Stenographisches Protokoll

32. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 28. Juni 1996

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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32. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Freitag, 28. Juni 1996

Dauer der Sitzung

Freitag, 28. Juni 1996: 9.00 – 20.27 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird (AMG-Novelle 1996)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1984 geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt sind, bestimmten Einrichtungen vorbehalten wird (Ausbildungsvorbehaltsgesetz), erlassen wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Hochleistungsstreckengesetz geändert wird

4. Punkt: Containersicherheitsgesetz – CSG

5. Punkt: Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt

6. Punkt: Seeschiffahrts-Erfüllungsgesetz – SSEG

7. Punkt: Bericht über den Antrag 95/A (E) der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung des Verkehrslärms bei den ÖBB

8. Punkt: Bericht über den Antrag 98/A (E) der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend die Änderung des Übereinkommens von Wien über den Straßenverkehr zwecks Schaffung international verbindlicher strenger Abgasvorschriften

9. Punkt: Bericht über den Antrag 13/A der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Einrichtung und Aufgaben der Post und Telekom Austria AG (Poststrukturgesetz – PTSG) 1996

10. Punkt: Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993, BGBl. Nr. 805/1993, über seine Tätigkeit vom 20. Oktober 1994 bis 31. Dezember 1995

11. Punkt: Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z. 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 1995, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst

12. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird


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32. Sitzung / Seite 2

13. Punkt: Bericht über den Antrag 219/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend die Ungleichbehandlung von Studierenden an Fachhochschul-Studiengängen mit Studierenden an Universitäten und Kunsthochschulen gemäß den geltenden Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes

14. Punkt: Bericht über den Antrag 225/A der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird

15. Punkt: Erste Lesung des Antrages 183/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 und das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten geändert werden

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 12

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Besprechung der Anfragebeantwortung 505/AB gemäß § 92 Abs. 2 der Geschäftsordnung 29

Durchführung einer Debatte gemäß § 92 Abs. 5 der Geschäftsordnung 112

Redner:

Mag. Johann Ewald Stadler 112

Mag. Helmut Peter (tatsächliche Berichtigung) 116

Dr. Günther Kräuter 116

Mag. Johann Ewald Stadler (tatsächliche Berichtigung) 118

Mag. Helmut Peter 118

Mag. Terezija Stoisits 120

Dr. Michael Krüger 121

Mag. Thomas Barmüller 124

Andreas Wabl 126

Dr. Stefan Salzl (tatsächliche Berichtigung) 128

Staatssekretär Mag. Karl Schlögl 129

Mag. Herbert Haupt 131

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 29

Feststellungen des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder betreffend die Bestimmungen der Geschäftsordnung über die Behandlung einer Vorlage in erster Lesung (im Zusammenhang mit der Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Martin Graf) 170, 171

Fragestunde (2.)

Bundeskanzleramt 12

Dr. Jörg Haider (15/M); Werner Amon, Ing. Gerald Tychtl, Mag. Terezija Stoisits


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32. Sitzung / Seite 3

Paul Kiss (9/M); Robert Elmecker, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Thomas Barmüller

Dr. Friedhelm Frischenschlager (13/M); Mag. Helmut Kukacka, Dr. Josef Cap, Ing. Walter Meischberger

Dr. Elisabeth Hlavac (11/M); Jakob Auer, Anna Elisabeth Aumayr, Dr. Friedhelm Frischenschlager

Mag. Terezija Stoisits (14/M); Dr. Karl Maitz, Anton Gaál, Dipl.-Ing. Leopold Schöggl

Mag. Helmut Kukacka (10/M); Ing. Walter Meischberger, Mag. Terezija Stoisits, Dr. Friedhelm Frischenschlager

Dr. Ilse Mertel (12/M); Mag. Dr. Josef Trinkl, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Helmut Peter

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 12

Ausschüsse

Zuweisungen 28

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (151 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird (AMG-Novelle 1996) (202 d. B.)

Berichterstatter: Manfred Lackner 30

2. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (150 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1984 geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt sind, bestimmten Einrichtungen vorbehalten wird (Ausbildungsvorbehaltsgesetz), erlassen wird (203 d. B.)

Berichterstatter: Johann Schuster 30

Redner:

Dr. Brigitte Povysil 31

Dr. Elisabeth Pittermann 34

Klara Motter 37

Dr. Günther Leiner 39

Theresia Haidlmayr 41

Verena Dunst 44

Dr. Alois Pumberger 45

Theresia Haidlmayr (tatsächliche Berichtigung) 53

Dr. Erwin Rasinger 53

Dr. Volker Kier 57

Mag. Walter Guggenberger 59

Dr. Michael Krüger 60

Mag. Johann Maier 63

Mag. Terezija Stoisits 65


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32. Sitzung / Seite 4

Annahme der Gesetzentwürfe in 202 und 203 d. B. 66

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (39 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Hochleistungsstreckengesetz geändert wird (191 d. B.)

Berichterstatter: Robert Sigl 69

4. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (146 d. B.): Containersicherheitsgesetz – CSG (192 d. B.)

Berichterstatter: Kurt Wallner 69

5. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (174 d. B.): Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt (193 d. B.)

Berichterstatterin: Gabriele Binder 70

6. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (175 d. B.): Seeschiffahrts-Erfüllungsgesetz – SSEG (194 d. B.)

Berichterstatter: Helmut Dietachmayr 70

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 95/A (E) der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung des Verkehrslärms bei den ÖBB (195 d. B.)

Berichterstatter: Karlheinz Kopf 70

8. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 98/A (E) der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend die Änderung des Übereinkommens von Wien über den Straßenverkehr zwecks Schaffung international verbindlicher strenger Abgasvorschriften (196 d. B.)

Berichterstatter:


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32. Sitzung / Seite 5

Ernst Fink 71

9. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 13/A der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Einrichtung und Aufgaben der Post und Telekom Austria AG (Poststrukturgesetz – PTSG) 1996 (197 d. B.)

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Richard Kaiser 71

Redner:

Peter Rosenstingl 71

Rudolf Parnigoni 75

Mag. Reinhard Firlinger 78

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) 82

Mag. Helmut Kukacka 82

Rudolf Anschober 85

Bundesminister Dr. Rudolf Scholten 93

Josef Edler 96

Dr. Susanne Preisinger 98

Dipl.-Ing. Richard Kaiser 100

Mag. Thomas Barmüller 102

Helmut Dietachmayr 104

Theresia Haidlmayr 106

Ernst Fink 110

Mag. Karl Schweitzer 111

Gabriele Binder 133

Josef Trenk 135

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 136

Robert Sigl 137

Karlheinz Kopf 139

Kurt Wallner 140

Winfried Seidinger 141

Annahme der Gesetzentwürfe in 191, 192, 193 und 194 d. B. 143

Kenntnisnahme der Berichte 195, 196 und 197 d. B. 144

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 196 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Schaffung international verbindlicher strenger Abgasvorschriften für Kraftfahrzeuge (E 14) 144

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Verbesserungen im öffentlichen Personennahverkehr – Ablehnung 91, 144

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993, BGBl. Nr. 805/1993, über seine Tätigkeit vom 20. Oktober 1994 bis 31. Dezember 1995 (III-26/206 d. B.)

Berichterstatterin: Katharina Horngacher 146

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z. 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 1995, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst (III-33/208 d. B.)

12. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (209 d. B.)

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 219/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend die Ungleichbehandlung von Studierenden an Fachhochschul-Studiengängen mit Studierenden an Universitäten und Kunsthochschulen gemäß den geltenden Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes (207 d. B.)

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 225/A der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird (210 d. B.)

Berichterstatterin: Sonja Ablinger 146

Redner:

Dr. Michael Krüger 147

Dr. Johann Stippel 150

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 152

Dr. Gertrude Brinek 154


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32. Sitzung / Seite 6

Mag. Dr. Udo Grollitsch 156

Dr. Friedhelm Frischenschlager 158

Mag. Walter Posch 159

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 161

Katharina Horngacher 163

Matthias Ellmauer 164

Johann Schuster 166

Kenntnisnahme der Berichte III-26, III-33, 207 und 210 d. B. 167

Annahme des Gesetzentwurfes in 209 d. B. 167

15. Punkt: Erste Lesung des Antrages 183/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 und das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten geändert werden

Redner:

Mag. Terezija Stoisits 168

Dr. Johann Stippel 169

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 169


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32. Sitzung / Seite 7

Dr. Martin Graf 169

Zuweisung des Antrages 183/A an den Ausschuß für Wissenschaft und Forschung 172

Eingebracht wurden

Bericht 28

III-34: Sonderbericht über das Beschaffungswesen des Bundesheeres; Dritter Teilbericht; Rechnungshof

Anträge der Abgeordneten

Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend Gesamtverträge für Heilbehelfe (246/A) (E)

Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Rücknahme des Belastungspakets im Bereich der Krankenversicherung – Einsparungen vor neuen Belastungen (247/A) (E)

Rudolf Anschober und Genossen betreffend Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs (248/A) (E)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Ungleichbehandlung von Preisen, Förderungen und Stipendien nach dem Filmförderungsgesetz beziehungsweise dem Kunstförderungsgesetz (249/A) (E)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Ratifikation des Internationalen Übereinkommens ILO Nr. 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern (250/A) (E)

Mag. Cordula Frieser, Dr. Kurt Heindl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnungs-Novelle 1982 und das Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz geändert werden (251/A)

Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird (252/A)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend die Menschenrechtssituation in Tibet (253/A) (E)

Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Devisengesetz geändert wird (254/A)

Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Garantiegesetz 1977 geändert wird (255/A)

Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ASFINAG-Gesetz, das ÖIAG-Anleihegesetz und das Erdölbevorratungs-Förderungsgesetz geändert werden (256/A)

Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Scheidemünzengesetz geändert wird (257/A)

Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Übertragung von Kapitalbeteiligungen des Bundes an die ÖIAG und Novelle zum ÖIAG-Gesetz (ÖIAG-Gesetz und ÖIAG-Finanzierungsgesetz-Novelle 1996) (258/A)

Dkfm. Kurt Ruthofer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, in der geltenden Fassung, geändert wird (259/A)

Dr. Susanne Preisinger und Genossen betreffend die Notwendigkeit eines Berichtes über die Rechtschreibreform an den Nationalrat durch die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten (260/A) (E)

Mares Rossmann und Genossen betreffend Umsetzung des EU-Rechts (261/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten betreffend die Broschüre "Johanna Bond & das Geheimnis der gläsernen Decke" (887/J)

Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (888/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Maßnahmen gegen Kinderarbeit in Entwicklungsländern (889/J)


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32. Sitzung / Seite 8

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend das ÖBB-Chaos (890/J)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Evaluierung relevanter Förderaktionen von Unternehmen im Bereich der Obersteiermark (891/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Vergabekriterien für die Errichtung des Lyocell-Werkes im technischen Bereich (892/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Vergabe von Aufträgen durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (893/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend eine Verordnung der Schneekettenpflicht auf der Wiener Außenring Autobahn A 21 (894/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Planstelleneinsparungen im Bereich der Sicherheitsdirektion Burgenland (895/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Verhandlungen über Wegekosten im Alpentransit (896/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Zusammenhang zwischen Pestiziden und Fehlbildungen (897/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Blindenführhunde in Geschäften, Restaurants und öffentlichen Einrichtungen (898/J)

Mag. Helmut Peter und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Einführung der Vignette als Zwischenstufe zum Road-Pricing (899/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend 30-mg-Nitrat-Aufhebung (900/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Zusammenhang zwischen Pestiziden und Fehlbildungen (901/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Nahverkehrsfinanzierungsgesetz (902/J)

Rudolf Anschober und Genossen an die Bundesregierung betreffend Entschuldung der ÖBB (903/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Neigezüge zur Verringerung der Fahrzeit (904/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend das arbeitslose Einkommen von Abgeordneten zum Nationalrat, insbesondere des geschäftsführenden Klubobmannes des Liberalen Forums Dr. Friedhelm Frischenschlager (905/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Tierversuche im Zusammenhang mit dem Pestizid "Benlate" (906/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Berichte über FSME-Fälle in den Medien (907/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Kaputtsparen der Bahn (908/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Finanzierung des Regionalverkehrs (909/J)


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32. Sitzung / Seite 9

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die österreichische Bankenaufsicht (910/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend bürokratische Schikanen bei der Prüfungsordnung für Externisten (911/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Gestaltungsspielraum und Transparenz bei der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit (912/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verhandlungen über einen neuen Kreditrahmen des IMF für Krisenfälle (913/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Bahndebakel NAT 96 (914/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vorwurf eines Polizeiübergriffes in Bad Ischl, Juni und Juli 1995 (915/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Güterverkehrsprognosen (916/J)

Dr. Susanne Preisinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Auswirkungen der Rechtschreibreform (917/J)

Verena Dunst und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Strukturmaßnahmen im Bereich der Bundesgendarmerie (918/J)


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32. Sitzung / Seite 10

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (919/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (920/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (921/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (922/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (923/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (924/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (925/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (926/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (927/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (928/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (929/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (930/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (931/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Umstellung des Datums bei Computern für das Jahr 2000 (932/J)

Karl Gerfried Müller und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Einsparungen im Bereich von Straßenerhaltung und Straßenbau (933/J)

Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Maßnahmen zur Entschuldung von Entwicklungsländern (934/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Aktionsplan zur Krebsbekämpfung (935/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Prävention von Aids und bestimmten anderen übertragbaren Krankheiten innerhalb des Aktionsrahmens im Bereich der öffentlichen Gesundheit (1996 bis 2000) (936/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Aktionsprogramm im Bereich der öffentlichen Gesundheit (937/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend die Tätigkeit sowie die Zusammensetzung des Fachhochschulrates (938/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger und Genossen (537/AB zu 600/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (538/AB zu 533/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (539/AB zu 641/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (540/AB zu 543/J)


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32. Sitzung / Seite 11

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (541/AB zu 637/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (542/AB zu 642/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen (543/AB zu 517/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (544/AB zu 538/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (545/AB zu 544/J)

 


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32. Sitzung / Seite 12

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer , Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser , Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder .

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen. Ich eröffne die 32. Sitzung.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Lafer, Schöll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Hans Helmut Moser, Dr. Van der Bellen, Gatterer, Dr. Schwimmer, Dr. Mock, Stampler, Donabauer und Öllinger.

Vertretungen von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Bundeskanzler hat Mitteilung gemacht über Entschließungen des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung wie folgt:

Minister Dr. Scholten wird vertreten von Frau Bundesministerin Dr. Helga Konrad, und Herr Minister Dr. Werner Fasslabend wird vertreten durch Herrn Bundesminister Dr. Michalek.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Fragestunde.

Ich beginne um 9.01 Uhr mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundeskanzleramt

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die erste Frage formuliert Herr Abgeordneter Dr. Haider (Freiheitliche) an den Herrn Bundeskanzler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Jörg Haider: Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Meine Frage lautet:

15/M

Welche Auswirkungen werden sich im Hinblick auf Ihre Äußerungen anläßlich des Staatsbesuches in Saudi-Arabien im Zusammenhang mit dem zukünftigen Waffenexport österreichischer Unternehmer in diese Länder ergeben, in denen die Menschenrechtsstandards, wie sie in Europa gegeben sind, nicht gewährleistet sind?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Nach der geltenden Rechtslage ist bei jedem einzelnen Antrag auf Ausfuhr von Kriegsmaterial auf die Bewilligungskriterien des § 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial Bedacht zu nehmen, und die Entscheidung über eine Bewilligung wird dann in jedem Einzelfall getroffen.

An eine Anlaßgesetzgebung im Hinblick auf konkrete Ausfuhranträge ist aus meiner Sicht nicht gedacht. Es stellt sich allerdings die Frage, inwieweit die Restriktionen des Kriegsmaterialrechts den Gesamtinteressen der Republik Österreich abträglich sein könnten und ob eine Differenzierung zwischen offensiven und defensiven Waffen beziehungsweise Ersatzteillieferungen


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32. Sitzung / Seite 13

vorteilhaft wäre. Außerdem haben wir auch in unserem Gesetz keine Unterscheidung zwischen der Behandlung der Aggressoren und der Opfer verankert.

Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes wird noch einmal eine vergleichende Überprüfung im Hinblick auf die Kriegsmaterialgesetzgebung und auf die Praxis vergleichbarer europäischer Staatenform vornehmen. Das ist ja früher schon einmal geschehen. Es ist heute zu früh, in dieser Angelegenheit definitive rechtspolitische Schlußfolgerungen zu ziehen.


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Danke. Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Jörg Haider: Herr Bundeskanzler! Ihre Äußerungen haben nicht nur für Aufsehen gesorgt, sondern etwa fünf Wochen davor hat Innenminister Dr. Einem in einer Presseerklärung darauf hingewiesen, daß bereits diese vergleichende Untersuchung des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes vorliegt. In dieser Untersuchung steht, daß aus Gründen der Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien Bedenken gegen die Waffenlieferungen gegeben seien.

Ich frage Sie daher: Hat sich seit diesem Zeitpunkt etwas geändert, sodaß Sie den Eindruck gewonnen haben, es müßte jetzt an dieser Regelung, die auch Saudi-Arabien betrifft, etwas geändert werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Herr Abgeordneter! Es hat sich nichts Prinzipielles geändert, vor allem hat sich nichts in bezug auf die Einschätzung von Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen demokratiepolitischer Rechte geändert. Es ist aber etwas anderes zutage getreten, nämlich daß die Unternehmungen, die ziviles Gut anbieten, unter Umständen auf den Märkten, die wir aufgrund des Gesetzes nicht mit Waffen beliefern dürfen, ins Hintertreffen geraten.

Daher lasse ich jetzt zum Beispiel die Einrichtung eines Frühwarnsystems überprüfen, um zu verhindern, daß Firmen Aufträge akquirieren, denen nach dem Gesetz auf keinen Fall zugestimmt werden kann. Es wäre besser, ein solches Frühwarnsystem partnerschaftlich zu entwickeln, damit für die Länder, für deren Aufträge eine Bewilligung auf keinen Fall erteilt werden wird, auch keinen Antrag zu stellen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Abgeordneter Amon, bitte.

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Geschätzter Herr Bundeskanzler! Sie haben in Saudi-Arabien und in Österreich unterschiedliche Aussagen getätigt. Meine Frage lautet daher: Welche gilt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Ich habe in Saudi-Arabien und in Österreich keine unterschiedlichen Aussagen getätigt. Es gilt die, die ich jetzt gemacht habe. (Allgemeine Heiterkeit.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Abgeordneter Tychtl stellt die nächste Zusatzfrage.

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sie haben in der Anfragebeantwortung jetzt darauf hingewiesen, daß viele Firmen, die sich derzeit um neue Märkte bemühen, in die Situation geraten, daß sie eventuell mit Dingen konfrontiert werden, die sie zu dem Zeitpunkt noch nicht abschätzen können, konkret in der Frage Zulieferung zu etwaigen Waffenkäufen.

Ist seitens der Bundesregierung daran gedacht, Firmen, die sich erstmals auf internationalem Gebiet bewegen, schon sozusagen im Vorfeld darauf hinzuweisen, welche Möglichkeiten ihnen offenstehen? Das heißt, daß man sie verstärkt auf die Gesetzeslage hinweist und darauf aufmerksam macht, in welchen Rahmen sie sich in Fragen der Waffenkäufe oder etwaiger Zulieferungen vorwagen können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Das wäre genau im Sinn dessen, was ich vorher über die Einrichtung einer Art von Frühwarnsystem gesagt habe. Es sollte wirklich bereits im Vorfeld ein Austausch der Informationen und der Rechtsstandpunkte stattfinden. Es handelt sich dabei im übrigen in der Praxis ohnehin nur um eine sehr geringe Anzahl österreichischer Firmen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Frau Abgeordnete Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Geschätzter Herr Bundeskanzler! Zu derselben Thematik: Beim Verwaltungsgerichtshof in Wien liegt zurzeit ein Verfahren wegen einer Säumnisklage. Diese wird von der Firma Hirtenberger gegen das Innenministerium angestrengt, denn das Innenministerium hat der Firma die Genehmigung für den Verkauf von Anti-Personen-Minen an Saudi-Arabien nicht erteilt.

Aus dieser Thematik ergibt sich die Frage nach einem umfassenden Verbotsgesetz für die Entwicklung, die Produktion, die Lagerung, die Durchführung, aber vor allem für die Ausfuhr von Anti-Personen-Minen nicht nur international, sondern gerade in Österreich. Allen Menschenrechtsbewegten ist das ein ganz besonderes Anliegen.

Jetzt möchte ich Sie fragen: Wie stehen Sie zu einem umfassenden Verbotsgesetz aller Anti-Personen-Minen in Österreich, vor allem daß auch ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Eine konkrete Zusatzfrage. Ich bitte, diese noch einmal zu formulieren.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Meine konkrete Frage lautet: Wie steht der Herr Bundeskanzler zu einem umfassenden Antiminenverbotsgesetz in Österreich?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Beim Verwaltungsgerichtshof ist die von Ihnen angeführte Klage anhängig. Der Vewaltungsgerichtshof hat noch nicht erkannt. Wir müssen daher den Spruch des Verwaltungsgerichtshofes abwarten, ehe diesbezüglich politische Schritte gesetzt werden können.

Zum zweiten Teil Ihrer Anfrage bitte ich Sie, damit vorliebzunehmen, daß Sie mir dieselbe Frage danach stellen und ich dann umfassend darauf antworten kann.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit ist die erste Frage abgeschlossen.

Ich bitte Kollegen Kiss (ÖVP), seine Frage zu formulieren.

Abgeordneter Paul Kiss: Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Meine Frage lautet:

9/M

Stehen Sie als Bundeskanzler zur Einführung von Rasterfahndung und elektronischen Abhörmethoden, wie dies im Ministerrat beschlossen wurde?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Zunächst ist davon auszugehen, daß die Frage der Einführung neuer modernerer Ermittlungsmethoden für die Exekutive nicht in den Zuständigkeitsbereich meines Ressorts fällt. Aber es liegt die von der Bundesregierung dazu beschlossene Regierungsvorlage bereits dem Parlament zur Beratung vor. Ich füge drei grundsätzliche Anmerkungen hinzu.


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Für mich steht außer Zweifel, daß die Exekutive über bestmögliche und wirksame Mittel zur erfolgreichen Verbrechensbekämpfung, vor allem der organisierten Kriminalität verfügen muß.

Zweitens dürfen moderne Ermittlungsmethoden nicht für sich allein als Allheilmittel, sondern nur als eine sinnvolle Ergänzung zu den bisher schon möglichen Aktivitäten angesehen werden, wie etwa die Teilnahme am Schengener Abkommen oder die Einrichtung des Grenzdienstes.

Drittens: Dort, wo moderne Ermittlungsmethoden in einem Spannungsverhältnis mit verfassungsrechtlich garantierten Grundrechten der Bürger stehen, ist ihr Einsatz nur unter ganz bestimmten und sehr eng definierten Voraussetzungen bei besonders schweren Straftaten und unter richterlicher Aufsicht denkbar.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Kiss: Herr Bundeskanzler! Ich nehme Ihre Ausführungen mit persönlicher Genugtuung zur Kenntnis.

Ich darf Ihnen aber jetzt ein Papier zitieren, von dem ich annehme, daß Sie es kennen. Es ist ein Papier der SPÖ-Parlamentsfraktion vom 13. Juni, es beinhaltet ein 10-Punkte-Programm zur Verbesserung betreffend die neuen Ermittlungsmethoden. In diesem Programm steht unter Punkt 10 – ich darf zitieren –: Verzicht auf die Rasterfahndung: Da die Wirkung des Instrumentes Rasterfahndung eine ohnehin sehr zweifelhafte ist, was auch von seiten des Innenministeriums bestätigt wird, kann auf die Einführung dieses außerordentlich teuren Instruments, bei dem die Eingriffe in die Grundrechte sehr schwerwiegend sind, verzichtet werden. (Beifall des Abg. Mag. Barmüller. )

Herr Bundeskanzler! Angesichts dessen drängt sich natürlich automatisch die Frage auf: Wie erklären Sie sich die Diskrepanz zwischen dem, was Sie hier gesagt haben, und dem, was der SPÖ-Parlamentsklub, dessen Vorsitzender Sie als SPÖ-Parteivorsitzender sind, sagt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Zunächst einmal bitte ich die feine Differenzierung zur Kenntnis zu nehmen, daß ich nicht der Vorsitzende des Parlamentsklubs bin.

Ich habe Ihnen und dem Parlament gegenüber die Meinung der österreichischen Bundesregierung und meine eigene zu vertreten, und diese habe ich Ihnen soeben gesagt. Der restliche Ablauf wird durch die parlamentarischen Verhandlungen bestimmt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Abgeordneter Elmecker.

Abgeordneter Robert Elmecker (SPÖ): Herr Bundeskanzler! In diesem Zusammenhang ist es sicherlich für das Hohe Haus interessant, zu erfahren, wie Sie die europäische Dimension der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der internationalen Kriminalität sehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich gehe zunächst davon aus, daß angesichts der sich kontinuierlich öffnenden Grenzen in ganz Europa der internationalen Zusammenarbeit in den Bereichen Inneres und Justiz wachsende und immer größer werdende Bedeutung zukommt.

In diesem Zusammenhang ist auch die aktive Teilnahme Österreichs am Schengener Abkommen zu sehen. Daher ist die beim Europäischen Rat zuletzt in Florenz erzielte Einigung über Europol als Fortschritt zu begrüßen. Und dieser Weg, Lösungen für Fragen der inneren Sicherheit nicht mehr ausschließlich innerhalb nationaler Grenzen zu suchen, wird fortzusetzen sein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Partik-Pablé, bitte.


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Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé
(Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sie haben erwähnt oder zu verstehen gegeben, daß Ihnen die Bekämpfung der Kriminalität sehr wichtig ist und daß die Exekutive die bestmöglichen Mittel braucht, um die Kriminalität bekämpfen zu können. Voraussetzung dafür ist aber, daß Exekutivbeamte in ausreichender Zahl vorhanden sind.

Wie sehen Sie das im Lichte dessen, daß der Bundesminister für Inneres gemeint hat, er könne auf 2 000 Exekutivbeamte in den nächsten Jahren verzichten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Sie sind sicher darüber informiert, daß wir im öffentlichen Dienst einen Aufnahmestopp verfügt haben, daß wir eine sehr sparsame und – was die Ausweitung betrifft – restriktive Personalpolitik verfolgen müssen und das auch tun. Es gibt einige Bereiche, die davon ausgenommen sind, und dazu gehört der Bereich der Exekutive. Wir werden je nach Bedarf und Erfordernissen die Personaldispositionen im Bereich Inneres ausrichten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Abgeordneter Barmüller, bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundeskanzler! Nachdem erst in der Diskussion um die Rasterfahndung und den Lauschangriff zutage getreten ist, wie stark damit in die Grundrechte Unschuldiger eingegriffen wird, möchte ich Sie fragen, ob das, was Herr Abgeordneter Kiss soeben vorgelesen hat, bedeutet, daß es hier zu einem verstärkten Umdenken gekommen ist und daß die Grundrechte unschuldig in Rasterfahndung und Lauschangriff geratener Menschen in den einzelnen Vorlagen verstärkt Berücksichtigung finden werden, als das zu Anfang der Diskussion der Fall gewesen ist?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! In meinen grundsätzlichen Ausführungen – ich möchte das verstärken und wiederholen – habe ich schon zum Ausdruck gebracht, daß die Rechte des Staatsbürgers das höchste Gut sind, das es zu vertreten gilt. Daher ist besonders auf die Benachteiligung oder die Zurücksetzung Unschuldiger Rücksicht zu nehmen, gleichgültig, welche Papiere vorgetragen wurden oder welche Debattenbeiträge es gegeben hat.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Wir kommen zur Frage 13/M. Kollege Dr. Frischenschlager (Liberales Forum) , bitte.


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Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager:
Herr Bundeskanzler! Ich möchte Sie fragen:

13/M

Warum erweitert die Regierung, anstatt die Idee einer unabhängigen Medienanstalt, die auch zum Beispiel von der Obersten Fernmeldebehörde gefordert wird, aufzunehmen, die Kompetenzen der erfolglosen Regionalradiobehörde?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Die Bundesregierung beschäftigt sich gegenwärtig mit den Materien Kabelgesetz, ORF-Reform und Novellierung des Regionalradiogesetzes. Dabei geht es unter anderem auch um die Kompetenzen der Regionalradiobehörde. Eine Entscheidung darüber ist noch nicht gefallen. Ich weise aber darauf hin, daß bereits heute die Regionalradiobehörde eine unabhängige Behörde ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager: Herr Bundeskanzler! Ich höre natürlich gerne, daß sich die Regierung Gedanken macht über Privatfernsehen, Kabel-TV und Privatradio. Sie haben aber für die Zeit vor dem Sommer angekündigt, daß es entsprechende Vorlagen bereits geben wird, bis jetzt ist jedoch nichts geschehen.

Aber was uns besonders mit Sorge erfüllt und was auch zu einem Volksbegehren seitens der Journalistengewerkschaft geführt hat, ist: Wie wollen Sie sicherstellen, daß es im Hinblick auf die ORF-Reform – es ist ja vorgesehen, daß nur mehr Bundesregierungsvertreter und Landesregierungsvertreter den Aufsichtsrat bilden werden – zu keinen parteipolitischen Vereinnahmungen des ORF kommen wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Sie sind sicher darüber informiert, daß die Bundesregierung beziehungsweise die beiden Regierungsparteien in ihrem Regierungsprogramm sich entschieden haben, eine Kapitalgesellschaft zu errichten und keine Anstalt.

Die Überlegungen in Richtung Kapitalgesellschaft sind dadurch begründet, daß wir glauben, daß eine Kapitalgesellschaft, im konkreten eine Aktiengesellschaft, es dem ORF in der Zukunft ermöglichen wird, die wirtschaftlichen Potentiale zu seiner Finanzierung, zu seiner wirtschaftlichen Gesundung besser auszuschöpfen, als dies einer Anstalt möglich ist.

Das heißt also, parteipolitische Einflüsse oder Beeinflussungen sind nicht vorgesehen. Es gibt natürlich eine hervorzuhebende Ausnahme: Da im Hohen Haus politische Parteien vertreten sind und da die Fraktionen politischen Parteien angehören und die Fraktionen politische Beschlüsse zu fassen haben, wird jedenfalls dieser Teil der Politik, nämlich in der Gesetzwerdung, nicht auszuschließen sein, sonst kommt die Gesetzwerdung ja nicht zustande. Aber was die Unternehmensführung betrifft, ist kein Zusammenhang herzustellen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Kukacka.

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Ein Punkt, der mich in diesem Zusammenhang etwas mit Unbehagen erfüllt, ist die Tatsache, daß im Entwurf zum Regionalradiogesetz, also im vorliegenden Beamtenentwurf, keine Ländervertreter mehr in dieser Regionalradiobehörde vorgesehen sind.

Das halte ich auch aus fachlichen Gründen für nicht gerechtfertigt, denn schließlich geht es ja darum, daß auch in Zukunft ganz konkrete regional begrenzte und örtliche Frequenzen vergeben werden.

Ist Ihnen also dieser Umstand bewußt, daß in diesem Beamtenentwurf Ihres Ressorts keine Ländervertreter mehr vorhanden sind, und billigen Sie das?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich habe vorher schon gesagt, daß diese Materie in Verhandlung steht: Einen abschließenden Entwurf gibt es noch gar nicht, daher ist auch eine solche Festlegung, wie Sie sie befürchten, noch nicht getroffen worden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Abgeordneter Cap, bitte.

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Bundeskanzler! In der vom Abgeordneten Frischenschlager eingebrachten Hauptfrage sind zwei Adjektive, die ich hinterfragen möchte. Erstens war die Regionalradiobehörde nicht erfolglos, und zweitens kann man über diesen reizenden Begriff "unabhängige Medienanstalt" philosophieren, ob das dann nicht andere Abhängigkeiten sind. (Abg. Dr. Ofner: Da darf man nicht philosophieren! Da darf man fragen!)


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Meine Frage lautet: Wir sind jetzt in einer Phase, in der wir Kosten einsparen wollen. Ist diese Medienanstalt in Wirklichkeit nicht etwas, was nur teuer ist und bürokratische Strukturen entwickelt und eine Ausweitung der Kosten bedeuten würde?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Ich bin durchaus der Meinung, daß wir gerade bei allen Neuregelungen insbesondere die Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen haben. Die Regionalradiobehörde kann diese Aufgaben erfüllen, und im Zuge der Reformen ist auch das Verfahren der Behörde den neuen Regelungen anzupassen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Herr Abgeordneter Meischberger, bitte.

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Meine Frage lautet, ob nach der notwendigen Reparatur des Regionalradiogesetzes an der bestehenden Lizenzvergabe durch die Regionalradiobehörde an die bereits zugeteilten Unternehmer festgehalten wird oder ob der neue Entwurf so aussehen wird, daß auch eine neue faire Ausschreibung und eine neue Möglichkeit der Lizenzvergabe an andere Unternehmer vorgesehen sind?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wenn diese Materie noch einmal der parlamentarischen Behandlung zugeführt werden wird, dann sehe ich nicht ein, daß nicht auch neue Möglichkeiten eröffnet werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön.

Die vierte Frage formuliert Frau Abgeordnete Dr. Hlavac (SPÖ), bitte.

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac: Herr Bundeskanzler! Meine Frage lautet:

11/M

Hat angesichts der BSE-Krise aus Ihrer Sicht der Europäische Rat in Florenz Fortschritte für die Europäische Integration gebracht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte sehr, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Der europäische Gipfel von Florenz hat zweifellos Fortschritte für die Europäische Integration gebracht. Zu Beginn der Beratungen mußte die sogenannte BSE-Krise entschärft werden, und das ist auch gelungen. Daher konnte im Anschluß daran bewiesen werden, daß die Europäische Union nicht, wie einige Kommentatoren vorher gesagt haben, einer Lähmung ausgesetzt ist und somit ein Scheitern des Gipfels befürchtet wurde.

Die grundsätzliche Annahme des Vertrauenspakts für Beschäftigung in Europa beweist, daß in der Beschäftigungspolitik einiges erreicht wurde.

Als weiterer Fortschritt ist Europol zu erwähnen. Dieses Übereinkommen entspricht auch der seit langem von Österreich vertretenen Position, daß die Zusammenarbeit der Behörden im Bereich Inneres und Justiz eine wichtige Voraussetzung für die Bekämpfung vor allem organisierter Kriminalität darstellt. Der Rat hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, das Übereinkommen und das Protokoll möglichst rasch zu ratifizieren.

Im Bereich der sogenannten Dritten Säule hat der Europäische Rat weiters den Grundsatz der Einrichtung einer europäischen Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gebilligt. Wir haben im übrigen für Österreich, für Wien diesbezüglich eine Bewerbung eingereicht.


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Im Bereich der Außenbeziehungen wurde nun endlich auch mit Slowenien eine Übereinstimmung erzielt, daß Slowenien in die Strategien der Vorbereitung des Beitritts der mittel- und osteuropäischen Staaten einbezogen wird. Weiters wurde beschlossen, daß die erste Phase der Verhandlungen mit den mittel- und osteuropäischen Staaten mit dem Beginn der Verhandlungen mit Zypern und Malta zusammenfallen soll. Beide Entscheidungen wurden von Österreich eindeutig unterstützt.

In der Frage der Regierungskonferenz ersuchte der Europäische Rat darum, daß der irische Vorsitz für das nächste Gipfeltreffen in Dublin einen allgemeinen Rahmen für einen Entwurf zur Revision der Verträge ausarbeitet. Dieser soll insbesondere die Ziele Bürgernähe, Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik und eine Reform der Institutionen beinhalten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac: Herr Bundeskanzler! Ich halte es für ganz wichtig, daß, wie Sie gesagt haben, die BSE-Krise entschärft ist und sich die Union wieder voll auf die Zukunftsfragen Europas konzentrieren kann. Sie haben mehrere davon angesprochen, unter anderem die Bekämpfung der internationalen Kriminalität.

Die wichtigste Frage scheint mir aber jene der Beschäftigungspolitik zu sein.

Ich möchte Sie daher fragen, ob es in diesem Bereich konkrete Fortschritte gibt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Es gibt konkrete Fortschritte. Über all dem ist zu sagen, daß der Europäische Rat den vom Kommissionspräsidenten Santer vorgelegten Vertrauenspakt für Beschäftigung grundsätzlich angenommen und gutgeheißen hat.

Die erwähnten konkreten Aufforderungen an die Kommission und die Mitgliedstaaten sind insbesondere folgende: die rasche Umsetzung der den Binnenmarkt betreffenden Richtlinien, die konsequente Fortführung der Arbeiten auf dem Elektrizitäts- und Telekommunikationssektor, die Annahme des Aktionsplans für kleine und mittlere Unternehmungen, das sogenannte KMU-Programm, die Unterbreitung eines Vorschlags betreffend lebensbegleitendes Lernen und Lernen in der Informationsgesellschaft. Dann ist ein Bericht dem Rat in Dublin über die Entwicklung der Steuersysteme in der Union vorzulegen, der vor allem auf die steuerlichen Rahmenbedingungen, die zur Schaffung von Arbeitsplätzen notwendig sind, eingehen soll. Es wurden die Finanz- und Wirtschaftsminister beauftragt, im sogenannten ECOFIN-Rat diese grundsätzlichen Beschlüsse nun umzusetzen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Herr Abgeordneter Auer, bitte.

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sie haben ausgeführt, daß durch diese Konferenz in Florenz das Vertrauen in die Europäische Integration wiederhergestellt wurde. Welche Maßnahmen sind in Österreich geplant, um die dramatischen BSE-Auswirkungen auf Österreichs Gründlandbauern zu minimieren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Landwirtschaftsminister nicht zuletzt im Interesse der österreichischen Bauern sehr darauf gedrängt hat, daß es zu einer Entschärfung der BSE-Krise kommt, weil ganz deutlich sichtbar wurde, daß der Rückgang der Konsumentennachfrage nach Rindfleisch nicht nur das britische Rindfleisch, sondern auch das österreichische Rindfleisch betrifft. Daher muß den österreichischen Landwirten Verständnis und Unterstützung entgegengebracht werden, was auch im konkreten auf österreichischer Ebene geschieht.


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Es ist in Florenz bei der Ratstagung aber auch eine Aufstockung der Geldmittel aus dem EU-Budget beschlossen worden, die insbesondere an die Landwirtschaft, insbesondere an die Tierhalter gehen sollen, um auf diese Art und Weise nicht nur politische Einigung über die Keulung und all das zu erreichen, sondern um auch – das wird noch eine geraume Weile andauern – die Landwirte in allen EU-Ländern zu unterstützen.


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32. Sitzung / Seite 21

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Danke. Frau Abgeordnete Aumayr, bitte.

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! In Österreich gibt es sehr viele BSE-geschädigte Bauern. Obwohl die österreichischen Rinderbauern beste Qualität erzeugen, kam es zu Markteinbrüchen von 60 bis 70 Prozent und zu einem ganz dramatischem Preisverfall bei den Rinderpreisen.

Italien plant ein nationales Hilfsprogramm, im Rahmen dessen die Schadenssummen für die italienischen Bauern zur Gänze ausgeglichen werden können. Planen auch Sie und die österreichische Bundesregierung Sie ein derartiges Programm für die österreichischen Rinderbauern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Wir kopieren oder imitieren nicht die Pläne anderer Länder, aber wir haben in der Bundesregierung eine eindeutige Stellungnahme bezogen, die österreichischen Bauern aus diesem Titel zu unterstützen. Der Landwirtschaftsminister hat beantragt – das wird auch durchgeführt –, im konkreten die Rinderprämien zu erhöhen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Abgeordneter Frischenschlager, bitte.

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (Liberales Forum): Herr Bundeskanzler! Eine Vorbemerkung: Die ganze BSE-Geschichte hat in Europa den Eindruck erweckt, daß sich ein Land, das eigentlich für all das, was hier entstanden ist, verantwortlich ist, dann bei anderen wichtigen europapolitischen Themen querlegt. Ich hoffe, daß dieser Zustand überwunden ist. Sie haben – ich glaube zu Recht – die Bedeutung der Europol für die Sicherheit auf diesem Kontinent hervorgestrichen, und es ist das ein wirklich großer Fortschritt.

Meine Frage ist nun: Wenn die Exekutive vermehrte Möglichkeiten zur Kriminalitätsbekämpfung hat, sind Sie dann nicht auch der Ansicht, daß es wichtig ist, daß die Europäische Union eine eigene Grundrechtschutzordnung aufbaut, sei es, daß die Europäische Union der Menschenrechtskonvention beitritt oder einen eigenen Grundrechtskatalog in den Vertrag integriert?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler! Wenn Sie wünschen, die Frage zu beantworten, obwohl der Zusammenhang bestritten werden könnte, dann bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Ich würde sie schon gerne beantworten. Herr Abgeordneter! Sie haben insofern einen ganz wichtigen Punkt angesprochen, als bei der letzten Ratstagung Übereinstimmung darin herrschte, daß es keinem Mitglied weiterhin ermöglicht werden sollte, aus einem Titel sämtliche andere Beschlüsse zu boykottieren und zu verunmöglichen.

Eine reale Konsequenz aus dieser Einstellung liegt auch darin, daß Großbritannien seinen über zwei Jahre nunmehr aufrechterhaltenen Widerstand gegen Europol aufgegeben hat.

Das war unter anderem eine Demonstration dessen, daß eben der Zustand beendet werden soll, daß ein Mitglied wichtige Beschlüsse blockieren kann.

Hinsichtlich des zweiten Teils Ihrer Frage antworte ich wie folgt: Die grundlegenden Weichen sind in die Richtung gestellt, die Grundrechte auch europa- und EU-weit besser zu schützen. Dazu gibt ein konkretes Projekt, einen konkreten Entwurf. Außerdem ist die Europol-Lösung mit der Verbindung an den EuGH verwirklicht worden, und damit ist auch auf diesem Gebiet ein Fortschritt erzielt worden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön.

Fünfter Fragenkomplex: Frau Abgeordnete Mag. Stoisits (Grüne) , bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits: Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Meine Frage lautet:

14/M

Halten Sie Saudi-Arabien, dem "Amnesty international" alljährlich zahlreiche Menschenrechtsverletzungen nachweist, nach wie vor für ein geeignetes Zielland österreichischer Waffenexporte?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Obwohl nach der ECOSOC-Resolution 1503/1958 gegen Saudi-Arabien ein Verfahren wegen schwerer und systematischer Menschenrechtsverletzungen vor der UN-Menschenrechtskommission anhängig ist, kann doch nicht prinzipiell davon ausgegangen werden, daß jeder Kriegsmaterialexport nach Saudi-Arabien mit der geltenden Gesetzeslage unvereinbar wäre. Denn § 3 Abs. 1 Z 3 des Bundesgesetzes über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial steht der Genehmigung eines Antrags auf Ausfuhr von Kriegsmaterial dann entgegen, wenn aufgrund schwerer und wiederholter Menschenrechtsverletzungen im Empfängerland die Gefahr besteht, daß das gelieferte Kriegsmaterial zur Unterdrückung von Menschenrechten verwendet wird. Ob diese Gefahr besteht, hängt zum Beispiel von der Art des Materials ab. Daher wird die Entscheidung über eine Bewilligungserteilung jeweils im Einzelfall zu treffen sein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits: Herr Bundeskanzler! Ich komme noch einmal zurück auf die Diskussion über die Anti-Personen-Minen. Herr Außenminister Dr. Schüssel hat in der Fragestunde am 23. Mai 1996 hier gesagt – und ich zitiere einen Satz –: Ich kann keinen Sinn darin erkennen, daß man sich international für ein Totalverbot einsetzt und heimisch etwas anderes macht.

Darum frage ich Sie jetzt noch einmal: Sind Sie als Bundeskanzler dieser Republik für ein Totalverbot von Anti-Personen-Minen – Produktion, Ausfuhr – in Österreich?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Ich befürworte ein Verbot für Anti-Personen-Minen, insbesondere für solche, die von möglichen Opfern selbst ausgelöst werden können. Der im Parlament eingebrachte Antrag könnte mit ganz geringfügigen Änderungen ein solches Totalverbot herbeiführen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundeskanzler.

Herr Abgeordneter Maitz, bitte.

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Ihre jüngst geäußersten Überlegungen zur Erleichterung von Waffenexporten haben Sie mit den geänderten weltpolitische Verhältnissen begründet. Dazu meine Frage: Wie sehen Sie den Zusammenhang zwischen den geänderten weltpolitischen Verhältnissen und der Neutralität Österreichs, wie Sie von Ihnen vertreten wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Unter weltpolitischen veränderten Verhältnissen verstehe ich insbesondere Fälle, in denen vor etlichen


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Jahren internationale Krisen entstanden und in der Zwischenzeit Friedensbemühungen und Friedensbestrebungen eingetreten sind. Es kommt dann immer wieder darauf an, zwischen den Aggressoren und den Opfern zu unterscheiden. Ich sehe das Neutralitätsrecht und die Neutralitätspolitik prinzipiell dadurch nicht angesprochen, aber ich habe schon in mehrfachen Beantwortungen gesagt, daß es immer auf den Einzelfall ankommt. Das heißt, wir werden neutralitätspolitisch natürlich auch jeden Einzelfall zu prüfen haben, und daher sehe ich hier keine grundlegenden und auch keine spezifischen Widersprüche.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundeskanzler.

Herr Abgeordneter Gaál, bitte.

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Haben Ihre Gesprächspartner in Saudi-Arabien konkrete Wünsche nach österreichischen Waffenlieferungen geäußert?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Nein, Herr Abgeordneter! Die Antwort ist eindeutig nein. Es wurde von saudiarabischer Seite vielmehr das Interesse an einer generell intensiveren wirtschaftlichen Zusammenarbeit in den Vordergrund gestellt. Um konkrete Lieferungen oder Verträge einzelner Firmen bezüglich Waffen ist es überhaupt nicht gegangen, sondern man möchte die wirtschaftliche Zusammenarbeit generell mit Österreich intensivieren. So wurde etwa erst gestern ein Vertrag über die Lieferung eines österreichischen Stahlwerks mit einem Auftragsvolumen von zirka 9 Milliarden Schilling unterzeichnet.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundeskanzler.

Bitte sehr, Herr Abgeordneter Schöggl.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! 4 000 Mitarbeiter hat die österreichische Wehrwirtschaft noch, und Sie haben gerade gesagt, es wird keine Anlaßgesetzgebung im Zusammenhang mit Ihren Äußerungen bezüglich Saudi-Arabien geben. Sie haben eine Art Vorwarnsystem angekündigt.

Halten Sie eine Regelung für realistisch und umsetzbar, daß es vielleicht eine Liste von Ländern gibt, in die die Ausfuhr von militärischen Gütern grundsätzlich erlaubt wäre, sodaß damit für die Wehrwirtschaft erkennbar wäre, wo sie ohne Risiko und ohne Gefahr, mit den geltenden gesetzlichen Regelungen in Konflikt zu kommen, akquirieren könnte, sodaß entsprechende Waffenexportgeschäfte ohne Schwierigkeiten mit den bestehenden Gesetzen abgewickelt werden könnten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Erstens sind die österreichischen Unternehmungen, die sich auf diesem Gebiet betätigen – es sind nicht viele –, über ihre Marktchancen und die Marktgegebenheiten selbst ziemlich gut informiert. Zweitens habe ich schon ausgeführt, und ich muß das angesichts Ihrer Anfrage wiederholen, daß sowohl die Handhabung des Gesetzes als auch meines Erachtens der notwendige politische Zugang immer wieder in der Beurteilung von Einzelfällen begründet sein muß und daß mir daher drittens eine Anlegung von Listen nicht als ein geeignetes Mittel erscheint, weder Positivlisten noch Negativlisten, weil das im Widerspruch zu der Beurteilung in jedem einzelnen Fall stünde.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. Die 6. Anfrage wurde zurückgezogen.

Wir kommen daher zur 7. Anfrage, die Herr Abgeordneter Mag. Kukacka (ÖVP) formuliert. – Bitte sehr.

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka: Herr Bundeskanzler! Der Verfassungsgerichtshof hat das Regionalradiogesetz aufgehoben. Meine Frage lautet daher:


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10/M

Wann werden Sie dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Reparatur des Regionalradiogesetzes vorlegen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! In der Bundesregierung sind derzeit nicht nur die Vorbereitungen zur Novellierung des Regionalradiogesetzes, sondern auch die Erstellung eines Kabelgesetzes und die Novellierung des ORF-Gesetzes auf der Agendenliste. Alle drei Materien – deshalb erwähne ich es – sind insofern miteinander verknüpft, als damit der weitere Weg markiert wird, wie es in Österreich mit den elektronischen Medien überhaupt weitergehen soll.

So wird es mit dem Kabelgesetz zum ersten Mal in Österreich private Anbieter auch beim Fernsehen geben so wie schon vorher im Hörfunkbereich bei den Regionalradios, die in der Steiermark und in Salzburg bereits mit Erfolg laufen. Ich habe bereits an anderer Stelle gesagt, daß ich eine politische Einigung noch vor der Sommerpause erreichen will. Damit sollen potentielle Betreiber von Kabelprogrammen wissen, mit welchen gesetzlichen Regelungen sie in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka: Herr Bundeskanzler! Das Regionalradiogesetz und auch das Kabelfernsehgesetz beziehungsweise die Novelle zur Rundfunkverordnung wurden bereits vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Ich meine, daß gerade in diesen zwei Bereichen ein ganz besonderer Handlungsbedarf vorliegt und das nicht mit anderen Materien wie etwa der Reform des ORF-Gesetzes junktimiert werden sollte, weil wir hier unter einem ganz konkreten Zeitdruck stehen und auch die Kabelfernsehbetreiber die Möglichkeit haben, ab 1. August 1996 "Bewegbild" zu betreiben, das aber nicht mit Werbung finanzieren dürfen.

Ich meine also und frage Sie, ob nicht für diese beiden Regierungsentwürfe Vorrang bestehen sollte und ob nicht doch alles getan werden sollte, um die beiden Gesetze so rasch wie möglich zu novellieren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Herr Abgeordneter! Ich lege großen Wert darauf, daß Sie mich jetzt richtig verstehen, denn Sie haben soeben das Wort "junktimieren" verwendet. "Junktimieren" in der Art irgendeines politischen Aus- oder Abtausches schwebt mir nicht vor, sondern ich sehe den inhaltlichen und sachlichen Zusammenhang und sehe daher auch die Möglichkeit, daß wir auch zeitlich unterschiedlich vorgehen und dem einen Vorhaben, das Sie ansprechen, zeitliche Priorität geben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Abgeordneter Meischberger, bitte.

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (Freiheitliche): Herr Bundeskanzler! Wird man anläßlich der angesprochenen notwendigen Reparatur des Regionalradiogesetzes weiterhin an Vergaben von Landesfrequenzen oder Landessendeplätzen festhalten, oder wird man, was technisch sicher interessanter wäre, die Frequenzvergabe an die Reichweiten der jeweiligen Sendeanlagen binden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Herr Abgeordneter! Das ist eine außerordentlich technische Frage, aber ich glaube  –  ich kann die endgültigen Beratungen nicht vorwegnehmen –, man sollte die Möglichkeiten, vor allem auch der lokalen Erteilungen, in diesem Zusammen


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hang nutzen, um auf diese Art und Weise eine größere Vielfalt zu ermöglichen. Ob sie dann in Anspruch genommen wird, hängt von den Betreibern ab.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Frau Abgeordnete Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundeskanzler! Ihre Ratlosigkeit äußerst sich jetzt. Die Grünen haben im Nationalrat einen umfassenden Entwurf zur Novelle des Regionalradiogesetzes eingebracht. Vielleicht könnten die Kolleginnen und Kollegen das als Anregung verstehen, wenn die Regierung nichts liefert, daß man sich mit den Oppositionsanträgen beschäftigt.

Aber meine eigentliche Frage: Es gibt in der Schweiz ein interessantes Modell in Hinblick auf Minderheitensprachen. Das Schweizer Modell sieht vor, daß Privatradios, die in einem Gebiet ausstrahlen, in denen auch Minderheitensprachen gebräuchlich sind, zu einem bestimmten Anteil die Sendungen verpflichtend in diesen Minderheitensprachen ausstrahlen müssen. Das ist die Bedingung für die Lizenzerteilung. Könnten Sie sich ähnliche Regelungen auch für Österreich vorstellen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Im Endeffekt sind all diese Fragen mit den finanziellen Möglichkeiten zu beantworten, nämlich – sehr klar gesagt – mit der Frage, wer das finanziert. Sonst verweise ich nur darauf, daß diesbezüglich in der Bundesregierung keine Ratlosigkeit herrscht und daß auch noch so umfassende Anträge oder Vorschläge von oppositionellen Abgeordneten – sollte tatsächlich eine Ratlosigkeit herrschen – diese auch nicht beseitigen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Abgeordneter Frischenschlager.

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (Liberales Forum): Herr Bundeskanzler! Es war sehr interessant, daß Sie diese Frequenznutzungssituation beim Regionalradio als eine technische bezeichnet haben. Es ist eine immens politische, weil das einer der Gründe der Aufhebung war, daß eben nur ein Regionalradio je Bundesland überhaupt ermöglicht wurde.

Meine Frage daher: Sind Sie bereit, im Zuge der Neuregelung des Regionalradiogesetzes dafür zu sorgen, alle technischen Möglichkeiten, daß es mehr als einen Radiobewerber pro Bundesland geben kann, zu suchen und auszunützen? Ich glaube, Privatradio und die Privatisierung dieses Bereiches kann man nur dann ansprechen, wenn nicht nur ein Sender pro Bundesland zugelassen ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Herr Abgeordneter! Sie haben soeben gesagt, es handle sich nicht um eine technische Frage, sondern um eine politische, und jetzt fragen Sie mich, ob ich bereit bin, alle technischen Möglichkeiten auszunützen! Also einigen wir uns darauf, daß wir die technischen Möglichkeiten politisch einsetzen müssen, dann sind wir ungefähr auf einer gleichen Basis. Sonst werde ich in den Beratungen – ich stehe in Offenheit zur Verfügung – bis hin zu den Minderheitenradios dafür einstehen, daß alles möglich sein soll. Es liegt dann an den Betreibern, von diesen Möglichkeiten Gebrauch zu machen und sich diese Möglichkeiten auch leisten zu können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Wir kommen zur 8. Anfrage der Frau Abgeordneten Mertel (SPÖ). Ich bitte um die Formulierung.

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel: Herr Bundeskanzler! Am 21. und 22. Mai, also im vorigen Monat, fand der Ministerrat der OECD statt, und zwar unter österreichischem Vorsitz.


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Meine Frage lautet:

12/M

Was sind die wichtigsten Ergebnisse des Ministerrates der OECD, der am 21. und 22. Mai 1996 unter österreichischem Vorsitz stattfand?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Der Rat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist das höchste Gremium dieser Organisation und tagt einmal jährlich auf Ministerebene. Erstmals seit 1979 wurde Österreich der Vorsitz übertragen, und ich habe ihn gemeinsam mit dem Bundesminister für Finanzen ausgeübt.

Die Hauptthemen waren Wachstum und Beschäftigung und die Stärkung des multilateralen Systems sowie die Zukunft der OECD.

Zu den Fragen Wachstum und Beschäftigung ist Übereinstimmung über einen Aktionsplan hergestellt worden, zu dessen wesentlichen Elementen die Fortsetzung stabilitätsorientierter Fiskal- und Geldpolitik, die Beschleunigung der Strukturreformen, auch der Deregulierungsmaßnahmen, sowie die aktiven Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, in erster Linie durch Erhöhung des Qualitätsniveaus der Ausbildung der Arbeitskräfte, zählen.

Das zweite wichtige Ergebnis war eine Absage an jede Art von Unilateralismus, an jede Art von Protektionismus und so weiter und eine Zusage an die offene Welthandelswirtschaft, damit ein klares Bekenntnis zur Einhaltung der Welthandelsregelungen und eine Ausweitung dieser Organisation als prioritäres Forum der Handelsliberalisierung.

Es gab neue Themen. Ich hebe die Verknüpfung von Handel und Mindestarbeitsnormen hervor, um auf diese Art und Weise Sozialdumping, Lohndumping und Arbeitskostendumping zu bekämpfen. Es wurde darauf hingezielt, daß diese Mindestarbeitsnormen nicht nur in den OECD-Staaten gelten. Man solle auch mit anderen Staaten Verhandlungen aufnehmen, daß diese Normen weltweit durchgesetzt werden. Das ist natürlich eine sehr ambitionierte Aufgabe.

Dann gab es noch die Diskussion über die Zukunft der OECD. Es ist insbesondere von europäischer Seite als eine unverzichtbare Rolle definiert worden, die OECD als Forum wirtschaftspolitischer Kooperation der Höherentwickelten, der Industriestaaten aufrechtzuerhalten. Aus Aktualität füge ich hinzu: Die OECD ist auch immer wieder aufgerufen, die wirtschaftlichen Grundlagenberichte für die sogenannten G-7-Treffen zu liefern. Das ist wichtig, da auf diese Art und Weise jene Länder, die nicht am G-7-Gipfel teilnehmen, ebenfalls ihre Meinungen in die Grundlagen der G-7-Beratungen einfließen lassen können.

Das heißt also, Frau Abgeordnete, man hat sich dort nicht nur den Standardthemen wie Arbeitsplatzsicherung und Wachstum gewidmet, sondern auch klar erkannt, daß neue Probleme mit neuen Partnern in der weltweit vernetzten Wirtschaft zu bewältigen sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel: Herr Bundeskanzler! Welche besonderen österreichischen Anliegen konnten anläßlich dieses Ministerrates verwirklicht werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Frau Abgeordnete! Im großen und ganzen natürlich das Generalthema Beschäftigungssicherung, geordnete Arbeitsmärkte und Ausbildung, aber darüber hinaus weise ich auch besonders auf die Schaffung gleicher Chancen für Frauen und Männer auf den Arbeitsmärkten und in den verschiedenen Berufen hin.


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Die Tagung stand auch sehr stark im Spannungsfeld zwischen der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaften auf der einen Seite und der Bewahrung der sozialen Zusammenhalte auf der anderen Seite. Auch das geht eigentlich immer wieder in Richtung, Wettbewerbsfähigkeit nicht durch Sozialabbau herbeizuführen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Zusatzfrage: Kollege Dr. Trinkl, bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Die USA, die immerhin ein Viertel des Budgets der OECD beisteuern, stehen der jetzigen Organisation sehr kritisch gegenüber und wollen die Regelungskompetenz, die Koordinierungskompetenz der OECD auf den Kreis der G-7-Länder reduzieren.

Was haben Sie als Vertreter Österreichs beim Rat in Paris unternommen, um die Mitsprachemöglichkeit der kleinen Länder und hier im speziellen Österreichs zu erhalten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Ich habe das Gegenteil von den amerikanischen Wünschen unterstützt, denn es ist eindeutig und klar, daß die OECD in dieser Auseinandersetzung zwischen den kleineren und mittleren Ländern auf der einen Seite und den großen G-7-Ländern auf der anderen Seite unter Umständen Gefahr läuft, zwischen die Blöcke zu geraten. Natürlich ist es im Interesse der kleineren und mittleren Staaten, genau das nicht eintreten zu lassen. Sie haben völlig recht. Es gibt sehr kritische Forderungen, etwa mit dem Inhalt, die G-7-Gruppierung möge eine Art Direktion über die OECD sein, um dort Veranlassungen zu treffen, was die OECD zu tun hätte.

Es ist aber völlig eindeutig und wurde auch im Schlußkommuniqué zum Ausdruck gebracht, daß die große Mehrheit der Mitgliedsländer eine solche Entwicklung für schlecht hält, für die Interessen der OECD-Mitglieder abträglich, und daher gab es auch eine klare Stellungnahme gegen diese zwar nicht so konkreten, aber doch immerhin erkennbaren amerikanischen Absichten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Frau Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sie haben schon erwähnt, daß eines der wichtigsten Probleme der OECD auch die Sicherung von Arbeitsplätzen, die Schaffung von Arbeitsplätzen ist. Unabhängig von diesen Bemühungen haben Sie selbst vor der Wahl versprochen, daß Sie zigtausend Arbeitsplätze schaffen werden. Wir erleben aber jetzt, daß wöchentlich immer Arbeitsplätze vernichtet werden, statt daß welche geschaffen werden.

Wie stehen Sie jetzt zu Ihrem Versprechen? Was haben Sie getan, um dieses Versprechen, das Sie vor der Wahl gegeben haben, durchzusetzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich stehe sehr positiv dazu, weil politische Programme nicht wie Rechtsverträge sind, in denen man Garantien abgeben und dann auch einklagen kann. Politische Programme sind auch nicht als Haftpflichtversicherung zu verstehen, was ich Ihnen als Juristin sicherlich nicht ausführen muß. Es sind auch immer wieder die weltweiten und die Umweltbedingungen ins Spiel zu bringen. Ich meine allerdings, daß Österreich und die österreichische Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, die Politik der Bundesregierung gerade auf diesem Gebiet nicht so erfolglos sind. Denn angesichts


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des Rückgangs der Beschäftigten im gesamten EU-Raum oder auch im OECD-Raum behauptet Österreich immer noch einen der Spitzenplätze, und das ist angesichts der allgemeinen Bedingungen sicherlich als Erfolg zu sehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Herr Abgeordneter Peter, bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundeskanzler! Österreich hatte, wie Sie eben gesagt haben, einen der Spitzenplätze innerhalb der OECD inne. Seit Beginn der neunziger Jahre sind wir im internationalen Ranking der Wirtschaftsstandorte weit zurückgefallen. Die österreichische Wirtschaft hat eine Vielzahl von Marktchancen, die durch eine Überregulierung im Land verhindert wird.

Sind Sie bereit, der Wirtschaft die Möglichkeit zu geben, die Marktchancen zu nützen, indem Sie eine Deregulierungsoffensive starten und den österreichischen Wirtschaftsstandort damit wirklich konkurrenzfähig machen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Zunächst teile ich Ihre Einschätzung nicht, daß wir im internationalen Ranking weit zurückgefallen sind. Im Zuge dessen müßte man herausfinden, von welchem Ranking wir überhaupt reden. Es gibt zahlreiche Ranking-Organisationen, teils selbsternannte, teils journalistische, teils andere. Also darüber müßte man sich genauer unterhalten.

Ich habe zum Beispiel Ranking-Listen gesehen, auf denen sich einige Verschiebungen einfach deshalb ergeben haben, weil die Anzahl der Länder ausgeweitet wurde, die in eine solche Liste aufgenommen worden sind. Dazu kommt, um es noch an einem anderen Beispiel zu zeigen, daß etwa Deutschland ebenfalls in einem dieser Ranking-Versuche weit zurückgefallen ist, und es ist nicht deshalb zurückgefallen, weil Westdeutschland weniger leistungsfähig ist, sondern weil nach der Wiedervereinigung eben andere Maßstäbe gelten. (Abg. Mag. Peter: Die Wiedervereinigung hat bei uns nicht stattgefunden!)

Herr Abgeordneter! Die Deregulierung, die Liberalisierung oder die Ermöglichung, die größere Chancenermöglichung für das selbständige Wirtschaften sind ein wesentlicher Bestandteil der Politik der Bundesregierung. Ich stehe auch dazu – das habe ich immer schon gesagt –, etwa im Wege der Neuordnung oder einer Novellierung der österreichischen Gewerbeordnung, im Weg von mehr Liberalisierung, die Möglichkeiten im kleinen und mittleren Unternehmensbereich zu erweitern, Beschäftigung zu schaffen, Arbeitsplätze zu schaffen, sich wirtschaftlich zu betätigen. Ich spreche Sie als Selbständigen an und lade Sie ein, diese Bemühungen zu unterstützen, weil gerade aus dem Selbständigenbereich die größten Vorbehalte gegen die Liberalisierung der Gewerbeordnung kommen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön. Wir haben alle eingereichten Anfragen besprochen. Die Fragestunde ist daher beendet. – Danke, Herr Bundeskanzler.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 537/AB bis 545/AB.


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B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz über die Regelung der Arbeit in Backwarenerzeugungsbetrieben (Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996 – BäckAG 1996) und über Änderungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und Arbeitsruhegesetz (177 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend ergänzende Regelungen zur Anwendung der Verordnung (EWG) im Bereich der sozialen Sicherheit geändert wird (201 der Beilagen),

Sozialrechts-Änderungsgesetz 1996 – SRÄG 1996 (214 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (21. Novelle zum GSVG) (215 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz (20. Novelle zum BSVG) und das Betriebshilfegesetz (9. Novelle zum BHG) geändert werden (216 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (24. Novelle zum B-KUVG) (217 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger geändert wird (9. Novelle zum Freiberuflichen Sozialversicherungsgesetz – FSVG) (218 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (8. Novelle zum NVG) (219 der Beilagen),

Antrag 242/A der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden;

Familienausschuß:

Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (220 der Beilagen);

Gesundheitsausschuß:

Antrag 243/A (E) der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Verwendung internationaler ICD- und ICPM-Kataloge im Rahmen des LKF-Systems;

Industrieausschuß:

Antrag 240/A (E) der Abgeordneten Ing. Leopold Maderthaner und Genossen betreffend Förderung von betrieblicher Ausbildung;

Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft:

Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 geändert wird (198 der Beilagen),

Rebenverkehrsgesetz 1996 (199 der Beilagen),

Bundesgesetz über forstliches Vermehrungsgut (Forstliches Vermehrungsgutgesetz) sowie Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird (200 der Beilagen);

Rechnungshofausschuß:

Sonderbericht des Rechnungshofes über das Beschaffungswesen des Bundesheeres; Dritter Teilbericht (III-34 der Beilagen);


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Verfassungsausschuß:

Antrag 244/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz vom 10. 7. 1974, BGBl. Nr. 396/1974, über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, das Bundesgesetz, mit dem Regelungen über regionalen und lokalen Hörfunk erlassen werden (Regionalradiogesetz) und das Fernmeldegesetz von 1993, BGBl. Nr. 908/1993, zuletzt geändert BGBl. Nr. 821/1995, geändert werden,

Antrag 245/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Unvereinbarkeitsgesetz 1983, das Bezügegesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Verfassungsgerichtshofgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landes-Lehrerdienstrechtsgesetz 1984, das Land- und forstwirtschaftliche Dienstrechtsgesetz 1985 und die Bundesforste-Dienstordnung 1986 geändert werden (Bezügereformgesetz).

*****

Ankündigung der Besprechung einer Anfragebeantwortung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es ist das von 20 Abgeordneten unterstützte Verlangen gestellt worden, über die Beantwortung 505/AB der Anfrage 483/J der Abgeordneten Dr. Haider und Genossen betreffend Sondervertrag des Sektionschefs Dkfm. Stacher vor Eingang in die Tagesordnung eine Besprechung durchzuführen.

Ich verlege diese Besprechung im Sinne der Bestimmungen der Geschäftsordnung auf 16 Uhr.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 bis 9 sowie 10 bis 14 der heutigen Tagesordnung zusammenzufassen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bei der Präsidialkonferenz wurde für alle Debatten dieser Tagesordnung eine Blockredezeit von elf "Wiener Stunden" vereinbart. Daraus ergeben sich als Redezeit: SPÖ 165 Minuten, ÖVP 154 Minuten, Freiheitliche 143 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 99 Minuten. Über diesen Vorschlag ist in der Präsidiale Einvernehmen erzielt worden.

Gibt es dagegen im Plenum Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (151 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird (AMG-Novelle 1996) (202 der Beilagen)


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2. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (150 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1984 geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt sind, bestimmten Einrichtungen vorbehalten wird (Ausbildungsvorbehaltsgesetz), erlassen wird (203 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Es sind dies Berichte des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlagen Novelle zum Arzneimittelgesetz und Novelle zum Ärztegesetz beziehungsweise Ausbildungsvorbehaltsgesetz.

Berichterstatter zu Punkt 1 ist Herr Abgeordneter Lackner. Ich ersuche ihn um seinen Bericht.

Berichterstatter Manfred Lackner: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Ich erstatte den Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (151 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arzneitmittelgesetz geändert wird (AMG-Novelle 1996).

Wurde durch die im Zuge der EWR-Rechtsreform ergehende AMG-Novelle 1993 mit der Einführung des Mehrstaaten- beziehungsweise Konzertierungsverfahrens ein erster Schritt im Hinblick auf die "Europäisierung" der Arzneimittelzulassung gesetzt, so ist es Gegenstand vorliegender Novelle, das auf einer Weiterentwicklung dieser ursprünglichen EU-Gemeinschaftszulassungsverfahren beruhende Future System im österreichischen Arzneimittelrechtssystem zu etablieren.

Der Gesundheitsausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 20. Juni 1996 in Verhandlung genommen.

Die von den Abgeordneten Klara Motter sowie Theresia Haidlmayr eingebrachten Abänderungsanträge fanden nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage mit Mehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (151 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Kollege, für die Berichterstattung.

Zu Punkt 2 hat dies Herr Abgeordneter Schuster übernommen.

Berichterstatter Johann Schuster: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich erstatte den Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (150 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1984 geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesen geregelt sind, bestimmten Einrichtungen vorbehalten wird, erlassen wird.

Durch die Ärztegesetz-Novelle wurde die Facharztprüfung als Ausbildungserfordernis für jene Turnusärzte und Turnusärztinnen eingeführt, die ihre Ausbildung im Hauptfach nach dem 31. Dezember 1996 beginnen.

Aus verfahrenstechnischen Gründen wird eine Änderung dahin gehend vorgeschlagen, für das Ausbildungserfordernis der Facharztprüfung nicht auf den Ausbildungsbeginn im Hauptfach, sondern auf den Beginn der Facharztausbildung abzustellen.


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Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 29. Februar 1996 in der Fassung BGBl. Nr. 100/1994, wonach Fachärzte ihre ärztliche Berufstätigkeit auf ihr Sonderfach zu beschränken haben, als verfassungswidrig aufgehoben.

Diesem Erkenntnis ist Rechnung zu tragen. Die Bestimmung wird dahin gehend präzisiert, daß die fachärztliche Tätigkeit auf das jeweilige Sonderfach zu beschränken ist.

Der Gesundheitsausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 20. Juni 1996 in Verhandlung genommen.

Die von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr eingebrachten Abänderungsanträge sowie ein Antrag des Abgeordneten Dr. Alois Pumberger auf Einsetzung eines Unterausschusses fanden nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger und Dr. Günther Leiner einen Abänderungsantrag eingebracht.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung eines Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Walter Guggenberger und Dr. Günther Leiner mit Mehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf mit den angeschlossenen Abänderungen die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Ich bitte, Herr Präsident, zu beiden Tagesordnungspunkten mit dem Aufruf der Redner zu beginnen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke auch Ihnen, Herr Kollege, für die Einleitung der Debatte.

Erste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte.

10.00

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! "Ärzte zwischen Megatechnik und Magie" – das ist der Titel der jüngsten "Spiegel"-Spezialausgabe. Damit wird wieder eine interessante Diskussion in der Öffentlichkeit belebt, die über die Götter in Weiß handelt, die das eine Mal von den Medien hochgelobt werden und das andere Mal als schwarze Schafe in Mißkredit zu geraten drohen.

Ganz egal, ob es nun ein künstlicher Emergency Room in einem Serien-special ist, ob es eine Reality-Betrachtung über das Leid der kleinen Olivia Pilhar ist oder ob es die Kurpfuscherstory des Herrn Wolf ist: Ärzte haben wieder Hochsaison und sind in öffentlicher Diskussion.

Da heute wieder wichtige Änderungen zum Ärztegesetz zur Debatte stehen – Grüß Gott, Herr Abgeordneter (zu Abg. Mag. Guggenberger ) , es freut mich –, möchte ich doch einige prinzipielle Erwägungen zum Berufsstand des Arztes bringen. Ich glaube, niemand wird sagen, daß ein Arzt seine Ausbildung aus rein imageträchtigen oder aus rein finanziellen Gründen beenden wird. Ich glaube, das wichtigste an einem angehenden Mediziner muß es sein, daß er ein Philanthrop ist. Er muß – wie auch ein guter Politiker – die Menschen gerne haben. (Beifall des Abg. Dr. Leiner .) Danke vielmals. Und jedes Leid, mit dem er konfrontiert wird, ist zum Teil auch ein Leid des behandelnden Arztes. Wenn es auch ein bißchen kitschig klingt: Ein Teil dessen, was es einem Arzt ermöglicht, seinen Beruf auszuüben, ist, immer wieder zu sehen, wie ein krankes Kind seine Krankheit bewältigt. – Das relativiert im Leben sehr viel – ganz egal, in welchem Berufsausbildungsstand man ist, ob man Primararzt oder Student ist.

Bevor ich nun auf weitere Kritikpunkte das Ärztegesetz betreffend näher eingehe, möchte ich noch ganz kurz – das ist mir aber sehr wichtig – auf die Rahmenbedingungen, unter denen die Mediziner heute arbeiten, aufmerksam machen. Ich sage Ihnen: Es gärt in den Spitälern. Es gärt wirklich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Noch immer gibt es keine Regelung zum Arbeitszeitgesetz. Noch immer gibt es Spitalsärzte, die bis zu 90 Stunden in der Woche arbeiten. Noch immer gibt es 15 Nachtdienste pro Monat. Noch immer gibt es Wochenenddienste, die über 56 Stunden dauern. Ich selbst habe in meiner Ausbildung zum praktischen Arzt von Freitag in der Früh bis Montag nachmittag durchgehend Dienst gemacht – es gibt das noch immer.

Sie wissen, daß mit 23. November dieses Jahres die EU-Richtlinie für Österreich Gültigkeit erlangt, wonach Mediziner maximal 48 Stunden in der Woche im Einsatz sein dürfen. Diese Normalisierung der Arbeitszeit wird eine beträchtliche Summe an Belastung für uns bedeuten, nämlich 300 Millionen Schilling pro Jahr. Aber wir müssen sie eingehen. Das sind Kosten, mit denen wir leben müssen, wenn wir die medizinischen Standards nicht senken wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freiheitlichen lehnen die derzeitige Novelle zum Ärztegesetz ab, denn hinsichtlich dieser Novelle haben wir einige Kritikpunkte, und diese möchte ich Ihnen kurz auflisten.

Punkt eins: Lehrpraxen: Es ist zurzeit so, daß mit dieser Novelle kleinen Spitälern die Möglichkeit gegeben wird, Ausbildungsstätten zu sein unter der Voraussetzung, daß auch Fächer, die sie nicht beinhalten, von an diesen Spitälern tätigen Konsiliarärzten unterrichtet werden dürfen oder von Konsiliarärzten, die zusätzlich eine Lehrpraxis führen, oder wenn der Auszubildende in der Lehrpraxis selbst diese Ausbildung machen darf. Das gilt für Fächer wie Haut, Psychiatrie oder bei der Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin für das Fach Allgemeinmedizin. Wir fordern nun, daß für alle Fächer, welche die Ärzte in ihrer Ausbildung außerhalb des Spitals machen können, das Anstellungsverhältnis des Arztes bestehen bleibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es kann nicht so sein, daß ein angehender Arzt für Allgemeinmedizin, weil es das Fach Allgemeinmedizin im Spital nicht gibt, dieses Fach im Spital in einer Ambulanz lernen darf, weil eine Ambulanz keine vergleichbare Ausbildungsstätte zu einer Lehrpraxis ist.

Punkt zwei: Gruppenpraxengesetz. Sie wissen, daß vom Verfassungsgerichtshof das Verbot des Betreibens einer Gruppenpraxis gestrichen wurde. Sie wissen, daß die Aufhebung dieses Verbots mit 1. 4. 1997 in Kraft tritt. Sie wissen, daß die leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung mit 1. 1. 1997 in Kraft tritt, sodaß nun Vorsorge getroffen werden muß, daß die Patienten, die durch die leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung früher in den extramuralen Raum verlagert werden sollen, dort auch Strukturen vorfinden, die dafür geeignet sind, sie aufzunehmen. Wir sind also für eine baldigste Einführung des Gruppenpraxengesetzes – ich werde auch einen entsprechenden Abänderungsantrag einbringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Punkt drei: Ärztekammerwahlen. Die Ärztekammerwahlen sollen, wie gesagt, aus Kostengründen zusammengelegt werden. Wir halten das für undemokratisch, weil dadurch eine Verlängerung der Wahlperiode entstehen würde, und weil, wie zum Beispiel bei der Urabstimmung in Wien, die vor kurzem stattgefunden hat, bei einer nur 50prozentigen Wahlbeteiligung eine nur 56prozentige Akzeptanz der Ärztekammer zutage getreten ist. Bei dieser nur geringen Akzeptanz der Ärztekammer würde es zu einer Verlängerung der Amtsperiode der Funktionäre in der Ärztekammer kommen. Wir halten dies für undemokratisch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Punkt vier – wir haben diesen Punkt vier als sogenannte "Lex Hamer" bezeichnet –: Nach geltendem Recht dürfen ausländische Ärzte und Ärztinnen im Grenzgebiet im Rahmen von Konsiliartätigkeiten, im Rahmen von wissenschaftlichen Tätigkeiten, im Rahmen von Ausbildungstätigkeiten für österreichische Ärzte tätig werden. Bislang bestand nicht die Möglichkeit, Ärzte, wenn ihre Tätigkeit nicht im Einklang mit dem Gesetz stand, zu verfolgen. Diese Novelle gibt diese Möglichkeit, aber sie bestraft den Tatbestand der nicht-ärztlichen Tätigkeit mit einem Strafausmaß von 300 000 S. Das ist uns zu wenig! Wir fordern ein Strafausmaß von mindestens 1 Million Schilling für diesen Tatbestand.

Punkt fünf: Heilpraktikerschulen. Heilpraktikerschulen sind bei uns verboten. Allerdings ist dieses Verbot lediglich mit einem Strafausmaß von 500 000 S besetzt. Wir wissen nun, daß die


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Ausbildung in einer Heilpraktikerschule pro Jahr 80 000 S kostet. Das heißt, der Heilpraktiker braucht nur 6 Schüler, um die Strafe in Höhe von 500 000 S wieder herinnen zu haben. Dieser Betrag ist uns daher zu gering. Wir fordern ein höheres Strafausmaß bei Verstoß gegen dieses Verbot! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bringe daher folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pumberger, Dr. Povysil, Mag. Haupt und Genossen zur Regierungsvorlage, mit der das Ärztegesetz 1984 geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt sind, bestimmten Einrichtungen vorbehalten wird (Ausbildungsvorbehaltsgesetz), erlassen wird.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage 150 der Beilagen, in der Fassung des Ausschußberichtes, 203 der Beilagen, wird wie folgt geändert:

Artikel I wird wie folgt geändert:

1. In Z 5 § 6 Abs. 3 wird die Wortfolge "anerkannten fachärztlichen Lehrpraxen" durch die Wortfolge "anerkannten ärztlichen Lehrpraxen" ersetzt.

2. Nach Z 5 wird eine neue Z 5a eingefügt. Sie lautet:

"5a § 6 Abs. 5 dritter Satz lautet:

"Er ist hiebei von einem zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Facharzt des betreffenden Sonderfaches (Ausbildungsassistent) zu unterstützen."

§ 6a Abs. 6 dritter Satz lautet:

,Er ist hiebei von einem zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Facharzt des betreffenden Sonderfaches (Ausbildungsassistent) zu unterstützen.‘"

3. In Art. I wird folgende Z 27a eingefügt:

27a. In § 23 Abs. 1 entfällt der Satz:

"Eine solche Zusammenarbeit darf jedoch nach außenhin nicht als Gesellschaft in Erscheinung treten."

Statt dessen wird in § 23 Abs. 1 folgender Satz angefügt:

"Eine solche Zusammenarbeit darf nur in Form einer Gesellschaft im Sinne des Erwerbsgesellschaftengesetzes nach außenhin in Erscheinung treten."

4. In Z 39 lautet § 68 Abs. 1:

"§ 68. (1) Nach dem Tod eines (einer) Kammerangehörigen oder Empfängers (Empfängerin) einer Alters- oder Invaliditätsversorgung ist seiner Witwe (ihrem Witwer) die Witwen(Witwer)versorgung nach Maßgabe des § 136 GSVG zu gewähren."

*****

Wie wichtig Ärzte und ihre Ausbildungsqualität, aber auch die zur Verfügung stehenden Medikamente sind, merken Sie erst dann, wenn Sie krank sind oder sich in einer medizinischen Notsituation befinden. Dann ist es aber zu spät, zu erkennen, daß seitens der Politik falsche oder


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unzureichende legistische Voraussetzungen getroffen worden sind. Es kann auch für viele Patienten zu spät sein, wenn gesetzlich falsche Weichenstellungen vorgenommen werden. Daher mahne ich Sie besonders in der Gesundheitspolitik zu hoher Sensibilität bei der Beschlußfassung.

In diesem Sinne ersuche ich Sie noch einmal um die Rückverweisung dieses Gesetzes an den Gesundheitsausschuß, um diese sensible Thematik erneut zu besprechen und darin enthaltene Unzulänglichkeiten zu beseitigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, unterzeichnet und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte.

10.13

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Heute haben wir zwei wichtige Gesetzesnovellen zu debattieren und zu beschließen, wovon ich vorerst auf die Novelle zum Arzneimittelgesetz eingehen möchte. Diese Novelle soll das EU-Gemeinschaftszulassungsverfahren im österreichischen Recht verankern, welches einen freieren Arzneimittelverkehr im europäischen Binnenmarkt ermöglicht.

In erster Linie sind dabei zwei Zulassungsverfahren zu unterscheiden: das dezentrale und das zentrale. Das dezentrale beruht auf dem Prinzip der Anerkennung einer vom erstgenehmigenden EU-Mitgliedstaat erteilten nationalen Zulassung durch eine andere mitgliedstaatliche Behörde mit entsprechendem Zulassungsantrag. Es steht aber jedem Mitgliedstaat frei, wenn er dagegen Einwände hat, solche auch in einer Berufungsmöglichkeit vorzubringen. Es wird nicht über die nationalen Behörden hinweggewalzt.

Beim zentralen Verfahren ist ein einziger Antrag auf Zulassung direkt bei der Europäischen Arzneimittelagentur einzubringen, vor allem ist dies bei gentechnologischen, hochtechnologischen Produkten und Arzneimitteln, die eine bedeutende Innovation darstellen, nötig.

Es wird in diesem Gesetzentwurf weiters auf die Gleichstellung der Arzneibücher im Europäischen Wirtschaftsraum eingegangen, auf die Abgrenzung und Einengung des Arzneimittelbegriffes und auf die Anwendung radioaktiver Substanzen. Ein sehr wichtiger Punkt ist jedoch die Verbesserung der nationalen und internationalen Arzneimittelüberwachung. Nationale Arzneimittelüberwachungssysteme müssen eingerichtet werden. Jeder pharmazeutische Unternehmer muß ständig eine für die Arzneimittelüberwachung verantwortliche qualifizierte Person zur Verfügung stellen. Die Meldepflichtverordnung erstreckt sich auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen, Arzneimittelmißbrauch und Qualitätsmängel. Dies ist sowohl national als auch international zu melden.

Diese Gesetzesänderungen sind große Verbesserungen und durch unseren EU-Beitritt auch notwendig. Ich wünsche mir jedoch eines: Daß die Gesetze und deren Novellen besser lesbar und verständlicher abgefaßt werden; der Satzbau ist zu vereinfachen, doppelte Verneinungen zu vermeiden! Ich möchte zur Erläuterung nur einen Satz daraus vorlesen. (Bundesministerin Dr. Krammer spricht mit einer Beamtin. – Abg. Dr. Khol: Frau Ministerin!)

"Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat das Inverkehrbringen dieser Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zu untersagen, wenn es nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft nicht als gesichert erscheint, daß sie bei einem Gebrauch, mit dem billigerweise gerechnet werden muß, keine schädlichen Wirkungen haben." – Wie gesagt, das trifft bei allen Gesetzen zu. Ich wünsche mir eine einfachere Sprache! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Damit die Gesetze befolgt werden können, müssen sie für jeden Bürger und jede Bürgerin verständlich und lesbar abgefaßt sein. Nicht jede Bürgerin und jeder Bürger unseres Landes ist Beamter/Beamtin oder JuristIn und daher mit dieser Art der Sprache vertraut. Vom Inhalt her begrüße ich diese Novelle, und wir Sozialdemokraten werden ihr zustimmen.


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Überleitend zum Ärztegesetz möchte ich zuerst meinen Wunsch äußern, im Ärztegesetz endlich auch die weibliche Form zu berücksichtigen – schon allein aufgrund der Tatsache, daß ein erheblicher Prozentsatz von Frauen den ärztlichen Beruf ausübt. Frühzeitig nahm man in den Kammern und im Gesetz in dem Paragraphen die Berufstätigkeit der Ärztin zur Kenntnis, der sich mit der Witwer- oder Witwenpension eines oder einer Kammerangehörigen beschäftigt. Da ging man bereits auf die weibliche Berufstätigkeit ein.

Schon 1971, als ich meine Berufstätigkeit begann, wurde mir bei einem Begrüßungsgespräch in der Ärztekammer stolz mitgeteilt, daß die Ärztekammerpension auch dem Witwer einer Ärztin zugute käme – das war lange, bevor die Witwerpension eingeklagt und gesetzlich beschlossen wurde. So fortschrittlich waren die Ärztekammern schon früher! – Für die Witwer von Ärztinnen war gesorgt, sonst hatte man auf sie sprachlich vergessen. Heute wird im § 68 dafür auch die richtige sprachliche Form gefunden.

Ich begrüße auch die jetzige Formulierung der Facharztprüfung. Es geht jetzt eindeutig daraus hervor, wann ein Arzt oder eine Ärztin die Facharztprüfung ablegen muß – vorher war das nicht ganz eindeutig.

Besonders freut mich auch die Aufnahme der Fächer Allgemeinmedizin sowie Neurologie und Psychiatrie im Turnus, da sich die Erkrankungen, mit denen Patienten Hausärztinnen oder Spitäler aufsuchen, früher unterscheiden und wir derzeit immer mehr mit psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen konfrontiert sind. Vielleicht sollte man in künftigen Novellen aber auch das Fach Augenheilkunde aufnehmen.

Jene Ärzte ohne Nostrifikation, die österreichische Staatsbürger wurden, das 45. Lebensjahr überschritten und mindestens sechs Jahre in Österreich gearbeitet haben, werden rechtlich bessergestellt. Jetzt können sie zeitlich unbefristet verlängert ihre Tätigkeit in der Krankenanstalt ausüben, für die sie ihre Tätigkeitsbewilligung erhalten haben. Prinzipiell bin ich für diese Absicherung der betroffenen Ärzte, obwohl es mich schmerzt, daß sie, da ihre Berufstätigkeit ausschließlich für eine Krankenanstalt gilt, arbeitsrechtlich extrem erpreßbar sind. Man weiß, welche Pressionen von seiten der Dienstgeber durch ein übervolles Marktangebot an Ärzten bereits bestehen.

Ich hoffe, daß durch das wegen der EU-Konformität bald zu beschließende Ärzte- oder Spitalsarbeitszeitgesetz – welches von der Arbeiterkammer und vom Bundeskanzleramt begrüßt wurde, da es eben mit der EU konform ist, von anderen Institutionen aber wegen der Kosten vehement abgelehnt wurde –, sowie durch die Verpflichtung, das Ärztegesetz einzuhalten, insbesondere bei der Bezahlung nach dem LKF, Druckmaßnahmen auf Ärzte, die nur in einer bestimmten Krankenanstalt arbeiten dürfen, aber auch auf die anderen Ärzte, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind, ausgeschaltet werden.

Das soeben Gesagte trifft auch für jene Zahnmediziner zu, die bei Fortdauer ihrer Tätigkeit die österreichische Staatsbürgerschaft erworben, nicht jedoch nostrifiziert haben. Sie sind ebenfalls nur berechtigt, in einer bestimmten Krankenanstalt zu arbeiten, und daher leicht gefügig zu machen.

Zur Qualitätssicherung wurde der Begriff des Primararztes, der Primarärztin eingeengt, indem jetzt zwei eigenberechtigte, hauptberuflich tätige Ärzte nachgeordnet sein müssen.

In einer wahrscheinlich im Herbst kommenden Novelle des Ärztegesetzes soll die Struktur der Ärztekammern verändert werden. Statt aus drei Sektionen sollen sie dann aus drei Kurien bestehen: der Kurien der Zahnärzte, der niedergelassenen Ärzte und der angestellten Ärzte. Dies ist eine wesentlich gerechtere Einteilung, da die Interessen der niedergelassenen häufig divergierend zu denen der angestellten Ärzte sind. Die Leistung der Ärztekammern für angestellte Ärzte ist wesentlich geringer als jene für die niedergelassenen Ärzte, für die sie neben vielen anderen Tätigkeiten sowohl dienstgeberseitige Kollektivvertragsverhandlungen für die Ordinationshilfen als auch Honorarverhandlungen führen. So sind die Kosten, die niedergelassene und angestellte Ärzte in den Kammern verursachen, sehr unterschiedlich.


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Es wurde vom Kollegen Pumberger in der Ausschußsitzung gesagt, daß er Angst hat, daß die niedergelassenen und die angestellten Ärzte dann unterschiedliche Beiträge einzahlen müssen, denn bis jetzt war es sehr bequem, daß die angestellten Ärzte die Kosten so voll mitgetragen haben, als würden sie auch voll vertreten werden.

Derzeit sind aufgrund ihrer Kandidatur wesentlich mehr niedergelassene Ärzte in der Vollversammlung vertreten, sodaß die angestellten Ärzte nicht ihrer Zahl und ihren Interessen gemäß repräsentiert sind. Dies führt dazu, daß sie durch Beschlüsse ständig übervorteilt werden. Da deswegen große Unzufriedenheit herrscht, hat sich die Österreichische Ärztekammer mit dieser Strukturveränderung befaßt, die in einer baldigen Novelle Gesetzeskraft erlangen soll.

Wir begrüßen daher die Verlängerung der vierjährigen Funktionsperiode der Ärztekammer bis 31. Dezember 1998. Es ist nämlich nicht sinnvoll, im Wissen um diese große Strukturveränderung fünf Länderkammern bei entsprechendem Kostenanfall wählen zu lassen.

Was verursacht diese hohen Kosten? – Die Landesregierung als Aufsichtsbehörde muß aktiv werden. Es müssen Wahllisten herausgegeben und gedruckt werden. Die Wahlkommissionen müssen mehrmals zusammentreten. Wahlwerbung muß betrieben werden. Die Briefe mit den Stimmzetteln müssen rekommandiert versendet werden. Und die Wahl muß mit entsprechenden Kommissionen und zu bezahlendem Ärztekammerpersonal abgehalten werden – ein Jahr später ist jedoch aufgrund der neuen Struktur wieder eine Wahl nötig.

Es ist aber nicht zwingend, daß die Wahl so lange hinausgezögert wird, denn es obliegt der Willensbildung der Vollversammlung jeder Ärztekammer, die Funktionsperiode früher zu beenden, wenn man von der einmaligen fünfjährigen Dauer nicht Gebrauch machen will. Es ist legistisch jetzt möglich, die Vergeudung von Ärztegeldern zu vermeiden. (Beifall bei der SPÖ.)

§ 79 Ärztegesetz ermöglicht jetzt die Auslagerung der Verwaltung des Wohlfahrtsfonds, wie es in Wien bereits vollzogen wurde. Im Rahmen der Gesetzesnovelle zur Kammerreform sind Veränderungen im Bereich des Wohlfahrtsfonds unumgänglich. Der Wohlfahrtsfonds ist in Wien Ursache der allzu großen Unzufriedenheit der Ärzteschaft mit der Ärztekammer. Die Aufsichtsbehörden müßten nicht nur prüfen, ob das Ärztegesetz verletzt wird, sondern ebenso die wirtschaftlichen Gegebenheiten. Der Gesetzestext, der die Paragraphen des Wohlfahrtsfonds umfaßt, muß wesentlich eindeutiger abgefaßt werden, da derzeit manche Paragraphen unklar bis widersprüchlich sind.

Dank des Wohlfahrtsfonds war das Wiener Ergebnis betreffend Kammermitgliedschaft katastrophal. Bei nur knapp über 50 Prozent Wahlbeteiligung wurde eine nur geringe Stimmenmehrheit – zirka 53 Prozent Ja-Stimmen – erzielt. Dies liegt aber nicht daran, daß Präsident und Kammervorstand die Geschäfte für die Ärzte so schlecht führen, sondern daran, daß in der Vollversammlung mit Zweidrittelmehrheit gravierende und unsoziale Zahlungen zum Wohlfahrtsfonds beschlossen wurden und vom Verwaltungsausschuß exekutiert werden müssen. Auch deshalb ist eben die Strukturreform in den Ärztekammern wichtig, weil es zu einer eklatanten Übervorteilung der angestellten Ärzte kommt.

Zum Schluß meiner Ausführungen möchte ich noch auf Artikel 2 eingehen, der die Ausübung und Ausbildung medizinischer Berufe regelt.

In letzter Zeit haben sich in Österreich Schulen für Heilpraktiker angesiedelt, die sehr hohe Beiträge verlangen und den Schülern vorgaukeln, mit dem teuer, aber nicht sicher und ausreichend erworbenen Wissen einen Beruf ausüben zu dürfen. Nur wer viel weiß, kennt seine Grenzen. Daher sind solcherart Ausgebildete aufgrund ihres Wissensmangels gefährlich. Wir waren und sind sehr stolz darauf, daß wir der österreichischen Bevölkerung ein hohes Niveau und ein breites Spektrum an medizinischer Versorgung anbieten können. Eine Zulassung von Heilpraktikern, die im Schnellsiedekurs ein bißchen Einzelwissen erworben haben, ist unnötig und gefährlich. Jemand, der nicht fähig ist, eine Diagnose zu stellen, ist nicht fähig, pseudoärztlich therapeutisch zu wirken.


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Wie wir alle wissen, kann sich eine Krankheit verändern, eine Zweitkrankheit hinzukommen. Es würde wertvolle Zeit für den Patienten verlorengehen, würde man den geänderten Gesundheitszustand nicht erkennen. Vor allem unterprivilegierte oder ärmere Menschen würden, da sie am ehesten bereit sind, für ihre Gesundheit direkt zu zahlen, den Weg zum Heilpraktiker nehmen. Abgesehen von der finanziellen Belastung können ihnen daraus schwere physische Schäden entstehen.

Derzeit bereitet der Abgeordnete Lannoyé im Europäischen Parlament einen Antrag vor, um Heilpraktiker im EU-Raum vor Strafverfolgung zu schützen und die Kassenzulassung zu ermöglichen.

Wir haben in Österreich genügend Ärztinnen, Ärzte sowie Angehörige von Gesundheitsberufen, die wirklich alle Bereiche der Medizin ergänzend abdecken, sodaß es keinen rationalen Grund für die Einführung von Heilpraktikern in Österreich gibt. Würde diesem Antrag stattgegeben, wäre die soziale Krankenversicherung gezwungen, für dubiose Heilmethoden, bei denen Menschen zu Schaden kommen können, viel Geld auszugeben, und die hochqualifizierte Medizin wäre noch schwerer leistbar. Ich appelliere an alle Fraktionen, ihre EU-Abgeordneten auf diese Gefahr hinzuweisen!

Bei einer Diskussion mit Heilpraktikern in unserem Klub ging klar hervor, daß es sich zum Großteil um gescheiterte Medizinstudenten oder um Menschen, denen ein Studium zu mühsam war, handelt, die trotzdem – ohne adäquate Ausbildung – medizinisch, pseudoärztlich tätig sein wollen. Aus Verantwortungsbewußtsein für die Bürger und Bürgerinnen unseres Landes ein klares Nein zu Heilpraktikern und ihren Schulen in Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein klares Ja meiner Fraktion zu den vorliegenden Regierungsvorlagen.

Laut Nestroy ist es ungerecht, daß es viele Krankheiten, doch nur eine Gesundheit gibt. Wir Sozialdemokraten werden immer dafür kämpfen, diese eine Gesundheit unserer Bürger und Bürgerinnen zu erhalten, zu verbessern und dafür das bestmögliche Gesundheitssystem zur Verfügung zu stellen. (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Auer .)

10.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte.

10.29

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß die Damen und Herren Ärzte es mir nicht übel nehmen, daß eine Normalsterbliche jetzt die hohe Gesundheitsdebatte, die von seiten der Ärzte geführt wird, unterbricht. (Abg. Dr. Maitz: Wir sind alle Patienten!) – Genau. Wir sind alle Patienten. Wir sind zwar müde, aber ich hoffe, daß heute niemand einen Arzt braucht.

Wir Liberalen geben dem vorliegenden Arzneimittelgesetz unsere Zustimmung, da es bei der Novellierung dieses Gesetzes im wesentlichen um EU-Anpassungen geht.

Ein erster Schritt im Hinblick auf die Europäisierung der Arzneimittelzulassung wurde bereits 1993 gesetzt, und in logischer Folge findet mit dem Aufbau zentraler gemeinschaftlicher Entscheidungsstrukturen eine weitere Verbesserung im freien Arzneimittelverkehr im europäischen Binnenmarkt statt. Weiters soll in Art. 2 des Apothekengesetzes eine EU-Anpassung insofern vorgenommen werden, als in Zukunft der Hausapotheken führende Arzt unter Bedachtnahme auf die arzneimittelrechtlichen Bestimmungen bessere Bezugsmöglichkeiten als bisher erhalten soll. In Art. 3 des Tierseuchengesetzes wird eine Anpassung der immunologischen Tierarzneimittel entsprechend der EU-Richtlinien vorgenommen.

Meine Damen und Herren! Für uns bringen diese Verbesserungen eine Ausweitung der Arzneimittel, sie erschließen uns jetzt auch den europäischen Markt. Deshalb können wir unsere Zustimmung geben. Meine Damen und Herren! Dem Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1984 geändert wird, und einem Bundesgesetz betreffend die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften geregelt sind, können wir allerdings unsere Zustimmung nicht geben.


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Trotz kleiner positiver Veränderungen – diese gebe ich zu – ist es für uns unverständlich, daß in der Gesetzesvorlage weiterhin das Verbot der Gruppenpraxen aufscheint. Es ist für uns auch unerklärlich, warum der Entscheidung des Verfassungsgerichthofes vom März 1996 im Gesetzestext nicht Rechnung getragen wird.

Abgesehen von der Erkenntnis, daß die Gruppenpraxen nicht nur ein Bedürfnis der Ärzteschaft sind, sondern dem gesamten Gesundheitswesen zum Vorteil gereichen würden, nehme ich doch an, daß wir uns alle über die Notwendigkeit von Gruppenpraxen einig sind und daß – zumindest hier im Haus – Einigkeit darüber herrscht. Es erscheint daher als dringend geboten, die vom Verfassungsgerichtshof ohnedies als verfassungswidrig erkannten Verbotsbestimmungen im Ärztegesetz aufzuheben.

Meine Damen und Herren! Um dieses Versäumnis zu korrigieren, bringen wir Liberalen folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Klara Motter zur Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1984 geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesen geregelt sind, bestimmten Einrichtungen vorbehalten wird (Ausbildungsvorbehaltsgesetz), erlassen wird.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1984 geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesen geregelt sind, bestimmten Einrichtungen vorbehalten wird, erlassen wird (150 der Beilagen), wird wie folgt geändert:

Artikel I:

Folgende Ziffer 27a wird aufgenommen.

1.) § 23 Abs. 1 lautet:

"§ 23 (1) Die Zusammenarbeit von freiberuflich tätigen Ärzten im Sinne des § 22 Abs. 2 kann bei Wahrung der Eigenverantwortlichkeit eines jeden Arztes in der gemeinsamen Nutzung von Ordinationsräumen (Ordinationsgemeinschaft) und/oder medizinischen Geräten (Apparategemeinschaft) oder in Form einer Erwerbsgesellschaft im Sinne des Erwerbsgesellschaftengesetzes BGBl. 257/1990 (Gruppenpraxis) bestehen."

2.) Der zweite Satz entfällt.

Artikel II entfällt.

*****

Zu Artikel II möchte ich festhalten, daß es darin um das Verbot der Heilpraktikerschulen geht und bei Übertretung des Gesetzes ein Strafrahmen von 500 000 S vorgesehen wird. Dieser Strafrahmen wird sicherlich als zu hoch eingestuft, wenn man bedenkt, daß es sich dabei um reine Privatschulen handelt. An die Adresse der Freiheitlichen: Ich möchte Frau Dr. Povysil korrigieren, die glaubt, daß dies zu niedrig ist und ein Strafausmaß von mindestens 1 Million Schilling verlangt. Dies ist nicht möglich, denn laut europäischer Menschenrechtskommission dürfen Verwaltungsstrafen nicht höher sein, als sie im derzeit vorliegenden Gesetz feststehen.

Meine Damen und Herren! Es ist bekannt, daß in Österreich derzeit weder der Beruf des Heilpraktikers noch die Ausbildung zum Heilpraktiker offiziell anerkannt wird. Trotzdem gibt es in Österreich derzeit 500 Studienteilnehmer an sechs Schulen, nämlich in Wien, Innsbruck, Linz,


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Salzburg, Klagenfurt und Graz. Diesen Schulen wird jetzt mit einem Federstrich der Garaus gemacht, ganz abgesehen von weiteren 1 000 Kursteilnehmern, die sich noch in verschiedenen anderen Ausbildungsstätten befinden.

Meine Damen und Herren! Uns Liberalen erscheint dieses Verbot als übertrieben, denn es gibt in Europa Länder, die Heilpraktiker in der Ausübung der Naturheilkunde praktizieren lassen. Beispiele in unserer Nachbarschaft wie Deutschland und der Schweiz belegen dies. Glauben Sie mir, meine Damen und Herren, ich weiß, wovon ich spreche. Ich kenne sehr viele Bürger und Bürgerinnen, die diese Heilmethode in Anspruch nehmen und die auch in Zukunft nicht darauf verzichten wollen und werden. Auf der anderen Seite gibt es auch viele ausgebildete Heilpraktiker – aus Vorarlberg zum Beispiel, wie auch aus dem gesamten Bundesgebiet –, die bereits Praxen in der Schweiz und in Vorarlberg haben und die diesen Beruf ausüben. Ich bin deshalb auch davon überzeugt, daß mit dem Verbot der Heilpraktikerschulen keine Änderung erfolgt und kein Besuch bei einem Heilpraktiker hintangehalten werden kann.

Frau Ministerin! Ich kann Ihnen den Vorwurf und die Frage nicht ersparen: Warum haben Sie trotz massiver Interventionen von verschiedensten Seiten – von den Heilpraktikern, Heilpraktikerschulen und deren Rechtsanwälten –, die an das Bundesministerium herangetragen wurden, so reagiert? Warum haben Sie keinen offiziellen Entwurf zugelassen? Warum wurde der Wille Ihres Ministeriums höchst unauffällig, ohne Begutachtungsverfahren und ohne jede Öffentlichkeit möglichst kurzfristig und überraschend in der parlamentarischen Behandlung durchgezogen? (Abg. Ing. Reichhold: Warum?)

Glauben Sie nicht auch, daß es angesichts der enormen Zuwendung der Bevölkerung und ihres Wunsches nach naturheilkundlicher Behandlung besser gewesen wäre, sich einer ausführlichen Diskussion zu stellen, wo beide Seiten, Schulmedizin wie Naturheilverfahren, zu Wort gekommen wären und die Debatte mit großem Ernst und großer Verantwortung geführt hätte werden können?

Wir halten diese Vorgangsweise, wie sie nun durch die "interne" Behandlung erfolgt ist, für nicht zielführend. Es ist dies für uns auch eine Frage, wie mit Minderheiten umgegangen wird, denn jeder Mensch hat das Recht auf Anhörung und auf Darstellung seines Anliegens! (Beifall beim Liberalen Forum und des Abg. Wabl .)

Meine Damen und Herren! Frau Ministerin! Ich bin überzeugt, daß mit dieser Beschlußfassung der gesetzlichen Regelung von Heilverfahren die Diskussion, die nicht gewollt wurde, jetzt erst richtig beginnt, denn man kann Menschen, die sich mit Naturheilverfahren auseinandersetzen, die für sich selbst oder für andere eine Ausbildung auf sich nehmen wollen, sicherlich nicht in Bausch und Bogen als Scharlatane und Kurpfuscher abtun.

Zudem stellt sich die Frage: Wer kommt als Nächster dran? Sind es die Esoteriker, die Astrologen, die Lebensberater oder wer noch? – Um dieser Gefahr auszuweichen, lehnen wir den Artikel II, das Ausbildungsvorbehaltsgesetz ab. (Beifall beim Liberalen Forum und des Abg. Wabl .)

10.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der verlesene Abänderungsantrag ist geschäftsordnungskonform eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Leiner. Maximale Redezeit 40 Minuten. – Bitte.

10.38

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Über den Inhalt dieser beiden Gesetze wurde von den Vorrednerinnen bereits ausführlich gesprochen. Ich möchte anläßlich der Novellierung des AMG einige allgemeine Probleme hinsichtlich der Medikamentenabgabe und der Einnahme diskutieren.


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Mit diesen Gesetzen wurden die EU-Richtlinien nachvollzogen. Problemkreis Nummer eins: der Patient, Problemkreis Nummer zwei: die Ärzte, Problemkreis Nummer drei: die Kontrollinstanzen.

Problemkreis 1: Die 17jährige Mittelschülerin Susanne hat Migräneanfälle. Die bohrenden Schmerzen in den Schläfen werden immer stärker; dann und wann werden sie mit Aspirin behandelt. – Als Psychologiestudentin und später als Assistentin mit einem Auftrag für Forschungsprojekte wurden die Anfälle immer häufiger und die Schmerzen intensiver. Man griff nach Thomapyrin, geholfen hat dann nur mehr Dolomo. Im neuen Job als Lehrerin wollte sie nicht nur das Erforderliche, sondern das Optimale leisten – wie das halt so ist. Die Energie dazu brachte die Lehrerin dann nur mehr mit sechs Tabletten pro Tag auf, dazwischen wurden codeinhaltige Hustensäfte und morphinähnliche Präparate genommen.

Auf einer Überdosierung mit Tramal reagierte die Patientin mit einem epileptischen Anfall, ich als Arzt reagierte damals mit einer Einweisung in eine Entziehungsanstalt. Danach folgte die beinahe klassische Pillensucht-Biographie: kurze Enthaltsamkeit – Alkoholismus – Beziehungskrisen – neuerlicher Entzug. Mit rührseligen Geschichten wurden die Apotheker hereingelegt, ohne Rezept wurde ihnen immer wieder ein neues Präparat herausgelockt. Für diese Frau wurden die ursprünglichen Segnungen der Pharmaindustrie, die die Menschen von manchen Geißeln befreit, da nicht gewissenhaft verwendet, zum Fluch.

Dieses Beispiel zeigt, daß es abgesehen von kleinen und großen Mißbräuchen auch eine enorme Fülle von Gesundheitsleistungen gibt, die sinnlos vergeudet werden. Sie werden vom Patienten in ihrer Wichtigkeit gar nicht erkannt, daher nur halb durchgeführt, vernachlässigt oder doppelt und dreifach konsumiert. Das ist in unserem Gesundheitssystem so sehr gang und gäbe, daß es ebenfalls zu der riesigen Defizitsumme beiträgt.

Problem Ärzte: Das "Spannende" an der Medikamentensucht, so meint der Kalksburger Primar Wilhelm Burian, ist, daß sie von den Ärzten induziert und zumindest mitverursacht wird. Hunderttausende deutsche Bundesbürger sind tranquilizerabhängig, 40 Prozent davon sind es durch ärztlich angeleitete medizinische Behandlungen geworden, die entweder ungezielt oder zu langfristig durchgeführt wurden. Dies berichtet die Zeitschrift "Die kranke Medizin" in Deutschland.

Der Mißbrauch von ärztlich verordneten Drogen ist nach den Daten der amerikanischen Behörden in den USA für mehr Drogenschäden – bitte, passen Sie jetzt auf! – und für mehr Drogentote verantwortlich, als der Konsum aller illegalen Drogen zusammengenommen!

Fast 60 Prozent aller ärztlichen Notfälle in Fällen von Drogenmißbrauch und 70 Prozent aller einschlägigen Todesfälle lassen sich auf verschreibungspflichtige Medikamente zurückführen! – Dies alles geht auf Kosten der Gesellschaft.

Es gehört zum Alltag der in Österreich tätigen Ärzte, daß Patienten mit Plastiksackerln – nein, nicht mit Plastiksackerln, sondern mit Plastiksäcken – voll verschiedener Medikamente kommen, die ihnen verschiedene Ärzte verordnet haben. Diese Pillen bleiben teilweise liegen. Wir wissen, daß Medikamente im Wert von ungefähr sechs Milliarden Schilling in den Nachtkästchen liegen – von den 15,2 Milliarden Schilling, die wir laut Budget dafür ausgeben. Teilweise werden sie auch unkontrolliert durcheinander genommen. Da weder der Arztbesuch noch das Medikament für den Patienten klar ersichtlich etwas kostet, wird es auch nicht geschätzt – überhaupt nicht! Man geht eben zu mehreren Ärzten, läßt sich mehrere Medikamente, verschiedene Medikamente verschreiben. Durch Beharrlichkeit der Patientenwünsche werden Ärzte oft zum Rezeptschreiben verleitet. Oft verordnen sie lieber gleich das Gewünschte, als sich auf langwierige Erklärungen einzulassen und dann noch einen enttäuschten Patienten zu verlieren. – Das liegt an unserem System, und dieses System müßte eigentlich verändert werden! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Motter und Wabl .)

Dritter Problemkreis: Kontrollinstanzen. Den ständig fluktuierenden Pharmamarkt unter Kontrolle zu halten, ist bisher nicht wirklich gelungen. (Abg. Wabl: Ich hätte mehr applaudiert, wenn Sie


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muß gesagt hätten! "Das System muß verändert werden"!) Ja: muß! Bitte noch einmal einen Applaus. Muß! (Beifall bei der ÖVP, beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Heiterkeit.)

Zwar werden pro Jahr rund 200 Präparate aus dem Verkehr gezogen, gleichzeitig tauchen aber 300 bis 400 Präparate wieder auf, manchmal nur marginal verändert, dafür aber teurer.

Derzeit liegt Österreich mit nur 15 Prozent an rezeptfrei erhältlichen Arzeimittelspezialitäten deutlich unter dem internationalen Durchschnitt. In Zukunft besteht die Tendenz, den sogenannten mündigen Patienten zu fördern und bis zu einem Viertel aller Präparate unbürokratisch und gegen Bares in der Apotheke abzugeben.

Neben den Pillenproduzenten werden die Apotheker und sicherlich nicht zuletzt die Krankenkassen von dem liberalen Umgang mit den Pulvern profitieren. Ob sich diese freie Verfügbarkeit langfristig rechnen wird, ist allerdings fraglich.

Schon die jetzt frei verfügbaren Mittel sind alles andere als harmlos und verursachen mitunter schwere und teure Folgen. Allen voran sind die meist rezeptfreien Schmerzmittel den Pharmakritikern ein Dorn im Auge. Mindestens zehn Prozent unserer Patienten sind durch die mißbräuchliche Verwendung von Schmerzmitteln um ihre Niere gekommen, sagen die Nephrologen. Ich selbst habe in meiner Dialysestation von dreizehn Patienten drei, die durch Pharmamittel – durch Phenazitin – die Niere verloren haben.

Wir wissen, daß Phenazitin in der letzten Zeit verboten wurde. Die Einnahme von zwei Kilogramm Phenazitin schädigt die Niere – und das wird eingenommen, wenn man täglich vier Tabletten durch fünf Jahre hindurch nimmt. Ich habe eine Patientin gehabt, die hat in ihrem Leben 50 Kilogramm Tabletten genommen! Sie können sich vorstellen, wieviel das ist.

Was ist dagegen zu tun? – Erstens: Aufklärung durch das Gesundheitsministerium über den Medikamentenmißbrauch ist unbedingt notwendig und hat unbedingt zu erfolgen! Das sind präventive Maßnahmen.

Zweitens: Vermehrte Information der Patienten durch den Arzt über den Wirkungsmechanismus der Medikamente. Das ist eigentlich im Ärztegesetz bereits verankert.

Drittens: Ärzte sollen dazu angehalten werden, dem Patienten auch alternative Behandlungsmethoden wie physikalische Medizin, Elektrotherapie, Heilgymnastik, Tees und so weiter vorzustellen.

Viertens: Höhere Bewertung der Zuwendungsmedizin durch die Krankenversicherung – bei psychischen Verstimmungen, bei psychosomatischen Erkrankungen und so weiter.

Fünftens: Ich begrüße die Erhöhung der Rezeptgebühr! Dadurch werden Medikamente nicht mehr so leichtfertig genommen.

Sechstens: Die Novellierung des AMG beinhaltet auch eine Registrierung und damit Erfassung aller paramedizinischen Präparate. Das Ministerium hat dadurch auch einen Zugriff auf diese. Das kann positiv bewertet werden.

Siebentens: Ich warne vor freigiebiger Arzneimittelabgabe. Es muß vom Ministerium ein Mittelweg zwischen Rezeptpflicht und Freigabe zum Wohle der Patienten gefunden werden! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Wabl .)

10.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr. Ich erteile es ihr.

10.49

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses, in der einerseits das Arzneimittelgesetz und andererseits das Ausbildungsvorbehaltsgesetz die Themenschwerpunkte waren, bin ich als neue Abgeordnete im Gesundheits


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ausschuß eigentlich wieder mit Dingen konfrontiert worden, von denen ich geglaubt hatte, daß sie eigentlich nicht mehr existieren. Aber darauf werde ich noch später in meiner Rede eingehen.

Vorerst zum Arzneimittelgesetz. Es ist, so wie es gefaßt ist, für jeden praktisch unlesbar: Es ist so verworren und so versponnen und beruft sich immer wieder auf Artikel x und Artikel y und so weiter, daß die Anwendung dieses Gesetzes in der Praxis sehr schwierig sein wird. Ich habe das auch bereits im Ausschuß festgestellt und bin damals mit dieser Feststellung eigentlich ziemlich allein dagestanden. Inzwischen dürften sich aber auch andere mit dem Arzneimittelgesetz näher auseinandergesetzt haben, denn auch Frau Pittermann ist es inzwischen aufgefallen, daß dieses Gesetz praktisch unlesbar ist.

Im Arzneimittelgesetz gibt es allerdings einige Verbesserungen, und deshalb werden wir diesem Gesetz auch zustimmen. Ich möchte mich bei diesem Gesetz deshalb nicht länger aufhalten, weil ich glaube, daß es in der Sache selbst eigentlich relativ klar ist und daß es keiner zusätzlichen großen Diskussion bedarf.

Der Bereich des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes ist für mich aber ein Themenbereich des Ärztegesetzes, der mich zum Staunen bringt. Ich habe im Ausschuß bereits darauf hingewiesen, daß – im Widerspruch zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes – im § 13, Abs. 2 dieses Ärztegesetzes steht, daß Fachärzte nur ein Sonderfach ausüben dürfen.

Meine Damen und Herren! Das ist ein Widerspruch zum Entscheid des Verfassungsgerichtshofes. Ich hoffe, daß Sie bereit sind, diesen Entscheid zu akzeptieren und das Ärztegesetz dahin gehend zu erweitern, daß Fachärzte in ihrer fachärztlichen Ausbildung tätig sein können. Wenn das jetzt nur eine Facharztausbildung ist, dann selbstverständlich nur in diesem Fach, hat ein Facharzt aber mehrere Facharztausbildungen, dann müßte er auch berechtigt sein, in diesen Fächern seine Tätigkeit auszuüben. Denn mit dieser Bestimmung, daß Fachärzte nur ein Fach ausüben dürfen, schaffen Sie noch viel mehr Konkurrenzschutz bei den Ärzten, obwohl es eigentlich das Ziel gewesen wäre, den Konkurrenzschutz im Sinne der Patienten abzubauen. Es ist doch bekannt, daß wir in Österreich einen großen Fachärztemangel haben; durch diese Bestimmung wird dieser Fachärztemangel jedoch noch verstärkt, anstatt behoben.

Artikel II dieses Gesetzes hat mich insofern erstaunt, als dem Gesetzestext ein Ausbildungsvorbehaltsgesetz beigefügt war und dieses heute im Paket zur Abstimmung kommen soll, obwohl es dafür überhaupt keine Begutachtungsfristen gegeben hat. Ich weiß schon, daß es rechtlich haltbar ist und daß es keine Begutachtungsfrist geben muß, aber ich glaube, es ist nicht demokratisch und einer kooperativen Zusammenarbeit nicht unbedingt förderlich, wenn über das Ausbildungsvorbehaltsgesetz abgestimmt werden soll, ohne daß es jemals in die Begutachtung gegangen ist. Das halte ich einfach für nicht richtig!

Durch Artikel II wird die Naturheilkunde nach wie vor ausgeschlossen. Meine Damen und Herren! Ich möchte darauf hinweisen, daß dieser neuerliche Ausschluß der Naturheilkunde nur dazu führt, daß Sie alle – gute und schlechte – Heilpraktiker in einen Topf werfen und sich nicht die Mühe nehmen, seriöse Heilpraktiker von sogenannten Scharlatanen zu unterscheiden. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Von seiten der SPÖ, ÖVP und FPÖ kommt immer wieder der Vorwurf: Wir können es uns in Österreich nicht leisten, daß wir mehrere "Hamers", oder wie immer sie heißen mögen, durch die Anerkennung von Heilpraktikern in Österreich tätig werden lassen.

Meine Damen und Herren! Sie dürften übersehen haben, daß Hamer kein Naturheilkundler ist, sondern aus der praktischen Schulmedizin kommt! Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis! Ich kann mir schon vorstellen, daß es für die Ärzteschaft nicht unbedingt eine Aufwertung ist, wenn sie Leute wie Hamer und noch einige andere dieser Sorte in ihren Reihen hat. Aber sie dann plötzlich auf die Seite der Naturheilkundler zu schieben, halte ich wirklich für einen Witz! Nehmen Sie zur Kenntnis: Herr Hamer ist Schulmediziner! (Beifall bei den Grünen.)


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Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich mit der letzten Studie der WHO auseinandergesetzt haben, dann haben Sie darin sicherlich gelesen, daß von allen kranken Menschen ein Drittel durch die herkömmliche Schulmedizin geheilt werden kann, bei einem weiteren Drittel der Patienten kommt es zu einer Linderung der Krankheit, und dem dritten Drittel der erkrankten Menschen kann mit der Schulmedizin überhaupt nicht geholfen werden. Ich glaube, daß es diesem letzten Drittel jener Patienten, denen die Schulmedizin nicht helfen kann, eigentlich zustehen würde, trotzdem nach Möglichkeiten zu suchen, die ihnen vielleicht ein Stück Chance, ein Stück Hoffnung auf Heilung geben können. – Dafür wäre eben die Naturheilkunde zuständig. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben auch nicht mit bedacht, daß es bereits sehr viele Schulmediziner gibt, die mit erfahrenen Menschen aus der Naturheilkunde zusammenarbeiten, und zwar positiv zusammenarbeiten und keinen Widerspruch zwischen Schulmedizin und Naturheilkunde sehen. Ich möchte jenen traditionellen Medizinern, die Angst davor haben – warum auch immer, ob es berechtigt ist oder nicht –, daß sie, wenn man die Naturheilkunde zuläßt, in ihrem Berufsstand vielleicht gefährdet, gemindert werden könnten, sagen: So wird es nicht sein, diese Angst brauchen Sie nicht zu haben. Die Einbindung der Naturheilkunde hätte vielmehr den Sinn, einer breiteren Anzahl von kranken Menschen die Chance zu geben, alle Möglichkeiten im Rahmen einer Heilungschance auszuschöpfen – und diese Möglichkeiten geben Sie den Menschen derzeit nicht.

Es kommt auch immer wieder zur Diskussion über die Ausbildung von Heilpraktikern. Frau Pittermann hat von sogenannten Schnellsiederkursen für Heilpraktiker gesprochen. – Frau Pittermann ist jetzt nicht da. Sie werden wahrscheinlich (die Rednerin hebt ein gelbes Heft in die Höhe) dieses Ausbildungsprogramm der Naturheilkunde ebenfalls kennen. Wenn Sie sich das genauer ansehen, dann finden Sie darin ganz klare Grundlagen, ganz klare Aufzeichnungen darüber, wie die Ausbildung von Naturheilkundlern ausschaut, welche Kommissionen die Prüfungen abnehmen sollen et cetera. Dieses Programm der Naturheilkunde und ihrer Ausbildung ist ein seriöses Papier. Auch wenn einige von Ihnen es ablehnen, sollten wir doch anerkennen, daß es ein seriöses und umsetzbares Programm ist.

Ich glaube, wenn wir nicht bereit sind, die Naturheilkunde mit einzubeziehen, dann schaffen wir in Österreich einen Nährboden für noch mehr Möglichkeiten für Personen, die sich nur Naturheilkundler nennen, aber irgend etwas anderes machen!

Wir müssen das auseinanderhalten. Es muß möglich sein, seriöse Naturheilkundler anzuerkennen, damit dann auch auf der anderen Seite Scharlatane klar herausgefiltert werden können.

Wir werden aufgrund der Tatsache, daß die Naturheilkundler im neuen Gesetzentwurf nicht drinnen sind, und aufgrund anderer Beanstandungen nicht zustimmen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte aber noch einen Abänderungsantrag einbringen, in dem ich die ersatzlose Streichung des Artikels II fordere, in welchem es darum geht, daß Naturheilkunde verboten wird. Die Begründung habe ich jetzt, glaube ich, ausreichend dargestellt, und ich hoffe, daß Sie kranken Menschen in Österreich die Chance geben, die Vielfalt an Heilungsformen in Anspruch zu nehmen, und daß Sie nicht jene Menschen diskriminieren, die Naturheilkunde für sich auswählen wollen und dort auch gute Erfolge erzielen können. Sie sollten diese nicht zwingen, nach Deutschland zu fahren oder irgendwohin in andere Länder, um ihre Behandlung zu bekommen. Ich kenne Leute, die fahren inzwischen sogar in die Ukraine, um dort Heilung für ihr behindertes Kind, für ihre kranken Angehörigen zu erfahren.

Ich glaube, man sollte den Zugang zu diesen Möglichkeiten nicht noch weiter verschärfen, sondern man sollte den Weg einschlagen, daß man Naturheilkunde zuläßt und es den Menschen leicht macht, von Naturheilkunde Gebrauch zu machen, wenn sie es ernsthaft wollen und wenn sie für sich darin Heilungschancen sehen. Man sollte Menschen, die Vertrauen zur Naturheilkunde gefaßt haben, nicht diskriminieren, nicht kriminalisieren, denn ich glaube, es geht darum,


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seriöse Angebote sicherzustellen. Und dazu gehört für mich auch die Naturheilkunde! – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

11.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächste ist Frau Abgeordnete Dunst zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.03

Abgeordnete Verena Dunst (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich in meinen Ausführungen mit dem neuen Arzneimittelgesetz auseinandersetzen, zunächst aber auf meine Vorrednerin, Frau Abgeordnete Haidlmayr, kurz eingehen. Wenn Sie hier behaupten, das Arzneimittelgesetz sei unlesbar, dann muß ich Ihnen, Frau Kollegin, sagen, daß ich weder aus dem medizinischen Bereich komme noch einen medizinischen Beruf ausübe, sondern mich auch eher auf der anderen Seite, der Seite der Patienten sehe, aber hier zu behaupten – auch wenn ich schon zugebe, daß es eine schwierige Materie ist –, es wäre unlesbar, finde ich doch reichlich über das Ziel hinausgeschossen.

Zum Thema Heilpraktiker – mit diesem Thema haben Sie sich sehr lang auseinandergesetzt – wird dann Kollege Guggenberger noch Stellung nehmen. Da möchte ich ihm nichts vorwegnehmen und jetzt zum Thema Arzneimittelgesetz kommen.

Mit dem neuen Arzneimittelgesetz wird unter anderem der Verpflichtung nachgekommen, der sich fortentwickelnden EU-Rechtssetzung Rechnung zu tragen. Aus der Novellierung der pharmazeutischen EU-Richtlinien ergibt sich ein Regelungsbedarf, dem mit dem neuen Arzneimittelgesetz nachgekommen werden soll. Doch sollen hier nicht nur formale Dinge geregelt werden, sondern es soll auch das hohe Sicherungssystem, welches in Österreich vorhanden ist, noch weiter ausgebaut und verbessert werden. Während staatliche Reglementierung in bestimmten Bereichen zweifellos ersetzbar oder verzichtbar ist, kann in diesem Fall fast kein Bereich überreglementiert sein, wenn es um die Gesundheit der Menschen geht.

Aus diesem Anspruch heraus ergeben sich auch die Regelungsschwerpunkte des neuen Gesetzes: die Etablierung des Future Systems für die Zulassung von Arzneispezialitäten, die Umgestaltung der Regelungen im Sinne des EU-Pharmacovigilanzsystems und die Anpassung der Sonderregelung für Radiopharmaka an die einschlägigen EU-Bestimmungen.

Ebenso wichtig sind – gerade wenn man an die Vorfälle der letzten Zeit denkt – die Schwerpunkte der Novelle zum Tierseuchengesetz, wodurch es zu einer Umgestaltung der bisherigen Bewilligungspflicht kommt, die eine bessere Kontrolle in diesem Bereich garantiert.

Im Bereich der Radiopharmaka kommt es zu einer speziellen Regelung der Kennzeichnung, etwa die Erklärung der auf den Phiolen verwendeten Kodierungen im Klartext oder die Radioaktivitätsmenge pro Dosis. Auf den Phiolen selbst sind nun Name oder Code des Arzneimittels, Betriebskontrollnummer und Verfallsdatum, das internationale Zeichen für Radioaktivität, der Name des Herstellers und die Menge der Radioaktivität anzuführen. – Soviel zu einigen Neuerungen bei den Radiopharmaka.

Neu in das Arzneimittelgesetz eingefügt soll ein Paragraph "Arzneimittelüberwachung" werden, wonach jene Personen, die zum Großhandel und zur Herstellung von Arzneimitteln berechtigt sind, unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen, häufig beobachteten unsachgemäßen Gebrauch und schwerwiegenden Mißbrauch sowie Qualitätsmängel an das Ministerium zu melden haben. Sollte es zu solchen Meldungen kommen, wird die Frau Bundesministerin für Gesundheit Schritte im Hinblick auf die Arzneimittelsicherheit setzen.

Zur Meldung sind nun auch Zulassungsinhaber von Arzneispezialitäten verpflichtet, wobei ausführliche Aufzeichnungen über unerwünschte Wirkungen zu führen sind, welche dem Ministerium nach Aufforderung oder in gewissen Zeiträumen nach der Zulassung vorzulegen sind.

Mit diesen neuen Bestimmungen soll die Arzneimittelüberwachung im Sinne der EU umgestaltet werden. Diese Änderungen sind nicht in erster Linie inhaltlicher Natur, sondern vor allem dazu


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bestimmt, die formalen Aspekte des EU-Meldesystems für unerwünschte Arzneimittelwirkungen im nationalen Recht zu etablieren.

In der Novellierung des Tierseuchengesetzes bildet die Übernahme einiger Bestimmungen von zwei Richtlinien betreffend immunologische Tierarzneimittel beziehungsweise Erreger von Tierkrankheiten einen Schwerpunkt.

Es handelt sich dabei einerseits um die Richtlinie zur Festlegung zusätzlicher Vorschriften über immunologische Tierarzneimittel. Diese stellt es den Mitgliedstaaten frei, eine Chargenprüfung durchzuführen, sofern nicht eine Freigabe von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaates vorliegt. Andererseits geht es um die tierseuchenrechtlichen und gesundheitlichen Bedingungen für den Handel mit Erzeugnissen tierischen Ursprungs in der EU und deren Einfuhr. Die Mitgliedstaaten haben dafür zu sorgen, daß der Handel mit Krankheitserregern strengen Regeln unterliegt.

Mit diesem neuen Arzneimittelgesetz sollen die Weichen für eine Regelung auf diesem Gebiet im Rahmen der Europäischen Union und einen ausreichenden Schutz der Konsumenten gestellt werden.

Daß dem Bund keine zusätzlichen Kosten durch diese Regelungen entstehen, ist ein für alle Gesetzesvorhaben wünschenswerter Effekt. Die fehlende Rücksichtnahme auf etwaige Kosten wurden dem Hohen Haus in letzter Zeit ja oft genug zum Vorwurf gemacht.

Ebenso ergibt sich kein zusätzlicher Personalbedarf aus der Notwendigkeit strukturverändernder Maßnahmen im Hinblick auf die Anerkennung der Bundesanstalt für Tierseuchenbekämpfung als Europäisches Prüfinstitut für die Chargenfreigabe von Tierimpfstoffen.

Alles in allem, Frau Ministerin, ein gelungenes Unternehmen! In diesem Sinne wünsche ich dem neuen Gesetz und Ihnen, Frau Ministerin, besten Erfolg im Interesse von uns allen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Guggenberger: Bravo!)

11.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.08

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern war es sehr stürmisch, aber Herr Abgeordneter Guggenberger hat es trotz des großen Fehlers, den er begangen hat, trotz seines diffamierenden Verhaltens nicht einmal der Mühe wert gefunden, sich zu entschuldigen, eine Richtigstellung abzugeben. Er ist lächelnd in seiner Bank sitzengeblieben, und das zeigt seine menschenverachtende Grundeinstellung, denn ... (Abg. Dr. Nowotny: Also bitte! Was soll denn das heißen? Das ist ja unglaublich!)

Das war eine unglaubliche Entgleisung, und ich schließe gleich mit einer weiteren unglaublichen Entgleisung des Herrn Guggenberger beim letzten Gesundheitsausschuß an, wo er allen Ernstes behauptet hat, er hätte schon viele Ausschußobmänner erlebt (Abg. Mag. Guggenberger: Das ist richtig! Ich darf das wiederholen!) , er säße schon lange im Parlament, und der Ausschußobmann in meiner Person solle sich auf die Moderierung der Sitzung beschränken und nicht reden. (Abg. Mag. Guggenberger: Unter dem Applaus der meisten Anwesenden habe ich das gesagt!)

Mein lieber Herr Kollege Guggenberger! Wenn Sie mir als Obmann das Rederecht im Ausschuß verbieten wollen, dann sind Sie ein Undemokrat ersten Ranges, und ich glaube, Sie sollten besser einmal selbst überdenken, was Sie da im Schilde führen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Eine Entgleisung jagt die andere, und dazu lachen Sie noch. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Jawohl! Er hat sich noch nicht entschuldigt!) Unter Beipflichtung der ÖVP! Die waren alle einer Meinung, auch der Leiner hat ihm beigestimmt. (Abg. Mag. Guggenberger: Zu Recht!) Der wäre natürlich sehr froh, wenn der Multifunktionär


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Schwimmer die Ausschußobmannfunktion weiter innehaben würde. Das tut Ihnen weh, daß ein Oppositioneller dem Ausschuß als Obmann vorsteht. Aber ich lasse mir das Rederecht im Ausschuß nicht nehmen! Auch in Zukunft nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zu diesen zwei Regierungsvorlagen, meine sehr verehrten Damen und Herren. In kürzester Zeit sollten wir diese zwei Pakete durchackern. Kaum eines der Ausschußmitglieder hat sich mit dieser Thematik wirklich befaßt. Den Gipfel hat hier natürlich Frau Kollegin Haidlmayr erreicht, die gesagt hat, sie stimmt dem Gesetz zu. Das ist zwar alles nicht lesbar, sie hat es nicht verstanden, aber sie stimmt dem Gesetz zu. – Das ist auch eine Einstellung. Das muß ich ihr überlassen, wie sie das rechtfertigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frau Bundesministerin hat sich bei der gesamten Ausschußsitzung nicht ein einziges Mal zu Wort gemeldet. (Heiterkeit bei der SPÖ und bei Bundesministerin Dr. Krammer . – Abg. Steibl: Aber dafür Sie sehr oft!) Ich muß allerdings mildernd hinzufügen, daß die Frau Bundesministerin rekonvaleszent und körperlich nicht ganz auf der Höhe war. (Bundesministerin Dr. Krammer: Das stimmt! Ich war krank!) Daher nehme ich es ihr diesmal auch nicht sehr übel. Sie ließ sich durch ihre ministeriellen Berater kommentieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme zum Arzneimittelgesetz. Ich möchte – ich habe im Ausschuß ja schon sehr viel darüber gesprochen – nur einige Details, die wirklich eine Gefahr für den österreichischen Pharmamarkt darstellen, aufzählen.

Ich gehe hier ein auf den § 2 Abs. 7, das sogenannte dezentrale Genehmigungsverfahren. Das ist ein Verfahren, das auf dem Prinzip der Anerkennung einer vom erstgenehmigenden EU-Mitgliedstaat erteilten nationalen Zulassung beruht. Wenn man sich das auf der Zunge zergehen läßt, dann bedeutet das, daß ein Medikament, das einmal in einem Land in der EU, in einem Mitgliedstaat zugelassen wird, bindend nun vom Arzneimittelhersteller auch in allen anderen EU-Ländern vertrieben werden kann.

Da hat es Einwände gegeben: Das stimmt ja wieder nicht, was der Pumberger sagt!, hat es geheißen. Ich kann Ihnen das ganz genau erklären. Ich habe mich mit dieser Gesetzesmaterie eingehend befaßt. Der Pharmaunternehmer hat eine Bewilligung in einem EU-Land. Wie er die bekommen hat, steht nicht zur Debatte, aber ich erinnere daran, das es hier ja um Milliardenbeträge für ein Medikament geht, das im gesamten, großen EU-Markt die Erstzulassung bekommt. Wie kommt es etwa zustande, daß ein Medikament in Italien beispielsweise – unter Einfluß der "ehrenwerten Gesellschaft" vielleicht – die Zulassung erhält? Da geht es, wie wir wissen, um Milliardenmärkte, und da, wo es um viel Geld geht, ist in Italien die "ehrenwerte Gesellschaft" ja immer dabei. Da kommt es nicht auf die Qualität des Produktes an. – Aber dann ist es dort zugelassen oder auch in Portugal zugelassen.

Ich gehe aber davon aus, daß wir in Österreich wesentlich strengere und bessere Zulassungskriterien haben als Portugal, Italien und Griechenland beispielsweise. Dann kann zwar ein Nationalstaat, wenn er das Gefühl hat, er möchte das Medikament auf seinem Markt nicht haben, einen Einwand erheben. Das geht dann in den entsprechenden EU-Ausschuß, und im Sinne der Gleichbehandlung aller Mitgliedstaaten, im Sinne des freien Warenverkehrs – eine der Grundlinien der EU – wird es dann bindend zugelassen, und der Nationalstaat kann sich nicht mehr wehren.

Wir sehen das auch am Beispiel des genmanipulierten Maises oder auch am Beispiel sämtlicher Konservierungsmittel für Lebensmittel. Da können wir uns nicht mehr wehren. Das kommt alles zu uns herein. Der Nationalstaat hat keine Möglichkeit mehr, so etwas zu verhindern.

Ich glaube, daß durch dieses dezentrale Genehmigungsverfahren eine massive Gefährdung an Leib, Leben und Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher entstehen kann, und daher ist gerade dieses dezentrale Genehmigungsverfahren, wenn Österreich keine Möglichkeit des Einwandes und der Verhinderung mehr hat, wirklich mit aller Kraft abzulehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Aber die EU, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat da wirklich Gustostückerln beim dezentralen Genehmigungsverfahren. Bei den Gebühren etwa, da kennt sie sich aus. Da gibt es eine ganze Liste. Wenn ein Medikament zugelassen werden soll, muß man zunächst einmal Gebühren zahlen. Der Arzneimittelhersteller zahlt diese Gebühren, und diese schlagen sich dann auf den Preis nieder, und der Preis schlägt sich bei uns in den Gesundheitskosten nieder, die wir kaum mehr finanzieren können.

Da gibt es einmal eine Grundgebühr für die Genehmigung eines Humanarzneimittels, das in der EU zu berappen ist, in der Höhe von 140 000 ECU. Für eine zusätzliche Dosierung einer Arzneimittelform kommen dann noch einmal 20 000 ECU dazu. Dann gibt es noch eine ermäßigte Gebühr für zusätzliche Dosierungsanleitungen, weiters eine Änderungsgebühr von 40 000 ECU für Typ 1 und Typ 2, also noch mehr dazu, dann gibt es eine Erneuerungsgebühr, eine Inspektionsgebühr, eine Übertragungsgebühr, eine Schiedsgebühr und so weiter und so fort. Gebühren, Gebühren, Gebühren!

Das zahlen wir in die EU-Kassen hinein. Arzneimittel werden exorbitant verteuert, wir bekommen teure Medikamente, die entsprechend dem Herstellungspreis wesentlich weniger kosten würden. Alleine durch die Gebühren werden unsere Krankenkassen, unsere Sozialversicherungen weiter belastet. Daher ist dieses Gebührenwirrwarr in der EU auch mit aller Entschiedenheit abzulehnen, meine Damen und Herren!

Das dezentrale Genehmigungsverfahren habe ich Ihnen erklärt. Das zentrale Genehmigungsverfahren wird in Brüssel durchgeführt, und das bedeutet, daß es dann für alle Länder gültig ist. Das erfolgt direkt durch die Europäische Arzneimittelagentur und wird vom berufenen Ausschuß bestätigt. Dagegen gibt es keine Einwendungsmöglichkeit für die Länder; das ist für alle Länder bindend, aber die Bürokratie bewirkt, daß es sehr lange dauert, bis ein Medikament zugelassen wird. Das kennt man schon, aber das schlägt wirklich alles, was man bisher bei Zulassungen gewöhnt war. Es dauert oft drei bis vier Jahre, bis ein Medikament überhaupt auf den Markt kommen kann. Bis dahin ist der Markenschutz ohnehin schon wieder abgelaufen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dann gibt es auch noch eine Regelung, daß die Arzneibücher sämtlicher Mitgliedstaaten angepaßt werden, das heißt, daß jetzt auf einmal das Arzneibuch von Portugal genauso gut sein soll wie das Arzneibuch von Österreich. Auch hier erlaube ich mir die Unterstellung, daß unser Arzneibuch in Österreich eine bessere Qualität hat als das von Portugal. Daher lasse ich hier eine kritiklose Anpassung überhaupt nicht zu. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Guggenberger: Sie loben ja! Sie loben etwas Österreichisches! Das ist ja total neu!)

Und dann gibt es noch die Möglichkeit, daß komplementärmedizinische Präparate – wie es so schön heißt – einen Sonderstatus erhalten. Die fallen zwischen Arzneimittel und Verzehrprodukte hinein. Das sind Produkte, die eben nicht zur Ernährung dienen, aber auch nicht Arzneimittel sind. Anstelle der Zulassung für diese Präparate braucht man jetzt lediglich eine Anmeldung, aber diese Anmeldung erfolgt nach dem Arzneimittelrecht. Das heißt, bei diesen "Medikamenten" – ich erinnere hier an Bachblüten, an Rosenöl und was weiß ich, was es da alles gibt auf dem österreichischen Markt; die österreichische Apothekerkammer und die Ärztekammer haben sich schon ganz vehement dagegen geäußert und haben auch gefordert, diesen Passus aus dem Gesetz herauszustreichen – wird den Leuten suggeriert, daß diese Präparate Arzneimittelstatus haben. Die Firmen, die Hersteller werden draufschreiben: "nach dem Arzneimittelrecht zugelassen". Der Konsument glaubt: Aha, das ist ja ein Arzneimittel, das ist sehr wirksam, dafür kann ich auch einen hohen Preis zahlen und ich kann jetzt sehr leicht auf ein anderes Medikament, das mir der Arzt verordnet, verzichten, denn ich habe hier ein gleichwertiges Arzneimittel, mit dem ich ohne weiteres das Auslangen finde.

Es ist nicht einmal definiert, was komplementärmedizinische Präparate sind. Alles, von der Bachblüte angefangen bis zur Edelsteintherapie, fällt da hinein, und ich glaube, daß man damit wirklich eine Suggestivbehandlung der Patienten forciert, daß Patienten dann oft monatelang solche Präparate im guten Glauben einnehmen, es handle sich um wirksame Arzneimittel. In


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Wirklichkeit sind das aber Präparate von völliger Wirkungslosigkeit, weil sie nicht geprüft sind und weil kein wirksamer Arzneistoff darin enthalten ist.

Ich glaube, hier müssen wir sehr, sehr vorsichtig sein, und auch bei diesem § 11 Abs. 2a müssen wir ganz, ganz vorsichtig sein. Ich habe daher auch jede Menge Abänderungsanträge zu dieser Angelegenheit eingebracht, und ich hoffe, Sie werden mir heute zustimmen, wenn Sie dieses Gesetz gelesen haben, aber ich fürchte, Sie haben es nicht gelesen und werden daher unsere Abänderungsanträge in voller Unwissenheit, worum es sich hier handelt, ablehnen. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei einer Einfuhr aus einem Drittland, steht im § 26a, ist jede Charge einer sogenannten Reanalyse zu unterziehen. Das ist gut, das ist okay. Ich bin dafür. Diese Reanalyse ist bei jedem Medikament, das aus einem Drittland kommt, aus einem Land, das nicht der EU angehört, durchzuführen. Aber dann gibt es die Ausnahmen, jede Menge Ausnahmen, damit man eine Reanalyse zur Sicherheit unserer Medikamente in Österreich nicht mehr durchzuführen braucht. Da braucht nur der Arzneimittelhersteller einen Kontrollbericht über ein in einem anderen EU-Land angefertigtes Kontrollgutachten vorzulegen, und schon ist ein Medikament zugelassen, das aus einem Drittland kommt. Das kann aus Uganda, aus Uruguay, aus Rumänien oder von irgendwoher kommen. Der Arzneimittelhersteller bringt ein Kontrollgutachten – und schon ist bei uns diese Reanalyse ausgeschaltet.

Auch hier droht eine eminente Gefahr, Frau Bundesministerin! Ich wundere mich, daß Sie so ruhig in Ihren Unterlagen lesen, signieren und anstreichen können, aber ich glaube, es wäre gescheiter, Sie würden mir ganz genau zuhören (Bundesministerin Dr. Krammer: Das schaffe ich noch mühelos!) , denn dann würden auch Sie in Ihrem Plädoyer, das Sie anschließend halten werden, vielleicht darauf hinweisen, daß wir diese Gesetzesvorlage besser noch einmal an den Ausschuß zurückverweisen sollten, denn das ist viel zuwenig durchdiskutiert und durchdacht. Das ist nur so hergeknallt auf den Tisch, zwei dicke Unterlagen, die von der Stärke und vom Gewicht her ungefähr dem Strukturanpassungsgesetz entsprechen. (Abg. Edler: Da siehst du, was wir gearbeitet haben!) Und niemand hat es durchstudiert. Keiner! Sonst hätten Sie im Ausschuß bessere Argumente gehabt, aber da habe ich überhaupt nichts gehört von Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im § 32 Abs. 1 Z 11 steht, daß für genetische Schäden eine Ausnahme von der Versicherungspflicht gegeben ist. Stellen Sie sich vor, was das bedeutet! Es kommen Medikamente zu uns herein, von denen wir gar nicht wissen, ob sie gut sind, ob sie sicher sind, weil eben die schon genannten Umstände dazu führen, daß wir hochriskante Medikamente hereinbekommen können, und dann wird für genetische Schäden eine Ausnahme von der Versicherungspflicht in diesem Gesetz festgeschrieben. Ich glaube, umso mehr wäre wieder einmal die verschuldensunabhängige Patientenhaftpflicht einzufordern, wofür wir einen Antrag eingebracht haben, wofür Frau Kollegin Haidlmayr Anträge eingebracht hat, die aber von den Regierungsparteien, die sich alle für diese verschuldensunabhängige Patientenhaftpflicht einsetzen, trotzdem wieder abgelehnt wurden. Sie reden nur, Sie handeln nicht! Sie verzögern, Sie blockieren – und das alles auf dem Rücken der Patienten, meine Damen und Herren.

Im Artikel II § 31 Abs. 3 betreffend Hausapotheken steht, daß Hausapotheker jetzt auch im benachbarten EU-Ausland einkaufen können. So weit, so gut. Für mich als Hausapotheker – das habe ich schon im Ausschuß gesagt – ist das gar nicht so schlecht, denn da kann ich billig einkaufen. Für mich als Österreicher und als einen, der zum Standort Österreich mit einer gesunden Wirtschaft steht, ist es natürlich eine andere Sache, weil es hier zu einem weiteren Kaufkraftabfluß kommt. Das wird die Möglichkeit eröffnen, daß Millionen Schilling im benachbarten Land ausgegeben werden und billige Medikamente aus der EU importiert werden können.

Ich glaube, diesen Passus sollte man herausnehmen, denn wir sollen in Österreich einkaufen, den österreichischen Markt stützen, den österreichischen Wirtschaftsstandort stützen und nicht einen Kaufkraftabfluß in das benachbarte EU-Ausland fördern.


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32. Sitzung / Seite 49

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gäbe noch eine Unmenge über das Arzneimittelgesetz zu berichten, und ich habe Ihnen auch ein ganzes Konvolut an Abänderungsanträgen zur Regierungsvorlage des Bundesgesetzes, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird, verteilen lassen. Das wurde verteilt und liegt Ihnen allen vor, ich bringe nun aber offiziell diese Abänderungsanträge, die Ihnen bekannt sind, ein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun zum Ärztegesetz. Da gibt es auch ein dickes Heft, niemand hat es gelesen – genauso wie beim Arzneimittelgesetz. Kollege Rasinger sitzt hier ganz ausgeruht, weil er sich nicht den Strapazen des Durchlesens dieser Gesetzesmaterie ausgesetzt hat. (Abg. Dr. Rasinger lacht amüsiert.) Er sitzt ganz locker da und weiß gar nicht, was er heute beschließt. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier möchte ich einmal mehr das Problem der Lehrpraxis ansprechen. Eine ganz gute Passage – ich möchte nicht nur kritisieren – in diesem Ärztegesetz ist im § 6 Abs. 3 zu finden. Darin heißt es: Wenn ein Krankenhaus als Ausbildungskrankenhaus für den Allgemeinmediziner, also für den praktischen Arzt, gelten will, dann kann es, wenn es kleine Abteilungen wie Hals-, Nasen-, Ohren-, Augen- oder Kinderabteilungen nicht hat, auch die Ausbildung bei einem Facharzt in einer Lehrpraxis gewährleisten, und zwar unter Aufrechterhaltung des Anstellungsverhältnisses des Arztes im Spital.

Wir sind der Meinung, daß die Ausbildung in einer Lehrpraxis im Fach Allgemeinmedizin beim praktischen Arzt Pflicht sein sollte, daß die Ausbildung in einer Lehrpraxis beim praktischen Arzt notwendig ist und nicht – wie wir bei der letzten Gesetzesvorlage schon kritisiert haben –, weil es zu wenig Lehrpraxen gibt, in den Spitalsambulanzen durchgeführt werden soll, wo gar nicht das richtige Patientengut anfällt, das man für die Ausbildung zum Allgemeinmediziner braucht.

Daher schlagen wir vor – und ich habe auch hierzu einen Abänderungsantrag vorbereitet –, daß die Lehrpraxisausbildung unter Aufrechterhaltung des Anstellungsverhältnisses in der Krankenanstalt nicht nur für die Ausbildung zum kleinen Fach HNO, Augen-, Kinderheilkunde, sondern auch für das Allgemeinmedizinfach, für die Allgemeinmediziner möglich sein soll – im Spital ist die Ausbildung hierfür, wie ich bereits sagte, nicht möglich –, und zwar ebenfalls unter Aufrechterhaltung des Anstellungsverhältnisses im Spital.

Das heißt: Schlagartig hätten wir wesentlich mehr praktische Ärzte, die sich zur Führung einer Lehrpraxis anmelden und bewerben würden, weil die Bezahlung der Ärzte, die teilweise schon 30 Jahre alt sind, Familien haben, Kinder haben, dann auch gesichert wäre. Wir könnten unter Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses auch für diese praktischen Ärzte eine gute Ausbildung gewährleisten.

Daher bringe ich den Abänderungsantrag Pumberger, Povysil, Haupt ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Im Artikel I entfallen die Ziffern 33 und 41 ... Hoppla, das ist der falsche, den hat Frau Kollegin Povysil schon eingebracht. Entschuldigen Sie, es erübrigt sich die Einbringung dieses Abänderungsantrages. Er ist bereits eingebracht.

Ich hoffe, Herr Kollege Rasinger, Herr Kollege Leiner, Frau Kollegin Pittermann – die, wie üblich, nicht anwesend ist bei einem medizinischen Thema –, Sie werden das noch überdenken. Suchen Sie anschließend noch das Gespräch mit mir, bevor wir zur Abstimmung kommen. Ich werde Ihnen einiges erklären, und ich werde Sie überzeugen können, daß es sinnvoll ist, daß man auch die Ausbildung zum Allgemeinmediziner unter Aufrechterhaltung des Anstellungsverhältnisses im Spital ermöglichen soll, Herr Kollege Rasinger. – Gut.

Zum Gruppenpraxengesetz. Frau Kollegin Povysil hat auch hierzu schon Anträge eingebracht. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Ausklammerung der Ärzte bei den Freiberuflern zur Bildung von Gruppenpraxen als gesetzwidrig, als verfassungswidrig erkannt, und diese Aufhebung nach einer Verordnung des Herrn Bundeskanzlers solle mit 31. 3. 1997 in Kraft treten.


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Wir sind der Meinung, Gruppenpraxen brauchen wir jetzt schon vor Einführung des LKF, des leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierungssystems, weil wir vorher schon die extramurale Medizin stärken müssen. Es müssen vorher schon Gruppenpraxen gegründet werden, damit es mit 1. 1. 1997 möglich wird, daß verstärkt niedergelassene Ärzte die Patienten behandeln können und der Zustrom zu den Spitälern gebremst wird. Daher ist es unbedingt notwendig, daß der § 23 Abs. 1 geändert wird und dieser Passus weggestrichen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dann steht auch noch drinnen, daß der Primararzttitel wegfällt, wenn man bei klinischen Fächern und bei Instituten, die einem Spital angegliedert sind, nur mehr einen nachrangigen Arzt hat. Es ist oft nicht notwendig, daß man drei, vier, fünf nachrangige Ärzte hat, um einen Primararzt wirklich zu rechtfertigen. Jetzt steht drinnen, daß man mindestens zwei nachrangige Ärzte haben muß.

Was wird die Folge sein? Es bestehen Dienstverträge zwischen dem Spital und den Primarärzten, und alle Primarärzte, die nur einen nachrangigen Arzt haben, sind jetzt in der Situation, daß sie entweder den Primararzttitel verlieren oder daß das Krankenhaus einen zweiten nachrangigen Arzt anstellt, obwohl es gar nicht notwendig wäre.

Da es aufrechte Dienstverhältnisse und Dienstverträge gibt, kann man den Primarärzten den Titel nicht aberkennen, und daher wird man zusätzlich Ärzte einstellen, nur um den Primararzttitel aufrechtzuerhalten, und damit zusätzliche Kosten im stationären Bereich verursachen. Das ist abzulehnen, und daher ist dieser "Primararzttitelparagraph" 18 Abs. 6 völlig unnötig.

Nun zur Ärztekammer, meine sehr verehrten Damen und Herren. Allen Ernstes ist hier beabsichtigt, die gesetzliche Funktionsperiode von vier Jahren bei den Ärztekammern zu verlängern. Und das hat Hintergründe. (Ruf: Ja gibt’s denn das?) Ja, das gibt es! Die Aussage "Das gibt´s doch nicht" ist völlig gerechtfertigt, denn jeder vernünftige Demokrat in Österreich stellt sich die Frage: Kann denn so etwas möglich sein?

Es sind vor allem die Wiener Ärztekammer, allen voran Präsident Neumann – die Wiener sind ja die Mächtigsten, die stellen auch immer den Präsidenten –, in der mißlichen Lage, daß es bei dieser Urabstimmung – bei dieser unnötigen Urabstimmung, bei der es übrigens um die Aufrechterhaltung der Ärztekammer als gesetzliche Standesvertretung und nicht um die Pflichtmitgliedschaft gegangen ist, die Millionen verschlungen hat – in der Ärztekammer in Wien erstens einmal nur eine Beteiligung von 50 Prozent gegeben hat und zweitens sich von diesen 50 Prozent nur 51 Prozent für die Aufrechterhaltung der Ärztekammer als gesetzliche Standesvertretung entschieden haben. Stellen Sie sich einmal vor, was das für ein schwerer Schlag für die einbetonierten Funktionäre der österreichischen Ärztekammer war!

Jetzt kommt die Ärztekammer – ich habe da einen ganz besorgniserregenden Brief, den mir Obermedizinalrat Dr. Hermann Mark geschrieben hat – und lullt die politischen Vertreter, die sowohl in der Kammer als auch hier im Parlament sitzen, Kollege Rasinger, ein, sie mögen eine Gesetzesinitiative einbringen, damit die gesetzliche Funktionsperiode von vier Jahren verlängert wird, damit sich die saturierten Funktionäre einbetonieren können, damit sie sich nicht einer neuerlichen Wahl zu stellen brauchen – und das unterstützt Kollege Rasinger, der selbst Ärztekammerfunktionär ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da schreibt mir Kollege Dr. Hermann Mark: Die einzige Ursache für diese Regierungsvorlage ist, die langsam aufwachenden Ärzte daran zu hindern, die schwarz-rote Kammerführung in Wien und vielleicht österreichweit aus dem Sattel zu heben. – Das ist der Grund! Sie wollen sich keiner Wahl mehr stellen! Wir verlängern die Funktionsperiode bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag! Die Ärzte brauchen gar nicht mehr zu wählen, die Funktionäre machen sowieso, was sie wollen! Sie vertreten sowieso schon lange nicht mehr die Interessen der Ärzte, und daher verlängern wir die Funktionsperiode! Ja in welcher Demokratie gibt es das? – Man kann doch auch nicht die gesetzliche Legislaturperiode des Nationalrates einfach bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verlängern! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber bei der Ärztekammer geht das! Sie haben Angst,


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sich einer Wahl zu stellen! Daher, meine Damen und Herren, bringe ich im Sinne der Demokratie und eines besseren Demokratieverständnisses folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage 150 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes, 203 der Beilagen wird wie folgt geändert:

Im Artikel I entfallen die Ziffern 33 und 41. Die verbleibenden Ziffern werden fortlaufend numeriert.

Begründung: Die Umstellung auf ein Kurienwahlrecht darf nicht zum Vorwand genommen werden, den gesetzlich vorgesehenen Zeitpunkt für Ärztekammerwahlen hinauszuschieben, sodaß der herrschende Unmut innerhalb der Ärzteschaft folgenlos bleibt.

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie um Zustimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wenn Sie Demokraten sind, dann stimmen Sie diesem Abänderungsantrag zu. (Ruf bei der SPÖ: Nein!)

Dann gibt es da noch den Passus Lex Hamer. Olivia lebt, und wir alle sind froh, daß Olivia Pilhar lebt und aus den Fängen dieses Suggestivarztes entkommen konnte, der Unheil angerichtet hat, der Olivia behandelt hat, nachdem Olivia Pilhar von Klubobfrau Petrovic direkt an Hamer vermittelt wurde – das muß man einmal klar sagen. (Rufe bei den Freiheitlichen: Jawohl!) Darum verstehe ich auch, daß Sie sich für Heilpraktiker und Scharlatane in der Medizin einsetzen, denn Sie, die Grünen, haben den Kontakt hergestellt. Und jetzt macht man ein Gesetz, daß man bei Verstoß gegen das Verbot, unberechtigt ärztliche Tätigkeiten auszuüben, mit einer Verwaltungsstrafe von sage und schreibe 300 000 S rechnen muß. Einen Dr. Hamer jucken 300 000 S überhaupt nicht, denn wenn er einem Krebspatienten suggeriert, er könne ihn von seinem todbringenden Leiden heilen, dann bekommt er schon von einem einzigen Patienten die 300 000 S, die er an Verwaltungsstrafe zahlen müßte, wenn man ihn auffliegen läßt. Daher glaube ich, daß dieser § 108 völlig insuffizient ist. Den können Sie wieder rausstreichen, denn er bedeutet gar nichts!

Das Verbot von Heilpraktikerschulen ist ja wieder nicht enthalten! Das steht ja wieder nicht im Artikel II Ärztegesetz! Wir haben schon vor einigen Wochen einen Antrag eingebracht: Verbot von Heilpraktikerschulen. Da werden pro Schüler 80 000 S verlangt – 80 000 Schilling für einen Kurs! –, und es wird ihnen gesagt, daß nach EU-Recht die Heilpraktiker auch in Österreich ihr Unwesen treiben können. (Bundesministerin Dr. Krammer: Nein!) Ja, das stimmt schon, Frau Bundesministerin, aber das wird ihnen von den Heilpraktikerschulen suggeriert. (Bundesministerin Dr. Krammer: Richtig! Da hat er recht!)

Daher haben wir einen Antrag auf Verbot der Heilpraktikerschulen eingebracht. Sie haben hier eine Wischiwaschi-Formulierung, die nicht zu einem Verbot führt, und sehen da einen Strafrahmen bis zu 500 000 S vor. Was sind denn 500 000 Schilling? Soviel kassieren die schon von sechs Schülern. Das juckt die ja überhaupt nicht! Dann gehen sie eben in eine Fortbildungsveranstaltung, wenn sie schon keine Heilpraktikerschule machen dürfen. Da gäbe es noch viele Beispiele, meine Damen und Herren.

Frau Bundesministerin! Reißen Sie sich am Riemen! Überlegen Sie es sich noch einmal genau! Nehmen Sie Stellung zu meinen Vorwürfen! Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien – speziell die Ärzte unter Ihnen, die spärlich anwesend sind –, überdenken Sie das! Stellen Sie den Antrag auf Rückverweisung in einen Ausschuß oder lehnen Sie die eigene Gesetzesvorlage ab! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.38


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Pumberger! Ich möchte noch einmal zur Klarstellung sagen: Sie haben einen Abänderungsantrag zum Ärztegesetz eingebracht, den Sie verlesen haben. Der ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Einen zweiten Abänderungsantrag haben Sie in seinen Kernpunkten vorgetragen – ich habe zumindest Ihre Ausführungen so verstanden, daß Sie damit auch die Kernpunkte des Antrages erläutert haben –, das ist nach der Geschäftsordnung möglich. Sie haben den Abänderungsantrag auch schriftlich überreicht, er steht damit in Behandlung.

Die Vervielfältigung im Sinne des § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung ist unpräjudiziell veranlaßt worden. Dieser Antrag wird im übrigen auch im Stenographischen Protokoll abgedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pumberger, Mag. Haupt, Dr. Povysil, Dr. Salzl und Genossen zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird (AMG-Novelle 1996), 151 der Beilagen, in der Fassung des Ausschußberichtes, 202 der Beilagen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage (AMG-Novelle 1996), 151 der Beilagen, in der Fassung des Ausschußberichtes, 202 der Beilagen, wird wie folgt geändert:

1. Der Titel der Regierungsvorlage 151 der Beilagen lautet:

Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Apothekengesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden (AMG-, ApG- und TSG-Novelle 1996)

2. Artikel I wird wie folgt geändert:

a.) In Z 5 wird § 2 Abs. 7 zu § 2 Abs. 11.

§ 2 Abs. 7 in der ursprünglichen Fassung des geltenden Bundesgesetzes bleibt somit aufrecht.

b.) Z 7 lautet:

Der bisherige Abs. 11a des § 2 entfällt.

c.) In Z 9 § 4 Abs. 2 lautet Z 1:

"1. den Qualitätsanforderungen des Arzneibuches im Sinne des § 1 des Arzneibuchgesetzes, BGBI. Nr. 195/1980, oder den gleich hohen Qualitätsanforderungen des Arzneibuches einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum."

d.) In Art. I entfallen die Ziffern 14, 15 und 16.

e.) In Z 29, § 12 Abs. 1 Z 3 werden die Worte "des Wissens" durch die Worte "der Wissenschaft" ersetzt.

f.) Der bisherige § 26 a Abs. 1 in Z 56 erhält die Bezeichnung § 26 a. Somit entfallen die Abs. 2 und 3.

g.) § 32 Abs. 1 Z 11 endet mit dem Wort "träfe".


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h.) In § 58 Abs. 1 erster Satz entfällt die Wortfolge "nur über deren schriftliche Anforderung".

Der dritte Satz des § 58 Abs. 1 lautet:

"Die Abgabe von Ärztemustern von Arzneispezialitäten, die Suchtstoffe enthalten, ist verboten."

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Haidlmayr hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet.

Frau Abgeordnete, ich bitte Sie, diese Berichtigung von Ihrem Sitzplatz aus vorzunehmen. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

11.39

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Pumberger hat behauptet, ich würde ein Gesetz mittragen, das ich nicht verstanden habe, nämlich das Arzneimittelgesetz.

Herr Pumberger! Ich berichtige: Ich habe gesagt, ich werde dieses Gesetz selbstverständlich mit unterstützen, weil dieses Gesetz gut ist, obwohl es schwer lesbar und schwer verständlich ist.

Sie haben weiters behauptet, Frau Petrovic hätte die Familie Pilhar an Hamer verwiesen. (Abg. Scheibner: Na klar!) Auch diese Aussage ist unrichtig. Es ist nachweisbar und nachweislich bekannt, daß Herr Pilhar mit seiner Tochter, bevor er Frau Petrovic kontaktiert hat, bereits in Hamers Behandlung war. – Ich bitte um Kenntnisnahme. (Beifall bei den Grünen.)

11.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.40

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf das eigentliche Thema, das ich anschneiden will, eingehe, möchte ich mich an Herrn Abgeordneten Pumberger wenden: Eigentlich bin ich bei deiner Rede eingeschlafen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Die Rede war eine Schlaftablette!) Ein klassischer Fall von Biobehandlung: Man braucht keine Medikamente mehr, um einzuschlafen. (Abg. Dr. Graf: Kollege Rasinger! Sie müssen ja schlafen, Sie sind ja Mitglied des Dream-Teams!)

Was erstens das Gruppenpraxisgesetz betrifft, kann ich sagen, die ÖVP ist dafür. Das wird seit Jahren vom Hauptverband verhindert.

Was zweitens die Kammerwahl betrifft, so ist zu sagen, daß man, wenn man eine Kammerreform will, ermöglichen muß, irgendwann nach dem neuen Modus zu wählen. – Aus, Ende, mehr brauchen Sie da nicht hineinzugeheimnissen. Ich möchte mich aber damit jetzt nicht länger aufhalten, ich wende mich nun meinem Thema zu. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte auf zwei Punkte im Gesetz Bezug nehmen, die mir wichtig erscheinen. Das erste – das hat auch Abgeordneter Pumberger kritisiert – ist die Verschärfung der Primararztregelung. Jawohl, du kannst mich zitieren, ich bin dafür, daß das verschärft wird. Warum? (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Weil du kein Primar bist! – Abg. Dr. Pumberger: Ärztelobbyist!) Wenn ein Patient heute zu einem Arzt geht und auf dessen Türschild "Primar" liest, dann erwartet sich der Patient im guten Glauben, daß sich hinter dem Titel etwas Besonderes, ein besonders guter Arzt verbirgt. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Das glauben die Leute überhaupt von den Ärzten!)

Da muß ich sagen: Es war bis vor kurzem möglich, ein Institut zu gründen und sich dann einfach Primar zu nennen. Findest du das richtig, Kollege Pumberger, daß es auf der einen Seite Primare gibt, die durch schwierige Bestellung durch den Landessanitätsrat, durch hohe fachliche Qualifikation erst Primar werden – daraus leitet sich nicht nur ein besserer Ruf ab, sondern


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auch, sagen wir es ehrlich, ein höheres Honorar –, während auf der anderen Seite jeder tut, was er will, und sich einfach ein entsprechendes Schild auf die Tür pickt? In diesem Zusammenhang bin ich für den Vertrauensgrundsatz dem Patienten gegenüber – nicht dem Arzt gegenüber. Der Patient muß wissen, daß "Primar" ein geschützter Titel ist, und nicht ein Titel, den man sich einfach irgendwie erwirbt. (Abg. Dr. Pumberger: Dafür bekommst du nicht einmal von der ÖVP Applaus!) Ich brauche keinen Applaus. Tatsachen müssen Tatsachen bleiben.

Zweitens: Es ist heute in der Debatte um das Thema "Heilpraktiker – ja oder nein?" und um ein entsprechendes Verbot gegangen. Sehr geehrte Frau Abgeordnete Haidlmayr! Ich schätze Sie persönlich sehr, muß aber sagen, daß ich von den mehr als naiven Äußerungen, die Sie im Ausschuß von sich gegeben haben, mehr als erschüttert war. Sie haben gesagt, man brauche ein Gesetz, das den Beruf des Heilpraktikers nicht verbietet, damit erstens die österreichischen Heilpraktiker nicht nach Passau abwandern müssen und damit zweitens die Naturheilkunde in Österreich endlich ihren Aufschwung erlebt.

Ich kann Ihnen sagen: Mit den Begriffen "Bio", "Natur" und "sanft" wird derartig viel Schindluder getrieben, daß ich Ihnen nur zu Vorsicht, Vorsicht und noch einmal Vorsicht raten kann. Es kann doch nicht so sein, daß man einen, der zehn Jahre lernt – ich persönlich bin jetzt insgesamt 20 Jahre in der Medizin tätig –, gleichstellt mit einem, der sich sein Wissen in Wochenendkursen binnen einem Jahr oder – wie ich es Ihnen dann beweisen werde – in Videokursen selbst erwirbt, der nie einen Patienten gesehen haben muß. Ich glaube, das ist grob fahrlässig – nicht den Ärzten gegenüber, das ist keine Verteidigung irgendeines Standes, sondern den Patienten gegenüber. Die Medizin und die Heilkunde wird immer komplizierter. Wir sollten eher danach trachten, Fehler bei den Ärzten auszumerzen als neue, noch größere zuzulassen.

Sie haben weiters gesagt, man müsse Seriöse von Unseriösen trennen. Das ist gar nicht die Frage. Es geht gar nicht darum, zwischen seriösen Heilpraktikern und unseriösen zu unterscheiden. Ich glaube, es stellt sich vielmehr die Frage: Wollen wir überhaupt einen neuen Beruf zulassen, in dem behauptet wird, nach einer Ausbildung, die ein Zehntel der Zeit braucht, über dasselbe Wissen zu verfügen wie andere, die auf Unis von Dozenten ausgebildet werden? Das ist die Kernfrage.

Viertens: Sie behaupten, es bestehe Bedarf. Natürlich können Sie jederzeit Bedarf schaffen. Wenn ich mir die Inserate durchlese, muß ich sagen, ich würde auch, wäre ich Berufsumsteiger – und die werden ja auch angesprochen –, eine Ausbildung beginnen. Da heißt es: Sie können Naturheilverfahren lernen, Psychotherapie, Tierheilpraktiker und Sportheilpraktiker werden. – Das österreichische Gesetz verbietet dies aufgrund eines Scharlatanerieparagraphen noch – aber das wird ja bald geändert werden.

Ich glaube, da werden Hoffnungen von Menschen, die Lastkraftwagenfahrer, Friseurinnen und so weiter sind, erweckt. Diese Leute müssen nicht unbedingt genial sein, um sich irgendwelche telepathischen Heilkünste erwerben zu können, sondern es werden schlicht und einfach irgendwelche Leute angeworben, eine sehr, sehr teure Ausbildung zu machen. Das sollte man nämlich auch einmal sagen: Die Ausbildung kostet, wenn man alles zusammenrechnet, weit über 100 000 S.

Ich glaube, Frau Haidlmayr von den Grünen – sie ist leider nicht da (Abg. Dr. Graf: Dafür ist Kollege Rasinger einmal da!) –, der Bürger hat in Österreich schon einen Anspruch darauf, daß er nur von besten Leuten behandelt wird.

Wenn heute die hochgeschätzte Frau Kollegin Motter vom Liberalen Forum gesagt hat, 500 Ausgebildeten werde der Garaus gemacht und 1 000 weiteren ebenfalls und sie halte dies für übertrieben, das sei wieder ein Streit zwischen Schulmedizin und Naturheilkunde, so muß ich sagen, Frau Abgeordnete Motter: Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie das logisch durchargumentieren.

Ich werde Ihnen etwas sagen: Führen wir einmal einen Naturheilpiloten ein. Würden Sie sich in einen Jumbo setzen, der von einem im Schnellsiedekurs ausgebildeten Piloten gesteuert wird? Ich würde mich nicht in so einen Jumbo setzen, wenn ich nicht weiß, ob der Pilot überhaupt eine


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Ahnung hat, was ein Radar ist, was eine Wettervorhersage ist. Ich würde mich auch keinem derartigen Fluglotsen anvertrauen und schon gar nicht einem Rechtsanwalt.

Ich werde Ihnen sagen, was hier steht. Offensichtlich hat sich keiner die Mühe gemacht, diesen Ausbildungslehrgang zu studieren. Da steht sehr großmundig drinnen, daß man Wochenendlehrgänge besuchen kann, nämlich samstags von 9 – 13 Uhr; insgesamt dauert das zwei Jahre. Man muß also lediglich einen halben Tag pro Woche für die Ausbildung opfern. Na wunderbar, da kann ich nebenbei ruhig meinen Beruf ausüben.

Ich kann aber auch heimelig – wie es da drinnen steht – ganz einfach die Ausbildung per Video zu Hause machen. Also so etwas habe ich überhaupt noch nie gehört. Wollen Sie das wirklich als die neue seriöse Ausbildungsform propagieren, Frau Abgeordnete Motter? Ich lese Ihnen aus dem Prospekt vor, weil Sie sagen, 500 Leuten werde der Garaus gemacht – wortwörtlich habe ich das gehört. (Abg. Motter: Den Schulen wird der Garaus gemacht!)

Der Vorteil des Videostudiums – steht da drinnen – ist: Man kann sich die Unterrichtszeit selbst einteilen. Wunderbar. Zu Hause vor dem eigenen Fernsehschirm, in vertrauter Umgebung erleben Sie eine echte Unterrichtsveranstaltung. – Das heißt, wenn man sich ein Video anschaut, ist es nicht Rambo oder irgend etwas mit Arnold Schwarzenegger, sondern ein Heilpraktikervideo. Wenn man sich die ganze Videoserie kauft – die kostet über 60 000 S – und das durchstudiert hat, dann ist man Heilpraktiker. Sie glauben doch nicht im Ernst, daß das mit einem Medizinstudium vergleichbar ist? (Abg. Dr. Graf: Da muß man schon eine Prüfung einführen, und die Funktionäre nehmen sie dann gegen Entgelt ab!)

Es geht aber weiter: Wer lehrt in den Heilpraktikerschulen in Österreich? Es handelt sich immerhin um einen Konzern aus Deutschland, der nach Österreich einfach seine Aktivitäten verlagert hat, weil er wahrscheinlich, nehme ich an, keinen Verlust machen will, sondern Gewinne. Das ist legitim. Aber: Die Kosten betragen 80 000 bis 130 000 S, wenn nicht sogar mehr.

Da steht also: Die Dozenten sind entweder Heilpraktiker oder schulmedizinisches Personal – in Klammern: mindeste Qualifikation: cand. med. Wissen Sie, was ein cand. med. ist? – Das ist jemand, der noch nie einen Patienten gesehen hat, der vier oder fünf Prüfungen gemacht hat, das ist praktisch ein Studienabbrecher. Der braucht nicht einmal je einen Patienten gesehen zu haben, geschweige denn einen Patienten behandelt oder eine Krankheit diagnostiziert zu haben. – Das sind die Lehrer!

Meine Damen und Herren! Wir werden alle einmal Patienten sein – ich und Sie auch. Ich kann Sie nur anflehen: Sehen Sie ein, daß das ein Unfug ist, daß man von Leuten gelehrt wird, die nie einen Patienten gesehen haben. Und deren Schüler sollen dann Heilpraktiker werden, die dann mit dem Arzt gleichgestellt dasselbe erkennen und heilen wollen. Ich kann nur sagen: Das ist den Patienten gegenüber grob, grob fahrlässig. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wird heute sicher wieder jemand sagen: Ja, ja, das ist die Ärztelobby, und die will sich nur das Geschäft absichern. Die Vorgängerin der Frau Haidlmayr – die Grünen haben da ja wirklich eine Negativtradition – hat in der Ärztezeitung ein Interview gegeben, das wirklich mehr als bedenklich war. Sie schreibt da: Warum soll man Heilpraktiker nicht zulassen, wenn sie gewisse Standards erfüllen? – Diese Standards haben wir jetzt gesehen: cand. med., Videostudium zu Hause bei einem guten Glas Bier.

Weiters sagte sie: Der Heilpraktiker hat halt intuitive Fähigkeiten. – Ich nehme an, intuitiv bedeutet von oben irgendwo her oder durch den Polster in der Nacht. Der Arzt hat das halt leider im Studium lernen müssen, der Heilpraktiker kann intuitiv heilen und Diagnosen erstellen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. )

Wenn einem der Patient halbwegs am Herzen liegt – und wir alle werden einmal Patienten sein –, ist das sehr wichtig. Ich habe jetzt 20 Jahre mit Patienten zu tun und muß sagen, ich habe heute noch – das sage ich Ihnen ganz ehrlich – Angst vor Fehlern, die ich machen kann. Jeder Arzt macht Fehler (Abg. Dr. Pumberger: Der eine mehr, der andere weniger!) , ein Arzt, der sagt, er habe nie Fehler gemacht, lügt. Es ist nur die Frage, lieber Kollege Pumberger, wie viele


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Fehler man macht. Ich glaube, der Patient hat Anrecht darauf, daß ein Arzt fachlich so gut wie möglich ausgebildet ist, denn nur das kann vor vielen Fehlern schützen. (Abg. Dr. Pumberger: Du hast den falschen Arm eingegipst!)

In einem Zeitalter, in dem sich das medizinische Wissen alle fünf Jahre verdoppelt, glaube ich, ist es grob fahrlässig, daß man einfach sagt: Na wir machen da so eine Ausbildung nebenbei, weil die Naturheilkunde nicht richtig abgedeckt ist. Da wird zum Beispiel in dem Curriculum noch angegeben, was man alles in dem einen Jahr an den Wochenenden lernt. Da ist die Rede von Chyrotherapie – das ist manuelle Medizin, das ist das Einrichten von Gelenken. Ich habe diese Methode selbst gelernt, ich habe dazu drei Jahre gebraucht – drei Jahre! –, zusätzlich zu meiner medizinischen Ausbildung, die ich schon habe. Und ich muß Ihnen sagen: Ich bin noch immer Lernender. (Abg. Dr. Graf: Manche lernen’s nie!) Vielleicht bin ich zu bescheiden, vielleicht bin ich blöd, aber ich bin Lernender. (Abg. Dr. Pumberger: Das merkt man eh!)

Da steht weiters: Psychotherapie. Also wenn ich Psychotherapeut wäre, würde ich mich aufregen, wenn ich mir meine Kenntnisse in sechs Jahren durch Selbsterfahrung erworben habe – da muß ich gar nicht Arzt sein –, während ein anderer sich eine Video-Kassette einlegt und dann von sich behauptet, Heilpsychotherapeut oder Heilpraktiker mit Psychotherapie zu sein.

Neuraltherapie: Wenn Sie bei der Neuraltherapie wo falsch reinstechen, können Sie dem Patienten ins Grab verhelfen.

Auch wenn das noch so verlockend ist, zu jemandem hinzugehen und zu sagen: Kommt endlich von diesen Schulmedizinern weg – der Begriff "Schulmedizin" wird ja bewußt als Keule verwendet, ist ja pfui-gack – und wendet euch endlich an einen sanften Naturheiler!, muß ich Ihnen sagen, manche Methoden sind dann gar nicht sanft: wenn man erstens die Krankheit nicht oder zu spät erkennt oder wenn man sie zweitens falsch behandelt oder drittens dem Patienten vielleicht eine falsche Methode aufschwatzt, weil man sich nicht auskennt.

Ich kann diesbezüglich ein Beispiel bringen, das vielleicht mehr sagt als theoretische Worte: Meine Mutter hatte Brustkrebs. Und genau Krebspatienten sind die Patienten, die am ehesten Heilung abseits der eingefahrenen Pfade suchen, weil sie meinen, es müsse da noch etwas geben, was man tun könne. Da hat die Schulmedizin, wenn Sie so wollen, ein Defizit zu verzeichnen.

Meiner Mutter wurde jede Woche irgend etwas Neues eingeredet, von irgendwelchen gut meinenden Freundinnen, die mit irgendeiner Zeitung dahergekommen sind. Einmal war es die Saftkur, einmal war es ein spezieller Wurzeltee, einmal waren es irgendwelche geheimnisvollen Steine, die sie sich auf die Brust legen sollte. Meine Mutter war wirklich arm, sehr arm, weil sie völlig verwirrt war am Schluß, sie hat niemandem mehr geglaubt. Man braucht in einer solchen Situation jemanden, der einen durch dieses Dickicht der Verwirrung führt.

Das ist vielleicht auch eine Selbstanklage an die Ärzte, wenn Sie so wollen. Die Ärzte müssen sich an der Nase nehmen und diesbezüglich mehr tun. Ich bemühe mich auch, eine Lehre daraus zu ziehen, daß man auch in der Praxis Naturheilmethoden anbietet.

Aber es kann doch bitte nicht so sein, daß man einfach sagt: Weil ein Teil der Ärzte das noch nicht gemacht hat oder nicht machen wird, schütten wir das Kind mit dem Bade aus und machen wir die Video-Fortbildung um 130 000 S, mit Studienabbrechern als Dozenten.

Ich glaube, das kann ein verantwortungsvoller Gesetzgeber nicht unterstützen und das dann noch mit blumigen Wort wie "sanft", "Bio" und "Naturheilkunde" verbrämen.

Frau Haidlmayr! Ich schätze Sie wirklich sehr, aber ich glaube, Sie unterliegen da einem Irrtum: Nicht alles, was Natur ist, ist auch wirklich sanft. (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb möchte ich noch einmal daran erinnern, daß wir eine Verpflichtung des Staates haben, vor allem den chronisch Kranken wie Asthmakranken, Krebskranken, HIV-Patienten gegenüber, die gerne in alternative Methoden ausweichen. Es ist furchtbar genug, wenn ein Arzt da


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danebenhaut. Denken Sie nur an jenen, der vorige Woche verurteilt wurde, der HIV-Kranken irgendeinen Honig gegeben hat. Es ist furchtbar, was Herr Hamer macht. Wir brauchen diese Tragödie nicht, wir dürfen nicht durch staatlich geförderte Tragödien das Leid noch mehr erhöhen.

Deshalb komme ich zum Schluß: Ziel einer verantwortungsvollen Gesundheitspolitik von seiten der ÖVP müssen ethisch – ich betone ethisch – qualifizierte Ärzte, fachlich hochqualifizierte Ärzte sein. Wir brauchen nicht ein System, in dem neben 31 000 Ärzten auch Schmalspur-Heilpraktiker Platz haben. Ich glaube, man sollte aus Fehlern anderer Länder lernen, und deshalb gibt die ÖVP sehr wohl ihre Zustimmung zu diesem Gesetz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Am Wort ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.56

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte hat ein paar Interventionen ausgelöst, die nicht unwidersprochen bleiben können.

Ich wende mich dem Kollegen Rasinger, der eben gesprochen hat, zu: Ich verstehe zwar seinen Zugang zum Problem, ich kann ihn nachvollziehen. Er ist tatsächlich Arzt – ich benütze bewußt nicht den Ausdruck "Schulmediziner", weil ich diesen Jargon gar nicht verwenden möchte –, aber er hat hier meine Kollegin Motter in eine Position geschoben, in der sie sich nicht befindet, und daher gilt es, ihm zu widersprechen.

Die Frage, die sich im Zusammenhang mit dem Heilpraktiker stellt, ist nicht so sehr die Frage, was ich persönlich bevorzuge, wer mich behandeln soll, sondern es ist vielmehr die Frage, ob ich es für zulässig und sinnvoll halte, daß man Menschen legal arbeiten läßt, die sich der Naturheilkunde zuwenden, und ob man dem einzelnen Menschen zutraut, daß er in Eigenverantwortung entscheidet, bei wem er sich vorzugsweise ärztlichen Rat und Hilfe holt.

Man muß sich zum Beispiel nur bewußt sein, welche großen Probleme sich im Bereich der psychosomatischen Erkrankungen stellen, die von der üblichen ärztlichen Heilkunst zum Großteil ignoriert werden, weil die Zeit einfach nicht da ist, weil die Medizin sich technisiert und atomisiert hat, sich in Fachbereiche so zerlegt hat, daß der Patient wie ein Werkstück in einer großen Halle hin- und hergeschoben wird, von einem Fertigungsplatz zum anderen.

Man muß auch berücksichtigen, daß es Menschen gibt, die ganzheitlichere Zugänge wählen. Es kommt auch darauf an, daß wir den Menschen die Entscheidungsfreiheit lassen und sie nicht medizinisch bevormunden, indem wir sie zum Beispiel operieren, ohne sie darüber zu informieren, was für Folgen das haben kann.

Das sind alles Aspekte, die hier im Raum stehen, und daher verknüpfe ich diese Positionierung mit dem Aspekt der Berufshaftung der Ärzte – wir hatten das zuletzt auf der Tagesordnung. Ich sage Ihnen: Würden Sie sich im Bereich der Haftung von Menschen, die Heilberufe ausüben, genauso an der Seite der Patienten positionieren, wie Sie es jetzt hier in einer bevormundenden ärztlichen Weise gemacht haben, um die Heilpraktiker auszugrenzen, dann wäre Ihre Argumentation wesentlich glaubwürdiger. Da ginge es darum, den Patienten tatsächlich Möglichkeiten zu geben, sich im Fall ärztlicher Kunstfehler zu helfen. Das ist ein anderer Zugang. Das ist einerseits der Zugang der Eigenverantwortung und andererseits der Zugang, daß man Instrumente schafft, damit jemand, der in Eigenverantwortung vielleicht einem Visavis gegenübersitzt, das "Arzt" heißt und das ihm Schaden zugefügt hat – absichtlich oder unabsichtlich –, sich helfen kann. Das sind eben Haftungsfälle, und diesbezüglich etwas zu unternehmen wäre viel glaubwürdiger gewesen.

Außerdem möchte ich Sie noch darauf hinweisen, daß immerhin das Europäische Parlament mittlerweile die Kommission aufgefordert hat, in angemessener Frist die medizinische Ver


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sorgung in Europa völlig neu zu ordnen und dabei die Alternativmedizin gleichberechtigt zu integrieren. – Also ganz so weltfremd sind die Menschen nicht, die meinen, daß Eigenverantwortung wichtig ist und daher Heilpraktiker nicht zu verbieten sind. Es geht hier um die Frage des Verbietens.

In diesem Sinn hat sich meine Kollegin Motter positioniert. Sie hat keine Werberede für Heilpraktiker gehalten, sie hat nicht gesagt: Gehen Sie nicht zum Arzt, gehen Sie zum Heilpraktiker!, sondern sie hat gemeint, hier müsse man liberal und offen sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Da habe ich noch eine letzte Frage in dem Zusammenhang: Wo ist die Abgrenzung vom Heilpraktiker zur Homöopathie? Ist das einzige Merkmal vielleicht jenes, daß der Homöopath möglicherweise außerdem auch ein ausgebildeter Mediziner ist? Wo ist diese Abgrenzung? – Sie sehen, in dem Moment, wo man anfängt, in diesen Feldern falsch abzugrenzen, bevormundet man die Menschen und entmündigt sie.

Sosehr ich auf Ihrer Seite bin, daß es sicher gut, vernünftig und sinnvoll für den Arzt ist, über ein ausgiebiges Studium und auch eine Fachausbildung zu verfügen, sosehr sage ich Ihnen, die Fachausbildung wird nicht besser sein als die Redlichkeit des Arztes, sein Wissen auf dem Stand zu halten. Und Sie werden mir nicht widersprechen können, daß es hinlängliche Beispiele dafür gibt, daß ein einmal niedergelassener Arzt dann nur mehr vor sich hin ordiniert und keineswegs sein Fachwissen auf dem letzten Stand hält. Wie wollen Sie dann mit solchen Problemen umgehen? Vielleicht, indem Sie ihm plötzlich nach Gutdünken die Befugnis für die Praxisausübung wieder entziehen? – Ich meine, man muß hier mehr Mut zum Risiko und mehr Mut zur Eigenverantwortung haben.

Ein zweiter Aspekt, dem ich mich noch einmal zuwenden möchte, sind die Gruppenpraxen. Und hier knüpfe ich noch einmal an den Vorrednern an, die gemeint haben: Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger hat das verhindert! Jetzt frage ich Sie: Kann der Hauptverband etwas verhindern, wenn der Gesetzgeber sich nicht schrecken läßt? Denn an und für sich geht es darum, daß wir in den Gesetzen eine Bestimmung brauchen, wonach Gruppenpraxen erlaubt, zulässig sind. Wir wissen, sie sind sinnvoll. Und nur weil der Hauptverband damit keine Freude hat, trauen wir uns nicht, das zu beschließen? Das kann ja nicht der Grund sein! Der Grund ist vielmehr ein falsches Verständnis von Sozialpartnerschaft.

Ich sage Ihnen: Sie haben ein falsches Verständnis von Sozialpartnerschaft. Wenn der Hauptverband meint, er hat Bedenken, dann ist das ernst zu nehmen und darüber zu diskutieren, aber das kann doch nicht der Grund sein, eine vernünftige Einrichtung nicht zu beschließen, noch dazu, wo Vertreter der ÖVP hier ausführlich gesagt haben, sie sind für die Gruppenpraxen. Wir sagen, wir sind für die Gruppenpraxen. Die Freiheitlichen sagen, sie sind für die Gruppenpraxen. Bitte, das ist eine Mehrheit. Sich dann nur deswegen, weil der Hauptverband das nicht möchte, nicht einmal trauen – das ist schlecht, denn das heißt nämlich in Wirklichkeit Selbstlähmung.

Überlegen wir einmal, warum der Hauptverband dagegen ist. Ich sage es Ihnen, es ist ganz einfach: Er hat Angst, daß die Gruppenpraxen effizienter sein werden als die Krankenkassenambulatorien – Grund eins. Zweitens: Er befürchtet, daß die dadurch verbesserte extramurale medizinische Versorgung mehr Kosten verursachen wird, und freut sich nicht darüber, daß gleichzeitig Kosten in den stationären Bereichen eingespart werden, weil das Krankenhaussystem so verquer ist und weil außerdem die Sozialversicherungsträger teilweise selber Krankenhäuser betreiben. Und wer wird sich selber sein Geschäft ruinieren?

Das ist übrigens ein Beweis mehr, daß es nicht gut ist, wenn Sozialversicherungsträger selber Krankenhäuser betreiben und selber Ambulatorien haben, weil sie dann auf einmal in einem Interessenkonflikt sind: Wer ist stärker: Ich oder Ich? Das ist schlecht und ein Grund, noch mehr die Gruppenpraxen zu fordern, zumal jeder weiß, daß eine verbesserte medizinische Versorgung durch Gruppenpraxen gleichzeitig langfristig geringere Kosten des Gesamtsystems bedeutet, aufgrund größerer Heilungschancen, kürzerer Krankenstände, früherer Erkennung und so weiter. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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Ich weiß, weil ich nicht naiv bin, daß die Anträge, die hier gestellt wurden, die Gruppenpraxen doch mit einer gesetzlichen Basis auszustatten, heute wahrscheinlich keine Mehrheit finden werden, aber man wird halt unverdrossen immer wieder diese Anträge stellen müssen, und vielleicht springt doch einmal die Mehrheit der frei gewählten Abgeordneten hier über den eigenen Schatten und entschließt sich zu sagen: Hauptverband, deine Sorgen verstehen wir, die diskutieren wir dann, wenn wir die Gruppenpraxen haben. Dann wird es auch um spezifische neue Kassenverträge vielleicht gehen. Da wird der Hauptverband sehr stark sein. Aber es wird die Gruppenpraxen vielleicht möglich machen, ohne daß diese Kassenverträge schon adaptiert sind. Es wird möglich sein, wenn man will. Und wenn man der Meinung ist, der Patient steht im Mittelpunkt, dann gibt es überhaupt kein Argument gegen Gruppenpraxen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Mag. Guggenberger. – Bitte.

12.05

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will dem Herrn Kollegen Ausschußvorsitzenden ja nicht mehr Aufmerksamkeit zuteil werden lassen, als ihm eigentlich zusteht, aber zu einem muß ich schon ein Wort verlieren. Er hat sich hier herausgestellt und gemeint, dieser Kollege Guggenberger habe bei der letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses etwas Ungeheuerliches gemacht: nämlich ihm – dem Herrn Ausschußvorsitzenden – Redeverbot erteilt. (Abg. Dr. Pumberger: Wollen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf ganz kurz berichten, wie sich das wirklich abgespielt hat, damit alle Mitglieder des Hohen Hauses seine Ausschußvorsitzführung bewerten können: Kollege Pumberger pflegt sich bei Debatten im Ausschuß als Vorsitzender in der Regel als erster das Wort zu erteilen und dieses Wort dann auch sehr ausführlich zu behalten. (Abg. Aumayr: Na und? Selbstverständlich! Lesen Sie die Geschäftsordnung!)

So hat er sich in der letzten Sitzung beispielsweise bei beiden Materien gleich als erster gleich in die Rednerliste eingetragen, und hat dieses Wort zehn bis zwölf Minuten nicht mehr abgegeben. (Abg. Aumayr: Na und?)

Ich habe mir dann das Recht herausgenommen, das zu kritisieren und zu sagen: Herr Abgeordneter Pumberger! Ich gehöre diesem Haus schon einige Jahre hindurch an, habe schon viele Ausschußvorsitzende erlebt und darf mir im Sinne einer kollegialen Anregung – so habe ich das formuliert – erlauben, Sie darauf hinzuweisen, daß Ihre Ausschußvorsitzführung beziehungsweise das sich Eintragen in die Rednerliste als erster nicht im Einklang mit den parlamentarischen Usancen steht.

So nobel und so zurückhaltend habe ich das formuliert, und ich darf feststellen, daß das zu Applaus aller anderen Abgeordneten geführt hat. Offenbar habe ich den Nagel auf den Kopf getroffen! (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Ich darf Ihnen sagen: Der Gesundheitsausschuß würde sich eine andere Vorsitzführung verdienen. Aber das ist eine Frage, die Ihre Fraktion zu klären hat. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein paar Bemerkungen zu dem Thema, das die Debatte in den letzten Minuten dominiert hat, nämlich zum Thema Heilpraktiker. Auch ich halte es für notwendig, richtig und wichtig, daß wir hier im Sinne des Konsumentenschutzes jenen einen Riegel vorschieben, die den Leuten vorgaukeln: Setzt 100 000 oder 150 000, setzt 200 000 S ein, und ihr werdet in Kürze – weil Österreich ja EU-Mitglied ist, so heißt es in den Inseraten – die Möglichkeit haben, den Beruf des Heilpraktikers in Österreich auszuüben!

Das wird unterstellt und das wird vorgegaukelt, obwohl all diese Inserenten, die Vertreter dieser Schulen wissen müssen, daß dem nicht so ist und daß aufgrund der aktuellen gesundheits


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politischen Diskussion nicht damit zu rechnen ist, daß es in der nächsten Zeit zu einer Anerkennung dieser Schulen kommen wird. Ich halte dieses Verhalten aus der Sicht des Konsumentenschutzes, aus der Sicht der Redlichkeit dem Bürger, dem Konsumenten gegenüber im höchsten Maße für unredlich, und ich bin daher sehr dafür und begrüße es außerordentlich, daß diesem Verhalten hier ein Riegel vorgeschoben wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber eines auch nicht verhehlen: Die Patienten empfinden gelegentlich, daß schulmedizinische Behandlung gleichzusetzen ist mit einem Defizit an Menschlichkeit, mit einem Defizit an Gefühl, mit einem Defizit an Zuwendung. Das ist doch bitte der Boden, auf dem die Skepsis gegen Schulmedizin wächst. Auch das müssen wir eingestehen, und auch hier ist der Hebel anzusetzen.

Wir brauchen sicher keine Kurpfuscher, wir brauchen sicher keine obskuren Heilversprechen, wir haben genug zu leiden unter dem politischen Obskurantismus, den es in diesem Lande gibt. (Abg. Dr. Frischenschlager: Reichlich!) Wir brauchen einfühlsame Zuwendung, wir brauchen Menschlichkeit! Aber diese einfühlsame Zuwendung und diese Menschlichkeit und dieses Eingehen auf die Nöte des Menschen, das müßte durch voll ausgebildete medizinische Professionisten erfolgen. (Abg. Dr. Krüger: Die Menschlichkeit haben wir gestern von dir vermißt!) Das ist der Standpunkt, den wir in diesem Zusammenhang haben. Und dazu wird hoffentlich auch die Reform des Medizinstudiums beitragen.

Ich möchte auch nicht verhehlen, daß es eine Entwicklung gibt, der wir durchaus mit Sympathie gegenüberstehen. Während sich früher Schulmedizin und naturheilkundliche Verfahren als Feinde unversöhnlich gegenübergestanden sind, gibt es nun Annäherungen – nicht zuletzt die Frau Bundesministerin war in diesem Bereich sehr bemüht.

Es gibt in allen Ärztekammern – weil ich dort oben auf der Galerie den Herrn Kammeramtsdirektor sehe – meines Wissens Referate für Komplementärmedizin. Es hat unlängst der Oberste Sanitätsrat einen Arbeitskreis eingerichtet, der unter der Vorsitzführung des Innsbrucker Pharmakologen Dr. Hans Winkler steht. In diesem Arbeitskreis wird versucht, ein Gespräch zwischen der sogenannten Schulmedizin und den Naturheilkundlern herbeizuführen.

Das Ziel dieses Gespräches, das natürlich ein langer Prozeß sein wird, ist es, Feindbilder abzubauen, die Spreu vom Weizen zu trennen, zu schauen, was können wir in der Schulmedizin einbringen, was die Naturheilkunde längst kann. Ich glaube, daß das ein sehr wichtiges, sehr ambitioniertes, sehr ehrgeiziges Unterfangen ist. Das Ziel ist es, Feindbilder abzubauen, denn sie nützen niemandem, am allerwenigsten dem Patienten – und nur um den Patienten muß es uns letztlich gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Dr. Krüger. – Herr Abgeordneter, ich erteile es Ihnen.

12.12

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eingangs meiner Wortmeldung kurz auf Herrn Kollegen Guggenberger und seinen Debattenbeitrag über die Vorsitzführung im Gesundheitsausschuß eingehen.

Ich habe mir von meinem Kollegen Dr. Pumberger die Mitschrift besorgt und festgestellt, daß Sie im Gesundheitsausschuß allen Ernstes die Auffassung vertreten haben, der Vorsitzende des Ausschusses möge sich doch mit dem Moderieren des Ausschusses zufriedengeben und nicht reden. (Abg. Mag. Guggenberger: Nicht nur!)

Sie bestätigen jetzt diesen Sachverhalt. Herr Kollege Guggenberger! Ich darf Ihnen sagen, da haben wir einen unterschiedlichen Zugang zu den parlamentarischen Instrumentarien. Ein Vorsitzender hat doch selbstverständlich das Recht und sogar die Pflicht, wenn er es für notwendig erachtet, in der Sache Ausführungen zu treffen. (Abg. Mag. Guggenberger: Er muß sich aber nicht als erster zu Wort melden!) Ja, wollen Sie denn einen Vorsitzenden entmündigen? (Abg.


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Mag. Barmüller: Bei manchen Vorsitzenden wäre es angebracht!) Der Vorsitz ist die wichtigste Funktion im Gesundheitsausschuß – und Sie verlangen, daß er sich reduziert auf eine Moderation? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Herr Kollege Guggenberger! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich muß Ihnen eines sagen: Es ist doch überhaupt nichts dagegen einzuwenden, daß sich der Vorsitzende des Ausschusses auch als erster, wenn es notwendig ist, in die Rednerliste einträgt. Herr Kollege Guggenberger! Ihre Parteikollegin, die Frau Minister, steht doch klarerweise in engstem Kontakt zum SPÖ-Klub. Sie würden doch in Wahrheit gar keinen Ausschuß brauchen, denn das ist doch alles akkordiert. Die Fragen, die die Abgeordneten der Regierungsparteien dort stellen, sind doch bestenfalls als Alibifragen zu qualifizieren. Da ist es doch nur logisch, daß sich ein Gesundheitspolitiker der Opposition, der noch dazu Arzt ist und von der Sache viel mehr versteht als die meisten, die im Gesundheitsausschuß sind, sich zu Wort meldet. (Abg. Mag. Guggenberger: Das kommt aber sehr selten zum Ausdruck!) Das ist doch überhaupt keine Frage. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lukesch: Herr Kollege Krüger! Im Wissenschaftsausschuß machen Sie das vornehm zurückhaltend!) Ich danke für die Blumen. (Abg. Mag. Guggenberger: So wollen wir das!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Arzneimittelgesetz beziehungsweise zur Arzneimittelgesetz-Novelle: Ich darf Sie daran erinnern, daß das Arzneimittelgesetz 1982 hier im Hohen Haus beschlossen wurde und 1983 in Kraft getreten ist. Das wesentlichste Ziel des Arzneimittelgesetzes bestand darin, eine fundierte Gesetzesmaterie zum Schutz der Volksgesundheit zu schaffen. Ich darf allerdings dazu sagen, daß die Art der Gesetzwerdung, wie sie hier im Zuge der geplanten Arzneimittelgesetz-Novelle stattgefunden hat, einer Kritik zu unterziehen ist, nämlich deshalb, weil die Regierungsvorlage, der Ministerialentwurf ordnungsgemäß in Begutachtung gegangen ist, es aber dann umfangreiche Abänderungen gegeben hat, die nicht wieder den beteiligten Interessenverbänden und den beteiligten Experten zur Begutachtung vorgelegt wurden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch das ist ein unterschiedlicher Zugang zu einem Gesetz. Ich sage es noch einmal: Das Arzneimittelgesetz ist ein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste Gesetz zum Schutz der Volksgesundheit, und ich erachte es als einen fahrlässigen Umgang des Gesetzgebers beziehungsweise der Ministerialbürokratie, eine derart wichtige Gesetzesmaterie an der Begutachtung vorbeizuschwindeln, zumindest was die Abänderungen gegenüber dem Erstentwurf betrifft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Arzneimittelgesetz 1983 wurde ein einheitlicher Arzneimittelbegriff geschaffen – das war damals das Wesentliche des Gesetzes –, ein einheitlicher Arzneimittelbegriff, der einerseits eine objektive und andererseits eine subjektive Begriffbestimmung beinhaltet.

Was heißt das? Ein Arzneimittel ist primär dann ein Arzneimittel, wenn es arzneiliche Wirkung entfaltet. Das ist der Arzneimittelbegriff im objektiven Sinn. Aber es wäre natürlich zuwenig, nur diejenigen Arzneimittel dem Arzneimittelgesetz zu unterstellen, die diese objektiven arzneilichen Wirkungen hervorrufen. Denn dann bestünde die Möglichkeit, dubiose Stoffe, die als Pseudoarzneimittel in den Verkehr gebracht werden, aus dem gesamten Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes herauszuschwindeln, indem man ganz einfach argumentiert, diese Stoffe erzielen gar keine arzneilichen Wirkungen.

Das war genau der Grund, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß damals der Gesetzgeber einen subjektiven Arzneimittelbegriff einführte, der darin besteht, daß auch diejenigen Stoffe, die zwar keine arzneilichen Wirkungen entfalten, denen aber der, der sie in Verkehr bringt, arzneiliche Wirkung zuerkennt – also im subjektiven Sinn –, dem Arzneimittelbegriff zu unterstellen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein weiterer gravierender Gesichtspunkt, der damals für das Arzneimittelgesetz 1983 maßgeblich war, war eine Abgrenzung zwischen Arzneimittel


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und Lebensmittel. Das ist die primäre Abgrenzung. Und dann gibt es noch einen Restbegriff, das sind die sogenannten Verzehrprodukte.

In diesem Sinn hat der Oberste Gerichtshof in Wettbewerbsprozessen, die angestrengt wurden, aber auch der Verwaltungsgerichtshof im Zulassungsverfahren die Judikaturlinie festgelegt, daß Verzehrprodukte als Restgröße neben den Arzneimitteln und Lebensmitteln Bestandteil sind. Das heißt, diese Restgrößen-Judikatur hat es in Verbindung mit der richtigen Auslegung des Gesetzes zuwege gebracht, alle Stoffe einzuordnen, je nachdem, ob sie Arzneimittel, Lebensmittel oder Verzehrprodukte sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Genau diese abschließenden Erfassung der Stoffe sehe ich durch die Regierungsvorlage, die jetzt zur Beschlußfassung ansteht, in Gefahr, nämlich deshalb, weil jetzt Stoffe, die dazu bestimmt sind, nach komplementärmedizinischen Methoden angewendet zu werden, vom Arzneimittelbegriff ausgenommen werden, sofern sie nach der subjektiven Zweckbestimmung des Veräußerers oder dessen, der sie in Verkehr bringt, nicht dazu dienen, heilende Wirkung zu erzielen – es sei denn, es handelt sich um Stoffe, die nach homöopathischen Grundsätzen und Verfahrenstechniken hergestellt sind.

Das bedeutet aber, meine Damen und Herren, einen Bruch der Judikatur und des Grundsatzes, daß früher alle Stoffe entweder Arzneimittel, Lebensmittel oder Verzehrprodukt sind – jetzt kommt eine weitere Begriffsbestimmung dazu. Und ich kann Ihnen eines garantieren: nämlich daß gerade diese Frage, ob hier eine derartige zweite Restgröße vorliegt oder nicht, Anlaß sein wird, den Obersten Gerichtshof in Wettbewerbsprozessen beziehungsweise den Verwaltungsgerichtshof in Zulassungsprozessen zu befassen.

Ein weiterer Kritikpunkt, den ich hier anzubringen habe, ist der, daß man, wie ich bereits erwähnt habe, diese paramedizinischen Produkte einerseits durch die neueingeführte Ziffer 9 aus dem Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes herausnimmt, andererseits nimmt man sie zwei Seiten weiter wieder hinein. Darauf hat einer meiner Vorredner, Kollege Pumberger, zutreffend hingewiesen. Einerseits werden sie ausgenommen, sind sie keine Arzneimittel, auf der anderen Seite werden sie aber im § 11c des Arzneimittelgesetzes wieder hereingenommen. Das heißt, diejenigen homöopathischen beziehungsweise teilweise paramedizinischen Stoffe, die als sogenannte Arzneispezialität in Verkehr gebracht werden, werden wieder mit einbezogen, unterliegen einem eigenen Zulassungsverfahren, das allerdings darin besteht, daß, wenn das Bundesministerium keinen Untersagungsbescheid erläßt, diese Stoffe dann auch tatsächlich zugelassen werden.

Frau Bundesministerin! Ich kann Ihnen eines garantieren: daß Sie sich einer großen Anzahl von Anträgen gegenübersehen werden, und ich bin gespannt, wie dieser bürokratische Aufwand dann tatsächlich bewältigt wird. Ich vermute vielmehr, daß dieser Arbeitsaufwand, dieses Pensum gar nicht bewältigt werden kann, was allerdings, Frau Bundesminister, dann zur Folge hat, daß diese teilweise paramedizinischen Stoffe dann automatisch zugelassen sind, weil kein Untersagungsbescheid ergangen ist. Genau darin sehe ich die Gefahr. Mit Recht hat Dr. Pumberger darauf verwiesen, daß die Hersteller derartiger Stoffe naturgemäß beim Inverkehrbringen die Tatsache der Nichtuntersagung durch das Ministerium als Verkaufsargument verwenden werden. Sie werden das dann, wie bereits erwähnt wurde, auf der Verpackung vermerken, wie etwa: zugelassen nach § 11c des Arzneimittelgesetzes, ohne daß ein genaues Begutachtungsverfahren stattgefunden hat, weil, wie bereits erwähnt, die Zulassung automatisch gilt – es sei denn, es würde ein derartiger Untersagungsbescheid tatsächlich erlassen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch ganz kurz Stellung nehmen zur Debatte über die Heilpraktiker. Mit Recht wurden hier Eigenverantwortung und Selbstverantwortung des Patienten eingemahnt. Das ist überhaupt keine Frage. Allerdings wurde übersehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß es eine Vielzahl von Scharlatanen gibt, die die oft aussichtslose Lebenssituation schwer erkrankter Menschen ausnützt, um mit der Hoffnung üble Geschäfte zu machen.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist genau das Entscheidende, und das ist auch der Grund, wieso die Freiheitlichen gegen die schrankenlose Einführung des Heilpraktikerberufes in Österreich auftreten. Wollen wir, meine sehr geehrte Damen und Herren, deutsche Verhältnisse? Lesen Sie die deutschen Illustrierten, in denen steht: Wollen Sie Heilpraktiker werden? In sechs Monaten können Sie Heilpraktiker werden. – Diese Leute werden dann losgelassen auf die Patienten, die oft keine andere Wahl mehr haben und sich beengt sehen in ihrer Entscheidung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt nun einmal leider eine Vielzahl von Erkrankungen – leider Gottes! –, die nicht geheilt, bestenfalls gelindert werden können, und naturgemäß ist der Mensch, der an einer derartigen Erkrankung leidet, dann geneigt, andere Wege der Behandlung zu suchen, und er ist natürlich ein willkommenes Opfer dieser Scharlatane. Daher finde ich es durchaus richtig, daß wir bei dieser Regelung bleiben und die Heilpraktiker in Österreich nicht auf die Patienten loslassen.

Das ist aber kein Werturteil oder eine Abqualifizierung der Alternativmedizin, absolut nicht: die Homöopathie ist sicher im Kommen, das ist überhaupt keine Frage. Es ist noch vieles unerforscht, und wir wissen über die Homöopathie noch nicht viel, aber es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn die Behandlung unter der Verantwortung eines Arztes stattfindet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Überhaupt keine Frage: In jedem Berufsstand gibt es schwarze Schafe – es wurden bereits einige Prozesse hier angedeutet, die derzeit von den Gerichten abgeführt werden. Alles wird man nie in den Griff bekommen, aber denken Sie daran, daß der Ärzteberuf in Österreich noch immer jener Beruf ist, der der angesehenste ist. Ich will hier gar nicht darüber reden, wo der Politikerberuf im Ansehen der Leute steht, schon im eigenen Interesse. Aber der Ärzteberuf ist nun einmal ein sehr angesehener Beruf, und die Menschen in Österreich bringen den Ärzten große Hoffnungen, große Erwartung und großes Vertrauen entgegen, und dieses Vertrauen sollte nicht zerstört werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.28

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Kollege Pumberger hat seine Wortmeldung mit einem Angriff auf den Gesundheitssprecher unserer Partei begonnen und von einer Entgleisung gesprochen. (Abg. Dr. Pumberger: Gerechtfertigt, bitte! Aber sehr gerechtfertigt!)

Kollege Pumberger! Sie haben sich heute hier eine Entgleisung geleistet, und zwar mit folgenden Worten: Kein Ausschußmitglied hat sich mit diesen beiden Regierungsvorlagen beschäftigt. (Abg. Mag. Stadler: Was ist da eine Entgleisung?) – Ich darf Sie berichtigen: Wir haben uns damit beschäftigt! Ich finde diese Aussage ungeheuerlich, sie ist eine Abqualifizierung aller anderen Mitglieder des Gesundheitsausschusses, und ich weise sie mit Entschiedenheit zurück. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Was pudeln Sie sich so auf? Hat Ihnen das Mittagessen nicht geschmeckt?)

Ich darf aber gleich auf meinen Vorredner eingehen. Er hat gemeint, ein Arzt versteht im Gesundheitsausschuß mehr als ein anderer. Ich weiß nicht, Kollege, wir reden hier von der Juristerei. Ich weiß nicht, ob ein Arzt unbedingt mehr versteht als ein Jurist, gerade wenn es sich um so eine komplizierte Materie handelt wie das Arzneimittelgesetz. Ich werde es dann noch beweisen, Kollege Pumberger. (Abg. Dr. Graf: Juristen und Arbeitskämmerer verstehen davon überhaupt nichts!)

Sie, Kollege Pumberger, haben in Ihrer Wortmeldung mehrfach diese Regierungsvorlage angegriffen, ich kenne ja Ihre Wortmeldungen bereits aus dem Gesundheitsausschuß. Gestatten Sie, daß ich auf einige Ihrer Punkte eingehe, man kann sie einfach nicht im Raum stehenlassen. (Abg. Mag. Stadler: Wie heißen Sie eigentlich? Den kennt man ja gar nicht!)


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Hohes Haus! Es dürfte anscheinend jetzt die Linie der FPÖ sein, alles, was aus Brüssel kommt und in nationales Recht umgesetzt werden soll, als schlecht zu beurteilen.

Es geht hier um die Frage der Zulassungsverfahren, nämlich: Welche Möglichkeiten – und diese Frage, Kollege Pumberger, haben Sie sich überhaupt nicht gestellt (Abg. Dr. Graf: Gemeinschaftspraxen!) – hat Österreich, bei diesen zentralen wie auch dezentralen Zulassungsverfahren mitzuwirken? – Sie dürfen nämlich eines nicht vergessen: daß sowohl beim zentralen als auch im dezentralen Zulassungsverfahren in der Europäischen Arzneimittelagentur Österreicher dem Ausschuß für Humanarzneimittel und dem Ausschuß für Veterinärarzneimittel angehören und dort mitarbeiten. Wir bekennen uns zu dieser europäischen Mitarbeit. Bei Ihnen sieht man, daß Sie diese Mitarbeit in Europa ablehnen.

Der zweite Punkt, Kollege Pumberger: Sie kritisieren, daß bei der Personenschadenversicherung Schäden aufgrund von Veränderungen des Erbmaterials in Zellen der Keimbahnen ausgenommen sind. Und jetzt darf ich als Jurist zitieren (Heiterkeit bei den Freiheitlichen) :

"Genetische Schäden gelten weltweit als nicht versicherbar. Sie sind bereits nach der derzeitigen Rechtslage von der Versicherungspflicht ausgenommen. Die nunmehrige Änderung stellt keine neue Ausnahme dar, sondern im Gegenteil eine Einschränkung der bestehenden Ausnahme. Es sollen in Hinkunft nicht mehr alle genetischen Schäden von der Versicherungspflicht ausgenommen werden, sondern" – und das ist das Entscheidende – "nur mehr solche aufgrund von Veränderungen des Erbmaterials in Zellen der Keimbahnen." (Abg. Mag. Stadler: Was heißt das jetzt medizinisch?)

Wir reden jetzt über die Versicherungspflicht, Kollege Stadler; wir können später dann auch über die medizinischen Kriterien reden. (Abg. Mag. Stadler: Sie haben ja gesagt, Sie kennen sich aus!) Das habe ich nicht behauptet, daß ich mich im medizinischen Bereich auskenne. Ich bekenne mich aber als Jurist dazu, mich mit der Juristerei auszukennen, und das genügt mir. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Was heißt das jetzt medizinisch?)

Kollege Pumberger! Sie haben hier einen Abänderungsantrag vorgelegt, den wir in dieser Form ablehnen müssen. (Abg. Mag. Stadler: Wie begründen Sie das: medizinisch oder juristisch?) Ich habe ihn mit Genugtuung gelesen und habe festgestellt, daß Sie im Punkt h für eine Liberalisierung eintreten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf vorlesen: "Die Abgabe von Ärztemustern, von Arzneispezialitäten, die Suchtstoffe enthalten, ist verboten."

Nun haben wir bereits eine derartige Regelung im § 58 Arzneimittelgesetz. Ich zitiere aus diesem Gesetz: "Diese Muster dürfen auch von den Empfängern nur unentgeltlich weitergegeben werden. Die Abgabe von Ärztemustern, von Arzneispezialitäten, die psychotrope Substanzen oder Suchtstoffe enthalten, ist verboten." (Abg. Mag. Stadler: Wie heißt das?)

Welche Positionen vertreten Sie jetzt in der Diskussion zum Suchtmittelgesetz, Kollege Pumberger? Treten Sie auch hier für eine Liberalisierung ein? (Abg. Mag. Stadler: Er vertritt die medizinische Position!) Ich kenne hier ganz andere Wortmeldungen Ihrer Fraktion. (Abg. Dr. Graf: Der Pumberger vertritt das Volk und Sie die Kammer!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie, daß ich auf einen anderen Aspekt eingehe, nämlich auf den Aspekt des Versandhandels mit Arzneimitteln. Wir stehen derzeit vor der Situation, daß bereits über Internet Medikamente erworben werden können. So wirbt beispielsweise ein Londoner Versandhandel mit Adresse in Düsseldorf für in Europa, Korea und Brasilien hergestellte Präparate, darunter Psychopharmaka und Hormonpräparate, die dann auf dem Postweg aus Amsterdam geliefert werden. Testbestellungen deutscher Verbraucherorganisationen haben ergeben, daß bei solchen Lieferungen die Verfallsdaten teilweise schon überschritten und manche der beiliegenden Informationen unzutreffend bis gefährlich waren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß wir weiterhin beim Verbot des Versandhandels bleiben, wir aber auch das geplante Teleshopping für Arzneimittel, das gerade von der Industrie gefordert wird, mit allem Nachdruck ablehnen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben aber auch ein Problem mit Arzneimitteln, die illegal in Österreich in Verkehr gebracht werden. Sie kennen die Art und Weise, wie gewiefte Geschäftemacher vorgehen: Es gibt Inserate, Flugblätter, in denen "Wunderheilmittel" angeboten werden. Es kann telefonisch bestellt werden oder über ein Postfach. Das Postfach ist meistens in Vorarlberg, die Postfachfirma befindet sich in der Schweiz, die wirkliche Firma jedoch in der Karibik, die Hintermänner in Liechtenstein oder ebenfalls in der Schweiz. Es geht schlichtweg um die Frage, wie wir dieses Millionengeschäft, das zu Lasten der österreichischen Verbraucher geht, unterbinden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da gibt es im Vollzug einige Defizite. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, wir daß es trotz zielgerichteter Regelungen, wie beispielsweise dem Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln, keine gaunersicheren Gesetze gibt.

Unsere Aufgabe als Gesetzgeber wird daher darin bestehen, die Vollzugsbestimmungen, insbesondere bei der Ahndung und Verfolgung verwaltungsstrafrechtlicher Tatbestände sowie der Durchsetzung von behördlichen Entscheidungen, zu evaluieren. Dies werden wir beispielsweise im Zuge der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie in das österreichische Recht tun.

Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, hoffen wir, einen weiteren Beitrag zur Verbesserung des Konsumentenschutzes in Österreich zu leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

12.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt noch eine Wortmeldung der Frau Abgeordneten Mag. Stoisits vor. – Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort. Bitte.

12.36

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Liebe Frau Bundesministerin! Es ist keine Wortmeldung, es ist nur die Verlesung des Abänderungsantrages der Frau Kollegin Haidlmayr, die ihn nicht verlesen hat, was ich hiermit tun möchte:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Theresia Haidlmayr zur Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1984 geändert und ein Bundesgesetz, mit dem die Ausbildung von Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt sind, bestimmten Einrichtungen vorbehalten wird (Ausbildungsvorbehaltsgesetz), erlassen wird (150 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (203 der Beilagen).

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (150 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (203 der Beilagen) wird geändert wie folgt:

Artikel II

Bundesgesetz, mit dem die Ausbildung zu Tätigkeiten, die durch Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Gesundheitswesens geregelt sind, hiezu nicht berechtigten Einrichtungen untersagt wird (Ausbildungsvorbehaltsgesetz)

wird ersatzlos gestrichen.

*****

Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

12.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Frau Abgeordnete.

Der Antrag ist jetzt verlesen und wird auch geschäftsordnungsmäßig in die Behandlung miteinbezogen. Es gibt allerdings keine Wortmeldung mehr.


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Ich schließe die Debatte.

Wünscht einer der Herren Berichterstatter ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.

Ich bitte jetzt die Plätze einzunehmen. Wir haben einige Abstimmungen durchzuführen.

Ich lasse über jeden Ausschußantrag getrennt abstimmen.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 151 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen einen Zusatz- sowie einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Anträgen betroffenen Teile, danach über diese in der Verfassung der Regierungsvorlage und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ebenfalls in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Änderung des § 58 Abs. 1 bezieht.

Diejenigen Damen und Herren, die sich für den Zusatzantrag des Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen aussprechen, ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf den Titel des Gesetzentwurfes sowie Artikel I Ziffern 5, 7, 9, 14 bis 16, 29, 56 und 57 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist die Minderheit. Der Abänderungsantrag wurde abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen und bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Teilen des Gesetzentwurfes die Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil ist mehrheitlich angenommen worden. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Vielleicht kann man wenigstens während des Abstimmungsvorganges die Unterhaltung in den Bänken etwas reduzieren.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen .

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz geändert und das Ausbildungsvorbehaltsgesetz erlassen wird, samt Titel und Eingang in 150 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes 203 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen Zusatz- und Abänderungsanträge eingebracht.


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Ferner haben die Abgeordneten Motter und Genossen einen Zusatz- und Abänderungsantrag eingebracht.

Schließlich haben die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher zuerst über die Zusatzanträge, dann über die von den Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Ziffer 5a und einer neuen Ziffer 27a zum Gegenstand hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Zusatzantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Motter und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 27a bezieht.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Ziffer 5 und Ziffer 39 bezieht.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse jetzt daher über die Ziffern 5 und 39 in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren des Hauses, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Teil des Gesetzentwurfes ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Ziffern 33 und 41 beinhaltet.

Wer dafür ist, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse jetzt gleich über die Ziffern 33 und 41 in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Wer dafür ist, möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Diese Teile des Gesetzentwurfes sind mit Mehrheit angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Motter und Genossen sowie die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen je einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung des Artikels II zum Inhalt hat.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Diese Anträge sind abgelehnt.

Ich lasse nunmehr über Artikel II in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Wer dafür ist, möge dies durch ein entsprechendes Zeichen kundtun. – Artikel II ist in der Fassung der Regierungsvorlage mehrheitlich angenommen worden.


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32. Sitzung / Seite 68

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in 150 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes.

Wer dafür ist, möge dies durch ein bejahendes Zeichen kundtun. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen .

3. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (39 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Hochleistungsstreckengesetz geändert wird (191 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (146 der Beilagen): Containersicherheitsgesetz – CSG (192 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (174 der Beilagen): Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt (193 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (175 der Beilagen): Seeschiffahrts-Erfüllungsgesetz – SSEG (194 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 95/A (E) der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung des Verkehrslärms bei den ÖBB (195 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 98/A (E) der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend die Änderung des Übereinkommens von Wien über den Straßenverkehr zwecks Schaffung international verbindlicher strenger Abgasvorschriften (196 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 13/A der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Einrichtung und Aufgaben der Post und Telekom Austria AG (Poststrukturgesetz – PTSG) 1996 (197 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nun zu den Punkten 3 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Es sind dies Berichte des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlagen


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32. Sitzung / Seite 69

Bundesgesetz, mit dem das Hochleistungsstreckengesetz geändert wird (39 und 191 der Beilagen),

Containersicherheitsgesetz (146 und 192 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt (174 und 193 der Beilagen) und

Seeschiffahrts-Erfüllungsgesetz (175 und 194 der Beilagen)

sowie über die Anträge 95/A (E) der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung des Verkehrslärms bei den ÖBB (195 der Beilagen),

98/A (E) der Abgeordneten Rosenstingl und Genossen betreffend die Änderung des Übereinkommens von Wien über den Straßenverkehr zwecks Schaffung international verbindlicher strenger Abgasvorschriften (196 der Beilagen) und

13/A der Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen betreffend Poststrukturgesetz (197 der Beilagen).

Berichterstatter zu Punkt 3 ist Herr Abgeordneter Sigl. Ich ersuche ihn, die Debatte mit dem Bericht zu eröffnen.

Berichterstatter Robert Sigl: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich erstatte den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (39 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Hochleistungsstreckengesetz geändert wird.

Bei der Auslegung des Hochleistungsstreckengesetzes ergaben sich immer wieder Unklarheiten dahin gehend, ob neben den Österreichischen Bundesbahnen und der Eisenbahn-Hochleistungsstrecken-Aktiengesellschaft auch Dritte Hochleistungsstrecken errichten können.

Der Verkehrsausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 19. Juni 1996 der Vorbehandlung unterzogen. Nach einer Debatte hat der Ausschuß den in der Regierungsvorlage enthaltenen Gesetzentwurf mit Mehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuß somit den Antrag , der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich darf Sie ersuchen, weitere Berichterstatter aufzurufen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Berichterstatter zu Punkt 4 ist Herr Abgeordneter Wallner. – Ich bitte Sie um Ihren Bericht.

Berichterstatter Kurt Wallner: Hohes Haus! Ich erstatte den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (146 der Beilagen): Bundesgesetz über sichere Container (Containersicherheitsgesetz – CSG).

Der Verkehrsausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 19. Juni 1996 in Verhandlung genommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuß somit den Antrag , der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Binder fungiert als Berichterstatterin zu Punkt 5. – Bitte, Frau Abgeordnete.


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32. Sitzung / Seite 70

Berichterstatterin Gabriele Binder:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erstatte den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (174 der Beilagen): Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt.

Es geht bei dieser Materie darum, daß die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet sind, einen sogenannten Abwrackfonds einzurichten.

Der Verkehrsausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 19. Juni 1996 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages der Abgeordneten Parnigoni und Kukacka mit Mehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuß somit den Antrag , der Nationalrat wolle dem dem schriftlichen Ausschußbericht angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Bericht zu Punkt 6 wird durch den Abgeordneten Dietachmayr erstattet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Berichterstatter Helmut Dietachmayr: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (175 der Beilagen): Bundesgesetz zur Erfüllung internationaler Seeschiffahrtsübereinkommen.

Österreich ist in den Jahren 1972 bis 1996 verschiedenen internationalen Übereinkommen beigetreten, wie dem Internationalen Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See, dem Internationalen Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe, dem Übereinkommen zur Verhütung von Zusammenstößen auf See, dem Internationalen Freibord-Übereinkommen und dem Internationalen Übereinkommen über Normen für die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten. Weiters wurden verschiedene EU-Richtlinien auf dem Gebiet des Seeschiffahrtsrechtes erlassen.

Der Verkehrsausschuß hat diese Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 19. Juni 1996 in Verhandlung genommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuß somit den Antrag , der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Herr Präsident! Ich bitte, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Berichterstatter zu Punkt 7 ist Herr Abgeordneter Kopf. – Herr Abgeordneter, ich bitte um Ihren Bericht.

Berichterstatter Karlheinz Kopf: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich erstatte den Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 95/A (E) der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung des Verkehrslärms bei den ÖBB.

Der Verkehrsausschluß hat den Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 19. Juni dieses Jahres in Verhandlung genommen. Der Antrag fand nicht die erforderliche Mehrheit des Ausschusses.

Abgelehnt wurde auch ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Rudolf Anschober betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung des Eisenbahnlärms.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuß somit den Antrag , der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis zu nehmen.


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32. Sitzung / Seite 71

Herr Präsident! Ich bitte, in die Beratungen einzugehen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Fink erstattet den Bericht zu Punkt 8. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Berichterstatter Ernst Fink: Herr Präsident! Ich bringe den Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 98/A (E) der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen betreffend die Änderung des Übereinkommens von Wien über den Straßenverkehr zwecks Schaffung international verbindlicher strenger Abgasvorschriften.

Der Verkehrsausschuß hat den Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 19. Juni 1996 in Verhandlung gezogen. Nach einer Debatte fand der Antrag 98/A (E) nicht die Mehrheit des Ausschusses. Auf Antrag der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Mag. Helmut Kukacka beschloß der Ausschuß mit Mehrheit, dem Nationalrat einen Entschließungsantrag betreffend Schaffung international verbindlicher strenger Abgasvorschriften für Kraftfahrzeuge vorzulegen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuß somit den Antrag , der Nationalrat wolle

1. die dem schriftlichen Ausschußbericht beigedruckte Entschließung annehmen;

2. diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Herr Präsident! Ich bitte, den letzten Berichterstatter aufzurufen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Berichterstattung zu Punkt 9 erfolgt durch Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Kaiser. – Herr Abgeordneter, berichten Sie, bitte.

Berichterstatter Dipl.-Ing. Richard Kaiser: Herr Präsident! Ich bringe den Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 13/A der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Einrichtung und Aufgaben der Post und Telekom Austria AG (Poststrukturgesetz – PTSG) 1996.

Danach sollen die Dienstleistungen der Post in drei Bereiche gegliedert und als getrennte Unternehmen geführt werden, und zwar Österreichische Telekom AG, Österreichische Post Ges.m.b.H. und Österreichische Postauto Ges.m.b.H.

Bei den Beratungen über das bereits beschlossene Poststrukturgesetz konnte dieser Selbständige Antrag nicht mitbehandelt werden.

Der Verkehrsausschuß hat den Antrag daher in seiner Sitzung am 19. Juni 1996 in Verhandlung gezogen. Nach einer Debatte, an der sich außer dem Berichterstatter noch die Abgeordneten Firlinger, Kukacka und Parnigoni beteiligten, fand der Antrag nicht die Mehrheit des Ausschusses.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuß den Antrag , der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Herr Präsident! Falls Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, auch diesen Bericht in die Beratung einzubeziehen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke allen Berichterstattern für ihre Ausführungen.

Es liegen Wortmeldungen vor.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Rosenstingl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.52

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war noch nie so deutlich wie jetzt, daß die ÖBB-Politik der Regierungskoalition gescheitert ist. Es wird derzeit nach dem Motto gewirtschaftet: Weniger Bahn um mehr Geld.


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32. Sitzung / Seite 72

Die Umstellung zahlreicher Taktschnellzüge von IC auf EC und die dadurch entstandene Zuschlagspflichtigkeit dieser Taktschnellzüge zeigt auch ganz deutlich, daß es den Österreichischen Bundesbahnen, unterstützt natürlich durch diese Regierungspolitik, nur darum geht, Geld zu gewinnen, ohne Angebotsverbesserungen durchzuführen.

Ich habe aufgrund der Ausschußberatungen den Eindruck, daß die ÖBB sich überhaupt nicht damit beschäftigen, wie man Angebotsverbesserungen in diesem Unternehmen durchführen könnte. Ganz im Gegenteil: Die Österreichischen Bundesbahnen verschlechtern laufend ihr Angebot.

Das ist die Schuld der ÖBB-Politik, das möchte ich hier deutlich sagen, und nicht vielleicht die Schuld der ÖBB-Dienstnehmer, der Eisenbahner. Ich glaube, daß die Dienstnehmer ihr Bestes geben, daß aber ganz einfach die Rahmenbedingungen nicht stimmen und daß es auch Managementfehler bei den Österreichischen Bundesbahnen gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie hilflos Sie, Herr Bundesminister, der derzeitigen Situation bei den Österreichischen Bundesbahnen gegenüberstehen, zeigt ganz deutlich, daß Sie bei den Beratungen im Verkehrsausschuß auf einige Fragen keine Antwort gegeben haben, ja nicht einmal die Auskunftsperson bei der aktuellen Besprechung, Generaldirektor Draxler, Antwort geben konnte.

Ich meine zum Beispiel, daß Sie uns die Antwort schuldiggeblieben sind, wie es mit diesem Schildbürgerstreich Fahrzeitverschlechterungen beziehungsweise Fahrplanverschlechterungen im Bereich Gerichtsberg steht. Ich habe Ihnen das ausführlich dargestellt. Es hat mir niemand antworten können, warum es dort zu diesen unsinnigen Fahrplänen beziehungsweise zu diesen unsinnigen Streckenplänen gekommen ist.

Ebenso haben Sie es verabsäumt, uns mitzuteilen, wie man sich eine Lösung der Stundenintervalle am Wochenende in verschiedenen Bereichen vorstellen kann. Die Bahn kann sich nicht, auch wenn diese Züge weniger benützt werden, verabschieden und sagen: Am Wochenende gibt es in Österreich in einzelnen Bereichen keinen Zugverkehr mehr.

Herr Bundesminister! Sie sind die Antwort schuldiggeblieben. Sie haben heute noch Gelegenheit, Antworten zu geben – ich hoffe, Sie nützen diese. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es steht aber auch in vielen anderen Bereichen sehr schlecht bei den Österreichischen Bundesbahnen. Es gibt die drei Bau- und Planungsgesellschaften, die HL-AG, die Brenner-Eisenbahngesellschaft und natürlich auch noch die eigene Abteilung innerhalb der Österreichischen Bundesbahnen. Es hat sich im Baubereich durch diese Zersplitterung überhaupt nichts verbessert, ganz im Gegenteil: Es sind Unsinnigkeiten geschaffen worden, wie zum Beispiel der Knoten Obersteiermark, was deutlich zeigt, daß die Organisation dieser drei Gesellschaften, diese derzeitige Bauplanung, nicht funktioniert.

Herr Bundesminister! Es ist wirklich bedauerlich, daß beim Knoten Obersteiermark derzeit der Galgenbergtunnel um 1,8 Milliarden Schilling gebaut wird. Dieser Galgenbergtunnel bringt keine Kapazitätsteigerungen. Er bringt ganz minimale Fahrzeitverkürzungen. Der Hochalmtunnel und der Treidersbergtunnel, würden Kapazitätsteigerungen bringen, würden Streckenverkürzungen bringen, sie werden aber nicht gebaut, obwohl zum Beispiel einer der beiden Tunnel wesentlich billiger ist als der Galgenbergtunnel.

Herr Bundesminister! Sie kennen sicher diesen kuriosen, aber leider bedauerlichen Fall beim Bahnhof Rottenmann. Hier haben Sie – nicht Sie persönlich, aber die Baugesellschaften unter politischer Aufsicht, sozusagen mit der politischen Zustimmung – einen Bahnhof in Rottenmann hingebaut, einen Bahnhof für die Schleife Selzthal. Die Peinlichkeit ist, daß die Schleife Selzthal nicht gebaut wird, und jetzt haben wir dort einen Bahnhof stehen, der nicht gebraucht wird.

Das alles ist ÖBB-Politik, Politik der sozialistischen Regierungskoalition. Sie verschwenden Millionen, Milliarden beim Bau von Bahnstrecken in Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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32. Sitzung / Seite 73

Herr Kollege Parnigoni! Sie kennen wahrscheinlich den Fall nicht, weil Sie sich nicht so mit der ÖBB beschäftigen wie ich. Daher werden Sie diese Unsinnigkeiten nicht kennen. Bahnhof ohne Schienen – wo gibt es das schon? In Österreich, bei den Österreichischen Bundesbahnen! Das ist aber der Beweis, daß unsere Forderung nach Zusammenlegung aller Planungs- und Baugesellschaften richtig ist.

Herr Bundesminister! Ich habe Sie darauf angesprochen, weil Sie selbst einmal gesagt haben, hier gehört zusammengelegt, ob Sie noch bei Ihrer Meinung sind. Ihre Antwort war geradezu lächerlich. Sie haben sagen: Wir machen irgendwelche Synergieeffekte bei den drei Gesellschaften. Unter anderem werden wir schauen, daß diese gegenseitig im Aufsichtsrat vertreten sind.

Na das wird beim Bau überhaupt nichts verbessern. Diese Gesellschaften gehören zusammengelegt. Es gehört eine leistungsfähige Gesellschaft innerhalb der Österreichischen Bundesbahnen geschaffen, weil ich schon darauf vertraue, daß man dort weiß, was man bauen will, und nicht die drei Gesellschaften, die aneinander vorbeiarbeiten, beibehalten.

Herr Bundesminister! Leider mußte ich auch zur Kenntnis nehmen, daß es keine Lösungen beim Nahverkehr gibt, obwohl diese wirklich dringend notwendig wären. Sie haben uns bedauerlicherweise mitgeteilt, daß noch immer kein Nahverkehrsfinanzierungsgesetz vorhanden ist, daß Sie nicht einmal einen Entwurf im Ministerium haben und es daher, wenn es überhaupt dazu kommt, auf jeden Fall noch lange Zeit dauern wird, bis so ein Entwurf uns hier im Parlament zugestellt wird.

Herr Bundesminister! Das ist ein Versäumnis sondergleichen! Es gibt Mängel im Nahverkehr. Sie kennen all diese Pendlergeschichten, diese Pendlerprobleme, wobei ich sagen muß: Ich persönlich habe es fast als Zumutung bezeichnet, daß uns Generaldirektor Draxler im Ausschuß erklärt hat, er startet eine Pendlerinitiative. – Ja, wir haben in den letzten Wochen erlebt, was diese Pendlerinitiative ist. Das bedeutet Verspätungen, schlechte Zugsverbindungen oder überhaupt keine Züge.

Herr Bundesminister! Ich fordere Sie daher wirklich dringend auf, endlich tätig zu werden und uns ein Nahverkehrsfinanzierungsgesetz zukommen zu lassen. Beziehungsweise, meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Vorschlag, unser Antrag auf ein Nahverkehrsfinanzierungsgesetz liegt im Ausschuß. Als Vorsitzender könnten Sie das durchaus beeinflussen. Sie könnten etwas Positives für uns in Österreich tun, Herr Kollege Parnigoni, und endlich unseren Antrag auf ein Nahverkehrsfinanzierungsgesetz im Ausschuß behandeln. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute aber einige Tagesordnungspunkte zu verhandeln, so unter anderem auch das Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt. Ich glaube, daß es eine sinnvolle Zukunftsvision wäre, wenn der Frachtbereich auf die Wasserstraße verlegt würde. Ich sehe daher dieses Bundesgesetz als wenig zielführend an, weil dadurch jede Inbetriebnahme von neuen Schiffen mit einer Strafprämie belegt würde. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Daher ist dieses Gesetz eines, das nur den Nachfolgeunternehmen der DDSG zugute kommt. Diese Nachfolgeunternehmen werden mit Abwrackprämien begünstigt. Dieses Gesetz wird keine Strukturbereinigung bringen, ganz im Gegenteil: Es verhindert den Wiederaufbau einer Donauschiffahrt, es steht im Widerspruch zu den verkehrspolitischen Zielen der Verlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsträger, und daher werden wir dieses Gesetz ablehnen.

Bedauerlich finde ich es, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß Sie im Ausschuß unseren Antrag bezüglich Bekämpfung des Verkehrslärms bei den Österreichischen Bundesbahnen abgelehnt haben. Dieser Antrag entspricht einem seinerzeitigen Dreiparteienantrag – der Sozialdemokraten, ÖVP und Freiheitlichen – aus dem Jahr 1993, der damals beschlossen wurde. Leider wurde dieser Antrag aber seit dem Jahr 1993 nicht umgesetzt, daher war die Notwendigkeit gegeben, daß wir wieder die Initiative ergreifen und diesen Antrag einbringen.


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32. Sitzung / Seite 74

Lärmschutzmaßnahmen bei den Österreichischen Bundesbahnen gehören in das Eisenbahngesetz eingebaut, Verordnungen sind da zuwenig.

Jetzt haben wir die Situation, daß bei Neubaustrecken überall kritiklos gebaut wird, aber nicht immer sinnvoll. Bei den Altstrecken funktioniert der Lärmschutz nicht umfassend. Daß aber der Lärmschutz umfassend sowohl bei Neubaustrecken als auch bei Altstrecken funktioniert, das könnte nur eine Änderung des Eisenbahngesetzes absichern. Daher haben wir seinerzeit im Jahr 1993 diesen Antrag initiiert, und es ist richtig und wichtig, daß dieser Antrag jetzt auch angenommen wird.

Wir wollen Lärmschutz dort, wo er notwendig ist. Wir wollen die Lärmbelästigung verhindern, die die Bevölkerung beeinträchtigt, und wir haben im Ausschuß aufgezeigt, was die derzeitigen Verordnungen bringen. Wir haben Ihnen gesagt, derzeit werden Lärmschutzmaßnahmen dort getätigt, wo es nicht immer sinnvoll ist. Ich darf Ihnen auch ein Beispiel bringen: Es werden jetzt auf der Neubaustrecke westlich von Melk links und rechts Lärmschutzwände gebaut. Fahren Sie einmal hin, und schauen Sie sich an, was dort ist! Dort gibt es links und rechts nichts anderes als Wiesen und Felder. – Wir schützen also mit Lärmschutzwänden dort die Tiere, die Vögel und so weiter. Das ist vielleicht auch schön, aber nicht ganz so sinnvoll. (Abg. Verzetnitsch: Das schreibt der Bürgermeister vor!) Lärmschutzwände gehören dort gebaut, wo Wohngebiete sind, wo die Bevölkerung beeinträchtigt wird. Ich habe noch nicht gehört, daß die Leute auf Wiesen und Feldern wohnen. (Abg. Verzetnitsch: Der Bürgermeister schreibt vor!) Daher glaube ich, daß das ein Mangel der Verordnungen ist. Das gehört ins Eisenbahngesetz eingebaut.

Herr Kollege! Im Jahr 1993 wollten Sie das gleiche wie wir, nämlich das ins Eisenbahngesetz einbauen. Jetzt wollen Sie es nicht mehr. Es ist leider das Problem, daß Sie nicht zu Ihren eigenen Anträgen stehen. (Beifall bei der Freiheitlichen.)

Ich glaube daher, Sie sollten sich besinnen – auch Sie machen ab und zu etwas Gutes. 1993 haben Sie etwas Gutes gemacht: Sie haben den von uns initiierten Antrag angenommen, es war ein Dreiparteienantrag. Machen Sie es auch 1996, denn alle drei Jahre können auch Sie etwas Sinnvolles machen. Stimmen Sie bitte unserem Antrag zu! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine weitere Zustimmung wäre zu unserem Antrag betreffend Änderung des Übereinkommens von Wien zwecks Schaffung international verbindlicher strenger Abgasvorschriften sinnvoll. Auch dieser Antrag wurde 1993 schon diskutiert. Sie haben damals einen völlig wirkungslosen Antrag eingebracht. Der Beweis ist erbracht, weil von 1993 bis 1996 – obwohl dieser Antrag von Ihnen beschlossen wurde, Herr Kollege Parnigoni! – in diesem Bereich nichts geschehen ist. Verkehrsminister Klima hat seinerzeit gesagt, er stehe mitten in Verhandlungen, und es werden kurzfristig Lösung zu erwarten sein. – Jetzt haben wir 1996, drei Jahre später. Jetzt gibt es Herrn Bundesminister Klima in dieser Funktion nicht mehr, aber es gibt auch noch keine Lösungen in diesem Bereich.

Es ist geradezu peinlich, wenn ich Ihnen jetzt einen Redeausschnitt vom damaligen Vorsitzenden des Verkehrsausschusses, dem jetzigen Sozialminister Hums, vorlese, der damals wortträchtig meinte: Daher ist die Richtung, die meine Fraktion und wir von der Koalition eingeschlagen haben, richtig. Wir wollen dazu beitragen, daß nicht nur für in Österreich einreisende PKWs und LKWs unsere Standards gelten, sondern in geschickten internationalen Verhandlungen, die von unseren Ministern geführt werden, erreichen, daß die Umweltstandards, die wir in Österreich haben, in ganz Europa, auch im Inlandsverkehr in den jeweiligen Staaten, zur Anwendung kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihre Minister haben nicht geschickt verhandelt, es ist gar nichts erreicht worden! (Zwischenruf des Abg. Edler. ) Sie haben versagt, Herr Kollege! Es ist in diesem Bereich überhaupt nichts erreicht worden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt bis heute keine Lösungen! Herr Bundesminister Klima hat behauptet, er verhandle gerade, und da werden Lösungen kommen. – Nichts ist geschehen! Überhaupt nichts ist geschehen, und daher ist unser Antrag richtig und wichtig! (Zwischenruf des Abg. Edler. )


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32. Sitzung / Seite 75

Unser Antrag, Herr Kollege – das werden Sie zur Kenntnis nehmen müssen –, zeigt eindeutig die Vorgangsweise auf, er zeigt eindeutig auf, welche Umweltstandards wir wollen, und er zeigt eindeutig einen Zeitablauf auf. Das, was Sie gemacht haben, ist wirkungslos. Unser Antrag – darin steht es sogar – zeigt auf, wo Sie ansetzen müßten, er ist nämlich gemäß Artikel 49 des Übereinkommens von Wien möglich und richtig.

Sie haben jetzt im Ausschuß einen Antrag eingebracht und damit eine Alibihandlung gesetzt. Ihr Antrag regelt tatsächlich überhaupt nichts. Ihr Antrag hat überhaupt keinen Zeithorizont. Sie versprechen der Bevölkerung nicht: Wir werden das kurzfristig, mittelfristig oder langfristig lösen!, Ihr Antrag hat überhaupt keinen Zeithorizont. Das verdeutlicht Ihre verwaschene Politik in diesem Bereich!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wesentliche in Ihrem Antrag sind die Fragen: Wie soll das gelöst werden? Welche Autos dürften theoretisch nicht durch Österreich fahren?

Wissen Sie, was darin steht? – Darin steht: ... sodaß eine Verweigerung der Einreise mit Kraftfahrzeugen in das Bundesgebiet nicht nur aus Gründen der schwerwiegenden Gefährdung der Verkehrssicherheit, sondern auch wegen schwerwiegender Gefährdung der Umwelt ermöglicht wird. – Bitte, was ist eine schwerwiegende Gefährdung der Umwelt? Ist eine solche gegeben, wenn auf der Strecke alle Bäume kaputt werden? Wer wird denn beurteilen, was eine schwerwiegende Gefährdung ist? Sagt dann irgend jemand an der Grenze: Ihr Auto gefährdet schwerwiegend, denn wenn Sie an einem Baum vorbeifahren, dann geht der Baum zugrunde!? – Ihr Antrag ist keine Lösung, Ihr Antrag ist verwaschene Politik, und eine solche Politik können wir aus freiheitlicher Sicht nur ablehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde Sie im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher bitten, unserem Antrag zuzustimmen, damit endlich etwas geschieht. Ich will im Jahr 1999 nicht wieder hier stehen und sagen müssen: Die Regierungskoalition hat 1996 einem verwaschenen Antrag zugestimmt, aber es ist wieder nichts geschehen! – 1999 wären es dann sechs Jahre! Bitte machen Sie im Jahr 1996 etwas! Machen Sie etwas im Interesse von Österreich! Setzen Sie sinnvolle Maßnahmen und stimmen Sie dem freiheitlichen Antrag zu! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.09

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Auf der Tagesordnung steht heute eine Reihe von Vorlagen. Darüber haben wir im Ausschuß sehr lange und intensiv verhandelt und auch – wie Herr Kollege Rosenstingl schon angedeutet hat – mit dem Generaldirektor der ÖBB Draxler eine Aussprache über aktuelle Probleme der Pendler gehabt. Ich denke, daß es eine sehr offene Aussprache war. Die Abgeordneten hatten die Möglichkeit, all ihre Fragen zu stellen, ihre Wünsche an ihn heranzutragen. Es ist hiezu auch zu sagen, daß der Generaldirektor Fehler in der Informationspolitik der ÖBB eingestanden und auch klargestellt hat, daß es Fehleinschätzungen bei der Fahrplanumstellung gegeben hat. – Das ist ein Faktum.

Meine Damen und Herren! Es ist klarzustellen, daß das die Politik der ÖBB, das ÖBB-Management zu verantworten hat. Das ist nicht eine Angelegenheit des Bundesministers, und das ist auch nicht eine Angelegenheit der Kolleginnen und Kollegen, die in diesem großen und wichtigen Dienstleistungsunternehmen tätig sind.

Es ist uns auch völlig klar, daß weder der Minister, noch der Generaldirektor bei einem Unternehmen mit mehr als 50 000 Beschäftigten – und das möchte ich ihm auch zugestehen – jedes Detail im einzelnen wissen kann.

Es ist für mich auch klar, daß natürlich jede Umstellung gewisse Schwierigkeiten verursacht. Ich denke doch, daß die ärgsten Druckpunkte etwa durch die Erhöhung des Sitzplatzangebotes von


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32. Sitzung / Seite 76

knapp 13 000 auf 17 400, also eine Steigerung um 4 500 Sitzplätze, und die nunmehr in den letzten Tagen exakte Einhaltung der Fahrpläne beseitigt sind.

Zur Frage, inwieweit die Fahrgäste – das war auch ein Thema der Aussprache – kulinarisch versorgt werden, ist festzuhalten, daß sich gerade die Kolleginnen und Kollegen der ÖBB besonders engagieren und ein entsprechendes Angebot organisiert haben, das mit der Firma Trainristo auch entsprechend verwirklicht wird.

Für mich ist sehr wichtig, festzuhalten, meine Damen und Herren, Kollege Rosenstingl, daß es gestern oder vorgestern gelungen ist, daß das Land Niederösterreich und die ÖBB zu einem Nahverkehrsvertrag gekommen sind. Vielleicht haben die Probleme der Pendler diese Verhandlungen auch ein wenig unterstützt, ein wenig Druck erzeugt. Dieser Nahverkehrsvertrag hat zum Inhalt, daß 240 Doppelstockwaggons gekauft werden, woran sich das Land mit etwa 50 Prozent der Kosten beteiligt. Diese Doppelstockwaggons werden mehr oder weniger auf allen wichtigen Pendlerstrecken eingesetzt – von Wien bis Amstetten, bis Payerbach auf der Pottendorferlinie, auf den Strecken von Wien nach Mistelbach, nach Bernhardsthal, nach Retz und – für mich wichtig – auch auf der Strecke ins Waldviertel, also etwa nach Krems, nach Sigmundsherberg und Gmünd.

Zusätzlich hat das Land Niederösterreich weitere 120 Millionen Schilling jährlich als Abgeltungbetrag für defizitäre Nebenbahnen zur Verfügung gestellt und somit ist in diesem Vertrag auch die Sicherung der 26 – das ist eine hohe Zahl – niederösterreichischen Nebenbahnen verankert.

Meine Damen und Herren! Ich stehe nicht an, dem Land Niederösterreich zu bestätigen, daß er über seinen Schatten gesprungen ist. Die Achse zwischen Landeshauptmann Pröll und Landeshauptmann-Stellvertreter Höger in Niederösterreich hat ein solches Ergebnis zustande gebracht.

Für mich ist jetzt wichtig, daß nunmehr an die anderen Landeshauptleute und deren Stellvertreter die dringliche Bitte zu richten ist, sich ein wenig daran zu orientieren. Es haben das Burgenland und das Land Vorarlberg bereits solch einen Vertrag abgeschlossen. Meine Forderung geht nun an den Landeshauptmann und seine Stellvertreter in Oberösterreich – Kollege Kukacka, ich bitte Sie um Ihr besonderes Engagement – sie geht an den Landeshauptmann der Steiermark, an den Landeshauptmann von Wien, an den Landeshauptmann von Kärnten, Tirol und Salzburg, die noch in Verhandlungen stehen. Ich erhebe die Forderung, daß ähnlich wie in Niederösterreich ein vernünftiger Kompromiß gefunden wird, daß auch dort die Mittel aus der Mineralölsteuer, die die Länder nunmehr zur Verfügung haben, nicht zum Bau von Agrarwegen verwendet werden, sondern (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka ) – Kollege Kukacka, ich hoffe, daß wir beide uns diesbezüglich bei unseren Freunden durchsetzen, im wesentlichen für die Österreichischen Bundesbahnen, für den Nahverkehr eingesetzt werden, (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) – Herr Kollege, Sie verstehen das wirklich nicht!

Kollege Rosenstingl hat etwas sehr Wichtiges gesagt, darauf möchte ich eingehen: Die Frage der Nahverkehrsfinanzierung ist eine, an der zu arbeiten ist. Es müssen ein Nahverkehrsfinanzierungsgesetz und ein Nahverkehrsgesetz erlassen werden, in denen die Verbundfrage geregelt werden muß, in denen geregelt werden muß, wie der Nahverkehr organisiert wird. Es muß das Besteller-Bezahler-Prinzip umgesetzt werden, und es muß natürlich auch sichergestellt werden, daß den Bestellern die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden. (Abg. Ing. Reichhold: Aus welchen Töpfen?) Ich betone, daß das keine triviale Angelegenheit ist, sondern daß das sehr wichtige und kompetente Verhandlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden notwendig macht. Diese kompetenten Verhandlungen werden sicher jene führen, die die Verantwortung tragen, aber nicht jene, die nur versuchen, alles mieszumachen (Zwischenruf des Abg. Ing. Reichhold. )

Ihnen, Kollege Reichhold, sei gesagt: Wir verwenden derzeit 19 Milliarden Schilling für den Nahverkehr. Ich bin überzeugt davon, daß es nicht um mehr geht, sondern um einen effizienten Einsatz, um eine effiziente Verwendung der Mittel und um eine effiziente Organisation. Auch da werden wir über manche Grenzen, über manche Schatten springen müssen und die Kompetenzen zwischen Ländern, Bund und Gemeinden neu organisieren.


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Zur Debatte steht auch die Novelle zum Hochleistungsstreckengesetz. In diesem wird klargestellt, daß Hochleistungsstrecken neben der ÖBB auch von der HL-AG und innerhalb der HL-AG auch von Dritten geplant und errichtet werden können.

Es geht in Wirklichkeit darum, die Finanzierung oder Teilfinanzierung durch Dritte, also private public-partnership-Modelle, möglich zu machen und den Ausbau der Schiene zu sichern. Wir haben mit dem Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz eine wesentliche Voraussetzung dafür geschaffen. Damit werden 12 Milliarden Schilling im Jahr – 8 Milliarden für ÖBB-Projekte, 3 Milliarden für HL-AG-Projekte, 1 Milliarde für die Brennerbahn-Errichtungsgesellschaft – zur Verfügung gestellt. Ich bin auch überzeugt, Kollege Rosenstingl, daß diese drei Organisationen harmonieren, gemeinsam an einem Strang ziehen und die wichtigen Infrastruktureinrichtungen für den Betrieb der Bahn sicherstellen.

Ich möchte noch darauf eingehen, daß auch seitens der EU bei transeuropäischen Netzwerken, also auch beim Schienennetzwerk, Finanzierungen möglich sind. Ich möchte aber betonen, daß die EU-Kofinanzierung bei Investments eigentlich nur 10 Prozent ausmachen dürfte und bei Planungen bis zu 50 Prozent gehen kann. Wir Österreicher haben in den Verhandlungen einen guten Erfolg erreicht, indem wir bei der Brennerachse etwa für den Abschnitt Kufstein – Baumkirchen 1995 100 Prozent Finanzierung durch die EU sicherstellen konnten. Für 1996 haben wir 130 Millionen Ecu beantragt, um Vorhaben aus dem Protokoll 9 zum Beitrittsvertrag, der neben der Brennerstrecke auch den Tauern-, den Pyhrn-, den Schoberpaß, die Donau- und die Pontebbana-Achse sowie den Koralm-Tunnel beinhaltet, in diese Finanzierung miteinzuschließen.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Noch ein paar Sätze zum vorliegenden Bundesgesetz zur Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt, bei dem es darum geht, daß Regelungen der EU, die im besonderen am Rhein gelten, auch für die Donau Gültigkeit erhalten sollen. Wichtig ist es für uns deshalb, weil gerade die Gütertransportentwicklung mit Binnenschiffen auf dem österreichischen Donauabschnitt in der Westrelation steigend ist und in der Ostrelation durch die Jugoslawien-Krise schwer beeinträchtigt war. Mit der Eröffnung des Rhein-Main-Donau-Kanals hat es im Jahr 1992 und im Jahr 1993 starke Steigerungen gegeben, die Tendenz ist weiter steigend. Dadurch, daß sich die Bedingungen auch in der Ostrelation verbessern, und zwar durch die Friedenszeichen im ehemaligen Jugoslawien, werden wir auch in der Ostrelation eine positive Entwicklung sicherstellen können.

Meine Damen und Herren! Wichtig ist dabei für uns, daß damit Vorraussetzungen geschaffen werden, die der Binnenschiffahrt eine Transportmenge von etwa 10 Millionen Tonnen per anno ermöglichen. Der Kombi-Verkehr, der eine Zukunft hat, wird auch dadurch unterstützt, daß wir die Wasser-Kombi-Gesellschaft gegründet haben und daß in Österreich der Ausbau der Häfen zu Kombi-Verkehrszentren vorangetrieben wird. Das bedeutet, daß durch diese verbesserte Infrastruktur künftig erhöhte Chancen auf jene Betriebsansiedlungen am Standort Österreich gegeben sind, die den Verkehrsträger Binnenschiffahrt in ihre Transport- und Verkehrslogistik miteinschließen.

Ich möchte, da sich meine Kollegen nach mir noch intensiv mit den anderen Fragen beschäftigen werden, nur noch auf den Antrag des Kollegen Firlinger über die Errichtung und die Aufgaben der Post und Telekom AG eingehen. Ich habe gestern in einem persönlichen Gespräch versucht, ihn davon zu überzeugen, daß er diesen Antrag zurückzieht, da diese Debatte im Haus schon geführt wurde (Abg. Mag. Firlinger: Wie!) und weil es bereits ein modernes Poststrukturgesetz gibt, das wurde ja schon beschlossen.

Besonders für Kollegen Firlinger möchte ich nochmals festhalten: Dieses beschlossene Poststrukturgesetz soll der Post die Chance bieten, als Unternehmen am Markt zu bestehen; es gibt diese Chance, weil, wie wir wissen, der Telekommunikationsmarkt in den letzten drei Jahren zweistellige Zuwachsraten erzielt hat. Es ist unser Ziel gewesen, mit diesem Gesetz dafür zu sorgen, daß die Beschäftigten, die Kolleginnen und Kollegen bei der Post, nicht unter die Räder kommen, sondern im Gegenteil, dieses rapide Wachstum in diesem Sektor dazu genützt wird,


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neue, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen und für mehr Beschäftigung in diesem Bereich zu sorgen.

Ich denke, daß wir mit diesem Poststrukturgesetz einen richtigen Weg gehen, dadurch, daß wir beschlossen haben, die Post in eine Aktiengesellschaft, in eine Unternehmenseinheit mit nur einer Geschäftsführung umzuwandeln. Ich verhehle nicht, daß wir damit jene Versuche abgewehrt haben, die die Post zerschlagen und in Teilen verscherbeln wollten.

Mit dem Post-Betriebsverfassungsgesetz haben wir sichere arbeitsrechtliche Bedingungen für die derzeitigen und die zukünftigen Postler geschaffen. Es fehlt jetzt nur noch – das sei zum Abschluß angemerkt – das rechtliche Fundament, nämlich mit einer Änderung des Fernmeldegesetzes dafür zu sorgen, daß die Anforderungen der EU nach einem offenen Netzzugang erfüllt werden, und ein Postgesetz zu erlassen, das die Universaldienste, die gemeinwirtschaftlichen Leistungen und Aufgaben der "Gelben Post" – unter Anführungszeichen – klar definiert.

Hohes Haus! Kollege Firlinger! Es wäre wünschenswert, daß wir die über 50 000 Postbediensteten nicht verunsichern, sondern das künftige Management und die Kolleginnen und Kollegen einmal zeigen lassen, was sie können. Ich bin überzeugt davon, daß sie ihre Aufgaben hervorragend lösen werden und ein hervorragendes Dienstleistungsunternehmen in diesen drei Bereichen, in denen sie tätig sind, sein werden. Wir lehnen daher deinen Antrag ab. – Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren, für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich möchte nur festhalten, daß entgegen der Anzeige auf den Bildschirmgeräten Herr Abgeordneter Parnigoni 13 Minuten Redezeit verbraucht hat.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Ich erteile es ihm.

13.23

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es gäbe eine ganze Menge zu sagen. Es ist ein wahres Konvolut an Anträgen, die wir hier zu behandeln haben, aber ich möchte dennoch einige herausgreifen. Den Rest wird mein Kollege Barmüller dann noch behandeln.

Ich möchte beim Hochleistungsstreckengesetz beginnen, das heute auch mit den Stimmen der Liberalen verabschiedet werden wird. Ich möchte aber nicht anstehen, zu betonen, daß natürlich inhaltlich zwischen HL-Streckengesetz als solchem und HL-AG zu differenzieren ist. Dazu haben wir Liberale eine durchaus differenzierte Meinung.

Meine Damen und Herren! Wir haben in Österreich ganze vier – und nicht drei – Infrastrukturgesellschaften, Kollege Rosenstingl, die zum Teil planerische, zum Teil errichtende und zum Teil finanzierende Aufgaben übernehmen, nämlich den ÖBB-Infrastrukturbereich, die HL-AG, die Brenner-Eisenbahn-GesmbH als neue Gesellschaft und auch die Infrastrukturfinanzierungsgesellschaft. Das sind vier. (Abg. Mag. Kukacka: ÖBB-Infrastruktur ist keine eigene Gesellschaft!) Ich gehe der Reihe nach. Es sind vier Bereiche: drei Bereiche, die im engeren Sinn Planungsarbeit machen, und eine Finanzierungsgesellschaft. Das ist ganz klar, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren, Herr Kollege Kukacka. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. )

Rechtlich ist der Infrastrukturbereich der ÖBB dem Verkehrsministerium unterstellt, davon rechtlich ausgelagert wurde seinerzeit das Unternehmen ÖBB. Beides kann nur im Zusammenwirken funktionieren, weil es den sogenannten "Blockademechanismus" gibt. Es werden keine wichtigen Entscheidungen im Infrastrukturbereich getroffen, ohne daß der Absatzbereich mitreden kann. Das wissen Sie, meine Damen und Herren!

Zweiter Bereich: HL-AG. Hiezu gäbe es schon etwas Wichtiges anzumerken. Meine Damen und Herren! Als die HL-AG vor einigen Jahren gegründet wurde, hat man nach außen hin natürlich zu argumentieren versucht, daß das zu errichtende Hochgeschwindigkeitsnetz vom regulären Bahninfrastrukturbetrieb entkoppelt werden muß, damit sich die planenden Ingenieure sozusa


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gen losgelöst vom täglichen Ballast etwas Kreatives einfallen lassen können. Dieser Argumentation kann man grundsätzlich folgen.

Wie schaut heute, meine Damen und Herren, die Wirklichkeit aus – etliche Jahre nach der Gründung der HL-AG? – Es schaut so aus, daß HL-AG und Infrastrukturbereich, die miteinander arbeiten sollten, überhaupt nicht miteinander können, HL-AG und Bahnabsatzbereich auch nicht miteinander können und in regelmäßigen Abständen beim Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr intervenieren, weil jeder anscheinend etwas anderes will.

Da wird also intensives Lobbying betrieben, und persönliche Interessenlagen gehen anscheinend vor Sachfragen. Ich weiß das aus eigener Erfahrung, weil ich intensiv mit einigen Leuten im Gespräch bin und einiges aus dem Unternehmen höre. Jeden Tag kommt ein anderer Hochleistungsplanungsingenieur vorbei und deponiert im Ministerium seine Wünsche. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

In der HL-AG wird zum Beispiel jede Menge Aufwand betrieben. Kollege! Hör’ dir das an. Es gibt zwei Vorstandsdirektoren, ein Vorstandsbüro mit Stabsstellen, Dienstwagen, eine eigene PR-Abteilung, Informationsbroschüren, Seminare und Symposien. Da wurde ein Staat im Staate geschaffen, und dazu müssen wir Liberale sagen: Diese Entwicklung behagt uns nicht, weil die Sache auf der Strecke bleibt.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich möchte an Sie appellieren, Sie kennen die Verhältnisse. Wenn der eigentliche Auftrag nicht mehr erfüllt wird, nämlich daß sich die zwei Bahnbereiche, Infrastrukturbereiche, die planen und dann in weiterer Folge errichten sollen, sozusagen gegenseitig motivieren, damit ein maximaler Output herauskommt, dann wurde der Zweck der Unternehmensgründung wohl verfehlt.

Die Brenner-Eisenbahn-Gesellschaft ist neu, wie gesagt. Auch wir Liberale haben damals Vorbehalte geäußert, ob man tatsächlich für das Projekt "Eisenbahnachse München – Verona" über den Brenner eine weitere Gesellschaft braucht, weil die Gefahr groß ist, daß sie eines Tages eine ähnliche Entwicklung nehmen wird wie die HL-AG.

Bundesminister Klima – er war damals noch Verkehrsminister, war aber im Finanzausschuß, in dem diese Materie behandelt wurde, anwesend – hat dann damit argumentiert, daß es zu grenzüberschreitenden Planungsarbeiten, zu grenzüberschreitenden Finanzierungsaufgaben kommen wird, und zwar unter Heranziehung jener Mittel, die die Europäische Union im Rahmen des Ausbaus der Transeuropäischen Netze zur Verfügung stellen wird. Das Argument ist an und für sich einleuchtend. Doch es bleibt schon abzuwarten, was im Endeffekt daraus gemacht wird.

Eines, meine Damen und Herren, wollen wir nicht, nämlich dort wieder jahrelang Grundlagenforschung betreiben und im Endeffekt in der Sache nichts voranbringen und warten, bis irgendwer dann tätig wird oder die Aufsichtsräte verschachtelt werden. Diese Entwicklung, meine Damen und Herren, wollen wir nicht. Wir sehen einen wachsenden Nährboden für die Skepsis. Wir wollen aber auch nicht so weit gehen, daß man von vornherein sagt, sie bringen nichts zusammen. – Das war der Grund, warum wir damals zugestimmt haben.

Wir wollen den Herrn Bundesminister schon daran erinnern, diese Frage der Eventualität einer Zusammenlegung der Hochleistungsgesellschaften zu prüfen, und sich nicht damit zufriedenzugeben, daß man sagt, man verschachtelt die Aufsichtsräte. So gesehen ist unsere Kritik oder sind unsere Vorbehalte ähnlich, wie sie Kollege Rosenstingl formuliert hat.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zum zweiten Punkt kommen, der die aktuelle Situation im Zusammenhang mit der Umstellung auf die Sommerfahrpläne betrifft. Es ist auch aus meiner Sicht ein regelrechtes Chaos damals eingetreten. Angefangen hat es mit einer nicht einmal vorher ordentlich angekündigten Streichung von Zügen, dem Nichtbereitstellen ausreichender Reservekapazitäten bei den Waggons in den reduzierten Taktintervallen, dem Verzicht auf das Catering, auf den Ersatzrestaurationsbetrieb, mit irrsinnigen Verspätungen und so weiter.


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Meine Damen und Herren! Dazu kommt natürlich noch, daß den Pendlern vor nicht allzu langer Zeit erhebliche Mehrbelastungen zugemutet wurden, und zwar bei den Tarifen. Das soll nicht ganz in Vergessenheit geraten. Der ÖBB-Slogan "Bahnfahren – Nerven sparen" ist bei den Betroffenen richtig "gesessen", die haben das schon als eine leichte Art von blankem Zynismus empfunden. Auf alle Fälle hat daraus eine schwere Imagebeeinträchtigung resultiert, und die Folge waren viele Schuldzuweisungen. In Schuldzuweisungen haben sich insbesondere viele Vertreter der ÖVP hier ergangen, aber darauf gehe ich dann noch ein.

Ich möchte aber auch eines sagen: Das Zugbegleiterpersonal – das ist wichtig für Kollegen Edler – hat sich wirklich vorbildlich verhalten. Die Zugbegleiter haben sich eine Menge Zores anhören müssen, aber sie haben die Nerven nicht weggeschmissen. Wenn schon die Planer sozusagen in ein Chaos verfallen sind und eine Ho-ruck-Aktion gemacht haben, beim Zugbegleiterpersonal war das sicher nicht der Fall. Und dafür ist ihm auch zu danken! (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber auch sagen, daß die Schuld nicht nur beim ÖBB-Vorstand liegt. Es müßten etliche Entscheidungsträger ein schlechtes Gewissen haben. (Abg. Dr. Haselsteiner: So ist es!) So ist es. Nur zu sagen, da müssen wir sparen, da müssen wir Züge kürzen und so weiter und dann die Leute im Regen stehen lassen – das ist ein bißchen zu billig!

Es hat etliche Vorkommnisse gegeben, und daher war es auch richtig, Generaldirektor Draxler mit den Politikern eine Auseinandersetzung führen zu lassen. Er hat die nunmehr einleitenden Maßnahmen dokumentiert, hat auch plausibel erklärt, was in Zukunft passieren wird, und ich bin ihm dankbar dafür, weil doch einige Dinge, die im Raum standen, für die Zukunft entkräftet werden konnten.

Meine Damen und Herren! Aber die eigentliche Ursache für dieses Desaster ist woanders gelegen. Wir haben einerseits der Auftrag, zu rationalisieren, um endlich einmal von dieser horrenden Verlustsituation wegzukommen. Wir unterhalten uns jedes Jahr intensiv darüber, um dann im Prinzip achselzuckend wieder in die Bänke hinaufzugehen. Die NAT-Reduktion war eine Folgeerscheinung, und damit war auch eine gewisse Komforteinschränkung verbunden. Ich habe, wenn es richtig angegangen wird, auch Verständnis dafür, aber ich habe nicht für alles Verständnis!

Der zweite Punkt betrifft das fehlende Schienennahverkehrskonzept und vor allem dessen Finanzierung. Kollege Parnigoni! Ich bin sehr froh, daß die Niederösterreicher jetzt eine Vorleistung erbracht haben. Nach langwierigen, schwierigen Verhandlungen und nach einer manchmal recht bockigen Haltung – das muß ich auch dazusagen – unserer Damen und Herren Landespolitiker, ist es jetzt endlich gelungen, eine sinnvolle, akzeptable Lösung zu finden, die natürlich jetzt für die anderen Bundesländer Signalwirkung haben muß, sofern sie diese Aufgaben noch nicht gelöst haben.

Ich warte schon darauf, was in Oberösterreich passieren wird, weil, wie ich höre, Landeshauptmann Pühringer noch nicht sehr tief in diese Diskussion eingestiegen ist.

Natürlich kostet die Sache auch etwas. Ich möchte nicht verhehlen, daß Niederösterreich die Anschaffung der 240 Doppelstockwaggons die "Kleinigkeit" von 1,8 Milliarden Schilling kostet – das Land Niederösterreich wird schwer daran zu kauen haben, aber man wird das über die Bühne bringen – plus 120 Millionen Schilling. Das ist an und für sich der richtige Weg. Jetzt darf es aber am Bahnsektor, was die Pendler betrifft, meine Damen und Herren, keine Ausreden mehr geben. Das, was jetzt passiert ist, dieses Chaos, darf sich nicht wiederholen.

Meine Damen und Herren! Dritter Punkt, den ich anschneiden möchte. Die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs hätte man mit einer einzigen Entscheidung bewerkstelligen können, und zwar, mit der Entscheidung, auf den Semmering-Basistunnel zu verzichten und diese Mittel umzuwidmen. – Sie wissen, er kostet 11 Milliarden Schilling.


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Ich gestatte mir zu rekapitulieren: Dieser Tunnel wird uns mindestens 11 Milliarden Schilling kosten. Alle kennen die Ausführungen namhafter Gutachter dazu. Ich brauche darauf nicht näher einzugehen. Im Vorjahr, meine Damen und Herren – das ist schon eine Chuzpe –, hat es einen Antrag auf sofortigen Baustopp des Semmeringtunnels gegeben. Das war, glaube ich, im Mai 1995. Dieser Antrag wurde von den Freiheitlichen, den Liberalen und den Grünen unterstützt, er wurde aber niedergestimmt. Das Resultat war dann eine etwas "halbseidene" Angelegenheit, möchte ich sagen: Der Bundesminister wurde mit 30. 9. aufgefordert, einen Zwischenbericht darüber zu geben, was eigentlich weiter passieren wird.

Dann war leider – oder Gott sei Dank für manche Betroffene – die Legislaturperiode aus. Welch "Unglück"! Der zuständige Minister kam abhanden, aber niemand hat sich verpflichtet gefühlt, diesen einen Punkt nachzuholen.

Herr Bundesminister! Ich darf Sie mit Nachdruck auffordern, bezüglich dieser Entscheidung, bei der Ihr Amtsvorgänger säumig wurde – erst im Oktober war die Legislaturperiode aus, nicht im September –, den Nationalrat nicht weiter im unklaren darüber zu lassen, was eigentlich weiter passiert. Das ist Ihre Pflicht, Herr Bundesminister, und ich darf Sie daran erinnern! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Zeit schreitet leider fort, daher kann ich nur mehr kurz auf das Poststrukturgesetz eingehen, von dem Kollege Parnigoni gemeint hat, ich solle es lieber bleiben lassen und den Antrag zurückziehen. Kollege! Ich werde diesen Antrag nicht zurückziehen! (Beifall beim Liberalen Forum.) Und ich möchte dir auch sagen, Kollege Parnigoni, daß du in Zukunft noch viel von der Poststruktur hören wirst, nämlich dann, wenn das Debakel, das ihr jetzt eingeleitet habt, offenkundig wird. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daß die Vorlage mangelhaft ist, hat man ja schon wenige Monate nach Beschlußfassung des Strukturbegleitgesetzes gesehen. Die erste Reparatur war vor wenigen Wochen und betrifft das Postbetriebsverfassungsgesetz, meine Damen und Herren. Auf das haben Sie nämlich im Zuge des Budgetbegleitgesetzes glatt vergessen. Glatt vergessen! (Abg. Dr. Khol: Das ist absolut unrichtig!) Das stimmt schon, doch, das stimmt! (Abg. Dr. Khol: Wir haben uns nicht geeinigt!) Vielleicht habt ihr euch nicht geeinigt. Möglich ist auch das, und dann war keine Zeit. Aber ich sage einmal, ich bleibe dabei: Es ist zunächst einmal vergessen worden. (Abg. Dr. Khol: Nein, es ist nicht vergessen worden! Das muß ich tatsächlich berichtigen!) Gut: Streiten wird nicht darüber, ob es vergessen wurde oder ob ihr euch nicht geeinigt habt. Aber jedenfalls wurde es nicht gemacht, Kollege Khol!

Und was haben Sie gemacht, als wir im Nationalrat vor zwei Wochen dieses Gesetz behandelt haben? – Statt eine Gleichbehandlung mit privatrechtlichen Dienstnehmern herzustellen und diesen Modus sicherzustellen, haben Sie mit dem Postbetriebsverfassungsgesetz einen neuen Dienstnehmerbegriff eingeführt! Es gibt jetzt in Österreich Arbeiter, Angestellte, Beamte und – siehe da – neue Postbedienstete! Bravo kann ich dazu nur sagen! Aber dieser neue Dienstnehmerbegriff und dieses Postbetriebsverfassungsgesetz ist nur ein Mangel, ist nur ein Eingangsmangel. (Abg. Mag. Kukacka: Ist verfassungsrechtlich gar nicht anders möglich! Sie haben doch keine Ahnung!) Geh Kollege, wenn man will, kann man! Aber Ihr habt nicht wollen! Sie haben auch nicht wollen.

Ich möchte abschließend auf meine drei zentralen Kritikpunkte des Poststrukturgesetzes zurückkommen und diese eindringlich in Erinnerung rufen. Wie gesagt, Kollege Parnigoni, wir werden uns darüber noch oft unterhalten, weil erst jetzt die Schwierigkeiten kommen.

Die Schulden-Holding, die Sie da hineingestellt haben, ist nichts anderes als – in Verbindung mit einer gigantisch überbewerteten Eröffnungsbilanz, so sage ich einmal – gewisse Altlasten zu bedienen. Anders wäre es gar nicht möglich, eine Eröffnungsbilanz zustandezubringen. Ich habe mich mit einem Wirtschaftsprüfer unterhalten, der sehr kompetent ist, Sie können mir das glauben. Sie werden also die Altlasten bedienen, anstatt neues Kapital zuzuführen, und das ist betriebswirtschaftlich ein Wahnsinn, meine Damen und Herren! Anstatt neues Kapital zuzuführen, werden Sie mit 115 Milliarden Schilling weiterfahren.


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Zweiter Punkt: Sie beschränken sich zart und dezent auf Profitcenters und meinen damit, daß man die Quersubventionierung in den Griff bekommen wird. Ich sage Ihnen: Sie werden sie nicht in den Griff bekommen. Es wird weiterhin quersubventioniert werden, und Sie geben nur Lippenbekenntnisse ab, das in Kürze beseitigen zu wollen.

Das Ziel, Quersubventionierungen zu eliminieren, ist sicher legitim und wird auch von uns mitgetragen, aber das kann man nur mit einer sauberen, klaren organisatorischen Trennung der Unternehmensbereiche und mit einer Verselbständigung der Gesellschaften erreichen.

Die wichtigste Entscheidung, meine Damen und Herren, wäre gewesen, jetzt und nicht in einem Jahr, in drei Jahren, in fünf Jahren, die Weichenstellung zu machen, den Telekom-Bereich auszugliedern und geradlinig – nicht über Umwege und über Tricks – einer geordneten Privatisierung zuzuführen – mit strategischen Beteiligungspartnern. Dieser Möglichkeit haben Sie sich – insbesondere Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP – berauben lassen. Sie schweigen sich auch darüber aus, was Sie mit der Unternehmenssparte "Gelbe Post" und mit der Sparte "Postautodienst" vorhaben und so weiter.

Meine Damen und Herren! Wir haben in unserem Initiativantrag eine Regelung vorgeschlagen, die im Gegensatz zur Regierungsvorlage inhaltlich durchdacht ist, die die Absichten ganz klar erkennen läßt und die geeignet ist, das Unternehmen Post in eine gesicherte Zukunft zu führen.

Auch wenn Sie unseren Antrag ablehnen werden, was nicht anders zu erwarten ist, werden wir uns über dieses Thema noch oft unterhalten müssen. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.42

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Abgeordneter Firlinger hat gesagt, das Postbetriebsverfassungsgesetz sei beim Strukturanpassungsgesetz vergessen worden. Dem stelle ich den berichtigten Sachverhalt gegenüber: Während der Verhandlungen über das Strukturanpassungsgesetz hat es intensive Verhandlungen mit der Postgewerkschaft über das Postbetriebsverfassungsgesetz gegeben. Beim Beschluß des Strukturanpassungsgesetzes wurde sogar eine Entschließung vom Hohen Haus beschlossen, daß vor dem 1. Juli das Postbetriebsverfassungsgesetz beschlossen werden sollte, und es ist inzwischen beschlossen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordnete Mag. Kukacka. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.43

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! In der Verkehrspolitik hilft uns die Demagogie nicht weiter, auch nicht die Schuldzuweisungen, auch nicht die Rundumschläge, die hier insbesondere von der Opposition versucht werden, sondern es geht darum, daß wir klare Problemlösungen vorlegen und auch in der Sache selbst differenzieren. Wir wollen jedenfalls mit unserer Verkehrspolitik – das ist das Anliegen der Volkspartei – zu mehr Rationalität in diesem Bereich beitragen.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Rosenstingl! Es muß hier schon differenziert werden: Was ist Sache der Verkehrspolitik der Regierung und was ist Sache und Aufgabe und Kompetenz des ÖBB-Vorstandes und der einzelnen Sondergesellschaften, die im Bahnbereich tätig sind? – Denn eines ist klar: Es ist zu billig, obwohl ich den Herrn Bundesminister wirklich nicht zu verteidigen brauche, ihm quasi die Schuld für jede Fahrplanänderung oder für jeden Bau eines Bahnhofes in die Schuhe zu schieben! (Abg. Rosenstingl: Das ganze Konzept funktioniert nicht!)


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Meine Damen und Herren! So leicht kann man es sich wirklich nicht machen. Es geht darum, daß selbstverständlich diese Regierung für die grundlegenden Entscheidungen in der Verkehrspolitik zuständig ist und zu diesen Entscheidungen bekennen wir uns auch. Deshalb haben wir doch die Politik der Ausgliederung betrieben, die Politik, selbständige Unternehmen zu schaffen, damit das nicht mehr Teil der Bundesverwaltung ist, sondern klare betriebswirtschaftliche Unternehmen gegründet werden, die klare Kompetenzen, eindeutige Aufgaben und auch eine klare Verantwortung haben. Und so werden wir auch in Zukunft vorgehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Aber selbstverständlich, meine Damen und Herren, gibt es auch eine Verantwortung der Regierung – dazu bekennen wir uns –, etwa für die Auswahl des Aufsichtsrates oder für die Auswahl der Vorstände in solchen Unternehmen. Wir sind nicht für jede Einzelentscheidung verantwortlich, sondern für die grundsätzliche Auswahl und selbstverständlich auch für die Kontrolle dieser Unternehmen. Das ist überhaupt keine Frage, dazu bekennen wir uns, und wir werden diese Verantwortung auch wahrnehmen. Wir werden sie auch von den Vorständen und Aufsichtsräten einfordern, wenn Fehlleistungen begangen wurden. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Deshalb wollen wir auch nichts verniedlichen und verharmlosen. Selbstverständlich ist etwa im Bereich der Bundesbahn in den letzten Wochen und Monaten eine Reihe von Pannen passiert. Eine ganz gewaltige Panne war eben diese Fahrplanänderung ab 2. Juni. Und ehrlich gesagt, die Antworten, die ich bisher vom ÖBB-Vorstand und vom zuständigen Generaldirektor Draxler gehört habe, haben mich nicht wirklich befriedigt. Das möchte ich ganz klar dazu sagen, denn nach den Beschwerden der Pendler, der Reisenden zu urteilen, war das im Ablauf eine der katastrophalsten Fahrplanänderungen der ÖBB seit langem.

Es gibt überfüllte Züge, Verwirrung um die EC-Zuschläge, schlechte Information, Mangel an Waggons, fehlende Speisewagen und einen akuten Sitzplatzmangel. (Abg. Anschober: Gestrichene Züge!) Meine Damen und Herren! Das ist das einheitliche Urteil der Reisenden, der Medien und selbst der ÖBB-Gewerkschaft. (Abg. Wabl: Gestrichene Züge haben Sie vergessen!) Das ist ganz klar und eindeutig, und das hat auch zu einem Imageverlust, zu einem Vertrauensverlust für die Österreichischen Bundesbahnen geführt, der weit über das hinausgeht, was die Österreichischen Bundesbahnen in Zukunft etwa durch eine teure Imagekampagne wieder wettmachen können. Das muß man auch in diesem Zusammenhang sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Ich teile ehrlich gesagt auch nicht Ihre Einschätzung, die Sie in einer jüngsten parlamentarischen Anfragebeantwortung vom 26. 6. auf eine Frage von mir geäußert haben. Sie haben gesagt: Wesentliche Angebotsverschlechterungen sind auch im Fahrplan 1996/97 nicht vorgesehen, da es sich bei den teilweise vorgenommener Fahrplankorrekturen nur um die Herausnahme ohnedies nicht oder kaum in Anspruch genommener Verbindungen handelt. Es ist die Einstellung von Zugsverbindungen daher gerechtfertigt, und es sind daher meinerseits keine Schritte zu setzen.

Diese Meinung, Herr Minister, teilen wir nicht, denn immerhin haben die Österreichischen Bundesbahnen mit diesem Sommerfahrplan im Fernverkehr 10 Prozent der Zugsleistungen gekürzt, im Regional- und Nahverkehr immerhin 9 Prozent und in manchen Bundesländern, zum Beispiel in der Steiermark und in Kärnten, bis zu 15 Prozent der Zugsleistungen gekürzt; und das – das muß man nämlich dazusagen –, obwohl bereits im Jahr 1994 10 Prozent der Zugsleistungen gekürzt wurden, meine Damen und Herren!

Dazu sind aber auf der anderen Seite noch die Tarife und das Tarifsystem geändert worden. Wissen Sie, Herr Minister, daß der EuroCity-Zuschlag für die Pendlernetzkarte im Bereich zwischen St. Pölten und Wien monatlich um 288 S und jährlich um 3 500 S erhöht wurde? – Der Pendlerzuschlag für den EuroCity im Bereich zwischen Wien und St. Pölten in einem Jahr! Bei der Erhöhung beziehungsweise der Festsetzung des Mautpickerls in Höhe von nur rund 550 S jährlich hat es ein Riesengeschrei gegeben, aber die Bahn schnalzt den EuroCity-Zuschlag um 3 500 S jährlich in die Höhe! (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Das war nicht in Ordnung, und das findet nicht unsere Zustimmung, denn die Bahn erhält gerade für den Nahverkehr und für die Pendlertarife jährliche Zuschüsse in Milliardenhöhe, sogenannte gemeinwirtschaftliche Leistungen und Zahlungen, die ja gerade den Pendlern zugute kommen sollen. Die Zahlungen des Bundes für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen sind in den letzten Jahren ständig gestiegen. 1994 haben wir 7,6 Milliarden Schilling aus dem Budget gezahlt, im Jahr 1997 – das ist bereits beschlossen – werden wir 8,26 Milliarden Schilling zahlen. Wir zahlen also immer höhere gemeinwirtschaftliche Leistungen für den Nahverkehr, für die Pendler, aber die Leistungen der Bahn für ihre Kunden gehen deutlich zurück, insbesondere für die Pendler, insbesondere für den Berufsverkehr. Meine Damen und Herren! Das ist ganz klar die falsche Entwicklung, zu der bekennen wir uns nicht, im Gegenteil, wir glauben, daß diese Entwicklung wieder umgedreht werden muß. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir erwarten, Herr Minister, daß Sie im Rahmen Ihrer verkehrspolitischen Kompetenz hier eingreifen. Sorgen Sie dafür, daß die Bahn, obwohl der Bund für die Pendler mehr zahlt, ihren Sparkurs nicht auf dem Rücken dieser Berufspendler austrägt. Denn diese wesentlichen Angebotsverschlechterungen müßten doch eigentlich, wenn man das rational überlegt, Kürzungen bei den gemeinwirtschaftlichen Leistungen nach sich ziehen. Wir zahlen immer mehr, aber die Bahn kürzt in den letzten zwei, drei Jahren um 20 Prozent. Stellen Sie, Herr Minister, den Österreichischen Bundesbahnen zumindest diese Rute ins Fenster, nämlich die Kürzung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Es ist doch unvertretbar, daß die Bahn, wenn der Bund seine Zahlungen erhöht, ihre Leistungen kürzt, meine Damen und Herren! Das ist eine Politik, der wir nicht zustimmen können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: Ihr habt nur geschaut, daß ihr in die Regierung kommt! Der führt sich auf wie ein Oppositionsabgeordneter!)

Meine Damen und Herren! Es geht auch anders. Wir kritisieren das, was wir für Fehlentscheidungen des Managements halten. (Abg. Dr. Ofner: Sie gehen mit Nestroy: Wir werden sehen, wer stärker ist: ich oder ich!) Meine Damen und Herren! Wir nehmen unsere Verantwortung auch als Regierungsvertreter ernst, indem wir unseren Aufsichtsräten sagen, das muß kontrolliert werden und das muß geändert werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es geht auch anders. In Bayern hat es am 2. Juni dieses Jahres auch eine Fahrplanänderung gegeben. (Abg. Anschober: Warum geht es dort anders?) Das werde ich Ihnen gleich erklären, Herr Kollege, hören Sie mir zu. In Bayern hat es 15 Prozent mehr Züge gegeben, Wiederaufnahme des Wochenendverkehrs auf 18 Nebenbahnen und Wiedereröffnung aufgelassener Haltestellen. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Meine Damen und Herren! Dort ist die Bundesbahn privatisiert worden, und gleichzeitig ist dort der Schienenverkehr regionalisiert worden. Das heißt, nicht mehr die Bundesbahn ist dort für den Nahverkehr zuständig, sondern es sind die Bundesländer, es sind regionale Verkehrsverbünde, die die Kompetenz dafür haben. Und nach deren Fahrplänen und nach deren Tarifen fährt dort die Bahn, meine Damen und Herren und das muß auch bei uns so geschehen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich bin noch nicht fertig, Herr Kollege, hören Sie mir zu. (Abg. Wabl: Gehen Sie raus aus der Koalitionsregierung!)

Mit der Ausgliederung der Bundesbahn aus dem Budget wurde ein ganz richtiger Schritt gemacht, meine Damen und Herren! Aber wir müssen jetzt diesen Weg weitergehen. Wir müssen konsequent sein. Und deshalb, meine Damen und Herren, fordern wir auch eine Regionalisierung des Schienennahverkehrs. Das würde zum Beispiel bei der Frage der Pendlerzüge bedeuten, daß in Zukunft die Bundesländer und (Abg. Wabl: Heuchler!) die regionalen Verkehrsverbünde für den Fahrplan zuständig sind, daß diese Fahrpläne nach den Bedürfnissen der Pendler gemacht werden und daß nicht mehr in Wien in der Zentrale ein solcher Fahrplan festgelegt wird. Nur für den überregionalen Schienenverkehr sollen in Zukunft die ÖBB allein zuständig sein, für den regionalen Pendlerverkehr sollen die Verkehrsverbünde die Entscheidung haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Selbstverständlich soll auch die Tarifhoheit nicht mehr ausschließlich bei der Bahn liegen, sondern diese Tarifhoheit – also was das kosten soll – soll im Nahverkehr in Zukunft auf die regionalen Verkehrsverbünde und auf die Länder übergehen. Dazu brauchen wir selbstver


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ständlich ein neues Gesetz, eine gesetzliche Grundlage, ein Nahverkehrsgesetz, das ganz genau die Kompetenzen verteilt, wie das in Zukunft zu laufen hat und das auch genau festlegt, wie die Finanzen aufzubringen und zu verteilen sind, meine Damen und Herren! Von den Ländern nur Geld zu fordern, um ihnen den Schwarzen Peter und die Verantwortung zuzuschieben, ohne ihnen auch klare Aufgaben und Kompetenzen und konkrete Mitverantwortung zu geben, meine Damen und Herren, das wird sicher nicht funktionieren. Das wird auch keine Lösung bringen, sondern wir brauchen eine ganz klare und eindeutige gesetzliche Neuordnung, und das werden wir in dieser Legislaturperiode einfordern. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Anschober. – Abg. Wabl: Seit zehn Jahren machen Sie das schon! Zehn Jahre lang sitzen Sie in der Regierung und jammern!)

Wir bekennen uns zum ÖBB-Gesetz, zur Ausgliederung, zu betriebswirtschaftlichen Grundsätzen bei der Führung der Bahn. Diese Reform darf aber nicht steckenbleiben, sie muß weitergeführt werden, meine Damen und Herren! Was verlange ich denn anderes, als Kollege Parnigoni verlangt hat? – Ich fordere ein Nahverkehrsgesetz; nur wir wissen, was da drinnen stehen soll, wir haben eine klare Vorstellung. (Abg. Anschober: Dann macht es doch endlich!) Der Nahverkehr muß regionalisiert werden, die Verantwortung muß nach unten verlagert werden, das ist die Aufgabe, vor der wir stehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! (Abg. Anschober: Wer behindert euch die ganze Zeit?) Es kommt in dieser Legislaturperiode, Herr Kollege, darauf können Sie sich verlassen. (Abg. Wabl: Zehn Jahre sitzen Sie schon in der Regierung!) Und in diesen zehn Jahren ist sehr viel geschehen. Es ist die Bahn ausgegliedert worden (Abg. Anschober: Minus 23 Prozent!) , meine Damen und Herren, es werden betriebswirtschaftliche Grundsätze eingeführt, es ist einiges richtig gemacht worden. Es wurde die Produktivität der Bahn erhöht. Es wurde die Zahl der Mitarbeiter gesenkt. Es wurden die Verwaltungsstrukturen gestrafft. Es wurden vier Bundesländerdirektionen aufgelöst. All diese Maßnahmen waren richtig, aber dieser Kurs muß weitergegangen werden, diese Reform muß fortgesetzt werden, das ist notwendig, meine Damen und Herren! Klar ist auch, daß diese Reform nicht auf dem Rücken der Pendler durchgeführt werden darf. (Beifall bei der ÖVP.)

13.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Anschober. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.00

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Wabl: Nach der Oppositionsrede wirst du es schwer haben!) Es stehen heute etliche Verkehrsthemen auf der Tagesordnung – eine wunderbare Gelegenheit, über die in der Kaputtsanierung befindlichen ÖBB zu diskutieren. Der "Oppositionsredner" Kukacka hat das vor mir gerade getan. Es ist interessant, daß er schon zehn Jahre lang an verantwortlicher Stelle sitzt, aber trotzdem für nichts verantwortlich ist. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Wabl .) Interessant, daß er seit zehn Jahren auf die ÖBB haut, interessant, daß er den ÖBB die Entschuldung, die notwendig gewesen wäre, nach bayrischem und deutschem Modell untersagt hat und daß er sich trotzdem jetzt echauffiert darüber, daß die ÖBB das Service und die Zugkilometer reduzieren.

Herr Kollege Kukacka! Das, was jetzt an Debakel bei den ÖBB passiert, ist das klare Resultat jener Politik, die Herr Kukacka ganz wesentlich in der Bundesregierung durchgesetzt hat. Man kann sich auf ein paar Köpfe, auf ein paar Managementfehler, die mit Sicherheit passiert sind, ausreden, aber es geht um die politische Verantwortung. Es geht um ein ÖBB-Gesetz, das vieles im unklaren gelassen hat und die ÖBB in dieses Finanzdebakel getrieben hat, in dem sie sich nun befinden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte mir ein Minimum an Verantwortung und an Übernahme einer politischen Verantwortung erwartet, aber hier treten Regierungsredner auf, als wären sie die oppositionellen Kämpfer, als würden sie Hand in Hand mit den Pendlern gegen die Verschlechterungen kämpfen, gegen jene Verschlechterungen, die genau sie verursacht haben.


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(Beifall bei den Grünen.) Das ist eine Verhöhnung der Bahnkunden, meine sehr verehrten Damen und Herren, und so kann es nicht gehen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Grünen sind – das wissen Sie – die Partei der Freunde der Umwelt. Und wer die Umwelt liebt, der muß auch einen umweltfreundlichen Verkehr und damit auch die Bahn unterstützen. Wir versuchen und tun das seit Jahren in diesem Haus. Politisch geschehen ist seitens der Bundesregierung in den letzten Jahren genau das Gegenteil, und das hat auch in internationalen Prüfberichten seinen Niederschlag gefunden, etwa im OECD-Prüfbericht zur Umweltsituation, mit dem Unterkapitel Verkehr. Es ist klar und eindeutig dargestellt, daß es am umweltfreundlichen Verkehr und an einer umweltfreundlichen Verkehrspolitik in Österreich fehlt, daß der Straßenverkehr überproportional stärker als in jedem anderen OECD-Land – mit Ausnahme Griechenlands – in den letzten zehn Jahren zugenommen hat – über 80 Prozent Zunahme! – und daß gleichzeitig – dank Kukacka und Konsorten – der Bahnverkehr und das Angebot eines umweltfreundlichen Verkehrs in Österreich massiv abgenommen haben.

Das ist das Resultat Ihrer Regierungspolitik im Verkehrsbereich, meine sehr verehrten Damen und Herren, und dazu sollten Sie stehen! Wer die ÖBB kaputtsaniert, darf sich nicht darüber wundern, daß nun das Angebot dramatisch zurückgenommen wird und daß damit der Autoverkehr und die Umweltbelastung selbstverständlich wieder massiv steigen, sondern der ist dafür verantwortlich und sollte diese Verantwortung auch tragen! (Beifall bei den Grünen.)

In den letzten zehn Jahren hat der Autoverkehr in Österreich um 80 Prozent zugenommen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 1991 hat das Zugangebot in Österreich um 24,4 Prozent abgenommen. Das ist eine völlig einseitige Entwicklung in Richtung Autoverkehr, in Richtung noch mehr Ozonkonzentrationen, noch mehr Umweltschadstoffe, in Richtung eines schlechteren Angebotes für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Umweltpolitik und eine umweltverträgliche Verkehrspolitik müßten bedeuten, daß das Angebot attraktiv gemacht wird, damit die Bürger, die ja nicht auf das Auto bestehen, attraktive Umsteigmöglichkeiten erhalten und somit umweltfreundlich unterwegs sein können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Minus 24 Prozent Zugangebot seit 1991. Im Jahr 1991 waren es 66 000 Zugkilometer am Tag, im Jahre 1994 57 000 und 1996 gar nur mehr 50 000 Zugkilometer am Tag. 16 000 eingesparte Zugkilometer! 16 000 Kilometer (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Mag. Mühlbachler ) , die gerade den Bewohnern auf dem Land – Herr Kollege Mühlbachler, gerade Sie als Bürgermeister in der Region müßten ein Vorkämpfer sein –, der Landbevölkerung fehlen. Es gibt keine Tagesrandverbindungen mehr, da hat man keine Chancen mehr, mit dem öffentlichen Verkehrsmittel in die Zentralräume zu kommen, vor allem am Abend noch zurückzukommen. So werden Tausende Pendler gezwungen, daß sie vom umweltfreundlichen Verkehrsmittel Bahn in den Straßenverkehrsbereich umsteigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben letzte Woche an mehreren Tagen mehrere Morgenstunden in den Pendlerzügen auf ganz unterschiedlichen Strecken in Österreich verbracht – Mittwoch beginnend. Ich weiß nicht, wieviel Kontakt Sie zu den Bahnkunden haben; ich kann Ihnen sagen: Das, was seitens der Bahnkunden an Unmut transportiert wird, an berechtigtem Unmut, ist unglaublich. Ich kann Ihnen sagen, es gibt Tausende Pendler, die mittlerweile fest entschlossen sind, von der Bahn auf das Auto zu wechseln, ganz einfach deshalb, weil sie täglich in die Arbeit zu spät kommen, ganz einfach deshalb, weil sie viel mehr Zeit brauchen, ganz einfach deshalb, weil das Angebot mittlerweile unter jeder Kritik ist.

Herr Kollege Kukacka! Es geht ja nicht nur darum, daß es Fahrplanumstellungsschwierigkeiten gegeben hat. Diese hat es auch gegeben, aber es hat eine Kaputtsanierung der ÖBB gegeben: Minus 10 Prozent weniger Züge im Durchschnitt! Auf manchen Strecken bis zu 30 Prozent weniger, auf manchen Strecken bis zu 40 Prozent weniger! Das bringt natürlich Konsequenzen mit sich. Es hat Verteuerungen, eine massive Verschlechterung des Bahnservice und die Einsparung von Waggons gegeben und so weiter.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da Sie schon keinen Kontakt zu Bahnkunden, zu Pendlern haben – ich möchte das nicht verallgemeinern; es gibt sicher etliche Abgeordnete, die ihn haben, die auch mit dem Zug unterwegs sind, die auch hören, was sich in den Zügen tut; einige treffe ich ja immer wieder in den Zügen –, bringe ich einige Zitate, was konkret betroffene Bahnkunden in Schreiben – mittlerweile haben die Arbeiterkammern etwa Tausende Briefe, Beschwerdeschreiben, Beschwerdeanrufe in ihrer Hotline bekommen – berichten. Tenor in diesen Berichten: Die Bahn wird immer kundenfeindlicher und für sie unattraktiver, sie überlegen sich das Umsteigen auf das Individualverkehrsmittel: das Auto.

Einige konkrete Zitate: eine Bahnfahrerin aus Lambach: Die Pünktlichkeit ist seit der Fahrplanumstellung verlorengegangen. Seit vierzehn Tagen ist in meinem Bereich kein einziger Zug mehr pünktlich gefahren. Ich pendle jeden Tag von Lambach nach Linz. Der Zug fährt nun zwar früher, aber er kommt später an. – Jeden Tag Verspätungen, jeden Tag die Situation, daß diese Bahnkundin nicht rechtzeitig in die Arbeit kommt.

Nächstes Beispiel: Zwei Pendlerinnen aus Neunkirchen verlassen ihr Büro täglich um 17 Uhr. Bisher waren sie dank Schnellzugverbindung um 18.14 Uhr in Neunkirchen, in Zukunft sind sie es um 18.46 Uhr. – Also über eine halbe Stunde länger auf einer derart kurzen Strecke.

Nächstes Beispiel: Ein HTL-Schüler schreibt, er braucht in Zukunft wöchentlich eineinhalb Stunden mehr zum Pendeln zwischen Wiener Neustadt und Mödling. – In einer Woche eine um eineinhalb Stunden längere Pendlerzeit auf der kurzen Strecke Wiener Neustadt–Mödling!

Nächstes Beispiel: Verschlechterungen, massive Wartezeiten im Bereich Mödling–Wien, Verlängerung der Fahr- und Wartezeit um insgesamt bis zu 50 Minuten.

Nächstes Beispiel: Beschwerden über das Einstellen der letzten Schnellbahnverbindung von Wien nach Hollabrunn.

Nächstes Extrembeispiel: In Niederösterreich, auf der Strecke Semmering–Wiener Neustadt muß man für 21 Bahnkilometer mit 3,5 Stunden Wartezeit rechnen. Für 21 Bahnkilometer 3,5 Stunden Wartezeit!

Von wem wollen Sie verlangen, daß er bei diesen Zuständen noch mit der Bahn fährt? – 3,5 Stunden Wartezeit. Es muß jemand ein Berufspendler, ein Berufszugfahrer sein, damit er das tagtäglich noch durchhält.

Es wurden aber auch Fahrtstreckenverbindungen zum Wochenende gänzlich eingestellt, weil man gesagt hat: Am Wochenende gibt es eh keinen Pendler- und Berufsverkehr! – Was ist mit den Leuten aus der Gastronomie, aus anderen Berufszweigen, anderen Berufssparten?

Oder ein Brief aus Wiener Neustadt von Herrn Christian Weber – den möchte ich Ihnen kurz vorlesen: Ich fahre grundsätzlich, wenn möglich, mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, aber daß ich wahrscheinlich wegen den ÖBB nun meinen Arbeitsplatz verlieren werde, finde ich nicht so toll, da mein Arbeitgeber die häufigen Verspätungen zwischen 5 und 45 Minuten nun nicht mehr hinnehmen wird. – Verspätungen von Wiener Neustadt nach Wien – inklusive Weiterverbindungen in Wien – zwischen 5 und 45 Minuten! Dem Mann droht der Verlust des Arbeitsplatzes. Das kann doch nicht der Ernst sein!

Oder: Ein Brief aus Aschach: Eine Pendlerin, die um 5.04 Uhr in den Pendlerzug von Aschach nach Wels einsteigt – das ist eine Pendlerstrecke von gut 30 Minuten – und auf dieser Pendlerstrecke am Bahnhof Haiding, nach zirka zehn Minuten Fahrt, um 5 Uhr früh 17 Minuten Wartezeit hat und im Zug steht. Der Zug bewegt sich ganz einfach nicht mehr vorwärts, der Zug bleibt stehen. Mittlerweile sind nun gezählte drei Pendler in diesem Zug. – Was werden die ÖBB dann machen? – Sie werden sagen: Das ist ein Geisterzug! – sie haben ja die Pendler vertrieben –, und werden auch diesen Zug, weil er ein Geisterzug und dadurch ein Defizitgeschäft ist, einstellen.


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Das ist der Kreislauf, die Spirale, die die Bahn in Richtung Kaputtsparen, in Richtung Kaputtsanierung, in Richtung immer weniger Angebot, vor allem im regionalen Bereich, in Richtung Konzentration auf den Güterverkehrsbereich und einige konkrete Zentralstrecken treibt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister! Ich möchte nicht, daß die Bahn eine Spielzeugbahn (der Redner zeigt eine Modelleisenbahnlok) , eine Minimundusbahn wird, eine jedes Jahr um 10 Prozent zurechtgekürzte Bahn, eine Bahn nur mehr für Liebhaber, für die, die es sich leisten können, oder für die, die unendlich viel Zeit haben oder an einigen wenigen Zentralstrecken, die noch ordentlich bestückt sind, zu Hause sind. Ich möchte nicht, daß die Bahn in einen derartigen Zustand kommt. Sie muß ein attraktives Massenbeförderungsmittel zur Entlastung der Umwelt sein und ein attraktives Angebot für die Pendler darstellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sind einige Auszüge. Wir haben Unterschriftenlisten verteilt, die den Protest gegen diese Fahrplankürzungen zum Ausdruck bringen und mittels deren von den ÖBB gefordert wird, daß diese Fahrplankürzungen wieder rückgängig gemacht werden. Wir haben mittlerweile an die 10 000 Unterschriften (der Redner zeigt diese) aus allen Regionen Österreichs, an die 10 000 Unterschriften von Pendlern, die sagen: So geht es nicht mehr! Wenn die Bahn mir kein Angebot machen kann, dann muß ich auf das Auto wechseln! Das ist die letzte Chance, und mein Unmut ist mittlerweile so groß, daß ich mir von der Politik Weichenstellungen erwarte!

Genau das sollte der Sinn der heutigen Debatte sein, meine sehr verehrten Damen und Herren: eine Weichenstellung, die tatsächlich eine Chance für eine offensive Verkehrswende in Österreich darstellt, eine Verkehrswende, die ein umfassendes Angebot im Nahverkehrsbereich und im Fernverkehrsbereich garantiert und die vor allem in den regionalen Bereichen – am Land, wo kaum mehr öffentlicher Verkehr angeboten wird – Angebote liefert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das müßte Sinn und Zweck der Debatte sein, nicht ein oppositionelles Gehabe von jemandem, Herr Kollege Kukacka, der Architekt des ÖBB-Gesetzes ist. Sie haben ja recht, daß da viele Managementfehler passiert sind. Sie haben ja recht, daß vieles bei den ÖBB auch im argen liegt. Sie hätten auch recht, wenn Sie behaupten würden – das ist Ihnen ja wieder gleichgültig, das ist auch nicht Ihr Thema, nicht Ihr Motto –, daß es mit der Demokratisierung innerhalb der ÖBB nicht zum besten steht, daß die Mitarbeiter in den ÖBB in diese Fahrplanumstellungen kaum eingebunden werden, daß diesmal erstmals auf Fahrplankonferenzen in weiten Bereichen verzichtet wurde und so weiter. Aber: Das Management allein hat die Kaputtsanierung der Bahn, die nun droht, nicht zu verantworten – das sage ich Ihnen auch ganz offen –, sondern es gibt Ursachen, die in erster Linie beim ÖBB-Gesetz 1993 zu suchen sind. Diese Ursachen, Herr Kollege Kukacka, liegen ganz deutlich, ganz deutlich und klar auf dem Tisch! (Abg. Mag. Kukacka: Warum ist das Kaputtsparen, wenn es jedes Jahr höhere gemeinwirtschaftliche Leistungen gibt?)

Herr Kollege Kukacka! Mit der Frage, warum die ÖBB kaputtgespart wurden, wenn es jedes Jahr höhere Beiträge gibt (Abg. Mag. Kukacka: Gemeinwirtschaftliche Leistungen!) , haben Sie eigentlich bewiesen, daß Sie verkehrspolitisch überhaupt noch nichts begriffen haben, daß Sie verkehrspolitisch noch nicht begriffen haben, daß es, solange es in diesem Land keine Kostenwahrheit und keine Schritte in Richtung Kostenwahrheit gibt, auch Defizite der öffentlichen Verkehrsträger, des umweltfreundlichen Verkehrs, geben muß. Das ist ja die Hauptursache! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Kukacka! Wer verhindert denn immer, daß es eine Ökosteuer, ein Umsteuern in Richtung Umweltschutz gibt? Wer verhindert das immer? Das sind zwei Fraktionen: die ÖVP und die FPÖ. Da geht wenig weiter – bis auf wenige Ausnahmen, etwa Minister Molterer, der längst begriffen hat, daß das eine Chance für die ÖBB ist, eine Chance auch für die Landwirtschaft, eine Chance für all jene, die sich derzeit aufgrund der Kostenstruktur in Österreich in einer absoluten Krise befinden.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! ÖBB-Gesetz 1993 – Hauptarchitekt: Herr Kukacka. Was ist passiert? Es sind ein paar Schlampigkeiten passiert, die mittlerweile die ÖBB und die Länder auszubaden haben.

Herr Kollege Kukacka! Sie wissen ganz genau, daß es seit zwei Jahren in Österreich einen Zirkus an Streit gibt zwischen ÖBB und Bundesländern über die Finanzierung des Regionalverkehrs. Sie wissen ganz genau, daß das ganz einfach damit zu tun hat, daß das ÖBB-Gesetz keine eindeutigen Formulierungen bezüglich der Finanzierung des Regionalverkehrs beinhaltet! (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. ) Sie wissen ganz genau, daß die ÖBB zu Recht juridische Gutachten vorlegen können, die besagen, daß die Länder mitfinanzieren müssen, und daß – umgekehrt – sich die Länder auch auf Lücken und Schwammigkeiten in diesem ÖBB-Gesetz berufen und sagen können: Wir stehlen uns aus der Verantwortung! Wir fordern zwar mehr Verkehr, die Aufrechterhaltung der Regionalbahnen, aber weigern uns, da mitzufinanzieren!

Ich bin froh darüber, daß der Verkehrsminister angekündigt hat, daß er diese Frage selbst in die Hand nehmen will – das ist das, was wir immer beantragt haben –, daß er nicht die ÖBB allein verhandeln lassen will, sondern daß es zu politischen Lösungen kommen muß. Herr Kollege Kukacka! Nur fair und gerecht wäre es, heute hier zu sagen: Gut, da ist im ÖBB-Gesetz etwas passiert, das repariert werden muß. Wir brauchen eine klare Korrektur, ob und in welchem Ausmaß die Länder für die Mitfinanzierung des Regionalverkehrs verantwortlich sind. (Abg. Mag. Kukacka: Das Gesetz muß geändert werden! Wir brauchen ein neues Gesetz!)

Ich muß schon sagen: Herr Kollege Kukacka, Sie sind immer der erste, der mit der oberösterreichischen Landesregierung, dem obersten Betonierer in diesem Österreich, Landeshauptmann Pühringer, eine unselige Allianz schmiedet, die auch nur einen Schilling an Mitfinanzierung in Richtung ÖBB verweigert. Es ist wirklich absolut polemisch, hier ans Rednerpult zu treten und zu beklagen (weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka ) : Da wurden Tagesrandverbindungen reduziert, da wird das Service der Bahn schlechter!, aber dann jeden Schilling an Mitfinanzierung zu verweigern!

Kollege Koppler ist jetzt hier, ich habe eine Frage: Was ist mit dem Pendlerbus zwischen Wels und Linz zum Beispiel? Diesbezüglich wäre das Land Oberösterreich gefragt gewesen. Was mußte ich letzten Sonntag in der Zeitung lesen? – Baulandesrat Hiesl, der 3,5 Milliarden Schilling für neue landwirtschaftliche Güterwege plant, sagt: Kein Schilling zur Aufrechterhaltung des Pendlerverkehrs! – Herr Kollege Kukacka! Da muß man einmal eine klare Sprache sprechen und sagen, wo man steht: auf der Seite der Pendler oder auf der Seite des Autoverkehrs. Wenn man auf der Seite der Pendler steht, dann muß das auch finanziell durchsickern, dann muß sich das niederschlagen, Herr Kollege Kukacka. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka .) Ich merke, Sie haben ein schlechtes Gewissen, und das ist gut so. Dieses schlechte Gewissen sollte zu konkreten politischen Manövern und Handlungen führen, zu konkreten Taten und nicht immer nur zu faulen Ausreden.

Herr Kollege Kukacka! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der zweite Punkt ist die Frage der Entschuldung der ÖBB. Es hat, wie Sie wissen, im Jahr 1992 vor der Ausgliederung der ÖBB die gesicherte Zusage an die ÖBB gegeben, daß es zu einer Entschuldung des Konzerns kommt, wie das etwa bei der deutschen Bahn in Bayern realisiert wurde. (Abg. Edler – in Richtung ÖVP –: Das haben Sie verhindert! – Abg. Mag. Kukacka – zum Abg. Edler –: Wer war Verkehrsminister, Finanzminister, wer Bundeskanzler?) Nur deshalb hat die bayerische Bahn nun die Kapazität, auch einen Taktfahrplan zu liefern, der bedeutend besser ist als das österreichische Angebot.

Dieser Koalitionsstreit, den wir hier erleben, ist ja nett. Die SPÖ sagt: Der Kukacka hat es verhindert! Kukacka sagt: Der Lacina war es! Der Lacina ist leider Gottes nicht mehr hier, um ihn zu befragen. Irgend jemand wird es schon gewesen sein. Wer auf der Strecke bleibt, sind die Bahn, die Umwelt, die Pendler, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)


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Mir ist es völlig egal, wer von Ihnen dieses ÖBB-Gesetz verbockt hat, aber seien Sie doch endlich einmal so weit, daß Sie jetzt Korrekturen zulassen, sagen Sie nicht nur: Da sind ein paar Managementfehler passiert, da müssen wir ein paar Leute ablösen, da müssen noch ein paar Köpfe rollen, und dort regionalisieren wir ein bißchen! – Das ist ja ein Ablenkungsmanöver, und das wird durchschaut, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wir legen Ihnen heute einen Antrag vor, daß es zur Gesamtentschuldung der ÖBB nach deutschem Modell kommt, damit die Bahn wieder einen finanziellen Handlungsspielraum hat, denn es kann nicht angehen, daß diese Bahn mittlerweile vom Schuldendienst und vom Zinsendienst erdrückt wird. Es wäre eine faire Chance, einen Schlußstrich unter die Vergangenheit zu ziehen und eine faire Entschuldung durchzuführen.

Dritter Bereich – auch da finde ich es kurios, denn wir haben offensichtlich zwei Parteien in der Regierungskoalition, die zwar immer fordern, aber nichts umsetzen –: Ich frage Sie: Wer hindert Sie seit Jahren daran, ein couragiertes Nahverkehrsfinanzierungsgesetz auf den Tisch zu legen? Mittlerweile ist die Finanzkrise nicht nur bei den ÖBB gegeben, sondern wir haben die gleiche Finanzkrise etwa auch bei den städtischen Verkehrsbetrieben, die in der Situation sind, daß sie sich nur noch durch eine Quersubventionierung, die in den meisten städtischen Verkehrsbetrieben über den Energiemarkt möglich ist, der positiv läuft, halten und ein relativ attraktives Angebot aufrechterhalten können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben heute wahrscheinlich die Aussendung der Salzburger Stadtbetriebe gelesen. Die Salzburger Stadtbetriebe fordern zu Recht vom Land Salzburg eine Mitfinanzierung, weil man weiß, daß man finanziell am Abstellgleis steht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Nahverkehrsfinanzierungsgesetz ist etwas, das bereits europaweit geregelt ist. Alle deutschen Bundesländer haben mittlerweile ein derartiges Nahverkehrsfinanzierungsgesetz, das klar und deutlich festschreibt, welche Gebietskörperschaft welche Beiträge zu liefern hat. (Abg. Mag. Kukacka: Also! Das ist genau das, was wir brauchen!)

Herr Kollege Kukacka schreit: Also. – Dann stimmen Sie doch unserem heutigen Antrag sofort zu, meine sehr verehrten Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, wonach der Verkehrsminister aufgefordert wird, spätestens bis Jahresende – ich weiß, daß es auch im Verkehrsministerium selbst Bemühungen in diese Richtung gibt – ein klares Nahverkehrsfinanzierungsgesetz auf den Tisch zu legen, um eine finanzielle Konsolidierung zu erreichen.

Nächster Punkt, der wirklich notwendig ist, wenn man sich in Richtung einer effizienten finanziellen Absicherung der Bahn und des umweltverträglichen Verkehrs insgesamt bemühen will, ist die Vergabe der MÖSt-Gelder. Wir haben die Situation, daß 50 Groschen seitens der MÖSt-Gelder zweckgebunden sind für den Ausbau des Personennahverkehrs und dafür an die Länder abgegeben werden.

Diese Gelder werden in einigen Ländern mißbräuchlich verwendet, sodaß es unter dem Titel "Ausbau des Personennahverkehrs" etwa zu Asphaltierungen von landwirtschaftlichen Güterwegen kommt. Das entspricht meiner Ansicht nach nicht dem Zweck dieser Gelder für die Länder.

Es gibt nun – darüber bin ich sehr zufrieden und sehr froh – seitens des Finanzministeriums eine klare Anfragebeantwortung, die ich vergangene Woche erhalten habe, die besagt, daß es eine Kontrolle dieser Mittelverwendung durch die Länder gibt und daß es zweitens dort, wo die Mittel nicht korrekt verwendet wurden, zu konkreten Rückzahlungsforderungen kommen wird. Dafür ist es höchste Zeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Letzter Bereich – ich habe ihn bereits angesprochen –: die Regionalverkehrsfinanzierungen. Dieses Schauspiel, daß sich sechs von neun Bundesländern mittlerweile seit Jahren weigern, im Regionalverkehrsbereich – obwohl gesetzlich definiert, aber mit rechtlichen Lücken in diesem Gesetz – mitzufinanzieren. Das ist eine Schande. Obwohl es keine Überraschung ist, daß der Nahverkehr auf der Strecke bleibt, denn


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dort, wo das Geld ausbleibt, wo klare gesetzliche Regelungen ausbleiben, bleibt der umweltfreundliche Verkehr auf der Strecke. Und genau das, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen wir nicht.

Wir bringen deswegen heute in dieser Debatte einen sechs Punkte umfassenden Entschließungsantrag ein, der ja, nachdem ich die Oppositionsrede des Kollegen Kukacka gehört habe – mit Schrecken, in Teilpassagen auch mit Zustimmung –, mit Sicherheit die Unterstützung der neuen Oppositionspartei ÖVP finden wird. Das ist ja nach dieser Rede praktisch garantiert. Ich nehme auch an, daß es gerade von den Eisenbahnern, von den Leuten, die die Pendler vertreten bei der SPÖ, zu einer Unterstützung seitens der SPÖ kommen muß und kommen wird. Und das Liberale Forum hat schon im Ausschuß angekündigt, daß man in Richtung Unterstützung der Pendler diesem Antrag nähertreten könnte. (Abg. Wabl: Ein Allparteienantrag!)

Ich bringe deswegen folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anschober, Freundinnen und Freunde betreffend Verbesserungen im öffentlichen Personennahverkehr.

Der Nationalrat wolle beschließen:

"1. Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst sowie der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, eine ausschließliche Verwendung der Mineralölsteuereinnahmen der Länder zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs durch – zum Beispiel – eine Art.-15a-B-VG-Vereinbarung mit den Ländern sicherzustellen. Dabei muß auch sichergestellt sein, daß die Landesmittel, die vor der Einführung der Landes-MÖSt für den öffentlichen Personennahverkehr verwendet wurden, auch weiterhin für diesen Zweck indexgesichert zur Verfügung stehen. Das heißt, es muß zu einer tatsächlichen zusätzlichen Finanzierung des ÖPNV durch die Länder kommen, um eine merkliche Attraktivierung des ÖPNV zu erreichen.

2. Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird aufgefordert, dem Nationalrat bis spätestens Ende 1996 Entwürfe für ein Nahverkehrs- und ein Nahverkehrsfinanzierungsgesetz vorzulegen." – Eigentlich genau das, was Kukacka will. Ich bin froh, daß ich das in Anträge gießen kann.

"3. Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird aufgefordert, dem Nationalrat bis spätestens Ende 1996 einen Entwurf einer Novelle des Bundesbahngesetzes 1992 vorzulegen, in der die Leistungsbestellung des ÖPNV durch die Länder eindeutig geregelt wird. Die Verhandlungen über die Leistungsbestellung durch die Länder sollen in Zukunft nicht zwischen ÖBB und Landeshauptleuten, sondern im Zuge des Finanzausgleiches zwischen Verkehrsminister und Landeshauptleuten geführt werden.

Wünschenswert wären dabei eine gemeinwirtschaftliche Grundfinanzierung des Bundes sowie die Pflicht der Länder zur Bestellung von Verkehrsleistungen im regionalen Interesse.

4. Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst sowie der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, eine Entschuldung und Kapitalausstattung der ÖBB nach Vorbild der Deutschen Bundesbahn (DB) vorzunehmen. Eine Entschuldung der ÖBB wurde vom ehemaligen Finanzminister Lacina mehrmals in der Öffentlichkeit sowie im Parlament zugesagt. Nur so kann eine langfristige Sicherung beziehungsweise Verbesserung des Angebotsniveaus im öffentlichen Verkehr (Nah- und Fernverkehr) sichergestellt werden.

5. Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird aufgefordert, über zusätzliche gemeinwirtschaftliche Leistungen die Verschlechterungen, die unter anderem aufgrund der


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Unterdeckung im Regional- und Nahverkehr (1,3 Milliarden) entstanden sind, rückgängig zu machen.

6. Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird aufgefordert, eine Novellierung des Kraftfahrliniengesetzes auszuarbeiten, so wie dies von seinem Amtsvorgänger Bundesminister Klima mehrmals dem Parlament versprochen wurde, die unter anderem das Problem des Parallelverkehrs – vor allem zwischen Bus und Bahn – beseitigt."

*****

Das sind sechs Punkte, meine sehr verehrten Damen und Herren, für eine echte Verkehrswende in Österreich; sechs Punkte für eine Chance für den umweltverträglichen Verkehr in Österreich; sechs Punkte, die ein attraktives Angebot für die Pendler, ein attraktives Angebot für die Bevölkerung im ländlichen Raum sicherstellen würden; sechs Punkte, die die effizientesten Maßnahmen gegen die steigende Ozonkonzentration darstellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegt jetzt an Ihnen, zu entscheiden und zu zeigen, ob Sie nur mit Worten an der Seite der ÖBB, der Bahn, der Pendler sind oder auch mit konkreten politischen Entscheidungen und Taten. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch zwei ganz kurze Punkte: Es ist mittlerweile bekannt, daß wir in ganz Europa – mit Ausnahme der Schweiz – eine Krise der Bahn haben. Es gibt mittlerweile einige positive Signale in Bayern, in Deutschland insgesamt. Es ist mittlerweile so, daß auch die französischen Bahnen über eine Gesamtreform nachdenken, die bereits vorgeschlagen wurde. Ich habe gerade einen Artikel aus der "Libération" bei mir, der diese Details der französischen Bahnreform dokumentiert. Darin ist einiges von dem enthalten, meine sehr verehrten Damen und Herren, was wir hier als Anträge vorgeschlagen und vorgestellt haben.

Entscheidend wird es aber sein, ob es auf europäischer Ebene Regelungen und Schritte in Richtung Kostenwahrheit gibt. Wenn es diese Schritte in Richtung Kostenwahrheit nicht gibt, wird der umweltverträgliche Verkehr langfristig ein Defizitbringer bleiben, wird er keine echte Konkurrenzchance haben.

Ich bin nicht zufrieden mit dem, was nun an konkreten Planungen seitens Brüssels in Richtung neuer Wegekostenrichtlinie vorgestellt wurde, wonach die extreme Reduktion der Straßenbenützungsgebühr, die uns in Österreich von 48 000 S pro Jahr und LKW auf 16 000 S in Summe geführt hat, nicht wirklich korrigiert wird, sondern es lediglich eine relativ geringfügige Schadstoffzulage für "Stinker" – könnte man sagen –, Alt-LKWs geben soll, es aber keinen Ausgleich für die seitens der EU erzwungenen Reduktionsschritte im Bereich der Straßenbenützungsgebühr – wie gesagt: von 48 000 auf 16 000 S pro Jahr – gibt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die letzte Sitzung des Verkehrsausschusses war für mich – und damit bin ich beim letzten Satz – ein Musterbeispiel dafür, daß es in der Regierung im Bereich Verkehrspolitik absolut keinen Konsens mehr gibt, daß es eine rote und eine schwarze Verkehrspolitik gibt – und nur ein Minimalkonsens hält diese beiden Flügel zusammen. Dieser Minimalkonsens verhindert aber, daß an einem Strang gezogen wird. Und solange das so ist, wird sich an der Verkehrssituation in Österreich nichts ändern, man wird sich weiterhin gegenseitig austricksen, man wird sich gegenseitig ausspielen, es wird weiter so sein, daß die SPÖ eine Mitfinanzierung durch die Länder fordert. Kukacka wiederum reklamiert jede Passage aus jedem Gesetz heraus, die diese Mitfinanzierung festschreiben würde – und so wird alles beim alten bleiben. Zwischen den Stühlen durchfallen werden die ÖBB, die Pendler, und so wird es weitergehen. Das ist zu befürchten, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Letztes Beispiel aus dem Verkehrsausschuß: die Bekämpfung des Eisenbahnlärms. Da gibt es seit Jahren eine Entschließung des Unterausschusses des Verkehrsausschusses, die durchaus klar und deutlich ist. Und da ist uns eine Stunde vor Beginn der Sitzung des Verkehrsausschusses letzte Woche ein Entschließungsantrag von ÖVP und SPÖ zugegangen. – Titel:


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Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kukacka und Parnigoni. Darin ist eindeutig und klar festgeschrieben, daß auch Finanzverhandlungen mit den Ländern aufzunehmen sind, um dieses Problem im Sinne der damaligen Entschließung des Nationalrates lösen zu können, und zwar das Bahnlärmproblem.

Und was ist geschehen, meine sehr verehrten Damen und Herren? – Knapp vor der Sitzung des Ausschusses, zu Beginn, wurde uns mitgeteilt, daß auf Druck der ÖVP, auf Druck des Kollegen Kukacka dieser Antrag zurückgenommen wurde und wieder die Passagen Ländermitfinanzierung fein säuberlich herausgestrichen wurden. Und damit wird es wieder zu keiner Problemlösung kommen, Herr Kollege Kukacka! (Abg. Mag. Kukacka: Das ist ja lächerlich!) Kollege Firlinger und ich haben uns den Scherz erlaubt, daß wir genau den Antrag, den SPÖ und ÖVP geschrieben hatten (Abg. Mag. Firlinger: Das war lustig!) , daß wir genau diesen Antrag Kukacka/Parnigoni – das muß ja doch ein guter Antrag sein, wo "Kukacka" draufsteht, wird ja auch "Kukacka" drinnensein, habe ich mir immer gedacht (Abg. Wabl: Bitte nicht!) – als Firlinger/Anschober-Antrag eingebracht haben in der Hoffnung: Na gut, da wird dann endlich einmal etwas Sinnvolles beschlossen.

Was ist passiert? – Der SPÖ/ÖVP-Antrag, nun mit der Überschrift "Firlinger/Anschober", wurde von SPÖ und ÖVP abgelehnt. – Das ist die Verkehrspolitik in Österreich! – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

14.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Scholten. – Bitte, Herr Bundesminister.

14.34

Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst Dr. Rudolf Scholten: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe die ganze Zeit gehofft, daß ich die Spielzeuglok samt den Unterschriftslisten geschenkt bekomme. Die Spielzeuglok habe ich nun einmal nachweisbar nicht geschenkt bekommen, die Unterschriftslisten würden mich interessieren, und zwar nicht der Namen, sondern der Quantität wegen. Ich habe nämlich ein Problem und ich möchte das vorweg – bei allem inhaltlichen Einverständnis mit vielen Punkten, die Sie erwähnt haben – sagen:

Das Thema Verkehrspolitik erfordert – was für andere Politikbereiche wohl auch gilt – einen ernsthaften Umgang, für etwas anderes sind diese Fragen einfach zu wichtig. Ich habe vorhin etwas getan, wofür ich mich gleich vorweg entschuldige, weil es eigentlich nicht den Spielregeln dieses Hauses entspricht: Da ich schräg hinter Ihnen, Herr Abgeordneter Anschober, gesessen bin und Sie laufend Briefe vorgelesen haben, habe ich mich vorgebeugt und wollte diese Briefe sehen, weil ich Sie nämlich bitten wollte, sie mir zu geben. – Also: Ein guter Teil dieser "Briefe" waren APA-Meldungen! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Unglaublich! Anschober, stimmt das?)

Mir geht es wirklich darum, daß wir mit diesen Themen ernster umgehen. Von einem Herrn Weber war tatsächlich ein Brief dabei, den Sie auch vorgelesen haben, um der Wahrheit gerecht zu werden.

Ich habe bei der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses – ich glaube, es war vor rund zehn Tagen – jene Kollegen im Ausschuß, die über die Fahrplanfragen besonders Beschwerde geführt haben – zu Recht; ich habe nie, weder öffentlich noch privat, diese Mängel, die im Zusammenhang mit dem Sommerfahrplan entstanden sind, zu kaschieren versucht –, jene Kollegen, die sich mit der Beschwerde über den neuen Fahrplan gemeldet haben, gebeten, mir konkrete Beispiele zu schicken. Die Korrektur – ob man nun zuständig ist oder nicht, aber auf jeden Fall hat man Möglichkeiten, diese Informationen so weiterzuvermitteln, daß sie dort hinkommen, wo sie hingehören – kann man ja nur konkret vornehmen. Abstrakt kann man Reden halten, aber dem einzelnen Pendler oder der einzelnen Pendlerin geht es wohl um den konkreten Zug, die konkrete Verbindung, die er oder sie nützt.


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Es ist keine Übertreibung – so sehr ich mein Über-die-Schulter-Schau-Beispiel gleich wieder streichen möchte –, wenn ich sage, ich habe nicht ein einziges Beispiel bekommen, obwohl diese Sitzung jetzt zehn Tage her ist. (Abg. Anschober: Das haben Sie alles von der Arbeiterkammer bekommen! Ganz konkrete Beispiele!)

Nein, ich meine etwas anderes. Ich habe im Ausschuß diejenigen, die da Beschwerden hatten, persönlich gefragt und gesagt: Schicken Sie mir diese Beispiele, und ich verspreche Ihnen, ich werde dem in jedem Einzelfall nachgehen, weil es mir darum geht, daß wir konkrete Probleme lösen. – Ich habe kein einziges bekommen! Wir haben von den Arbeiterkammern Beispiele bekommen, wir haben über die Medien Beispiele bekommen, wir haben interessanterweise auch von einer Reihe von Abgeordneten Beispiele bekommen, aber das waren nicht diejenigen, die Reden darüber halten, wie fürchterlich der Fahrplan ist, sondern das waren offensichtlich diejenigen, denen die konkreten Anlaßfälle wichtiger sind als das Gestalten von Auslagenfenstern.

Das gilt im übrigen auch für die Finanzierungsstruktur: Ich bin der erste, der froh wäre, wenn die ÖBB eine andere Finanzierungsstruktur, eine andere Kapitalisierung beziehungsweise eine andere Verschuldenssituation hätten. Wir würden uns in vielen Fragen leichter tun. Nur: Wir haben ein konkretes Problem ... (Abg. Koppler: Um die Pendler-Probleme ist es aber schon gegangen!) So ist es! Wir haben ein konkretes Problem, nämlich ein organisatorisches, das sehr viele Menschen in diesem Land betroffen hat und hoffentlich heute nur mehr einen kleineren Teil betrifft, nämlich im Zusammenhang mit den Pendlern. Zu Recht wurde im Zusammenhang mit diesem Problem die Vorgangsweise stark kritisiert. Das jetzt mit allem möglichen zu vermischen, geht nicht. Ich möchte sehen, welchem dieser Pendler, der Ihre Listen unterschrieben hat, Sie zur Antwort geben können: Ja, Sie haben recht, wir werden jetzt die Finanzierungsstruktur der Bahn ändern, die ÖBB brauchen eine bessere Kapitalstruktur. – Das wird den Pendler um 5.35 Uhr in Wr. Neustadt besonders aufregen!

Wir müssen doch wohl in einer konkreten Fragestellung auch in den Bereichen zu helfen suchen, wo die Probleme entstehen, und das war nun einmal derzeit mit Sicherheit nicht die Finanzierungsstruktur – so sehr ich – ich wiederhole mich – nicht bestreite, daß wir uns in vielen Fragen leichter täten, wenn wir eine andere Finanzierungsstruktur hätten! Und wenn Sie mir jetzt sagen, wir müßten nicht soviel sparen, hätte die Bahn nur weniger Schulden, so kann ich Ihnen zur Antwort geben: Als Steuerzahler bin ich sehr daran interessiert, daß die Bahn – unabhängig von ihren Fremdmitteln – das Thema Betriebswirtschaft sehr ernst nimmt, und dieser Fahrplan ist zu einem großen Teil – insofern bleibe ich auch bei der Antwort, die ich gegeben habe – natürlich aus betriebswirtschaftlichen Gründen notwendig. Daß die Umsetzung mit sehr vielen Fehlern behaftet war, ist erstens von mir nie bestritten, zweitens zu einem größeren Teil bereits korrigiert worden und ist selbstverständlich etwas, was man als Fehler, als Mangel einzugestehen hat. Das hat auch Herr Generaldirektor Draxler oft genug getan, indem er zugegeben hat: Hier sind Fehler passiert, und wir müssen sie korrigieren. Wir können das jetzt, wenn Ihnen das gefällt, auch noch oft wiederholen, aber es ändert nichts an der Tatsache. Es versucht niemand zu beschönigen, daß in der Umstellung Fehler passiert sind. Es ändert aber auch nichts daran, daß die Bahn unter einem großen wirtschaftlichen Druck zu arbeiten hat.

Es ist im übrigen auch im Vergleich mit den europäischen Verhältnissen unrichtig, die ÖBB in eine Ecke zu stellen, als ob es in halb Europa eine offensive Bahnpolitik gäbe, wir aber eine defensive hätten. Nennen Sie mir ein einziges Land in Europa – meine Frage beziehungsweise die Information dahinter beruht nämlich auf einer Statistik, die von der Europäischen Union vor kurzem veröffentlicht wurde –, wo es einen größeren Marktanteil der Bahn gibt als in Österreich, sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr!

Wenn man über statistische Details spricht, dann – da gebe ich Ihnen schon recht – verändert das an der Grundaussage nichts. Das ist auch eine große Verantwortung und kann nicht Ausrede dafür sein, daß wir leichtfertig mit diesem hohen Marktanteil umgehen.

Nun zu Bayern. Wir können eine einfache Vereinbarung treffen: Wenn sich Oberösterreich mit so viel Geld an den Bundesbahnen beteiligt, wie Bayern zahlt, dann kommen wir auch zu mehr


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Zügen. Wir können dieses Spiel nicht immer hin- und herspielen. – Bitte? (Abg. Mag. Kukacka: Eine gesetzliche Grundlage!) Also: Ein Gesetz zahlt noch nichts! Ich kann Ihnen nur aus dem Niederösterreich-Vertrag zitieren, über den ich sehr froh bin und den ich tatsächlich, so wie ich das auch gesagt habe, als einen Durchbruch verstehe. Niederösterreich hat natürlich Mitspracherechte, nicht zuletzt in der Nebenbahnfinanzierung. Niederösterreich hat natürlich auch Möglichkeiten, auch organisatorisch sehr selbständig in diesem Bereich zu verfahren, allerdings in einer ausgewogenen Position zur ÖBB, sodaß wir eine Situation ausschließen können, in der sich der eine auf den anderen ausredet, eine Situation, in der einer den anderen aushebelt, eine Situation, die auf dem Rücken der Kunden ausgetragen wird. Ich sage hier in aller Öffentlichkeit: Einen Vertrag wie mit Niederösterreich würden wir mit Oberösterreich sofort abschließen. Es bräuchte nur die bayrische Bereitschaft, die Voraussetzung für einen solchen Vertrag ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Kukacka: Da hätten die ÖBB nichts zu reden im Regionalverkehr!) D as ist nicht der Eindruck von Niederösterreich.

Man darf auch nicht vergessen, daß dieser Vertrag, der mit Niederösterreich abgeschlossen werden konnte, ja mehr bedeutet, als daß wir einen Zuschuß des Landes bekommen. Es wird eine sehr große – ich glaube sogar, seit vielen, vielen Jahren die größte – Investition in das rollende Material getätigt, es werden Nebenbahnen finanziert, und es gibt Infrastrukturgarantien vom Bund.

Es gibt im übrigen auch weitere Arbeitsplätze – das wurde in der öffentlichen Präsentation naturgemäß nicht so in den Vordergrund gestellt, aber ich will das gerade hier betonen. – Es wird etwas über 1 000 Arbeitsplätze für Menschen geben, die im Zusammenhang mit der Produktion dieser insgesamt 240 Doppelstockwaggons Beschäftigung haben, und zwar zumindest über den Zeitraum der nächsten fünf Jahre. Es sind also sozusagen 5 000 Arbeitsjahre dadurch gesichert, was schon eine gewaltige Menge ist. Ich möchte ausdrücklich – das ist mir sehr wichtig, weil das auch diskutiert wurde – etwas hinsichtlich des Bestellrhythmus sagen: Die Waggons sind bestellt! Es geht also nicht darum, daß wir da jetzt irgend etwas ankündigen, das dann wieder jahrelang dauert, bis konkrete Bestellungen erfolgen. Diese 240 Doppelstockwaggons – 60 waren es schon, jetzt kommen weitere 180 dazu – sind bereits in Auftrag gegeben!

Ich komme aber noch auf einen Punkt zurück, den Herr Abgeordneter Kukacka erwähnt hat, nämlich die gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Selbstverständlich ist es – und daran wird auch gearbeitet – mehr als nur eine Überlegung und mehr als nur ein Zitat wert, zu überdenken, ob wir nicht gemeinwirtschaftliche Leistungen nicht nur an Zahlen, an der Anzahl von Köpfen etwa, sondern auch an qualitativen Standards messen sollen. Genau daran arbeiten wir jetzt. Mir schwebt vor, und ich halte das auch für erreichbar, für gut und richtig, daß wir die Zahlung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen an gewisse Standards binden, die nicht nur die Anzahl der Köpfe oder Fahrten der Pendler berücksichtigen, sondern die auch mit Pünktlichkeit, mit Ausstattung, mit Wagenqualität, mit Frequenzen et cetera zu tun haben.

Im übrigen, und das ist auch wichtig, damit das nicht als eine Ankündigung verstanden wird, die erst in vielen Jahren Wirksamkeit zeigt: Ab Dezember des heurigen Jahres wird für die nächsten vier Jahre – genauer: viereinhalb Jahre – jede Woche ein solcher Doppelstockwaggon zusätzlich zum Einsatz kommen; also im kommenden Dezember werden die ersten Waggons eingesetzt und von dort an jede Woche weitere. Andersherum gesagt: Es wird während einer Zeit von vier bis fünf Monaten ausgeliefert werden.

Abgeordneter Firlinger hat mich gebeten, ein Wort zum Thema Semmering zu sagen. Das ist sehr einfach: Wir haben derzeit eine Ausschreibung für private Finanzierungsinteressen laufen. Die Interessenten wurden aufgefordert und eingeladen, ihr Interesse ökonomisch meßbar – sprich Angebote – bis Ende dieses Jahres zu deponieren. Mein Vorgänger hat das Projekt Semmering-Tunnel bereits sehr klar hinsichtlich der Notwendigkeit eines hohen privatwirtschaftlichen Finanzierungsanteils kommentiert. Wir sind also auch gebunden, ich wiederhole diese Erklärung und fühle mich daher auch verpflichtet, daß es zu diesen privaten Finanzierungen kommt. In der Folge ist es so, wie das bei solchen Angelegenheiten nun einmal ist, daß wir die Ergebnisse dieser Ausschreibung abzuwarten haben, bevor wir sie kommentieren können. Gegen Jahresende wird man nicht nur auf geologischer Seite, sondern insbesondere auf der


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finanziellen Seite wesentlich mehr an Erkenntnissen haben, die dann auch klarere und ökonomisch seriös untermauerte Antworten zulassen.

Meine Damen und Herren! Es schmerzt ein bißchen, aber das liegt wahrscheinlich im Zuge der aktuellen Debatten, daß wir vier Gesetzesvorlagen vorlegen, die in den Debattenbeiträgen bestenfalls am Schluß behandelt wurden, so nach dem Motto: Jetzt möchte ich noch einen Satz sagen, und dann kommen die aktuellen Gesetzesvorlagen zur Sprache, die heute hier vorgelegt werden.

Ich möchte mit einem ganz anderen Punkt schließen, nämlich mich von diesem Platz aus – und ich hoffe dabei auf die Öffentlichkeit dieses Platzes – bei den vielen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der ÖBB bedanken, die in den letzten Wochen in einer schwierigen Situation enorm viel dazu beigetragen haben, daß das Vertrauen und die Beziehung der Kunden zu den ÖBB nicht in jenem Maß Schaden genommen haben, wie das bei einem gegenteiligen Verhalten der Beschäftigten der Fall hätte sein können. Es ist dies nicht nur nicht selbstverständlich, daß diese so agiert haben, sondern es widerspricht auch einem Klischee, das gerne aufgebaut wird, nämlich daß die Beschäftigten der ÖBB sich mit ihrem Unternehmen nicht mehr in dem gleichen Ausmaß wie früher verbunden fühlen. Die letzten Wochen haben gezeigt, daß das Unternehmen nicht nur von seinen Mitarbeitern abhängt, sondern sich auf seine Mitarbeiter auch verlassen kann, und das in einer schweren Situation! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Edler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.47

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Vorerst einmal, Herr Bundesminister, herzlichen Dank für die freundlichen Worte, die Sie an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen Eisenbahner gerichtet haben. Diese hatten es sicherlich nicht leicht in den letzten Wochen. Ich werde diesen Dank den Kolleginnen und Kollegen gerne übermitteln.

Aber jetzt zu Ihnen, geschätzter Kollege Kukacka: Gibt es eine Neuorientierung in der ÖVP nach dem Motto: "die Zukunft liegt in der Vergangenheit"? – Wenn ich mich zurückerinnere: Das erste Mal hatte ich als junger Staatsbürger die Ehre, hier als Zuhörer, als Zuseher die Debatten zu verfolgen. Die ÖVP-Position war damals, grundsätzlich gegen die roten Eisenbahner vorzugehen, und daran hat sich anscheinend Ihrer Diktion nach nichts geändert: Die ÖBB müssen angegriffen werden, weil dort Sozialdemokraten die Mehrheit haben. – Das ist Ihre Politik! (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Kukacka: Die schärfste Kritik ist von den Eisenbahngewerkschaftern gekommen! Lesen Sie die Presse!)

Herr Kukacka! Sie nehmen eine schwierige Situation bei den ÖBB, nämlich den Fahrplanwechsel 2. Juni 1996, bei dem Fehler gemacht worden sind, zum Anlaß, alles in Frage zu stellen, obwohl Sie im Namen des Koalitionspartners ÖVP seit Jahren mitverhandeln: Sie haben unter Streicher mitverhandelt (Abg. Mag. Kukacka: Fahrplan!) , Sie haben unter Klima mitverhandelt – damals im Komitee mit Kollegen Schmölz, dann mit Kollegen Hums –, und es ist ein Kompromiß geschlossen worden, der nicht unbedingt von den Sozialdemokraten goutiert wurde – aber in der Koalition muß es Kompromisse geben. Es ist damals um eine sehr existentielle Frage gegangen, nämlich um die Kapitalausstattung, die nicht zustande gekommen ist, weil Sie das verhindert haben, geschätzter Herr Kollege Kukacka! Das haben Sie damals verhindert. Das kommt nicht in Frage, haben Sie gesagt. (Abg. Mag. Kukacka: Das hat Lacina abgelehnt! Lacina, Streicher und Klima waren das! Das müssen Sie Ihren Gewerkschaftern erzählen!) Ja, ja, wir haben ständig Kontakte und unsere Informationen. Da brauchen Sie nicht einzuflüstern.

Meine Damen und Herren! Zum Grundsätzlichen: Noch einmal: Der Fahrplanwechsel ist sicherlich falsch angesetzt worden, die Fehler, die vom Management leider verursacht worden sind, wurden aufgezeigt. Ich sage noch einmal: Die Kolleginnen und Kollegen Eisenbahner haben sich sicherlich bemüht – auch in den letzten Jahren schon, auch bei der Einführung des be


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rühmten NAT 91 hat es Probleme gegeben –, mit weniger Personal mehr zu leisten. Sie haben sogar selbst angesprochen, daß die Wertschöpfung unserer Kolleginnen und Kollegen bei den ÖBB wesentlich höher ist als in anderen Ländern. Im Vergleich etwa zur DB oder zur Schweizer Bundesbahn gibt es die höchsten Zuwachsraten bei der Wertschöpfung bei den Österreichischen Bundesbahnen! (Abg. Dr. Fekter: Weil es vorher so niedrig war!) Ich glaube, das ist schon ein gemeinsames Verdienst.

Aber um zu zeigen, daß das ÖBB-Gesetz auch etwas Gutes und sicherlich die richtige Entscheidung war: Wenn wir von 1993 bis 1995 eine Steigerung von 6 Millionen Tonnen im Güterverkehr hatten, dann ist das international eine sehr große Leistung. Das hat keine andere Bahn in Europa eingefahren! (Abg. Mag. Kukacka: Da waren Sie dagegen!)

Bei den Reisenden haben wir inzwischen um 25 Millionen Reisende mehr, meine Damen und Herren! Für uns als Belegschaftsvertretung sicherlich bedauerlich, aber wir werden sinnvollere Formen, Organisationsreformen finden. Diese sind zwar schmerzlich im Betrieb, wir werden das aber als Gewerkschaft der Eisenbahner und als Personalvertretung sicherlich mittragen. Wir haben aber 7 000 Kolleginnen und Kollegen verloren, die in den letzen drei Jahren ihren Arbeitsplatz bei den Österreichischen Bundesbahnen eingebüßt haben.

Meine Damen und Herren! Grundsätzlich steht das Hochleistungsstreckengesetz zur Diskussion. Es wurde heute schon angesprochen, daß auch Dritte Hochleistungsstrecken in Österreich errichten können. Es wird damit etwas nachvollzogen, was nötig geworden ist, nachdem wir vor einigen Wochen ein sehr wichtiges Gesetz hier beschlossen haben, das auch die Beschäftigungspolitik betrifft, wodurch Impulse gesetzt werden, nämlich das Schieneninfrastruktur- und Finanzierungsgesetz. Es wird also eine Nachjustierung durchgeführt.

Für mich persönlich erfreulich ist es auch, daß in den letzten Wochen in den Verhandlungen mit den Bundesländern ganz allgemein wirklich ein besseres, neues Klima spürbar geworden ist. Herr Bundesminister! Herzlichen Dank dafür, daß Sie sich zur Verfügung gestellt haben, zwischen den Österreichischen Bundesbahnen und den Bundesländern zu vermitteln, damit es zu tragbaren Ergebnissen kommt. Der erste Erfolg ist der Vertrag mit dem Land Niederösterreich. Es ist wirklich zu begrüßen – dies gilt ganz besonders für die Berufspendler; sie sind wirklich die Ärmsten: denken Sie an den Zeitverlust, die Belastungen, die diese Kolleginnen und Kollegen dadurch in ihrem beruflichen Umfeld hinnehmen müssen! –, daß dadurch verstärkt bessere Angebote möglich sein werden!

Die Bestellung der Doppelstockwagen ist auch für unsere Wirtschaft, besonders für die Fahrzeugindustrie, deshalb so wichtig, da in diesem Bereich vor einigen Monaten leider Kurzarbeit und Kündigungen erfolgen mußten, die jetzt zurückgenommen werden. Es können nun in dieser Industrie wieder wesentlich mehr Kolleginnen und Kollegen beschäftigt werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich meine grundsätzlich aus sozialdemokratischer Sicht, und ich glaube, da gehen wir in vielen Positionen auch mit den Grünen konform: Die Regionen haben ein Anrecht auf Grundversorgung mit Verkehrsleistungen. Es gab viele Kolleginnen und Kollegen auch in diesem Haus – ich könnte Ihnen die Presseaussendungen bringen –, die permanent in den letzten Jahren gefordert haben: Herr Verkehrsminister, Herr Generaldirektor der Österreichischen Bundesbahnen, wann tun Sie endlich etwas gegen die sogenannten Geisterzüge? – Auch das war eine der Maßnahmen im neuen Fahrplan, daß diesbezüglich Anpassungen durchgeführt worden sind – daß dabei in der Gesamtheit natürlich einiges danebengegangen ist, das haben wir ja schon andiskutiert und angesprochen.

Dieser Vertrag mit Niederösterreich ist ein sehr wesentlicher Vertrag. Wir bekennen uns dazu, daß die Regionen – und auch die Bürgerinnen und Bürger – in Zukunft wesentlich stärker in die Fahrplangestaltung, praktisch in die gesamte Vernetzung der Verkehrsträger in der Region eingebunden werden müssen. Ich glaube, es wird sehr wesentlich sein, daß die Österreichischen Bundesbahnen die Gesamtheit der Schienenverkehrsleistungen auch in der Region erfüllen können.


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Aber übergeordnet, meine Damen und Herren, möchte ich noch etwas anderes ansprechen, weil es für uns in Österreich so wichtig ist und weil auch das Hochleistungsstreckengesetz eine der Voraussetzungen dafür ist. Es geht um die sogenannten TEN-Netze: Aus Brüssel wurden bereits positive Signale abgesendet, daß das endlich auch für unsere Hochleistungsstrecken umgesetzt werden kann – angefangen von der Brenner-Achse bis zur West-Ost-Achse beziehungsweise Nord-Süd-Achse. Das ist unbedingt notwendig, meine Damen und Herren! Da geht es nicht nur um die Verkehrspolitik, da geht es auch um den Wirtschaftsstandort Österreich! Denn wenn wir uns Zeit lassen – wir sollten das richtig erkennen –, besteht eine Gefahr. Ich bekenne mich zum Umweltschutz und auch zu den Gesetzen, aber wir müssen auch die Schwierigkeiten sehen, die sich ergeben, wenn wir zum Beispiel Trassierungen, die unbedingt notwendig sind, planen und durchführen wollen: Da ergeben sich doch oft jahrelange Verzögerungen! Wenn wir das in Österreich nicht rechtzeitig umsetzen können, dann besteht die Gefahr, daß Tschechien, die Slowakei, Ungarn statt dessen anbieten – sie wollen ja in die EU – und daß wir diese Strecken, die für den Wirtschaftsstandort Österreich sehr wichtig sind, verlieren, meine Damen und Herren! (Abg. Ing. Reichhold: Kollege! Deine eigenen Bürgermeister sind gegen diese Trasse!)

Zusammenfassend glaube ich, daß wir auf dem richtigen Weg sind, daß besonders Kollege Bundesminister Scholten auch in seinen Überlegungen ... (Abg. Ing. Reichhold: Das sind SPÖ-Bürgermeister!) Ja! Ich habe das überhaupt nicht politisch bewertet, ich habe nur grundsätzlich festgestellt, daß allgemein Behinderungen vorhanden sind, daß wir versuchen, das effizienter umzusetzen. (Abg. Ing. Reichhold: Wieso sagst du nichts dazu?)

Kollege Rumpold, wenn Sie mich schon ansprechen, dann muß ich Ihnen schon einen Vorhalt machen! (Abg. Ing. Reichhold: Ich heiße nicht Rumpold! – Rufe: "Reichhold"!) Pardon – Reichhold! Es ist ein bißchen schwierig mit Ihnen! (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie haben ja so gute "Lösungen" in der Wirtschaftspolitik und in der Verkehrspolitik. Da hat vor einiger Zeit ein FPÖ-Landtagsabgeordneter von Wien, Kollege Stix, gemeint, man könnte viel besser den wirtschaftlichen und verkehrspolitischen Gegebenheiten entsprechen, wenn man – zum Beispiel laut APA-Meldung vom 22. Mai 1995, laut "Standard" – Lohndrücker hereinholen und zum Beispiel die Bahnen von den Tschechen oder den Slowaken oder den Ungarn betreiben lassen würde. – Das ist Ihre Politik! Wir wollen eine andere Politik in der Vernetzung und Einbindung der Menschen in der Region. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich habe keine Partei genannt, sondern grundsätzlich erklärt, daß wir bei den Trassierungen, bei den Planungen und bei der Umsetzung gewisse Schwierigkeiten haben. Bei allem Verständnis für die Einhaltung der vorhandenen Gesetze müssen wir in Zukunft auch darauf schauen, daß wir gewisse Bahnnetze umsetzen, sonst sind wir die Langsamfahrstrecke von Europa – und das wollen wir nicht sein! (Beifall bei der SPÖ.)

14.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Preisinger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.58

Abgeordnete Dr. Susanne Preisinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist wirklich schade, daß Herr Kollege Kukacka den Saal verlassen hat und der Debatte jetzt nicht mehr beiwohnt, denn eines ist ihm schon zu sagen beziehungsweise ins Stammbuch zu schreiben. Wenn er hier vom Rednerpult aus sagt, wir von der FPÖ hätten nicht recht, wenn wir dem Minister vorwerfen, daß unsinnige Projekte gebaut werden, wenn wir den Minister in die Verantwortung nehmen, und wenn er davon spricht, daß das eine Unternehmensentscheidung ist, dann muß man ihn schon darauf hinweisen, daß es genau das seit dem Strukturanpassungsgesetz eben nicht mehr ist! Da frage ich mich schon, ob das lediglich eine Vogel-Strauß-Politik des Kollegen Kukacka ist oder ob er wirklich nicht mehr weiß, was er vor ein paar Monaten beschlossen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn es ist doch so, daß seit der letzten ÖBB-Novelle die Österreichischen Bundesbahnen das zu bauen haben, was der Minister will und verordnet, und damit die unternehmerische Hand


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lungsfreiheit stark eingeschränkt beziehungsweise unterbunden ist. Genau diese politische Vorgabe ist ja einer der Hauptkritikpunkte, die der ÖBB-Aufsichtsrat in seiner Stellungnahme zu dem Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz festgehalten hat. Und ich darf Ihnen da das Protokoll der Sitzung vom 26. März dieses Jahres in Erinnerung rufen, wo der Aufsichtsrat feststellt: "Weiters widerspricht laut Erachtens der ÖBB der Entwurf dem Geist des Bundesbahngesetzes 1992 und es könnte, wie bereits erwähnt, die Eigenverantwortlichkeit des Vorstandes sowie des Aufsichtsrates eingeschränkt werden, insbesondere auch durch die verordnungsmäßige Übertragung von Eisenbahnvorhaben an die ÖBB."

Noch viel deutlicher sagt dies einige Zeilen weiter Herr Generaldirektor Schuster – ich zitiere wieder wörtlich –: "Sehr bedenklich ist es, wenn von einer neuen Gesellschaft die Investitionsstrategie gesteuert wird, wir im Aufsichtsrat ja sagen sollen und für eventuelle Folgeeffekte in der ÖBB aber in die Verantwortung einbezogen werden." – Ich glaube, damit ist das eigentlich völlig klargestellt, und es dürften sämtliche Mißverständnisse, die auch seitens der ÖVP hier vorliegen, ausgeräumt sein, noch dazu, wo Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, früher immer auf die Weisungsfreiheit gegenüber dem Minister gepocht haben, dafür eingetreten sind und sich immer für einen weisungsfreien Vorstand stark gemacht haben. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ach, so ist das!)

Was ist da passiert? Ist es nicht so, daß Sie sich in der Frage des Strukturanpassungsgesetzes von der SPÖ über den Tisch ziehen haben lassen? Denn anders kann ich mir Ihre Vorgangsweise und Ihre Stellungnahme jetzt nicht mehr erklären. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber lassen Sie mich kurz noch auf ein wirklich signifikantes Beispiel für diese politisch motivierten Bauvorhaben näher eingehen, und zwar auf eines, das man sich wirklich zu Gemüte führen muß. Es geht dabei um die österreichische Strecke des Abschnittes des Projektes Parndorf–Kittsee bis Bratislava/Petrýalka. Das ist ein Beispiel dafür, wie man Verkehrspolitik wirklich nicht betreiben sollte und wie ohnedies kaum vorhandenes oder knappes Geld in kontraproduktive Vorhaben investiert wird, obwohl keinerlei Bedarfsprioritäten gegeben sind und andere, viel wichtigere Vorhaben negiert und vernachlässigt werden.

Auf die Konfliktträchtigkeit zweier konkurrierender Geschäftsbereiche – Absatz und Infrastruktur – durch die Trennung der staatlichen Bahnen in diese zwei Hauptgeschäftsbereiche hat Kollege Firlinger schon hingewiesen. Auch in diesem Fall ist das sehr konfliktträchtig, denn da ist es doch tatsächlich so, daß der Geschäftsbereich "Absatz" der ÖBB für diesen Bauabschnitt, für diese Strecke Parndorf–Kittsee, die 1998 fertiggestellt werden soll, keine Absicht hat, Personen- oder Güterverkehrsleistungen zu bestellen, und zwar deshalb, weil keine betriebswirtschaftlich sinnvollen Gründe vorliegen und daher auch keine Züge auf dieser Strecke fahren werden, wenn nicht jemand anderer als die ÖBB Leistungen bestellt. Daß sich andere Interessenten finden werden, ist angesichts der negativen betriebswirtschaftlichen Überlegungen wohl kaum zu erwarten.

Andererseits wiederum wird vom Geschäftsbereich "Infrastruktur" aus politischen Gründen und auf politischen Druck hin am Projekt weitergearbeitet, munter drauflosgearbeitet, weil das vom Vorgänger des Herrn Bundesministers Scholten – den das offensichtlich auch nicht mehr interessiert – und vom jetzigen Verkehrsminister so gewollt ist.

Der Geschäftsbereich "Absatz" befürchtet nun heute schon, daß nach der Fertigstellung dieses Projekts die Verantwortlichen in den ÖBB sich dem politischen Druck beugen werden und wider besseres Wissen zumindest einen Alibiverkehr auf dieser Strecke einrichten werden.

Jetzt glaube ich aber – und ich glaube, die Mehrzahl der Österreicher ist mit mir da sicherlich einer Meinung –, daß für so einen Alibiverkehr das ganze Projekt wirklich zu teuer ist, kostet es doch in Summe 1,1 Milliarden Schilling. Auf der anderen Seite gibt es Projekte, die wesentlich sinnvoller wären und deren Sinnhaftigkeit auch schon von verschiedenen Seiten verifiziert und bestätigt wurde, zum Beispiel das Projekt der Wiener Flughafen-Schnellbahn, für die zwar schon dreimal ein Spatenstich über die Bühne gegangen ist und deren Dringlichkeit, wie gesagt, immer wieder nachdrücklich betont wurde, die aber schön langsam und sicher und unaufhörlich vor


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sich hinschlummert und für die nach zwei Jahren Bautätigkeit nichts anderes zuwege gebracht wurde als eine Straßenunterführung. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Ich glaube – das möchte ich abschließend nochmals betonen und festhalten –, es sollten solche Projekte wirklich nach Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit verwirklicht werden und nicht nach politischem Prestigedenken, wie es bei diesem geschilderten Beispiel Parndorf–Kittsee eben der Fall ist. Das war schon ein reines Prestigeobjekt des Herrn Bundesministers Klima, und offensichtlich erfolgte die nahtlose Übergabe an den Nachfolger, Herrn Bundesminister Scholten.

Solche Projekte sollten also nicht nach dem Prestigedenken von Politikern, sondern endlich einmal nach dem schon lange erwarteten Bundesverkehrswegeplan und nach einer schon längst überfälligen Prioritätenliste durchgeführt werden. Ich glaube, das sind unsere Regierungsvertreter – ich denke, da sind auch Sie mit mir einer Meinung – dem steuerzahlenden Staatsbürger wirklich schuldig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kaiser. Er hat das Wort.

15.05

Abgeordneter Dipl.-Ing. Richard Kaiser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir werden heute die HL-Gesetz-Novelle beschließen, die klarstellen soll, daß auch Dritte Eisenbahnlinien errichten können. Damit dies geschieht, bedarf es des Vertrauens. Wenn wir so diskutieren, wie wir in der letzten Stunde hier diskutiert haben, dann, fürchte ich, wird sich niemand finden, der investiert. Ich muß mich schon sehr über den Kollegen Edler wundern, den ich sonst sehr schätze – er ist leider zurzeit nicht im Saal (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Er hat nur seine Wortspende abgegeben!) –, der gemeint hat, man müßte wieder einmal daran erinnern, daß es 95 Prozent Sozialdemokraten bei den Bundesbahnern gibt. Wenn man so argumentiert und Macht ausspielen will, dann wird niemand sein Geld dort investieren. Ich glaube, das sollte man auch einmal festhalten! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl. )

Ich bekenne mich dazu, daß wir die Bahn unterstützen. Wir brauchen sie, denn die Straße ist überhaupt nicht in der Lage, die Verkehrslawine, die auf uns zukommt, aufzunehmen. Daher haben wir alles zu unternehmen, daß das funktioniert, vor allem was die West-Ost-Achse betrifft. Wir haben vor kurzem hier beschlossen, daß in den nächsten fünf Jahren 62 Milliarden Schilling in den Ausbau investiert werden sollen, und ich glaube, wir waren eigentlich alle stolz darauf, daß diese Beträge bereitgestellt werden können. – Soweit zur HL-AG.

Ich möchte mich auch mit dem Thema Nahverkehrsvertrag Niederösterreich – ÖBB auseinandersetzen. Ich glaube, daß Niederösterreich schon immer bewiesen hat – auch im Rahmen des Verkehrsverbundes Ost-Region –, daß es daran interessiert ist, gemeinsam mit den ÖBB, aber auch mit dem Bundesland Wien zu einer Lösung zu kommen. Da ich selbst an einer funktionierenden Nebenbahn wohne, freue ich mich daher ganz besonders, daß es mit diesem Vertrag wieder gelungen ist, die Nebenbahnen, so wie sie jetzt bestehen, für die nächsten 26 Jahre zu sichern. Es ist immerhin ein Betrag von jährlich 120 Millionen Schilling, der für den Betrieb dieser Nebenbahnen aufgewendet wird. Ich möchte da wirklich allen Beteiligten, voran natürlich dem Bundesland Niederösterreich, recht herzlich danken!

Es ist verständlich, daß sich das Land Niederösterreich auch im Sinne der Ausführungen des Helmut Kukacka abgesichert hat, daß es eine Landesgesellschaft gründen kann, die unter Umständen diese Verkehrsstrecken erwirbt, ausbaut und betreibt. Ich glaube, daß damit auch sichergestellt ist, daß in Zukunft keine Löcher in diesem Verkehrsnetz entstehen.

Weiters ist in diesem Übereinkommen festgehalten, daß von 1996 bis 2000, wie schon von einigen Vorrednern erwähnt worden ist, 240 neue Waggons für die niederösterreichischen Pendlerstrecken in Betrieb genommen werden sollen. Es handelt sich um Doppelstockwaggons, für die das Land jährlich 66 Millionen Schilling dazulegt, und je Garnitur werden künftig statt 700 dann 1 200 Fahrgäste befördert werden können.


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Der Arbeitsplatzeffekt wurde vom Herrn Bundesminister schon angeschnitten. Es sind bereits 60 Stück in Auftrag gegeben. (Bundesminister Dr. Scholten: Alle sind bereits in Auftrag gegeben!) Alle sind in Auftrag gegeben, höre ich, aber in der Presseaussendung stand, daß es 60 sind. (Bundesminister Dr. Scholten: In Arbeit sind 60!) In Arbeit sind 60. Es freut mich, das zu hören. Ich nehme das gerne zur Kenntnis.

Mich freut auch, daß die ersten Garnituren vor allem auf der West- und Südbahn eingesetzt werden, wo es bei den Pendlern doch beachtliche Probleme gegeben hat. Auch die Zielorte wurden schon erwähnt. Ich sage nur: Mistelbach, Retz, Bernhardsthal, Krems, Gmünd, Laa an der Thaya und die Strecke Krems–Lilienfeld.

Ich glaube auch, daß es nicht notwendig ist, wie die Grünen meinen, die Bundesländer zu verpflichten, die Gelder, die MÖSt-Mittel entsprechend einzusetzen, ich glaube, Niederösterreich zeigt, daß man gewillt ist, den Nahverkehr nicht auf die Straße zu verlagern, sondern auf die Bahn, also auch die Bahn entsprechend mitzuberücksichtigen.

Ich möchte auch in Erinnerung rufen – die Zeit erlaubt es nicht mehr, das genau auszuführen –, daß im Bereich Park-and-ride einiges geschehen ist, aber daß auch da noch einiges nachzuholen sein wird.

Trotz dieser positiven Feststellungen möchte ich auch auf die Verärgerung der Fahrgäste hinweisen. Hoffentlich ist das ab nächster Woche dann endgültig besser. Aber mit dem Wirksamwerden des Sommerfahrplanes hat es arge Probleme auf der Süd- und Westbahn gegeben. Mir berichten Freunde, die auf der Westbahn täglich zu ihrem Arbeitsplatz in Wien fahren, daß ein regelrechter Kampf stattfand, einen Waggon zu erhaschen und darüber hinaus einen Sitzplatz im Waggon.

Von dem, was ich von diesen Leuten, von diesen Pendlern, die zum Beispiel die Westbahn benützen, erfahren habe, erwähne ich eine Sache, von der ich eigentlich bisher noch nichts gehört habe. Da wird kritisiert, daß angeblich die Bahn 180 Waggons – ich zitiere wörtlich – der Extraklasse vor kurzer Zeit ins Ausland verkauft hätte, die auf der anderen Seite hier fehlen, und daß auf der Strecke Wien–Salzburg zwar Blocks bestehen, daß also drei Zuggarnituren in kurzen Abständen die gleiche Strecke befahren, daß aber dazwischen vor allem am Abend größere Intervalle entstehen und die Leute warten müssen.

Des weiteren wurde mir gesagt – das wurde heute auch hier schon kritisiert –, daß man jetzt für den Euro-City-Zug einen Zuschlag, der für einen Pendler 3 500 S pro Jahr ausmacht, bis St. Pölten in Kauf nehmen muß und daß deshalb die Pendler den Zug nicht in Anspruch nehmen. Dazu kommt noch, daß die Pendler nicht wissen, ob der Zug rechtzeitig einlangt und ob sie dann rechtzeitig zur Arbeitsstelle kommen.

Eine weitere Kritik, die ich auch hier vorbringen möchte, war, daß bei manchen Betrieben am Freitag Frühschluß ist, also um 14 Uhr. Dienstnehmer, für die das zutrifft, finden aber auf der Westbahn um diese Zeit keinen geeigneten Zug und müssen dann PKW-Fahrten organisieren. Am Wochenende gibt es ebenfalls Probleme. Ich gehe aber davon aus, daß sich das in Zukunft bessert.

Eine Anregung wurde auch gemacht: 95 Prozent der Pendler verfügen über Zeitkarten, seien es nun Jahres-, Monats- oder Wochenkarten. Es sind schon Entwerter aufgestellt, aber sie sind nicht in Betrieb, und man meint, man könnte hier auch Personal einsparen, wenn die Zeitkartenbesitzer diese Entwerter verwenden könnten.

Noch eine Kritik, die ich vorbringen muß, weil sie mir auch dramatisch geschildert wurde: Ich habe Verständnis für Sozialleistungen, die die Bahn für ihre Beschäftigten erbringt, aber angesichts überfüllter Züge besteht bei den Pendlern wenig Verständnis für reservierte Dienstabteile, noch dazu in der ersten Klasse. Kritisiert wird auch, daß bei Platzkartenabteilen die Plätze nicht konkret reserviert sind, sondern nur draufsteht: "Bei Bedarf freizumachen". Es traut sich dann niemand so recht, in diese Abteile hineinzugehen.


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Und noch ein Hinweis auf eine Beschwernis, deren Behebung für die Pendler interessant wäre. Wir haben jetzt wieder die heiße Zeit, die Züge stehen auf den Gleisen und werden stark aufgeheizt, weil sie während dieser Zeit nicht ventiliert werden können. Die Klimaanlage kann erst eingeschaltet werden, wenn die Loks angekoppelt werden. Die Pendler meinen nun, ob es nicht möglich wäre, ein wenig früher anzukoppeln. Weiters regen sie an, ob es nicht möglich wäre, daß die Fahrgäste selbst – da die Fenster bei Klimaanlagen logischerweise verschlossen sind – entscheiden können, ob in den Waggons ventiliert wird oder nicht, daß sie also die Ventilation selbst in Gang bringen. Es dauert oft sehr lange, bis der Schaffner zum erstenmal zu dem betreffenden Abteil kommt und gegen die Hitze etwas unternimmt.

Das waren nur ein paar Gedanken. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, daß ich negativ dazu stehe, ganz im Gegenteil, aber ich glaube, man sollte alle Ungereimtheiten vermeiden, damit die Bahn auch in Zukunft ein attraktives Verkehrsmittel bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)

15.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. Er hat das Wort.

15.14

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Als jemand, der oft die Südbahn benutzt, könnte ich den hier geschilderten Mißständen noch einiges hinzufügen, was die Verbindung Wien–Graz angeht, aber da das hier schon so ausführlich dargestellt worden ist, will ich nicht darauf eingehen. Ich sage Ihnen nur, es gibt auch in diesem Bereich eklatante Mängel, die dazu führen, daß die Attraktivität der Bahn einfach nicht gegeben ist. Und das ist etwas, was man abstellen muß. Es sind mitunter wirklich nur Kleinigkeiten, die aber zu einem negativen Eindruck führen, sei es, daß einfach die Versorgung im Zug selbst nicht stimmt, sei es, daß die Waggons unaufgeräumt sind. Da geht es nicht darum, daß irgend etwas staubig wäre, sondern da geht es darum, daß alte Flaschen, alte Dosen, alte Zeitungen in den Abteilen herumliegen und offenbar tatsächlich nicht aufgeräumt wird. Das alles sind Dinge, die die Benützung der Bahn wesentlich unattraktiver machen und die abgestellt werden sollten. Das kann mit einfachen Methoden geschehen, weil es um rein organisatorische Maßnahmen geht.

Ein Aspekt, meine Damen und Herren, ist heute allerdings ziemlich unter den Tisch gefallen, und das ist die Tatsache, daß, so sinnvoll die verstärkte Nutzung der Bahn ist, letztlich damit auch Umweltprobleme verbunden sind. Lärm, Lärmemissionen und Lärmimmissionen sind mittlerweile als Umweltprobleme erkannt, aber sie werden in Wahrheit nicht wirklich ernstgenommen.

Das bezieht sich nicht nur auf die Eisenbahn, das bezieht sich auch auf den Flugverkehr. Meine Damen und Herren, wenn Sie sich die Situation etwa in Schwechat ansehen, dann werden Sie mir zugestehen müssen, daß die Belastungen durch die Lärmemissionen immer größer werden, nicht zuletzt deshalb, weil man natürlich von seiten der Gemeinden, von seiten der Länder im Bereich der Raumordnung nicht ordentlich vorsorgt, aber es hängt auch damit zusammen, daß, obwohl die Technik voranschreitet, die Flugbewegungen immer zahlreicher werden und damit natürlich die Lärmimmissionen immer größer werden.

Hier muß etwas geschehen, und hier, Herr Bundesminister, ist auch Ihr Ressort gefordert, endlich mit einem Fluglärmgesetz vorstellig zu werden. Ich sage das deshalb, meine Damen und Herren, weil im Straßenverkehr ohnehin schon sehr viel getan wurde, was Lärmemission und Reduktion derselben angeht, aber im Bahnbereich wird von diesem Pult aus nur gesagt, wir können stolz darauf sein, der Güterverkehr wird verstärkt auf die Bahn verlagert, wir wollen in Zukunft die Bahn wesentlich mehr nutzen, aber es wird nicht hinzugefügt, daß wir angesichts der bestehenden Siedlungssituation natürlich erhebliche Mittel in Lärmschutzmaßnahmen werden investieren müssen.

Daher komme ich jetzt zu jenem Entschließungsantrag, der von den Abgeordneten Firlinger und Anschober bereits im Ausschuß eingebracht worden ist, und ich will nicht verschweigen, daß auch von seiten der Regierungsparteien diesbezüglich schon einiges gemacht worden ist.


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Es braucht keinen Mikrozensus, meine Damen und Herren, es braucht keine Detailuntersuchungen in den einzelnen Ländern, um zu erkennen und zu wissen, daß Lärm ein wesentliches Umweltproblem mit erheblichen Auswirkungen auch auf die Gesundheit von Menschen darstellt. Aus diesem Grund hat es bereits im Jahr 1993 hier im Haus einen Entschließungsantrag gegeben, der auch zu Reaktionen und zu Maßnahmen von seiten der Regierung geführt hat. Ich will das nicht verschweigen. Es sind Grenzwerte für Schallemissionen, was Schienenfahrzeuge angeht, festgelegt worden, und zwar mit dem Ziel, die Lärmemissionen entlang der Bahnstrecken einzuschränken, aber – noch einmal – durch das steigende Verkehrsaufkommen werden diese Einschränkungen mehr als wettgemacht.

Es ist auch – das war ebenfalls noch im Jahr 1993 – dazu gekommen, daß Emissionsvorschriften von seiten der Regierung erlassen wurden, was die Ausbaustrecken und die Neubaustrecken angeht. Das ist zu begrüßen, das ist richtig, und, Herr Bundesminister, ich stehe auch nicht an, zu sagen, daß das Synergieprojekt "lärmarme Bahn" die richtige Richtung weist. Es ist sinnvoll, zu überlegen, wie in diesem Gesamtsystem der Eisenbahn Lärm reduziert werden kann.

Die Bundesländer waren auch nicht untätig. Es gibt mittlerweile Emissionskataster, die gemessen an der Gesamtzahl der Bundesländer vollständig sind. Es hat sogar eine Objekt- und Personenstandserhebung gegeben, um Prioritätenreihungen vorzunehmen. Umso verwunderlicher ist es, daß jetzt, nachdem viel Geld flüssiggemacht worden ist, nachdem man etwas gemacht hat, die Aktivität erlischt. Es tut sich nichts mehr in diesem Zusammenhang, und zwar offensichtlich deshalb, weil es ans Eingemachte geht, denn jetzt geht es darum, mit den Ländern zu verhandeln, wo man das Geld für diese Maßnahmen hernimmt. Auf einmal erstirbt das Ganze, es geschieht nichts mehr.

Abgeordneter Firlinger und Abgeordneter Anschober haben gemeinsam im Ausschuß zu Recht einen Entschließungsantrag der Regierungsparteien übernommen, damit hier weitergemacht wird. Es ist unverständlich, meine Damen und Herren, daß Sie sich Ihren eigenen Ideen, Ihren eigenen Entschließungsanträgen letztlich verweigern. Das ist Verweigerung in der Politikfähigkeit, und das ist etwas, was wir schon wiederholt an Ihnen kritisiert haben und heute erneut tun. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wir verlangen, daß in einer Umweltfrage, die so stark auch mit der Gesundheit zusammenhängt, von Ihrer Seite endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden.

Herr Bundesminister! Was ist der Grund dafür, daß, nachdem all die Ergebnisse vorliegen, nach meinen Informationen von Ihrer Seite nicht in konkrete Verhandlungen mit den Bundesländern eingetreten wird, um dieses Projekt jetzt endlich auch zu Ende zu bringen? Was hindert Sie, eine Novelle zum Eisenbahngesetz vorzulegen, die sich an den Richtlinien für die Bundesstraßen orientiert, was Lärmemissionen angeht? Da ist doch alles schon auf dem Tisch. Warum wird von Ihrer Seite in diesem Zusammenhang nichts gemacht?

Ich betone ausdrücklich, daß wir den Entschließungsantrag in der Plenarsitzung nicht eingebracht haben, weil wir den Eindruck vermeiden möchten, daß Sie glauben, hier werde etwas gemacht, nur um es Ihnen dann irgendwann vorzuhalten, aber wir bestehen darauf, daß in dieser Frage das, was Sie bereits eingeleitet haben, jetzt auch wirklich gemacht und umgesetzt wird. Das kann keine Schwierigkeit sein, und das sollte auch bis zum Sommer noch möglich sein.

Abschließend, meine Damen und Herren, zu jenem Antrag, über den Herr Abgeordneter Rosenstingl sich ereifert hat – sein eigener Antrag –, der sich auf eine Änderung des Übereinkommens von Wien über den Straßenverkehr zwecks Schaffung international verbindlicher strenger Abgasvorschriften bezieht. Er hat hier insbesondere die Unfälle angesprochen, die mit technisch desolaten ausländischen Kfz passieren, und es sei von dieser Stelle aus nur der Vollständigkeit halber festgehalten, daß schon jetzt – entgegen seinen Ausführungen – natürlich die rechtlichen Möglichkeiten bestehen, technisch desolate Fahrzeuge unmittelbar an der Gren


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ze oder auch im Bundesgebiet im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Verkehr zu ziehen. – Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist, daß das Verhältnis der Unfälle, die mit ausländischen Kfz in Österreich aufgrund technisch desolater Zustände passieren, zwar Aufmerksamkeit verdienen, aber keineswegs panikartige Reaktionen hervorrufen sollten. Insofern ist auch die Neuverhandlung, die er für dieses Abkommen vorgeschlagen hat, völlig überspannt. Es wäre politisch-atmosphärisch fatal, das zu tun, und es wäre, meine Damen und Herren, wenn es um die konkreten technischen Probleme geht, auch das absolut falsche Instrument.

In diesem Sinne, Herr Bundesminister, hoffe ich, daß man sich, auch was den Eisenbahn- und den Straßenverkehr angeht, noch vor dem Sommer auf die wirklichen Prioritäten konzentrieren wird. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. Er hat das Wort.

15.22

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte auch kurz Stellung nehmen zu dem Antrag, der mit in Verhandlung steht, betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung des Verkehrslärms bei den Bahnen.

Es ist zweifellos richtig, daß Verkehrslärm im allgemeinen und Bahnlärm im besonderen von den Bürgern, die an verkehrsreichen Strecken wohnen, als Belastung empfunden wird. Wir haben bereits im Juni 1993 hier im Hohen Haus einen Entschließungsantrag beschlossen, mit dem die Bundesregierung ersucht wird, Maßnahmen zur Bekämpfung des Verkehrslärms intensiv fortzuführen.

Nun darf ich kurz in Erinnerung rufen, was damals im wesentlichen in diesem Entschließungsantrag gestanden ist. Es ist schon richtig, daß hier auch eine Novelle zum Eisenbahngesetz gefordert wurde, aber es ist außerdem gefordert worden, daß nachstehende Maßnahmen zu setzen sind, nämlich die Erlassung einer Schienenfahrzeuglärm-Zulässigkeitsverordnung, einer Schienenverkehrslärm-Immissionschutzverordnung und die raschestmögliche Fertigstellung des Lärmkatasters.

Was ist bisher geschehen? – Ganz konkret, meine Damen und Herren: Es ist bereits im Juni 1993 eine Schienenfahrzeuglärm-Zulässigkeitsverordnung erlassen worden, die die Grenzwerte der durch Schienenfahrzeuge verursachten Schallemissionen festlegt. Es ist ebenfalls bereits im Juni 1993 eine Schienenverkehrslärm-Immissionsschutzverordnung erlassen worden, die Regelungen für die erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen für den Bereich von Neubau- und Ausbaustrecken beinhaltet. Weiters wurden – was ganz wesentlich ist – im Rahmen der schalltechnischen Sanierung der bestehenden Eisenbahnstrecken Emissionskataster für die Bundesländer erstellt, die bereits seit März 1994 vollständig vorliegen und die entlang der bestehenden Eisenbahnstrecken auftretenden Lärmbelastungen darstellen.

Mit Entschließungsantrag vom 17. Juni 1993 wurde, wie schon erwähnt, der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr ersucht, unverzüglich Verhandlungen mit den Ländern aufzunehmen, um die Finanzierung der Maßnahmen gegen den Verkehrslärm sicherzustellen. Diese Verhandlungen waren leider Gottes nicht überall erfolgreich – das möchte ich besonders an die Adresse des Kollegen Kukacka richten –, denn in Oberösterreich spießt sich die Angelegenheit, wie ich nachher noch einmal an einem konkreten Beispiel erläutern werde.

Denn eines muß schon klar sein: daß in den vergangenen Jahrzehnten der Lärmproblematik entlang von Eisenbahnstrecken von allen Seiten, das heißt auch von den für die Raumordnung und Flächenwidmung zuständigen Ländern, zu wenig Augenmerk geschenkt wurde. Dadurch wurde der Entwicklung Vorschub geleistet, daß in unmittelbarer Nachbarschaft von Eisenbahnstrecken gelegene Grundstücke de facto uneingeschränkt und ohne Berücksichtigung der auftretenden Schallemissionen bebaut werden konnten. Genau unter diesem Gesichtspunkt


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erscheint die Auffassung gerechtfertigt, daß die Finanzierung der Lärmschutzmaßnahmen entlang bestehender Eisenbahnstrecken eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden ist.

Im Zusammenhang mit einer umfassenden Behandlung des Lärmschutzes auf Eisenbahnbestandsstrecken werden derzeit zwischen Bund und Ländern in verschiedenen Bereichen Verhandlungen über die schalltechnische Sanierung dieser Strecken geführt, wobei auf Grundlage der vorliegenden Schienenverkehrslärmkataster ein Finanzierungsmodell für die einzelnen Maßnahmen vereinbart werden soll, welches auf die gegebene Situation und vor allem auch auf die Interessenlage Bedacht nimmt.

Diese Maßnahmen umfassen nicht nur Lärmschutzwände und Lärmschutzwälle, sondern in bebauten Gebieten natürlich auch Lärmschutzfenster. Probleme gibt es aber in erster Linie eben bei der Kostenaufteilung. Im wesentlichen zahlt der Bund 50 Prozent, den Rest die Gemeinden, die hier aktiv sind, teilweise auch die Länder. Ich habe hier eine Liste von ganz Österreich, aus der ersichtlich ist, wo es schon zum Teil abgeschlossene Projekte gibt und wo es Projekte gibt, die in Verhandlung sind. Ich möchte hier nur kurz erwähnen, daß sich das Land Tirol zum Beispiel mit 20 Prozent an den Kosten beteiligt. Auch aus Vorarlberg habe ich ähnliche Meldungen, daß sich das Land mit 20 Prozent an den Kosten beteiligt. In Kärnten beteiligt sich das Land mit 30 Prozent an den Kosten.

Nur in Oberösterreich, lieber Kollege Kukacka, gibt es große Schwierigkeiten. Das beginnt schon damit ... (Abg. Mag. Kukacka: Aber geh!) Nicht "Aber geh!" Das beginnt schon damit, daß sich von der Landesregierung kein Mitglied für zuständig erklärt, weder der Baulandesrat Hiesl (Abg. Mag. Kukacka: Der ist sicher nicht zuständig!) noch der für den Umweltschutz zuständige Landesrat Aichinger.

Ich habe, Herr Kukacka, weil dieser Zustand ... (Abg. Mag. Kukacka: Der Ackerl ist der Verkehrslandesrat!) Der Ackerl ist da nicht zuständig. Es hat der zuständige Umweltlandesrat, obwohl ich seit Monaten versucht habe, in dieser Frage mit den betroffenen Bürgermeistern einen Termin bei ihm zu bekommen, diesen hinausgeschoben. (Abg. Mag. Kukacka: Zuständig ist der Ackerl!) Jetzt ist ein Brief an den Landeshauptmann unterwegs, der endlich einmal die Kompetenz klären soll, wer hier eigentlich zuständig ist, damit da etwas weitergeht. (Abg. Mag. Kukacka: Der ist der Kulturlandesrat! Der ist ganz sicher nicht zuständig!)

Wenn in Oberösterreich etwas geschehen ist, so waren es bisher die Gemeinden allein, die etwas getan haben. (Abg. Mag. Kukacka: Weil der Bund nichts gezahlt hat!) Ich denke da an Pasching, ich denke da an Marchtrenk, in Leonding wurde gestern ein Vertrag im Gemeinderat beschlossen, und es gibt Verhandlungen in Traun und auch in Linz. (Abg. Mag.  Kukacka: Weil auch die Eisenbahn nichts gezahlt hat bisher! Weil sich die Eisenbahn geweigert hat!) Das heißt, daß sich das Land hier nicht davonschwindeln kann.

Lieber Kollege Kukacka! Dein Beitrag hier, in dem du auf die Eisenbahner so hingehaut hast, ist ja wirklich sehr eigenartig gewesen. (Abg. Mag. Kukacka: Nicht auf die Eisenbahner, auf das Management!) Es ist schon richtig – um jetzt noch kurz auf den Fahrplan zu sprechen zu kommen –, daß mit den Fahrplänen nicht alles in Ordnung war und daß es, wie immer bei einer Umstellung, Probleme gibt. Aber es hier so darzustellen, daß man nun die Pendler in Schutz nehmen muß, weil für die EC-Züge ein Zuschlag zu zahlen ist, ist irreführend. Schau dir doch bitte schön den Fahrplan einmal an! Aber du fährst halt sehr selten mit der Bahn, darum weißt du es wahrscheinlich auch nicht, jedenfalls hast du geflissentlich verschwiegen, daß zwischen Linz und Wien jede Stunde ein IC-Zug fährt, der ohne Zuschlag zu benützen ist. (Abg. Mag. Kukacka: Das habe ich nicht verschwiegen! Da gibt es keinen Zuschlag!) Also da muß man sich nicht wegen zwei, drei oder fünf Minuten Zeitunterschied auf den EC, der für eine längere Strecke Fahrende gedacht ist, kaprizieren. (Abg. Mag. Kukacka: Die Eisenbahner, die jeden Tag von St. Pölten nach Linz fahren, haben sich beschwert, daß sie jetzt auf einmal einen Zuschlag zahlen sollen!) 35 EC- und IC-Züge verkehren täglich zwischen Linz und Wien und umgekehrt, also insgesamt 70. Dazu kommen noch die Eilzüge und die Regionalzüge. Also hier zu polemisieren, ist wirklich nicht der geeignete Ort.


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Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich noch etwas erwähnen: Es wurde vor zwei Wochen in Ö 3 in der Sendung "Freizeichen" dieses Thema behandelt, in der die Menschen anrufen und sich über diese Umstellungsmaßnahmen beschweren konnten.

Ich war gerade mit dem Auto unterwegs von Linz nach Wien (Abg. Mag. Kukacka: Warum nicht mit der Bahn?) – leider, muß ich sagen, mit dem Auto – und wollte dort auch anrufen, bin jedoch leider nicht durchgekommen. Ich hätte dem ORF folgenden Beitrag gebracht: Ich fahre mindestens einmal in der Woche, wenn nicht zweimal, die Strecke Linz–Wien und zurück, leider Gottes fahre ich heute mit dem Auto. Ich quäle mich gerade durch die fünfte Baustelle, ärgere mich über zu überholende LKW-Kolonnen, fahre gerade in ein heftiges Gewitter hinein. Ich freue mich schon wieder auf die nächste Bahnfahrt nach Wien. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Kukacka: Bravo!)

15.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Sie haben das Wort, Frau Kollegin.

15.31

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben mich mit Ihrer Rede eigentlich richtiggehend provoziert, indem Sie gesagt haben, Sie hören in letzter Zeit viel über Unstimmigkeiten, daß sich Leute darüber ärgern, daß mit der Bahn vieles nicht hinhaut und so weiter, aber Sie hätten noch nie ein präzises praktisches Beispiel gehört, wie das genau aussieht. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Scholten. ) Es hätte sich noch niemand bei Ihnen gemeldet, es hätte Ihnen noch kein Mensch geschrieben, wie das in der Praxis wirklich aussieht. (Abg. Grabner: So hat er es nicht gesagt! Sie sollten besser aufpassen!) Das war für mich der ausschlaggebende Punkt, daß ich mir gedacht habe: Ich kann und will es Ihnen jetzt nicht länger ersparen, Ihnen einmal anhand eines praktischen Beispiels aufzuzeigen, wie Zugfahren in Österreich derzeit aussieht. Ich erzähle Ihnen das einfach nur anhand eines persönlichen Beispiels.

Ich komme aus Steyr und fahre einmal pro Woche nach Wien und am Freitag wieder nach Hause. Nach dem alten Fahrplan war das so: Ich bin um 7.21 Uhr von Steyr weggefahren und war um 9.35 Uhr in Wien am Westbahnhof. Das war ja ganz in Ordnung. In St. Valentin hatte ich sofort eine Umsteigmöglichkeit, von Gleis 2 auf Gleis 3, das heißt, ich mußte die Schienen nicht überqueren, bin einfach in den nächsten Zug eingestiegen und war schon in Wien.

Seit dem 2. Juni ist das ganz anders. Ich fahre in Steyr nicht mehr um 7.21 Uhr weg, wie gehabt, sondern um 7.18 Uhr. Ich muß aber bereits um 7.10 Uhr am Bahnhof sein, weil nämlich der Zug in Steyr, mit dem ich bis St. Valentin fahre, nicht mehr auf Gleis 1 stehenbleibt wie früher, wo ich mit der Hubplattform einsteigen könnte, sondern auf Gleis 2. Auf Gleis 2 gibt es keinen festen Bahnsteig, und außerdem fährt in der Zwischenzeit ein Zug auf Gleis 1 ein. Das heißt, ich muß schon, bevor der Zug auf Gleis 1 ankommt, auf Gleis 2 sein, da ich ja sonst nicht mehr vorbeikann. – Das ist einmal der erste Punkt.

Zweitens kommt es darauf an, wie der Zug stehenbleibt. Wenn er so stehenbleibt, daß nicht direkt am Übergang eine Einstiegsmöglichkeit ist, kann ich nicht mehr einsteigen, da man auf einem nicht befestigten Bahnsteig die Hubplattform nicht anbringen kann, damit man mich hineinhieven kann. Das ist also die Realität.

In der Praxis schaut das jetzt so aus, daß ich seit 2. Juni im Gepäckwaggon von Steyr nach St. Valentin reise. Es sind die Türen offen, ich sitze drinnen mit der dicken Jacke auf dem Brettergelände inmitten von Fahrrädern – da gibt es keine Pakete mehr, nur mehr Fahrräder – und fahre bis St. Valentin. Ich kann mich jetzt nämlich nicht mehr auf dem Zwischengang der Waggons aufhalten, denn dort kann man jetzt die Fenster nicht mehr auf- und zumachen, da auf diesen kleine Kärtchen angebracht sind, auf denen steht, wo der Zug stehenbleibt. Und durch das Anbringen dieser kleinen Tafeln geht kein Fenster mehr auf. Die Fenster sind also verschlossen, keine Chance zum Fahren, denn da kollabiert jeder – auch ich. Also fahre ich halt in dem Gepäckwaggon von Steyr nach St. Valentin.


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Ich habe mich inzwischen erkundigt, wie das ausschaut, wenn ich als Paket befördert werde, ob es da für mich – oder für meine Freunde – andere Tarife gibt, weil Packerl befördert man ja eigentlich per Kilopreis, daher müßte ja auch für uns etwas drinsein. – Aber das gibt es natürlich nicht.

Ich habe auch gefragt, wie das ausschaut, wenn ein Rad herunterfällt und mich verletzt, wer dafür dann zuständig ist beziehungsweise von wem ich dann eine entsprechende Abgeltung bekomme. – Natürlich von niemandem, da ja doch kein normaler Mensch im Gepäckwaggon reist. – So. Das ist einmal die erste Variante.

Dann bin ich also in St. Valentin und habe Gott sei Dank noch die Chance, vom selben Bahnsteig nach Wien zu fahren. Das paßt. Nun möchte ich aber am Freitag wieder nach Hause fahren, und da geht es dann schon wieder anders los.

Am Freitag bin ich früher immer um 16.40 Uhr von Wien-West weggefahren und war um 18.37 Uhr in Steyr. Voriges Jahr im Sommer haben mich Bedienstete der ÖBB darauf aufmerksam gemacht, ich solle nicht mehr mit dem Zug um 16.40 Uhr fahren, da dieser so gerammelt voll ist und sie nicht wissen, wohin sie mich mit dem Rollstuhl stellen sollen. Okay, habe ich gesagt, ist ja nicht so tragisch, fahre ich halt erst um 18.40 Uhr. Ich bin dann auch um 18.40 Uhr gefahren, das hat auch hingehaut. Um 20.37 Uhr war ich in Steyr.

Jetzt fahre ich nicht mehr um 18.40 Uhr, sondern bereits um 18.28 Uhr von Wien-West weg. Ich muß aber jetzt nicht erst 10 Minuten, sondern bereits 20 Minuten früher am Bahnhof sein, um eingeladen zu werden, da der Zug so gerammelt voll ist, sonst wissen die Bediensteten der ÖBB wieder nicht, wo sie mich unterbringen sollen. Dann fahre ich also bis St. Valentin, in St. Valentin warte ich dann eine knappe halbe Stunde auf den Anschlußzug nach Steyr, mit dem ich dann noch genau 10 Minuten fahren muß. Um 21.10 Uhr bin ich jetzt erst in Steyr.

Jetzt kommt Problem Nummer eins: Beim Heimfahren habe ich natürlich nicht mehr die Chance, daß ich in St. Valentin am selben Bahnsteig, auf dem der Zug aus Wien ankommt, in den Zug nach Steyr einsteige. Also muß ich mit dem Rolli über die Gleise fahren. Ich habe zu den Bahnbediensteten immer gemeint: Ich sage euch eines: Wenn ich mich einmal nicht auf euch verlassen kann, daß wirklich kein Zug kommt, kann ich euch nicht einmal klagen, weil dann gibt es mich ohnehin nicht mehr. Darauf haben die zu mir gesagt: Frau Haidlmayr, wir müssen Ihnen gestehen, da haben Sie recht.

Letzte Woche, als ich wieder einmal unterwegs war, habe ich den Bahnschaffner gefragt: Kann ich drüberfahren? Er hat geantwortet: Jaja, kommt eh nix. – Ich überquere den Bahnsteig, und plötzlich spüre ich hinter mir den Wind. Ich war nur mehr blaß. Als ich zu ihm sagte: Das war jetzt aber knapp, der Zug, der da entgegengekommen ist!, hat er lediglich geantwortet: Ich habe ihn übersehen. Das kann passieren, man kann einmal einen Zug übersehen, man wird ja eh nur überrollt, ist ja nicht so tragisch. – Das ist Tatsache!

Jetzt erzähle ich Ihnen noch etwas, was sich verändert hat seit 2. Juni: Früher hatte ich, wenn ich mit dem Zug gefahren bin, meistens die Chance, in der ersten Klasse zu fahren. Anfang Juni bin ich nach Innsbruck gefahren. Ich bin also mit dem Zug von Steyr nach Linz gefahren, habe dort eine Stunde und zehn Minuten Zwischenaufenthalt gehabt und bin dann nach Innsbruck weitergefahren. Ich wollte in die erste Klasse einsteigen, habe aber gleich wieder umgedreht, da die Klimaanlage kaputt war. Alle Leute sind ganz mitgenommen drinnen gesessen und haben gemeint: Da können Sie nicht mehr herein, wir kollabieren selbst schon. – Okay, ich habe also wieder umgedreht und wollte im nächsten Waggon fahren. Das ging aber leider nicht, da der Gang so schmal war – er war keine 65 Zentimeter breit; ich konnte also nicht in den nächsten Waggon. So kam ich halt im Speisewagen zum Stehen, quer zum Tisch. So fuhr ich von Linz bis Innsbruck, dreieinhalb Stunden lang – ohne eine Möglichkeit, meinen Rollstuhl abzusichern, ohne eine Möglichkeit, mich irgendwie halbwegs vernünftig zu setzen, ich getraute mich nicht einmal, mir etwas zu trinken zu kaufen, da ich die ganze Strecke nicht einmal aufs Klo gehen hätte können. – Das ist die Realität.


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Dann hatte ich natürlich schon Angst, daß mir, wenn ich mit dem Zug nach Hause fahre, dasselbe passiert. – Mir ist dasselbe passiert. Erste Klasse hat es nicht gegeben, Rollstuhlwaggon, also Großraumwaggon war auch keiner dabei. So bin ich halt genauso wieder nach Hause gefahren. – So sieht die Realität des Zugfahrens für behinderte, aber auch für nichtbehinderte Menschen aus.

Wenn man einmal das Glück hätte, in einen Großraumwaggon einzusteigen, weil zufällig einer dranhängt – wenn nämlich am Plan steht, daß ein Großraumwaggon vorhanden ist, heißt das noch lange nicht, daß das auch stimmt –, kann es passieren, daß es heißt: Wir können Sie nicht mehr hineinhieven, da ist schon jemand drinnen. – Na gut. Soll ich auf den nächsten Zug warten, damit ich mitfahren kann?

Außerdem habe ich mit der derzeitigen Form der Großraumwaggons sowieso keine Freude, weil das lauter Nichtraucher-Waggons sind. Und was sollen rauchende Behinderte tun? Die setzen sich ja aus Prinzip gar nicht in den Zug hinein. Ich denke mir, wenn ich fünf Stunden mit dem Zug fahre, dann steht es mir auch zu, zwischendurch einmal eine zu rauchen. – Und auch das ist die Realität.

Ich sage Ihnen jetzt etwas, Herr Minister: Es hat sich in den letzten Jahren im Bereich von Einstiegshilfen, Fahrmöglichkeiten für behinderte Menschen mit der Bahn schon einiges getan. Es gibt nämlich jetzt die Hubplattformen. Die Hubplattformen sind aber kein Ergebnis von Überlegungen, daß man jetzt plötzlich von seiten der ÖBB oder der Regierung darauf aufmerksam gemacht wurde, daß man sie brauchen könnte, sondern es war jahrelange Knochenarbeit der Grünen und der behinderten Menschen in Österreich, daß diese Hubplattformen angeschafft wurden. Aber diese Hubplattformen allein genügen nicht. Außerdem gibt es noch genügend Bahnhöfe, die über keine solche Hubplattform verfügen. Dort kann man ganz einfach nicht mehr aussteigen.

Was soll ich also tun? Wenn ich auf einem Bahnhof ankomme, der über keine Hubplattform verfügt, dann kann ich eigentlich nur weiterfahren. Und was soll ich tun, wenn ich vielleicht noch dazu auf einem Bahnsteig beziehungsweise Bahnhof ankomme, der gar nicht mehr besetzt ist? Wie soll ich dort aussteigen? Ich kann doch nicht bis zum nächsten Bahnhof fahren in der Hoffnung, daß es dort eine Hubplattform gibt.

Und was soll ich tun, wenn die Bahnbediensteten – und das ist mir schon oft passiert – es verweigern, die Hubplattform zu holen, um mir zu helfen? Soll ich das Risiko auf mich nehmen, hinunterzufallen? Soll ich für mich verantworten, daß es mir so geht wie meinem Schulkollegen, der hinuntergefallen ist, weil die Hubplattform nicht verwendet wurde? Er ist schwer verletzt worden, und obendrein ist der E-Rolli völlig kaputtgegangen. Er hat bis heute von den ÖBB keinen neuen E-Rolli und kein Schmerzensgeld bekommen. – Wissen Sie, das ist die Realität des Bahnfahrens!

Herr Minister! Ich habe mich letzte Woche bei den Bediensteten der ÖBB erkundigt, wie stark die Frequentierung der ÖBB durch behinderte Menschen ist. Mir wurde gesagt, daß sich die Zahl jährlich verdoppelt. Aber auf diese Verdoppelung wird überhaupt keine Rücksicht genommen. Ich habe nämlich von meinen Freunden in Tirol erfahren, daß man mit Jenbacher im Gespräch ist, neue Waggons für den Regionalverkehr beziehungsweise für den Verkehr für eine Strecke von maximal 200 Kilometern anzukaufen. Und in diesen neuen Waggons gibt es auch wieder keine Behindertentoiletten mit der Begründung: Auf einer Strecke von 200 Kilometern geht doch ohnehin kein Mensch aufs Klo. – Auch das ist Realität.

Herr Minister! Jetzt frage ich Sie: Können Sie mir spontan – ich überlege nämlich seit Jahren – sagen, was ich tun soll, wenn ich mit dem Zug fahre, in dem es keine Toilette gibt, ich aber trotzdem aufs Klo muß? Welche Alternative kann mir die Bahn anbieten? Ich habe für mich keine gefunden. Vielleicht wissen Sie irgendeine.

Herr Minister! Eines wird auch immer wieder übersehen: Es fahren mit der Bahn auch sehr viele blinde Menschen. Gerade bei den Regionalzügen ist es so, daß im Bahnhofsbereich die Türen links und rechts aufgehen, sobald der Zug steht. Ein blinder Mensch kann aber nicht ab


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schätzen, ob der Bahnsteig nun links oder rechts ist. Es ist nun schon einige Male passiert, daß blinde Menschen auf der falschen Seite ausgestiegen sind. Eine gute Freundin von mir – sie war blind – ist letztes Jahr von einem Zug überrollt worden und gestorben. Auch darauf hat man überhaupt nicht reagiert, es hat sich überhaupt nichts geändert.

Auch mit dem System bei den neuen Waggons, wo man drückt, damit die Tür auf- oder zugeht, können blinde Menschen nichts anfangen, weil sie keine Rückmeldung bekommen, welchen Knopf sie gedrückt haben, ob die Tür jetzt offen oder geschlossen ist. Auch da ist es jetzt inzwischen schon dazu gekommen, daß Menschen gedacht haben, die Tür sei zu, sie war aber offen, und sind hinausgefallen. Es war aber auch schon der Fall, daß blinde Menschen geglaubt haben, die Türe sei offen, sie war aber zu, und sind beinhart gegen die Türe gerannt.

Dann kommt noch eines dazu: Im Bereich des Einstiegs in den Waggon ist nur ein schmaler Gang, und da kann kein Mensch mit dem Rollstuhl vorbei. Es gäbe da eine ganz einfache Lösung: Man könnte an der Waggontür eine Klappe anbringen, die sich über diese Fallgrube legt, wenn der Zug fährt. Damit würden Sie ein hohes Verletzungsrisiko ausschließen, aber auch diesbezüglich ist nichts passiert.

Das, was ich Ihnen hier erzähle, ist nicht etwas, das völlig neu ist oder wovon die ÖBB nichts gewußt haben, sondern das sind Forderungen von behinderten Menschen, Forderungen, die seit Jahren auf dem Tisch liegen und die seit Jahren ignoriert werden.

Herr Minister! Ich möchte Sie noch etwas fragen, vielleicht können Sie mir auch darauf spontan antworten: Wie stellen Sie sich einen barrierefreien öffentlichen Personennah- und -fernverkehr vor? So, wie wir behinderte Menschen uns den vorstellen, ist es anscheinend von seiten der ÖBB nicht möglich; es ist offensichtlich nicht möglich, unsere Minimalforderungen für einen barrierefreien öffentlichen Personennah- und -fernverkehr zu erfüllen.

Wenn Sie sagen, die Bahn hätte keine Möglichkeit, für behinderte Menschen eine Beförderung sicherzustellen, daß sie mit dem Zug, mit dem öffentlichen Verkehrsmittel fahren können, dann müßten Sie auch klar sagen, daß Sie behinderte Menschen wieder aus den Zügen haben wollen, daß Sie auf dieses Potential an Fahrgästen ohne weiteres verzichten können. Aber auch diese Aussage kennen wir nicht, es wäre jedoch eine Form der Seriosität, uns zumindest davon in Kenntnis zu setzen, daß wir nicht gewollt werden. Wenn es Ihnen ein Anliegen ist, daß wir weiterhin mit dem Zug fahren, dann ersuche ich Sie, wirklich dafür Sorge zu tragen, daß Sie uns das Zugfahren auch in Zukunft ermöglichen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Peter. )

Herr Minister! Es ist dies keine Weisheit von mir, sondern es wäre ein praktischer Beitrag, der jederzeit von seiten der ÖBB erfüllt werden könnte: Was halten Sie davon, in jedem Zug eine Hubplattform oder Einstiegshilfe mitzuführen? Damit hätten Sie das Problem, das ich vorhin geschildert habe, gelöst, und dann könnte der Schaffner mich auch an unbesetzten Bahnhöfen beziehungsweise Haltestellen aus- und einladen. Damit könnte ich auch dort aussteigen, wo der Bahnhof über keine Einstiegshilfen verfügt. Sie bräuchten nur in jedem Zug eine einzige Hubplattform mitzuführen – in dem großen Paketwagen hätte sie Platz. – Das stelle ich mir als Zwischenlösung vor, die sofort angegangen werden kann.

Als Lösung, um wirklich barrierefrei in den Zug zu kommen, gibt es ausschließlich die Möglichkeit der wagengebundenen Einstiegshilfen. Auch das ist keine Forderung, die nicht verwirklicht werden könnte. Diese wagengebundenen Einstiegshilfen gibt es bereits in anderen Ländern. Nur Österreich müßte endlich einmal bereit sind, sich wirklich dafür auszusprechen, daß diese Einrichtungen auch angekauft werden. Bis jetzt sind sie aufgrund folgender Begründung nicht angekauft worden: Eine wagengebundene Einstiegshilfe benötigt zusätzliche Wartungstätigkeit, weil die Hubplattform notgedrungen auch manchmal geölt und überprüft werden muß.

Wenn das der Grund dafür ist, daß man diese wagengebundenen Einstiegshilfen nicht anschafft, dann, glaube ich, müssen wir den nächsten Rückschritt machen, indem wir aus den elektrisch zu öffnenden Türen wieder Holztüren machen, denn auch die elektrisch zu öffnenden Türen sind wartungsbedürftig, ja das ganze Abteil ist wartungsbedürftig, sogar der ganze Zug ist


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wartungsbedürftig. Das heißt also, um die Wartungsbedürftigkeit auf Null zu stellen, müssen wir die ÖBB abschaffen, denn wenn es heutzutage nicht möglich ist, eine Hubplattform, eine Einstiegshilfe pro Zuggarnitur zu warten, dann frage ich mich, ob es in Zukunft noch möglich sein wird, die Türen et cetera zu warten. Ich glaube, das würde sich dann automatisch aufhören.

Herr Minister! Ich habe natürlich selbst auch ein Auto. Mir ist es aber wichtig, daß ich für weite Strecken und für Strecken, wo ich einfach keine Lust habe, mit dem Auto zu fahren, so wie jeder andere Bürger auch die Bahn benutzen kann. Nicht nur weil sie umweltfreundlich ist, sondern weil sie einfach auch bequem ist und weil sie für mich sehr viele Gefahrenquellen, die ich mit dem Auto habe, ausschließt. Ich möchte auch in Zukunft auf die Bahn nicht verzichten müssen – ganz im Gegenteil (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Mag. Peter und Edler ): Mir ist es wichtig, daß ich in nächster Zeit noch viel intensiver mit der Bahn fahren kann, als ich jetzt die Möglichkeit dazu habe.

Ich habe den gleichen Anspruch wie alle anderen Fahrgäste, daß mir dieses Bahnfahren auch ermöglicht wird, ob es jedoch möglich sein wird, daß ich in Zukunft weiter mit der Bahn fahre, das ist eine politische Frage. Das ist auch ein politisches Bekenntnis, und zwar nicht nur zum öffentlichen Personennah- und -fernverkehr, sondern das ist zusätzlich auch ein politisches Bekenntnis zu behinderten Menschen. Ich fordere Sie auf, dieses politische Bekenntnis abzugeben – nicht irgendwann! –, und ich bitte Sie – und das ist auch keine Forderung, deren Erfüllung unmöglich ist –, bis zum Jahr 2000 dafür zu sorgen, daß alle behinderten Menschen barrierefrei öffentliche Verkehrsmittel benutzen können. Beispielgebend dafür in einer Vorreiterrolle soll die Bahn sein! – Danke. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Mag. Peter .)

15.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fink. Er hat das Wort.

15.51

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich mit dem 9. Punkt der Tagesordnung beschäftigen.

Das Poststrukturgesetz wurde erst vor kurzem beschlossen und war ein höchst notwendiger, ein richtiger Schritt, ein Schritt zu einem schlanken Staat, zu mehr Wettbewerb, zu einer Entmonopolisierung und zu einer stärkeren Kundenorientierung der Post. Diesen Weg haben wir immer gefordert, und dieser Weg wurde beschritten. (Beifall bei der ÖVP.)

Es hat sich in diesem Bereich bereits einiges getan. Das Postmonopol ist bereits weitestgehend gefallen: private Botendienste sind alltäglich, Endgeräte im Telekommunikationsbereich sind längst liberalisiert, Kabelfernsehgesellschaften knabbern am Leitungsmonopol, das Mobiltelefon-Monopol ist gefallen und die leitungsgebundene Telefonie wird nach den EU-Richtlinien am 1. Jänner 1998 fallen.

Das heißt, das, was wir gemacht haben, ist in Wirklichkeit ein etwas verspätetes Verfahren. Wir reagierten damit auf eine internationale Entwicklung, und ich bin froh darüber, daß es endlich – wenngleich spät – dazu gekommen ist, daß nun die Post mit diesem Gesetz von der öffentlichen Verwaltung ausgegliedert und ein eigenes Unternehmen wurde.

Was bedeutet diese Ausgliederung für uns?

Erstens: Der zuständige Minister kann dieses Unternehmen Post nicht mehr, wie bisher, durch eine Weisung führen.

Zweitens: Nicht mehr ein Sektionschef des Ministeriums wird die Post kameralistisch verwalten, sondern ein eigener Vorstand wird dieses Unternehmen nach betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Grundsätzen führen müssen. (Abg. Ing. Reichhold: Was macht dann der Sektionschef?)


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Drittens: Die ausgegliederte Post wird bis Ende 1999 auf den Aktienmarkt gehen müssen. (Abg. Ing. Reichhold: Der geht auf Urlaub!) – Diese Polemik kann man sich eigentlich sparen.

Bis zum 31. 12. 1999 hat eine Börseneinführung zu erfolgen. Das heißt, es wurde klargelegt, daß noch bis zum Ende dieser Legislaturperiode auch eine entsprechende Privatisierung, zumindest Teilprivatisierung, der Österreichischen Post und Telekom AG stattfinden wird.

Probleme gibt es freilich trotzdem: Das sind zum einen die hohen Schulden der Post. Sie wissen, es sind über 100 Milliarden Schilling. Seit dem Beginn der Post und auch in unserer Zeit haben sich die Finanzminister dank der sprudelnden Milliardengewinne aus dem Telefongeschäft leider dieser Gebühren bemächtigt.

Ein zweites Problem ist die im internationalen Vergleich zweifellos zu geringe Produktivität des Unternehmens Post, Ergebnis einer langjährigen Monopolsituation. Das heißt, es müssen schrittweise und sozial verträglich Mitarbeiter abgebaut werden. Generaldirektor Sindelka selbst hat von 7 500 Mitarbeitern gesprochen. Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, daß es zu keinen Härten für die Mitarbeiter kommen darf. (Beifall bei der ÖVP.) Eines muß aber auch klar sein: Die Zauberwörter sind "Kundenorientierung" und "Marktorientierung", daran führt kein Weg vorbei.

Meine Damen und Herren! Wir erwarten, daß die Österreichische Post und Telekom AG für Kostenbewußtsein sorgt, daß sie Rationalisierungen und Umstrukturierungen vornimmt und daß sie bis zu dem im Gesetz genannten Termin ein klares Privatisierungskonzept vorlegt.

Dieses Gesetz läßt auch zu – das halten wir für richtig und wichtig –, daß es zu einer Teilung in die verschiedenen Bereiche – in den Busdienst, den Telekom-Bereich und in die gelbe Post – tatsächlich kommen wird. Wir halten das für höchst notwendig. Der Erfolg der Reform wird davon abhängen, ob dieses Poststrukturgesetz auch effizient umgesetzt wird. Das bereits beschossene Gesetz schafft die Voraussetzungen dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

15.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Er hat das Wort.

15.57

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Hohes Haus! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aller Voraussicht nach wird nächste Woche anläßlich der Sitzung des Umweltausschusses der Startschuß für eine neuerliche Auflage der Ozondebatte in Österreich gegeben werden; diesmal auch im Lichte – man kann es vielleicht einmal so dramatisch sagen – der Vertreibung der letzten Fahrgäste von der Bahn.

Es ist heute bereits mehrfach angesprochen worden, welche zusätzlichen Probleme es für Benützer der Bahn durch Fahrplanumstellungen, durch kürzere Pendlerzüge, die dafür umso mehr überfüllt sind, durch längere Fahrtzeiten, durch Nichteinhaltung von Fahrplänen und so weiter gibt.

Ich selbst habe im Laufe meiner Reisetätigkeiten in der letzten Woche miterleben können, wie "angenehm" es ist, wenn die Speisewagen von Bregenz bis Wien nicht bedient werden, wenn man während einer Fahrtzeit von beinahe zehn Stunden gerade einmal zu einem Glas Wasser kommt. Herr Minister, da wird selbst der größte Bahnfanatiker von der Bahn vertrieben! (Abg. Dr. Feurstein: Da sind Sie nicht gefahren! Zehn Stunden, das stimmt nicht!)

Ich bin in der letzten Woche von Bregenz über Salzburg nach Wien gefahren, Herr Kollege, und es ist dann ein ... (Abg. Dr. Feurstein: Von wann bis wann?) Das kann ich Ihnen nicht so genau sagen, aber da ist jedenfalls ein Schaffner mit Wasserflaschen durchgegangen, das war das einzige, das in diesem Zug erhältlich war, und ich meine, das ist äußerst dürftig für eine derart lange Bahnfahrt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Aber der "Streckenrekord", den die Bahn aufgestellt hat, Herr Bundesminister, war auf der Aspangbahn zu verzeichnen: Von Oberwart nach Wien gelangt man mit dem Auto relativ schnell – zumindest bis Wiener Neustadt, dort beginnt dann nämlich der Stau –, von Wiener Neustadt nach Wien braucht man dann – die meisten Kollegen werden es wissen – mindestens doppelt so lang wie von Oberwart bis Wr. Neustadt. Wenn man nun auf die Bahn ausweicht, dann beträgt die fahrplanmäßige Dauer 2 Stunden 38 Minuten, und das ist mit zweimaligem Umsteigen verbunden. Herr Bundesminister, das ist ein Angebot, das inakzeptabel ist! Bei einer Verspätung am 12. Juni hat sich sogar eine Gesamtfahrzeit von 3 Stunden 4 Minuten ergeben – für 120 Bahnkilometer! Von Oberwart nach Wien-Südbahnhof, Herr Minister: 3 Stunden 4 Minuten! Das entspricht einem Schnitt von weniger als 40 km/h. Herr Minister, das ist Ihr Angebot im südostösterreichischen Raum für das Jahr 1996 betreffend die Bahn. Das ist eine Zumutung für jeden, der sich umweltbewußt in Österreich fortbewegen will! Diesbezüglich ist keine Verbesserung in Sicht, Herr Minister.

Das einzige Projekt, das auf dieser Strecke in Diskussion ist, ist der in diesem Haus schon vielzitierte Semmering-Basistunnel. Es gibt überhaupt keine Bemühungen in die Richtung, die Fahrt von Wien in den Süden, in den Südosten, nach Kärnten attraktiver zu gestalten. Keine Überlegung Ihrerseits, kein Wort Ihrerseits dazu.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Schweitzer! Wollen Sie die Rede abschließen, oder wollen Sie unterbrochen werden und nach der Besprechung der Anfragebeantwortung fortsetzen? (Abg. Mag. Schweitzer: Ich schließe ab!) – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend) : Herr Bundesminister! Ich würde gerne von Ihnen hören, wie Sie gedenken, rund 500 000 Südostösterreicher mit einem halbwegs akzeptablen Bahnangebot zu versorgen. Wenn man nämlich von Oberwart mit einer Fahrtzeit von mindestens zwei Stunden 38 Minuten rechnen und dabei zweimal umsteigen muß, dann werden Sie nie – nie! – die Autos von der Süd Autobahn auf die Bahn bringen, obwohl Sie das immer wieder betonen, daß das Ihr Wille ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.00

Besprechung der Anfragebeantwortung 505/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit sind die Beratungen zu den Tagesordnungspunkten 3 bis 9 unterbrochen, und wir gelangen zu der verlangten Besprechung der Anfragebeantwortung mit der Ordnungszahl 505/AB des Bundeskanzlers.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist verteilt worden, sodaß sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein. Die Bestimmungen des § 92 der Geschäftsordnung sind bekannt. Redezeit 15 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler.

16.01

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich bedauere – obwohl ich gerne mit Ihnen diskutiere, ich habe nur nicht so häufig Anlaß dazu –, daß heute nicht der Bundeskanzler da ist und ich schon zum zweiten Mal genötigt bin, bei einem Thema betreffend das Bundeskanzleramt, über das ich gerne mit Ihrem Chef diskutiert hätte, mit Ihnen vorliebzunehmen. (Abg. Dietachmayr: Ihr Chef ist auch nicht da!)

Ja, nur, mein lieber Kollege, der hat keinen Sondervertrag. Ich möchte mit ihm über Sonderverträge diskutieren. (Abg. Kiermaier: Er hat die Pflicht als Abgeordneter, dazusein! So schaut es aus!)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Mir geht es bei dieser Anfragebeantwortung um die Problematik der Sonderverträge. Und wenn ich mit Herrn Dr. Haider einen Sondervertrag zu


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diskutieren hätte, glauben Sie mir: Das hätte ich längst in der Bank zustande gebracht, dazu brauche ich den Bundeskanzler nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Aber über die Sonderverträge im Bundeskanzleramt und von ihm selbst hätte ich wirklich gerne mit dem Herrn Bundeskanzler diskutiert. Daher muß ich Sie bitten, daß Sie jetzt gewissermaßen Postillon d’amour spielen und dem Herrn Bundeskanzler unsere Meinung zu seiner Sondervertragsgestaltung ausrichten.

Herr Staatssekretär! Für uns ist es unbefriedigend, wenn man beginnt, im Verwaltungsbereich – ob hoheitliche oder Privatwirtschaftsverwaltung spielt keine Rolle –, und zwar zunehmend anstatt eine neue moderne Struktur zu verwirklichen, wie Sie das angekündigt haben – ich habe Sie schon einmal im Ausschuß daran erinnert –, jetzt mit Sonderverträgen zu arbeiten. Und dem Hohen Haus, dem ja das Interpellationsrecht zweifellos zusteht – ich hoffe, daß das von Ihnen oder vom Bundeskanzler nicht in Frage gestellt wird –, wird dann mitgeteilt, daß zur Höhe dieses Bezuges aus datenschutzrechtlichen Erwägungen – ich zitiere Frage 5 – keine Angaben gemacht werden können.

Anhand der Schemata, die für den öffentlichen Dienst gelten, könnte jeder, wäre er eben nicht mit Sondervertrag ausgestatteter Beamter, sondern ein als "gewöhnlicher" Beamter tätiger Sektionschef im Bundeskanzleramt, unschwer ausrechnen, was Herr Sektionschef Dkfm. Stacher verdient. Nicht, daß ich ihm in irgendeiner Weise um einen Schilling neidig bin – ich kann es auch gar nicht sein, weil ich gar nicht weiß, wieviel er verdient –, aber das Problem der Sonderverträge, Herr Staatssekretär, ist offensichtlich etwas, was sich um den Herrn Bundeskanzler herum recht gerne ereignet.

Ich erinnere daran, daß er einen Sondervertrag aus dem Jahre 1981 mit der Länderbank hat. Man kann es nicht oft genug wiederholen, weil die Sozialisten hören es so ungern, daß man es immer wieder wiederholen muß, und zwar so lange, bis man endlich einmal die Scheuklappen ablegt und sagt: Das, was da im Parlament und vom Rechnungshof behauptet wird, ist ja offensichtlich doch richtig. Offensichtlich informiert uns der Bundeskanzler nicht ganz richtig, wenn er uns immer erklärt, er bekommt das Geld nicht, das ihm nach einem Sondervertrag mit der Länderbank zusteht.

Ich erinnere noch einmal daran: Nach diesem Sondervertrag hat er einen Abfertigungsbezug lukriert, und zwar im Jahre 1985, angeblich, so hat das ein Magazin behauptet, weil er seinen Villenanteil nicht bezahlen konnte. Er hat damals eine größere Villenanschaffung getätigt, einen Hausanteil gekauft und hat aufgrund seines schmählich geringen Gehaltes als Bundeskanzler die Raten nicht zahlen können. – Das hat ein Magazin behauptet; ich zitiere das nur aus dem Jahre 1985. Obwohl man damals gesagt hat, aus diesem Sondervertrag werde der Herr Bundeskanzler, damals Finanzminister, keine Abfertigung lukrieren, wurde diese natürlich dennoch bezogen. Zumindest ist das nachzulesen im "profil" Nummer 44/1989. (Abg. Ing. Reichhold: Wie hoch war denn die, Ewald?)

Die war ganz ansehlich, diese Abfertigung machte damals den "geringen" Betrag von insgesamt rund 4 Millionen Schilling aus. Da kann man schon eine Villenrate bezahlen. Für drei Jahre Tätigkeit 4 Millionen Schilling Abfertigung, vorher 300 000 S Abfertigung für Tätigkeit bei der Nationalbank, dann 800 000 S für fünf Jahre Dienstzeit bei der CA, auch einer staatlichen Bank. Also man sieht, er hat es sich mit Sonderverträgen im staatlichen Bereich recht gut gerichtet. Und daher ist es eben etwas ungut, wenn der Herr Bundeskanzler mit seinen Sektionschefs weitere Sonderverträge abschließt, dann ist Skepsis angebracht, und dann umso mehr, wenn uns derselbe Bundeskanzler in einer Anfragebeantwortung mitteilt, daß das Hohe Haus die Höhe dieser Bezüge aus Sonderverträgen nichts angeht, weil dem datenschutzrechtliche Erwägungen entgegenstünden.

Meine Damen und Herren! Damit können wir uns nicht zufriedengeben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber noch weniger, meine Damen und Herren, Hohes Haus, können wir uns damit zufriedengeben, daß uns der Bundeskanzler – recht nervös – im Zuge einer Anfragebeantwortung dann


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erklärt: Ich hätte mit Ihnen gar nicht über meine Pension und über meine Abfertigung diskutieren sollen, das war ein Fehler. – Es war bereits ein Fehler, das überhaupt zu kassieren, meine Damen und Herren, Hohes Haus, aber das sieht der Bundeskanzler bis heute nicht ein. Es ist ein Fehler, dem Bürger, dem "kleinen" Bürger Pensionskürzungen zu verordnen, aber sich selber eine hohe Pension mit einem Sondervertrag für drei Jahre Tätigkeit in der Länderbank zu organisieren. Das ist der Fehler, den der Bundeskanzler nicht einsehen will, und das ist eben dieses Unwesen, sich über Sonderverträge Privilegien zuzuschanzen.

Ganz interessant wird es dann, wenn es in diesem Sondervertrag auch heißt, daß der Ruhebezug neben einer etwaigen gesetzlichen Pension ausbezahlt wird. Und mittlerweile ist ja der 50-Prozent-Anteil der Republik an der Länderbank nicht mehr vorhanden, weshalb also auch die Aussage des Kollegen Kostelka in einer Fernsehsendung unrichtig ist. Dr. Vranitzky wird selbstverständlich die Pension eines Bundeskanzlers neben der Pension (Abg. Dr. Kostelka: Nein! Nein!) – neben der Pension, das steht im Vertrag – als ehemaliger Länderbank-Direktor kassieren. (Abg. Dr. Kostelka: Im Gesetz steht etwas anderes!) Das werden wir dann irgendwann einmal in Rechnungshofberichten lesen, wie das eben seinerzeit auch im Rechnungshofbericht aus dem Jahre 1989 über seinen Abfertigungsbezug nachzulesen war. Da hat man uns vorher auch erzählt, er bezieht ja seine Abfertigung nicht, aber als die Villenraten fällig wurden, ist sie dann doch bezogen worden, und das war dann in einem Rechnungshofbericht nachzulesen, und genauso wird es sich mit der Pension verhalten.

Dem "kleinen" Bürger streicht man die Pensionen herunter (Abg. Seidinger: Haben Sie nicht eine Anfragebeantwortung verlangt? Dann halten Sie sich auch daran!) Haben Sie das nicht begriffen, daß ich von den Sonderverträgen rede? Stellen Sie einmal das Sondervertragsunwesen um den Bundeskanzler herum ab! (Abg. Dr. Graf: Das ist euch peinlich!)

Ich sage Ihnen jetzt noch etwas dazu – und das ist vielleicht die einfachste Botschaft, Herr Staatssekretär, weil in der SPÖ recht einfache Botschaften derzeit sehr gefragt sind –: Die einfachste Botschaft würde lauten: Der Bundeskanzler sollte mit gutem Beispiel vorangehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Dann hat er erst die Legitimation, von der österreichischen Bevölkerung Pensionskürzungen, Streichungen und Belastungen zu verlangen. Man greift dem "kleinen" Mann in die Tasche, während man die eigenen Taschen mit Bezügen aus staatlichen, halbstaatlichen Banken füllt. (Abg. Dr. Graf: Er hat zu große Taschen!)

Meine Damen und Herren! Ich habe keine Hoffnung, daß Franz Vranitzky dieses Problem irgendwann noch einmal begreift. Ich habe diese Hoffnung längst aufgegeben, weil ich weiß, daß der Bundeskanzler noch nie auf irgendeinen Schilling verzichtet hat – mit einer kleinen Ausnahme, das war seinerzeit diese Mietkostenabgeltung, die er auch noch kassiert hat, der "arme" Mann. Er hat sich eine teure Villa gekauft, hat dafür die Abfertigung der Länderbank in Anspruch nehmen müssen, obwohl er sich zunächst einmal diese Abfertigung valorisiert stunden ließ, und dann hat er plötzlich noch auf dem Konto – welch ein Zufall! – einen Mietkostenbeitrag gefunden. Auf diesen mußte er dann allerdings verzichten, denn das, was der Herr Bundeskanzler als Mietkostenunterstützung von der Republik kassiert hat, das verdienen andere Leute nicht einmal dafür, daß sie einen Monat lang arbeiten gehen, meine Damen und Herren, Hohes Haus! So sehen die Dinge aus.

Daher ist auch vor diesem Hintergrund der Sonderverträge die Privilegiendiskussion in Österreich zu sehen.

Meine Damen und Herren! Werte Kollegen, auch von der Österreichischen Volkspartei! Da wird es nicht genügen, mit dem, was Sie gestern als Initiativantrag im Hohes Haus eingereicht haben, die österreichische Bevölkerung zu blenden.

Wenn Sie es mir nicht glauben, so konnten Sie es bereits gestern auf der Titelseite der "Kurier"-Abendausgabe als Schlagzeile nachlesen, in der es heißt: "Gehaltsverzicht der Parlamentarier ist nur ein Schmäh." (Der Redner zeigt das Titelblatt des "Kurier".)

Meine Damen und Herren! Die Ihnen sicher nicht sehr fernstehende Zeitung "Kurier" hat Sie dabei ertappt, wie Sie versucht haben, mit diesem Schmäh der österreichischen Bevölkerung


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nach der Empörung über das "Höchtln" eines Ihres Abgeordneten und nach der Empörung über das "Höchtln" weiterer Abgeordneter, bis hinauf ins Präsidium dieses Hohes Hauses, vorzumachen, daß Sie endlich Schluß machen mit Privilegienwirtschaft im österreichischen Parlament, in der österreichischen politischen Landschaft, wie das ja Ihr eigener ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Herr Kollege Lukesch! Seien Sie nicht so nervös! Sie haben den falschen Parteiobmann gewählt. Ihr verhinderter Parteiobmann Leitl hat noch im Vorfeld des letzten ÖVP-Bundesparteitages, wo er sich noch Hoffnungen gemacht hat, daß er Chef des "Aufsichtsrates" der ÖVP werden kann, gesagt, er wolle einen Privilegienabbau für die ÖVP nach Haiders Vorbild. Damals war Haiders Vorbild gefragt, weil man genau wußte, daß das in der Bevölkerung verstanden wird. Jetzt sind die Wahlen vorbei, die nächsten Wahlen stehen vor der Tür, man wurde beim "Höchtln" erwischt, jetzt kommt man mit dem nächsten Schmäh daher – ich zitiere den "Kurier" –, und man glaubt, der Bevölkerung ein X für ein U verkaufen zu können und die Privilegienwirtschaft in Österreich damit beendet zu haben.

Es wird auch in Zukunft, nach dem, was Sie uns vorgelegt haben, möglich sein, mit Sonderverträgen Privilegien und Pfründe einzuheimsen. Es wird auch in Zukunft möglich sein, daß eine Stadträtin Smejkal in Wien durch den Bürowechsel vom Stadtratsbüro in das Büro einer Landtagsvizepräsidentin 1,8 Millionen Schilling an Abfertigung kassiert, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Peter: Das steht doch nicht zur Diskussion!) – Ja selbstverständlich steht das zur Diskussion.

Das ist ja überhaupt das Größte, daß auch das Liberale Forum nicht mehr über Privilegienwirtschaft debattieren will. Auch das Liberale Forum erkennt plötzlich die Vorliebe für sozialistische Privilegienwirtschaft, weil das Liberale Forum als "Blinddarm" der Sozialisten natürlich immer etwas später das mitverdauen muß, was bei der sozialistischen Partei vorher gegessen wurde.

Meine Damen und Herren! Sie sollten so weit sein, daß Sie dem Bundeskanzler beibringen, daß er mit dieser Privilegienwirtschaft am besten gleich bei sich selbst aufzuhören beginnt, indem er auf seine Ansprüche aus dem Sondervertrag mit der vormaligen Länderbank AG freiwillig verzichtet. Freiwilliger Verzicht ist angesagt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Freiwilliger Verzicht für den Bundeskanzler ist angesagt, freiwilliger Verzicht für die Privilegienritter hier im Hause von Rot und Schwarz – und ich nehme an, daß auch die Liberalen schon mitnaschen –, freiwilliger Verzicht für Privilegienritter, die nicht begriffen haben, daß die Bevölkerung kein Verständnis mehr dafür hat, daß Österreich im europäischen Vergleich die zweithöchsten Bezüge bei den Politikern hat, daß Österreich hinter Italien an Stelle zwei bezüglich Politikerprivilegien liegt, meine Damen und Herren, Hohes Haus!

Wer versteht denn das noch: Je schlechter es einem Staat geht, desto besser geht es den Politikern! Italien geht es ja wirklich nicht besonders gut. Österreich geht es auch nicht mehr besonders gut, aber die Politikerprivilegien werden ausgeweitet, die Politikergehälter gehen hinauf, und mit dieser "Reform" des Kollegen Khol und des Kollegen Kostelka sollen die Bezüge noch einmal ordentlich hinaufgesetzt werden, anstatt daß man endlich beginnt, hier einmal Ordnung zu machen, so wie das Andreas Khol im Jahre 1995 angekündigt hat. Das ist jetzt genau ein Jahr her – Herr Kollege Khol, ich habe Ihnen den Artikel mitgebracht (der Redner zeigt einen Zeitungsausschnitt) –, da hat Kollege Khol angekündigt, er wolle die Pensionen für Politiker abschaffen: Die Politiker sollen selber einzahlen, um sich dann selber durch ein eigenes Privatmodell die Politikerpension, die Altersversorgung zu verdienen.

Bis heute hat Kollege Khol diese Idee, die er damals aufgeworfen hat, nicht wiederentdeckt. Wissen Sie, es tut Ihnen gut, wenn man Sie immer wieder einmal daran erinnert, was Sie weiland der Bevölkerung erklärt haben. Ich sage es Ihnen noch einmal: Sie liefern der österreichischen Bevölkerung nur einen Schmäh, jetzt halt in anderer Form wieder, anstatt die Privilegienwirtschaft in diesem Lande abzustellen.

Das wäre das Vernünftigste, was die ÖVP als Rettungsanker vor den EU-Wahlen unternehmen könnte, anstatt nur auf den Höchtl Josef jetzt loszugehen, der aber für sein "Höchtln" zu Recht


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zum Handkuß gekommen ist – es ist eine Schweinerei, was er geliefert hat, es ist eine Schweinerei, was so viele andere hier liefern beim "Höchtln" in beide Taschen, meine Damen und Herren ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordnete! Bitte, in der Diktion vorsichtiger zu sein.

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (fortsetzend): Ich bitte um Nachsicht, Herr Präsident! Ich zitiere Volkes Stimme. Volkes Stimme sieht darin nichts anderes als die eben genannte Animalität, wie sie von mir zitiert wurde, meine Damen und Herren, Hohes Haus! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sollten daher dem Bundeskanzler beibringen: Er als Chef der "Firma Österreich" sollte mit gutem Beispiel vorangehen und zum ersten Mal beweisen, daß in diesem Lande nicht nur der Dr. Haider auf etwas verzichtet. Er hat dreimal auf Abfertigungen verzichtet, meine Damen und Herren! Er hat die Abfertigungen zurückgeschickt, die der Herr Riegler in seine Tasche gesteckt hat. Nicht nur Dr. Haider sollte mit gutem Beispiel vorangehen, auch der Herr Bundeskanzler sollte auf seine Ansprüche aus seinen Sonderverträgen verzichten. Damit wäre ein guter Auftakt für eine Neuentwicklung zum Abbau der Politikerprivilegien geleistet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Peter zu Wort gemeldet. Bitte den zu berichtigenden und den tatsächlichen Sachverhalt gegenüberstellen.

16.17

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Stadler hat es jetzt zum wiederholten Male für klug befunden, in seiner maßlosen Art das Liberale Forum (Heiterkeit bei den Freiheitlichen – Abg. Ing. Reichhold: Die tatsächliche Berichtigung hat die Fakten darzustellen!), das Liberale Forum als "Blinddarm" der Sozialdemokraten zu bezeichnen. – Ich halte das für eine ungeheuerliche Form der Diffamierung eines politischen Gegners, weil man genau weiß, was damit gemeint ist. (Abg. Ing. Reichhold: Du bist schon so lang im Parlament und weißt noch immer nicht, was eine tatsächliche Berichtigung ist!)

Ich berichtige tatsächlich: Das Liberale Forum ist eine demokratische Partei und wird sich von den Ungeheuerlichkeiten der Freiheitlichen nicht provozieren lassen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kräuter. – Redezeit: 15 Minuten.

16.18

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An sich ist ja die Motivation der Besprechung einer Anfragebeantwortung, daß man über Mißverständnisse spricht, die sich daraus ergeben könnten, offene Fragen berät oder auch sich über die mangelnde Qualität einer Antwort unterhält.

Herr Mag. Stadler, mein Vorredner, hat dieses Instrument hier heute wieder einmal mißbraucht, hat ausschließlich Anwürfe, Polemiken, Unwahrheiten dem Herrn Bundeskanzler gegenüber hier dargeboten – und das unter dem Schutz der Immunität, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Stadler: Welche Unwahrheiten?)

Unsere Erwartungshaltung ist ja ohnedies bei Reden des Herrn Mag. Stadler sehr bescheiden, er hat ja in Wirklichkeit nur seine gestrige beschämende Darstellung wiederholt. Längst, Herr Mag. Stadler, sind Ihre Darbietungen dieser Art für uns uninteressant. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wurmitzer. )


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Ich werde kurz sprechen, in diesem Fall nicht über die mangelnde Qualität einer Antwort, sondern über die mangelnde Qualität einer Anfrage, der Anfrage von Dr. Haider und Kollegen. – Wo ist eigentlich Dr. Haider? (Abg. Ing. Tychtl: Wo er immer ist: außer Haus! – Abg. Wabl: Er repariert die Stechuhren! – Weitere Zwischenrufe.)

Herr Mag. Stadler, Herr Erstredner, wo ist eigentlich Herr Dr. Haider?! Ist er eventuell irgendwo in einem Wiener Bezirk und hetzt gegen Ausländer? Wo ist er eigentlich zurzeit, der Herr Dr. Haider? (Abg. Mag. Stadler: Sie müssen mit mir vorliebnehmen!) Das ist bedauerlich. (Abg. Mag. Stadler: Ja, das kann ich Ihnen nachfühlen!)

Meine Damen und Herren! Die Anfrage gibt im Detail eigentlich wenig her. Die Intention, sofern überhaupt so etwas auszumachen ist bei dieser Anfrage, ist ja nicht, so nehme ich an, eine Einzelperson des öffentlichen Lebens anzuschütten ... (Abg. Ing. Reichhold: Eine Frage an Sie: Welche Unwahrheiten hat Kollege Stadler verbreitet?) Die Behauptungen im Zusammenhang mit dem Bundeskanzler, die im übrigen überhaupt nichts zu tun haben mit dieser Besprechung einer Anfragebeantwortung im Zusammenhang mit Pensionen und Verträgen, die Sie hier immer darstellen im Schutze der Immunität. Nehmen Sie auch heute wieder zur Kenntnis: Das sind Unwahrheiten, die Sie hier im Schutz Ihrer Immunität behaupten, und das weisen wir entschieden zurück! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Was konkret im Zusammenhang mit Pensionen?)

Keinesfalls ist es die Intention der FPÖ, eine grundsätzliche Diskussion hier zu führen, welche Möglichkeiten der Bund hat, wenn er Spitzenmanagement benötigt, was der Dienstnehmer Bund für Spitzenleistungen, für Spitzenfunktionen anbieten kann. (Abg. Mag. Stadler: Sie sind ja auch ein "Höchtler", habe ich gehört!)

Wenn man sich die Mühe macht, das Beamtenrecht zu Rate zu ziehen, wird man erkennen, daß im Jahre 1987 die Kombination Karenzierung und Sondervertrag die einzige rechtliche Möglichkeit war, eine Spitzenfunktion, wo hohes Verantwortungsbewußtsein und hohe Leistung notwendig sind, hochkarätig zu besetzen. Weil sich der Betreffende bewährt hat, ist sein Vertrag verlängert worden. Das ist aber allgemein bekannt.

Inzwischen hat sich ja das Dienstrecht in vielen Bereichen weiterentwickelt. Es gibt heute viele Möglichkeiten, Spitzenfunktionen auf Zeit zu vergeben. Etwa auch in der Steiermark ist das längst eine Selbstverständlichkeit.

Kurz zu einer weiteren Doppelbödigkeit der FPÖ, die durch diese Besprechung einer Anfragebeantwortung transparent wird: Vor der Nationalratswahl 1994 hat Dr. Haider in einer Titelgeschichte der Zeitung "Gewerkschaft Öffentlicher Dienst", Nummer 9/94 – damals noch jung und flott –, die Einführung von Leistungsorientierung und Motivation im Besoldungssystem gefordert, und wenn das dann geschieht, ist es später Anlaß zum Skandalisieren, zum Kriminalisieren – wie eben in dieser Anfrage.

Das ist ein Beweis der Doppelbödigkeit, meine Damen und Herren von der FPÖ, Sie haben das heute selbst bewiesen und sich damit auch ein Eigentor geschossen! (Beifall bei der SPÖ.)

Kurz noch zur Anfrage selbst: Herr Mag. Stadler behauptet hier, er weiß nicht, was der Betreffende verdient. Das ist typisch! Im Vortext der Anfrage ist die Behauptung aufgestellt, daß der Betreffende 130 000 S verdient. Das stimmt erstens nicht, weil es weniger ist, und zweitens hat man vergessen, das Wort "brutto" hinzuzufügen. Und ich denke, in Tagen der Bezügediskussion sollte das immer dabeistehen. Denn Herr Professor Brauneder etwa würde sich ja auch wünschen, wenn seine Bezüge in der Zeitung stehen, daß das Wörtchen "brutto" dabeisteht, zumal er ja nur 60 000 S netto behält, wie es der Fraktionsregel in der FPÖ entspricht. (Abg. Dr. Fuhrmann: Das stimmt ja gar nicht! Er behält ja mehr!)

Meine Damen und Herren! Ein weiteres Beispiel für die erbärmliche Qualität dieser Anfrage: Im Punkt 12 ist die Rede von einem "gegenwärtigen Budgetdesaster".


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Ich zitiere: Der Internationale Währungsfonds nannte in seiner diesjährigen Österreich-Prüfung das Konsolidierungsprogramm ebenso mutig wie unausweichlich und empfahl diesen österreichischen Weg der Einbeziehung der Sozialpartner – das schmerzt besonders – und der Zusammenarbeit mit den Gebietskörperschaften als beispielgebend für die internationale Staatengemeinschaft.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluß. Wie ist die Situation? Die Anfragebesprechung ist unnötig – sie bleibt erfolglos. Sie haben es halt wieder einmal probiert, sind gescheitert. Ein abschließender Tip von mir: Überlegen Sie sich in nächster Zeit besser, welche Anfragen Sie erstens stellen und welche Beantwortungen Sie zweitens zur Diskussion stellen! (Beifall bei der SPÖ.)

16.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Stadler gemeldet. – Die Bestimmungen sind bekannt.

16.24

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Mein Vorredner nötigt mich mit seiner Behauptung, ich hätte hinsichtlich der Pension des Bundeskanzlers die Unwahrheit gesagt, zu einer tatsächlichen Berichtigung.

Im Rechnungshofbericht über Wahrnehmungen betreffend die Gebarung der Österreichischen Länderbank AG Wien vom 7. 11. 1989 wird auf Seite 4 zur Abfertigung und Pension des Bundeskanzlers wie folgt Stellung genommen – ich zitiere –:

Der scheidende Generaldirektor gab allerdings am 12. 9. 1984 die Erklärung ab, für die Dauer seiner Mitgliedschaft zu einer österreichischen Bundesregierung die Auszahlung seiner ihm vertraglich zustehenden Abfertigung gegen Valorisierung laut den sonstigen Bestimmungen des Dienstvertrages zu stunden und für diese Zeit die ihm zustehenden Pensionsansprüche nicht zu begehren. – Zitatende.

Die Auszahlung des Abfertigungsbetrages erfolgte am 23. August 1985 unter entsprechender Valorisierung. Es wurde ein Betrag von rund 4 Millionen Schilling genannt.

Hinsichtlich der Pensionsbezüge geht aus dem Dienstvertrag unter Punkt 10 hervor, daß der Herr Bundeskanzler anläßlich seines Ausscheidens aus der Länderbank einen Anspruch auf einen lebenslänglichen – lebenslänglichen! – Ruhebezug in der Höhe des 16fachen monatlichen Gehaltes erwirbt und dieser Ruhebezug ihm ausbezahlt wird, wenn auch daneben etwaige gesetzliche Pensionsansprüche gewährt werden.

Das ist nachzulesen im Rechnungshofbericht und in seinem Dienstvertrag. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Helmut Peter. Er hat das Wort.

Über die Praxis bei den tatsächlichen Berichtigungen werden wir, um einheitliche Handhabe herzustellen, in der nächsten Präsidialsitzung sprechen. – Bitte, Kollege Peter.

16.26

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es gehört wohl zu einem der wesentlichsten Rechte von uns Parlamentariern, daß wir Anfragebeantwortungen, die wir bekommen, hier im Parlament besprechen dürfen. An diesem Recht müssen und wollen wir festhalten.

Ich sehe nur nicht den Sinn ein, wieso wir hier über eine Person, nämlich über Dkfm. Ulrich Stacher, diskutieren, die die wenigsten von uns kennen. Meine Damen und Herren! Ich kann nicht beurteilen, ob Dkfm. Stacher ein tüchtiger oder ein weniger tüchtiger Mensch ist. Ich muß davon ausgehen, daß er, wenn der Herr Bundeskanzler ihn mit einem Sondervertrag versieht,


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über Fähigkeiten verfügt, die durch das normale Beamtendienstschema nicht abgegolten werden können.

Ich weiß nur nicht, ob es wirklich der richtige Weg ist, prinzipiell hinter jeder Regelung, die der Herr Bundeskanzler trifft, sofort Unterschleif, Parteibuchwirtschaft, Finanzierung oder sonstige Dinge zu vermuten.

Wir werden, glaube ich, sinnvoll und inhaltlich so nicht weiterkommen. (Abg. Dr. Pumberger: Man muß alles kritisch hinterfragen!) Die meisten von der freiheitlichen Fraktion kennen Dkfm. Stacher auch nicht, es geht ihnen nur darum, einen Grund zu finden, um hier wieder einmal – zum wiederholten Male, wir haben es ja mittlerweile gehört – von der Pension und den Abfertigungszahlungen des Herrn Bundeskanzlers zu reden. (Abg. Mag. Stadler: Also doch ein Appendix!)

Ich glaube, daß die Republik Österreich ihren Bundeskanzler nicht gut bezahlt. Ich glaube, daß die Republik Österreich die Frau oder den Mann, der die Position des Bundeskanzlers innehat, mindestens gleich gut bezahlen sollte wie die Funktion eines Generaldirektors einer großen Bank. Und ich halte es in Wirklichkeit für eine Schande, daß jemand, der Generaldirektor einer Bank war, dort das Doppelte oder Dreifache von dem verdient hat, was er jetzt als Chef der Bundesregierung dieser Republik verdient. Das ist ein absolutes Mißverhältnis, von dem ich meine, daß es nicht richtig ist, es aufrechtzuhalten. Wir wollen nämlich in diesem Land die tüchtigste Frau oder den tüchtigsten Mann – ob das der Herr Bundeskanzler ist, will ich jetzt einmal dahingestellt sein lassen, aber auf jeden Fall wollen wir die Position für den Tüchtigsten ... (Zwischenruf des Abg. Ing. Reichhold. )

Warum wundert dich das eigentlich? (Abg. Ing. Reichhold: Na wenn er so wenig verdient!) Weißt du, lieber Mathias Reichhold, das ist so einfältig, so dumm gestrickt, diese Neidgenossenschaft. Du kannst das im Bierzelt von dir geben, aber bitte nicht im Parlament! Da sitzen Leute, die haben das nicht notwendig, sich das anzuhören. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Grünen. – Abg. Dr. Nowotny: Das Bierzelt ist ja seine Heimat!)

Geben Sie mir noch zwei Minuten die Möglichkeit, Stellung zu nehmen zu dem Vorschlag, den die Regierungsparteien für die Entlohnung der politischen Mandatare gemacht haben. Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Herr Dr. Kostelka! Herr Dr. Khol! Was Sie da produziert haben, ist meiner Ansicht nach in aller Bescheidenheit Pfusch! Sie haben ein verkorkstes System noch weiter verkorkst. Sie haben letztlich ein System gefunden, das vor Bürokratie strotzt und versucht, Abgeordnete in einer Art und Weise zu kontrollieren ... (Abg. Dr. Graf: Jetzt müssen Sie schon beim Thema bleiben!) Ich habe darum gebeten. Ich danke, daß Sie mir die Möglichkeit geben.

Sie wollen Entfernungszulagen und Fahrdienstleistungszulagen einführen und Dienstwohnungen finanzieren. Sie wollen erreichen, daß es zwar auf den ersten Blick besser ausschaut, auf den zweiten Blick schaut aber für die politischen Mandatare wieder wesentlich mehr heraus. Das wird das Faktum sein.

Es ist unglaubwürdig, daß Sie Dienstwohnungen finanzieren, und Klubobmann Khol wird dann kontrollieren gehen, wer drinnen wohnt. Also bei mir dürfen Sie nicht kontrollieren gehen! Wenn sich Ihre Klubabgeordneten das gefallen lassen – von mir aus. Sie erfinden hier Abstrusitäten, wie etwa diesen wunderschönen Satz für den Fahrzeitausgleich, den ich dem Hohen Haus nicht vorenthalten möchte. Ich lese Ihnen das wörtlich vor, damit Sie alle wissen, was da drin steht. Bitte, beschließen Sie das nicht, das ist der blanke Wahnsinn!

Ich zitiere wörtlich: Der Fahrtzeitausgleich gebührt in der Höhe der durch 173,2 geteilten Summe des Gehaltes eines Beamten der allgemeinen Verwaltung der Gehaltsstufe 5, der Dienstklasse 7 und der für diesen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Peter! Ich muß Sie eine Sekunde unterbrechen und folgendes sagen: Jeder in diesem Haus weiß, daß es mit einem Minimum an


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Intelligenz möglich ist, zu sagen, wenn ich über Sonderverträge rede, sind es Privilegien, und bei Privilegien mache ich auch einen Satz zu diesen Gehaltsfragen. Aber eine Spezialdebatte zum Initiativantrag kann ich nicht zulassen. (Abg. Mag. Stadler: Wer ist jetzt bei der falschen Debatte, Herr Kollege Peter?) Bitte, Herr Abgeordneter! Allgemeine Bemerkungen, so wie ich es bisher gehandhabt habe, ja, aber keine Spezialdebatte unter Zitierung von Paragraphen. Das wäre der Vorschlag, den ich zu beachten bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (fortsetzend): Herr Präsident! Selbstverständlich hat Ihr Vorschlag zu gelten. (Abg. Dr. Graf: Kollege Peter! Ich hätte Sie reden lassen!) Ich meine, daß die ganze Frage der Politikergehälter eine unehrliche Betrachtung bei uns hat. Wir sind die freiesten Menschen in diesem Land, weil wir frei gewählt und nur unseren Wählern verantwortlich sind. Wir sollten auch den Mut haben, als Freiberufler ein tüchtiges und anständiges Honorar zu verlangen und auch dem Herrn Bundeskanzler mehr Geld zu bezahlen, weil ich meine, die Position des Bundeskanzlers ist in Österreich zu niedrig dotiert. Wir sollten alle Spesen und Aufwendungen nicht über bürokratische Zulagen bekommen, sondern wir sollten alle Spesen und Aufwendungen aus einem sehr anständigen und großzügigen Honorar selbst bezahlen und selbst versteuern, nach dem Einkommensteuergesetz, so wie wir es von vielen Hunderttausenden Menschen verlangen.

Das, was wir hier an Debatte führen, ist die übliche Neidgenossenschaft, aber ich frage mich – Herrn Stadler wird es nie zu fad werden, denn es wird ihm nichts anderes einfallen –, ob es vielleicht noch einige helle Köpfe in der freiheitlichen Fraktion gibt, die solche stumpfsinnigen Debatten verhindern. (Beifall beim Liberalen Forum, bei Abgeordneten der SPÖ sowie bei den Grünen.)

16.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was die Terminologie betrifft, gilt das, was ich vorhin gesagt habe. Wir können diese Debatte sicher auch mit Worten führen, die man vertreten kann.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stoisits.

16.32

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Im Gegensatz zu meinem Vorredner, Kollegen Mag. Peter, kenne ich Herrn Sektionsleiter Stacher, weil er öfter hier im Parlament ist, vor allem im Hauptausschuß des Nationalrates betreffend EU-Angelegenheiten immer präsent ist. Obwohl ich, im Gegensatz zu ihm, keine Spezialistin bin, habe ich den Eindruck, daß er das ist, was man in Österreich einen tüchtigen Beamten nennt. (Beifall bei den Grünen.)

Zu dem, was vorher Herr Mag. Stadler hier über den Umweg eines hochqualifizierten und, wie ich meine, auch in Brüssel sehr geschätzten Mitarbeiters des Bundeskanzleramtes geliefert hat, nämlich eine Bundeskanzlerdebatte zu inszenieren, muß ich Ihnen auch als Oppositionsabgeordnete sagen: Es langweilt mich, nach sechs Jahren immer denselben Sermon zu hören. (Abg. Mag. Stadler: Die Bevölkerung auch!) Es langweilt mich, weil nämlich kein neuer Aspekt dazukommt. Sie können mir glauben (Abg. Mag. Stadler: Der Bevölkerung steht es bis hier, glauben Sie mir das!), daß mich Privilegien und Bezüge speziell von Politikern und Politikerinnen, speziell von Regierungspolitikern und -politikerinnen und alles, was man mit dem schönen österreichischen Wort Freunderl- und Parteibuchwirtschaft zusammenfassen könnte, ganz speziell interessieren. (Abg. Dr. Graf: Das ist der Unterschied zwischen uns und Ihnen!)

Ich bin nicht von ungefähr eine Abgeordnete einer Oppositionsfraktion, aber ich bitte Sie, wenn Sie uns wieder mit diesem Thema behelligen, bringen Sie uns einmal etwas Neues. Bringen Sie einmal in der Substanz etwas Neues dazu. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Das wäre auch zur Belebung der an sich richtigen Diskussion ganz interessant.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Kürze einige Worte zu dem Antrag, mit dem wir uns im Verfassungsausschuß kommenden Dienstag beschäftigen werden. Kollege Peter hat das Wort "Pfusch" genannt. Er hat wahrscheinlich das Wort "Pfusch" in dem Sinn gemeint, daß es nicht gut gemacht ist, denn unter Pfusch versteht man sonst eher nicht versteuerte Arbeit. Das,


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was ich heute vormittag gelesen habe, ist Pfusch in jeder Beziehung. (Zwischenruf des Abg. Ing. Reichhold. ) – Erstens einmal deshalb, weil ich glaube, daß es gerade aufgrund der öffentlichen Diskussion (Abg. Dr. Graf: Pfusch ist nicht versteuerter Lohn!) – da schaue ich jetzt ganz besonders Herrn Klubobmann Khol an, denn Klubobmann Kostelka steht nicht in meinem Blickwinkel –, aufgrund dieser ernsthaften öffentlichen Thematisierung notwendig wäre, ein Gesetz zu machen, das auch wirklich lupenrein ist und hält.

Ich sage Ihnen etwas, Herr Dr. Khol: Ich habe, bevor ich hauptberuflich Abgeordnete zum Nationalrat geworden bin, in der Personalabteilung des Unterrichtsministeriums meinen Dienst als Kommissärin versehen und bin es durchaus gewöhnt, mich mit Texten und Materien dieser Art zu beschäftigen; auch bin ich es gewöhnt, solche zu verstehen.

Das, was ich jetzt in der Vorbereitung hier gerade bekommen habe, verstehe ich nicht. Und das – ohne jetzt inhaltlich eine Spezialdebatte führen zu wollen – macht mich besorgt. Dieses Gesetz birgt so viele Fallen in sich, daß genau jene Damen und Herren Autoren, jene Damen und Herren Denker, die sich dieses Gesetz ausgedacht haben, ungemein stark Gefahr laufen, in sehr kurzer Zeit in eine ähnliche Privilegiendiskussion verstrickt zu werden, weil man nicht über Nacht sozusagen etwas hinschustern kann.

Ich hätte mir gewünscht, daß wir uns ruhig, seriös und sachlich damit beschäftigen, was Ihnen auch ein Anliegen ist. Ich lese in der APA, daß Sie in Ihrer heutigen Pressekonferenz gemeint haben, daß die Einsparungen durch die Streichung von arbeitslosen Beamteneinkommen für Politiker und Politikerinnen 20 Millionen Schilling im Jahr ausmachen werden. Das ist etwas, was bis vor kurzer Zeit, bis vor einigen Tagen absolut in Abrede gestellt wurde, daß es arbeitlose Einkommen gibt. Was heißt denn arbeitsloses Einkommen? – Das heißt, Geld für nicht geleistete Arbeit zu bekommen. Besonders moralisch anständig oder ethisch vertretbar ist das gerade für jene, die vorbildhaft als Volksvertreter, Volksvertreterinnen agieren, nicht.

Jetzt lese ich, daß es 20 Millionen sind. Das heißt also, wir sparen jetzt schon 20 Millionen ein, wir für uns selbst, wir sind auch Steuerzahler und Steuerzahlerinnen, aber vor allem die österreichische Bevölkerung ist es. Jetzt sagen aber die beiden Herrn Klubobmänner, daß sie keine Angaben darüber machen können, was dieses Gesetzeswerk, das unter ihrem Namen als Initiativantrag eingebracht wurde, kosten wird. Es gibt keinen Bedeckungsvorschlag. Das ist das Primitivste in einem Gesetz, daß man sagt, was es kostet, wenn es in Kraft tritt, aber so etwas gibt es nicht.

Solange Sie diesen Bedeckungsvorschlag nicht minutiös und im Detail bringen, so lange wird der Verdacht im Raum stehen, daß das, was ab 1. August auf den Steuersäckel der Österreicherinnen und Österreicher zugunsten ihrer Volksvertreterinnen und Volksvertreter zukommt, eine enorme Belastung ist, ein wahres, echtes Belastungspaket.

Ich sage Ihnen etwas, liebe Kolleginnen und Kollegen: Mit Belastungspaketen dieser Art möchte ich mir nicht die Hände schmutzig machen. (Beifall bei den Grünen.)

16.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Er hat das Wort.

16.39

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man meiner Vorrednerin und auch Herrn Kollegen Mag. Peter vom Liberalen Forum aufmerksam zugehört hat, so muß man feststellen, daß es offensichtlich deren größte Sorge ist, hier im Hohen Haus eine Debatte über die früheren Bezüge des Bundeskanzlers bei der Länderbank zulassen zu müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen einmal eines sagen: Wer in dieser Republik im öffentlichen Dienst steht, wer in dieser Republik über die öffentliche Hand, das heißt über den Steuerzahler – sei es auch nur mittelbar durch Sonderverträge in der Verstaatlichten oder sonstwo, wo der Steuerzahler dafür aufzukommen hat – eine Entlohnung bezieht, Gehälter


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bezieht, Abfertigungen bezieht, hat sich auch eine öffentliche Diskussion über die Höhe gefallen zu lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter. – Abg. Mag. Stadler: Damit es sich "ausgeraunzt" hat, nicht nur "ausgehöchtlt"!)

Herr Kollege Kräuter! Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür – und ich glaube, auch mein stellvertretender Klubobmann Stadler –, daß Sie mit Begeisterung in diese Bundeskanzler-Bezügedebatte bei der Länderbank eingestiegen sind und hier gleich pauschal erklärt haben, das sei unwahr.

Wir haben uns daher erlaubt, aus unseren Abgeordnetenbänken die Frage an Sie zu richten: Was ist unwahr? Kommen Sie zur Sache. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ja nichts leichter, als sich hinzustellen und zu sagen, das sei unwahr, das stimmt ja alles nicht.

Aber auf diese konkreten Fragen sind Sie abermals nicht eingegangen, sondern haben nur sehr pauschal darauf geantwortet. Herr Kollege Kräuter (Abg. Mag. Stadler: Der Kräuter ist selbst so ein "Höchtler"!), was hält Sie davon ab, die uns unterstellte Unwahrheit zu dokumentieren und die Wahrheit aus Ihrer Sicht, die Wahrheit, die Sie meinen, hier darzustellen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Schieder: Das ist ein allgemeines Prinzip! Als Rechtsanwalt werden Sie das wissen!) Herr Kollege Kräuter! Sie werden mir bei aller Wertschätzung nicht böse sein, aber ich kann das nur auf Ihr schlechtes Gewissen zurückführen. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Tat ist es ein – ich möchte schon sagen – einmaliger Griff in die Tasche des Steuerzahlers, für drei Jahre Tätigkeit bei einer verstaatlichten Bank eine Pension zu lukrieren, die kapitalisiert in die Millionen – das ist untertrieben, meine sehr geehrten Damen und Herren –, in die Abermillionen, in einen zweistelligen Millionenbetrag geht. Angesichts dessen können Sie sich nicht herstellen und sagen, das sei alles nicht wahr, das stimme nicht. – Das ist Faktum.

Ich halte noch einmal fest: Obwohl der Herr Bundeskanzler seinerzeit von der Nationalbank abgefertigt wurde, etwas später von der Creditanstalt abgefertigt wurde, nahm er erneut nach nur drei Jahren Tätigkeit bei der Länderbank eine Abfertigung in Anspruch, aber nicht etwa, meine sehr geehrten Damen und Herren, für drei Jahre Tätigkeit bei der Länderbank, sondern für den gesamten Vordienstzeitraum, für den er ohnedies schon doppelt abgefertigt wurde. Und das ist die Ungeheuerlichkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren! Solange das nicht restlos aufgeklärt wird, so lange werden Sie sich diese Diskussion, das nächste Mal vielleicht auch in Anwesenheit des Herrn Bundeskanzlers, immer wieder gefallen lassen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Aufklären heißt rückzahlen!)

Meine Damen und Herren! Wenn der Bundeskanzler hier das notwendige Feingefühl – ich drücke mich vorsichtig aus –, das ihm mein Kollege Stadler nahegelegt hat, aufbrächte, dann wäre nichts leichter, als zu sagen: Damals war eine andere Situation, aus heutiger Sicht, wo man wirklich dem "kleinen" Mann das letzte aus den ohnedies leeren Taschen herausholt, sehe ich das ein. Ich leiste einen Verzicht zu 100 Prozent, zu 80 Prozent oder zu einem anderen Prozentsatz. Ich stelle das zur Verfügung (Abg. Mag. Stadler: Ich nehme mir ein Beispiel an Dr. Haider!) , ich entlaste damit den Steuerzahler – oder ich verzichte auf die Pension des Bundeskanzlers. – Es wäre wirklich nichts leichter als das, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wenn man allerdings sagt, na ja, das kann man jetzt alles ungeschehen machen, meine sehr geehrten Damen und Herren, so muß ich sagen, so würde ich das nicht sehen, denn bedenken Sie eines: Die österreichische Länderbank ist vor dem Konkurs gestanden. Sie wissen, damals war die Eumig-Pleite, es gab noch andere Großinsolvenzen – Funder –, und die Länderbank konnte nur durch einen Akt des Gesetzgebers, der es erlaubt hat, die Verluste über einen langen Zeitraum, über einen unüblich langen Zeitraum abzuschreiben, gerettet werden.

Da ist folgendes schon sehr interessant, – und das ist auch der öffentliche Zusammenhang, der die Damen und Herren Österreicherinnen und Österreicher sehr wohl zu interessieren hat –: Die Länderbank ist durch unachtsame Geschäftsführung, eine Geschäftsführung in sozialistischen Händen, vor dem Konkurs gestanden. Dann kommt ein Bundeskanzler, sitzt drei Jahre dort, be


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zieht eine Abfertigung in Höhe von 4 Millionen Schilling für drei Jahre Tätigkeit bei der Länderbank und läßt sich eine Pension einräumen, von der andere Menschen nicht einmal träumen können. Das ist ein aberwitziger Betrag, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Herrn Bundeskanzler wäre es damals mit 46 Jahren möglich gewesen, einen jederzeit fälligen Anspruch lukrieren zu können, wenn er als Finanzminister oder als Bundeskanzler abgetreten wäre. Wenn man das passiviert, meine Damen und Herren – ich kann Ihnen sagen, ich verstehe etwas davon –, wenn ich das rückstelle, kommt ein zweistelliger Millionenbetrag heraus, und es würde mich nicht wundern, wenn – nach dem Prinzip des ordentlichen Geschäftsmannes – ein Betrag zwischen 30 und 50 Millionen Schilling herauskommen würde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Genau das ist der Grund, daß wir hier einen Zusammenhang sehen, einen Zusammenhang zwischen einem Sondervertrag, in dessen Genuß auch Herr Dkfm. Stacher gekommen ist, und den Sonderverträgen bei verstaatlichten Banken oder bei Banken, die zumindest damals zum überwiegenden Teil im Staatsbesitz gestanden sind. Ein altes Sprichwort lautet auch: Wie der Herr, so’s G’scher. Und es war der Herr Bundeskanzler – wir werden ihn nicht aus der Haftung entlassen, wir werden ihn nicht aus der moralischen Haftung entlassen (Beifall bei den Freiheitlichen) –, der diesen Abfertigungsexzeß erst ermöglicht hat.

Meine Damen und Herren! Erkundigen Sie sich in der Wirtschaft – teilweise sind Sie ja Vertreter der Wirtschaft –: Sie wissen genau, wenn heute ein Dienstnehmer einer beruflichen Herausforderung nachkommt, ist er naturgemäß zu einer Eigenkündigung gezwungen. Es zwingt ihn ja niemand, diese Herausforderung anzunehmen. Das heißt, er wäre zur Eigenkündigung gezwungen gewesen, und bei einer Eigenkündigung – soweit kennen wir alle das Angestelltengesetz – entfällt der Abfertigungsanspruch zur Gänze.

Meine Damen und Herren! Da hier der Bezug zur Bezügereform hergestellt wurde – der Herr Präsident hat trotz eines "Rufs zur Sache" auch bei Frau Abgeordneter Stoisits diesen Bezug erlaubt –, darf ich auch einige Worte dazu verlieren.

Ich bin völlig einer Meinung mit meinem Klubkollegen Stadler, daß diese Bezügereform eigentlich nichts Wesentliches zum Besseren ändert. Es wird alles wesentlich komplizierter, ein undurchsichtiges Abrechnungssystem soll Platz greifen, eine Kommission soll eingerichtet werden, ein riesiger Verwaltungsaufwand wird entstehen, Intransparenz wird es geben (Abg. Mag. Stadler: Die Bezüge gehen in die Höhe!) , und tatsächlich wird niemand mehr die Frage beantworten können, wieviel ein Abgeordneter die Republik tatsächlich kostet.

Sehr geehrter Herr Klubobmann Khol! Ihr "Klubkollege" Kostelka, wie Sie selbst einmal gesagt haben, und Sie haben ein besonderes Schmankerl vorbereitet in Ihrer Bezügereform, nämlich das Schmankerl, das es einem großen Prozentsatz in diesem Hohen Haus für die Zukunft verwehren soll, sich als Klubobmann oder als Mitglied des Nationalratspräsidiums zur Verfügung zu stellen. Das ist meiner Meinung nach ein unglaublicher Anschlag der Berufspolitiker Kostelka und Khol auf die Nichtberufspolitiker.

Ich sage Ihnen eines, meine sehr geehrten Damen und Herren: Sie wissen genau, daß beispielsweise in unserer Fraktion so viele Freiberufler sitzen, wie das in Ihren Fraktionen zusammen der Fall ist. Ich finde es wirklich ungeheuerlich, wenn Sie ein derartiges Funktionsverbot, ein derartiges Berufsverbot für Klubobleute und für das Nationalratspräsidium erlassen wollen.

Ist Ihnen Kollege Brauneder ein derartiger Dorn im Auge, daß Sie zu solchen Mitteln greifen müssen? Ist Ihnen Herr Kollege Brauneder ein Dorn im Auge? Herr Klubobmann Khol! Sie können sich hier erklären. Was ist denn die Ursache dafür? Sie unterhalten sich, Herr Klubobmann, so gerne über Verfassung, und dieser Herausforderung komme ich gerne nach. Sie kennen Herrn Montesquieu mit der Gewaltentrennung. Wir haben die Vollziehung, die Gesetzgebung und die Rechtssprechung. Und Sie wissen ganz genau (Abg. Dr. Khol: Haben Sie schon einmal das Wort "Interessenkonflikt" gehört?), Herr Klubobmann Khol, das ist etwas ganz ... (Abg. Dr. Khol: Was die Amerikaner "conflict of interest" nennen!) Ich werde Ihnen einen anderen Konflikt nennen.


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Herr Klubobmann! Sie haben einmal hier von diesem Pult aus zu einer Kollegin von mir gesagt – Sie sagten es damals sehr überheblich –: Frau Abgeordnete, mit Ihnen möchte ich mich über alles unterhalten, nur nicht über Verfassung. – Damals habe ich geglaubt, Herr Klubobmann, mit Ihnen kann man sich gerade über Verfassung und sonst nichts unterhalten. Jetzt weiß ich es: weder über Verfassung noch sonst etwas! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Ich habe Ihnen eine geistreichere Bemerkung zugetraut!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie diese Regelung wirklich in Kraft setzen wollen, dann ist das aus meiner Sicht ein weiterer Schritt in Richtung Beamtenparlament.

Wir wissen genau, daß wir etwa 60, 70 Beamte hier im Hohen Haus haben. Ich will überhaupt niemanden persönlich angreifen, Beamte sind notwendig, das ist überhaupt keine Frage. Der Prozentsatz ist aus meiner Sicht jedoch zu hoch. Dazu kommen noch zahlreiche Angehörige von Interessenvertretungen, von Kammern und von Gebietskrankenkassen. Wenn man das auch noch dazuaddiert, so kommt man auf einen Prozentsatz, der die 50 Prozent übersteigt.

Ich darf Ihnen sagen, Herr Klubobmann Khol, Sie leisten dieser Republik keinen guten Dienst, Sie erweisen dieser Republik keinen guten Dienst, wenn Sie einen weiteren Schritt in Richtung Beamtenparlament gehen. Ich könnte mir vorstellen, daß der nächste Anschlag der ist, daß man angesichts der Unvereinbarkeitsregeln für den Nationalratspräsidenten sagt: Nicht nur für Klubobleute und Nationalratspräsidenten ist die Ausübung eines anderen Berufs unvereinbar, sondern für alle Abgeordneten. – Sagen Sie das, wenn Sie das wollen, wenn Sie nur mehr ein Parlament von Berufspolitikern und Beamten wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage noch einmal ausdrücklich: Nichts gegen Beamte, aber es ist doch jene Berufsgruppe, die mit dem geringsten Risiko – das ist schon vorsichtig ausgedrückt – in die Politik gehen kann. Sie wissen genau, wie schwer das für einen Freiberufler ist; ich will Sie gar nicht mit meinem Beispiel strapazieren. Es hat mich niemand gezwungen, und ich mache es gerne. Idealismus gehört dazu, und ich bin nicht in die Politik gegangen, um mein Einkommen zu erhöhen, absolut nicht. Aber wenn ich etwa an meinen Kollegen Pumberger denke, der eine der größten Praxen im Innviertel hat und unter ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Jetzt muß ich langsam wieder die Grenzziehung zur Spezialdebatte einmahnen. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (fortsetzend): Herr Präsident! Die Spezialdebatte, wenn ich mir das zu sagen erlauben darf, haben Sie zugelassen, indem Sie nach dem "Ruf zur Sache" Frau Abgeordneter Stoisits die Möglichkeit gegeben haben, sehr ausführlich über die Bezügereform zu sprechen. Aber ich möchte ohnedies schon schließen. Ich habe alles gesagt, was dazu zu sagen war.

Ich darf Sie bitten, Herr Klubobmann Khol: Überlegen Sie sich diese Bestimmung noch einmal, auch aus dem Gesichtspunkt der Gewaltentrennung heraus! Denn es ist etwas anderes, ob jemand das oberste Organ in der Verwaltung und weisungsbefugt ist oder ob er der gesetzgebenden Körperschaft, dem Parlament angehört. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Barmüller. Redezeit: 15 Minuten.

16.52

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wenn es um die Besprechung der Anfragebeantwortung geht, die hier von den Freiheitlichen verlangt worden ist, ist einmal klar festzuhalten, daß in diesem Zusammenhang auch über den Bundeskanzler diskutiert werden kann, daß es aber nicht das Thema ist. Diese Diskussion soll nicht verweigert werden, aber es soll diese Anfrage und das, was mit dieser Anfrage eigentlich bezweckt ist, zur Diskussion stehen.


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Es geht in dieser Anfrage darum, ob es korrekt und legal vertretbar ist, ob es legal ist (Abg. Mentil: Daß Beamte einen Sondervertrag bekommen?), daß ein Beamter einen Sondervertrag erhält.

Jetzt werden Sie mir zugestehen, daß alles dafür spricht, daß das nach der gesetzlichen Lage korrekt und nicht inkorrekt ist. (Abg. Mentil: Daß ein Beamter einen Sondervertrag kriegt?) Es ist legal, daß ein Beamter einen Sondervertrag hat. Das ist der Fall, und um diese Diskussion geht es.

Die ganze Bezügedebatte, Herr Abgeordneter, hat einen anderen Hintergrund: die Frage der moralischen Legitimität. Und das ist es, was die Diskussion auch so schwierig macht, weil man nie entscheiden kann, wer in eigener Sache für seinen eigenen Bereich, für seine eigenen Pfründe argumentiert, und wem es wirklich um eine Reform des Systems geht. Wenn man das zur Diskussion stellt, dann sollte man auch ehrlich darüber reden, dann sollte sich aber auch ein Abgeordneter Stadler, der hier wortgewaltig herausgeht, doch einmal vor Augen führen, wie es denn gewesen ist, als die Diskussion um Jörg Haider losgebrochen ist, der für das Bärental 150 S Schenkungssteuer bezahlt hat. – Das war total legal, korrekt. (Abg. Mag. Stadler: Du bist ein ganzer Blinddarmer! Du bist die Steigerung von Blinddarm – Blinddarmer!)

Ja, ich weiß, das ärgert Abgeordneten Stadler, aber es geht um etwas ganz anderes: Es geht darum, daß man hier eine legale Möglichkeit gewählt hat, aber es ist die Frage, ob die moralische Legitimität dafür besteht. Da will ich überhaupt nicht in Diskussion ziehen, ob es gerechtfertigt ist, daß man sich mit arisiertem Vermögen bereichert, überhaupt nicht, das ist nicht die Diskussion. (Beifall beim Liberalen Forum.) Es ist die Frage zu stellen: Ist das legal, und hat man, lieber Abgeordneter Stadler, die moralische Legitimation? (Abg. Dr. Graf: Was hat das Vermögen der Frau Vranitzky hier zu tun?) Das ist eine ganz wichtige Frage! Nehmen wir nur Abgeordneten Meischberger her: Kann eine Fraktion glaubwürdig eine Diskussion über eine solche Anfragebeantwortung losbrechen, wenn in ihren Reihen ein Meischberger sitzt, der 700 000 S aufs Handerl von den kleinen Leuten schwarz kassiert hat und bis heute nicht zurückgegeben hat? Zumindest haben Sie es hier noch nicht gesagt. Ich würde das gerne von Ihnen hören, um die moralische Legitimation dieser Diskussion herauszustreichen. (Abg. Mag. Stadler: Von Moral darf jeder reden, nur du nicht!) Die moralische Legitimation des Abgeordneten Stadler mag man bezweifeln, aber sie steht nicht zur Diskussion. Herauszustreichen ist: Ist eine korrekte Vorgangsweise gewählt worden? Haben die Freiheitlichen hier nicht ein massives Eigeninteresse? (Abg. Dr. Graf: Es geht doch um die Arbeitsmarktverwaltung! Das wissen Sie ganz genau!) Das würde mich an der Sache interessieren.

Abgeordneter Krüger hat mit wohlgesetzten Worten vom Herrn Nationalratspräsidenten Brauneder gesprochen und hat vom Anschlag der Berufspolitiker Khol und Kostelka auf die Freiberufler geredet. Dazu möchte ich schon festhalten: Herr Präsident Brauneder ist Universitätsprofessor und als solcher Beamter. Er ist aber nicht nur Nationalratspräsident neben seinem Beamtenjob, sondern er ist auch noch Stadtrat in Baden. Wissen Sie, was er als Stadtrat dazukassiert? – 17 000 S im Monat! Er macht natürlich alle Sitzungen in Baden mit – überhaupt nicht –, zur Hälfte der Sitzungen geht er hin, aber er kassiert die ganze Gage.

Wo ist die moralische Legitimation, die wir in dieser Diskussion so dringend brauchen, von seiten der Freiheitlichen, um dieses Thema gegenüber den Koalitionsparteien wirklich herauszustreichen? Das ist genau der Schwachpunkt des Abgeordneten Stadler. Er redet hier in eigener Sache für seine eigene Fraktion. Und weil das der Fall ist, kommen wir in dieser Sache keinen Schritt weiter. Leuten wie dem Abgeordneten Stadler fehlt die moralische Legitimation in dieser Diskussion, weil er nicht die Härte aufbringt, die eigenen Fälle anzusprechen und sich reinzuwaschen, um hier tatsächlich präzise Kritik anbringen zu können. Er geht hier heraus und möchte die anderen belehren. Das ist ein Problem. Ich spreche hier Abgeordneten Bauer und ich spreche Herrn Abgeordneten Pawkowicz von Wien an. Das alles sind Fälle, anhand derer wir sehen, daß über dieses Gesamtsystem doch eine viel weitergehende Diskussion gemacht werden muß, Herr Abgeordneter Stadler! (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. ) Da hilft das Zwischenrufen nichts! Da hilft nur ein Klarstellen! Und wenn Sie nicht in der Lage sind, das klarzu


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stellen, dann schweigen Sie! Schweigen Sie in dieser Debatte! (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

Sie haben nicht einmal in Ihrem eigenen Bereich die moralische Legitimität – das wissen Sie, und das weiß ich, das haben wir schon einmal diskutiert –, um überhaupt eine moralische Frage zu stellen.

Wie hält man es denn mit der eigenen Moral, Herr Mag. Stadler? Wie halten wir es denn im eigenen Bereich, mit der eigenen Moral? Wie halten wir es? (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. ) Verweigern Sie nicht die Aussage, geben Sie doch zu, daß Sie da auflaufen! Sie sind auf Grund gelaufen mit dieser Frage, weil Sie nicht in der Lage sind, diese Moralität unter Beweis zu stellen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Abschließend, meine Damen und Herren, zum Sozialfonds, zum Sozialfonds Burgenland, zum Kollegen Schweitzer. Man zahlt etwas ein, um sich dann die eigenen Spesen herauszuholen. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist unglaublich!) Das ist es, Karl, woran diese Debatte krankt. Und ich kann dir das sagen, denn ich bin von diesen Sachen unbelastet. (Abg. Mag. Stadler: Unbelastet!) Ich möchte eine klare Regelung, damit ich mich nicht wegen solcher Verfehlungen, die auch in eurer Fraktion vorkommen, dauernd anschütten lassen muß. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP und der Grünen.)

16.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.58

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Die Besprechung der Anfragebeantwortung im Zusammenhang mit der Anstellung des Dkfm. Stacher kann ich nur insoferne kommentieren, als ich Herrn Stacher ebenfalls aus der politischen Arbeit kenne und sehr froh darüber bin, daß man flexiblere Lösungen innerhalb der Beamtenschaft sucht. Soweit mir bekannt ist, ist die Qualifikation des Herrn Stacher hervorragend. Ich nehme an, die FPÖ hat diese Anfragebesprechung nur deshalb verlangt, um über die Bezügereform zu diskutieren, ein anderer Grund ist nicht gegeben.

Meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Stadler: Das willst du nicht diskutieren?) Selbstverständlich will ich das diskutieren. (Abg. Mag. Stadler: Eben!) Über die Abfertigung des Bundeskanzlers haben wir in diesem Hause sehr ausführlich diskutiert. Es hat einen eigenen Rechnungshofbericht darüber gegeben und einen ausführlichen Rechtsstreit. Unsere Auffassung war damals, daß das nicht gerechtfertigt war. Das war in vielen Fernsehsendungen öffentlich erörtert worden. Der Herr Bundeskanzler wurde sogar persönlich eine ganze Stunde lang dazu interviewt. Ich glaube, dieses Thema ist ausdiskutiert. Die Öffentlichkeit hat darüber ihr Urteil gefällt. Man kann natürlich immer wieder darüber diskutieren, das ist legitim; ich finde nichts Unanständiges daran.

Meine Damen und Herren! Kollege Barmüller hat sich über die Freiheitlichen aufgeregt, und ich finde das auch gut so. Meine Hochachtung, Herr Barmüller! Ich möchte aber im Zusammenhang mit diesem Antrag, der in der Presse hämisch und zum Teil bösartig kommentiert, zum Teil verächtlich gemacht wird, ein paar Sätze sagen.

Meine Damen und Herren! Ich will mich überhaupt nicht mit Moral oder Unmoral befassen. Ich selbst bin ein Mensch, der in seinem Leben wahrscheinlich viel gesündigt hat. Und deshalb will ich jetzt gar nicht darüber reden. Meine Damen und Herren! Ich will darüber reden, daß wir in diesem Haus offensichtlich nicht in der Lage sind, eine Lösung für ein Problem zu finden, das uns alle angeht. Ich halte es für eine große Schwäche und für ein großes Versäumnis, daß wir in dieser Frage nicht in der Lage waren, uns zusammenzusetzen und eine in der Öffentlichkeit vertretbare Lösung zu finden. Es wird schon jahrelang über dieses Thema diskutiert. Der eine Fall, über den ich nicht mehr reden will, der meines Erachtens ausdiskutiert ist und bei dem die Konsequenzen hätten gezogen werden müssen, war Anlaß, daß in einer sehr raschen Sitzung


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und in sehr raschen Verhandlungen Khol und Kostelka zu einer sogenannten Lösung gekommen sind.

Meine Damen und Herren! Diese Lösung ist keine Lösung, und Sie alle wissen das. Das halte ich für so erbärmlich in dieser Frage. Wir demolieren das Politikverständnis und das Politikbild in der Öffentlichkeit in einem zunehmenden Maße, denn niemand unterscheidet: Wer hat denn tatsächlich das Gesetz gemacht? Warum gibt es denn eine Diskussion über die persönliche Verantwortung beim Verhalten, beim Ausnützen von Gesetzen? – Niemand wirft einem Unternehmer vor, wenn er alle Gesetze im Steuerbereich ausnutzt, wie das zum Beispiel damals Herr Haider gemacht hat, außer es nützt politisch.

Selbstverständlich hat jeder Bürger das Recht, Gesetze so anzuwenden – wenn es gesetzmäßig ist –, daß er einen Vorteil daraus ziehen kann. Natürlich sind wir in diesem Haus, meine Damen und Herren – das ist aufgrund unseres Berufsbildes angebracht –, angehalten, besonders vorbildlich zu agieren, weil wir selbst diese Gesetze machen.

Meine Damen und Herren! Aber wenn wir nicht mehr in der Lage sind, darüber zu befinden und darüber zu verhandeln, wie so ein Gesetz aussehen kann, dann halte ich das für eine Selbstaufgabe dieses Hauses. Natürlich ist es in erster Linie ein Verschulden des Kollegen Kostelka und des Kollegen Khol gewesen, daß sie nicht einmal versucht haben, sich mit den Oppositionsparteien an einen Tisch zu setzen. Ich hätte es gerne gesehen, daß sie mit Herrn Haider, Frau Petrovic und Frau Schmidt konkret darüber diskutiert hätten, um eine vernünftige Lösung zu finden. Und dann hätten wir alle hier erwarten können, daß die Personen, die das im Interesse eines ordentlichen Einkommens, aber vor allem im Interesse des Ansehens der Politik im allgemeinen verhandeln, möglicherweise eine Lösung finden.

Meine Damen und Herren! Diese Chance ist vergeben worden, und wir sind weiterhin dabei, uns gegenseitig zu denunzieren, uns weiterhin persönlich zu attackieren. Das ist an sich legitim, aber ich sage Ihnen: Die Mehrheit in diesem Haus bestimmt das nächste Gesetz. Und die Opposition – und dazu zähle ich mich – wird dieses Gesetz, das hier eingebracht worden ist, zu Recht kritisieren, weil es ein schlechtes ist.

Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie viele in diesem Haus zu jenen gehören werden, die nach diesem Initiativantrag von Khol und Kostelka mehr beziehen werden. Herr Khol! Ich danke schon im vorhinein. Ich weiß nicht, wie lange man mit diesem Thema in der Öffentlichkeit noch spielen kann, wie lange man noch das Bild der Politik insgesamt kaputtmachen kann. Aber möglicherweise ist ein System dahinter, um endlich das zu erreichen, was viele im öffentlichen Bereich, was viele im wirtschaftlichen Bereich wünschen: ein völliges Zurückdrängen der Politik, entfesselnde Märkte, in denen das Wichtigste ist, Geld zu verdienen und die Kosten zu minimieren.

Früher hat man dazu ganz offen gesagt, daß es ein kapitalistisches System ist, und wir Dummköpfe von Politikern spielen dabei mit, halten bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit unseren Kopf hin und lassen uns auf der Straße dafür beschimpfen, weil wir nicht einmal mehr in der Lage sind, ein einfaches Gesetz zu machen, meine Damen und Herren! Ich halte es letztendlich in der Durchführung für sehr schwierig, aber einfach im Vergleich zu vielen anderen Gesetzen in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Aber Sie, Herr Khol, sind nicht in der Lage, bei Frau Petrovic und bei Frau Schmidt anzuklopfen und zu sagen: Setzen wir uns doch einmal zusammen! – Es muß doch möglich sein, im Interesse dieses Hauses ein Gesetz zu finden, das akzeptabel ist und das nicht in der Öffentlichkeit vom "Kurier" und von anderen Zeitungen als "Schmäh" und "Husch-Pfusch" bezeichnet wird.

Meine Damen und Herren! Ich bin nicht bereit, als Politiker ständig dafür geradezustehen, daß Sie mit Ihrer Mehrheit Gesetze machen, die in einer Art und Weise schlecht sind, daß es nicht verzeihbar ist, nicht verzeihlich ist, was Sie hier machen. Ich hätte mir erwartet, daß Sie zumindest den Versuch unternehmen, ein Gesetz mit allen hier im Hause zustande zu bringen, auch mit der FPÖ, damit dieser verheerende Eindruck in der Öffentlichkeit etwas gemildert wird, daß


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wir in einem Selbstbedienungsladen sitzen, in dem wir selbst die Regeln bestimmen und wie Höchtl und andere zulangen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Nochmals: Der einzelne Abgeordnete mag in all diesen Gehaltsfragen korrekt oder unkorrekt gehandelt haben. Darüber gibt es ein Urteil der Wählerinnen und Wähler, der Leserinnen und der Leser und der Journalistinnen und Journalisten. Aber ein Urteil, Herr Khol, ist klar: Das Gesetz, das Sie jetzt wieder vorschlagen, verantworten Sie persönlich und Herr Kostelka und jene von der ÖVP und der SPÖ, die wieder ihre Hand heben und aufstehen – und nicht die Opposition, die hier herinnen sitzt und angeboten hat, daran mitzuarbeiten. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich weiß schon, Sie haben es nicht notwendig, sich mit der Opposition zusammenzusetzen. Aber dann wundern Sie sich nicht, wenn die politische Kultur auf dem Boden liegt und die Politik insgesamt nicht mehr ernstgenommen wird. Ich sage Ihnen eines: Jene, von denen Haider immer sprechen kann, die "kleinen" Leute, jene, die in den Gasthäusern sitzen, in den Fabriken arbeiten, in den Zügen sitzen, können überhaupt nicht mehr darüber diskutieren, ohne daß sie Zorn entwickeln, ohne daß sie Abscheu und Verärgerung entwickeln. Das hat nichts mit Neidgenossenschaft zu tun, wie es Kollege Peter sagt. Das gibt es auch, keine Frage. Es gibt genug Journalisten, die es nicht ertragen können, daß es Menschen gibt, die ein bißchen mehr verdienen als sie. Aber es gibt auch viele Journalisten, die korrekt darüber diskutieren wollen und darüber Leitartikel schreiben, wie man eine Lösung finden kann. Es gibt viele Bürgerinnen und Bürger, die durchaus damit einverstanden sind, wenn ein Politiker oder eine Politikerin ein ordentliches Einkommen bezieht. Aber es gibt immer weniger Menschen, die verstehen, Herr Khol, warum sich ihre Unfähigkeit zur Potenz steigert und ebenso die von Herrn Kostelka.

Ich habe mir gedacht, daß Staatssekretär Schlögl im Jänner, als die unappetitliche Affäre um Herrn Höchtl noch nicht in der Öffentlichkeit war, in aller Ruhe ein ordentliches Gesetz vorbereitet und dazu alle Fraktionen einlädt. Aber Sie, Herr Khol und Herr Kostelka, waren dazu nicht in der Lage.

Herr Khol! Ich weiß schon, Sie vertiefen sich in Ihre wunderbare Lektüre. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich halte es für eine ganz besondere Art der politischen Unfähigkeit, die Sie in dieser Frage an den Tag legen. Ich meine, Sie sollten hier herauskommen und dieses Gesetz, diesen Initiativantrag noch einmal zur Diskussion stellen, damit das Ansehen der Politik, für das Sie große Verantwortung tragen, verbessert werden kann. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen, dem Liberalen Forum und den Freiheitlichen.)

17.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Erstens würde ich an Sie die dringende Bitte richten: Gegenstand der Diskussion ist die Frage des Sondervertrages des Sektionsleiters Dkfm. Stacher – und sonst nichts.

Herr Abgeordneter Wabl! Ich möchte Sie schon bitten: Ausdrücke wie "Unfähigkeit zur Potenz gesteigert" sind keine, die dem notwendigen Anstand und der Würde dieses Hauses entsprechen. Ich bitte, sich auch im Verlauf der Diskussion zurückzuhalten.

Es liegt jetzt eine Wortmeldung zu einer tatsächlichen Berichtigung vor. – Herr Dr. Salzl, Sie haben das Wort. 3 Minuten Redezeitbeschränkung; bitte beginnen Sie mit der Darstellung des Sachverhaltes, der Ihrer Meinung nach unrichtig ist.

17.10

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Selbstverständlich, Herr Präsident!

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Barmüller, der sich hier ein wenig als Saubermann aufgespielt hat, hat behauptet, daß es im Burgenland einen Sozialfonds gegeben hat, in den die Abgeordneten dieses arbeitslose Einkommen einbezahlt haben und es sich dann wieder herausgenommen hätten. – Dies ist nachweislich unrichtig und ich berichtige tatsächlich. (Abg. Mag. Barmüller: Zeigen Sie mir die Belege, daß das nicht


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stimmt! Zeigen Sie sie mir! Haben Sie sie da? Zeigen Sie sie her!) – Hören Sie zu, dann werde ich es Ihnen erklären!

Einerseits wurde aufgrund einer Überprüfung durch das Finanzamt festgestellt, daß es keinerlei Unregelmäßigkeiten gegeben hat (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller ), und zweitens sind mittlerweile in dieser Causa zwei Gerichtsurteile ergangen. In beiden Gerichtsurteilen wurde festgestellt – nehmen Sie das zur Kenntnis! –, daß es keinen derartigen Sozialfonds gegeben hat (Abg. Mag. Barmüller: Warum haben Sie es dann behauptet?), daß diese einbezahlten Gelder ausschließlich für soziale und karitative Zwecke aufgewendet wurden und es aus diesen Geldern keinerlei Rückflüsse an die Abgeordneten gegeben hat. Ich würde Sie bitten, daß Sie das einmal zur Kenntnis nehmen. (Abg. Mag. Barmüller: Zeigen Sie es!)

Ich bin gerne bereit, Sie in die Unterlagen und in die Gerichtsurteile Einsicht nehmen zu lassen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Das ist nicht mehr Teil einer tatsächlichen Berichtigung.

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (fortsetzend): Aber ich erwarte mir, daß Sie sich hier dafür entschuldigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Schlögl. – Bitte, Herr Staatssekretär, Sie sind am Wort. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Freiheitlichen und dem Liberalen Forum.) Am Wort ist der Herr Staatssekretär – und sonst niemand!

17.12

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herzlichen Dank für die Möglichkeit, einige Worte zu sagen. Sehr geehrter Herr Abgeordneter Stadler! Ich wäre gerne der Postillon d´amour zwischen Ihnen und dem Herrn Bundeskanzler, nur habe ich in Ihrer Wortmeldung nichts Liebenswürdiges gehört, das ich dem Herrn Bundeskanzler mitteilen könnte. Darum wäre es auch sinnlos, würde ich diese Rolle übernehmen.

Ich glaube, daß wir nicht den Fehler machen sollten, uns in einer Debatte über Einkommen von Politikern gegenseitig etwas aufzurechnen. Ich möchte mir trotzdem zwei Bemerkungen aus meiner Sicht erlauben: Erstens glaube ich, daß es unfair ist, wenn man zum Rednerpult herausgeht und das Einkommen von Damen und Herren aus anderen politischen Parteien kritisiert, wenn man selbst weiß, daß es in den eigenen Reihen auch solche Einkommen gibt. (Abg. Mag. Stadler: Wer hat bei uns einen Sondervertrag? Wer hat bei uns einen Sondervertrag?) – Hören Sie mir zu!

Zweitens halte ich es für unglaubwürdig, wenn Sie hinausgehen und Sonderverträge im Bundeskanzleramt kritisieren – zu denen ich mich bekenne, die ich für sinnvoll und gut erachte –, wenn es in Ihren eigenen Reihen jemanden gibt, der im Bundeskanzleramt einen Sondervertrag hat. Ich bin gespannt darauf, ob es in diesem Fall von Ihnen auch eine inhaltliche Anfrage gibt. (Abg. Mag. Stadler: Wer denn?) Den Namen kann ich nicht sagen, weil das meiner Ansicht nach dem Datenschutz widerspricht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Diskussion möchte ich noch etwas sagen (Abg. Mag. Stadler: Deuten Sie einfach auf ihn!): Sie werfen dem Herrn Bundeskanzler des öfteren vor, daß er künftig zwei Pensionen haben wird. Dieser Behauptung möchte ich mich entgegenstellen. Das stimmt nicht, und das wissen Sie auch. Es gibt entsprechende Gutachten, auch vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes und von der Dienstrechtssektion, die eindeutig klären und feststellen, daß dem Herrn Bundeskanzler aus seiner Tätigkeit als Politiker kein Pensionsanspruch zusteht und gebührt. Ich möchte Sie bitten, daß Sie von dieser Behauptung zurücktreten, weil sie nicht stimmt. Ich kann Ihnen das auch zitieren. (Abg. Mag. Stadler: Das steht im Bezügegesetz! Das steht im Gesetz! Das steht im Gesetz! Herr Staatssekretär! Das steht im Gesetz!) – Gut, dann hören Sie mir zu, dann zitiere ich aus diesem Gutachten:


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Die Behauptung, daß durch die Verschmelzung von Z und Länderbank im Pensionsanspruch eine Änderung eingetreten sei, ist unzutreffend. Der maßgebende Zeitpunkt für die Frage der Anrechnung ist nämlich jener Zeitpunkt, in dem der Anspruch entstanden ist: Unterlag das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt § 38 des Bezügegesetzes, so tritt in der Anrechnung auch dann keine Änderung ein, wenn das Unternehmen nachträglich entstaatlicht wird. Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky wird daher aus seiner Tätigkeit als Politiker keinen Pensionsbezug erhalten.

Wenn Sie mir das Gegenteil beweisen können, dann gehen Sie heraus und sagen das. Ansonsten bitte ich Sie, diese Behauptungen nicht mehr aufzustellen, weil sie einfach nicht richtig sind! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Herr Staatssekretär! Das steht im Gesetz!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Diese Anfrage an den Herrn Bundeskanzler bezüglich des Sondervertrages von Herrn Sektionschef Stacher ist eine, die in regelmäßigen Abständen wiederkehrt. Bisher habe ich – zumindest für mich – nur eine einzige Frage von Ihnen gefunden, die es wert ist, ihr nachzugehen, und zwar: Was verdient Herr Sektionschef Stacher? – Das ist auch der einzige Vorwurf, den Sie – zumindest für mich – plausibel in der Öffentlichkeit gemacht haben, den Sie nicht beantwortet haben. (Abg. Mag. Stadler: Sie sollen ja antworten, nicht wir!) Ja, ich versuche, Ihnen das zu sagen. Hören Sie mir zu! (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. ) Herr Abgeordneter Stadler! Ich habe Ihnen geduldig zugehört, und ich bitte Sie, mir auch zuzuhören.

Ich bin der Ansicht, daß ich in Vertretung des Bundeskanzlers aus datenschutzrechtlichen Überlegungen und aufgrund der Gesetzeslage nicht das Recht habe – und auch nicht der Bundeskanzler –, diese Bezüge des Herrn Sektionschefs darzulegen. Ich biete Ihnen aber an, daß ich ein Gespräch zwischen Ihnen und dem Herrn Sektionschef arrangiere, und der Herr Sektionschef wird Ihnen dann die Zahlen, die Sie ohnehin wissen, in einem persönlichen Gespräch nennen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Damit ich aber auch noch zum eigentlichen Grund der heutigen Anfrage komme, möchte ich Ihnen sagen, daß Herr Sektionschef Stacher kein Einzelfall ist. Es gibt genügend Sonderverträge im Bundesdienst, und ich bekenne mich auch dazu, ich halte das für wichtig und gut. Das ist ein kleines marktwirtschaftliches, privatwirtschaftliches Element, das wir im Bundesdienst haben und das meiner Ansicht nach in der Zukunft auch sehr dynamisch ausgebaut werden kann.

Sektionschef Stacher war einer der ersten, die im Jahre 1987 ihre Funktion auf Zeit bekommen haben. Bisher – das haben auch einige Abgeordnete bestätigt – hat er sich diesen Sondervertrag auf Zeit auch mehr als verdient. Wir alle sind – quer über alle Parteigrenzen hinweg – mit seiner Arbeit sehr zufrieden.

Ich möchte darauf hinweisen, daß es nicht nur für Funktionen auf Zeit Sonderverträge gibt, sondern wir haben auch in vielen anderen Bereichen Sonderverträge, beispielsweise Sonderverträge für Militärpiloten, beispielsweise für Vertreter in EU-Institutionen, beispielsweise für Ärzte in den verschiedenen Bereichen. Wir haben Sonderverträge für Saisonarbeiter, wir haben Sonderverträge für Kernphysiker, wir haben Sonderverträge für die Redakteure der "Wiener Zeitung", wir haben Sonderverträge für den Generaldirektor des Naturhistorischen Museums, und so könnte ich beliebig fortsetzen.

Mit Stand Anfang 1996 gab es insgesamt 37 Sonderverträge in den Zentralleitungen, 370 Sonderverträge in nachgeordneten Dienststellen und 1 291 Sonderverträge nach dem ADV-Schema. Ich glaube, daß diese Sonderverträge dazu beigetragen haben, daß zusätzlich qualifiziertes Personal und Beschäftigte im Bundesdienst tätig geworden sind. Ich bitte Sie, Herrn Sektionschef Stacher nicht als Vehikel für andere politische Themen zu verwenden, sondern die Arbeit des Herrn Sektionschefs Stacher zu beurteilen und danach künftig Anfragen an den Herrn Bundeskanzler zu stellen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie Beifall der Abg. Mag. Stoisits. )


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17.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Mag. Haupt hat sich nunmehr zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich bitte um Ihren Beitrag.

17.19

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Diskussion über die Sonderverträge des Herrn Sektionschefs Dkfm. Stacher auf der einen Seite und andererseits die ausufernden Diskussionsbeiträge über die Reform der Besoldung für Politiker und den Privilegienabbau insgesamt haben mich dazu veranlaßt, mich doch auch – entgegen meinen ursprünglichen Intentionen – in dieser Debatte zu Wort zu melden.

Erstens einmal etwas Grundsätzliches: Herr Staatssekretär Mag. Schlögl! Ich bin der gleichen Meinung wie Sie, daß ein privatrechtliches Element in unserer Bundesverwaltung durchaus sinnvoll wäre. Das freiheitliche Modell, nämlich auch Sektionschefs und Sektionsleiter auf Zeit zu besetzen, führende Positionen in dieser Republik auf Zeit zu besetzen, das freiheitliche Modell der Dritten Republik, das amerikanische All-out-all-in-System, also checks and balancies, in gewissen Bereichen in Österreich umzusetzen, ist allen bekannt und von Ihnen und Ihrer Fraktion als neofaschistisch denunziert worden. Aber trotzdem freut es mich, daß Sie in der heutigen Diskussion wenigstens zugeben, daß Sie Elemente der Volkswirtschaft auch in der staatlichen Verwaltung in diesem Staate als durchaus begrüßenswert und ausbauensfähig sehen. Man sieht, auch die Diskussion kann Lernfähigkeit auf der Regierungsbank nach Jahren und Jahrzehnten vergeblicher Bemühung, hier Änderungen herbeizuführen, induzieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum Zweiten: Herr Präsident, verzeihen Sie mir, wenn ich es mir nach der Usance dieses Hauses herausnehme, Regeln bei Diskussionsbeiträgen, die von Ihrem Vorgänger im Sinne der Kontinuität zugelassen worden sind, auch für mich im Sinne der Kontinuität in Anspruch zu nehmen – trotz Ihrer Ermahnung, sich allein auf das Thema der Anfragebeantwortung zu beschränken.

Herr Kollege Barmüller! Ihre moralische Entrüstung von diesem Rednerpult aus hätte mich mehr gefreut, wenn Sie das, was Sie von der freiheitlichen Fraktion verlangt haben, auch für sich selbst durchgeführt hätten. Die Fälle der Herren Kollegen Moser und Frischenschlager sind keine lupenreinen Antiprivilegienfälle, über die Sie so einfach hinweggehen können. Wenn man die burgenländischen Wahlergebnisse und die Gerichtserkenntnisse etwa über den Sozialfonds im Burgenland heranzieht, sieht man, wie der Wähler darüber geurteilt hat, wenn wiederholt wider besseres Wissen falsche Behauptungen aufgestellt werden, um in entsprechender Form Wahlerfolge zu lukrieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Damen und Herren Österreicher sind nicht so dumm, daß sie nicht sehen, was dahintersteckt, wenn das eine oder andere hier vorgetragen wird, und was schlußendlich herauskommt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter. )

Eines, sehr geehrter Herr Kollege Kräuter, sollte Ihnen und allen anderen hier im Hause doch zu denken geben: In der Beliebtheitsskala aller österreichischen Bevölkerungsschichten sind nach den verurteilten Verbrechern die Angehörigen dieses Hauses, die Politikerkaste und die Journalisten jene, die in der Rangliste der Beliebtheitsskala dieser Republik ganz unten rangieren. Das sollte uns eigentlich allen zu denken geben, denn ich glaube, wir alle sind selbst – quer durch alle Fraktionen – maßgeblich mitschuld daran, daß es so weit gekommen ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich glaube auch – da gebe ich Kollegen Wabl durchaus recht –, daß der Hochmut der neuerrungenen Zweidrittelmehrheit in diesem Hause Sie, Herr Kollege Khol, und Ihr Pendant, Herrn Kollegen Kostelka, dazu bewogen hat, in cameris caritatis einen Schnellschuß von der Hüfte aus zu versuchen, der in meinen Augen von niemandem in der österreichischen Öffentlichkeit goutiert wird.

Ich mache Ihnen ein faires Angebot: Versuchen wir doch, den zuständigen Ausschuß dieses Parlaments über den Sommer als permanent zu erklären, Nägel mit Köpfen zu machen und diese Diskussion mit dem Ergebnis einer entsprechenden Fünf-Parteien-Einigung so über die Runden zu bringen, daß eine Regelung möglich ist, die allen Österreichern einleuchtend ist, die


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die unterschiedlichen Ansprüche, die es in allen Fraktionen gibt, in einer relativ gerechten Art und Weise regelt und die es uns auch vielleicht in Zukunft erspart, alle ein, zwei oder drei Jahre neue Diskussionen zum Schaden der Demokratie und zum Schaden unseres eigenen Ansehens erleben zu müssen. Keine einzige Fraktion in diesem Hohen Hause ist in der Lage, in ihren eigenen Reihen für einheitliche Regelungen der Handhabung, der Dienstfreistellungen, des Verzichtes und aller anderen Dinge in diesem Hohen Hause zu sorgen.

Ich würde es mir leichtmachen, wenn ich meinen Nachfolgern im Präsidium das empfehlen würde, was ich selbst gemacht habe, nämlich am Tag der Wahl zu kündigen und mich damit irgendwelchen Ansprüchen zu entschlagen oder mich in der Zukunft sonstigen Dingen ausgesetzt zu sehen. – Es ist mir leichtgefallen, weil ich keine Kinder habe, und weil ich mich davor 13 Jahre lang ausschließlich von meinem Beruf ernährt habe und mir auch einbilde, das nach dem Ausscheiden aus der Politik wieder zu können. Andere Menschen haben andere Pressionen, haben andere Sorgerecht, sind in anderen individuellen Situationen, haben andere Verpflichtungen und haben daher weniger die Möglichkeit, nur an sich selbst zu denken und nicht auf andere Rücksicht zu nehmen. Das möchte ich allen hier im Hohen Hause zugestehen.

Aber seien wir doch bitte nicht so töricht, zu glauben, mit einem Gesetz ein Problem aus der Welt schaffen zu können. Das ist keine Lösung. Wir tun uns keinen guten Dienst, wir tun unseren Nachfolgern keinen guten Dienst, und wir machen das, was am schlechtesten ist, nämlich der Demokratie keinen guten Dienst zu erweisen.

Kollege Wabl hat richtigerweise gesagt: Ein Österreicher, der heute durchschnittlich 15 000 S verdient, hat kein Verständnis dafür, daß ein Parlamentspräsident, der im Fernsehen erklärt hat, 120 000 S und 130 000 S Einkünfte zu haben, wieder zurückkommt und sich noch auf ein doppeltes Durchschnittseinkommen besinnt, das er leider auch noch einzubekennen vergessen hat. Oder er hat kein Verständnis dafür, wenn ein anderer Politiker nach Jahren darauf kommt, daß er doch Abfertigungen bekommen möchte und sie dann gerichtlich einklagt, obwohl er vorher jahrelang angeblich verzichtet hat.

Es gibt eine Reihe von Lösungen, die sauberer wären. Es gibt eine Reihe von Lösungen, die durchdacht gehören. Ich glaube nicht, daß das Papier, das heute hier auf dem Tisch liegt, der Weisheit letzter Schluß ist, und ich glaube vor allem nicht, daß es geeignet ist, uns, den Politikern, in der Öffentlichkeit in entsprechender Form Gerechtigkeit angedeihen zu lassen. Vor allem glaube ich auch nicht, daß es geeignet ist, unser Ansehen in der Öffentlichkeit wiederherzustellen.

Ich glaube, Herr Dr. Khol und Herr Dr. Kostelka, daß Sie besser beraten wären, meinen Vorschlag aufzugreifen, daß sich alle fünf Fraktionen zusammenzusetzen – auch um den Preis einer Permanenterklärung des entsprechenden Ausschusses und vielleicht einer Verabschiedung in einer Sommersitzung, die dann notwendig wäre und sicherlich von allen gerne besucht werden würde –, und wir sollten dieses Thema unter dem Motto, Nägel mit Köpfen zu machen, verabschieden.

Ich richte das als einen Appell an Sie, weil ich einfach glaube, daß uns gegenseitige Vor- und Nachrechnungen nichts nützen. Es gibt Kollegen, die ihren Dienst versehen, Kollegen, die ihren Dienst teilweise versehen und Kollegen, die ihren Dienst aus rechtlichen Dingen gar nicht versehen können. Wir sollten nicht untereinander Äpfel mit Birnen vergleichen und dem einen oder dem anderen einen Tritt in die Weichteile versetzen.

Ich halte es für gescheiter und vernünftiger, wenn sich alle fünf Parteien einmal zusammensetzen – auch um den Preis, dieses Thema in den Sommerferien einer Enderledigung zuzuführen und somit aber Nägel mit Köpfen zu machen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie Beifall des Abg. Dr. Frischenschlager. )

17.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.


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32. Sitzung / Seite 133

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme jetzt die Verhandlungen über die Punkte 3 bis 9 der Tagesordnung betreffend Hochleistungsstreckengesetz und weitere Vorlagen wieder auf.

Am Wort ist nunmehr Frau Abgeordnete Binder. – Bitte.

17.28

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich denke auch, genug der Moralisten und genug jener, die meinen, die alleinige Wahrheit gepachtet zu haben, denn die Wahrheit, meine Damen und Herren, hat viele Facetten.

Ich möchte den Faden der vorangegangenen Debatte zum öffentlichen Verkehr wieder aufnehmen. Erlauben Sie mir, zwei Punkte meiner Vorredner aufzugreifen.

Zum ersten zum Kollegen Schweitzer, der sehr abenteuerliche Geschichten seiner Reise von Bregenz nach Wien erzählt hat. Ich bin vorige Woche jeden Tag Wien–St. Valentin gefahren und habe mich eines hervorragenden Bordservices erfreuen können, denn das bieten die Österreichischen Bundesbahnen an.

Der zweite Beitrag war jener von Kollegin Haidlmayr. Ihre Geschichte, ihre persönlichen Erfahrungen und Eindrücke haben mich sehr betroffen gemacht, wobei ich natürlich meine, daß nicht alles mit dem Fahrplanwechsel zu tun hat. Es ist schon notwendig, zu sagen, daß uns der NAT 1991 sehr verwöhnt hat. Ich denke, daß man ihre Wünsche und Anliegen sehr genau registrieren wird. Ich habe auch gesehen, daß sich der Herr Minister Notizen gemacht hat. Ich meine, zum Beispiel die akustischen Signale, auf welcher Seite man aussteigen kann, sind Maßnahmen, die man mit gutem Willen setzen kann. Diesbezüglich haben Sie mich an Ihrer Seite, um solche Dinge zu verändern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich bei meinem Beitrag mit zwei Inhalten dieser Debatte beschäftigen: zum einen mit der Änderung des Hochleistungsstreckengesetzes und zum anderen mit dem Antrag 95: Maßnahmen zur Bekämpfung von Verkehrslärm bei den ÖBB.

Worum geht es bei den Hochleistungsstrecken? – Hochleistungsstrecken können derzeit von den ÖBB oder von der Eisenbahn-Hochleistungsstrecken-AG errichtet werden. Mit diesem neuen Bundesgesetz sind auch Dritte berechtigt, Eisenbahn-Hochleistungsstrecken zu errichten. Es gibt schon so eine Einrichtung, nämlich die Brenner Eisenbahn GmbH.

Vielleicht einige Punkte, um uns wieder in Erinnerung zu rufen, worum es geht: Zum einen geht es um den Unterschied zwischen Hochleistungsstrecken und Hochgeschwindigkeitsstrecken. Bei den Hochleistungsstrecken geht es darum, bis zu 200 km pro Stunde fahren zu können, den konventionellen Zug weiterhin zum Einsatz kommen zu lassen und eine Mischverkehrsstrecke zu ermöglichen. Bei der Hochgeschwindigkeitsstrecke geht es zumeist nur um den Personenverkehr und darum, eine möglichst hohe Fahrgeschwindigkeit von über 250 km pro Stunde zu erreichen.

1989 wurde vom Parlament das Hochleistungsstreckengesetz verabschiedet. Es hat den viergleisigen Ausbau der Westbahn zum Ziel. Die Investitionen bis 1995 sind schon getätigt worden: für Planung und Bau 3,5 Milliarden Schilling. Für die Planung und den Bau der Westbahnstrecke zwischen Wien und Salzburg von 1996 bis 2000 gibt es einen Rahmen von 14,5 Milliarden Schilling.

Meine Damen und Herren! Das sind sehr wesentliche und wichtige Vorhaben, sehr wesentliche und wichtige Investitionen.

Um einen Bezug zu meinem Bundesland Niederösterreich herzustellen, wo ich zu Hause bin: In Niederösterreich gibt es in diesem Zusammenhang bis 2006 insgesamt zwölf Vorhaben. Und gerade was meinen Wahlbezirk betrifft, den Streckenabschnitt Haag – St. Valentin, bin ich sehr


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optimistisch, daß es im August tatsächlich zu einem Tunnelanstich kommt und die ersten Bauarbeiten beginnen.

Man muß sich vor Augen halten, daß in den nächsten vier Jahren in Niederösterreich rund 14 Milliarden Schilling in diese Infrastrukturmaßnahmen investiert werden und daß Studien darauf verweisen, daß pro Milliarde Schilling Investition etwa 2 300 Arbeitsplätze geschaffen werden, was sicherlich auch nicht uninteressant ist.

Und nun zur tatsächlichen Gesetzesveränderung, nämlich zu diesen Dritten, die jetzt Hochleistungsstrecken errichten können:

Die Brenner Eisenbahn GmbH plant ja schon seit längerer Zeit. Hier geht es bei einem gemeinsamen EU-Vorhaben um ein Bauvolumen von insgesamt 175 Milliarden Schilling. Es geht um eine Verbindung München–Verona. Mit 1. Jänner 1996 hat die Planung der Gesellschaft begonnen, und in einem Zeitplan bis 2010 soll zumindest der Abschnitt in Österreich von Grenze Deutschland bis Grenze Italien erreicht werden.

Ich denke, das ist ein wichtiger Beitrag für ein vernünftiges Verkehrskonzept. Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die Reduzierung des Individualverkehrs ermöglichen eine sinnvolle Koordination von Straße, Schiene und natürlich auch Wasser zu erreichen.

Der zweite Punkt: Der Antrag zur Lärmreduzierung, für Maßnahmen zur Bekämpfung des Verkehrslärms bei den ÖBB. Es gab gestern in der "Presse" einen Beitrag, wonach im Bereich von Pöchlarn, wo die ÖBB den Neubau einer Hochleistungsstrecke planen, arge Befürchtungen in bezug auf die Lärmentwicklung vorhanden sind.

Einige Punkte dazu, meine Damen und Herren. Schon 1991 hat sich das Hohe Haus mit diesen Problemen beschäftigt. Es kam dann 1992 zu einem Entschließungsantrag. 1993 wurde diese Thematik weiter behandelt. Es sind einige Verordnungen erlassen worden. Es wurden eine Schienenfahrzeug-Lärmzulässigkeitsverordnung und eine Schienenverkehrslärm-Immissionsschutzverordnung beschlossen. Dabei geht es vor allen Dingen darum, daß Regelungen bezüglich Lärmschutzmaßnahmen bei Neu- und Ausbaustrecken, die erforderlich sind, gewährleistet werden. Somit kann ich den Pöchlarnern sagen: Ihre Ängste werden ernst genommen, sind aber unbegründet. Ich bin davon überzeugt, daß diese Verordnungen zum Tragen kommen, im Interesse der Bevölkerung.

Es gab in diesem Zeitraum auch ein Projekt "Die lärmarme Bahn". Dieses wurde im Dezember 1995 abgeschlossen und war für die Projektanten sehr zufriedenstellend. Seit 1994 liegt auch ein Lärmkataster auf.

Zur schalltechnischen Sanierung, meine Damen und Herren, gibt es zwei Standpunkte: zum einen den Standpunkt des Bundes, der ÖBB, die meinen, bei Neubauten hat der Bauherr für die Kosten aufzukommen. Bei bestehenden Eisenbahnstrecken muß es aber sehr wohl auch eine Beteiligung der Länder geben. Der Standpunkt der Länder ist: Das ist Eisenbahnsache. – Und somit kommt es zu keiner Einigung, vor allen Dingen auch nicht in meinem Bundesland Niederösterreich. Hier wird über die Höhe der Beiträge gestritten. Wünschenswert wäre eine 50:50-Regelung. Die beiden Städte beziehungsweise Gemeinden Wiener Neustadt und Purkersdorf haben die Initiative ergriffen und tragen selber die anteiligen Kosten – im Sinne der Bevölkerung und zum Schutz der Bevölkerung.

In Niederösterreich würden insgesamt 33 Bahnabschnitte in die Prioritätsklasse 1 fallen, 54 Abschnitte in die Prioritätsklasse 2. Meine Damen und Herren! Da geht es darum, den Lärm zu reduzieren. Österreichweit geht es dabei um Gesamtkosten von insgesamt 15 Milliarden Schilling.

Ich denke, Länder und Bund müssen jetzt wirklich schleunigst Maßnahmen setzen – im Interesse der Betroffenen, im Interesse jener, die mit diesem Lärm zu kämpfen haben. Natürlich sind Lärmempfindungen unterschiedlich. Die Auswirkungen auf Seele, Geist und Körper kennen wir. Und ich denke, da unser gemeinsames Ziel Zufriedenheit und Wohlbefinden des einzelnen


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Menschen, der einzelnen Bürger und Bürgerinnen in Österreich ist, ist es wirklich an der Zeit, umgehend diese bestehenden gesetzlichen Regelungen in die Realität umzusetzen, damit wir nicht noch zusätzliche Anträge in diesem Sinne brauchen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Trenk. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.38

Abgeordneter Josef Trenk (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich relativ kurz fassen, aber im Zuge der ÖBB-Sanierung möchte ich schon meinen Beitrag leisten.

Die ÖBB gehen her, machen ein Sparpaket – so wie die Regierung –, lassen die Richtungsschilder, die Zuglaufschilder von den Zügen herunternehmen und kleine Schilder in die Fenster der Züge stellen, damit man den Sparsinn der Bundesregierung sieht und damit man weiß, wo man mit diesem Zug hinfahren kann. – Ich glaube, in diesem Sinne kann man nicht einsparen. Man spart sicherlich an der verkehrten Stelle. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die nächste Sache. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung! Herr Bundesminister! Sie machen keine Schritte vor, sondern Sie machen vier Schritte zurück, damit Sie dann über die Bevölkerung wieder irgendeinen Schritt nach vor tun können, der eigentlich niemandem etwas bringt, geschweige denn dem Benützer der Bahn.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf folgendes hinweisen: Wenn wir im Sinne des Sparpaketes hier über Einsparungen sprechen und gleichzeitig der Semmering-Basistunnel von der Bundesregierung, speziell von der SPÖ, befürwortet wird (Abg. Dr. Stippel: Er ist ja notwendig!) , dann verstehe ich nicht, wo da der Sparsinn zum Ausdruck kommt. Gerade im Hinblick auf das Sparpaket brauchen wir momentan keinen Semmering-Basistunnel, sondern wir brauchen Aktivitäten, damit wir die Personen wieder in den Zug hineinbekommen. So ein Monsterprojekt braucht momentan überhaupt keiner. Eine Viertelstunde Zeiteinsparung vom Semmering bis nach Graz rechnet sich sicherlich nicht mit einem Aufwand von 11 Milliarden Schilling! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte hier noch eines loswerden, und zwar folgendes. Die HL-AG klagt einen Menschen, der sich für Grundwasserrechte einsetzt. Ich denke, meine sehr geehrten Damen und Herren, solche Dinge sollte die HL-AG eigentlich nicht tun. Zeitungsberichten – und das liegt jetzt schon etliche Monate zurück – war zu entnehmen, daß die HL-AG einen gewissen Dipl.-Ing. Schuhböck zur Klage vor Gericht gezerrt und gesagt hat, er ist gegen den Semmering-Basistunnel. Der Herr Dipl.-Ing. Schuhböck macht nur eines: Er kümmert sich um die Grundwasserrechte, er kontrolliert, ob das überhaupt gestattet ist, ob das rechtlich abgedeckt ist. Er möchte eigentlich nur auf die Situation aufmerksam machen, daß es einmal größere Quellwasserprobleme durch den Semmering-Basistunnel geben wird. Ich denke, daß die HL-AG sicherlich nicht richtig handelt, wenn sie so einen Mann zur Klage bringt und sagt, er hat unrecht und seine Gutachten sind nicht richtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zum Schluß den Herrn Bundesminister um eines ersuchen: Bringen Sie uns einmal ein Finanzierungskonzept, wie dieser Semmering-Basistunnel finanziert werden soll! Wo nehmen Sie das Geld her im Sinne des Sparpaketes? Wie soll er finanziert werden? Legen Sie das einmal auf den Tisch, Herr Bundesminister, damit wir – ich glaube, alle Fraktionen, auch die Liberalen, sind mit dieser Lösung einverstanden – gemeinsam über dieses Thema richtig diskutieren können. Denn die Sinnhaftigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist im Hinblick auf das Sparpaket nicht erkennbar. Dem Bau des Semmering-Basistunnels wird die Freiheitliche Partei, solange wir hier im Parlament vertreten sind, wirklich nicht zustimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Firlinger: Wir auch nicht!)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich möchte Sie daher auffordern, unserem Antrag zuzustimmen, der von meinem Kollegen Peter Rosenstingl eingebracht worden ist, denn ich glaube, daß dieser Antrag für die österreichische Bevölkerung tatsächlich etwas bringt. Und ich denke, Herr Bundesminister, daß Sie sicherlich kooperationsbereit sind. (Abg. Gradwohl: Er darf ja nicht!) Ah, darf er nicht? Aha. Der Koalitionszwang ist das. Auf dem Rücken der Bürger!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich würde Sie bitten: Bringen Sie uns einen Bericht über die Finanzierung des Tunnels, legen Sie das auf den Tisch, und wir können dann einmal darüber diskutieren, ob die Sinnhaftigkeit in diesen Jahren überhaupt gegeben ist. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. (Abg. Mag. Stadler: Er verzichtet!) Pardon! Ein Irrtum hier!

Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Er verzichtet auch!)

17.45

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr verehrtes Hohes Haus! Wir treffen heute eine auf den ersten Blick gar nicht so dringende, gar nicht so wichtige, aber, wie ich persönlich glaube, für die Zukunft sehr bedeutende Entscheidung, nämlich jene über die Finanzierung der zukünftigen Schnellstrecken der Österreichischen Bundesbahnen.

Einerseits werden – und das haben ja die Vorredner schon ausgeführt – eindeutige Voraussetzungen geschaffen, daß die ÖBB, der Bund, aber auch ein Privater entsprechende Hochleistungsstrecken errichten dürfen. Andererseits ergibt sich wieder einmal die Gelegenheit, über die auch für Österreich so wichtigen transeuropäischen Netze im Parlament zu berichten.

Zum ersten ganz kurz: Trotz des eingeschlagenen Sparkurses ist es völlig klar, daß weder die ÖBB noch der Staat in absehbarer Zeit hohe Investitionssummen in ein Hochleistungsnetz investieren werden können. Daher ist festzustellen, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, daß sich auch Private in diesem Bereich engagieren können.

Zum zweiten, und das sehe ich heute als meine besondere Aufgabe an, ist darüber zu berichten, daß der EU-Gipfel in bezug auf die transeuropäischen Netze nicht von Erfolg gekrönt war. Die vielfältigen Bemühungen – auch unserer EU-Abgeordneten, ich war bei einem Verkehrsausschuß in Brüssel selbst dabei – schienen sicherzustellen, daß die Route Straßburg mit Verlängerung nach Paris–Stuttgart–München–Salzburg–Wien als sogenanntes prioritäres Projekt eingestuft wird.

Als Salzburger Abgeordneter lag und liegt mir sehr viel daran, daß eine zukünftige Hochleistungsstrecke natürlich über Salzburg geführt wird, denn es würde ja wenig Sinn machen, wenn ein Wirtschaftszentrum mit weit über 250 000 Einwohnern quasi links liegengelassen würde. Salzburg ist Österreichs Messehauptstadt und gehört zu den Kulturmetropolen Europas. Eine Anbindung Salzburgs ist auch deshalb notwendig, weil dadurch die Tauernstrecke, die derzeit mit Hochdruck zweigleisig ausgebaut wird, zusätzlich einen optimalen Anschluß in den Süden anbietet. (Beifall bei der ÖVP.) Es kann doch nicht sein, daß wegen einiger eingesparter Kilometer eine Hochleistungsbahn 40 oder 50 Kilometer nördlich von Salzburg geführt wird.

Daher sollte die innerösterreichische Haltung wieder bekräftigt werden, daß Österreich für eine Strecke Stuttgart–Salzburg–München–Wien, über Salzburg, eintritt. Der stellvertretende Generaldirektor der ÖBB, Herr Helmut Hainitz, hat vor kurzem öffentlich erklärt, daß die Streckenführung für den Personenverkehr jedenfalls über Salzburg erfolgen würde, daß aber der Güterverkehr über Braunau stattfinden sollte. Ich kann nur davor warnen, die innerösterreichischen Kräfte zu zersplittern, denn es geht um eine eindeutige Haltung der Österreicherinnen und Österreicher in Brüssel. Wenn wir etwas erreichen wollen, haben innerösterreichische Uneinig


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keiten hintanzustehen, denn Uneinigkeiten, meine sehr verehrten Damen und Herren, gibt es genug, insbesondere derzeit auch zwischen der EU-Kommission und dem EU-Parlament, wobei in der Frage Hochleistungsbahn bereits mehrere Schlichtungsversuche erfolgt sind, die aber alle gescheitert sind.

Nun könnte das Parlament die Entscheidung über die transeuropäischen Netze zur Gänze blockieren, denn es besteht die eminente Gefahr, daß Österreich, wenn sich die Kommission durchsetzen würde, überhaupt keine Anbindung an das europäische Hochleistungsnetz erhält. Die Kommission bevorzugt nämlich eine Verbindung von Paris nach Karlsruhe, und von einem Projekt Straßburg–Stuttgart–München–Wien–Budapest–Griechenland–Türkei wird nicht mehr oder kaum mehr die Rede sein.

In der dritten Lesung im EU-Parlament, zwischen dem 15. und 19. Juli 1996, wird diese entscheidende Frage geprüft werden. Die österreichischen EU-Abgeordneten werden wahrscheinlich gegen die Ausschaltung des EU-Parlamentes stimmen, auch wenn dann die Verwirklichung der transeuropäischen Netze hintangehalten wird. Ich glaube aber, daß die Haltung Österreichs und der Parlamentarier in der Europäischen Union eine ganz klare pro-parlamentarische Haltung zu sein hat. Ich ersuche daher die Vertreter aller Fraktionen, die Kontakte nach Brüssel zu nützen, daß Österreich an das Hochleistungsnetz angebunden wird! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Herr Minister! Sie sind dazu aufgefordert, sich in dieser Sache, die sich jetzt so zuspitzt, einzuschalten! Herr Minister! Sie dürfen hier nicht säumig werden!

Antoine de Saint-Exupéry, der große französische Erzähler, der noch dazu morgen seinen 98. Geburtstag feiern würde, hat einmal geschrieben: "Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen."

Handeln wir in diesem Sinne, beschließen wir das vorliegende Gesetz, und erheben Sie bitte alle Ihre Stimme dafür, daß die Verbindung von Paris in den Osten über Österreich geführt wird! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Herr Minister, werden Sie bitte nicht säumig! Herr Minister, bitte werden Sie dringend aktiv! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Ein hochaktiver Minister!)

17.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Sigl. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

17.50

Abgeordneter Robert Sigl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte in meiner Rede auf zwei zu beschließende Bundesgesetze eingehen, die heute zur Diskussion stehen, aber noch nicht in der Debatte behandelt wurden. Mit ihrem Inkrafttreten werden diese Gesetze mehr Sicherheit im Gütertransportverkehr garantieren.

Als erstes wäre hier das Seeschiffahrts-Erfüllungsgesetz zu erwähnen. Durch dieses Gesetz werden einige internationale Übereinkommen in die österreichische Rechtsordnung übernommen. Grund der Beitritte zu diesen Übereinkommen war, daß einige Hochseeschiffe unter österreichischer Flagge fahren und damit gewisse Verpflichtungen entstanden sind und entstehen. Die Besatzungsstärke der österreichischen Seeschiffahrtsflotte beträgt derzeit zirka 400 Mann, die auf 28 Seeschiffen ihre Arbeit erledigen. Diese Seeschiffe werden ausschließlich in der Trampschiffahrt eingesetzt.

Jedenfalls sollen mit dem Seeschiffahrts-Erfüllungsgesetz einige EU-Richtlinien auf dem Gebiet des Seeschiffahrtsrechtes in die österreichische Rechtsordnung übernommen werden, zum Beispiel die EU-Richtlinie 9475 des Rates vom 22. November 1994 über gemeinsame Vorschriften für Schiffüberprüfungs- und Besichtigungsorganisationen und die einschlägigen Maßnahmen der Seebehörden.


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Aufgrund dieser Richtlinien müssen österreichische Seeschiffe nach den Vorschriften einer anerkannten Klassifikationsgesellschaft gebaut und so instandgehalten werden, daß sie die höchste Klasse dieser Klassifikationsgesellschaft besitzen. Das Seeschiffahrts-Erfüllungsgesetz ist somit EU-kompatibel und erfüllt damit die erhöhten Anforderungen der EU-Seeverkehrssicherheitspolitik.

Als zweites möchte ich noch über das Bundesgesetz über sichere Container sprechen, welches ebenfalls für mehr Sicherheit im Transportverkehr steht. Österreich ist seit einigen Jahren Vertragspartner des internationalen Übereinkommens über sichere Container. Dem Übereinkommen über sichere Container gehören außer Österreich mehr als 50 Mitgliedstaaten an. So sind nahezu alle europäischen Staaten einschließlich der Staaten der Europäischen Union Vertragsparteien des Abkommens über sichere Container.

Gemäß diesem Übereinkommen ist vorgesehen, daß Container bestimmten Belastungsprüfungen unterworfen werden, bevor sie zugelassen, gekennzeichnet und regelmäßig überprüft werden. Das Gesetz regelt jetzt schon die für die Sicherheit nötigen Bestimmungen für den Bau, für die Zulassung, Kennzeichnung, Instandhaltung und Kontrolle beim internationalen Container-Beförderungswesen. So ist das Ziel dieser Gesetzesvorlage, die Anwendung sowie die Vollziehung des internationalen Übereinkommens auch auf den innerstaatlichen Bereich multimodaler Beförderungsmittel auszudehnen.

Das vorliegende Containersicherheitsgesetz wird einen weiteren maßgeblichen Beitrag zur Steigerung der Sicherheit im nationalen und internationalen Großcontainerverkehr leisten, im besonderen durch die Verpflichtung der Zulassung der Container nach den Bestimmungen und der Ausstattung mit einem ordnungsgemäßen Sicherheitszulassungsschild.

Dieses Gesetz sieht weiters die Vergabe einer Prüf- und Identifizierungsnummer vor. Ferner ist der Eigentümer verpflichtet, seine Container in sicherem Zustand zu erhalten und sie spätestens fünf Jahre nach Herstellung und dann jeweils innerhalb von 30 Monaten einer Überprüfung zu unterziehen.

Vollzugsorgane sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht sowie der Schiffahrtspolizei, Organe des Verkehrsarbeitsinspektorates und die Zollorgane. Diese Organe werden funktionell für die Bezirksverwaltungsbehörde tätig.

Durch die Vollziehung dieses Bundesgesetzes werden natürlich auch Personal- und Sachkosten entstehen. Diese werden aber gering sein, denn es sind keine aufwendigen Schulungen für Kontrollorgane nötig. Ebensowenig wird zusätzliches Personal benötigt. Die Kontrollen von Containern können weitgehend im Rahmen anderer Kontrollen mitvollzogen werden. Stellt man die Vollzugskosten und die Verwaltungsabgaben, zum Beispiel jene, die bei der Zulassung eingenommen werden, gegenüber, so werden sich diese Beiträge kompensieren, und damit wird der Staatshaushalt nicht belastet.

Mit diesen Bestimmungen können Sicherheitsrisiken, wie mangelhafte Konstruktionen oder der mangelhafte Zustand eines Containers, der bei einer erheblichen Beanspruchung im Verkehr über lange Strecken, insbesondere aber auch beim Umschlag entstehen kann, wesentlich reduziert werden.

Dieses Bundesgesetz wird auch positive Impulse für den Bahntransport von Großcontainern setzen. Die Österreichischen Bundesbahnen spielen im kombinierten Ladungsverkehr im allgemeinen sowie im Großcontainerverkehr im besonderen in Europa eine führende Rolle, meine Damen und Herren, und zwar schon seit den Anfängen des kombinierten Ladungsverkehrs. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Schwerpunkt des Großcontainerverkehrs liegt traditionell im internationalen Bereich und hier wieder analog zu den österreichischen Außenhandelsstrukturen im bilateralen Verkehr mit Deutschland, aber auch mit den Benelux-Staaten sowie Italien, Frankreich und der Schweiz.


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Die Transportqualität auf der Schiene wird sich nicht zuletzt durch diese gesetzliche Maßnahme zugunsten des Marktes weiter erhöhen. Durch diese Verbesserung der Transportqualität wird es in Zukunft auch ein größeres Interesse am Güterschienenverkehr mit Containern geben. Außerdem ist durch die hohe Wirtschaftskraft und die zunehmenden ökonomischen Verflechtungen zwischen den Regionen in Europa ein überdurchschnittlich steigender Güterverkehr zu erwarten. Mit dem Containerzugsverkehr, der bei der Eisenbahn auch unbegleiteter kombinierter Verkehr genannt wird, kann die doppelte Menge an Gütern bei gleicher Anhängelast transportiert werden wie mit herkömmlichen Systemen.

Subsidiär darf man aber auch nicht den Umwelteffekt vergessen, denn ein Mehr an Containerverkehr auf der Schiene bedeutet ein Weniger auf der Straße und damit weniger Umweltschäden, weniger Schadstoffemissionen und weniger Gefahren. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Abschließend muß man bemerken, daß man diesen beiden Gesetzesvorlagen die Zustimmung sicher nicht entsagen kann – schon im Verkehrsausschuß wurde einhellig die Zustimmung erteilt –, denn mit Inkrafttreten dieser Gesetze werden nicht nur spezifische Sicherheitsrisiken des Transportverkehrs vermindert oder sogar nahezu ausgeschlossen, sondern auch im Hinblick auf eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik wesentliche Schritte gesetzt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.58


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

17.58

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im letzten Verkehrsausschuß stand auch ein Antrag des Abgeordneten Rosenstingl betreffend die Schaffung international verbindlicher strenger Abgasvorschriften zur Debatte.

Wenn ich etwas zurückblenden darf: Bereits im Jahre 1991 hat das Umweltbundesamt Materialien für eine Ozonstrategie präsentiert. Diese fanden dann auch Eingang in das Ozongesetz 1992 und in eine dementsprechende Entschließung dazu. Es sind dort vor allem Reduktionsziele für die Emission von Ozonvorläufersubstanzen festgelegt worden, und es sind auch viele Maßnahmen bereits umgesetzt worden, um diese Ziele erreichen zu können. Im Verkehrsbereich speziell waren dies die Einführung der Gaspendeltechnik bei Tankstellen oder eben strengere Abgasgrenzwerte für PKW und LKW.

Eine kürzlich durchgeführte Überprüfung des Umweltbundesamtes hat ergeben (Abg. Rosenstingl: Die ausländischen Fahrzeuge!) – ich komme noch dazu, Kollege Rosenstingl –, daß wir auf gutem Wege sind, insgesamt die Ziele dieses Ozongesetzes und dieser Entschließung erreichen zu können. Aber das Umweltbundesamt stellt auch fest, daß wir es mit diesen Maßnahmen allein nicht ganz schaffen können, die Ziele wirklich endgültig zu erreichen.

Deshalb haben ja auch die beiden Regierungsparteien bereits vor einigen Wochen einen zweiten Ozon-Entschließungsantrag eingebracht, der 25 Punkte umfaßt, der nächste Woche im Umweltausschuß zur Debatte steht und eine Woche später auch im Plenum verabschiedet werden soll.

Herr Kollege Rosenstingl! Ihrem Antrag, der sich vor allem auch mit den ausländischen Fahrzeugen, wie Sie richtig bemerkt haben, beschäftigt, kann ich durchaus vom Sinn her einiges abgewinnen. Wir haben aber deshalb Ihrem Antrag nicht zustimmen können, weil er Forderungen zur Abänderung von internationalen Vereinbarungen enthält, die schlicht und einfach nicht erfüllbar sind. (Abg. Rosenstingl: Kennen Sie diesen Antrag?) Ja. (Abg. Rosenstingl: Da geht es ganz leicht!) Das ist nicht erfüllbar in dieser extremen Form, wie Sie das fordern. Wir haben deshalb Ihrem einen eigenen Entschließungsantrag entgegengestellt, der im Grunde auf dasselbe abzielt, auf die Änderung dieser internationalen Vereinbarungen. Ich glaube, wenn Sie es ernst gemeint haben mit Ihrem Antrag, dann dürfte es Ihnen nicht schwerfallen, unserem Antrag die Zustimmung zu geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Dr. Heindl .)

18.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Wallner. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

18.02

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Bevor ich mich der Strukturbereinigung im Binnenschiffahrtswesen widme, möchte ich noch einiges zu den beiden FPÖ-Verkehrsexperten Trenk und Rosenstingl sagen.

Herr Kollege Trenk hat sich wenigstens mit dem Semmering-Basistunnel beschäftigt. Dazu wird natürlich der nach mir redende Kollege Seidinger, der ja selbst in Mürzzuschlag wohnhaft ist und sich sehr verdient gemacht hat um dieses so wichtige Projekt, ausführlich Stellung nehmen.

Aber Herr Kollege Rosenstingl hat auch noch den ersten Teilabschnitt des ÖBB-Knotens Obersteiermark erwähnt, nämlich den Galgenbergtunnel, und da möchte ich schon als betroffener Obersteirer sagen: Das ist ein sehr wichtiges Projekt, das noch vom damaligen Verkehrsminister Dr. Rudolf Streicher eingeleitet wurde, und es ist, wie gesagt, die erste Etappe des sogenannten Eisenbahnknotens Obersteiermark. Es soll dies die Entflechtung einer vierfach überlagerten Strecke, die an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt ist, zur Folge haben. Sie haben hier die Streckenverbindungen vom Wiener Raum, also vom Nordosten, bis in den oberitalienischen Raum, und Sie haben natürlich auch vom Nordwesten, aus Passau kommend, bis nach Spielfeld die Zugbewegung. Daher ist es ein äußerst wichtiges Projekt. Wenn ich hier Worte wie "unnötig" und "Verschwendung" gehört habe, dann, muß ich sagen, kann ich mich nur wundern.

Ich wundere mich aber auch über die Haltung der steirischen FPÖ-Abgeordneten, die keinerlei Kompetenz aufweisen im Hinblick auf die Verkehrspolitik, auf unsere Bemühungen, den Verkehr zunehmend von der Straße auf die Schiene zu verlagern.

Meine Damen und Herren! Nun zur Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt.

Ein Vergleich zeigt uns deutlich, daß sich die österreichische Binnenschiffahrtsflotte in einer Zangenumklammerung befindet. Auf der einen Seite gibt es die Konkurrenz aus Osteuropa mit überalterten Kähnen, die mit Dumpingpreisen und geringen Lohnkosten arbeiten, jedoch keinerlei finanzielle Mittel für eine Aufrüstung haben. Auf der anderen Seite ist der EU-Bereich mit einer relativ kleinstrukturierten Binnenschiffahrt. In Deutschland zum Beispiel bestimmen die Vollerwerbsschiffer, das sind zumeist Einmann- oder Einefraubetriebe, die Preisgestaltung. 90 Prozent der deutschen Vollerwerbsschiffer besitzen lediglich ein Schiff mit einer durchschnittlichen Ladekapazität von 1 830 Tonnen. Zum Vergleich die DDSG: 253 000 Tonnen.

Will man jedoch die Kapazitäten tatsächlich vergleichen, hat man von dem Grundsatz auszugehen, daß die technische Ausrüstung die Produktivität bestimmt, und da hat Österreich sicherlich noch einen Nachholbedarf. Die durchschnittliche Tragfähigkeit der österreichischen Schiffe liegt teilweise um 40 Prozent unter jener der Mitbewerber.

Meine Damen und Herren! Die österreichische Flotte mit zirka 190 Schiffen stellt aber nur zirka 1,7 Prozent des gesamten EU-Flottenbestandes. Daher ist die österreichische Schiffahrt sehr interessiert an dieser Strukturbereinigung, da diese Strukturbereinigung natürlich in erster Linie auf eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit abzielt und erst in zweiter Linie eine Reduzierung der Zahl der Schiffe angestrebt wird.

Meine Damen und Herren! Die Europäische Union hat bereits 1989 mit einer Abwrackaktion begonnen. Wir Österreicher haben uns 1995 ebenfalls angeschlossen und haben für heimische Unternehmen bereits Geldflüsse lukriert.

Nur um einen Eindruck von den anstehenden Beitragshöhen zu geben, ganz kurz: Die DDSG wird für zirka 50 Prozent der österreichischen Schiffe, die sie besitzt und betreibt, 2 Millionen Schilling pro Jahr in diesen Abwrackfonds zu zahlen haben. Die Direktion der DDSG sieht das als eine Investition in die Zukunft an, da ja nicht nur die Reeder, sondern auch die Europäische Union und die Mitgliedstaaten mitfinanzieren. Für österreichische Abwrackprojekte wurden bereits zirka 400 000 ECU bereitgestellt.


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Meine Damen und Herren! Es ist also kein Wunder, daß sich unsere heimische Schiffahrt auch für die nächsten Jahre die Fortschreibung dieser EU-Vereinbarung auf dem Status quo gewünscht hat. Sie hat lediglich einen Wunsch geäußert, nämlich nach einer differenzierten Ausformulierung der Strafbestimmungen, die bis zu 500 000 S betragen werden.

Ich möchte noch folgendes festhalten: Die Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit in der Binnenschiffahrt zu erhöhen, zeigen aber auch noch weitere Programme der EU, wie etwa die Unterstützung beim Bau von Umschlagseinrichtungen in Häfen.

Meine Damen und Herren! Betrachtet man das Grünbuch der Europäischen Union und die Forderung nach einer nachhaltigen Verkehrspolitik, muß man sagen, daß ganz einfach dem Schiff der Vorzug zu geben ist. Selbstverständlich möchte ich hier auch eine Lanze für die Bahn brechen, denn die Schiffahrt und auch die Bahn entsprechen ganz einfach am besten den Normen des Grünbuches der Europäischen Union.

Schließlich ist das wichtigste Anliegen die Erhebung der Kostenwahrheit. Hier kann ich auch auf das Schlagwort Road-pricing, umgelegt auf die Wasserstraßenbenützung, verweisen.

Meine Damen und Herren! Laut Schätzungen der OECD verursacht der Verkehr durch Unfälle, Luftverschmutzung, Stau und Lärmbelästigung externe Kosten in Höhe von ungefähr 5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes der Europäischen Union. 90 Prozent der sogenannten externen Kosten, das sind also Kosten, die nicht vom Verkehrsbenützer, sondern von der Gesellschaft beglichen werden, gehen auf den Straßenverkehr zurück, nicht zu reden von den Quersubventionierungen vom PKW zum LKW. Meines Erachtens sind die wichtigsten Verkehrsträger die Bahn und der Schiffsverkehr. Denen ist bei weitem der Vorzug gegenüber der Straße und dem LKW zu geben.

Ich komme schon zum Schluß. Die heimische Binnenschiffahrt ist etwas argwöhnisch im Hinblick auf das von der EU auszuverhandelnde Abkommen mit den Višegrad-Staaten, also Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn. Hier geht es darum, ein Abkommen zu paraphieren. Die Deutschen sind hier einen Schritt weiter, sie haben für sich bereits eine dreijährige Übergangsfrist ausverhandelt, und es wäre wünschenswert, wenn der heimischen Schiffahrt diese Übergangsfrist eingeräumt werden würde. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist Herr Abgeordneter Seidinger zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich erteile es Ihnen.

18.09

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Als letzter, der in der heutigen Debatte zu Verkehrsproblemen spricht, erlaube ich mir, zu einem Antrag Stellung zu nehmen, den die Kollegen Parnigoni und Mag. Kukacka schon im letzten Verkehrsausschuß eingebracht haben. Er betrifft die Schaffung international verbindlicher strenger Abgasvorschriften für Kraftfahrzeuge.

Warum diese Forderung nach international verbindlichen strengen Vorschriften? – Weil wir einfach als kleines Land wissen, daß wir inmitten von großen Verkehrsströmen nicht in der Lage sind, das alles allein zu verkraften, was an Umweltbelastung durch den Straßenverkehr und anderes auf uns zukommt.

Lassen Sie mich einige Bemerkungen dazu machen.

Der Straßenverkehr – das wissen wir alle – ist einer der Hauptverursacher der Luftverschmutzung neben der Industrie, der Energieerzeugung, soweit es kalorische Kraftwerke betrifft, und dem Hausbrand. Viele Schadstoffe befinden sich heute in der Luft. Ich brauche sie nicht alle aufzuzählen.

Aber besonders bei den Stickstoffoxiden ist der Güterverkehr der Hauptverursacher, und nur ein Zehntel der Schwefeldioxidbelastung kommt aus Österreich. Neun Zehntel werden aus dem be


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nachbarten Ausland importiert, aber vor allem auch durch katlose Autos aus unseren – zum Großteil östlichen – Nachbarländern.

Welche Waldschäden entstehen durch den Verkehr und durch die Luftverschmutzung? Österreich weist hohe Ozonwerte auf, verursacht durch Kfz, und von 1980 bis 1993 konnte nur eine geringfügige Reduktion erreicht werden. Als Luftschadstoffe und maßgebliche Faktoren zur Schwächung der Wälder konnten eben Kohlenwasserstoffe, Schwefeldioxid, Stickstoffoxide und deren Folgeprodukte, wie Ozon, festgestellt werden.

Der Kfz-Verkehr verursacht 66 Prozent der NOx-Emissionen und 30 Prozent flüchtige organische Verbindungen.

Schwefeldioxidemissionen konnten in Österreich drastisch reduziert werden. Trotzdem sind die Sulfatbelastung durch Niederschlag und die Anreicherung in den Nadeln und Blättern infolge von Schadstoffimporten nach wie vor hoch.

Eines müssen wir auch sagen: Nicht nur die hohe Ozonbelastung im Sommer, sondern vor allem die Dauerbelastung ist problematisch. Zu diesem Schluß kommt eine neue Studie, die vom Umweltbundesamt und dem Forschungszentrum Seibersdorf durchgeführt worden ist. Die tolerierbaren Belastungswerte wurden im Wald, besonders in alpinen Hochlagen, bis zum Achtfachen überschritten. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, muß uns zum Denken veranlassen und zum Handeln zwingen.

Seit der Einführung der strengen amerikanischen Abgasbestimmungen für neu zugelassene PKW, die Österreich 1986/87 als erstes europäisches Land vorgenommen hat, hat Österreich im Bereich der Schadstoffbegrenzung bei den PKW eine Vorreiterrolle übernommen. Die EU selbst vollzog erst 1992 eine ähnliche Entwicklung.

Österreich ist auch das erste Land – und darauf können wir mit Stolz hinweisen –, in dem seit 1. 1. 1993 mit unverbleitem Benzin gefahren wird. 1996 wurde in der EU eine nochmalige Halbierung des derzeitigen Summengrenzwertes beschlossen, Euro II, und in einem sogenannten Mehrstufentest festgelegt.

Für das Jahr 2000 wurde im Herbst 1995 ein neuer Grenzwert definiert, der mit dem amerikanischen durchaus vergleichbar ist. Die Summe der NOx- und Kohlenwasserstoffe darf höchstwahrscheinlich nur noch 0,2 Gramm pro gefahrenem Kilometer betragen.

Hauptziel der EU ist es, den Schadstoffausstoß im Straßenverkehr bis zum Jahr 2010 um 60 bis 70 Prozent zu reduzieren.

Die Einführung des 3-Weg-Katalysators für Benzinautos ist jedoch nicht genug, um dies zu erreichen. Bleihaltiges Benzin sollte bis zum Jahr 2000 gänzlich – auch in unseren Nachbarstaaten – verboten werden, und für die anderen Kraftstoffe sollen auch EU-einheitliche Grenzwerte, etwa bei Benzol und Schwefel, eingeführt werden.

Euro I und II führten zu beträchtlicher Entspannung bei den NOx-Emissionen, vor allem bei schweren LKW. Und auch da wird für 2000 eine neuerliche Absenkung angestrebt.

Wo liegt die Problematik? – Pro Jahr werden 100 000 Tonnen minderwertigen ausländischen Dieselkraftstoffes unter anderem auch von heimischen LKW verbrannt. Es liegen keine Zahlen über die Emissionen im Ost-West-Verkehr beziehungsweise beim Transit vor.

Verkehrspolitische Maßnahmen zur Begrenzung der Ozonbelastung setzen eine genaue Erfassung aller aus dem Ausland importierten Schadstoffe, Übereinkommen mit den Nachbarländern zu deren Reduktion sowie die Einführung strenger Abgasnormen für LKW und Busse bei unseren östlichen Nachbarn voraus.

Welche Maßnahmen zur Reduzierung des Abgasausstoßes können wir treffen, wobei wir auch feststellen müssen, daß sich niedrige Tempolimits, die vielerorts gefordert werden, häufig als


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unwirksam erwiesen haben? – Staatliche Prämien zur Verschrottung von Altautos ohne Kat wären eine Möglichkeit, weiters die von Kollegen Kopf schon erwähnten Gaspendelleitungen. Der Umweltausschuß wird sich demnächst auch damit beschäftigen. Elektro- und Solarautos, Hybridantrieb, Wasserstoffantrieb als möglicher zukünftiger Ersatz von Benzinantrieb verursachen heute noch größere Probleme.

Die kürzlich in der EU beschlossenen neuen Abgasregelungen für Nutzfahrzeuge, Euro III, sollen – so prognostiziert eine Studie des Europäischen Forschungszentrums für Luftreinhaltung – schon 1997 eine Minderung der flüchtigen Emissionen um 34 Prozent und bis zum Jahr 2010 um 84 Prozent, für NOx eine Reduktion um 26 Prozent bis 1997 und um 67 Prozent bis 2010 bringen.

Lassen Sie mich zum Schluß nur noch eine Feststellung treffen: Wenn wir heute sagen müssen, daß viele Luftschadstoffe unsere Umwelt und die Gesundheit der Menschen gewaltig beeinträchtigen, so kann die Antwort auf die Frage, wo wir den Güterverkehr, den Personenverkehr hindirigieren sollen, wo wir ihn haben wollen, auf der Straße oder auf der Schiene, eindeutig nur "die Schiene" sein.

Mich verwundert es nicht mehr, wenn Kollege Trenk von den Freiheitlichen zum Beispiel herauskommt und sagt: Solange die "F" im Parlament sind, gibt es keine Zustimmung zum Semmering-Basistunnel. – Herr Kollege, ich nehme immer noch an, Sie kennen die Dimensionen nicht, um die es geht. Es geht nicht um die Verkürzung der Fahrzeit, es geht um den Wirtschaftsraum Steiermark-Kärnten-Salzburg. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Es geht um das transeuropäische Netz. Es geht um die internationalen Verbindungen, denen wir uns nicht verschließen können. Und das ist nicht chauvinistisch, weil ich als Angrenzer auf der steirischen Seite diesen seit Jahren fordere und verlange, sondern einfach deshalb, weil wir glauben, daß wir damit ein um die Jahrtausendwende gebautes Werk für die nächsten Hunderte Jahre bauen können und auch brauchen werden. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zu einigen Abstimmungen, und ich bitte die Damen und Herren, die Plätze einzunehmen.

Ich lasse über jeden Ausschußantrag getrennt abstimmen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochleistungsstreckengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 39 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die in dritter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen worden.

Jetzt stimmen wir über den Entwurf betreffend Containersicherheitsgesetz samt Titel und Eingang in 146 der Beilagen ab.

Wer für diesen Entwurf ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Entwurf ist einstimmig angenommen. Ich stelle die einstimmige Annahme fest.


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Wir kommen auch hier zur dritten Lesung.

Wer für diesen Entwurf in dritter Lesung ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen worden.

Nun lasse ich über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt samt Titel und Eingang in 193 der Beilagen abstimmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Entwurf ist mit Mehrheit angenommen worden.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Die Zustimmung in dritter Lesung erfolgte gleichfalls mehrheitlich .

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Seeschiffahrts-Erfüllungsgesetz samt Titel und Eingang in 175 der Beilagen.

Wer für diesen Entwurf ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme dieses Entwurfes fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, möge dies durch ein Zeichen bekunden. – Auch in dritter Lesung wurde dieser Entwurf einstimmig angenommen .

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 195 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Dieser Bericht wurde mehrheitlich angenommen .

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Anschober und Genossen betreffend Verbesserungen im öffentlichen Personenverkehr.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 196 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit . Diese Entschließung ist mehrheitlich angenommen . (E 14.)

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 196 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, soll ein entsprechendes Zeichen geben. – Dieser Bericht wurde mehrheitlich angenommen .

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 197 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Kenntnisnahme erfolgt mehrheitlich .


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10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993, BGBl. Nr. 805/1993, über seine Tätigkeit vom 20. Oktober 1994 bis 31. Dezember 1995 (III-26/206 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z. 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 1995, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst (III-33/208 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (209 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 219/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend die Ungleichbehandlung von Studierenden an Fachhochschul-Studiengängen mit Studierenden an Universitäten und Kunsthochschulen gemäß den geltenden Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes (207 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 225/A der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird (210 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 10 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. Es sind dies:

Berichte des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über

den Bericht des Universitätenkuratoriums über seine Tätigkeit vom 20. Oktober 1994 bis 31. Dezember 1995,

den Bericht des Fachhochschulrates über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 1995, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst,

Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird,

sowie Berichte des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Anträge

219/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Brauneder und Genossen betreffend die Ungleichbehandlung von Studierenden an Fachhochschul-Studiengängen mit Studierenden an Universitäten und Kunsthochschulen gemäß den geltenden Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes und

225/A der Abgeordneten MMag. Dr. Brauneder und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird.


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Berichterstatterin zu Punkt 10 ist Frau Abgeordnete Horngacher. Ich bitte sie, die Debatte mit dem Bericht zu eröffnen.

Berichterstatterin Katharina Horngacher: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993, BGBl. Nr. 805/1993, über seine Tätigkeit vom 20. Oktober 1994 bis zum 31. Dezember 1995 (III-26 der Beilagen).

Gemäß § 83 Abs. 3 UOG 1993 ist dem Nationalrat jährlich durch den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst ein Tätigkeitsbericht des Universitätenkuratoriums vorzulegen. Der erste im Sinne dieser Verpflichtung erstattete Bericht behandelt den Zeitraum von der Konstituierung des Universitätenkuratoriums am 20. Oktober 1994 bis zum 31. Dezember 1995.

Der Ausschuß für Wissenschaft und Forschung hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 20. Juni 1996 in Verhandlung genommen.

Nach einer Debatte wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des Berichtes zu empfehlen.

Der Ausschuß für Wissenschaft und Forschung stellt somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 UOG 1993, BGBl. Nr. 805/1993, über seine Tätigkeit vom 20. Oktober 1994 bis zum 31. Dezember 1995 (III-26 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

Für den Fall, daß Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Berichterstattung zu den Punkten 11 bis 14 erfolgt durch Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Berichterstatterin Sonja Ablinger: Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Bericht des Fachhochschulrates über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 1995 (III-33 der Beilagen).

Der Ausschuß für Wissenschaft und Forschung hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 20. Juni 1996 in Verhandlung genommen.

Der Ausschuß für Wissenschaft und Forschung stellt somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 1995, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst (III-33 der Beilagen), zur Kenntnis nehmen.

Ich berichte weiters über den Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird.

Im Zuge seiner Beratungen über den Bericht des Fachhochschulrates hat der Ausschuß für Wissenschaft und Forschung am 20. Juni 1996 auf Antrag der Abgeordneten Dr. Johann Stippel, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der eine Novelle zum Studienförderungsgesetz 1992 zum Gegenstand hat.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuß für Wissenschaft und Forschung somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem dem schriftlichen Ausschußbericht angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Nun bringe ich den Bericht über den Antrag 219/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend die Ungleichbehandlung von Studierenden an Fachhochschul-Studiengängen mit Studierenden an Universitäten und Kunsthochschulen gemäß den geltenden Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes.


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Der Ausschuß für Wissenschaft und Forschung hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 20. Juni 1996 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Der Ausschuß für Wissenschaft und Forschung stellt somit den Antrag, der Nationalrat wolle den schriftlichen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Abschließend erstatte ich Bericht über den Antrag 225/A der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen geändert wird.

Der Ausschuß für Wissenschaft und Forschung hat den gegenständlichen Antrag in seiner Sitzung am 20. Juni 1996 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Antrag nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuß für Wissenschaft und Forschung somit den Antrag, der Nationalrat wolle den schriftlichen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Herr Präsident! Für den Fall, daß Wortmeldungen vorliegen, bitte ich, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich danke beiden Berichterstatterinnen für ihre Ausführungen.

Als erster Redner zu Wort gemeldet hat sich Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.28

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zu Beginn der Sitzung des Wissenschaftsausschusses war ein etwas eigenartiges Szenario festzustellen, nämlich deshalb, weil eine provisorische Tagesordnung mit dem Vermerk "Änderung vorbehalten" vorgelegen ist, die keinen einzigen Gesetzesantrag des Wissenschaftsministeriums zum Gegenstand hatte. Es waren lediglich die bereits referierten Anträge auf Kenntnisnahme von Berichten – des Berichtes des Universitätenkuratoriums und ähnlicher – auf der Tagesordnung. Tatsächlich hatten wir einen Entschließungsantrag, auf den dann noch näher einzugehen sein wird, rechtzeitig eingebracht. Als die Regierungsparteien keine Reaktion auf diesen Entschließungsantrag zeigten, obwohl er inhaltlich ihrer Intention entsprochen hat, haben wir noch mit einem Initiativantrag aufgewartet, der die näheren Bestimmungen in gesetzeskonformer Weise hier festhält. Tatsächlich war vorgesehen, daß dieser Initiativantrag noch Gegenstand der Tagesordnung wird.

Nun sahen sich die Regierungsparteien der Situation gegenüber, daß sie aus sachlichen Gründen eigentlich gezwungen waren, sowohl dem Entschließungsantrag als auch dem Initiativantrag zuzustimmen. Aus diesem Grund haben dann hektische Beratungen zwischen Abgeordneten der Regierungsparteien stattgefunden, die zunächst einmal zu einem verzögerten Beginn der Sitzung des Ausschusses geführt haben, die dann tatsächlich erst mit einer erheblichen Verzögerung begonnen werden konnte. Während der Sitzung ist dann – unter Berufung auf § 27 der Geschäftsordnung – doch noch ein Gesetzesantrag der Regierungsparteien eingebracht worden, der sich teilweise mit unserem Antrag deckt, teilweise inhaltlich weitergehend oder einschränkend ist, weil man es ganz einfach, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, nicht verwinden konnte, daß die Freiheitlichen hier tätig geworden sind – zunächst mit einem Entschließungsantrag und dann mit einem Initiativantrag. (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Das zum formalen Ablauf.

Inhaltlich sah der von uns eingebrachte Entschließungsantrag, der Gegenstand der Tagesordnung war, ein Ersuchen an den Bundesminister im Hinblick auf die Ausübung der Vollziehung vor, und zwar dergestalt, daß die bestehende Ungleichbehandlung der Studierenden an den


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Fachhochschulen betreffend die Studienförderung beseitigt wird. Tatsächlich findet sich im einschlägigen Fachhochschul-Studiengesetz eine Bestimmung, die die Studienbeihilfe an einen bestimmten Notendurchschnitt – im konkreten Fall von 2,5 – bindet.

Nun kennen wir aber eine analoge Bestimmung für allgemeine Studien an den allgemeinen Universitäten und auch an den Kunsthochschulen nicht. Es lag daher eindeutig eine Ungleichbehandlung vor, die zweifellos bei Einbringung einer Verfassungsgerichtshofsbeschwerde im Instanzenzug zu dem Ergebnis geführt hätte, daß diese Diskriminierung der Fachhochschulstudenten von den Verfassungshütern als unsachlich qualifiziert und aufgehoben worden wäre.

Das war dann auch Gegenstand unseres Initiativantrages, aber offensichtlich ist die Berührungsangst – wenn ich das so sagen darf – der Regierungsparteien uns Freiheitlichen gegenüber so stark, daß man es einfach nicht übers Herz bringt, einem Initiativantrag, dem man aus sachlichen Gründen offensichtlich uneingeschränkt beipflichtet, zuzustimmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausschußsitzung war zu Beginn von einer allgemeinen Aussprache über die bestehende Situation an den österreichischen Universitäten gekennzeichnet. Tatsächlich befinden sich ja das gesamte Bildungssystem und insbesondere die Universitäten und die Universitätslehrgänge in einer veritablen Krise. Anders können wohl die Aussagen der ohnedies als sehr zurückhaltend bekannten Rektoren der österreichischen Universitäten nicht verstanden werden.

So spricht etwa der Rektor der Universität Graz, Konrad, davon, daß es im Herbst wieder Streiks geben wird, wenn keine zusätzlichen Planstellen geschaffen werden. Der Rektor der Universität Wien, Gegenbauer, prophezeit einen "heißen Herbst" und kündigt weitere Streiks der Studenten an. Der Rektor der Wirtschaftsuniversität, Otruba, der jetzt aus einem anderen Anlaß – nämlich die Bezüge betreffend – einer noch breiteren Öffentlichkeit bekanntgeworden ist, spricht, Herr Bundesminister – und er ist meines Wissens Mitglied der Sozialdemokratischen Partei –, sogar von einer Bankrotterklärung der österreichischen Bildungspolitik. Weiters kündigt er an, daß er gar nicht imstande sei, für ein Vorlesungsverzeichnis Sorge zu tragen. In ein ähnliches Horn stößt Professor Helmut Kramer, der davon spricht, daß Einführungsvorlesungen im Fach der Politikwissenschaften nicht mehr stattfinden können.

Tatsächlich sind verschiedenste Studien davon bedroht, daß sie im Herbst an den Universitäten gar nicht mehr angeboten werden. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Scholten. ) Herr Bundesminister! Ich nehme selbstverständlich Ihre Anregung auf, bin ihr schon zuvorgekommen und habe in der morgigen Ausgabe des "Kurier" schon gelesen, daß weitere Mittel, wie Sie es auch im Ausschuß angekündigt haben, bereitgestellt werden. Nur, Herr Bundesminister: Es ist dabei von 200 Millionen Schilling die Rede; der Fehlbedarf an den Universitäten wird aber mit einem ganz anderen Betrag angegeben, nämlich mit insgesamt 443 Millionen Schilling. Wie sich das ausgehen soll, steht offenbar in den Sternen. Sie haben zwar davon gesprochen, daß Sie eine Prioritätenlisten erstellt haben oder erstellen ließen und daß nach dieser Prioritätenliste vorgegangen wird, ich darf Ihnen aber eines sagen, Herr Bundesminister: Ihre Arbeit als Wissenschaftsminister wird daran gemessen werden, wie ordnungsgemäß und ob überhaupt ein Studienbetrieb im Herbst an den österreichischen Universitäten möglich sein wird.

Vermißt haben wir Freiheitliche insbesondere eine Neuauflage des zurückgezogenen Ministerialentwurfes betreffend das Studienförderungsgesetz. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist ein Irrtum! Sie haben das Studiengesetz mit dem Förderungsgesetz verwechselt!) Es ist uns natürlich klar, daß es sich dabei um eine sehr komplexe Gesetzesmaterie handelt – es sind ja insgesamt, führten Sie im Ausschuß aus, und daran ist ja nicht zu zweifeln, 600 Begutachtungsbeiträge eingelangt –, aber das nützt alles nichts: Es ist unmöglich, das Studienförderungsgesetz weiter auf die lange Bank zu schieben. Es ist im Sinne einer Aufrechterhaltung des Universitätsbetriebes an den österreichischen Universitäten unbedingt erforderlich.

Mit Genugtuung, Herr Bundesminister, haben wir auch zur Kenntnis genommen, daß als Ihre zentrale Aussage betreffend den Ministerialentwurf des Studienförderungsgesetzes jene gilt, daß die Studien, die nach nur sechs Semestern bereits zu einem Magistertitel, nämlich zur


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Sponsion, geführt hätten, gefallen sind. Wir sind froh, daß Sie sich der allgemeinen Kritik, die dagegen aufgekommen ist, angeschlossen haben! Es ist überhaupt keine Frage, daß eine Sponsion nach lediglich drei Jahren Studium in Wahrheit die gesamte akademische Laufbahn und den Wert eines Studiums beeinträchtigt hätte – selbstverständlich auch europaweit, denn die Möglichkeit einer Sponsion bereits nach sechs Semestern ist auch europaweit nicht nur unterdurchschnittlich, sondern wäre die geringste Studiendauer überhaupt. Das war auch der Grund, weshalb wir das durchaus begrüßt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gegenstand des Ausschusses war dann noch ein sehr notwendiger Entschließungsantrag unserer Gesundheitspolitiker Pumberger, Haupt, Salzl und Povysil betreffend Einrichtung des eigenständigen Studiums der Zahnmedizin mit dem Wintersemester 1996/97. Tatsächlich sehen wir uns, was die Materie des Studiums der Zahnmedizin anlangt, einem wirklich untragbaren Zustand gegenüber.

Im vergangenen Jahr, in der vergangenen Legislaturperiode versuchte der Gesetzgeber eine EU-konforme Regelung zu finden und hat die spezifische dentalmedizinische Ausbildung von zwei Jahren auf drei Jahre verlängert. Das Ergebnis war allerdings, daß der Ausbildungszeitraum für Zahnärzte auf ein unerträgliches Ausmaß von insgesamt neun Jahren angestiegen ist. Damit liegen wir in Europa an der Spitze. Das verschafft unseren Studenten, die sich der Zahnmedizin verschrieben haben beziehungsweise verschreiben wollen, einen sachlich nicht gerechtfertigten Wettbewerbsnachteil, denn 1999 kommt die völlige Niederlassungsfreiheit – sie wird dann effektuiert –, und Sie können sich daher ausrechnen, daß jene Zahnmediziner, die ihre Studien im Ausland absolviert haben und dort eine wesentlich kürzere Ausbildungsdauer vorfinden, wenn sie sich in Österreich selbständig machen, einen gewaltigen Wettbewerbsvorsprung haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Entschließungsantrag, der wirklich dringend war – er hätte ja im Wintersemester 1996/97 bereits effektuiert werden sollen –, wurde dann der Abstimmung unterzogen, genauer gesagt: Es ist zu keiner Abstimmung gekommen, sondern Kollege Stippel, Wissenschaftssprecher der sozialdemokratischen Fraktion, hat den Antrag auf Verlegung dieses Entschließungsantrages gestellt. (Abg. Dr. Lukesch: Vertagung!)

Nun wissen wir natürlich alle, daß eine Verlegung der Abstimmung über diesen Antrag bedeutet, daß eine sachliche Behandlung, nämlich eine meritorische Abstimmung über diesen Entschließungsantrag, erst wieder im Herbst möglich ist. Der Herr Bundesminister hat völlig recht gehabt, als er auf die Sinnlosigkeit dieser Abstimmung beziehungsweise des Abstimmungsergebnisses hingewiesen hat. Wir Freiheitlichen konnten ja nichts dagegen tun, daß dieser Vertagungsantrag gestellt wurde, wir konnten nur gegen diesen Vertagungsantrag sein. Es macht tatsächlich – und da gebe ich Ihnen völlig recht, Herr Bundesminister – wenig Sinn beziehungsweise ist ja geradezu eine kafkaeske Handlungsweise, wenn man einen Entschließungsantrag, der darauf abzielt, das Zahnmedizinstudium für das Wintersemester 1996/97 zu regeln, auf die lange Bank schiebt und zu einem Zeitpunkt im Ausschuß und hier im Plenum abgestimmt haben will, zu dem das Semester schon längst begonnen hat. Wo da die Sinnhaftigkeit liegt, ist uns Freiheitlichen nicht klar!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch einige allgemeine Ausführungen zum Forschungsbericht. Es wurde hier am Rednerpult schon mehrfach dargelegt und von mir auch gebetsmühlenartig vorgetragen (Abg. Mag. Stoisits: Gebetsmühle! Das ist das Stichwort!) , daß der Anteil des Forschungsbudgets am Bruttoinlandsprodukt zu gering ist. – Danke für die Unterstützung, Frau Kollegin! – 1,5 Prozent Anteil am Bruttoinlandsprodukt ist wahrlich ein Wert, auf den Österreich alles andere als stolz sein kann, und wenn das so weitergeht, werden wir diesbezüglich bald die rote Laterne von Portugal übernehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber was bleibt der Opposition anderes übrig, als hier immer wieder die Wichtigkeit einer Erhöhung des Etats für den Bereich der Wissenschaft und Forschung gebetsmühlenartig einzufordern? Wenn wir in die Regierungserklärung einsehen, finden wir einen Passus, wonach die zu erwartenden Privatisierungserlöse für Forschungsprojekte – etwa Großforschungsprojekte – herangezogen werden sollen. Nun: Die Botschaft


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höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube! Denn es hat nur wenige Monate gedauert, bis Bundesfinanzminister Klima davon gesprochen hat, daß verschiedene Budgetlöcher noch aus Privatisierungserlösen, deren Eingang er entgegensieht, ausgeglichen werden können.

Auch da, Herr Bundesminister, sind Sie selbstverständlich gefordert, der Begehrlichkeit des Finanzministers zu widerstehen und auf eine Einhaltung dieses Passus in der Regierungserklärung zu pochen! Es ist ganz wichtig, daß der Forschungsbereich ausgebaut wird, daß endlich darangegangen wird, beispielsweise die Großforschungseinrichtung EUROCRYST zu effektuieren, denn wir wissen alle, daß Großforschungsprojekte auch die Wirtschaft anziehen, das ist keine Frage. Denken Sie etwa an das Risc-Institut Schloß Hagenberg, eine Außenstelle der Linzer Universität: Dort haben sich beispielsweise Betriebe angesiedelt, das hat eine Art Magnetfunktion auf Wirtschaftsbetriebe und eine erhöhte Wertschöpfung zur Folge. Und wir wissen alle, daß die Wertschöpfung bei intelligenten Produkten natürlich wesentlich größer ist als beispielsweise in der Grundstoffindustrie.

Herr Minister! Da sind Sie genauso gefordert wie beim Verlangen nach Aufrechterhaltung des Universitätsbetriebes. Wir wollen die Verhältnisse, die zu Beginn des Sommersemesters 1996 an den Universitäten geherrscht haben, nicht wieder vorfinden. Man hat damals eigentlich gesehen, an welchem seidenen Faden der soziale Frieden in Österreich hängt, zumindest was die Universitäten anlangt. Es ist Ihr Einschreiten gefordert, um derartige Streiks nicht wieder aufkommen zu lassen – dies im Interesse der Studentenschaft, im Interesse der Universitäten, der Intellektualität, vor allem aber im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stippel. – Bitte, Sie haben das Wort.

18.47

Abgeordneter Dr. Johann Stippel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Kollege Krüger! Ich weiß nicht, ob es ein Versprecher Ihrerseits war: Sie haben immer wieder das Studienförderungsgesetz zitiert, meinten aber offensichtlich das Universitätsstudiengesetz. – Ich sage es einmal. Sie können es dann im Protokoll nachlesen. (Abg. Dr. Lukesch: Er hat mehreres verwechselt!)

Ich möchte konkret zu drei Punkten der Tagesordnung Stellung nehmen. Der erste ist der Bericht des Universitätenkuratoriums, der zweite Punkt wird sich mit dem Bericht des Fachhochschulrates beschäftigen, und dann möchte ich auch noch die Änderungen im Studienförderungsgesetz erwähnen.

Zum Tätigkeitsbericht des Universitätenkuratoriums:

Sie wissen, meine geschätzten Damen und Herren, die Sie bei der Gesetzgebung des UOG 93 mitgewirkt haben, daß die Bedeutung dieses Universitätenkuratoriums beziehungsweise seine rechtliche Stellung am Beginn der Beratungen eine andere war, als dann letztendlich herausgekommen ist. Neben einer Reihe von Beratungsfunktionen verfügt dieses Kuratorium aber über ein, wie mir scheint, großes und bedeutsames Recht, nämlich das Recht der überuniversitären Evaluierungsaufträge.

Allerdings konnte das Kuratorium bisher in diesem Bereich kaum tätig werden, weil es ganz einfach noch zu kurz im Amt ist und weil ja auch die Implementierungen des UOG 93 an unseren zwölf Universitäten erst am Beginn stehen. Bisher hat erst die Montanuniversität Leoben das UOG 93 zur Gänze übernommen, einige andere Universitäten stehen unmittelbar vor der Realisierung. Es wird also noch einige Zeit dauern, bis alle Universitäten mit dem UOG 93 leben werden. Dann wird die Bedeutung dieses Kuratoriums sicherlich steigen. Allerdings hat sich das Kuratorium beispielsweise schon mit Fragen von Hausberufungen auseinandergesetzt und damit durchaus die Intentionen des Gesetzgebers in dieser Frage unterstützt – wie überhaupt dieses Universitätenkuratorium als ein Bindeglied zwischen den universitären und außeruniversitären vor allem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einrich


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tungen zu verstehen ist. – Soviel einmal ganz kurz zu diesem Kuratorium. Es ist summa summarum zwar noch nicht sehr viel geschehen, wir wünschen diesem Gremium aber für die Zukunft einen entsprechenden Arbeitsumfang und auch Erfolg bei dieser Arbeit.

Anders sieht es beim Bericht des Fachhochschulrates aus. Die Fachhochschulen – erst vor wenigen Jahren aufgrund eines Gesetzes in Österreich geboren – haben sich zu einer guten Institution entwickelt. Es gab da offensichtlich wirklich eine Lücke im postsekundären, außeruniversitären Bildungsbereich in unserem Lande auszufüllen. Uns als Gesetzgeber und den Betreibern als Realisierer scheint es durchaus gelungen zu sein, diese Lücke vernünftig zu schließen. (Beifall bei der SPÖ.)

Selbstverständlich stehen wir auch in diesem Bereich erst am Beginn einer Entwicklung, können manches erst grob in Konturen abschätzen, aber einiges sehr wohl schon im Detail feststellen. Ich möchte hier auf einige dieser Punkte eingehen. Da ist einmal die Frage der Finanzierung. In zunehmendem Umfang wird man über die Möglichkeiten der Finanzierung des Fachhochschulsektors nachdenken müssen. Für mich kommen derzeit, so wie es auch in den Erläuternden Bemerkungen zum Gesetz steht, Studiengebühren nicht in Frage, aber man wird sich auf längere Sicht hin die Finanzierung dieses Sektors wirklich global und genau ansehen müssen.

Das zweite – und die Entwicklung in diesem Bereich tut mir persönlich sehr weh, weil ich immer dafür gekämpft habe – ist die Frage der Durchlässigkeit. In den beiden vergangenen Studienjahren sind nämlich nur etwa 9 Prozent der Studierenden entweder aus dem dualen Bereich oder mittels Studienberechtigungsprüfung in einen der 20 Studiengängen aufgenommen worden. – Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das ist mir schlechthin zuwenig. Der Gesetzgeber hat das anders gewollt. Der Gesetzgeber muß sich wirklich überlegen, ob er nicht durch irgendwelche gesetzliche Maßnahmen oder andere Voraussetzungen die Zahl dieser jungen Menschen erhöhen und damit die Durchlässigkeit steigern kann.

Ein weiterer Mangel: Der Fachhochschulrat bearbeitet manche Anträge ohne rechtzeitige Koordination mit dem Wissenschaftsministerium. Dadurch kommt es immer wieder zu bedingten Anerkennungen, die in der Folge zu Auseinandersetzungen im Hinblick auf die Bundesförderung – sprich Finanzierung – führen.

Es gibt auch Mängel bei der Abstimmung; wir haben das kürzlich in Graz erlebt. Die Abstimmung mit den parallel laufenden Bildungsangeboten, beispielsweise Universitätsstudien, Hochschullehrgängen oder Kollegs, ist mitunter nicht im notwendigen Ausmaß gegeben.

Es ist auch so – und auch das tut mir persönlich weh, weil wir eine Ungleichheit schaffen –, daß die Verkürzung der Studienzeiten für einschlägige BHS-Absolventen und -Absolventinnen nur in einigen Studiengängen realisiert werden konnte. Das heißt, daß diejenigen, die von den berufsbildenden höheren Schulen mit Reifeprüfung kommen und schon ein Jahr länger studiert haben, kaum, so wie es das Gesetz vorsieht, dieses Jahr in der Praxis dann angerechnet bekommen. Es gibt verschiedene Gründe dafür, aber da muß in der Zukunft etwas geschehen. Und schließlich auch die Frage des Berufspraktikums: Wer garantiert, daß die Wirtschaft wirklich genügend Stellen zur Verfügung stellt, damit die Studentinnen und Studenten ihr Berufspraktikum auch tatsächlich absolvieren können?

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es gibt also eine Reihe von Punkten, bei denen wir bereits absehen können, daß es in Zukunft nicht ganz so weitergehen kann. Wir können allerdings mit Fug und Recht sagen, daß uns mit der Einrichtung des Fachhochschulwesens in Österreich ein guter Wurf gelungen ist!

Nun noch ein paar Worte zur Novelle des Studienförderungsgesetzes: Sie wissen, wir haben vor kurzer Zeit hier im Haus das Höchstalter für die Inanspruchnahme von Stipendien von 40 auf 30 Jahre gesenkt. Uns zu Ohren gekommene Härtefälle haben nun dazu geführt, daß wir mittels eines Antrags im Ausschuß diese Grenze wieder von 30 auf 35 Jahre hinaufsetzten und damit, so hoffe ich, Härtefälle aus der Welt schaffen konnten.


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Allerdings erfolgte dieser Beschluß befristet auf eine Probezeit von zwei Jahren, doch sollten wir in diesen zwei Jahren in der Lage sein, diesen Problemkreis endgültig und zufriedenstellend zu lösen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir konnten bei der Novelle zum Studienförderungsgesetz – und ich hoffe, wir beschließen das jetzt – uns im Ausschuß darüber einig werden, daß es verbesserte Übergangsbestimmungen für Studenten gibt, die auf dem zweiten Bildungsweg, etwa durch den Besuch der AHS für Berufstätige und die Ablegung der Reifeprüfung, die Voraussetzung für die Studienzulassung erlangt haben. Und ich hoffe – darauf ist mein Vorredner schon eingegangen; ich sage es aber nochmals –, daß wir auch die Ungerechtigkeit mit dem Notendurchschnitt von 2,5 zur Erreichung eines Stipendiums an den Fachhochschulen – so das Hohe Haus das beschließen wird, und darum bitte ich – wegbekommen.

Meine Fraktion wird die Berichte zur Kenntnis nehmen und wird selbstverständlich die vorgeschlagenen Novellierungen mitbeschließen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.56

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Fachhochschulen wurden 1990 als Alternative zum Universitätsstudium geboren. Drei Ziele hat man sich damals gesteckt: Man wollte für die Wirtschaft Fachkräfte bereitstellen, man wollte die Universitäten entlasten, und man wollte ein zusätzliches Bildungsangebot kreieren, um Studenten und Studierenden, die nicht die wissenschaftliche Laufbahn ergreifen wollen, die Möglichkeit einer weiterführenden, sogenannten postsekundären Ausbildung zu geben.

Derzeit studieren an 20 Studiengängen 1 756 Studierende. Planungen zufolge werden es im Jahr 2000 ungefähr 10 000 Studierende sein. Was kostet uns so ein Platz? – Ein Studienplatz kostet etwa zwischen 85 000 und 95 000 S, wobei die technischen Ausbildungsplätze die teureren sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden diesem Bericht zustimmen, weil es sich um einen umfassenden, engagierten Bericht handelt, der so nicht, wie es diese Berichte gewöhnlich tun, alles in den schönsten Farben malt, sondern auch mit sehr harscher Kritik nicht spart. So wird zum Beispiel unter dem Titel "arbeitserschwerende Bedingungen" harte Kritik am zuständigen Ministerium verpackt, vor allem im Zusammenhang mit den Genehmigungsverfahren von Studienrichtungen. Es ist ein Ablauf vereinbart, der so aussehen sollte: Der Fachhochschulrat führt die Antragsprüfung durch, das Ministerium fällt die Entscheidung über die Förderungswürdigkeit, und letztlich kommt es zur Anerkennung der Studienrichtung durch den Fachhochschulrat.

Diese wahrscheinlich eher informell vereinbarte Vorgangsweise wird in verschiedenen Fällen vom Ministerium unterlaufen. Das führte in der Öffentlichkeit zu den bekannten Reaktionen, wie zum Beispiel in Graz, wo die Studienrichtung Verkehrstechnik, die schon genehmigt schien, dann doch wieder nicht anerkannt werden sollte. Graz hat sehr stark dagegen angekämpft, sodaß es nun doch wieder zur Realisierung dieses Studienganges kommt.

Es kann wirklich nicht angehen, daß aufgrund einer vorläufigen Zusage alle Vorbereitungen getroffen werden, daß Studenten geworben werden, daß aber durch eine Absage diese Studenten, die ja dieses Studium in ihre Lebens- und Berufsplanung integriert hatten, sich dann irgendwie geprellt und um ihre Ziele gebracht sehen. – Ich denke, daß in dieser Hinsicht die Zusammenarbeit zwischen dem Fachhochschulrat und dem Ministerium verbesserungswürdig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Auch die Verzögerung des Studienganges "Kommunales Management im Spital" ist für die Betroffenen untragbar. Ich freue mich daher über die Zusage des Herrn Ministers in der Ausschußsitzung, daß mit dieser Studienrichtung im Herbst 1996 begonnen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Fachhochschulrat beschwert sich bitterlich über mangelnde Schwerpunktsetzungen durch das Ministerium, über mangelnde Aussagen betreffend die Möglichkeit, Berufsfelder im medizinischen und sozialen Bereich über Fachhochschul-Studiengänge abzudecken, und er beschwert sich bitterlich über das bereits zitierte Unterlaufen der Arbeit des Fachhochschulrates durch das Ministerium.

Es bestehen anscheinend Informationsdefizite über die finanziellen Möglichkeiten zur Einrichtung von Fachhochschul-Studiengängen, das heißt, es werden Erwartungshaltungen geweckt. Viele Gemeinden und kleinere Städte hoffen, "Ihren" Fachhochschullehrgang zu bekommen, und müssen dann letztlich enttäuscht werden. Zurück bleibt viel Frust, und diesen Frust schreibt sich der Fachhochschulrat von der Seele, wenn er da festhält – ich zitiere –:

"Ein wissenschaftlich-professionelles Akkreditierungsgremium, dessen Mitglieder ihre Aufgabe neben einem meist anspruchsvollen Beruf erfüllen, kann es sich nicht leisten, seine beschränkte Arbeitskapazität in positiv bewertete Anträge zu investieren, die nachträglich wegen der Förderungsverweigerung des Bundes nicht zustande kommen. Die Problematik wird dadurch verschärft, daß dem Fachhochschulrat keine Informationen vorliegen, in welchem Umfang die vorgelegten Anträge den Kriterien der Entwicklungs- und Finanzierungsplanung entsprochen haben."

Diese Sätze sprechen für sich, und die Verbesserung der Zusammenarbeit muß wirklich möglich sein, damit diese Enttäuschung hintangehalten werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch das Bedarfserhebungsverfahren für Fachhochschullehrgänge sollte transparent gemacht werden. So sind zum Beispiel in Wien vier Fachhochschullehrgänge im betriebswirtschaftlichen Bereich genehmigt worden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in direkter Konkurrenz zur WU in Wien stehen. Es ist nicht ganz einsichtig, warum diese Konzentration von betriebswirtschaftlichen Studienmöglichkeiten hier in Wien stattfindet. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Aber es wird weiter geklagt. So klagt der Fachhochschulrat beispielsweise über das Berichtswesen, und zwar darüber, daß sich die einzelnen Lehrgänge mit sehr lapidaren Berichten gegenüber dem Fachhochschulrat begnügen. Daher erscheint eine Standardisierung dieses Berichtswesens an den Fachhochschulrat, zumindest was die Minimalanforderungen betrifft, notwendig.

Evaluierungen der Fachhochschullehrgänge werden, wenn überhaupt, nur zögerlich vorgenommen.

Der Status der Studierenden – das wurde schon angesprochen – während des Berufspraktikums ist nicht geregelt. So kann es bei Transferzahlungen zu Nachteilen für die Studenten kommen, auf der anderen Seite wird es aufgrund der Lohnkosten immer schwieriger, Firmen zu gewinnen, die Praktikumsplätze für ein Ausbildungspraktikum zur Verfügung stellen. – Auch da ist dringender Handlungsbedarf gegeben.

Die Kommunikation der Fachhochschul-Studiengänge mit Universitäten unter Ausnützung der EDV ist zu verbessern.

Bezüglich der Drop-out-Rate befinde ich mich ganz im Gegensatz zu einer Aussendung des Herrn Kollegen Posch, der sagt, die Drop-out-Rate von 18,7 Prozent erscheine niedrig. Mir scheint sie für einen Fachhochschullehrgang ausgesprochen hoch zu sein. Auch gegen diese Drop-out-Rate müssen durch verstärkte Aufklärung, verstärkte Betreuung der Studenten entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurden zahlreiche Vorschläge zur Novellierung des Fachhochschul-Studiengesetzes gemacht. Sie sind im Bericht nachzulesen, und ich denke, daß Sie, Herr Minister, und das Ministerium diese Vorschläge aufzugreifen und in kürzester Zeit umzusetzen haben. So gesehen ist dieser Bericht ein ausgezeichnetes Nachschlagewerk, mit dessen Hilfe das Ministerium ständig auf Säumigkeiten hin überprüft werden kann, was wir in weiterer Folge sicher wieder gründlich machen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 30. September 1996 läuft die Funktionsperiode des Fachhochschulrates aus. Dem Bericht ist zu entnehmen, daß mit den Funktionären noch nicht gesprochen wurde und sie nicht disponieren können, inwieweit sie diesem Gremium für eine weitere Funktionsperiode angehören werden. Dieses wichtige Gremium muß arbeitsfähig bleiben. Die Besetzung hat transparent und nach objektiven Kriterien zu erfolgen. Proporzdenken hat im Sinne der Ausbildung unserer Jugend keinen Platz. Kritische Stimmen in diesen Gremien müssen gehört werden, außerdem ist anzustreben, daß bei der Zusammensetzung dieses Fachhochschulrates auch alle Bundesländer vertreten sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! 1997 und 1998 werden die ersten Absolventen der Fachhochschul-Studiengänge den Weg in die Berufspraxis antreten. Dann wird sich zeigen, ob die Erwartungen der Wirtschaft, aber auch die Erwartungen der Absolventen erfüllt werden können. Dann wird sich das Schicksal der Fachhochschule entscheiden. Bis dahin, sehr geehrter Herr Minister, sind Sie verpflichtet, die optimalen Voraussetzungen für die Fachhochschulen zu schaffen. Und dieser Bericht gibt uns, wie erwähnt, als wertvolles Nachschlagewerk die Möglichkeit, dies effizient zu überprüfen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.06

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lassen Sie mich, so wie meine Vorredner, auf zwei wesentliche Punkte eingehen. Weitere Aspekte werden noch meine Klubkollegen akzentuieren.

Fachhochschulrat. – Der Fachhochschulrat hat, so meine ich, einen vorbildlichen Bericht vorgelegt. Differenziert, ausführlich, von hoher Informationsqualität zeigt er kritisch, bisweilen auch selbstkritisch, die Stark- und Schwachstellen dieser Einrichtung auf. Er spiegelt die Leistungen eines effizienten Gremiums, das professionell und sparsam wie kein zweites arbeitet. Das sollten wir uns einmal vor Augen führen.

An der Spitze ist – auch wenn meinetwegen dazu ein paar kritische Untertöne zu hören sind, aber das sei in Erinnerung gerufen – von Anfang an ein ambitionierter Emeritus gestanden, der ehemalige Rektor der Grazer Universität, Professor Schelling, der aufgrund seiner persönlichen Situation – eben Emeritus – viel an Ressource einbringen konnte, was sonst kaum einer hätte leisten können. Sein Einsatz macht auch weitgehend wett, daß die Geschäftsstelle noch nicht entsprechend gut ausgestattet ist. Er, der Vorsitzende, beweist Hartnäckigkeit und Lernbereitschaft und sieht sich dennoch zusammen mit den Fachhochschulratsmitgliedern oft unverständlicher und unnachvollziehbarer Kritik ausgesetzt. Ein so junges Gremium kann nicht in allen Punkten schon so erfolgreich sein, wie das mein Vorredner urgiert hat. Die Mitglieder arbeiten weitgehend nebenberuflich, wenn auch mit unterschiedlichen Hintergrundressourcen. Im Berichtszeitraum wurde eine zeitgemäße Struktur entwickelt – Büro- und Organisationsstruktur, EDV-Vernetzung –, die Aufgaben formuliert und so weit wie möglich umgesetzt.

Aus diesen personellen und inhaltlichen Erfahrungen gilt es zu lernen. Eines ist mir dabei besonders wichtig: Wenn auch weiterhin die österreichische Unsitte der Intervention in den Fachhochschulrat nicht einziehen soll, bedarf es einer Unterstützung dieses Gremiums auf diesem Weg. Ich meine daher, daß angesichts des 30. Septembers beziehungsweise der Nachbesetzung der Funktion des Vorsitzenden einige Überlegungen angestellt werden müssen. Ich meine, daß politische Geschmeidigkeit und gruppendynamisches Wissen, vielleicht auch mediophile Sveltezza die Qualität der Mitglieder nicht ausmachen, genauso nicht die des Vorsitzenden. (Beifall des


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Abg. Dipl.-Ing. Schöggl. ) – Wunderbar, wenn Sie mir zustimmen! Das heißt: Mit besonders großer Sorgfalt ist, damit sich dieses junge Instrumentarium weiter gut entwickeln kann, diese Vorsitzendenfrage zu lösen.

Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren, erweckt auch noch ein weiterer Umstand im Bericht. Man könnte es pointiert so sagen: Die Fachhochschule ist männlich. Das heißt, nur ein verschwindend kleiner Teil der Studierenden ist weiblich. Wenn wir bildungspolitisch und arbeitsmarktpolitisch davon ausgehen, daß erfolgreiche Fachhochschulabsolventen künftig die Schaltstellen der Erfolgsleitern besetzen werden, so müssen sich Mädchen und Frauen ziemlich anstrengen. Besorgniserregend ist auch der Umstand, daß Frauen in anderen postgradualen Bildungsangeboten die Minderheit sind. Das heißt, die erfolgsgarantierenden oder zumindest erfolgversprechenden Karriereleitern werden von Frauen nicht erklommen.

Damit keine Mißverständnisse entstehen: Ich will keine frauentypischen oder "frauengerechten" Studiengänge, keine auf "Frauenbedürfnisse" – wie immer das klingen mag – zugeschnittenen Studiengänge, aber ich denke, es ist notwendig, sich zu einem Motivationsprogramm zu verpflichten, das bereits in Familie und Schule beginnt. Anders können wir das Problem nicht lösen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich bin auch froh darüber, daß der Bericht sich auf eine Befassung mit den berufsbegleitenden Studiengängen einläßt und damit auch die Frage der Studienfinanzierung aktueller denn je ist. Ich denke, wir sind erst am Beginn dieser Diskussion, müssen sie aber führen.

Ich meine, es gilt künftig von seiten der Politik, den Fachhochschulentwicklungsplan ernst zu nehmen und ihn genau zu beobachten im Hinblick auf den Geschlechterzugang, aber auch in bezug auf die inhaltliche Schwerpunktsetzung.

Ich denke – auch die Vorredner haben es angesprochen –, die Abstimmungslast mit anderen Anbietern – Universitäten, Fachhochschul-Studiengängen in anderen Regionen – ist nicht allein dem Fachhochschulrat zu übertragen, wiewohl wir das Problem im Blick haben müssen, ebenso die Frage der Zugänge von Absolventen berufsbildender Pflichtschulen. Ich bin dafür, daß wir keine globalen Lösungen suchen – die sind in jedem Fall ungerecht –, die modulare und partielle Anerkennung hingegen ist der richtige Weg. Ich glaube, hier erwarten wir eine Verbesserung, aber ich warne vor globalen, das heißt allgemeingültigen Lösungen.

Die Bedarfserhebungen, Herr Dipl.-Ing. Schöggl, werden weiter professionalisiert, und bezüglich der Evaluierung sind wir in time, wenn ich die Szene beobachte. Also bitte keine ungerechten Vorwürfe.

Zum Fachhochschulrat und seinem Bericht ließe sich noch viel sagen – meine Kolleginnen und Kollegen werden das tun –, lassen Sie mich aber noch einen weiteren Akzent setzen: Universitätenkuratorium.

Das Universitätenkuratorium – das ist schon angesprochen worden – ist ein Bindeglied, eingerichtet zwischen Staat – in diesem Fall Wissenschaftsministerium –, Universitäten, Gesellschaft und Wirtschaft. Der Zweck dieses neuen überuniversitären Instruments und der Institution ist – ich zitiere –: "Sachrationalität bestimmter wissenschaftspolitisch besonders wichtiger Entscheidungen des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst und der Rektoren zu unterstützen und zu erhöhen" – unabhängig von der Tatsache, wie viele Universitäten gerade schon nach dem Modell UOG 1993 fahren.

Wesentlich ist, daß der Wissenschaftsminister – ich zitiere aus den Gesetzeserläuterungen – "in wissenschaftspolitischen Schlüsselfragen mit meist langfristigen Auswirkungen keine Entscheidung treffen kann, bevor er nicht ein Gutachten des Universitätenkuratoriums dazu eingeholt hat."

Das ist natürlich grundsätzlich zu interpretieren. Ich denke, die Tatsache, daß wir hochschulpolitisch, universitätspolitisch in einer offenen Diskussion stehen, böte die Chance, das Universitätenkuratorium zu hören und hinsichtlich der maßgeblichen Empfehlungen einzubinden. Die


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Autonomie, die von allen Universitäten gefordert wird, könnte hier von einem geradezu idealtypisch eingerichteten Gremium Empfehlungen in der Umsetzung, hinsichtlich Richtlinien, Schwerpunktsetzungen erfahren. Das hat auch eine besondere Entlastungsfunktion. Ich wünsche mir, daß der nächste Bericht des Universitätenkuratoriums umfangreicher, aufschlußreicher, ergiebiger ist. Das Gremium muß dazu aber den dezidierten Auftrag haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich wünsche mir, daß das Universitätenkuratorium seine Chancen wahrnehmen und sich mutig in die Bildungsdiskussion einmischen kann – im Sinne eines konstruktiven Dialogs, aus dem das Ministerium, die Universitäten und auch die parlamentarischen und politischen Entscheidungsträger Profit ziehen können.

In diesem Sinne wünsche ich mir den nächsten Bericht beziehungsweise weitere Berichte und Diskussionen dazu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Stippel. )

19.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.14

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Schütteres Forum! (Abg. Dr. Stummvoll: Kurze Rede!) Kurze Rede ist versprochen.

Herr Kollege Stippel! Sie machten anscheinend bedauernd die Bemerkung, daß das Kuratorium entgegen den ursprünglichen Intentionen keine selbständigen Entscheidungskompetenzen hat. Ich halte Ihnen ein Zitat aus dem "Standard" vom 31. März 1993 entgegen. (Abg. Dr. Stippel: Ich habe es nicht bedauernd gesagt! Ich habe gesagt, wie sich das entwickelt hat und was das Kuratorium jetzt für Aufgaben hat!) Um Ihren Beitrag zur Entwicklung zu dokumentieren, sei aus dem "Standard" vom 31. März 1993 zitiert: "SP-Wissenschaftssprecher Stippel plädiert, dem geplanten Universitätskuratorium in erster Linie beratende Funktion zuzugestehen, die Letztverantwortung muß beim Minister bleiben."

Meine Damen und Herren! Solange es Universitäten gibt, so lange suchen Staat und Regierende, Einfluß auf sie zu nehmen. Solange es Universitäten gibt, klagen diese über Abhängigkeiten und rufen nach Freiheit und Autonomie. Als man nach mehr als einem Jahrzehnt mit lebhaftem Beschleunigungseffekt durch das 68er Jahr das UOG 1975 verhandelt hatte, waren die Kommentare von diesen beiden Teilen, von den Universitäten und vom Staat, natürlich ambivalent in diesem Sinne. Die Unis klagten: Wir kommen in den Würgegriff des Staates, die Überdemokratisierung macht uns handlungsunfähig, die Unis werden sterben! Firnberg dagegen lobte ihr Gesetz: Der Staat ist heraußen, meinte sie, Demokratie ist drinnen.

Meine Damen und Herren! Die Unis sind natürlich nicht gestorben, aber durch die Kommissionitis, durch den Massenzustrom ineffizient geworden, zu teuer geworden, nach einem neuen Gesetz wurde gerufen, und das mit der leicht nachvollziehbaren Prämisse: weniger Geld, mehr Autonomie. Und wieder gibt es die beiden unterschiedlichen Beurteilungen dieses sogenannten UOG 1993, das schlußendlich zur Jahrtausendwende vollständig implementiert sein wird.

Lassen wir Rektor Kyrer von der Uni Salzburg durch "Die Presse" vom 10. März 1993 sprechen: "Wenn der Staat noch genügend Geld hätte, gäbe es keine Universitätsreform. Das ist der Vater der Universitätsreform: das leere Säckel und die sich ankündende Unfinanzierbarkeit." (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lukesch: Das stimmt sicher nicht!)

Im gleichen Organ am 1. April: "Die Universitäten sind nach wie vor Anstalten des Bundes, und sie haben dem Haushaltsrecht dieses Bundes unterworfen zu bleiben. Die Autonomie ist in weiter Ferne."

Auf der anderen Seite meinte Herr Bundesminister Busek, dem dieses Gesetz zuzuschreiben ist, hier im Haus am 20. Oktober 1993: "Das neue Gesetz ist ein wesentlicher Demokratieschritt. Das österreichische Universitätssystem war bisher in hohem Maße ein Gängelsystem." – Also 1993 ein Gängelsystem, 1975 noch hochgelobt. Insbesondere im Zusammenhang mit dem


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Spar- und Belastungspaket der Jetztzeit wird offenkundig, daß das Gängelband bestenfalls verändert wurde und durch Zuweisung oder Verweigerung von Geld, von Dienstposten, von Lehraufträgen entsprechend verlängert oder verkürzt wird – je nachdem.

Und bei "je nachdem" fällt mir eine "Presse"-Notiz aus der Vorwoche ein, wo unter der Überschrift: "Universitäten als Verschubbahnhöfe" folgendes zu lesen war: "Rektorenvorsitzender Skalicky erklärt" (Abg. Dr. Lukesch – da Abg. Dr. Grollitsch das "c" in Skalicky wie "k" ausspricht –: Skalic ky! ), "für dieses Jahr fehlen mindestens 400 Millionen Schilling, um die vom Nationalrat vorgegebenen Auflagen erfüllen zu können. Ende des Jahres werden mehr als 1 000 Planstellen unbesetzt bleiben.

Skalicky war im ORF-Mittagsjournal zu hören" (Abg. Dr. Lukesch: Skalic ky! Das ist ja geradezu peinlich!) , "und eineinhalb Stunden später reagierte Herr Minister Scholten. Es werde eine Umschichtung in Richtung Personalaufwand geben, zusätzliche 150 Millionen wurden gefunden, für 1997 weitere 450 Millionen.

Rektor Skalicky" (Ruf bei der SPÖ: Er lernt es nicht mehr! – Abg. Dr. Lukesch macht eine resignierende Geste) "antwortete: Die Budgetierung im Zusammenhang mit dem Bildungsbudget dieses Jahres ist fahrlässig und schlampig erfolgt." – "Fahrlässig und schlampig"; das ist keine freiheitliche Qualifizierung der Vorarbeit, sondern die Aussage des Chefs der Rektorenkonferenz. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

"Scholten aber wies die Universitäten an, innerhalb ihres eigenen Wirkungsbereiches die Budgetmittel zu verschieben" – zu verschieben, wie Erich Witzmann meint: "wie am Verschubbahnhof."

Ob Gängelband oder Verschubbahnhof – ohne Scholten und seine verlängerten Arme geht nichts. Ein solcher Arm ist das Universitätenkuratorium, um dessen Bericht es hier geht, das Kuratorium also, das aus nicht näher definierten in- und ausländischen Fachleuten bestehen soll, ein Bindeglied zwischen Staat, Universitäten und Wirtschaft sein muß und genügend Aufträge hat, Frau Kollegin Brinek, so Sie noch hier sind. Es liegt nicht an den Aufträgen, sondern es liegt an den Möglichkeiten der Arbeit.

Wenn man sich das Bändchen zur Gemüte führt, das den Bericht für den Zeitraum 20. Oktober 1994 bis 31. Dezember 1995 betrifft, und wenn man diesem Bändchen die im Gesetz vorgesehenen Aufgaben entgegenhält, dann ergibt sich hier eine Diskrepanz, obwohl wir durchaus zugestehen, daß durch die Kürze der Zeit, die dieses Gremium besteht, durch die Anlaufschwierigkeiten und durch die Finanzierungsenge sich ein solcher Bericht noch nicht stärker und noch nicht inhaltsreicher darstellen kann. Wir denken auch nicht daran, diesem Tätigkeitsbericht die Zustimmung zu verweigern, ich möchte aber doch abschließend auf die Diskrepanz zwischen den Aufgaben gemäß dem Gesetz und der Reaktion in diesem Bericht verweisen.

Das Kuratorium hat erstens über die Einrichtung und Auflassung von Studienrichtungen an den einzelnen Universitäten ein Gutachten abzugeben. – Ein Bericht über diese Tätigkeit ist nicht zu finden.

Es hat zweitens die Aufgabe, durch Gutachten über die Durchführung von universitätsübergreifenden Entwicklungsplänen in Forschung und Lehre zu berichten. – Der Tätigkeitsbericht verweist auf fehlende Leitvorstellungen der Universität. (Abg. Mag. Posch: Sie wollten nur kurz reden!)

Zur dritten Aufgabe: Gutachten vor Zuweisung und Einziehung von Planstellen an Universitäten. – Naturgemäß ist in diesem Bericht davon nicht die Rede. Selbstverständlich werden trotz dieser Aufgabenzuteilung – unter Umgehung des Universitätenkuratoriums – Planstellen an den Universitäten zugewiesen und eingezogen.

Viertens: Beratung des Bundesministers bei Zuweisung von Räumen und Geldmitteln an die Universitäten und an die interuniversitären Einrichtungen. – Auch diesbezüglich ist im Bericht keine Erwähnung gemacht, auch diesbezüglich wurde die Arbeit offenbar nicht aufgenommen.


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Fünftens: Gutachten bezüglich der Hausberufungen an Universitäten. – Hier ist im Anhang an den Bericht ein durchaus brauchbares Papier enthalten, wie solche Hausberufungen zu vermeiden oder durchzuführen sind.

Und schließlich sechstens: die Veranlassung universitätsübergreifender Evaluierungsmaßnahmen. – Zu diesem Punkt steht im Bericht: "Vor einer Evaluierung müssen die Ziele klar formuliert und allen Betroffenen bekanntgegeben werden."

Die wirklich sehr schmale Gegenüberstellung der Aufgaben und der Berichte im Tätigkeitsbericht weist dem Universitätskuratorium einfach noch fehlende Möglichkeiten in jeder Hinsicht nach. Wir hoffen und wünschen, verehrter Herr Bundesminister, daß der nächste Bericht dieses Kuratoriums umfangreicher ist und dem Gesetz entspricht. – Ich danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Der Herr Minister hat genickt!)

19.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Frischenschlager. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.24

Abgeordneter Dr. Friedhelm Frischenschlager (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wenn man als sechster drankommt, hat man den Nachteil, daß vieles schon gesagt ist (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist ein Vorteil!) , andererseits kann man sich kurz fassen. (Abg. Mag. Posch: Das hat der Grollitsch auch gesagt! – Abg. Dr. Antoni: Das sagen alle!) Ja, richtig! Ich werde mich kurz fassen.

Herr Bundesminister! Zunächst zum Universitätenkuratorium und seinem Bericht. Kollege Grollitsch hat bei seinen Schlußworten auf den geringen Umfang des Berichtes hingewiesen. Das ist sicherlich damit zu erklären, daß die Tätigkeit zwar relativ dicht war, was die Plenumssitzungen betrifft, aber eben offensichtlich noch nicht viel dabei herausgekommen ist. Dazu läßt sich wenig sagen. Das, was drinnen steht, ist ja soweit zu akzeptieren, und daher werden wir dem auch zustimmen.

Zum Fachhochschulrat und seinem Bericht. – Herr Bundesminister! Ich erachte diesen Bericht als sehr aussagekräftig, vor allem deshalb, weil er nicht damit spart, aufzuzeigen, daß es im Hinblick auf unsere Fachhochschulen tatsächlich noch einer Reihe von politischen Rahmenbedingungen bedarf. Insbesondere wird ausdrücklich ein Fachholschulentwicklungsplan, der für die weitere Einrichtung von Fachhochschulen wegweisend sein könnte, urgiert, und ich hielte es für wichtig, Herr Bundesminister, daß die politischen Entscheidungen gefällt werden, und zwar insbesondere auch im Hinblick auf jene Bereiche, die außerhalb der technischen Bildungsbereiche anzusprechen sind. Es ist ja ausdrücklich davon die Rede, daß medizinische, auch pflegerische Berufe, daß soziale und auch pädagogische Berufe und die entsprechenden Berufsfelder geklärt werden sollten, um weitere Fachhochschulen in diesen Bereichen tatsächlich installieren zu können.

Kollegin Brinek hat darauf hingewiesen, daß die Fachhochschule – entgegen der Absicht oder Ankündigung in der Regierungserklärung – einen leider für den weiblichen Bevölkerungsteil nicht voll erschlossenen Bildungsbereich darstellt. Wenn man sich die Zahlen im Bericht ansieht und feststellt, daß mit Stichtag 15. November vergangenen Jahres zwar fast 1 400 männliche Studierende die Fachhochschulen bevölkern, aber lediglich 385 weibliche, dann ist eine Absicht, die sicherlich sinnvollerweise in der Regierungserklärung angekündigt ist, nämlich daß die Fachhochschulen insbesondere für den weiblichen Bevölkerungsteil ein Bildungsangebot und eine Berufsperspektive darstellen sollen, nicht erfüllt worden, und das ist sicherlich zu beklagen.

Insgesamt, Herr Bundesminister, würde ich sagen, daß es notwendig ist – und wir werden in diesem Punkt nicht lockerlassen –, seitens Ihres Ressorts – aber da ist ja auch das Parlament miteingeladen –, einen Fachhochschulentwicklungsplan zu erarbeiten und jene Bereiche festzulegen, wo künftig Fachhochschulen sinnvollerweise ausgebaut werden können. Darauf sollte das Ressort größten Wert legen.


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Zum Studienförderungsgesetz und den entsprechenden Anträgen möchte ich mich nicht sonderlich auslassen. Sie sind im wesentlichen positiv, auch wenn man natürlich über das Gesamtsystem der Studienförderung noch eingehend wird sprechen müssen.

Zum Abschluß, Herr Bundesminister: Wir hatten schon mehrfach die Gelegenheit, über das Universitäts-Studiengesetz zu debattieren. Ich halte das wirklich für das ganz entscheidende gesetzgeberische Vorhaben für unsere Hochschulen. Es ist sozusagen die Basis, von der aus in der Folge überhaupt erst die organisatorischen, planerischen und finanziellen Voraussetzungen entwickelt werden können. Es ist nicht gelungen, diesen Entwurf vor dem Sommer ins Haus zu bekommen. Ich hadere jetzt nicht darüber, ich hoffe nur, daß wir im Herbst wirklich sehr, sehr bald einen Entwurf bekommen. Wir müssen uns zwar im Wissenschaftsausschuß ganz intensiv mit dieser Materie befassen, aber wir sollten trotzdem einen Zeitdruck darauf legen, weil ich meine, das ist der Reformhebel, von dem aus wir vieles ändern können, was es jetzt an Unrast gibt, die eben daraus entsteht, daß der Studienbetrieb nicht hinhaut, was zu Frust bei den Lehrenden und bei den Studierenden führt, und wodurch man dann auch den Mitteleinsatz wesentlich wirksamer gestalten könnte.

Ich hoffe, daß wir den Entwurf im Herbst, auch wenn er nicht bis ins letzte Detail ausformuliert ist, in den Ausschuß bekommen und dann möglichst wirksam, sachlich und dem Anlaß entsprechend verhandeln. Ich glaube, dieses Gesetz zu formulieren, wird im Wissenschaftsbereich eine der wesentlichsten Aufgaben dieser Legislaturperiode werden. Die Umsetzung wird dann auch noch hart genug werden, weil das keine einfache Sache ist. Insbesondere der Ansatz im jetzigen Entwurf, daß die Universitäten den Studienbetrieb wesentlich stärker als bisher selber gestalten können, ist eine sehr, sehr große Herausforderung. Das gilt nicht nur für den Gesetzgeber – der hat es relativ leicht, auch das Ressort hat es wesentlich leichter –, aber es geht darum, daß die Universitäten tatsächlich in die Lage versetzt werden und auch selber – ich möchte fast sagen – begreifen, welche Chance es für sie bedeutet, wenn sie die Studiengestaltung selber in die Hand nehmen können.

Das ist ein Fortschritt, das ist eine Chance. Und ich hoffe, daß der gesetzgeberische Rahmen dafür geschaffen wird und daß dann bei der Durchführung nicht nur die Universitäten diese Aufgaben tatsächlich ernst nehmen, sondern daß sie auch vom Ressort die entsprechenden begleitenden Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommen. Damit möchte ich schließen, und ich hoffe, daß wir im Herbst diese sehr wichtige Debatte betreffend die Studienreform tatsächlich beginnen können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.31

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Zwei Jahre Fachhochschule geben Anlaß, eine kurze Zwischenbilanz mit den bisherigen Erfahrungen, die durchwegs positive Erfahrungen sind und sich als bereichernd für die österreichische Bildungslandschaft herausgestellt haben, zu ziehen. Der Fachhochschulsektor ist ein innovativer, ein zukunftsorientierter Sektor, der viel kreatives Potential aktiviert hat, und man kann sicher schon heute sagen, daß der deregulierende Ansatz des Gesetzes richtig war.

Die Fachhochschullehrgänge haben insbesondere in den kleineren Orten, in einkommensschwachen und strukturschwachen Regionen eine große Belebung gebracht. In Regionen, wo es hohe Arbeitslosigkeit gibt, wo es eine große Abwanderung Gutgebildeter gibt, konnte diese teilweise gebremst werden. Zahlreiche Investitionen konnten getätigt werden, wie Schülerheime und Wohnungen, insgesamt wurde die Kaufkraft erhöht – das heißt, dieser Sektor hat hervorragend eingeschlagen.

Die Anbieter insgesamt haben sehr flexibel reagiert. Es gibt eine große Anzahl von Privatinitiativen, auch Initiativen von Kommunen und Gebietskörperschaften, sodaß eine echte Lücke in der berufsbildenden höheren Bildung geschlossen werden konnte. Die Fachhochschulen präsentieren sich – das kann man jetzt schon sagen – als echte Alternative zur Universität, und


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es ist durchaus eine Entwicklung wie in Deutschland, wo etwa 20 Prozent der Studierenden Fachhochschulen besuchen, auch bei uns denkbar.

Besonders positiv ist, daß die Lehrgänge, die angeboten werden, ziemlich zielgenau und sehr stark bedarfsorientiert sind, sodaß anzunehmen ist, daß im Endausbau nicht die erwarteten 20 000 Studenten die Fachhochschulen besuchen werden, sondern weit mehr. Eine praxisnahe, exzellente Ausbildung, eine hohe Akzeptanz werden dafür sorgen, und die 1995 eingereichten 25 Anträge beweisen, daß der Sektor ein sehr stark aufstrebender Sektor ist.

Die Konkurrenz wird auch den Universitäten sicher gut tun, wird sie veranlassen, Strukturen zu überdenken. Ich denke da beispielsweise an die Drop-out-Rate, die im Fachhochschulsektor mit 18,7 Prozent – verglichen mit den Drop-out-Raten an den Universitäten –, was durch die geringe Studienzeit von vier Jahren und durch einen sehr stringenten Lehrplan, der durchgezogen und eingehalten wird, bewirkt wird.

Kritisieren möchte ich, wie es die Frau Abgeordnete Brinek es auch schon getan hat, den relativ geringen Frauenanteil von nur 23 Prozent. Es ist zwar typisch für die technisch-naturwissenschaftliche Struktur der Studienrichtungen, man darf das aber trotzdem nicht als gegeben hinnehmen. Ich hoffe, daß, wenn Lehrgänge im Sozial- und Gesundheitsbereich dazukommen, der Frauenanteil doch steigen wird. Was ich hervorheben möchte, ist, daß dafür die Drop-out-Rate bei den Frauen wesentlich geringer ist als bei den Männern. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch die Budgetsituation trägt insgesamt der positiven Entwicklung im Fachhochschulsektor Rechnung. 1995 wurde noch ein Erfolg von 95 Millionen Schilling ausgewiesen, 1997 waren es im Budget schon 400 Millionen Schilling, und trotzdem ist das aufgrund des Kostensplittings mit den verschiedenen Betreibern ein günstiger Sektor.

Kritik möchte ich an der Durchlässigkeit des dualen Systems üben, die nach meinem Dafürhalten verbessert gehört. Für die Fachhochschulreife sind oft Zusatzprüfungen notwendig, die meist auf dem Wege der Erwachsenenbildung erworben werden, wofür oft kostspielige Lehrgänge notwendig sind, Lehrgänge, die sehr, sehr teuer sind. Hier müßte nach meinem Dafürhalten das Kursangebot verbessert werden, etwa an höheren Schulen für Berufstätige, durch verbesserte Unterrichtsmaterialien, auch durch Fernstudien; insbesondere Materialien für Fernstudien gehören nach meinem Dafürhalten forciert und verbessert, auch für das berufsbegleitende Lernen.

Auch die Tatsache, daß es demnächst erstmals Fachhochschullehrgänge in berufsbegleitender Form geben wird, was insbesondere für die Erwachsenenbildung von Bedeutung ist, möchte ich positiv registrieren. Ein wenig drängen möchte ich auf die Entscheidung, welche Wertigkeit Fachhochschulabsolventen künftig haben werden. Die Frage der A-Wertigkeit oder der B-Wertigkeit beziehungsweise einer Wertigkeit irgendwo zwischendrin – A1 – bedarf einer dringenden Klärung, da es zum einen schon Absolventen und zum anderen Studiengänge gibt, die teilweise auf den öffentlichen Dienst ausgerichtet sind, sodaß die Frage der Wertigkeit möglichst bald geklärt werden sollte.

Ein klein wenig Kritik möchte ich am Anerkennungsverfahren üben, wo es oft Probleme gibt: Verschleppungen und Verzögerungen zwischen der bedingten und der definitiven Anerkennung eines Studienganges, lange Wartezeiten bei den Anerkennungsverfahren aufgrund rational nicht immer nachvollziehbarer Hemmnisse. Das ist oft sehr, sehr demütigend für den Antragsteller, es ist äußerst unangenehm, wenn schon konkrete Planungen laufen, wenn man schon auf den Lehrbetrieb eingestellt ist, wenn Lehraufträge vergeben werden müssen, wenn man immer wieder vertröstet wird. Diese schleppende Behandlung von Anträgen durch den Fachhochschulrat ist nicht hinzunehmen. Es ist auch für den neuen Sektor, der ein sehr dynamischer Sektor ist, nicht adäquat, und ich denke – und da bin ich ganz bei Ihnen, Frau Doktor, wenn wir das gleiche gemeint haben –, daß die interne Kommunikation im Fachhochschulrat verbessert gehört, daß der Fachhochschulsektor insbesondere einen dynamischen, einen weltoffenen, einen kommunikativen und wenig restriktiven Vorsitzenden verdient, der den Fachhochschulen


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sicherlich neue Impulse geben würde. Das würde ihnen gut tun. Und da würde ich Sie bitten, Veränderungen herbeizuführen.

Alles in allem, denke ich, ist die Fachhochschule dennoch ein großer Erfolg und hat sich inzwischen als unverzichtbarer Baustein im österreichischen Bildungssystem entwickelt und gezeigt. (Beifall bei der SPÖ.)

19.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.37

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Lassen Sie mich eine kurze Richtigstellung machen: Ich glaube, er hat es verdient: Der Name des Vorsitzenden der österreichischen Rektorenkonferenz, Kollege Grollitsch, spricht sich "S-k-a-l-i-c-k-y" aus. Er ist also kein "Beutegermane", sondern ein typischer Österreicher, er heißt halt Skalicky. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen, damit wir hier als Mitglieder des Wissenschaftsausschusses in der Öffentlichkeit keine falschen Signale geben. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Er füllt eine Bildungslücke!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Bevor ich mich mit meinem eigentlichen Thema, den Fachhochschulen, beschäftige, möchte ich über einen Punkt reden, den wir zwar auf der Tagesordnung in der letzten Sitzung des Wissenschaftsausschusses hatten, aber dann an einen Unterausschuß verwiesen haben, nämlich den Forschungsbericht des Jahres 1995. (Beifall der Abg. Motter. ) Wir haben das vorgeschlagen und dann auch einmütig getan, weil wir der Meinung sind, daß wir hier im Parlament unsere Verantwortung gegenüber der Forschungs- und Technologiepolitik in einer entsprechend breiten Art und Weise wahrnehmen müssen.

Wir haben die Gelegenheit, in diesem Unterausschuß mit Experten, mit Beratern eine Diskussion zu führen, und ich ersuche Sie, Herr Bundesminister, diese Zuweisung an einen Unterausschuß als eine Art – ich sage es höflich – Arbeitsauftrag an Ihre forschungszuständigen Ministerien zu interpretieren, sodaß wir im September – so hoffe ich – in diesem Unterausschuß über das neue Forschungs- und Technologiekonzept der österreichischen Bundesregierung, das uns ganz dringend fehlt, werden sprechen können. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Motter. )

Hohes Haus! Zum Fachhochschulbericht selbst: Ich möchte zunächst etwas nachholen, was meine Vorredner nicht getan haben, nämlich den Mitgliedern des Fachhochschulrates und der Geschäftsstelle des Fachhochschulrates, insbesondere dem Präsidenten Professor Schelling einerseits für diesen Bericht, andererseits aber auch für die bereits mehrjährige Arbeit im Dienste der Republik, im Dienste der Wissenschaft und der Hochschuljugend unseres Landes zu danken. Ich danke für Ihren Einsatz von dieser Stelle aus. (Beifall bei der ÖVP.)

Der erste Fachhochschulbericht, wie wir ihn jetzt vor uns haben, zeigt mir eines ganz klar auf: Er zeigt auf, daß diese Idee, Fachhochschulen einzurichten, eine Königsidee gewesen ist, eine Königsidee, die auf unseren damaligen Wissenschaftsminister Dr. Busek zurückgeht. Die Idee war nicht nur, eine wissenschaftsfundierte berufsnahe Ausbildung zu schaffen, sondern – und das ist noch viel wichtiger – diesen neuen Fachhochschulen ein organisatorisches Kleid zu schneidern, das von Selbstorganisation, Föderalisierung, Autonomie und parteipolitischer Distanz getragen war.

Kollege Posch hat es schon gesagt, und ich danke ihm für diese Bemerkung: Die eigentliche tragende Idee war, daß wir die Bildungsrechte neu verteilt haben: weg vom Zentralstaat, mehr hin zu den lokalen Institutionen und zu den autonomen Gremien. Und diese Idee hat sich als ausgesprochen tragfähig erwiesen, sogar noch tragfähiger, als wir das vor drei Jahren zu hoffen gewagt haben.


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Auch hier darf ich einen kurzen Blick zurück in die Geschichte machen. Es geht mir heute ein bißchen wie einem Bauer oder wie dem Knecht eines Bauern – vielleicht ist das der bessere Vergleich –, der quasi die erste Ernte mit diesem ersten Bericht einfährt und sich freut, daß die Felder gut bestellt waren und daß die Ernte reichlich ausgefallen ist.

Um hier auch der Wahrheit die Ehre zu geben und ein bißchen zurückzublicken: Ich freue mich natürlich, wenn die Freiheitlichen heute diesen Fachhochschulbericht mit uns akzeptieren und annehmen. Aber ich darf schon darauf hinweisen, daß die Freiheitlichen der Einrichtung dieser Fachhochschulen durch das Fachhochschul-Akkreditierungsgesetz hier im Haus heftig widersprochen haben; genauso heftig, wie das auch die Grünen getan haben. Und die Sozialdemokraten, das soll auch gesagt werden, haben uns einen – so würde ich es einmal formulieren – Vertrauensvorschuß für diesen neuen Weg in der österreichischen Bildungspolitik gegeben. Ich glaube, es war der richtige, und wir haben diesen Vertrauensvorschuß gemeinsam auch richtig eingelöst. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Erfolgsbilanz – die Daten sind bereits genannt worden – kann sich durchaus sehen lassen. Der Fachhochschulbericht formuliert das so, daß sowohl seitens der Bildungswilligen als auch seitens der Wirtschaft die hohe Akzeptanz bei diesen Fachhochschullehrgängen anhält und daß immer wieder neue Anträge, die alle finanziell von den Trägerorganisationen unterlegt sein müssen, eintreffen und beurteilt werden müssen, sodaß dieser Fachhochschulbereich tatsächlich die technologische Lücke, die auch für die österreichische Wirtschaft immer wieder als beklemmend interpretiert wurde, in Kürze überwinden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Damit entstehen aber auch schon die ersten Probleme, und ich gehe jetzt auf diese Probleme ein, die uns der Fachhochschulbericht vor Augen führt. Der Fachhochschulrat hat nämlich darauf aufmerksam gemacht, daß bis zum Jahr 1999 beziehungsweise 2000 die Zahl der finanziell vorgesehenen Studienplätze von etwa 10 000 – unter gar nicht sehr optimistischen Prognoseannahmen – um mehr als ein Drittel auf der Basis von hereinkommenden Anträgen überschritten sein wird. Damit stellt sich natürlich für mich die Frage der Finanzierung. Bis zum Jahr 2005 sollen schon 20 000 solcher Studienplätze zur Verfügung stehen, und spätestens dann wird dieser Bereich tatsächlich zur Entlastung unserer Universitäten beitragen. Das ist erfreulich; gleichzeitig zeichnet sich jedoch auf der anderen Seite bereits eine Finanzierungslücke ab. Wir sollten diesbezüglich – ich sage das ganz bewußt: sine ira et studio – über neue Wege der Hochschulfinanzierung sprechen.

Eine Tabuisierung der Frage von Studiengebühren gerade auch im Fachhochschulbereich sollte nicht dazu führen, daß wir die positive Entwicklung dieses neuen Sektors behindern.

Ich verlange ein bißchen mehr Mut – wahrscheinlich von uns allen –, diese Frage zu diskutieren. Es gibt ein akzeptables Gutachten in Ihrem Ministerium, das auch unterschiedliche Studienfinanzierungen diskutiert. Der Fachhochschulbereich wäre ein Ansatz – es sei denn, wir finden andere Formen einer Finanzierung, die der Ausdehnung des Fachhochschulbereiches zugeführt werden können, sodaß hier nicht ein Flaschenhals entsteht.

Der Fachhochschulrat – auch das wurde schon gesagt – beklagt die nicht-intendierte mangelnde Durchlässigkeit des Systems sowie die geringe Zahl von Lehrabsolventen, die bislang in dieses System gekommen sind. Ich mache darauf aufmerksam, daß wir erst gestern von Frau Unterrichtsministerin Gehrer die Vorhaben bezüglich der Berufsreifeprüfung hier gehört haben. Das kann einen Teil – sicher nicht alles – dieses Problems der Durchlässigkeit lösen.

Herr Bundesminister! Ich meine auch, daß wir unsere Fachhochschulkonzeption – die spezifische typisch österreichische Konzeption –, die sich von deutschen oder von den italienischen, von französischen Fachhochschulen unterscheidet, auch für eine grenzüberschreitende Bildungspolitik in Europa einsetzen sollten.

Sie haben mir versichert, Herr Bundesminister, daß die gesetzlichen Grundlagen des Fachhochschulgesetzes derzeit ausreichen. Ich bitte Sie, in diesem Sinne – und auch im Sinne des außenpolitischen Berichtes der Bundesregierung über die Entwicklung der Autonomie in Südtirol –


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die Bestrebungen der Universität Innsbruck, gemeinsam mit Südtirol die dortige Universitätsautonomie zu nutzen und eine Fachhochschule österreichischer Provenienz dort einzurichten, zu unterstützen. Ich ersuche Sie darum, daß die Landesuniversität des Landes Tirol da auch für Südtirol tätig werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben es ja gelesen, Sie investieren also mit Sicherheit keine Mühe oder Anstrengung in eine Universität, die es nicht verdient. Das "News" hat erst jüngst die Universität Innsbruck – allerdings von der Studentenseite her, das schränke ich gerne ein, aber die Studierenden sind nun einmal ein großer Teil unserer Konsumenten – in fast allen Fächern in seinem Ranking an die erste Stelle plaziert; daß mein Institut auch dabei ist, freut mich angesichts der Bezügediskussion, die auch immer wieder im Gange ist. (Bundesminister Dr. Scholten: Weil die Ausstattung der Uni Innsbruck so gut ist!) Die Sowi-Fakultät hat zum Beispiel kein Gebäude. Aber wir wissen uns zu helfen, wir sind ein kooperativer Stab von Professoren und Mitarbeitern. Aber trotzdem – ich lasse Sie nicht aus –: Sie werden im September, so hoffe ich, den Spatenstich für die Sowi-Fakultät vornehmen. (Bundesminister Dr. Scholten: Ich bin dafür!) Gut, ich freue mich darüber! Danke schön, Herr Bundesminister.

Wir haben im Zuge dieser Gesetzesvorhaben auch das Studienförderungsgesetz angepaßt, novelliert. Ich bin froh, daß die Freiheitlichen nicht in Richtung Eskalierung bei den Kriterien für die Zuerkennung eines Stipendiums im Rahmen der Fachhochschul-Studiengänge, nämlich sie nach unten zu schrauben, gegangen sind. Ich glaube, die jetzigen Bedingungen sind fair und vergleichbar mit den Bedingungen, unter denen auch die Hochschüler an den Universitäten Stipendien beziehen können.

Ich komme zum Ende meiner Ausführungen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine gute Idee hat sich durchgesetzt, die zeigt, daß die Friedrich August-Hayeksche These vom Markt und vom Wettbewerb als Entdeckungsprinzip auch im Bildungsbereich tragfähig ist. Wir von der ÖVP wollen alles daransetzen, diese Ideen nach Kräften weiterhin zu verfolgen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Horngacher. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.49

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit der Errichtung der Fachhochschulen wurde in Österreich ein neues Ausbildungssystem auf Hochschulniveau geschaffen, das eine notwendige Ergänzung des heimischen Bildungsangebotes darstellt. Durch die berufsbezogene relativ kurze Ausbildung von drei Jahren wurden die Fachhochschul-Studiengänge als Alternative zu den wissenschaftlich-theoretisch ausgerichteten Studien an der Universität geschaffen.

Nicht nur Maturanten haben das Recht, eine Fachhochschule zu besuchen, sondern auch Menschen mit Lehrabschluß und Absolventen von berufsbildenden Schulen.

Derzeit gibt es 20 Fachhochschulen in Österreich, und das Interesse, die Lehrangebote in Anspruch zu nehmen, ist sehr hoch. Kritisch wird in dem Bericht des Fachhochschulrates, wie schon mehrmals erwähnt wurde, die zu geringe Durchlässigkeit angeführt. Mein besonderes Anliegen ist es daher, daß man Maßnahmen setzt und wirklich etwas unternimmt, damit dieses Angebot nicht nur von Maturanten, sondern besonders von Menschen mit abgeschlossener Lehre genützt werden kann. Es wäre dies eine Imageverbesserung, und zwar jene Imageverbesserung, die wir uns für die Lehrausbildung wünschen. Wenn ein strebsamer Mensch dadurch die Möglichkeit hätte, eine weiterführende Ausbildung zu machen, dann wäre die Lehre keine Einbahnstraße mehr, sondern die praktische Grundlage für lebenslanges Lernen und höhere Qualifikation.

Für die Zukunft setzt der Fachhochschulrat folgende Ziele fest, die ich persönlich auch für sehr wesentlich erachte: Qualität und Innovation der Studiengänge sowie deren regionaler Bezug,


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Prüfung für den zukünftigen Bedarf in Gesellschaft und Wirtschaft – und das ist wichtig: wir müssen eine adäquate Ausbildung anbieten, damit die Absolventen auch einen entsprechenden Posten bekommen –, Integration der Absolventen in die Wirtschaft und Internationalisierung der Bildungsangebote.

Ich bin aber auch der Meinung, daß ein Studiengang "Jugendarbeit und Erwachsenenbildung" sehr gut wäre. In der Jugendarbeit beschäftigt man sich heute fast ausschließlich mit der Jugendwohlfahrt und mit der Drogentherapie. So wichtig und elementar diese Einrichtungen auch sind: Wir müssen in Zukunft – anstatt nur zu reparieren – Geld auch in entsprechende Prävention und aktive Jugendarbeit investieren, um vorbeugend wirken zu können. Da sollte aber nicht nur Geld, sondern da sollten auch Ideen eingesetzt werden, um vielen negativen Entwicklungen rechtzeitig entgegenwirken zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Tirol ist im Fachhochschulbereich eher unterversorgt, erfreulich ist aber das Bestreben des Fachhochschulvereins Inntal, der einen Antrag auf Errichtung einer Fachhochschule in Kufstein betreffend Facility-Management, das sich vor allem mit der Vereinfachung von strukturellen und organisatorischen Abläufen beschäftigt, eingebracht hat. Kufstein liegt in der wirtschaftlich stärksten Region der EU, bekannte, stark exportierende Unternehmen haben nach wie vor ihren Sitz in der Stadt und im Bezirk und tragen so zu dessen hoher Bruttowertschöpfung von mehr als 20 Milliarden Schilling bei.

Dieser Studiengang sollte sich vor allem an Interessenten aus dem Raum Tirol, Vorarlberg, Salzburg, Bayern und Südtirol richten. Aufgrund seines Neuigkeitswertes im deutschsprachigen Raum ist das eine echte Berufsinnovation, und die Stadt Kufstein würde selbst 65 Millionen Schilling und ein Grundstück im Werte von mindestens 20 Millionen Schilling dazu beitragen.

Aufgrund der angestrebten starken Regionalisierung der Projekte hoffe ich, daß diese Fachhochschule in Kufstein realisiert werden kann, damit ein weiterer Schritt in Richtung Innovation, Wirtschaftlichkeit und Chancengleichheit für den ländlichen Raum gesetzt werden kann.

Im Ausschuß hat der Herr Minister eine positive Stellungnahme dazu abgegeben, und ich hoffe nun sehr, daß sobald als möglich auch der Fachhochschulrat dieses Projekt genehmigt, und daß wir in dieser Region, in dieser wirtschaftlich starken Region dieses besondere Angebot erhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.55

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei Durchsicht des Berichts des Universitätenkuratoriums fällt mir zuerst einmal auf, daß viele entscheidende Passagen nur vage formuliert sind. Überall dort, wo es sich um Überprüfungen, Evaluierungen handelt – und zwar sowohl von Leistungen als auch von universitären Einrichtungen –, wird von der Notwendigkeit einer Ausarbeitung von Kriterien für eine Überprüfung gesprochen. Es heißt etwa, daß das Kuratorium dieses Thema gleich zu Beginn seiner Tätigkeit aufgegriffen hat und diesem Arbeitsfeld treu geblieben ist. Anhand einiger Beurteilungsbeispiele wurde dann über Evaluierungen diskutiert.

So heißt es in diesem Bericht etwa auch, daß sich das Problem einer folgenlosen Evaluierung stellt, die den Status quo konservieren würde. Was geschieht denn dann wirklich, wenn eine Beurteilung negativ ausfällt? – Auf diese Frage wird das Kuratorium schon im nächsten Bericht eine eindeutige Antwort zu geben haben.

Zustimmend kann zur Kenntnis genommen werden, daß sowohl die interne als auch die externe Vernetzung des Kuratoriumsbüros hergestellt ist und daß es diesbezüglich Einvernehmen mit dem Wissenschaftsministerium gibt.


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Was die Tätigkeit des Kuratoriums betrifft, liegt man zwar im Zeitplan, wir legen aber besonderen Wert darauf, daß der Zeitplan auch in Zukunft eingehalten wird. Im Jahr 1996 sollen fünf der insgesamt zwölf betroffenen Universitäten nach dem UOG 1993 organisiert werden. Es sind dies die TU Graz, die Montan-Universität Leoben, an der das UOG 1993 bereits seit 1. Dezember 1995 in Kraft ist, die Universität für Bodenkultur, die Uni Linz und die Universität Klagenfurt.

Angesichts der im Bericht erwähnten Altersstruktur der Professorenschaft und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit und Chance einer Vielzahl von Neubesetzungen von Professuren ein Wort zu den Hausbesetzungen: Es gibt jedenfalls noch immer zu viele Hausberufungen. Auch § 23 Abs. 6 UOG 1993, wonach keine Hausberufung vorliegt, wenn die zu berufende Person eine einschlägige, mindestens einjährige ununterbrochene hauptberufliche Tätigkeit außerhalb der Universität, an welche sie berufen werden soll, ausgeübt hat, ist als unbefriedigend zu bezeichnen. Es stellt sich auch die Frage nach der Zusammensetzung des Kuratoriums selbst, denn es wäre natürlich wünschenswert, den universitären Kräften aus dem Ausland größeres Gewicht einzuräumen. Genau diese wollen wir doch verstärkt im Zuge von Kooperation und Zusammenarbeit einbinden und diese Kontakte für gemeinsame Fortschritte in der Forschung nutzen. Folgendes muß man klar aussprechen: Ein kleines Land wie Österreich kann bei limitiertem Budget größere Erfolge in der Forschung nur in der Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedstaaten der Union erzielen – und auch nur so eine entsprechende Dotierung bearbeiteter Forschungsgebiete erreichen.

Deshalb sollte man auch verstärkt kompetente Entscheidungsträger aus der Wirtschaft mit wissenschaftlicher Top-Ausbildung zur Mitarbeit im Kuratorium gewinnen, damit nicht an den Bedürfnissen des Marktes vorbeiagiert wird.

Wir sind durch den Beitritt zur EU auch für andere Wissenschaftsinstitute der Gemeinschaft interessanter geworden. Es wird mehr Geld in die Forschung in Europa investiert, um nicht den Anschluß an Japan oder die Vereinigten Staaten zu verlieren – was noch lange nicht heißt, daß wir als Wissenschaftssprache nur mehr Englisch zu verwenden haben, denn was uns Österreichern oft genauso fehlt wie ein starker Partner ist ein gesundes Maß an Selbstbewußtsein. (Beifall bei der ÖVP.)

Das 4. Rahmenprogramm der EU für Forschung und Entwicklung wird nach dem Beitritt der drei Länder Österreich, Schweden und Finnland um 700 Millionen Ecu auf insgesamt 12,5 Milliarden Ecu erhöht – das sind 165 Milliarden Schilling –, schwerpunktmäßig für die Bereiche Luft- und Raumfahrt, Multimedia sowie Umwelt und erneuerbare Energiequellen. Dort gilt es anzusetzen, um Forschungsgelder ins Land zu bringen.

Was mir in diesem Bericht aber völlig fehlt, sind solche Schwerpunktbildungen, weshalb sich die Frage stellt, welche Arbeitsaufträge an das Kuratorium bisher vom Ministerium ergangen sind. Wenn derartige Aufträge seitens des Ministeriums nicht ergangen sind, sollte man die Motive für diese Nicht-Erteilung hinterfragen. (Beifall bei der ÖVP.)

So verlange ich auch die rasche Harmonisierung und gezielte Positionierung in den EU-Programmen. Ich teile auch nicht die Ansicht, Aufträge an des Kuratoriumsteam erst zu erteilen, nachdem das UOG 1993 für alle zwölf Universitäten gilt und in Kraft getreten ist. Wir müssen auf dynamische Marktentwicklungen rasch reagieren und die richtigen Akzente in der Forschungspolitik jetzt setzen – heute und nicht erst, wenn alle Universitäten einmal dabei sind, denn dann sind manche Mittel aus der Europäischen Union längst vergeben, und auf fahrende Züge aufzuspringen, ist bekanntlich schwierig. Genau darin sehe ich auch den Kernpunkt einer erfolgreichen Kuratoriumsarbeit. Ich fordere dazu auf, genau das auch mit aller Konsequenz umzusetzen: nicht jahrelang über wesentliche Fragen theoretisieren, sondern handeln!

Im Bericht des Kuratoriums wird auf, wie es heißt, problematische Züge des Dienstleistungs- und Besoldungsrechts hingewiesen, die einer Erhöhung der Flexibilisierung entgegenstehen und kritische Aufmerksamkeit verdienen. Solche Aussagen sollten besonders beachtet werden, und dann muß man daraus die Konsequenzen ziehen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stimmen diesem Kuratoriumsbericht zu. Es ist der erste Bericht, er ist sehr kurz – wir hoffen aber, daß wir in Zukunft einen umfangreicheren bekommen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

20.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schuster. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.02

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ein uns sehr gut bekanntes Sprichwort lautet: Gesundheit ist zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts. In Abwandlung dieses Sprichwortes meine ich: Wissenschaft und Forschung ist zwar nicht alles – doch was wären wir ohne Wissenschaft und Forschung?

Meine Damen und Herren! Wenn wir auch in Zukunft sicherstellen wollen, daß das geistige Potential nicht nur in den Städten zu Hause ist, sondern auch in den ländlichen Regionen, dann muß es einfach Rahmenbedingungen und infrastrukturelle Einrichtungen geben, die es auch in dünner besiedelten Gebieten den interessierten jungen Menschen möglich macht, diese Schulen zu besuchen. Eine der Stärken der österreichischen Bevölkerung, was auch die besondere Herausforderung durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Union betrifft, liegt eben in einer guten Ausbildung, ja ich meine, in einer sehr guten Ausbildung. Geben wir unserer Jugend in ihrer Aus- und Weiterbildung in den Städten, aber auch in den ländlichen Regionen eine Chance! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Koalition hat in ihrem Übereinkommen vom März dieses Jahres zum Thema Bildung und Forschung gemeint: "Die Bildungspolitik muß die bestmöglichen Entwicklungschancen garantieren und die internationale Positionierung Österreichs sichern. Es ist alles zu unternehmen, damit Österreich auf dem Gebiet der Forschung und Technologie weiterhin konkurrenzfähig bleibt."

Wir wissen, daß diese Bundesregierung auf dem besten Weg ist, dieses Versprechen nicht nur in Worten, sondern auch in Taten einzulösen. Hier bin ich beim ersten Bericht des Fachhochschulrates, zu dem einige meiner Vorredner bereits Stellung bezogen haben. Ich möchte einen einzigen Punkt herausnehmen: Eine Agrarfachhochschule? – Der Landwirtschaftsminister hat die Bundesanstalt für Bergbauernfragen beauftragt, daß sie eine Untersuchung einleitet über Bedarf und Akzeptanz einer Agrarfachhochschule. Wir wissen, daß speziell das starke Agrarbundesland Niederösterreich verschiedene Bestrebungen bereits eingeleitet hat, um eben Studiengänge in dieser Angelegenheit genehmigt zu bekommen.

Wir in Oberösterreich – und ich weiß, daß auch die Steiermark bestens diese Angelegenheit unterstützt – hoffen, daß wir diesen Studiengang Agrarmarketing in Kürze verwirklichen können. Ich möchte hier den Präsidenten des Fachhochschulrates Dr. Schelling zitieren. Er meinte in diesem Fachhochschulbericht: Aus Gründen der Gleichbehandlung können jedoch die fern der Großstädte lebenden Berufstätigen von der Möglichkeit einer Fachhochschulausbildung nicht ausgeschlossen werden. Es sind daher alle Anstrengungen zu unternehmen, um diese Hindernisse zu beheben. – Dem kann ich mich nur vollinhaltlich anschließen.

Zum Abschluß, meine Damen und Herren, sei mir noch ein Sprichwort gestattet, ein altrömisches Sprichwort lautet nämlich: Gute Schulen und gute Straßen machen den guten Staat aus. Bei den guten Schulen geht es nicht nur um Pflichtschulen, um weiterbildende Schulen, sondern auch um Universitäten und Fachhochschulen. – Nüzen wir diese Chance auch in der Zukunft! (Beifall bei der ÖVP.)

20.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.


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Wir treten damit in das Abstimmungsverfahren ein, wobei ich über jeden Ausschußantrag getrennt abstimmen lasse.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, den Bericht des Universitätenkuratoriums über seine Tätigkeit vom 20. Oktober 1994 bis 31. Dezember 1995, III-26 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrstimmig angenommen .

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, den Bericht des Fachhochschulrates über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahr 1995, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst, III-33 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Bitte im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einhellig angenommen .

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird, samt Titel und Eingang in 209 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben mögen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist Einhelligkeit . Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen .

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 207 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Bitte bei Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Einhelligkeit angenommen .

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 210 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Bitte im Falle der Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist mit Stimmeneinhelligkeit angenommen .

15. Punkt

Erste Lesung des Antrages 183/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 und das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten geändert werden

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen zum 15. Punkt der Tagesordnung: Erste Lesung des Antrags 183/A der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 und das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten geändert werden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete.


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32. Sitzung / Seite 168

20.09

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es ist nicht zum ersten Mal, daß wir über das passive Wahlrecht zu den Hochschülerschaftswahlen hier reden. Seit ich im Nationalrat bin – und das ist jetzt die dritte Legislaturperiode –, wird darüber diskutiert, und noch immer gibt es dieses passive Wahlrecht nicht. (Unruhe im Saal.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder (das Glockenzeichen gebend): Dürfte ich um ein wenig Aufmerksamkeit bitten. – Danke schön.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Je unaufmerksamer Sie sind, umso intensiver muß ich das erklären. Also die Aufmerksamkeit dient nur der Kürze.

Dieses passive Wahlrecht zu den Hochschülerschaftswahlen gibt es noch immer nicht, obwohl die grüne Fraktion einen Antrag eingebracht hat, der fast wortidentisch ist mit der Ministerialvorlage des geschätzten Herrn Bundesministers, die zweimal bereits im Ministerrat diskutiert wurde. Beide Male hat sie nicht die Zustimmung des Ministerrats gefunden. Warum wir den Antrag eingebracht haben, soll Ihnen verdeutlichen, daß es hier um etwas geht, was von sämtlichen Fraktionen ... (Abg. Schieder: Um geistigen Diebstahl geht es da!) Es geht um geistigen Diebstahl, diesen Vorwurf nehme ich in diesem Fall sehr gerne auf mich, weil das nichts Originäres vom Herrn Bundesminister ist. Vielmehr zeigt das, daß in dieser Koalition immer noch der Wurm drinnen ist, nämlich der Wurm der Angst vor dem passiven Wahlrecht und der Angst vor den Folgewirkungen – und die Österreichische Hochschülerschaft ist ja eine Interessenvertretung ähnlich wie die gesetzlich eingerichteten Kammern – in diesen weiteren gesetzlichen Interessenvertretungen. Das ist die für mich zwar nicht plausible, aber die im Ministerrat getätigte Erklärung, die man so hört.

Ich will jetzt nicht wiederholen, was ich auch schon mehrmals hier gesagt habe, nämlich die seinerzeitige Erklärung des damaligen Wissenschaftsministers Dr. Busek. Er hat eine viel einfachere Erklärung dafür gefunden, warum er nicht das passive Wahlrecht einführen kann. Passives Wahlrecht heißt – für die Damen und Herren, denen das nicht so geläufig ist –, daß auch ein ausländischer Studierender in Österreich Studentenvertreter werden kann. Das ist etwas ganz Einfaches. Vielleicht wissen die einen oder anderen gar nicht, daß das gar nicht möglich ist, denn in anderen Staaten ist das durchaus üblich, nur halt bei uns nicht.

Der seinerzeitige Wissenschaftsminister und Vizekanzler Busek hat damals gesagt: Nein, das geht doch nicht, daß wir das passive Wahlrecht einführen, denn dann werden die eloquenten Deutschen alle Positionen in der Österreichischen Hochschülerschaft übernehmen. – Damals habe ich das für einen Scherz gehalten, für ein Bonmot, für das ich es immer noch halte, es liegt jetzt aber so viele Jahre zurück, daß sich jetzt herausgestellt hat, daß die Angst, daß Ausländer und Ausländerinnen in dieser Republik so etwas total Banales wie Studentenvertreter werden können, sehr tief in den Knochen sitzt bei der Österreichischen Volkspartei, die das bis jetzt behindert hat.

Meine Damen und Herren! Die Hochschülerschaft hat in etlichen Beschlüssen des Zentralausschusses das immer einhellig, das heißt alle Fraktionen, verlangt. Auch Ihre jungen Interessenvertretungsorganisationen haben sich dafür ausgesprochen. (Abg. Dr. Graf: Das stimmt nicht! Die freiheitlichen Vertreter waren immer dagegen!) – Ich weiß nicht, ob das so ein besonderes Ruhmesblatt ist, Herr Dr. Graf. (Abg. Dr. Graf: Aber wenn Sie schon etwas berichten, dann bitte wahrheitsgemäß!) Diese Organisationen sind jetzt auch schon ein wenig mürbe geworden und hoffen, daß sich nicht wieder das bestätigen wird, was ich jedenfalls hier schon zweimal erlebt habe, nämlich daß man dann kurz vor ÖH-Wahlen gestanden ist und dann alle ein trauriges Gesicht gemacht und gesagt haben: Mein Gott! So ein Pech! Wir würden das so gerne ermöglichen, aber es ist jetzt schon zu spät, die ÖH-Wahlen stehen vor der Tür!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um Ihnen diesen Kummer zu ersparen, vor allem den Sozialdemokraten und auch den aufgeschlossenen Damen und Herren in der Österreichischen Volkspartei, haben wir diesen Gesetzesantrag eingebracht, damit nicht die Situation entstehen


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kann, daß es im Nationalrat dazu keine Vorlage gibt. Außerdem – und das wiederhole ich jetzt noch einmal – ist diese Vorlage ja wortidentisch mit den Überlegungen seitens des Ministeriums.

Denken Sie ernsthaft darüber nach, ob nicht dieser Umstand, der Österreich auch im Kreis der EU-Staaten außergewöhnlich kennzeichnet, nämlich außergewöhnlich negativ, schnellstens zu beseitigen wäre und man den Interessen der im Zentralausschuß der Österreichischen Hochschülerschaft vertretenen Fraktionen nicht gerecht werden sollte. Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ist doch – und da plädiere ich jetzt für einen engen und gleichzeitig auch weiten Blick – wirklich nichts, was wir uns in der EU vorwerfen lassen sollten. (Abg. Dr. Graf: Und was ist mit der Präsidentenwahl?) Die Gelegenheit, mit einem Schlag diese Lächerlichkeit aus dem Weg zu schaffen, ist gegeben. Deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich um Ihr Interesse bei einer hoffentlich bald folgenden Beschäftigung mit diesem Initiativantrag im Ausschuß. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.16

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: D ie nächste Wortmeldung liegt vor vom Herrn Abgeordneten Dr. Stippel. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.16

Abgeordneter Dr. Johann Stippel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hat sich vor einiger Zeit nach einem längeren Diskussionsprozeß für die Ausdehnung des passiven Wahlrechtes im Rahmen der Österreichischen Hochschülerschaft entschieden. Es schien auch eine Zeitlang so zu sein, daß wir zu einem einheitlichen Beschluß diesbezüglich im Hohes Hause kommen könnten. Das ist in der Zwischenzeit noch nicht erfolgt.

Wir haben heute die erste Lesung, wir werden uns mit dieser Materie nicht das erste Mal, wie meine Vorrednerin gesagt hat, im zuständigen Wissenschaftsausschuß zu befassen haben, und ich hoffe, daß es dort zu einer für die Studierenden gütlichen Lösung kommen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

20.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächster am Wort ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.17

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Antrag der Frau Kollegin Stoisits enthält zwei Anknüpfungspunkte. Einen teile ich, den anderen teile ich nicht.

Der erste Anknüpfungspunkt ist der Artikel 6 des EU-Vertrages, der vom Diskriminierungsverbot spricht. Der zweite Anknüpfungspunkt ist das Gleichstellungsgesetz für Südtiroler, diesen akzeptiere ich nicht. Für uns, Frau Kollegin Stoisits, sind die Südtiroler Österreicher mit italienischer Staatsbürgerschaft. Und deshalb sind sie gleich zu behandeln. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Der Succus daraus ist: Ich lade Sie und die Sozialdemokraten ein: Machen wir einen ersten Schritt im Bereich des passiven Wahlrechtes für Ausländer, für Ausländer, die aus EU-Ländern stammen. – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

20.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.18

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrter Herr Minister! Zum Antrag selbst: Ich schließe mich dem an, was Kollege Lukesch betreffend die Südtirol-Problematik beziehungsweise die Südtiroler an den österreichischen Hochschulen gesagt hat.


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Ich vermeine sehr wohl, daß es da einen untergriffigen Ansatz seitens der Grünen gibt, diesbezügliche angebliche EU-Normen, die nicht vergleichbar sind, für diese Systeme hier anzuwenden. Und ich verwahre mich auch dagegen, wenn hier vom Rednerpult aus gesagt wird und im Antrag der Begründung steht, daß von sämtlichen Fraktionen der Österreichischen Hochschülerschaft seit Jahren massiv das passive Ausländerwahlrecht gefordert wird.

Ich möchte hier wirklich dezidiert und eindeutig klarstellen: Die freiheitliche Studenten haben das passive Wahlrecht bei der Österreichischen Hochschülerschaft stets abgelehnt. Somit ist dies auch nicht richtig, wenn Sie das so behaupten, und ich bitte, das auch in Zukunft zu beherzigen, denn eine derartige Umarmung von seiten der Grünen lehnen wir ab. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir über das passive Wahlrecht in der Österreichischen Hochschülerschaft diskutieren, so ist es doch wert, auch die Österreichische Hochschülerschaft als Kammer mit Zwangsmitgliedschaftscharakter kurz zu beleuchten. Was ist denn das überhaupt für eine Kammer, womit hat sich diese Kammer, insbesondere seit es eine links-linke Mehrheit gibt, überhaupt in den letzten eineinhalb Jahren beschäftigt? Allen ist der in die Hose gegangene Streik an der Universität sattsam bekannt, der letztlich Tausenden Studenten ein Semester in ihrer Studienzeit gekostet hat, und das ist der Volkswirtschaft jedenfalls abträglich. Und diesen Standpunkt haben wir Freiheitlichen auch immer vertreten. Demonstration für gute Interessen: ja, Streik: nein! Das war immer unsere Devise. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Ich möchte darauf hinweisen, daß sich die Redner bei einer ersten Lesung auf die allgemeinen Grundsätze der Vorlage beschränken sollen. – Danke schön.

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! Aber wenn es um das passive Wahlrecht geht, dann muß man doch auch beleuchten, zu welchem Gremium passiv gewählt wird, nämlich zur Österreichischen Hochschülerschaft. Und dann muß man auch grundsätzlich über die Österreichische Hochschülerschaft sprechen dürfen, Herr Präsident. Und das tue ich hiermit.

Was ist denn die Österreichische Hochschülerschaft in den letzten eineinhalb Jahren, außer einer Streikbewegung, die einen Streik angeführt hat, der – wie schon gesagt – in die Hose gegangen ist? Da finden sich Funktionäre, die in der Zentralausschußsitzung vom KSV – sie sitzen in einem Boot mit den Grünen, mit den Sozialisten – Worte gebrauchen, die ich mir nicht einmal in den Mund zu nehmen getraue. Da sagte doch ein gewisser Michael Rakob vom KSV in seiner Rede:

Was ich zu euch anmerken wollte, liebe AG – in Richtung ÖVP –, ja ich meine, ich sage es euch zwar öfter und immer – offensichtlich lassen sie es sich auch gefallen –, auch in diesem Gremium und außerhalb, es ist im Prinzip folgendes: Es ist recht schön, daß ihr jetzt immer öfter eure schöne Regenbogenmaske fallen laßt, hinter der das schöne große schwarze Loch vorlugt, nämlich das – und dieses Wort nehme ich nicht in den Mund – A ... einer reaktionären Bourgeoisie. – Zentralausschußsitzung vom 12. Jänner 1996.

So stellen wir uns eine Hochschülerschaftsvertretung, die für die Interessen der Studenten eintreten soll, nicht vor! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Womit beschäftigt sich die Österreichische Hochschülerschaft noch? Man ist darangegangen und hat sofort, ohne überhaupt einen Auftrag diesbezüglich zu haben, das Lesben/Schwulen-Referat eingerichtet. Dort werden Tätigkeitsberichte abgegeben. Im Wintersemester 1995/1996 wurden folgende Gelder vergeben: Für zwei Inserate in der Zeitschrift "Ius Amandi" 4 000 S, Unterstützungen für Lesbisch-Schwule, Wahlkampfprojekt "Vote-Pink", Förderung des Videoprojekts "Ein Recht zu lieben", Photoprojekt "Saver Sex für Lesben", Beteiligung am Projekt "Weiberwirbel", Beteiligung am Projekt "Frauen im Männerbund"...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter, aber ich will doch darauf hinweisen: Das Thema ist ein anderes, und die erste Lesung hat sich auf allgemeine Grundsätze zu beschränken. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Ich weise wirklich mit Nachdruck auf die Bestimmung der Geschäftsordnung hin. – Bitte, wenn Sie vielleicht jetzt die Beispiele einschränken.

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend ): Herr Präsident! Wenn wir zu einem Wahlverhalten in einem Gremium – und hier in einem öffentlich-rechtlichen Gremium – etwas zu sagen haben, dann müssen wir auch beleuchten, welchen Inhalt diese Österreichische Hochschülerschaft vertritt.

Da wird zur Aufgabe gestellt, Kredite zu vergeben ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter! Ich verweise nochmals auf die Geschäftsordnung, und ich erinnere daran, daß im Falle der Nichtbeachtung Sie mit einem Ordnungsruf zu rechnen haben. Ich bitte, sich wirklich an die Geschäftsordnung und die Bestimmungen über die erste Lesung zu halten! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das wollen wir aber bei den anderen auch so haben! Beim Herrn Fischer können sie reden, was sie wollen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Setzen Sie fort, Herr Abgeordneter! – Bitte.

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ich nehme zur Kenntnis, daß offensichtlich die Tätigkeit in dieser Österreichischen Hochschülerschaft, die in den letzten eineinhalb Jahren vollzogen wurde, offensichtlich hier nicht zum Thema paßt. Wir dürfen nur allgemein darüber reden, ob überhaupt eine Österreichische Hochschülerschaft mit einem passiven Wahlrecht für Ausländer eingerichtet werden soll, ohne materiell darauf eingehen zu dürfen, welche Ziele eigentlich diese Österreichische Hochschülerschaft, deren Mandatare gewählt werden sollen, verfolgt.

Ich vermeine, daß diese Österreichische Hochschülerschaft überhaupt keine Legitimation hat, hier etwas zu fordern hinsichtlich des passiven Wahlrechtes. Wir lehnen das ab, wie bereits gesagt, in einer Zwangsmitgliedschaftskammer so und so. Wir haben mehrmals schon Vorschläge unterbreitet, um diese Subventionssümpfe, die sich auch in der Österreichischen Hochschülerschaft wiederfinden, zu beseitigen.

Ich kann Ihnen zeigen, wie viele Hunderte Millionen Schilling für Projekte, die alle sattsam bekannt sind und nicht im Interesse der Studenten sind, in den letzten Jahren und Jahrzehnten ausgegeben wurden. Das lehnen wir jedenfalls ab.

Daß dann noch das passive Wahlrecht eingeführt werden soll, obwohl es bei diesem Zwangsverein nicht einmal eine 30prozentige Wahlbeteiligung gibt, obwohl nicht einmal Ausländer das aktive Wahlrecht, das sie bereits besitzen, wahrnehmen, ist mir nicht einsichtig.

Warum geht man nicht ein auf die Forderung der Freiheitlichen, endlich zu einem freiwilligen Zusammenschluß einer studentischen Gewerkschaft überzugehen, wo die Interessen der Studenten und nicht nur jene von irgendwelchen Randgruppen im In- und Ausland permanent vertreten und gefördert werden? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Dann gäbe es dieses Problem mit dem passiven Wahlrecht auch gar nicht, denn dann kann jeder Mitglied werden, der Mitglied werden möchte, und auch eine Funktion in diesem freiwilligen Zusammenschluß wahrnehmen. Das ist die Forderung der Freiheitlichen, und das ist auch der Ausweg in dieser Angelegenheit.

Es geht nicht an, daß permanent nur Projekte von Linken und Links-Chaoten im In- und Ausland mit Aberhunderten Millionen Schilling subventioniert werden. Das werde ich halt dann in der zweiten Lesung näher ausführen. Wir haben ja diesbezüglich noch genug Zeit, daß wir dem Ansinnen der Grünen entgegentreten, auch in diesem Bereich eine Funktionärsschaft einzuführen, die überhaupt keine Interessen der jungen Menschen vertritt und sich nicht um die Probleme


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kümmert, die die österreichischen Studenten eigentlich bedrücken oder bedrängen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich weise den Antrag 183/A dem Ausschuß für Wissenschaft und Forschung zu .

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.

Einlauf

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 246/A (E) bis 261/A (E) eingebracht wurden. Ferner sind die Anfragen 887/J bis 938/J eingelangt.

Die nächste Sitzung des Nationalrats, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 20.27 Uhr ein. – Das ist sofort im Anschluß an diese Sitzung.

Die Sitzung ist geschlossen .

Schluß der Sitzung: 20.27 Uhr