene, die Strom oder Gas liefern, sagen, da liefern sie irgendwo an­ders hin. Dass das Ganze kompliziert ist, ist keine Frage, das brauchen wir
auch nicht zu diskutieren. Aber bei der Enquete gestern ist das Thema dieser Daseinsvorsorge immer wieder aufgeschlagen. Zu Energiepreisstützen, besonders für vulnerabelste Haushalte, die sich das Heizen nicht mehr leisten können, und einer Hilfe für die Wirtschaft gibt es derzeit aber keine Alter­nativen, die diesen Gasschock abmildern können.

Wie immer gibt es in jeder Situation auch Gewinner. Das möchte ich bei dieser Gelegenheit auch sagen. Der Höhenflug der Energiepreise lässt die Unter­nehmen der Öl-, Gas- und Strombranche heuer mehr denn je profitieren. Krisen­bedingt streifen die Konzerne fette Gewinne ein, die zur Gegenfinanzierung
der staatlichen Entlastungshilfen für Haushalte und Firmen verwendet werden müssen, können und sollen! Bitte das noch einmal mit ins Buch hineinzu­schreiben, um das zu erledigen, da es einfach so ist, dass 33 Prozent zwar ge­nommen werden – was die EU vorschreibt –, aber jetzt erst vielleicht
Ende des Jahres und nicht rückwirkend! Das wäre doch eine Möglichkeit, viel Geld aufzubringen – wie die Deutschen das auch tun –, um den Haushalt auszugleichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Für viele Haushalte und Betriebe, die auf Gas angewiesen sind, sind die der­zeitigen Gasrechnungen nicht mehr zu bezahlen. So ist es. Das schmälert nicht nur die Kaufkraft, führt zu einer Energiearmut und schadet der Wettbe­werbsfähigkeit, es führt auch zu einer ärmer werdenden Bevölkerung bis weit
in die Mittelschicht und treibt Wirtschaftstreibende in den Ruin. Glauben Sie mir,


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das wird so sein, wenn das so weitergeht. Wenn die Regierung jetzt nicht handelt, dann ist es wahrscheinlich zu spät.

Deshalb bringe ich einen Entschließungsantrag der SPÖ ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gaspreisdeckel jetzt umsetzen!“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort mit den Vorbereitungshandlun­gen für einen nationalen Gaspreisdeckel bzw. eine nationale Gaspreisbremse
zu beginnen und dem österreichischen Nationalrat und dem Bundesrat
so schnell wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der geeignet ist, die Preise für Strom- und Gas für Haushalte, Wirtschaft und Industrie erheblich
zu senken und gleichzeitig eine Gegenfinanzierung durch eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne sicherstellt. Um eine kurzfristige Entlastung zu schaffen,
soll schon im Dezember eine Winterhilfe – in Form eines Erlasses der Gas- und Fernwärmerechnung für Haushalte und Wirtschaft – nach deutschem Modell um­gesetzt werden.“

*****

Herr Kollege Krumböck, in der ÖVP in St. Pölten – Sie sind dort ja Parteiob­mann – zum Beispiel hat man so einem Entschließungsantrag zugestimmt. Das wollte ich bei dieser Gelegenheit noch einmal sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zuletzt noch kurz zu Punkt 7: Es geht um den Rahmenplan der ÖBB im Vor­belastungsgesetz. Als Beispiel herausgenommen sei der Brennerbasistunnel, der ist auch in diesem Rahmenplan mit 9,1 Milliarden Euro, Preisbasis 2022, verankert. Das entspricht inklusive Vorausvalorisierung 9,95 Milliarden Euro. Das ist ein Projekt im Bereich der Bundesbahnen, und diesem Punkt werden wir in weiterer Folge zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.01



BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 123

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Vizepräsident.

Der von den Bundesräten Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen ein­gebrachte Entschließungsantrag betreffend „Gaspreisdeckel jetzt umsetzen!“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster ist Herr Bundesrat Florian Krumböck zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.


12.02.20

Bundesrat Florian Krumböck, BA (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Lieber Herr Staatssekretär! – Wenn
ich heute ein paar schon übersehen habe, aber schön, dass du auch da bist. – Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Gestern abends habe ich die Ehre gehabt, rund 50 Feuerwehrmännern und einer Feuerwehrfrau in St. Pölten Ehren­zeichen des Landes für ihre langjährigen Tätigkeiten in der Feuerwehr überrei­chen zu dürfen. Die waren 25, 40, 50, 60, sogar 70 Jahre Tag für Tag für unsere Sicherheit aktiv, und allein das wäre schon wert, dass man sie hier im Hohen Haus erwähnt. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte bei diesem Punkt aber auf etwas anderes hinaus. (Zwischenruf
des Bundesrates Steiner.)
In Krisensituationen, nämlich dann, wenn es wortwörtlich oder auch im übertragenen Sinn darum geht, dass es wo brennt, gilt es, Zuverlässigkeit zu zeigen, und es gilt, gemeinsam zu handeln, um Sicherheit zu schaffen. Die freiwilligen Feuerwehren sind dafür das beste Bei­spiel. Dort steht man zusammen, wenn es brennt oder gekracht hat, dort
zählt nicht, wer man ist oder wo man steht, sondern, dass man da ist und an­packt, wenn es darauf ankommt. Die Feuerwehren wären damit ein gutes Beispiel auch für uns in der Politik, nämlich ein gutes Beispiel für ein gelungenes Miteinander.

Wir haben in den letzten Monaten öfter gezeigt (Zwischenruf des Bundesrates Steiner), dass es leichter geht, wenn man zusammensteht und Parteigren­zen auch einmal überschreitet, und dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen auch in


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 124

der Opposition, ein ehrlich gemeintes Dankeschön für viele Beschlüsse, die man in der Gesundheitskrise oder auch jetzt seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine gemeinsam gefasst hat. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) – Dass ihr am wenigsten dabei gewesen seid, Kollege Steiner, das wissen wir, aber das spricht nicht unbedingt für euren Konstruktivismus. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Doch, schon!)

Wenn man im Miteinander Hilfsmaßnahmen auf den Weg bringt, geschätzte Damen und Herren, wenn man im Miteinander Strategien für die Zukunft festlegt, wie wir das in Niederösterreich gemacht haben, dann geht das leichter. Wir haben das gemacht, übrigens gemeinsam mit den Blauen, geschätzter
Herr Kollege Steiner – wobei: geschätzt, da reden wir noch darüber –, und ge­meinsam auch mit der SPÖ in Niederösterreich, ganz egal, wie hysterisch
die Vertreter der FPÖ, zum Beispiel heute Kollege Spanring, da auftreten.

Nichtsdestotrotz hoffe ich – auch wenn es die ersten Redebeiträge vielleicht schon erahnen lassen, dass man das nicht bei jedem Punkt schafft – auf
ein bisschen mehr Gemeinsamkeit, die man zeigt, auf ein Miteinander auch
in der Beschlussfassung, denn, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir hätten schon einiges, worauf wir gemeinsam stolz sein könnten, wenn wir das be­schließen.

Das Budget der Bundesregierung und die dazugehörigen Gesetze, über die wir jetzt debattieren, schaffen mehr Sicherheit und vor allem neue Chancen, Chancen auf eine grüne Transformation, von der die Wirtschaft profitiert, aber auch unser Mobilitätsystem. (Bundesrat Steiner: Wer hat dir denn das eingeredet?) – Herr Kollege Steiner, mir fällt es vielleicht ein bisschen leichter als dir, Dinge zu lesen. Mir fällt es sogar ein bisschen leichter als dir, wenn wir
schon über die Liveübertragung reden, die ihr im ORF so förmlich vermisst, parlament.gv.at einzugeben. Das ist vielleicht ein bisschen schwieriger, als
nur drei Buchstaben ins Kastel einzutippen, ich weiß, das überfordert manche. Aber man soll doch des Lesens mächtig sein. Ich weiß deshalb, dass das
genau stimmt, dass wir diese Chancen auf eine grüne Mobilitätswende haben,


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dass wir die Chance auf die Transformation haben. Das ist wichtig und
richtig für die Industrie in der Zukunft.

Da geht es um einen Fördertopf von fast 3 Milliarden Euro, da geht es um ganz viele Industriezweige, um die Lederindustrie, die Papierindustrie, die Stahl­produktion bis hin zur Herstellung von Chemiefasern und Düngemitteln, mit dem Ziel, die größtmögliche Reduktion von Treibhausgasemissionen im Produktionsprozess zu schaffen. Das ist wichtig, denn weniger Abhängigkeit von fossilen Energieträgern heißt dann auch mehr wirtschaftliche Sicherheit,
weniger Abhängigkeit von verschiedensten ganz zwielichtigen Regimen und Staatenlenkern – mit manchen von denen Sie auch gute Kontakte pflegen,
Herr Kollege Steiner.

Eine solche Transformation kann und soll aber auch wirtschaftliche Chancen
für unsere Unternehmen bieten, die ja bis jetzt und in der aktuellen Phase auch ganz oft Vorreiterinnen und Vorreiter sind, wenn es um grüne Technologien
geht. Das, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist Verantwortungspolitik mit Blick auf die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich schaue aber, Frau Ministerin, die Sie hier neben mir sitzen, natürlich
auch ganz besonders auf die Zukunft der Mobilität und auf den ÖBB-Rahmen­plan. Wir werden im Zeitraum bis 2028 19, 20 Milliarden Euro aus Bun­desmitteln in die Hand nehmen, um die Modernisierung unserer Bahnhöfe, den Ausbau des Schienennetzes und damit den Ausbau unseres Bahnangebotes
zu ermöglichen und voranzutreiben. Was passiert dadurch? – Wir schaffen ver­besserte Sicherheitsstandards, engere Takte und höhere Fahrgeschwindig­keiten am bestehenden Netz durch den forcierten Ausbau des European Train Control System, des ETCS.

Mit den Projekten beim Semmering-, beim Koralm- und beim Brennerbasis­tunnel verkürzen wir Fahrzeiten, schaffen wir neue Chancen für den Güterverkehr und für den Personenverkehr, wenn ich etwa – da habe ich den


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Kollegen Novak vor mir im Blick – an die Strecke Wien–Klagenfurt denke,
auf der die Fahrzeit von 4 Stunden dann auf 2:40 Stunden reduziert werden kann.

Auch in meiner Heimatregion, in der Stadt und im Bezirk Sankt Pölten, können
wir durch die Investitionen kräftig profitieren. Ich denke an den Ausbau Richtung Traisen- und Gölsental, an die Kremser Bahn, an die Tullnerfelder Bahn, durch
die wir dann auch eine Regio-S-Bahn nach Sankt Pölten ermöglichen. Das bringt uns in der Stadt 150 neue Verbindungen von und nach Sankt Pölten, schrittweise ab dem Fahrplan 2024, und das ist ein echter Beitrag zur Mobilitäts­wende.

Natürlich setzen wir uns als Sankt Pöltener ganz parteiübergreifend – und auch das haben wir im Gemeinderat immer wieder besprochen – weiter für eine Absicherung der Investitionen ein, denn leider sind die schon – in Klammern: un­ter SPÖ-Infrastrukturministern – immer wieder verschoben worden. Ich hoffe, dass wir es jetzt wirklich schaffen, dass der Rahmenplan hält und dass wir schnell in die Umsetzung kommen, auch bei den Punkten, die jetzt gerade noch als
in der Planung drinnen sind, nämlich zum Beispiel beim zweigleisigen Ausbau von Sankt Pölten nach Herzogenburg. Aber, und das ist das Wichtigste, wir
haben damit eine großartige Grundlage für die Region Sankt Pölten, aber mit dem Rahmenplan auch für ganz Österreich.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Was zeigen allein diese beiden Punkte, über die ich jetzt gesprochen habe? – Wir investieren nicht nur in Krisen­bewältigung, wir schaffen nicht nur mehr Sicherheit, wir ermöglichen auch neue Chancen für das Klima, für unsere Wirtschaft und in Sachen Mobilität, um erfolgreich in Richtung Zukunft gehen zu können.

Ich hoffe daher – noch einmal – auf ein gutes Miteinander bei der Abstimmung zu diesen Punkten. Vielleicht ist dann auch bei den Kollegen der FPÖ der Schaum vor dem Mund schon ein bisschen weniger, der die klare Sicht auf die Dinge beeinträchtigt, denn eines hat der Auftritt Ihres Kollegen Spanring


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schon auch ganz klar gezeigt: Die FPÖ ist im tiefsten Inneren gar nichts anderes als von Hass zerfressen. Ich finde, das ist voll okay und das kann man auch
so lassen. Ich bin auch froh, dass Sie das hier am Rednerpult zeigen, und
ich hoffe auch darauf, dass Sie so schnell wie auch sonst immer sind, um diese Tiraden auf Facebook verbreiten zu lassen, denn das macht es nämlich viel leichter für uns, den Unterschied aufzuzeigen – für die Wahl am 29. Jänner in Niederösterreich –, nämlich den Unterschied zwischen einer von Hass zerfressenen Landbauer-FPÖ und einer Landeshauptfrau Mikl-Leitner, die unser Land im Miteinander regiert. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

12.09


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste hat sich Frau Bundesministerin Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.


12.09.50

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Ich möchte ganz kurz zu Beginn, rela­tiv zu Beginn dieser Debatte – und damit möchte ich auch beginnen – zu den Pa­keten, die wir heute hier zur Abstimmung haben, Stellung nehmen.

Klimaschutz ist die große, herausragende Aufgabe unserer Generation, und im Hinblick auf den wärmsten Oktober seit Messbeginn sowie den wärmsten Sommer der Geschichte, also angesichts all der katastrophalen Auswirkungen, die wir in Österreich spüren und die man weltweit spürt, ist etwas klar:
Wir müssen rasch handeln, und dieses Budget, das wir vorgelegt haben, und
die Gesetzesvorschläge, die Ihnen heute zur Abstimmung vorliegen, sym­bolisieren ein Budget beziehungsweise Gesetze des Handelns.

Wir haben mit dem Umweltförderungsgesetz ein wahrhaft umfassendes, wir­kungsvolles und extrem breit gefächertes Werkzeug in der Hand. Wir schaffen es mit dem neuen Umweltfördergesetz – und darauf bin ich wirklich stolz –, ein Förderbudget für die Dekarbonisierung der Industrie einzu­richten. Wir stocken die Sanierungsoffensive auf. Es geht insbesondere darum,


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raus aus Gas und raus aus Öl zu kommen, und es geht um das Vorantreiben der wichtigen thermischen Sanierung von Gebäuden.

Wir können zusätzliche Mittel für den Ausbau der Dekarbonisierung der Fern­wärmenetze bereitstellen. Wir haben Mittel vorgesehen, um die Energie­effizienz bis 2030 anzutreiben; das ist ein Thema, das unserem Herrn Prä­sidenten sehr wichtig ist. Das UFG sichert wirklich zentrale Maßnahmen ab, die notwendig sind, damit wir unser Ziel, die Klimaneutralität, 2040 erreichen.

Es ist dies wirklich ein großes Paket, das Ihnen hier zur Abstimmung vorliegt. Das ist ein großer Wurf und wirklich auch eine große Freude für die zuständige Mi­nisterin.

Dennoch stehe ich nicht an, mich auch für einen Lapsus zu entschuldigen, der im Ablauf der Diskussion im Bundesrat passiert ist. Es war bei unserer Diskussion
im Finanzausschuss betreffend Transformation der Industrie leider kein Experte aus dem Klimaschutzministerium anwesend. Es gab hinsichtlich des Termins wirklich ein Missverständnis im Ministerium, und dafür möchte ich mich auch in aller Form entschuldigen. Wir werden alles daransetzen, dass uns das nicht
mehr passiert. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte noch ganz kurz auf die Zahlen eingehen: Wir haben zur Fortführung der regulären Umweltförderung im Inland – das ist ein Instrument, das
Sie aus den Betrieben und den Gemeinden gut kennen – insgesamt mehr als 600 Millionen Euro bis 2026 zur Verfügung. Die Sanierungsoffensive
wird um fast 800 Millionen Euro auf insgesamt 1,935 Milliarden Euro aufge­stockt. Für zusätzliche Energieeffizienzmaßnahmen gibt es bis 2030 1,5 Milliarden Euro. Für den Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen in Öster­reich stehen insgesamt fast 490 Millionen Euro zur Verfügung. Auch das be­trifft eine Forderung, die gerade von Städten und Kommunen sehr stark gekom­men ist.

Und es ist schon genannt worden: Die Transformation der Industrie ist wirklich das Kernstück. Fast 3 Milliarden Euro gibt es bis 2030 für eine der großen


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Neuerungen: Es ist dies ein innovatives Programm, das zur Verfügung steht für die innovativen, engagierten und zukunftsgerichteten Unternehmen, die be­reit sind, ihre Produktion umzustellen, die wissen, dass sie das tun müssen. Diese Unternehmen wollen wir damit bestmöglich unterstützen.

In diesem Gesetzesvorschlag findet sich ein Punkt, der mir besonders wichtig ist, nämlich das Thema Unterstützung für einkommensschwache Haushalte. Sie wissen – darum drehte sich ja auch die Diskussion, die von Abgeordnetem No­vak vorhin am Rednerpult erwähnt wurde –, dass aktuell auf EU-Ebene zahlreiche Arbeiten laufen, um die Gaspreise in Europa zu senken. Das machen wir sinnvollerweise auf der europäischen Ebene. Der gemeinsame Gasein­kauf sowie Maßnahmen gegen Marktspekulation, all das, was jetzt in Brüssel auf dem Tisch liegt, hätten hier eine Situation wie im August verhindern können. Das heißt, der sogenannte Marktkorrekturmechanismus, also die Maß­nahmen gegen Spekulation, sind enorm wichtig.

Die gesamte Bundesregierung hat sich während der Verhandlungen für eine rasche Umsetzung von vernünftigen Lösungen eingesetzt. Es wird ein Sondertreffen der EU-Energieminister:innen am 13. Dezember und ein weiteres Treffen am 19. Dezember geben. Das ist wichtig, weil diese Maßnahmen eu­ropäisch am besten wirken.

Wir haben in Österreich aber auch umfangreiche Entlastungspakete geschnürt: Der Energiekostenzuschuss für Unternehmen ist jetzt in der Vollausrollung.
Es gibt die Stromkostenbremse für Haushalte. Außerdem liegt uns eine Analyse des Budgetdienstes vor – Sie müssen es nicht mir glauben, glauben Sie es
aber bitte dem Budgetdienst des Parlaments –: Für 2022 übersteigt das Volu­men der Entlastungspakete über alle Einkommensdezile die Inflation deut­lich. Wir als Bundesregierung werden natürlich auch weiter in diese Richtung ar­beiten.

Ein Vorschlag dazu: Ich meine, dass man zwischen Staaten wie Deutschland und Österreich nicht immer alles nur eins zu eins vergleichen kann. Wir haben


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unterschiedliche Strukturen. Gerade in Kärnten gibt es kaum Menschen, die mit Gasheizungen heizen. Deswegen ist ein Vorschlag in der Debatte, wie man zielgerichtet und treffsicher unterstützen kann, den Heizkostenzuschuss der Bun­desländer mit Unterstützung aus Finanzmitteln des Bundes zu stärken. Das
wäre treffsicher, das ginge rasch, das hilft allen, nicht nur denen, die mit einer Energieform heizen. Deswegen ist die Frage eines guten Instruments zur Unterstützung der Menschen in unserem Land, die es brauchen, eine Frage, die wir uns in Österreich anschauen müssen.

Ich komme zum letzten Punkt, ich möchte jetzt auch noch auf den zweiten großen Tagesordnungspunkt eingehen, den Bundesrat Krumböck gerade erwähnt hat: Es ist dies ein etabliertes Prozedere. Der Rahmenplan und das damit verbundene Vorbelastungsgesetz stehen auch dieses Jahr wieder
im Nationalrat zur Abstimmung. Infrastruktur hat einen langen Zeithorizont, und deswegen hat auch das Vorbelastungsgesetz einen sehr, sehr langen Zeit­horizont.

Wir haben aber mit 19 Milliarden Euro auch dieses Jahr einen Rahmenplan für die nächsten sechs Jahre vorliegen, der Investitionen in unsere Regionen ermöglicht, der Investitionen in die Ballungsräume ermöglicht, der Investitionen in eine zukunftsfähige Mobilität ermöglicht, und zwar in einem Ausmaß, wie
wir es in Österreich noch nicht gehabt haben. Damit wird auch abgesichert, dass wir das Investitionsvolumen trotz gestiegener Faktorpreise auf der Input­seite beibehalten können. Ich darf Sie also wirklich um Ihre Unterstützung auch für dieses zweite Gesetzespaket bitten, das hier auf dem Tisch liegt. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.17


Vizepräsident Günther Novak: Danke, Frau Bundesministerin, für Ihre erste Stellungnahme.

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Kollege Michael Bernard. – Bitte, Herr Bundesrat.



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12.17.17

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Liebe Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Unter den Tages­ordnungspunkten 3 bis 10 gibt es Punkte, die auch unsere Zustimmung finden, zum Beispiel jene, die als §-27-Anträge zum Budgetbegleitgesetz einge­bracht wurden, wie zum Beispiel die Erhöhung der besonderen Sportförderung von 80 auf 120 Millionen Euro, die Verlängerung der Kurzarbeit, die Erhö­hung der Basisförderung für das österreichische Bundesforschungs- und Aus­bildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft in Höhe von 2 Millionen Euro.

Weiters nenne ich die Fortsetzung des österreichischen Exportfinanzierungsver­fahrens, die Verlängerung der Ermächtigung zur Haftungsübernahme und zur Zuschussgewährung bis Dezember 2028, die Novelle des Ausfuhrförderungsge­setzes, die einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Exporte von Gütern
oder Dienstleistungen bringen soll und somit der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen im Inland sowie der Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft und deren nachhaltiger Entwicklung dient.

Die Änderung des Artikels 1 des Einkommensteuergesetzes 1988, des Artikels 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, des Artikels 3 des Versicherungssteuerge­setzes 1953 und des Artikels 4 des Nationalen Emissionszertifikatehandelsgeset­zes betreffend die Klarstellung von Unklarheiten sind unsererseits als positiv für die österreichische Wirtschaft zu beurteilen, weshalb diese Punkte unsere Zustimmung finden.

Unter dem Titel Klima- und Transformationsoffensive probiert diese Bun­desregierung ein Rettungsmanöver, um das drohende selbst verschuldete Ken­tern des österreichischen Wirtschaftsdampfers zu verhindern.


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Zusätzlich zu bereits beschlossenen und umgesetzten Maßnahmen sollen mit einer Novelle des Umweltförderungsgesetzes und mit einem eigenen Vor­belastungsgesetz die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen für die Industrie mittel- bis langfristig abgesichert werden.

Unter dem Titel industrielle Revolution sollen die Brennstoffe ausgetauscht werden: Kohle und Erdgas kommen raus und werden ersetzt durch Ökostrom und Wasserstoff. Diese von der Bundesregierung so bezeichnete Revo­lution schlägt sich im Budget 2023 mit zusätzlichen 175 Millionen Euro und da­nach mit 400 Millionen Euro pro Jahr nieder. Insgesamt sind das 2,9 Mil­liarden Euro. Als Unterstützung zusätzlicher Energieeffizienzmaßnahmen gibt es weitere 190 Millionen Euro jährlich, insgesamt 1,52 Milliarden Euro. Für die Förderung des Forschungs- und Wirtschaftsstandorts werden bis 2026 weitere 600 Millionen Euro budgetiert. Für die Fortführung der Umweltförderung im Inland werden bis 2026 weitere 600 Millionen Euro budgetiert.

Dass als Umsetzungspartner die Österreichische Forschungsförderungsgesell­schaft FFG zur Verfügung steht, betrachten wir Freiheitliche als positiv. Das sehen wir anders als das immer noch fehlende Versagenseingeständnis der Bundesregierung betreffend ihre damalige Entscheidung für die Cofag.

Die Aufstockung der Fördermittel und die gesetzliche Verankerung eines klaren Planungs- und Finanzierungshorizonts, der es den Betrieben ermöglicht, Investitionen in Angriff zu nehmen und die österreichische Wirtschaft damit unabhängiger zu machen, ist prinzipiell schön und gut. Wir Freiheitliche sind
aber der Meinung, dass die österreichische Industrie jetzt rasche Hilfe und Un­terstützung benötigt und nicht nur Förderzusagen für die Zukunft. (Beifall
bei der FPÖ.)

Ein weiterer Tagesordnungspunkt betrifft den Beschluss hinsichtlich eines Bundesgesetzes, mit dem die Ermächtigung zum Eingehen von Vorbelastungen in Höhe von bis zu 56 Milliarden Euro gemäß § 42 Abs. 1 und 2 Bundes­bahngesetz zur Schaffung einer haushaltsrechtlichen Grundlage erfolgt, um die


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mit den Verträgen des Bundesbahngesetzes verbundenen finanziellen Ver­pflichtungen umsetzen zu können. Finanzielle Verpflichtungen werden
erst mit der Umsetzung der gesondert abzuschließenden Zuschussverträge begründet.

Im Bereich Verkehr und Infrastruktur sollen der Ausbau und die Verbesserung der Schieneninfrastruktur, die Stärkung der Schiene als Rückgrat für den öffentlichen Verkehr, die Modernisierung der Bahnhöfe als Mobilitätsdrehschei­ben zur Verbesserung der Umsteigequalität, die weitere Elektrifizierung des Schienennetzes sowie die Überarbeitung und gegebenenfalls Aufstockung des ÖBB-Rahmenplans, um die Fertigstellung des Zielnetzes 2025+ zu be­schleunigen und dringliche Nahverkehrsprojekte in Ballungsräumen rasch zu starten, forciert werden.

Für die Begründung der erforderlichen Vorbelastungen für die Finanzjahre 2023 bis 2028 ist gemäß Bundesbahngesetz eine bundesgesetzliche Ermächtigung einzuholen. Die wesentlichen Änderungen des nun vorliegenden Rahmen­plans 2023 bis 2028 im Vergleich zum Rahmenplan 2022 bis 2027 betreffen die Anpassung der Investitionsquoten an den aktuellen Stand der Projekt- und Preisentwicklung. Schon die ÖBB-Rahmenpläne 2021 bis 2026 und 2022 bis 2027 waren, aber auch der ÖBB-Rahmenplan 2023 bis 2028, der vom Minister­rat per Umlaufbeschluss am 21.10.2022 beschlossen wurde, ist für viele Re­gionen sehr mangelhaft und nicht zufriedenstellend. Dadurch werden viele länd­liche Regionen massiv benachteiligt, denn der Fokus liegt hauptsächlich auf den Städten.

Wie diese Bundesregierung mit der Wahrheit und den Anliegen der ländlichen Bevölkerung umgeht, zeigt sich auch in einer Anfragebeantwortung von
Frau Minister Gewessler. Ich habe in meiner Anfrage geschrieben: „Haben Sie in den letzten Monaten Briefe, E-Mails oder sonstige Schriftstücke und Nachrichten von Einzelpersonen oder Gruppierungen erhalten, in welchen Sie auf Missstände im Bereich der Nordbahn und der Laaer Ostbahn hingewie­sen wurden?“ „Wenn ja, wie viele waren das bislang?“ „Ist Ihnen – unabhängig


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allfälliger Schreiben besorgter Bürger – das geschilderte Problem von Zug­ausfällen und Zugverspätungen auf der Nordbahnstrecke bekannt?“ „Ist Ihnen – unabhängig allfälliger Schreiben besorgter Bürger – das Problem von Zug­ausfällen und Zugverspätungen auf der Laaer Ostbahnstrecke bekannt?“

„Sind Ihnen die Probleme der Menschen, welche auf die Nordbahn angewiesen sind, auch bewusst?“ „Sind Ihnen die Probleme der Menschen, welche auf
die Laaer Ostbahn angewiesen sind, auch bewusst?“ „Welche konkreten Maßnahmen werden Sie noch ergreifen, um diese Missstände rasch zu besei­tigen?“ „Für wann ist die Fertigstellung des Ausbaus der Nordbahn geplant?“ Im Juli und August wurde an den Gleiskörpern der Laaer Ostbahn gearbeitet. „Warum wird der Unterbau und die Gleiskörper eingleisig erneuert, wenn es an­geblich nach Ihren Aussagen einen zweigleisigen Ausbau geben soll?“

Das Zuckerstück der ganzen Geschichte: Erst heißt es: Wir bauen zweigleisig aus! Dann lassen Sie den kompletten Unterbau wegreißen und ihn wieder eingleisig machen, genau mittig und zentral, und auch neue Brücken werden wieder eingleisig gebaut. Wo also bleibt der zweigleisige Ausbau? Irgend­etwas stimmt da nicht mit der Wahrheit. (Beifall bei der FPÖ.)

Beantwortet haben Sie meine Anfrage damit, dass Sie eh schon eine andere Anfrage bezüglich Bahn ausführlich beantwortet haben. Darin haben Sie aber zu den genannten Punkten nicht Stellung genommen.

Und dass Sie alles nur auf die Städte fokussieren und die ländlichen Regionen vergessen, zeigt Ihre Antwort auf Frage 12 – „Für wann ist die Sanierung / Neubau / Verbreiterung auf sechs oder bis zu acht Gleise der Donaubahnbrücke in Stadlau beziehungsweise dessen Fertigstellung geplant?“ –: „In den
nächsten Jahren liegt der Fokus der Aktivitäten zur Verbesserung des Bahnsys­tems im Großraum Wien auf der Modernisierung der S‑Bahn-Stammstrecke
und den damit verbundenen Zulaufstrecken. Damit wird gezielt dort mehr Kapa­zität im Bahnverkehr geschaffen, wo diese am dringendsten notwendig sind.
Die Donaubrücke der Laaer Ostbahn über Stadlau stellt, neben ihrer Funktion als


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einzige Donauquerung im Großraum Wien für den Personenfern- und Güter­verkehr und insbesondere während der Bauarbeiten auf der S‑Bahn-Stammstre­cke, eine wichtige Ausweichstrecke dar.“ – Es ist also alles auf Wien fokus­siert und der ländliche Raum wird vergessen.

Herr Bundesrat Krumböck, nun noch eine Bemerkung zum Thema Miteinander: Wir haben Sie mehrmals eingeladen, miteinander für die Bevölkerung einen Treibstoffdeckel, einen Strompreisdeckel und einen Gaspreisdeckel einzuführen sowie die CO2-Steuer abzuschaffen. Wir laden Sie weiterhin ein, mit der Freiheitlichen Partei Politik für die Sicherheit für unser Land umzusetzen und
sich gegen den illegalen Zuzug auszusprechen, Illegale an die Grenze zurückzu­drängen, Geldleistungen für Asylanten auf null zu setzen und Asylstraftäter konsequent abzuschieben.

Zum Thema von Hass zerfressen im Hinblick auf Landbauer, FPÖ: Die Einzigen, die einen Hass haben, sind die Grünen, und zwar auf die Autofahrer. (Beifall bei
der FPÖ. –
Bundesrat Steiner: Bravo!)

12.27


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte, Herr Bundesrat.


12.27.24

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kollegen und Kollegen! (Bundesrätin Zwazl: Innen!) –
Habe ich nicht Kolleginnen gesagt? – Ein schwerer Fehler, keine Frage, obwohl ich das in den Genen habe! Natürlich wollte ich sagen:
Werte Kolleginnen!

Immer kann ich der Logik des Herrn Kollegen Bernard nicht folgen. Damit be­lasse ich es schon mit einem Kommentar zu ihm.

Ein weiteres sehr großes Puzzlestück zum Ausstieg aus den Klimagiften und Preis­treibern Öl und Gas wird mit dem Transformationsfonds für die Industrie ein­gefügt. Das ist eine sehr, sehr wichtige Maßnahme, die mit nicht weniger


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als rund 3 Milliarden Euro dotiert ist, weil eben der Ausstieg so wichtig ist. Es ist das Wichtigste, endlich aus diesen Abhängigkeiten rauszukommen. (Beifall
bei Grünen und ÖVP.)

Es soll nämlich nicht noch einmal passieren, dass wir in eine solche Misere geraten wie jene, in der wir jetzt sind, die verursacht ist durch Abhängigkeiten und Preistreiberei bei den fossilen Brennstoffen. Ein Grund dafür – und
jetzt muss ich doch ein bisschen austeilen –, ist, dass in den letzten 20 bis 30 Jahren insofern einfach zu wenig passiert ist. Das sagen wir schon jahrzehntelang. Das wissen wir schon lange. Ich habe in den Neunzigerjahren schon gewusst, dass es dringend und wichtig ist, aus fossilen Energieträ­gern auszusteigen, die Abhängigkeiten zu beenden, Klimaschutz zu betreiben. Es ist jedoch leider nicht sehr viel geschehen. Das sieht man an der Emissions­bilanz. Und natürlich ist es jetzt nicht möglich, solche strukturellen Versäumnisse in wenigen Jahren wettzumachen. Das kann man nicht von heute auf morgen ändern.

Umso wichtiger ist es aber, den Ausstieg jetzt wirklich intensiv anzugehen, und das geschieht, nämlich zum Beispiel mit diesen 3 Milliarden Euro, die Indus­triebetrieben zur Verfügung stehen, um aus der Verbrennung fossiler Energieträ­ger auszusteigen und industrielle Prozesse auf erneuerbare Energieträger umzustellen. Das ist mehr als Klimaschutz, das ist in Zukunft ein Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit. In diesem Sinn umzubauen ist notwendig, und
es ist klar, dass nur dann, wenn man das schnell und mutig genug angeht, auch der nötige Vorsprung erarbeitet wird, den die österreichische Industrie braucht, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Viele Unternehmen haben das auch verstanden. Ich möchte ein sehr eindrückli­ches Beispiel dazu nennen, und zwar ausnahmsweise aus Vorarlberg, denn
ich bringe ja eigentlich sonst wenig Lokalkolorit herein: Da haben sich zig führen­de Industrieunternehmen unter dem Label TUN – Green Deal Vorarlberg zusammengetan und haben das Projekt vor wenigen Wochen präsentiert. Sie verpflichten sich selbst, bis 2030 klimaneutral zu sein – das ist wirklich


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ein Brocken! –, und sie wünschen sich, dass das ganze Land ein Programm auf­setzt, um nicht erst 2040 oder 2050, sondern schon 2030 Klimaneutralität
zu erzielen.

Warum wollen sie das? – Sie wollen das genau aus dem genannten Grund: Weil sie wissen, dass sie nur durch diese klaren Planbarkeiten wettbewerbsfähig bleiben können. Und es sind nicht irgendwelche Unternehmen, die da mit dabei sind, sondern es finden sich Namen darunter wie beispielsweise Blum,
Alpla, Haberkorn – übrigens der weltweit größte Zulieferer an Werkzeugen –, Gebrüder Weiss, eine der ganz großen Speditionen in Europa, Rauch,
eine Firma, die sicherlich alle kennen, sowie Rhomberg – also nicht irgendwer.

Der nun finanzierte Fonds wird diese Transformation unterstützen, und
damit wird langfristige Sicherheit geschaffen. Bis 2030 können Förderzusagen erteilt werden, bis 2042 können Umsetzungen erfolgen. – Das sind Zeiträume im Förderwesen, wie es sie bisher noch nie gegeben hat. Noch nie zuvor sind derartige Planungssicherheiten im Förderwesen geschaffen worden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich möchte auf einige Aspekte eingehen. Zunächst halte ich fest, dass Transformation vor allem im Kontext mit ganz vielen weiteren Maßnahmen, teilweise mit massiven Budgeterhöhungen, zu sehen ist. Die Frau Ministerin hat es erwähnt: Wir haben heute eine Umweltförderung mit einem sehr breiten Spektrum auf einem nie beziehungsweise nicht annähernd jemals da gewesenen Niveau. Die reguläre Finanzierung der Umweltförderung wurde angehoben.
Wir haben es gehört: Wir haben sehr, sehr viel Geld für den Umbau, für den Aus­stieg aus fossilen in Richtung erneuerbare Energieträger, für thermische Sa­nierungen und für den Heizungstausch vorgesehen. Ich erwähne es immer wie­der: Es gibt Förderungen bis zu 100 Prozent für Einfamilienhäuser, für Men­schen, die sich das sonst nicht leisten können. 190 Millionen Euro sind jährlich bis 2030 zusätzlich für Energieeffizienzmaßnahmen, für die Aufstockung der Fernwärmeförderung und so weiter garantiert.


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Das ist aber noch nicht alles, auch wenn das die Opposition nicht gerne hört und dann immer sagt: Es geschieht nichts! Ich erinnere an den Energiekostenzu­schuss für Betriebe. Übrigens bitte ich, in diesem Zusammenhang nicht zu vergessen, dass dieser auch zur Deckung von Gasrechnungen verwendet werden kann. Ich erinnere weiters an das Gemeindeinvestitionspaket, auf das Kollegin Kittl ausführlich hingewiesen hat, und an die Stromkostenbremse. Diese ist wirklich ein großer Meilenstein, damit wird eine Grundsicherung für leistbaren Strom geschaffen. Ergänzt wird all das auch noch mit weiteren Maßnahmen für einkommensschwache Haushalte. Diesen Haushalten
werden 75 Prozent der Netztarife erlassen, und es wird einen weiteren Zuschlag beziehungsweise eine weitere Unterstützung für größere Haushalte mit meh­reren Kindern geben.

Wir haben einen Klimabonus eingeführt, der nachweislich sozialpolitisch überproportional gut wirkt. Die Frau Ministerin hat auf den Budgetdienst hin­gewiesen.

Ich meine, im Hinblick auf den Energiebereich kann man jetzt wirklich nicht mehr sagen, dass da nichts passiert. Ganz im Gegenteil: Diese Kostenerhöhungen werden – und das ist sehr gut so – durch sämtliche Maßnahmen zumindest ab­gefangen. Natürlich gibt es noch weitere Kostenerhöhungen, das sei nicht
in Abrede gestellt. Betreffend den Energiebereich kann man aber wirklich nicht sagen, dass da nichts geschieht.

Ich verweise auf die Abschöpfung der Krisengewinne. 90 Prozent beim Strom, alles, was über 14 Cent beim Energiepreis an Einnahmen bei den Händlern hinausgeht, wird abgeschöpft. Schauen Sie sich Ihre Stromrechnungsvorschrei­bungen für 2023 an: Da werden Sie sehen, wie massiv das für die betrof­fenen Haushalte wirken wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass man natürlich, um in knapp 17 Jahren Klimaneutralität zu erreichen, verbindliche Rahmenbedingungen braucht. Geld ist in diesem Zusammenhang ganz wichtig, wir brauchen aber auch klare,


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rechtlich planbare Bedingungen. Dazu gehört beispielsweise die CO2-Beprei­sung. Dazu gehört das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das einen klaren Rah­men für 2035 beziehungsweise 2040 schafft. Außerdem ist dafür natürlich auch noch ein entsprechend ambitioniertes Klimaschutzgesetz erforderlich. Das ist unabdingbar, um Planbarkeit für die Wirtschaft sicherzustellen.

Ich komme jetzt noch einmal auf die zitierte Unternehmensgruppe in Vorarlberg zurück. Eine der Zielsetzungen, die unterschrieben wurden, ist die aktive Unterstützung und Einforderung von Rahmenbedingungen. Warum fordern sie das? – Weil sie ganz einfach wissen, dass die nötige und schnelle Trans-formation, die jetzt ansteht, nur funktioniert, wenn der gesetzliche Rahmen ganz klar die Richtung vorgibt. Nur so entsteht nämlich Planungssicherheit, und das brauchen die Industrie und die Wirtschaft, weil es ja um Milliardeninvestitio­nen geht.

Ein paar Sätze noch zu TOP 7: Die Sicherstellung der Finanzierung für den nächsten Rahmenplan in Höhe von 19 Milliarden Euro ist ein großer
Brocken. Das ist wieder ein Rekordbudget für den Bahnausbau. Da geht sehr
viel voran.

Die Bahn ist das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs, und zwar im Personen­verkehr und natürlich auch im Güterverkehr. Wir sehen auch, dass wir uns
in Österreich diesbezüglich definitiv nicht verstecken müssen. Wir sind immer noch Bahnland Nummer eins, gar keine Frage, obwohl natürlich noch sehr
viel ausgebaut werden muss – auch das steht außer Frage. Der Rahmen­plan sieht ja wirklich in allen Bereichen große Investitionen vor, etwa betreffend die Strecken oder das Material. So sind darin beispielsweise auch 4 Milliarden Euro für das Wagenmaterial und neue Garnituren enthalten, die es braucht, um die Anzahl der Verbindungen und die Taktungen zu erhöhen.

Das schafft sehr viel Beschäftigung in Österreich, die diesbezüglichen Zahlen sind in Relation zur Straße viel höher. Um 70 Prozent höher beispielsweise ist die


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Beschäftigungswirkung von Bahninvestitionen in Relation zu Investitionen in die Straße. Das ist gerade in Zeiten wie diesen eine sehr, sehr wichtige Maßnahme.

Ich denke, dass das wirklich ganz, ganz große Schritte im Sinne leistbarer Mobi­lität und auch im Sinne leistbarer Energiekosten für die Wirtschaft und für
die Haushalte sind. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.37


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Ingo Appé. – Bitte.


12.38.00

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die nun
zur Diskussion stehenden Tagesordnungspunkte 3 bis 10 beinhalten aus unserer Sicht teilweise sehr gute sowie gute Gesetzentwürfe. Deshalb stimmen wir
fünf Entwürfen zu, bei drei Entwürfen ist das nicht der Fall – dazu hat Kollege Novak bereits eine Begründung vorgenommen.

Ich möchte von den von uns als positiv erachteten Entwürfen das Glücksspiel­gesetz nennen, von dem Kollege Bernard schon gesagt hat, dass da mit der Erhöhung von 80 auf 120 Millionen Euro im Sinne der Sportförderung si­cherlich ein guter Schritt gesetzt wurde.

Bei näherer Betrachtung des Einkommensteuergesetzes möchte ich Bezug nehmen auf die Ziffern 4 und 5 und auf Ziffer 8 lit. e, wo eine redaktio­nelle Änderung erfolgt und der Betrag, der die beschränkt Steuerpflichtigen betrifft, von 2 000 Euro auf 2 126 Euro erhöht wird.

Wenn wir von 2 000 Euro reden, kommt mir der Bonus für die Pflegebeschäftig­ten in den Sinn, und ich denke, dass man sich damit doch ein bisschen näher auseinandersetzen sollte. Vollkommen zu Recht wurde nämlich den Beschäftig-


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ten der Gesundheits- und Pflegeberufe vom zuständigen Minister ein zu­sätzlicher Monatslohn als Gehaltsbonus für die nächsten zwei Jahre in Aussicht gestellt.

Von dieser Ankündigung blieb dann ein Betrag von 2 000 Euro übrig, den diese gerade in der jüngsten Vergangenheit unter enormen Belastungen stehenden Berufsgruppen mehr als verdient haben.

Jedoch stellte sich bei der Umsetzung heraus, dass dieser Betrag brutto-brutto ausbezahlt wird, und das heißt, dass den bezugsberechtigten Dienstnehmern unterm Strich nur 1 000 Euro übrig bleiben. Dieser Missstand wäre eigentlich von den zuständigen Ministerien umgehend zu beseitigen, denn zuerst zu klatschen und dann durchs Hintertürchen 50 Prozent der in Aussicht gestellten Prämie über die Steuer wieder zurückzuholen, ist sicher kein Ruhmesblatt
für die Regierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Offenbar ist auch ein zweiter Fehler passiert, da durch den Stichtag 1. Dezember sämtliche Kolleginnen und Kollegen aus dieser Berufssparte, die vor dem 1. Dezember in Pension gegangen sind, um diesen Bonus komplett umfallen. Wenn wir also schon laufend Gesetze reparieren, dann sollte die Regierung über ihren Schatten springen und auch das reparieren, was da angestellt worden
ist, sodass erstens auch jene Pensionisten, die sich gerade in der Krise massiv an­gestrengt haben, um das Gesundheitssystem am Laufen zu halten, nicht vergessen werden, und zweitens diese 2 000 Euro steuerfrei gestellt werden.

Sämtliche Gesundheitsreferenten der Länder – und wir sind die Länderkammer –, und zwar aller Couleurs, das muss man auch dazusagen, sind an den Herrn Gesundheitsminister herangetreten und haben ihm gesagt, er möge den Herrn Bundesfinanzminister dazu bewegen, diese Prämie steuerfrei zu stellen.
Dieser ist dem nicht nachgekommen. Vielleicht kann man da im Sinne einer Weihnachtsamnestie für diese Berufsgruppe doch zukünftig einen posi­tiveren Weg beschreiten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.41



BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 142

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau
Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber. – Bitte, Frau Bundesrätin.


12.42.08

Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Grüne, Steiermark): Sehr geehrter
Herr Präsident! Meine liebe Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zusehende hier im Hohen Haus und auch via Livestream! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um in der aktuellen Debatte
auf ein paar Punkte einzugehen, die meiner Meinung nach noch nicht ausreichend diskutiert worden sind.

In Tagesordnungspunkt 3, wir haben es schon ein paarmal gehört, geht es – Gott sei Dank, wir beschließen es mit breiter Zustimmung – um eine beachtliche Aufstockung der Sportförderung von derzeit 80 Millionen Euro auf 120 Millio­nen Euro. Das ist, das muss man wirklich dazusagen, tatsächlich ein Rekord­budget für den Sport.

Was wird da gefördert? – Selbstverständlich geht es auf der einen Seite um die Förderung des Spitzensports, um damit für österreichische Athletinnen und Athleten die Möglichkeit zu schaffen, Topleistungen zu erbringen. Im Spitzen­sport ist aber auch das Thema Gleichstellung sehr wesentlich, denn Team­sport, das muss man sagen, ist in Österreich noch immer sehr stark männerdominiert. Deshalb wurde von unserem Sportminister Werner Kogler beispielsweise das Programm Dream Teams ins Leben gerufen. Es ist ein Impuls, um Strukturen aufzubauen, damit Frauenligen in Österreich auch in den Mannschaftssportarten gezielt gefördert werden, damit Frauenteams die Möglichkeit bekommen, zum internationalen Spitzenfeld aufschließen zu können.

Auf der anderen Seite geht es in der Sportförderung aber selbstverständlich auch darum, den Breitensport zu unterstützen, damit sich alle Menschen,
die in unserem Land leben, in ihrer Freizeit sportlich betätigen können. Das ist nicht nur für die physische Gesundheit wesentlich, sondern auch für die psychische. Und was für mich persönlich, als Mutter von zwei Kindern, auch


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ganz wesentlich ist, weswegen ich es nicht unerwähnt lassen möchte: Es
gibt erstmals einen Etat von 3,5 Millionen Euro für das bundesweite Ausrollen der täglichen Bewegungseinheit. Das ist in meinen Augen ein Meilenstein.
Viele haben davon gesprochen, jetzt wird das endlich umgesetzt. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

In Tagesordnungspunkt 5 geht es, das haben wir auch schon kurz gehört, um die Erhöhung der Basisfinanzierung für das Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft um 2 Mil­lionen Euro. Das Bundesforschungszentrum für Wald untersucht mit wissen-schaftlich fundierten Methoden die nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes sowie die durch den Klimawandel verschärften Naturgefahren. Es geht darum, den Wald zu nutzen, zu schützen und gleichzeitig die biologische Vielfalt des Waldes zu erhalten.

Was dabei auch wirklich sehr wesentlich ist, ist, dass das Bundesforschungs­zentrum für Wald seit Jahrzehnten auch Waldschutzgebiete betreut. In Kärnten ist es beispielsweise das Naturwaldreservat Thalraut in den Ossiacher Tau­ern, das einen besonderen Artenreichtum aufweist. Im ungefähr 1,3 Hektar gro­ßen Gebiet reihen sich Rotbuchen der verschiedensten Altersklassen anein­ander, abgestorbene Bäume bieten neuen Lebensraum für Pilze, Insekten, Flech­ten, Amphibien und Vögel. Das Bundesforschungszentrum für Wald leistet damit einen wertvollen Beitrag dazu, unsere Wälder klimafit und nachhaltig zu machen. Das sollte hier auch nicht unerwähnt bleiben.

Die Tagesordnungspunkte 8 und 9 enthalten ebenfalls sehr wesentliche Änderungen, nämlich jene zum Ausfuhrförderungsgesetz und zum Ausfuhrfi­nanzierungsförderungsgesetz. Wir beschließen die Verlängerung um wei­tere fünf Jahre beziehungsweise auch die Höhe des Haftungsrahmens, der mit 40 Milliarden Euro bestehen bleibt.

Das ist gerade für kleine und mittlere Unternehmen in Österreich eine wesentliche Unterstützung, denn die Vorlaufkosten und Risiken beim ersten


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Schritt über die Grenze sind nicht zu unterschätzen. Daher ist es wirklich zwingend erforderlich, den österreichischen Unternehmen unterstützend zur Seite zu stehen, und zwar sowohl beim erstmaligen Export als auch bei
der Erschließung neuer Märkte. Genau das gewährleisten das vorliegende Aus­fuhrförderungsgesetz und das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz.

Für die österreichische Wirtschaft, das wissen wir, ist der Export von Waren und Dienstleistungen ein wesentlicher Faktor. Im Jahr 2021 wurden Waren im
Wert von rund 165 Milliarden Euro aus Österreich exportiert. Damit stiegen die Ausfuhren deutlich gegenüber dem Vorjahr, sie erreichten einen neuen Höchststand. Der Export sichert in Österreich 1,4 Millionen Arbeitsplätze. Was für mich da auch sehr wesentlich ist, ist, dass auch der Klimaschutz für Österreich eine Chance im Export sein kann, das sieht man, wenn man sich den Umwelttechniksektor in unserem Land genauer anschaut.

Die Klima- und Umwelttechnologie hat das Potenzial, als Motor für die österrei­chische Exportwirtschaft zu fungieren. Im Umwelttechniksektor kommen 89 Prozent des Umsatzes aus dem Export. Das schafft nachhaltige und zukunfts­sichere Arbeitsplätze in unserem Land, und daher bin ich sehr froh, dass diese beiden Gesetze hier wieder mit breiter Zustimmung beschlossen werden.

Ich möchte jetzt auch noch kurz auf Tagesordnungspunkt 10 eingehen: Wir haben schon gehört, der umfasst eine Reihe von Gesetzesnovellen, die größtenteils Klarstellungen und technische Änderungen betreffen. Besonders hervorzuheben ist da aus meiner Sicht eine Regelung im Zusammenhang
mit Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmern und auch Einpersonenun­ternehmen, darunter fallen in Österreich rund 20 000 Betriebe. Seit 2020
gibt es in Österreich die Möglichkeit für Kleinunternehmerinnen und Kleinunter­nehmer, im Bereich der Einkommensteuer eine Pauschalierung in Anspruch zu nehmen, sofern die jährlichen Umsätze nicht mehr als 35 000 Euro netto be­tragen.


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Mit der vorliegenden Novelle wird diese Umsatzgrenze ab 2023 auf 40 000 Euro angehoben. Warum ist diese Erhöhung wesentlich? – Wir verhindern damit,
dass Kleinunternehmer:innen und Einpersonenunternehmen aufgrund von Um­satzzuwächsen, die alleine durch die Inflation verursacht wurden, aus der Kleinunternehmer:innenpauschalierung herausfallen. Die kleinen Unternehmen brauchen die Möglichkeit zur Pauschalierung sehr dringend, denn sie bedeu­tet für sie eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung.

Die Erhöhung, die wir heute hier beschließen, entlastet gezielt sehr
kleine Betriebe und Einpersonenunternehmen, für die es besonders schwierig ist, die gestiegenen Kosten an ihre Kundinnen und Kunden weiterzugeben.
Ich ersuche daher um die Zustimmung zu diesen Tagesordnungspunkten. – Dan­ke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

12.49


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Markus Steinmaurer. – Bitte, Herr Bundesrat.


12.49.35

Bundesrat Markus Steinmaurer (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen
im Bundesrat! Werte Zuseher vor den Fernsehern! Die Arbeitslosenzahlen sind bereits wieder kontinuierlich im Steigen begriffen. Im Oktober waren 249 314 Arbeitssuchende beim AMS gemeldet, und die Arbeitslosigkeit droht vor allem auch durch die einsetzende Energiekrise wieder anzusteigen.
Auch wenn die Inanspruchnahme der bestehenden Kurzarbeitsregelung rück­läufig ist, braucht es eine Verlängerung bis Ende 2023.

In Krisenzeiten muss jede Möglichkeit ausgeschöpft werden, um Menschen in Beschäftigung zu halten oder – noch besser – aus der Arbeitslosigkeit in
den Arbeitsmarkt zu integrieren. Energie, Treibstoffe, Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs werden sogar für arbeitende Menschen immer unleistbarer. Es ist nicht in Sicht, dass bald das Gegenteil eintritt, und daher ist es


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richtig, die Kurzarbeit zu verlängern. Das wird von uns Freiheitlichen auch unterstützt.

Leider reagiert die Bundesregierung aber nur, anstatt Probleme wie die steigen­den Energiepreise, die Inflation et cetera an ihren Wurzeln zu packen. Die Bundesregierung muss endlich vom Reagieren ins Agieren finden! (Beifall bei der FPÖ.) Die Bundesregierung aus ÖVP und Grünen ist nur mit sich selbst und
ihren eigenen Problemen beschäftigt. Migration, Teuerung und eine Rekordinfla­tion: Angesichts dieser Herausforderungen kann Österreich sich kein Stillste­hen leisten, genau dafür steht die Regierung unglücklicherweise aber.

Bei einer im November 2022 in Österreich durchgeführten Umfrage betreffend Zufriedenheit mit der Regierung waren nur mehr 24 Prozent mit deren politischer Arbeit einverstanden, ganze 52 Prozent hingegen waren damit unzu­frieden. Das Vertrauen in die Bundesregierung unter Bundeskanzler Neham­mer haben die Österreicher längst verloren. (Ruf bei der ÖVP: Nur die Blauen!) Die freiheitlichen Anträge mit echter Lösungsqualität liegen am Tisch und müssten von Ihnen nur mitbeschlossen werden, dann würde es mit Österreich auch wieder bergauf gehen. – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.52


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Alexandra Platzer. – Bitte sehr.


12.52.14

Bundesrätin Alexandra Platzer, MBA (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr ge­ehrte Zuseher und Zuseherinnen! Wir haben im heurigen Jahr ein durch­schnittliches Wirtschaftswachstum von 4,8 Prozent und wir verzeichnen den niedrigsten Stand der Arbeitslosenzahlen seit 15 Jahren.

Trotz dieser im Moment sehr erfreulichen Zahlen gibt es Herausforderungen wie eine importierte Rekordinflation oder weitere Lieferkettenprobleme, die nicht


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enden wollen. Die Prognose für das Jahr 2023 sieht aber trotzdem gut aus: Wir können mit einem Wachstum von circa 0,3 Prozent rechnen. Für Deutschland, unseren wichtigsten Handelspartner, wird ein Minus von 0,6 Prozent prognostiziert.

Bis es endlich auf EU-Ebene gelingt, wirkungsvolle Schritte zur Energiepreis­dämpfung zu finden – glauben Sie mir, unsere Minister und auch unser Herr Bundeskanzler arbeiten stetig und vehement daran –, braucht es nationale Krisenintervention, um auch weiterhin die Kaufkraft der Menschen zu sichern und natürlich bei vielen Menschen das Abrutschen in die Armut zu ver­hindern.

Wir haben heute schon relativ viel über die Unterstützungsmaßnahmen für unsere Haushalte und Betriebe gehört, ich darf aber noch einmal zusam­menfassen: Da ist zum Beispiel die Senkung der Steuersätze bei der Lohn- und Einkommensteuer, die Abschaffung der kalten Progression zu 100 Prozent (Bundesrätin Schartel: Nein, die ist nicht abgeschafft!), die automatische Valorisie­rung vieler Familien- und Sozialleistungen, die Senkung der Unternehmens­steuern und der Lohnnebenkosten.

Für eine Entlastung bei den exorbitanten Energiekosten gibt es ab Dezember die Strompreisbremse für die Haushalte. (Beifall bei der ÖVP.) Das sichert den Haushalten bis ins Jahr 2024 hinein leistbare Energiepreise. Seit Kurzem kann der Energiekostenzuschuss von Februar bis September 2022 auch von Unternehmen beantragt werden. Und selbstverständlich braucht es da weitere Maßnahmen, an denen auch schon gearbeitet wird.

Wir haben es heute schon des Öfteren gehört: Die Sportorganisationen
freuen sich – ich bin Präsidentin eines Damenbasketballverbandes und auch wir freuen uns sehr – über die Aufstockung der Mittel von 80 Millionen auf 120 Millionen Euro.


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Die bestehende Kurzarbeitsregelung – wir haben es in den Ausschüssen schon gehört – wird zwar nur mehr von rund 3 000 Arbeitnehmern in Anspruch genommen, ist aber ein weiterer wichtiger Aspekt, um Betriebe, die noch mit Lieferengpässen und Rohstoffmangel zu kämpfen haben beziehungsweise
auch in der Herstellung von Waren tätig sind, noch bis Ende Juni 2023 zu unter­stützen.

Abschließend noch: Das auslaufende Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz soll um fünf Jahre verlängert werden. Besonders für unsere exportierenden Un­ternehmen hat sich das bisherige System der Exportförderung über Jahrzehnte bewährt. Es soll auch weiterhin zur Steigerung unserer Exporte von Gütern
und Dienstleistungen und zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen im In­land und zu einer nachhaltigen Entwicklung des Landes beitragen. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrat Steiner hebt die Hand.)

12.55


Vizepräsident Günther Novak: Bundesrat Steiner hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. – Bitte.

*****


12.56.01

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vize­präsident! Wir haben heute hier im Plenarsaal ja schon eine große Ge­schäftsordnungsdebatte geführt. Wir nehmen zur Kenntnis, dass es keinem Minister der Mühe wert ist, hier zu erscheinen und über aktuelle Themen zu sprechen.

Deshalb bringt die freiheitliche Fraktion jetzt eine Dringliche Anfrage an den Herrn Bundeskanzler ein. Der Herr Bundeskanzler befindet sich ja im Haus, er sitzt gerade einen Stock unter uns im U-Ausschuss. Diese Dringliche Anfra­ge soll nach Erledigung der Tagesordnung zum Aufruf gelangen. Laut unseren Informationen wird sich das sehr gut ausgehen, weil der Untersuchungs­ausschuss dann schon beendet ist.


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Wir wollen und wir werden hier im Bundesrat über aktuelle Themen beraten, ob die Regierung das will oder nicht, deshalb gibt es von uns eine Dringliche An­frage an den Herrn Bundeskanzler. So wie es geplant gewesen wäre, wird es heute auch stattfinden. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

12.57

*****12.57.17


Vizepräsident Günther Novak: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücks­spielgesetz 1989 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ar­beitsmarktservicegesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das BFW-Gesetz –


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Gesetz betreffend Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft – geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Günther Novak, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Gaspreisdeckel jetzt umsetzen!“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsan­trag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Ener­gie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, ge­gen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 151

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aus­fuhrfinanzierungsförderungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um
ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit an­genommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aus­fuhrförderungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 15. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkom­mensteuergesetz 1988 und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.01.5211. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2022 betreffend eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Wien über die vierte und fünfte Ausbauphase der Wiener U-Bahn (1677 d.B.
und 1761 d.B. sowie 11112/BR d.B.)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesord­nung.


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Berichterstatter ist Herr Bundesrat Florian Krumböck. – Ich bitte um Ihren Be­richt.


13.02.18

Berichterstatter Florian Krumböck, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Ich bringe den Bericht über die Verhandlungen des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2022 betreffend eine Vereinba­rung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Wien über die vierte und fünfte Ausbauphase der Wiener U-Bahn.

Der Bericht liegt Ihnen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, in schriftlicher Form vor, und ich darf daher direkt zur Antragstellung kommen.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Günther Novak: Danke schön.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau MMag. Elisabeth Kittl. – Bitte, Frau Bundesrätin. (Bundesrat Schennach: Sie ist zu viel mit dem Herrn Gross zusammen! – Heiterkeit der Bundesrät:innen Kittl, Schennach und Schumann.)


13.03.03

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und liebe Zusehende vor den Bildschirmen! Wir freuen uns über die gelun­gene 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und natürlich vor allem dem Land Wien, die die öffentliche Verkehrserschließung erweitert. 5,7 Milliarden Euro
sind viel Geld, aber die Erweiterung stellt ohne Frage eine Aufwertung der Stadt­infrastruktur dar. Man kann sagen, das ist ein inklusives Projekt, denn es bringt
die verschiedenen Menschen und sozialen Gruppen in der Stadt näher zu­einander.


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Natürlich – das haben wir Grünen in der Stadt Wien auch immer wieder gesagt – ist, was die Öffis betrifft, in Wien aber noch einiges zu tun. S-Bahn, Straßenbahn und Bus sind für die Erschließung und die Mobilität in Wien, vor allem in den Außenbezirken, mindestens genauso wichtig wie die U-Bahn. Wir alle wissen in­zwischen: Je mehr Infrastruktur es gibt, desto mehr wird sie genutzt. Das ist
bei den Öffis so, das ist bei den Gehwegen so, das ist bei den Radwegen so und leider ist es auch bei den Straßen so.

Daher sind die U-Bahnen nicht nur ein klimaförderndes Projekt, sie sind auch ein soziales Projekt. Ich wiederhole es ohnehin immer wieder: Angenehmer und schneller unterwegs zu sein, leichter in die Arbeit und an schöne Orte der Stadt zu kommen, erhöht die Lebensqualität in Wien. Dazu fällt mir natürlich auch
das auf Initiative der Grünen umgesetzte 365-Euro-Ticket ein, das auch heute immer noch ein Riesenerfolg ist. Leistbare Mobilität bewirkt auch soziale Be­weglichkeit, und das ist gut so.

Ein kleiner Nachteil der besseren Infrastruktur, der allerdings recht schwer als Nachteil zu sehen ist, obwohl es einer ist, ist, dass sie Anleger:innen anzieht – Stichwort Gentrifizierung. Diese Anleger:innen wissen genau, dass die Menschen, vor allem jene, die bereits mobil sind und mehr Einkommen haben, in Gegenden ziehen, die gut erschlossen sind. Und diese Menschen haben
auch das Geld, um sich mehr und teureren Wohnraum zu leisten.

Da beginnt die Spirale der Gentrifizierung: Investor:innen errichten Häuser, sie richten sie her, die Gegend wird schöner, aber sie wird teurer. Und die Menschen, die bisher relativ günstig gemietet haben, werden verdrängt, vor allem dann, wenn sie befristete Mietverträge haben. Nach Ablauf dieser Befristung müssen sie umziehen, weil sie sich die höhere Miete in der nun schöneren Gegend nicht mehr leisten können. Sie ziehen dann meist in
weniger schöne und billigere Gegenden um. Aufgrund der eher stagnierenden und voraussichtlich sogar sinkenden Immobilienpreise in Wien wird


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das vorerst möglicherweise kein Thema sein, das ist wahrscheinlich der einzige Vorteil.

Was sich aber auch noch zusätzlich aus dem U-Bahn-Bau ergibt, ist die Möglichkeit der Umgestaltung des öffentlichen Raums oberhalb der U-Bahn-Baustellen. Diese Baustellen bieten nämlich das Potenzial, den öffentlichen
Raum darüber neu zu gestalten, ihn nämlich klimafitter zu machen und so zu gestalten, dass alle Verkehrsteilnehmer:innen in Wien dort Platz finden
und der Platz gerecht verteilt wird.

Ich mache da einen kleinen Schwenk zum Modal Split in Wien, der derzeit so ausschaut, dass ein Viertel der Wiener:innen zur Fortbewegung das Auto benutzt. Von den anderen gehen 35 Prozent zu Fuß, fast 10 Prozent fahren mit dem Rad und 30 Prozent mit den Öffis. Wenn sich diese Aufteilung der Fortbewegungsarten auf der Straße oder eben im öffentlichen Raum wiederfin­det, wäre schon viel erreicht, auch klimatechnisch.

So eine gerechte Aufteilung wäre auf einigen Baustellen in Wien möglich: zum Beispiel im Neunten, am Arne-Karlsson-Park, oder – wir kennen sie wahrscheinlich alle – auf der Landesgerichtsstraße, der Straße hinter dem Rat­haus. Diese Straße ist vierspurig, sie ist schmutzig, man kann sie als Beton­wüste bezeichnen, sie ist laut und sie hat einen lächerlich dimensionierten Rad­weg. Aber dort gibt es eben auch ein extrem hohes Potenzial, den öffentli­chen Raum gerechter zu verteilen, ihn grüner und klimaschützender zu machen. Entschleunigung ist möglich, Begegnung und Erholung sind möglich. Die Hitze kann durch Begrünung und Entsiegelung reduziert werden und Radfah­rer:innen könnten auch mit Kindern sicher unterwegs sein.

Alles in allem kann dort die aktive Mobilität, also das Zufußgehen und das Radfahren, gefördert werden, und das ist unabdingbar, wenn Wien seine selbst gesteckten Klimaziele erreichen will. Zu diesen gehört unter anderem, den motorisierten Individualverkehr bis 2030, also in den nächsten acht Jahren, um 50 Prozent zu reduzieren. Das heißt, ihn von circa 30 Prozent – das war,


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glaube ich, die Grundlage –auf 15 Prozent, also um 10 Prozentpunkte, zu redu­zieren, und dafür muss man viel tun.

Ich habe es heute eh bereits gesagt: Die Klimakrise ist schon lange bekannt, aber richtig ernst genommen wurde sie auch in Wien erst mit der Regierungsbetei­ligung der Grünen. Da wurden dann Maßnahmen, große Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung gesetzt. Wir erinnern uns an die Begegnungszonen – die
große Begegnungszone Mariahilfer Straße –, es kamen aber auch dichtere Öffi­intervalle und mehr Radwege.

Was uns, auch mich persönlich, aber sehr traurig macht, ist, dass es vor allem rote Bezirksvorsteher sind, die lieber Parkplätze als Menschen schützen. (Bundesrat Schennach: Na, aber!) Ich richte daher wieder einen Appell an Sie, liebe SPÖ: Denken Sie um, geben Sie sich einen Ruck! Setzen Sie die
vielen wunderbaren Klimakonzepte, die Sie leider in die Schublade gelegt haben, um! Öffnen Sie sich für systematische, stadtweite Verkehrsberuhigung
und gerechte Verteilung des öffentlichen Raums! (Bundesrat Schennach: Genau das tun wir!)

Es wird Ihnen gedankt werden von denen, die mit den Öffis fahren, freiwillig oder unfreiwillig, weil sie sich den vermeintlichen Luxus eines Autos nicht leisten können. Es wird Ihnen gedankt werden von denen, die von Lärm und Schmutz geplagt sind, weil sie an großen oder engen Straßen wohnen. Es wird Ihnen gedankt werden von denen, die sich in ihrer Wohnumgebung aufhalten müssen, weil sie kein Geld für große Ausflüge oder Reisen haben oder weil sie schlicht
zu alt sind, um sich weit von ihrer Wohnung fortzubewegen.

Es geht um eine menschengerechte, nicht um eine autogerechte Stadt. Wenn Sie eine menschengerechte Stadt fördern, dankt Ihnen das vor allem die junge Generation, der Sie, wenn Sie nicht umdenken, ihre Zukunft rauben. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrat Steiner:
Die ÖVP weiß nicht einmal: Sollen sie klatschen, sollen sie nicht klatschen?)

13.10



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Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Mag. Harald Himmer. – Bitte, Herr Bundesrat.


13.10.18

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Ich denke, der U-Bahn-Ausbau ist eine Sache, die nicht nur von den Grünen – da denke ich jetzt an meine Vorrednerin – positiv gesehen wird: Wir werden, wenn ich das richtig gesehen habe, diesen Beschluss sogar einstimmig fassen.

Jeder, der Wien kennt – und ich gehe davon aus, dass alle Anwesenden Wien kennen –, weiß, welche Bedeutung die U-Bahn für Wien hat und wie un­vorstellbar es eigentlich wäre, diese nicht zu haben.

Für mich persönlich ist es eine richtige Jugenderinnerung: Ich bin damals ins Gymnasium gegangen, als die erste U-Bahn-Linie eröffnet worden ist,
nämlich die U1, die damals erst einmal den Karlsplatz mit dem Reumannplatz verbunden hat, sozusagen Favoriten an die Innenstadt herangebracht hat. Damals bin ich mit meinen Freunden mit der U-Bahn zum Tichy auf ein Eis ge­fahren. Ich habe es noch so richtig in Erinnerung, wie sich die neuen
U-Bahn-Garnituren angefühlt haben, und die Geschwindigkeit im Vergleich zur Straßenbahn.

Seither sind ein paar Jahre vergangen. Mittlerweile gibt es, wenn ich es richtig gesehen habe, 109 Stationen, 125 U-Bahn-Garnituren und natürlich ein
tolles U-Bahn-Netz in Wien. Dieses U-Bahn-Netz soll nun mit dieser vierten und fünften Ausbaustufe weiter ausgebaut werden, nämlich die U2 bis zum Wienerberg und die U5 bis Hernals. Natürlich bedeutet das auch, dass die An­bindung an die S-Bahn besser wird.

Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass das nicht nur für die Wiener eine logische Weiterentwicklung der Mobilität bringt, etwas, das nicht nur die Lebensqualität


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in dieser Stadt erhöht, sondern dass das selbstverständlich etwas ist, das auch für das Umland von Wien von Relevanz ist, weil eben auch diese Anbindun­gen dann besser funktionieren. Insofern ist das natürlich eine absolut notwendi­ge und richtige Zukunftsinvestition.

Es ist schon sehr viel von meiner Vorrednerin gesagt worden. Ich teile mit ihr zwar nicht jedes einzelne sentimentale Detail, aber betreffend den Ausbau des Wiener U-Bahn-Netzes sind wir uns alle einig. Daher wird auch meine Fraktion zu dieser Einstimmigkeit ihren Beitrag leisten. (Beifall bei der ÖVP.)

13.13

13.13.49Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Vizepräsident Günther Novak: Ich gebe bekannt, dass mir ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage der Bundesräte Christoph Steiner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Lösen Sie endlich die Krisen im eigenen
Land, Herr Nehammer!“ an den Herrn Bundeskanzler vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung.

13.14.24Fortsetzung der Tagesordnung


Vizepräsident Günther Novak: Wir setzen fort mit der Debatte betreffend Tagesordnungspunkt 11.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Daniela Gruber-Pruner. – Bitte, Frau Bundesrätin.


13.14.33

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich darüber, heute diese uneingeschränkte Prorede halten zu dürfen.


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Ich kann als Wiener Abgeordnete berichten: Ich wohne in einem Bezirk Wiens, der schon bisher gewaltig vom U-Bahn-Ausbau profitiert hat, nämlich in der Donaustadt, das ist im Nordosten von Wien. Eine der letzten U-Bahn-Verlänge­rungen hat die U1 betroffen. Seither haben wir unter anderem auch für die Pendler und Pendlerinnen eine wichtige Anschlussmöglichkeit im Norden, näm­lich mit der Station Leopoldau.

Wir haben aber auch stark vom U2-Ausbau bis zur Seestadt profitiert. Es ist eine ganz interessante Sache: Die Seestadt, die gerade in Bau ist, ist das größte Stadterweiterungsprojekt in Mitteleuropa; sie ist sehr beeindruckend. Dort war es so, dass die U2 dorthin verlängert wurde, bevor noch die ersten Leute
dort gewohnt haben. Das hat dazu geführt – und ich fahre täglich mit den Öffis –, dass die Bauarbeiter:innen, die in der Seestadt zu Tausenden ar­beiten, mit der U-Bahn zu ihren Arbeitsplätzen fahren konnten. Mittlerweile ist es natürlich so, dass diese U2-Verlängerung vor allem von den neuen Be­wohner:innen der Seestadt genutzt wird.

Das hat auch dazu geführt, dass die Seestadt von vornherein als verkehrs­beruhigter Stadtteil konzeptioniert werden konnte, weil eben der Anschluss an die öffentlichen Verkehrsmittel von Anfang an gegeben war.

Nun befindet sich die Wiener U-Bahn in einer neuen Ausbaustufe. Die U2 wird noch einmal verlängert, allerdings am anderen Ende, in Richtung Süden. Und die U5 – mein Vorredner hat es schon angedeutet – wird in Richtung Hernals geführt, und damit wird ein Teil von Wien an die U-Bahn angebunden, der es bis­her noch nicht war.

Übrigens zu den U-Bahnen – alle Zahlen, die mit den Wiener Linien zu tun haben, finde ich extrem beeindruckend, und deshalb werde ich Sie heute noch ein paarmal damit konfrontieren –: So ein U-Bahn-Zug kann 900 Fahrgäste aufneh­men. Wenn diese Menschen mit Kraftfahrzeugen unterwegs wären, bräuchte


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es ungefähr 750 Pkws, und 750 Pkws ergeben in Summe 3 Kilometer Autoko­lonne. Es ist also schon beeindruckend, was so ein einzelner U-Bahn-Zug, insbesondere zu den Stoßzeiten, abfertigen kann.

Warum wird heute im Parlament der Ausbau der Wiener U-Bahn beschlossen? – Weil es eben eine Kostenteilung zwischen Bund und Land Wien gibt. Und
wie Kollege Himmer schon gesagt hat, geht es da nicht nur um die Wiener Be­völkerung, die natürlich stark von diesem U-Bahn-Ausbau profitiert, son­dern auch um die vielen Pendler:innen aus dem gesamten Wiener Umland plus die vielen Tausenden Gäste, die wir tagtäglich in Wien begrüßen dürfen,
ob das jetzt Kongress- und Konferenzteilnehmer:innen aus aller Welt sind oder eben Gäste, die unser Kulturangebot und die vielfältigen Möglichkeiten der
Stadt Wien nützen.

Jetzt komme ich noch einmal zu den Zahlen, ich habe es schon angekündigt: Insgesamt stehen in Wien momentan 83 Kilometer U-Bahn-Schienen, 880 Kilometer an Busnetz und 171 Kilometer an Straßenbahnnetz zur Verfü­gung. Das sind einfach gewaltige Dimensionen. Dieses Netz wird jetzt noch einmal erweitert werden, und das, wie Kollegin Kittl schon gesagt hat, um 365 Euro pro Jahr, also um 1 Euro pro Tag – dafür steht das gesamte Netz zur Verfügung.

Das hat tatsächlich eine steuernde Wirkung. Wir wissen nämlich, dass, seit es die Jahreskarte um nur 365 Euro pro Jahr gibt, viel, viel mehr Menschen die öffentlichen Verkehrsmittel nützen, das Auto stehen lassen, zum Teil auch wirk­lich abmelden, einfach weil es möglich ist, sich in Wien auch ohne Auto fortzubewegen.

Ich möchte noch zwei Zahlen anfügen – ihr müsst entschuldigen, aber mich fasziniert das –: Im Jahr 2021 haben alle öffentlichen Verkehrsmittel zusammen 87 Millionen Kilometer zurückgelegt. Das entspricht der Entfernung von
der Erde zum Mars. (Bundesrat Hübner: Na bitte!) Das heißt – umgelegt auf einen Tag – legen alle diese Busse, Straßenbahnen und U-Bahnen in Wien täglich


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214 000 Kilometer zurück. Das ist der fünffache Erdumfang! Ich bin ganz beflü­gelt. (Bundesrat Schreuder: Schöner Vergleich! – Bundesrat Schennach: Wir stimmen dafür! – Bundesrat Schreuder: Okay, wir auch! – Bundesrätin Grimling: Tu nicht immer alle Geheimnisse verraten!) – Es deutet alles darauf hin, dass wir große Fans sind.

Was mir noch wichtig ist, zu betonen, ist Folgendes: Dieser Ausbau bringt na­türlich nicht nur noch mehr Lebensqualität in die Stadt und für die Nut­zer:innen der öffentlichen Verkehrsmittel, sondern der Mehrwert dieser In­vestitionen ist darüber hinaus, dass Wien bald klimaneutral wird. Man kann nämlich jährlich, das ist berechnet worden, rund 75 000 Tonnen CO2 dadurch einsparen, dass mehr Menschen die Möglichkeit haben, öffent­liche Verkehrsmittel zu nutzen.

Zu erwähnen ist auch, und das ist uns ebenfalls sehr wichtig, dass es aufgrund dieser Investitionen, die gemacht werden, und dieser Baustellen, die es zur Zeit gibt, 30 000 Arbeitsplätze mehr gibt. All das ist natürlich enorm positiv. Ich
freue mich schon heute auf die Eröffnung dieser U-Bahn-Verlängerungen und auf die vielen neuen Stationen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall
bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)

13.21


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Günter Pröller. – Bitte, Herr Bundesrat.


13.21.24

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Frau Minister! Wir haben jetzt schon sehr viel
von dieser 15a-Vereinbarung für den weiteren U-Bahn-Ausbau gehört. Das ist sicher vernünftig und gut. Was die Aufteilung – 50 : 50 – der 5,7 Milliarden
Euro für die vierte und fünfte Ausbauphase der Wiener U-Bahn, die Verlänge­rung der Linien U2 und U5, betrifft, sagen wir: Das ist sicher gut investiert.


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Ja, im urbanen Bereich macht es Sinn, da braucht es mehr und schnellere Ver­bindungen. Der Bürgermeister hat das ja schon vor längerer Zeit angekün­digt, daher kann man diese 15a-Vereinbarung nicht früh genug unter Dach und Fach bringen. Gut, dass das nun passiert.

Aber, Frau Ministerin, ich würde mir auch wünschen, dass abgesehen von der Bundeshauptstadt Wien auch andere Städte beziehungsweise Ballungsräume in Österreich mehr Unterstützung erfahren. Ich spreche über Städte wie Salz­burg, aber vor allem über Linz. Dort werden zwei Nebenbahnen vernetzt, die Linzer Lokalbahn und die Mühlkreisbahn, nämlich mit einer neuen Bahn­strecke durch das Zentrum bis zum Hauptbahnhof.

Ja, es braucht das Angebot von öffentlichem Verkehr. Nicht nur im urbanen Bereich, sondern auch in den ländlichen Regionen muss das Angebot ausgebaut und finanziert werden. Frau Ministerin, mit dem gleichen Ehrgeiz, mit dem Sie jetzt die U-Bahn-Projekte vorantreiben – und Ihre Träume ausleben –, müssten in Zukunft die angefangenen beziehungsweise geplanten Straßenprojekte
in den Bundesländern weitergeführt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher wäre es gut, nicht nur heute die 15a-Vereinbarung zu beschließen, sondern aus logischen Gründen auch gestoppte Straßenprojekte wieder zu aktivieren. Dabei dürfen wir nicht vergessen: Wir werden den Güterverkehr nicht von der Straße wegbringen, auch wenn Sie das wollen. Auch der Straßenverkehr ist unbedingt notwendig, vor allem für die Nahversorgung.

Wir haben einerseits den Güterverkehr und andererseits den Personenverkehr. Wir können nicht alle mit öffentlichen Verkehrsmitteln versorgen. Daher sind
Ihre Versprechen nicht umsetzbar. Bereits jetzt sind die Zugwaggons überfüllt. Wenn man keine Platzreservierung hat, wird man sogar aus dem Zug entfernt.
Es ist nicht möglich, das haben wir vorgestern im Ausschuss gehört, einfach einen
Waggon dazuzuhängen, damit die Menschen mehr Platz haben und dieser
auch genutzt werden kann, beziehungsweise muss man sogar auf Lieferungen bis 2026 warten, damit überhaupt verbindungsmäßig ausgebaut werden


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kann. Daher ist es unbedingt notwendig, die Straßenprojekte auch weiterhin umzusetzen.

Eines noch, weil Sie heute hier sind – Gott sei Dank, von den anderen Ministern hat ja keiner Zeit, zu kommen –: Ich habe überhaupt kein Verständnis für die Aktionen der Klimachaoten – oder wie immer man sie nennen will – der Letzten Generation, sei es in Museen oder auf unseren Straßen. Auch in Linz ist so
etwas schon zum zweiten Mal passiert. Aufgrund dessen sind Menschen, die in der Früh in die Arbeit fahren wollen, die ihre Kinder in die Schule oder in
den Kindergarten bringen müssen, im Stau gestanden. Ein Stau ist sicher nicht umweltschonend, schon allein deshalb hat es keinen Sinn, solche Aktionen durchzuführen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sehen es, diese Klimaproteste gehen in die falsche Richtung. Immer
mehr Menschen, die an sich klimafreundlich unterwegs sind, distanzieren sich von diesen Aktionen und sagen: Das geht nicht! Das führt zu einer weiteren Polarisierung der Gesellschaft. Frau Minister, auch Sie sollten klar gegen diesen Aktionismus Stellung beziehen und sich für eine Verschärfung des Strafrechts
für solche Chaotenaktionen einsetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.25


Vizepräsident Günther Novak: Ich darf auf der Galerie Studierende des Stu­diums Generale der Universität Wien begrüßen. Herzlich willkommen
bei uns hier im Sitzungssaal, bei der Plenarsitzung des Bundesrates! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte.


13.26.17

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir haben heute eine 15a-Vereinbarung


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zwischen dem Bund und dem Land Wien über den U-Bahn-Ausbau auf der Ta­gesordnung. Das ist ein Novum und das ist auch gut so, weil damit den Empfehlungen des Rechnungshofes gefolgt wird, dass nämlich solche Verein­barungen nicht in einem privatrechtlichen Vertrag, sondern in einer
15a-Vereinbarung geregelt werden. Dieses Mal werden weitere Rechnungshof­empfehlungen umgesetzt. Es geht dabei insbesondere um einen Kostende­ckel und ein Controlling bei dieser Vereinbarung.

Die Wiener Fortschrittskoalition aus SPÖ und uns NEOS hat sich in diesem Zusammenhang drei wesentliche Ziele gesetzt, nämlich die CO2-Emissionen aus dem Verkehrssektor bis 2030 pro Kopf um 50 Prozent zu senken, den Anteil
der Pkw-Einpendler, das sind 300 000, bis 2030 um 50 Prozent zu senken, und dass 80 Prozent aller Wege in Wien im sogenannten Umweltverbund zurückge­legt werden – Umweltverbund heißt: öffentliche Verkehrsmittel, Fahrrad
oder zu Fuß.

Derzeit werden nämlich die Wege innerhalb Wiens zu 70 Prozent in diesem sogenannten Umweltverbund und zu 30 Prozent mit dem Pkw zurückgelegt. Bei den Einpendlern ist es allerdings umgekehrt: Da werden 70 Prozent der Wege
mit dem Pkw zurückgelegt. Der U-Bahn-Ausbau im Zusammenhang mit Park-and-ride-Anlagen an den näher am Stadtrand liegenden neuen Endstationen
der U-Bahnen wird einen wesentlichen Schritt dazu leisten, dass diesen Zielen entsprochen wird.

Schließlich ist es ein wesentlicher Bonus dieser Vereinbarung, dass Investitionen in den öffentlichen Verkehr eine dreimal so hohe Wertschöpfung pro inves­tierten Euro bringen als Investitionen in den Straßenbau. Auch deswegen freue ich mich darüber, dass diese Vereinbarung die einhellige Zustimmung findet. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen von SPÖ und Grünen.)

13.28


Vizepräsident Günther Novak: Abschließend zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Leonore Gewessler. – Bitte sehr, Frau Bundesministerin.



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13.28.38

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Werte Bundesrätinnen, werte Bundes­räte! Werte Zuseher, Zuseherinnen auf der Galerie! Es ist heute viel Positives über die Wiener U-Bahn gesagt worden, und dem schließe auch ich als regelmäßige Nutzerin mich an. Sie wissen, ich nutze keinen Dienstwagen, das heißt – notabene! –, ich fahre stattdessen mit dem Fahrrad und nutze die Öffis – Straßenbahnen, Busse und natürlich auch die U-Bahn in Wien.

Ich möchte jedenfalls zu dem, was wir heute hier beschließen, die technischen Details nachliefern. Das ist tatsächlich ein Riesenpaket für den Öffiausbau. Diese Bundesregierung hat in den letzten Jahren – wir haben heute schon ein Paket
auf der Tagesordnung gehabt – den Öffiausbau prioritär behandelt.

Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen – und das unterscheidet uns viel­leicht: wir wollen die Klimaziele erreichen –, dann müssen wir den Schwer­punkt auf den öffentlichen Verkehr legen. Das machen wir mit dem Rekordbahn­ausbauprogramm, das Sie heute hier bereits als Vorbelastungsgesetz auf der Tagesordnung gehabt haben, mit den Öffimilliarden für den Nah- und Regio­nalverkehr, und zwar nicht nur für Wien, sondern auch für andere Bal­lungsräume.

Erst gestern haben wir wieder die Grazer Projekte besprochen. Salzburg und Linz sind die weiteren Projekte, die in Planung und teilweise auch schon weiter fortgeschritten sind.

Ich kann auch beruhigen: Wir haben auch weiterhin Investitionen von über 1 Milliarde Euro in den hochrangigen Straßenbau in Österreich, in die Instandhaltung, in ein sicheres Straßennetz, aber ich stehe dazu: Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, dann müssen wir Dinge nicht nur anders den­ken und in Strategiepapiere schreiben, sondern dann müssen wir Dinge auch anders tun. Wir müssen Schwerpunkte verschieben, wir müssen Prioritä­ten setzen, und mit dem ambitionierten Ausbau des öffentlichen Verkehrs, mit


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Paketen wie diesem hier, mit einer Versiebzehnfachung der Fördermittel
für den Rad- und Gehweginfrastrukturausbau gerade in den Gemeinden, gerade in den Bundesländern, machen wir genau das. (Beifall bei den Grünen sowie
der Bundesrät:innen Zwazl und Arlamovsky.)

Die technischen Details, die ich Ihnen noch versprochen habe, in aller Kürze: Mir ist auch wichtig, Folgendes zu sagen: Mit der Artikel-15a-Vereinbarung – Herr Bundesrat Arlamovsky hat auch gerade darauf hingewiesen – setzen wir den
U-Bahn-Ausbau und unsere Zusammenarbeit im U-Bahn-Ausbau auf eine rechtssichere Grundlage. Wir setzen damit auch, auch das ist mir wichtig, die diesbezüglichen Empfehlungen des Rechnungshofes um, welcher die vorhe­rigen Vereinbarungen kritisch geprüft hat.

Worum geht es in der vierten und in der fünften Ausbauphase? – Vierte Aus­bauphase: Verlängerung der U2 vom künftigen Linienkreuz Rathaus bis zum Matzleinsdorfer Platz. Das bedeutet auch eine bessere Verknüpfung mit dem Schnellbahnnetz, insbesondere können wir damit die Verkehrsverlagerungen infolge der Inbetriebnahme des Hauptbahnhofs abfangen. Gleichzeitig entlasten wir damit das schon an die Kapazitätsgrenzen stoßende Bestandsnetz der Wie­ner Linien. Der geplante Fertigstellungstermin für diesen Teil: 2028.

Schon ein bisschen früher, 2025, wird die neue U-Bahn-Linie U5 in Betrieb gehen. Die U-Bahn-Verbindung Karlsplatz–Rathaus wird bis Frankhplatz verlängert. Voraussichtlich ab 2026 wird das wirken. Im Rahmen der fünften Ausbauphase geht es dann weiter Richtung Hernals. Da rechnen wir mit
einer Fertigstellung in den Dreißigerjahren.

Mit dieser Vereinbarung stellen wir die Weichen über ein Gesamtvolumen – inklusive Risikovorsorgen, Vorausvalorisierung – von 5,74 Milliarden Euro. Die Höhe des Bundesbeitrags beträgt – Sie wissen, gedeckelt auf 78 Millionen
Euro jährliche Rate – insgesamt, von den Kosten für die beiden Ausbauphasen, 50 Prozent.


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Ich darf Sie nicht nur um Zustimmung zu dieser Vereinbarung bitten, sondern ich freue mich jetzt schon ein bisschen darüber, dass es hoffentlich gleich, das entnehme ich Ihren Ausführungen, eine breite Zustimmung geben wird. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

13.32


13.32.59

Vizepräsident Günther Novak: Danke, Frau Bundesministerin, für Ihre abschließenden Ausführungen.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie die Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

13.33.3612. Punkt

Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie über technische Unterwegskontrollen
im Jahr 2021 (III-785-BR/2022 d.B. sowie 11113/BR d.B.)

13. Punkt

Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-788-BR/2022 d.B. sowie 11114/BR d.B.)


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14. Punkt

Verkehrstelematikbericht 2022, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-789-BR/2022 d.B. sowie 11115/BR d.B.)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunk­ten 12 bis 14, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den Punkten 12 bis 14 ist Frau Bundesrätin Barbara Tausch. – Ich bitte um die Berichte.


13.34.25

Berichterstatterin Barbara Tausch: Geschätzter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich darf zum Tagesordnungspunkt 12 folgenden Bericht bringen: Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie über technische Un­terwegskontrollen im Jahr 2021.

Es geht dabei um Kontrollen der Fahrtauglichkeit von Nutzfahrzeugen, unter anderem auch um Kontrollen der Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr.

Der Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag, den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie über technische Unterwegskontrollen im Jahr 2021 zur Kenntnis zu nehmen. (Präsidentin Schumann übernimmt den Vorsitz.)

Weiters darf ich zum Tagesordnungspunkt 13 folgenden Bericht bringen: Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Ener­gie, Mobilität, Innovation und Technologie.


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Es geht dabei unter anderem um die Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur, der Fahrgastzahlen und des Schienengüterverkehrs.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag, den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, zur Kenntnis zu nehmen.

Schließlich bringe ich noch zum Tagesordnungspunkt 14 folgenden Bericht:
Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Verkehrstelematikbericht 2022, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie,
Mobilität, Innovation und Technologie.

Der Verkehrstelematikbericht 2022 gibt Auskunft über den Stand intelligenter Verkehrssysteme im Jahr 2021 und einen Ausblick auf zukünftige Ent­wicklungen.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag, den Verkehrstelematikbericht 2022, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, zur Kenntnis zu nehmen.


Präsidentin Korinna Schumann: Vielen Dank für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Adi Gross. – Bitte, Herr Bundesrat.



BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 169

13.36.58

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin! Unter diesen drei Tagesord­nungspunkten stehen drei sehr umfangreiche Berichte zur Debatte. Ich möchte einen kurzen Überblick geben.

Zunächst zu den Unterwegskontrollen: Wie wichtig Unterwegskontrollen sind, zeigt ein Blick auf die Statistik des Berichtes und auch – wie ich denke, sehr eindrücklich – ein Bericht von heute Morgen auf orf.at. In Graz wird ein Tiertransporter gestoppt. Die Polizei stellt 17 Mängel fest, unter anderem Mängel an den Bremsen, am Reifen und am Fahrwerk. Der durfte richtigerweise gar nicht weiterfahren.

Damit man ein Gefühl dafür bekommt, welch umfangreiche Arbeit da geleistet wird: Im Jahr 2021 wurden 126 000 Fahrzeuge mit Verdacht auf technische Mängel einer sogenannten anfänglichen technischen Unterwegskontrolle unter­zogen. Von diesen 126 000 sind dann 22 000 einer gründlichen technischen Unterwegskontrolle unterzogen worden, und davon wiederum hatten fast 14 000 Fahrzeuge so schwere Mängel, dass sie nicht mehr verkehrs- und betriebssicher waren und repariert werden mussten. Über 5 000 Fahrzeuge hatten so schwere Mängel, dass sie sofort aus dem Verkehr gezogen
werden mussten.

Es ist schon eindrücklich oder auch ein bisschen beunruhigend, was da teils auf den Straßen unterwegs ist. Diese Zahlen zeugen aber gleichzeitig auch von
der sehr hohen Effizienz der Kontrollen in Österreich. Das wird auch im Bericht eindrücklich hervorgehoben, nämlich dass die Zuweisung zu den gründlichen technischen Unterwegskontrollen beim Aussuchen offenbar sehr effizient er­folgt. 60 Prozent dieser Fahrzeuge haben dann schwere Mängel gehabt. Das ist weit über dem europäischen Schnitt, da liegt diese Quote lediglich bei 7,6 Prozent.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 170

Die Überwachung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr stellt einen weiteren wesentlichen Bestandteil der Kontrollaktivitäten im Nutzverkehrssektor dar.
So wurden im Zuge der Kontrollen 2021 – ich erspare Ihnen jetzt die Zahlen – zahlreiche Verstöße gegen die Sozialvorschriften festgestellt, also Verlet­zungen der Ruhezeiten et cetera. Das ist allerdings weniger den Fahrern und Fahrerinnen zuzuschreiben, sondern eher den schlechten Arbeitsbedin­gungen und dem Zeitdruck, unter dem sie stehen. Genau da wäre auch entspre­chend anzusetzen. Die Ruhebestimmungen sind ja eigentlich da, um die Fah­rerinnen und Fahrer zu schützen, das darf man nicht vergessen.

Der Schienen-Control-Bericht: Ich habe es im vorvorigen Tagesordnungspunkt schon ausgeführt: Der Schienenverkehr ist die Basis des öffentlichen Ver­kehrs, und nicht nur hierzulande ist die Bahn im Aufschwung und gewinnt an At­traktivität. Dennoch – und das erleben wir täglich – ist es kein Selbstläufer, sondern ein hoher Aufwand, mehr Menschen und Güter in die Bahn zu bekom­men. Durch den wachsenden Markt nimmt auch die Konkurrenz innerhalb
des Bahnsektors sehr stark zu, und das zeigt sich in diesem Bericht, denke ich, ein weiteres Mal. Besonders stark ist die Konkurrenz im Güterverkehr, wo
in Österreich schon um die 40 Prozent von privaten Anbietern durchgeführt werden.

2021 war kein leichtes Jahr, es hat extreme Rückgänge gegeben; 2020 war
das Coronajahr. Immerhin hat es letztes Jahr wieder sehr große Zuwächse gege­ben. Im Güterverkehr konnte im Großen und Ganzen das Vorkrisenniveau wieder erreicht werden. Anders ist es leider noch im Personenverkehr, da war 2021 viel besser als 2020, allerdings noch unter dem Jahr 2019, denn man
darf nicht vergessen, dass 2020 der Personenverkehr, also die Anzahl der Fahr­gäste, um 39 Prozent eingebrochen ist, das ist schon massiv. Damals hat
auch das BMK, um viele wichtige Zugverbindungen überhaupt aufrechtzuerhal­ten, eine Reihe von Notvergaben durchgeführt, das heißt, der Bund hat die Verbindungen bestellt und auch bezahlt.


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So einen massiven Rückgang kann man in einem einzigen Jahr schwerlich aufholen, auch wenn die Bemühungen wirklich sehr, sehr groß sind – das zeigt ein Blick in die zur Verfügung gestellten Personenzugkilometer: Die waren
2021 wesentlich höher als in den Jahren davor.

2022 sieht das wieder viel, viel besser aus, das spürt man auch subjektiv, wenn man viel Bahn fährt – was ich tue –: Die Züge sind insgesamt sehr gut be­legt. Das ist auch eine Folge des sehr erfreulichen und gut nachgefragten Klima­tickets, 180 000 Stück sind bereits verkauft worden. Einen weiteren wichti­gen Beitrag zu einem Plus in der Bahnnutzung leistet der massive Ausbau der Nachtzugverbindungen.

Österreich ist weiterhin das Bahnland Nummer eins in Europa, wir haben mit 832 Kilometern pro Einwohner:in den höchsten Wert, vor Frankreich mit 829 – knapp darunter – und Schweden mit 783. Man sieht an diesen Zahlen,
wenn man europaweit vergleicht, übrigens auch, dass alle mit massiven Einbrü­chen im Jahr 2021 konfrontiert waren.

Zufrieden kann man gleichwohl nicht sein, es ist noch viel zu tun, vor allem
um den Güterverkehr viel stärker auf die Schiene zu bringen, und diese Entwicklung ist auch mit aller Kraft zu unterstützen, um die Lkws weg von der Straße und auf die Gleise zu bringen.

Der dritte Bericht ist der Verkehrstelematikbericht, der kommt sehr technisch daher, ist aber sehr spannend, finde ich, weil er einen Blick in die Zukunft erlaubt. Wie kaum ein anderer Bereich ist die Mobilität nämlich ein Feld für eine sehr rasch fortschreitende Digitalisierung. In diesem Bericht geht es maß­geblich um Verkehrssteuerung, Verkehrslenkung, um Systeme zur Kommunika­tion von Fahrzeugen untereinander oder auch mit der Umgebung, da geht
es um Ortungs- und Navigationssysteme in Echtzeit, um Bezahlsysteme und um­fängliche Informationsangebote zur Wegeplanung, zur Navigation.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 172

Der Bericht ist, finde ich, durchaus eine Fundgrube für interessante Projekte und gibt auch eine gute Übersicht, was sich in Österreich alles tut, von der For­schung bis zur Umsetzung. Der Bericht skizziert auch sehr viele regionale Projek­te aus den Bundesländern, die dann auch sehr selektiv an die Gegebenheiten vor Ort anknüpfen, zum Beispiel ein appbasiertes System in Niederösterreich zur Bildung von Fahrgemeinschaften beziehungsweise intermodalen Fahrge­meinschaften im Zusammenhang mit Anbindungen an den öffentlichen Verkehr, oder ein Projekt in Wien, bei dem es darum geht, Pakete via Straßenbahn un­ter Mithilfe von ÖV-Benutzer:innen zu transportieren, oder zum Beispiel die Ent­wicklung des Jahrestickets in Vorarlberg in eine Karte mit multimodalem Zu­gang, wie Carsharing an Bahnhöfen, Nutzung von Radboxen und auch Nutzung als Zahlungs- und Buchungssystem; oder zum Beispiel die Entwicklung einer Motorradrisikokarte für Motorradfahrer:innen, in der sie auf besonders gefährliche Streckenabschnitte und Stellen aufmerksam gemacht werden.

Viele Projekte widmen sich dem autonomen Fahren, wo es zum Beispiel darum geht, Situationen vor Ort detailgenau abzubilden und in die Fahrzeuge zu kommunizieren, und auch um die Kommunikation untereinander, unter den Fahrzeugen. Es geht zum Beispiel um eine praxistaugliche Routenplanung
für Lkws, wo Fahrverbote detailgenau eingespeist werden, die Abbildung von Einschränkungen bei Durchfahrtmöglichkeiten und so weiter verbessert
wird, sodass Lkw-Fahrer:innen die Routen zuverlässiger wählen können als jetzt.

Das könnte man lange, lange fortführten, die Bezeichnung Fundgrube ist jedenfalls nicht übertrieben. Ich finde, darauf darf man auch ein bisschen stolz sein, da ist Österreich wirklich sehr gut unterwegs, was Know-how, For­schung und Umsetzung betrifft, auch in Richtung Digitalisierung im Mobilitätsbe­reich. Immerhin ist Mobilität ja nicht irgendetwas, sondern etwas Besonde­res. Mobilität ist ein Grundbedürfnis und muss für alle frei zugänglich, ökologisch und leistbar sein. Dazu gehört vor allem natürlich auch eine Veränderung des Modal Split, also weg vom motorisierten Individualverkehr hin zum öffentlichen Verkehr, hin zum Fahrrad, und digital unterstützte Verkehrsmobilitätssysteme


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sind dafür ein wichtiger Baustein. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

13.46


Präsidentin Korinna Schumann: Wir begrüßen Herrn Bundesminister Rauch im Bundesrat. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Tiefnig. – Bitte, Herr Bundesrat.


13.46.59

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Geschätzte Minister:innen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zu­seherinnen und Zuseher! Ja, diese drei Berichte – der Bericht über die technischen Unterwegskontrollen, der Telematikbericht und der Bericht der Schienen-Control GmbH – sind sehr umfangreich. Zuerst bedanke ich mich bei den Verfassern, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministe­riums, denn man kann aus diesen Berichten sehr viel herauslesen, und sie sind, wie gesagt, umfangreich und auch gut in Zahlen gegossen.

Eine der Zahlen ist sicherlich für ein Transitland wie Österreich ganz wichtig, sie zeigt, dass entsprechende Kontrollen stattfinden. Allein in meinem Bezirk, Braunau, sieht man auf der B 148, einer der meistbefahrenen Bundesstraßen des Landes, wie wichtig diese Kontrollen sind: einerseits um die Mautflüchtlinge herauszufiltern, aber auch weil man bei diesen Kontrollen immer wieder sieht, welch problematische Schäden an den Fahrzeugen vorherrschen, zum Beispiel
bei den Bremsen.

Was den sozialen Bereich betrifft, sieht man, dass teilweise viel zu lange am Steuer gesessen wurde und im Endeffekt doch auch eine Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer gegeben ist. Auf der anderen Seite muss man aber bezüg­lich Ruhezeiten auch sagen – wir haben es auch im Ausschuss besprochen –: Manchmal sind sehr viele Parkplätze an den Autobahnen überlastet, und die
Lkw-Fahrer müssen dann zu einem anderen Parkplatz weiterfahren. Sie sollten


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dann nicht bestraft werden, da müsste man eine bessere Regelung finden.
Das Thema ist: Der Lkw-Fahrer kann nichts dafür. Er soll sich nicht auf den Pan­nenstreifen stellen und muss vielleicht noch 20 Minuten weiter auf der Autobahn unterwegs sein. Da wäre uns wichtig, dass man eine Regelung finden könnte.

Der nächste Punkt ist der Schienen-Control-Bericht. Es ist natürlich auch inter­essant, dass sich da über 81 Unternehmungen, die die österreichische Schie­ne nützen, finden. Ich glaube, es ist wichtig, dass es keine Konkurrenz ist, son­dern es ist ein Mitbewerb, und der tut dem Güterverkehr sicherlich gut, denn
ich weiß auch aus meinem Bezirk noch, dass einige Unternehmen gesagt haben: Es ist so kompliziert, dass man die Güter auf die Schiene bekommt, wenn nur
einer unterwegs ist und das Angebot dementsprechend nicht ausgeweitet wird! – Jetzt haben wir die Möglichkeit, mit vielen verschiedenen Mitbewerbern den Güterverkehr auf die Schiene zu bringen.

Auch das Klimaticket ist ein wichtiger Punkt, damit sind besonders im heurigen Jahr viele Menschen mit der Bahn unterwegs. Ich bin selber Autofahrer gewesen, jemand, der das Auto wirklich gerne genützt hat, aber auch den Vorteil des Klimatickets sieht, was jetzt alles möglich ist. Im Endeffekt sieht man
auch, dass ein durchschnittlicher Österreicher im Jahr 2021 832 Kilometer auf der Schiene unterwegs war. Das ist ein tolles Zeichen für den Umweltschutz.

Trotzdem zuerst noch ein herzliches Dankeschön, denn alleine hätte Oberös­terreich diesen Ausbau der Bahnhöfe nicht stemmen können, ob das in Braunau ist, in Attnang-Puchheim oder auch in Neumarkt-Kallham. Die Verbindung Neumarkt-Kallham Richtung Braunau ist ein wichtiger Schritt für die Elektrifizie­rung, dementsprechend auch die Vertaktung.

Da muss ich Ihnen danken, aber auch unserem oberösterreichischen Landesrat Steinkellner mit unserem Landeshauptmann Mag. Stelzer, der natürlich auch die Kofinanzierung zur Verfügung stellt. Es ist wichtig, dass in den Bundesländern


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parteiübergreifend – mit Ihnen, auch mit der FPÖ in Oberösterreich – so gut zu­sammengearbeitet wird, damit wir in diesem Bereich weiter vorankommen,
denn es wird wichtig sein, die Innkreisbahn weiterzuentwickeln. Wir sehen, die Bayern entwickeln jetzt von München her Richtung Braunau, auch der Schie­nenverkehr wird weiterentwickelt. Die Bayern würden das mit Wasserstoff machen, so ist es zurzeit im Gespräch. Darum müssen wir wissen: Wie wer­den wir uns den Bayern nähern? Bauen wir die Schienen für Wasserstoffzüge aus, oder werden wir sie elektrifizieren? Da müssen wir die Kontakte mit
den Bayern dementsprechend vertiefen.

Der Verkehrstelematikbericht ist auch sehr interessant. Mein Vorredner hat ja schon Teile davon hervorgehoben. Ja, es wird wichtig sein, dass wir beson­ders die Vertaktungen noch mehr intensivieren, ob das Busse sind, die dann im öffentlichen Verkehr fahren, bis hin zu Apps, mittels derer Menschen wirklich zusammenarbeiten, aber es wird auch wichtig sein, herauszufiltern, wo gefährli­che Verkehrsstrecken sind, damit die Verkehrsteilnehmer sich auch mit der künstlichen Intelligenz, die in Zukunft in Autos noch mehr vertreten sein wird, vernetzen.

Diese Vernetzung wird einfach auch ein Thema der künstlichen Intelligenz und
auch der Kompatibilität zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern sein – ob das die Radfahrer sind, wie schon gesagt worden ist, ob das die ver­schiedenen Teilnehmer des öffentlichen Verkehrs sind. Es wird wichtig sein, Verkehrssicherheit noch mehr zu priorisieren und auch den Klimaschutz voranzutreiben, denn wir alle wollen in Zukunft in einem Klima leben, das sich für die Jungen positiv entwickelt, und ich bin überzeugt, diese Bundesregie­rung wird sich mit ihren finanziellen Möglichkeiten – die natürlich auch irgendwo beschränkt sind – in diese Richtung weiterentwickeln.

Ich sage Danke schön: einmal den Erstellern des Berichtes, aber auch Ihnen für die gute Zusammenarbeit, die hier bundesländerübergreifend funktioniert. In


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diesem Sinne werden wir den drei Berichten natürlich gerne zustimmen. – Dan­ke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.53


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schach­ner. – Bitte, Herr Bundesrat.


13.53.19

Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Auch auf der Galerie oben: Hallo! (Bundesrat Schreuder: Aber hallo!) – Ja, wir Steirer sind freundliche Leute, weißt eh. (Bundesrat Schreuder: Wie­ner auch! – Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.) – Danke.

Über die drei Berichte, über die wir heute hier sprechen, die wir alle ja zur Kenntnis nehmen – das ist ja kein Geheimnis –, haben wir im Verkehrsausschuss gesprochen. Wir haben lange über die technischen Unterwegskontrollen dis­kutiert, wie es sein kann, dass in Österreich 22 000 Lkws gründlich kontrolliert wurden und davon 14 000 nicht mehr verkehrssicher waren und abgestellt worden sind – immerhin 60 Prozent! – und in der EU von allen, die gründlich kontrolliert worden sind, nur 7,6 Prozent stehen gelassen werden. Ja, darü­ber muss man nachdenken: Was passt bei uns nicht, beziehungsweise was passt in der Europäischen Union nicht?

Wir haben auch darüber diskutiert – mein Vorredner hat es ja auch schon gesagt –, was für Kontrollen das sind. Wir wollen einen Katalog haben, was da jetzt wirklich die Beanstandungen waren, warum abgestellt worden ist. Das würde uns interessieren. Wie du es richtig angesprochen hast: Wenn ein Lkw-Fahrer mehr als 4 Stunden 30 Minuten mit seinem Lkw unterwegs ist, dann
nur mehr 2 Minuten bis zur nächsten Raststätte hat und dann abgestraft wird, ist das nicht einzusehen. Ich glaube auch, dass man sich da zusammensetzen und darüber diskutieren muss: Wie schaut das aus, und wie kann man eigentlich den Fahrerinnen und Fahrern, die es betrifft, helfen, damit so etwas nicht passiert?


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Zum Schienen-Control-Bericht ist auch schon alles gesagt worden: spürbare Er­holung auf dem Eisenbahnmarkt, Zuwächse im Schienenpersonenverkehr, Zuwächse beim Schienengüterverkehr.

Der Verkehrstelematikbericht hat heuer auch wieder 117 Seiten, und man merkt einfach, dass dieser hoch technologielastig ist und wir aber trotzdem noch an­dere Hausaufgaben haben, über die man hier im Parlament reden sollte.

Ich spreche da einfach in Kürze drei brennende Punkte an, die uns im Bereich des Verkehrswesens vordringlichst beschäftigen sollten:

Das ist erstens die Frage der Finanzierung der Verkehrswege, die gerade jetzt
mit den steigenden Baukosten die Gemeinden zum Teil vor unlösbare Probleme stellt. Die Gemeinden können sich das einfach nicht leisten, können fast nichts mehr dazuzahlen. Ich selber komme ja von einem großen Verkehrsbetrieb, ich komme von den Grazer Verkehrsbetrieben beziehungsweise von der Holding Graz Linien. Ich kann euch eines sagen: Die Stadt Graz ist jetzt schon das dritte Jahr dem Verkehrsbetrieb das Geld dafür schuldig, dass der Verkehrsbetrieb
den Verkehr für die Stadt aufrechterhält. Das ist so ähnlich, wie wenn man heute in ein Gasthaus geht, ein Wiener Schnitzel bestellt und sagt: Ich habe kein
Geld, aber trotzdem möchte ich ein Wiener Schnitzel essen! – Das geht einfach nicht, und da sollten wir uns wirklich überlegen, was man tun kann, und
nicht nur schöne Worte sprechen.

Ich habe von Ihnen, Frau Minister, heute gehört, dass wir einen Schwerpunkt öffentlicher Verkehr haben. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir wollten bei uns in Graz Wasserstoffbusse kaufen, Sie wissen das ganz genau, aber die Finanzierung ist einfach nicht da. Niemand zahlt es. Wenn man einen Wasserstoffbus kauft, dann braucht man die Tankstellen dazu, muss auch schauen, dass man eine eige­ne Halle dazu hat. Das kostet gleich einmal 40, 50 Millionen Euro, so wie
es bei uns in der Stadt Graz ist, für neun Wasserstoffbusse. Die werden wir jetzt nicht kaufen können, weil es niemand finanziert und kein Geld da ist.


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Deshalb ist meine große Bitte an Sie: Bitte schauen Sie sich das genau an, dass alle Kommunen, alle Gemeinden eigentlich kein Geld mehr haben, um den öffentlichen Verkehr zu forcieren, und die Länder auch nicht mehr das Geld haben, dass der öffentliche Verkehr mehr forciert wird.

Das Dritte, ein ganz wichtiger Punkt: Man darf nicht vergessen, dass auch Men­schen dort beschäftigt sind. Es ist heute schon einmal kurz diskutiert worden,
was sich da bei den ÖBB abgespielt hat. Also ich sage euch nur ein kleines Bei­spiel: Wenn du dort drüben bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
sitzt und die Arbeitgeberseite, die Wirtschaftskammer, erzählt, dass die Wertig­keit der Arbeitnehmer immer jeweils eine andere ist beziehungsweise nicht
jeder Mensch gleich viel wert ist, dass eine Reinigungskraft nicht gleich viel wert ist wie eine Führungskraft, dann könnt ihr euch vorstellen, dass es da immer wieder hapern wird und dass man da nie zu einem Kollektivvertragsabschluss kommen wird, solange solche Leute an einem Tisch sitzen – so viel zu den
ÖBB-Kollektivvertragsverhandlungen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage euch, das ist keine einfache Geschichte. Ich glaube, die sollten jetzt einmal nachdenken. Wie hat man die gelobt, wie hat man gesagt: Gott sei Dank fährt jetzt der Zug, Gott sei Dank sind wir auf Schiene! – Die Leute werden
jeden Tag mehr oder weniger unter den schlechtesten Bedingungen, die man we­gen der Krise gehabt hat, arbeiten geführt, und deshalb muss man da auch ernsthaft und ordentlich über Lohnerhöhungen, über Rahmenbedingungen reden, darüber, wie man die Leute auch wieder dorthin kriegt, weil nämlich gar
niemand mehr zur Bahn gehen will – so viel zur Eisenbahn. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.59


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ber­nard. – Bitte, Herr Bundesrat.



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13.59.15

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bun­desminister! Herr Bundesminister! Liebe Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Bevor ich zum Be­richt über die technischen Unterwegskontrollen im Jahr 2021 komme, möchte
ich mich bei jedem einzelnen Lkw-Chauffeur, aber auch bei den vielen Unterneh­men auf das Herzlichste für ihren Einsatz bedanken, dass sie in unserem Land täglich Waren aller Art – ob das Lebensmittel sind, Betriebsmittel oder die Müll­entsorgung – pünktlich, ordnungsgemäß und sicher unter Einhaltung der technischen Voraussetzungen transportieren. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bun­desrates Buchmann.)

Auch bei diesem Thema sieht man aber, wie diese Bundesregierung und ihre Minister mit der österreichischen Bevölkerung und deren Vertretung, zum Beispiel mit uns Bundesräten in der Länderkammer, umgehen. Sie weigern sich nicht nur, auf die aktuellen Probleme der Bevölkerung in einer Aktuellen
Stunde einzugehen, sondern sie weigern sich auch, dem Bundesrat angeforderte Unterlagen zuzusenden.

Frau Minister, Sie haben ja letztes Mal in der Ausschusssitzung gesagt, ich darf Ihre Experten nicht kritisieren, ich soll es Ihnen selber sagen. Schon bei der Ausschusssitzung voriges Jahr, als es um den Bericht 2020 gegangen ist, habe ich den sogenannten Katalog, der die aufgetretenen Mängel in geringe, erhebliche und gefährliche Mängel unterteilt, und den dazugehörigen Strafka­talog angefordert. Nichts ist passiert seit letztem Jahr! Am Montag in der Ausschusssitzung dasselbe Spiel wieder: Heute ist Mittwoch – bis heute kein Katalog! Ich weiß nicht, was sagen Sie dazu? Ein ganzes Jahr war dieses Ministerium mit Ihnen als Ministerin nicht fähig oder willig, den zu übermitteln?

Genau dieser Katalog würde aber diesen Bericht zahlenmäßig berichtigen, relativieren und nicht eine ganze Berufsgruppe absichtlich kriminalisieren. Man sieht es an Kollegen Gross, was er diesbezüglich wieder gesagt hat.


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Ich habe Ihnen auch vorhin, beim vorigen Tagesordnungspunkt, Zeit gegeben, auf meine Fragen zu antworten. Also Ihnen sind die aktuellen Probleme der ländlichen Bevölkerung ja komplett wurscht. (Bundesrätin Zwazl: Geh!) Frau Mi­nister, treten Sie zurück! Sie versagen an allen Ecken und Enden! (Beifall
bei der FPÖ.)

Ich bin dafür, dass Fahrzeuge technisch sicher unterwegs sind, die Mitarbeiter einen technisch ordnungsgemäßen Arbeitsplatz haben; dass Bremsen,
Reifen, Karosserie und ihre Anbauteile in einem technisch sicheren Zustand sein müssen, versteht sich von selbst. Untragbar ist aber, wenn durch von oben angeordnete schikanöse Kontrollen und Regelungen immer mehr Mitarbeiter ih­ren ausgeübten Beruf an den sprichwörtlichen Nagel hängen. In diesem
Zuge möchte ich nochmals betonen: Nicht der ausübende Beamte vor Ort oder in der Strafabteilung ist schuld. Sie handeln im Auftrag von Personen, die weltfremd sind, aus ideologischen Gründen ein Problem mit dem ganzen Trans­portsektor haben und glauben, sie können alles mit dem Transportfahrrad transportieren.

Ich nenne Ihnen nun einige Fälle: ein funktionierendes Hecklicht, das nur einen normalen Haarriss aufweist – 150 Euro für den Mitarbeiter, 150 Euro für den Unternehmer; eine soeben noch funktionstüchtige, leer gewordene Scheiben­waschanlage – 150 Euro für den Mitarbeiter, 150 Euro für den Unternehmer.
Oder bei den Lenk- und Ruhezeiten – vorab: Ja, stundenlange Überzüge gehören geahndet, aber schikanöse Kontrollen, bei denen die Mitarbeiter pro Fall
wegen 4 oder 6 Minuten pro Überzug 150 Euro zahlen müssen, sind indiskutabel und nicht tragbar! (Beifall bei der FPÖ.)

Nun einmal kurz zur Erklärung: Ein Mitarbeiter muss nach 4 Stunden und 30 Minuten eine Pause von 45 Minuten machen, diese kann er aber auch in zwei Teile teilen, in einmal 30 Minuten und einmal 15 Minuten. Wenn er aber aufgrund von Säumigkeit oder absichtlich von der Regierung oder von der Auto­fahrerhasserministerin Gewessler (Zwischenruf des Bundesrates Preineder)


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mit Unterstützung der hauptsächlich mit Korruption beschäftigten ÖVP gezwun­gen wird, um 4 oder 6 Minuten zu überziehen – wenn er durch fehlenden Straßenausbau, wir reden zum Beispiel von Lobautunnel oder B 8 oder auch an­deren Straßenbauten, in massiven Stau gerät oder keinen Parkplatz mehr findet –, wird er bestraft. Die Fahrkarten speichern die Daten mindestens zwei Monate bis zu teilweise einem halben Jahr. Im Zuge der nächsten Anhaltung werden die Mitarbeiter rückwirkend bestraft.

Der Familienvater, der schon durch die Teuerungen, die durch die Maßnahmen dieser Bundesregierung und der jeweiligen Landesregierung entstanden sind, massiv belastet ist, bekommt dann teilweise Strafen bis zu 2 000 Euro und mehr als Dankeschön von der Bezirkshauptmannschaft zugestellt. (Bundesrätin
Steiner-Wieser: Danke, Frau Gewessler! – Ruf bei der FPÖ: Schämt euch!)

Erst vor Kurzem haben Vertreter der Bundesregierung, aber auch Sie, liebe Bundesräte von ÖVP und Grünen, unter dem Titel Raserpaket – weil es ein paar gegeben hat, die sich am Wörthersee nicht ordnungsgemäß aufgeführt haben – generell diesen Strafrahmen auch dafür verdoppelt.

Wir Freiheitliche fordern auch in diesem Fall, dass dieser Bereich überarbeitet werden und menschlich umsetzbar und handhabbar gemacht werden muss.
Es freut mich, heute zu hören, dass Kollege Schachner und Kollege Tiefnig meine Anregungen im Ausschuss übernommen haben, so wie wir auch immer wieder unsere Forderungen im Interesse der Österreicher wiederholen, die wir auch schon mehrmals eingebracht haben: CO2-Steuer abschaffen, Preisdeckel
für Gas, Strom und Lebensmittel, Spritpreisdeckel bei 1,20 Euro, Heizkostenzu­schuss für den Mittelstand.

Nun zurück zum Thema Kontrollen: Wenn der anständige Familienvater zum Beispiel durch den Stau, der durch radikale sogenannte Klimaaktivisten –
für viele Teile der Bevölkerung Klimaterroristen – zu Kalendertagen und Uhrzei­ten verursacht wird, die nahelegen, dass diese Personen anscheinend ja auch keinen Beruf ausüben, Lenkzeitüberschreitungen von ein paar Minuten begeht,


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wird er bestraft. Die Taktik des bewussten Gesetzesbruches, zum Beispiel
das Ankleben auf der Straße, führt zur Destabilisierung der demokratischen Ord­nung unseres Rechtsstaates. (Beifall bei der FPÖ.)

Zunehmend werden diese Bewegung wie auch weitere artverwandte Bewegun­gen in Österreich aktiv. Seit einigen Monaten intensivieren sowie radikali­sieren sich Proteste und Aktionen dieser sogenannten Klimaaktivisten in Öster­reich. Immer wieder kommt es zu lebensgefährlichen Verkehrsblockaden, Drohungen und Sachbeschädigungen. Über eine Beobachtung und Gefahrenein­schätzung dieser Szene ist jedoch bisher ebenso wenig bekannt wie über geplante Präventivmaßnahmen, eine Verschärfung der Strafen und Sanktionen für Beteiligte und deren Unterstützer oder über die Kosten für bisher entstandene Schäden und damit in Zusammenhang stehende Polizeieinsätze.

Zuletzt erreichten in Berlin die radikalen Verkehrsblockaden einen traurigen Höhepunkt. Laut Berliner Feuerwehr erschwerten Klimaaktivisten am 31. Oktober einen Rettungseinsatz, weil ein Spezialfahrzeug im Stau stand. Das Unfallopfer erlag später seinen Verletzungen im Krankenhaus. Insgesamt behinderten die Klimaextremisten in Berlin seit dem Sommer bereits 17 Ret­tungseinsätze.

Es ist somit nur noch eine Frage der Zeit, bis ähnliche Gefahrensituationen und tragische Schicksale durch diese rücksichtslose Form des Protests auch bei
uns in Österreich eintreten, zumal Aktivisten der extrem radikalen Splittergruppe Letzte Generation offen und ungeniert ankündigten, ihre terroristischen Aktivitäten von Wien in andere Bundesländer und Landeshauptstädte zu verla­gern. Offenbar nahm man da Anleihen beim deutschen Pendant, wo bereits angekündigt wurde, künftig etwa auch den Flughafen stürmen zu wollen.

Völlig unklar ist jedenfalls, wie sich diese radikalen Gruppierungen zusam­mensetzen, wer sie organisiert und finanziert (Ruf bei der FPÖ: Die Grünen!), was ihre Proteste bisher für Schäden und Kosten verursachten und was man


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künftig dagegen zu unternehmen gedenkt. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Lauter Radikale!)

Bekannt ist hingegen, dass laut einer aktuellen Umfrage 55 Prozent der Österreicher diese Straßenblockaden klar ablehnen und sogar härtere Strafen fordern sowie weitere 27 Prozent die Aktionen der Klimaterroristen für
zu extrem halten. Diese extremen Aktionen der Klimaterroristen stellen verfas­sungsschutzrelevante Entwicklungen dar, die weder staatlich geduldet
noch über Umwege finanziert werden dürfen.

Als unterfertigender Bundesrat bringe ich daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „kein Geld für Klimaterrorismus und -extremismus“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, sämtliche Subventionen und Förderungen zu überprüfen, die an Organisationen mit möglichen Verbindungen zu Klimaterrorismus und -extremismus ergangen
sind, diese einzustellen und dem Bundesrat einen Bericht darüber zuzuleiten.“

*****

Bei unserem freiheitlichen Antrag können Sie ja beweisen, dass Sie für das Klima, für die Verhinderung des CO2-Ausstoßes durch Stau, für die österreichische Bevölkerung und für die Familien etwas übrig haben, sich nicht vor dem aktuel­len Problem drücken und nicht durch die dunkelgrüne Brille schauen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

14.10


Präsidentin Korinna Schumann: Der von den Bundesräten Michael Bernard, Kol­leginnen und Kollegen eigebrachte Entschließungsantrag betreffend „kein


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Geld für Klimaterrorismus und -extremismus“ ist genügend unterstützt und steht damit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Preineder. – Bitte, Herr Bundesrat. (Bun­desrat Schennach: Hat er eine dunkelgrüne Brille auf?)


14.10.38

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau und Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen! Geschätzte Damen und Herren! Ich darf auch auf die technischen Un­terwegskontrollen eingehen, weil das Thema Verkehr ein wesentliches ist, das uns beschäftigt. Im Jahr werden 90,8 Milliarden Tonnenkilometer von der österreichischen Transportwirtschaft zurückgelegt. 27,5 davon sind auf der Schiene – und da gilt es sicher, noch einiges zu tun. Das sagt uns aber
auch, dass wir den Güterverkehr auf der Straße brauchen, vor allem in den ländlichen Regionen, in den dezentralen Gebieten, weil es dort keine Alternative gibt, um die Endziele zu erreichen.

Ja, es wurde sehr intensiv kontrolliert, darauf wurde schon eingegangen. Die Behörde hat sich das Ziel gesetzt, mindestens 8 700 Unterwegskontrollen durchzuführen. Es wurden fast 126 000 anfängliche und 22 000 gründliche Kontrollen durchgeführt, und davon führten 5 300 bei Gefahr in Verzug tatsächlich zur sofortigen Abnahme des Kennzeichens. Wenn ich das nun nachrechne, Herr Kollege Schachner, ergibt das bei mir von den 126 000 4,2 Prozent – und ich denke, da sind wir durchaus im EU-Schnitt (Bundesrat Schachner: So kann man’s verdrehen! So kann man’s verdrehen! Stimmt
nämlich nicht!),
obwohl ich noch auf ein paar Themen eingehen werde, bei denen es gilt, darüber nachzudenken und auch entsprechend Verbesserungen vorzunehmen. (Bundesrat Schennach: Ein bissl was haben wir am Wasser auch!)

Dies betrifft einerseits die technische Kontrolle der Fahrzeuge, weil uns grund­sätzlich die Verkehrssicherheit und die technische Sicherheit der Fahrzeuge wichtig sind – und diesbezüglich haben wir in Österreich ein sehr hohes Niveau.


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Andererseits geht es auch um die Lenk- und Ruhezeiten und die Umweltge­rechtheit mancher Fahrzeuge – und das wird auch kontrolliert. Es geht also bei diesen Unterwegskontrollen um Verkehrssicherheit, soziale Sicherheit und Umweltorientierung.

Die Diskussion im Ausschuss war sehr intensiv. Ich darf an dieser Stelle durchaus anregen, ob es nicht vielleicht doch Toleranzgrenzen beim Einhalten der Ruhezeiten geben kann, weil ich auch von Betroffenen weiß, dass sie eine Stre­cke zurücklegen, eine Stunde im Stau stehen, noch 15 Minuten nach Hause hätten und dann theoretisch das Fahrzeug abstellen, sich dort ein Hotelzimmer nehmen müssten und die Familie über Nacht nicht sehen könnten. Ich
glaube, das ist weder unternehmerfreundlich noch beschäftigtenfreundlich und auch nicht im Sinne unserer Umwelt. Da könnte also über eine Toleranz­grenze nachgedacht werden – ähnlich wie Kollege Bernard gesagt hat: Bei klei­nen technischen Mängeln, die zu Strafen führen, sollte man vielleicht schau­en, ob nicht Toleranzen möglich wären.

Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass wir vor allem den Güterverkehr, der, wie gesagt, unentbehrlich ist, umweltgerechter gestalten und da nach Lösungen suchen, weil sich gerade in diesem Bereich meines Erachtens sehr wenige Alter­nativen auftun. Es wurde darauf hingewiesen, dass es in Graz den Versuch gab, mit Wasserstoff zu fahren. Das ist sehr, sehr kostspielig, weil die Technolo­gie noch am Anfang ihrer Entwicklung steht.

Ich darf nun vielleicht ein Beispiel nennen: Die Stadt Wiener Neustadt hat ihre Busse auf Erdgas respektive Biogas umgestellt, das sie auf der eigenen Kompost- und Biogasanlage gewinnt – ein Kreislaufsystem, das auch für den Schwer­verkehr möglich ist. Wir haben in Österreich eine sehr breite Möglichkeit, aus biogenen Abfällen Biogas zu produzieren. Bei entsprechender Aufbereitung
ist das auch durchaus tauglich. Um auch Schwerfahrzeuge damit zu betreiben, ist anzudenken, mit einer höheren Beimischung biogener Treibstoffe den Umweltgerechtigkeitsaspekt zu erhöhen.


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Zusammenfassend gesagt: Es gibt da durchaus Möglichkeiten, in Richtung Um­weltentlastung bei den Treibstoffen etwas zu tun. Es gilt aber auch, die Kontrollen genau und ordnungsgemäß durchzuführen – allerdings mit einem gewissen Augenmaß. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

14.15


Präsidentin Korinna Schumann: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Schachner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.


14.15.45

Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Ich möchte nur eines klarstellen: Eine gründliche Kontrolle schaut anders aus als eine normale Kontrolle. Bei
einer gründlichen Kontrolle kommt der Lkw auf einen Bock. Da sind zwei Me­chaniker dabei, die unten schauen: Funktionieren die Bremsen?, und so weiter und so fort. Das ist eine gründliche Kontrolle – und von der habe ich gesprochen und nicht von den anderen Kontrollen, da sind wir genau bei 126 000. – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder. – Bundesrat Schennach: Ah, das tut gut, wenn einer weiß, von was er redet!)

14.16


Präsidentin Korinna Schumann: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesminister. (Ruf bei der ÖVP: Das war aber auch keine tatsächliche Berichtigung!)


14.16.18

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Werte Mitglieder des Bundesrates!
Werte Zuseherinnen und Zuseher! Eigentlich wollte ich mich nur zu den Berich­ten äußern, ich muss mich jetzt aber kurz zu der Diskussion rund um den Be­griff Klimaterroristen äußern: Dazu hat unser Herr Vizekanzler in diesem Hohen Haus, glaube ich, alles gesagt, was notwendig ist. Entschuldigung, die Argumentation auf diese Art und Weise zu führen ist unter jeder Kritik. Von einer Partei (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der SPÖ), die


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seit Jahren und Jahrzehnten nichts anderes macht, als Menschen gegeneinander aufzuhetzen (Zwischenrufe bei der FPÖ) und die Gesellschaft zu spalten, die Medien an Oligarchen verkaufen will, sehe ich das wirklich nicht ein. Ganz ehrlich gesagt: Wir haben in diesem Hohen Haus echt eine bessere und fundiertere Debatte verdient. Entschuldigung, dass ich das nun von dieser Bank aus sage! (Beifall bei den Grünen.)

Zu den drei Berichten darf ich nur kurz etwas erwähnen: Die Steirer sind freundliche Menschen, die Steirerinnen auch, deswegen sage ich ein Danke an alle, die sich zu diesen Berichten positiv geäußert haben.

Ich möchte nur ein Thema noch präzisieren beziehungsweise richtigstellen:
Die Unterwegskontrollen verlaufen sehr effizient, weil sie zweistufig verlaufen. Das ist Ihnen bewusst, nur deswegen wird bei den Kontrollen zielgerichtet vorselektiert. Es werden nur die Verdachtsfälle zu einer genaueren Kontrolle abgeleitet. Aufgrund dieser Vorselektierung sind bei dieser gründlicheren Kontrolle 63 Prozent der Fahrzeuge auffällig. Ich bitte, das bei diesen Zahlen zu relativieren.

Die Kontrolle und auch eine gründliche Kontrolle von technischen Mängeln ist ein Thema der Verkehrssicherheit. Wir sind alle dazu angehalten und arbeiten dafür, dass unsere Straßen so sicher wie möglich sind. Deswegen möchte ich auch für alle, die unter nicht einfachen Umständen auf den Straßen diese Kontrol­len durchführen, wirklich zurückweisen, dass sie pauschal in Bausch und Bogen diskreditiert werden. Sie machen eine wichtige Arbeit für unsere Verkehrs­sicherheit (Bundesrat Schachner: Das hat ja keiner gesagt! Das habe ich nicht ge­sagt!) – ich habe auch nicht zu Ihnen gesprochen –, und dafür möchte ich
mich an dieser Stelle bedanken. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Bader.)

14.18


Präsidentin Korinna Schumann: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bundesrat Gross, bitte.



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14.19.03

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe noch schnell für den Kollegen von der
FPÖ etwas rausgesucht, der de facto unterstellt, es kämen irgendwie Anweisun­gen aus dem grünen Verkehrsministerium, besonders scharf zu kontrollieren,
weil wir die Autos – insbesondere den Schwerverkehr – so hassen, und so wei­ter. Wissen Sie, wer 2018 Verkehrsminister war? (Bundesrat Steiner: Ja, Nor­bert Hofer!) – Norbert Hofer. 2018 waren knapp 161 000 Kontrollen, 2021 125 000.

Die Anzahl der Fahrzeuge, die einer gründlicheren technischen Kontrolle unter­zogen wurden (Bundesrat Steiner: Corona war dazwischen!) – ich zitiere aus Ih­rem eigenen Bericht von damals (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser) –, ist ziemlich genau gleich hoch. Bei den sozialen Verstößen waren es 2018 117 000 Fahrer:innen mit 1,9 Millionen Arbeitstagen, 2021 82 000 Fahrer:innen mit 1,4 Millionen Arbeitstagen (Bundesrat Spanring: Dass ihr das Land einge­sperrt habt, wisst ihr schon, oder?), also dramatisch weniger. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Ihr habt uns eingesperrt!) 2018 wurden unter Ihrem damaligen Minis­ter 186 000 Verstöße festgestellt, 2021 130 000 Verstöße. (Beifall bei
den Grünen.)

14.20


Präsidentin Korinna Schumann: Herr Bundesrat Steiner, bitte.


14.20.38

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Es ist nun einiges klarzustellen: Es war gerade recht, dass Kollege Adi Gross von den Grünen noch vor mir drange­kommen ist, weil ich mir zu dem Herren auch noch etwas aufgeschrieben habe.

Frau Ministerin, Klimaterroristen sind und bleiben Klimaterroristen. (Beifall
bei der FPÖ. – Bundesminister Rauch: Sie sind ein Kasperl!) Wissen Sie, warum? – Sie brauchen gar nicht so rot zu werden – oder ist der Tee so heiß? Das
kann auch sein. – Klimaterroristen sind deshalb Klimaterroristen, weil man, wenn


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man sich auf eine stark befahrene Straße klebt, Rettungsgassen, Feuer­wehreinsätze und lebensnotwendige Rettungseinsätze verhindert, damit nicht nur denjenigen terrorisiert, dem man vielleicht das Leben hätte retten kön­nen, sondern man terrorisiert mit dieser bescheuerten Aktion – sich auf einer Straße festzupicken, wie bescheuert ist denn so etwas? – das ganze Land,
Frau Ministerin. Das brauchen Sie hier herinnen nicht zu verteidigen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich hätte mir von einer ordentlichen Ministerin erwartet (Bundesrätin Zwazl: Halt, halt ..., pass auf!) – aber darüber brauchen wir nicht zu reden –, dass man sich von solchen Aktionen distanziert und sie nicht noch verteidigt. (Beifall bei der FPÖ.)

Von einem Herrn Kogler erwarte ich mir überhaupt nichts mehr, denn wenn Herr Kogler im Nationalrat alles zu den Klimaterroristen gesagt hat, darf ich nur erinnern, und ich werde den Unterschied hervorstreichen: Als was hat Herr Kogler, einer der Oberimpfgötter von dieser Regierung, die Coronademonstran­ten hier, da drüben, von diesem Sitz aus, betitelt? Frau Ministerin, können
Sie sich noch erinnern? – Als Neonazis, Rechtsextreme, Demokratiefeinde und Staatsverweigerer. (Zwischenruf des Bundesrates Gross. – Oh-Rufe bei der
FPÖ.)
So viel zu eurem Kogler Werner mit dem leichten Schluckauf.

Mehr brauche ich dazu gar nicht zu sagen, Frau Ministerin, denn im Gegensatz zu Ihren Klimaterroristen, von denen Sie mit Ihrer grünen Bande sich ja nicht distanzieren wollen (Bundesrat Novak: Boh ...! – Bundesrat Gross: Das geht einfach nimmer! – weitere Zwischenrufe bei den Grünen), haben diese Demonstranten
sich beim angemeldeten Demonstrieren ordnungsgemäß verhalten. (Bundesmi­nister Rauch: Es reicht!)


Präsidentin Korinna Schumann: Herr Bundesrat Steiner, bitte beachten Sie die Würde des Hauses! – Danke.



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Bundesrat Christoph Steiner (fortsetzend): Ja, die Würde des Hauses ist somit schon untergraben, wenn sich eine Ministerin nicht befähigt fühlt, sich von den Klimaterroristen zu distanzieren, Frau Präsidentin. (Beifall bei der FPÖ.)

Noch einmal: Im Gegensatz zu euren Klimaterroristen haben sich die Coronademonstranten ordnungsgemäß bei angemeldeten Demonstrationen ordentlich aufgeführt und haben niemanden in ihrer Umgebung gefähr­det. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Sie haben Rettung..., sie haben Krankenhäuser blockiert!)

Und nun kommt’s: Im Gegensatz zu den angemeldeten Demonstrationen machen Ihre Klimaterroristen genau das Gegenteil. Sie melden nichts an, lassen sich vom Ausland (Bundesrätin Hauschildt-Buschberger: ... Ihre Klimaterroristen!) finanzieren, wie diese Frau, die die Klimaterroristen in Österreich anführt – ich habe mir ihren Namen nicht gemerkt –, vor Kurzem in einem Interview be­stätigt hat: Sie hat zu arbeiten aufgehört, wird inzwischen nur noch vom Ausland finanziert, damit sie sich in Österreich auf Straßen festklebt, die Narrische. (Zwischenruf des Bundesrates Ofner.) So schaut es nämlich aus: Sie machen Bilder in Museen kaputt, zerstören Kunstwerke – und all das wird von Frau Leo­nore Gewessler, die ja selbst, bevor sie Ministerin war, auf der Baustelle beim Parlament auf einem Kran oben gehängt ist und die Baustelle behindert
hat, das war ja die gleich Narrische - - (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gewessler. – Bundesrat Buchmann: Hallo! – Bundesrat Schreuder: Mikrofon ...!)

Herr Kollege Adi Gross, Sie können doch nicht Birnen mit Äpfeln vergleichen und die Zahlen der Kontrollen von 2018 und 2019 daherbringen und diese Zahlen mit den Kontrollen von 2020 und 2021 vergleichen! 2020 und 2021 habt ihr das ganze Land heruntergefahren, da war ja niemand mehr vor der Tür,
wer soll denn da kontrolliert werden?! Sie vergleichen ja Äpfeln mit Birnen, Herr Gross. Durch Ihr Coronaregime waren natürlich die Kontrollen weniger,
weil auch die Lastwägen weniger gefahren sind. Natürlich war der Fernverkehr weniger. Man hat es ja in Tirol gesehen.


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Übrigens, zum Fernverkehr nur eines, Herr Adi Gross: Als die Grünen in der Tiroler Landesregierung waren – gottlob, mittlerweile sind sie nicht mehr drin –, das waren knapp zehn Jahre, hat sich der Schwerverkehr in Tirol mehr als verdoppelt. – Gratuliere zu Ihrer tollen grünen Klimapolitik, zu Ihrer tollen grü­nen Fernfahrerpolitik, zu Ihrer tollen grünen Transitpolitik!

Frau Minister, gescheiter wäre, Sie würden einmal nach Tirol schauen, wie es da abgeht und wie da die Bevölkerung unter dem Transit leidet, als dass Sie weiterhin die Narrischen unterstützen, die sich überall in ganz Wien am Boden niederpicken. (Beifall bei der FPÖ.)

14.26

14.26.28*****


Präsidentin Korinna Schumann: Herr Bundesrat Steiner, für die „Narrische“
im Zusammenhang mit der Bundesministerin erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

*****

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Bundesrat Schreuder zu Wort gemel­det. – Bitte.

*****


14.26.43

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte
Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte bitte eine Stehpräsidiale aufgrund der vielen verbalen Entgleisungen, die soeben
passiert sind.

14.26


Präsidentin Korinna Schumann: Wir unterbrechen die Sitzung für eine Steh­präsidiale.

14.27.04*****


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 192

(Die Sitzung wird um 14.27 Uhr unterbrochen und um 14.30 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****14.30.02


Präsidentin Korinna Schumann: Ich nehme die Sitzung wieder auf.

Herr Bundesrat Gross hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. (Bundesrat Gross – von seinem Platz aus –: Ich berichtige tatsächlich - -! – Bundesrat Schennach: ... vorn, oder?)

Herr Bundesrat, wenn Sie nach vorne gehen, dann hören wir Sie besser.


14.30.22

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Ich berichtige tatsächlich: Zur Behauptung, 2021 sei auf Österreichs Straßen weniger Güterverkehr gewesen, sagt die offizielle Statistik: 2018 52 Millionen Tonnenkilometer, 2021 56 Millionen Tonnenkilometer. – Blöde Sache mit den Fakten, Kollege!

14.30


14.30.56

Präsidentin Korinna Schumann: Nun kann ich sagen: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die gegenständlichen Tagesord­nungspunkte getrennt erfolgen. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
über technische Unterwegskontrollen im Jahr 2021.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 193

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzei­chen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen,
den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Verkehrstelematikbericht 2022, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustim­men, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Einstimmigkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kolle­gen, auf Fassung einer Entschließung betreffend „kein Geld für Klimaterrorismus und -extremismus“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsan­trag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

14.32.4815. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2022 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (2864/A und 1785 d.B. sowie 11107/BR d.B.)


Präsidentin Korinna Schumann: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesord­nung.


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Berichterstatter ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Ich bitte um den Bericht.


14.33.19

Berichterstatter Marco Schreuder: Ich bringe den Bericht des Gesundheitsaus­schusses über den Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehr­heit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. (Bundesrat Schennach: So, jetzt kommt der Ingo!)


Präsidentin Korinna Schumann: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Appé. – Bitte, Herr Bundesrat. (Bundesrat Schennach: Der Ingo sagt uns jetzt, wo’s langgeht!)


14.33.53

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Was haben wir hier zu beschließen? – Im Bericht
des Gesundheitsausschusses ist es klar definiert und sehr nett umschrieben: Es handelt sich hierbei „um die Bereinigung eines legistischen Versehens“.

In Wirklichkeit schaut es so aus, dass der Hintergrund der gegenständlichen Novelle des Epidemiegesetzes 1950 jener ist, dass seitens der Datenschutzbe­hörde die Rechtmäßigkeit der bisherigen Versendung der Benachrichti­gungen beziehungsweise der Erinnerungsschreiben über den Abschluss der Grundimmunisierung nicht gegeben war. Aufgrund dieser Berichtigung wird nunmehr die unterbrochene Versendung an die noch nicht fertig Immuni­sierten oder nicht Geimpften auf rechtliche Schiene gebracht und es erfolgt die unterbrochene Versendung weiter, jedoch mit einer Änderung der bisher geübten Praxis: dass die Personengruppen, die bisher von der Versendung


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ausgenommen worden sind, die zum Beispiel schwanger oder erkrankt sind, nun­mehr auch das Erinnerungsschreiben erhalten sollen, da die Verknüpfung der
Daten einen noch schwereren Eingriff in die Rechtmäßigkeit darstellen würde.

Die 300 000 Euro, die das Ganze kostet, könnten wir uns eigentlich sparen.
Wenn es stimmt, was das Gesundheitsministerium uns berichtet hat – dass es sich um 300 000 Briefe handelt –, glaube ich, das könnten wir anderweitig verwenden. Wie gesagt, es wird schon wieder etwas berichtigt, was in der Ver­gangenheit vermurkst wurde, daher erteilen wir nicht unsere Zustimmung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

14.35


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Hau­schildt-Buschberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.


14.36.01

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Frau Prä­sidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle­gen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, wir sind tatsächlich schon im dritten Coronawinter, und das Nationale Impfgremium hat seine Empfehlung für die Coronaschutzimpfung aktualisiert. So wurden mittlerweile unter anderem der Proteinimpfstoff von Sanofi und der Variantenimpfstoff für Kinder ab
fünf Jahren von Biontech/Pfizer in die Empfehlung aufgenommen.

Zudem wurde konkretisiert, dass eine fünfte Impfung derzeit noch nicht allgemein empfohlen wird, sondern nur für Risikogruppen und Personen ab 60 Jahren – und ja, um einen möglichst guten Schutz während der kalten Jahreszeit zu gewährleisten, empfehlen die Expertinnen und Experten weiterhin dringend den Abschluss der Grundimmunisierung. (Zwischenruf der Bundes­rätin Steiner-Wieser.) Dafür sind drei Dosen sowie die Auffrischungsimpfung not­wendig. (Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner.)

Damit diese Information über die wichtige Grundimmunisierung die Menschen erreicht, wurden teilweise bereits Erinnerungsschreiben versandt, der Kollege


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hat es schon gesagt. Die Datenschutzbehörde hat allerdings die bisher geltende Rechtsgrundlage als dafür unzureichend eingestuft, und das wird nun heute korrigiert.

Auf dieser neuen Grundlage soll daher die unterbrochene Versendung von Erinnerungsschreiben vervollständigt werden, und ich kann es nun erwähnen, weil im Gesundheitsausschuss die Frage aufgetaucht ist und wir heute
Morgen diese Information nachgereicht bekommen haben: Mit Stand 29.11. wa­ren 281 706 Briefe ausständig. Zu beachten ist dabei eben auch, dass täg­lich auch erste Immunisierungsserien abgeschlossen werden, deshalb ist diese Zahl nicht auf den Tag genau.

Über diese unterbrochene Versendung hinaus sind derzeit keine weiteren Versendungen geplant. Übrigens sind, weil das oftmals fälschlicherweise gesagt wird, Erinnerungsschreiben für Auffrischungsimpfungen der vierten oder
fünften Dosis nicht davon betroffen. Für die gibt es nämlich bereits eine Rechts­grundlage, und die ist von der Datenschutzbehörde auch nicht beanstandet worden. Ebenso nicht umfasst sind die Schreiben an Ungeimpfte – das sei auch an dieser Stelle noch kurz erwähnt. Solche Schreiben sind auch weiterhin
nicht geplant.

Die heutige Änderung ist daher aus meiner Perspektive äußerst sinnvoll und vor allem notwendig, ich ersuche daher um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.38


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Steiner-Wieser. – Bitte, Frau Bundesrätin. (Bundesrat Schennach: Eine schnelle Debat­te ist das! – Bundesrat Schreuder: ... keine Garantie übernehmen!)


14.39.03

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zum Tagesordnungspunkt als solchem komme, möchte ich noch einmal kurz auf die Aktuelle Stunde


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Bezug nehmen, und ich kann nur klipp und klar sagen: Es ist wirklich skandalös! Es ist skandalös und eine Missachtung des Parlaments, dass heute in der
Früh von vierzehn Ministern nicht ein einziger zur Aktuellen Stunde hier war. (Beifall bei der FPÖ.) Der Termin ist seit einem Jahr bekannt. Das ist eine Missachtung des Parlamentarismus! (Bundesrat Eder-Gitschthaler: Es kommt jemand!) Weder von der ÖVP noch von den Grünen hat sich ein Minister
für die Aktuelle Stunde Zeit genommen, obwohl es viele aktuelle Themen gäbe. Ich werde es aber heute noch in viel deutlicherer Form dem Herrn Kanzler sagen.

Zum Tagesordnungspunkt selbst: Mit der heute zu beschließenden Änderung des Epidemiegesetzes kann ja der Herr Gesundheitsminister Elga mit dem Versand von personalisierten Schreiben betreffend Covid-19-Impfungen beauf­tragen. Sogar Kinder ab fünf Jahren sollen das Schreiben kriegen. Was hat
das für einen Sinn? (Bundesrat Schennach: Die Eltern dürften lesen können!) Also ich verstehe es nicht. Was soll das für einen Sinn haben, dass die Briefe
auch an Kinder ab fünf Jahren verschickt werden? (Bundesrat Schennach: An die Eltern!) Diese Briefe werden auch an Personen verschickt, denen eine Imp­fung zum anstehenden Zeitpunkt aufgrund einer aktuellen Genesung oder einer Kontraindikation ja gar nicht zu empfehlen ist.

Geht es noch, Herr Minister? Das ist ja ein reiner Nonsens, was da gemacht wird. Sollte doch der eine oder andere euren Briefen vertrauen, kann das für diese Menschen ja durchaus lebensgefährlich sein. Ich kann es noch einmal wiederho­len: Eine Impfung ist eine ganz persönliche Entscheidung, dafür braucht man keine staatliche Anweisung. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundes­rates Schennach.)

Diese Briefe könnt ihr euch sparen. Ich muss euch sagen, diese Bundesregierung aus ÖVP und Grünen hat ja überhaupt nichts dazugelernt, aber gar nichts. Da werden auf der einen Seite Millionen für PR- und Werbemaßnahmen hinausge­schleudert und verpulvert, und auf der anderen Seite muss die Bevölkerung
jeden Tag den Gürtel noch enger schnallen, weil das Leben nicht mehr leistbar


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ist. Sehen Sie endlich ein, dass Covid vorbei ist und genauso wie die Grippe
ein Teil unserer Realität geworden ist! Sehen Sie auch ein, dass die Bevölkerung bei diesem perfiden Spiel nicht mehr mitmacht, und hören Sie endlich mit Ih­ren sinnlosen und vor allem sauteuren PR- und Werbemaßnahmen auf!

Ihr habt die Menschen ja seit Anbeginn von Corona mit euren Maßnahmen gepflanzt und sogar Existenzen kaputt gemacht. Anfänglich hat es geheißen: Wer geimpft ist, für den ist die Pandemie vorbei. Plötzlich ist man dann auf
die Idee gekommen, nur wer eine zweite Impfung hat, ist voll geschützt. Danach hieß es, eine vollständige Immunisierung gibt es nur, wenn man dreifach
geimpft ist. Mittlerweile sind wir bei der vierten Impfung angelangt. Das ist ja ein Fass ohne Boden. Es wird sicherlich noch eine fünfte, eine sechste und eine 500 000. Impfung kommen (Bundesrat Schreuder: Jedes Jahr Grippe ...!), und die werdet ihr fordern. Tja, ich komme da ja nur zu einem Schluss: Die ÖVP und
die Grünen betreiben Politik für die Pharmaindustrie und sicherlich nicht für die Bürger in diesem Land. So eine Politik brauchen wir nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Und kein Mensch braucht eure Impfkampagnen. Die Österreicher haben die Na­se gestrichen voll von eurer Coronapolitik. Die Menschen haben jetzt ganz andere Sorgen, viele wissen ja nicht einmal mehr, wie sie ihre monatlichen Fix­kosten begleichen können, und ihr pulvert Millionen für PR und Werbung
und für Briefe hinaus. Das Geld braucht unser Sozialsystem, um die Leistungen auch in Zukunft zu sichern. Das Geld brauchen die Österreicher, welche
unter den hohen Preis- und Energiekosten stöhnen. Das Geld braucht unser Ge­sundheitssystem, welches massiv kränkelt und totgespart wurde, während
für Coronawerbung immer noch Milliarden ausgegeben werden.

Wir haben alleine 4 Milliarden Euro für Tests ausgegeben, mittlerweile 49 Milliarden Euro für Covid-Maßnahmen und PR-Maßnahmen betreffend Co­vid. Spart euch das, setzt das Geld lieber für die medizinische Grundversor­gung ein, sonst zerstört ihr endgültig unser österreichisches Gesundheitssystem.

Daher möchte ich folgenden Antrag einbringen:


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Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Krankenanstaltenfinanzierung 2023 – 150 Mio. Euro zusätzlich jetzt!“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bun­desminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird auf­gefordert, den österreichischen Krankenanstalten auf der Grundlage und
zur Erfüllung des Leistungskatalogs nach dem Bundesgesetz über Krankenanstal­ten und Kuranstalten (KAKuG) für die medizinische Grundversorgung für das Budgetjahr 2023 zusätzliche 150 Mio. Euro im Rahmen eines Akut-Finanzierungs­pakets aus Bundesmitteln zur Verfügung zu stellen.“

*****

Ich hoffe, ihr werdet dem Antrag zustimmen. Das, was ihr nämlich mit eurer PR und Werbung betreibt, ist Steuergeldverschwendung.

Was mich in den letzten Tagen und Wochen sehr berührt hat: Auf Ihrer Homepage, Herr Minister, bewerben Sie ja – Sie haben es ja auch medial ange­kündigt, Sie haben es hier im Hohen Haus auch gesagt –, dass die Mitarbei­ter im Pflegebereich 2 000 Euro brutto ausbezahlt bekommen.

Ich habe nur ein paar E-Mails mitgenommen, welche mir besorgte, verzweifelte, verärgerte Mitarbeiter im Gesundheits- und Pflegebereich geschickt haben.
Ich darf da nur Folgendes sagen: Also im Intranet der Salzburger Landeskliniken steht, dass die Mitarbeiter der Salk 1 580 Euro brutto bekommen, nicht 2 000 Euro brutto. 1 580 Euro brutto bekommen die Mitarbeiter der Salk, 2 000 Euro werden aber auf Ihrer Homepage beworben, Herr Minister.
Ich habe die E-Mails von ein paar Leuten da. (Bundesrat Steiner: Lügner!)


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 200

Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen in der Stadt Salzburg haben bis jetzt überhaupt noch nichts bekommen, und auf Nachfrage beim zuständigen schwarzen Gesundheitslandesrat heißt es: Das ist Sache des Bundes. Also ich hoffe, Sie können mir das beantworten, Herr Minister, was ich den
Menschen draußen sagen kann. Wenn Sie auf Ihrer Homepage 2 000 Euro brutto ankündigen, im Intranet der Salk aber 1 580 Euro steht – das
sind rund 1 100 Euro netto –, ist das also ein anderer Betrag als der, den Sie den Menschen versprechen.

Ich hoffe doch, dass Sie den Menschen nicht nur Sand in die Augen gestreut haben, sondern dazu stehen, dass die Mitarbeiter im Gesundheits- und Pflegebereich tatsächlich 2 000 Euro brutto ausbezahlt bekommen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.46


Präsidentin Korinna Schumann: Der von den Bundesräten Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Erhöhung der Krankenanstaltenfinanzierung 2023 – 150 Mio. Euro zusätzlich jetzt!“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Heike Eder. – Bitte, Frau Bundesrätin.


14.46.46

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher daheim! Liebe Kolleginnen und Kollegen, wissen Sie, was das österreichische Un­wort 2020 war? (Bundesrat Spanring: Alternativlos!) – Nein, es war Coronaparty. Wissen Sie, was das Unwort 2022, also von heuer, ist? (Bundesrat Spanring: Korruption! – Bundesrat Schennach: „ÖVP“ wieder!) – Ich weiß es auch noch nicht, es wird nämlich erst morgen veröffentlicht. (Allgemeine Heiterkeit.)

Die Wahl ist aber bereits beendet, und die Begriffe, die zur Auswahl standen, waren Begriffe wie Heizschwammerl, Putin-Versteher oder Kamikaze­drohne. Diese Wörter standen zur Auswahl, und, wie gesagt, morgen wird das


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 201

Unwort veröffentlicht. (Ruf bei der FPÖ: Für was hast du dich entschieden?)
Das zeigt aber eines ganz klar, nämlich: Der Fokus der Menschen liegt derzeit nicht mehr auf dem Thema Corona, sondern hat sich auf die aktuelle Teuerungssituation und das Kriegsgeschehen verlagert.

Auch wenn uns Corona in den letzten Monaten Gott sei Dank nicht gefordert hat und wir gut durch den Sommer und auch den Herbst gekommen sind,
so ist und war die Impfung immer ein Grundpfeiler zur Pandemiebekämpfung. Sie ist auch der Hintergrund und der Hauptgrund, warum wir so glimpflich
durch diese letzten Wochen und speziell den Herbst gekommen sind. Deshalb ist es auch wichtig, die Menschen weiterhin an die Vervollständigung der Grundimmunisierung, also an den dritten Stich, zu erinnern. Dafür schaffen wir heute die rechtliche Grundlage.

Es gibt jetzt auch ein paar Fakten, die für diesen heutigen Beschluss sprechen, diese möchte ich Ihnen auch nicht vorenthalten. Das Robert-Koch-Institut –
jeder von Ihnen kennt es – zeigt klar auf, dass die Impfung, vor allem in drei Do­sen verabreicht, auch bei Omikron sehr gut vor einem schweren Verlauf
schützt. Sich impfen zu lassen, schützt auch andere. Wir wissen mittlerweile aus den Daten, dass bei Omikron die Impfung zwar weniger Schutz für andere
bietet, aber der Fremdschutz sinkt keinesfalls auf null. So kommt es auch bei Omikron in Haushalten zu weniger Übertragungen, wenn die Mitglieder im Haushalt geimpft oder bestenfalls sogar geboostert sind. Das zeigen ganz klar Daten aus Dänemark.

Wir wissen auch, dass Erinnerungsschreiben wirken: je persönlicher, je dialog­basierter und je zielgruppengerechter, desto besser wirken sie. Das zeigen
Studien aus England und aus den USA.

Liebe Kollegin Steiner-Wieser der Freiheitlichen Partei! Du forderst in einem Entschließungsantrag mehr Finanzmittel für die Gehälter in den Kranken­anstalten. (Bundesrat Steiner: Ja, wie versprochen!) Jetzt weiß ich nicht: Hast du geschlafen oder warst du vielleicht kurz draußen (Bundesrat Steiner: Wie


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 202

versprochen! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Das sind geringe Mittel ...!), nicht im Plenum, als wir das Pflegepaket beschlossen haben? Wir haben nämlich
im Rahmen des Pflegepakets 570 Millionen Euro für die Grundgehälter in der Pflege beschlossen. Ich weiß nicht, wo du da warst. (Beifall bei ÖVP und
Grünen. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Wir machen das heute bei der Dringlichen!)

Du machst dir außerdem noch Sorgen um die Portokosten der Erinnerungs­schreiben, du sagst, das sind ungeheure Kosten, die da auf uns zukom­men. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Vielleicht kann ich dich da auch etwas beruhigen: Die Kickl-Pferde waren deutlich teurer. (Heiter­keit und Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unserer Ansicht nach macht es absolut Sinn, heute die rechtliche Voraussetzung zu schaffen (Ruf bei der ÖVP: Leberkäse
sind sie jetzt! – Bundesrat Steiner: Die Pferde braucherts jetzt für die Klimaterroris­ten!),
dass Menschen an den dritten Stich erinnert werden, denn vorbeugen
ist immer besser als Nachsicht. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.50


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Arla­movsky. – Bitte, Herr Bundesrat.


14.50.54

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es geht
mir heute nicht um eine Diskussion über die Wirksamkeit der Coronaimpfungen, die steht bei Menschen, die Statistiken lesen können, außer Streit. (Bundesrat Steiner: Ja!)

Es geht mir auch nicht allgemein um die Erinnerungen an die Vervollständigung eines Impfschemas oder um Auffrischungsimpfungen, sondern es geht mir
darum, dass dieser Gesetzesvorschlag mit eigentlich guten Ideen stümperhaft umgesetzt ist, dass Erinnerungsschreiben, die nicht effizient sind, auf diese


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 203

Art und Weise nicht den gewünschten Erfolg bringen werden, nämlich dass Menschen ihre Grundimmunisierung vervollständigen werden oder allfäl­lige Auffrischungsimpfungen umsetzen werden.

Betreffend die Möglichkeit von Erinnerungen an Impfungen, seien es jetzt Covid-Impfungen, sei es die Influenza-Impfung, seien es Diphterie-Tetanus-Imp­fungen, sei gesagt: All diese Impfungen braucht man, wenn sie wirken sollen, mehr als einmal im Leben, an diese Impfungen soll bitte erinnert werden!
Die Umsetzung mit dieser Insellösung, ausgerechnet für Covid und mit einem schriftlichen Erinnerungsschreiben, ist keine gute Idee.

Das Ganze muss breiter gedacht werden, das Ganze muss längerfristig gedacht und technisch gut umgesetzt werden, am besten im elektronischen Impf­pass. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.52


Präsidentin Korinna Schumann: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bun­desminister Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.


14.52.48

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Frau Präsidentin! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich darf beim letzten Redner anknüpfen, das ist nämlich im Prinzip schon eine richtige Feststellung: dass ein Brief, eine schriftliche Erinnerung, nicht der große technische Fortschritt ist. Wir arbeiten daran. Wir haben Defizite im Bereich
der Digitalisierung des Gesundheitswesens, das habe ich schon öfter gesagt. Ziel­setzung sollte es schon sein, zu effizienteren und einfacheren Lösungen zu kommen, das teile ich.

Es wird in diesem Zusammenhang auch versucht, mit allen Stakeholdern, die in diesem Bereich tätig sind – das ist die Sozialversicherung, das ist die Ärzte­kammer, das sind die niedergelassenen Ärzte, das sind die Krankenhäuser, das sind alle Systempartner, die wir haben –, Gespräche zu führen. An vielen


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Ecken und Enden werden Projekte gestartet, die aber nicht in eines zusammen­geführt werden. In meinen Augen wäre das schon notwendig.

Wir arbeiten jetzt daran, uns über Elga und vor allem im Hinblick auf den Europäischen Gesundheitsdatenraum so aufzustellen, dass wir da in der digitalen Welt ankommen und uns dann solche schriftlichen Geschichten schenken können. Ich weiß, Nachholbedarf ist da, ich habe mir einiges angeschaut, wie das in Europa besser gemacht wird. Wir sind dabei, das zu bearbeiten.

Ich möchte auf Ihre Frage zu den Auszahlungen eingehen, die halte ich nämlich für wichtig. Wir haben 570 Millionen Euro für die Bundesländer zur Verfü­gung gestellt, und Sie, als Bundesrätinnen und Bundesräte, sind ja gewisserma­ßen die Hüterinnen und Hüter der Landeskompetenzen und Sie wissen,
dass der Bereich der Pflege landesgesetzlich geregelt ist. Es haben sich die Bun­desländer in der Konferenz der Soziallandesrätinnen und -landesräte im September eigentlich auf etwas sehr Kluges verständigt: Wir zahlen das öster­reichweit und für alle Berufsgruppen einheitlich im Dezember aus.

Dann hat sich gezeigt, dass die Verteilung der Mittel nicht so einfach ist, weil der Bevölkerungsschlüssel schlicht nicht passt. Warum? – Weil der Bevölkerungsschlüssel das eine ist und die Anzahl der in der Pflege Beschäftig­ten etwas anderes ist, da gibt es Differenzen. Das hat dazu geführt, dass unterschiedliche Bundesländer zu unterschiedlichen Höhen gekommen wären, was die Auszahlung angeht. Sie haben sich dann in einer erneuten Konfe­renz darauf verständigt, die 2 000 Euro brutto heuer in dieser Form auszuzahlen.

Nächstes Jahr ist daran gedacht – und das halte ich für richtig –, das in die Kollektivverträge überzuführen und als normalen Lohnbestandteil monatlich aus­zuzahlen, denn das war eigentlich die Absicht: dass das ein Gehaltsbestand­teil und nicht eine Prämienzahlung wird. Wir haben es jetzt so geregelt, dass es möglich wird oder den Ländern ermöglicht wird, dass da Übertragungen vom heurigen ins nächste Jahr stattfinden und dass die Mittel dann nächstes Jahr bei den Lohnzahlungen zur Auszahlung kommen.


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Ich weiß, das rumpelt ein bisschen, aber das ist nicht meine Schuld, denn ich habe mich sehr bemüht, mit den Ländern zu einer einheitlichen Lösung zu kommen. Die haben aber die Situation, dass sie unterschiedliche Kollektivver­tragspartner in ihrem Bundesland haben, mit denen sie verhandeln müssen,
wofür dann die Zeit bei manchen zu knapp geworden ist, aber die Zielsetzung ist – und das sage ich in aller Klarheit –: Nächstes Jahr muss das bundes­weit einheitlich, auch für alle Berufsgruppen einheitlich, Gehaltsbestandteil sein und monatlich mit der Lohnauszahlung ausbezahlt werden.

So ist es versprochen, so ist es zugesagt worden und so sind auch die Mittel gedacht. Das ist sozusagen vom Rahmen her so festgeschrieben. Die Lan­desrätinnen und Landesräte haben sich mit mir darauf verständigt, im ersten Quartal im nächsten Jahr so in die Umsetzung zu kommen, wie es sich
gehört: monatliche Auszahlung als Gehaltsbestandteil. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.56


Präsidentin Korinna Schumann: Ich darf Frau Staatssekretärin Mayer im Bundes­rat herzlich begrüßen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Steiner.


14.57.11

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Wenn der Herr Gesundheitsminister vom europäischen Gesundheitsdatenraum spricht, dann wird mir persönlich schlecht in der Magengrube. Ich kann mir schon vorstellen, was im europäischen Gesundheitsdatenraum mit all unseren Gesundheitsdaten passieren wird,
wenn all die Herrschaften dann noch an der Macht sind.


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Ihnen vertraue ich die nicht an, Herr Minister Rauch, und Sie wissen auch warum: Sie haben – zumindest bei uns im Bundesrat – mit der Wahrheit ein Pro­blem. Wenn Sie vom europäischen Gesundheitsdatenraum sprechen, bin
ich persönlich froh, dass ich mich schon vor Jahren von Elga abgemeldet habe.

Zu Ihren Briefen, Herr Rauch: Nun weiß ich nicht, warum wir diese Briefe jetzt wieder neu verschicken müssen, ihr habt ja so eine tolle Kampagne gemacht,
Herr Rauch. Schauen Sie einmal, vielleicht wissen Sie nicht mehr, wie sie aus­schaut, die ist so supertoll (ein Schriftstück in die Höhe haltend): „Am Dienstag z’Mittag bin i scho aufg’frischt.“ – Super, so ein Spaß, die Leute lachen sich einen Hackl oba, wie lustig das ist. „Mander, ’s isch aufg’frischt.“ (Der Redner hält
das Schriftstück mit dem Zitat in Richtung Bundesminister Rauch:)
Unseren Tiroler Helden Andreas Hofer mit eurer Scheiße so zu verunglimpfen ist ein
Wahnsinn, das ist ein Wahnsinn! Das ist ein Wahnsinn, das sage ich euch auch ganz ehrlich.

„Schaffa, Impfa, Hüsle baua.“ - -

14.58.49*****


Präsidentin Korinna Schumann: Herr Bundesrat Steiner, für die „Scheiße“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Allgemeine Heiterkeit sowie Beifall bei Bundes­rät:innen von ÖVP und SPÖ.)

*****


Bundesrat Christoph Steiner (fortsetzend): Ich hätte sie jetzt zurückgenommen, die Scheiße, Frau Präsidentin. Ich hätte sie jetzt zurückgenommen und
durch Scheibenkleister ersetzt, aber es weiß jeder, was ich gemeint habe. (Bun­desrat Himmer: Schupft sie nicht hin und her!)

Sie sind aber wirklich sehr spaßig – Spaßvogel will ich jetzt nicht sagen, aber Sie sind sehr spaßig (ein Schriftstück in die Höhe haltend): „Ich schau dir in den Impfpass, Kleines.“ – Ich hau mich ab, so lustig ist das. So eine tolle Impfkam­pagne, Herr Rauch, ich kann Ihnen nur gratulieren.


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Das wird aber nicht besser (ein Schriftstück mit der Aufschrift „Auf-ge-friiiiiiiiiiiiiischt! (frei nach Hugo von Hofmannsthals Jedermann)“ in die Höhe haltend): Aufg’frischt isch – da sind so viele I dabei, das kann ja nicht einmal jemand
lesen, in Wien, bei dem Migrationsanteil, wahrscheinlich eh schwerer. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Wer soll denn wissen, was da draufsteht? Das muss man
vielleicht noch in Kyrillisch machen.

Jetzt erklären Sie mir noch, Herr Rauch, was diese Briefe damals genützt haben, als Sie die Briefe ausgeschickt haben. – Die haben nichts genutzt.

Jetzt haben wir Millionen für diesen Schmarren, also für die tolle, lustige Impfkampagne, die jetzt überall hängt und überall läuft, ausgegeben, Herr Rauch. Jetzt geben wir wieder Millionen für diese supertollen Briefe, dass die
Leute wieder impfen gehen sollen, aus, anstatt diese, wie Frau Kollegin Steiner-Wieser schon gesagt hat, ordentlich ins Gesundheitssystem zu investieren.

Herr Rauch, was mich aber noch viel mehr interessiert: Bei Ihnen im Ministerium liegt eine Anfrage von mir, und da würde ich – bevor Sie wieder Erinne­rungsschreiben herauslassen – schon gerne wissen: Was ist denn mit den 3,5 Mil­lionen Impfdosen passiert, die im August 2022 abgelaufen sind? Sind die
jetzt in der Haltbarkeit verlängert worden oder nicht? Was passiert jetzt mit
den abgelaufenen Impfdosen? Sie haben da ja in der Sitzung behauptet, sie wer­den eingetauscht.

Meine Frage dazu: Wie weit sind Sie denn schon mit Ihren Verhandlungen mit der Pharmaindustrie? Haben sie die abgelaufenen Impfdosen schon wieder zurückgenommen und durch neue ergänzt, oder werden die erinnerten Impfper­sonen, die Sie ja jetzt mit Ihrem Schreiben und mit Ihrer wirklich schauder­haften Impfkampagne zur Impfung bringen wollen, mit abgelaufenem Impfstoff geimpft, dessen Haltbarkeitsdatum verlängert wurde?

Was noch interessant wäre, Herr Minister: Wird darauf hingewiesen? Wenn sich jetzt jemand aufgrund Ihrer schwindeligen Kampagne impfen lässt, wird


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derjenige dann darauf hingewiesen, dass er sich mit einem verlängerten Impf­stoff impfen lässt? (Vizepräsident Hirczy übernimmt den Vorsitz.)

Dann frage ich noch: Ganz Österreich weiß jetzt, dass der Impfstoff, der verlängert wurde, nicht gegen die vorherrschenden Varianten hilft. Wofür impft man sich dann ein viertes, fünftes oder sechstes Mal? (Beifall bei der FPÖ.)

15.02


15.02.24

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, kei­nen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kol­legen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Erhöhung der Kranken­anstaltenfinanzierung 2023 – 150 Mio. Euro zusätzlich jetzt!“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungs­antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

15.03.4516. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern (Buchpreisbindungsge­setz 2023 – BPrBG 2023) (1743 d.B. und 1746 d.B. sowie 11110/BR d.B.)



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Vizepräsident Bernhard Hirczy: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Ich bitte um den Bericht.


15.04.04

Berichterstatter Marco Schreuder: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Tourismus, Kunst und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz über die Preisbindung bei Bü­chern, das Buchpreisbindungsgesetz 2023.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur An­tragstellung.

Der Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Berichterstatter.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet und bereits am Rednerpult ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte, Herr Bundesrat.


15.04.41

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte
Damen und Herren! In der gesamten kulturpolitischen Geschichte gab es ja im­mer schon Bereiche, die eigentlich ursprünglich aus der Wirtschaft kamen und aus wirtschaftlichen Überlegungen entstanden sind und die dann im Laufe der Jahre und Jahrzehnte und im Zuge der Traditionen dann auch eine ge­samtgesellschaftliche und eine kulturpolitische Frage wurden.

Man kann sich heute kaum noch vorstellen, dass zum Beispiel das Theater in der Josefstadt oder das Theater an der Wien einst auch ganz privat betriebene


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Unternehmen und so eigentlich auch eine Gegenposition zum höfischen Theater waren. Das Theater in der Josefstadt ist ja streng genommen immer noch ein privates Theater, aber natürlich auch ein gefördertes.

Dieselbe Frage stellt sich beispielsweise auch in der Kinolandschaft. Das kennt man ja auch in vielen Landeshauptstädten oder in größeren Städten, wo der
Druck dann einfach so hoch geworden ist, dass man sich die Frage stellt: Was macht man mit gewissen, für die kulturelle Auseinandersetzung in der Ge­meinde oder in der Stadt wichtigen Kinohäusern, die mit diesem zunehmenden Angebot auch der Streamingdienste und so weiter Probleme haben? Was macht man mit denen?

Auch das ist mittlerweile eine kulturpolitische Frage. Da haben wir auch gesagt: Kinos für Arthouse und solche Filme – gerade auch in den Gemeinden und
in den Regionen – fördern wir.

Jetzt kommen wir zum eigentlichen Tagesordnungspunkt: Einer der wichtigsten Nahversorgerinnen und Nahversorger für kulturelles Gut sind die Buchhänd­lerinnen und Buchhändler. Das sind sie in den Städten, das sind sie in den Dör­fern, das sind sie in den Gemeinden. Diese vielen kleinen Buchhandlungen
haben in Österreich ein besonders reichhaltiges Angebot. Dieses Angebot ist im deutschsprachigen Raum sowieso schon besonders. Wir haben ja das Glück,
in einem Land zu leben und eine Sprache zu sprechen, die von vielen Menschen gesprochen wird, sodass wir auch ein sehr reiches Buchangebot haben. Also wenn man kennt, wie viel magerer das Angebot in Ländern ist, in denen nur eine kleinere Sprachinsel ist, ist das schon spürbar.

In Österreich haben wir für die Existenz des Buchhandels und für diese kleinen Nahversorgerinnen und Nahversorger etwas geschaffen, nämlich die Buch­preisbindung. Die hat ja tatsächlich erstaunliche Effekte, die man wirklich in keinster Weise unterschätzen sollte. Diese Mindestpreise ermöglichen
nämlich Verlagen, auch Titel auf den Markt zu bringen, die in der allgemeinen Marktlogik sonst überhaupt keine Chance hätten. Sie schützen aber auch


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die Händlerinnen und Händler vor Ort. Wir wissen alle, unter welchem Druck diese Nahversorger:innen von Wörtern und Buchstaben in den letzten
Jahren durch internationale, sehr mächtige Ketten – auch Buchketten – und natürlich auch den Onlinehandel stehen.

Freilich wird auch diese Maßnahme immer wieder zu evaluieren sein. Es gibt jetzt auch ein neues Phänomen, das wir natürlich auch im Buchmarkt sehen. Das sind sozusagen Streamingangebote fürs Lesen. Das ist etwas, das man auch immer stärker sieht. Hier möchte ich aber Werbung für das beste Streamingan­gebot fürs Lesen machen, das es seit Jahrzehnten, ja Jahrhunderten gibt. Das (eine Büchereikarte in die Höhe haltend) ist mein Büchereien-Wien-Mitglieds­ausweis. Es gibt Büchereien auch in allen anderen Ländern. Mit diesem Aus­weis kann man auch E-Books von zu Hause aus bestellen, man kann sie sich auf seinen E-Book-Reader laden. Man kann dann übrigens auch Tageszeitungen
oder Magazine lesen; in manchen Bundesländern kann man mittlerweile auch weitere Medien konsumieren. Das alles mit einer Büchereien-Wien-Mit­gliedskarte. Ich habe sie nämlich gerade gestern verlängert. (Bundesrätin Kahofer: Die Gemeinden werden es sich bald nicht mehr leisten können!)

Diese Werbung möchte ich noch machen – auch deswegen, weil wir ja auch ganz lang wegen des Bibliotheksrabatts diskutiert haben. Den haben
wir in diesem Fall auch bei 10 Prozent gelassen. Die Buchhändlerinnen und Buchhändler sind froh, und die Bibliotheken brauchen wir auch in Zu­kunft. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

15.09


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Eder-Gitschthaler. – Bitte, Frau Bundesrätin.



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15.09.20

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, wo immer Sie uns jetzt noch hören und sehen! Wel­ches Buch lesen Sie jetzt gerade, liebe Kolleginnen und Kollegen? – Ich kann
Ihnen eines ganz besonders empfehlen: Reinhard Haller, „Das Wunder der Wert­schätzung: Wie wir andere stark machen und dabei selbst stärker werden“.
Es würde so manchem von uns heute und hier sehr gut tun, dieses Buch zu le­sen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der Grünen sowie der Bundesrä­tin Hahn.) Vielleicht kann man sich das ja für Weihnachten als kleines Geschenk überlegen.

Ich bin auch stolz auf meinen Buchhändler Wolfgang Pfeifenberger aus Tamsweg. Er hat mich während der Pandemie immer mit Büchern versorgt und auch für meine studierende Tochter immer geschaut, dass die entsprechen­den Bücher da sind. Seine Buchhandlung ist jetzt zu einer der fünf besten Buch­handlungen 2022 gewählt worden.

Dieser Österreichische Buchhandlungspreis wird vom Bundesministerium für Kunst und Kultur, öffentlichen Dienst und Sport sowie dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels vergeben. Die wichtigen Kriterien sind Regionalität, ein inhabergeführtes Geschäft, das literarische Sortiment, innova­tive Geschäftsideen, Engagement in Lese- und Literaturförderung und kul­turelles Engagement. Das alles gibt es in dieser Buchhandlung, daher ist diese Auszeichnung für meinen Buchhändler Wolfgang Pfeifenberger sehr ver­dient. Das ist eben Regionalität, die wir gerade hier im Bundesrat auch immer le­ben, denn Bücher sind wichtig.

Ich glaube, viele von uns gehen sehr gerne in Buchhandlungen, um zu schauen, zu schmökern, sich zu informieren oder auch um interessante Gespräche zu führen. Ich finde, Buchhandlungen sind für Menschen wirklich wichtige Plätze für Begegnungen. Daher sind die kleinen regionalen Buchhandlungen in
ganz Österreich so wichtig. Gott sei Dank gibt es sie ja noch.


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Es gibt auch eine Studie der Uni Innsbruck, durchgeführt im August 2019, die ergeben hat, dass die Gesamtzahl der gekauften Bücher pro Jahr im Durch­schnitt um 2,84 Stück steigt, wenn es einen stationären Buchhandel gibt. Damit ist meiner Meinung nach bewiesen, dass sich die Buchhandlung im Ort wirk­lich positiv auf das Leseverhalten auswirkt – wieder ein wichtiger Punkt für diese Buchhändlerinnen und Buchhändler vor Ort.

Damit diese regionalen Buchhändlerinnen und Buchhändler trotz Onlinevertrieb und trotz großer Ketten weiterhin bestehen können, gibt es ja diese gesetz­liche Buchpreisbindung. Das hat mein Kollege Marco Schreuder schon ausge­führt. Damit kann und konnte ein breites und qualitativ hochwertiges Ange­bot weiter gefördert werden. Es werden auch Nischenprodukte abseits des gera­de aktuellen Mainstreams gefördert. Dieser vorliegende Entwurf, den wir heute beschließen, stärkt dieses Anliegen der Buchpreisbindung und schließt ei­nige Lücken, die sich im Laufe der Jahre eben ergeben haben.

Da gibt es jetzt den Begriff des Mindestpreises, der auch die Umsatzsteuer umfasst, die Kennzeichnung eines Lagerabverkaufs wird geregelt – auch zur Ver­hinderung des unlauteren Wettbewerbs –, und das Bekenntnis zur Vielfalt und zur Qualität wird nun gesetzlich verankert – ein wichtiger Punkt eben für die Verkaufsstellen und für die Bewahrung des Kulturgutes Buch, denn das ist es ja: Das Buch ist ja ein Kulturgut, sehr geehrte Damen und Herren.

Es wird Ausnahmen für Kollegen und Autorenrabatte geben. Wir haben im Aus­schuss gehört, das soll dann im Ermessen untereinander erfolgen.

Im Ausschuss haben wir auch gehört, dass da das E-Book mitgeregelt ist, aber noch nicht das Hörbuch. Das wird im Laufe der Zeit auch kommen.

Weil jetzt Weihnachten vor der Tür steht, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ein Tipp von mir: Gehen Sie in die regionale Buchhandlung und kaufen Sie Bücher, denn Bücher sind immer sehr, sehr gern angenommene Geschen­ke! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

15.14



BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 214

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. – Bitte, Frau Bundesrätin.


15.14.22

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ge­schätzte Damen und Herren zu Hause via Livestream! Ich möchte mit einem Zitat von Cicero beginnen, das ist mittlerweile mehr als 2 000 Jahre alt:
„Einem Haus eine Bibliothek hinzuzufügen heißt, dem Haus eine Seele zu ge­ben“, oder freier übersetzt: „Ein Haus ohne Bücher ist wie ein Mensch ohne Seele.“ Ich glaube, dem kann man durchaus zustimmen.

Ohne Zweifel ist das Buch bis heute ja eine Erfolgsgeschichte, in vielfältigsten Ebenen ein wichtiges Medium und Instrument in der Bildung und dort nicht
mehr wegzudenken, um vielleicht auch dem Alltag für ein paar Minuten zu ent­fliehen und die eigene Fantasie anzuregen.

Wenn wir an all die großen Literaten der vergangenen Jahrhunderte denken, so ist das Buch kulturgeschichtlich durchaus ein ganz immens wichtiges Gut. Das heißt, das Lesen ist nach wie vor auch in der digitalisierten Welt eine Kulturtech­nik, ohne die es nicht geht.

Auch als Lehrerin sehe ich das täglich, egal in welchem Fach: Ohne Lesekompe­tenz geht es nicht. Lesekompetenz ist ganz klar auch eine Grundvorausset­zung für das Berufsleben und für das Erwachsenenleben ganz generell.

Ganz besonders die letzten Jahre während der Pandemie haben dazu geführt, dass sich der Kauf und auch der Handel von Büchern noch stärker in den Onlinebereich verlagert hat. Wir haben es heute schon gehört: Verschiedene Onlineriesen haben nicht nur, aber auch in der Sparte Bücher teils extreme Gewinne erzielt, währenddessen die kleinen Buchläden teilweise einen extrem


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starken Rückgang zu verzeichnen hatten und immer noch haben. Aus diesem Grund stimmen wir der Gesetzesvorlage zu, weil es natürlich auch und vor allem darum geht, den kleinen Buchhandlungen auch weiterhin eine Chance am
Markt und ganz besonders im Onlinewettbewerb zu gewährleisten.

Große Ketten, die natürlich vor allem im Onlinehandel tätig sind, können schon allein aufgrund der weit größeren Menge mit viel niedrigeren Preisen wirtschaften und kalkulieren, was dem sogenannten Buchhändler Ihres Vertrau­ens in dieser Form so nicht möglich ist. Wir sehen ja auch in all jenen Ländern, in denen es die Buchpreisbindung nicht mehr oder nicht gibt, dass genau diese kleinen Läden, in denen man ganz persönlich beraten wird, in denen man auch die Vorlieben seiner Kundinnen und Kunden ganz genau kennt, in de­nen es spezielle Angebote für Kinder gibt und in denen Lesungen mit aufstre­benden neuen Autorinnen und Autoren stattfinden, um ihnen eine erste Bühne zu geben, dann eben der Reihe nach schließen müssen. Das ist sicher nicht in unserem Interesse, daher auch unsere Zustimmung.

Ein Wermutstropfen bleibt aus unserer Sicht aber nach wie vor: Wir hätten uns gerade im Lichte der aktuellen Krisen und vor allem der Teuerung, die aktuell in Gang ist, auch eine Erhöhung des Rabatts für Bibliotheken auf 20 Prozent ge­wünscht. Man ist da bei den 10 Prozent Rabatt geblieben. Das ist auch des­halb so besonders schade, wenn man bedenkt, dass Bücher auf den Einkaufslis­ten der Menschen gerade jetzt natürlich nicht unbedingt ganz, ganz oben zu finden sind. Viele Menschen wissen nicht mehr, wie sie die nötigen Lebens­mittel für den täglichen Bedarf finanzieren sollen, und da stehen Bücher dann natürlich nicht ganz oben.

Das heißt, Bücher sind inzwischen leider schon viel zu oft zu einem Luxusgut geworden. Dadurch gewinnen aus meiner Sicht Bibliotheken wieder weit mehr an Bedeutung und sind natürlich auch eine Möglichkeit, dass zum Beispiel
Kinder und Jugendliche, die aus finanziell nicht so gut ausgestatteten Familien kommen, ganz niederschwelligen Zugang zu Literatur haben. Das wäre aus


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 216

meiner Sicht ganz, ganz besonders wichtig, denn, das müssen wir leider so sehen, diese Kinder gibt es auch in Österreich. Wir haben erst vor Kurzem im Kinderrechtsausschuss wieder bestätigt bekommen, dass Armut und Armutsge­fährdung mitten in Österreich angekommen sind.

Wir werden das also weiterhin aufmerksam verfolgen und gegebenenfalls
auch Anträge dazu einbringen. Wir werden sehen, wie sich die Teuerung noch weiter entwickeln wird.

Dass sich Bücher und das Lesen erfreulicherweise auch trotz des Zeitalters der Digitalisierung, wie man es ja auch so schön nennt, immer noch großer Beliebtheit erfreuen, sieht man beispielsweise an so großen Events wie der Frankfurter Buchmesse oder auch hier vor Ort der Buch Wien, die ja erst
vor wenigen Tagen mit über 51 000 Besucherinnen und Besuchern, 320 Ausstel­lern, unterschiedlichsten Autor:innen, Journalist:innen, Verleger:innen und
vielem mehr stattgefunden hat. Das stimmt mich zuversichtlich, dass das Buch auch weiterhin seine Existenzberechtigung haben wird.

Lassen Sie mich abschließend noch einen weiteren Buchtipp anfügen. Da ja aktuell die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen stattfinden, habe ich mich für einen besonderen Buchtipp für Sie entschieden, und zwar für ein Buch, das ich
Ihnen wirklich wärmstens empfehlen möchte und das uns, glaube ich, alle zum Nachdenken und uns hier im politischen Kontext auf politischer Ebene
auch wirklich zum Handeln anregen sollte, ein Buch mit tragischem und drama­tischem Inhalt: „Heimat bist du toter Töchter: Warum Männer Frauen ermorden – und wir nicht mehr wegsehen dürfen“ – aus meiner Sicht quasi ein Mahnmal für die 319 in den letzten elf Jahren ermordeten Frauen in Öster­reich, herausgegeben von Autorin Yvonne Widler, die in dem Buch all jenen Frau­en ihre Stimme zurückgibt, die sie auf so brutale Art und Weise verloren ha­ben. –
Meine wärmste Empfehlung dafür.


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Abschließend noch einmal: Wir stimmen natürlich zu. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der Grünen sowie der Bundesrätin Zwazl.)

15.20


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Pröller. – Bitte, Herr Bundesrat.


15.20.24

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Besucher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Es wurde von den Vorrednern schon sehr vieles angesprochen. Es geht um das Buchpreisbindungsgesetz, das im Jahr 2002 unter der Regierungsbeteiligung der FPÖ eingeführt und be­schlossen wurde und seit 2014 auch für den Onlinehandel und für E-Books gilt.

Es ist eine notwendige Lückenschließung und daher eine Verbesserung der geltenden Rechtsgrundlage und auch ein Schutzinstrument für das Kulturgut Buch. Es schützt neben den Verlegern die Autoren und ist eine wichtige Grundlage für unsere Buchhandlungen – das ist schon angesprochen worden – gerade im Konkurrenzkampf gegen die Onlineriesen, die ja meistens ih­ren Sitz nicht in Österreich haben, sondern irgendwo im steuerbegünstigten Ausland.

Geschätzte Damen und Herren, Sie haben es auch schon gesagt: Lesekompetenz ist sehr wichtig, gerade für unsere Kinder. Daher gilt ein großes Danke den Buchhandlungen, den öffentlichen Büchereien, den Schulbibliotheken für die Förderung und die Kompetenzsteigerung der Kinder.

Es ist auch schon gesagt worden: Weihnachten steht vor der Tür. Daher: Unterstützen Sie den regionalen Buchhandel und kaufen Sie als Geschenk ein Buch!


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Geschätzte Damen und Herren, wir befürworten diese Erneuerung. Obwohl
keine Verbesserungsvorschläge seitens der Opposition im Ausschuss oder auch hier angenommen wurden, unterstützen wir dieses Gesetz.

Auch Ihnen möchte ich aber noch sagen, Frau Staatssekretärin, betreffend
die Klebeaktionen: Ich habe kein Verständnis dafür und hätte gehofft
(Bundesrätin Zwazl: Die Buchpreise werden geklebt?)
 – und mein Wunsch ist noch da –, dass Sie sich davon klar distanzieren.

Gerade zu dem, was Vizekanzler Kogler im Parlament gerufen hat: Ich bitte hier noch einmal um eine klare Sicht. Sie haben hier die Möglichkeit, sich von
diesen Chaoten zu distanzieren. (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl.) Es freut mich, wenn die ÖVP Sie unterstützt, aber auch Sie hätten die Möglichkeit, sich
klar von solchen Aktionen zu distanzieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Die ÖVP unterstützt ja da die Grünen, warum auch immer, aber wahrscheinlich auch wegen des goldenen Klaviers von Herrn Präsidenten Sobotka, worü­ber es in den letzten Tagen ja auch Diskussionen gab. (Bundesrätin Zwazl: Aber ein Klavier ist kein Buch!)

Da zeigt es sich wieder, gerade jetzt zu Weihnachten: Viele alleinerziehende Mütter müssen sich jetzt überlegen, ob sie überhaupt noch Weihnachts­geschenke für ihre Kinder kaufen können. Dazu passt, dass genau jetzt solche Sachen kommen. Daher wird immer sichtbarer – es tut mir leid, wenn ich das so sagen muss, aber es ist so –, dass Sie sich immer weiter von der Lebens­realität der normalen Menschen, die draußen arbeiten, entfernen. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher: Erfüllen Sie mir meinen Weihnachtswunsch! Treten Sie zurück und ma­chen Sie den Weg frei für eine neue Regierung! (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner. – Bundesrätin Zwazl: Also bitte!)

15.23



BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 219

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Andrea Mayer. – Bitte, Frau Staatssekretärin.


15.23.44

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Mitglieder des Bundesrates! Ich habe schon mehrmals ausführlich zu den Klimaaktivisten in Museen Stellung genommen. Kunst und Kultur waren in der Geschichte immer Partner der modernen gesellschaftlichen Bewegungen,
und sie sind auch jetzt auf jeden Fall Bündnispartner der Umwelt- und Klimabe­wegung. Insofern ist das Signal, das mit diesen Aktionen in den Museen ge­geben wird, wahrscheinlich nicht das richtige. (Beifall des Bundesrates Steiner.)

Zum eigentlichen Thema: Österreichs Buchszene ist von international sichtbarer Vielfalt und Qualität geprägt. Ich konnte mich davon bei der Frankfurter Buchmesse und jetzt vor allem natürlich vorige Woche bei der Buch Wien über­zeugen. Das ist eine Buchmesse, die aus dem Kalender der internationalen Buchmessen nicht mehr wegzudenken ist und die sich wirklich eindrucksvoll etabliert hat.

Der Erfolg der österreichischen Literatur- und Buchszene hat mehrere Ursachen. Zunächst beruht dieser Erfolg natürlich auf der Arbeit der bekannten und vielfach mit Preisen ausgezeichneten Autoren und Autorinnen, aber auch auf vie­len neuen, spannenden literarischen Stimmen, die weit über die Grenzen Österreichs hinaus ihr Lesepublikum finden. Getragen wird diese Publikations­landschaft von hochkarätigen, vielfältigen Verlagen, um die uns viele Län­der beneiden, und schließlich sorgt eine hohe Zahl an spezialisierten Buchhand­lungen als Orte der Kultur und der Begegnungen im ganzen Land für attrak­tiven Zugang zu Büchern.

Es ist schon bemerkenswert, dass hier im Bundesrat so viele Büchertipps und Empfehlungen gegeben werden und dass so für das Buch plädiert wird. Ich sehe,


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 220

wenn ich diese Debatte verfolge: Es ist nicht alles schlecht an der österrei­chischen Politik.

Ein entscheidender Baustein zur Sicherung dieser publizistischen und literarischen Landschaft ist die gesetzliche Buchpreisbindung, deren Weiterent­wicklung wir unter diesem Tagesordnungspunkt behandeln. Was sind die Ziele dieser Buchpreisbindung? – Sie fördert ein breites und qualitativ hochwer­tiges Angebot an Büchern, da festgelegte Mindestpreise Verlage in die öko­nomische Lage versetzen, Titel abseits des Mainstreams auf den Markt zu brin­gen. Sie stellt weiters eine Absicherung der Vielfalt im Vertrieb dar. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass kleine und spezialisierte Buchhandlungen trotz großer, wirtschaftlich übermächtiger Handelsketten und Versandhändler existieren können.

So haben wahrscheinlich wir alle hier im Saal regionale Lieblingsbuchhandlungen, die wir gerade jetzt in der Adventzeit häufig frequentieren, um unsere Lieben
und Freunde und Freundinnen mit Büchern zu versorgen.

Mit all diesen Argumenten bin ich beim Kernziel der Buchpreisbindung angelangt: Die Vielfalt und die Qualität des Angebots und die große Anzahl an Buchhandlungen halten das Kulturgut Buch für Leserinnen und Leser breit zugänglich und attraktiv. Der vorliegende Entwurf stärkt alle diese Anliegen der Buchpreisbindung.

Zu dem von Ihnen angesprochenen Punkt des Büchereirabatts haben die Stellungnahmen und die vielen Gespräche mit Büchereien und Buchhandlungen gezeigt, dass die geltende Regelung besser geeignet ist, eine hohe Verbrei­tung von Büchern zu gewährleisten und gleichzeitig die wirtschaftlichen Konse­quenzen überschaubar zu halten. Daher sind wir bei der bisherigen Regelung geblieben.


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Ich danke Ihnen allen, sehr geehrte Damen und Herren, für die Unterstützung dieser Novelle der Buchpreisbindung. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

15.28


15.28.33

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Vielen Dank, Frau Staatssekretärin.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.29.0217. Punkt

Kunst- und Kulturbericht 2021 der Bundesregierung (III-792-BR/2022 d.B. sowie 11111/BR d.B.)


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Ich bitte um den Bericht.


15.29.17

Berichterstatter Marco Schreuder: Ich darf den Bericht des Ausschusses für Tourismus, Kunst und Kultur des Bundesrates über den Kunst- und Kul­turbericht 2021 der Bundesregierung zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur An­tragstellung.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 222

Der Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag, den Kunst- und Kulturbericht 2021 der Bundesregierung zur Kenntnis zu nehmen.


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Vielen Dank.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte, Herr Bundesrat.


15.29.49

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der kulturpolitische Bericht 2021 ist natürlich ein sehr spannender, auch deswegen, weil 2020 noch das Jahr war, in dem die Pandemie überhaupt erst begann und man noch gar nicht wusste, was das be­deutet. Allerdings – und das darf man jetzt auch nicht vergessen – sind da­mals tatsächlich noch Menschen gestorben, mussten wir das Gesundheitssystem und die Intensivstationen schützen, damit sie nicht überlastet werden. Das hatte auf die Kultur ganz enorme Auswirkungen.

2021 war dann das Jahr – und auch daran muss man sich erinnern –, in dem die Impfungen gekommen sind, in dem dann Hoffnung aufkam, in dem dann die Öffnungsschritte auch im Bereich der Kunst und Kultur passierten. Allerdings wa­ren natürlich die Ströme, die man gewohnt war, in den Kulturbetrieben noch nicht in der Form vorhanden, wie es sie vor der Pandemie gegeben hat.

Das setzt sich – das kann man ja jetzt auch schon sagen, wenn wir über das heurige Jahr oder auch über unsere kulturpolitischen Aufgaben sprechen – natürlich auch jetzt noch fort. Es gibt noch immer das eine oder andere Theater, bei dem man sich wundert, dass noch freie Plätze da sind, obwohl es früher
völlig normal war, dass es ausverkauft war, einfach weil das Verhalten von Men­schen sich natürlich auch geändert hat, aber auch, weil – das muss man ja auch sagen – Corona nicht weg, sondern immer noch da ist.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 223

So sind es natürlich auch diese Coronahilfen, die wir auch 2021 konsequent weitergeführt haben, mit denen wir der Kultur in diesem Land und – das ist ganz wichtig – vor allem den Künstlerinnen und Künstlern direkt, nämlich unmittel­bar, geholfen haben. Mit fast 360 Millionen Euro wurden auch Initiativen gesetzt, und für den Bereich Neustart der Kultur haben wir 20 Millionen Euro frei gemacht. Das waren ganz, ganz wichtige kulturpolitische Maßnahmen noch in diesem sehr schwierigen Jahr 2021.

Insgesamt muss man schon auch deutlich sagen, dass in schwierigen Zeiten die Budgets für Kunst und Kultur deutlich erhöht worden sind und das direkt
der Kultur zugutekam. Ich möchte aber lieber eine Vorschau auf 2023 machen, als jetzt, Ende 2022, über das Jahr 2021 zu sprechen. Für das kommende
Jahr ist eine Erhöhung um rund 11 Prozent auf etwa 620 Millionen Euro im Bud­get für Kunst und Kultur vorgesehen. Das ist eine enorm erfreuliche Entwick­lung. Das gibt Möglichkeiten, in immer noch schwierigen Zeiten beste­henden Kultureinrichtungen zu helfen, aber auch neue Akzente in der Kultur­politik zu setzen.

Die nachhaltige Förderung – und da möchte ich mich besonders bei der Frau Staatssekretärin bedanken – ist eine der allerwichtigsten. Nicht auf dem kurzfristigen Event – ich sage jetzt einmal ganz salopp: damit ein Politiker ein hübsches Foto in irgendeiner Zeitung haben kann –, sondern auf dem ganz gezielten Investieren darin, dass Kunst und Kultur nachhaltig und fair bezahlt ein Leben in diesem Land haben, liegt ein ganz wichtiges Hauptaugenmerk bei
der Form, in der Kulturpolitik in dieser Regierung vollzogen wird. Ich halte das für ganz, ganz wichtig. Es ist mir hier auch wichtig zu sagen, dass Öster­reich da selbstverständlich eine besondere Aufgabe hat.

Vor Kurzem ging es um eine Investition der Stadt Wien – weil wir nächstes
Jahr das Johann-Strauss-Jahr haben –, die auch von vielen Seiten kritisiert wur­de. Da muss man schon auch sagen, und das hat gerade die Stadt Wien mit Studien belegt: Jeder Euro, den man in die Kultur investiert, kommt zigfach in


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der Wertschöpfungskette zurück. Das sind keine Kosten, sondern Investi­tionen, und Österreich lebt von diesen Investitionen, da viele Leute kommen. Aber es geht nicht nur um den Tourismus, wir wollen, wenn wir ins Thea­ter, in die Oper oder in ein Konzert gehen, uns ja auch auseinandersetzen und herausgefordert werden. Es ist aber schon auch ein wichtiger Grund, aus dem Menschen nach Österreich kommen. Daher ist Investition in Kunst und Kul­tur – sei es in das Kulturerbe oder sei es in das Schaffen von heutiger Kultur, von moderner Kultur, in das, was junge Menschen jetzt erzeugen – so wichtig.

Rückgänge sind spürbar. Das wird sicher eine Herausforderung, auch in den Bundesländern. Ich war gerade selbst bei einer Premiere in der Steiermark und war doch überrascht über einige leere Plätze, die ich sehen konnte. Es wird
für uns alle eine Aufgabe sein, die Leute wieder zu ermutigen, in die Theater, in die Opern, in die Konzerte zu gehen. Aber notwendig und wichtig ist es allemal, und so werden sich auch weiterhin ganz viele Leute mit den großen Themen unserer Zeit in der Kultur auseinandersetzen können. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.35


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. – Bitte, Frau Bundesrätin, Sie gelangen zu Wort.


15.35.14

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer! Der Kunst- und Kulturbericht gibt wirklich umfangreich Auskunft über die Verwendung des Budgets 2021. Er zeigt eine Bandbreite der österreichischen Kulturför­derung und vor allem den markanten Anstieg der Ausgaben des Bundes im Jahr 2021.

Der Bericht ist ein Rückblick auf ein Jahr, in dem das gesellschaftliche Leben und damit natürlich auch Kunst und Kultur mit der Covid-19-Pandemie weiterhin


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konfrontiert waren. Die Bundesregierung hat deshalb die Unterstützungsmaß­nahmen weitergeführt und gleichzeitig Anstrengungen unternommen, die Kulturbetriebe auch wieder aus der Krise herauszuführen. Dazu ist das rund 20 Millionen Euro schwere Paket Neustart geschnürt worden, das im
Kunst- und Kulturbericht ausführlich dargestellt ist.

Neben dieser umfassenden Darstellung der Fördertätigkeiten des Bundes im Bereich Kunst und Kultur enthält der Bericht aber auch, wie jedes Jahr,
eine Darstellung der Tätigkeit der großen Kultureinrichtungen und bietet einen Überblick über die Vielfalt des Kulturlebens in unserem Land.

Das Kulturbudget war im Jahre 2020 447 Millionen Euro schwer und ist im Jahre 2021 auf 472 Millionen Euro gestiegen. Der Großteil der Mittel ist auf den Bereich Kunstförderungen entfallen und vor allem der freien Kulturszene zugutegekommen, was ich ausdrücklich loben möchte.

Aus Schwerpunktsetzungen wie den Fair-Pay-Maßnahmen, den Unterstüt­zungen für das Theater in der Josefstadt, der Generalsanierung der Festspiele Bregenz sowie der bundesweiten Digitalisierungsoffensive haben sich
weitere Mehrausgaben ergeben. Zusätzliche Mittel gingen in deutliche Förde­rungserhöhungen für Verlage, Kinos, bildende Kunst, Kulturinitiativen so­wie für den Denkmalschutz.

Der Bericht verweist aber auch, wie mein Vorredner schon gesagt hat, auf die Covid-19-Hilfen. In den Jahren 2020 und 2021 hat der Bund insgesamt 358 Millionen Euro an kulturspezifischen Unterstützungen zur Bewältigung der Pandemie ausgegeben. Die Erhöhung der Förderbudgets im Jahre 2021 war nicht einmalig, sondern setzt sich 2022 fort. Das ist ein Bekenntnis der Bun­desregierung, alle Bereiche der Kunst und Kultur aus Mitteln der öffentlichen Hand zu fördern.


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Dem Fairnessprozess für den Kulturbereich und der Arbeit der neuen Vertrauensstelle gegen Belästigung in Kunst, Kultur und Sport wird große Auf­merksamkeit gewidmet. Bund und Länder haben sich bereits auf eine ge­meinsame Fair-Pay-Strategie geeinigt und bereits, so wie ich es sehe, einen ers­ten Erfolg verzeichnet. Wir haben darüber auch im Ausschuss debattiert. Der Bund ist mit Gehaltserhöhungen mit gutem Beispiel vorangegangen, und die Vertrauensstelle hat derzeit 30 Fälle in Bearbeitung.

Die Kunstankäufe des Bundes wurden ausgeweitet, und es wurden daher auch mehr Mittel für die Artothek ausgegeben.

Von den bereitgestellten 10 Millionen Euro Strukturmitteln für Kulturbetriebe wurden nur 3 Millionen Euro abgeholt, weil dieser Notfalltopf nicht weiter nötig gewesen ist, denn die anderen Hilfsmittel haben in den Notfällen gegriffen.

Die Bundeskulturbetriebe sehen es auch als ihre Aufgabe an, bei Energie­sparmaßnahmen Vorbildfunktionen zu erfüllen. Das Bundesministerium für Kunst und Kultur hat dies koordiniert, und der nun vorliegende 13-Punkte-Plan ist schon mit sehr praktikablen Vorschlägen erarbeitet worden.

Im Weißbuch Bundesmuseen ist die Frage der Einrichtung einer Bundes­kulturholding schon angesprochen, und mehrere Varianten, die derzeit im Ressort überprüft werden, sind darin vorgeschlagen.

Bis Jahresende soll es eine Novelle des Denkmalschutzgesetzes geben.

Ein Kollektivvertrag für die Bundesmuseen ist ein besonderes Anliegen.

Alle diese Mitteilungen, die ich hier mache, zeigen, dass im Staatssekretariat, im Ministerium wirklich zukunftsweisend gearbeitet wird. Zu den vom Kulturministerium geleisteten Covid-19-Unterstützungen gehören aber auch die Zahlungen des Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbstständi­ge Künstlerinnen und Künstler. Da möchte ich besonders dafür danken, dass die Abwicklung der Zahlungen des Überbrückungsfonds an mehr als


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10 000 Einzelpersonen durch die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen äußerst rasch vorangegangen ist. Die durchschnittliche Wartezeit hat nur rund fünf Tage betragen. Die Zahlungen für Künstlerinnen und Künstler und Kul­turvermittler können sich wirklich sehen lassen.

Alles in allem möchte ich zusammenfassen: ein sehr positiver Bericht, ein Bericht, über den man sich als kunst- und kulturinteressierte Bürgerin nur freuen kann. Ich habe mich auch über einige sehr interessante, positive Detailbe­richte über Tiroler Kulturaktivitäten in dem Bericht sehr gefreut.

Ich möchte aber zum Schluss auch eines sagen: Kultur ist mehr als Kunst. Unsere Lebensart ist Kultur. Deshalb lade ich herzlich ein, eine Aufführung – egal wo, egal in welcher Institution – zu besuchen, um einerseits den Künstlerinnen und Künstlern unsere Wertschätzung zu bezeugen, andererseits auch, um die Aufführungen zu genießen. Vielleicht ist das auch eine Idee für Weihnachten, dass man da einen Gutschein weiterschenkt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.41


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer. – Bitte, Frau Staatssekretärin, Sie gelangen zu Wort.


15.42.02

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und
Herren Bundesräte! Vielen Dank, liebe Frau Bundesrätin Neurauter, Sie haben so ausführlich und so wertschätzend zu diesem Tagesordnungspunkt Stellung genommen! – Ich fasse mich daher kurz, weil die nächste Rednerin schon in Start­position ist. (Heiterkeit der Rednerin sowie der Bundesrätin Prischl, die sich
bereits von ihrem Platz erhoben hat.)


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 228

Wir blicken mit dem Kunst- und Kulturbericht 2021 auf das Jahr zwei der Jahr­hundertpandemie zurück, das für den Kunst- und Kulturbetrieb und natür­lich auch für uns als Publikum vor allem von starken Unsicherheiten und von ge­sundheitspolitisch notwendigen Einschränkungen geprägt war. Mit vereinten Kräften haben wir aber 2021 vieles unternommen, um die Situation für den Kunst- und Kultursektor erträglich zu machen und Einzelpersonen wie auch Kultur­institutionen abzusichern, zu stabilisieren, in der Krise zu begleiten, aber auch, zumindest perspektivisch, aus der Krise herauszubegleiten.

Dafür haben wir die Coronahilfsinstrumente fortgeführt, aber auch neue Programme wie das Neustart-Kultur-Paket entwickelt und ergänzt. Es wurde schon mehrmals angesprochen, weil das ein besonders wichtiges Programm war, das den Kulturbetrieben und den Künstlern und Künstlerinnen eine Unter­stützung dafür gegeben hat, Neues zu entwickeln, sozusagen nach vorne zu denken und nicht nur Lücken zu stopfen – was natürlich in der Coronakrise auch notwendig war. Deshalb haben wir diesem Neustart-Projekt im Kunst- und Kulturbericht 2021 auch ein ganzes Kapitel gewidmet.

Wenn ich noch ein wenig genauer auf den Kunst- und Kulturbericht 2021 eingehen darf: Der Bericht bildet das ordentliche und das gewohnt breite Spek­trum an Kunstförderungen, Jahres- und Projektförderungen, Preisen und Stipendien, Zuschüssen an Bundeseinrichtungen und an die freie Szene vollstän­dig und auch transparent ab. Jeder Cent aus der Kunst- und Kulturförderung spiegelt sich also im Kunst- und Kulturbericht wider. Außerdem sind wie immer ausführliche Berichte der großen Kulturinstitutionen sowie ein Überblick
über die einzelnen Kunstsparten und eine lange Liste der außerordentlichen Wirtschaftshilfen, die speziell für den Kulturbereich geschaffen wurden, enthalten.

Was der Kunst- und Kulturbericht 2021 aber vor allem unterstreicht, ist, dass das Kulturressort auch in Zeiten der Krise ein verlässlicher Partner für alle Kulturbetriebe, für alle Künstlerinnen und Künstler in Österreich – beginnend


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bei kleinen, mittleren Vereinen über Theater, Musikveranstalter, Galerien,
Verlage, Programmkinos bis hin zu den großen Museen und Bundestheatern – ist.

Es ist – auch wenn man über unsere Grenzen hinausschaut – nicht selbstverständlich, aber eine unerlässliche Errungenschaft Österreichs, dass Kunst und Kultur seitens der öffentlichen Hand in ihrer Vielfalt gefördert
und finanziert wird, und das werden wir auch weiterhin so tun. – Ich danke Ih­nen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.46


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Vielen Dank, Frau Staatssekretärin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Eva Prischl. – Bitte, Frau Bundesrätin.


15.46.13

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Eigentlich wurde das meiste schon von meinen Vor­redner:innen gesagt: von Herrn Kollegen Schreuder und von Klara, die jetzt, glaube ich, gerade - - (Bundesrätin Neurauter winkt der Rednerin zu.) Da ist sie – hallo! Ihr habt es ganz genau und super zusammengefasst, aber ich möchte natürlich auch noch ein paar Worte zum Kunst- und Kulturbereich, der mir auch sehr wichtig ist, sagen.

Die Zahlen im Kunst- und Kulturbericht 2021 wurden genannt, ich darf sie nur ganz kurz wiederholen: 472,5 Millionen Euro, wenn wir genau sind. Das sind 25,5 Millionen Euro mehr als 2020. Zusätzlich gab es auch die Coronahilfen – sie wurden auch schon genannt – im Ausmaß von 358,6 Millionen Euro. Zu den besonders großen Förderbereichen zählt die darstellende Kunst, wobei da die Förderungen für die Bundestheater, auch die Basisabgeltung – das habe ich heute auch schon einmal gesagt –, beinhaltet sind. Bundesmuseen und Bundes­theater sind sehr wichtig.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 230

Als Bundesrätin für Niederösterreich freut es mich – ich habe dieses 496 Seiten starke Buch, diesen Schmöker durchgeblättert –, dass natürlich auch aus dem Bereich Niederösterreich Förderungen drinnen sind. Sonja (in Richtung Bundesrä­tin Zwazl) lächelt mir schon zu. Wir freuen uns ebenso, wenn da unterstützt wird. Ich hebe jetzt nur einiges plakativ hervor: Glatt und Verkehrt – eine große, tolle Veranstaltung; das Donaufestival – eine super Veranstaltung; aber auch das Theaterfestival für junges Publikum – also sehr unterstützenswert; auch Pro­grammkinos in St. Pölten und Baden – wunderbar, dafür herzlichen Dank.

Kunst und Kultur sind für uns Inspirationsquellen. Sie sind, glaube ich, besonders auch in Krisenzeiten ganz wichtig. Was mir ein besonderes Anliegen ist, ist natürlich die Unterstützung der Kunst- und Kulturschaffenden im sozialen Be­reich. Da habe ich die große Bitte an die Staatssekretärin, das auch weiterhin zu tun, da zu unterstützen, denn ich glaube, in nächster Zeit werden – auch falls die Coronawelle wieder zuschlägt – Unterstützungsmaßnahmen notwendig
sein. Wahrscheinlich werden wir dann auch über die Energiekosten, die jetzt hor­rend steigen und auch diese Häuser betreffen, noch einmal hier sprechen müssen. Ich hoffe auf Unterstützung dieser Kulturstätten, auch wenn dann die Energiekosten anstehen, damit wir keine Häuser haben, die aus diesen
Gründen schließen müssen; das wäre furchtbar. Ich bitte da um Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir kurz an das Jahr 2021 zurückdenken: Das hat ja mit einem 4,5-mona­tigen Lockdown begonnen und da waren die Kulturschaffenden sehr ein­geschränkt. Zum Teil war gar nichts möglich, aber wir haben uns alle schon – ich gehöre dazu – so danach gesehnt, endlich wieder Theater, Kunst, Kultur zu genießen. Das wollen wir auch weiterhin machen. Ich hoffe, dass es so weiter­geht, dass alle gesund bleiben und wir wieder diese Kunst- und Kultur­stätten besuchen dürfen.

Ich möchte mich aber bei den Kunst- und Kulturschaffenden bedanken: für diese Disziplin, die sie gehabt haben, dass sie mit Kreativität Projekte ausgearbeitet


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 231

haben, damit wir auch in dieser schweren Zeit trotzdem Kulturstätten haben be­suchen können. Zumindest die Museen waren ja dann geöffnet. Es war also eine kleine Auswahl, aber trotzdem eine Auswahl möglich.

Ich möchte mich noch einmal für die Unterstützungsmaßnahmen bedanken
und noch einmal darauf hinweisen, dass uns eine gerechte Bezahlung in der Branche, vor allem für Frauen, besonders wichtig ist. Diese Fair-Pay-Maß­nahmen habe ich heute auch schon einmal genannt. Uns ist es wichtig, dass die Kunst- und Kulturschaffenden von ihrer Arbeit leben können – nicht nur überleben, sondern leben.

Weil der Weihnachtstipp schon gegeben wurde, würde ich mich dem auch anschließen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, Weihnachten steht vor der Tür! Es gibt wunderschöne Theater, es gibt Kabaretts, es gibt Bühnen, es gibt so viel
an Gutscheinen, die Sie vielleicht schenken könnten, oder Tickets, die Sie kaufen können. (Bundesrat Schreuder: ... Books!) – Ja, Bücher auch, aber das hatten
wir vorher! – Also Theater: Besuchen Sie bitte Theater und unterstützen Sie alle Künstlerinnen und Künstler! – Vielen Dank dafür. (Beifall bei der SPÖ, bei Bun­desrät:innen der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

15.50


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. – Bitte, Herr Bundesrat.


15.50.35

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte Kollegen! Verehrte Zuseher hier auf der Galerie und vor den Bildschirmen zu Hause! Wir haben es ja bereits gehört, es haben 2021 erhöhte Förderun­gen im Vergleich zu 2020 stattgefunden. Das ist insofern natürlich nicht verwun­derlich, da wir in beiden Jahren Corona gehabt haben, aber vor allem im Jahr 2020 beinahe gar nichts möglich war und eben die unverhältnismäßigen


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 232

Maßnahmen und Auflagen dazu geführt haben, dass vor allem die Kulturinitiativen viele Aktivitäten nicht durchführen konnten.

Wenn wir auch von den Kulturschaffenden sprechen, dann ist eines schon klar: Viele ehrenamtliche Kulturschaffende werden natürlich über die Gemeinden und Länder gefördert, aber die gehören da eigentlich auch mit hineingenommen, denn gerade die ehrenamtlich tätigen Kulturvereine waren wirklich zum Still­stand verdammt.

Das hat sich ja auch bei den Bundesmuseen gezeigt, beziehungsweise ist es im Bericht entsprechend dokumentiert, dass es da ebenso wie bei den Landes-
und Regionalmuseen Besucherrückgänge gegeben hat. Die Bundestheater haben natürlich aufgrund dieser überschießenden Maßnahmen ebenso einen regel­rechten Besucherschwund gehabt – das hat auch damit zu tun, dass man Sitz­plätze ausgelassen hat und so weiter –, und Printmedien haben damals schon getitelt: „50 Prozent ist das neue ‚Ausverkauft‘“.

Da dürfen sich alle Institutionen und vor allem auch die Kulturschaffenden bei der Bundesregierung und dieser Coronachaospolitik bedanken, die dazu
geführt hat, dass viele Kulturinitiativen ihren Kulturbetrieb einstellen mussten oder dass viele mit finanziellen Problemen zu kämpfen hatten und jetzt
noch immer zu kämpfen haben, weil es natürlich auch jetzt noch immer schwie­rig ist, entsprechend die Mitglieder, aber vor allem auch die Besucher zu akquirieren. Wir haben ja ständig davor gewarnt und wurden und werden bis zum heutigen Tag dafür arrogant ignoriert, aber der Ausfluss dieser Versagens­politik zeigt sich halt auch zahlenmäßig dokumentiert.

Wenn wir uns das noch ein bisschen in einer Replik vergegenwärtigen, wie das damals stattgefunden hat: Da ist man ja von wahnsinnigen 2G-Regelungen ausgegangen. Das ist fast derselbe Unfug, der jetzt wieder passiert. Jetzt wird man aufgrund der Klimahysterie einzelner Minister in den öffentlichen


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 233

Einrichtungen, in den Bundesmuseen 19 Grad im Winter und 27 Grad im Som­mer haben. Das wird also die Besucherströme mit Sicherheit auch hoch­schnellen lassen.

Das heißt, auch weiterhin wird in diesem Bereich chaotisch regiert und steht chaotische Politik an der Tagesordnung. Die Auswirkungen werden wir in den nächsten Berichten ebenfalls wieder dokumentiert sehen. Nichtsdesto­trotz werden wir diesen Bericht – auch im Wissen, dass diese Regierung nicht lernfähig ist – zur Kenntnis nehmen. Ich darf aber in diesem Zusammen­hang allen Kunst- und Kulturschaffenden für ihr Engagement danken, vor allem aber dafür, dass sie trotz dieser Bundesregierung Großartiges für unser Kulturland Österreich leisten. (Beifall bei der FPÖ.)

15.54


15.54.21

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein. (Bundesrat Steiner: Ja, wir sind eh dafür, passt schon!)

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

15.55.0018. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Spaltungsgesetz, das Genos-


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senschaftsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gesell­schaftsrechtliches Digitalisierungsgesetz 2022 – GesDigG 2022) (2893/A und 1760 d.B. sowie 11106/BR d.B. und 11108/BR d.B.)


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesord­nung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Otto Auer. – Ich bitte um den Bericht.


15.55.09

Berichterstatter Otto Auer: Herr Präsident! Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und zu Hause! Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 18. November 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetz­buch, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Aktiengesetz, das Spal­tungsgesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz
geändert werden.

Die Unterlagen dazu haben Sie erhalten, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit
den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke.


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Bundesrat.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich darf die Gelegenheit nützen und in unserer Runde die Frau Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić begrüßen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Bun­desrät:innen der SPÖ.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann. – Bitte, Frau Bundesrätin.



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15.56.22

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich zum Tagesordnungspunkt spreche, möchte ich all jenen Kolleginnen und Kollegen hier im Haus ganz herzlich danken, die heute dieses sichtbare Zeichen (auf
den am Jackett befestigten Button mit der Aufschrift: „Stoppt Gewalt an Frauen“ weisend)
gegen Gewalt an Frauen tragen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen.)

Es ist gerade in Zeiten wie diesen ein ganz, ganz wichtiges Thema – und schön, dass wir über die Fraktionen hinweg heute dieses Zeichen gemeinsam setzen.

Zum Tagesordnungspunkt: Sehr geehrte Frau Ministerin, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll ja die EU-Digitalisierungsrichtlinie umgesetzt werden. Dagegen wäre an und für sich nichts zu sagen, dass die Gründung einer GesmbH oder jetzt auch eines Einzelunternehmens online möglich sein soll oder auch
die Eintragung von Zweigniederlassungen oder von Urkunden eben auch in On­lineform möglich sein soll. Auch die Teilnahme am Business Registers Interconnection System, wodurch also die Kompatibilität und die Kommunika­tionsfähigkeit der verschiedenen nationalen Firmenbücher Europas sozu­sagen erleichtert oder ermöglicht werden soll, ist nichts Aufregendes und wäre durchaus zustimmungswürdig.

Was aber aufregt, ist das, was mit diesem Gesetz miterledigt – eigentlich müsste man fast sagen: enderledigt – werden soll: Die traditionsreiche „Wiener Zeitung“ ist nämlich durch dieses Gesetz beziehungsweise durch das, was noch folgen soll, ernstlich in Gefahr. Die älteste noch erscheinende Tageszei­tung der Welt soll still und heimlich – ich sage es in aller Härte – gekillt werden.

Das steht jetzt natürlich nicht so im Gesetzestext drinnen, es wird aber ein bisschen aufschlussreicher, wenn man sich die Erläuterungen ansieht. Aus ihnen kann eben sehr wohl der Schluss gezogen werden, dass gerade der „Wiener


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Zeitung“ die finanzielle Basis entzogen werden soll, indem die Veröffentlichungs­pflicht im „Amtsblatt“ der Republik Österreich – der „Wiener Zeitung“ – schrittweise abgeschafft werden soll. Damit wird dieser Zeitung sozusagen die finanzielle Basis entzogen, was in Wahrheit einem Todesstoß gleichkommt. Es ist nicht so deutlich und klar im Gesetzestext verpackt, aber es ist daraus zu schließen, dass diese Veröffentlichungspflicht praktisch obsolet ist.

Da ist man fast heimlich vorgegangen, das sieht man an der Genese dieses Gesetzes. Es ist ein Initiativantrag kurz vor Beginn der Sitzung des Justizausschusses eingebracht worden, der dann wieder mit einem Abände­rungsantrag korrigiert wurde. Die Fehlerhäufigkeit bei dieser Bundesregie­rung zeigt schon, dass hier auch handwerklich offensichtlich einiges schiefläuft, denn es ist ja unfassbar, was da am laufenden Band passiert: Das Falsche wird auch noch falsch gemacht. Und das ist ein weiteres Indiz dafür, dass es die­se Regierung einfach nicht kann, weil ihr ja wirklich ununterbrochen Fehler passieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Initiativantrag ist ja dann federführend von einer ÖVP-Abgeordneten eingebracht worden. Die ÖVP versucht, jetzt noch im letzten Aufwaschen ihre To-do-Liste abzuarbeiten, zu der sie offensichtlich in der vorherigen
Koalition mit der FPÖ nicht mehr gekommen ist.

Jetzt ist hier anscheinend das Aus der „Wiener Zeitung“ auf der Tagesordnung und am Tapet. Die „Wiener Zeitung“ – man kann es nicht oft genug betonen –
ist weithin für ihre qualitätsvolle Arbeit bekannt, für ihre eingehenden Recher­chen (Beifall bei der SPÖ), für ihre für Politik und Wirtschaft unkäufliche Berichterstattung wird sie weithin geschätzt, jetzt nicht nur von mir und von meiner Fraktion, sondern von sehr vielen Persönlichkeiten des öffentli­chen Lebens aus den verschiedensten Bereichen. Nahezu von allen Religions­gemeinschaften in Österreich haben sich Proponenten für den Erhalt der „Wiener Zeitung“ ausgesprochen. Ich lese Ihnen einige Persönlichkeiten vor: Mi­chael Chalupka, Bischof der Evangelischen Kirche, Kardinal Schönborn,


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Oskar Deutsch, Sie wissen, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, und so weiter.

Sie können das auch in dem Entschließungsantrag nachlesen, den ich einbringe:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „,Wiener Zeitung‘ – Erhalt der ältesten Tageszeitung der Welt – für Medienvielfalt“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, der Vizekanzler sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bun­deskanzleramt wird aufgefordert, alle Maßnahmen für den Erhalt der Wiener Zeitung als Tageszeitung zu setzen, insbesondere aber in einem 18-mo­natigen Moratorium, in welchem die Wiener Zeitung weitergeführt wird, ein Zukunftskonzept in Zusammenarbeit mit anerkannten Medienexper­t:innen auszuarbeiten.“

*****

Das wäre ganz, ganz wichtig und ist unverzichtbar für die Medienvielfalt in Österreich, und daher würde ich Sie dringendst ersuchen: Lassen wir die
„Wiener Zeitung“ nicht sterben! (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Es gibt zahllose Proponenten des öffentlichen Lebens, die diese Initiative auch unterstützen, die sich auch schon in der Vergangenheit für den Erhalt der „Wiener Zeitung“ starkgemacht haben.

Ich kann Ihnen noch weitere Namen vorlesen, aus den verschiedensten politi­schen Lagern, wenn ich hier die Liste aufschlage: Franz Fischler, EU-Kommissar außer Dienst, und Rudolf Anschober habe ich hier auch auf der Liste, auch bestens bekannt. Herbert Haupt ist – da ich hier auf die rechte (in Richtung FPÖ)


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Seite schaue – Ihnen sicherlich auch noch ein Begriff. (Bundesrat Steiner:
Ist ein guter Sozialminister gewesen!)
 – Ja, er ist Sozialminister gewesen, aus Ihren Reihen, und auch Frauenminister, ein Tierarzt, der Frauenminister war, wir erinnern uns noch. Staatsanwalt außer Dienst Walter Geyer, Heinz Fischer, viele ehemalige Kanzler, auch Franz Vranitzky, der sich bester Gesundheit erfreut
und erfreulicherweise wohlauf ist. (Bundesrat Steiner: Gott sei Dank!) – Ja, Gott sei Dank. (Bundesrat Steiner: Ihr habt ihn ja schon totgesagt!) Aber auch
viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie Irmgard Griss sprechen sich für den Erhalt der „Wiener Zeitung“ aus – das sollten wir alle gemeinsam
tun. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.04


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.

Als Nächster ist Herr Bundesrat Marco Schreuder zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.


16.05.06

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen
und Herren auf der Galerie! Zur „Wiener Zeitung“ möchte ich nur sagen, wir werden das sowieso hier noch einmal behandeln. Ich verstehe natürlich
bei einer so traditionsreichen Zeitung die Sorgen; medienpolitisch ist das auch eine ganz schwierige Sache.

Erlauben Sie mir nur die Anmerkung: Hätten alle, die jetzt über die „Wiener Zeitung“ trauern, ein Abonnement abgeschlossen, dann wären wir tatsächlich - - (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) – Nein, nein, man muss schon
ganz offen sagen, die „Wiener Zeitung“ war tatsächlich in den letzten Jahren fernab von einer Öffentlichkeit und von einer Wahrnehmung. Und es ist
einfach die Frage gewesen – denn die „Wiener Zeitung“ wird eben nicht beendet und das war auch eine ganz wichtige Sache –, wie wir die „Wiener Zeitung“ zukunftsfähig machen können, damit diese Marke bleibt. Genau das ist auf dem


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Weg. Allerdings geht es in diesem Gesetz – das möchte ich hier schon
auch sagen – nicht um die „Wiener Zeitung“, sondern um das Gesellschaftsrecht­liche Digitalisierungsrecht 2022, in dem es nur diese Auswirkungen wegen dem „Amtsblatt“ gibt, weshalb wir das hier besprechen.

Wir setzen mit diesem Gesetz eine EU-Digitalisierungsrichtlinie um. Es ist mir wichtig, das zu sagen, denn ich fürchte ja, hätten wir das jetzt nicht gemacht, dann wäre Kollege Schennach hier herausgekommen und hätte gesagt: Die Re­gierung ist säumig! Wieso setzen Sie das Gesetz nicht um, was dringend notwendig ist? – Und jetzt seid ihr dagegen, das erscheint mir nicht ganz logisch.

Aber was passiert mit diesem Gesetz? (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) – Wir ermöglichen mit diesem heutigen Beschluss die Onlinegründung von GmbHs. GmbHs können sich jetzt online gründen, darum geht es in diesem Ge­setz, und sie können sich online auch in das Firmenbuch eintragen.

Man muss schon dazusagen, dass Österreich – es ist mir wichtig, das zu sagen – bei der Digitalisierung in der Verwaltung oder beim Abhandeln von büro­kratischen Wegen durchaus im Spitzenfeld Europas liegt, und auch das Justiz­ressort – da die Frau Ministerin hier ist – im Abhandeln von digitalisierten Wegen wirklich im europäischen Spitzenfeld liegt. Und da ich ja doch auch noch ein anderes Herkunftsland kenne, kann ich auch sagen: Man schimpft zwar sehr gerne über die österreichische Bürokratie, aber hat man die Bürokratie in einem anderen europäischen Land kennengelernt, ist man manchmal
doch eigentlich ganz froh, in Österreich zu leben.

Heute beschließen wir nicht nur den einfacheren digitalen Zugang für Unternehmerinnen und Unternehmer, wir ersparen ihnen auch viel Geld, nämlich 7,5 Millionen Euro, die sie nicht mehr zahlen müssen. Die bekommen wir
nicht mehr, die bleiben bei den Unternehmerinnen und Unternehmern, und das ist doch eine gute Nachricht.


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Die Firmenbuchanmeldung von Einzelunternehmerinnen und -unternehmern ist jetzt auch online möglich, das ist mir als EPU und als Vertreter der Fachgrup­pe Werbung und Marktkommunikation, wo 66 Prozent unserer Mitglieder Ein­zelpersonenunternehmerinnen und -unternehmer sind, ja auch eine durchaus wichtige Sache. Es ist jedenfalls erfreulich, dass mit der Richtlinie jetzt die Grün­dung von Kapitalgesellschaften und die Eintragung von Zweigniederlassun­gen auch im europäischen Binnenmarkt elektronisch möglich werden. Wir sind jetzt einen Schritt weiter und das ist gut so. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.08


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Bundesrat.

Ich trage noch nach: Der von den Bundesräten Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend
„,Wiener Zeitung‘ – Erhalt der ältesten Tageszeitung der Welt – für Medien­vielfalt“ ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Ich darf auch die Gelegenheit nützen – wir freuen uns immer über Besuch auf der Galerie – und eine Delegation des Wirtschaftsbundes Steiermark recht herzlich hier bei uns im Saal begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächste ist Frau Bundesrätin Mag.a Christine Schwarz-Fuchs zu Wort gemel­det. – Bitte, Frau Bundesrätin.


16.09.21

Bundesrätin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher auf der Galerie! Liebe Zuschaue­rinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen! Worum es bei dieser Geset­zesvorlage im Detail geht, haben meine beiden Vorredner bereits ausgeführt. Ich möchte Ihnen daher Wiederholungen ersparen und in meinen Ausführungen nur kurz auf die Vorteile eingehen.


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Der Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren zur Gründung einer Gesellschaft oder zur Einrichtung einer Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat bringt für die österreichischen Unternehmen viele Vorteile. Durch die Digitalisie­rung der dazu notwendigen Schritte ersparen sich die Unternehmen nicht nur Zeit, sondern auch Kosten. So werden die Unternehmen durch diesen Geset­zesbeschluss in Zukunft von Gerichtsgebühren befreit. Das ist eine Entlas­tung von insgesamt rund 7,5 Millionen Euro.

In der EU-Richtlinie steht diesbezüglich unter anderem folgende Begründung, warum die Richtlinie auch so beschlossen wurde, nämlich um „die Gründung von Gesellschaften und die Eintragung von Zweigniederlassungen zu erleichtern
und um die Kosten und den Zeit- und Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit diesen Verfahren insbesondere für Kleinstunternehmen sowie kleine
und mittlere Unternehmen (KMU)“ zu reduzieren.

Das heißt, es geht insbesondere auch um die Entbürokratisierung, die vor allem den KMUs zugutekommen soll. Österreich ist ein Land der KMUs. Daher ist
die gegenständliche Gesetzesvorlage besonders wichtig für unseren Wirtschafts­standort. Kleine und mittlere Unternehmen, KMUs, sind das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. 99,6 Prozent aller Unternehmen sind KMUs. Diese rund 358 000 Unternehmen, die Arbeitgeber für mehr als zwei Millionen Personen sind, werden dieses Digitalisierungsgesetz sicher sehr begrüßen. Es geht nämlich nicht nur darum, dass sie Zeit- und Kostenersparnisse haben werden, wenn sie eine gesellschaftsrechtliche Eintragung zu machen haben, es geht auch darum, dass sie durch die Umsetzung dieser EU-Richtlinie umfassender und barrierefrei Informationen über Gesellschaften in der gesam­ten EU, auch im EWR-Raum, erhalten können.

Dies zählt zu den Voraussetzungen für das wirksame Funktionieren, die Modernisierung und die administrative Optimierung eines wettbewerbsfähigen Binnenmarktes, die Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit und auch Vertrauenswürdigkeit von Gesellschaften.


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Auch den Single Digital Gateway möchte ich positiv hervorheben. Die vollständige Onlineabwicklung zur Gründung, Führung und Schließung eines Unternehmens stellt für Einzelunternehmen eine wesentliche Vereinfa­chung der administrativen Abläufe dar.

Abschließend möchte ich auch noch kurz etwas zum Thema „Wiener Zei­tung“ sagen, da Frau Kollegin Grossmann von der SPÖ diesen Entschließungs­antrag eingebracht hat. Ich verstehe nicht, warum Sie bei diesem Tages­ordnungspunkt Dinge vermischen, die nichts miteinander zu tun haben. (Bun­desrat Reisinger: Ansprechen dürfen wir das schon, oder?!) Der Experte aus dem Ministerium hat uns in unserer Ausschusssitzung explizit darauf hingewie­sen, dass die gegenständliche Gesetzesvorlage nichts an der Publikations­pflicht in der „Wiener Zeitung“ ändert und unser Kollege Marco Schreuder hat das vorhin ja auch schon ausgeführt.

Das Bundesgesetz über die „Wiener Zeitung“ befindet sich aktuell erst in Begutachtung. Das heißt, das ist kein Bestandteil dieser Gesetzesvorlage, über die wir heute bei diesem Tagesordnungspunkt abstimmen werden. Ich möch­te daher die Kolleginnen und Kollegen der SPÖ bitten, die ja sonst, wie wir ge­hört haben, diese Gesetzesvorlage unterstützen, dass auch sie jetzt dieser Gesetzesvorlage zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.13


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Frau Bundesrätin.

Als Nächster ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner zu Wort gemeldet. – Bitte.


16.13.53

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Herr Vorsitzender! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuhörer und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Liebe Österreicher! Ich glaube, es ist
genug über diese Gesetzesänderungen philosophiert und vorgelesen worden.


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Marco Schreuder hat schon sehr viel gesagt, und ja, auch heute muss ich dir recht geben: 7,5 Millionen Euro Einsparung ist ja wirklich etwas Gutes für unsere Unternehmerinnen und Unternehmer. Auch die Vereinfachung im Bereich der Digitalisierung, dass Unternehmen digital gegründet, geschlossen und so weiter werden können, ist etwas Gutes, dem werden wir natürlich zustimmen.

Und um auch etwas Positives in Richtung SPÖ zu sagen: Auch eurem Entschlie­ßungsantrag werden wir zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

16.14


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächste hat sich Frau Bundesministerin Dr. Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.


16.15.00

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren im Bundesrat! Sehr geehrte geschätzte Zuseherinnen
und Zuseher! Ich freue mich sehr, dass wir heute über dieses Anpassungsgesetz reden, dass die Digitalisierungsrichtlinie nun endlich auch ins nationale Recht umgesetzt wird. Zentrales Anliegen dieser Richtlinie ist es tatsächlich, dass die ge­sellschaftsrechtlich erforderlichen Prozesse rascher und effizienter durchge­führt werden können.

Wie können gesellschaftsrechtliche Prozesse rascher und effizienter durch­geführt werden? – Natürlich digital. Wenn man sich vor seinen Computer setzt und digital vielleicht eine Gesellschaft gründen kann, eine Eintragung ins Fir­menbuch vornehmen kann, dann ist das natürlich effizient und rasch und spart zum Teil auch Kosten. Und genau das haben wir mit dieser Richtlinie auch umgesetzt.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal erwähnen, dass wir in Österreich gerade auf europäischer Ebene Vorreiter im Digitalisierungsbereich sind. Gerade
was das Firmenbuch betrifft, die Grundbucheintragungen, sind wir Vorreiter, da


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schauen viele Justizministerinnen und Justizminister nach Österreich und holen sich teilweise auch Tipps ab. Und da können wir durchaus stolz auf die ös­terreichische Justiz sein. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wesentliche Punkte der Umsetzung dieser Richtlinie wurden ja schon genannt. Ein paar möchte ich noch einmal hervorheben, da es doch wichtig ist, zum einen natürlich die Änderungen des Veröffentlichungsregimes. Jetzt
wird also auch die Eintragung quasi das bestimmende Kriterium sein, sodass man nicht mehrfach veröffentlichen muss, damit das Ganze tatsächlich geltend wird.

Was wir des Weiteren jetzt auch ermöglicht haben, ist die Onlineanmeldung zum Firmenbuch von Einzelunternehmerinnen und Einzelunternehmern. Man glaubt
es kaum: Das war bisher nicht möglich, in Zukunft gibt es diese Möglichkeit. Die Gerichtsgebühren werden im Bereich des Firmenbuchs auch weiter gesenkt,
und ich glaube, dass das in diesem Zusammenhang ein großer Fortschritt ist. Es wurde schon die Zahl genannt: 7,5 Millionen Euro Ersparnis für die österrei­chischen Unternehmerinnen und Unternehmer.

Ich glaube, das ist in jedem Fall im Sinne des Wirtschaftsstandorts Österreich, und daher bitte ich Sie, da zuzustimmen und keinen Einspruch zu erheben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen, ÖVP und FPÖ.)

16.17


16.17.45

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu


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erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „,Wiener Zeitung‘ – Erhalt der ältesten Tageszeitung der Welt – für Medienvielfalt“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungs­antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit.
Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

16.18.5919. Punkt

Datenschutzbericht 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Justiz
(III-784-BR/2022 d.B. sowie 11109/BR d.B.)


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ernest Schwindsackl. – Ich bitte um den Bericht.


16.19.15

Berichterstatter Ernest Schwindsackl: Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Ich bringe den Bericht über den Datenschutzbericht 2021, vorgelegt von der Bundesministern für Justiz.

Der Datenschutzbehörde obliegt ja die Führung von Individualverfahren auf Antrag, die Führung amtswegiger Verfahren, die Führung internationaler grenzüberschreitender Verfahren, die Akkreditierung von Verhaltensregeln sowie die Führung von Verwaltungsstrafverfahren.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antrag­stellung.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 246

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage den Antrag, den Da­tenschutzbericht 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Justiz, zur Kenntnis zu nehmen. – Vielen Dank.


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Berichterstatter.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte, Herr Bundesrat.


16.20.15

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen
und Herren! Uns liegt jetzt der achte Datenschutzbericht vor, und wir wissen es alle: Seit der Datenschutz-Grundverordnung ist das Thema wirklich in der breiten Bevölkerung angekommen, ist nicht mehr sozusagen ein nerdiges Netz­thema, sondern tatsächlich ein Thema, das in weiten Kreisen der Bevölke­rung – auch vollkommen zu Recht – politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich, menschenrechtlich und auch menschlich ein großes Thema ist.

Die Datenschutzbehörde spielt bei zahlreichen Verfahren – national, aber auch international – eine ganz wichtige Rolle. Der internationale Aspekt ist natür­lich seit dem Inkrafttreten der DSGVO wesentlich größer und gewichti­ger geworden. Die Datenschutzbehörde Österreich, das muss man schon sagen, ist ja im Vergleich zu vielen anderen Datenschutzbehörden in anderen Län­dern enorm international vernetzt und sehr international aktiv.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit ganz herzlich bei Dr. Andrea Jelinek und dem Team der Datenschutzbehörde für ihre intensivste österreichische und europäische Arbeit bedanken.

Sehr erfreulich ist ja vor allem – das haben wir bereits im Regierungsprogramm verhandelt –, dass wir jetzt in der Datenschutzbehörde mit elf zusätzlichen


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Planstellen, die dort entstanden sind, einen deutlich höheren Personalstand ha­ben. Das war auch durchaus nötig, wie sich gezeigt hat. Mehr Sensibilität und mittlerweile auch mehr Wissen innerhalb der Bevölkerung sorgen eindeutig dafür, dass natürlich auch mehr Fälle vorliegen. Insgesamt arbeiten 47 Men­schen in der Datenschutzbehörde, und die Verfahrensführung dieser nationalen und internationalen Beschwerden bedingt auch – das ist ja durchaus auch eine Herausforderung für die Datenschutzbehörde – großes Fachwissen, das die Leute dafür haben müssen.

Die Zahlen sprechen tatsächlich für sich. Wenn man nur im Abstand von zwei Jahren schaut, sieht man eine große Steigerung. 2019 waren zum Beispiel 2 102 Individualbeschwerden in der Datenschutzbehörde zu verzeichnen, 2021 war es quasi eine Verdreifachung auf 6 051 solcher Beschwerden. Ich kann natürlich nicht alle Verfahren, die in dem Bericht erwähnt werden, zitieren. Man kann sich das ja auch online durchlesen.

Auf die Website der Datenschutzbehörde möchte ich sowieso hinweisen: dsb.gv.at, – eine wirklich gute Quelle für Information, für Informa­tionsbeschaffung, man bekommt zu allen Fragen rund um Datenschutz wirklich ausgezeichnete Informationen. Auch für mich als Unternehmer ist es
sehr hilfreich, welche Informationen man dort bekommt, eben zum Beispiel vor Kurzem über die Abmahnungswelle wegen Google Fonts, die man auf der Website eingebunden hatte, oder die Verwendung von Google Analytics. Hat man Unsicherheiten – wie ist das mit dem Datenschutz, wie kann ich damit umgehen? –: Auf der Website findet man wirklich ausgezeichnete Informationen.

Die Datenschutzbehörde hat auch sehr viel im Vorfeld gearbeitet, bringt sich also ein, damit es gar nicht erst zu Beschwerden oder zu Verfahren kommt. Etwa bei der Entwicklung des grünen Passes – wir reden ja jetzt von 2021 – war
die Arbeit der Datenschutzbehörde ganz wichtig, schon im Vorfeld beim Entste­hen dieses Prozesses.


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Die internationale Arbeit – ich habe es schon erwähnt – ist eigentlich eine der wichtigsten, die wir überhaupt haben. Es geht um internationale Konzerne,
die maßgeblich geworden sind. Ich denke jetzt nur an einen Konzern, der gerade von einem Milliardär gekauft worden ist und uns wirklich Kopfzerbrechen be­reitet, wie es jetzt dort weitergeht.

Auch Datenschutzfragen – nicht nur Hass-im-Netz-Fragen und dergleichen, sondern sicher auch Datenschutzfragen – werden durchaus von entscheidender Bedeutung sein, und nicht nur in Österreich. Auch da sieht man wieder, wie wichtig eine europäische Perspektive ist und dass die Europäische Union
als Gesamtplayer am Weltmarkt eine ganz entscheidende Rolle spielt.

Die Datenschutz-Grundverordnung hat nicht nur in Europa viel verändert, sie hat global enorme Auswirkungen gehabt, weil natürlich die internationalen Konzerne ihre Produkte für Europa anpassen müssen, da hier die strengsten Da­tenschutzvorschriften gelten, aber die sind dann auch in Thailand oder Ja­pan oder Afrika oder Südamerika geltend, weil die Produkte weltweit angeboten werden. Hier hat Europa tatsächlich Weltpolitik gemacht, und dabei hat die Datenschutzbehörde in Österreich eine ganz wichtige Rolle gespielt. Seien wir also froh darüber! – Wir nehmen den Bericht gerne zur Kenntnis. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.25


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. – Bitte, Herr Bundesrat.


16.25.43

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Der Datenschutz begegnet uns in unserem alltäglichen Handeln immer mehr.
Eine Begebenheit zum Wochenende: Ich gehe Blut spenden, und die Organisa­toren fragen mich: Das wievielte Mal bist du hier? Bekommst du eine


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 249

Ehrung? – Weiß ich eigentlich nicht, müsst ihr wissen. – Wir dürfen es nicht wissen, ist Datenschutz; aber die da vorne dürfen es wissen! – Da konnte
ich dann fragen, und dann bin ich wieder zurückgegangen und habe es ihnen gesagt. Manchmal ist es für die Bürger nicht ganz begreiflich, wie Daten­schutz abläuft, aber trotzdem ist er wichtig.

Dieser Bericht zeigt auch, wo Probleme aufgetreten sind, und dass denen auch nachgegangen wurde. Mein Kollege Marco Schreuder hat den Bericht sehr
gut zitiert, ich möchte das hier auch nicht weiter ausführen; aber für die Bürger, für die Menschen ist Datenschutz natürlich sehr, sehr wichtig.

Ich möchte aber auch in der Betrachtung auf die neue Welt des Internets eingehen, welches wir jetzt seit 30 Jahren haben, und ich glaube, da sind wir zu langsam unterwegs; nicht als Österreich, sondern als Gesamtheit der Länder Europas oder der ganzen Welt.

Unsere Ministerin Edtstadler ist gerade auf einer Tagung, Internet Governance Forum, bei der es um Datenschutz im Internet geht. Man muss ja klar sagen:
Es gibt Firmen, die bei jedem Klick, den wir machen, die Daten absaugen.
Sie handeln mit den Daten, verkaufen sie weiter, und beim nächsten Einstieg bekommt man schon Vorschläge für Kleidung, die man meistens kauft,
oder andere Artikel, die man meistens kauft. Da wird doch sehr viel Geschäft mit Daten von Bürgerinnen und Bürgern gemacht, wovon die Bürger:innen eigentlich nichts wissen.

Ich denke, bei allen diesen Dingen, oder auch was mit Twitter passiert – wer weiß, was da alles abgesaugt und weitergegeben wird –, sind wir viel­leicht langsamer als die Akteure und müssen insgesamt als Staatengemeinschaft etwas schneller reagieren. Ich habe das schon einmal erzählt: Ich selbst wur­de im Internet auch schon einmal mit einer etwas heiklen Angelegenheit befasst. Ich hatte eine Facebook-Seite, obwohl ich nie eine Facebook-Seite hatte; al­so man hat eine über mich als Eduard Köck erstellt. Ich hatte schon 86 Freunde


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 250

(Bundesrat Schennach: Unter hundert ist man eigentlich schon tot!), drei Wo­chen online, habe davon aber nichts gewusst. Das abzustellen, hat fast einen Tag gedauert, ich musste meine Identität mehrmals mittels Pass nachweisen, dann ist es endlich gegangen. Es schockiert mich, dass jener Mensch, der das erstellt hat, seine Identität nicht nachweisen musste.

Ich denke, wir sind im Internet einen Schritt zurück ins Mittelalter gefallen,
als man diverse Meldungen flugzettelweise hinausgeworfen hat, ohne Impressum, und gerade deshalb ist das Impressum ja geschaffen worden: dass man nicht jemanden beschuldigen kann, ohne dass derjenige weiß, wer
diese Beschuldigung gemacht hat.

Wir müssen im Internet, denke ich, eben doch auch einige Schritte weiter­kommen und Regeln einführen, die klarmachen: Wer hat was ins Netz gestellt? – Das würde ich mir wünschen.

Ansonsten ist dem Bericht nichts hinzuzufügen, und wir werden natürlich zu­stimmen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.29


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Danke, Herr Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Sascha Obrecht. – Bitte, Herr Bundesrat.


16.29.54

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Datenschutzbericht 2021: Ich war ganz erstaunt, dass zwei Aspekte, die ich in dem Bericht besonders
prägend finde, von meinen Vorrednern gar nicht erwähnt worden sind. Was meine ich konkret? Erstens: Die Frau Ministerin ist recht schnell in die
Bresche gesprungen und hat letztes Jahr die Datenschutzbehörde personell auf­gestockt. Das kann man ihr wirklich hoch anrechnen, ganz ernst gemeint.
Die Datenschutzbehörde hat das Personal nämlich dringend gebraucht. Warum


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 251

war das so? – Ganz viele Menschen haben Individualbeschwerden an die Datenschutzbehörde herangetragen. Das heißt, sie haben das Gefühl gehabt, sie sind in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Datenschutz
verletzt worden, und zwar vom Staat höchstselbst. Diese Personen haben ge­sagt, sie sind an eine Covid-Impfung erinnert worden, ohne dass es dafür
eine gesetzliche Grundlage gibt. Nach allem, was wir bislang wissen, haben sie damit vermutlich recht. Die Datenschutzbehörde hat nämlich dem Gesund­heitsministerium ausgerichtet: Wir bezweifeln das tatsächlich auch! – Deshalb haben wir erst vor ein paar Minuten das Epidemiegesetz neu beschlossen.
Im Epidemiegesetz haben wir jetzt nachträglich versucht, das zu sanieren und diese Gesetzesgrundlage herzustellen. (Vizepräsident Novak übernimmt
den Vorsitz.)

Ich habe mir vorgenommen, das nicht negativ zu formulieren, deswegen habe
ich überlegt, wie man so einen Vorgang positiv bezeichnen könnte, und habe es mit dem Wort Kompetenz versucht: Sagen wir, es ist die Inkompetenzkom­pensationskompetenz, und die ist, glaube ich, in der Bundesregierung durchaus vorhanden. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Da wird versucht, nachträg­lich diesen Fehler zu sanieren und herumzuschludern, und das ist alles in allem ein extrem unzufriedenstellender Zustand.

Zweiter Punkt, der mir aufgefallen ist: Die Datenschutzbehörde hat in wirk­lich vorzüglicher Art und Weise höchstgerichtliche Entscheidungen dargestellt und aufgeschlüsselt. Eine Sache wird dabei recht schnell klar: Es betrifft besonders oft die Post. Die Österreichische Post AG hat besonders oft gegen das Datenschutzgesetz verstoßen. Da ging es darum, dass sie anhand der Zusendungen der Österreicherinnen und Österreicher ein Profiling betrieben hat. Es wurden Schlüsse gezogen, wo die Österreicherinnen und Österrei­cher politisch stehen, wie sie einkaufen, und diese Daten wurden dann auch an Marketingunternehmen, mitunter auch an politische Parteien verkauft,
ebenfalls ohne gesetzliche Grundlage. Das war natürlich auch ein klarer Verstoß, mittlerweile ist das auch höchstgerichtlich entschieden.


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Der spannende Punkt dabei ist ja, dass es sich bei der Österreichischen Post AG nicht um ein privates Unternehmen im eigentlichen Sinn handelt. Die Österreichische Post AG steht im mehrheitlichen Eigentum der Republik Öster­reich, und Sie dürfen dreimal raten, welches Unternehmen die für Öster­reich verwaltet: Es ist die Öbag, die Österreichische Beteiligungs Aktiengesell­schaft – die Öbag, im Berichtszeitraum geleitet durch den Vorstand Thomas Schmid! Es scheint tatsächlich so, dass es für jedes Problem, das es in Österreich gibt, irgendwo einen ÖVP-Haberer gibt, der dafür verantwortlich ist. (Beifall
bei der SPÖ sowie Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Ich will nun abschließend in meiner Rede zu einem weiteren Aspekt kommen. Der ÖVP-Klubobmann im Nationalrat hat in seiner wirklich unvergleichlichen Art die Europäische Menschenrechtskonvention ohne Not infrage gestellt, was
uns hier veranlasst hat, in einer gemeinsamen Initiative, auch über die Partei­grenzen hinweg – fast alle beteiligen sich –, einen Entschließungsantrag zu formulieren, den ich jetzt einbringe:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Stefan Schennach, Karl Bader, Marco Schreuder,
MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Achtung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert sich vollumfassend zu der sich im Verfassungsrang befindlichen Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu bekennen und für die unveränderte Geltung ebendieser vehement einzutreten, denn Menschenrechte sind die Säule des Rechtsstaates und unver­handelbar.“

*****


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 253

Das ist der Text dieses Entschließungsantrages. Ich bitte Sie, da auch wirklich mitzugehen. Ich war auch überrascht, dass die ÖVP da mitgeht. Meine Überraschung war natürlich geringer, als ich mir angeschaut habe, was in dieser EMRK wirklich drinsteht.

Ich habe Ihnen Art. 6 Abs. 2 mitgebracht: „Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet, daß der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist.“ In Art. 6 Abs. 2 EMRK steht das drinnen: die Unschuldsvermu­tung! Da ist es kein Wunder, dass die ÖVP das dann doch nicht so schnell aufheben will, denn eines ist klar: Die ÖVP braucht die Unschuldsvermutung wie einen Bissen Brot. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

16.34


Vizepräsident Günther Novak: Der von den Bundesräten Stefan Schennach, Karl Bader, Marco Schreuder, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Achtung der Europäi­schen Menschenrechtskonvention (EMRK)“ ist genügend unterstützt und
steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Andreas Arthur Spanring. – Bitte, Herr Bundesrat.


16.35.03

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Vorsitzender! Frau Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren auf
der Galerie und vor den Bildschirmen! Ich verstehe gar nicht, warum immer alle so auf die ÖVP losgehen! (Heiterkeit bei der FPÖ. – Bundesrätin Eder-Gitsch­thaler: Ja, genau! – Bundesrat Schennach: Das kann ja nicht nur bei dir allein sein!)

Zum Datenschutzbericht 2021 ist eh schon sehr viel gesagt worden. Zusam­mengefasst kann man wirklich ein Lob für den Bericht aussprechen, weil er, so wie die Berichte zuvor, sehr gut strukturiert und deshalb auch sehr gut lesbar ist.


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2021 und 2020 – das ist etwas, was die Vorredner vergessen haben – waren von vielen Individualbeschwerden geprägt, und zwar im Zusammenhang mit der Pandemie, wobei sehr viele Beschwerden im Kontext mit der Versendung von Schreiben zur Impfung stehen. Solche Beschwerden kann ich selbst sehr
gut nachvollziehen. Ich habe mich damals auch gefragt, als ich das Schreiben bekommen habe: Wo sind da überall meine Daten unterwegs? Das sind
doch hochsensible Daten, denn ob ich geimpft bin oder nicht geimpft bin, ist
eigentlich etwas, das nur mich etwas angeht! (Bundesrat Schennach: Und die Elga!)

Ich habe dann bei der Telefonnummer angerufen, die da hinterlegt war, und bin gleich in ein Callcenter in Deutschland gekommen. Da habe ich schon gewusst,
was beim Thema Daten los ist.

Herr Kollege Bundesrat Köck hat die Geschichte erzählt, dass ein Facebook-Account mit seinem Bild und seinem Namen gefakt wurde: Ja, Datenschutz ist wirklich etwas Wichtiges, das merkt man immer mehr in der heutigen Zeit.
Mir ist auch etwas passiert, das mich am eigenen Leib hat erfahren lassen, wie unangenehm so etwas ist, und zwar: Ich hatte Covid-19, ich war in Quaran­täne und wurde von einem Freund angerufen. Der Freund sagt dann zu mir: Und, wie geht es dir? – Sage ich: Ja danke, eh ganz gut. Woher weißt du denn, dass
ich in Quarantäne bin und Covid habe? – Sagt er: Na ja, der und der Herr – ohne den Namen jetzt zu nennen – hat das im Gasthaus herumerzählt! – Ein Mit­arbeiter von der Bezirkshauptmannschaft, der in der Abteilung arbeitet. Warum sage ich das an dieser Stelle? – Weil das noch dazu zufällig ein hochrangiger ÖVPler ist; auch gut zu wissen. Ich sage eh nicht dazu, dass er Bürgermeister in meinem Bezirk ist, denn sonst könnte man Rückschlüsse ziehen, wer das ist. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Ich hätte ihn auch damals anreißen können, aber ganz ehrlich, mir war das
echt zu blöd. Es ist mir eh wurscht, ob es wer weiß oder nicht, aber in Ordnung ist es im Grunde genommen trotzdem nicht.


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Zurück zum Datenschutzbericht: Die Datenschutzbehörde hat im Beob­achtungszeitraum 36 Geldbußen über in Summe 24,7 Millionen Euro verhängt und sieben Verwarnungen ausgesprochen. Laut Bericht ist zwar ein erheb­licher Teil davon nicht rechtskräftig, aber man kann eines schon ganz klar erken­nen: dass ein Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung richtig teuer werden kann – das ist gut so! – und dass man sich zweimal überlegen soll, ob man trotz besseren Wissens gegen die DSGVO verstößt.

In einem Fall ist es zum Beispiel darum gegangen, dass eine Kontaktaufnahme ausschließlich über den Weg von Kontaktformularen möglich war. Jetzt sind Kontaktformulare im Internet grundsätzlich nichts Negatives, aber wenn es eben ausschließlich über solche Kontaktformulare geht und sonstige Möglichkeiten,
wie zum Beispiel E-Mails oder Telefon, ausgeschlossen sind, dann ist das unzu­lässig.

Das ist auch ein Punkt, zu dem ich sagen muss, das ist etwas, das mir selber auch sehr sauer aufstößt: wenn ich irgendwo im Internet ein Problem habe und jemanden erreichen will und es unmöglich ist, wenn ich schon einmal 10 Minu­ten brauche, um auf der Homepage zu finden, ob es da eine Kontaktmög­lichkeit gibt oder nicht. Ich bin ehrlich gesagt sehr froh, dass sich die Daten­schutzbehörde dieser Problematik annimmt.

Dann wurden im Jahr 2021 400 Beschwerdefälle eingebracht, die einen grenzüberschreitenden Sachverhalt aufwiesen, und andererseits wieder 407 Fälle, in denen umgekehrt die Datenschutzbehörde als betroffene Aufsichtsbehörde ins Verfahren miteinbezogen wurde.

Also es gibt da wirklich viele umfangreiche Aufgaben, auch die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, die angesprochen wurde, Rechtsauskünfte an Bürger sowie Informationen im Zusammenhang mit dem geltenden Datenschutz auf der Website der Behörde.


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Ich kann natürlich nicht alle Punkte vorbringen, aber zwei Beispiele, die wirklich haarsträubend sind, möchte ich hervorheben. Unter anderem gab es einen
Fall, bei dem es um unzulässige Einwilligungen beziehungsweise Verarbeitungen im Rahmen von Kundenbindungsprogrammen gegangen ist. Da will ich gar
nicht genau in die Tiefe gehen, weil es ziemlich kompliziert ist, aber letzten En­des ist es um Profiling gegangen, und da hat die Datenschutzbehörde im
Jahr 2021 insgesamt Geldbußen in der Höhe von 11,2 Millionen Euro verhängt – auch nicht rechtskräftig, aber immerhin, denke ich, zumindest ein deutliches Zeichen.

Im zweiten Fall – der Fall ist wirklich haarsträubend, da muss ich sagen, das hat mich selbst auch erschüttert – gab oder gibt es ein Kreditinstitut, da ist eine
Excel-Tabelle oder Excel-Datei auf einem Server oder auf einem Laufwerk gele­gen. Die war für alle Mitarbeiter frei zugänglich – ungesichert, nicht ver­schlüsselt, nicht passwortgeschützt. Eine Mitarbeiterin hat an 234 Kunden ein
E-Mail versendet und unabsichtlich, wirklich unabsichtlich, diese Excel-Datei angehängt. Auf dieser Excel-Datei waren von circa 6 000 Kunden Adressdaten, Erreichbarkeitsdaten, Geburtsdatum, das Einkommen, welche Produkte sie besitzen, das Volumen der Produkte, das sie besitzen, Nutzung der Bankservices, und, und, und. Ich denke, das ist wirklich etwas, das keiner von uns will, und
auch wenn es unabsichtlich passiert ist: So darf einfach mit Daten von Kunden nicht umgegangen werden. Die Datenschutzbehörde hat gegen dieses Kredit­institut eine Geldbuße in der Höhe von 4 Millionen Euro verhängt; eben­falls nicht rechtskräftig.

Wie bereits gesagt: Der Bericht ist sehr umfangreich, aber weil er eben auch
gut strukturiert ist, ist er leicht lesbar. Ein Thema, das jedes Jahr angesprochen wird, auch in diesem Bericht, das sich wie ein schwarz-grüner Faden durch
diese Republik zieht: Es fehlt an allen Ecken und Enden an Personal – und feh­lendes Personal geht immer zulasten der Qualität des Services und auch zulasten der Sicherheit unserer Landsleute. Diese Regierung ist entweder nicht willens,


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da Abhilfe zu schaffen, oder sie kann es einfach nicht. Für mich ist beides in­akzeptabel, und um im Regierungssprech zu bleiben: Ein Rücktritt ist deshalb al­ternativlos. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)

16.42


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Stefan Schennach. – Bitte, Herr Bundesrat.


16.43.04

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Keine Sorge, ich werde keine sehr lange Rede halten.
Ich möchte mich nur für einen Akt lebendigen Parlamentarismus hier in unseren Reihen bedanken. In der Präsidiale habe ich den Kollegen, Kolleginnen einen Entschließungsantrag vorgelegt und gesagt, es wäre doch schön, wenn andere Fraktionen uns hier bei so einem wichtigen Antrag zur Achtung der Euro­päischen Menschenrechtskonvention unterstützen würden. Sehr schnell ist Karl Bader gekommen und hat gesagt, die ÖVP geht mit, dann sind Marco Schreuder und auch Karl Arlamovsky gekommen. Somit ist eingetreten, dass wir heute einen Entschließungsantrag präsentieren, der die Achtung der Europäischen Menschenrechtskonvention fordert und – ich hoffe sehr – einer unwürdigen Debatte ein Ende bereitet.

Als Mitglied des Europarates möchte ich nur einmal kurz daran erinnern, dass
es 1950 in Rom war, dass die Europäische Menschenrechtskonvention beschlossen wurde. Man hat gleichzeitig aber gesagt: Wir brauchen noch einen Überwachungsmodus und eine Durchsetzung, und hat dazu den Europäi­schen Menschenrechtsgerichtshof installiert. Vor wenigen Jahren hat Papst Franziskus in einer Rede in Straßburg diesen Europäischen Menschen­rechtsgerichtshof als das Gewissen Europas bezeichnet.

Der Auslöser dieser Debatte war offensichtlich inhaltlich über die Men­schenrechtskonvention nicht informiert. Die Menschenrechtskonvention hat nämlich nichts mit Asyl zu tun, sondern die Menschenrechtskonvention


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schützt und garantiert unser aller Menschenrechte. Das ist die Großartigkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger.)

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof arbeitet sieben Tage und
sieben Nächte in der Woche, 365 Tage im Jahr. (Ruf bei der ÖVP: Wir auch!) Selbst um 3 Uhr in der Früh können Sie sich an ihn wenden. Ich kenne
die Einreichungen. Wenn Sie in irgendeinem Gefängnis sitzen und nur eine Toilettenrolle haben, können Sie auch das Papier einer Toilettenrolle an
den Menschenrechtsgerichtshof senden, es wird ernstgenommen. (Ruf bei der ÖVP: ... was draufschreiben?)

Es kann sein, dass, wenn Sie sich um 3 Uhr in der Früh an den Menschen­rechtsgerichtshof wenden, der sich schon um 7 Uhr in der Früh an die nationalen Behörden und die Regierung des betreffenden Landes wendet. Deshalb bitte
ich Sie noch einmal: Stoppen Sie diese Diskussion über die Europäische Menschen­rechtskonvention! Sie ist im Verfassungsrang, sie ist nicht verhandelbar. (Bundesrat Spanring: Ah, darum darf man nicht ..., ah so!) Sie ist im Verfassungs­rang aller Staaten, die sie ratifiziert haben (Bundesrat Preineder: ... um Menschenpflichten ergänzt!) – und alle Staaten, die sie ratifiziert haben, haben sie in den Verfassungsrang gehoben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kenne niemanden und kein Land unter den Mitgliedstaaten des Europarates, das auch nur einen Millimeter bereit wäre, eine solche Debatte zu tragen,
denn diese Würde und diese Sicherheit gehört zu ungefähr 250 Konventionen, die unser Zusammenleben und unsere Sicherheit in Europa garantieren. Es
gibt auch eine andere, mit einer solchen Konvention wurden die Todesstrafe in Europa beseitigt (Zwischenruf bei der FPÖ) und zum Zweiten auch der Schutz
der Menschenwürde und die Ablehnung der Folter und unmenschlichen Behandlung festgeschrieben. (Bundesrätin Steiner-Wieser: ... Coronamaßnahmen?!)

Wie bei der Menschenrechtskonvention gibt es dazu ein Komitee, das auch regelmäßig Österreich besucht (Ruf bei der FPÖ: Was war dann mit den Coronamaßnahmen?) – und Sie sollten auch wissen (Bundesrätin Steiner-Wieser:


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Das Eingesperrtsein war Folter, als gesunder Mensch wirst du eingesperrt!), dass
in solchen Berichten auch Österreich kritisiert wurde, das ist nämlich das Komitee gegen unmenschliche Behandlung und Folter. Da wurden zum Beispiel die Zustände in unseren Senioren- und Seniorinnenheimen und die Zustände
in Untersuchungshaft in Österreich kritisiert. Die jeweilige Regierung, welche immer es war, hat dann die Möglichkeit, darauf zu reagieren. Sowohl beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof ist derzeit eine österreichische Rich­terin als auch beim Komitee zum Schutz vor Folter und unmenschlicher Behandlung ist eine Österreicherin beteiligt.

Das heißt, wir sollten diese Achtung, die wir auch hier mit diesem gemeinsamen Entschließungsantrag heute zum Ausdruck bringen, in dem Sinne auch in den künftigen Diskussionen einfließen lassen. Ich wundere mich, dass jene Ministe­rin, die kurzfristig in Straßburg tätig war, da nicht sofort eine parteiinterne Diskussion gestoppt hat. Frau Ministerin Edtstadler müsste das besser wissen, aber die ÖVP hätte auch bei unserer Justizministerin nachfragen können:
Geht das überhaupt, eine Weiterentwicklung der Menschenrechtskonvention? Ich nehme an, unsere Justizministerin hätte dieselbe Antwort gegeben: Nein,
das geht so nicht. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)

In diesem Sinne bedanke ich mich noch einmal für diesen Akt lebendiger Demokratie und dafür, dass wir hier beinahe eine einstimmige Entschließung zusammenbringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.49


Vizepräsident Günther Novak: Abschließend zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desministerin Alma Zadić. – Bitte sehr, Frau Bundesministerin.


16.49.22

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Geschätz­te Damen und Herren Mitglieder des Bundesrates! Geschätzte Zuseherin­nen und Zuseher! Wir kommen zu einem weiteren Grundrecht, nämlich zum Grundrecht auf Datenschutz. So kommt in diesem Zusammenhang der


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Datenschutzbehörde eine zentrale Rolle zu, wenn es um die Wahrung des Datenschutzes geht. Im nunmehr vorliegenden Tätigkeitsbericht des
Jahres 2021 berichtet die Datenschutzbehörde insbesondere über die Auswir­kungen der Coronapandemie auf die Arbeit der Behörde.

Diese Auswirkungen umfassten nicht nur organisatorische Herausforderungen, sondern natürlich auch viele datenschutzrechtliche Fragestellungen, die sich
im Zusammenhang mit der Pandemie ergeben haben; denn natürlich waren ge­rade in den Zeiten der Pandemie gesellschaftlich tiefgreifende Maßnahmen notwendig, und natürlich ist die Datenschutzbehörde auch dazu da, Überprü­fungen vorzunehmen und auf Anträge zu reagieren. Dadurch war und ist
die Datenschutzbehörde nach wie vor mit einer Reihe von Anträgen konfron­tiert – und mir war es als Justizministerin besonders wichtig, die Daten­schutzbehörde hierbei zu unterstützen. Wir haben deswegen auch mehr Budget zur Verfügung gestellt, damit auch mehr Personal aufgenommen werden kann, um diese Welle an Anträgen auch zu bearbeiten.

Insgesamt möchte ich sagen, dass wir unabhängig von der Pandemie einfach darüber hinaus geschaut haben, dass die Datenschutzbehörde langfristig abgesichert ist und mit ausreichend Ressourcen unterstützt wird. Deswegen haben wir letztes Jahr den Personalstand der Datenschutzbehörde deutlich
erhöht: Es gibt sieben zusätzliche Planstellen und ebenso weitere Budgetmittel.

Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Datenschutzbehörde bedanken, weil ich weiß, mit welchen Herausforderungen sie zu kämpfen hatten und unter welchem großartigen Einsatz sie viele, viele dieser Herausforderungen gemeis­tert haben. Vielen Dank an dieser Stelle – und danke, dass wir das heute diskutieren dürfen. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

16.51


16.51.46

Vizepräsident Günther Novak: Danke, Frau Bundesministerin.


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Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Stefan Schennach, Karl Bader, Marco Schreuder, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Achtung der Europäischen Men­schenrechtskonvention (EMRK)“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschlie­ßungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit angenom­men. (360/E-BR/2022)

16.52.4020. Punkt

Wahl eines Mitgliedes und von Ersatzmitgliedern des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tages­ordnung.

Es liegen mir folgende Nominierungen der Fraktionen vor:

Als Mitglied wird von der ÖVP Bundesrat Markus Stotter (Tirol) vorgeschlagen.


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Als Ersatzmitglieder werden von der ÖVP Bundesrat Christoph Stillebacher (Tirol) und von den Grünen Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber (Steiermark) vor­geschlagen.

Sofern sich kein Einwand dagegen erhebt, werde ich die Abstimmung über diese Vorschläge durch ein Handzeichen vornehmen lassen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die den vorliegenden Wahl­vorschlägen ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Die Wahlvorschläge sind somit angenommen.

Da der Herr Bundeskanzler noch nicht eingetroffen ist, so wie ich das sehe (Bundesrat Bader: Ja, können wir die Sitzung kurz unterbrechen? Er ist unterwegs!), werden wir die Sitzung unterbrechen, um dann fortzufahren, um die Dring­liche Anfrage durchzuführen.

16.54.31*****

(Die Sitzung wird um 16.54 Uhr unterbrochen und um 17.05 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

17.05.16Dringliche Anfrage

der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Lösen Sie endlich die Krisen im eigenen Land, Herr Nehammer!“ (4062/J-BR/2022)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen
und Kollegen an Herrn Bundeskanzler Karl Nehammer.

Herzlich willkommen bei uns im Bundesrat, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ.)


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Da die Dringliche Anfrage inzwischen allen Mitgliedern des Bundesrates zuge­gangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Ofner als Antragsteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


17.05.52

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Kollegen! Geschätzte Zuschauer vor den Bildschirmen und auf der
Galerie! Die Begriffe Versagen, Unfähigkeit, Inkompetenz, Unzuverlässigkeit und Chaos müssten eigentlich schon seit zweieinhalb Jahren als Synonym auf­poppen, wenn man in Onlinesuchmaschinen die Wortfolge Schwarz-Grün oder die Wortfolge österreichische Bundesregierung eingibt, denn das, was die österreichische Bevölkerung in dieser Zeit ertragen musste, geht – auf gut Kärnt­nerisch – auf keine Kuhhaut. (Bundesrätin Schumann: Das sagt man in Wien auch!)

Das Land wird von einer Krise in die nächste manövriert, Lösungsansätze gibt es – egal zu welchen Themen – null, dafür werden jene, die brav ihre Steu­ern zahlen, mit neuen Steuern wie der CO2-Steuer drangsaliert, wenn sie nicht gerade einer bewussten Gesellschaftsspaltung ausgesetzt sind oder sich
einem sinn- und evidenzbefreiten Coronamaßnahmenchaos unterordnen müssen.

Das Land wird tagtäglich finanziell, wirtschaftlich und sozialpolitisch an
die Wand gefahren, und das am besten alles gleichzeitig. Dazu kommt natürlich noch der ÖVP-Korruptionssumpf wohin das Auge reicht.

Das Thema Korruption bringt mich jetzt direkt zu der heutigen Dringlichen Anfrage an den Herrn Bundeskanzler. Es ist keine neue Erkenntnis, dass immer, wenn das Wort Korruption aufkommt, die ÖVP sich in unmittelbarer Nähe befindet und meist in einem Atemzug damit genannt werden kann; das ist man in Österreich mittlerweile gewöhnt, und ebenso, dass tagtäglich neue Korrup­tionsgranaten einschlagen. Auch nicht neu ist, dass ein ÖVP-Bundeskanzler im


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ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss aussagen muss, auch das haben
wir schon gehabt.

Und wenn der derzeitige Herr Kanzler beinahe mantraartig vorbetet, die ÖVP habe kein Korruptionsproblem, dann kann man dazu nur sagen: Es stimmt vielleicht, dass die ÖVP kein Problem mit Korruption hat. – Man muss also ein­fach die Wortfolge etwas ändern, dann stimmt es wieder.

Etwas Neues ist aber die Situation, die heute eingetreten ist: Heute haben wir zu Beginn unserer Bundesratssitzung die Situation gehabt, dass es eine Aktuelle Stunde mit dem Herrn Bundeskanzler gegeben hätte, er sich aber vertreten hat lassen, weil er, wie ich es gerade ausgeführt habe, im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss vorgeladen war. Das ist auch in Ordnung so, denn die­ser Sumpf in Österreich gehört endlich einmal trockengelegt. (Beifall bei
der FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Sümpfe gehören nicht trockengelegt! Das ist ganz schlecht! Ein ganz schlimmes Bild!)

Dass es dann in der Folge aus gesundheitlichen Gründen keine Vertretung mehr gegeben hat, auch das kann passieren. Ganz neu war aber, dass die Aktuelle Stunde einfach abgesagt wird; abgesagt, weil – und jetzt kommt etwas, was man wirklich fast Chuzpe nennen muss – elf Minister, die eigentlich verbleiben
und nicht entschuldigt sind, nicht aufgefunden werden können, um hier eine Er­klärung zu aktuellen Themen abzugeben, sich brennenden Fragen zu stellen
und die Herausforderungen zu beleuchten, mit denen die österreichische Bevöl­kerung jeden Tag zu kämpfen und die sie zu erleiden hat, obwohl es von der Regierung selbst verschuldet ist, dass wir diese Themen auf der Tagesordnung haben.

Wir sind mit einer Teuerungswelle aufgrund einer völlig sinnbefreiten Corona­maßnahmenpolitik konfrontiert, mit einer veritablen Energiekrise – auch
wieder entsprechend von dieser Regierung befeuert – und einem Migrations­chaos. Das alles sind Fragen, die zu erörtern wären, und keiner der elf Mi­nister war bereit, hier eine Erklärung dazu abzugeben – nicht einmal die, die


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sogar schon hier gesessen ist, und die, wie es ein Kollege von mir heute schon gesagt hat, zu Beginn ihrer Amtszeit gesagt hat, sie würde eh jedes Minis­terium nehmen, Hauptsache, sie bekommt eines: Frau Minister Tanner.
Auch sie war heute nicht bereit, uns Auskunft zu geben. (Bundesrat Buchmann: Stimmt ja nicht!)

Da muss man sich dann halt die Frage stellen: Ist überhaupt noch jemand im Kanzleramt? Gerade in der Weihnachtszeit, angelehnt an die Charitygeschichte des ORF: Ist da jemand? Wer von den Ministern steht überhaupt noch
hinter dem Bundeskanzler? Gibt es da noch jemanden, vor allem in der ÖVP, bei den Grünen vielleicht ja noch eher? (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit bei
der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Die sieben Zwerge!)

Da ihn keiner mehr vertreten will, ist das offenbar nicht mehr der Fall. Das lässt Erinnerungen an Herrn Mitterlehner wach werden. Wir können uns noch erinnern: Der war schon weg, da hat er noch gar nicht einmal gewusst, dass er weg ist.

Abseits der ÖVP-Familie und dieser Komödienspiele ist es halt für die Österreicher, aber vor allem auch für uns Freiheitliche, in diesem Krisengemenge von großem Interesse, ob es da überhaupt noch jemanden gibt. Auch
bei Ihren beiden Vorgängern war die Situation ja komisch: Bei Herrn Kurz und Herrn Schallenberg haben wir ja auch zweimal den Fall gehabt, dass
dann plötzlich keiner mehr da war.

Aus diesem Grund haben wir das Instrument der Dringlichen Anfrage
an den Bundeskanzler gewählt: um herauszufinden, ob da noch jemand ist. Und siehe da: Es ist jemand da und das ist der Mister 100 Prozent himself.
(Bundesrat Preineder – erheitert –: Na Gott sei Dank! – Weiterer Ruf bei der ÖVP: Da ist ja jemand!) Danke auch, dass Sie gekommen sind, aber das sind
Sie der österreichischen Bevölkerung mehr als schuldig. (Beifall bei der FPÖ.)


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Wir dürfen jetzt natürlich auch die Aufforderung unserer Anfrage an Sie richten, sie hat den Titel: „Lösen Sie endlich die Krisen im eigenen Land, Herr Nehammer!“ Uns ist natürlich bewusst, dass Sie und die Regierung aus Gründen der Unfähigkeit keine Lösungsansätze bereitstellen können, das wissen
wir eh. (Bundesrat Bader: Wozu fragt ihr denn dann, wenn du eh weißt, was raus­kommt? Ist das nur rhetorisch? – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Der Hauptgrund ist aber ein ganz anderer. Der Hauptgrund ist, dass Sie dafür schlichtweg gar keine Zeit haben, denn Sie sind ja ständig mit den Krisen der eigenen Partei, der ÖVP, beschäftigt. (Bundesrätin Miesenberger: Ihr seid
damit beschäftigt! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Sie sind mit den Krisen dieser schwarz-grünen Koalition, also immer mit sich selbst beschäftigt,
und deshalb haben Sie keine Zeit, für die Anliegen der Bürger im Land zu arbei­ten oder für die Interessen der Bürger einzutreten. Diese kommen halt
unter die Räder und sind existenziellen Bedrohungen ausgesetzt (Bundesrat Prei­neder: Dann lasst ihn arbeiten! Lasst Nehammer und sein Team arbeiten!),
während Sie sich mit Ihrer schwarz-grünen Bundesregierung – in Anlehnung an die Klimachaoten – statt auf die Straßen an die Sessel Ihrer Ministerämter
kleben und dort picken bleiben. Das ist Machterhalt um jeden Preis nach eurem Motto: Koste es, was es wolle!, denn die Rechnung bezahlt eh wieder der
brave Steuerzahler. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist dieselbe Maxime, die Sie in ganz Österreich seit zwei Jahren hinsichtlich des unrühmlichen Coronawahnsinns angewendet haben. Zwei Jahre lang wurden Kinder, Erwachsene und die ältere Generation mit Maßnahmen schi­kaniert; zwei Jahre lang gab es sinn- und evidenzbefreites Geschwurbel;
zwei Jahre lang wurde das Land wirtschaftlich ruiniert, wurden über 46,5 Milliar­den Euro an Steuergeld mit beiden Händen gleichzeitig hinausgeschmissen;
zwei Jahre lang wurde die bewusste Spaltung der Gesellschaft betrieben; zwei Jahre lang wurden die Menschen in Angst und Panik versetzt.


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Ich bin ja neugierig und wirklich schon sehr gespannt, welche Statements
wir in Kürze von Ihnen und, nicht zu vergessen, von Ihren lustigen Gecko-Ex­perten im Tarnanzug hören werden, da Ihr deutscher Coronaapostel Lau­terbach vor Kurzem gemeint hat: Es war ein Versehen (Bundesrat Preineder: Das sagt der Kickl immer!), es war einfach ein Versehen, zu sagen, es gäbe eine Pandemie der Ungeimpften!

Abgesehen davon, dass wir ein solches Eingeständnis von Ihnen wahrscheinlich genauso wenig wie von Ihren Ministerkollegen erwarten können, weil das
halt nicht Ihrem Charakter entspricht, was wohl auch dem fehlenden Anstand dieser Regierung geschuldet sein dürfte, müsste es ja eine regelrechte poli­tische Lebensbeichte von Ihnen sein: Es war ein Versehen, dass wir von Beginn an falsche Infektionszahlen hatten! Es war ein Versehen, zu sagen: Wer ge­impft ist, ist geschützt und kann nicht infiziert werden! Es war ein Versehen, zu sagen: Wer geimpft ist, kann das Virus nicht übertragen! – Es ist übrigens ganz interessant: Eine Sprecherin von Biontech/Pfizer hat kürzlich zugegeben, dass das gar nie getestet wurde. (Bundesrat Preineder: Na wenn man es nicht hat, kann man es nicht übertragen!) Das ist sehr interessant, wenn man sich vergegenwärtigt, was Sie in den letzten zwei Jahren von sich gegeben ha­ben. (Ruf bei der ÖVP: Hausverstand, junger Mann!)

Es war ein Versehen, zu sagen: Wer geimpft ist, hat einen milderen Verlauf!
Es war ein Versehen, zu sagen: Die Solidarität mit Ungeimpften ist vorbei! Es war ein Versehen, zu sagen: Wir haben eine Pandemie der Ungeimpften! Es war
ein Versehen, zu sagen – und jetzt kommt überhaupt der beste Spruch Ihres un­rühmlichen Vorgängers –: Die Impfpflicht ist alternativlos! Und es war ein Versehen, zu sagen: Wer nicht geimpft ist, hält sich eigentlich rechtswidrig und illegal in Österreich auf! (Bundesrat Steiner: Skandal!) – Und so weiter und so fort.

Diese Liste mit all Ihren Aussagen könnte man ja über Stunden fortsetzen, bei alldem, was den Menschen in Österreich in den vergangenen zwei Jahren
alles erzählt wurde. Ich möchte gar nicht an die ganzen Chaosverordnungen, die


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es gegeben hat, die Lockdowns, die Zwangstestungen oder die Strafzahlun­gen aufgrund der gesetzeswidrigen Testbeschaffungen in eurem Bildungsminis­terium denken.

Und was ist auf der Strecke geblieben? – Auch das hätten wir gerne einmal diskutiert, denn auch das ist brandaktuell: Es ist das Gesundheitswesen. In zwei Jahren Pandemie hat man alles getan, um die Pharmakonzerne zu besänfti­gen, aber was ist auf der Strecke geblieben? – Unser Gesundheitswesen. (Beifall bei der FPÖ.)

Nicht eine Maßnahme ist getroffen worden, um dieses zu verbessern. Es hat nicht eine Maßnahme gegeben, um die Pflegekräfte zu unterstützen – im Gegenteil: Das ganze System wird ausgehungert und dem Leiden überlassen. Fazit: Die medizinische Versorgung in Österreich kommt teilweise zum
Erliegen. Es gibt akute Versorgungsnotstände in den Spitälern und auch im niedergelassenen Bereich. Für diese Notwendigkeiten sind keine bud­getären Maßnahmen vorgesehen.

Was haben Sie aber zusammengebracht? – Sie beschaffen neue Impfstoffe
um 850 Millionen Euro, Coronaimpfstoffe, über die sich Frau von der Leyen nur so freut, weil sie wahrscheinlich auch etwas davon hat, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Europäische Staatsanwaltschaft schon ermittelt. Und Sie schalten Impfwerbungen in Ihren gekauften Medien. Das ist es, was
Sie in diesem Bereich, im Gesundheitswesen, tun.

Und jetzt wundern Sie sich, dass die Menschen in unserem Land Ihr Versagen spüren. – Ja, bitte, das ist natürlich auf allen Ebenen spürbar. Und vergessen Sie nicht: Es wird auch der Tag kommen, an dem vor allem Sie als Regierungs­chef sich für all diesen Unfug und die Schande, die Sie über unser Land gebracht haben, verantworten werden müssen. (Beifall bei der FPÖ.) Das wird jener
Tag sein, Herr Kanzler, an dem die Österreicher sagen werden: Ja, es war ein Versehen, dass wir dieser türkis-schwarz-grünen Bundesregierung jemals Regierungsverantwortung übertragen haben!


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Und weil ich vorhin den Sager von Frau Edtstadler zu den sich illegal und rechtswidrig in Österreich Aufhaltenden, über den sie im Zusammenhang mit Corona gestolpert ist, erwähnt habe: Da sind wir gleich beim nächsten ak­tuellen Thema. Es ist – wenn man an Linz denkt – leider ein brennendes Thema, das Ihre Versagensliste verlängert: das völlige Asyl- und Migrationschaos in unserem Land. Und wieder regiert das vollkommene Unvermögen. Wir haben ei­nen unfähigen Innenminister, der durch ganz Europa tingelt und mit Frau Edtstadler nach Jahrzehnten noch immer auf der Suche nach dem goldenen Kind oder – in Ihrer Sprache – auf der Suche nach europäischen Lösungen beim
EU-Außengrenzschutz ist, wenn er nicht gerade die Balkanroute schließen will. Das kommt natürlich auch noch dazu.
Übrigens war mir in Erinnerung,
dass das einer Ihrer Vorgänger ja bereits gemacht
hat, aber wahrscheinlich hat er vergessen, außen den Schlüssel abzuziehen.

Dann haben wir als Ergebnis eine Flutwelle mit mittlerweile mehr als 100 000 Asylwerbern und Asylanträgen in Österreich, die innerhalb eines Jahres über offene Grenzen hereinschwappen. Weiteres Fazit: Österreich ist heute gemessen an der Einwohnerzahl Spitzenreiter bei der Zahl der Asylwerber. Dan­ke auch dafür, Schwarz-Grün! – Von diese Dankeshymnen ist man ein biss­chen abgekommen; von denen ist man aber auch erst bei Ihnen abgekommen, ist mir aufgefallen, nicht früher. Unter Kurz und Schallenberg hat das immer noch gut funktioniert.

Es gibt nach wie vor keinen Unterschied zwischen Asyl und Migration, obwohl wir Antragsteller aus Ländern wie Indien, Marokko, Tunesien haben, von
denen wir, sobald sie hereinkommen, ganz genau wissen, dass es überhaupt keinen Asylgrund gibt, sondern dass es sich um Wirtschaftsmigranten
handelt. Wir haben aber ein Bundesheer und eine Exekutive, die wir an die Grenze stellen und die wir zu einem Welcome- und Shuttleservice de­gradiert haben, frei nach dem Motto: Effektiver Außengrenzschutz ist uns nicht wichtig, denn unter diesen Grün:innen als Regierungsanhängsel ist dieses
Wort selbstverständlich eh schon zum Fremdwort avanciert.


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Was tun dann der Herr Kanzler und seine Regierung? – Anstatt endlich den stets medial verkauften und propagierten restriktiven Kurs zu fahren, ist diese ÖVP mehr denn je von ihrem eigenen Kurs abgekommen, hat die eigenen Werte voll­kommen über Bord geschmissen, geht jetzt gemeinsam mit den Grünen her
und erhöht die Pullfaktoren und die Anreize, indem das Erlangen des Aufenthalts­titels erleichtert wird, indem die Kostensätze in der Grundversorgung ange­hoben werden. Den Grün:innen ist das Ganze natürlich noch zu wenig weit ge­gangen, und daher hat man gesagt: Jeder, der in unser Land kommt, soll am besten auch gleich einmal 500 Euro Klimabonus dazubekommen. Angesichts Ihrer Unfähigkeit, dass Sie diesen Klimabonus sogar Verstorbenen ausbezahlt haben, war damit ohnehin zu rechnen, und diese geistige Umnachtung hat leider Gottes mittlerweile die ganze Regierung befallen.

Während das alles passiert, ist Ihnen die Sicherheit unseres Landes und die Sicherheit der Bevölkerung völlig egal, denn die werden unter die Priorität des gemeinsamen schwarz-grünen Regierungssesselklebermachterhalts gestellt.
Das ist für Sie wichtig. Da wird alles in Kauf genommen, wieder frei nach dem Motto: Koste es, was es wolle! – Herr Kanzler, daher sind auch Sie für
dieses Generalversagen verantwortlich. Sie tragen die Verantwortung und Sie werden sie auch zu übernehmen haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte es mit den gleichen drastischen Worten sagen, die ich auch im
Kärntner Landtag verwendet habe, weil sie leider die Wahrheit widerspiegeln: All jene, die diesen Asyl- und Migrationskurs und dieses Spiel der
offenen Grenzen unterstützen – das sind alle außer den Freiheitlichen, das sind die Grünen und die Schwarzen, es sind die Türkisen, von denen auch noch
ein paar da sind, und das ist vor allem auch die Scheinopposition mit Rot und Ro­sarot –, Sie alle, die diese Politik in Österreich betreiben, Sie sind die Lebensgefährder für die österreichische Bevölkerung, um Ihre Worte zu verwen­den. (Beifall bei der FPÖ.) Sie sind die Lebensgefährder für unsere Frauen,


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denn Sie schaffen es weder, straffällige Asylwerber konsequent und sofort abzu­schieben, noch sind Sie in der Lage, die Bevölkerung angemessen zu schüt­zen – ja, Wien und Linz haben das leider leidvoll gezeigt.

Da sieht man wieder, was von der ÖVP kommt: nur leere Worthülsen, wenn
es um den Schutz vor Gewalt gegen Frauen geht. Wenn dann Taten aber zu set­zen wären, dann sind Sie in Ihren Handlungen vollkommen gelähmt. Sie ge­fährden mit Ihrer verantwortungslosen Politik auch die Sicherheit, den Wohl­stand, aber vor allem auch das soziale Gefüge und den sozialen Frieden in unserem Land. Das ist eine weitere Schande, für die Sie sich wirklich abgrundtief schämen sollten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Ihnen und Ihren Getreuen ist die österreichische Bevölkerung vollkommen pfugge, wenn man das so leichtfertig sagen darf (Bundesrat Kornhäusl: Was ist das? Ein Kärntner Wort?), denn so leichtfertig nehmen es auch Sie. Es ist aber nichts Neues, dass die heimische Bevölkerung bei euch keine Priorität genießt – das ist ja nichts Neues. Sie treten ja tagtäglich den stolzen Beweis an. Sie
treten ihn tagtäglich an.

Herr Kollege Kornhäusl, auch Sie waren einer der Oberschwurbler hier heraußen. (Heiterkeit des Bundesrates Kornhäusl. – Bundesrat Preineder: Ober­schwurbler, Unterschwurbler!) Alles, was wir heute aufgebracht haben und
zu dem der Herr Kanzler irgendwann sagen wird, das sei ein Versehen gewesen, haben Sie hier auch ständig propagiert. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf
des Bundesrates Kornhäusl.)

Sie haben es aber auch geschafft, dass Sie mit Ihrer verantwortungslosen und Milliarden vernichtenden Coronapolitik vor zwei Jahren – mit einem Schuss ins Knie der österreichischen Bevölkerung – den Startschuss gegeben haben:
Die heutige Teuerung ist natürlich auch ein Ausfluss davon, denn die Teuerung hat nicht erst begonnen, als der Russland-Ukraine-Konflikt angefangen hat, sondern sie hat lange davor begonnen, und das wissen Sie selbst. Es sind auch die Ausflüsse Ihrer politischen Unfähigkeit, die dazu führen, dass wir heute


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eine Rekordinflation der Zweiten Republik haben. Betriebe wurden in den Ruin getrieben, Familien haben Existenzangst.

Erinnern wir uns alleine daran – das ist heute bei einem anderen Tagesordnungspunkt auch schon gebracht worden –: Wir haben psycho­somatisch erkrankte Kinder und, wie wir heute in einem Printmedium lesen mussten, auch Menschen in der Elterngeneration – jene Menschen, die
unser Land mühevoll aufgebaut haben –, die jetzt nicht mehr wissen, wie sie den nächsten Moment verbringen sollen, ob sie sich das Heizen oder das Essen leisten sollen, und, so wie es eben heute berichtet wurde, leider sogar oft den Suizid als Ausweg wählen. (Bundesrätin Steiner-Wieser: „Salzburger Nachrich­ten“ lesen ...!)

Frau Kollegin Zwazl, wenn das für die ÖVP zum Lachen ist (Bundesrat Steiner: Unglaublich!), dann zeigt das, wie abgehoben Sie sind und wie Sie wirklich ticken. So tickt nämlich die ÖVP: Die Bevölkerung ist ihr vollkommen wurscht.
Wieder hat sich auch eines gezeigt - - Frau Zwazl hört nicht einmal auf! Ihnen ge­fällt das wirklich: Menschen in Existenzängsten. Ja wenn man eine abgeho­bene Wirtschaftstreibende ist (Bundesrat Himmer: Das ist so eine Frechheit!), na bit­te: Eure Armut kotzt mich an!, oder? Ja, eure Armut kotzt mich an! (Beifall
bei der FPÖ. – Bundesrat Himmer: Das ist so eine Frechheit! Eine so eine Präpotenz und Arroganz! Unerträgliche Arroganz!)

Es hat sich aber wieder eines gezeigt - - (Bundesrat Preineder: ... Arroganz ohne Ende!) – Herr Kollege, du weißt eh, Niederösterreich muss ganz leise sein,
weil Niederösterreich bitte - - (Bundesrat Preineder: Ja, du bestimmst, du entschei­dest, du urteilst, du verurteilst! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) –
Also jetzt kommen wirklich die Besten, denn wenn der Herr Kollege aus Nieder­österreich redet, wo wir die meisten Korruptionsfälle in der ÖVP haben (Bundesrat Preineder: Ja, ja, gar keinen haben wir noch gehabt!), oder Kollege Him­mer, der gerade mit einer Diversion davongekommen ist, also bitte, dann
reden wir aber nicht von Würde und schon gar nicht von Dekadenz. (Beifall bei


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der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Diversion ... Schuldeingeständnis!)

Es hat sich aber wieder einmal eines gezeigt – da komme ich zurück zu Ihnen, Herr Kanzler –: Sie scheuen sich nicht, denselben Fehler zweimal zu ma­chen. (Bundesrat Steiner: Korruption hat ein Problem mit der ÖVP!)
Nein, Sie schrecken nicht einmal davor zurück, beim zweiten Mal die Tragweite, die Dramatik und vor allem die Peinlichkeit zu steigern, denn nicht anders
ist erklärbar, was Sie als neutrales Land Österreich bei den Russlandsanktionen aufgeführt haben. Da haben Sie auch wieder in trauter Einigkeit aller Frak­tionen hier im Haus – mit Ausnahme der Freiheitlichen – an der Spitze angeführt vom Oberspalter der Nation Schallenberg (Zwischenruf des Bundesrates Prein­eder) die Amokfahrt der Knieschusssanktionen gegen Russland mit im­mer schnellerem Tempo fortgesetzt, anstatt auf unsere Neutralität zu pochen.

Sie haben sie ja infrage gestellt, bis Sie draufgekommen sind, dass die Mehrheit der Österreicher nicht dafür ist, die Neutralität zu verlieren. Dann hat man natürlich drei Salti rückwärts gemacht und ist wieder am Boden liegengeblieben. (Heiterkeit des Bundesrates Preineder.) Wir sollten politisch verbindend wirken, sollten beide Staaten an einen Tisch bitten und entsprechend für den Frieden ein­treten und nicht für die Kriegstreiberei einer Nato oder gewisser EU-Staaten
und diese unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

Anscheinend ist es Ihnen aber egal. Es ist egal, dass während dieser Zeit, in der Sie eine völlig verantwortungslose Politik verfolgen, die Treibstoffpreise explodieren, die Energiepreise explodieren – das wird Kollegen Gross wahr­scheinlich freuen, denn er sagt ja, dass es für ihn sowieso eine Herzensan­gelegenheit ist, dass keiner mit dem Auto fahren kann. In der Realität sieht es aber anders aus, und das haben wir heute auch schon auf den Punkt gebracht.

Es explodieren ebenso die Mietpreise und die Preise von Lebensmitteln. Ich frage Sie jetzt wirklich, und vor allem jene von der ÖVP, ob Sie den Funken einer Ahnung haben, was eine Familie mit 1 800 Euro netto tut, die diese ganzen


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Preissteigerungen aufgrund Ihrer Versagenspolitik zu bewältigen hat, was eine Familie mit 1 800 Euro tut, die vielleicht einen Kredit für ihre Wohnung oder
für ihr Eigenheim laufen hat, und die jetzt den Kredit mit ständig steigenden Kre­ditzinsen bedecken muss und sich das bald nicht mehr leisten kann. Ja was tun diese Familien? Haben Sie da einen Lösungsansatz gewählt? – Kommen Sie mir jetzt bitte nicht mit den paar Almosen, die Sie ausbezahlt haben. Das, was
die Familien hier bekommen haben, reicht ja nicht einmal für eine Woche. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Bader: „Almosen“? Du hast überhaupt keine Ahnung! – Bundesrat Preineder: Wenn ich mit 2 000 Euro nicht einmal eine Woche leben kann, dann habe ich ein Problem!)

Ja, Herr Kollege Bader, im Gegensatz zu dir habe ich eine Ahnung, weil ich mich nämlich zu den Leuten traue und mich traue, mit ihnen zu sprechen. (Bundesrat Preineder: Ja wir reden die ganze Zeit! Wir müssen uns nicht trauen! Mit uns reden die Leute so, ohne dass sie Mut brauchen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ich bemerke natürlich auch ständig, dass die ÖVP versucht, nur ja nicht hinaus­zugehen. Ihr wisst nämlich ganz genau, wenn die Leute auf euch zukommen,
dass sie jegliche Achtung vor euch verloren haben. (Beifall bei der FPÖ. – Bundes­rätin Eder-Gitschthaler: Nein, das stimmt überhaupt nicht!)

So ist es eben, wenn man in den Regierungsämtern im Elfenbeinturm sitzt und den Bezug zur Realität verloren hat. Sie widersprechen sich ja auch ständig selbst. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ihr aber nicht!) Eine Ihrer Abgeordneten hat ja gerade erst kürzlich – ich glaube, es war im Nationalrat (Bundesrat Preineder: Weißt du es jetzt oder glaubst du es?) – gesagt, die Opposition bilde sich die Teue­rung ein. (Rufe bei der FPÖ: Der Bürger! Der Bürger!) Das muss man sich einmal
auf der Zunge zergehen lassen: Jeder in ganz Österreich ist davon betroffen, und die ÖVP sagt, wir bilden uns das alle ein. Da zeigt sich ja, dass Sie keine Wahr­nehmung der Realität haben. Das ist ja heute übrigens auch im Korruptionsuntersu­chungsausschuss passiert: Auch der Kanzler hat 40 Mal wieder keine Wahr­nehmung der Realität gehabt. Nein, das ist einfach symptomatisch für die ÖVP.


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Es ist heute schon zur Sprache gekommen, dass mittlerweile diese Familien auch davon betroffen sind, dass sie für ihre Kinder nicht einmal mehr Schulaus­flüge finanzieren können, dass sie sich für ihre Kinder die Kinderbetreuung nicht mehr leisten können und dass – gerade auch vor dem Hintergrund von Weihnachten – viele Eltern und Großeltern wahrscheinlich heuer nicht in der Lage sein werden, ihre Familie zu beschenken. Auch das ist Ihnen egal, und Sie drangsalieren die Bevölkerung munter weiter.

Da komme ich zum nächsten Thema: CO2-Steuer. Das ist man den Grünen natürlich schuldig gewesen, dass man all jene besteuert, die auf ihr Fahrzeug an­gewiesen sind, damit die Grün:innenfreunde wenigstens wieder ein bissel den Koalitionsfrieden wahren und nicht jeden Tag gar so lästig sind – jene Grün:innenfreunde, die es zwar nicht schaffen, im ländlichen Raum den öffentlichen Verkehr auszubauen, sondern lieber den Sicherheitsausbau auf Schnellstraßen und Autobahnen stoppen, damit es weitere Verletzte und Tote gibt – die nehmen Sie scheinbar im Straßenverkehr in Kauf –, sich dafür aber letztendlich dann mit ihrer Letzten Generation am Straßenasphalt ankleben und in den Städten für Chaos und Gefährdung sorgen. Chaos und Ge­fährdung, das muss man sagen, können die Grünen, aber mittlerweile auch die ÖVP perfekt. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch da stelle ich mir jetzt schon die Frage: Wo ist der Herr Kanzler bei
diesen Klimaextremisten? Wo ist der ehemalige Innenminister, heutige Bundes­kanzler Nehammer, der in den ersten Monaten von Corona Österreicher ver­folgt hat (Bundesrat Steiner: Mit der Flex!) und sie, wie wir es heute schon gehört haben, als Lebensgefährder bezeichnet hat?

Ja, wo ist er jetzt (Bundesrat Steiner: Mit der Flex unterwegs!), wenn die, die sich
auf der Straße radikalisieren, wirklich Leben gefährden? Wo sind Sie denn, damit Sie einfordern, dass diese endlich einer gerechten Strafe zugeführt werden? – Wieder einmal Fehlanzeige, da hört man nicht einen Mucks! Und auch der re­striktive Karner, der Tarner und Täuscher im restriktiven Innenministerkurs:


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Ja, wo ist er? – Er ist auch nicht da. Er ist auch wieder einmal Ankündigungskai­ser und Umsetzungszwerg alias Innenminister. Er wird dieses Problem ge­nauso kompetent lösen, wie er die ganze Migrationskrise löst, nämlich gar nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Wachen Sie in diesem Zusammenhang endlich auf und machen Sie es so, wie Sie es vor Kurzem noch gegen die Österreicher – gegen jene Österreicher, die sich auf angemeldete, friedliche Versammlungen begeben haben, um für ihre Freiheit und Selbstbestimmung einzustehen – gemacht haben! Da haben Sie nicht einmal vor Einkesselungen zurückgeschreckt. Das haben Sie gemacht, aber bei den Klimaaktivisten, da lassen wir die Hände weg. (Bundesrat Steiner: Aber das Parlament hat er ...! – Bundeskanzler Nehammer: Vorsicht mit solchen Anschüt­tungen! – Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Steiner. – Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Nehammer.)

Herr Kanzler, ich sage Ihnen eines: Die Liste der Widerlichkeiten und des Wahnsinns dieser Regierung könnte ich jetzt bei Gott noch über viele Stunden fortführen und vieles mehr aufzeigen. Zu den genannten Problemstellungen
und unerledigten Herausforderungen, die keinesfalls abgeschlossen sind, die von mir heute hier artikuliert wurden, für die ich jedoch keinen Anspruch auf Voll-ständigkeit erhebe, darf ich Ihnen eines sagen: Ich habe Ihnen heute nur jene The­men aufgezeigt, Herr Kanzler, die wir entsprechend in den Fragenkatalog eingearbeitet haben. Ich hoffe aber, dass Sie auch auf alle anderen Bereiche entsprechend eingehen und sie ausarbeiten werden. Es wäre dringend notwendig, hier endlich Lösungsansätze zu finden.

Unser Forderungen sind ganz klar definiert: Sofortiges Ende der Geldvernichtung in puncto der völlig sinnbefreiten Coronapolitik! Sorgen Sie dafür, dass endlich einmal finanzielle Mittel in unser Gesundheitswesen fließen und dass die Pflege­kräfte eine wirkliche finanzielle Unterstützung bekommen, die sie auch verdienen! Asyl- und Migrationsstopp endgültig jetzt: Machen Sie einmal die Grenzen dicht und gewährleisten Sie den Schutz der österreichischen


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Bevölkerung! Entlasten Sie die österreichische Bevölkerung finanziell spürbar: Hören Sie mit dieser abstrusen selbstzerstörerischen Sanktionspolitik ge­gen Russland auf! Und wenn Sie als Regierung das selbst nicht schaffen, was ich annehme, dann halten Sie endlich die von uns geforderte Volksbefragung ab!

Eines sage ich Ihnen auch, und das wäre das Wichtigste: Legen Sie Ihren Pickerfreunden auf den Straßen endlich das Handwerk und lassen Sie diese Ex­tremisten auch beobachten! Sie gefährden nicht nur die Sicherheit in unse­rem Land, sondern da sind wirklich Menschen in unserem Land gefährdet, weil sie vielleicht nicht rechtzeitig in die Rettungseinrichtungen und in die Spi­täler kommen, weil sich ein paar Idioten auf den Straßen festkleben. (Beifall bei der FPÖ.) Da haben Sie sofortigen Handlungsbedarf. Und falls Sie auch das nicht schaffen, was ich angesichts der Performance dieser Regierung ja verste­hen kann: Lassen Sie Ihren angeklebten Hosenboden und den Ihrer Minister von den Regierungssesseln entfernen und geben Sie den Weg für längst notwendige Neuwahlen frei!

Ich möchte mit den Worten Ihrer beiden unrühmlichen Vorgänger abschließen. Einer hat einmal gesagt: Genug ist genug! – Ja, das würde ich auch sagen. Die Menschen haben Ihre Politik endgültig satt. Treten Sie mit dieser Chaostruppe zurück! Da ich aber annehme, dass Sie weiter an Ihren Sesseln kleben blei­ben wollen, wünsche ich Ihnen das, was Ihr letzter Vorgänger der öster­reichischen Bevölkerung oder zumindest einem Teil davon gewünscht hat: Ich wünsche Ihnen, der ÖVP und den Grün:innen, dass Sie bis zur Ihrer Abwahl nicht nur ungemütliche Weihnachten, sondern eine möglichst ungemütliche Zeit verbringen. Wir werden unseren Beitrag zum Wohle Österreichs dafür leisten. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner. – Bundes­rat Preineder: Zum ungemütlichen ...!)

17.38


Vizepräsident Günther Novak: Bevor ich den Herrn Bundeskanzler bitte, die Fragen zu beantworten, möchte ich auf der Galerie den Vorsitzenden des


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Budgetausschusses des türkischen Parlaments mit seinen Delegationsmitglie­dern recht herzlich bei uns hier im Parlament in der Hofburg begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage erteile ich Ihnen, Herr Bundeskanzler Nehammer, jetzt das Wort. – Bitte.


17.39.44

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Mit­glieder des Bundesrates! Danke für die Gelegenheit, zu den tatsächlich wichtigen Themenfeldern, die der Bundesrat in seiner Rede angesprochen hat, aus
Sicht der Bundesregierung Stellung zu nehmen.

Es ist tatsächlich wahr: Wir befinden uns im dritten Jahr der Pandemie. Es
wird Sie nicht weiter überraschen, dass die Haltung der Bundesregierung zum Thema Pandemiebekämpfung natürlich eine gänzlich andere ist als die
der Bundesräte der Freiheitlichen Partei hier. Das ist in einer Demokratie auch gut so; Meinungsvielfalt ist im Kern des Wesens der Demokratie. Gleich­zeitig, Herr Bundesrat, wünsche ich Ihnen, nie in so eine Situation zu kommen, wie die, in der ich damals als Innenminister gemeinsam mit dem Bundes­kanzler und dem Gesundheitsminister war.

Wenn Sie ein wenig Ihre Erinnerung bemühen, werden Sie wissen, dass noch
beim ersten Lockdown die Freiheitliche Partei (Bundesrat Steiner: Waren wir mit dabei!) einer der schärfsten Forderer des Lockdowns (Bundesrat Steiner:
Richtig!)
und auch der Grenzschließungen war. (Bundesrat Spanring: Und das habt ihr verschlafen!)

Was mich tatsächlich bis heute prägt, ist die Frage: Wie gehen wir mit Meldungen um, wie sie damals aus Norditalien kamen, den Tausenden Toten, den sich stapelnden Särgen? Es gab eine massive Ungewissheit, was das
Virus an sich mit sich bringt, wie es bekämpft werden kann, und man muss be­denken, dass wir 2020 weder Impfung noch Schutzmasken in ausreichender


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Zahl hatten, dass wir in ganz Europa und der Welt Maßnahmen erlebt haben, von denen davor keiner gedacht hat, dass sie jemals Wirklichkeit werden.

Ich kann das als Innenminister sagen: Wenn man Innenminister wird, weiß man, dass die Brennergrenze zu einer der sensibelsten Grenzen europaweit gehört,
nicht nur wegen uns, auch wegen unserer Verantwortung für Südtirol. Plötzlich war es selbstverständlich, wegen der Pandemie auch diese Grenze zu schließen.

Was ich damit sagen will, ist: Als ich Bundeskanzler geworden bin, habe ich im­mer gesagt, ich bin ein lernender Kanzler und verstecke mich auch nicht dahinter. Was wir alle mitsamt lernen mussten, ist der Umgang mit einem Virus, das zu Beginn mehr als heimtückisch war, auf der Welt Hunderttausende Menschenleben gekostet hat.

Wenn Sie mit dem Pflegepersonal der Intensivstationen sprechen – ich kann Ihnen das nur nahelegen, Herr Bundesrat; ich habe das letztes Jahr zu Weihnachten getan (Bundesrat Ofner: Wir auch!) –, dann werden Sie sehen, dass eine Intensivpflegerin Ihren Ausführungen nicht wird folgen können.

Das schlimmste Erlebnis, das ich hatte, war neben den Intensivstationen die Covid-Normalstation. Auf der Covid-Normalstation – ich weiß nicht, ob Sie das wissen, Herr Bundesrat – wird mit den Familienangehörigen die Entscheidung getroffen, ob eine lebenserhaltende Maßnahme weiter fortgesetzt wird oder nicht und ob die betreffende Person auf die Intensivstation verlegt wird (Bundesrat Spanring: 82,5 Jahre!), auf die sogenannte Covid-Intensivstation. Das ist eine der schwersten Entscheidungen, die das Pflegepersonal mit den
Ärzten und der Familie zu treffen hat. (Bundesrat Steiner: Die habe ich bei meinem Papa treffen müssen!) Wenn Sie mit den Menschen sprechen, dann werden
die Ihren Ausführungen (Bundesrat Steiner: Diese Entscheidung habe ich bei mei­nem Vater treffen müssen! Ich weiß schon, was das ist!) nicht folgen können (Bundesrat Steiner: Ich habe diese Entscheidung bei meinem Vater getroffen!), dass die Krankheit unterschätzt werden kann oder dass die Dramatik in irgend­einer Weise von der Bundesregierung unterschätzt worden ist. (Beifall bei ÖVP


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und Grünen. – Bundesrat Steiner: ... habe ich schon treffen müssen bei meinem Vater, diese Entscheidung!)

Wenn wir schon diese Coronapandemie und die Handlungsweisen der Bundesregierung besprechen, dann muss man sagen, es war so, dass wir auch die Entscheidung hatten: Wie gehen wir damit um, dass die Wissenschaft
etwas zustande gebracht hat, das ihr keiner zugetraut hat? Wenn wir ehrlich sind und in die Rückschau gehen – es ist immer leichter, ex post zu betrachten,
also nachher, und nicht in der Krisensituation verantwortlich zu sein (Bundesrat Steiner: Wir haben es ja mitten in der Krise schon gesagt!) –: Damals hat es
niemand für möglich gehalten, dass wir schon viel früher Impfstoffe bekommen. Und tatsächlich ist es möglich geworden.

Herr Bundesrat, ich muss Ihnen in Ihren Ausführungen widersprechen, denn Ihre Ausführungen mögen jetzt für die Omikronvariante eine Bedeutung haben,
aber für die Deltavariante, Herr Bundesrat, haben sie das nicht. (Bundesrat Stei­ner: Doch! ... für Delta!) Den Impfstoff gab es bei der Deltavariante.

Wir erinnern uns zurück, meine sehr geehrten Damen und Herren – und ich sage das in dieser Nachdrücklichkeit, weil ich finde, dass es uns allen immer gut ansteht, wenn man über Krisen urteilt, sie auch tatsächlich in ihrer ganzen Band­breite zu beurteilen –: Als die Deltavariante des Coronavirus ihr Unwesen getrieben hat, waren die Intensivstationen in Salzburg und Oberösterreich an der totalen Kapazitätsgrenze. Beide Bundesländer haben den Notstand ausge­rufen (Bundesrat Spanring: Das hat es vorher noch nie gegeben! – Bundesrat Steiner: Aber warum?), die anderen Bundesländer - - (Bundesrat Spanring: Das hat es
vorher noch nie gegeben! Das erst Mal! Corona! – Zwischenruf der Bundesrätin Stei­ner-Wieser.)
 – Herr Präsident! (Bundesrat Bader – in Richtung FPÖ –: Habt
ihr ein bisschen einen Anstand? Lasst den Herrn Bundeskanzler einmal ausreden! Dem Ofner hat auch jeder zugehört!)


Vizepräsident Günther Novak: Entschuldigung, wäre es bitte möglich, zu­zuhören? Der Herr Bundeskanzler hat Herrn Ofner bei seiner Rede auch nicht


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unterbrochen. Bitte lassen Sie den Herrn Bundeskanzler seine Ausführungen machen! – Bitte, Herr Bundeskanzler, fahren Sie fort.


Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc (fortsetzend): Vielen Dank, Herr Präsident!

Worum es mir geht, ist, aufzuzeigen, dass ich damals – und das ist noch nicht einmal lange her – in einem Lockdown Bundeskanzler geworden bin, der ausgerufen worden war, weil diese zwei Bundesländer einen Totalnotstand er­lebt haben und die anderen Bundesländer gemeldet haben, auf ihren Intensivstationen nicht mehr ausreichend Kapazitäten zu haben, um den Über­lauf zu gewährleisten: Aus dieser Erkenntnis der Gefährlichkeit der Deltava­riante und der Nützlichkeit des Impfstoffs beim Bekämpfen des Coronavirus he­raus ist überhaupt die Diskussion um die Impfpflicht entstanden, weil es das Gebot war, einen weiteren Lockdown zu verhindern.

Was Sie, Herr Bundesrat, bei Ihren Ausführungen dann zu vervollständigen vergessen, ist, dass die Deltavariante von der Omikronvariante abgelöst worden ist. Ich kann mich selbst noch daran erinnern, denn im Gegensatz zu Ihnen
war ich in Entscheidungsfunktion: Expertinnen und Experten haben vorausge­sagt, dass die Omikronvariante in den Auswirkungen dramatisch wird, die Republik lahmlegen wird, die kritische Infrastruktur angreifen wird, dass Strom, Wasser und Sicherheitsversorgung zusammenbrechen werden. Das waren
damals die Vorhersagen bei der Omikronvariante. Gott sei Dank sind sie nicht eingetroffen, aber es war nicht vorhersehbar.

Deswegen sage ich auch – und deswegen ist es für mich kein Ausdruck von, wie Sie sagen, Feigheit oder Zurückhaltung, sondern von klarem Bekenntnis (Bundesrat Ofner: Nein, nein, Versehen!) –: Ich habe immer einen hohen Respekt vor der Wirkung des Virus gehabt, vor der Brutalität, auch vor der Gefährlichkeit
und auch vor der Tatsache, dass es unglaublich flexibel ist und sich verändert.

Die Omikronvariante gibt uns jetzt neue Handlungsspielräume. Ja, und ich sage Ihnen noch etwas: Ich stehe mir sozusagen überhaupt nicht irgendwie im Wege,


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zu sagen, die Impfpflicht hat nicht das ausgelöst, was wir wollten, denn im Gegensatz zu Ihnen, die daraus eine Freiheitsdiskussion machen (Bundesrat Of­ner: Ist es ja auch! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Wir sind ja eingesperrt wor­den!), wollten wir die Freiheit der Menschen bewahren, indem es keinen weite­ren Lockdown gibt. Die Deltavariante hat das nämlich damals notwendig gemacht. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Wer hat denn diese Rede geschrieben? – Bundesrat Steiner: „Alkohol oder Psychopharmaka!“ – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Weil ich als Bundeskanzler angetreten bin, möchte ich auch Folgendes dazu sagen: Man muss auch dann Maßnahmen verändern, wenn man sieht, dass sie die Wirkung nicht erreichen, sondern im Gegenteil sogar die Gesellschaft spalten (Bundesrat Ofner: Wer hat denn gespalten?) oder dass diese Spaltung ausgenutzt wird, um die Krise noch mehr in die Gesellschaft hineinzutreiben. Deshalb
war es daraus resultierend richtig, die Impfpflicht auch wieder wegzunehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrat Ofner:
Wer hat denn gespalten?
)

Darüber hinaus umfassen Ihre Fragen sehr viele Bereiche, die sich dramatisch dargestellt haben, besonders auch jetzt im Fokus der Öffentlichkeit seit
dem 24.2., dem Krieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine und – davon ausgelöst – einer Energieversorgungskrise, einer Energiekostenkrise, einer Inflation und einer Teuerung.

Ja, Sie haben recht, Herr Bundesrat, es stimmt, die Ursachen dafür liegen nicht alleine im Krieg. (Bundesrat Ofner: Ja!) Herr Bundesrat, gestatten Sie mir
aber eine klare Stellungnahme zu Ihren Ausführungen betreffend die Sanktionen: Sanktionen sind das friedlichste Mittel, das zur Verfügung steht, um gegen
Krieg zu protestieren. Keiner von denen, die die Sanktionen beschlossen haben, war so naiv, zu denken, dass der Krieg dadurch unmittelbar enden kann. Ich verstehe die Ungeduld, aber es ist wichtig, dass der Angriffskrieg der Russischen Föderation nicht einfach zur Kenntnis genommen wird. Es darf nicht sein,


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dass wir es heute in einem Europa mehr als 70 Jahre nach dem Zweiten Welt­krieg noch einmal zulassen oder tolerieren, dass Grenzverschiebungen mit Waffengewalt stattfinden. In Europa haben wir die Verpflichtung, darauf zu ach­ten, dass das nicht passiert. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Ofner:
Da können wir ja den Verbinder anbieten, nicht den Kriegstreiber!)

Die Frage ist: Wie trete ich gegen Waffengewalt, Granaten und Bomben auf? (Bundesrat Ofner: Ja mit der Nato?) Die Tausenden zivilen Toten, Verletzten, die jetzt dieser Krieg bereits hervorbringt, sind neben den gefallenen und ver­wundeten Soldaten Tragödie genug. (Bundesrat Ofner: Mit der Nato?) – Herr Bundesrat, im Gegensatz zu Ihnen war ich in Kiew (Bundesrat Ofner: Ja mit
der Nato?) und ich war am Massengrab von Butscha. (Bundesrat Ofner: Ja!) Ich habe die Perversität und die Brutalität des Krieges direkt vor Augen gehabt,
und ich sage Ihnen: Es ist unsere Pflicht als demokratisches Land in der Mitte Europas, auch unsere Pflicht als neutrales Land, gegen Krieg aufzutreten
und uns mit einem Land solidarisch zu zeigen, das von einem anderen überfallen wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Egger-Kranzinger. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es gibt eine Erzählung, die die Freiheitliche Partei begonnen hat, dass für das Unheil in unserem Land die Sanktionen verantwortlich sind. Herr Bundesrat, ich sage Ihnen ganz klar: Für das Unheil, dass wir derzeit auf der Welt und in
Europa erleben, ist ausschließlich der Krieg verantwortlich, und nicht die Sank­tionen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Ofner: Trifft es Russland? – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Es ist auch ganz einfach zu argumen­tieren, Frau Bundesrätin: ohne Krieg keine Sanktionen. Der Krieg ist das Unheil.

Im Gegensatz zu Ihnen war ich beim russischen Präsidenten und habe mich für
den Frieden eingesetzt. (Bundesrat Steiner: Das hat gut funktioniert!) Der russische Präsident hat angeführt, dass es für ihn Verletzungen vonseiten der Ukraine gegen die russische Minderheit gibt, dass es Grenzverletzungen gegeben hat, all diese Punkte. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Ich sage Ihnen,


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es sind ernste Punkte, die man tatsächlich bewerten muss. Nur wissen Sie, was ich dem russischen Präsidenten gesagt habe? – In dem Moment, als die rus­sische Armee die Grenze überschritten hat, in dem Moment, als die Artillerie Russlands gesprochen hat, in dem Moment, wenn Raketen zivile Infrastruktur angreifen, gibt es keine differenzierte Diskussion mehr, denn zuerst muss der Krieg enden, zuerst müssen die Waffen schweigen. Dass Sie dabei den Kopf schütteln, Herr Bundesrat (Bundesrat Ofner: Da müssen wir als Verbinder sein als neutrales Land! Wir sind neutral, oder?), empört mich mehr als Ihre inhaltlichen Ausführungen zu diesem Thema. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Ofner: Neutrales Land!)

Auch dazu ein klares Wort – Sie haben es in Ihrer Rede nicht angeführt, aber
ich gebe Ihnen gerne darauf eine Antwort –: Wenn Sie die Geschichte Ös­terreichs sehen, wissen Sie, dass wir am 26. Oktober das Neutralitätsgesetz be­schlossen haben. (Bundesrat Kornhäusl: Das weiß er nicht!) Und wissen Sie, was wir im Dezember 1955 beschlossen haben? Wissen Sie, was wir im Dezem­ber 1955 beschlossen haben? (Bundesrat Ofner: Sie werden es sagen!) – Den Beitritt zu den Vereinten Nationen – im Gegensatz zu der damals ebenfalls neu­tralen Schweiz. Wissen Sie, was das bedeutet? – Dass sich Österreich da­mals schon, 1955, gerade frei geworden, dazu bekannt hat, in der Weltgemein­schaft eine Meinung zu haben, sich nicht dort zu verschweigen, wo Unrecht geschieht. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Österreich entsendet seit Jahren und bis heute Tausende Soldaten in Friedenseinsätze – das sieht man, wenn man in der Geschichte zurückgeht. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

Warum sage ich das? – Die Neutralität ist tatsächlich eine Chance, aber unsere Form der Neutralität mit dem Beitritt zur Europäischen Union, zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ist eine differenzierte, ist eine solidarische zur Staatengemeinschaft. Wann immer auch ein Mandat auftritt, haben wir dem Mandat auch zu folgen. (Bundesrat Ofner: Sie wollten sie aufs Spiel setzen!
Sie wollten sie aufs Spiel setzen!)
So ist die österreichische Neutralität. Der Krieg


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der Russischen Föderation gegen die Ukraine ist Unrecht, und ein neutrales
Land hat sehr wohl das Recht und auch die menschliche Verpflichtung, Unrecht zu benennen.

Selbst die Schweiz, die die Neutralität in ihrer Geschichte deutlich vorsichtiger als Österreich interpretiert (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), hat bisher
alle Sanktionen mitgetragen, die gegen die Russische Föderation ausgesprochen wurden. So falsch können wir in der Auslegung unserer Neutralität also nicht liegen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Ich finde, es steht uns aber gut an, in einer kritischen Diskussion eben diffe­renziert zu argumentieren. Ja, Sie haben recht, die Ursachen dessen, was wir heu­te erleben, liegen nicht ausschließlich im Krieg. (Bundesrat Ofner: Ja!) Wir ha­ben erlebt, dass durch die Pandemie und all die Maßnahmen, die weltweit und europaweit getroffen worden sind – erinnern Sie sich! – die Konjunktur
2020 brutal eingebrochen ist, und die Wirtschaftsforscher haben damals, 2020, vorausgesagt, dass mit dem Einbruch und der drohenden Rezession erst
langsam wieder eine Erholung stattfinden wird und die Wirtschaftswachstums­kurve dann flach ansteigen wird.

Gott sei Dank ist 2021 und 2022 das Gegenteil der Fall gewesen. Aus dem rasanten Absturz ist nach einer Spitze ein rasch ansteigendes V geworden. Das Wirtschaftswachstum hat nicht nur in Österreich, sondern europaweit und weltweit angezogen. Wenn wir über Europa und Österreich sprechen: Das Wirt­schaftswachstum war 2021 immerhin 4 Prozent und 2022 – ohne Krieg
und den daraus resultierenden Konsequenzen – über 4,5 Prozent. Da war auch der Energiebedarf plötzlich größer.

Was ist davor passiert? – Da muss man tatsächlich im Detail hinschauen.
Davor hat sich der Energiemarkt in Europa neu zu ordnen begonnen: der Atom­ausstieg der Bundesrepublik Deutschland, andere Energiepolitik, plötzlich
mehr Energienachfrage. Und jetzt sind wir in einer Situation, in der wir den Krieg haben, die Abhängigkeit eines Teiles von Europa – nicht von ganz Europa –


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von russischem Erdgas, in Kombination mit der Situation, dass Westeuropa mas­siv auf Atomenergie gesetzt hat – siehe Frankreich: 60 Atomreaktoren. In Frankreich resultiert daraus: Die Masse der Heizungen ist elektrisch, wegen des Wassermangels im Sommer plus der Inspektionswartungsrate der Reaktoren
ist aber von den Atomkraftwerken nur die Hälfte am Netz.

Plötzlich bringt die Kombination von vielem die Situation, von der Sie jetzt sprechen, die nicht alleine im Krieg begründet ist. – Aber Achtung! Was wir nicht übersehen dürfen, ist: Der Krieg ist ein teuflischer Verbündeter der Spekula­tion. Er treibt die Spekulation, und die Russische Föderation hat schon letztes Jahr in der Kriegsvorbereitung begonnen, die Einspeicherung von Gas zu­rückzufahren.

Wir denken immer an unseren Speicher Haidach: Weit über 20 Terawattstunden können dort eingespeichert werden – eine Terawattstunde sind 100 Millionen Kubikmeter Gas; nur damit man ein Gefühl dafür bekommt, wie viel das ist –, al­so ein bedeutender Speicher. Gazprom hat den völlig entspeichert, daher war auch plötzlich dann die Situation bei Kriegsausbruch: Es war nur mehr wenig Gas in den europäischen Speichern, und dann perpetuiert sich eine Diskussion: Spekulation, Energiebedarf, Energiemangel – wo kommt das her?

Jetzt aber – deswegen sage ich das, Herr Bundesrat, in diesem Detailreichtum –
ist es so: Ich finde, es gibt auch in jeder Krise einen Punkt, an dem man erkennen sollte, dass man viel stärker ist, als man geglaubt hat, und das trifft nicht
nur Österreich, sondern auch die Europäische Union. Die Abhängigkeit von rus­sischem Gas war drückend, für Österreich bei 80 Prozent, aber auch dazu
sei ein offenes Wort zu Ihnen gesprochen: Die Ex-post-Betrachtung heute zu diesem Thema ist etwas leidig. Wissen Sie warum? – Auch da ist es wichtig,
die Geschichte zu kennen.

Drehen wir das Rad der Geschichte mehr als 20 Jahre zurück: Damals war es noch ein großes Ziel aller europäischen Länder, die russische Politik an die europäische heranzuführen. Damals war es eine deutsche Bundeskanzlerin An-


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gela Merkel, die auch den neuen Slogan „Wandel durch Handel“ gebraucht hat. Es ging also darum, durch enge Wirtschaftsbeziehungen Einfluss auf den demokratischen Prozess in der Russischen Föderation zu nehmen. Das wird
heute alles gerne vergessen, man spricht nicht gerne darüber. (Bundesrat Span­ring: Das stimmt! Das stimmt! Das wollen die Amerikaner unterbinden! Das ist so! Das stimmt, ja!) Geschenkt: Ex-post-Betrachtungen sind gerade en vogue, jeder ist der Held! Die Wahrheit ist aber, dass man jetzt erkennt – und Kri­sen sind in der Offenlegung schonungslos; genauso wie in der Pandemie jetzt in der Energiekrise –, dass diese Form der Abhängigkeiten tatsächlich schädlich
ist. (Präsidentin Schumann übernimmt den Vorsitz.)

Jetzt gibt es auch einen Tabubruch vonseiten der Russischen Föderation. Der russische Präsident hat zum ersten Mal in der postsowjetischen Geschichte
etwas getan, was vorher undenkbar war – das gab es nämlich nicht einmal bei den Sowjetkommunisten trotz Afghanistankrise, trotz Kubakrise, trotz Viet­nam, trotz Irakkrieg –: Niemals wurde aus politischen Gründen weniger
russisches Gas nach Europa geliefert, und das ist jetzt auch geschehen. Damit müssen wir uns auseinandersetzen. Der sogenannte verlässliche russische
Partner ist eben keiner mehr. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Warum ich das jetzt erwähne und auch einmal eine zuversichtliche Position in all dem Schrecklichen, das wir gerade besprechen, vertreten möchte: Es ist uns gelungen – und das halte ich schon für wichtig, auch gegenüber der Russischen Fö­deration –, unsere Abhängigkeit von russischem Gas 2022 von 80 Prozent
auf 21 Prozent zu reduzieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrat Ofner: Aber dann sind wir halt jetzt von anderen abhängig! Es wird nicht besser!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was ich damit sagen will, ist: Damals,
am 24.2., hat uns niemand zugetraut, dass das möglich ist – und, Herr Bundesrat, es ist doch ein wenig ein Angebot von mir an Sie, differenziert in diese Tatsa­che hineinzublicken (Bundesrat Ofner: Ja, ja, das machen wir schon!) –, dass wir es


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geschafft haben, viel mehr Gasanbieter aufzutreiben, viel mehr Pipelineka­pazität aufzutreiben, als uns davor jemals zugetraut worden ist. Das ist ein Er­folg, das ist wichtig. Das ist deshalb wichtig, weil ich davon ausgehe, dass
es jeder Fraktion hier in diesem Hohen Haus und hier im Bundesrat wichtig ist, dass wir unabhängig sind, dass wir freier werden. Und diese Unabhängigkeit können wir durch Diversifizierung, durch andere Anbieter, durch andere Mög­lichkeiten erreichen. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Das haben wir doch in den Siebzigerjahren auch gehabt! ... genau das gleiche Theater!) Das ist gelungen und das ist wichtig. (Bundesrat Steiner: Ja aber das heißt, der Gaspreis muss sinken, oder? – Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser. – Bundesrat Bader: Seid doch einmal ruhig, ihr habt eh schon so viel verzapft! – Bundesrat Preineder: Zuhören, sonst lernt ihr nichts!)

Mir war es nur wichtig, das auch einmal kurz so darzustellen, wie es sich aus meiner Sicht, im Zusammenhang mit meiner Entscheidungskompetenz verhält, weil ich Ihre Ausführungen sehr ernst nehme und weil es mir wichtig ist,
dass wir das im Bundesrat auch ordentlich diskutieren.

Das heißt, die Energiekrise ist ein großes Thema, und wir müssen auch ein Stück weit Ehrlichkeit entwickeln, wenn wir fragen, was das für uns für die Zukunft bedeutet, wenn wir wirklich unabhängiger und freier werden wollen. Der Istbe­fund in den warmen Monaten dieses Jahres ist ja ein guter, da haben wir ja fast 100 Prozent oder mehr Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie und kön­nen exportieren. Diese Statistik ändert sich aber dramatisch in den kalten Monaten auf ein Drittel erneuerbar, ein Drittel Import – Achtung: Import! – und ein Drittel aus Gas erzeugter Strom. Das heißt, wenn wir tatsächlich freier
und unabhängiger werden wollen, müssen wir uns primär um das eine Drittel in der Frage der Erzeugung und das Drittel, das wir in den kalten Monaten via
Import brauchen, kümmern.

Das ist ein großes Projekt, aber ich wollte es nur anführen, weil Sie tatsächlich
ein für mich wichtiges Thema angesprochen haben, wenn es darum geht, wie wir


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die Energieversorgungssicherheit für die Zukunft dieses Landes sicherstellen
und vor allem auch in die Zukunft investieren können. Dazu müssen wir Unter­nehmen und der Industrie vor allem den Ausbau der erneuerbaren Energie deutlich schneller gewährleisten, als es jetzt möglich ist. (Bundesrat Ofner: Nur werden wir es nicht schaffen!)

Das Thema Inflation, das Sie angesprochen haben, ist ein brutales Thema
für die Wirtschaft und für die Haushalte. Aber wenn wir es im Befund analysie­ren, auch da redlich, kommen wir drauf, dass die Hälfte davon importiert ist, nämlich aufgrund der Energiekosten, und dass wir uns in der Eurozone bewegen und national kaum mehr Maßnahmen setzen können, die aktiv gegen die Infla­tion wirken.
Das ist zwar unangenehm, aber ein realistischer Befund.

Das heißt: Es braucht das Einwirken in der Eurozone von der Europäischen Zentralbank in der Erholung auch des Wirtschaftsraumes, damit sich die Inflation ändert. Was wir als nationale Regierung tun können, ist, den Menschen in
dieser Phase zu helfen.

Jetzt komme ich zum wichtigen Punkt. Das, finde ich, gehört auch erwähnt, und ich werde es auch in der Fragebeantwortung machen, aber ich nutze das,
damit Sie, Bundesrätinnen und Bundesräte, auch die Chance haben, mit dem Bundeskanzler darüber zu diskutieren, was unsere Hintergedanken sind,
wenn wir Maßnahmen setzen.

Das Thema ist: Wenn wir die Menschen entlasten wollen, dann müssen wir
das strukturell tun. Daher hat die Bundesregierung zu Beginn – da war die Infla­tion noch kein Thema – die ökosoziale Steuerreform beschlossen. Die öko­soziale Steuerreform sieht auf der einen Seite vor – das haben Sie uns zum Vor­wurf gemacht –, dass CO2 bepreist wird, auf der anderen Seite sieht sie eine Entlastung in der Bepreisung von CO2 vor, aber – Achtung, was aus meiner Sicht noch viel wichtiger ist – sie senkt die Steuertarifstufen, nämlich von 42 Pro­zent auf 40 Prozent, von 35 Prozent auf 30 Prozent, von 25 Prozent auf 20 Pro­zent. Das ist viel Geld, das den Menschen nachher dadurch im Geldbörsel


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bleibt. Das ist eine wichtige Maßnahme. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:in­nen der Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Sie haben recht, aber, Herr Bundesrat, was wichtig ist, dazuzusagen: Durch die Kombination, die uns jetzt gelungen ist, die auch dank des Hohen Hauses gelingen wird, nämlich dass wir die kalte Progression, sprich die schleichende Steuererhöhung, abschaffen, bleibt zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik bei einer deutlichen Steuerreduzierung, also Tarifstufensenkung, diese Tarifstufensen­kung auch tatsächlich länger in den Geldbörseln der Menschen. Das wird eine spürbare Entlastung werden.

Ich möchte das Beispiel von der 1 800-Euro-Familie aufgreifen. Sie haben
von der 1 800-Euro-Familie gesprochen. Das ist für mich extrem ernst zu neh­men, denn gerade dort, wo Kinder sind, ist der Kostendruck immer riesig.
Da dies so ist, haben wir beschlossen, den Familienbonus pro Jahr und Kind von 1 500 Euro auf 2 000 Euro zu erhöhen. Das heißt, das sind 2 000 Euro echtes
Geld. Dieses Geld bekommt die Familie mit 1 800 Euro. Bei zwei Kindern sind das 4 000 Euro, 1 000 Euro mehr als letztes Jahr. Das ist echtes Geld, das
ist nicht irgendwie Fiktion, und durch die Abschaffung der kalten Progression - - (Bundesrat Steiner: Habt ihr nicht überwiesen! – Bundesrätin Grossmann: ... ver­dienen! – Bundesrat Steiner: 1 800 bekommen sie!) – 1 800 Euro netto war die Aussage. (Bundesrätin Grossmann: Die Alleinerzieherin mit 30 Stunden um 1 200 Euro ...! – Bundesrat Steiner: Aber mit 1 800 kriegt er das nicht!) – Na selbst­verständlich, der Familienbonus wird ausgezahlt. Und wir haben in diesem
Jahr die doppelte Familienbeihilfe geleistet und, was jetzt auch wichtig ist, wir haben die Familienleistungen valorisiert. Das heißt, diese Maßnahme der Erhöhung für die Familie bleibt auch im nächsten Jahr.

Ich sage das nur deshalb, weil uns das als Regierung tatsächlich ein wichtiges Anliegen ist. Dass Sie als Opposition das kritisieren, ist Ihr gutes Recht, ich will nur erklären, was wir uns für Maßnahmen ausgedacht haben, damit es tatsächlich besser wird.


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Die Energiekosten sind ein Preistreiber, für die Konsumenten genauso wie für die Unternehmerinnen und Unternehmer, genauso wie für die Industrie.
Deswegen wurde die Energiekostenbremse, der Energiekostenzuschuss, be­schlossen, nämlich mit über 1,4 Milliarden Euro, es wurde die Strompreis­kompensation beschlossen – das ist alles für jene Industriebetriebe, die dem CO2-Handel unterliegen –, und wir haben die Stromkostenbremse für die Haushalte beschlossen.

Jetzt kommen die Länder noch zu all dem dazu, und was mir wichtig ist, Herr Bundesrat, ist, dass die Bundesländer mit ihren Maßnahmen für die Familie (Bundesrat Ofner: Das spüren sie heute nicht!), und da verhandelt gerade der Fi­nanzminister, auch beim Thema Heizkostenzuschuss mehr leisten können als zuvor.

Darüber hinaus ist es mir auch wichtig, in diesem Zusammenhang zu sagen, dass wir durch die Gemeindemilliarde sichergestellt haben, dass nächstes und übernächstes Jahr weiter in den Kommunen investiert werden kann. Das ist wichtig für die regionale Bauwirtschaft, weil dieses Geld für die regionale Wirtschaft notwendig ist. (Bundesrat Ofner: ... haben nicht einmal ...!) – Das, Herr Bundesrat, ist auch wieder kein redliches Argument. Glauben Sie mir, ich
war Kommunalreferent in Niederösterreich. (Bundesrat Ofner: Ich bin Bürger­meister!) – Ja, dann wissen wir eh beide, was ist, aber dann wissen wir auch beide, wenn wir ehrlich darüber reden, dass, wenn es Investitionsvorhaben in einer Gemeinde gibt, man jetzt die Chance hat, für die Investitionsvorha­ben, die man für nächstes Jahr geplant hat, wieder eine Bezuschussung zu krie­gen. (Bundesrat Steiner: Ja, aber ... Prozent!) – Aber, Herr Bundesrat, das ist
ja etwas! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Es ist unmöglich, alle Probleme auf einmal zu lösen, aber entscheidend ist, dass wir versuchen, eben auch in den Gemeinden die Möglichkeit zu schaffen, finanziell Investitionen zu treffen, sei es für Schulen, Kindergärten oder Infrastrukturmaßnahmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)


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Damit ich Sie nicht langweile und dann gleich zur Beantwortung Ihrer Fragen kommen kann, komme ich noch zu dem Punkt Migration. Die Migration ist tatsächlich eine Riesenherausforderung, und es hat auch schon in meiner Zeit als Innenminister begonnen, dass trotz Pandemie und trotz Grenzschließungen
die Migrationszahlen steigend waren. Wir haben das nie verschwiegen, wir ha­ben immer darauf hingewiesen.

Wo sich jetzt aber alle einmal kurz besinnen müssen, ist bei der Frage der Kritik: War die Westbalkanroute geschlossen oder nicht? Als die Zahl der Asylanträge
von 80 000 oder 88 000 runtergegangen ist, wie in der Zeit unter Innenminister Kickl, war das die Folge der Maßnahmen von Sebastian Kurz (Bundesrat Stei­ner: Die Ausreisezentren! ...!) oder war das sozusagen nur ein plötzliches Abschwa­chen einer Welle? (Bundesrat Steiner: Ausreisezentren!) Man muss es nur ein­mal für sich entscheiden und definieren, sonst wird es halt nur populistisch in der Argumentation, aber es funktioniert nicht. (Bundesrat Ofner: ... für Abschieben!)

Wozu ich aber zu 100 Prozent stehe – und deswegen war ich auch in Ungarn
und auch in Serbien –: Wir werden den Westbalkan immer brauchen, nämlich als Verzögerungslinie oder gar als Aufhaltelinie von irregulärer oder illegaler Migration.

Was sind die Maßnahmen einer seriösen Politik, die tatsächlich Früchte tra­gen? – Der serbische Präsident hat jetzt zugesagt, dass er sowohl die Visaliberalisierung mit Tunesien als auch jene mit Indien beenden wird. Warum ist das wichtig? – Weil wir in Österreich plötzlich über 10 000 Asylanträ­ge von Menschen aus Indien hatten, ohne Bleibewahrscheinlichkeit. Der serbi­sche Präsident wird das jetzt zurücknehmen. Und wichtig ist, das sieht man jetzt Gott sei Dank schon, dass durch die Rücknahme der Visaliberalisierung mit Tunesien auch diese Zahlen zurückgehen werden. (Zwischenruf des Bundes-rates Steiner.)

Das heißt, die Migration an sich wird immer ein systemisches Thema bleiben. Das wird immer nur gemeinsam zu lösen sein, weil man immer Verbündete


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braucht, um die irreguläre Migration zu bremsen. (Zwischenruf des Bundesrates Ofner.) Wobei Sie mich alle als ersten Verbündeten haben werden, ist –
und das weiß man mittlerweile in der Europäischen Union genauso –: Für mich unerträglich ist die Tatsache, dass in einem EU-Binnenland 100 000 irre­guläre Migranten aufgegriffen werden, von denen 75 000 nicht registriert sind. Wir sind ein Binnenland und kein EU-Außengrenzland.

Das heißt, der sogenannte EU-Außengrenzschutz funktioniert nicht. Und da müssen wir hinschauen, wie das sein kann, denn es ist ein allgemeines Anliegen der Europäischen Union, nicht Österreichs alleine, dass wir wissen, wer in
die Union kommt. Wir kämpfen gegen organisierte Kriminalität, gegen Foreign Terrorist Fighters, gegen Waffenhandel, Drogenhandel. Wir wissen, dass
seit dem Krieg der Russischen Föderation in der Ukraine wieder sehr viele Waf­fen unterwegs sind, so viele wie seit dem Zusammenbruch Jugoslawiens nicht mehr.

Die innere Sicherheit wird aufgrund der Folgen des Krieges noch lange ein Thema sein, und genau aus diesem Grund ist es wichtig, dass der Außen­grenzschutz tatsächlich funktioniert. Deswegen hat der Innenminister diese Position gegenüber der Schengenraumerweiterung, und deshalb ist es
eine Notwendigkeit, ja. Ich habe gerade den Befund gegeben. Es kann nicht funktionieren, wenn bei uns so viele tatsächlich aufgegriffen werden. Nichtsdestotrotz, wir sind in der Europäischen Union und müssen mit den Institutionen der Union dafür sorgen, dass der Grenzschutz effektiver,
besser und klarer wird. Und das geht nicht einfach. (Beifall bei der ÖVP. – Bun­desrat Steiner: Seit zehn Jahren ...!) – Länger, länger.

Wie versuchen wir, es aber tatsächlich auch operativ besser zu machen? – Indem wir die Länder, die sozusagen unter Verdacht stehen, nicht alles zu tun, was sie
tun können, durch Kooperation an uns zu binden versuchen, denn von oben nach unten, mit Überheblichkeit erreichen wir gar nichts. (Zwischenruf des Bundes­rates Steiner.)


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Die meisten Aufgriffe haben wir an der österreichisch-ungarischen Grenze. Da ist es ohnehin schon ein großer Vertrauensbeweis wiederum von ungarischer
Seite, dass wir mit den ungarischen Kolleginnen und Kollegen in der Polizei ge­meinsame Patrouillen durchführen können, nämlich sowohl an der öster­reichisch-ungarischen Grenze auf ungarischem Territorium – weil alle irregulären Migranten, die da aufgegriffen werden, automatisch zurückgebracht werden, an die serbisch-ungarische Grenze zum Beispiel –, oder man denke nur an die ge­meinsamen österreichisch-ungarischen Patrouillen an der Grenze zwischen Ungarn und Serbien beziehungsweise an jener zwischen Ungarn und Rumänien.

Das sind große Herausforderungen, die wir haben, die Grenzen zwischen Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Türkei, das ist eine neue Migrationsroute. Deswe­gen ist unsere Haltung jetzt zur Schengenraumerweiterung kritisch – nicht aus irgendwelchen Befindlichkeitsgründen, sondern weil die Analysen des In­nenministeriums ergeben haben, dass ein Teil derer, die wir aufgreifen, die Route über die Türkei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn einschlagen. Genau aus diesem Grund ist eine Schengenraumerweiterung kritisch zu hinterfragen, denn dann funktionieren unsere Außengrenzen eben definitiv nicht.

Und seien wir da auch wieder ehrlich im Befund: Nicht Österreich hat damit begonnen. Begonnen hat damit die Bundesrepublik Deutschland 2015
und in den Folgejahren. Österreicher werden kontrolliert, wenn sie in die Bun­desrepublik Deutschland einreisen. Wir sind ein EU-Nachbarland, ein Schengenland, ein Binnenland, und trotzdem werden wir kontrolliert. Genau aufgrund der Notwendigkeit dieser Maßnahmen haben wir unsere Grenzkontrollen gestartet, nämlich an der österreichisch-ungarischen Grenze und an der österreichisch-slowenischen Grenze. Darüber gab es große Aufregung in der Europäischen Union.

Aber das war schon damals ein Zeichen, dass der Außengrenzschutz nicht so funktioniert, wie er funktionieren sollte. Das heißt also: Wir müssen den Druck sukzessive erhöhen, und wir werden nicht lockerlassen, das zu tun. (Beifall


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bei der ÖVP. – Bundesrat Ofner: Aber warum ...faktor, Klimabonus und so weiter? Warum gibt’s das ...?)

Jetzt, nachdem Sie mir gestattet haben, ein paar Begründungen für die Regie­rungspolitik zu liefern, komme ich zur Beantwortung Ihrer Fragen.

Zu den Fragen 1 und 2:

Die Bundesregierung hat in mehreren Antiteuerungspaketen entlastet. Allein das dritte Antiteuerungspaket hat bis 2026 ein Gesamtvolumen von 28 Milliarden Euro, dadurch ist Österreich im europäischen Vergleich im Spitzenfeld. Im Früh­jahr haben wir bereits Entlastungsmaßnahmen für Strom und die Gaspreis­bremse gesetzt, im Sommer Direkthilfen für besonders Betroffene, wie vulne­rable Gruppen und Familien, im Herbst mit dem Klima- und Antiteuerungs­bonus für die breite Bevölkerung. Ab Anfang 2023 wirken Entlastungen über die kalte Progression und die Valorisierung der Sozialhilfe.

Laut dem Budgetdienst übersteigen die Einkommenszuwächse durch Löhne, ökosoziale Steuerreform und Entlastungsmaßnahmen die Mehrbelastung durch die Inflation 2022 durchschnittlich in allen Einkommensgruppen.

Zur Frage 3:

Der Europäische Rat hat im Oktober 2022 die Europäische Kommission ersucht, die Arbeiten an der Strukturreform des Strommarktes einschließlich einer Folgenabschätzung zu beschleunigen. Die Europäische Kommission wird voraus­sichtlich im Dezember 2022 ein Konsultationsdokument vorlegen und da­rauf aufbauend einen Legislativvorschlag im ersten Quartal 2023.

Ich habe die Entkoppelung der Gas- und Strompreise auf Ebene des Markt­modells Meritorderprinzip als zentralen Punkt in der Diskussion eingefordert und die Europäische Kommission zur raschen Vorlage von Vorschlägen aufgefor­dert. Auch dazu ein klares Wort: Wir haben da nicht alle Mitgliedstaaten


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der Europäischen Union auf unserer Seite. Unser großer Nachbar, Bundesrepu­blik Deutschland, gehört nicht zu denen, die dieses System favorisieren.

Zur Frage 4:

In Österreich haben wir mit der Strompreisbremse für Haushalte und dem Energiekostenzuschuss für Unternehmen wirksame Maßnahmen gesetzt. Die Stromkostenbremse entlastet einen Haushalt um durchschnittlich rund 500 Euro pro Jahr.

Wie Sie wissen, hat der Finanzminister heute informiert, dass er in diesem Zusammenhang auch die für Deutschland angekündigte Gaspreisbremse prüft. Wesentlich ist, dass die Situation in Österreich und in Deutschland nicht
eins zu eins miteinander verglichen werden kann. In Deutschland spielt Erdgas in der Raumwärme eine größere Rolle, denn circa 49 Prozent der Haushalte in Deutschland heizen mit Erdgas, in Österreich nur 23 Prozent.

Insgesamt gibt es in Österreich große regionale Unterschiede, was die Nutzung von Gas fürs Heizen betrifft. Das Ziel ist, dass österreichischen Haushalten weiterhin wirksam geholfen wird und österreichische Unternehmen keinen Wett­bewerbsnachteil haben beziehungsweise dass ihnen kein Wettbewerbs­nachteil entsteht.

Da sind eben einerseits der Energiekostenzuschuss und die Strompreiskompen­sation zu erwähnen. Wissend, dass das alles nur bis Oktober gilt, sind wir deswegen jetzt schon in Verhandlungen mit dem Koalitionspartner in der Regie­rung, um diese Maßnahmen, soweit notwendig, auch ins nächste Jahr fortzusetzen.

Zu den Fragen 5 und 6:

Über eine Rücknahme der Sanktionen wird nach einer Einstellung des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine zu diskutieren sein. Die Entscheidung wird


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durch die Mitgliedstaaten gemeinsam auf europäischer Ebene getroffen. Die Ent­scheidung, eine Volksbefragung durchzuführen, ist im Übrigen primär von
einem entsprechenden Beschluss des Nationalrates abhängig.

Zu den Fragen 7 bis 9:

Die Unterstützung für die ukrainische Armee wird aufgrund von EU-Ratsbe­schlüssen aus der Europäischen Friedensfazilität finanziert. Es gibt somit keine direkte Finanzhilfe aus Österreich für die Aufrüstung der ukrainischen Armee.

Sowohl die EU als auch die Nato unternehmen alles politisch Mögliche, um nicht in den Konflikt hineingezogen zu werden. Auch Russland kann kein Interesse daran haben, in einen Konflikt mit der Nato und der EU involviert zu werden. Es ist daher höchst unwahrscheinlich, dass es zu einem Fall der Beistandspflicht kommt. Hoffentlich bleibt es auch so.

Zu den Fragen 10 und 11:

Der Bundesminister für Inneres und ich stehen über relevante sicherheitspoliti­sche Themenstellungen in permanentem Austausch. Der Innenminister hat
bis dato zahlreiche Maßnahmen gesetzt, wie: Aufstockung der Anzahl der Poli­zistinnen und Polizisten an der Grenze im Burgenland um etwa 100 Perso­nen; Verlängerung der Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien sowie Einfüh­rung von Grenzkontrollen zur Slowakei; Entsendung von mehr als 70 Polizis­tinnen und Polizisten an die ungarisch-serbische Grenze; gemeinsame Schwer­punktaktionen mit ungarischen Polizistinnen und Polizisten auf ungari­schem Staatsgebiet.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Initiativen, die Österreich auf europäischer Ebene vorantreibt, denn, wie Sie wissen, die österreichische Asyl- und Migrationssituation ist maßgeblich von der europäischen Gesetzgebung ab­hängig. Zudem wurden seit Jahresbeginn mehr als 620 Schlepper durch die österreichische Polizei festgenommen.

Zu den Fragen 12 und 13:


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Nach Auskunft des Innenministeriums verzichten zahlreiche Asylwerber auf ihren Schutzstatus. Zu aktuellen Statistiken darf ich an den zuständigen Innenminister verweisen.

Zur Frage 14:

Damit wird sich voraussichtlich der zuständige EU-Hauptausschuss des Natio­nalrates am 12.12.2022 auseinandersetzen.

Zu den Fragen 15 und 16:

Rund 40 Prozent kommen derzeit aufgrund der Visaliberalisierung mittels Flug nach Belgrad und reisen dann weiter. Diese Personen haben keine Chance
auf einen Schutzstatus. Ich habe aus diesem Grund, wie von mir vorhin schon erwähnt, beim Migrationsgipfel in Belgrad mit meinen serbischen und un­garischen Amtskollegen vereinbart, diesen Asyltourismus zu stoppen. Ich werde auch weiterhin die Zusammenarbeit mit den wichtigsten Ländern forcieren, solange die Europäische Kommission nicht selbst Maßnahmen setzt.

Das heißt, wir werden auch da die Polizeikooperation mit Serbien weiter unterstützen, denn wenn wir die Grenzen dieser Länder stärker überwachen, schützen und begleiten können, dann schützen wir auch zugleich unsere
Grenze. Wo machen wir das schon? – Wir machen das bereits an den erwähnten Grenzen Ungarns und Serbiens, aber genauso auch in Nordmazedonien.

Was aus meiner Sicht ein Durchbruch ist, das möchte ich in dieser Anfragebe­antwortung noch erwähnen: dass wir mit der Kooperation mit Serbien zum ersten Mal in der Geschichte zustande bringen werden, dass es von Serbien schon Rückführungen gibt.

Ein kurzer Ausflug jetzt weg von der reinen Fragebeantwortung: Warum ist das so essenziell wichtig? – Wir haben damit in Bosnien-Herzegowina gestartet,
um die kroatische Grenze zu entlasten. Wir haben jetzt in Serbien dieses Projekt laufen. Das ist alles schwierig, ich erzähle Ihnen da keine großen Geschichten,


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dass da jetzt unglaubliche Massenerfolge möglich sind, aber das Entscheidende, warum es beginnen muss und warum eine Routine daraus entstehen muss,
ist: Der Westbalkan weigert sich, der Parkplatz der irregulären Migration für Eu­ropa zu werden. Das heißt, wir müssen dem Westbalkan Perspektiven, Un­terstützungen und Hilfsangebote geben, damit dem eben nicht so ist. Das basiert auf Vertrauen. Je größer dieses Vertrauen wird, umso mehr wird auch der Westbalkan versuchen, seine Grenzen dementsprechend zu schützen.

Zur Frage 17:

Nach Auskunft des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz liegen dazu keine konkreten Informationen vor.

Zu den Fragen 18 bis 20:

Zu diesen verweise ich an den fachlich zuständigen Gesundheitsminister, das ist nicht Gegenstand meines Ressorts.

Zur Frage 21:

Ich habe über den Vorfall durch die Medien erfahren.

Zur Frage 22:

Dazu ist mir nichts bekannt.

Zur Frage 23:

Mein derzeitiger Wissensstand ist: Nein.

Zu den Fragen 24 bis 26:

Im Rechtsstaat Österreich entscheiden ausschließlich unabhängige Gerichte, ob eine strafrechtlich relevante beziehungsweise eine gegen den Rechtsstaat gerichtete Handlung vorliegt oder nicht. Darüber hinaus unterliegen Meinungen und Einschätzungen nicht dem Interpellationsrecht.


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Zur Frage 27:

Im Bundeskanzleramt nach meinen Informationen nicht.

Zur Frage 28:

Die Erteilung von Rechtsauskünften fällt nicht unter das parlamentarische Interpellationsrecht.

Ich hoffe, Ihre Fragen soweit ausführlich beantwortet zu haben, und freue
mich auf die Diskussion. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall
bei den Grünen.)

18.17


Präsidentin Korinna Schumann: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Leinfellner. – Bitte, Herr Bundesrat. (Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesrät:innen von ÖVP und FPÖ.)


18.18.05

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Frau Vorsitzende! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Geschätzte Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Liebe Österreicher! Manchmal ist es ja wirklich nicht
so einfach, ein Regierungsmitglied hier in dieses Haus hereinzubekommen, damit hier ein aktuelles Thema behandelt wird. Ich darf mich bei Ihnen bedanken,
dass Sie jetzt doch noch gekommen sind. Ich sage, wir Freiheitliche finden ja doch Mittel und Wege, um gelebten Parlamentarismus zu aktuellen Themen auch hier und heute wieder möglich zu machen.

Es ist ja eigentlich kein Wunder, dass sich diese Bundesregierung schon mit Händen und Füßen dagegen sträubt, in dieses Parlament hereinzukommen. Es ist ja kein Wunder, dass diese Bundesregierung die Öffentlichkeit und auch die­ses Haus inzwischen scheut, wie – sprichwörtlich – der Teufel das Weihwasser. (Bundesrätin Zwazl: Bitte!)


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Es ist ja kein Wunder, dass der Bundeskanzler ohne Personenschutz schon nirgendwo mehr hingehen möchte und kann. Es ist ja kein Wunder, angesichts dessen, was diese Bundesregierung unserer Bevölkerung und den Menschen
in diesem Land in den letzten Jahren angetan hat (Bundesrätin Zwazl: Also bitte!), wie viele Steine Sie den Menschen in diesem Land in den Weg gelegt und geschaut haben, dass Sie den Menschen in diesem Land das Leben so schwer wie möglich machen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, Herr Bundeskanzler, ich weiß ja nicht, ob der Personenschutz bei Ihnen in
der Vergangenheit immer so gut eingesetzt gewesen ist. (Bundesrätin Zwazl: Jetzt hör auf! – Bundesrat Buchmann: Hör auf!) – Na, hat es diese Cobra-Libre-Affä­re gegeben oder hat es die nicht gegeben? Natürlich hat es diese Affäre gege­ben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ja nur eine Eskapade, die es in der Vergangenheit mit Ihrer First Lady, möchte ich fast sagen, gegeben hat, die ja auch unsere fleißig arbeitenden Österreicherinnen und Österreicher – nämlich genau jene Menschen, die heute oder auch davor schon nicht mehr gewusst haben, wie sie ihren Lebens­unterhalt bestreiten und mit ihrem Geld auskommen sollen – auf Tausende Euro verklagt hat. Dazu gekommen ist dann diese feuchtfröhliche Party mit dem Personenschutz, nach der hochqualifizierte Polizisten ihre Sessel räumen muss­ten. Na, wissen Sie, wer den Sessel hätte räumen müssen? – Dieser Bun­deskanzler, der da neben mir sitzt. (Beifall bei der FPÖ.  Zwischenruf der Bundes­rätin Zwazl.)

Genau dieser Bundeskanzler hätte nach all diesen Eskapaden den Sessel räumen müssen, und das ganze schwarz-grüne Konglomerat in dieser Bundesregierung hätte er gleich mitnehmen können, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.) Dafür fehlt dieser Bundesregierung aber der Mut.

Nach dem moralischen Totalversagen aus der Vergangenheit gibt es dann auch noch das politische Totalversagen dieser Bundesregierung, ein Totalversagen mit


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diesen hirnlosen Sanktionen, die man ins Leben gerufen hat. Herr Bundes­kanzler, Sie haben gerade gesagt, die Sanktionen sind nicht schuld an all diesem Unheil. (Bundesrat Buchmann: Nicht alleine! Sinnerfassend zuhören!) Sie haben ja auch gesagt, zuerst müssen die Waffen schweigen. Da frage ich mich schon, warum mit unseren EU-Beiträgen Waffenlieferungen in die Ukraine finanziert werden, wenn die Waffen – ja, da bin ich ganz auf Ihrer Seite – schweigen müs­sen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da bin ich ja ganz auf Ihrer Seite: Ja, die Waffen müssen schweigen. Das
wird aber nicht funktionieren, wenn man permanent Waffen an eine Kriegsnation liefert, so werden wir die Waffen nicht zum Schweigen bringen. Ganz ehrlich: Für das Brieftascherl unserer Österreicher ist es auch nicht
wirklich förderlich, was da passiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Ofner hat es schon angesprochen: ein Totalversagen bei der Coro­napolitik. Sie haben zu Beginn Stellung dazu genommen, Sie haben gesagt, die Gesundheitssysteme waren in zwei Bundesländern überlastet. Da frage ich mich: Was haben Sie getan? Wie haben Sie das Gesundheitssystem ausgebaut? Wo sind die neuen Pflegekräfte? Es gibt weniger Pflegekräfte als vorher,
es gibt weniger Betten als vorher. Was haben Sie gemacht, um das Gesundheits­system zu retten? – Sie haben die Menschen eingesperrt, Sie haben ihnen
ihre Grund- und Freiheitsrechte genommen, aber Sie haben nichts unternom­men, um dieses Gesundheitssystem weiter auszubauen. Das ist ein Total­versagen dieser schwarz-grünen Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Totalversagen bei der Zuwanderungspolitik: Auch wenn Sie noch so weit in der Weltgeschichte herumgrundeln, 101 000 Asylanträge hier in Österreich sprechen doch klare Worte. Vielleicht fragen Sie, wenn Sie das nächste Mal nach Ungarn kommen, Kollegen Orbán, wo er seinen Grenzzaun bestellt hat. (Bun­desrätin Zwazl: Bitte! – Zwischenrufe der Bundesrät:innen Eder-Gitschthaler und Schreuder.) Das wären Maßnahmen, die wir hier brauchen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es zeigt sich auch ein Totalversagen im Umgang mit diesen Klimaterroristen, die es seit Neuestem hier in diesem Land gibt. Ja, diese Bundesregierung hat auf allen Ebenen versagt. Diese Bundesregie­rung – mit Ihren Vorgängern inklusive Ihnen als Bundeskanzler – hat auf allen Ebenen versagt. Sie haben in der Vergangenheit von einer De-facto-Nullzuwan­derung gesprochen, 101 000 Asylanträge haben wir jetzt. Bei diesen Men­schen also, die da in unser Land hereinsickern, wissen wir ja gar nicht mehr, wie viele es sind. Sie haben die Frage offengelassen und an den Innenminister weitergegeben, aber ich kann Ihnen sagen, auch der Innenminister – zu dem kom­me ich noch – wird es nicht beantworten können.

Die Vorgaben dieser Bundesregierung sind doch, dass all diese Wirtschafts­flüchtlinge so rasch wie möglich in unser Land hereinkommen, ein Zugticket in die Hand gedrückt bekommen und mit dem Zugticket ohne Begleitung quer
durch unser Land kutschieren. Wie viele davon in Spielfeld – dort werden diese Personen registriert – oder wo auch immer ankommen, das wissen wir ja
gar nicht. Wie viele inzwischen aus dem Zug aussteigen, in den Zug gar nie ein­gestiegen sind, das werden Sie gleich wenig beantworten können wie unser Innenminister. – Das ist ein Totalversagen dieser Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ. – Der Redner schweigt einige Augenblicke. – Bundesrätin Zwazl: Faden ver­loren? Bundesrat Kornhäusl: Jetzt ist es angenehm!) – Nein, es ist einfach nur er­schreckend, wenn ich mir die Zahlen vor mir wieder anschaue.

Ich habe es gesagt: 101 000 Asylwerber, Asylanträge in diesem Land. 101 000: Wisst ihr, wie viel das ist? – Mein Heimatbezirk Voitsberg hat 678 Quadrat­kilometer und 51 000 Einwohner. Was in diesem Jahr 2022 an Wirt­schaftsflüchtlingen und Terrorexperten in dieses Land hereingeströmt ist, das ist zwei Mal so viel wie mein Heimatbezirk Einwohner hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das entspricht umgerechnet 208-mal Traiskirchen, das für 480 Leute ausgelegt ist. 208-mal Traiskirchen alleine in diesem Jahr in diesem Land! Wenn wir die Höchststände mit 2 000 Menschen in


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Traiskirchen hernehmen, dann ist es noch immer 50-mal dieses Lager. Wenn
ich es für unsere Steirer in Städten ausdrücke, sind das die Einwohner von Voits­berg, Leibnitz, Deutschlandsberg, Bruck an der Mur und von Kapfenberg zusammengerechnet, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das muss man sich einmal vor Augen führen, wie viele dieser Menschen, dieser Wirt­schaftsflüchtlinge diese Bundesregierung und dieser Bundeskanzler in dieses Land hereingelassen haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, diese Menschen fallen ja nicht vom Himmel, die sind ja
nicht alle mit dem Flieger da gelandet. Wir sind ja, wie Sie selbst gesagt haben, von sicheren Drittstaaten umgeben. Da frage ich mich schon: Wie können 101 000 Wirtschaftsflüchtlinge und sonstige Experten in dieses Land hineinkom­men, wenn außerhalb der Grenzen Österreichs, wenn unsere Nachbarländer
alles sichere Drittstaaten sind? Wie können diese Menschen zu uns herkommen und hier in Österreich einen Asylantrag stellen? Ja, da ist es nur recht, von
einem Totalversagen dieser schwarz-grünen Bundesregierung zu sprechen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Ich glaube, er (in Richtung des den Saal verlassenden Bundeskanzlers Nehammer) hört mich trotzdem noch, auch wenn er gerade mit einem Mitarbeiter etwas zu bereden hat. Ich kann es einfach nicht verstehen, warum er, wie gerade vorhin in seinem Statement, wieder diese harte Zuwande­rungslinie vorgibt und in Wahrheit genau diesen Menschen den roten Tep­pich ausrollt. Wisst ihr, was passiert ist? – Wahrscheinlich wisst das nicht einmal ihr hier herinnen. Anstatt diese Menschen wieder dorthin zurückzuschicken,
wo sie hergekommen sind, hat man den Behördenauftrag in Tirol abgeändert. Das Bundesheer wurde von der Grenze abgezogen, um fremdenpolizeiliche Aufgaben am Hauptbahnhof Innsbruck durchzuführen, nämlich jene Menschen, die eh schon in ein anderes Land weiterreisen wollen, auch noch an der Aus­reise zu hindern. So geht diese Bundesregierung mit dem Asylwesen bei uns in Österreich um.


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Ich glaube, wir haben mit 101 000 schon genug. Wenn jemand glaubt, er will dieses Land verlassen, na dann hören wir doch bitte wenigstens auf, diese Menschen davon abzuhalten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Anhal­tender Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf an dieser Stelle auch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zuwanderungsstopp in den österreichischen Sozialstaat jetzt – ‚Unser Geld für unsere Leute‘“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende Punkte umfasst, und zu einer Gesamtnovellierung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes 2019 führen soll:

Asylwerber und Asylanten bzw. subsidiär Schutzberechtigte sollen grundsätzlich in der Grundversorgung, – d. h. Sachleistungen, keine Geldleistungen bleiben,
bis ihr Verfahren abgeschlossen und ihr Aufenthalt zu Ende ist.

Gleichzeitig soll für arbeitsfähige Personen aus diesen Personenkreisen eine Verpflichtung zur gemeinnützigen Arbeit in ihrem Umfeld bzw. in der Infrastruktur für Asylwerber/Asylanten/Subsidiär Schutzberechtigte eingeführt werden.

Die Grundversorgung endet auch, wenn Asylberechtigte bzw. subsidiär Schutzberechtigte in den 1. Arbeitsmarkt eintreten, was allerdings nur nach einer positiven sektoralen Arbeitsmarktprüfung erfolgen kann. Für Asylwerber
kann es grundsätzlich keinen Eintritt in den Arbeitsmarkt geben.


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Erwerbstätige aus dem Kreis der Asylberechtigten und subsidiär Schutzsuchenden, die nach einer sektoralen Arbeitsmarktprüfung durch das AMS im 1. Arbeitsmarkt eine Beschäftigung finden, müssen zusätzlich
zu den regulären Steuern eine Sondersteuer von 10 Prozent ihres Einkommens entrichten. Die Sondersteuer entfällt dann, wenn sie betragsmäßig einen
jährlich festzusetzenden Prozentsatz der durchschnittlichen Verfahrens-, Un­terbringungs-, und Integrationskosten pro Asylwerber, Asylanten bzw. subsidiär Schutzberechtigte als Beitrag zur Finanzierung des österreichischen Sozialstaates erreicht hat.“

*****

Das wäre einmal ein Schritt in die richtige Richtung, um von unseren Asylkosten hinunterzukommen und vielleicht auch ein Zeichen nach außen über die Grenzen Österreichs zu setzen, dass Österreich kein Selbstbedienungsladen ist, aber diese Bundesregierung hat ja nichts gelernt.

Diese Bundesregierung hat nichts aus dem Jahr 2015 gelernt. Heute haben wir ja noch schlimmere Zahlen, als wir sie 2015 gehabt haben. Diese Bundesre­gierung hat nichts aus einer Amokfahrt in Graz gelernt, und diese Bundesregie­rung hat nichts aus einem verheerenden Terroranschlag im Jahr 2020 gelernt.

Ja, Herr – heute noch – Bundeskanzler, Sie waren bei diesem Terroranschlag damals Innenminister, und ja, Sie hätten diesen Terroranschlag verhindern können. Dieser Faden des Versagens zieht sich aber auch da durch diese schwarz-grüne Bundesregierung hindurch.

Einen Vorschlag hätte ich für Sie: Nehmen Sie doch diese Klimaterroristen, die tagtäglich unsere fleißigen Arbeiter, die zur Arbeit müssen, tyrannisieren
und drangsalieren, und picken Sie sie am Grenzübergang in Spielfeld, entlang der Grenze in der Steiermark und im Burgenland als lebenden Grenzzaun irgendwohin! Da würden sie eine sinnvolle Tätigkeit verrichten und nicht irgend­wo am Boden irgendwelche Autofahrer in Graz, Linz oder Wien belästigen.


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(Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Das ist unglaublich! Also wirklich! Das geht doch nicht! – Bundesrat Schennach: Jetzt ist es genug! Genug ist genug! –
Weiterer Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.)

18.33.40*****


Präsidentin Korinna Schumann: Herr Bundesrat Leinfellner, für die Aussage „picken Sie sie [...] als lebenden Grenzzaun“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Bundesrat Steiner: Geh bitte!)

*****


18.33.52

Bundesrat Markus Leinfellner (fortsetzend): Na ja, also ganz ehrlich, Frau Präsidentin, mir ist lieber, die picken am Grenzübergang als mitten in Graz oder in Wien, wenn ich zur Arbeit fahren muss. (Bundesrätin Grimling: Verhetzung!)

Genau diese Klimaterroristen müssen Sie in den Griff bekommen! Die quälen unsere Menschen tagtäglich, die muss die volle Härte des Gesetzes treffen.
Unsere Kulturgüter müssen geschützt werden. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Na bitte, diese Bundesregierung hat ja jegliches Herz für unsere Kultur verloren. Die beschädigen unsere Kulturgüter, und nichts pas­siert mit diesen Klebefaschisten. (Bundesrat Schennach: Es ist noch nichts beschä­digt worden!)

Na, da hätte ich schon einen Tipp: Machen Sie einen Platz in Steinhof frei!
Genau dort gehören diese Menschen nämlich hin, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Nein, Sie haben das
nicht zu beurteilen! Sie sind kein Psychotherapeut! Was maßen Sie sich an?)
 – Na, dass den Grünen das gefällt, war mir klar. Kollege Steiner hat es heute
schon gesagt: Eine heutige Ministerin ist irgendwo auf einem Kran herumge­kraxelt. (Bundesrat Schennach: Dafür hat er einen Ordnungsruf gekriegt!) Das passt ja in dieses Bild hinein. In mein Bild passt es nicht hinein, und in unser Bild
passt es auch nicht hinein. Das ist aber ja alles nur die Spitze des Eisbergs. (Bun­desrat Schennach: Und Leinfellner ist die Titanic!)


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Sie haben durch all dieses Versagen in dieser Bundesregierung in den letzten
drei Jahren unsere Österreicher nicht nur sprichwörtlich, sondern tatsächlich in die Armut getrieben. Lokale sperren zu, Betriebe sperren zu. Warum? – Weil
die derzeitigen Preisexplosionen nicht mehr zu stemmen sind.

Wisst ihr, was ein Kübel Fett gekostet hat, den man in der Küche braucht? – Vor dieser Bundesregierung: rund 47 Euro. Wisst ihr, was er heute kostet? – 135 Euro. Das sind Kosten, die nicht mehr weitergegeben werden können. Es darf einen nicht wundern: Jeden Tag, wenn man in der Früh die Zeitung aufschlägt, ist wieder irgendein neues Lokal drinnen, das mit 1.1. nicht mehr offen hat. Den Betrieben wird es gleich gehen, und das ist das Versagen
dieser Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist ja nicht allein die Teuerung, es ist ja auch der Realkaufkraftverlust. Welche Familie kann es sich noch leisten, am Sonntag in ein Gasthaus zu gehen und
mit der Familie – mit den Großeltern, mit den Kindern – ein Schnitzel zu essen? Viele Familien wären froh, wenn sie sich das Fleisch für das Schnitzel für zu
Hause einkaufen könnten. In Wahrheit können sich das viele nicht mehr leisten. (Zwischenruf der Bundesrätin Kahofer.)

Da höre ich wieder das große Mah aus den Reihen der ÖVP. Ich rede nicht
von Reichtum, ich rede vom Wohlstand in diesem Land, und Wohlstand – bitte auch für die ÖVP – ist mit Reichtum nicht zu verwechseln. Wohlstand ist,
dass ich das Geld habe, um mein Auto tanken zu können. Wohlstand ist, dass
ich zu Hause meine Wohnung warm habe und heizen kann. Wohlstand ist, dass ich das Geld habe, um mir bis zum Monatsende Essen kaufen zu kön­nen. Wohlstand ist auch, dass mein - -


Präsidentin Korinna Schumann: Herr Bundesrat Leinfellner, Ihre Redezeit endet in 30 Sekunden. (Heiterkeit der Bundesräte Schreuder und Himmer.)


Bundesrat Markus Leinfellner (fortsetzend): Vielen Dank, Frau Vorsitzende, ich komme schön langsam zum Ende.


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Wohlstand ist aber auch, dass mein Kind vielleicht beim Fußballverein in der eigenen Ortschaft ist, dass ich mir den Mitgliedsbeitrag leisten kann, den Trainingsanzug leisten kann, die Turnschuhe leisten kann. Wohlstand ist auch, dass eine Familie, die fleißig arbeitet, im Sommer eine Woche in den Urlaub
fahren kann.

All diesen Wohlstand haben Sie vernichtet. Mein Kollege Ofner hat es bereits gesagt: Genug ist genug, Sie können es nicht, treten Sie zurück! (Beifall bei
der FPÖ.)

18.38


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Bader. – Bitte, Herr Bundesrat.


18.38.14

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Puh!, habe ich mir gedacht bei dem, was wir da jetzt so gehört haben. Wir haben eine Dringliche Anfrage an den Herrn Bundeskanzler – die Show hat für die Freiheitlichen mit den ganzen Geschäfts­ordnungsdebatten ja schon in der Früh begonnen, und es geht anscheinend nur um Show –, die Frau Staatssekretärin ist krank und der Herr Kanzler in den Untersuchungsausschuss eingeladen. Ich habe das schon in der Präsidiale ge­sagt: Er wäre in der Früh gerne gekommen. (Zwischenruf des Bundesrates Ofner.)

Eine Dringliche Anfrage anstelle der Aktuellen Stunde: Der Anfragebegründer
steht da heraußen, redet eine halbe Stunde – gute 10 Minuten über die Corona­pandemie (Bundesrätin Steiner-Wieser: Die ist eh vorbei!) und darüber, wie die
in den letzten zwei Jahren gelaufen ist. Das hat für mich mit aktuell nicht recht viel zu tun gehabt. (Bundesrat Spanring: Echt? Was denn?) Was es mit dringlich
zu tun hat, habe ich auch nicht erkennen können. Es hat sich mir nicht erschlos­sen. (Bundesrat Ofner: Dein Kanzler hat es anders gesehen!)

Der Herr Bundeskanzler hat sehr intensiv Stellung genommen und hat auch die Fragen sehr ausführlich beantwortet. Dann kommt Kollege Leinfellner hier


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heraus, stellt sich hierher, hält eine Rede mit Schaum vor dem Mund (Bundesrat Spanring: Echt? Ist mir gar nicht aufgefallen!), bei der ich mir denke: Hat er
dem Herrn Bundeskanzler bei der Beantwortung nicht zugehört?

Ich habe beide gehört, und viele, die vielleicht zuschauen, haben auch beide Redner gehört. Der Vergleich macht mich ganz einfach sicher, dass dieser Bundeskanzler an der Spitze der Bundesregierung seit drei Jahren intensiv zusammenarbeitet (Bundesrat Steiner: Seit drei Jahren?), um eine Krise
nach der anderen zu bewältigen – als Innenminister und jetzt als Bundeskanzler. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Der Vergleich macht mich sicher, dass da (in Richtung Bundeskanzler Nehammer) die Verantwortung sitzt (Bundesrat Leinfellner: Ja, genau! Das stimmt!), dass der Verantwortliche in Person des Herrn Bundeskanzlers arbeitet und dort (in Rich­tung FPÖ) Fundamentalopposition gemacht wird.

Eines ist aus der Rede von Herrn Ofner auch hervorgegangen, das habe ich mir gemerkt: Du hast hier heraußen gesagt, die Menschen, die unsere Republik aufgebaut haben, haben es heute schwer. – Ja, das stimmt. Da gebe ich dir recht. (Bundesrat Ofner: Ja, warum? – Wegen euch!) Der Unterschied ist nur, dass die Menschen, die die Republik damals nach dem Krieg in einer schwierigen Zeit auf-gebaut haben, persönliches Leid am eigenen Körper verspürt haben und ge­lernt haben, dass man Krisen gemeinsam und miteinander bewältigt und nicht gegeneinander – und schon gar nicht mit Hasstiraden. (Beifall bei der ÖVP
und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrat Ofner: Sie haben die Krisen aber nur wegen euch!)
Sie müssen auch nicht schreien, Herr Kollege Leinfellner. (Bundesrat Leinfellner: Ich habe ja gar nichts gesagt jetzt! – Heiterkeit bei der FPÖ.)

Der Herr Bundeskanzler hat sich nach 5 Stunden intensiver Konzentration im Un­tersuchungsausschuss hierhergestellt und klar und deutlich geantwortet. (Bundesrat Steiner: Er hat ja alles vergessen, da hat er sich nicht konzentriert im
U-Ausschuss! – Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) 
– Bitte, du hast keinen einzigen Zwischenruf von mir gehört – beim Leinfellner nicht und beim Ofner


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nicht. (Bundesrat Steiner: Jetzt hab ich auch einen gemacht!) Ja, also bitte, da
kann man ja einmal reden.

Dieser Vergleich macht mich auch sicher, meine sehr geehrten Kolleginnen
und Kollegen: Da (in Richtung Bundesrat Leinfellner) einer mit Kraftausdrücken, da (in Richtung Bundeskanzler Nehammer) einer mit sachlicher, kompetenter Argumentation, da (in Richtung Bundesrat Leinfellner) einer, der nur anpatzt, der herabwürdigt, der diffamiert, der beleidigt, und da (in Richtung Bundeskanz­ler Nehammer) einer, der Verantwortung trägt, der Verantwortung wahrnimmt, der fachlich kompetent antwortet und der auch die Kritik ernst nimmt und wertschätzend – und nicht beleidigend und herabwürdigend, liebe Kolleginnen und Kollegen – zu den Argumenten, die Sie gebracht haben, geantwortet
hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Ja, diese Vergleiche machen mich sicher.

Lieber Herr Kollege Leinfellner, weil ich schon am Beginn gesagt habe, dass anscheinend auch eine gewisse Showinszenierung dabei ist: Die vorbereitete Rede, die Sie gehalten haben, hätten Sie nach der Beantwortung durch
den Herrn Bundeskanzler ruhig wegschmeißen und sich das Ganze ersparen können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)

18.43


Präsidentin Korinna Schumann: Ich darf noch nachholen: Der von den Bundesräten Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Ent­schließungsantrag betreffend „Zuwanderungsstopp in den österreichischen Sozialstaat jetzt – ‚Unser Geld für unsere Leute‘“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. – Bitte, Herr Bun­desrat.



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18.43.37

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Es ist gut, dass wir mit Ihnen heute etwas klären können. Das
eine betrifft diese Bundesregierung und die parlamentarischen Institutionen.

Wir haben seit einigen Monaten nicht nur das Gefühl, sondern auch die Tatsache, dass ein Minister und eine Ministerin nach der anderen nicht hier im Bundesrat erscheint, sondern sich entschuldigt. (Bundesrätin Steiner-Wieser:
Nur drei!) Ich meine, unsere Plenarsitzungen des Bundesrates sind lange im Vo­raus bekannt.

Das Nächste: Sie waren vielleicht zu kurz Abgeordneter, bevor Sie in Ministerfunktion gekommen sind, aber eines der allerwichtigsten Rechte von Abgeordneten ist das Interpellationsrecht, das Recht, Fragen stellen zu können. Wir haben in den letzten drei Jahren ganze zwei Minister gehabt – einmal Minister Anschober, einmal Minister Kocher –, die zu einer Frage­stunde hierhergekommen sind. An sich sollte jede Plenarsitzung mit einer Fra­gestunde beginnen. Diese Regierung verweigert das Interpellationsrecht der Abgeordneten. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Tiefnig: Nein, das ist eine Prä­sidiumsfrage! Stefan, das weißt du!)

Deshalb haben wir das heute auch unterstützt, da wir geschockt waren, dass eine Aktuelle Stunde einfach gestrichen wird. Niemand kann verhindern,
dass jemand krank ist – dafür gibt es auch volles Verständnis –, nur fügen sich diese heutige Krankheit und die Streichung der Aktuellen Stunde in eine
endlos lange Reihe von Missachtungen des Parlamentarismus ein; deshalb war das Notwehr.

Ich stehe nicht an zu sagen, dass es gut ist, dass Sie diesem parlamentarischen Brauch, eine Dringliche Anfrage zu beantworten, heute auch nach einem mühsamen Untersuchungsausschuss gefolgt sind, denn das ist Parlamentaris­mus: Eine Regierung hat sich gegenüber dem Parlament zu verantworten.
(Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Steiner.)


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Natürlich, Herr Bundeskanzler, sind meine Fragen an Sie ganz andere als die, die bisher gestellt wurden. Ich sage das ganz offen. – Ich bedaure sehr, Kollege Leinfellner, dass Sie hier fast schon ein wenig einer Verhetzung das Wort gere­det haben – nämlich damit, Menschenketten an Grenzen zu bilden –, also
denken Sie einmal nach, was Sie hier gesagt haben!

Ich glaube, den Menschen brennt es derzeit wirklich unter den Nägeln,
Herr Bundeskanzler, und ich möchte Ihnen eine Empfehlung geben, soweit ich das überhaupt darf.

Wir hatten hier gestern eine parlamentarische Enquete, und ich glaube, uns
ist allen ganz kurz das Herz stehengeblieben, als Frau Mag. Doris Anzengruber von der Caritas Wien über Familienarmut und Kinderarmut gesprochen hat. Vielleicht könnten Sie diese Frau Anzengruber und in Begleitung die Dame, die hinter Ihnen sitzt, Frau Daniela Gruber-Pruner, einladen, denn die können
Ihnen etwas zu der derzeitig grassierenden aktuellen Kinderarmut in unserem Land erzählen. Ich glaube, es wäre auch als Bundeskanzler wichtig, zu wis­sen, welche Form und welches Ausmaß Kinderarmut in Österreich bereits an­genommen hat.

Wir können vieles diskutieren, aber Kinderarmut ist in etwa das Schlimmste, was passieren kann. Kinderarmut heißt dann immer Familienarmut, das heißt Exis­tenzgefährdungsängste.

Herr Bundeskanzler, das war jetzt eine Empfehlung an Sie, Sie müssen dem auch überhaupt nicht folgen, aber ich bitte Sie, zu hören, dass Ihnen jetzt nicht nur
eine politische Fraktion sagt, dass die Kinderarmut in diesem Land sehr, sehr schlimm aussieht, sondern das sagen auch andere. Die Vertreterin der Caritas
Wien hat das gestern genau hier an diesem Rednerpult in einer für mich beein­druckenden und erschütternden Weise gesagt.

Mich interessiert ja viel weniger, was hier heute über die Geschichte der Coro­napandemie diskutiert wurde, sondern was wir haben, ist die explodierende


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und galoppierende Inflation, die die Menschen an den Rand des Existenziellen bringt, die auch Betriebe an den Rand des Existenziellen bringt. Wir haben
Gas- und Energiepreise, die einfach nicht mehr in den Griff zu bekommen sind. Die Regierung zögert, was den Gaspreisdeckel betrifft, sie zögert, was einen Eingriff bei den Übergewinnen und Zufallsgewinnen betrifft. Da müssen wir einen Ausgleich in der Gesellschaft finden, so wie es die deutsche Regie­rung derzeit mit dem Gaspreisdeckel macht. Das geht nicht an, wir können nicht anders. Wenn wir unsere Wirtschaft nicht schädigen wollen, müssen wir da Schritt um Schritt ähnliche Wege gehen.

Ich weiß, wir haben derzeit multiple Krisen zu bewältigen. Wir haben mitten
in Europa einen Krieg. Niemand hätte mehr gedacht, dass die Nachkriegs­ordnung Europas, die Ordnung der OSZE und der Helsinkischlussakte durch einen Angriffskrieg jemals dermaßen auf den Kopf gestellt wird und dass
wir wieder so einen Krieg erleben müssen. Wir haben zwar an unseren Grenzen einen Krieg, sozusagen einen Jugoslawiennachfolgekrieg, erlebt, aber was
sich derzeit in der Ukraine abspielt, ist unfassbar.

Ich sage Ihnen hier von diesem Rednerpult aus, Herr Bundeskanzler: Alle solidarischen Schritte, die Österreich da setzt, sind richtig. Wir sollen nicht Opfer und Täter verwechseln. Es gibt klare Opfer, und die Regelung, Menschen
aus der Ukraine – es sind hauptsächlich Frauen mit Kindern – aufzunehmen, ih­nen eine Chance zu bieten, Solidarität zu leben, ist richtig und wichtig als eine europäische Zusammenarbeit.

Es war wichtig, dass wir Ambulanzwägen zur Verfügung gestellt haben, dass
die Stadt Wien zum Beispiel die Einrichtung für zwei Spitäler gespendet hat. All das ist wichtig und hilft auch den Menschen in dieser extremen Not. Wir alle können uns nicht vorstellen, was Krieg auslöst und welche Not Krieg bewirkt.

Die multiple Krise heißt natürlich explodierende Energiepreise, die extreme Inflation und auch noch die Aufarbeitung der Pandemiezeit. Da, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, ist die Hilfe für die Städte und Gemeinden, die diese


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Bundesregierung leistet, zu wenig. Es geht darum, den Menschen genau dieses Gefühl zu geben, aufgehoben zu sein, jene offenen Hände zu finden, die
die Städte und Gemeinden in solchen Krisenzeiten den Menschen bieten kön­nen, das können nämlich nur die Städte und Gemeinden, und da leistet die Regierung zu wenig, um die Städte und Gemeinden bei den unmittelbaren Auf­gaben der Daseinsvorsorge kräftig zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch wenn die Regierung die Valorisierung vieler Sozialleistungen beschlossen hat, was richtig ist, ist ein Punkt offen, Herr Bundeskanzler: Wo bleibt die Erhöhung des Arbeitslosengeldes? (Bundesrat Preineder: Wir haben Vollbeschäf­tigung!) Gerade in einer Zeit der Inflation, in einer Zeit der Preistreiberei: Warum verschließen Sie und diese Bundesregierung sich noch immer beim Ar­beitslosengeld?

Zweitens: Wann fordern Sie die Mittel aus der Überförderung durch die Cofag zurück? (Beifall bei der SPÖ.) Da sind klare Überförderungen, die wir ja mitt­lerweile alle kennen, passiert. (Bundesrat Preineder: Beispiel?)

Wenn ich mir all diese Maßnahmen der Regierung in dieser multiplen Krise anschaue – und da kommt jetzt unsere Kritik –, dann finde ich, sie sind nicht nachhaltig, wenig wirksam und vielfach überhaupt nicht durchdacht.

Deshalb, Herr Bundeskanzler: Wann setzen Sie eine Preisüberwachung in Kraft, wie es das Gesetz auch vorsieht? Es gibt in vielen Bereichen unfassbare Preisausreißer, und Sie haben die Möglichkeit – die Bundesregierung hat diese Möglichkeit; reden Sie mit Ihrem Arbeitsminister, mit Ihrem Wirtschafts­minister! –, eine Preisüberwachung - - (Die Bundesrätinnen Hahn und Prischl sprechen miteinander.) – Bitte? Ich habe mir gedacht, Frau Kollegin Hahn
hilft mir jetzt noch bei ein paar weiteren Dingen, aber das muss ja nicht sein. (Heiterkeit.)

Wissen Sie, jetzt kommen wir noch zur Anständigkeit, Herr Bundeskanzler,
die mir persönlich in der Politik immer wichtig ist. Herr Schmid – Sie kennen


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ihn – macht eine Aussage. Diese Aussage wird publik. Genau an demsel­ben Wochenende werden auf einmal in österreichischen Dörfern und Städten Zelte aufgestellt. Ein Schelm, der etwas anderes denkt als: eine große Ab­lenkung von den Inhalten einer Aussage, die sehr unangenehm war. (Bundesrat Preineder: In Niederösterreich wird der Wahltermin bekannt, und die Frau Landeshauptmann wird eingeladen!) – Na, die Zelte hat der Innenminister veran­lasst, lieber Kollege Preineder. (Bundesrat Preineder: Ja, aber die Ladung der Frau Landeshauptfrau von Niederösterreich ist ...!) Wie durch ein Wunder hat man plötzlich über die Zelte diskutiert und nicht über die Aussagen des Herrn Schmid. (Bundesrat Preineder: So einfach geht das?) – Ja, ihr macht das ja, das ist ja eure Messagecontrol.

Herr Kollege Preineder, jetzt wundere ich mich langsam. Du sitzt da in der ersten Reihe, schmunzelst wie das Christkindl, das gerade etwas getan hat, und tust
so,
als ob du kein Wässerchen trüben könntest, und das als jemand, der von der ÖVP Niederösterreich kommt. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Was heißt
das? Ist das schlecht? –
Bundesrat Preineder:
Was heißt das?) Also das kann ich mir schon überhaupt nicht vorstellen.

Noch einmal zurückkommend: Herr Bundeskanzler, Sie wissen, das ist eine Ablenkung.

Und jetzt komme ich zu Ihrem Fraktionsvorsitzenden. Heute hat hier eine große Mehrheit die Achtung der Europäischen Menschenrechtskonvention be­schlossen. Diese Diskussion über die Europäische Menschenrechtskonvention, Herr Bundeskanzler, ist auch so eine Ablenkung. Das hat mit Asyl und
Fremden gar nichts zu tun. Da geht es nämlich um die Rechte aller Europäer und Europäerinnen, ob jung oder alt und wo immer sie in den Mitgliedstaaten
des Europarates leben. Es sind unsere Menschenrechte, die seit 1950 in dieser Konvention niedergeschrieben sind, die unterzeichnet wurden, die von
allen Mitgliedstaaten des Europarates ratifiziert wurden und die Verfassungsrang haben.


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Da kann nicht der kleine Gusti Wöginger herkommen (Heiterkeit bei Bundesrät:in­nen der SPÖ – Bundesrat Preineder: Hallo! Hallo!) und sagen: Jetzt diskutieren wir da ein bisschen weiter!, weil jedes einzelne Mitgliedsland das in den Verfas­sungsrang genommen hat. Niemand ist neugierig darauf, was dazu aus Österreich kommt. Es geht nur darum, dass man ein bisschen von der Migra­tionsfrage ablenkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Unsere Position in der Migrationsfrage ist sehr, sehr klar: Integration vor Zuzug! Allerdings muss Zuzug auch möglich sein, und die Integration muss ernst sein. Deshalb haben wir zum Beispiel in Wien die Wiener Charta entwickelt, in der wir sagen, ab einem bestimmten Zeitpunkt muss es eine Erleichterung auf dem
Weg zur Staatsbürgerschaft geben. (Bundesrat Spanring: Ja, natürlich, damit sie euch wählen können, weil ihr sie vorher subventioniert habt, und jetzt können
sie euch wählen!)
Es kann doch nicht angehen, dass ein Drittel der Bewohner ei­ner Stadt kein Wahlrecht hat. Das geht ja nicht (Bundesrat Spanring: Genau!
Das geht nicht!
), das klafft dermaßen auseinander. (Beifall bei der SPÖ.)

Das heißt: Integration in allen Bereichen des Lebens! Deshalb: Wenn Menschen bei uns wohnen, die wir auch dringend brauchen – wir haben zu wenige Menschen, die Facharbeiter sind, und so weiter und so fort. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) – Ja, schreit nur weiter! Die Deutschen sind derzeit
sehr froh, dass sie eine solche Zuwanderung und Migration haben. Allerdings muss man sehr viel tun, um eine Vertiefung der Integration herbeizuführen,
und darf nicht nur über die Menschen reden, die vor der Türe stehen. (Zwischen­rufe der Bundesrät:innen Spanring und Steiner-Wieser.)

Asyl ist ein Menschenrecht; wir haben auch die Genfer Flüchtlingskonven­tion unterschrieben, und solange die Bundesregierung es nicht schafft, endlich ein Klimaschutzgesetz auf die Reihe zu bringen, wird der Druck auf alle In­dustrieländer, was Klimaflüchtlinge betrifft, enorm wachsen.

Herr Bundeskanzler, als letzten Punkt, wir haben ja nicht sehr oft die Möglich­keit, darf ich noch etwas an Sie persönlich richten: Österreich ist nicht gerade ein


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Land mit einer extrem großen Medienvielfalt. Es gibt eine Qualitätszeitung,
die Sie derzeit töten wollen, das heißt einstellen wollen. Das ist die „Wiener Zei­tung“. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP.) Wir ersuchen Sie dringend, die älteste, die am längsten erscheinende Tageszeitung der Welt weiter erschei­nen zu lassen, so wie es auch alle Religionsgemeinschaften dieses Landes von Ihnen gefordert haben. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundes­rates Arlamovsky.)

19.00


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreu­der. – Bitte.


19.00.53

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es steht in der Dringlichen Anfrage: „Lösen Sie [...] die Krisen im eigenen Land!“ Ich möchte
mich darauf konzentrieren, weil ich glaube, über Krisen zu sprechen ist tatsäch­lich gerade in einem Parlament eine wichtige Sache.

Wir sollten diese Krisen, die uns in unserem Land, in Europa und auf dem ganzen Planeten bedrohen, auch beim Namen nennen. An erster Stelle – ich weiß, Sie wollen das immer nicht hören und ich gehe Ihnen damit auf die Nerven; ich wer­de Ihnen weiterhin damit auf die Nerven gehen – steht die wichtigste Krise, die wir zu bewältigen haben, und das ist auf lange Sicht auf jeden Fall die Klima­krise. Das müssen wir ganz klar so sagen. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Spanring: Ich habe geglaubt ...!)

Sie von der Freiheitlichen Partei sagen immer so gerne: Wir wollen etwas gegen Flüchtlinge tun! Vielleicht können Sie auch einmal überlegen, etwas gegen Fluchtursachen zu tun. Eine der größten Bedrohungen für diesen Planeten ist tatsächlich die Erderwärmung. (Bundesrätin Schartel: Da müssen Sie aber mit
den Chinesen reden ...!) Wenn wir es bis zum Ende dieses Jahrhunderts nicht


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schaffen, die Erderwärmung zu bremsen, wenn wir bei rund 4 Grad Erd­erwärmung anlangen – und diese Gefahr besteht, wenn der ganze Planet so weitermachen würde, wie Sie es gerne tun würden - - (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Hören Sie zu! Ihr habt jetzt viele Reden gehalten, jetzt bin ich am Wort. Sie können gerne danach etwas dagegen sagen. (Zwischenrufe der Bundesrät:innen Ofner und Steiner-Wieser.)

Wenn wir 4 Grad Erderwärmung haben, bedeutet das, dass rund 100 bis 200 Kilometer nördlich und südlich des Äquators kein Mensch mehr leben kann. Diese Menschen würden sich dann auf den Weg machen. Wenn Sie das nicht wollen, dann müssen Sie uns in allen Maßnahmen gegen die Klimakrise unter­stützen, die notwendig sind und die die Bundesregierung auch tatsächlich
trifft. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Eine andere Krise, die wir derzeit haben, ist natürlich der Krieg. Da bin ich schon sehr erschrocken, dass hier so getan wird, als sei nicht eine Partei ganz klar
der Aggressor gewesen und als habe sie nicht jegliches Völkerrecht ignoriert. Es war noch nie in Österreich so, dass man ein Verbrechen, das auf internatio­naler Ebene passiert ist, nicht beim Namen genannt hätte – noch nie! 1968 beim Prager Frühling beispielsweise – ich kann mich noch genau erinnern – hat Österreich eine klare Rolle gehabt, um dem Prager Frühling auch einen unter­stützenden Raum zu geben. (Bundesrat Hübner: Genau! Österreich hat Waf­fen geliefert damals sogar an die Tschechen!)

Ich kann mich sogar erinnern, weil ich ja ein großer Anhänger des Eurovision Songcontest bin, wie jeder weiß: Österreich hat sogar extra als Signal einen Tschechen zum Eurovision Songcontest geschickt. Karel Gott war das damals mit einem Song, der „Tausend Fenster“ hieß, was ausdrückt, dass man sich öffnen
kann. Das gab es doch tatsächlich. (Bundesrat Himmer: Ich kenne nur „Die Biene Maja“!)

Österreich war übrigens auch das Land, das damals, 1969, das Franco-Regime boykottiert hat.


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Ich will damit nur sagen, Verbrechen beim Namen zu nennen ist auf jeden Fall auch für ein neutrales Land eine ganz wichtige Aufgabe. So zu tun, als sei
das nicht eine ganz klare Aggression Russlands gewesen, bedeutet auch, eine Geschichtsfälschung im Vorhinein zu machen.

Meine Damen und Herren, wenn man bedenkt, dass wir seit Anfang 2020 auch noch eine Pandemiekrise zu managen hatten – der Bundeskanzler hat es gesagt –, dann kann man schon sagen, diese Regierung hatte Herausforderungen zu bewältigen, die es in dieser Form überhaupt noch nie gegeben hat, seit dem Zweiten Weltkrieg auf jeden Fall nicht mehr.

Was ich auch sagen kann, wenn behauptet wird, wir täten nichts und wir würden etwas nicht sehen, ist: Ich habe eine unglaublich lange Liste – und ich muss
das jetzt für meine Rede verdichten – von so unfassbar vielen Maßnahmen, die wir gemacht haben, um all diese Krisen zu bewältigen. Ich glaube, dass ich
jetzt in meiner Liste nur 10 bis 15 Prozent aller Maßnahmen habe, aber
ich werde nicht müde werden, sie zu wiederholen, weil – wissen Sie? – ich stolz darauf bin, dass wir das in dieser Bundesregierung durchgebracht haben.

Wir wissen genau: Ja, die ÖVP und die Grünen, das ist mitunter durchaus eine herausfordernde Koalition, das sind zwei Welten, wie es so schön heißt,
die manchmal miteinander ringen müssen. Ja, wir haben oft unterschiedliche Meinungen. Ja, ich habe sogar heute bei der einen oder anderen Antwort
des Herrn Bundeskanzlers möglicherweise einen anderen Gedanken oder eine andere Meinung (Zwischenruf des Bundesrates Ofner) – die hatte ich auch
wirklich bei manchen Dingen –, so wie auch die ÖVP bei vielen Äußerungen, die ich hier machen werde, sicher eine andere Meinung haben wird. Wir setzen
uns aber zusammen, kümmern uns um die Krisen, kümmern uns um die Men­schen und haben unfassbar viel gemeinsam geschafft. (Bundesrat Ofner:
Ja! Nur: Die kriegen das nicht mit!)
Das ist Demokratie (Beifall bei Grünen und ÖVP) und nicht, die Gesellschaft zu spalten, sondern in aller Unterschiedlichkeit


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zusammenzuarbeiten. Das ist Demokratie. (Bundesrat Ofner: Wer hat ... verur­teilt? – Ihr wart es!)

Was wir zum Beispiel geschafft haben, war eine ökosoziale Steuerreform. Klimafreundliches Verhalten wird jetzt belohnt und klimaschädliches bekommt einen gerechten Preis. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Damit haben wir einen Klimabonus verbunden, erhöht mit einem Antiteuerungsbonus, verdoppelt auf 500 Euro pro Erwachsenem und 250 Euro für alle unter 18 Jahren.

Wir haben ein Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz verabschiedet: 100 Prozent sauberer Strom aus Sonne, Wind und Wasser bis 2030. (Bundesrat Schennach: Und was ist mit dem Klimaschutzgesetz?)

Wir haben Anreize für klimafreundliche Mobilität geschaffen. Wir haben
das größte Klimaschutzinvestitionsprogramm und die größte Sanierungsoffensi­ve, die es je gegeben hat. Wir haben sogar die EU-Ebene so inspiriert, dass die das auch in ihr EU-Wiederaufbauprogramm mitaufgenommen haben. (Bun­desrat Hübner: Aber mit diesen Leistungen: Warum wollt ihr dann keine Neu­wahlen? Ihr könnt ja eine absolute Mehrheit haben!)

Raus aus Öl und Gas ist nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern wir fördern
mit 7 500 Euro den Heizungstausch für alle Privathaushalte, und bis zu 100 Prozent Förderung beim Heizkesseltausch gibt es für Menschen mit ge­ringem Einkommen. Wissen Sie, darauf bin ich stolz, da könnt ihr (in Rich­tung FPÖ) noch so hämisch lächeln.

Wir haben Entlastungen in einem ungeheuren Ausmaß geschafft. Das wird auch vom Momentum-Institut – das ist ja durchaus nicht unbedingt Schwarz-Grün-freundlich –, vom Budgetdienst des Parlaments, von allen bestätigt. Wir haben so entlastet, wie es überhaupt noch nie passiert ist.

Wir haben einen Teuerungsausgleich mit enormen Entlastungen für vulnerable Gruppen geschaffen. Wir haben einen Energiekostenausgleich von 150 Euro bei


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der nächsten Stromjahresabrechnung geschaffen. Wir haben Ökostrompau­schale und Ökostrombeitrag 2022 auf null gesetzt – durchschnittlich 100 Euro Entlastung. Es gibt die Senkung der Elektrizitäts- und Erdgasabgabe – circa
60 Euro Ersparnis bei Strom, 100 Euro bei Gas. Wir haben den Kindermehrbe­trag dauerhaft von 250 Euro auf 550 Euro pro Jahr und Kind erhöht. Es
gibt den von 1 500 Euro auf 2 000 Euro erhöhten Familienbonus, es gibt im August die zusätzliche Familienbeihilfe von 180 Euro pro Kind, es gibt
den Teuerungsabsetzbetrag – bis zu 500 Euro für Einkommen bis maximal 2 500 Euro –, und so weiter und so weiter. Ich könnte die Liste ganz
lange fortsetzen. Ich lasse mir das nicht schlechtreden.

Und ja, wir haben auch volle Unterstützung für die Ukraine ausgesprochen. Wir haben geflüchteten Menschen Unterstützung gegeben, weil es notwendig
und menschlich ist.

Am Schluss vielleicht noch eine Kleinigkeit, um zu zeigen, wie wir uns um die Menschen kümmern, weil ja die FPÖ immer so kritisch zu den Impfungen steht (Bundesrat Ofner: Nein, zu eurem Impfzwang!): Für viele Menschen ist die
HPV-Schutzimpfung eine ganz wichtige Angelegenheit. (Bundesrat Hübner:
Da gibt es ja keinen Impfzwang! Habt ihr einen Impfzwang für die HPV-Impfung?)
Es gibt ganz viele HPV-Infektionen. Die können zu Karzinomen führen, zu Ge­bärmutterhalskrebs, es kann zu Problemen im Genitalbereich kommen, und so weiter. Wir machen die HPV-Schutzimpfung für alle, sowohl für Männer als
auch für Frauen, bis zum 21. Geburtstag gratis. Deswegen finde ich, wir müssen weiterarbeiten, und ich bin stolz darauf. (Beifall bei den Grünen und bei Bun­desrät:innen der ÖVP.)

19.10


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Arlamovsky. – Wenn die Bundesräte vielleicht wieder die Plätze einnehmen könnten! Danke schön.

Bitte, Herr Bundesrat.



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19.10.34

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! (Einige Bundesrät:innen und Bundeskanzler Nehammer haben ihre Plätze noch nicht eingenommen.) – Ich würde gerne warten, das wird sich alles in meinen 20 Minuten ausgehen. (Bundeskanzler Neham­mer: Wir hören zu!) – Sie hören zu, okay.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Dringliche Anfrage der Freiheitlichen ist eine Themenverfehlung. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei
den Grünen.) Wenn es darum gehen soll, Krisen oder Probleme in Österreich aufzuzeigen, ist der Großteil von dem, was von der FPÖ angesprochen wird,
nicht das, was an erster Stelle kommen sollte. (Bundesrat Hübner: Das entscheiden nicht die NEOS, was die FPÖ sagen darf! Das ist ja die wirkliche parlamentarische Demokratie!)

Zum Thema Corona: Die Bundesregierung hat natürlich nicht alles richtig gemacht – nur das, was die FPÖ vorschlägt, wäre noch viel falscher gewesen.

Beim Thema Russland, Sanktionen: Ich hätte auch nicht hundertprozentig alles, alle Reaktionen unterstützt. Ich hätte zum Beispiel nicht vorgeschlagen, nach Moskau zu fahren, und nicht gesagt, dass es eine gute Idee war. Bei allem aber, was Sie heute gesagt haben – dass man der Ukraine die uneingeschränkte Solidarität zusichern muss –, stehe ich komplett auf Ihrer Seite.

Was das Thema Inflation und Maßnahmen gegen die Teuerung betrifft, kann man auch an unserem Abstimmungsverhalten im Nationalrat und hier
sehen, dass wir nicht allem zustimmen, was von der Bundesregierung vorge­schlagen ist – nur das, was die FPÖ vorschlägt, wäre noch viel falscher
gewesen.

Beim Thema Asyl und Migration, bei dem es tatsächlich Probleme im
eigenen Land gibt, sind die Symptome von FPÖ-Seite aber doch falsch dia­gnostiziert worden. Wenn wir uns zum Beispiel das Thema Zelte anschauen: Die


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Zelte wurden nicht deswegen aufgestellt, weil wir sie derzeit brauchen
würden, sondern weil seit Jahren gerade auch im Asylverfahren und bei undo­kumentierter Zuwanderung ein krasses Missmanagement herrscht.

Wenn jetzt der Innenminister Zelte aufstellt, möchte er zwei Sachen machen:
Das eine ist, er möchte suggerieren, dass es hohe Zahlen von Asylwerbern gibt. Diese hohen Zahlen sind aber erstens dadurch bewirkt, dass durch die so­genannte Aktion scharf Leute in Österreich ins System aufgenommen werden, die wir ansonsten nicht bemerkt hätten, weil sie sowieso nur durchreisen
wollen. Das sieht man daran, dass die Anzahl der Personen, die sich in der Grund­versorgung befinden – abgesehen von Ukrainerinnen und Ukrainern, die
in Wirklichkeit auch nicht in der Grundversorgung, sondern im Sozialhilfesystem sein sollten –, nicht steigt.

Es ist klar, dass die Dublin-Verordnung gescheitert ist und wir das Asylsystem in Europa neu aufstellen müssen, nur suchen Sie sich dafür, Herr Bundeskanzler, die falschen Freunde. Anstatt sich mit Vucić und Orbán fotografieren zu las­sen, sollten Sie sich für ein Ende der Visafreiheit in Serbien als Belohnung für die Länder, die den Kosovo nicht anerkennen, einsetzen und auf europäischer Ebene auf konstruktive Lösungen hinwirken.

Es braucht nämlich ein europäisches Asylsystem mit klaren Regeln. Punkt 1 – wie ich schon gesagt habe –: Ende der Visafreiheit in Serbien für bestimmte
Länder; zweitens eine stärkere Kontrolle der Außengrenzen mit Registrierung der Asylwerberinnen und Asylwerber; drittens – was Sie nicht genannt
haben – eine menschenwürdige Behandlung und faire Verfahren für diese Per­sonen in allen EU-Staaten; und viertens eine Verteilung der registrierten Asylwerberinnen und Asylwerber auf alle EU-Staaten mit einer Residenzoblie­genheit – Zug um Zug für die Grundversorgung in diesen Ländern. Das
würde nämlich Ordnung, Sicherheit und ein Ende entbehrlichen Lei­des bedeuten, und gerade wir in Österreich würden von all diesen Maßnah­men profitieren.


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Anstatt also auf Kuschelkurs mit denjenigen zu gehen, die ein solidarisch-humanes und konsequentes Vorgehen blockieren, sollten Sie sich mit
der Bundesregierung kompetent für die Maßnahmen einsetzen, die auch funktionieren.

Zurück zum Thema Quartiere: Wir zahlen im Jahr über 40 Millionen Euro an Steuergeld in Österreich – das sind 125 000 Euro täglich – für Asylquartiere, die leer stehen. Die Zelte brauchen wir nicht. Wir NEOS fordern schon seit Wo­chen, dass sich Ihr Innenminister das sogenannte Durchgriffsrecht holt. Durchgriffsrecht bedeutet, dass eine Unterbringung in den neun Bundesländern in Quartieren erfolgen kann, die vom Bund organisiert werden (Zwischenruf des Bundesrates Spanring), wobei man schon sagen muss, dass die Bundesländer, die die Quote nicht erfüllen, fast ausschließlich von der ÖVP geführt werden. Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr hat in diesem Zusammenhang auch richtigerweise erwähnt, dass man Ausgleichszahlungen seitens der Bundes­länder, die die Quote nicht erfüllen, zugunsten derjenigen Bundesländer, die die Quote erfüllen, einführen sollte. Ansonsten ist es offenbar nicht möglich,
dass die ÖVP-Bundesländer ihren Verpflichtungen diesbezüglich auch nach­kommen.

Weil Sie vorhin die Erweiterung des Schengenraums angesprochen haben:
Ob ein Land dem Schengenraum beitreten darf, wird nicht nach dem Bauchgefühl der ÖVP entschieden, sondern nach strengen rechtsstaatlichen Kriterien. Es darf nicht davon abhängen, ob die ÖVP von eigenen Skan­dalen ablenkt oder ob eine Wahl in Niederösterreich bevorsteht. Der Treppen­witz an der ganzen Geschichte, dass das Asyl- und Migrationsthema von der ÖVP wieder so hochgespielt wird – vermeintlich im Interesse, bei den Wahlen besser dazustehen –, ist, dass sich das Ganze als Eigentor heraus­stellt und in den Umfragen bisher nur die Freiheitlichen davon profitiert haben. (Heiterkeit des Bundesrates Leinfellner.)


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Wenn es, wie die Freiheitlichen ihre Dringliche Anfrage genannt haben, um
die „Krisen im eigenen Land“ geht: Was Sie im eigenen Interesse gar nicht er­wähnt haben, sind die Krisen, die sich darin manifestieren, was im Ibizavideo aufgezeigt worden ist. Die Gesetzeslücken, die dadurch aufgezeigt worden sind: Spenden an Parteien über Vereine, vorbei am Rechnungshof – das ist immer
noch möglich. Was könnte man dagegen machen? – Eine echte und umfassende Informationsfreiheit und ein schärferes Korruptionsstrafrecht! Dadurch
könnte die Korruption in unserem Land zukünftig verhindert werden.

Die Menschen haben zu Recht genug von dieser Politik. Sie haben genug von wöchentlich bekannt werdenden Korruptionsfällen. Sie haben genug davon, dass nur angekündigt, aber nicht umgesetzt wird. Für die saubere Politik, die Ös­terreich verdient, damit man auch, wie der Bundespräsident gesagt hat, tatsächlich sagen kann: „So sind wir nicht!“, braucht es so schnell wie möglich Neuwahlen. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

19.18


Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Pröller. – Bitte, Herr Bundesrat.


19.18.27

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! – Herr Bundeskanzler, viele Menschen fragen sich am Monatsende: Sollen wir heizen oder essen? Das haben Sie zu ver­antworten – eine Regierung, die nicht mehr handlungsfähig ist. Deshalb ist es keine Themenverfehlung, Herr Kollege Arlamovsky, es ist notwendig, dass wir heute hier diese Dringliche Anfrage abhandeln. (Beifall bei der FPÖ.)

Als Sie, Herr Bundeskanzler, nach zwei Jahren Coronapolitik, während derer massiv in die Grund- und Freiheitsrechte eingegriffen wurde, gesagt haben: Na ja, wir hätten ja die Impfpflicht eingeführt, um die Freiheit der Menschen
zu erhalten, da bin ich zusammengezuckt. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Geh! Na


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geh!) Das war schon ein bisschen zynisch. Also wenn mir einer eine Impfung
gibt, damit ein anderer frei ist, diesen Gedankengang verstehe ich nicht, daher: unvorstellbar. (Beifall bei der FPÖ.)

Ob es jetzt die Sanktionspolitik ist, die Asylpolitik, die Energiepolitik: Exper­tenratlosigkeit. – Sie, Herr Bundeskanzler, haben auch wieder gesagt: Die Experten haben gesagt, Corona, Omikron, und, und, und. – In Wirklichkeit ist dann nichts gewesen. Die Experten haben auch gesagt, nach Corona wird
die Wirtschaftsleistung fallen und es wird lange dauern, es wird eine hohe Ar­beitslosigkeit geben. – Nichts ist eingetroffen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich bin gespannt, was dann bei den Sanktionen herauskommt. Da wird vielleicht auch etwas herauskommen, weil Sie auch gesagt haben: Na ja, wenn die Sanktionen dann uns, die eigene Bevölkerung, mehr betreffen als die Russen, muss das auch überlegt werden. Ich warte auf das Ergebnis. Überlegen Sie sich, ob die Sanktionen noch richtig sind! (Beifall bei der FPÖ.)

Aufgrund dieser Politik ist jetzt eine massive Teuerungswelle da, die jeden betrifft. Warum aber, Herr Bundeskanzler, das jetzt nicht mehr funktioniert: Sie können wahrscheinlich machen, was Sie wollen, ob es gut ist oder schlecht,
die Menschen draußen haben kein Vertrauen mehr in Ihre Arbeit. Nur mehr knapp 30 Prozent unterstützen die ÖVP und die grüne Politik. Es ist in den letzten drei Jahren so viel passiert, von dem die Menschen ja gar nicht mehr wissen, dass das gewesen ist. Von dem Terroranschlag, von der Verantwor­tung, als Sie noch Innenminister waren, redet keiner mehr, weil am nächsten Tag schon wieder etwas anderes war. Dann auf einmal haben wir die Corona­maske verordnet bekommen. Wir sind die Einzigen mit der FFP2-Maske, alle an­deren haben die normale. Jeder fragt: Warum? Dann erfährt man: Da steckt
wieder mehr dahinter! Da passiert eines nach dem anderen, wodurch das Ver­trauen in die Regierung leider Gottes verloren gegangen ist, und daher ist
es notwendig, dass Neuwahlen kommen.


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Wir sind mit einer Bundesregierung konfrontiert, die nicht das Land durch
die Krisen führt, sondern die Krisen teilweise selber verursacht und durchs Land führt. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Zwazl: Also Corona haben wir selber gemacht?)

Frau Kollegin, eine Inflation von 11 Prozent, das betrifft vermutlich auch Sie mit Ihrem Gehalt. Sie können sich halt nicht mehr diesen Urlaub leisten, in den
Sie wahrscheinlich fahren wollten (Bundesrätin Zwazl: Von was redest denn du ei­gentlich ...?), aber für eine normale Familie, die jeden Tag mit ihrem Geld kämpft, ist das eine Riesenbelastung. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Zwazl: Für mich auch, ich bin Unternehmerin!) Daher trifft es jetzt auch die Mittelschicht, und viele Menschen haben derzeit große Sorgen und sogar Angst, dass sie sich das tägliche Leben nicht mehr leisten können. Das liegt nicht nur an den Krisen, sondern vor allem an Ihrer Politik. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Dadurch verteuern sich die Energiepreise, die Menschen in unserem Land können sich immer weniger leisten und geraten zunehmend in eine bedrohliche Lebenssituation. Umso dringender ist es, dass Sie endlich Maßnahmen er­greifen, die gerade jenen Menschen zugutekommen, die mit ihrem Einkommen nicht mehr auskommen.

Sie (in Richtung Bundesrat Schreuder), Herr Kollege, behaupten zwar immer wieder: Wir machen so viel! (Bundesrat Schreuder: Ja!) – Ja, aber es kommt nicht an oder es ist zu wenig. Diese Sorgen und Ängste sind Hilferufe. Die Zahl der Menschen, die sich an die Caritas Sozialberatung gewandt haben – wir haben es gestern gehört –, ist zwischen August und Oktober 2022 um 35 Prozent und
in Wien sogar um 50 Prozent gestiegen. Das sind ja Zahlen, die erschreckend sind. Der Kollege von der SPÖ hat es schon angesprochen: Mag. Anzengruber,
die Leiterin der Caritas Sozialberatungsstelle, hat es klar und deutlich dargestellt. Dreimal so viele Menschen wie 2021 suchen zum ersten Mal Unterstützung
bei der Caritas. Ich glaube, wir können nachvollziehen, was das heißt, das erste Mal in einen Sozialmarkt hineinzugehen – ein großer Schritt.


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Die Gründe dafür sind einerseits der geringe Verdienst oder auch plötzliche Ausgaben. Das ist hauptsächlich die Energiekostenabrechnung – jetzt in Oberösterreich Ende des Jahres, sprich Anfang Jänner –, und da sind die 100 Euro, 500 Euro nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein, weil
die Jahreserhöhung circa 2 000 Euro bis 3 000 Euro beträgt. Das sind also schon Beträge, die in die Tiefe gehen.

Wie ich schon erwähnt habe, werden Sozialmärkte in Österreich gestürmt. In Oberösterreich waren die Waren rasch ausverkauft. Die Bundesregierung hätte es in der Hand, etwas zum Positiven zu verändern, aber ich habe einfach
das Gefühl – und viele andere auch –: Die Dramatik wird nicht verstanden oder ihr bringt es nicht rüber. Wie gesagt, ihr könnt Sachargumente bringen, aber
die Leute vertrauen euch nicht mehr und hören das nicht mehr. Das ist einfach eine emotionale Geschichte. Die Leute spüren euch einfach nicht mehr –
und das schon seit Jahren. (Beifall bei der FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Wie ich schon gesagt habe: Der Strompreis
hat sich verdoppelt, der Gaspreis ist unbezahlbar. Daher ist auch in Österreich eine Gaspreisbremse für mehr Planbarkeit für die Industrie, für die Klein-
und Mittelbetriebe, für die privaten Haushalte dringend notwendig.

Sie haben gesagt, der Herr Finanzminister berät oder macht – ich weiß nicht – einen Arbeitskreis. Handeln Sie, tun Sie etwas, machen Sie etwas! Die Zeit läuft jedem davon. Und dann kommt noch als Spitze die CO2-Bepreisung, die leider Gottes die ÖVP wahrscheinlich mitmachen muss, weil die Grünen das vorgeben. Das wäre das Erste, das man sofort machen könnte: das abzuschaffen. (Beifall
bei der FPÖ.)

Die CO2-Bepreisung ist eh schon oft erwähnt worden, aber dazu kommt
noch, dass man die 500 Euro auch Asylanten und Häftlingen gibt. Das hat eh Kol­lege Ofner schon gesagt. Das kann dann keiner mehr verstehen, gerade
wenn viele Familien jetzt in diesen Tagen vor Weihnachten überlegen, ob sie den Kindern überhaupt ein Weihnachtsgeschenk kaufen können. Jedes vierte


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Kleinkind in Österreich – das hat auch der Kollege schon angesprochen – ist ar­mutsgefährdet. Das muss ja jeden Einzelnen bewegen, und man muss schau­en: Was kann ich tun? Das betrifft aber nicht mehr nur, wie man so sagt, die un­tere Schicht, sondern es betrifft wirklich einen ganz klassischen Familien­vater, der zwei oder drei Kinder hat. Der bekommt wahrscheinlich nicht einmal eine Unterstützung, der muss halt mit dem auskommen, was er hat, aber die Energiepreise muss er zahlen.

Geschätzte Damen und Herren, neben den Familien betrifft es vor allem auch Alleinerziehende, Pensionisten und auch sehr Junge, die in der Ausbildung stehen. (Zwischenruf des Bundesrates Preineder.) Es geht jetzt um die vielen Men­schen, die in diesem Land Angst, tatsächlich Angst davor haben, in die Armut abzurutschen. Das braucht man nicht lächerlich zu machen, es ist Fakt – nicht bei denen, die hier herinnen sitzen, das Gefühl haben wir nicht, aber ich
glaube, ihr kennt wahrscheinlich auch sehr viele, die jetzt, in den letzten Tagen wirklich an die Grenze ihrer Nerven kommen und dadurch, dass sie einfach
zu wenig Geld haben, auch Familienprobleme haben. Das werden aber wahrscheinlich viele hier gar nicht wissen.

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Günter Pröller, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenlawine stoppen – Entlastung für Österreich“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend Regierungsvorlagen zuzuleiten bzw. die entsprechenden Maßnahmen zu setzen, die die Umsetzung insbesondere nachstehender Forderungen auch im Sinne
des Stopps der derzeitigen Kostenlawine zur Entlastung für Österreich sicher­stellen:“

*****


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Geschätzte Damen und Herren, es ist Zeit, den Bürgern das Geld wieder zurückzugeben, das ihnen genommen wurde. Die Menschen brauchen wieder Zuversicht und Hoffnung. Wir brauchen eine Regierung, die wieder für Si­cherheit, Ordnung und stabile Verhältnisse sorgt und für die Menschen da ist, und nicht eine Regierung, die mit sich selbst beschäftigt ist. Daher wieder­hole ich meinen heutigen Weihnachtswunsch: Rücktritt der Regierung und Neu­wahlen – je früher, umso besser. (Beifall bei der FPÖ.)

19.27


Präsidentin Korinna Schumann: Der von den Bundesräten Günter Pröller, Kol­leginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Kostenlawine stoppen – Entlastung für Österreich“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sandra Gerdenitsch. – Bitte, Frau Bundesrätin.


19.27.56

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Kolleginnen und
Kollegen! Werte Zuseher:innen zu Hause vor den Bildschirmen! Es ist wirklich schon vieles gesagt worden, aber eines möchte ich Ihnen noch einmal
sagen: Kein einziges Bundesland kann diese Krise allein stemmen, doch wir in den Bundesländern haben das Gefühl, das genau ist der Plan. Das, was
wir als Bundesländer tun, ist klar: Wir verteilen Pflaster, wir lindern den Schmerz, aber die Wunde muss genäht werden, und das kann nur der Bund tun.

Das Burgenland hat das beste Entlastungspaket aller Bundesländer geschnürt. Wir haben den Heizkostenzuschuss von 165 Euro auf 700 Euro erhöht,
den Anti-Teuerungsbonus von 400 Euro bis zu 700 Euro geschaffen. Dieser hilft den Menschen direkt. Wir haben auch die Wohnbauförderung mit 67 Prozent deutlich erhöht, und wir haben bei der Strompreiserhöhung im heurigen Jahr,


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anders als andere Bundesländer, nicht mitgemacht. Das erspart den Bur­genländerinnen und Burgenländern rund 660 Euro bis Ende des Jahres. Die Strompreisbremse braucht es aber nicht nur für Privathaushalte, sondern
auch für Unternehmen, und es braucht für alle einen Gaspreisdeckel. Dass Sie als Regierung darüber nachdenken, ist einfach zu wenig. (Beifall bei der SPÖ sowie
des Bundesrates Steiner.)

Ich möchte hiermit noch einmal die Forderung unseres Landesgeschäftsführers Roland Fürst und des SPÖ-Klubobmanns Robert Hergovich nach einer Sondersitzung im Nationalrat unterstreichen. Wir wollen, dass den privaten Haushalten und im besten Fall auch der Wirtschaft eine Monatsrechnung erlassen wird. Es ist dringend notwendig, dass da die Bundesregierung in die Gänge
kommt. Es ist so, dass die Druckerei Leykam in Müllendorf vor der Schließung steht, und Weitzer Parkett in Güssing droht eine Kündigungswelle. Ein massiver Anstieg der Arbeitslosigkeit steht bevor. – Das können Sie doch nicht wollen.

Sie heften sich immer auf die Fahnen, die Wirtschaftspartei zu sein. Wo sind Sie denn jetzt? Da hört man jetzt nichts, dass Sie den Standort Österreich absi­chern. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass die Länder sich bemühen, aber der Bund zusieht. Was uns sprachlos macht: Man will die geförderten Stromkosten mit der vollen Umsatzsteuer belasten. – Wo ist denn da die Ent­lastung, bitte? Wir verstehen das auch nicht, weil Deutschland es schafft, seine Menschen zu entlasten. Auch Griechenland, Spanien und Frankreich tun das.

Wir wollen, dass entweder im Dezember, im Jänner oder im Februar die Gas­monatsrechnung übernommen wird, um den ersten Preisschock abzufe­dern. Das, wovor sich die Menschen gefürchtet haben, ist nun bittere Realität. Es muss so rasch wie möglich den Gaspreisdeckel geben. Auch namhafte
ÖVP-Politiker wie Landeshauptmann Stelzer, Landeshauptmann Drexler oder auch Wirtschaftskammerpräsident Mahrer fordern den Gaspreisdeckel. Reden Sie denn mit Ihren Kollegen nicht? (Beifall bei der SPÖ.)


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Das Burgenland stemmt sich seit Beginn der Teuerungswelle mit einem Maßnahmenpaket gegen die anhaltende Energiekrise. Die Krisengewinner leis­ten im Burgenland einen Beitrag für jene, die besonders unter der Teue­rungsexplosion leiden. Die Fairnessabgabe ist ein gerechter Beitrag der Big Player, die durch die Krise enorme Übergewinne erzielen. Mit dem Mitte November im Burgenland beschlossenen Gesetz sorgen wir für eine klassische Umverteilung. Die eingenommenen Gelder werden ausschließlich für soziale Zwecke verwendet und fließen zur Gänze in den Klima- und Sozialfonds. Bis jetzt konnten annähernd 4 Millionen Euro an Entlastungsgeldern ausbezahlt werden.

Ich weiß nicht, ob Sie auch die Erfahrung von armutsgefährdeten Kindern, von alleinerziehenden Müttern, die jetzt zwei- und dreimal mehr an Energiekosten im Monat zu bezahlen haben, machen. Wie soll sich das mit 1 200 Euro netto, 1 300 Euro netto ausgehen? Sie leben da leider Gottes absolut abgehoben in Ih­rem Elfenbeinturm. Kommen Sie jetzt bitte endlich in die Gänge! (Beifall bei
der SPÖ.)

Wir haben heute schon darüber geredet: Ich lebe in Deutschkreutz. Da gibt es wunderbare Rotweine, aber wir sehen leider Gottes auch tagtäglich die illegalen Grenzübertritte. Auch das ist nicht lustig. Wenn Sie sagen, Sie haben schon
viel gemacht, dann stimmt das leider nicht. Die Polizistinnen und Polizisten so­wie das Bundesheer leisten natürlich großartige Arbeit. Allerdings werden
sie von euch im Stich gelassen. Durch die hohe Anzahl von über 100 000 Auf­griffen kommt die Polizei nicht mehr zur ursprünglichen Aufgabe, nämlich zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit. Das be­weisen die dramatischen Vorfälle. Wenn man hört, eine Ortschaft ist an allen Ortseinfahrten gesperrt, weil es schon wieder einen Schusswechsel gegeben hat, dann vergeht es einem nämlich wirklich. (Vizepräsident Hirczy übernimmt
den Vorsitz.)


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Es ist auch Wahnsinn, dass die Polizisten und Polizistinnen in Ungarn an Schwerpunktaktionen teilnehmen müssen, auch an Sonn- und Feiertagen. Die Polizei ist absolut am Limit und braucht eine massive personelle Aufstockung.
Nur Showfotos mit dem Innenminister zu machen ist einfach zu wenig.

Noch einmal: Bitte denken Sie an die Menschen! Weihnachten steht vor der Tür. Jetzt wird es erst wirklich prekär, jetzt kommt erst die Kältewelle. Schauen Sie aber ins Burgenland – Nachahmen erlaubt! (Beifall bei der SPÖ.)

19.33


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­rätin Marlies Steiner-Wieser. – Bitte.


19.33.13

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dass wir heute eine Dringliche Anfrage an den Kanzler haben, ist eigentlich eine hausgemachte Geschichte von ÖVP und Grünen. Schon seit einem Jahr steht auf dem Terminkalender, dass für heute
eine Aktuelle Stunde geplant ist (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Das hast du heute schon gesagt!), und es ist skandalös und eine Missachtung des Parlaments,
dass es heute nicht ein Einziger von 14 Ministern – drei waren ja entschuldigt; also von elf Ministern – der Mühe wert gefunden hat, zu uns ins Hohe
Haus zu kommen und Rede und Antwort zu stehen. Das ist absolut nicht tole­rierbar! (Beifall bei der FPÖ.)

Der Kanzler wurde in den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss zitiert. Da ist es ja logisch, dass er nicht kommen kann. Jeder Einzelne von uns möchte ja Aufklärung darüber haben, was hinter dem ÖVP-Korruptionssumpf steckt. Seine Vertretung ist krank geworden. Dass sie nicht kommt, ist auch logisch. Elf
andere Minister haben es aber nicht der Mühe wert gefunden. Der Fraktionsob­mann der ÖVP, Herr Bader, hat ja versucht, einzelne Minister zu kontaktie­ren, damit irgendjemand kommt.


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Wirklich arg und armselig, wie einen Treppenwitz und unerträglich finde ich aber, dass, obwohl wir ja jede Menge aktueller Themen für eine Aktuelle Stunde zu behandeln hätten – die Teuerungswelle, das Asylchaos, die Grenzsiche­rung, das Kaputtsparen des Gesundheitssystems oder das Ende aller Corona­maßnahmen zum Beispiel –, in dieser Situation hier eine Landesverteidi­gungsministerin sitzt, die da gewesen wäre, die zu einem dieser prekären The­men Rede und Antwort hätte stehen können, und – wir haben es da genau gehört – als Herr Bader sie gefragt hat, hat sie zur Antwort gegeben – Herr Kanzler, das müssen Sie wissen; Ihre Ministerin! –: Nein, ich nicht! Wie
komme ich denn dazu? (Beifall bei der FPÖ.) Das hat Ihre Landesverteidigungs­ministerin gesagt, hier ist sie gesessen.

Wir wären ja bescheiden gewesen. Uns Freiheitlichen wäre es egal gewesen, welcher Minister kommt, wir könnten zu allen aktuellen Themen referieren, aber Ihre Landesverteidigungsministerin sitzt, obwohl an der Grenze der Hut
brennt, hier und sagt: Na, wie komme ich denn dazu? – Originalzitat. Ich zitiere: Wie komme ich dazu? – Armselig; da würde ich mir einmal die gute Frau –
ich halte nicht viel von ihrer Arbeit (Bundesrat Preineder: Das beruht auf Gegensei­tigkeit!) – zur Brust nehmen.

Sie als Kanzler sind ja für alle Bereiche zuständig. Wir haben dann klarerweise
in der Besprechung gesagt: Na ja, da muss der Kanzler nach dem U-Ausschuss halt zu uns kommen, und wir werden über alle Themen referieren! Es laufen ja
bei Ihnen als Chef dieser Regierung alle Fäden zusammen. So ist ja zum Beispiel auch der Gesundheitsbereich im übertragenen Sinne eine Ihrer Aufgaben. Es
gibt täglich Horrormeldungen aus dem österreichischen Gesundheitssystem, be­sonders aus den Krankenanstalten. Sie füllen derzeit jeden Tag die Tageszei­tungen und das Netz. Da steht drinnen: ÖVP und Grüne zerstören das ös­terreichische Gesundheitssystem. – Ja, das kann ich ja nur voll unterstreichen. Egal, ob die ÖVP und die Grünen im Gesundheitsressort auf Bundes-


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ebene oder auf Landesebene agieren: Es endet im Chaos. Drei grüne Gesund­heitsminister innerhalb von knapp drei Jahren haben ja dem Ganzen noch den Rest gegeben.

Es wurde im Gesundheitsbereich derartig der Sparstift angesetzt, dass man ös­terreichweit sogar ganze Abteilungen schließen muss, ja, sogar ganze Spitäler mussten wegen eurer mangelnden Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern im Gesundheits- und Pflegebereich geschlossen werden. Das Personal läuft
euch ja in Scharen davon.

Ich darf wieder einmal an eure verfehlte Coronapolitik erinnern. Noch immer wird das Personal im Pflege- und Gesundheitsbereich mit Pflichtimpfungen drangsaliert. Das ist menschenunwürdig für das Personal! (Beifall bei der FPÖ.)

Das Einzige, was ihr mit eurer Zwangsbeglückung erreicht, ist, dass noch mehr Mitarbeiter im medizinischen Bereich kündigen werden und der Pflegenotstand, der medizinische Notstand noch größer wird. Corona und all die gesetzten Maßnahmen haben ja nicht nur in der österreichischen Gesellschaft, auf dem Ar­beitsmarkt und in der Wirtschaft schwere Schäden hinterlassen, sondern
das österreichische Gesundheitssystem organisatorisch, finanziell und personell an den Abgrund gebracht. Von all den privaten, persönlichen Schicksalen
will ich ja gar nicht zu reden anfangen, weil ich sonst morgen in der Früh noch dastehe, angesichts dessen, was ihr mit der österreichischen Bevölkerung angestellt habt. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher darf ich einen Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entschädigungszahlung an Personen, die durch gesetzwidrige Verord­nungen und verfassungswidrige Gesetze psychisch, physisch sowie auch finan­ziellen Schaden genommen haben“


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Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die die Voraussetzungen für Entschädigungszahlungen an Personen regelt, die durch gesetzwidrige Verordnungen oder verfassungswidrige Gesetze psychischen, physischen sowie auch finanziellen Schaden genommen haben.“

*****

Mit der Zustimmung zu dem Antrag könnt ihr eine kleine Wiedergutmachung
für das, was ihr in den letzten fast drei Jahren verbockt und mit der österreichischen Bevölkerung angestellt habt, leisten. (Beifall bei der FPÖ.)

Unser Gesundheitssystem bricht zunehmend zusammen. Die Hilferufe hört man wirklich aus jedem Bundesland. Die Krankenanstalten, der niedergelassene Bereich: in der Gesundheitsversorgung brennt der Hut.

Wenn ich mir mein Heimatbundesland Salzburg anschaue: In Salzburg haben ÖVP und Grüne jahrelang das Gesundheitssystem kaputtgespart und kurzfristige Personalpolitik betrieben – ich sehe schon, die Kollegin aus Salzburg (in Rich­tung Bundesrätin Eder-Gitschthaler) hört jetzt brav zu, das freut mich; vielleicht wird sie in Salzburg auch tätig –, und das fällt uns jetzt auf den Kopf, weil in
der Landesklinik Salzburg, in der Salk, die Zahl der Betten um über 150 verrin­gert werden muss. So, wie es ausschaut, wird dasselbe Schicksal unser einziges vorhandenes Unfallkrankenhaus treffen.

Was ihr mit der Fusionierung vorhabt, ist sowieso ein Schmarrn. Es ist eher kontraproduktiv und negativ, das Unfallkrankenhaus in weiterer Folge aufzulassen, wie ihr das tun wollt.

Es ist mir schon bewusst, dass es schwierig ist, in einem leergefischten Teich
nach Personal zu suchen. Wenn jemand aber so beratungsresistent ist wie die ÖVP und die Grünen, dann greift man sich doch nur noch an den Kopf. Es


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werden freiheitliche Anträge, welche zur Verbesserung der Situation beitragen könnten, sowohl im Landtag als auch hier im Parlament einfach abgelehnt.
Es muss der Beruf als solcher einfach wieder attraktiv gemacht werden. Ich den­ke da an Ärztestipendien oder daran, dass endlich die Schwerarbeiterverord­nung für die Mitarbeiter im Gesundheits- und Pflegebereich kommen soll. Es scheint aber wirklich so zu sein, dass die ÖVP und die Grünen an einer kons­truktiven Lösung gar nicht interessiert sind.

Herr Kanzler, es ist nicht fünf vor zwölf, sondern es ist im Gesundheitsbereich schon lange fünf nach zwölf, und es brennt massiv der Hut. (Beifall bei der FPÖ.)

Ihr von der schwarz-grünen Bundesregierung nehmt ja die medizinische Grundversorgung anscheinend gar nicht ernst. Während für Coronamaßnahmen immer noch Milliarden Euro ausgegeben werden, wird die medizinische Grundversorgung mit vergleichsweise bescheidenen Mittel abgespeist. Auch die sogenannten Erhöhungen schauen ja mager aus und erinnern eher an einen Treppenwitz. Es wäre ja viel gescheiter, die Gelder, die diese Regierung für die sinnbefreiten Impfkampagnen ausgibt, in die medizinische Grundversorgung
zu geben.

Die Leute haben ohnehin schon die Nase gestrichen voll von euren Coronamaß­nahmen, und ihr werdet, auch wenn ihr Briefe verschickt, nicht mehr Leute
zum Impfen bringen. Corona ist vorbei!, haben Sie vor laufender Kamera bei ei­ner Veranstaltung gesagt, Herr Bundeskanzler. Zum einzigen Trost, haben Sie auch bei einer Veranstaltung gesagt, sollten die Menschen entweder zu „Alkohol oder Psychopharmaka“ greifen. – Ja, schön langsam werden die Leute auch dazu greifen, denke ich mir, wenn ich sehe, wie die Kinder- und Jugendpsychia­trien übergehen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Wenn die Regierung aus ÖVP und Grünen auf ihre Hunderten Millionen PR- und Marketinggelder verzichten könnte, dann könnte man das Geld locker, aber locker für ein Akutfinanzierungspaket im Gesundheitsbereich einsetzen. Davon


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hätten dann wenigstens die Bürger etwas. Diese Bundesregierung aus
ÖVP und Grünen betreibt aber anscheinend nur Politik für die Pharmaindustrie.

Sogar der Rechnungshof hat eure schwarz-grüne Krisenbewältigung kritisiert, aber mit Recht – mit Recht!

Was ich heute auch schon zum Herrn Gesundheitsminister gesagt habe: Die Ankündigung von 2 000 Euro brutto für Angehörige der Pflegeberufe ist ja ein Schmäh! Das wird zwar vom Ministerium auf der Website beworben, aber –
und das habe ich heute auch schon einmal gesagt – wenn man dann ins Intranet der Salzburger Landeskliniken schaut, von deren Mitarbeitern ich (mit Dau­men und Zeigefinger das Volumen andeutend) so ein Packel E-Mails bekommen ha­be, sieht man, dass dort steht, die Mitarbeiter der Salzburger Landeskliniken bekommen 1 580 Euro brutto, obwohl von der Regierung vollmundig angekün­digt wird, die Menschen in der Pflege und im Gesundheitsbereich bekom­men 2 000 Euro brutto ausbezahlt. Jeden Cent brauchen die Leute!

Dann fragt man beim ressortzuständigen Landeshauptmannstellvertreter in Salz­burg nach – das ist Ihr Parteikollege Stöckl, mit dem können Sie dann auch gleich einmal ein ernstes Gespräch führen –, und er sagt, ihn geht das nichts an, das hat der Bund mehr oder weniger verbockt, er hat das Geld nicht, um es den Leuten auszuzahlen. Das ist eine Respektlosigkeit, es ist eine Farce!

Es waren genau jene Menschen im Gesundheits- und im Pflegebereich, die dagestanden sind, als ihr das ganze Volk, das ganze Land eingesperrt, zugesperrt und weggesperrt habt. Als Helden habt ihr diese Menschen gefeiert, aber anscheinend bleibt es bei euch nur bei Lippenbekenntnissen (Beifall bei der FPÖ), es sei denn, Herr Kanzler, Sie können mir Ihr Wort geben, dass Sie mit Stöckl
in Salzburg reden und ihm sagen: Pass einmal auf, zahl das aus, was wir versprochen haben!

In Salzburg wird ja auch genug Geld ausgegeben. Der macht aus der Salzburger Landesklinik nach wie vor ein Fort Knox. Da gibt es vier Eingänge, und bei jedem


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Eingang ist eine Schleuse. Man kommt ja in die Landesklinik vor lauter
Securities nicht hinein, weil immer noch 3G gilt. Corona ist vorbei, bitte! Man muss es wie eine normale Grippe behandeln. (Bundesrat Preineder: Frau
Doktor!)
Das Geld, das man für all diese Sicherheitsmaßnahmen ausgibt – ich glaube, das ist die einzige Klinik in ganz Österreich, die wie Fort Knox ist –, könnte man dem Pflegepersonal geben (Beifall bei der FPÖ), statt Wachpersonal vor ein Krankenhaus hinzustellen, obwohl Corona schon lange vorbei ist. (Bundesrat Preineder: Das Chaos, das ihr produziert habt, war gewaltig!) Die Kran­kenschwestern, die Pfleger, die Pflegehelfer, die Ärzte, das medizinische Personal, das Pflegepersonal haben es sich verdient.

Zum Abschluss muss ich Ihnen schon sagen: Sie haben Corona und die Sterbefälle sehr schön in Bildern geschildert. Jeder einzelne Sterbefall war si­cherlich tragisch, aber bei einer Sterblichkeitsrate bei Corona von 0,23 Pro­zent hat man nicht einmal hinterfragt: Sind die Menschen an Corona, mit Corona oder wegen Corona gestorben? Das hätte man halt hinterfragen müssen. Dafür gibt es aber auf der anderen Seite Triagen in der Kinder- und Jugendpsy­chiatrie, weil den jungen Menschen über zwei Jahre wertvolle Bildungszeit geraubt wurden.

Stoppen Sie zumindest jetzt alle Coronamaßnahmen! Lassen Sie die Impfzwänge für das Pflege- und Gesundheitspersonal weg! Drangsalieren Sie die Leute
nicht mehr! Verzichten Sie auch darauf, jemals wieder das Wort Corona in den Mund zu nehmen! Die Leute haben die Nase gestrichen voll von diesem Thema. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.46


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Dr. Johannes Hübner. – Bitte.


19.47.04

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Christoph (in Richtung des mit einer Bediensteten der Parlamentsdirektion sprechenden Bundesrates Steiner) macht ein


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Duett mit mir. – Christoph, reden wir zusammen, machen wir eine Doppelcon­férence! (Bundesrätin Zwazl: Das ist nicht vorgesehen in der Geschäftsordnung, Herr Dr. Hübner!) – Warum? Das hat ja nichts mit Kabarett zu tun, eine Doppel­conférence ist eine sehr geistreiche Sache. (Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ. – Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP.) Da wirft man sich die Bälle zu. (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)  Sicher, ja.

Dessen ungeachtet – Zuschauer kann ich jetzt leider keine mehr begrüßen –:
Liebe Kollegen, die ihr noch andächtig den Reden und Beiträgen hier lauscht! Also ich habe bei der ganzen Diskussion nur eines nicht verstanden, vor
allem, als ich Kollegen Scheuder, Schreuder zugehört habe (Bundesrat Schreuder – seinen Namen niederländisch aussprechend –: Schreuder!) – Schreuder (die Aussprache Schreuders imitierend), aha, Schreuder (den Namen deutsch ausspre­chend) – und auch dem Herrn Minister zugehört habe: Wieso sind die Grü­nen und die ÖVP nicht sofort dabei, wenn es heißt: Neuwahlen!? Wieso?

Kollege Schreuder (die Aussprache Schreuders imitierend), wie Sie meinen –
ich sage: Schreuder (den Namen deutsch aussprechend) – hat uns ganz klar erklärt, dass diese Regierung in der schwersten Krise seit 1945, die eine Abfolge von Krisen gewesen ist, alles richtig gemacht hat (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja!), alles perfekt gelöst hat, wie das noch nie eine Regierung geschafft hat. Der
Herr Bundeskanzler hat das ein bisschen vorsichtiger gesagt, aber im Wesentli­chen war laut ihm auch alles perfekt. Wenn man diese schwersten Krisen,
wie sie angeblich seit 1945 nicht existiert haben, so perfekt löst, dann kann man sich doch dem Wahlvolk stellen und wird eine absolute Mehrheit für jede einzelne Partei erreichen. Warum versteckt man sich also? (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt habe ich mir natürlich schon überlegt, als ich auch dem Kollegen von der SPÖ zugehört habe (Bundesrätin Zwazl: Er heißt Schennach! – Bundesrat Schennach: Danke!) – Kollegen Schennach, ja, ja, Kollegen Schennach –: Woran kann das liegen? Da habe ich mir gedacht: Woran kann das liegen? Und da
macht man ja in modernen Zeiten wie heute einen sogenannten Faktencheck. Da


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 342

habe ich mir gedacht: Machen wir das einmal anhand der Asyl- und Ein­wanderungspolitik! Das ist ja ein interessantes Thema, weil es ja eine Last ist, die uns trifft. Wir haben die 100 000er-Grenze an Asylwerbern und Scheinver­folgten erreicht und überschritten. Das kostet uns heuer jedenfalls mehr als 3 Mil­liarden Euro zusätzlich zu dem, was wir schon aus dem Vorjahr mitgeschleppt haben.

Wie sieht es vor und nach dem Beginn der Innenminister- und später Kanzlerschaft des Herrn Nehammer aus? – 2018 haben wir 13 710 Asylanträge in Österreich gehabt. 2019 sind es nur mehr 12 000 gewesen. Das waren
die Jahre eines Innenminister Kickl oder zumindest die Jahre, in denen Innen­minister Kickl noch nachgewirkt hat. (Bundesrat Bader – erheitert –: „Nach­gewirkt“!)

Dann aber – ich glaube, am 7.1.2020 – ist Innenminister Nehammer angelobt worden. Wie geht es da weiter? – Na, in diesem Jahr 2020 sind es schon 14 760 – eine Steigerung um ein Viertel. Also das Gefühl, Österreich ist für den Asylwerber nicht so gut, nimmt schon ab. Jetzt aber kommt das Jahr 2021,
in dem wir bereits die Marke von 40 000 erreichen. Es hat sich also in Europa herumgesprochen: Es gibt ein Land, da kommst du und da bleibst du, da
gibt es Full House oder – wie sagt man? (Bundesrätin Schartel: All inclusive!) – eine Vollpension, und das ist Österreich. In diesem Jahr überholt Öster­reich pro Kopf auch alle anderen Staaten. Nur Malta und Zypern halten noch ein bisschen mit. Die haben aber wenige Leute und liegen sozusagen direkt an der Front des Asylgeschehens.

Dann geht es weiter, die Zahlen von 2022 wissen wir eh: Bis 30.6.2022 erreichen wir wieder die 40 000er-Schwelle. Wir haben also in diesem halben Jahr schon gleich viel wie im Vorjahr erreicht. Diese Entwicklung ist keine arithmetische, sondern eine geometrische Reihe. Vom Bundeskanzler – oder früher Innenminister – hört man dazu nichts: Schweigen. Impfen und alles Mögliche, Populismus, Hetze und so weiter, aber nichts darüber, gar nichts.


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Es geht dann natürlich munter weiter. Wir haben heuer am 31.10. bereits
die Schwelle von 90 000 erreicht. Um die Zeit wird es dem Herrn Bundeskanzler, der ja weiter für das Innenministerium oberverantwortlich ist, offenbar schon mulmig. Ende September ist seine erste Aussage, die ich höre: „Die Asylpolitik der EU ist gescheitert“. Wir müssen jetzt mit den europäischen Kollegen ein ernstes Wort reden. (Bundeskanzler Nehammer: Schon gehört!)

Dann reist er sogar – er hat uns heute davon erzählt, das war am 16.11. – nach Belgrad und trifft sich mit Vucić und Orbán, was ja prinzipiell mutig ist, denn, wie wir ja von der SPÖ und den Grünen schon gehört haben, sich mit denen auch
nur zu treffen oder auf einem Foto gesichtet zu werden, das ist schon an
der Grenze zwischen Populismus und Rechtsextremismus. Der Herr Bundes­kanzler ist aber so mutig und erklärt dort auch, dass es keine Diskussionsverbote über Gesetze gibt, die uns an der Bewältigung des Asylstroms hindern. Er
erwähnt dort ausdrücklich die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäi­sche Menschenrechtskonvention, über deren Sinnhaftigkeit und Anwen­dung man selbstverständlich zu diskutieren habe. (Bundeskanzler Nehammer: Und die EU-Aufnahmerichtlinie!) – Und die EU-Aufnahmerichtlinie, ja, genau.

Das wird auch im Nationalrat aufgenommen. Der Klubobmann übernimmt das Ganze.

Jetzt wollen wir einmal schauen, wie glaubhaft oder – Kollege Schreuder, der jetzt nicht da ist, würde sagen: nachhaltig – diese Ankündigungspolitik ist. (Bundesrat Schreuder – winkend –: Doch, da bin ich!) – Ah, da steht er eh. Da hi­nauf habe ich nicht geschaut. Wir machen eine Nachhaltigkeitsüberprüfung. Schauen wir einmal, wie das Innenministerium oder das Kanzler-Innenministe­rium auf diese Asylflut reagiert hat! Es muss ja offensichtlich einmal ein Grund gewesen sein, dass Österreich zum zentralen Magnet für die Einwande­rung geworden ist.

Wir haben ja lange Zeit pro Kopf ungefähr gleich viele Asylwerber wie Deutschland gehabt. Im Jahr 2021 waren wir pro Kopf schon dreimal so stark,


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und jetzt sind wir pro Kopf ungefähr siebenmal so stark wie Deutschland,
obwohl Deutschland eine Regierung hat, die ja perfekt im Schreuder’schen Prin­zip die Regeln festlegt. (Bundesrat Schennach – niederländisch aussprechend –: Schreuder!) Hier ist Deutsch Amtssprache und Schreuder ist noch Schreuder. (Bundesrätin Zwazl: Also bleib bei Marco, dann verredest dich nicht!) – Na ja,
ich bin ja ein höflicher Mensch: Es ist der Herr Schreuder für mich – zumindest in der Rede von diesem Pult aus. Also zumindest im Schreuder’schen Denken ist
das Baerbock-Scholz-Land fast perfekt, aber selbst die haben es nur geschafft, weniger als ein Fünftel der österreichischen Asylzahlen pro Kopf zu haben. Woran könnte das liegen? – An der effizienten Behandlung natürlich.

Gehen wir einmal zu den sogenannten Zurückschiebungen! Es gibt ja bei
uns keine Abschiebungen, sondern es gibt an der Grenze Zurückweisungen und Zurückschiebungen. Im Jahr 2021 haben wir wie gesagt circa 40 000 Anträge gehabt. Wie viele Leute wurden zurückgeschoben? – Das habe ich mir in der Sta­tistik des Innenministeriums angeschaut: 3 092. Das sind weniger als 9 Pro­zent. Mit anderen Worten: 91 Prozent derjenigen, die gekommen sind, sind ge­blieben. Die Zahl der freiwilligen Ausreisen ist vernachlässigbar.

Wir würden glauben, von diesen 3 092 Zurückschiebungen sind wahrscheinlich Inder, Somalis und Iraker betroffen. – Nein, es sind zu 90 Prozent Zurück­schiebungen in die Nachbarländer und auf den Balkan. Nur zu 10 Prozent – das heißt, in gerundet 309 Fällen – findet eine Zurückschiebung in Länder außer­halb Europas statt.

Das heißt: Wer aus der ganzen Welt nach Österreich kommt, hat die Gewissheit: Da kann er bleiben. Da kommt der Faktencheck vielleicht schon an die Quelle
der Dinge, warum Österreich so interessant ist.

Ich habe mir dann angeschaut, wie es denn 2022 weitergegangen ist. Da hat sich ja die geometrische Reihe des Massenansturms nach Österreich fortgesetzt.
Da haben wir die Hunderttausenderschwelle erreicht. Ich habe die Statistiken nur bis 30.6. gefunden. Da haben wir ja die Zahlen von 2021 schon erreicht. Also


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bis 30.6. haben wir bereits knapp 40 000 Asylwerber gehabt – also eine Ganz­jahresleistung des Vorjahrs –, und da hat sich die Zahl der Zurückschie­bungen halbiert: Statt 3 092 waren es nur mehr 1 600. Das heißt, die Verdop­pelung des Asylansturms führt zu einer Halbierung der Zurückschiebungen. Das ist also eine sogenannte nachhaltige Politik.

Machen wir vielleicht noch den letzten Faktencheck: wie den Worten dann
Taten folgen! Wir haben ja schon gesagt, dass der Herr Bundeskanzler gesagt hat, es gibt keine Diskussionsverbote, und er hat sogar drei rechtliche Vor­schriften genannt, die einer vernünftigen Regelung dieses Ansturms im Wege stehen. Die müssen wir überdenken und überarbeiten, so seine Worte.

Was hat das für Konsequenzen in der ÖVP? – Alle Bundesräte haben es heute bemerkt. Es kommt ein Antrag von der SPÖ: Die EMRK ist in Stein gemeißelt. Da darf kein Jota geändert werden. Es gibt keine Diskussion über die EMRK. Und
was passiert? – Die gesamte ÖVP-Fraktion stimmt zu. Da könnte man vielleicht sagen: Na ja, das erklärt schon ein bisschen die Ernsthaftigkeit und Glaub­würdigkeit des Herrn Bundeskanzlers. Das könnte sein.

Zum Beispiel – andere Geschichte – Abschiebungen und Zurückschiebungen: Ein wesentliches Mittel, den Asylzustrom zu stoppen, ist es natürlich, Leute, die
keinen Asylgrund haben, glaubwürdig zurückzuschicken – sollte man glauben. (Bundesrat Schennach: Genau das habe ich vorher auch gesagt!)

Jetzt schauen wir uns einmal an, wer am 21.10. den Europäischen Bürgerpreis des Europäischen Parlaments erhalten hat und wer dort die Laudatio ge­halten hat. Vielleicht weiß es jemand. Erhalten – ich will den Namen jetzt nicht nennen – haben diesen Bürgerpreis zwei Antiabschiebungsaktivisten ge­meinsam, die verhindert haben, dass eine 20-jährige Georgierin, deren Namen ich auch nicht erwähne – Tina, eine 20-jährige Georgierin –, in ihre Heimat zurückgeschoben wird. Eine Georgierin aus einem Land, in dem zweifelsfrei auch nach unserer Diktion demokratische, dem europäischen Standard plus/minus


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entsprechende Verhältnisse bestehen. (Bundesrätin Grimling: Was hat das mit der Dringlichen zu tun?)

Die haben viereinhalb Jahre ein Asylverfahren mit der Familie geführt. Nachdem alles abgewiesen wurde und sie allen Versuchen, sie zur freiwilligen Ausreise zu bewegen, widerstanden haben, mussten sie abgeschoben werden. Da hat sich eine Initiative gebildet, und die beiden Köpfe der Initiative, die den Vollzug des Rechtes und des Rechtsstaates blockiert haben, wurden mit dem Europäischen Bürgerpreis des Europäischen Parlaments ausgezeichnet. Das zeigt uns auch, was von der sogenannten europäischen Initiative zu erwarten ist.

Jetzt meine letzte Frage, dann bin ich schon fertig: Wer, glauben Sie, hat die Festrede, die Laudatio, auf diese beiden Rechtsblockierer gehalten? Ein Tipp? – Othmar Karas, Fraktionsführer der ÖVP im Europäischen Parlament. (Bun­desrat Steiner: Der EU-Pfarrer! – Bundesrätin Zwazl: Fraktionsführer ist er nicht!)

Ich glaube, liebe Kollegen, dem ist nichts hinzuzufügen. Wir verstehen jetzt ein bisschen besser, warum sich der Bundeskanzler doch nicht so um Neuwahlen reißt. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.59


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Marco Schreuder zu Wort gemeldet. (Zwischenruf des Bundesrates Novak. – Bundesrat Schreuder – auf dem Weg zum Redner:innenpult, erheitert –: Nein, mit Gott hat das gar nichts zu tun, Herr Kollege Novak!)


19.59.35

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Ich habe das auch im Wiener Land­tag einmal gemacht, weil es manchmal Diskussionen darüber gibt, wie man meinen Namen ausspricht. Ich möchte das hier gerne sagen.

Ich bin völlig einverstanden mit Schreuder. Ich sage auch im Podcast selber Mar­co Schreuder. Muttersprachlich sagt man (niederländisch aussprechend)


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Schreuder, aber Sie dürfen Schreuder sagen. (Allgemeine Heiterkeit. – Bundes­rätin Zwazl: Das üben wir jetzt! – Bundesrätin Schumann – niederländisch ausspre­chend –: Schreuder! Schreuder!)

19.59


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. – Bitte, Frau Bundesrätin.


20.00.09

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Okay, der Herr Bundeskanzler ist zurzeit nicht da (Bundesrat Novak: Ja wundert euch das? Wundert euch das, wenn immer die gleiche Platte kommt?), aber vielleicht wird es ihm jemand von der ÖVP ausrichten. Der Herr Bundeskanzler hat – und jetzt gehe ich 3 Stunden zurück zu dem Zeitpunkt, als er sein Statement vorgebracht hat, bevor er die 28 Fragen nicht beantwortet hat (Bundesrat Bader: Na geh, bitte!) – ein paar Behauptungen in den Raum gestellt, bei denen ich ihm jetzt leider widersprechen muss. (Bundesrat Bader: Wo lebst denn du, Frau Kol­legin?) Er hat ein Statement abgegeben, aber die 28 Fragen hat er in Wirk­lichkeit nicht beantwortet.

Er ist hergegangen, hat das Beispiel von meinem Kollegen Ofner aufgegriffen
und gesagt, dass diese Regierung jemandem, der netto 1 800 Euro verdient und zwei Kinder unter 18 Jahren hat, 4 000 Euro im Monat, wie wunderbar, schenkt. – Das stimmt nicht. Erstens stimmt es nicht, weil jemand, der 1 800 Eu­ro netto verdient, ein Lohnsteueraufkommen von 262 Euro im Monat hat. Familienbonus: 166,66 Euro für ein Kind; es bleiben 96 Euro für das zweite Kind über. Also aus 4 000 Euro werden 3 152 Euro. Sollte man Kinder haben, die über 18 Jahre alt sind, dann schaut es ganz anders aus.

Dann wird gerufen – heute hat es eine Kollegin von der ÖVP gesagt –: Wir haben die kalte Progression abgeschafft! – Das stimmt nicht. Was habt
ihr gemacht? – Ihr habt die Tarifstufen erhöht, das stimmt. (Bundesrat Bader: Gesenkt! Gesenkt!) Es wurden Steuersätze gesenkt, aber die Tarifstufen,


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bei denen eine Lohnsteuerbemessung sozusagen schlagend wird und nach de­nen sich die Lohnsteuer errechnet, wurden erhöht. Das ist eine Erhöhung, denn wenn man sie senkt, dann zahlt jemand mit 500 Euro auch Lohnsteuer. Das willst du doch nicht, oder doch? Eben, also. Das ist einmal das. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Bundesrates Steiner.)

Dazu passt natürlich, wie ich finde: Auch eine Inflationsanpassung wurde bei dieser – sozusagen – Erhöhung der Tarifstufen beschlossen, aber spannend finde ich nur – ich weiß nicht, wer das bei euch berechnet –: Ihr geht im Jahr 2023 von 3,25 Prozent aus, aber bereits jetzt beträgt die Inflation 12 Prozent. Gott sei Dank haben wir wieder eine Gewerkschaft, die ihre ursprünglichen Aufgaben wahrnimmt und in den meisten Branchen gute Kollektivverträge abschließt. (Bei­fall der Bundesrätinnen Grimling und Schumann.) Das heißt, es sind im Schnitt 6 Prozent. Davon frisst der Finanzminister schon wieder 50 Prozent.

Das sind all diese tollen Maßnahmen, die unseren Menschen in der jetzigen Situation helfen. (Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ.)

Das Nächste: Wir haben heute sehr viel dazu gehört, und es stimmt – egal, in welche Branche man hineinhorcht, ob man zum Frisör geht, zur Kosmetik oder ins Gasthaus –: Überall hört man, es ist sehr, sehr schwierig, wirklich gutes Fachpersonal zu finden. Die Lösung, die jetzt kommt: Na, wir müssen unbedingt mehr Zuwanderer hereinlassen, weil da wirklich die hoch qualifizierten Fuß­pfleger, die Gastronomieleute, die Fahrradmechaniker, die Elektrotechniker kom­men. – Wenn das aber wirklich so wäre, dann frage ich mich, warum jetzt in den AMS-Schulungsmaßnahmen bereits mehr als 50 Prozent Ausländer sind, wenn wir so viele Fachkräfte hereinholen müssen, weil die alle so super sind. Das ist echt eine interessante Geschichte. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb stellen wir auf alle Fälle zu dieser Thematik folgenden Entschließungs­antrag:


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Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Arbeitslosenversicherungssystem und AMS-Schulungen dürfen nicht zum Ausländer-Arbeitsamt verkommen – Stopp der weiteren unqualifizierten Zuwanderung in den österreichischen Arbeitsmarkt und den Sozialstaat“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die Regelungen für ein Maßnahmenpaket gegen die sektorale Arbeitslosigkeit in Österreich als Konsequenz der nachhaltig wirtschaftsschädlichen COVID-19-Maßnahmen und einer unsinnigen Sanktions­politik infolge der Ukraine-Krise beinhaltet. Dieses Maßnahmenpaket soll sektorale Zuzugsbeschränkungen auf dem Arbeitsmarkt für Nicht-EU-Bürger und EU-Bürger (befristet und unbefristet) nach Maßgabe von Alter, Ausbildungsniveau, besonderen Bedürfnissen und gesundheitlichen Einschrän­kungen, bisheriger Berufstätigkeit, angestrebter Berufstätigkeit und branchenspezifischer kurz-, mittel- und langfristiger Konjunktur- und Arbeits­marktprognose beinhalten. Insbesondere sollen im Zuge dieser Maßnahmen
auch die negativen Auswirkungen der COVID-19-Krise und der Sanktionspolitik für den Arbeitsmarkt nachhaltig korrigiert werden.“

*****

Ich ersuche um Annahme.

Zum Gesundheitssystem: Unser Gesundheitssystem ist trotzdem Gott sei
Dank ein gutes. Wir alle wissen, wenn wir zum Arzt gehen müssen, haben wir Gott sei Dank die Möglichkeit, in Österreich, auch in jedem Bundesland,
noch einen Arzt zu finden.

Was aber bedauerlicherweise zum Beispiel sehr wohl der Fall ist: Es gibt leider in Österreich nach wie vor eine Zweiklassenmedizin, die ist nach wie vor noch


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vorhanden. Warum sage ich das? – Weil es durch den selbst verursachten Ärzte­mangel sehr, sehr wenige Vertragsfachärzte gibt und man eigentlich nur dann, wenn man bereit ist, privat Geld in die Hand zu nehmen, zum Beispiel wichtige Untersuchungen wie Mammografie, CR, CT oder MR machen lassen
kann. Es gibt aber eine besondere Gruppe in Österreich, die von vornherein all diese Dinge wie ein Privatpatient genießen kann. Das sind nämlich all jene Menschen, die strafrechtlich verurteilt worden sind und im Gefängnis sitzen, weil man es bis heute noch nicht geschafft hat, dass die auch in eine Pflichtversicherung einbezogen werden.

Das heißt, für jeden Menschen, den der österreichische Steuerzahler erhält, weil er im Gefängnis sitzt, sind unsere Regierung und das Gesundheitswesen bereit, immer brav Privathonorare hineinzupulvern, anstatt diese Menschen in eine Pflichtversicherung zu geben und das dadurch ersparte Geld wirklich ins Ge­sundheitssystem hineinzutun. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ich aber in der jetzigen Zeit besonders traurig finde, ist, dass es sehr wohl eine sehr kleine Gruppe von Menschen gibt, die aus wirklich oft sehr schick­salhaften Umständen aus der Pflichtversicherung hinausfallen. Das ist die kleine Gruppe der Obdachlosen. Diesen Menschen verweigert man den Zugang zum Gesundheitssystem, zu Ärzten, und sie haben nur deshalb eine Notversor­gung, weil es freiwillige, engagierte Menschen in unserem Land gibt, die die­se Aufgaben erfüllen, bei denen die jetzige Regierung wieder einmal versagt, die sie nicht erfüllen kann oder will. Das ist auch ein wichtiger Punkt. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch wenn Sie der Meinung sind, dass diese Dringliche Anfrage von uns heute eine polemische Aktion war: Das war sie nicht. (Ruf bei der ÖVP: Nein, un­nötig!) Wäre man hergegangen und hätte einfach die Dinge, die die Geschäfts­ordnung des Bundesrates vorschreibt, ernst genommen und wahrgenom­men, dann hätte man sich das ersparen können. Wie gesagt: Bei elf Ministern


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muss es doch einen geben, der sich einer Aktuellen Stunde stellen kann.
(Beifall bei der FPÖ.)

20.08


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Der von den Bundesräten Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Entschädigungszahlung an Personen, die durch gesetzwidrige Verordnungen und verfassungswidrige Gesetze psychisch, physisch sowie auch finanziel­len Schaden genommen haben“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Ebenso ist der von den Bundesräten Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Arbeitslosenversi­cherungssystem und AMS-Schulungen dürfen nicht zum Ausländer-Arbeitsamt verkommen – Stopp der weiteren unqualifizierten Zuwanderung in den österreichischen Arbeitsmarkt und den Sozialstaat“ genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster und derzeit Letzter zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. – Bitte, Herr Bundesrat. (Ruf bei der ÖVP: Der Letzte!)


20.09.26

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Derzeit – vielleicht melde ich mich noch einmal.

Herr Vorsitzender! Herr Kanzler! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Eines war vorhin bezeichnend: Als Kollege Pröller von uns herausgegangen ist und seine Rede begonnen hat, hat er gesagt, es gibt Menschen in diesem Land, die müssen sich am Monats­ende schön langsam entscheiden, ob sie essen oder heizen, und es werden im­mer mehr – und auf einmal kommt von hinten, von der ÖVP: Ja, ja, genau!

Jetzt denke ich mir: Leute, ich weiß nicht, wo lebt ihr? Wo lebt ihr?


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Jetzt war die Aktion mit Frau Baumgartner – ich glaube, so heißt die National­ratsabgeordnete –, die auch sagt: Die Leute bilden sich die Teuerung nur
ein, weil die Opposition so hetzt! – Da wird sie wahrscheinlich nicht nur uns gemeint haben, sondern auch die SPÖ.

Dann gibt es in einen Bürgermeister, der jetzt im – ich weiß es jetzt nicht, war es „Report“ oder „Am Schauplatz“ – im Fernsehen allen Ernstes sagt: Na die Leute,
die so viel jammern, sind eh die, die genug verdienen. Er weiß ja, was die Leute
verdienen, und es ist gar nicht so schlimm, die Leute jammern viel mehr. –
Bei so einer Aktion denke ich mir wirklich: In was für einer Welt, meine Damen und Herren, lebt die ÖVP?

Ich weiß schon, dass wir hier herinnen das Glück haben, dass es uns nicht so schlecht geht. Wir verdienen da herinnen nicht so schlecht, und die meisten von uns haben sogar noch einen zweiten Job und verdienen dadurch vielleicht
sogar sehr gut, aber das trifft doch nicht auf den Großteil der Bevölkerung zu! Bitte wacht endlich einmal auf! (Beifall bei der FPÖ.)

Weil es heute angesprochen wurde: Die Anfragebeantwortung war jetzt nicht so ausführlich – der Herr Kanzler und ich werden wahrscheinlich nicht mehr die besten Freunde werden –, aber trotzdem muss ich sagen: Seine Ausführungen vorhin waren zumindest einmal gut. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Nehammer.) Auch wenn ich nicht immer seiner Meinung bin: Er hat sich Zeit ge­nommen. Auch das muss man nach einem Tag im Untersuchungsausschuss, den er hinter sich hat, vielleicht einmal positiv erwähnen, aber bei der Sanktions­politik, Herr Kanzler, muss ich Ihnen aus einem ganz bestimmten Grund ganz klar widersprechen.

Es ist nicht nur die Tatsache – wie von uns immer wieder betont wird –, dass die Sanktionen uns härter treffen als andere. Wen, glauben Sie, treffen denn die Sanktionen in Russland? Glauben Sie, die treffen Putin? – Ich habe gerade vorher in der „Krone“ online gelesen: Der reichste Mann Russlands beklagt, dass er Millionen verliert. Das ist so, wie wenn uns ein Zehner hinunterfällt. Das ist für


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den gar nichts. Wissen Sie, wer leidet? – Die Ärmsten der Armen. Das sind
die, die leiden. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Plan ist es in Wahrheit – das hat ja auch Frau Edtstadler gesagt –, der Bevölkerung in Russland die Daumenschrauben so anzudrehen, dass sie dann auf die Straße geht. Wissen Sie, was dann passiert? – Sie sagen, wie böse
und gemein Putin immer ist. Sie wissen genau, er wird sie mit aller Gewalt nie­derschlagen, und dann werden Sie sich hinstellen und sagen: Wie arg, Putin schlägt die Leute nieder! – Sie provozieren ja, dass genau das passiert.
Das ist das Schlimme: Sie wissen es, und Sie machen es trotzdem. (Beifall bei
der FPÖ.)

Dann ein Punkt zu Corona – ich weiß, die ÖVP will es nicht mehr hören, wie wir ja heute gehört haben, da es kein Thema mehr ist, das noch aktuell ist, ja, das
ändert aber nichts daran –: Sie haben die Leute in dem Land zweieinhalb Jahre lang drangsaliert. Glauben Sie, wir vergessen das so einfach? Glauben Sie,
die Leute vergessen das so einfach? – So funktioniert das nicht. So funktioniert das vielleicht bei der ÖVP: Sie sind eine Woche lang korrupt, und am Sonn­tag gehen Sie in die Kirche, beichten und glauben, es ist dann wieder alles in Ordnung. So läuft das aber nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Beispiel dafür, wie es in anderen Ländern abläuft, ist Kirgistan. (Bundesrätin Hahn: Kirgisistan!) Das ist da irgendwo neben Tadschikistan und Kasachstan
und liegt neben China. In einem Bericht in der „Berliner Zeitung“ heißt es: „Die Staatsanwaltschaft wirft dem kirgisischen Gesundheitsminister Alimkadyr Beishenaliev Korruption, Bestechung und Amtsmissbrauch vor.“ – Ich habe nachgeschaut: Er ist kein ÖVPler. – „Aufgrund der Vorwürfe wurde er An­fang Juni verhaftet. Eine zentrale Rolle in dem Ermittlungsverfahren spielt dabei die Bestellung von Corona-Impfstoff. Der 62-jährige Gesundheitsminister soll rund 2,5 Millionen Impfdosen gegen Covid-19 gekauft haben, die niemand brauchte.“


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Jetzt vergleichen wir das mit Österreich. Ich glaube, wir haben 30 Millionen Impfdosen. Da wären einmal alle drei Gesundheitsminister verhaftet, und wenn wir von den 2,5 Millionen Impfdosen ausgehen und das noch hochrechnen,
dann gehen noch 14 andere Minister mit ins Häfen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das, meine Damen und Herren, höre ich auch draußen bei der Bevölkerung im­mer öfter, und ich verstehe es: In Wahrheit braucht es einmal eine Politi­kerhaftung. Es gehören einmal die Politiker zur Haftung herangezogen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.) Das kann ja nicht sein, dass die Regierungen machen können, was sie wollen: 4 Milliarden Euro für sinn-lose Tests, über die jeder sagt: Die waren für die Fisch.

Wir haben null evidente Zahlen. Wir können aus dem, was bei uns in Sachen Corona passiert ist, nichts lernen, weil es keine Aufzeichnungen gibt. Wir haben aber 50 Milliarden Euro hinausgehaut. Nachher sagen wir: Reden wir nicht
mehr darüber, weil wir jetzt nimmer drüber reden wollen. Das ist die ÖVP. – Na sicher nicht! (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schartel.)

Bei all diesen Dingen bin ich sofort für eine Politikerhaftung, und ich hoffe
auch, dass all diese Coronasachen aufgearbeitet werden. Vielleicht gibt es dazu auch einen Untersuchungsausschuss.

Abschließend möchte ich jetzt der ÖVP noch gratulieren. Die ÖVP hat ja vor Kurzem mit der Bundespräsidentschaftswahl einen großen Wahlerfolg eingefahren. Sie haben ja mit Van der Bellen einen echten christlich-sozialen, wertekonservativen Schwarzen unterstützt. Nur, einen Fehler haben Sie gemacht, meine Damen und Herren von der ÖVP: Sie haben das Ganze nicht zu Ende gedacht, denn gerade für Sie von der ÖVP wäre es total wichtig
gewesen, einen eigenen Kandidaten zu stellen, denn immerhin ist der Bundes­präsident ja der Einzige, der Häftlinge begnadigen kann. (Heiterkeit und Bei­fall bei der FPÖ.)

20.16


20.16.00

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 355

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen. (Bundesrätin Schumann: Was ist mit dem Steiner? – Bundesrat Novak: Christoph, du enttäuscht mich! – Bundesrat Schennach: Melde dich noch,
Christoph!)

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Zuwanderungsstopp in den ös­terreichischen Sozialstaat jetzt – ‚Unser Geld für unsere Leute‘“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsan­trag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit, der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Günter Pröller, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Kostenlawine stoppen – Entlastung
für Österreich“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungs­antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit, der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Entschädigungszahlung an Personen, die durch gesetzwidrige Verordnungen und verfassungswidrige Ge­setze psychisch, physisch sowie auch finanziellen Schaden genommen haben“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungs­antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit, der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 356

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Arbeitslosenversi­cherungssystem und AMS-Schulungen dürfen nicht zum Ausländer-Arbeitsamt verkommen – Stopp der weiteren unqualifizierten Zuwanderung in den österreichischen Arbeitsmarkt und den Sozialstaat“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungs­antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit, der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

20.18.31Einlauf und Zuweisung


Vizepräsident Bernhard Hirczy: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt zehn Anfragen,
4053/J-BR/2022 bis 4062/J-BR/2022, eingebracht wurden.

Eingelangt ist der Gesetzesantrag 360/A-BR/2022 der Bundesräte Korinna Schumann, Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gleichbe­handlung im Bereich des Bundes (Bundes-Gleichbehandlungsgesetz – B-GIBG) und das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GBK/GA W-Gesetz) geändert werden, der gemäß Art. 41 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz in Verbindung mit dem
§ 21 der Geschäftsordnung des Bundesrates dem Nationalrat zur geschäftsord­nungsmäßigen Behandlung unterbreitet wird.

Weiters eingelangt ist die Petition 50/PET-BR/2022 betreffend „Uran-Grenzwert bei Trinkwasser – Anpassung an EU-Richtlinie“, überreicht von Bundesrat Günther Novak, die dem Ausschuss für BürgerInnenrechte und Petitionen zugewiesen wird.


BundesratStenographisches Protokoll947. Sitzung, 947. Sitzung des Bundesrats vom 30. November 2022 / Seite 357

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem
Wege erfolgen. Als Sitzungstermine werden Dienstag, der 20. Dezember 2022, 14 Uhr, beziehungsweise Mittwoch, der 21. Dezember 2022, 9 Uhr, in Aus­sicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese
dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Montag, den 19. Dezember 2022, 14 Uhr, vorgesehen.

Die Sitzung ist geschlossen.

20.20.22Schluss der Sitzung: 20.20 Uhr

 

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