Stenographisches Protokoll

109. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 25. Feber 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

109. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 25. Feber 1998

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 25. Feber 1998: 11.01 – 23.22 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Gesundheitsbericht 1997 der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales (Berichtszeitraum 1993 – 1995)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 401/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Lücken im Meldewesen bei übertragbaren oder gefährlichen Krankheiten, insbesondere Creutzfeldt-Jakob-Syndrom

3. Punkt: Bericht über den Antrag 402/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Impfschadengesetz

4. Punkt: Bericht über den Antrag 412/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend drohende Spitalslastigkeit durch neue Finanzstrukturen im Gesundheitswesen

5. Punkt: Gesundheitsförderungsgesetz – GfG

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über öffentliche Schutzimpfungen gegen übertragbare Kinderlähmung geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 338/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend besondere Eingliederungshilfe/Änderung des Arbeitsmarktservicegesetzes

8. Punkt: Bericht über den Antrag 394/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend neue Instrumente aktiver Arbeitsmarktpolitik

9. Punkt: Bericht über den Antrag 416/A der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebshilfegesetz geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 430/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Aufhebung der Bestimmungen über die Sozialversicherungspflicht von sogenannten Freien Dienstverträgen

11. Punkt: Bericht über den Antrag 434/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird


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109. Sitzung / Seite 2

12. Punkt: Bericht über den Antrag 479/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Pensionsreform

13. Punkt: Bericht über den Antrag 540/A der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden

14. Punkt: Bericht über den Antrag 552/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz 1955 geändert wird

15. Punkt: Bericht über den Antrag 594/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Berücksichtigung der Resolution der Bundesarbeitskammer vom 22. September 1997 bei der Pensionsreform

16. Punkt: Bericht über den Antrag 595/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Berücksichtigung des Weißbuches der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten vom September 1997 bei der Pensionsreform

17. Punkt: Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie (III-91 der Beilagen) betreffend Umweltförderungen des Bundes 1996 sowie die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen

18. Punkt: Bundesgesetz über die Gründung und Beteiligung an der Nationalpark Thayatal GmbH

19. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Thayatal samt Anlage

20. Punkt: Bericht über den Antrag 565/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend die Errichtung einer 380-kV-Leitung in Österreich

21. Punkt: Bericht über den Antrag 35/A (E) der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen betreffend die Erstellung weiterer unabhängiger Gutachten zur Notwendigkeit der Errichtung einer 380-kV-Leitung "UW Kainachtal – UW Wien Südost" sowie die Änderung des Starkstromwegegesetzes aus 1968 hinsichtlich eines Bürgerbeteiligungsverfahrens im Sinne des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) und die Erstellung einer unabhängigen Studie betreffend dezentrale Energieversorgung als Alternative zum Verbundnetz für den Raum Oststeiermark

22. Punkt: Bericht über den Antrag 425/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energieabgabenvergütungsgesetz, Art. 62 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, geändert wird

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 25

Ordnungsruf 128


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109. Sitzung / Seite 3

Geschäftsbehandlung

Ersuchen der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, die Sitzung zum Zwecke der Klärung der Frage, wann und ob überhaupt den Oppositionsparteien der "Nationale Aktionsplan für Beschäftigung" der Bundesregierung zur Verfügung gestellt wird, zu unterbrechen 30

Feststellungen des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zu diesem Ersuchen 31

Wortmeldungen in diesem Zusammenhang:

Dr. Jörg Haider 31

Dr. Peter Kostelka 31

Mag. Dr. Heide Schmidt 32

Dr. Andreas Khol 32

Antrag der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 47/A (E) betreffend kalte Progression gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 15. Mai 1998 zu setzen 49

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 49

Redner:

Mag. Gilbert Trattner 123

Helmut Dietachmayr 125

Dr. Michael Spindelegger 126

Reinhart Gaugg 127

Dr. Hans Peter Haselsteiner 128

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 129

Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen, dem Justizausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 464/A (E) betreffend Maßnahmenpaket für einen umfassenden Schutz der Kinder gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 6. Juli 1998 zu setzen – Ablehnung 49, 204

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 50

Unterbrechung der Sitzung 83

Aktuelle Stunde (22.)

Thema: "Beschäftigungsprogramm der Bundesregierung"

Redner:

Friedrich Verzetnitsch 25

Bundesministerin Eleonora Hostasch 28

Sophie Bauer 32

Ing. Leopold Maderthaner 33

Dr. Jörg Haider 35

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend 36

Mag. Dr. Heide Schmidt 37

Karl Öllinger 39

Günter Kiermaier 40

Dr. Gottfried Feurstein 41

Ing. Mag. Erich L. Schreiner 43


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109. Sitzung / Seite 4

Mag. Helmut Peter 44

Dr. Gabriela Moser 46

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 25

Rechnungshof

Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung der Abgeordneten Andreas Wabl, Mag. Thomas Barmüller, Ute Apfelbeck und Genossen auf Prüfung rechtswidriger Vorgänge im Zusammenhang mit Genehmigung und teilweisem Bau (Wanne Stainach, Sallaberger Brücke) der "ennsnahen Trasse" und daraus resultierender finanzieller Belastungen des Bundes – aussichtslose Klagsführungen des Bundes gegen Bürger/innen, die gegen diese rechtswidrigen Vorgänge Widerstand geleistet haben – durch den Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses 49

Ausschüsse

Zuweisungen 47, 204

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Elfter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses 49

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Reparatur der Sozialversicherungspflicht für "Freie Dienstverträge" und "Neue Selbständige" (686/A) (E) 83

Begründung: Dr. Volker Kier 90

Bundesministerin Eleonora Hostasch 95

Debatte:

Dr. Hans Peter Haselsteiner 10


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109. Sitzung / Seite 5

2

Franz Hums 104

Mag. Dr. Josef Trinkl 106

Hermann Böhacker 107

Mag. Thomas Barmüller 109

Karl Öllinger 111

Mag. Herbert Kaufmann 114

Karl Donabauer 116

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 117

Dr. Alexander Van der Bellen 119

Peter Rosenstingl 120

Dr. Volker Kier 121

Ablehnung des Dringlichen Antrages 123

Verhandlungen


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109. Sitzung / Seite 6

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses betreffend den Gesundheitsbericht 1997 der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales (Berichtszeitraum 1993 – 1995) (III-105/955 d. B.) 50

2. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 401/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Lücken im Meldewesen bei übertragbaren oder gefährlichen Krankheiten, insbesondere Creutzfeldt-Jakob-Syndrom (957 d. B.) 50

3. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 402/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Impfschadengesetz (958 d. B.) 50

4. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 412/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend drohende Spitalslastigkeit durch neue Finanzstrukturen im Gesundheitswesen (959 d. B.) 50

Redner:

Dr. Alois Pumberger 50

Heidemaria Onodi 52

Klara Motter 53

Dr. Günther Leiner 56

Theresia Haidlmayr 57

Bundesministerin Eleonora Hostasch 59

Hannelore Buder 62

Dr. Brigitte Povysil 63

Ridi Steibl 65

Dr. Martina Gredler 66

Annemarie Reitsamer 67

Dr. Gabriela Moser 69

Manfred Lackner 70

Mag. Dr. Udo Grollitsch 71

Ing. Erwin Kaipel 73

Dr. Helga Konrad 74

Kenntnisnahme des Berichtes III-105 d. B. 75

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 957, 958 und 959 d. B. 75

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Gratisbehandlung ausländischer Patienten in Österreichs Krankenhäusern – Ablehnung 52, 75

Entschließungsantrag der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Impfschadengesetz – Ablehnung 55, 76

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Neugestaltung des Gesundheitsberichtes – Ablehnung 59, 75

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Maßnahmen gegen die Errichtung eines grenznahen Zwischenlagers für hochradioaktive, abgebrannte Brennelemente in Dukovany – Ablehnung 70, 75

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen betreffend Verbesserung des Gesundheitszustandes der österreichischen Schülerinnen und Schüler – Ablehnung 72, 75

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Weiterführung der Schüler-Gesundheitsstatistik des ÖSTAT – Ablehnung 73, 75

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1043 d. B.): Gesundheitsförderungsgesetz – GfG (1072 d. B.) 76

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (947 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über öffentliche Schutzimpfungen gegen übertragbare Kinderlähmung geändert wird (956 d. B.) 76

Redner:

Dr. Brigitte Povysil 76

Mag. Walter Guggenberger 77

Klara Motter 78

Dr. Erwin Rasinger 80

Theresia Haidlmayr 81

Bundesministerin Eleonora Hostasch 130

Dr. Franz Löschnak 131

Dr. Alois Pumberger 132

Dr. Günther Leiner 133

Dr. Martina Gredler 134

Dr. Elisabeth Pittermann 135

Ridi Steibl 137

Mag. Johann Maier 137

Johann Schuster 138

Hannelore Buder 139

Rosemarie Bauer 140

Ing. Erwin Kaipel 141

Manfred Lackner 142

Dr. Helga Konrad 143

Annahme der Gesetzentwürfe in 1072 und 956 d. B. 144

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Schutzimpfungen – Ablehnung 82, 144

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 338/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend besondere Eingliederungshilfe/Änderung des Arbeitsmarktservicegesetzes (919 d. B.) 144

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 394/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend neue Instrumente aktiver Arbeitsmarktpolitik (920 d. B.) 144

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 416/A der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebshilfegesetz geändert wird (921 d. B.) 144

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 430/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Aufhebung der Bestimmungen über die Sozialversicherungspflicht von sogenannten Freien Dienstverträgen (922 d. B.) 144

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 434/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein


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109. Sitzung / Seite 7

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (923 d. B.) 145

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 479/A der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Pensionsreform (924 d. B.) 145

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 540/A der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (925 d. B.) 145

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 552/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz 1955 geändert wird (926 d. B.) 145

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 594/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Berücksichtigung der Resolution der Bundesarbeitskammer vom 22. September 1997 bei der Pensionsreform (927 d. B.) 145

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 595/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Berücksichtigung des Weißbuches der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten vom September 1997 bei der Pensionsreform (928 d. B.) 145

Redner:

Reinhart Gaugg 145

Annemarie Reitsamer 147

Dr. Volker Kier 149

Edeltraud Gatterer 151

Karl Öllinger 152

Mag. Dr. Josef Trinkl 153

Sigisbert Dolinschek 154

Anton Blünegger 156

Edith Haller 158

Josef Meisinger 159

Dr. Alois Pumberger 160

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 919, 920, 921, 922, 923, 924, 925, 926, 927 und 928 d. B. 161

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend Abschaffung der Politikerprivilegien – Ablehnung 146, 161

17. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie (III-91 d. B.) betreffend Umweltförderungen des Bundes 1996 sowie die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen (1076 d. B.) 162

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 162

Matthias Ellmauer 164

Ing. Mathias Reichhold 165

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 166


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109. Sitzung / Seite 8

Mag. Helmut Peter 167

Andreas Wabl 168, 175

Franz Kampichler 170

Otmar Brix 171

Franz Stampler 172

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 173

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 174

Kenntnisnahme des Berichtes III-91 d. B. 177

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Umweltförderungen für die Altlastensanierung – Ablehnung 163, 177

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (904 d. B.): Bundesgesetz über die Gründung und Beteiligung an der Nationalpark Thayatal GmbH (1074 d. B.) 177

19. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (905 d. B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Thayatal samt Anlage (1075 d. B.) 177

Redner:

Josef Schrefel 177

Dr. Robert Rada 178

Robert Wenitsch 179

Mag. Helmut Peter 180

Ing. Monika Langthaler 181

Rosemarie Bauer 183

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 184

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 185

Annahme des Gesetzentwurfes in 1074 d. B. 186

Genehmigung der Vereinbarung in 1075 d. B. 186

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 565/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend die Errichtung einer 380-kV-Leitung in Österreich (1073 d. B.) 186

21. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 35/A (E) der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen betreffend die Erstellung weiterer unabhängiger Gutachten zur Notwendigkeit der Errichtung einer 380-kV-Leitung "UW Kainachtal – UW Wien Südost" sowie die Änderung des Starkstromwegegesetzes aus 1968 hinsichtlich eines Bürgerbeteiligungsverfahrens im Sinne des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) und die Erstellung einer unabhängigen Studie betreffend dezentrale Energieversorgung als Alternative zum Verbundnetz für den Raum Oststeiermark (1070 d. B.) 186

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 187, 199

Karlheinz Kopf 187

Mag. Doris Kammerlander 189


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109. Sitzung / Seite 9

Georg Oberhaidinger 190

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 191

Dr. Volker Kier 192

Franz Koller 194

Mag. Franz Steindl 195

Ing. Erwin Kaipel 196

Dr. Christa Krammer 197

Kurt Wallner 198

Andreas Wabl 199

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 200

Dr. Volker Kier 201

Ing. Monika Langthaler 202

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1073 und 1070 d. B. 203

22. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 425/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energieabgabenvergütungsgesetz, Art. 62 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, geändert wird (1071 d. B.) 204

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1071 d. B. 204

Zuweisung des Antrages 425/A an den Finanzausschuß 204

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 47

942: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

1042: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Ukraine über Informationsaustausch und Zusammenarbeit auf dem Gebiete der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes samt Anlagen

1044: Bundesgesetz, mit dem das Zustellgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden

1049: Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsgesetz geändert wird

1052: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit und die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen

1077: Bundesgesetz, mit dem das Behörden-Überleitungsgesetz, das AIDS-Gesetz 1993, das Bundesgesetz über natürliche Heilvorkommen und Kurorte, das Rezeptpflichtgesetz und das Arzneimittelgesetz geändert werden

1078: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz geändert wird

1079: Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz – FBG

1080: Bundesgesetz über die Änderung des Nationalbankgesetzes 1984, des Scheidemünzengesetzes, des Schillinggesetzes, des Devisengesetzes und des Kapitalmarktgesetzes, die Aufhebung des Übergangsrechtes anläßlich einer Novelle zum Nationalbankgesetz 1955, des Bundesgesetzes vom


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109. Sitzung / Seite 10

12. Jänner 1923 betreffend Überleitung der Geschäfte der Österreichisch-Ungarischen Bank, österreichische Geschäftsführung, auf die Oesterreichische Nationalbank, des Bundesgesetzes vom 18. März 1959 betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzinstitutionen, BGBl. Nr. 74/1959, und des Bundesgesetzes betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzinstitutionen, BGBl. Nr. 171/1991

Berichte 48

Vorlage 31 BA: Bericht betreffend Verfügungen über unbewegliches Bundesvermögen im Jahr 1997; BM f. Finanzen

Vorlage 32 BA: Bericht gemäß § 65 Absatz 5 des Bundeshaushaltsgesetzes über das Eingehen, die Prolongierung und die Konvertierung von Finanzschulden und Währungstauschverträgen im Finanzjahr 1997; BM f. Finanzen

Vorlage 33 BA: Bericht über die Übernahme von Bundeshaftungen im Jahre 1997; BM f. Finanzen

Vorlage 34 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 4. Quartal 1997; BM f. Finanzen

Vorlage 35 BA: Bericht gemäß § 27 (3) beziehungsweise § 28 (4) BHG, BGBl. Nr. 213/1986, in Zusammenhang mit P 3 des Allgemeinen Teiles des Fahrzeugplanes und P 4 des Allgemeinen Teiles des Planes für Datenverarbeitungsanlagen für das Jahr 1997; BM f. Finanzen

III-115: Bericht gemäß § 3 (4) Poststrukturgesetz – PTSG 1996, BGBl. Nr. 201/1996, über die von der Post und Telekom Austria AG erbrachten gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Rumpfjahr 1996; BM f. Wissenschaft und Verkehr

III-116: Bericht betreffend Studienförderung und Studieneinstiegsalter aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 10. Juli 1997, E 73-NR/XX. GP; BM f. Wissenschaft und Verkehr

III-117: Berufsbildungsbericht 1997; BM f. wirtschaftliche Angelegenheiten

Anträge der Abgeordneten

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Reparatur der Sozialversicherungspflicht für "Freie Dienstverträge" und "Neue Selbständige" (686/A) (E)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Neubewertung der Arbeit (687/A) (E)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (688/A)

Maria Schaffenrath und Genossen betreffend die Integration von Schulversuchen in das Regelschulwesen (689/A) (E)


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109. Sitzung / Seite 11

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Schutzimpfungen (690/A) (E)


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109. Sitzung / Seite 12

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Neugestaltung des Gesundheitsberichtes (691/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend neue gesetzliche Regelungen für Heilmasseure, Heilbademeister, Sanitätshilfsdienste (Rettungssanitäter), Ordinationsgehilf/innen und zahnärztliche Assistent/innen (692/A) (E)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend Heilmittel und Heilbehelfe – Versäumnisse im Bereich des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (693/A) (E)

Peter Rosenstingl und Genossen betreffend Sicherung der Einsatzbereitschaft der freiwilligen Feuerwehren (694/A)

DDr. Erwin Niederwieser, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird (695/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Michael Spindelegger und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Auswirkungen der von der SPÖ geforderten Kasernenschließungen (3610/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Aussagen zur geplanten Harmonisierung des Wochenend-, Feiertags- und Nachtfahrverbots in der Europäischen Union (3611/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Neuregelungen des Asylgesetzes (3612/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Lücken im österreichischen Autobahnnetz (3613/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend gesundheitliche Probleme durch "Piercing" (3614/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3615/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3616/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3617/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3618/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3619/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3620/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3621/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3622/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3623/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3624/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3625/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3626/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
109. Sitzung / Seite 13

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Handy-Daten (3627/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Handy-Daten (3628/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Handy-Daten (3629/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Handy-Daten (3630/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend datenschutzrechtliche Bedenklichkeit der Durchführung einer "Nummernabfrage" (3631/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend staatspolizeiliche Vermerke betreffend Mitglieder des Vereines AGORA (3632/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Vermerke der militärischen Geheimdienste betreffend Mitglieder des Vereines AGORA (3633/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Konsumenteninformation (3634/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Alpenkonvention – Energieprotokoll (3635/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Abschiebung von abgelehnten Asylwerbern nach Algerien trotz schwerer menschenrechtlicher Bedenken (3636/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Abschiebung von abgelehnten Asylwerbern nach Algerien trotz schwerer menschenrechtlicher Bedenken (3637/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundeskanzler betreffend aktuelle Braune Flecken in Wels (3638/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Bereich der Länder sowie der Städte und Gemeinden (3639/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (verstaatlichte Betriebe, Pensionsversicherungsanstalten, Krankenkassen und so weiter) (3640/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3641/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (3642/J)

Dr. Michael Krüger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Anwendung des Unternehmensreorganisationsgesetzes (URG) in der Praxis (3643/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Revision des Großgeräteplanes (3644/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend LKF-System (3645/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend "Transparenz bei Benzinpreisen" (3646/J)

Maria Rauch-Kallat und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Gefährdung der österreichischen Anti-Drogenpolitik (3647/J)

Maria Rauch-Kallat und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Nichteinhaltung getroffener Zusagen im Zusammenhang mit der Tanz-, Gesangs- und Schauspielschule PERFORMING ARTS STUDIOS VIENNA (3648/J)

Dr. Josef Cap und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Rolle der Österreichischen Galerie im Belvedere beim Ankauf und Tausch von Schiele-Bildern aus dem ehemaligen Besitz von Dr. Heinrich Rieger (3649/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Werbeeinschaltungen des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten zur Rechtschreibreform (3650/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Ausschreibung zweier Planstellen für Berufsschulinspektoren und -inspektorinnen in der Steiermark (3651/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
109. Sitzung / Seite 14

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Weiterführung der Schüler-Gesundheitsstatistik im Statistischen Zentralamt (3652/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend LKW-Fahrverbote und Schwerverkehrsabgabe (3653/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Bundesverkehrswegeplan (3654/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend sechsspuriger Ausbau der Westautobahn im Bereich des Salzburger Ortsteils Liefering (3655/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend den Bau der Bundesstraße B 67b, Kalvariengürtel, Kalvarienbrücke-Grabenstraße (Nordspange Graz) in Graz, Steiermark (3656/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Altlastensanierungsprojekt Arnoldstein sowie versuchsbetriebliche Genehmigung für einen Wirbelschichtofen und zwei Dörschelöfen am Standort der ehemaligen Bleiberger Bergwerks Union im Bereich der Firma ABRG (3657/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ermittlungen der Justiz zur NS-Euthanasie (3658/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ausschuß zur Überprüfung von diskriminierenden Bestimmungen im österreichischen Recht und Erarbeitung von Vorschlägen für entsprechende legistische Verbesserungen aus 1981 (3659/J)

Dr. Sonja Moser und Genossen an die Bundesregierung betreffend Rech-nungshofprüfungszuständigkeit für die OMV (3660/J)

Dr. Sonja Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Syndikatsvertrag zwischen ÖIAG und IPIC (3661/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Anzeige durch den Wiener Krankenanstaltenverbund (3662/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Justiz betref-fend Anzeige durch Urkundenfälschung (3663/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
109. Sitzung / Seite 15

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Erhebungen von österreichischen Botschaften in Einbürgerungsverfahren (3664/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
109. Sitzung / Seite 16

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Erhebungen von österreichischen Botschaften in Einbür-gerungsverfahren (3665/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend follow-up der Weltbevölkerungskonferenz 1994 (3666/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Schulversuche (3667/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend angekündigtes Verbot von Wertkarten-Mobiltelefonen (3668/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend angekündigtes Verbot von Wertkarten-Mobiltelefonen (3669/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Vergabe von Leistungs- und Förderungsstipendien an Studierende und AbsolventInnen von Fachhochschulen (3670/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Olympia ohne Grenzen" – eine Bewerbung ohne Vorbereitung (3671/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Lockerung des Kormoranschutzes (3672/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend "Olympia ohne Grenzen" – eine Bewerbung ohne Vorbereitung (3673/J)

Dr. Irmtraut Karlsson und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Nachschulung von bereits im Landesverteidigungsressort beschäftigten Frauen (3674/J)

Franz Morak und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Bestechungsvorwurf im Mühl-Prozeß (3675/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Vorabinformation der Rechnungshofausschußmitglieder durch Zusendung von Ergebnissen über vom Rechnungshof durchgeführte Gebarungsüberprüfungen ("Rohberichte") (3676/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Wiedererrichtung der Schienengrenzübergänge in Laa/Thaya und Fratres (3677/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Presseförderung (3678/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Einhaltung des Rechtsfahrgebots auf Autobahnen (3679/J)

Dr. Michael Krüger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Dauer und Erledigungsform von Zivilprozessen vor den Landesgerichten (3680/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Sicherheit bei automatischen Türschließvorrichtungen (3681/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Einrichtung eines "Hauses der Demokratie" in Wien (3682/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Österreichisches Nationalkomitee für das Menschenrechtsjahr 1998 (3683/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Zukunft der Buslinien der Post (3684/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Identitätsschwindel mit der Versicherungskarte (3685/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Reform der EU-Strukturfonds und Grenzlandförderungen in Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung (3686/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Reform der EU-Strukturfonds und Grenzlandförderungen in Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung (3687/J)

Rosemarie Bauer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Funksituation im nördlichen Niederösterreich (3688/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verfahren gegen Celal B. (3689/J)

Karl Freund und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die in Auftrag gegebene "Verkehrsstudie Donaukorridor" (3690/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend computergestützte Führerscheinprüfung (3691/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend bessere Früherkennungsmethode von Lungenkrebs – Bezahlung durch die Krankenkasse (3692/J)

Dkfm. Holger Bauer und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend kundenfeindliche Schröpfaktionen der österreichischen Banken in Vorgriff auf die Euro-Verluste (3693/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schadenersatzklage der Finanzprokuratur in der Sache Fischerdeponie (3694/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Ange-legenheiten betreffend Beitrag Österreichs zur Lösung der Kurden-Problematik (3695/J)

Brigitte Tegischer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die "Initiative Lehrlinge" (3696/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Verwendung von AMS-Mitteln für Frauenprojekte (3697/J)

Klara Motter und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffen die Weisung, sämtliche Materialien über die Nazi- und Nachkriegszeit in den Bundesmuseen zu sichten (3698/J)

Edith Haller und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Transplantate (3699/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend "Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung" (3700/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend 0,5 Promille-Fahrdienste in der Gastronomie und Hotellerie (3701/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verbuchung von Steuerguthaben im Bundesvoranschlag 1998 (3702/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
109. Sitzung / Seite 17

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an die Bundesregierung betreffend die Akkumulation von Bezügen von Politikern (3703/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Asylanträge von unbegleiteten Minderjährigen (3704/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Vergabe von Bundesmitteln aus der Wohnbauförderung durch das Land Niederösterreich für Neubauten mit Elektroheizung (3705/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vergabe von Bundesmitteln aus der Wohnbauförderung durch das Land Niederösterreich für Neubauten mit Elektroheizung (3706/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend finanzielle Beteiligung des Bundes an Verkehrsprojekten (3707/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend finanzielle Beteiligung des Bundes an Verkehrsprojekten (3708/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Österreichisches Institut für europäische Sicherheitspolitik (3709/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Berichtspflicht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen (3710/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend "EU-Praktikanten" (3711/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Zusatzpensionsver-sicherungen (3712/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Vermeidung unnötiger Tierversuche (3713/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend: Polizeieinsatz, "Café Stein", 9. Währingerstraße 6 (3714/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend das Verfahren zur Auftragsvergabe "Betrieb einer Einrichtung zur ökologischen Bildung" sowie Förderungen im Umweltbereich (3715/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Menschenrechtsresolution gegen China (3716/J)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Stranded Investments der E-Wirtschaft (3717/J)

Dr. Andreas Khol und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Ausschreibung von Positionen im Bereich der Österreichischen Bundestheater ohne Vorliegen gesetzlicher Grundlagen (3718/J)

*****


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
109. Sitzung / Seite 18

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Aktenvermerk eines Parlamentsjuristen (23/JPR)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz in Ihrem Bereich (24/JPR)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Optionserklärungen der Mitglieder des Nationalrates beziehungsweise des Bundesrates und des Europaparlaments (25/JPR)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend die Akkumulation von Bezügen von Politikern (26/JPR)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Dr. Sonja Moser und Genossen an die Bundesregierung betreffend Rechnungshofprüfungszuständigkeit für die OMV (3660/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (3312/AB zu 3358/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (3313/AB zu 3405/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (3314/AB zu 3398/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (3315/AB zu 3413/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge-ordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (3316/AB zu 3396/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (3317/AB zu 3361/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (3318/AB zu 3362/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (3319/AB zu 3363/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (3320/AB zu 3364/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen (3321/AB zu 3394/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (3322/AB zu 3409/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (3323/AB zu 3420/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (3324/AB zu 3378/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
109. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (3325/AB zu 3395/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen (3326/AB zu 3393/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (3327/AB zu 3370/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (3328/AB zu 3374/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (3329/AB zu 3375/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3330/AB zu 3376/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3331/AB zu 3377/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (3332/AB zu 3384/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3333/AB zu 3369/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (3334/AB zu 3383/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (3335/AB zu 3386/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (3336/AB zu 3448/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (3337/AB zu 3381/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (3338/AB zu 3463/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3339/AB zu 3371/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (3340/AB zu 3372/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (3341/AB zu 3422/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (3342/AB zu 3368/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Kaufmann und Genossen (3343/AB zu 3390/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (3344/AB zu 3423/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
109. Sitzung / Seite 20

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (3345/AB zu 3379/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (3346/AB zu 3373/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen (3347/AB zu 3389/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (3348/AB zu 3387/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (3349/AB zu 3382/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (3350/AB zu 3385/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (3351/AB zu 3397/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (3352/AB zu 3428/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Wenitsch und Genossen (3353/AB zu 3404/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (3354/AB zu 3429/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3355/AB zu 3433/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3356/AB zu 3444/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Franz Steindl und Genossen (3357/AB zu 3392/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3358/AB zu 3451/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (3359/AB zu 3406/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (3360/AB zu 3457/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (3361/AB zu 3402/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3362/AB zu 3449/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3363/AB zu 3447/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
109. Sitzung / Seite 21

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (3364/AB zu 3391/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Brigitte Tegischer und Genossen (3365/AB zu 3414/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (3366/AB zu 3412/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (3367/AB zu 3441/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3368/AB zu 3434/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3369/AB zu 3455/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (3370/AB zu 3462/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (3371/AB zu 3464/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (3372/AB zu 3477/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (3373/AB zu 3481/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (3374/AB zu 3421/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (3375/AB zu 3419/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (3376/AB zu 3427/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3377/AB zu 3442/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (3378/AB zu 3459/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Franz Steindl und Genossen (3379/AB zu 3476/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek und Genossen (3380/AB zu 3479/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3381/AB zu 3490/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (3382/AB zu 3456/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (3383/AB zu 3403/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
109. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (3384/AB zu 3410/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (3385/AB zu 3408/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (3386/AB zu 3407/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abge-ordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (3387/AB zu 3399/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Wenitsch und Genossen (3388/AB zu 3400/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (3389/AB zu 3401/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3390/AB zu 3453/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (3391/AB zu 3450/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer und Genossen (3392/AB zu 3426/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (3393/AB zu 3458/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abge-ordneten Katharina Horngacher und Genossen (3394/AB zu 3474/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (3395/AB zu 3418/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (3396/AB zu 3594/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (3397/AB zu 3411/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (3398/AB zu 3465/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (3399/AB zu 3454/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3400/AB zu 3431/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3401/AB zu 3436/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (3402/AB zu 3445/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (3403/AB zu 3446/J)


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109. Sitzung / Seite 23

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (3404/AB zu 3467/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (3405/AB zu 3468/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Preisinger und Genossen (3406/AB zu 3469/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (3407/AB zu 3471/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (3408/AB zu 3424/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3409/AB zu 3437/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Stampler und Genossen (3410/AB zu 3439/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (3411/AB zu 3460/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (3412/AB zu 3548/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (3413/AB zu 3470/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (3414/AB zu 3417/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3415/AB zu 3478/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3416/AB zu 3435/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (3417/AB zu 3438/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (3418/AB zu 3443/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3419/AB zu 3430/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (3420/AB zu 3425/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (3421/AB zu 3432/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (3422/AB zu 3475/J)


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109. Sitzung / Seite 24

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (3423/AB zu 3483/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (3424/AB zu 3440/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (3425/AB zu 3452/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (3426/AB zu 3461/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Salzl und Genossen (3427/AB zu 3466/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen (3428/AB zu 3473/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek und Genossen (3429/AB zu 3480/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (3430/AB zu 3482/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (3431/AB zu 3484/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3432/AB zu 3532/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger und Genossen (3433/AB zu 3610/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny und Genossen (3434/AB zu 3547/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (3435/AB zu 3562/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Kurzbauer und Genossen (3436/AB zu 3485/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3437/AB zu 3493/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3438/AB zu 3494/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (Zu 3413/AB zu 3470/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (22/ABPR zu 23/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (23/ABPR zu 25/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (24/ABPR zu 24/JPR)


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109. Sitzung / Seite 25

Beginn der Sitzung: 11.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und bitte Sie, die Plätze einzunehmen.

Ich eröffne die 109. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 106. Sitzung vom 21. und 22. Jänner sowie der 107. und 108. Sitzung vom 22. Jänner 1998 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch geblieben; sie gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Mag. Haupt, Aumayr, Achs, Dr. Mertel und Silhavy.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Herr Bundeskanzler hat über eine Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Regierungsmitgliedern wie folgt Mitteilung gemacht:

Der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Johann Farnleitner wird durch Herrn Bundesminister Dr. Werner Fasslabend vertreten, der daher auch in der Aktuellen Stunde anwesend ist.

*****

Ich möchte sehr herzlich in unserer Mitte den Präsidenten des Schweizer Nationalrates, Herrn Ernst Leuenberger, begrüßen, der sich gemeinsam mit der Generalsekretärin des Parlaments zu einem offiziellen Besuch in Österreich aufhält. Herr Präsident! Herzlich willkommen in Wien! (Allgemeiner Beifall.)

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

"Beschäftigungsprogramm der Bundesregierung"

Als erster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Verzetnitsch. Die Redezeit des Erstredners beträgt 10 Minuten. – Kollege Verzetnitsch, Sie haben das Wort.

11.03

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident des Schweizer Nationalrates! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Gerne nehme ich zum Thema österreichisches Beschäftigungsprogramm Stellung. Es ist eine Tatsache, daß die Beschäftigtenzahlen in den letzten zehn Jahren erfreulicherweise gestiegen sind. Wir sind am Beginn der Fastenzeit, aber es soll das nicht auch eine Fastenzeit für die 18 Millionen Arbeitslosen in Europa sein, auch nicht für die 300 000 Arbeitslosen in Österreich. (Ruf bei den Freiheitlichen: 310 000!)

Meine Damen und Herren! Um deutlich zu machen, um welche Dimension es sich dabei handelt: Das sind mehr Menschen, als die Stadt Graz Einwohner hat. Es sind mehr, als Linz und Klagenfurt an Einwohnern haben!


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109. Sitzung / Seite 26

Was muß sich ein Arbeitnehmer denken, der den Slogan der Wirtschaft "Nur die Wirtschaft schafft Arbeitsplätze" kennt, wenn er folgenden Brief von seinem Arbeitgeber erhält: Wie Sie wissen, werden jedes Jahr neue Lehrlinge aufgenommen und auch ausgebildet. Dem Betrieb entstehen dadurch wesentlich geringere Krankenkassen- und andere Abgaben. Aus diesem Grund müssen wir das Dienstverhältnis mit Ihnen als Hilfsmonteur lösen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist sicherlich nicht die Beschäftigung, die wir in Österreich brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sehe in dem EU-Beschäftigungsprogramm einen ersten Silberstreif am Horizont. Jetzt kommt es auf die Erstellung der nationalen Programme, aber auch auf die Umsetzung der nationalen Programme an. Auch wenn Österreich im EU-Vergleich eine gute Position einnimmt – mit 4,5 Prozent Arbeitslosigkeit liegen wir hinter Luxemburg mit der geringsten Zahl an Arbeitslosen –, gibt es meiner Auffassung nach keinen Grund, sich zurückzulehnen. Jeder Arbeitslose ist ein Arbeitsloser zuviel, und die meisten Österreicher haben Angst vor der Arbeitslosigkeit. Man vergißt in diesem Zusammenhang oft auch den Wissensverlust, der in vielen Unternehmungen in Österreich dadurch eintritt, daß man Arbeitskräfte entläßt und sich damit auch eines gesunden Stockes an Humankapital entledigt.

Es geht jetzt um die Entwicklung des nationalen Beschäftigungsprogrammes. Wir fordern dazu klare Positionen und Ziele. Ein halbherziges Aktionsprogramm wird weder den Menschen zufriedenstellen, der Angst hat um einen Job, noch die betroffenen Arbeitslosen, die sich um einen Job bemühen. Ein nationaler Aktionsplan für Beschäftigung muß jene, die Arbeit haben, genauso berücksichtigen wie jene, die Arbeit suchen. Er wird aber nur dann ... (Abg. Öllinger: Gibt’s den schon?)  – Er ist zur Begutachtung ausgesandt und steht somit zur Diskussion.

Ein nationales Aktionsprogramm wird aber nur dann erfolgreich sein, wenn es klar definierte und quantitativ auch darstellbare Ziele gibt. Ich glaube, daß wir uns hier gar nicht etwas Neues einfallen lassen müssen. Wir sollten uns eher ein Beispiel an der Einführung des Euro nehmen. Diesbezüglich haben sich Politiker klare Ziele gesetzt und Zeitabläufe festgelegt. Vor wenigen Tagen wurde deutlich, daß Österreich die Stabilitätskriterien für die Einführung des Euro erfüllt. Daher – und davon bin ich überzeugt – muß es auch möglich sein, daß wir in den kommenden fünf Jahren die Arbeitslosenrate von 4,5 Prozent auf 3,5 Prozent reduzieren und darüber hinaus auch noch Beschäftigung schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Um dieses Ziel zu erreichen, braucht man ein zeitgemäßes Programm, ein Programm, das wieder die Kaufkraft des einzelnen stärkt und somit die Binnennachfrage dementsprechend ankurbelt. Rezepte, wie wir sie jetzt wieder hören, wie etwa Verlängerung der Arbeitszeit, Verringerung der Urlaubsansprüche, Verringerung der Löhne und Abbau des Arbeitnehmerschutzes, demontieren aus meiner Sicht nur das österreichische Sozialmodell. Arbeitsplätze schaffen Sie mit diesen Modellen sicherlich nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wabl: Warum kriegen wir den Bericht nicht? Ist das die Demokratie der Sozialdemokratie?)

Die Probleme auf dem Arbeitsmarkt sind nicht allein dadurch lösbar, daß man von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern immer wieder eine Anpassung an den Arbeitsplatz verlangt. Innovation und Umverteilung, aber auch andere, neue Produkte sind bessere Alternativen. Wir brauchen eine generelle Wirtschaftspolitik, die die Wirtschaftsforschung, die die Sozial-, Bildungs- und Steuerpolitik bündelt, um somit auch einen Fortschritt in der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes zu gewährleisten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wabl: Warum hat die "Wiener Zeitung" das und wir nicht?)

Aus unserer Sicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, greifen die EU-Leitlinien viel zu kurz. Die nationale Wirtschaftspolitik muß bei der Erstellung des nationalen Beschäftigungsprogrammes wesentlich breiter angelegt sein. Infrastrukturinvestitionen sind in diesem Hause schon oft genug diskutiert worden, es sind auch Maßnahmen getroffen worden, auch Geld ist dafür vorhanden. Woran es fehlt, ist die konkrete Umsetzung dieser Infrastrukturmaßnahmen. (Ruf bei den Grünen: Wann bekommen wir den Bericht?)


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109. Sitzung / Seite 27

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden so lange über den Semmering-Tunnel, über den Lainzer Tunnel diskutieren, bis die Bahn auf den neuen Strecken an Österreich vorbeifährt. (Abg. Wabl: Wir würden auch gern mitdiskutieren!) Wir werden in diesem Haus so lange über die Gentechnik diskutieren, bis sie in Österreich nicht mehr wirtschaftlich nutzbar gemacht werden kann. Das sind Entwicklungen, die ich persönlich für einen falschen Ansatz halte. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bin auch davon überzeugt, daß die Sicherung des strategischen Eigentums an großen österreichischen Unternehmungen im Vordergrund stehen muß, wenn es um Standortentscheidungen geht, statt daß man sich, wie es da oder dort sichtbar wird, des schnellen Erfolges wegen um ausländische Partnerschaften bemüht, die letztendlich dann auch die Entscheidung woandershin verlagern.

Ich weiß schon, es ist ein Reizwort, wenn Gewerkschafter und Sozialdemokraten von einer Wertschöpfungsabgabe reden, aber auch das findet seinen Niederschlag in den europäischen Beschäftigungsrichtlinien, daß man über neue Aufkommensformen nachdenkt, wenn es um die Senkung der Lohnnebenkosten geht. Es geht nicht darum, Lohnnebenkosten so zu senken, daß man vorhandene sozialrechtliche Absicherungen streicht, sondern es geht darum, neue Finanzierungsquellen zu finden. Wenn wir zum Beispiel bei der Familienförderung eine neue Finanzierungsquelle statt der heute lohnbezogenen Abgaben finden, dann, glaube ich, ist das Ziel – Erhaltung der sozialen Leistungen und neue Finanzierung – realisierbar.

Heute aber sagt man: Wir haben eine zu hohe Lohnnebenkostenquote, das gehört abgeschafft! Was sind Lohnnebenkosten? – 13. und 14. Gehalt, die Sozialversicherungsabgaben, Karenzgeld und anderes mehr. Meine Damen und Herren! Ich persönlich bin davon überzeugt, daß beides schaffbar ist: Lohnnebenkosten zu senken, lohnbezogene Abgaben zu senken und neue Abgabenformen zu finden, die es auch entsprechend abzusichern gilt. (Abg. Öllinger: Was macht die Bundesregierung? Das ist ja das Thema!)

Aber auch die Bekämpfung der Schwarzunternehmer gehört meiner Meinung nach in den Vordergrund gerückt. Es geht nicht an, daß viele Unternehmungen in Österreich die Bestimmungen korrekt einhalten, während Schwarzunternehmer auf Kosten der Gemeinschaft, auf Kosten der Gesellschaft ... (Abg. Dr. Haselsteiner  – auf die ÖVP-Bankreihen weisend –: Die schwarzen Unternehmer sitzen dort!)  – Links oder rechts, egal, wo sie sich befinden, die Politik darf Schwarzunternehmertum nicht mehr als Kavaliersdelikt hinnehmen, sondern muß konkrete Handlungen setzen, Handlungen, wie sie auch die Frau Bundesministerin vorgeschlagen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine neue Selbständigkeit ist absolut zu fördern, aber eine neue Selbständigkeit, die letztlich zum Ziel hat, Scheinselbständigkeit zu fördern, halte ich für falsch.

Für genauso falsch halte ich es, wenn Familienminister Bartenstein in einer öffentlichen Erklärung propagiert, daß es durchaus an der Zeit wäre, in Österreich neue Beschäftigung bei Löhnen unterhalb des Kollektivvertrages zu schaffen. Ich frage mich, wie ein Familienminister auf der einen Seite sagen kann, Familien brauchen ordentliche Einkommen, wenn er auf der anderen Seite solche Forderungen in den Raum stellt. (Abg. Öllinger: Steht das auch in dem Papier? – Abg. Wabl: Wo ist das Papier, Herr Kollege Verzetnitsch?)

Meine Damen und Herren! Den Gewerkschaften und den Sozialdemokraten wird oft genug die Angst vor neuen Berufen vorgehalten. Wir haben keine Angst vor neuen Berufen, wir haben auch keine Angst vor neuen Tätigkeiten. (Abg. Dr. Petrovic: Angst vor dem Parlament offenbar, Angst vor der Opposition!) Was wir nicht wollen, sind neue Tätigkeiten unter Bedingungen von gestern. Was wir nicht wollen, sind neue Tätigkeiten unter Lohnreduktion und Abschaffung von sozialen Grundregeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen neue Berufe. Denken wir nur an die Internet-Seite des Parlaments: Der Webmaster, der das damals gemacht hat, würde heute wahrscheinlich eine völlig andere Webseite gestalten. Für das nationale Beschäftigungsprogramm können einzelne Positionen der verschiedenen Sozialpartner durchaus herangezogen werden. Es gibt gemeinsame Studien der Sozial


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109. Sitzung / Seite 28

partner, die auch die Frage der Arbeitszeitverkürzung ansprechen. Auch wenn das da oder dort von der Wirtschaftsseite gerne verschwiegen und gesagt wird, das ist kein neues Konzept: Urlaubskürzung und Arbeitszeitverlängerung schaffen noch weniger Arbeit als Arbeitszeitverkürzung in jenen Bereichen, wo die Produktivität hoch genug ist.

Lassen Sie mich zum Schluß noch eines erwähnen: In einer Studie der OECD, in einer Feststellung der Europäischen Unionskommission wird der österreichischen Lohnpolitik hohes Lob ausgesprochen. Es ist aber auch ein Faktum, daß die Löhne innerhalb Europas in den letzten zehn Jahren immer um etwa einen Prozentpunkt hinter der Produktivität zurückgeblieben sind. Lohnsenkung schafft nicht neue Arbeit, das hat die Vergangenheit bewiesen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme, die in der Geschäftsordnung zum Thema der Aktuellen Stunde vorgesehen ist, kommt die Frau Bundesministerin zu Wort. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Ministerin.

11.14

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir einen kurzen Rückblick auf die Entstehung des nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung.

Auf der Sondertagung des Europäischen Rates von Luxemburg – besser bekannt als Luxemburger Beschäftigungsgipfel – im Dezember 1997 wurde – und ich glaube, wir können aus österreichischer Sicht sehr stolz auf die Erfolge der österreichischen Bundesregierung im Zusammenhang mit diesen Beschlüssen verweisen – eine gesamteuropäische Strategie zur Schaffung von Beschäftigung und Reduzierung von Arbeitslosigkeit beschlossen. (Abg. Wabl: Welche Beschlüsse? – Abg. Öllinger: Welche Erfolge?) Dabei haben sich die Regierungschefs der Europäischen Union auf 19 Leitlinien geeinigt, deren Umsetzung in sogenannten Aktionsplänen erfolgen soll.

Konkret heißt das, daß sich jeder Mitgliedsstaat klare, konkrete Ziele setzen soll, die er in den nächsten fünf Jahren erreichen will, denn – und ich glaube, Sie werden mir da recht geben – die Erfahrungen aus den Stabilitätskriterien haben gezeigt, daß klare Zielsetzungen in der Wirtschaftspolitik ein wesentlicher Erfolgsfaktor sein können. So sollen auch quantifizierbare Zielsetzungen in der Beschäftigungspolitik zu einer Verbesserung der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktlage führen.

Mein Regierungskollege Minister Farnleitner und ich wurden beauftragt, den österreichischen nationalen Aktionsplan für Beschäftigung zu erstellen. Vor wenigen Tagen wurde ein Entwurf dieses Beschäftigungsplanes den Sozialpartnern, die eine wichtige Rolle in der Umsetzung dieses nationalen Beschäftigungsplanes übernehmen müssen, zur Stellungnahme übermittelt. Das nationale Aktionsprogramm soll Ende März im Ministerrat beschlossen und im Juni dieses Jahres beim Europäischen Rat in Cardiff präsentiert werden. (Abg. Gaugg: Warum nicht hier?) Eine erste Evaluierung der gesetzten arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Maßnahmen der Mitgliedsstaaten ist schließlich im Rahmen unserer Präsidentschaft für den Europäischen Rat in Wien im Dezember 1998 vorgesehen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Österreich hat die notwendigen Anpassungen an geänderte Produktionsstrukturen, Marktverhältnisse und neue Beschäftigungsformen erfolgreich bewältigt, ich glaube sagen zu können, jedenfalls erfolgreicher als alle anderen Staaten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Österreich ist neben Norwegen, Dänemark und Irland das einzige europäische Land, das seit 1990 einen kräftigen Beschäftigungszuwachs aufweist. Seit 1990 haben wir 175 000 unselbständig Beschäftigte mehr – ein Plus von 6 Prozent –, seit 1983 sind es um 320 000 – oder 20 Prozent – mehr. Bis 1999 wird ein Zuwachs um weitere 45 000 prognostiziert.

Dementsprechend stellt sich auch die Arbeitsmarktlage in Österreich – ich betone: im internationalen Vergleich! – relativ günstig dar. Österreich weist nach Luxemburg die niedrigste


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109. Sitzung / Seite 29

Arbeitslosenrate auf; im Jänner betrug sie 4,4 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit ist überhaupt die niedrigste in Europa. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen liegt deutlich niedriger als der diesbezügliche Durchschnitt der Staaten der Europäischen Union. Ich glaube, man kann zu Recht sagen, ohne etwas beschönigen zu wollen: Österreichs Arbeitsmarkt ist die Nummer eins in der Europäischen Union.

Ein vom Institut für Höhere Studien durchgeführtes Arbeitsmarkt- und Arbeitslosigkeitsranking nach relevanten Indikatoren – es sind dies die Beschäftigungsquote, die Arbeitslosigkeit, die Jugendarbeitslosigkeit und auch die Langzeitarbeitslosigkeit – weist Österreich im Vergleich mit den anderen EU-Mitgliedstaaten eindeutig auf dem ersten Platz aus. (Abg. Öllinger: Keine Jubelmeldungen, Frau Minister!) Bildet man aus den oben genannten Indikatoren einen Sammelindex, so liegt Österreich an erster Stelle, noch vor Dänemark und Luxemburg. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte aber mit aller Deutlichkeit sagen, daß auch diese hervorragende Position nicht bedeuten kann, daß wir uns aus unserer Verantwortung, alles zu tun, um höhere Beschäftigung und niedrigere Arbeitslosigkeit zu erreichen, herausstehlen wollen, sondern es ist das erklärte Ziel der Bundesregierung – das war es bereits in der Vergangenheit, wird es aber insbesondere auch in der Zukunft sein –, alle Anstrengungen zu unternehmen, um das auch zu erreichen. Daher ist auch der nationale Aktionsplan von diesen Zielen getragen. Wir beabsichtigen damit, neue, zusätzliche Arbeit zu schaffen, das Niveau der Arbeitslosigkeit deutlich zu verringern, zur Förderung von Chancengleichheit von Frauen und Männern beizutragen, das bewährte Ausbildungs- und Beschäftigungssystem im Interesse einer dynamischen Strukturanpassung flexibel, innovativ und durchlässig zu gestalten und eine neue Kultur der Selbständigkeit zu fördern. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Im nationalen Beschäftigungsplan ist vorgesehen, daß bei Erfüllung der abschätzbaren Rahmenbedingungen bis zum Jahr 2002 die Beschäftigung um etwa 100 000 Erwerbstätige zunehmen soll und sich damit die Arbeitslosenquote auf einen Wert von etwa 3,5 Prozent reduzieren wird.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Diese Ziele können nur durch eine umfassende und koordinierte beschäftigungsorientierte und beschäftigungspolitische Gesamtstrategie erreicht werden. Es gibt kein Patentrezept: weder in unserem Land noch in anderen Ländern. (Beifall bei der SPÖ.) Es bedarf wirklich der Einbeziehung aller relevanten Politikfelder und Trägereinrichtungen, der Organisationen, der Sozialpartner, aber auch – und ich betone das auch hier im Hohen Hause – der Länder und Gemeinden, die hierin aktiv einbezogen werden sollen. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Daher sind in diesem nationalen Beschäftigungsprogramm auch territoriale Beschäftigungspakete vorgesehen, mit denen auf regionaler Ebene Programme entwickelt werden sollen. Ein längerfristiger beschäftigungs- und strukturpolitischer Erfolg kann nur in Verbindung mit einem kräftigen Wirtschaftswachstum erreicht werden. Deshalb ist auch die offensive Wachstumspolitik der Regierung auf eine nachhaltige und strukturverbessernde Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Österreich ausgerichtet.

Konkret sollen diese Ziele, wie auch in Luxemburg beschlossen, mit vier Maßnahmen erreicht werden. Diese vier Maßnahmen sind: Verbesserung der Vermittelbarkeit, Entwicklung des Unternehmergeistes, Förderung der Anpassungsfähigkeit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie Chancengleichheit.

An konkreten Maßnahmen sieht der Aktionsplan etwa eine beschäftigungsfreundliche Gestaltung der Steuer- und Abgabenstruktur mit der Entlastung des Faktors Arbeit vor. Durch Sozialpartnervereinbarungen soll es Ansätze zur besseren Verteilung des Arbeitsvolumens geben. – Herr Abgeordneter Verzetnitsch hat auch darauf schon verwiesen.

Vorgesehen ist weiters eine wirksamere Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und organisierter Schwarzarbeit. Darüber hinaus soll auch die restriktive Zulassung von neuen Arbeitskräften aus Drittstaaten zum Arbeitsmarkt beibehalten werden.


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109. Sitzung / Seite 30

Breiter Raum soll auch bildungspolitischen Ansätzen gegeben werden. Hervorzuheben ist dabei die Weiterentwicklung der Berufsausbildung, der Ausbau der Lehrlingsausbildung sowie der Fachhochschulen und eine Reform des Polytechnischen Lehrganges. (Abg. Öllinger: Das haben wir ja schon!)

Zum Zwecke der Erhöhung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollen zusätzliche Versorgungsmöglichkeiten für Kinder und ältere Personen bereitgestellt werden. Es hat auch Herr Abgeordneter Rasinger in dieser Woche Überlegungen in die Richtung angestellt, wie im Gesundheitsbereich neue, zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden können. Derzeit ist zum Beispiel nichtmarktfähige Arbeit, etwa im Bereich der Sozial- und Dienstleistungen, nicht wirklich voll in das Beschäftigungssystem integriert. Deshalb sollen auch Maßnahmen getroffen werden, um dieses Ziel zu erreichen.

Darüber hinaus ist vorgesehen, daß Frauenförderungspläne mit ein Kriterium bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen werden. Auch das Arbeitsverfassungsgesetz soll Frauenförderungspläne in einer verpflichtenderen Form vorsehen, als das derzeit der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Entstehung neuer Unternehmen sollen Hindernisse beseitigt und auch bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden. So sollen durch die Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren sowie durch die Schaffung von Gründungs- und Risikokapitalmärkten Betriebsgründungen vereinfacht werden. Der Expertenplan, der derzeit vorliegt, sieht auch eine Forschungs- und Innovationsförderung sowie eine Konzentration der Förderansätze vor. (Abg. Öllinger: Wo liegt dieser Expertenplan, bitte?) Öffentliche Investitionen sollen durch die Umsetzung bestehender Vorhaben gesteigert werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute, wie sie in den letzten Tagen und Stunden der Öffentlichkeit präsentiert wurden, weisen auf eine günstige Konjunkturentwicklung für den Zeitraum 1998 bis 2002 hin. So wird das durchschnittliche reale Wirtschaftswachstum bei 2,5 Prozent gegenüber 1,7 Prozent zwischen 1992 und 1997 liegen. Damit wird sich auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt spürbar verbessern.

Insgesamt scheint es daher nicht unrealistisch zu sein, daß bis zum Jahr 2002 die Beschäftigung um etwa 100 000 Personen zunehmen und sich die Arbeitslosenrate auf einen Wert von etwa 3,5 Prozent reduzieren wird. Das Erreichen dieses Ziels betrachte ich als gemeinsames nationales Anliegen. Ich betrachte es als die konkrete politische Herausforderung in den nächsten Jahren, und ich bitte Sie dabei um Ihre Unterstützung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Petrovic gemeldet. – Bitte.

11.25

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich entnehme den Medien, daß ein nationaler Aktionsplan für Beschäftigung vorliegen soll.

Der Titel der heutigen Aktuellen Stunde, beantragt von der SPÖ, heißt: "Beschäftigungsprogramm der Bundesregierung". Die Frau Bundesministerin hat aber auch von einem Expertenaktionsplan gesprochen. Ich lege darauf Wert, festzuhalten, daß der Opposition dieses, offenbar den Medien beziehungsweise den Regierungsparteien vorgestellte Expertenprogramm nicht vorliegt. Wir haben uns wirklich bemüht, noch heute in der Früh dieses Papier zu erhalten, um es rasch beurteilen zu können. – Man hat uns jedoch seitens des Büros der Frau Bundesministerin mitgeteilt, die Oppositionsparteien bekämen dieses Papier nicht, damit nicht einzelne Formulierungen vielleicht mißverstanden werden und damit – so das Ministerbüro – die Opposition "nicht mit verhatschten Formulierungen an die Öffentlichkeit geht". (Abg. Mag. Stadler: Das ist doch unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Präsident! Ich glaube nicht, daß es irgendeinen gedeihlichen Weg darstellt, ein nationales Programm zu erstellen, das die Oppositionsparteien offenbar nicht erhalten können oder dürfen.


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109. Sitzung / Seite 31

Ich rege daher an, die Sitzung zu unterbrechen, damit wir klären können, wann und ob überhaupt die Opposition an dieses Papier kommt. (Beifall bei den Grünen. – Ruf: Da hat sie recht, Herr Präsident!)

11.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Ich habe am Montag – fristgerecht – den Entwurf bezüglich eines Themas einer Aktuellen Stunde bekommen. Das Thema hat gelautet: "Beschäftigungsprogramm der Bundesregierung".

Zu prüfen war, ob dieser Vorschlag dem § 97a Abs. 3 der Geschäftsordnung entspricht. Dort heißt es, daß die Aktuelle Stunde einer "Aussprache über Themen von allgemeinem aktuellem Interesse aus dem Bereich der Vollziehung des Bundes" dient. – Die Beschäftigungspolitik beziehungsweise das Beschäftigungsprogramm ist sicher ein Thema von allgemeinem aktuellem Interesse, und es ist auch aus dem Bereich der Vollziehung des Bundes. Daher ist dieser Vorschlag auf Aktuelle Stunde akzeptiert worden, und es sind auch alle Fraktionen dementsprechend verständigt worden. – Das ist jener Bereich, der mich zu interessieren hat.

Für die Kommunikation zwischen einem Parlamentsklub und der Frau Ministerin sind wir geschäftsordnungsmäßig nicht zuständig. (Abg. Mag. Stadler: Das ist aber eine Frage der Kommunikation mit dem Parlament, Herr Präsident!) Ich würde daher um Verständnis dafür bitten, mit der Aktuellen Stunde fortzusetzen.

Es liegen aber jetzt weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung vor. Ich würde jeder Fraktion im Sinne eines Usus, ohne eine Debatte darüber zu beschließen, eine Wortmeldung erteilen.

Herr Abgeordneter Dr. Haider, bitte.

11.28

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Gestern fand eine Sitzung des Integrationsausschusses statt, und ich habe Frau Bundesminister Hostasch nach ihrem Vortrag gefragt, ob wir die Unterlagen für dieses nationale Beschäftigungsprogramm bekommen könnten. Gestern haben Sie mir gesagt, Frau Bundesminister, die Bundesregierung arbeite noch daran.

Heute sagen Sie, die Opposition bekommt es nicht, denn sie könnte ja etwas Negatives daraus machen. Mir sagten Sie, die Regierung arbeite noch daran. Und in den Zeitungen lesen wir, daß es bereits etwas gibt.

Was ist das Geheimnisvolle, worum geht es seitens der Bundesregierung, daß das Parlament, das letztlich darüber informiert sein soll, das nicht haben darf? Ist das jetzt ein Papier, das noch gar nicht existiert – oder halten Sie es künstlich zurück? Dann würde ich es für eine nicht sehr faire Vorgangsweise betrachten, daß bei einem so wichtigen Anliegen, wie Sie selbst sagen, mit gezinkten Karten gespielt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Eine Sphinx! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

11.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erinnere daran, daß das Wort zur Geschäftsbehandlung des Nationalrates gewünscht wird.

Herr Abgeordneter Dr. Kostelka, bitte.

11.29

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich will diese Wortmeldung sicherlich nicht mißbrauchen, muß aber darauf hinweisen, daß wir bewußt diese Aktuelle Stunde in den Dienst der Debatte zum Beschäftigungsprogramm der Bundesregierung gestellt haben, um einen Beitrag des Parlaments zu dem zu erarbeitenden Beschäftigungsprogramm zu leisten. (Abg. Mag. Stadler: Die Regierung feiert etwas, was sie noch gar nicht hat!)


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Ich kann Kolleginnen und Kollegen nicht verstehen, die sich darüber erregen, daß die sozialdemokratische Fraktion zum frühestmöglichen Zeitpunkt dieses wichtige nationale Problem zur Diskussion stellt. Ich darf Sie daran erinnern, was Kollege Verzetnitsch in seinem Debattenbeitrag getan hat, nämlich seine Erwartungen an dieses Programm zu formulieren. Es ist wichtig für uns. Wir wollen es im Nationalrat zum frühestmöglichen Zeitpunkt diskutiert haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Peinlich, kann ich nur sagen!)

11.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ebenfalls zur Geschäftsbehandlung: Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. – Bitte.

11.30

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Meiner Ansicht nach macht eine Unterbrechung der Sitzung deswegen keinen Sinn, weil es für mich nicht überraschend ist, daß die Bundesregierung kein Beschäftigungsprogramm hat.

Wenn die sozialdemokratische Fraktion ein Thema zur Aktuellen Stunde anmeldet und Unterlagen, die es in irgendwelchen Schubladen schon gibt, den Abgeordneten nicht zur Verfügung stellt, dann schließe ich daraus nur, daß sie an einem ernsthaften und seriösen Gedankenaustausch über wirkliche Inhalte nicht interessiert ist, sondern das nur zur Farce gestalten will. – Aber jede Fraktion hat die politische Kultur, die sie auf diese Weise ausdrückt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Dr. Khol. – Bitte.

11.31

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Auch wir von der ÖVP sind an diesem nationalen Beschäftigungsprogramm in höchstem Maße interessiert. Die Vorbereitungsarbeiten sind im Gange, aber eine dem Parlament zu übermittelnde Unterlage ist in der Bundesregierung noch nicht beschlossen worden. (Abg. Mag. Stadler: Ah, da schau her!)

Es handelte sich um Vorentwürfe von Interessenvertretungen, und dazu kann ich nur sagen: Es obliegt jeder Fraktion, ihre Mitarbeiter beziehungsweise sich selbst dafür einzusetzen, diese Papiere zu bekommen. Ich stelle jedenfalls allen Fraktionen sehr gerne unseren Beitrag zu den Vorentwürfen zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Nichts habt ihr! Diese Regierung bringt nichts zustande! Sie reden über ein Nullum! Von hinten ins Knie geschossen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

11.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Unbestritten ist geblieben, daß das Thema der Aktuellen Stunde geschäftsordnungskonform ist. (Abg. Dr. Haider: Eine Aktuelle Stunde über ein Beschäftigungsprogramm, das es nicht gibt!)

Zum Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Sophie Bauer. Redezeit: 5 Minuten.

11.32

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren des Hohen Hauses! Diese Situation zeigt, daß sich jene, die nichts dazu beigetragen haben, für Beschäftigung und Arbeitsplätze zu sorgen, jetzt aufregen, weil es anderen gelungen ist, etwas vorzustellen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haselsteiner: Wie meinen Sie das, Frau Bauer?) Hören Sie mir zu, dann werden Sie gleich wissen, was ich meine.

Es ist natürlich für uns Sozialdemokraten wichtig, daß die Beschäftigung an oberster Stelle steht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Allgemeinplätze!) Im Aktionsplan, den die Bundesregierung erstellt hat, sind viele wichtige Punkte angeführt, wie es uns auch weiterhin gelingen wird, die Arbeitslosigkeit gering zu halten. Dafür sind natürlich auch Budgetmittel zur Verfügung zu stellen.


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Zur Realisierung in bezug auf Arbeitsplätze muß die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Sozialpartnern funktionieren, und wenn, meine Damen und Herren, seitens der Wirtschaft immer mehr Forderungen nach flexibleren Arbeitszeiten erhoben werden, so muß auch sie ihren Anteil einbringen. Es müssen in erster Linie die notwendigen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Kinderbetreuungseinrichtungen oder Fahrmöglichkeiten, geschaffen werden. Es müssen auch gesetzliche Maßnahmen beschlossen werden, damit dort, wo es für eine Betriebsansiedlung notwendig ist, Straßen gebaut werden und nicht einzelne Personen, die gar nicht in diesem Bezirk wohnen, wegen eines Käfers oder eines Vogels, den es in dieser Region dann gar nicht gibt, so wie dies in meinem Bezirk einmal der Fall war, verhindern, daß eine Straße ausgebaut wird.

Ein wichtiger Ansatzpunkt ist meiner Ansicht nach auch die Berufsvorbereitung in der Schule. Der erlernte Handwerksberuf soll in der Gesellschaft einen Stellenwert gegenüber anderen Ausbildungen haben. Die Chancengleichheit in der Aus- und Weiterbildung muß schon als Unterrichtsgegenstand behandelt werden. Es müssen für die Mädchen in der Schule Lehrpläne erstellt, Lehrinhalte geschaffen und Lehrmaterial zur Verfügung gestellt werden, die zu einer Gleichstellung zwischen den Geschlechtern beitragen.

Ein Beispiel aus meiner Perspektive: Wenn Unternehmen bereit sind, Mädchen in nichttraditionelle Berufe aufzunehmen, so soll der Mehraufwand, der zum Beispiel für die Errichtung zusätzlicher Sanitäranlagen erforderlich ist, abgegolten werden.

Ein ganz wesentlicher Faktor ist meiner Ansicht nach die finanzielle Unterstützung von Betriebs- und Regionalstiftungen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze. Meine Damen und Herren! Wie wichtig eine solche Stiftung ist, möchte ich anhand eines Beispieles aus meinem Betrieb aufzeigen. Wir hatten im vergangenen Jahr im Skate-Bereich, bei den Rollschuhen, einen gewaltigen Einbruch zu verzeichnen: Es mußten 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekündigt werden. Die verbleibenden Beschäftigten – das sind 200 – waren bereit, einen Solidarbeitrag von 1 Prozent ihres Bruttoverdienstes für diese Stiftung einzubringen. Auch dem Betriebsrat ist es in langen Verhandlungen mit der Firmenleitung gelungen, daß 1,5 Millionen Schilling beigesteuert werden. Den größten Brocken mußte allerdings das Land einbringen, und zwar 3,9 Millionen Schilling. Dadurch erhalten die Betroffenen die Chance, einen Beruf zu erlernen, den sie schon seit ihrem Schulabgang gerne ausgeübt hätten, wozu aber die Möglichkeiten und Voraussetzungen nicht vorhanden waren.

Durch Schulungsmaßnahmen ist eine bessere Qualifizierung möglich, um auch einen Wiedereinstieg in andere Berufszweige oder Industrien zu schaffen. Ich möchte auch anführen, daß der Erfolg dieser Stiftungen bei 85 Prozent liegt und eine Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt sogar bis zu 100 Prozent möglich ist. Durch solche Maßnahmen soll es auch weiterhin möglich sein, neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz! (Abg. Dr. Khol: Kurzen Schlußsatz, bitte! – Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Abgeordnete Sophie Bauer (fortsetzend): Sie können da nicht mitreden, weil Sie nicht wissen, was sich auf dem Arbeitsmarkt wirklich abspielt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Warum weiß er das nicht? Erklären Sie uns das doch!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es sind alle, sowohl Länder als auch Gemeinden, aufgerufen, erfolgreich mitzuarbeiten, daß die ... (Beifall bei der SPÖ.)

11.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist abgelaufen!

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maderthaner.

11.38

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Wirtschaftskammer Österreich hat sich jedenfalls mit dem EU-Papier intensiv


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auseinandergesetzt und hat natürlich auch ein eigenes Positionspapier ausgearbeitet, das wir gerne zur Verfügung stellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man sich mit den Beschäftigungsproblemen in Österreich befaßt und diese analysiert, dann kommt man sicherlich doch zu dem sehr klaren Standpunkt – er wurde heute teilweise schon angesprochen –, daß Österreich im internationalen Vergleich eine relativ niedrige Arbeitslosenrate aufweist, nämlich an zweiter Stelle liegt, und daß es hinsichtlich der Jugendarbeitslosigkeit überhaupt den besten Platz einnimmt, was uns aber, meine Damen und Herren, nicht dazu veranlassen darf, uns zurückzulehnen und zu schauen, was sich so entwickelt. Gerade in einer Zeit, in der wir im internationalen Vergleich relativ gut liegen, sind wir aufgefordert, alles zu tun, um auch für die Zukunft die Beschäftigung zu sichern. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist auch klar, daß Beschäftigungspolitik in erster Linie natürlich Wirtschaftspolitik ist und daß sie nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene von der wirtschaftspolitischen Seite her angegangen werden muß. Nur wer die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft erhöht beziehungsweise sie zumindest sichert, kann Beschäftigungsprobleme auf Dauer lösen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es wurde ja auch schon von Frau Bundesministerin Hostasch gesagt: Wir brauchen Wirtschaftswachstum. – Dem kann ich nur beipflichten, denn das ist eine ganz klare und richtige Feststellung. Nur müssen wir auch die Voraussetzungen schaffen, damit wir tatsächlich Wirtschaftswachstum gewährleisten können. Das ist aber nicht so einfach, und da gehen auch unsere Wege hin und wieder ein bißchen auseinander. Das darf ich hier auch erwähnen.

Wer jedenfalls die Arbeitslosigkeit einschränken beziehungsweise abbauen will, muß reformwillig sein, muß Rahmenbedingungen weiter verbessern: in der Steuerpolitik, in der Lohn- und Lohnnebenkostenpolitik – das ist ganz wesentlich – sowie in der Technologie- und Bildungspolitik.

Zu den Lohnnebenkosten nur ein Wort, bitte: Wenn man auf der einen Seite sagt, wir hinken nach in der Lohnpolitik, dann muß man andererseits das 13. und 14. Gehalt zu den Lohnnebenkosten rechnen. Oder wir sagen, wir haben sowieso gute Einkommen, weil wir ja das 13. und 14. Gehalt zum Lohn dazurechnen. Aber irgendwo muß man es doch bitte dazurechnen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Gleichzeitig müssen wir in einer Analyse auch die beschäftigungshemmenden, durchaus vielleicht gerade spezifisch österreichischen Faktoren abbauen beziehungsweise beseitigen. Ich denke da vor allem an die relativ hohen Infrastrukturkosten, die wir in Österreich zu verzeichnen haben, an eine sehr hohe oder zu hohe Regulierungsdichte mit den damit verbundenen hohen Administrationskosten. Ich denke an die geringe Eigenkapitalquote, wo wir dringend eine Verbesserung brauchen, oder an zu hohe Kapitalkosten wegen zu geringer Flexibilisierung bei den Arbeitskosten. Hier muß man den Hebel ansetzen. Das muß man tun. Dazu sind auch die Sozialpartner aufgefordert, nicht nur die Regierung oder das Hohe Haus.

Meine Damen und Herren! Die Eckpfeiler der beschäftigungspolitischen Leitlinien der Europäischen Union und gleichermaßen der Wirtschaftskammer sind hier angeführt worden. Wir haben in einigen wesentlichen Punkten durchaus Gemeinsamkeiten feststellen können. Das bezieht sich eben auf die Lohnnebenkosten, das bezieht sich auf das Lehrausbildungssystem, wozu ich hier sagen darf, daß die EU festgestellt hat, daß Österreich ein hervorragendes Ausbildungssystem hat, nämlich unser duales Ausbildungssystem, das uns immer wieder große Erfolge bringt und das auch international als sehr vorteilhaft anerkannt wird.

Meine Damen und Herren! Wenn wir es ernst meinen mit notwendigen Veränderungen, mit denen wir die Wettbewerbskraft unserer Wirtschaft stärken können und wodurch wir auch mehr Aufträge bekommen und international konkurrenzfähiger sein können, dann ist mir nicht bange, daß wir auch in Zukunft die Arbeitsplätze sichern und neue schaffen können. Wir dürfen uns aber nicht an den notwendigen Veränderungen vorbeischwindeln.


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Ein Wort noch zur Arbeitszeitverkürzung, meine Damen und Herren. Diesbezüglich sind wir sicher überhaupt nicht einer Meinung mit dem ÖGB. Eine Arbeitszeitverkürzung kann an und für sich nichts bringen, weil sie kostenerhöhend wirkt (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch ), und wenn Kosten erhöht werden, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (fortsetzend): ... wenn Nebenkosten erhöht werden, lieber Herr Präsident Verzetnitsch, dann wird die Wettbewerbsfähigkeit eher geschmälert und nicht verstärkt. Wir brauchen jedoch eine Verstärkung der Wettbewerbsfähigkeit, und daher sollten wir das ernst nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Haider. Er hat das Wort. 5 Minuten Redezeitbeschränkung.

11.43

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat es deutlich gemacht: Es gibt noch keinen nationalen Aktionsplan, über den uns die Frau Bundesminister heute berichten wollte – so nach der Methode: Wir wissen zwar nicht, was wir wollen, aber dafür wollen wir es mit ganzer Kraft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie, meine Damen und Herren, sich noch nicht geeinigt haben, dann frage ich mich, warum dann die "Wiener Zeitung" bereits eine Dokumentation des nationalen Aktionsplanes vorgestellt hat. (Ruf bei den Freiheitlichen: Da schau her!) Ich weiß nicht, wird die ÖVP nicht mehr gefragt, oder wie geht es da zu? Das ist wirklich eine eigenartige Vorstellung, die Sie hier geben. Das ist keine Aktuelle Stunde, sondern das ist eine Märchenstunde, sehr geehrte Frau Bundesminister, die hier durchgeführt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das, was Sie uns inhaltlich präsentiert haben, sind sozusagen Roßknödel, aber es fehlt dazu das passende Roß, das die neuen Möglichkeiten eröffnen sollte. (Abg. Haigermoser: Eine Schindmähre war das!) Das haben Sie nämlich immer schon gemacht: Sie haben keinen Aktionsplan, aber Sie versprechen uns 100 000 neue Arbeitsplätze, und Sie wissen nicht, wie Sie das machen sollen. Das haben Sie uns vor dem EU-Beitritt auch versprochen. Von 55 000 neuen Arbeitsplätzen war in der EU-Broschüre der Bundesregierung die Rede. In der Zwischenzeit wissen wir, daß es nicht 55 000 neue Arbeitsplätze, sondern 50 000 Arbeitslose mehr geworden sind. Aufgrund einer gestern vorgelegten Studie wissen wir, daß wir seit 1994 nicht mehr Arbeitsplätze haben, sondern 34 000 Arbeitsplätze verloren haben. Das ist die Bilanz Ihrer Politik!

Daher sage ich Ihnen, Frau Bundesminister, wo Sie ansetzen sollten. Hüten Sie sich, einen nationalen Beschäftigungsplan vorzustellen, wenn Sie gleichzeitig die EU-Osterweiterung, so wie Sie es planen, vorantreiben, denn das heißt Arbeitslosigkeit, das bedeutet Einströmen von Billigarbeitskräften! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie wissen ganz genau, daß wir Sie vor dem EU-Beitritt darauf aufmerksam gemacht haben, was es heißt, wenn Billigarbeitskräfte innerhalb der EU das Lohnniveau in Österreich konkurrenzieren. Damals hat es geheißen: Kein Problem, wir werden das alles abfangen. Aber bis heute gibt es kein vernünftiges Entsendegesetz.

Hier habe ich ein Rundschreiben eines portugiesischen Leiharbeitsbüros. Die sagen: Wir bieten für alle Branchen etwas an in Österreich! Ihr Vorteil auf einen Blick! Ich lese Ihnen das vor, Frau Bundesminister und Herr Gewerkschaftspräsident, der Sie sich ja immer solche Sorgen um die Gehälter machen. (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. ) Ihr Vorteil auf einen Blick, sagt das Büro, das offenbar unter einer sozialistischen Beschäftigungspolitik in Österreich tätig sein kann: kein 13. und 14. Gehalt für die Mitarbeiter, keine Überstunden- und Feiertagszuschläge, keine Kosten bei Krankheit oder Arbeitsunfall, keine Abfertigungszahlung, keine arbeitsgerichtlichen Probleme, kein Problem mit der Sozialversicherung, kein Problem mit dem Arbeitsinspektorat und mit dem Betriebsrat! – Und das unter einer sozialistischen Regierung, die sagt, sie wolle 100 000 Arbeitsplätze schaffen, die aber gleichzeitig Billigarbeitskräfte ins Land hereinläßt, was die Österreicher arbeitslos macht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Solange Sie die Osterweiterung betreiben wollen, werden Sie Arbeitslosigkeit produzieren und keine Arbeitsplätze. Das wissen Sie, Herr Präsident, nur haben Sie sich hier nichts zu sagen getraut, abgesehen von irgendwelchen wolkigen Erklärungen.

Frau Bundesminister! Gestern im Integrationsausschuß haben der Bundeskanzler und der Vizekanzler etwas Wesentliches dazu gesagt, wie Ihre Beschäftigungspolitik ausschaut. Es wurde gesagt: Wenn wir die Osterweiterung um die Tschechen, die Ungarn und die Polen machen, dann gibt es ja die Möglichkeit, Beschäftigungseffekte zu erzielen, indem wir gemeinsame grenzübergreifende Projekte machen. Von einem INTERREG-Projekt hat der Herr Vizekanzler gesprochen – und der Herr Bundeskanzler hat beifällig dazu genickt –, nämlich ein INTERREG-Projekt dergestalt, daß wir den Flughafen Preßburg ausbauen und mit Wien-Schwechat kooperieren. Etwas Blöderes gibt es überhaupt nicht mehr! Man weiß doch ganz genau, was das heißt: Anstatt eine dritte Piste in Schwechat zu bauen, baut man in Preßburg aus und verlagert die Arbeitsplätze dorthin. Das ist Ihre Beschäftigungspolitik: Schaffung von Arbeitsplätzen im Ausland, und die Österreicher gehen stempeln! Das kann es ja wirklich nicht sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher sage ich Ihnen: Schreiben Sie Ihr Beschäftigungsprogramm um! Man wolle den älteren Arbeitnehmern helfen, hat der Herr Bundeskanzler versprochen. Na dann soll er sich bitte einmal um die Bundesforste kümmern, wo sich sogar die Betriebsräte aus der Kündigungs- und Frühpensionierungsliste herauskaufen lassen, damit sie selbst überleben. Aber die Masse der kleinen Leute, die über 50 Jahre alt sind, wird im Staatsbetrieb Bundesforste in die Frühpension geschickt – das ist Ihr Beschäftigungsprogramm! Sie werden alle in die Arbeitslose geschickt – das ist Ihr Beschäftigungsprogramm! Und das können Sie bei der Post, bei der Bahn, bei den Bundesforsten sehen. Überall dort, wo die Regierung etwas zum Reden hat, schwinden die Arbeitsplätze und werden die älteren Leute hinausgeworfen – entgegen Ihren Ankündigungen! Machen Sie hier einmal Ordnung, dann sind Sie glaubwürdig in der Beschäftigungspolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich – in Vertretung des Herrn Wirtschaftsministers – Herr Bundesminister Dr. Fasslabend. Gleiche Redezeit. (Abg. Dr. Haider: Er gibt eine Kriegserklärung ab!)

11.48

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Daß Beschäftigungspolitik für die österreichische Bundesregierung nicht nur ein visionäres Programm für die Zukunft, sondern ein Faktum ist, kann man am besten daran ablesen, daß es – besser als in allen anderen Staaten Europas – gelungen ist, die Beschäftigungslage in Österreich so zu gestalten, daß mehr Leute Arbeit haben und daß sie qualitativere Arbeit haben als irgendwo anders in Europa. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Dieses Faktum kann uns zweifellos nicht dazu veranlassen, jetzt einfach die Hände in den Schoß zu legen, sondern muß uns dazu anspornen, alles daranzusetzen, um diese Position auch für die Zukunft zu sichern. Aus der Tatsache, daß es in Europa Arbeitslosigkeit gibt, in Westeuropa wie in Osteuropa, resultiert für uns das Muß, uns über die Zukunft den Kopf zu zerbrechen. Das, was jetzt ausgearbeitet wird, ist ein Programm, um die Kompetitivität, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft für die Zukunft noch weiter zu verbessern, weil dies der wichtigste Faktor für die derzeitige Beschäftigungslage gewesen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute über die höchste Beschäftigungsrate in Europa verfügen, dann deshalb, weil es im letzten Jahr gelungen ist, die Exporte um zweistellige Zuwachsraten zu steigern, konkret um 14 Prozent, ja bezogen auf die osteuropäischen Länder sogar um über 31 Prozent. (Abg. Dr. Haider: Das ist ein Beweis, daß wir die Ostöffnung nicht brauchen!) Heute steht Ungarn schon an vierter Stelle auf unserer Exportliste, noch vor der Schweiz, Großbritannien und Frankreich. Ich glaube, diesen erfolgreichen Weg sollten wir durchaus fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Peter. )


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Selbstverständlich müssen wir uns insbesondere Mühe geben, der Jugend Beschäftigung zu geben, und zwar durch neue Lehrberufe, aber auch dadurch, daß wir neue Strukturen eröffnen. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Gerade bei den Mädchen gibt es diesbezüglich immer noch Probleme. Es ist einfach eine Tatsache, daß mehr als die Hälfte aller Lehrstellen im weiblichen Bereich auf nur drei Berufsbilder, nämlich auf Friseurin, Bürokaufmann und Handelsangestellte, entfällt, sodaß wir versuchen müssen, dort neue, differenzierte Angebote zu erstellen. Wir müssen in Bildung investieren, weil das, bezogen auf die Zukunft, wahrscheinlich unsere beste Chance ist.

Insofern begrüße ich es auch, daß unsere Bundesministerin für Unterricht nicht nur Maßnahmen setzt, um die Lehre aufzuwerten, um in Zukunft Lehre mit Matura verbinden zu können, sondern auch den Fremdsprachenunterricht bereits in den Volksschulklassen forciert, um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes zu fördern. Denn das, was wir jetzt in die Schulen investieren, sind die Arbeitsplätze von morgen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht nicht nur darum, die internationale Wettbewerbsfähigkeit auf den Exportmärkten zu stärken, sondern es geht auch darum, die Inlandsnachfrage hoch zu halten. (Abg. Dr. Haider: Die hohen Steuern!) Und das ist ein Programm, das wir uns in der Zukunft eben vornehmen müssen, das zweifellos nicht einfach dahingeschrieben ist, sondern bei dem es gilt, Balance zu halten zwischen außenwirtschaftlichen und binnenwirtschaftlichen Komponenten, wo durchaus auch die Gewerkschaften verantwortungsvoll gehandelt haben und wo wir sagen müssen, daß der soziale Friede in Österreich einiges wert ist. Wir müssen einfach davon ausgehen, daß nur 26 Prozent unseres Sozialproduktes auf Exporte entfallen und ein großer Teil eben binnenwirtschaftlich erwirtschaftet wird, wobei die Nachfragekapazität entsprechend vorhanden sein muß. Gerade die Tatsache, daß dort in den letzten Jahren keine Steigerung erfolgt ist, sondern eine gewisse Stagnation vorhanden war, gibt uns Anlaß, diese Komponente bei den zukünftigen Überlegungen stärker ins Kalkül zu ziehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit konsequent mit einem nationalen Beschäftigungsprogramm verstärken, wenn wir Maßnahmen für die Jugend, insbesondere für die weibliche Jugend, aber auch für die älteren Arbeitnehmer auf den Tisch legen und durchsetzen und wenn es uns gelingt, die Inlandsnachfrage weiterhin so hoch zu halten, dann bin ich davon überzeugt, daß wir auch in Zukunft bezüglich des Beschäftigungsvolumens und der Beschäftigungsquote an der Spitze in Europa liegen werden. Und das ist unsere wichtigste politische Zielsetzung für die nächsten Jahre! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Hums und Dr. Fuhrmann.  – Abg. Gaugg: 40 000 Langzeitarbeitslose!)

11.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. Gleiche Redezeit. (Abg. Dr. Haider  – in Richtung SPÖ –: Sehr ernst nehmt ihr die eigene Aktuelle Stunde nicht! Es sind keine Abgeordneten mehr da! – Abg. Mag. Stadler: Wo ist der Kostelka?)

11.54

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Mein Eindruck ist, daß die SPÖ das Parlament nicht ernst nimmt. Man kann schon sagen, daß das Beschäftigungsprogramm der Bundesregierung, sollte es eines geben, ein aktuelles Thema ist, und ich teile diese Meinung selbstverständlich. Nur: Was soll man davon halten, wenn Sie angeblich Konzepte, wie immer diese auch ausschauen mögen, haben und diese irgendwann im Laufe des Tages sogar den Abgeordneten zugestellt werden sollen, aber ihr macht eine Aktuelle Stunde und gebt sie nicht einmal her? (Zwischenruf des Abg. Dr. Haider. )

Was soll ich davon halten? Wollen Sie sich wirklich über die Inhalte auseinandersetzen oder wollen Sie eine Überschrift in der Zeitung haben, in der halt das Wort "Programm" vorkommt, um auf diese Weise den Eindruck zu erwecken, ihr habt eines? Das alleine halte ich für eine Beleidigung des Parlaments. Aber sei’s drum. Wir haben uns auf eine andere Weise dieses Papier besorgt, und ich bin daher bereit, auch über dieses Papier zu reden. Es gehört nur


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festgehalten, daß Sie gar keinen Wert darauf gelegt haben, daß es die Abgeordneten überhaupt kennen.

Dieses Papier ist eine einzige Enttäuschung, und das aus den verschiedensten Gründen. Erstens: Es enthält überhaupt nichts Neues. (Ruf bei der ÖVP: Vorschläge!) Es enthält nichts Neues, und jetzt frage ich mich: Wie wollen Sie den Eindruck erwecken, daß das, was Sie hier vorhaben, auch nur eine Chance auf Realisierung hat, wenn Sie in der Vergangenheit eine Reihe von Gelegenheiten gehabt hätten, genau diese Dinge umzusetzen, aber einerseits daran gescheitert sind, daß sich die Koalition nicht einigen konnte, andererseits daran gescheitert sind, daß Sie sich offenbar mit den Sozialpartnern nicht einigen konnten?

Ich brauche nur daran zu denken, was vor gar nicht so langer Zeit im Parlament mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen verabschiedet wurde: das Berufsausbildungsgesetz, das Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz, das Arbeitszeitgesetz – das klingt alles sehr gut –, die Gewerbeordnung und vor allem auch die Werkvertragsregelung. Nur: All diese Gesetze haben Sie nicht zum Anlaß genommen, die richtigen Weichenstellungen vorzunehmen, sondern zum Teil ist das Gegenteil passiert. (Abg. Dr. Khol: Der Erfolg gibt uns recht!) Wir werden heute im Zuge eines Dringlichen Antrages der Liberalen noch einmal über die Werkvertragsregelung reden können. Und von der Gewerbeordnung sage ich gar nichts. Was übrigbleibt, sind Wunschlisten, wobei einer gegenüber dem anderen bereits Vorbehalte anmeldet.

Aber was noch schlimmer ist: Sie bleiben in Ihren alten Denkmustern verhaftet. Und wenn Sie in Ihren alten Denkmustern der Bevölkerung vorgaukeln, die Vollbeschäftigung wäre das Konzept der Zukunft, wäre das Konzept, um den sozialen Zusammenhalt dieser Gesellschaft zu garantieren, dann halte ich das für mehr als fahrlässig. Ich halte es für verantwortungslos, weil es nicht wahr ist. Dies ist Realitätsverweigerung, und das hat zwei schreckliche Auswirkungen: Einerseits wecken Sie eine Erwartungshaltung in der Bevölkerung, die nicht zu befriedigen ist und wo sich die Enttäuschung darüber in einem Crash entladen kann, den Sie nicht verantworten können. Und andererseits dient es Ihnen als Vorwand, sich über keine anderen Konzepte den Kopf zerbrechen zu müssen, wie zum Beispiel – und das halte ich für notwendig – über die Entkoppelung von sozialer Sicherheit und Erwerbsarbeit, weil eben Vollbeschäftigung nicht mehr die Grundlage wird sein können, daß es eine bestimmte Lebensqualität und eine bestimmte Existenzsicherung für alle gibt. Das wissen Sie genau, und wenn Sie hier eine andere Erwartungshaltung vorgaukeln, dann halte ich das für verantwortungslos. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Im übrigen: Daß die Liberalen ein Konzept zur Grundsicherung ausgearbeitet haben und damit hoffentlich endlich einen öffentlichen Diskurs herbeiführen können, das ist etwas, was mich stolz macht. Und wenn ich mir das Begutachtungsverfahren, das wir durchgeführt haben, und die Reaktionen insbesondere der Arbeitsmarktforscherinnen und Arbeitsmarktforscher anschaue, die durchwegs positiv sind, durchaus auch mit Korrekturen und ähnlichem, aber mit Akzeptieren und mit Erkennen, daß das der einzige Weg ist, dann muß ich sagen: Sie haben alles versäumt, weil Sie noch nicht einmal bereit sind, darüber nachzudenken.

Aber Sie haben in einem anderen Bereich auch Ihre alten Denkmuster angewendet, und da appelliere ich jetzt an alle Kollegen und in erster Linie an alle Kolleginnen von den anderen Fraktionen: Wir brauchen eine neue Bewertung der Arbeit, und dies insbesondere im Zusammenhang mit der Situation der Frauen. Das wissen Sie ganz genau. Es hat überhaupt keinen Sinn, wenn wir fordern: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!, wenn die Bewertung der Arbeit weiter nach den männlichen Mustern erfolgt. Wenn Sie nicken, dann hoffe ich, daß Sie unserem Entschließungsantrag, den wir stellen werden, zustimmen werden, der dahin geht, eine Studie in Auftrag zu geben, um genau diese Bewertungskriterien zu hinterfragen und auf diese Weise neue zu erarbeiten.

Wir werden einen weiteren Antrag einbringen. Es gibt so viele Dinge, welche die Situation der Frau – Sie sagen ja selber, daß sie im Ist-Zustand diskriminiert ist – verändern könnten. Sie haben unterschiedliche Fristen für die Karenzzeit für Mann und Frau festgelegt, um es auf diese


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Weise dem Mann leichter zu machen, auszusteigen. Stimmen Sie unserem Antrag zu, die Fristen anzugleichen. Vielleicht kommen wir dann auch zu einem anderen Rollenverhalten.

Aber was mir ganz wesentlich ist: Sie bekämpfen immer nur die Symptome und gehen nie an die Ursachen heran.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (fortsetzend): Diese Ursachen sind Mangel an Flexibilität, überbordende Bürokratie, zunftdenkende Beschränkung der Berufszugänge und vor allem die Bildungspolitik. Hier den Schlüssel zu sehen und hier neue Wege zu gehen, das wäre Ihre Aufgabe im Zusammenhang mit einem Beschäftigungsprogramm. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

12.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage mich: Was bleibt als Essenz dieser Debatte, die wir jetzt führen? Ein schönes Wunschkonzert der Sozialpartner, von dem ich glaube, daß es an anderem Ort ohnehin stattfindet. Und ich frage mich auch, warum unbedingt hier im Parlament Kollege Verzetnitsch und Kollege Maderthaner sich austauschen müssen, wenn sie diesen Austausch ja im Rahmen von offensichtlich mehr oder minder geheimen Verhandlungen machen. Das frage ich mich schon, zumal dabei nicht mehr herauskommt als Gemeinplätze. Und das, was der Herr Bundesminister hier gesagt hat, zerrinnt wie Sand zwischen den Fingern. Es bleibt nichts anderes übrig als das Sich-auf-die-Schulter-Klopfen nach dem Motto, wie gut wir in bezug auf Arbeitsplätze, auf die Arbeitssituation in unserem Land sind.

Wenn dabei nicht mehr herauskommt, dann ist diese Aktuelle Stunde fehl am Platz. Sie ist auf jeden Fall deswegen fehl am Platz, weil Sie mit der Opposition nicht ernsthaft diskutieren wollen. Wir Grüne haben im Dezember genau zu diesem Thema eine Dringliche Anfrage gestellt. Damals haben Sie erklärt: Darüber können wir nicht diskutieren, diesbezüglich liegt ja noch nichts vor, aber wir haben gute Absichten, und wir werden als Bundesregierung mit dem Parlament so bald wie möglich diskutieren! Aber Sie sind nicht bereit, über die inhaltlichen Vorgaben zu diskutieren.

Wir haben genau zu diesem Thema auch Anfragen an die Frau Bundesministerin Hostasch und an den Herrn Bundeskanzler gestellt. Anfang Februar haben wir darauf die Antwort erhalten, doch wieder erfuhren wir nichts Konkretes. Jetzt, Mitte Februar, entdeckt die Sozialdemokratische Partei, daß es offensichtlich etwas mehr geben könnte, aber sie weiß nicht, was es eigentlich ist, und daher greift sie wieder auf Gemeinplätze, auf Ausflüchte, auf Wünsche an irgend jemand, möglichst an einen anderen Sozialpartner, zurück.

Meine Damen und Herren! Das kann es nicht sein! Wie oft haben wir in diesem Parlament schon Debatten gehabt, bei denen nichts herausgekommen ist. Sie weigern sich, zur Kenntnis zu nehmen, daß es Hunderttausende in unserem Land gibt, die ein Recht haben, nicht nur Arbeit zu erhalten, die ihr Einkommen sichert, sondern auch in ihren Wünschen akzeptiert und ernst genommen zu werden. Sie weigern sich, zuzugeben, daß Sie dafür die Verantwortung tragen. Da hilft nichts, wenn Sie sagen, hunderttausend neue Arbeitsplätze würden in den nächsten Jahren geschaffen werden.

Frau Ministerin! Herr Minister! Sagen Sie gefälligst auch dazu, wie viele Arbeitsplätze – es sind Zehntausende – in den nächsten Jahren vernichtet werden! Sagen Sie auch, was die Nettobilanz ist! Das sind nämlich nicht hunderttausend! Wenn wir uns ansehen, was diesbezüglich in den letzten Jahren geschehen ist, Frau Ministerin, dann muß ich Ihnen sagen: Mit Ihrem Erfolgskonzept, das Sie seit 1990 anwenden, können Sie baden gehen. Seit 1995 ist die Arbeitsplatzbilanz negativ. Wir haben in Österreich mehr Arbeitsplätze verloren als neue dazugewon


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nen. Das ist aber nicht alles. Die Arbeitslosigkeit ist auch gestiegen – falls Ihnen das noch nicht aufgefallen ist. Wir halten bei 7,1 Prozent Registerarbeitslosenquote.

Frau Ministerin! Mir können Sie nicht weismachen, daß der geplante Rückgang von 4,5 Prozent auf 3,5 Prozent unbedingt etwas Gutes ist, wenn Sie nicht beziffern können, wie viele neue Arbeitsplätze und wie viele Arbeitslose weniger in Österreich das bedeutet! Doch das können und wollen Sie nicht beziffern. Und Sie können und wollen auch nicht sagen, ob diese hunderttausend Arbeitsplätze, die Jobs, die Sie schaffen wollen, ausreichende Einkommen sichern werden oder ob das jene Art von Jobs ist, wie wir sie aus anderen Ländern kennen, wo die Leute dann zwar Arbeit haben, teilweise in Arbeit hineingetrieben werden, aber das Einkommen, das sie aus dieser Arbeit erzielen, nicht ausreicht, um zu überleben, um anständig zu überleben.

Meine Damen und Herren! Genau diese Debatte hätten wir anhand konkreter Vorlagen zum Beschäftigungsplan führen müssen, aus denen hervorgeht, ob wirklich im Beschäftigungsplan das realisiert wird, was Teile der Wirtschaft realisieren wollen, nämlich die Senkung von Kollektivvertragslöhnen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir möchten wissen, was da herauskommt! Sie müssen sich erklären! Es geht nämlich um mehr! Es geht um Arbeit, das ist schon richtig, aber es geht auch um ausreichende Einkommen; da hat die Kollegin Schmidt vom Liberalen Forum schon recht. Und es geht auch um soziale Sicherung.

Wenn ich rekapituliere, was im Beschäftigungsplan oder in dem, was man dafür halten muß, drinsteht, wenn ich mir vergegenwärtige, daß darin teilweise die Rücknahme dessen, was Sie im Sparpaket verwirklicht haben, meine Damen und Herren, enthalten ist, dann frage ich mich: Welche Politik haben Sie in den letzten Jahren gemacht, wenn das Ergebnis und die Perspektive in die Zukunft das ist, daß Sie das Sparpaket teilweise – Gott sei Dank! – zurücknehmen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Was haben Sie in den letzten Jahren sonst noch gemacht? Es geht doch auch um Lebensqualität, um soziale Sicherung! Deshalb, Frau Ministerin, erwarte ich mir auch in diesem Zusammenhang, daß Sie sich zu Dukovany erklären. Die Bundesregierung hat nämlich zu dieser Frage – und da sind Sie als Bundesministerin angesprochen – noch keine Erklärung abgegeben. Es geht nicht nur um Arbeit, sondern auch um ausreichende Einkommen und um soziale Sicherung. (Beifall bei den Grünen.)

12.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. – Bitte.

12.05

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus der Sicht eines Vertreters der klein- und mittelständischen Wirtschaft kann ich einen nationalen Aktionsplan betreffend das Thema Arbeit nur befürworten. Ich glaube, er ist notwendig – notwendiger denn je.

Wie wir von der Frau Bundesministerin gehört haben – und die Daten und Ziffern sind uns ja allen bekannt –, haben wir europaweit herzeigbare Daten, und über die kann man und soll man nicht einfach hinweggehen. Wie schon einige meiner Vorredner meiner Gesinnungsgemeinschaft gesagt haben, lehnen wir uns natürlich trotzdem nicht zurück. Das darf nicht sein, denn jeder Arbeitslose ist einer zuviel. Diese Maxime hat für uns immer Gültigkeit.

Meine Damen und Herren! Wie wir heute gehört haben, sind im Beschäftigungsprogramm sehr interessante Kapitel enthalten. Unter anderem interessiert mich natürlich auch das Kapitel "Entwicklung des Unternehmergeistes". Da ist die Reduzierung und Vereinfachung der Verwaltung eine wichtige Maßnahme. Diese Forderung habe ich schon einige Male, so glaube ich, von dieser Stelle aus hier erhoben. Ich bin der Meinung: Der Handwerker gehört in die Werkstätte, der Kaufmann in das Geschäft, der Wirt in die Gaststube und alle zusammen nicht ununter


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brochen ins Büro. (Demonstrativer Beifall des Abg. Mag. Peter. ) Die Einführung der Chipcard, die Vereinfachung im Abgabenbereich, die verstärkte Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien, Statistikmeldungen, alles überbordend, lähmen uns in unserer eigentlichen Tätigkeit. Es ist wichtig, daß da Änderungen kommen.

Aufgrund der kurzen Redezeit habe ich mir einen Teilaspekt herausgepickt. Das Buchhaltergewerbe ist auch im Gespräch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von der kleinen Wirtschaft sind Verfechter dieses Gewerbes, denn für einen klein- und mittelständischen Unternehmer stellen die Honorarnoten, die er schlicht und einfach an den Steuerberater zu begleichen hat, gewaltige Summen dar. Es ist daher höchst an der Zeit, daß da einmal eine Änderung kommt. Für kleinere Firmen – nicht für die großen – ist das sicherlich eine wichtige Sache.

Für meine Gesinnungsgemeinschaft ist aber vor allen Dingen die Entsteuerung der Arbeit interessant. Das Dienstleistungsgewerbe hat dieses Thema immer schon als eines seiner Themen betrachtet. Ich komme nicht umhin zu sagen: Als der verstorbene Sozialminister Alfred Dallinger die Wertschöpfungsabgabe proklamiert hat, wurde er von vielen Leuten, die heute ganz anders zu dieser Frage stehen, angefeindet. Nun wissen sie beziehungsweise haben die Erfahrung gemacht, daß das keine Utopie ist, daß das ein Thema ist, über das man heute mehr denn je reden muß.

Meine Damen und Herren! Ein Sinneswandel sei jedem gestattet, aber es ist wichtig, daß man auch etwas daraus macht. Wichtig ist für die Zukunft, daß man weiß, daß man ein Problem zuerst studieren muß, dann diskutieren muß und dann erst kritisieren soll. Diese Reihenfolge ist ein entscheidender Faktor, und darauf legen wir eigentlich großen Wert! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die dritte Säule beschäftigt sich mit der Förderung der Anpassungsfähigkeit. Zu Recht ordnet man uns da eine geringe Flexibilität zu. Es gibt in Österreich traditionelle Vorbehalte gegen die Abendbeschäftigung, die Samstagsbeschäftigung und die Sonntagsbeschäftigung. Natürlich muß da etwas geschehen, aber gestatten Sie mir ein Wort dazu. Was die Sonntagsbeschäftigung betrifft, gibt es den geringsten Unterschied zum europäischen Programm. Auch dort ist die Sonntagsbeschäftigung nicht sonderlich erwünscht.

Auch wir von der Sozialdemokratischen Partei, aber auch die Mitglieder des Freien Wirtschaftsverbandes haben keine Freude mit der Sonntagsarbeit. Das möchte ich sehr deutlich sagen! Ich als einer der Geschädigten – ich bin Gastwirt von Beruf – habe als Kind erlebt, was es bedeutet, nie einen Sonntag zu haben, abends nie eine Mutter zu haben und immer dann arbeiten zu müssen, wenn die Freunde beim Vergnügen sind. Ich habe kein Verständnis für Sonntagsarbeit. Diesen Alleingang verurteilen wir aufs schärfste! (Beifall bei der SPÖ.)

Eines ist klar: Wenn das einmal Mode wird, dann bürgert sich das ein, auch branchenübergreifend, und das wollen wir nicht.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Günter Kiermaier (fortsetzend): Ich appelliere an alle, das Thema Sonntagsarbeit sehr gut zu überdenken! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Dr. Feurstein. – Bitte.

12.11

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn das einzelne Redner vor mir anders dargestellt haben – unser Ziel ist es, in Österreich die Vollbeschäftigung wiederzuerlangen beziehungsweise jedem Österreicher und jeder Österreicherin einen Arbeitsplatz zu sichern! Da unterscheiden wir uns grundsätzlich von dem, was Sie gesagt haben, Frau Dr. Schmidt. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich betrachte es für einen Politiker oder für eine Politikerin beschämend, wenn er oder sie hier herauskommt und nichts anderes den jungen Leuten in Österreich sagen kann als die Botschaft, daß die Vollbeschäftigung in Österreich nicht gesichert ist, daß es für sie keinen Arbeitsplatz gibt.

Es ist beschämend, Frau Dr. Schmidt, wenn Sie eine solche Botschaft von hier aus verkünden. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Peter: Moralisieren brauchen Sie nicht!)

Lassen Sie mich die wichtigsten Punkte unseres Beschäftigungsprogramms nennen. Unser primäres Anliegen, meine Damen und Herren, ist die Lehrlingsausbildung, und zwar auch im Jahre 1998. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. ) Wir sind für eine qualitätsorientierte Ausbildung unserer jungen Menschen, nämlich der Lehrlinge, meine Damen und Herren. Dafür treten wir ein. Aber wir wollen noch etwas – und ich sage das, auch wenn das vielleicht bei Ihnen, Herr Mag. Peter, nicht auf fruchtbaren Boden fällt –, wir wollen eine Chance in der Lehrlingsausbildung auch für jene junge Menschen, die weniger begabt sind. Wir treten dafür ein, daß Anlehre und Stufenlehre in Österreich salonfähig und akzeptiert werden, meine Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP), und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Beinahe 50 Prozent der Arbeitslosen in Österreich sind Ungelernte, Menschen, die keine Lehrausbildung haben, die keine berufsbildende mittlere- oder höhere Schule besuchen konnten, und dem wollen wir entgegentreten. Jeder soll die Chance erhalten, eine Lehrausbildung zu absolvieren. In diesem Punkt werden wir nicht lockerlassen, meine Damen und Herren.

Zweiter Punkt – der ÖAAB und unser Minister Fasslabend trommeln da schon seit einigen Monaten –: Wir wollen im öffentlichen Dienst Startjobs für junge Akademiker schaffen. Das ist, meine Damen und Herren, eine ganz wichtige Forderung. Wir wollen Startjobs für junge Akademiker schaffen, damit sie in das Berufsleben eintreten können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf Ihnen eine erfreuliche Mitteilung machen: Am nächsten Montag werden im Land Vorarlberg die ersten Startjobs für junge Akademiker geschaffen. Die ersten vier jungen Akademiker beginnen ihren Dienst im Bereich des Landesdienstes Vorarlberg und können dort eine Ausbildung absolvieren. Dies erfolgt gemeinsam mit der Wirtschaft. Es gibt eine Vereinbarung zwischen Wirtschaftsunternehmen und dem Land Vorarlberg, wonach junge Akademiker ausgebildet werden und neun Monate tätig sein können. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir dieses Modell auf den Bundesdienst übertragen würden, dann würde das bedeuten, daß wir 500 Startjobs in ganz Österreich anbieten könnten, meine Damen und Herren. Diese Forderung, diesen Wunsch möchten wir heute hier deponieren, und ich bitte, daß wir da an einem Strang ziehen, um Startjobs für junge Menschen zu schaffen, damit sie in das Berufsleben eintreten können und nicht bangen müssen, keinen Arbeitsplatz zu finden.

Zweites großes Anliegen: der Wiedereinstieg der Frauen ins Berufsleben. Das ist ein ganz wichtiger Punkt des nationalen Beschäftigungsprogrammes, den wir vorantreiben müssen. Ich bringe auch einen ganz konkreten Vorschlag dazu. Es wäre doch sinnvoll, Arbeitsstiftungen für Frauen zu schaffen, genauso wie wir das für die Spediteure oder für die Beschäftigten in der Nahrungsmittelindustrie gemacht haben. Wir sind für Arbeitsstiftungen für junge Frauen, die in das Berufsleben zurückkehren wollen.

Man sollte auch die Wiedereingliederungshilfen für die Frauen verbessern, diese attraktiver gestalten und dazu noch Aktivitäten überlegen.

Ich komme schon zum Schluß: Ich erwarte mir von diesem nationalen Aktionsplan für Beschäftigung klare und eindeutige Aussagen, nicht einen Wust an Papier, sondern einige wenige klare Aussagen, an denen wir uns in der Arbeitsmarktpolitik orientieren können und an denen sich auch die älteren Arbeitnehmer orientieren können, damit sie wissen, was sie erwartet, welche Chancen sie haben, in welche Richtung sie arbeiten sollen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt. ) Das ist unser Wunsch, und daran werden wir auch weiterhin arbeiten, Frau Dr. Schmidt: daß ein solcher nationaler Beschäftigungsplan für Österreich zustande kommt – mit konkreten Aussagen, konkreten Vorschlägen, konkreten Alternativen für Beschäftigung und


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mit dem Ziel, die Vollbeschäftigung in Österreich wiederzuerlangen! Das ist unser Ziel, unser Anliegen, und daran werden wir weiterhin arbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

12.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schreiner. – Bitte.

12.16

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir reden über die Beschäftigungspolitik beziehungsweise über das Beschäftigungsprogramm der Bundesregierung, aber es fehlt auf der Regierungsbank der Bundeskanzler, der doch immer vollmundig über die Beschäftigungsinitiative, auch jene innerhalb der Europäischen Union, gesprochen hat.

Herr Verteidigungsminister! Sie sind jemand, der in seinem Ministerium 2 000 Planstellen abgebaut hat und der durch die Reduktion des Milizsystems einen negativen Beschäftigungseffekt setzen wird. (Bundesminister Dr. Fasslabend: Nein, einen positiven!) Und Sie, Frau Hostasch, sind eine Bundesministerin, die eher mehr Hemmnisse aufbaut als positiv zu Beschäftigungseffekten beiträgt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich nenne nur ein Stichwort: Allen Unternehmern stehen die Haare zu Berge, wenn sie an die Werkvertragsregelung denken. Das ist ein negativer Beschäftigungseffekt und kein positiver, und der kam direkt aus Ihrem Ressort.

Meine Damen und Herren! Ich stelle drei Dinge klar: Beschäftigung schaffen Unternehmer und nicht die Regierung. Die Regierung sollte dafür optimale Rahmenbedingungen schaffen. Die Frage ist erlaubt: Tut sie das wirklich? Die Regierung und der Staat können nur Anreize schaffen, aber keine Arbeitsplätze, doch diese Anreize vermissen wir. Es gibt momentan mehr Hindernisse als Anreize.

Hohes Haus! Ich nenne dafür nur ein paar Beispiele, die in der Vergangenheit von diesem Haus beschlossen worden sind und bei denen die Regierung über Verordnungen in den Ministerien noch einiges dazu getan hat, daß das Ergebnis für die Beschäftigung in dieser Republik eher negativ ausgegangen ist. Ich habe schon die Werkvertragsregelung als ein Beispiel dafür erwähnt.

Frau Bundesministerin! Es wurden zwei Belastungspakete beschlossen, die den Nettolohn für die Arbeitnehmer reduziert haben, wodurch ein negativer Kaufkrafteffekt entstanden ist. Verminderte Kaufkraft bedeutet geringere Beschäftigung. Kollege Haigermoser, du wirst mir recht geben, denn in deinem Kaufhaus hast du das sicherlich schon gespürt. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dritter Punkt: 102 Prozent Lohnnebenkosten.

Herr Präsident, ich bin völlig Ihrer Meinung: Nicht Löhne senken, um Arbeit zu schaffen, sondern Steuern senken, um Arbeit zu schaffen! Aber warum setzen Sie sich in dieser Frage nicht durch – bei 102 Prozent Lohnnebenkosten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vierter Punkt: Jungunternehmer sollen gefördert werden. Ein Jungunternehmer muß, wenn er für sein Unternehmen als Rechtsform eine Gesellschaft m.b.H. wählt, eine Mindestkörperschaftsteuer zahlen. Er hat zwar noch überhaupt nichts verdient, aber der Finanzminister sagt: 25 000 S gleich im ersten Jahr auf meine Hand!

Wir haben in Österreich 38 Steuern- und Abgabenarten. Kollege Kiermaier, hast du dir das schon einmal bei deinem Betrieb durchgerechnet? 38 Steuern und Abgaben mußt du, wenn du sie alle bezahlst, immer auf deinen Zahlschein schreiben. 38! Wir haben initiiert, das einmal auf OECD-Niveau herabzusetzen, und zwar auf etwa 21. Aber jeder Entschließungsantrag, der von den Freiheitlichen kommt, wird hier in diesem Hohen Hause von Ihnen niedergestimmt, auch wenn er einen vernünftigen Vorschlag darstellt. Die große Koalition will einfach davon nichts hören.


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Es gibt ein paar Bereiche, für die wir Ihnen sehr genau vorgerechnet und dargelegt haben, wie günstige Beschäftigungseffekte zu erzielen wären. Dazu gehört das "ewige" Thema der Nichtentsteuerung von Gewinnen, die im Unternehmen verbleiben. Die Wirtschaftskammer befürwortet dieses Konzept, und wenn sie mit Unternehmen spricht, sagt sie: Ja, das ist eine gute Sache, ihr kann man nähertreten. Aber, Herr Kollege Stummvoll: Jeder Entschließungsantrag in dieser Richtung wird von Ihnen hier in diesem Haus abgelehnt!

Genauso ist es mit der Getränkesteuer. Da sammeln Sie bei den Gastwirten und beim Lebensmittelhandel 300 000 Unterschriften, aber der gleiche Antrag, den Sie von Unternehmern unterschreiben lassen, wird hier im Parlament von Ihnen – von den gleichen, die sammeln – abgelehnt. (Abg. Dr. Stummvoll: Das war ein Lösungsvorschlag!) Das nenne ich Doppelbödigkeit! Auf diese Weise können Sie keine Wirtschaftspolitik und auch keine Beschäftigungspolitik machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Stummvoll! Sie müßten sich einmal fünf Jahre als Generalsekretär der Wirtschaftskammer karenzieren lassen, um ein Unternehmen zu führen. Dann sollten Sie wieder zurückgehen, und dann würden Sie merken, was es heißt, Unternehmer zu sein! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Wir haben eine Gesamtverantwortung!)

Ein letztes Thema: die Frage der EU-Osterweiterung. Es ist heute schon angeschnitten worden. Herr Kollege ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (fortsetzend): Die Zustimmung zur EU-Osterweiterung wird für uns nur dann möglich sein, wenn wirtschaftliche Konvergenz gegeben ist. Bei 3 Prozent Wirtschaftswachstum in Tschechien werden 28 Jahre vergehen müssen, damit das gleiche Lohnniveau wie in Österreich erreicht wird. Erst dann kann es eine EU-Osterweiterung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf als weiteren ausländischen Gast den Vizepräsidenten des Parlaments von Estland, Herrn Tunne Kelam, begrüßen. Er hält sich aus Anlaß des Nationalfeiertags von Estland hier in Österreich auf. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Peter. Die Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

12.22

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Es gibt wohl wenige Themen, die politisch schwerwiegender sind als die Frage der Beschäftigung und der Vollbeschäftigung. Das Liberale Forum hält die Vollbeschäftigung für ein politisches Ziel, allerdings sind wir im Unterschied zu vielen der Vorredner, die sich bisher dazu geäußert haben, der Ansicht, daß dieses Ziel in der Form, die wir bisher gewohnt waren, nicht erreichbar sein wird.

Es gibt heute zwei Arbeitsmärkte, das müssen Sie trotz aller politischen Rhetorik zur Kenntnis nehmen. Der eine ist der Arbeitsmarkt der Nachfrage. Dort scheiden jedes Jahr 10 Prozent der Mitarbeiter – im wesentlichen aus Qualifikationsgründen – aus dem Arbeitsprozeß aus, und es wird ein ebenso hoher Prozentsatz an neuen Mitarbeitern gebraucht. Das ist die Geschwindigkeit, mit der sich die Technologien und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändern. Am Ende der Dekade, in der wir uns jetzt befinden, werden 80 Prozent der heute gebräuchlichen Technologien nicht mehr marktkonform sein.

Unser Problem ist, daß sich der Nachfrage-Arbeitsmarkt mit einem Faktor von 10 Prozent pro Jahr sehr schnell entwickelt, während die Angebote am Arbeitsmarkt sich nur mit 2 bis 3 Prozent pro Jahr verändern. In dieser Hinsicht stimme ich all denen zu, die über Bildungspolitik gesprochen haben. Dies wird in der ganz konkreten Frage der Beschäftigung in Österreich der Schlüssel sein: Gelingt es uns, dies in der Bildungspolitik den Menschen in unserem Lande für


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die Weiterbildung, für das lebenslange Lernen mitzugeben? Können wir sie in der Geschwindigkeit weiterentwickeln, wie sich die wirtschaftlichen Märkte entwickeln und wie sich die Nachfrage entwickelt?

Viele Vorredner haben sich sehr intensiv mit der Frage der Beschäftigung befaßt, aber kein einziger von ihnen hat das Wort "Kunde" in den Mund genommen. Alle reden von Beschäftigungspolitik wie die Zauberlehrlinge, und eine Rakete nach der anderen wird hochgeschossen: Da macht der Herr Schüssel 40 000 neue Jungunternehmer, dort macht der Herr Vranitzky dann 50 000 neue Beschäftigte, und jetzt macht der Herr Klima 100 000 neue Beschäftigte – eine Rakete nach der anderen! Aber niemand, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, spricht hier von denen, welche Beschäftigung schaffen: Das sind die Kunden, das ist die Nachfrage der Kunden.

Der Dr. Haider und leider auch der Herr Schreiner wollen uns sogar von unseren neuen Märkten abschneiden, indem sie sich gegen die EU-Erweiterung aussprechen. Selbstverständlich muß diese auch sozial und beschäftigungspolitisch harmonisiert werden. Aber dort sind die neuen Märkte.

Herr Fasslabend spricht von der Frage des privaten Konsums. Herr Bundesminister, genau das ist unser Problem! Der private Konsum steigt wegen der Steuerpolitik und der Einkommenspolitik, die Sie und diese Bundesregierung betrieben haben, heute nominell nur noch in ganz geringem Ausmaß, und real sinkt er. Da fehlt uns die Nachfrage, nicht zuletzt der private Konsum im Bereich der touristischen Nachfrage, die in Österreich sehr stark zurückgegangen ist.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie über Beschäftigungspolitik diskutieren – viele von Ihnen haben das getan – und dabei die Worte "Kunde", "Markt", "Kundenbedürfnis" oder "Kundenorientierung" nicht einmal in den Mund nehmen, dann zeihe ich Sie des Zauberlehrlingtums. Sie versuchen, in einem Topf umzurühren, obwohl Sie nicht wirklich darüber nachgedacht haben, wo die Beschäftigung entsteht. Österreich ist ein Volk von Selbständigen, nur haben wir zuwenig offizielle Selbständige und zu viele inoffizielle Selbständige! Wir haben eine Selbständigenrate von 18 Prozent in Österreich, aber nur ein Drittel davon steht in der Legalität. Zwei Drittel sind in der Illegalität, in der Schwarzarbeit, im Pfusch selbständig, und Sie geben ihnen mit Ihrer Politik nicht die Möglichkeit, aus diesem Bereich herauszukommen.

Ja, Frau Bundesministerin, es gibt die organisierte Schwarzarbeit, und es ist eine politische Aufgabe, diese zu bekämpfen. Gar keine Frage! Aber denken Sie einmal darüber nach, warum diese 500 000 nicht registrierten Selbständigen den Weg in die nicht registrierte Selbständigkeit – sprich: Schwarzarbeit und Pfusch – gesucht haben. Hat das vielleicht mit Ihren Rahmenbedingungen zu tun? Sind vielleicht die Arbeitskosten in Relation zu den Bruttolöhnen zu hoch – 100 Prozent –, daß es sich daher lohnt, im schwarzen Bereich zu arbeiten? Sind die Bürokratiehürden, die Sie aufgebaut haben, für die unregistrierten Selbständigen zu hoch, daß sie den Weg in die registrierte Selbständigkeit nicht gehen? Sind vielleicht die sozialen und arbeitsrechtlichen Absicherungen – Herr Präsident des Gewerkschaftsbundes! – heute so, daß es eine neue Armut bei Kleinunternehmern gibt?

Das sind Punkte, die wir einmal überlegen sollten. Warum sollte jemand, der 35 000 S brutto verdient und sich im geschützten Bereich des Arbeitsrechtes, des Sozialrechtes, der Abfertigung, des Kündigungsschutzes befindet, in die Kälte der Selbständigkeit hinausgehen? Haben Sie die richtige Politik gemacht, um die vielen aktiven jungen Menschen in Österreich zu ermutigen, die sagen: Ja, ich bin jemand, der eigentlich Unternehmer werden will!, oder behindern Sie sie?

Meine Damen und Herren! Wenn wir wieder einmal über Beschäftigung diskutieren, bitte ich Sie: Reden wir auch über Märkte und Kunden und verkünden wir nicht nur Stehsätze darüber, damit wir nicht wie die Zauberlehrlinge im Topf der Beschäftigungspolitik rühren! (Beifall beim Liberalen Forum.)


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12.27


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gabriela Moser.

12.27

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute geht es um Existenzsicherung, heute geht es um sichere Beschäftigungspolitik. Heute soll es auch um die Sicherung unserer Lebensgrundlagen gehen.

Wenn man einer Studie von Emmerich Tálos glaubt, dann steht uns in Österreich leider täglich das Faktum vor Augen, daß an die eine Million Menschen praktisch unter dem Existenzminimum leben – trotz Wirtschaftswachstum, trotz steigender Exportzahlen, trotz Ambitionen, Vorstößen und nationalen Beschäftigungsplänen. Wenn wir anderen Studien glauben – insbesondere dem Institut für Höhere Studien –, dann war im Jahr 1997 jeder fünfte werktätige Österreicher oder jede fünfte Österreicherin einmal von Arbeitslosigkeit betroffen! Das sind Fakten, die studienmäßig belegt sind und die zeigen, wie unsicher die Beschäftigungssituation ist, wie unsicher die Existenz ist und wie unsicher unsere Lebensgrundlagen im Arbeitsbereich insgesamt sind.

Ähnlich unsicher sind unsere Lebensgrundlagen auch im prinzipiellen gesundheitlichen Bereich, im prinzipiellen Überlebensbereich angesichts der Tatsache, daß jetzt 35 Kilometer nördlich der Grenze nahe Haugsdorf und 90 oder 95 Kilometer nördlich von Wien eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird über ein Zwischenlager von atomarem Abfall. Dort, 35 Kilometer vor unserer Haustür, sollen atomare Brennelemente 40 Jahre lang gelagert werden, und zwar in Kombination mit vier Reaktorblöcken eines alten, sicherheitsgefährdenden, risikoreichen Atomkraftwerkes in Dukovany. Angesichts dieser Sicherheitsbedrohung und dieser Bedrohung unserer Existenz unweit von Wien – für 40 Jahre ein Zwischenlager, dazu das Höchstsicherheitsrisiko Dukovany – tut die Regierung nichts! (Abg. Dr. Haselsteiner: Das hat aber mit Arbeitsmarktpolitik wenig zu tun!)

Es gibt auf der einen Seite die Untätigkeit der Regierung im Beschäftigungsbereich. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß die aktive Arbeitsmarktpolitik der Regierung mit 1,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Vergleich mit dem europäischen Durchschnitt eher weiter unten angesiedelt ist. In Finnland, in Schweden oder in Dänemark sind die Prozentsätze viel höher. In Finnland beträgt die aktive Arbeitsmarktpolitik meiner Erinnerung nach sogar 6,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Es zeigt sich also die Untätigkeit der Regierung in diesem Bereich, es gibt sie aber vor allem in Sachen Existenzsicherung, in Sachen Parteienstellung und in Sachen Einwendung gegen Dukovany. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Was ist da möglich?)

Was ist möglich? – Möglich ist zumindest das, was wir im Jahre 1992 mit Umweltministerin Rauch-Kallat auf die Beine stellen konnten: ein offizieller Protest. Davon ist bisher nichts zu sehen. Klima protestiert nicht, Prammer schickt eine Pressemeldung aus. Was steht in der Pressemeldung? – Sämtliche Schritte werden unternommen, in höchster Verantwortung. Das ist alles: vier Wörter in der APA.

Während diese vier Wörter in der APA stehen, wird gleichzeitig daran geplant, daß für 40 Jahre hochgefährlicher radioaktiver Müll direkt vor unserer Haustür lagert. Das ist verabsäumte Sicherheitspolitik! Jetzt läuft schon der Countdown: 30 Tage beträgt die Einwendungsfrist. Begonnen hat sie am 16. Februar, und jetzt haben wir bereits den 15. Tag. Wir wollen keinen Atommüll! (Die Rednerin entrollt ein weißes Transparent, das überschrieben ist mit "Atommüllager Dukovany", und hält es hoch.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Sie stehen beim Gesundheitsthema – zu Recht – auf der Rednerliste. Aber jetzt sind wir bei der Beschäftigungspolitik.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Wir wollen verhindern, daß direkt vor unserer Haustür lebensbedrohendes Material gelagert wird. Der Countdown läuft nur noch 16 Tage, und Sie sind untätig! (Beifall bei den Grünen.)

12.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Außerdem dauert die Aktuelle Stunde jetzt schon 90 Minuten, und das ist gemäß Geschäftsordnung ohnehin an der Obergrenze.

Ich erkläre daher die Aktuelle Stunde für beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3610/J bis 3676/J.

Zurückziehung: 3630/J.

Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates: 23/JPR bis 25/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 3312/AB bis 3438/AB.

Beilage zur Anfragebeantwortung: Zu 3413/AB.

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates): 22/ABPR bis 24/ABPR.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Zustellgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert werden (1044 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsgesetz geändert wird (1049 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Behörden-Überleitungsgesetz, das AIDS-Gesetz 1993, das Bundesgesetz über natürliche Heilvorkommen und Kurorte, das Rezeptpflichtgesetz und das Arzneimittelgesetz geändert werden (1077 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz geändert wird (1078 der Beilagen),

Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz – FBG (1079 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Änderung des Nationalbankgesetzes 1984, des Scheidemünzengesetzes, des Schillinggesetzes, des Devisengesetzes und des Kapitalmarktgesetzes, die Aufhebung des Übergangsrechtes anläßlich einer Novelle zum Nationalbankgesetz 1955, des Bundesgesetzes vom 12. Jänner 1923 betreffend Überleitung der Geschäfte der Österreichisch-Ungarischen Bank, österreichische Geschäftsführung, auf die Oesterreichische Nationalbank, des Bundesgesetzes vom 18. März 1959 betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzinstitutionen, BGBl. Nr. 74/1959 und des Bundesgesetzes betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzsituationen, BGBl. Nr. 171/1991 (1080 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:


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Budgetausschuß:

Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend Verfügungen über unbewegliches Bundesvermögen im Jahr 1997 (Vorlage 31 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 65 Abs. 5 des Bundeshaushaltsgesetzes über das Eingehen, die Prolongierung und die Konvertierung von Finanzschulden und Währungstauschverträgen im Finanzjahr 1997 (Vorlage 32 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Übernahme von Bundeshaftungen im Jahre 1997 (Vorlage 33 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 4. Quartal 1997 (Vorlage 34 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 27 (3) beziehungsweise § 28 (4) BHG, BGBl. Nr. 213/1986, in Zusammenhang mit P 3 des Allgemeinen Teiles des Fahrzeugplanes und P 4 des Allgemeinen Teiles des Planes für Datenverarbeitungsanlagen für das Jahr 1997 (Vorlage 35 BA).

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuß:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Ukraine über Informationsaustausch und Zusammenarbeit auf dem Gebiete der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes samt Anlagen (1042 der Beilagen);

Finanzausschuß:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (942 der Beilagen);

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit und die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen (1052 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Verkehrsausschuß:

Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr gemäß § 3 (4) Poststrukturgesetz – PTSG 1996, BGBl. Nr. 201/1996 über die von der Post und Telekom Austria AG erbrachten gemeinschaftlichen Leistungen im Rumpfjahr 1996 (III-115 der Beilagen);

Wirtschaftsausschuß:

Berufsbildungsbericht 1997 des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (III-117 der Beilagen);

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr betreffend Studienförderung und Studieneinstiegsalter aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 10. Juli 1997, E 73-NR/XX. GP (III-116 der Beilagen).


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C) Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 GOG:

Verlangen der Abgeordneten Andreas Wabl, Mag. Thomas Barmüller, Ute Apfelbeck und Genossen auf Prüfung rechtswidriger Vorgänge im Zusammenhang mit Genehmigung und teilweisem Bau (Wanne Stainach, Sallaberger Brücke) der "ennsnahen Trasse" und daraus resultierende finanzielle Belastungen des Bundes; aussichtslose Klagsführungen des Bundes gegen Bürger/innen, die gegen diese rechtswidrigen Vorgänge Widerstand geleistet haben. (Eingelangt am 3. Februar 1998.)

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters gebe ich bekannt, daß der Elfte Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an die Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

Ich bedanke mich bei der Frau Bundesministerin und beim Herrn Bundesminister.

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Klub des Liberalen Forums hat gemäß § 74a Abs. 2 der Geschäftsordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 686/A (E) der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen betreffend Reparatur der Sozialversicherungspflicht für Freie Dienstverträge und Neue Selbständige dringlich zu behandeln.

Da die entsprechenden Voraussetzungen für eine dringliche Behandlung gegeben sind, wird dieser Dringliche Antrag um 15 Uhr aufgerufen werden.

Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters gebe ich bekannt, daß Herr Abgeordneter Mag. Trattner beantragt hat, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 47/A (E) der Abgeordneten Böhacker und Genossen betreffend kalte Progression eine Frist bis zum 15. Mai zu setzen.

Hier liegt auch das Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Antrag durchzuführen. Da soeben die Behandlung eines Dringlichen Antrages bekanntgegeben wurde, wird die Kurzdebatte im Anschluß an die Diskussion zum Dringlichen Antrag stattfinden. Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird unmittelbar nach Beendigung der diesbezüglichen Debatte erfolgen.

Schließlich darf ich mitteilen, daß Herr Abgeordneter Mag. Stadler beantragt hat, dem Justizausschuß zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen betreffend Maßnahmenpaket für einen umfassenden Schutz der Kinder eine Frist bis zum 6. Juli 1998 zu setzen. Es handelt sich um den Antrag 464/A (E).

Dieser Antrag wird nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht. Eine Debatte ist nicht beantragt worden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was die heutige Tagesordnung betrifft, liegt mir der Vorschlag vor, die Punkte 1 bis 4, 5 und 6, 7 bis 16, 18 und 19 sowie 20 und 21 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung ein.


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Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz haben wir Übereinstimmung über Gestaltung und Dauer der Debatten der heutigen Tagesordnung wie folgt erzielt. Es ist eine Tagesblockredezeit von sieben "Wiener Stunden" in Aussicht genommen, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 105 Minuten, ÖVP 98 Minuten, Freiheitliche 91 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 63 Minuten.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden.

Ich frage: Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist diese Vorgangsweise vom Plenum genehmigt.

1. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses betreffend den Gesundheitsbericht 1997 der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales (Berichtszeitraum 1993 – 1995) (III-105/955 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 401/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Lücken im Meldewesen bei übertragbaren oder gefährlichen Krankheiten, insbesondere Creutzfeldt-Jakob-Syndrom (957 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 402/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend Impfschadengesetz (958 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 412/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend drohende Spitalslastigkeit durch neue Finanzstrukturen im Gesundheitswesen (959 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ein Vorschlag auf mündliche Berichterstattung liegt nicht vor.

Damit kommen wir zu den Wortmeldungen. Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Es wird eine freiwillige Redezeit von 7 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.37

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn die Aktuelle Stunde 90 Minuten dauert, so ist das noch gar nichts im Vergleich zum Gesundheitsbericht: Es hat mehr als drei Jahre gedauert, bis er dem Hohen Haus vorgelegt worden ist. Sein Berichtszeitraum erstreckt sich von 1993 bis 1995, und da wir jetzt das Jahr 1998 schreiben, kann man bei diesem Gesundheitsbericht nicht einmal mehr von einem "Bericht", sondern eher von einer "Chronik" sprechen.

Frau Bundesministerin! Ich denke, Sie sind aufgerufen, in Zukunft die Gesundheitsberichte rechtzeitig dem Hohen Haus vorzulegen, damit der Aktualitätsanspruch gewahrt bleibt. Denn man kann nicht sagen, daß in einer Zeit, in der gerade im Gesundheitswesen in Österreich so


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rasante Änderungen vor sich gehen, drei Jahre nach Abschluß des Berichtszeitraumes ein solcher Bericht noch aktuell wäre oder daß ein Aktualitätsanspruch für diesen Bericht bestünde, wenn wir heute darüber diskutieren.

Noch skandalöser ist, wieviel in diesem Bericht nicht enthalten ist, Frau Bundesministerin! Denn der Berichtszeitraum erstreckt sich auch über eine Zeit, in der es ein Gesundheitsministerium gab. Daher sollte der jetzt ausgelagerte Bereich, den Frau Ministerin Prammer zu verwalten hat, auch darin vorzufinden sein. Dieser ist aber ausgegliedert worden, und so sind wichtige Bereiche wie der Strahlenschutz oder das Veterinärwesen im Gesundheitsbericht überhaupt nicht mehr enthalten, ebenso das Ernährungswesen oder die Nahrungsmittelkontrolle – und das zu einer Zeit, zu der wir fast täglich aus den Zeitungen erfahren müssen, daß die Nahrungsmittel großteils verdorben sind. Erst kürzlich war beispielsweise wieder über 30, 40 oder 50 Prozent verdorbene Fischproben zu lesen. Das ist in dem Bericht nicht mehr enthalten, sondern das wurde ausgelagert. Es wird nicht mehr darüber berichtet. Man will nicht mehr darüber berichten.

Ebensowenig will man beispielsweise über den Gesundheitszustand unserer Schuljugend berichten. Es wurde festgestellt, daß die Schuljugend zu 75 Prozent krankheitsbedingte Schäden hat. Was aber hat man getan, nachdem man eine genaue Statistik geführt und dies festgestellt hatte? – Statt darauf zu reagieren und dem entgegenzuwirken, wie es die Aufgabe der Gesundheitspolitiker dieses Landes und der großen Koalition wäre, hat man diese Statistik gestrichen. Man macht die Statistik nicht mehr, damit man nicht mehr erfährt, wie krank unsere Schuljugend ist!

Daher werden wir heute auch einen entsprechenden Antrag einbringen, daß die schulärztliche Versorgung verbessert wird und vieles mehr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Bericht werden die Ausgaben genannt. Wir haben 1995 im Gesundheitsbereich Ausgaben in der Höhe von 185 Milliarden Schilling gehabt. Wir haben aber in der Zwischenzeit Sparpakete beschlossen, und bei der Diskussion um die Sparpakete ist man von ganz anderen Zahlen ausgegangen. Während jetzt 8,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für das Gesundheitswesen ausgegeben werden, waren es damals noch 9,6 Prozent. Die Krankenkassen, die in bezug auf ihren Verwaltungsaufwand überhaupt nicht sparen wollen, haben Zeter und Mordio geschrien und gesagt: Wir müssen sparen, wir müssen ein Sparpaket auf dem Rücken der Patienten machen, wir führen die Krankenscheingebühr ein, damit wir uns sanieren können. Wir erhöhen auf einen Schlag die Rezeptgebühr um 20 Prozent, wir erhöhen die Selbstbehalte im Kurbereich, im Rehab-Bereich und vieles andere mehr.

All das passierte unter dem Vorwand, die Gesundheitsausgaben seien zu hoch. Und da hat man uns wirklich hinters Licht geführt. Die Regierungsparteien haben bei diesem Szenario voll mitgespielt und die Gesetze zu Lasten der Bürger geändert. Das war aber völlig falsch und ungerechtfertigt, wie man sieht, weil die Krankenkassen mittlerweile schon wieder Gewinne schreiben, aber trotzdem nicht gewillt sind, die Belastungen, die mit den Sparpaketen eingeführt wurden, wieder zurückzunehmen. Ich erwähne hier nur die Krankenscheingebühr, bei der man gesagt hat, mit der Chipkarte fällt diese wieder weg, jetzt spricht man von der Chipkarte und von der Beibehaltung der Krankenscheingebühr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Zahlenspiel, diese getürkten Zahlen, mit denen man uns – gerade die Oppositionsparteien – im Parlament getäuscht hat und aufgrund derer man ein Sparpaket nach dem anderen durchgedrückt hat, sind ein himmelschreiender Skandal, und ich wundere mich, daß Sie darauf überhaupt nie reagiert haben, Frau Bundesministerin! Sie haben das zur Kenntnis genommen, Sie haben all das mitgetragen, ja, ich vermute sogar, daß Sie auch mitgespielt haben, daß diese horrenden Zahlen über die Ausgaben für das Gesundheitswesen veröffentlicht wurden. Man hat sogar die Zahlen des veterinärmedizinischen Dienstes hinzugenommen und miteingegliedert, damit ja recht hohe Beträge herauskommen.

Es gäbe noch sehr viel dazu zu sagen, ich möchte aber nur darauf hinweisen, daß es im Zuge der neuen LKF, der Spitalsfinanzierung, aufgrund der beschränkten, der limitierten Beitragszahlung der Krankenkassen zur Spitalsfinanzierung unweigerlich zu der von uns prognosti


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zierten Spitalslastigkeit gekommen ist. Viele Menschen werden jetzt in Spitäler eingewiesen, obwohl es für sie gar nicht notwendig wäre. Es ist nicht gut für Patienten, unnötig in ein Spital aufgenommen zu werden – ganz abgesehen davon, daß dadurch auch die Kosten in den Spitälern enorm hoch sind.

Daher ist auch hier Handlungsbedarf gegeben, damit wir diese Spitalslastigkeit wieder zurückdrängen. Sie haben zwar schon davon gesprochen, daß Sie es machen werden, Frau Ministerin, aber gehandelt haben Sie noch nicht.

Wir haben weiters das Problem, daß 1997 500 Millionen Schilling an Geldern in Spitälern ausgegeben wurden, die nicht hereingebracht werden können, weil wir ausländischen Patienten, die in Österreich behandelt werden, aufgrund EU-rechtlicher Bestimmungen und einer Gesetzeslücke keine Rechnung zustellen können. 500 Millionen Schilling betrug der Abgang – unwiederbringlich, uneinbringlich – 1997, und 1998 wird dasselbe sein. Während die Österreicher im Ausland bar bezahlen und in Österreich Wochen und Monate auf ein Bett warten müssen, werden die Ausländer bei uns größtenteils gratis behandelt, weil wir ihnen die Rechnung nicht zustellen können.

Damit diese Misere für das Jahr 1998 beseitigt wird, bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pumberger, Dr. Povysil, Mag. Haupt, Mag. Trattner betreffend Gratisbehandlung ausländischer Patienten in Österreichs Krankenhäusern

"Der Bundesminister für Finanzen wird dringend ersucht, in Zusammenarbeit mit der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales die Gesetzeslücken im Bereich des Mehrwertsteuerrechtes für Krankenhäuser und des Beihilfengesetzes zu schließen, sodaß auch an Ausländern erbrachte Spitalsleistungen ordnungsgemäß fakturiert und eingehoben werden können, um betriebswirtschaftlichen Schaden von Österreichs Spitalserhaltern und volkswirtschaftlichen sowie gesundheitlichen Schaden von Österreichs Bevölkerung abzuwenden."

*****

Ich bitte Sie, diesem Antrag beizutreten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag liegt vor, er ist ordnungsgemäß unterfertigt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Onodi. – Bitte.

12.45

Abgeordnete Heidemaria Onodi (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Anfang der neunziger Jahre sahen wir uns mit einer Entwicklung konfrontiert, daß sich die Kosten des Gesundheitswesens im Verhältnis zum BIP überproportional entwickelten. Heute können wir mit Recht behaupten, daß es gelungen ist, dieser Entwicklung gegenzusteuern. Mit den Regierungserklärungen im Dezember 1990 und 1994 wurde der Startschuß zu einer Umstellung der Krankenanstaltenfinanzierung und einer Neubestimmung des Gesundheitsbegriffes gegeben. Wichtige gesetzliche Neuerungen wurden beschlossen. Um nur einige Bereiche zu nennen: Neu geregelt wurden das Krankenanstaltenwesen, die Angelegenheiten von Kurorten und Heilvorkommen, die Ausbildung im Bereich der Gesundheitsberufe, das Ärztegesetz, das Arzneimittel- und das Medizinproduktegesetz. – Innerhalb kürzester Zeit ist hier ein enormes Reformwerk in Angriff genommen worden, und dies war notwendig, weil sonst die Gesundheitsversorgung für die Bürger unseres Landes mittelfristig vielleicht nicht mehr so gewährleistet gewesen wäre.


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Der vorliegende Gesundheitsbericht, sehr geehrte Damen und Herren, zeigt, daß wir im großen und ganzen auf dem richtigen Weg sind. Immerhin haben wir es geschafft, daß dieses wichtige Stück sozialer Sicherheit weiterhin allen Bürgern frei zugänglich bleibt und daß jeder Versorgung bekommt, wann er sie braucht. Allerdings darf dieses Reformwerk auch nicht stillstehen. Es bedarf Ergänzungen, Verfeinerungen.

Aus der Umsetzung der Artikel-15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern betreffend den Krankenanstaltenplan ergeben sich Erweiterungen in den Bereichen Abteilung für geriatrische Mobilisation und auch im Sonderfall Psychiatrie. Bei diesen Erweiterungen der Vereinbarungen geht es darum, durch planvolle Umwidmungen der bestehenden Einrichtung eine optimale Versorgung der Bevölkerung mit all den wichtigen Fachrichtungen der Krankenhausmedizin zu gewährleisten.

Die Gesundheit muß uns allen, die wir täglich von Krankheit betroffen sein können, auch etwas wert sein. Und gerade wir haben bewiesen, daß wir nicht leichtfertig mit diesem Gut umgehen.

Als international anerkanntes Netzwerk konnte die Gesundheitsförderung auch in den Krankenhäusern etabliert werden. Die erste österreichische Konferenz gesundheitsfördernder Krankenhäuser fand 1996 mit großem Erfolg statt. Weiters wurden im Rahmen des Netzwerkes Arbeitstreffen für interessierte Spitäler sowie Seminare oder einschlägige Themen angeboten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade die Verbesserung der Ausbildung im Krankenpflegefachdienst war ein Meilenstein. Für die Sicherung einer professionellen Pflege ist eine gute und zeitgemäße Ausbildung unerläßlich und kann jetzt zum Teil schon umgesetzt werden.

Die Gesichtspunkte dieses Berichtes wurden erfüllt, nämlich die Standortbestimmung, dann ein Vergleich mit den Zielen, die wir vorgehabt haben, aber auch ein Ausblick auf die zukünftigen Aktivitäten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Motter. – Bitte.

12.49

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesundheitsbericht beziehungsweise die Gesundheit in diesem Lande ist anscheinend nicht von großem Interesse. Selbst an einem Fasttag wie dem Aschermittwoch ist das Mittagessen viel wichtiger, als über die Gesundheit zu diskutieren. (Abg. Tichy-Schreder: Auch das Mittagessen ist für die Gesundheit wichtig!) Sie sind ja anwesend, Sie sind nicht angesprochen, Frau Kollegin!

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesundheitsbericht umfaßt den Berichtszeitraum von 1993 bis 1995. Behandelt wurde dieser Bericht bereits am 25. November 1997 und heute, am 25. Februar 1998, steht er zur Diskussion. Meine Damen und Herren! Wahrlich, Schnee von gestern. Trotzdem möchte ich in aller Kürze zu den einzelnen Kapiteln Stellung beziehen. – Frau Kollegin Onodi! Ihre Euphorie kann ich nicht mit Ihnen teilen, und es fällt mir nicht schwer, sie zu widerlegen. Sie werden das auch gleich hören. (Zwischenruf der Abg. Onodi. ) Ich habe das Recht, auch das Negative herauszulesen und festzustellen.

Zum Kapitel 2, gesundheitspolitische Zielsetzungen, die auch in den Regierungserklärungen 1990, 1994 und 1996 sowie im Artikel-15a-Vertrag ähnlich der Spitalsreform 1999 enthalten sind, bei denen die Betonung auf der Qualitätssicherung, der Vorsorgemedizin, dem Einsetzen professionellen Managements, dem optimalen Einsatz der Großgeräte, der gesetzlichen Regelung für Gruppenpraxen, den Sanitätsdiensten und auf einer besseren Ausstattung des extramuralen Bereiches liegt, um nur die wichtigsten Forderungen im gesamten Gesundheitswesen zu nennen, die seit langem im Raum stehen und über die wiederholt diskutiert wurde, muß heute leider festgestellt werden, daß sehr wenig, in manchen Bereichen gar nichts geschehen ist. Darüber kann auch der vorliegende Gesundheitsbericht, Frau Kollegin Onodi, nicht hinwegtäuschen. Es läßt sich leider auch nicht wegdiskutieren, daß gerade Österreich auf dem Gebiet der Ökonomie laut OECD-Bericht nach wie vor hinten nachhinkt.


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Frau Ministerin! In diesem Zusammenhang kann auch ich Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, daß Sie bis heute in keinster Weise bereit waren, über die Forderungen der Oppositionsparteien, die seit langem erhoben wurden, auch nur im Ansatz zu diskutieren.

Zum Kapitel 5, Gesundheitsausgaben: Im Jahr 1995 ergaben sich Gesundheitsausgaben in der Höhe von 185 Milliarden Schilling. Die alte Berechnungsmethode lag bei 227 Milliarden Schilling. Diese neue Berechnungsmethode – angeblich wegen OECD- und EU-Harmonisierung – senkt die Ausgaben statistisch. Der Grund für diese Verminderungen liegt darin, daß die Fürsorgedienste, die Veterinärmedizin und bestimmte Subventionen nicht mehr hinzugerechnet werden. Diese Aktion, Frau Ministerin, ist eine Vernebelungstaktik der Regierung, um niedrige Gesundheitskosten vorzutäuschen.

In diesem Zusammenhang hat uns zum Beispiel der bekannte Gesundheitsökonom Professor Christian Köck glaubwürdig versichert, daß die Ausgliederung der Sozialdienste aus dem Budget eine Augenauswischerei sei und keineswegs die Vergleichbarkeit mit der OECD erhöhe. Vielmehr wurde damit ein Bereich ausgenommen, der extrem hohe Steigerungen in der Gesundheitsvorsorge zu verzeichnen hat.

Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Auch ob das neue LKF-System die Ausgabenspirale nachhaltig eindämmen wird, ist kritisch abzuwarten. Jedenfalls werden Einsparungspotentiale im Gesundheitswesen so lange nicht zu finden sein, solange die Qualitätsprüfung und -sicherung nicht auch im Hinblick auf ihren Erfolg kontrolliert werden.

Kontrolle ist hier ein wichtiger Faktor, und mit einer sogenannten Outcome-Messung meinen wir die Beurteilung des klinisch-medizinischen Ergebnisses, des wirtschaftlichen Ergebnisses und auch die Patientenzufriedenheit. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir sind nämlich der Meinung, daß sich der medizinische Technologie- und Wissenschaftserfolg nur dann fortentwickeln kann, wenn wir diese Kontrolle haben, sich der Kostendruck verringern läßt und wenn auf die sich verändernden Ansprüche und Bedürfnisse der Patienten eingegangen werden kann.

Zu Kapitel 7 des Gesundheitsberichtes ist auch 1998 festzustellen, daß sowohl für eine Reform der ärztlichen wie auch der pflegerischen Ausbildung bis jetzt keine gesetzlichen Regelungen geschaffen worden sind. Es gibt zwar Versprechungen von seiten der Regierungsparteien wie auch von Ihnen, Frau Ministerin, aber bis heute gingen diese Ankündigungen ins Leere. Ich darf Sie noch einmal daran erinnern, daß ich nur aus diesem Grund meinen Antrag zu dieser Thematik zurückgezogen habe, weil ich immer noch Ihren Versprechungen glaube. Frau Bundesministerin, bitte enttäuschen Sie mich nicht! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Insgesamt muß auch im Bereich der Vorsorgemedizin von einer Stagnation gesprochen werden. Impfungen, Vorsorgeuntersuchungserweiterung, insbesondere auch bei Jugendlichen, fallen hier besonders ins Gewicht. Zu den Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen, die bekanntlich um 10 Prozent zurückgegangen sind, müssen Überlegungen angestellt werden, wie man die Mütter weiterhin zu den Gratisuntersuchungen führen kann, ohne daß man wieder große Geldgeschenke verteilen muß. Das ist uns ein echtes Anliegen. Glauben Sie uns, wir sind für die Mutter-Kind-Paß-Untersuchungen, aber wir glauben nicht, daß es dazu Geschenke braucht. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Dr. Leiner.  – Abg. Dr. Leiner: Ich bin ganz Ihrer Meinung!) Danke, Herr Kollege.

Zu kritisieren ist auch, daß keine weiteren Maßnahmen bei den allgemeinen Vorsorgeuntersuchungen geplant sind, und ich stelle es zum wiederholten Male in den Raum, ob es nicht überlegenswert wäre, einen Bonus bei den Krankenversicherungsbeiträgen all jenen zu gewähren, die sich regelmäßig einer solchen Vorsorgeuntersuchung stellen.

Weiters ist die Auflage neuer "Alkoholbücher" zwar löblich, sicher auch kostspielig, Tatsache ist aber, daß der Alkoholmißbrauch ständig zunimmt – bedauerlicherweise bei Jugendlichen und bei Frauen. Leider bleibt auch das Bekenntnis "Therapie statt Strafe" des neuen Suchtmittel


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gesetzes ein Lippenbekenntnis, solange keine ausreichenden Mittel von seiten der Länder zur Verfügung gestellt werden.

Meine Damen und Herren! Zu den Bereichen Gesundheitsförderung in Betrieben und Schulen möchte ich festhalten, daß es nach unserer Ansicht besser wäre, daß diese auf ihre tatsächlich erbrachten Leistungen und auf ihre Sinnhaftigkeit in diesem Ausmaß geprüft werden sollten. Wenn man weiß, daß allein Betriebe unter 100 MitarbeiterInnen jährlich rund 1,2 Milliarden Schilling ausgeben und der vorgeschriebene Einsatz von Sicherheitskräften für gefährliche und weniger gefährliche Betriebe gleichermaßen gilt, so darf hier sicher eine Hinterfragung erlaubt sein. Eine an sich sinnvolle EU-Richtlinie ist in Österreich in einer Form umgesetzt worden, die den Betrieben zum Teil horrende Kosten auferlegt und die Unternehmer geradezu zwingt, bei den MitarbeiterInnen möglichst zu rationalisieren.

Meine Damen und Herren! Ich möchte hier nicht falsch verstanden werden. Meine Kritik richtet sich nicht gegen den ArbeitnehmerInnenschutz im Bereich der Gesundheitsvorsorge an sich, sondern gegen die Methoden und die überhöhten Kosten.

Auch an den Schulen, wo die Betreuung von der öffentlichen Hand finanziert wird, steht angesichts der großen Zahl von Haltungsschäden, von Übergewichtigkeit oder an kariösen Zähnen auch nicht alles zum Besten. Wenn zum Beispiel an den Pflichtschulen durchschnittlich nur eine halbe Minute pro SchülerIn für eine Untersuchung vorgesehen ist, dann kann man sich von der schulärztlichen Betreuung auch in Zukunft nicht viel erwarten.

Es sollten daher meines Erachtens die Schulärzte auch verstärkt in den Unterricht eingebunden werden, doch dies erfordert vor allen Dingen mehr Zeit für die Ärzte, die wichtige Partner in der Früherkennung, auch bei physischen Krankheiten sein könnten.

Abschließend möchte ich festhalten, daß der vorliegende Gesundheitsbericht eine wertvolle Dokumentation von Fakten ist, die allerdings, wie auch schon beim ersten Gesundheitsbericht, keine neuen Erkenntnisse beziehungsweise Verbesserungen in unserem Gesundheitswesen erkennen lassen. Aus diesem Grund lehnen wir Liberale diesen Bericht ab.

Meine Damen und Herren! Zum dritten Tagesordnungspunkt, Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 412/A (E) des Herrn Kollegen Pumberger, möchte ich festhalten, daß wir inhaltlich voll mit diesem Entschließungsantrag konform gehen. Das Impfschadengesetz ist unverständlich, unpräzise und widerspricht dem Grundsatz der Rechtssicherheit und den Vorgaben des Konsumentenschutzes.

Allerdings glaube ich, meine sehr geehrten Damen und Herren der Freiheitlichen, daß die Frist 1. Mai 1997 auch Ihrerseits nicht mehr Gültigkeit haben kann, daher bringe ich heute den Entschließungsantrag – ich gebe zu, er ist teilweise wortidentisch mit dem vorliegenden Antrag der Freiheitlichen – mit einer Terminänderung ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Klara Motter, Dr. Volker Kier und PartnerInnen betreffend Impfschadengesetz, eingebracht im Zuge der Debatte zu Punkt 3 der Tagesordnung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, bis Jahresende 1998 als Ministerialentwurf eine vollkommene Überarbeitung des Impfschadengesetzes zu erstellen,

um den Gesetzestext ohne unnötige Querverweise für betroffene Bürger klar verständlich zu machen,

bestehende Rechtsunsicherheiten aufgrund unpräziser Bestimmungen zu beseitigen,

Impfopfern rasch und unbürokratisch entsprechende Entschädigungen zukommen zu lassen,


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das Impfrisiko besser als bisher abzudecken,

die Impfbereitschaft der Bevölkerung angesichts der steigenden Gefahr von übertragbaren Krankheiten wieder zu verbessern."

*****

Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Dieser Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht worden, unterfertigt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. Die Redezeit ist auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

13.01

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Kollegin Motter! Wir zwei fasten, und am Umfang werdet ihr sie erkennen – am Ende der Fastenzeit! (Beifall bei der ÖVP.)

Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts, und das merken wir vor allem dann, wenn es uns schlecht geht. Wenn wir krank sind, dann merken wir, daß die Gesundheit eigentlich das höchste Gut ist. Gott sei Dank ist es uns in den letzten Jahren und Jahrzehnten gelungen, in der westlichen Welt den Schrecken der Kindersterblichkeit, der Seuchen, der Epidemien weitgehend zurückzudrängen. Trotzdem können wir uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen, die wir errungen haben, sondern wir müssen neue Präventivstrategien entwickeln, wie es auch der Gesundheitsbericht bestätigt. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Die Gesundheitskosten steigen ständig. Der finanzielle Aufwand für das Gesundheitswesen betrug 1960 4,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, 1980 7,9 Prozent, und inzwischen ist er auf 9 Prozent gestiegen. Ich glaube, daß diese Höhe noch nicht das Ende ist. Es werden noch dramatische Ausgaben gefordert werden. Das zeigen die entsprechenden demographischen Kennzahlen – man denke nur an die Alterspyramide, die eine eminente Herausforderung an das Gesundheitswesen ist, vor allem in den nächsten Jahrzehnten.

Die wachsende Freizeitgesellschaft produziert immer mehr Freizeitunfälle mit den entsprechenden Folgeschäden. Hier sind ebenso wie im gesamten Gesundheitswesen Präventivstrategien und neue Ideen notwendig.

Im Rahmen der präklinischen Tätigkeit kommt der Notfallmedizin eine spezielle Bedeutung zu. Gerade durch die erste Sofortmaßnahme können große Folgeschäden verhindert und Leben gerettet werden. Daher vertrete ich auch die Forderung, daß schon in der Schule die Erste-Hilfe-Ausbildung wie das Einmaleins mitgegeben werden soll. Bis der Arzt kommt, können bereits viele Schäden eingetreten sein. Die Ersthilfe, der erste Griff, die erste richtige Handlung ist entscheidend für ein Leben oder auch für die entsprechenden Schäden, die bei Nicht-Reagieren entstehen können.

Ein weiteres ist gerade jetzt in Angriff genommen worden. Frau Ministerin, es freut mich, daß der Rettungssanitäter ein Berufsbild bekommt und die entsprechenden gesetzlichen Vorlagen bereits vorhanden sind.

Eine notfallsmedizinische Ausbildung im Medizinstudium halte ich auch für sehr wichtig. Wenn der Arzt frisch von der Universität kommt, erwartet man von ihm, daß er bestimmte notfallsärztliche Schritte machen kann.

Es ist uns noch nicht gelungen – das möchte ich als Kritik doch in den Raum stellen –, die entsprechenden Gesundheitssprengel beziehungsweise Sozialsprengel zur Zufriedenheit auszubauen. Es ist uns noch nicht gelungen, die Peripherie entsprechend aufzubereiten, um dieses


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LKF-System durchziehen zu können, und zwar in aller Konsequenz, damit man nicht so viele Patienten ins Krankenhaus bringen müßte beziehungsweise die Patienten entsprechend früh entlassen könnte.

Die Anforderung an die Gesundheitsberufe in Aus- und Fortbildung bedingt einen Wandel weg von der reinen naturwissenschaftlichen Medizin hin zu einem ganzheitlichen Denken. Ich denke, 40 bis 60 Prozent – das ist uns gar nicht so bewußt – der Krankheiten haben psychosomatische Ursachen. Das muß in unser ganzes Gesundheitssystem und in unser ganzes Gesundheitswesen miteingebaut werden.

Um dem Anspruch einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsvorsorge und -versorgung weiterhin gerecht zu werden, muß sich die Politik aber auch Strategien überlegen, die die Stärkung der Eigenverantwortung wieder mehr in den Vordergrund stellen. Ich denke an eine gesunde Lebensweise, die zu 37 Prozent den Gesundheitszustand beeinflußt, oder an die Hilfe der zahlreichen Freiwilligen in Rettungs- und Notfalldiensten.

Eine Studie von Professor Barolin zum Thema "Was halten Frau und Herr Österreicher von ihrem Gesundheitssystem" ergab, daß als Grund für die Unzufriedenheit in erster Linie der als negativ empfundene Umgang mit dem Patienten als Person angesehen wird. Dem gegenüber ist etwa die Frage des Selbstbehaltes für die Befragten von sehr untergeordneter Bedeutung. Herr Kollege Pumberger! Das hat eigentlich bei dieser Umfrage überhaupt keine Bedeutung.

Das ist für mich ein Zeichen, daß keine Hochtechnologie die menschliche Zuwendung ersetzen kann und wir uns bemühen müssen, den zutiefst menschlichen Bedürfnissen nach Zuwendung und Achtung auch in der Beziehung Arzt – Patient oder Pflegeperson – Patient gerecht zu werden. Darauf hat auch die Politik Rücksicht zu nehmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist Frau Abgeordnete Haidlmayr am Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

13.07

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesundheitsbericht, den wir heute diskutieren – es wurde heute bereits ein paarmal erwähnt –, betrifft den Zeitraum 1993 bis 1995. Wie groß das Interesse an einem Papier ist, das eigentlich der Vergangenheit angehört, sieht man, so glaube ich, an der Präsenz im Plenarsaal. Man sieht es auch ganz deutlich daran, daß der Gesundheitssprecher der SPÖ überhaupt keine Stellung mehr dazu abgibt. Es gibt einfach keine Wortmeldung des Herrn Gesundheitssprechers! (Abg. Mag. Guggenberger: Es gibt ja noch sechs andere! Wir sind eine Fraktion!) Das bringt eigentlich zum Ausdruck, daß es Ihnen peinlich ist, daß wir heute über dieses Thema beziehungsweise über diesen Bericht sprechen, der so gut wie keine wichtigen Daten enthält und außerdem ururalt ist.

Frau Ministerin! Der Gesundheitsbericht umfaßt zwar umfangreiche Gesundheitsstatistiken für den stationären Bereich, es fehlen jedoch Gesundheitsberichterstattungen zum ambulanten Bereich, zum niedergelassenen Bereich. Davon ist nichts darin zu finden. Es steht im Gesundheitsbericht zum Beispiel nicht, welche Krankheiten Menschen haben, die nicht im Krankenhaus waren, die bei Ärzten waren. Es gibt zwar eine Spitalsentlassungsstatistik, aber es wird nicht festgehalten, warum die Menschen im Krankenhaus waren.

Der Gesundheitsbericht umfaßt auch überhaupt nichts zum Thema "Gesunde Ernährung". Der Gesundheitsbericht umfaßt auch keine Punkte, die vor 1991 bereits bei der Neugestaltung des Berichtes über das Gesundheitswesen in Österreich gefordert worden sind. All das ist in diesem Gesundheitsbericht nicht enthalten. Die Aussagekraft dieses Gesundheitsberichtes ist so gut wie nicht vorhanden.

Frau Ministerin! Auf der anderen Seite laufen uns im neuen Gesundheitswesen, im LKF, bereits wieder die Kosten davon. Sie wissen, daß es einen Mißbrauch gibt, daß Personen mit anderen Punkten eingestuft werden, als sie tatsächlich für ihre Krankheit im Krankenhausbereich haben


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müßten. Sie wissen, daß es bei den Abrechnungssystemen riesengroße Mängel gibt und daß die Anforderungen, die ursprünglich an das LKF gestellt worden sind, in der Regel überhaupt nicht erfüllt werden und das LKF bereits in der Anfangsphase wieder zu scheitern droht.

Diese Problematiken werden jetzt weggelassen, das lassen wir einfach so stehen, und in fünf, sechs Jahren werden wir hier über das LKF aus dem Jahr 1997 diskutieren. Dann wird vielleicht gesagt werden: Das ist schon wieder uralt, im Grunde genommen hat sich kaum etwas verändert; die Kosten werden mehr, der Gesundheitszustand der Österreicherinnen und Österreicher hat sich im wesentlichen nicht verbessert, und auch in Richtung Prävention ist in den letzten Jahren so gut wie nichts geschehen.

Frau Ministerin! Von einem Gesundheitsbericht erwarte ich mir und erwarten sich die Grünen, daß er eine Information liefert: daß er eine Information über das Gesundheitswesen in Österreich liefert. Aber diese Informationen beinhaltet dieser Bericht nicht. Solange nicht daran gedacht ist, diese Informationen in einen Gesundheitsbericht aufzunehmen, so lange werden wir auch niemals erfahren, welche Krankheiten sich zum Beispiel in gewissen Regionen häufen oder wo sie weniger auftreten.

Ich glaube, genau das muß der Punkt sein. Es muß endlich die Bereitschaft da sein, einmal festzustellen, welche Krankheiten in gewissen Gebieten vermehrt auftreten. Denn nur über diese Form der Aufzeichnung und über diese Form der Dokumentation ist es möglich, sich einmal anzuschauen, ob gewisse Krankheiten nicht umweltbedingt sind und welche Umweltmaßnahmen gesetzt werden müssen, um gewisse Krankheiten wieder zu reduzieren. Aber solche wichtigen Maßnahmen haben in diesem Gesundheitsbericht absolut keinen Platz. Und daß das nicht nur ein Fehlverhalten aus der Vergangenheit ist, zeigt sich auch ganz deutlich am Beispiel Dukovany.

Frau Ministerin! Sie wissen, daß Dukovany, das nur 35 Kilometer von unserer Grenze entfernt ist, eine immense Bedrohung für die österreichische Bevölkerung darstellt. Österreich hat seit 14 Tagen die Möglichkeit, eine entsprechende Eingabe zu machen und zu Dukovany Stellung zu nehmen. Bis heute ist nichts geschehen. Sie wissen, daß die Atommüllagerungen dort verdreifacht werden sollen und daß das Risiko für die Bevölkerung und die Gesundheitsgefährdung dadurch enorm steigen. Aber dazu wird überhaupt keine Stellung genommen, darauf wird überhaupt nicht reagiert.

Ich glaube, das sind die wichtigen Zeichen der Zeit, die man erkennen und im Gesundheitsbereich jetzt angehen muß. Man muß jetzt Handlungen setzen, damit man nicht in 10, 15 Jahren hier sitzt und darüber diskutiert, wie man die aufgetretenen Gesundheitsgefährdungen, die neuen Krankheiten, die sich dadurch ergeben, reduzieren kann, was man im Gesundheitssystem ändern muß und welche Kosten zusätzlich erwachsen sind, weil eben auf neue Bedrohungen nicht Rücksicht genommen wurde und man nicht reagiert hat.

Frau Ministerin! Ich bitte Sie – ich erwarte mir das heute in dieser Diskussion von Ihnen – um eine klare Stellungnahme zu Dukovany, denn ich glaube, es geht um die Gesundheit aller Österreicherinnen und Österreicher, und es ist eine Bedrohung für uns. Diese Bedrohung müssen Sie als Gesundheitsministerin ausräumen. Denn ich glaube, es ist entscheidend, wie im Rahmen der österreichischen Gesundheitspolitik in bezug auf Dukovany reagiert wird und welche Chancen die Österreicherinnen und Österreicher haben, diese Bedrohung zurückzudrängen. Sie sind am Zug, und Sie haben die Möglichkeit, einen entsprechenden Akzent zu setzen und uns zu sagen, wie es für Österreich in bezug auf Dukovany ausschauen wird.

Frau Ministerin! Der Gesundheitsbericht enthält – das ist auch nicht uninteressant – zum Beispiel überhaupt nichts über die Auswirkungen von Tschernobyl. Darin steht nicht, inwieweit Österreich davon betroffen war, ob es überhaupt betroffen war, welche Krankheiten sich seit Tschernobyl gehäuft haben et cetera. Darüber steht nichts drinnen.

Ich glaube, es ist ganz wichtig, daß diese Bereiche und diese Daten im nächsten Gesundheitsbericht, von dem ich mir wünsche, daß er nicht drei Jahre später im Parlament diskutiert wird, sehr wohl aufgezeichnet werden. Ich bringe dazu folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen betreffend Neugestaltung des Gesundheitsberichtes

Der Ausschuß wolle beschließen:

Die Gesundheitsministerin wird aufgefordert, bis Jahresende 1997 die nötigen Schritte zur Verbesserung der österreichischen Gesundheitsberichterstattung einzuleiten.

Der Gesundheitsbericht wird erweitert und durch analytische Auswertungen ergänzt. Zur Informationsgewinnung werden Meldepraxen (Beobachtungspraxen) in ganz Österreich eingerichtet.

*****

Ich glaube, nur wenn Sie bereit sind, diesen Entschließungsantrag zu unterstützen, kann es gelingen, für den nächsten Gesundheitsbericht Daten zu erhalten, mit denen wir tatsächlich etwas anfangen können und aufgrund derer Sie, Frau Ministerin, auch die Möglichkeit haben, zu reagieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Haidlmayr soeben vorgetragen hat, ist geschäftsordnungsmäßig eingebracht, ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Nunmehr hat sich Frau Bundesministerin Hostasch zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

13.16

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zu den jetzt diskutierten Tagesordnungspunkten und auch grundsätzlich zum zweiten Gesundheitsbericht Stellung zu nehmen.

Dieser zweite Gesundheitsbericht erfaßt, wie schon in der Debatte erwähnt wurde, einen Berichtszeitraum von 1993 bis 1995 und somit eine Periode, in der primär meine Vorgängerin die Verantwortung für die Auftragsstellung und letztlich auch Verfassung übernommen hat. Ich möchte mich daher bei Frau Exbundesministerin Dr. Krammer herzlich dafür bedanken, daß sie die Wegbereiterin dafür gewesen ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte aber doch die Kritik, die vorgebracht wurde, nämlich daß keine aktuellen Bezüge gegeben seien, zurückweisen. Wenn jemand diesen Gesundheitsbericht aufmerksam durchliest, dann ist für ihn erkennbar, daß dort, wo wir verfügbares Datenmaterial hatten, versucht wurde, bis auf das Jahr 1997 vorzugreifen und eine möglichst große Aktualität zustande zu bringen, obwohl wir alle, so glaube ich, wissen, daß es bei Berichten immer wieder ein Problem ist, daß keine Tagesaktualität dargestellt werden kann.

Ich darf aber doch darauf verweisen, daß mein Ressort sehr viele Informationen über das Gesundheitswesen und Statistiken zur Verfügung stellt. Ich glaube, daß es auch wichtig ist, daß Berichte ihre Lesbarkeit beibehalten und nicht ein Volumen bekommen, das es fast unmöglich macht, daß jemand gezielt jene Informationen bekommt, die er für seine politische Arbeit oder auch für seine expertenmäßige Arbeit braucht. Ich bitte daher um Verständnis, daß wir auch in Zukunft nicht alle Wünsche auf Information in einem Bericht realisieren können und auch nicht wollen, weil ich glaube, daß eine Überschaubarkeit der Information wichtig ist, um einem Bericht den entsprechenden Wert zu geben.

Ich darf Sie aber darauf verweisen, daß in meinem Ressort mehrere wichtige Informationen publiziert werden, wie zum Beispiel das Gesundheitsstatistische Jahrbuch, das mit dem ÖSTAT gemeinsam gemacht wird, dessen neueste Ausgabe erst vor kurzer Zeit erschienen ist. Es wird auch von der Sozialversicherung das Statistische Handbuch herausgegeben, das, so glaube ich, für die Damen und Herren Abgeordneten zu einem festen Bestandteil für Informationen und


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auch zur Meinungsbildung gehört. Aber auch aus dem Bereich der Pflegevorsorge wird sehr viel an Datenmaterial, aber auch an Grundlagenmaterial, wie zum Beispiel die letzte Studie von Herrn Professor Badelt, zur Verfügung gestellt.

Nicht zuletzt verweise ich aber auch auf den Bericht der Arbeitsinspektion, der dem Hohen Haus immer wieder zugeleitet wird. Wir haben vor kurzem auch den Bericht zur sozialen Lage publiziert beziehungsweise ausgesendet, und der nächste Sozialausschuß wird sich mit dem Sozialbericht befassen und, wenn erforderlich, dem Hohen Haus zur gemeinsamen Beratung zuleiten.

Auf jeden Fall ist durch diese Darstellung, glaube ich, erkennbar, daß der gezielte Zugang zu umfassender Information sinnvoll und auch möglich ist.

Erlauben Sie mir, aus dem Gesundheitsbericht einige zentrale Punkte herauszugreifen, von denen ich glaube, daß sie es wert sind, erwähnt zu werden. – Wir können feststellen, daß sich im Berichtszeitraum die Lebenserwartung der Österreicherinnen und Österreicher weiter verbessert hat. Bezogen auf das Jahr 1995 haben Männer eine Lebenserwartung von 73,54 Jahren, und hinsichtlich der Lebenserwartung der Frauen wurde erstmals das 80. Lebensjahr überschritten: Es werden hier 80,05 Lebensjahre ausgewiesen. Das heißt, daß eine heute 60jährige Frau nach diesen Statistiken und neuesten Erkenntnissen noch weitere 22,9 Lebensjahre vor sich hat; bei einem heute 60jährigen Mann ist die Erwartungsgröße 18,87 Jahre.

Es ist das Interesse der Gesundheitspolitiker und aller im Gesundheitswesen Tätigen, daß auch diese Jahre lebenswerte Jahre sind, und wir versuchen, uns hinsichtlich der Qualität des Gesundheitswesens immer wieder den neuesten Entwicklungen anzupassen. Das betrifft nicht nur die medizinische, sondern auch die pflegerische Seite im Rahmen unseres Gesundheitswesens.

Ich möchte einen zweiten Faktor in Erinnerung bringen: Auch die Säuglingssterblichkeit ist weiter zurückgegangen. Hatten wir 1985 noch eine Säuglingssterblichkeit von 11,2 Promille gestorbene Säuglinge auf 1 000 Geburten, so betrug dieser Wert im Jahre 1995 5,4 Promille, was, wie ich meine, ein deutlicher Beweis einer guten gemeinsamen Gesundheitspolitik ist.

Man kann daher sagen, daß sich der Gesundheitszustand der österreichischen Bevölkerung gemessen an den gängigen Indikatoren Lebenserwartung und Säuglingssterblichkeit weiter verbessert hat und daß wir herzeigbare Erfolge haben, wenn wir uns mit anderen Ländern vergleichen.

Ich denke auch, es ist wichtig, daß heute – es wurde von den Debattenrednern schon darauf verwiesen, daß wir in der Frage der Prävention, der Gesundheitsförderung noch weitere Initiativen entwickeln werden müssen – ein Gesetz in diesem Hohen Haus beschlossen werden wird – ich gehe davon aus –, das uns zusätzliche Chancen bietet, diese positive Entwicklung zu verstärken.

Wir konnten während des Berichtszeitraumes das Leistungsangebot im Gesundheitswesen in zahlreichen Bereichen erweitern und auch verbessern. Ich möchte nur auf die Frage der Schließung von Versorgungslücken im Bereich der niedergelassenen Ärzte, auf die vermehrte Schaffung von Arbeitsplätzen im gesamten Gesundheitswesen und nicht zuletzt auf die bessere Ausbildung im Gesundheitswesen verweisen. Das Hohe Haus hat ja im vergangenen Jahr ein ganz wichtiges Gesetz zu den Gesundheits- und Krankenpflegeberufen beschlossen, mit dem die Qualitätsstandards für die Ausbildung auf den neuesten Stand gebracht wurden. Ich meine daher, daß die Effektivität und die soziale Ausgewogenheit unseres Gesundheitssystems international beispielgebend sind und auch die Schritte, die im Jahr 1993 durch das Hohe Haus vorgegeben wurden – unser Gesundheitswesen wird schrittweise auf dieses Programm umgestellt –, in die absolut richtige Richtung zeigen.

Ich möchte auch auf die in der Debatte vorgebrachten Vorwürfe der geringen Effizienz und der hohen Kosten unseres Gesundheitswesens eingehen. Wenn die OECD als Beispiel der Kritik gebracht wird, so ist dazu zu sagen, daß gerade der OECD-Bericht unserem Gesundheitswesen ein hervorragendes Zeugnis ausstellt. Er zeigt selbstverständlich jene Schwachpunkte auf, die


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wir auch selbst erkannt haben, aber bringt dabei eindeutig zum Ausdruck, daß wir mit den Maßnahmen, die hier begonnen wurden und die schrittweise fortgesetzt werden, den absolut richtigen Weg gehen und daß diese Maßnahmen genau jene sind, die die OECD aufgrund der internationalen Erfahrung von sich aus vorgeschlagen hat.

Es wurden die Kosten des Gesundheitswesens angesprochen. Ich darf zur Frage der Berechnung der Gesundheitskosten folgendes in Erinnerung rufen. Es wurde vor einiger Zeit, um europaweit vergleichbare Daten zu bekommen, eine harmonisierte Berechnung der Gesundheitsausgaben vorgenommen, und bei dieser Neuberechnung sind die Gesundheitsausgaben, die wir nach unserer alten Berechnungsweise mit einem Kostenfaktor von 9,6 Prozent definiert hatten, auf 8,1 Prozent und damit auf einen vergleichbaren Wert mit anderen Ländern gesunken. Ich möchte aber sehr deutlich zum Ausdruck bringen, daß es zu keinen Leistungskürzungen oder Verschlechterungen im gesamten Gesundheitswesen gekommen ist, sondern nur eine Umstellung der Methoden der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung stattgefunden hat. Nach der neuen Berechnung werden zum Beispiel Fürsorgedienste, veterinärmedizinische Dienste, Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall nicht mehr in die Definitionen aufgenommen; wir hatten das vorher in unserer Berechnung mit enthalten. Im Vergleich mit anderen OECD-Staaten liegen wir knapp über dem Durchschnitt und können daher aus meiner Sicht auf ein leistungsfähiges, sehr effizientes Gesundheitswesen verweisen, auf das wir stolz sein können. Wir müssen uns auch täglich darum bemühen, daß diese Qualität, diese Leistungsfähigkeit und Effizienz in der Zukunft weiterentwickelt werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Rasinger. )

Ich möchte auch noch auf den einen oder anderen Debattenbeitrag eingehen. – Es hat Herr Abgeordneter Dr. Leiner auf die Rettungssanitäter verwiesen. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, daß wir in der Frage der Rettungssanitäter zu einem gemeinsamen Berufsbild kommen und für diese Gruppe auch Klarheit und Rechtsklarheit schaffen können. Wir arbeiten mit allen beteiligten Gruppen sehr intensiv daran, und ich bemühe mich, im Sommer so weit zu sein, daß wir mit einem Gesetzentwurf in die Begutachtung gehen können, um dieses, wie ich glaube, gemeinsame Anliegen einer positiven Lösung zuführen zu können.

Ich möchte auch auf Herrn Abgeordneten Dr. Pumberger kurz zu sprechen kommen. Er hat beklagt, daß das Thema Veterinärmedizin und auch die Ernährungsfragen nicht im Gesundheitsbericht beinhaltet sind. – Dies war auch in der Vergangenheit nicht Gegenstand des Gesundheitsberichtes, und wir hatten nicht zuletzt aufgrund der klaren Aufgabenstellung des Gesundheitsressorts keine Veranlassung, diesen Themenbereich separat anzusprechen, für den jetzt ein anderes Ressort zuständig ist.

Ich darf aber eine Bemerkung doch sehr deutlich zurückweisen. Im Zusammenhang mit den Krankenkassen und der Darstellung der Kosten, der Kostenentwicklung und der finanziellen Bedürfnisse im Gesundheitswesen ist von, ich glaube, "getürkten" Zahlen gesprochen worden. Es gibt kaum Einrichtungen in unserem Staat, in unserer Demokratie, die so transparent sind wie die Gebarungen der Sozialversicherungsträger, so mehrfach kontrolliert von den verschiedensten Seiten bis hin zum Rechnungshof, und es ist daher ungerechtfertigt, hier von "getürkten" Zahlen zu sprechen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung, da wir als verantwortungsbewußte Gesundheits- und Sozialpolitiker großes Interesse daran haben sollten, daß die Krankenversicherungsträger die finanziellen Mittel haben, um ihren Versicherten, den beitragsfrei Mitversicherten jene Leistungen bieten zu können, die ein moderner, ein demokratischer, ein sozial entwickelter Staat zu Recht von seinen Einrichtungen verlangt. Und dazu bedarf es der entsprechenden finanziellen Ausrüstung.

Es bedarf aber auch der Sicherheit innerhalb der Krankenversicherungsträger, daß nicht eine Grippewelle oder eine nicht vorhersehbare Kostenbeanspruchung Krankenversicherungsträger plötzlich illiquid macht und damit womöglich Leistungen nicht erfüllt werden können, die für die Versicherten ganz wichtig sind. Daher bitte ich Sie, nie von "Gewinnern" in der Krankenversicherung zu reden. Es sind Mittel der Versicherten, die für die Versicherten eingesetzt


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werden, um Leistungen zu erbringen, die in einem Gesundheitswesen unverzichtbar sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte mir erlauben, auch wenn Herr Abgeordneter Dr. Pumberger im Moment nicht im Raum ist ... (Abg. Meisinger: Ist ja nicht wahr! – Abg. Dr. Graf: Er hat nur seinen Platz verlassen!) Entschuldigung, ich habe Sie dort nicht gesehen. Freut mich für Sie, Herr Doktor! – Sie haben das Problem der ausländischen Patienten und der Frage der Verrechnung angesprochen. Es konnte ein Erfolg insofern erzielt werden, als wir im Ministerrat das Gesundheits- und Sozialbeihilfengesetz nun verabschieden konnten, aufgrund dessen mit 1. Jänner 1998 die Beihilfenverrechnung dahin gehend verändert wird, daß der Verlust, der durch die Beihilfenkürzung entsteht, faktisch den ausländischen Trägern als Behandlungskosten in Rechnung gestellt werden kann, wobei – und das war das Entscheidende in den Verhandlungen mit den Ländern – der Bund zugunsten der Landesfonds eine entsprechende Vorfinanzierung übernimmt.

Was die Frage des Jahres 1997 betrifft, bedarf es noch weiterer Gespräche, weil hier auch die Frage der Erfassung der Betroffenheiten geklärt und die politische Lösung mit den Ländern noch gefunden werden muß. Aber was die zukünftige Entwicklung betrifft, haben wir dieses Problem, so glaube ich, in einer befriedigenden Form lösen können. Es war primär im Finanzministerium ressortiert, und ich bin sehr froh, daß der Herr Finanzminister sich des Themas in dieser Form angenommen hat.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Abschließend möchte ich sagen: Ich hoffe, daß der Gesundheitsbericht – auch wenn das eine oder andere an Information nicht enthalten ist – doch eine wichtige Grundlage für Ihre politische Tätigkeit ist, und ich möchte mich bei all jenen bedanken, die mitgeholfen haben, daß er zustande gekommen ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Frau Bundesministerin.

Zu Wort gemeldet ist jetzt Frau Abgeordnete Buder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

13.33

Abgeordnete Hannelore Buder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte meinen Debattenbeitrag zum Gesundheitsbericht mit einem arabischen Sprichwort beginnen, das da lautet: Die Gesundheit ist eine Krone auf den Häuptern der Gesunden, die nur ein Kranker sieht. – Wir alle sind aufgerufen, dafür zu sorgen, daß diese Krone strahlend bleibt.

Ich meine, der vorliegende Gesundheitsbericht ist eine Standortbestimmung des österreichischen Gesundheitswesens. Er ist gut lesbar, informativ und übersichtlich, und er hält den Gesundheitszustand der österreichischen Bevölkerung fest. Ich bin nicht der Ansicht meiner Vorrednerin, Frau Kollegin Haidlmayr, die aus diesem Bericht anscheinend nur das Negative herausgesucht hat, denn dieser Gesundheitsbericht ist, wie auch Frau Kollegin Motter sagte, eine wertvolle Dokumentation, und auf dieser wertvollen Dokumentation kann man in der Gesundheitspolitik weiter aufbauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Frau Kollegin Haidlmayr darauf hinweist, daß unser Gesundheitssprecher zu diesem Tagesordnungspunkt nicht ans Rednerpult treten wird, muß ich sie daran erinnern, daß von meiner Fraktion sechs Abgeordnete dazu sprechen werden, und jeder wird seinen Beitrag leisten. Daß ihm das Thema wichtig ist, das zeigt seine Anwesenheit hier im Saal (Beifall bei der SPÖ), im Gegensatz zu Ihrer Fraktion: Es sind ja nur Sie und Kollegin Moser im Plenarsaal.

Daß der Gesundheitszustand der österreichischen Bevölkerung besser geworden ist, daß er sich auch im Berichtszeitraum verbessert hat, hat schon die Frau Bundesministerin gesagt. Die Lebenserwartung der Österreicher ist gestiegen, und die Säuglingssterblichkeit ist in zehn Jahren von 11,2 Promille auf 5,4 Promille gesunken. Es sind also 5,7 Promille – mehr als die Hälfte! –, um die sich die Säuglingssterblichkeit gesenkt hat.


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Da ja die Redezeit im Zusammenhang mit diesem umfassenden Bericht verhältnismäßig kurz ist, möchte ich mich auf einige Themen der Gesundheitsförderung und der Gesundheitsvorsorge beschränken.

Nicht nur in der Regierungserklärung von 1996, schon in der Regierungserklärung von 1994 wurden die Ziele der österreichischen Gesundheitspolitik – unter anderem die Stärkung des Gesundheitsbewußtseins durch Gesundheitsförderung und Weiterbildung und auch eine verbesserte Vorsorge – genannt. Die Menschen sollen intensiver über die Verantwortung für ihre eigene Gesundheit und deren mögliche Gefährdung durch krankmachende Risikofaktoren aufgeklärt werden. Die Politik kann dazu natürlich nur das Umfeld schaffen, die konkrete Umsetzung liegt letztendlich in der Verantwortung jedes einzelnen.

Die öffentliche Hand kann informieren und Angebote für Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsförderung zur Verfügung stellen – und das tun wir ja auch. Von diesen Angeboten hat Österreich eine breite Palette. Ich möchte nur, weil mir das sehr wichtig ist, auf die im Jahre 1974 eingeführte Vorsorgeuntersuchung hinweisen. Die Untersuchungen bestehen ja aus der gleichen Basisuntersuchung für Männer und Frauen, sie sehen für Frauen als Zusatzangebot eine gynäkologische Untersuchung vor.

Der vorliegende Bericht zeigt, daß die Vorsorgeuntersuchungen steigend in Anspruch genommen werden: Waren es im Jahre 1990 noch 347 341 Personen, die sich dieser Basisuntersuchung unterzogen haben, so waren es fünf Jahre später, 1995, schon 503 483 Personen. Das ist eine Steigerung von beinahe 45 Prozent, und ich finde, das ist sehr zu begrüßen. Ich bin nicht der Meinung wie Frau Kollegin Motter, daß man dafür Belohnungen oder Schlechtpunkte geben soll. Ich glaube, jeder muß wissen, was er tut und daß es wichtig ist, sich dieser Gesundheitsuntersuchung zu unterziehen.

Österreich ist ja auch in das europäische Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung eingebunden, und ich kann Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, von einem guten Beispiel aus der Steiermark berichten. Dort veranstaltet die Arbeiterkammer Gesundheitstage in den Betrieben unter dem Motto "Ja zu meiner Gesundheit". In den Betrieben werden kostenlos Messungen des Blutdruckes, des Blutzuckers, des Cholesterin durchgeführt, zusätzlich gibt es einen Hör- und Sehtest sowie einen Lungenfunktionstest. Die Mitarbeiter erhalten über diese durchgeführten Untersuchungen einen Gesundheitspaß, auf dem die Testergebnisse eingetragen werden, und sie werden auch, falls Krankheiten vorliegen, darauf hingewiesen, sich zum Hausarzt zu begeben und eben diese Mängel zu beheben.

Daß uns das Gesundheitswesen wertvoll ist, zeigen natürlich auch die Wachstumsraten der Gesundheitsausgaben. Auch die Frau Ministerin hat schon gesagt, daß sie gegenüber dem Bruttoinlandsprodukt überproportional gestiegen sind: Die Gesundheitsausgaben stiegen in zehn Jahren um 7,5 Prozent, während das Bruttoinlandsprodukt nur um 4,5 Prozent stieg.

Ich meine, unser qualitativ hochstehendes Gesundheitswesen muß auch für die Zukunft erhalten bleiben und verbessert werden. Ein Schritt dazu wird das heute zu beschließende Gesundheitsförderungsgesetz sein, und dieser Bericht ist auch eine Grundlage dafür. Wir von der sozialdemokratischen Fraktion stimmen diesem Bericht sehr gerne zu. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Tichy-Schreder. )

13.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Povysil. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.39

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Ich werde mich heute ein bißchen mit den Zahlen dieses Gesundheitsberichtes befassen, die ja, wie Sie, Frau Minister, selbst gesagt haben, durchaus politische Konsequenz haben.


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Beginnen wir aber mit Kapitel 2, den gesundheitspolitischen Leitlinien, und schauen wir uns einmal die Regierungserklärung vom Jahre 1990 an. Da steht: Die Aufgaben der nächsten Jahre und Jahrzehnte liegen nun darin, jedem Bürger das ganze Spektrum des Leistungsangebotes – von den Spitzenleistungen bis zur Sicherung eines Lebensabends in Würde – zu garantieren. Als konkretes Beispiel wurde übrigens bereits 1990 der Gesundheitsplan gefordert – also schon seit mehr als sieben Jahren!

In der Regierungserklärung vom November 1994 heißt es: Österreich verfügt zwar über eines der besten Gesundheitssysteme der Welt, aber es verlangt bereits auch nach einer intensiven Beachtung der Ökonomie.

In der Regierungserklärung vom März 1996 wird schließlich die umfassende Reform des gesamten österreichischen Gesundheitswesens gefordert. Die Bundesregierung erklärt sich bereit, trotz 100-Milliarden-Schilling-Konsolidierungsprogramm 12 Milliarden Schilling für eine fällige und notwendige Strukturreform aufzuwenden. – Meine Damen und Herren! Keine Rede mehr davon, daß dem Bürger das gesamte Leistungsspektrum garantiert wird.

Dieser März 1996 steht für die Reform. Worauf basiert die Reform? – Wie wir in der Regierungserklärung gehört haben, darauf, daß das Gesundheitssystem zu teuer ist. – Welche Zahlenpirouetten, meine Damen und Herren! Einmal heißt es offiziell: Im Jahr 1995 werden für die Gesundheit 227 Milliarden Schilling ausgegeben – also rund 9,7 Prozent des BIP. Seit kurzem wissen wir aber – so steht es ja auch im Gesundheitsbericht –, daß es sozusagen bereinigt, EU-konform 189 Milliarden waren; also rund 8,1 Prozent des BIP. Wir sind im internationalen Vergleich von Platz 3 auf Platz 14 abgerutscht. In Nagano waren wir besser!

Aber es gibt noch weitere Kuriosa, richtige oberösterreichische Schmankerln, und zwar auf dem Arzneimittelsektor. Es wird berichtet, daß 1995 rund 68 Prozent aller zugelassenen Humanarzneimittel der Rezeptpflicht unterlagen. Nimmt man die Zahl der nach dem AMG registrierten Arzneimittel abzüglich der von vornherein bereits rezeptfreien, erhöht sich der Rezeptanteil auf 94 Prozent.

Zudem geht man beim Arzneimittelsektor für 1995 von einem Selbstbehalt von 17 Prozent aus. Bei der Berechnung wurden aber nur Arzneimittelausgaben der Sozialversicherungen ohne Berücksichtigung der Rezeptgebühr herangezogen. Das bedeutet, es ergibt sich in Wirklichkeit ein Selbstbehalt von 20,3 Prozent. – Die genauen Zahlen können Sie bei mir selbstverständlich einsehen.

Österreich ist also von der 3. Stelle auf die 14. Stelle abgerutscht. Es waren 68 Prozent oder 94 Prozent der Arzneimittel rezeptpflichtig. Es waren 17 Prozent oder 20 Prozent Selbstbehalt. Bitte, wen kümmert es, auf welchen statistischen Grundlagen unser Gesundheitswesen basiert?

Rufen wir uns noch einmal die Regierungserklärungen von 1990 bis 1996 ins Gedächtnis: Zuerst war vom umfassenden Leistungsangebot die Rede und dann nur noch von der Ökonomie und der Finanzierbarkeit.

Was hat man gemacht? – Man hat aufgrund einer Fehleinschätzung – politische Konsequenz, Frau Ministerin! – politischen Druck ausgeübt, um das zu machen, was einige unter Gesundheitspolitik verstehen, nämlich unter dem Vorwand des so übermäßig teuren Gesundheitssystems echte Reformen zu unterlassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie war das mit dem 1990 geforderten Gesundheitsplan? – Er besteht aus dem österreichischen Krankenanstaltenplan, und die Umsetzung scheitert an den Widerständen der Regionen. Er besteht aus dem österreichischen Großgeräteplan und gehört schon lange revidiert, weil zum Beispiel CTs beileibe kein Großgerät mehr erfordern, sondern billiger als eine Durchleuchtung sind. Er besteht aus dem Niedergelassenen-Plan, dem Pflegebereichs-, Rehabilitations- und Ambulanzplan.

Seit sieben Jahren wird dieser Gesundheitsplan gefordert. Wissen Sie, was im Gesundheitsbericht 1997 zu lesen ist? – Hier wird Grundlagenarbeit geleistet. Seit sieben Jahren Grund


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lagenarbeit! Eine Reform, bei der man sage und schreibe sieben Jahre hindurch Grundlagenarbeit hinsichtlich der wichtigsten Strukturen im Gesundheitsbereich leistet.

Meine Damen und Herren! Falsche Zahlen als Grundlage einer nicht stattgefundenen Reform. Kuriose statistische Abweichungen. Sieben Jahre nichts als Grundlagenforschung trotz der Notwendigkeit der Erstellung mehr als dringend erforderlicher Strukturreformen!

Sie selbst, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, haben diesen Bericht, der eine Richtschnur für die Zukunft sein soll, herausgegeben. Der Bürger möge urteilen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.45


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109. Sitzung / Seite 66

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.45

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Der Hauptschwerpunkt des heute in Behandlung stehenden zweiten Gesundheitsberichts ist die Standortbestimmung des österreichischen Gesundheitswesens. Zum Teil werden auch internationale Vergleichszahlen angeführt, und da möchte ich einhaken.

In einer Entschließung über die Volksgesundheit nach Maastricht hat auch das Europäische Parlament darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, über ausreichende und relevante Informationen als Grundlage für die Entwicklung von Gemeinschaftsaktionen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu verfügen. Die Kommission hat auch dazu aufgefordert, verstärkt Gesundheitsdaten aus den Mitgliedstaaten zu sammeln, zu prüfen, um gesundheitspolitische Maßnahmen besser koordinieren und die Auswirkungen besser erkennen zu können. Eine Gesundheits-Berichterstattung auf Gemeinschaftsebene sollte und müßte die Bewertung notwendiger gemeinschaftlicher Programme und Maßnahmen erleichtern und auch hilfreich sein.

Nun zu einem weiteren Punkt: Frauen und Gesundheit. Es wäre wünschenswert und mehr denn je notwendig, in Zukunft geschlechtsspezifische Daten im Gesundheitsbericht aufzubereiten.

Ich möchte an dieser Stelle im Namen meines Kollegen Paul Kiss etwas einflechten: Auf der Galerie sitzen junge Frauen aus der AHS-Oberpullendorf. Ich soll Sie im Namen von Paul Kiss grüßen, und er sagt, daß Sie mit dieser Forderung sicher einverstanden sind! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Das hat es überhaupt noch nie gegeben! Das hat es noch nie gegeben!)

Nun aber zurück zum erwähnten Punkt. Ich habe gesagt, es wäre sehr wichtig, geschlechtsspezifische Daten noch mehr einzubinden, weil Frauen zwar eine höhere Lebenserwartung als Männer haben – so heißt es immer –, aber durchwegs stärkeren psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt sind und sich auch manchmal – und das berechtigt – kranker fühlen als Männer. Bei vielen Krankheiten, die Frauen treffen, gibt es die Chance, daß sie im frühen Stadium bekämpft werden können. Das bedeutet, daß wir mehr denn je Vorsorge und Kontrolle brauchen.

Gerade im ländlichen Raum ist es so, daß Frauen nicht den Zugang dazu haben, aber auch nicht schaffen. Daher muß neben der Bewußtseinsbildung, neben dieser Aufarbeitung und diesem Aufzeigen auch ein Programm erarbeitet werden, speziell von den Fachärzten, das einen sehr unkomplizierten Zugang zu diesen Untersuchungen schafft. Ich meine auch, daß man die Gesundheitseinrichtungen in Zukunft noch stärker als bisher den spezifischen Bedürfnissen von Frauen anpassen muß. Der Gesundheitsbericht stellt einen wichtigen Ansatz dafür dar, bereichert um internationale Erfahrungen, Zahlen und Maßnahmen. Damit kommen wir wieder einen Schritt weiter, sodaß die Frauen, die im Durchschnitt zwar länger leben, aber auch stärker belastet sind, zu ihrem Recht kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.49

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte im Namen des Liberalen Forums nicht nur die Zuhörerinnen von Oberpullendorf begrüßen, sondern auch alle anderen! (Beifall beim Liberalen Forum. – Heiterkeit.)

Zum Gesundheitsbericht: Frau Bundesministerin! Sie haben den Bericht der Arbeitsinspektion gelobt. Ich pflichte Ihnen darin bei, daß er ein wertvoller Beitrag ist. Das Problem, das ich im Zusammenhang mit der Arbeitsinspektion aber sehe, ist: Warum inspizieren Sie Ihren eigenen Bereich nicht? Warum ist es zum Beispiel nicht möglich, Labors an den Universitäten zu inspizieren, die vielleicht schon unter Maria Theresia gebaut wurden und absolut nicht den Mindeststandards der Sicherheit entsprechen? Die Hoheitsverwaltung ist in diesem Bereich insofern untätig, als man sagt: Da kann man nicht inspizieren. Wir gehen nach draußen, aber das, was im Bundesbereich passiert, Gefährdungen in diesem Bereich werden nicht beachtet.

Man bedenke auch, unter welchen Umständen manche Leute, die im Bereich der Hoheitsverwaltung tätig sind, in Kammerln arbeiten müssen. Unternehmen dürften ihren Mitarbeitern niemals solche Arbeitsplätze anbieten. Ich würde mir daher wünschen, daß Sie einmal im Innenbereich tätig werden und nicht nur sozusagen die Tätigkeit nach außen loben.

Meine Vorrednerin hat Krankheiten, die insbesondere Frauen treffen, angesprochen. Ich halte das für ein sehr spannendes Moment, das Sie in Ihrer Rede erwähnt haben. Ich sehe es auch so, daß da eine echte Lücke gegeben ist, und zwar eine Lücke in der Wissenschaft, was Frauen zwischen 20 und 55 Jahren betrifft. Es gibt nahezu überhaupt keine Studien über Medikamente, die an Frauen getestet werden – aus Gründen, die wir alle kennen; Schwangerschaften würden natürlich die Bewertung gefährden.

Auf der anderen Seite ist man aber draufgekommen, daß die Auswirkungen von Medikamenten auf Frauen sehr wohl andere sind als jene auf Männer. Das ist auch im letzten Sommer anhand eines Herzpräparats nachgewiesen worden. Da machen wir viel zuwenig und differenzieren wir viel zuwenig. Wir müßten die spezifische gesundheitliche Lage der Frauen berücksichtigen, die nun einmal anders ist als jene der Männer, beziehungsweise es sind die Reaktionen des Körpers andere.

Ich würde mir daher wünschen, meine Damen und Herren, daß wir in diesem Bereich tätig sind. Das ist ein Feld, das auch international kaum bearbeitet wird, da hätten wir Möglichkeiten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Nun zu den Anträgen, die Herr Dr. Pumberger eingebracht hat: Meldewesen bei übertragbaren und gefährlichen Krankheiten. Es stimmt, daß es in diesem Zusammenhang Probleme gibt. Es stimmt selbstverständlich, daß das Creutzfeldt-Jakob-Syndrom erst durch die Bewertung von Hirnschnitten wirklich endgültig diagnostiziert werden kann. Nur: Bei dem, was Sie jetzt fordern, ist mein Hauptproblem, daß Sie den Datenschutz überhaupt nicht beachten, dabei wird doch mit unseren Gesundheitsdaten schon so viel Mißbrauch getrieben.

Wir haben vor kurzem festgestellt, daß die Daten von Patienten, die in den letzten Jahren im AKH behandelt wurden, einfach nach Amerika transportiert wurden. Wer weiß, unter welchen Bedingungen das gemacht wird, welche Firma das dort in die Hand bekommt, welche Schutzmechanismen vorgesehen sind, damit diese Daten in Amerika nicht für Forschungsfirmen eingespeist werden. Auf diesem Gebiet wird aber nichts gemacht. Ich würde mir wünschen, daß Sie da tätig werden. Datenschutz ist Patientenschutz, und der ist ernst zu nehmen!

Im nächsten Antrag, in dem eine Finanzstruktur im Gesundheitswesen besprochen wird, werden von der freiheitlichen Fraktion verschiedene Dinge vermischt: Krankenscheingebühren werden


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mit der Notwendigkeit, den Spitalsbetrieb zu entlasten, vermischt, aber auch mit der Notwendigkeit, im niedergelassenen Bereich mehr Möglichkeiten der Betreuung zu schaffen. Ich glaube, es ist ein falscher Ansatz, den Antrag so zu formulieren.

Ich würde mir vielmehr wünschen – darüber werden Sie sich freuen, Herr Rasinger –, daß es Kassenverträge für alle Ärzte, die einen haben wollen, gibt. Das wäre vielleicht ein sinnvoller Ansatz. Da wir den Medien entnehmen müssen, daß es in manchen Bereichen monatelange Wartezeiten gibt, wäre eine Antwort darauf doch, daß wir den niedergelassenen Bereich ausbauen und dort, wo Engpässe sind, sozusagen mehr Möglichkeiten schaffen.

Jene Kolleginnen und Kollegen, die sich dem wirtschaftlichen Druck stellen und diesem nicht standhalten, gehen mit oder ohne Kassenverträge pleite. Wir haben genügend Pleiten im ärztlichen Bereich zu beklagen, aber das kann kein Grund dafür sein, daß wir da Schutzmechanismen einbauen. Jeder, der Kassenverträge haben will, soll sie auch erhalten – zum Wohle der Patienten! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zum Antrag der Abgeordneten Pumberger, Povysil über die Schwierigkeit der Abrechnung mit Ausländerinnen und Ausländern. Bekannt ist, daß wir Verträge mit der EU haben, wodurch wir uns im nachhinein die Kassentarife von den ausländischen Gästen holen können.

Ein Problem, das ich im Zusammenhang mit diesem Antrag sehe, ist, daß Sie aufgrund der Leistungen, die für Ausländerinnen und Ausländer erbracht werden, einen gesundheitlichen Schaden der österreichischen Bevölkerung sehen. Also diesen kann ich beim besten Willen nicht erkennen. Es ist das ein finanztechnisches Problem, das geregelt werden soll, und betrifft nur die Gäste, die hier Urlaub machen – und dieses kann man durchaus lösen. Frau Bundesministerin! Sie haben sicher einen besseren Draht zum Finanzminister als ich.

Aber das zur Fremdenfeindlichkeit zu verwenden, halte ich für verwerflich. Wir brauchen diese Gäste für unsere Tourismusbetriebe, und daher wünsche ich mir, daß noch mehr kommen und nicht weniger. Sie werden nicht gratis behandelt, selbstverständlich werden alle Leistungen in Rechnung gestellt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer. Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

13.56

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Zum Unterschied von einigen Vorrednern bin ich der Meinung, daß dieser Gesundheitsbericht topaktuell ist. Er beschäftigt sich nämlich nicht nur mit dem Berichtszeitraum 1993 bis 1995, sondern arbeitet bis ins Jahr 1997 hinein Ereignisse und Entscheidungen gesundheitspolitischer Natur auf, und er hat auch Perspektiven unser Gesundheitssystem betreffend.

Dieser Bericht ist ein Nachschlagewerk, das seinesgleichen sucht, meine Damen und Herren! Das große Interesse an diesem Bericht bestätigt diese meine Aussage. Viele Vertreterinnen und Vertreter verschiedenster Gesundheitsberufe haben mich gebeten, ihnen diesen Bericht zu besorgen, und waren sehr angetan darüber. Ich möchte mich deshalb auch bei der Frau Bundesministerin, bei ihrer Amtsvorgängerin und ganz besonders bei jenen Beamtinnen und Beamten des Ressorts bedanken, die für die Herstellung dieses Berichtes verantwortlich zeichnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es ist auch äußerst positiv, daß dieser Bericht zum Unterschied von vielen anderen Berichten im Plenum diskutiert wird. Ich bin immer ein bißchen traurig, daß der Sozialbericht im Ausschuß bereits enderledigt wird. In der Budgetdebatte wurden die Bereiche Gesundheit und Soziales gemeinsam abgehandelt – und das in sehr kurzer Zeit –, und ich muß sagen, das zeigt nicht den Stellenwert, der diesen Themen zukommt.


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Jetzt noch zu einigen wenigen Punkten: Dem gesundheitlichen Zustand der österreichischen Bevölkerung wird ein sehr positives Zeugnis ausgestellt. Wir haben allerdings ein Ansteigen der Erkrankungen der Augen – man müßte kritisch hinterfragen, ob das mit der fast lückenlosen Anwendung von EDV in Österreich in Zusammenhang zu bringen ist – und des Bewegungs- und Stützapparates zu verzeichnen. Ich würde mir wünschen, daß diese Erkrankungen wenigstens langfristig in den Katalog der Berufskrankheiten aufgenommen werden.

Zur Entwicklung und Weiterentwicklung der rechtlichen Grundlagen und der Ausbildung in den Gesundheitsberufen: Meine Damen und Herren! Einer dieser Gesundheitsberufe kommt auch diesmal wieder nicht in den Perspektiven vor, nämlich der Sanitätshilfsdienst, die Lagerungs- und Stützverbandstechniker. Ich weiß schon, daß sie als Operationsgehilfen laufen; als Operationsgehilfen sind sie auch rechtlich besser abgesichert. Was mir aber fehlt, ist die Absicherung zum Beispiel als Gipser.

In einem Unfallkrankenhaus werden 80 bis 100 Gipsverbände an einem Vormittag angelegt. Kein Arzt kontrolliert, wie die Gipsverbände tatsächlich angelegt wurden, die Menschen gehen so hinaus. Verantwortlich ist der Gipser! Und für diese Gruppe müssen wir auch etwas tun. Ich werde nicht müde werden, das immer wieder einzufordern, auch wenn ich positiv erwähnen möchte, daß bei den MTDs, bei den Hebammen etwas geschehen ist. Das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, aber auch die Regelung für die Kardiotechniker können nicht hoch genug gelobt werden.

Ich habe einen Brief bekommen, in dem man mich fragt, ob das für eine so kleine Berufsgruppe wirklich notwendig ist. Ich sage: Ja, es ist notwendig, denn man kann es diesen Menschen nicht überlassen, ohne jegliche rechtliche Absicherung Herz-Lungen-Maschinen zu bedienen.

Zum österreichischen Krankenanstalten- und Großgeräteplan, zur Zusammenführung 1996 und zum jetzt zu erstellenden Ambulanzleistungsplan: Ziel ist die Bedarfsgerechtigkeit. Wenn ich durch Österreich fahre und sehe, welche Baumaßnahmen gerade bei Standardkrankenhäusern, bei denen man immer ein bißchen Angst hat, daß sie zugesperrt werden, gesetzt werden, denke ich, daß die Länder die Erfüllung der Artikel-15a-Vereinbarung nicht besonders ernst nehmen. Das müßte man hinterfragen.

Ebenfalls hinterfragen muß man folgendes: Die gesetzlichen Voraussetzungen wurden zwar geschaffen, aber auch das Ärztearbeitszeitgesetz wird meiner Meinung nach ziemlich unterlaufen.

Nun noch einige wenige Worte zum Antrag des Herrn Kollegen Dr. Pumberger betreffend "drohende Spitalslastigkeit durch neue Finanzstrukturen". In diesem Antrag wird die Umgehung der Krankenscheingebühr unterstellt, das heißt, daß sich der Patient direkt an die Spitalsambulanz wendet und daß das eine geringe Zahl an Aufenthaltstagen im Krankenhaus zur Folge hat, aber danach Patienten ins gesundheitliche Niemandsland entlassen würden.

Ich habe hier einen "Kurier"-Artikel vom 19. Februar 1998 – also noch nicht sehr alt – mit einer Graphik (die Rednerin hält einen Zeitungsausschnitt in die Höhe) : "Wiener Spitalsambulanzen. Woher die Patienten kommen: Zuweisung durch den praktischen Arzt 26 Prozent, durch den Facharzt 17 Prozent und Anschlußbehandlung nach stationärem Aufenthalt 23 Prozent." – Das sind zwei Drittel, meine Damen und Herren! Also können die Ausführungen des Kollegen Pumberger nicht zutreffen. Daß er aber die neuen Finanzstrukturen madig zu machen versucht, ist einmal mehr mißlungen.

Und überhaupt: Fast alle Parlamentarier – welcher Fraktion auch immer – haben die Segnungen des österreichischen Gesundheitssystems mehr als einmal kennen- und lobengelernt. Ich möchte dies, auch was mich betrifft, nicht leugnen. Ich bin nach meiner überstandenen Hüftoperation sehr froh über unser Gesundheitssystem. Denken wir daran – wenn hier im Parlament geschimpft wird –, daß wir es sehr eilig haben, uns gut zu versichern, damit wir aus jedem Land der Welt heimgeflogen werden können, wenn wir krank sind oder einen Unfall haben. Denn dann ist plötzlich das österreichische Gesundheitssystem das Gelbe vom Ei. Das sollten wir hier


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nicht vergessen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Scheibner: Seit wann zahlt die Krankenkasse die Flugambulanz?)

14.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.02

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte nichts madig machen, nur: Wenn man diesen Gesundheitsbericht zur Hand nimmt und liest, stößt man in einzelnen Kapiteln immer wieder auf das Wort "Plan": Dieser Plan fehlt, jener Plan fehlt – konkret gesprochen: Der Niederlassungsplan ist ausständig, der Spitalsambulanzenplan ist noch ausständig, der Pflegeplan fehlt, der österreichweite Gesundheitsplan steht auch noch in den Sternen, der Plan für die Remobilisierungseinrichtungen ist ebenfalls noch nicht erstellt. Weiters gibt auch noch keinen Plan für die Neuro-Rehabilitation. Die ärztliche Versorgung als solche ist noch nicht im Plan dokumentiert, und vor allem hinsichtlich der psychischen Versorgung gibt es noch große weiße Flecken.

Ich möchte nicht sagen, daß das österreichische Gesundheitswesen planlos ist, nur: Der Bericht dokumentiert Planlosigkeit. Ich möchte auch nicht das Gesundheitswesen madig machen, aber es fehlt im großen und ganzen eine österreichweite, zentral vorangetriebene und mit Planung und Horizonten versehene Gesundheitspolitik. Aufgrund der finanziellen Umstrukturierung wurde ja die Föderalisierung in das Gesundheitswesen eingefügt; und das kostet jetzt einiges.

Herr Kollege Rasinger hat ja mit gutem Recht darauf hingewiesen, daß vor allem die Behandlung ausländischer Patienten in den Spitälern zu Lasten unserer Beitragszahler geht, daß diese aufgrund der Föderalisierung des KRAZAF nicht mehr zur Kasse gebeten werden und daß allgemein die Österreicherinnen und Österreicher deren Behandlungskosten tragen. Dieses Defizit, dieses Manko spiegelt sich in diesem Gesundheitsbericht nicht wider, ist aber eine Folge der Zerschlagung des KRAZAF beziehungsweise des gesamtösterreichisch zentralkoordinierten Gesundheitswesens. Hier müssen Sie, Frau Minister, auf jeden Fall Abhilfe schaffen und auch für entsprechenden Ersatz sorgen.

Ich möchte noch einmal kurz auf den Bereich der Psychiatrie eingehen, weil mir dieser sehr wesentlich erscheint. Herr Kollege Leiner hat auch schon darauf hingewiesen, daß sehr viele Krankheiten psychosomatisch bedingt sind. In diesem Zusammenhang ist es natürlich traurig zu lesen, daß nur 0,85 Prozent der österreichischen Bevölkerung entsprechende psychiatrische Betreuung zukommt, obwohl an sich ein Bedarf von über 5 Prozent gegeben ist. Es gibt also eine Diskrepanz von über 4 Prozent in der Versorgung. Hinzu kommt noch das große Ost-West-Gefälle; gerade im Burgenland gibt es ein geringes Angebot an psychiatrischer Betreuung. Dort ist diese gesundheitlich Pflege unterrepräsentiert.

Auch der finanzielle Aspekt der psychiatrischen Betreuung darf nicht vergessen werden: Nur ein Drittel der Patienten kann praktisch ohne Zusatzzahlung psychiatrische Leistungen in Anspruch nehmen; die anderen zwei Drittel müssen diese psychiatrische Behandlung selbst bezahlen. Das ist eine sehr hohe soziale Barriere, und ich meine, daß es Ihnen nicht gut zu Gesicht steht, daß Sie als Sozialministerin, als Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, diese Unterversorgung und finanzielle Kostspieligkeit einfach hinnehmen. Da ist – ebenso wie bei den Patientenrechten – Handlungsbedarf gegeben, weil die Charta noch immer nicht verabschiedet wurde. Ich weiß, daß das teilweise auf Verschulden der Länder zurückzuführen ist, doch steht auch eine verschuldensunabhängige Haftpflichtversicherung von Ärzten noch immer aus.

Was aber auf jeden Fall noch aussteht, ist im Bereich der Gesundheitsvorsorge die Sicherung der Lebensgrundlage. Es wird nämlich geduldet, daß vor unserer Haustüre – wie heute schon bemerkt wurde –, nicht weit weg von Wien, und zwar in Dukovany, ein sehr gefährlicher Reaktor, kombiniert mit einem Zwischenlager, in Betrieb ist. Dieser Reaktor ist so gefährlich, daß alleine im Jahre 1996 über 76 Zwischenfälle vorgekommen sind, von denen bereits vier der Störfallstufe 1 zuzurechnen sind. Es gab weiters 54 Mängel im Betriebssystem – im Jahre 1996


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allein. Insgesamt mußte der Reaktor sechsmal ungeplant heruntergefahren und abgeschaltet werden. Die Haltung der Regierung ist es, diese Gesundheitsgefährdung zu dulden! Dagegen möchten wir Grünen antreten.

Deshalb bringe ich im Zusammenhang mit dem Thema Gesundheitsvorsorge folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Dr. Madeleine Petrovic und FreundInnen betreffend Maßnahmen gegen die Errichtung eines grenznahen Zwischenlagers für hochradioaktive, abgebrannte Brennelemente in Dukovany

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird ersucht, unverzüglich alle erforderlichen Schritte gegen die geplante Errichtung eines grenznahen Zwischenlagers für hochradioaktive abgebrannte Brennelemente in Dukovany einzuleiten. Insbesondere soll die Bundesregierung gegenüber der Regierung in Tschechien zum Ausdruck bringen, daß die Errichtung dieses Atommüll-Lagers, zumal direkt am Areal des Kernkraftwerks Dukovany gelegen, aus österreichischer Sicht nach aktuellem Kenntnisstand ein inakzeptabel hohes Gefährdungspotential für die Gesundheit seiner Bevölkerung und Umwelt darstellt.

2. Die Bundesregierung wird ersucht, gemäß dem Präzedenzfall von 1992 von der Republik Tschechien die Beteiligung Österreichs am laufenden UVP-Verfahren zu erwirken, sowie in bilateralen Gesprächen dafür einzutreten, daß alle besorgten BürgerInnen ebenfalls die Möglichkeit erhalten, im Rahmen der 30-tägigen Frist Einwendungen gegen das Projekt geltend machen zu können.

3. Der Bundeskanzler wird ersucht, nach Anforderung der Projektdokumentation sein Beratungsgremium, das Forum für Atomfragen, mit der Erstellung eines Gutachtens zum Projekt zu beauftragen, in dem die möglichen negativen Auswirkungen eines derartigen Atommüll-Lagers für Gesundheit und Umwelt in Österreich untersucht werden; dieses Gutachten rechtzeitig vor Ablauf der 30-Tages-Frist zu veröffentlichen und schließlich in das Verfahren einzubringen.

*****

Ich ersuche um Annahme dieses Antrags bei der Abstimmung. Dies ist ein massives gesundheitsvorsorgendes Instrument, das uns da zur Verfügung steht. Damit die Bundesregierung endlich tätig und auch gesundheitspolitisch aktiv wird, ersuche ich um Annahme. (Beifall bei den Grünen.)

14.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Frau Abgeordneter Dr. Gabriela Moser soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

14.08

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Wir diskutieren heute den Gesundheitsbericht 1997, der – was zwar von Teilen der Opposition in Abrede gestellt wird – durchaus informativ und aussagekräftig ist. Ich möchte jenen Damen und Herren doch sagen, daß man nicht nur geduldig warten darf, bis alle zwei oder drei Jahre dem Hohen Hause ein Gesundheitsbericht vorgelegt wird, sondern als Parlamentarier hat man natürlich die Verpflichtung, sich auch zwischendurch über die Gesundheitspolitik insgesamt, über die Trends in den Krankenanstalten vor Ort, beim Gesundheits


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personal, bei den Ärzten und natürlich nicht zuletzt auch im Ministerium zu informieren, sodaß es also nicht wiederum zwei Jahre dauern muß, bis man schlußendlich einen Gesundheitsbericht vorgelegt bekommt, in dem man dann etwas nachlesen darf.

Der vorliegende Gesundheitsbericht ist allerdings nicht nur informativ und aussagekräftig, meine Damen und Herren, sondern spiegelt auch die Leistungen der Bundesregierung gerade in diesem Bereich der Gesundheitspolitik wider. Ich habe dies bereits im November vergangenen Jahres anläßlich der Gesundheitsdebatte im Hohen Haus ausführlich dargestellt, kann und will das natürlich auch heute neuerlich bekräftigen.

Frau Kollegin Povysil hat heute hier behauptet, die Bundesregierung würde nur noch von Kosten sprechen und den Leistungsaspekt in den Hintergrund stellen. – Ich darf Ihnen, Frau Kollegin, entgegenhalten, daß Ihre diesbezügliche Aussage grundlegend falsch ist. Natürlich hat die Bundesregierung die Aufgabe, auch die Kostenentwicklung im Gesundheitsbereich – es handelt sich hiebei um einen nicht unbeträchtlichen Betrag, der alljährlich ausgegeben wird – im Auge zu behalten. Es wäre geradezu nachlässig und verantwortungslos, wenn eine vorausschauende und planende Politik dies nicht täte.

Ich kann Ihnen allerdings versichern, geschätzte Frau Kollegin, daß natürlich nicht nur die Kosten im Auge behalten werden, sondern auch der ständige Ausbau und die Erweiterung von Leistungen. Sie können mir folgendes glauben: Die österreichischen Bürgerinnen und Bürger können durchaus beurteilen, was ihnen dieses Gesundheitssystem wert ist, denn eine kürzlich eingelangte Umfrage hat ergeben, daß rund 82 Prozent der Österreicher mit dem Sozialsystem in Österreich einverstanden sind. Ich gebe zu, man kann natürlich immer daran arbeiten, damit es noch bessere Werte gibt, aber wir Sozialdemokraten sind schon froh, wenn ... (Zwischenruf der Abg. Motter. ) Selbstverständlich, Frau Motter, das ist natürlich ganz klar!

Nun noch ein paar Worte zu den Ausführungen des Kollegen Pumberger, der heute ganz kurz über die Spitalslastigkeit gesprochen hat und in einer Pressemeldung das Scheitern der Spitalsfinanzierungsreform anklingen ließ. Er sagte dort sinngemäß, daß es durch die Einführung der Krankenanstaltenfinanzierung nicht wie erhofft zu einer Absenkung der Verweildauer in den Spitälern und zur Stärkung der außerspitalischen Bereiche gekommen ist. – Herr Dr. Pumberger! Der erste Teil dieser Aussage ist grundlegend falsch! Das stimmt schlichtweg nicht, denn es ist sogar zu einer sehr starken Absenkung der Verweildauer gekommen.

Der zweite Teil Ihrer Behauptung, daß es zu keiner Stärkung der außerspitalischen Bereiche außer der extramuralen Dienste gekommen sei, ist auch nur bedingt richtig. Es ist richtig, daß es da noch Nachholbedarf gibt. Bund, Länder und Gemeinden sind gerade dabei, auch in diesem Bereich anzusetzen. Ich kann Ihnen versichern, daß auch dort gewaltige Fortschritte erzielt werden.

Noch ganz kurz zu den Ausführungen der Kollegin Haidlmayr: Sie hat gesagt, daß es durch die Einführung der leistungsorientierten Finanzierung zu einer Kostenausweitung im Bereich des Gesundheitsbereiches gekommen ist. – Das ist so nicht richtig, weil, wie Sie wissen, die Kosten gedeckelt sind. Selbst wenn man davon ausgeht, daß manche Rechtsträger das System der leistungsorientierten Spitalsfinanzierung zu ihren Gunsten – um es einmal sehr vornehm zu formulieren – ausgeweitet haben, so ist durch den Einzug der Deckelung diesem Vorgehen Einhalt geboten worden.

Abschließend noch einmal: Der Gesundheitsbericht ist erschöpfend und aussagekräftig. Ich danke der Frau Ministerin und ihren Mitarbeitern dafür, dieses gute Werk dem Parlament zur Beschlußfassung vorgelegt zu haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.13

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bundesminister! "Die heilende Kraft des Lachens" titelt die Zeitschrift


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"Medizin populär". (Der Redner hält die genannte Zeitschrift in die Höhe.) Sie, Frau Bundesminister, freuen sich, lächeln und lachen über diesen Gesundheitsbericht. Sie sollten aber wissen, daß ich diese heilende Kraft ausschließlich subjektiv auf Sie beziehen kann, wenn Sie darüber lachen, was in diesem Bericht steht. Wir Freiheitlichen gönnen Ihnen dieses Lachen, wir gönnen Ihnen die Gesundheit: Sie sollen aber nicht verkennen, daß damit nicht automatisch der Bericht und dessen Zahlen auf die Gesundheit der Österreicher sozusagen herüberspringt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie verwenden zum Beweis für den guten Gesundheitszustand der Österreicher zwei Indikatoren, nämlich das Anwachsen des Lebensalters und den Rückgang der Säuglingssterblichkeit. Das sind zweifellos international anerkannte Parameter, aber, Frau Bundesminister, abgesehen davon, daß die Österreicher in bezug auf das Lebensalter knapp unter dem EU-Durchschnitt liegen – aber immerhin noch hoch genug, das ist jedenfalls den Ärzten anzurechnen –, sollten Sie nicht darüber hinwegsehen, daß es nicht um die Frage geht, wie alt man wird, sondern wie man alt wird, wie uns Professor Prokop gelehrt hat.

Man konnte auch in der Zeitung "Die Presse" in einem Artikel, der sich mit dem Gesundheitsbericht auseinandersetzt, summierend nachlesen, daß die Österreicher immer älter und kränker werden. – Das ist der Eindruck, den dieser inhaltlich bereits leicht vergilbte Gesundheitsbericht auf uns macht. Frau Bundesminister, lassen Sie sich durch die Zahlen, vor allem durch die Zahlen des Älterwerdens der Österreicher nicht täuschen! Ein Gesundheitsbericht darf sich nicht nur an diesen Kenndaten orientieren, sondern er muß sich am Gesundheitszustand der österreichischen Jugend, der österreichischen Schuljugend orientieren.

Die wenigen Zeilen in diesem Bericht sagen diesbezüglich einiges Furchtbares – ich nenne es bewußt so – aus. Sie sagen nämlich aus, daß ein Drittel der Schüler in der zwölften Schulstufe Haltungsanomalien aufweist – das sind Zahlen aus dem Bericht. Diese dramatischen Daten wurden allerdings bereits im September 1997 von den Schulärzten erweitert und veröffentlicht. Das sind Dinge, über die man nicht hinwegsehen darf. Man darf sich nicht damit begnügen zu sagen: Die Österreicher werden immer älter. Frau Bundesminister, nehmen Sie diesen  – und nur diesen – Parameter einmal heraus, damit Sie dann feststellen können, wie es um den Gesundheitszustand unserer Jugend wirklich bestellt ist!

Ich habe schon im Ausschuß versucht, Ihren Horizont diesbezüglich dahin gehend zu erweitern, als einfach der Blick zur Schuljugend hin – und da insbesondere der Blick zur Leibeserziehung in den Schulen – geschärft und intensiviert werden sollte. Wir Freiheitlichen haben uns schon sehr lange dafür stark gemacht, daß eine tägliche Turnstunde in den österreichischen Schulen organisiert werden sollte.

In Fortsetzung dieser Bemühungen möchten wir gerade anläßlich dieses Berichtes folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch, Dr. Alois Pumberger, Dr. Brigitte Povysil betreffend Verbesserung des Gesundheitszustandes der österreichischen Schüler und Schülerinnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wird dringend ersucht, zwecks Verbesserung des beklagenswerten Gesundheitszustandes einer ganzen Schüler(innen)generation

mindestens eine tägliche Bewegungseinheit in den Unterricht einzubauen,

die Tätigkeit der Schulärzte zu intensivieren,

Maßnahmen gegen falsches Ernährungsverhalten zu ergreifen,


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verbesserte psychologische Beratung anzubieten."

*****

Der zweite Entschließungsantrag befaßt sich damit, daß bedauerlicherweise die Schüler-Gesundheitsstatistik seit August 1996 aus dem Statistischen Zentralamt eliminiert wurde. Bekanntlicherweise stellen aufgrund einer Anfragebeantwortung des Kanzlers die Beamten einerseits inzwischen Sterbestatistiken auf, andererseits wird in dieser Anfragebeantwortung an den Bundesrat angekündigt, daß man diese Gesundheitsstatistik wieder aufnehmen wolle. Es kann Ihnen daher, Frau Bundesminister, nicht schwerfallen, diesem Antrag inhaltlich beizutreten.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger, Dr. Brigitte Povysil, Mag. Dr. Udo Grollitsch betreffend Weiterführung der Schüler-Gesundheitsstatistik des ÖSTAT

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundeskanzler wird dringend ersucht, die im August 1996 eingestellte Schüler-Gesundheitsstatistik des Statistischen Zentralamtes in verbesserter Methodik der Erhebung und Auswertung weiterzuführen."

*****

Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Beide Entschließungsanträge, die Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch vorgetragen hat, sind ausreichend unterstützt und werden Gegenstand der Verhandlung sein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

14.19

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Zur wiederholten Kritik der Opposition darf ich noch einmal kurz Stellung nehmen. Ich meine, daß es sich beim Gesundheitsbericht 1997 um ein gewaltiges Informationspaket handelt, das natürlich auch entsprechender Vorbereitung bedarf. Der Bericht ist in vielen Bereichen hochaktuell. Ich bin der Ansicht, daß trotz des Wechsel im Gesundheitsressort dieser Bericht trotzdem zu einem guten Zeitpunkt vorgelegt werden konnte.

Ich freue mich darüber, daß der Bericht im wesentlichen sehr positiv beurteilt wird, und ich glaube, daß dies auch gerechtfertigt ist, zumal es sich bei diesem Bericht um einen umfassenden und vergleichenden Überblick über das österreichische Gesundheitssystem handelt, der einerseits auch Schwachstellen und andererseits Perspektiven aufzeigt.

Sehr viele Inhalte wurden bereits im Detail erörtert, ich darf mich daher auf ein paar wenige Punkte beschränken. Zum ersten möchte ich etwas zu den Ausgaben im Gesundheitsbereich sagen. Es ist zu erkennen, daß die Ausgaben für diesen Bereich in Österreich stärker als im europäischen Schnitt steigen. Die jährliche Wachstumsrate in den Jahren 1985 bis 1995 betrug 7,5 Prozent, ist also um 2,1 Prozent höher als die Steigerungsrate des BIP. Verglichen mit Europa liegen wir mit diesem Wert um ein knappes Prozent höher.

Auch diese Tatsache hat dazu geführt, daß die Krankenanstaltenfinanzierung einer Reform unterzogen wird, in einem ersten Schritt durch LKF, die mithelfen soll, hier Abhilfe zu schaffen. Natürlich ist es gegenwärtig nicht möglich, eine abschließende Beurteilung dazu vorzunehmen,


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da erst die empirische Weiterentwicklung eine vergleichbare österreichweite Nachkalkulation zuläßt und damit für die Zukunft ein entsprechend fundiertes Datenmaterial liefern wird.

Als weiteren Punkt möchte ich die Ärztedichte ansprechen. Auf den ersten Blick erscheint diese sehr gut, zumal die Zahl der Ärzte in den letzten 15 Jahren um 70 Prozent gestiegen ist. Auch verglichen mit Europa – wir liegen an der zweiten Stelle hinter Italien – ist das ein sehr erfreulicher Wert. Aber auf den zweiten Blick ist doch das Problem der regionalen Verteilung erkennbar, nämlich daß die Ärztedichte in städtischen Zentren doppelt so hoch wie in ländlichen Regionen ist. Dieser eklatante Nachteil für die betroffene Bevölkerung ist bei gleicher direkter Kostenbelastung kaum erklärbar. Zu Recht fordern diese Bevölkerungsbereiche die Gleichbehandlung in der medizinischen Nahversorgung, und wir werden auch in Zukunft Lösungen diesbezüglich finden müssen.

Wenn es gleichzeitig gelingt, den Quasi-Gebietsschutz aufzuheben und damit Konkurrenz auch für Ärzte zuzulassen, dann wird das mehr Qualität für Patienten und auch mehr Arbeitsplätze für junge Ärzte bedeuten.

Neben vielen weiteren Informationen gibt dieser Bericht auch die Möglichkeit, Schlüsse für die weitere Entwicklung zu ziehen, was auch geschehen wird.

Ich darf daher zusammenfassend festhalten, daß es sich beim vorliegenden Bericht um einen umfassenden und qualitätsvollen Bericht handelt, den wir gerne zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Konrad ist die vorläufig letzte Rednerin in dieser Debatte. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.23

Abgeordnete Dr. Helga Konrad (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Auch wenn der Berichtszeitraum schon einige Zeit zurückliegt, wie einige Rednerinnen und Redner vor mir kritisiert haben, so bietet dieser Bericht doch eine gute Übersicht über Maßnahmen, die im Gesundheitsbereich gesetzt wurden, und er zeigt auch Mängel auf, was ich durchaus für eine wichtige Aufgabe von Berichten halte, um eben entsprechende Verbesserungen für die Zukunft einleiten zu können.

Es sind heute in dieser Debatte auch die Kosten im Gesundheitsbereich schon mehrmals angeschnitten worden. Ich finde es im Gegensatz zu anderen außerordentlich erfreulich, daß Österreich mit seinen Ausgaben im Gesundheitsbereich über dem EU- und OECD-Durchschnitt liegt, und zwar deshalb erfreulich, weil uns auch gleichzeitig ein ausgesprochen gutes Zeugnis ausgestellt wird und weil im Gesundheitsbereich, wie wir gehört haben, wichtige Investitionen notwendig sind.

Allerdings teile ich nicht die Auffassung des Präsidenten der Oberösterreichischen Ärztekammer – das sehe ich völlig anders –, der für ein alternatives Privatversicherungsmodell plädiert und gleichzeitig die Rute ins Fenster stellt, wenn er sagt: Wenn es so weitergeht, wird es auch außerhalb des Spitals eine zweite Klasse geben; wer sich keine Zusatzversicherung leistet, wird eben schlechter behandelt werden. – Da wird offensichtlich schon über eine private Sonderklasseversicherung für den ambulanten Bereich nachgedacht, was heißen soll, neue medizinische Leistungen sollen nur noch im Bereich der Privatversicherungen erbracht werden, und die soziale Krankenversicherung würde dann nur noch die Grundleistungen, was immer das dann genau ist, abdecken. Es freut mich, daß die Frau Ministerin hier klare Worte dazu gefunden hat. Einem solchen System erteilen wir jedenfalls eine klare Absage. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wie gesagt, der Bericht soll ganz bewußt auch Mängel im Gesundheitswesen aufzeigen und sie auch konkret ansprechen, damit Veränderungen möglich werden. Einige Anregungen aus meiner Sicht: Der Darstellung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung sollte in Zukunft ein breiterer Raum eingeräumt werden. Vor allem die Abnützungsleiden,


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auch heute schon angesprochen, die Berufskrankheiten, auch psychosomatische Aspekte sowie Unfallfolgen und deren Kosten sollten in Zukunft größere Beachtung finden.

Ein letzter Punkt – meine Redezeit läuft gleich ab –: Die großen Unterschiede zwischen Frauen und Männern im Gesundheitsbereich sollten deutlicher sichtbar gemacht werden. Die Frage der Frauengesundheitszentren etwa findet in diesem Bericht gar keine Erwähnung, und mir scheint es wichtig zu sein, darauf hinzuweisen, welche Leistungen da für Frauen geboten werden und wie wichtig diese Frauengesundheitszentren sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol. )

14.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstattung wird nicht verlangt.

Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen, und ich bitte, die Plätze einzunehmen. Ich lasse über jeden Ausschußantrag getrennt abstimmen.

Zunächst stimmen wir ab über den Antrag des Gesundheitsausschusses, den vorliegenden Bericht III-105 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht wird mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen jetzt ab über die dazu eingebrachten Entschließungsanträge, und zwar zunächst über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen betreffend Gleichbehandlung ausländischer Patienten in österreichischen Krankenhäusern.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen betreffend Neugestaltung des Gesundheitsberichtes.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Jetzt stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Maßnahmen gegen die Errichtung eines grenznahen Zwischenlagers für hochradioaktive abgebrannte Brennelemente in Dukovany.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Auch dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Grollitsch und Genossen betreffend Verbesserung des Gesundheitszustandes der österreichischen Schüler.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Jetzt stimmen wir noch ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Pumberger und Genossen betreffend Weiterführung der Schülergesundheitsstatistik des ÖSTAT.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Entschließungsantrag hat keine Mehrheit gefunden. Er ist daher abgelehnt.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 957 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Bericht wird mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Gesundheitssausschusses, seinen Bericht in 958 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht wird mehrheitlich angenommen.

Dazu wurde ein Entschließungsantrag eingebracht, über den wir jetzt abstimmen, und zwar stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Motter und Genossen betreffend Impfschadengesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Schließlich stimmen wir ab über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 959 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht wird mehrheitlich angenommen.

5. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1043 der Beilagen): Gesundheitsförderungsgesetz – GfG (1072 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (947 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über öffentliche Schutzimpfungen gegen übertragbare Kinderlähmung geändert wird (956 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr gelangen wir zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir beginnen daher sofort mit der Debatte, und ich erteile als erster Rednerin Frau Abgeordneter Dr. Povysil das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.32

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine Damen und Herren! In einer kürzlich über das Gesundheitswesen durchgeführten Diskussion sagte einer der Teilnehmer: Vielleicht haben wir statt eines Gesundheitswesens nur eine technisch perfekte Reparaturwerkstatt für körperliche Defekte aufgebaut, die immer mehr Geld verschlingt, ohne die Menschen gesünder zu machen. – Sicher ein interessanter Ansatzpunkt.

Das Bewußtsein für gesunde Lebensführung beginnt im Kopf. Der Weg dahin führt im besten Fall über Aufklärung, im häufigsten Fall aber über irgendein einschneidendes gesundheitliches Erlebnis – sei es Herzinfarkt, sei es Schlaganfall –, im Idealfall über Erziehung. Es wäre wirklich wünschenswert, wenn pro Woche eine Stunde Gesundheitslehre von praktischen Ärzten in den Schulen abgehalten werden würde.

Daß für diese Bewußtseinsbildung, sprich primäre Prävention, Mittel bereitgestellt werden, ist sicherlich zu begrüßen, auch wenn aus der ehemals vorgesehenen Vorsorge-Milliarde nur 100 Millionen Schilling wurden. Dieses Geld soll gemäß Finanzausgleichsgesetz aus der Um


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satzsteuer bereitgestellt werden und über den Fonds "Gesundes Österreich" verteilt werden. Warum, Frau Minister, diese Auslagerung? Warum erneut diese Kompetenzabgabe aus dem Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales? Es liegt in der Verantwortung der Bundesministerin, die Durchführung und Verwaltung der Gesundheitsmaßnahmen zu gewährleisten. Wozu also die Aktivierung dieses Fonds "Gesundes Österreich"?

Dieser Fonds existiert seit dem Jahre 1988 und ist nichts anderes als eine Datenbank, auf die alle Gesundheitsbereiche Zugriff haben. Er wurde erst kürzlich vom Rechnungshof geprüft, und dieser hat hart kritisiert, daß diesem Fonds ein langfristiges Gesundheitskonzept für die nachfolgende Gesundheitsvorsorge fehlt.

Wozu der erneute Aufbau eines Verwaltungsapparates bei bereits bestehenden Strukturen im Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales und wozu wieder ein Kuratorium, in dem nun die Interessenvertretungen der Interessenvertretungen sitzen?

Es ist auch nicht einzusehen, daß die Sozialversicherungen ihrer gesetzlichen Pflicht zur Vorsorge nicht nachkommen und diesen Fonds mitfinanzieren, sondern daß sie nur im Kuratorium sitzen. Das ist nicht einzusehen! Geben Sie mir da recht? (Zwischenruf des Abg. Donabauer. )

Ich sage Ihnen ein Beispiel: In Dänemark wird die gesamte Vorsorge allein von der Krankenversicherung finanziert. Diese Art von Folgekostenvermeidung ist beispielhaft; das werden Sie doch zugeben. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Donabauer. )

Es ist zu befürchten, daß durch die zwischen Bund, Ländern, EU sowie der NGOs zu koordinierenden Förderungsprojekte die Verwendung und Vergabe der Mittel sowie deren Aufgabe und Überschaubarkeit verschleiert werden.

Schließlich – und das ist mir eigentlich das wichtigste Anliegen von allen – entzieht sich dieser Fonds mit der Ausgliederung aus dem BMAGS der parlamentarischen Kontrolle. Prävention, meine Damen und Herren, muß in den Köpfen von Ministern, von Ärzten und Patienten – und nicht in der Brieftasche von jedem einzelnen beginnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Das haben schon viele Staatsmänner gesagt. Wir sagen: Prävention ja, aber nur mit Kontrolle! (Abg. Dr. Khol: Lenin hat das gesagt und damit den russischen Geheimdienst begründet! Bei diesem Zitat würde ich sehr aufpassen!)  – Ich weiß, Herr Abgeordneter Khol! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Guggenberger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.37

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident des Nationalrates! Sehr geehrte Frau designierte Präsidentin des Fonds "Gesundes Österreich"! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein außerordentlich erfreulicher Tag für die Gesundheitspolitik. Wir sind heute in der Lage, ein Gesetz zu beschließen, das dazu führen wird, daß wir künftighin alljährlich – Jahr für Jahr! – 100 Millionen Schilling für Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge und der Krankheitsprävention zur Verfügung haben. In einer Zeit, in der man jeden Schilling zu Recht dreimal umdreht, bevor man ihn ausgibt, ist das eine außerordentlich bemerkenswerte Initiative, und wir sind sehr froh darüber, das heute beschließen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Internationale Studien zeigen uns, daß die Gesundheit des einzelnen nur in einem geringeren Maße von der Qualität des Gesundheitssystems abhängt, und daß in einem höheren Ausmaß die genetische Programmierung des einzelnen für seine Gesundheit verantwortlich ist und in ganz besonderer Weise der Lebensstil, die Umstände, unter denen jemand lebt, maßgeblich dafür sind, wie gesund jemand ist. Und genau bei diesem Punkt setzen wir an, wenn wir Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge fördern, Mittel dafür zur Verfügung stellen – und wir tun das in einer beachtlichen Weise.


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Es ist nicht so, daß wir etwa das Rad neu erfinden müßten. Es ist schon so, daß der Hauptverband der Sozialversicherungsträger im Rahmen seiner gesetzlichen Verpflichtung erhebliche Mittel zur Verfügung stellt. Es gibt sehr viele beachtenswerte Initiativen in den Ländern und Gemeinden. Mit diesen 100 Millionen Schilling pro anno, Jahr für Jahr aufs neue wieder, wollen wir neue Impulse, neue Akzente setzen, wollen wir Initiativen vernetzen.

Es wird mit Sicherheit nicht so sein, daß sich jemand aus den Ländern, der bisher Initiativen finanziert hat, zurücklehnen und sagen kann, Gott sei Dank gibt es jetzt diesen Fonds "Gesundes Österreich".

Was kritisiert wurde, ist, daß dieses Kuratorium zu aufgebläht sei. – Ich möchte das mit aller Vehemenz zurückweisen. Das ist nicht aufgebläht! Dieser Fonds "Gesundes Österreich" wird ein bewegliches, lenkbares, gelenkiges Organ sein. Das Herz dieses Fonds wird der Projektbeirat sein, und dieses Herz besteht aus sieben Mitgliedern. Hier werden die wesentlichen Vorarbeiten geleistet werden.

Was aus meiner Sicht ganz wichtig ist, ist diese Präventionskonferenz, die zweimal jährlich durchzuführen ist und zu der alle gesundheitspolitisch Interessierten eingeladen sind.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zusammenfassen: Dieses Gesetz, diese Dotierung des Fonds "Gesundes Österreich" mit alljährlich 100 Millionen Schilling ist eine hervorragende Chance! Jetzt gilt es, diese Chance zu nützen. Wir sind überzeugt, es wird uns gelingen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Motter. – Bitte.

14.40

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Guggenberger, Sie konnten mich auch heute mit Ihrer überschwenglichen Freude nicht anstecken. Das ist Ihnen schon im Ausschuß nicht gelungen und auch heute nicht. (Abg. Dr. Gredler: Schade! – Heiterkeit.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie beschließen heute ein neues Gesetz, ein weiteres, zusätzliches Gesetz, obwohl wir alle wissen, daß gerade Österreich mit Gesetzen überfrachtet ist und daß wiederholt der Appell an uns alle gerichtet wurde, doch nicht für alles und jedes ein Gesetz zu beschließen. Aber all diese Forderungen, diese Appelle, sowie auch die Klagen der Präsidenten Fischer und Neisser in den Medien im vergangenen Dezember über die Flut an neuen Gesetzen haben nichts genützt, denn heute wird wieder ein Gesetz, und zwar ein "Gesetzchen" mit nur fünf Paragraphen beschlossen.

Meine Damen und Herren! Auch wir Liberalen stehen zur Freigabe von jährlich 100 Millionen Schilling aus dem Budgetansatz 1998 für die Gesundheitsförderung und Gesundheitsvorsorge, denn wir brauchen in Zukunft verstärkte Prophylaxe. Herr Kollege Rasinger! Ich darf Ihnen versichern, das ist auch uns ein echtes Anliegen. Aber brauchen wir dazu eine Fondslösung mit einer überbordenden Bürokratie und Verwaltungskosten in Höhe von 9 Prozent? – Das heißt doch, daß 9 Millionen von den 100 Millionen Schilling allein für die Abwicklung der Vergabe dieser noch verbleibenden 91 Millionen Schilling draufgehen.

Wenn man zudem weiß, daß der bereits bestehende Fonds "Gesundes Österreich" aufgebläht werden wird und in Zukunft diverse Landesvertreter – ich sage bewußt: auch doppelgleisig! – daran teilnehmen oder in diesem Fonds vertreten sein werden, kann man sicherlich nicht mehr von einer "schlanken Struktur" sprechen. Diesbezüglich gehen meine Kritikpunkte, was diesen Fonds betrifft, völlig konform mit den Ausführungen meiner Vorrednerin, Frau Kollegin Povysil. Wenn man zudem bedenkt, daß durch diese Fondslösung keine ausreichende Kontrolle durch das Parlament und den Rechnungshof gegeben ist, dann ist dies ein weiterer Grund, dieses Gesetz abzulehnen.


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Meine Damen und Herren! Nun zur Vorlage: Selbst diese Vorlage ist ein weiterer Grund, skeptisch zu sein. Die Ziele des Gesetzes sind im § 2 aufgelistet, und hier fehlt bereits eine deutliche Abgrenzung, was die Ziele beziehungsweise Strategien zum Erreichen dieser Ziele sein sollten, und welche Folgen daraus resultieren.

Es ist weiters auch nicht klar geregelt, inwieweit sich der Fonds "Gesundes Österreich" mit seinen Aufgabenstellungen und die Sozialversicherung mit ihren Aufgaben in die Quere kommen. Auch auf diese Frage konnte mir die Frau Ministerin im Ausschuß leider keine Antwort geben. In der Vorlage wird zwar ein weit gespanntes Zielfeld angesprochen, demgegenüber nehmen sich die Mittel in Höhe von 100 Millionen Schilling allerdings etwas mager aus. Es stellt sich bereits heute die Frage, ob diese 100 Millionen ausreichend sind. Zudem ist die Formulierung der Maßnahmen so allgemein gehalten, daß aus dem Gesetz selbst nicht beurteilt werden kann, wofür die Finanzmittel konkret verwendet werden sollen.

Frau Ministerin! Eine konkrete Frage dazu: Wie sieht in diesem Jahr die Schwerpunktsetzung aus, und wie beziehungsweise von wem sollen in den folgenden Jahren die Schwerpunkte gesetzt werden?

Weiters, Frau Ministerin: Wir kennen die Nichtraucher- und die Impfkampagne. Glauben Sie nicht auch, daß es ebenso wichtig wäre, die im Punkt 4 des § 2 genannte Weiterentwicklung im Bereich der Qualitätssicherung und Evaluation zu sichern? Denn in dieser Hinsicht – das steht außer Frage – ist Österreich im EU-Vergleich fast ein Entwicklungsland.

Wir brauchen ja nur über die Grenze zu schauen: In Deutschland werden bereits medizinische Leitlinien erarbeitet – zum Teil sind sie sogar schon in Verwendung –, welche von den fachärztlichen Vereinen selbst entworfen wurden. Zudem gibt es im Bereich der Internen Medizin einen diagnostischen Kompaß, in dem für die 15 häufigsten Indikationen medizinische Behandlungsmethoden vorgeschlagen werden. In diesem Zusammenhang möchte ich folgendes besonders hervorheben: Die Patienten dort haben Zugang zu diesen Leitlinien.

In den Niederlanden gibt es fix eingerichtete Stellen mit Patientenvertrauenspersonen, die gemeinsam mit Arzt und Patient die optimalen Behandlungsmethoden absprechen. Weiters sind die Patientenrechte in den Niederlanden wesentlich stärker ausgebaut als bei uns in Österreich.

Meine Damen und Herren! Wenn also, wie in den Erläuternden Bemerkungen festgehalten, in Europa tatsächlich die weitere Zusammenarbeit hinsichtlich qualitätssichernder Maßnahmen und evaluierter Maßnahmen ausgebaut werden soll, dann wird es wichtig sein, endlich über die Grenzen zu schauen und vor allem auch, die Struktur des derzeitigen Gesundheitssystems zu reformieren. Dies muß sicherlich zuallererst bei unseren Krankenkassen beginnen. Auch dies gibt uns halb Europa bereits vor! Es ist bewiesen, daß ein bedingter Wettbewerb unter den Versicherungen den Motor für mehr Qualitätssicherung und den sinnvollen Einsatz der Mittel bildet.

Meine Damen und Herren! Wir wissen auch nicht, nach welchen Kriterien die Schwerpunktsetzung in den kommenden Jahren erfolgen soll. Die Satzungen sind nicht bekannt. Man kann daher nicht beurteilen, wie und von wem und nach welcher Maßgabe geförderte Projekte ausgewählt werden. Es ist zudem zu befürchten, daß das Kuratorium des Fonds aus denselben Interessenvertretern, die ohnehin in den Institutionen der gesetzlichen Sozialversicherungen sitzen, bestehen wird. Daher meine ich, daß die Forderung, auch Vertreter der im Nationalrat vertretenen Parteien in das Kuratorium zu entsenden, berechtigt ist. Denn wenn die Förderung der Gesundheit ein nationales und gemeinsames Ziel werden soll, dann wäre es höchst sinnvoll, auch die politischen Kräfte mit ihren Ideen einzubinden.

Abschließend stelle ich aus Sicht der Liberalen fest, daß insgesamt die Notwendigkeit, der Inhalt und vor allem die Gestaltung des vorliegenden Gesetzes stark in Zweifel gezogen werden müssen. Wir können dieses Gesetz leider nicht verhindern, werden aber genau kontrollieren, was mit den 100 Millionen Schilling geschehen wird. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.47


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109. Sitzung / Seite 80

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

14.47

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Abgeordnete Motter hat gerade die Zweifel, die Ängste und möglichen Negativa in den Vordergrund geschoben. Ich kann Sie beruhigen, Frau Kollegin: Ich glaube, dieses Gesetz wird ein Schritt in die richtige Richtung sein.

Wenn wir die Finanzströme, die Mittel für das österreichischen Gesundheitswesen betrachten – 192 Milliarden Schilling insgesamt, davon 100 Milliarden Schilling für das Spitalswesen –, dann muß man sagen, die Ausgaben für das Spitalswesen sind einfach zu hoch. Es kann nicht Ziel der österreichischen Gesundheitspolitik sein, daß für jeden Menschen zu jedem Zeitpunkt ein weißes Bett garantiert wird. Das geht einfach nicht! (Abg. Motter: Das habe ich ja nicht verlangt!)

Wenn wir die Alterslawine, die wir alle begrüßen, irgendwie bewältigen wollen, dann müssen wir überlegen: Was können wir tun, damit wir möglichst lang gesund bleiben und möglichst alt dabei werden, und zwar geistig und körperlich gesund? – Alles andere hat meiner Meinung nach sekundär zu sein. Es ist wirklich naiv zu glauben, daß wir ein ganzes Leben lang falsch leben können, kreuz und quer essen, trinken, rauchen können und uns nicht bewegen, und daß dann die Ärzte in den Spitälern das Ganze irgendwie operativ sanieren können. Das ist wie bei einem Krug: Wenn der einmal zerbrochen ist, dann ist er, auch wenn er geklebt wird, nicht mehr derselbe!

Ich möchte jetzt nicht "obergescheit daherreden", aber als Arzt erlebe ich immer wieder, daß Patienten sagen: "Hätte ich das nicht früher machen können? Warum hat mir das niemand gesagt?" Und auf dieses "Warum hat mir das niemand gesagt?" möchte ich nun näher eingehen.

Ich behaupte, in Österreich hat es jedes Auto besser als ein Patient. Ein Auto wird nämlich regelmäßig von innen und außen gereinigt und muß einmal im Jahr zum Service gebracht werden, sonst bekommt es kein "Pickerl". In Österreich hat aber der Körper eines Patienten diese Rechte nicht!

Dieses Gesetz ist aber ein Schritt in die richtige Richtung. Wie jedes positive Gesetz hat es viele Väter – dieses Gesetz hat aber auch eine liebe Mutter. Sehr geehrte Frau Ministerin Hostasch! Meiner Ansicht nach war es eine sehr wichtige Entscheidung von Ihnen, da mitzumachen, sich für dieses Gesetz zu verwenden und es zum Schwerpunkt Ihrer Arbeit zu machen. Sie werden sehen, Sie werden viel Freude mit diesem Kind haben!

Ich möchte auch unserem Herrn Vizekanzler Schüssel danken, der den anfangs zögerlichen Raucher und Minister Edlinger davon überzeugt hat, daß es wichtig ist, in diesen Bereich zu investieren. Ich möchte aber auch den Mitarbeitern, allen voran Frau Dr. Pracha sowie Herrn Kunyik und Frau Marte danken, die sich wirklich sehr bemüht und in nächtelanger Arbeit die Statuten erarbeitet haben. Ich finde, es ist nicht ganz fair, wenn hier behauptet wird, in diesem Fonds würden wieder nur dieselben Interessenvertreter wie in den Sozialversicherungen sitzen und der Fonds würde aufgebläht werden. – Ich meine, der Fonds und das Gesetz einschließlich der Statuten sind wirklich nachvollziehbar und können sich sehen lassen!

Drei wichtige Punkte möchte ich erwähnen. Erstens: Durch das gesamte Gesetz und durch den gesamten neuen Fonds soll sich der Geist der Kooperation ziehen. Wir können auf die vielen Initiativen, die in diesem Bereich bereits arbeiten, nicht verzichten!

Zweitens: Wir müssen alle einbinden. Die Prävention ist noch ein kleines Pflänzchen. Es hätte überhaupt keinen Sinn, mit staatlichen Geldern jetzt zum Beispiel die Krebshilfe niederzukonkurrenzieren. Im Gegenteil: Wir müssen bestrebt sein, daß dieses Pflänzchen besser wachsen kann. (Beifall bei der ÖVP.)


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Drittens: Wir wollen vor allem informieren und motivieren. Wir können dem Bürger nicht vorschreiben, was er zu essen hat, und darüber entscheiden, ob er raucht oder nicht raucht. Wir wollen ja nur Hilfe zur Selbsthilfe geben! Angesichts der Tatsache, daß heute 50 Prozent der 18jährigen rauchen und rund ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung raucht, ist aus der Sicht der Gesundheitspolitik meiner Ansicht nach sehr wohl Handlungsbedarf gegeben! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man Umfragen ernst nimmt, dann weiß man, daß rund 25 Prozent der Bevölkerung bereit sind, etwas für die Gesundheit zu tun, und sich dafür interessieren. Weitere 50 Prozent sind zwar interessiert, tun aber noch nichts. Das heißt, wir haben die große Chance, in diesem Bereich tätig zu werden.

Der typisch österreichische Ausspruch: "Mir schmeckt’s! Sterben müssen wir alle einmal!" sollte, wie ich meine, der Vergangenheit angehören. Es ist nämlich genau diese Art von Personen, die zu mir sagen: "Herr Doktor, hätte man nicht etwas tun können?" – Die Gesundheit ist eben das höchste Gut. Gott sei Dank denken wir nicht alle täglich daran, so wie ich als Arzt täglich daran denken muß. Aber wenn wir im Begriff sind, die Gesundheit zu verlieren, dann sind wir sehr froh, daß wir eine gute Versorgung haben. Meiner Meinung nach wäre es aber noch gescheiter, wenn wir gar nicht erst krank würden.

Ziel muß es sein, gesund alt zu werden! Bei einem Durchschnittsalter von 80 Jahren bei den Frauen und 73 Jahren bei den Männern, ist das heutzutage, wie ich meine, wirklich eine Megaaufgabe!

Drei kurze Beispiele: Weil ich gerade Herrn Exminister Löschnak sehe, der sich sehr für den Sport engagiert, möchte ich als erstes Beispiel die Bewegung nennen. Es gibt kein Medikament auf der Welt, das so gut ist wie Bewegung! (Abg. Mag. Guggenberger: Bravo!) Man kann damit die Herz-Kreislauf-Mortalität senken, und neueste Studien sagen – das werden Sie nicht wissen –: Man kann damit auch das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken – die häufigste Krebserkrankung bei Frauen –, dramatisch senken!

Zweitens: Eine gesunde Ernährung mit viel Gemüse, Salat, Milch und Vollkornprodukten senkt die Herzinfarktrate um 40 Prozent und die Krebsrate um 40 Prozent, meine lieben Bauern!

Drittens: Kapitel Rauchen. 30 Prozent aller Krebserkrankungen, 11 000 Krebserkrankungen und 16 000 vorzeitige Todesfälle jährlich sind darauf zurückzuführen. Im Schnitt verliert ein Raucher acht Jahre an Lebenserwartung. (Abg. Böhacker: Das müssen Sie dem Herrn Finanzminister sagen!) Oder Brustkrebs: Über 4 000 Erkrankungen jährlich, jede zehnte Frau erkrankt. 50 Prozent der Erkrankungen wären durch Frühuntersuchungen vermeidbar.

Ich finde, wir müssen etwas tun! Frau Ministerin! Meiner Ansicht nach müssen wir auch die Sozialversicherung einbinden. Es soll nicht parallel zu einer neuen Bürokratie kommen. Ich glaube, es ist ungerecht, von neuen Interessenvertretungen zu reden. Das ist diesem jungen Gesetz gegenüber nicht fair: Ich bin zuversichtlich und höchst interessiert an seiner Umsetzung. Seitens der ÖVP bieten wir die Zusammenarbeit an, damit dieses "Pflänzchen" Prävention ein internationales Vorzeigestück wird – neben unseren schon bisher erfolgreichen Bereichen Rehabilitation, ambulante Versorgung und Spitäler, mit denen wir uns weltweit nicht verstecken müssen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Guggenberger.  – Abg. Dr. Khol: Ein großer Erfolg für dich!)

14.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Haidlmayr, wollen Sie noch sprechen? Sie haben 10 Minuten freiwillige Redezeit. Sie beginnen jetzt mit Ihren Ausführungen und setzen sie dann später fort. Gut, danke. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.55

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Das Gesundheitsförderungsgesetz ist grundsätzlich, von seinem Ansatz her nicht schlecht. Aber das Problem, das das Gesundheitsförderungsgesetz mit sich bringt, ist, daß


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109. Sitzung / Seite 82

von dem vor Jahren gedachten Betrag von 1 Milliarde Schilling für das Gesundheitsförderungsprogramm nur mehr 100 Millionen Schilling übriggeblieben sind.

Wenn man sich die Palette anschaut, was im Bereich des Gesundheitsförderungsgesetzes alles gemacht werden soll – angefangen von der Sektenbetreuung bis hin zur Raucheraufklärung von Kindern und der Prävention in allen Bereichen –, dann kann ich persönlich mir nicht vorstellen, wie das mit dieser relativ kleinen Summe funktionieren soll.

Gleichzeitig ist in diesem Gesundheitsförderungsgesetz bereits festgehalten, daß 9 Prozent von diesen 100 Millionen Schilling ausschließlich in die Verwaltung fließen. Das scheint mir besonders problematisch zu sein. Auch Herr Abgeordneter Löschnak hat heute bereits in einer Presseaussendung kundgetan, daß er bezüglich der Verwendung dieser Mittel seine Bedenken hat, weil eben nur für den Verwaltungsaufwand bereits ein fixer Betrag festgelegt wurde. Für alle anderen Bereiche, die in die Gesundheitsförderung integriert werden müßten, gibt es so gut wie keine Kostenaufteilung. Wo sich das Geld dann verliert oder nicht verliert, wird man erst hinterher sehen, und das halte ich eigentlich für einen schlechten Ansatz für ein, wie ich meine, doch sehr wichtiges Gesetz.

Der zweite Bereich, den wir heute besprechen, ist der Bereich der Schutzimpfungen. Frau Ministerin! Es ist nichts dagegen einzuwenden, daß Schutzimpfungen jetzt im sogenannten Fünferpack angeboten werden. Das kann man tun. Die Frage ist nur: Was ist, wenn sich jemand nicht einer fünffachen Impfung unterziehen will, sondern vielleicht nur zwei oder drei Impfungen in Anspruch nehmen will? Wie wird in Zukunft sichergestellt, daß es auch Einzelimpfungen gibt? – Frau Ministerin! Diese Sicherstellung gibt es nicht mehr. Sie wissen genau, daß, seit es die sogenannte Dreierimpfungskombination gibt, die Zweierimpfung nicht mehr angeboten wird. Das heißt, die Pharmaindustrie hat dadurch in Zukunft eine sehr lukrative weitere Einnahmequelle, denn man steht nun vor der Möglichkeit: entweder fünf Impfungen oder gar keine.

Frau Ministerin! Wir würden diesem Impfgesetz sehr gerne zustimmen, können dies aber nur unter der Voraussetzung tun, daß Sie unseren Entschließungsantrag unterstützen. In diesem wird nämlich gefordert, daß auch die Einzelimpfungen weiterhin angeboten werden müssen.

Unser Antrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Dr. Petrovic, Freundinnen und Freunde betreffend Schutzimpfungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Ministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß mit sofortiger Wirkung die Impfstoffe gegen Diphterie, Tetanus, Pertussis, Haemophilus influenza b sowie Polio auch einzeln erhältlich sind und als Einzelimpfungen verabreicht werden können.

Weiters soll eine verbesserte Aufklärung der Eltern über die Nebenwirkungen von Schutzimpfungen gewährleistet sowie unabhängige Meldestellen für Impfnebenwirkungen eingerichtet werden.

*****

Frau Bundesministerin! Wenn Sie diesen Entschließungsantrag unterstützen und damit sicherstellen, daß Einzelimpfungen auch in Zukunft möglich sind, dann können wir Grünen das neue Impfgesetz unterschreiben. Wenn Sie das aber nicht sicherstellen können, dann sind wir nicht in der Lage, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen, weil wir meinen, daß dadurch nur der Profit der Pharmaindustrie gesteigert, die Entscheidungsfreiheit des einzelnen aber sehr beschränkt werden würde. Und das wollen wir nicht zulassen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.59


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109. Sitzung / Seite 83

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Frau Abgeordnete! Wollen Sie Ihre Rede dann später noch fortsetzen oder ist damit Ihr Beitrag beendet? (Abg. Haidlmayr: Ich bin fertig!)  – Danke. Der Entschließungsantrag, den Sie eingebracht haben, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Ich unterbreche jetzt die Sitzung für eine Minute, damit wir um Punkt 15 Uhr mit der Behandlung des Dringlichen Antrages beginnen können.

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf .

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Volker Kier, Dr. Hans Peter Haselsteiner, Mag. Helmut Peter, Klara Motter und Genossen betreffend Reparatur der Sozialversicherungspflicht für "Freie Dienstverträge" und "Neue Selbständige" (686/A) (E)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 686/A (E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

"Gegen Ende dieses Jahrhunderts sind die bisher scheinbar so festgefügten Strukturen der Arbeitswelt zunehmend im Wandel begriffen. Das unbefristete Vollarbeitsverhältnis, die fixe Bindung der ArbeitnehmerInnen an einen Arbeitsplatz, die klare arbeitsrechtliche und wirtschaftliche Eingliederung in das betriebliche Gefüge lösen sich auf. An deren Stelle treten neue Formen der Arbeit – die berufsständischen Grenzen zwischen Unselbständigkeit und Unternehmertum zerfließen. In Zukunft werden in großem Ausmaß vorübergehende oder flexible Beschäftigungen nachgefragt werden, die Erwerbseinkünfte werden aus vielfältigen und individuell kombinierbaren Arbeitsverhältnissen zusammengesetzt sein.

Diese weltweit unstrittige Entwicklung wird zurzeit sowohl auf internationaler wie auf europäischer Ebene intensiv diskutiert. Dabei geht es auch um die Frage, wie durch eine Reform der sozialen Sicherungssysteme den geänderten Arbeitsbedingungen Rechnung getragen werden kann. Im Hintergrund steht dabei die vorrangige Aufgabe, die europaweit beobachtbare Krise des Sozialstaates zu überwinden. Unter den Mitgliedsländern der Europäischen Union haben in den vergangenen Jahren insbesondere Skandinavien und die Niederlande vorgeführt, wie sich eine ganze Nation im Konsens von ihrem überbordenden Versorgungsstaat behutsam trennen kann, ohne daß dabei der Anspruch, soziale Sicherheit allen BürgerInnen zu garantieren, aufgegeben worden wäre.

In Österreich hingegen hat die Bundesregierung spätestens seit Beschluß des ersten Sparpakets 1995 einen ,Sanierungsweg‘ beschritten, auf dem neben einer breitgefächerten Kürzung bestehender Sozialtransfers (Karenz, Pflegegeld, Arbeitslosengeld) vor allem einnahmenseitige Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung angestrebt wurden. Im Gegensatz zu den erwähnten Reformländern der EU, die eine Sanierung des Staatshaushaltes durch eine Flexibilisierung der Wirtschaft sowie einen Umbau des Sozialsystems durch einen Paradigmenwechsel in der Finanzierung insgesamt bewerkstelligten, beharren in Österreich Regierung und Sozialpartner auf dem fundamentalen Irrtum, daß die sozialen Leistungen vornehmlich durch einkommensabhängige Beiträge aufgebracht werden und daß das bisherige System, das auf berufsständischen Grundlagen beruht, aufrechterhalten werden muß, obwohl diese Grundlagen seit langem überholt sind.


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109. Sitzung / Seite 84

Als folgenschwerstes Beispiel dieser strukturkonservativen Sozial- und Wirtschaftspolitik und der daraus resultierenden systematischen Fehlkonzeptionen ist die Art und Weise zu bezeichnen, wie die Koalitionsregierung versucht, die bestehenden Einrichtungen des Sozialversicherungswesens möglichst unreformiert zu lassen und trotzdem alle Erwerbseinkommen der Sozialversicherungspflicht zu unterwerfen. Statt sich auf den Wesenskern der Pflichtversicherung zu konzentrieren, beharrt die Koalition darauf, alle irgendwie erfaßbaren Menschen – koste es, was es wolle – in eine der bestehenden Sozialversicherungen hineinzuzwingen. Innerhalb der letzten beiden Jahre waren nicht weniger als vier Reparaturversuche – nicht zuletzt aufgrund einer Teilaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof – notwendig, um die von Opposition und Fachwelt von Beginn an geäußerten schwerwiegenden Bedenken hinsichtlich Gleichheitswidrigkeit und die unbrauchbare rechtliche Umsetzung wenigstens teilweise zu reparieren.

A) Verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich Gleichheitswidrigkeit, Vertrauensschutz und Eigentumsgarantie

Mit der jüngsten Novellierung, die am 1. Jänner 1998 in Kraft getreten ist, hat die Regierung einen Entwurf vorgelegt, der erstmals nach dem Scheitern der Werkvertragsregelung eine gewisse systematische Konsequenz zu verfolgen sucht. So erfolgt die Einbeziehung der nicht gewerblich Selbständigen, annäherungsweise mit dem vormals ,dienstnehmerähnlichen Werkvertrag‘ analog zu setzen, nun in das GSVG. Trotzdem fehlt auch in der jetzt geltenden Fassung jedes Element, das eine zukunftsorientierte Lösung auch nur andeutete, und es werden jene alten Fehler wiederholt, die bereits einmal zur Verfassungswidrigkeit der Werkvertragsregelung geführt haben:

Verfassungswidrigkeiten hinsichtlich der Bestimmungen über die Versicherungspflicht:

Eine angestellte (ASVG-pflichtige) Sekretärin, die nebenbei selbständig Schreibarbeiten durchführt, ist bereits ab einem zusätzlichen Monatsverdienst von 3 830 S nochmals, und zwar im GSVG, sozialversicherungspflichtig; arbeitet jedoch dieselbe Person ausschließlich selbständig für Schreibtätigkeiten, hat sie erst ab 7 400 S Sozialversicherung (GSVG) zu zahlen.

Im Bereich der ,neuen Selbständigen‘ (§ 2 Abs. 4 GSVG) gelten drei (!) verschiedene Grenzbeträge für die Sozialversicherungspflichtigkeit:

1. Bei einer ausschließlich ,neuen‘ selbständigen Tätigkeit gibt es eine Geringfügigkeitsgrenze von 7 400 S monatlich, welche gleichzeitig den Charakter einer Mindestbeitragsgrundlage hat (,Opting in‘).

2. Wenn eine Neue Selbständigkeit neben ein Dienstverhältnis (ASVG oder Beamte) hinzutritt, beträgt die Geringfügigkeitsgrenze 3 830 S.

3. Bei Einkommen aus gewerblicher Tätigkeit plus einer ,neuen‘ selbständigen Beschäftigung beträgt die Mindestbeitragsgrundlage 13 761 S.

Solche Bestimmungen sind weder in sich schlüssig noch entsprechen sie dem Gleichheitsgrundsatz.

Verfassungswidrigkeiten hinsichtlich der Beitragshöhe:

Jene selbständigen Gruppen, die auch nach der letzten Novellierung im ASVG verblieben sind (ab 1.1.2000 bloß bereits tätige Hebammen, Musiker, Lehrer et cetera), haben in der Pensionsversicherung den vollen Beitragssatz von 22,8 Prozent zu entrichten, die ,alten‘ Selbständigen einen Beitragssatz von 14,5 Prozent und die ,neuen‘ Selbständigen von 15 Prozent (wobei dieser Satz in den kommenden Jahren schrittweise auf 20,25 Prozent angehoben wird!). Die Freiberufler (FSVG-Versicherte) schließlich haben in ihrer Pensionsversicherung eine Beitragslast von weiterhin 20 Prozent zu tragen. Obwohl die Belastung für Freiberufler und neue Selbständige deutlich höher ausfallen dürfte, unterstützt der Bund nur die ,alten‘ Selbständigen (traditionell gewerblich Selbständige) aus dem Steuertopf durch eine Verdopplung des Beitragsvolu


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mens. Diese vollkommen unterschiedlichen Beitragssätze begründen eine verfassungsrechtliche Gleichheitswidrigkeit.

Weiters werden nunmehr (ältere) Personen für eine beispielsweise schriftstellerische Tätigkeit zur Pflichtversicherung herangezogen, für die sie zuvor nicht pflichtig waren; hier müssen Beitragsleistungen erbracht werden, ohne einen künftigen Pensionsanspruch zu bewirken. Diese eingezahlten Beiträge bleiben nämlich vollkommen wirkungslos, falls nicht eine Mindestbeitragszeit von 15 Jahren (180 Monate) erreicht wird. In solchen Fällen wird diese Personengruppe vergeblich zur Kasse gebeten, was enteignenden und somit verfassungswidrigen Charakter hat und im übrigen der VfGH seit Jahrzehnten in ständiger Judikatur als verfassungswidrig feststellt.

Mangels Harmonisierung der Pensionssysteme entsteht der merkwürdige Umstand, daß Beamte eine zweite Alterspension erhalten können. Dabei tröstet wenig, daß bei nicht ausreichenden Versicherungsmonaten (unter 180 Monate = 15 Jahre) die eingezahlten Beiträge völlig wirkungslos von den Pensionsversicherungsanstalten lukriert werden, wodurch ein verfassungswidriger Effekt entsteht.

Verfassungswidrigkeiten hinsichtlich geringfügiger Beschäftigung:

Dienstgeber – ab einer Lohnsumme von 5 745 S – müssen für die bei ihnen geringfügig Beschäftigten in jedem Fall den Arbeitgeberbeitrag bezahlen, ohne daß dem Dienstnehmer dadurch ein Versicherungsanspruch entsteht. Das Motiv der Regierung, dadurch geringfügige Beschäftigungen zu verteuern (und nebenbei den Sozialversicherungsträgern Einnahmen zu verschaffen, für die diese keine Gegenleistungen bringen müssen), zielt offenbar darauf ab, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse überhaupt zu verhindern, – in der trügerischen Hoffnung, damit positive arbeitsmarktpolitische Effekte zu erzielen. Nebenbei widerspricht diese Vorgangsweise dem Sozialversicherungsprinzip. Nach diesem Prinzip muß zwischen der Zahlung von Beiträgen und dem Anspruch auf Versicherungsleistungen durchgängig ein Zusammenhang bestehen, wie auch der VfGH bereits vor geraumer Zeit in einem Erkenntnis festgestellt hat. Dieser sogenannte pauschalierte Dienstgeberbeitrag ist somit eindeutig verfassungswidrig, da ihm keine zuordenbaren Gegenleistungen gegenüberstehen.

Der Dienstgeberbeitrag bedeutet vom wirtschaftlichen Standpunkt jedenfalls eine Erhöhung der Lohnkosten auf Unternehmerseite und könnte somit den zweifachen negativen Effekt bewirken, daß Arbeiten dieser Art überhaupt nicht mehr in Auftrag gegeben oder aber vermehrt im grauen Bereich angeboten werden. (Im vergangenen Monat ging die Zahl der ,Geringfügigen‘ bereits um rund 7 500 Personen zurück.)

Darüber hinaus scheinen sich mittlerweile jene Befürchtungen zu bewahrheiten, die in der freien Versicherungswahl für geringfügig Beschäftigte (,Opting in‘) ein breites Feld für Mißbrauchsmöglichkeiten eröffnet sahen. Da die Beitragsleistungen für den Kranken- und Pensionsversicherungsschutz seit Jahresbeginn zum Schleuderpreis von rund 500 S monatlich angeboten werden, ist für bisherige Mitversicherungs- oder Selbstversicherungsverhältnisse der Anreiz zu einem Umstieg in die Geringfügigkeit gegeben. Eine solche Entwicklung stellt nach Ansicht der unterfertigten Abgeordneten eine untragbare Belastung für das Sozialsystem und die künftigen Generationen dar, da diese billig erworbenen Versicherungszeiten später einmal mit einer viel höheren Bemessungsgrundlage zur Pensionsberechnung herangezogen werden müssen.

Eine weitere unverantwortbare und unzumutbare Belastung stellt für den Auftrag-/Dienstgeber die alleinige Verpflichtung zur Meldung bei den Krankenkassen dar, ob bei dem von ihm beschäftigten Auftrag-/Dienstnehmer auch noch andere Beschäftigungsverhältnisse vorliegen oder nicht. Es ist nämlich durch nichts zu begründen, weshalb die Beurteilungskonsequenzen einer unrichtigen oder mangelhaften Offenlegung der sonstigen Beschäftigungen des Arbeitnehmers ausschließlich den Unternehmer als Auftraggeber treffen sollen (eventuelle Nachzahlung von Beiträgen).


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Verfassungswidrigkeiten in der Krankenversicherung:

Ab 1.1.2000 wird in der Krankenversicherung die Subsidiarität abgeschafft mit dem Ergebnis, daß die Versicherten Mehrfachzahlungen zu leisten haben, obwohl sie rein physisch nur eine mögliche Sachleistung in Anspruch nehmen können. (Es hat jeder Mensch nur einen Blinddarm!) Arbeitnehmerseitige Beiträge über der Höchstbeitragsgrundlage werden nur zur Hälfte (und das unverzinst) zurückgezahlt, die zweite Hälfte geht in einen obskuren Fonds. Die Arbeitgeberbeiträge versinken verpflichtungslos bei den Versicherungsträgern. Auch hier werden sowohl die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie wie das Sozialversicherungsprinzip verletzt.

Verfassungswidrigkeiten in den Ausnahmebestimmungen:

Im § 49 Abs. 7 ASVG wurde die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales ermächtigt, nebenberufliche Kunstschaffende, SportlerInnen, Lehrende in Einrichtungen der Erwachsenenbildung sowie Kolporteure aus der Sozialversicherungspflicht auszunehmen, indem das Entgelt als Aufwandsentschädigung deklariert wird. Bedenklich scheint hier, daß zwei steuerrechtliche Begriffe unsachlich verknüpft werden.

Wie der Wiener Sozialwissenschafter Theodor Tomandl in einem Vortrag festgestellt hat, ist ,eine Aufwandsentschädigung schon begrifflich kein Entgelt, sondern nur dazu bestimmt, einen Aufwand zu ersetzen, (...) wie etwa Kosten für eine besondere Kleidung, für Repräsentationszwecke oder für Dienstreisen. (...) Es ist aber nicht einzusehen, warum sich gerade bei den eben genannten und nur bei diesen Tätigkeitsbereichen ein Sonderproblem hinsichtlich der Aufwandsentschädigung stellen soll. (...) Sei dem wie auch immer, es handelt sich ganz offensichtlich um den Versuch, die im Strukturanpassungsgesetz 1996 eingeführten und allgemein als verfassungswidrig angesehenen Ausnahmen von der Versicherungspflicht unter einem neuen Titel und in weniger auffälliger Form aufrechtzuerhalten.‘

Dessen ungeachtet sind nebenberuflich Lehrende in Einrichtungen der Erwachsenenbildung (v. a. die Kammerinstitute bfi und WIFI) nach wie vor per Gesetz bis zum 31.6.1999 von der Versicherungspflicht ausgenommen.

Auffallend ist, daß laut der am 10.2.1998 erlassenen Verordnung zum § 49 Abs. 7 ASVG (BGBl. II/41/1998) Kolporteure nicht mehr von der Sozialversicherung ausgenommen wurden. Es ist davon auszugehen, daß für diese Berufsgruppe künftig die Regelungen der sogenannten Neuen Selbständigkeit zur Anwendung gelangen sollen, was die diversen Medienunternehmen von der Zahlung des Arbeitgeberanteils befreien würde. An dieser Stelle muß aber darauf hingewiesen werden, daß die Einbindung der Kolporteure in die Neue Selbständigkeit in diametralem Widerspruch zu Dutzenden VwGH- und OGH-Urteilen steht (siehe u.a. APA 254, 22.8.1996), in denen für diese Berufsgruppe der Dienstnehmerstatus entschieden wurde.

Abgrenzungsproblem Freier Dienstvertrag – Neue Selbständige

Bereits vor knapp einem Jahr hatte der VfGH die Bestimmung über die Pflichtversicherung für dienstnehmerähnliche Werkverträge wegen Unvollziehbarkeit und der völligen Unbestimmtheit dieses Begriffs aufgehoben. Doch auch die letzte Novellierung durch das ASRÄG 1997 ist weiterhin vom starren Bemühen der Sozialbürokratie gekennzeichnet, grundsätzlich selbständig tätige Menschen möglichst wie Arbeitnehmer zu behandeln und damit in das ASVG hineinzupressen: Nunmehr wird versucht, Dienstverhältnisse von Neuer Selbständigkeit dadurch abzugrenzen, daß freie Dienstnehmer die Dienstleistung im wesentlichen persönlich erbringen müssen und dabei über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen dürfen, während Neue Selbständige sich vertreten lassen dürfen und mit einer eigenen Unternehmensstruktur arbeiten müssen.

Mit dieser Definition liegen neue Zweifelsfälle auf der Hand:

* Wird die mitgebrachte Schürze einer selbständigen Putzkraft als wesentliches Betriebsmittel betrachtet, so ist diese Person im GSVG versichert, andernfalls unterliegt sie als freie Dienstnehmerin dem ASVG.


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* Ebenfalls ist nicht geklärt, ob der private Computer, mit dem ein Journalist einen Artikel schreibt, auf dem aber auch dessen Kind seine Computerspiele installiert hat, als solches Betriebsmittel gilt – und ob daher Selbständigkeit oder Dienstnehmereigenschaft vorliegt.

Auf diese Weise wird eine im Grunde gleich geartete Beschäftigtengruppe mit Hilfe spitzfindiger Kriterien und nach willkürlichem, vollkommen freiem Ermessen der Krankenkassen in zwei Teile zerrissen. Damit sind neue Zweifelsfälle und Streitfelder vorprogrammiert. Auftraggeber werden tendenziell bemüht sein, ihre Beschäftigten in die Selbständigkeit zu schieben, um sich die Dienstgeberbeiträge ,zu ersparen‘, während der Hauptverband der Sozialversicherungsträger erfahrungsgemäß hinter jeder neuen Art von selbständiger Tätigkeit eine Scheinselbständigkeit vermuten wird. Leidtragende in dieser Situation sind die Auftragnehmer, die der Willkür der Versicherungsträger ausgeliefert sind, sowie die Auftraggeber, die im Falle einer irrigen Meldung Dienstgeberbeiträge nachzahlen müssen.

Problem der zeitlichen Erstreckung der Pflichtversicherung

Wie bereits in der vom VfGH aufgehobenen alten Werkvertragsregelung wurde die Grundfrage, wann die Versicherung beginnt und vor allem endet, nicht beantwortet.

Gilt für traditionelle Gewerbetreibende die Stillegung des Betriebs beziehungsweise die Rücklegung des Gewerbescheins als Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Versicherung, verfügen die neuen Selbständigen über kein derartiges Merkmal. Vielmehr bestimmt der § 7 Abs. 4 GSVG, daß das Ausscheiden aus der Pflichtversicherung mit der ,Beendigung der betrieblichen Tätigkeit erfolgt‘. Dies steht im Widerspruch mit den Erläuternden Bemerkungen des Gesetzestextes, wonach beispielsweise für einen immer wieder tätigen Vortragenden ,auch während jener Zeit eine betriebliche Tätigkeit anzunehmen ist, in denen er (vorübergehend) keine Vortragstätigkeit entfaltet‘ (EB zum ASRÄG 1997, S. 36). Faktisch bedeutet dies einen sozialversicherungsrechtlichen ,Fleckerlteppich‘, da sich laut Gesetzestext jener Vortragende bei jeder Unterbrechung seiner Tätigkeit von der Sozialversicherung abmelden kann.

Unverständlichkeit des Gesetzestextes

Aus den unzähligen ,Chaosseminaren‘, die seit einigen Wochen von Steuerberatern u.a. abgehalten werden, läßt sich ermessen, wie groß die Not der Betroffenen allein angesichts der sprachlichen Unverständlichkeit des Gesetzestextes ist. Erschwerend kommt hinzu, daß selbst die auskunftgebenden Institutionen (Gebietskrankenkassen, Interessenvertretungen) mit einer nachvollziehbaren Interpretation allzu oft überfordert sind.

Als Beispiel für die Vergewaltigung der Sprache durch das Gesetz sei der folgende Paragraph angeführt, mit dem anscheinend erläutert werden soll, daß bei zuviel bezahlten Beiträgen das Geld nicht rückerstattet, sondern via einem Ausgleichsbetrag wieder an die Sozialversicherung fließen soll.

§ 27 Abs. 8 GSVG lautet:

,Pflichtversicherte gemäß Abs. 1 Z 2 haben einen Ausgleichsbeitrag zu leisten, wenn für den gleichen Personenkreis die Beitragssumme auf Grund der vorläufigen Beitragsgrundlage höher ist als auf Grund der Beitragsgrundlage gemäß § 25. Der Ausgleichsbetrag ist mit einem Prozentsatz der Beitragsgrundlage so festzusetzen, daß für den gleichen Personenkreis die Beitragssumme aufgrund der vorläufigen Beitragsgrundlage gleich ist mit jener aufgrund der Beitragsgrundlage gemäß § 25. Dieser Ausgleichsbeitrag ist mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales festzusetzen.‘

Sätze dieser Art muten als Verhöhnung der BürgerInnen dieses Staates an, die den verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine allgemeine Verständlichkeit der Gesetze haben. Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit verursacht ein Mißtrauen in den Rechtsstaat und damit eine Schwächung der Demokratie insgesamt.


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B) Wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Folgen:

Bei einer genauen Betrachtung der Effekte erhärtet sich der Eindruck, daß die geschilderten Maßnahmen nahezu ausschließlich darauf abzielen, zu Lasten von Erwerbseinkommen aus unselbständiger und bis zu einem gewissen Grad selbständiger Arbeit ein erhöhtes Beitragsaufkommen zu erzielen und damit die Kosten des Faktors Arbeit weiter zu belasten. Der Gedanke, daß Sozialpolitik die BürgerInnen zu schützen hat, ist diesem Gesetzeswerk hingegen völlig fremd. Es erhebt sich mittlerweile vielmehr die Frage, wie die steuerzahlende Bevölkerung noch vor den Auswirkungen dieser Sozialpolitik von SPÖ und ÖVP geschützt werden kann. In öffentlichen Kommentaren der letzten Monate fordern immer mehr Menschen Beitrags- und Steuergerechtigkeit oder rufen als letzten Ausweg geradezu zum ,Auswandern‘ auf.

Nachdem die Ansätze für eine nachhaltige Pensionsreform kaum wahrnehmbar sind und in ihren Auswirkungen bestenfalls erst ab dem Jahre 2015 entlastend wirksam werden, ist das Vertrauen in die Sicherheit der gesetzlichen Versicherung grundsätzlich stark geschwunden. Viele Menschen zweifeln mit Recht, ob sie von der Ausweitung der Sozialversicherungspflicht überhaupt jemals profitieren werden. Eine derartige Abgabenbelastung vor dem Hintergrund eines kollabierenden Pensionssystems könnte nur mehr als totale Sozialsteuer zu Lasten der Arbeitswelt interpretiert werden und reizt die Belastbarkeit des Generationenvertrags in unverantwortlicher Weise aus.

In diesem Klima werden die Pläne des europäischen Beschäftigungsgipfels – wie eine Stärkung des Unternehmergeistes – jedenfalls nicht gedeihen. Auch steht zu befürchten, daß der in Vorbereitung befindliche ,Nationale Beschäftigungsplan‘ angesichts folgender wirtschaftlicher und sozialer Folgen der ,Werkvertragsregelung‘ schwerlich die angestrebten positiven Effekte zeitigen wird. Vielmehr ist zu erwarten:

1. Der Weg in die Selbständigkeit wird erschwert.

2. Arbeitslosigkeit und Schwarzarbeit werden gefördert.

3. Flexiblen Arbeitsformen wird das Wasser abgegraben.

4. Frauen, welche häufig auf flexible Arbeitsformen besonders angewiesen sein können oder nach Karenzzeiten einen gleitenden Wiedereinstieg ins Berufsleben anstreben, werden geradezu aus dem Arbeitsmarkt ferngehalten.

5. Es ist ein massiver Kostenschub zu befürchten, der am Markt in den Preisen nicht untergebracht werden kann.

6. Viele der im europäischen und internationalen Wettbewerb stehenden Anbieter – insbesondere in Dienstleistungsunternehmen – sind in ihrer Existenz schwer gefährdet.

7. Innovative Angebote werden unterbleiben, Investitionen in neue Systeme werden nicht mehr finanzierbar sein.

8. Die Regelung gefährdet insbesondere durch ihre Unverständlichkeit die Rechtssicherheit und das Vertrauen in die öffentliche Ordnung.

9. Durch diese Rechtsunsicherheit, die unverhältnismäßig steigenden Lohnnebenkosten und die damit verbundene Unübersichtlichkeit der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erleidet der Wirtschaftsstandort Österreich schweren Schaden, da jeder – auch ausländische – Investor seine Entscheidungen an den Faktoren Rechtssicherheit und Kosten wesentlich orientiert.

10. Das Gesetz belastet jene am meisten, die es sich am wenigsten leisten können.

11. Dieses Gesetz kostet langfristig mehr, als es kurzfristig bringt.

12. Obwohl die eingehobenen Beiträge übergebührlich hoch sind, werden diese bei vielen Versicherten nur zu marginalen Leistungen (zum Beispiel Pensionsbezug) führen.


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Aufweichung des Arbeitsrechtes und des ArbeitnehmerInnenschutzes – Benachteiligung von Frauen im Arbeitsmarkt

Weitgehend unbemerkt ist der Umstand, daß die starke Einbindung der neuen Arbeitsformen in das Dienstnehmer-Regime ein Loch im Arbeitsrecht aufgerissen hat. Angesichts der teils überbordenden und kostenintensiven Bestimmungen im Arbeitsrecht werden in Zukunft viele Arbeitgeber naturgemäß bemüht sein, vermehrt Personen auf Basis freier Dienstverträge zu beschäftigen.

Auf seiten der ArbeitnehmerInnen bedeutet dies jedoch einen weitgehenden Verzicht auf nahezu alle arbeitsrechtlichen Rahmenbestimmungen, wie Urlaubs- und Abfertigungsanspruch, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Mutterschutz, Arbeitszeitbestimmungen, die Mitwirkungsmöglichkeiten nach dem Arbeitsverfassungsrecht und vieles andere mehr. Eine solche Entwicklung benachteiligt insbesondere Frauen, die mangels ausreichender Kinderbetreuungseinrichtungen nach wie vor gezwungen sind, überproportional in freien, atypischen oder geringfügigen Erwerbsverhältnissen zu stehen.

Im gewohnten Streben der Sozialpartner und insbesondere der ArbeitnehmerInnenvertretung, teilweise überholte Arbeitnehmerrechte ausschließlich für die im System befindlichen Vollerwerbstätigen zu verteidigen, bleibt die immer größere Gruppe der atypisch Beschäftigten vertretungslos. Anstelle einer notwendigen Überprüfung des Arbeitsrechtes und seiner Schutzbestimmungen wird seitens der Regierung aufgrund des Drucks der Interessenvertretungen offensichtlich lieber eine schleichende Aushebelung des Arbeitsrechts insgesamt in Kauf genommen. Der Preis ist die Spaltung der Arbeitswelt in zwei Kategorien.

C) Dringlicher Handlungsbedarf

Fast vier Wochen nach Ende der Anmeldefrist haben sich angeblich erst 6 000 Personen als neue Selbständige angemeldet. Angesichts geschätzter 250 000 bis 300 000 Erwerbstätiger, die unter das Regime des Freien Dienstvertrages oder der Neuen Selbständigkeit fallen sollen, ist diese Divergenz zwischen Schätzung und Wirklichkeit ein Alarmsignal. Dessen ungeachtet sind die MitarbeiterInnen in den Versicherungsanstalten bereits jetzt administrativ überfordert, zumal ein großer Teil der Bescheide aus der alten Werkvertragsregelung noch gar nicht erledigt ist. Viele Dienstgeber haben diese Anmeldung bislang offenbar deshalb unterlassen, weil von ihnen und den Behörden nicht geklärt werden konnte, welche ihrer nichtangestellten MitarbeiterInnen nun tatsächlich ,Freie Dienstnehmer‘ oder ,Neue Selbständige‘ sind.

Besonders augenfällig ist die Säumigkeit im Bereich des öffentlichen Dienstes und seiner nachgeordneten Dienststellen, wo Honorare (zum Beispiel aus dem Titel der Teilrechtsfähigkeit) bis heute nicht der Sozialversicherungspflicht unterworfen wurden. Erinnert sei auch an die Anfragenbeantwortungen aller Bundesministerien aus dem Vorjahr, aus der hervorging, daß von 536 angegebenen Werk- und Freien Dienstverträgen in sämtlichen Ministerien tatsächlich nur 289 Meldungen bei den Gebietskrankenkassen eingelangt waren. Das Arbeitsmarktservice hatte sich bereits im November 1996 der Werkvertragsproblematik entledigt, indem per interner Richtlinie verfügt worden war, keine Werkverträge mehr an Privatpersonen zu vergeben (,Der Standard‘, 14.11.1996).

Auskünften des Sozialministeriums ist zu entnehmen, daß an eine neuerliche Novellierung des Gesetzes vor dem Sommer gedacht sei. Gemeinsam mit einem großen Teil der Bevölkerung befürchten die Abgeordneten des Liberalen Forums, daß ein solcher Sanierungsversuch erneut perspektivenlos, nicht verfassungskonform und unbefriedigend für alle Betroffenen ausfallen wird. Aus diesem Grund bedarf es endlich Handlungen, die das Vertrauen der Wirtschaft und der arbeitenden Menschen in eine verständliche, finanziell tragbare und auf Dauer haltbare Lösung wiederherstellen.

Mit dem dringenden Appell, diesem bereits zwei Jahre währenden Dilemma ein Ende zu setzen, stellen die unterzeichneten Abgeordneten daher den nachfolgenden


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Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

,Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales, wird aufgefordert, dem Nationalrat bis zum 30. April 1998 einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der die Bestimmungen über die Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung (54. ASVG-Novelle sowie 22. GSVG-Novelle) dahin gehend saniert, daß

der § 4 Abs. 4 (Freie Dienstverträge) gestrichen wird;

die bisher vom § 4 Abs. 4 ASVG erfaßten Freien DienstnehmerInnen gemäß ihrer steuerlichen Veranlagungsweise (Lohn- oder Einkommensteuer) entweder dem § 4 Abs. 2 ASVG oder dem GSVG zuzuordnen sind;

die Pflichtversicherung der ,Neuen Selbständigen‘ (§ 2 Abs. 1 Z 4 GSVG) auf alle im Sinne des Einkommensteuergesetzes nicht kammergebunden erwerbstätigen Selbständigen ausweitet;

die freiwillige Versicherungsmöglichkeit (Opting in) für geringfügig Beschäftigte, die nur in einem einzigen Beschäftigungsverhältnis stehen, aufgehoben wird;

der pauschalierte Dienstgeberbeitrag für geringfügig Beschäftigte vom Grundsatz abgelöst wird, den Dienstgeberanteil bei einem gesenkten Beitragssatz aufgrund der Lohnsumme aus allen Beschäftigungsverhältnissen im Betrieb zu berechnen;

die unterschiedlichen Grenzen der Versicherungspflicht sowie die verschieden hohen Beitragssätze in der gesetzlichen Sozialversicherung untereinander sowie gegenüber dem Beamtenpensionssystem harmonisiert werden.

Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, bis Jahresende 1998 einen umfassenden und fundierten Reformvorschlag zu unterbreiten, wie die Finanzierungssysteme für die soziale Sicherheit neugeordnet werden können

auf Grundlage der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Jahresveranlagung,

mit dem Ziel des Abbaus von Lohnnebenkosten,

durch eine vermehrte Umstellung von lohnabhängigen auf ressourcenabhängige Einnahmequellen (Ökologische Steuerreform).‘

In formeller Hinsicht wird gemäß § 74a Abs. 3 i.V.m. § 92 Abs. 2 GOG die Durchführung einer Debatte verlangt."

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich erteile nun Herrn Abgeordneten Dr. Kier als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort.

Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.01

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Dringliche Antrag, den unsere Fraktion heute zur Verhandlung stellt, dient in erster Linie zwei Zielen – ich möchte das zu Beginn deswegen betonen, damit keine Mißbrauchsmöglichkeit mit diesem Antrag stattfinden kann –: Das eine Ziel ist die Umsetzung der Versicherungspflicht, das zweite Ziel ist die Erfassung aller Erwerbseinkommen – aber im Rahmen einer umfassenden Reform und nicht in Form eines Flickwerkes; außerdem – erste Anmerkung – Ökologisierung inklusive. Ich meine, dieses Anliegen ist –zumindest plakativ gesprochen – ohnedies ein gemeinsames.


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Aber was ist der tatsächliche Befund? – Nach dem bedeutenden, beachtlichen, ja geradezu peinlichen Chaos, das ursprünglich durch die Werkvertragsregelung ausgelöst wurde, und nach dem Verfassungsgerichtshoferkenntnis, das teilweise zur Reparatur gezwungen und die gröbsten Mißstände beseitigt hat, ist eine neue Taktik angewendet worden. Diese neue Taktik hat im Prinzip darauf abgezielt, unter dem Deckmantel beziehungsweise hinter dem Hitzeschild der Pensionsreformsdiskussion – diese Pensionsreform ist Ihnen ja auch nicht wirklich gelungen; das erwähne ich nur der Vollständigkeit halber – von diesen Problemen abzulenken. In Wirklichkeit hat eine Neuauflage der ursprünglichen Werkvertragsregelung stattgefunden. Sie wurde nur ein bißchen weiterentwickelt.

Und was ist das Ergebnis? – Das ist auch der Grund, warum wir heute diesen Dringlichen Antrag stellen. – Wir befinden uns heute einen Monat nach Ablauf der gesetzlichen Meldefrist für diese unter die Neuregelung fallenden sogenannten Neuen Selbständigen und so weiter. Und was ist der Befund? – Wir haben seinerzeit von der Bundesministerin für Soziales gehört, man rechnet damit, daß rund 250 000 bis 300 000 Menschen betroffen sind und sich daher 250 000 bis 300 000 Betroffene bei den Sozialversicherungsträgern entsprechend melden werden. Die Frist ist abgelaufen, ein Monat ist verstrichen, und wie viele Meldungen liegen vor? – Knapp 6 000! Also nicht 250 000 bis 300 000, wie geschätzt und wie auch wahrscheinlich der Lebenswirklichkeit entsprechend, sondern 6 000 Meldungen liegen vor. Und sogar die Abwicklung dieser 6 000 Meldungen überfordert tendenziell die Sozialversicherungsträger.

Ich weiß aus höchsteigener Erfahrung aus meinem Beruf als Unternehmensberater: Das, was da stattfindet, ist mit dem Wort "Chaos" nur unzutreffend umschrieben. Die Papierflut ist bedeutend und das Ergebnis unbefriedigend. Aber warum ist dieses Ergebnis so wesentlich und letztlich auch die Dringlichkeit dieses Antrages begründend? – Ich wiederhole noch einmal: Einen Monat nach Ablauf der gesetzlichen Frist gibt es nicht die erwarteten 250 000 bis 300 000 Meldungen, sondern nur 6 000 Meldungen!

Das ist das Ergebnis Ihrer Regelungen, von Regelungen, die eine geradezu unfaßbare Negierung der Lebenswirklichkeit darstellen. Man begreift eigentlich erst nach zwei- oder dreifachem Studium dessen, wie in diesem Fall die Lebenswirklichkeit einfach ignoriert worden ist und man gemeint hat, man könne mit irgendwelchen Vorschriften das schon herstellen, was im Leben aber gar nicht stattfindet. Und diese völlige Negierung der Lebenswirklichkeit ist geprägt von wirklich sehr bedauerlichen Elementen. Sie ist geprägt von Vorurteilen, die einen befürchten lassen, daß man geistig in eine Klassenkampfposition zurückgefallen ist, in der ein bestimmtes Menschenbild transportiert wird, wonach die Unternehmer auf jeden Fall böse Menschen und alle anderen jedenfalls hilflose Menschen sind. Weder sind Unternehmer böse Menschen schlechthin (Abg. Rosemarie Bauer: Nur fallweise!), obwohl es natürlich solche – wie überall – gibt, noch sind Dienstnehmer per se hilflos. Ganz im Gegenteil: Dienstnehmer sind nicht hilflos. Sie haben einerseits die Möglichkeit, sich zu organisieren, und andererseits sind sie selbstbewußte und eigenverantwortliche Menschen und in der Lage, sich auch selbst zu artikulieren, wenn nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen stimmen. Aber auf den Aspekt, was Sie in diesem Feld angerichtet haben, komme ich noch. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die gesetzlichen Regelungen sind getragen von der Überlegung: Wenn jemand aus irgendeinem vermeintlich geschützten Bereich heraustritt und selbständig werden will, dann kann das nur ein Scheingeschäft sein, dann kann das nur eine Scheinselbständigkeit sein. Dazu muß ich Ihnen sagen: Die Fassungslosigkeit, die mich betroffen macht, dürfte auch die Fassungslosigkeit der Sozialbürokraten gewesen sein, die es nicht nachvollziehen können, daß Menschen ihre Eigenverantwortung wahrnehmen und sich der Lebenswirklichkeit stellen, indem sie auf die neuen Optionen und Chancen einer sich dramatisch veränderten Arbeitswelt positiv reagieren und nicht verzagt sind, sondern die neuen Möglichkeiten, neue Formen in der Arbeitswelt für sich in Anspruch zu nehmen, aufgreifen, in neuen Formen arbeiten und damit im übrigen tatsächlich auch ihren Beitrag zum Gesamten leisten.

Es wurde von der Bundesregierung bis heute nicht begriffen, daß wir Abschied nehmen müssen von den traditionellen Bildern einer Vollzeitbeschäftigung, und das möglicherweise lebenslänglich im selben Beruf. Das gibt es nicht mehr! Aber das, was Sie hier vorlegen, versucht mit un


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tauglichen, bürokratischen und teuren Mitteln, dieses Scheinbild einer heilen Arbeitswelt wiederherzustellen. Und ich sage Ihnen folgendes: Das Ergebnis ist Verdrossenheit und – was noch viel ärger ist – letztlich ein Verfall der Steuer- und Sozialversicherungsmoral, denn Sie zwingen die Menschen in die Schattenwirtschaft. Ich wette mit Ihnen, daß sich unter den – abweichend von der Schätzung – nicht angemeldeten 244 000 bis 294 000 Menschen viele befinden, die sich schweren Herzens, aber ohne jede Wahlfreiheit, in die Schattenwirtschaft bewegt haben.

Wenn ein Gesetz diesen Lenkungseffekt hat, dann ist es nicht nur wirtschafts-, sondern auch sozialpolitisch ein Skandal, denn Sie schaffen damit eine neue Gruppe von – Anführungszeichen – "Illegalen" – Ausführungszeichen. Sie haben das im Fremdenrecht schon einmal gemacht – das war ein Fehler! –, und wenn Sie das hier wieder machen, machen Sie neuerlich einen Fehler, denn die einzige Form, mit der Sie offenbar auf dieses Phänomen zu reagieren gedenken, sind neue Maßnahmen zur Bekämpfung des Pfusches. Sie müßten jedoch die Ursachen des Pfusches beseitigen (Beifall beim Liberalen Forum), um die Legitimation zu haben, den Pfusch auch tatsächlich zu bekämpfen, denn selbstverständlich gefällt Pfusch auch den Liberalen nicht. Wir finden nicht, daß es gut ist, wenn Menschen in der Schattenwirtschaft arbeiten, aber wir verstehen, daß, wenn Sie den Menschen keine Wahlfreiheit lassen, ihnen gar nichts anderes übrigbleibt. Sie schaffen damit eine neue Form von Illegalität. (Abg. Dr. Khol: Wo ist denn der Peter? Wo ist denn Ihr Wirtschaftssprecher Peter? Ist er auch beim Pfuschen?)

Herr Klubobmann Khol! Wenn Sie die Höflichkeit hätten, mich nicht zu unterbrechen, würde ich meine Meinung über Sie ein klein wenig zum Positiven revidieren. (Abg. Dr. Khol: Wo ist der Kollege Peter und Ihre halbe Fraktion?) Fragen Sie ihn selbst! Würden Sie bitte Platz nehmen! (Abg. Dr. Khol: Für die ist der Antrag nicht dringlich!) Herr Kollege Khol! Er ist für meine Kollegen in der Fraktion dringlich, und die numerische Anwesenheit ist in diesem Fall kein Hinweis auf die Dringlichkeit (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), denn das ist ein ausgearbeitetes und ausdiskutiertes Papier. Im Unterschied zu Ihrer Fraktion findet bei uns in der Klubsitzung nämlich keine Befehlsausgabe statt, sondern dort werden die Sachen erarbeitet. Daher weiß ich mich im Einklang mit meiner gesamten Fraktion. Das ist ein Unterschied! Verstehen Sie das? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber wer in der heilen Welt der dogmatischen Befehlsausgaben lebt, kann das nicht leicht nachvollziehen. Dafür habe ich Verständnis. (Abg. Dr. Khol: Ich habe eine andere Erklärung: Ihren Leuten ist auch fad, wenn Sie reden!) Herr Kollege Khol, ersparen Sie mir, daß ich Ihre Ausführungen mit dem Wort "Amen" quittiere! Ersparen Sie mir das! (Heiterkeit und Beifall beim Liberalen Forum.)

Also dieser Abschied von der traditionellen Arbeitswelt wird von der Sozialbürokratie nicht begriffen und nicht nachvollzogen. Und das ist auch kein Wunder: Die Akteure sind von diesem Phänomen nicht betroffen. Die Akteure, die das bei den Sozialversicherungsträgern ausarbeiten, haben im Regelfall eine Vollzeitbeschäftigung, und zwar im Regelfall annähernd auf die Lebenszeit, in der sie aktiv sind. Die müssen sich nicht in flexible Verhältnisse begeben. Wenn man aber durch die eigene Wirklichkeit so sehr den Blick auf die Realität im Leben verliert, dann, so meine ich, hat man den Anspruch verloren, die anderen Menschen zu bevormunden. Man hat ihn an und für sich nicht, aber wenn man ihn im Verständnis einer aus dem 19. Jahrhundert stammenden Bemutterungsphilosophie der Sozialversicherung für sich selbst erhebt, dann verliert man ihn spätestens dann, wenn man nicht einmal mehr weiß, was wirklich in der Arbeitswelt passiert.

Ich meine – ich muß das deutlich sagen –, daß in diesem Falle leider auch die Gewerkschaften versagen, weil sie sich zunehmend auf diejenigen konzentrieren, die ohnedies in Beschäftigungsverhältnissen stehen, und nicht begreifen, daß, wenn sie Bedingungen aufstellen, wie man in Beschäftigungsverhältnisse kommen kann, die nur den alten Mustern entsprechen, immer mehr Leute draußen sein werden, weil sie sich gar nicht mehr organisieren lassen. Und das finde ich schade, denn ich bin der Meinung und möchte das von dieser Stelle aus sagen: Wir würden heute dringender denn je innovative Gewerkschaften brauchen, aber wenn sie nicht innovativ sind, müssen sie sich diese Kritik gefallen lassen.


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So werden von Ihnen die Menschen sowohl gequält als auch im Stich gelassen: Die Menschen werden gequält durch eine Bürokratie, die nicht nachvollziehbar ist, durch Kosten, die nicht leistbar sind, und letztlich auch dadurch, daß Sie von ihnen Beiträge einheben, für die dann nachher gar keine adäquaten Leistungen mehr bezogen werden können. Aufgrund Ihrer Pensionsreform ist das vielfach der Fall. Und die Menschen werden im Stich gelassen, weil Sie letztlich durch Ihre Gesetze die Abschaffung des Arbeitsrechtes bewirkt haben.

Ich habe mich nicht genug darüber wundern können, daß die Kollegin ÖGB-Vizevorsitzende Schmidleithner, als sie plötzlich entdeckt hat, daß es jetzt bei den freien Dienstverträgen keinen Mutterschutz mehr gibt, daß es bei den freien Dienstverträgen keine Karenzzeiten mehr gibt, daß es bei den freien Dienstverträgen keine Urlaubsregelungen, ja nicht einmal Rahmenregelungen für die Arbeitszeit gibt, ganz erstaunt war. (Abg. Koppler: Das hat es vorher auch nicht gegeben!) Gleichzeitig hat aber dieses Haus mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen diese Verhältnisse sanktioniert, Herr Kollege Koppler, und die Arbeitswelt gespalten. (Abg. Koppler: Vorher war es auch nicht besser!) Ich sage nicht, daß es vorher besser war, aber Sie haben es jetzt verschlechtert, denn jetzt geben Sie dem den Anschein der Legalität! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Verstehen Sie das nicht, Koppler? Verstehen Sie das nicht? Sie sagen den Leuten: Ihr seid jetzt sozialversichert, ihr seid jetzt geschützt, denn wir haben das für euch gerichtet!, und dann stellen Sie fest, daß es nicht einmal den Mutterschutz gibt. Und das ist ein aus gesundheitlichen Gründen vorgesehener Schutz. Das ist ein Arbeitsverbot, das ist kein Urlaub, das ist noch nicht einmal eine Freistellung von der Arbeit, so wie das die Karenz ist, damit man andere Pflichten wahrnehmen kann, sondern das dient ausschließlich dem physischen, also dem persönlichen Schutz einer werdenden Mutter. Und das existiert nicht bei den freien Dienstverträgen!

Sie sind jetzt hauptsächlich einmal zum Inkasso geschritten, alles andere hat Sie nicht interessiert. Für mich heißt das im Stich lassen. Das ist so unvollständig und so schlecht, daß Sie es nicht hätten machen dürfen. Denn was ist das letztlich? – Wenn Sie das in dieser Form legalisieren, dann ist das letztlich genau eine Einladung an Stellen, die Menschen in Personalbüros aufnehmen, lieber von freien Dienstverträgen als von Anstellungsverhältnissen Gebrauch zu machen. Glauben Sie mir das! Und das ist ein schwerer Fehler! (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Koppler. )

Ja, aber Sie werden das Problem nicht lösen, indem Sie ein Stückerl nach dem anderen von der Salami herunterschneiden. Abgesehen davon, daß das nicht ganz so ergiebig ist, müssen Sie eine Gesamtlösung machen, Koppler! Springen Sie aus Ihren Schubladen heraus und gehen Sie einmal in die Lebenswirklichkeit hinaus! Als freigestellter Betriebsrat glauben Sie, die Welt ist heil. Aber sie ist nicht heil! Gehen Sie durch irgendeine Passage, kaufen Sie sich vielleicht einmal eine Obdachlosenzeitschrift, oder gehen Sie zu Arbeitsloseninitiativen, damit Sie einmal wissen, was wirklich läuft! Denn in Ihren Gewerkschaftssitzungen hören Sie das nicht, da sind die Arbeitsloseninitiativen nicht vertreten und die Obdachlosen schon gar nicht! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir brauchen eine Gesamtlösung! Sie müssen umdenken! Umdenken ist angesagt! Und wenn Sie Solidarität ernst nehmen, wenn Sie wirklich solidarisch sein wollen, dann müssen Sie folgende Frage beantworten: Was ist letztendlich der Anspruch des Menschen? – Der Anspruch des Menschen besteht darin, bei seiner Lebensfristung nicht aufs Betteln angewiesen zu sein, sondern aufrecht gehen zu dürfen. (Beifall beim Liberalen Forum.) Der Anspruch besteht darin, unter keinen Umständen im Stich gelassen zu werden – und das ohne moralisches Vorurteil, indem man etwa sagt: Dem geben wir nichts, der ist ein Tachinierer. Jeder Mensch hat Anspruch auf seine existentielle Würde; zumindest zu einem Minimumstandard, und das heißt im Wording des Liberalen Forums "Grundsicherung".

Darüber möchten wir gerne einmal diskutieren, denn wenn Sie das nicht anerkennen, ist alles, was Sie machen, Schall und Rauch (Beifall beim Liberalen Forum) und möglicherweise sogar mehrheitsfähig, denn noch haben Sie die Mehrheit der Bevölkerung nicht unter die Armutsgrenze getrieben. Das gebe ich zu. Die Mehrheit ist es noch nicht, aber die Zahl ist bereits


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beachtlich, und ich mache Sie darauf aufmerksam, daß darin ein ungeheures Radikalisierungspotential steckt. Wenn Sie das nicht begreifen, wenn Sie nicht einmal aus egoistischen Gründen, aus Selbstschutz oder aus Gründen der Machterhaltung die Augen aufmachen, sondern weiter blind mit 100 Stundenkilometern im Nebel fahren, dann machen Sie einen schweren Fehler.

Keine Arbeitszeitregelung, keine Urlaubsregelung, kein Mutterschutz, keine Karenz – das nenne ich im Stich lassen. Da können Sie mir sagen, was Sie wollen.

Die neuen Regelungen strotzen vor Verfassungswidrigkeiten. Und wenn Frau Bundesministerin Hostasch heute rasch eine Aussendung über den OTS-Schirm macht, in der sie sagt, der Verfassungsdienst habe das geprüft und das sei alles ganz super, dann sage ich Ihnen, derselbe Verfassungsdienst hat auch die Regelungen, die der Verfassungsgerichtshof nachher aufgehoben hat, geprüft und gesagt, das sei ganz super. Das ist nämlich eine nachgeordnete Dienststelle des Bundeskanzlers und weisungsgebunden. (Bundesministerin Hostasch verneint.) Na selbstverständlich ist der Sektionschef im Verfassungsdienst nicht weisungsfrei! Ich unterstelle ihm ja nicht, daß er Gefälligkeitsgutachten macht, aber die Natur der Sache hat es schon so an sich, daß jemand, der in einem Weisungszusammenhang arbeitet, ein Gutachten erstellt, das vielleicht seinen Auftraggebern besser gefällt, wenn es gerade noch geht, als eines, das ohne Rücksicht auf Verluste sagt, was Sache ist.

Daher sage ich Ihnen: Es ist verfassungswidrig! – Darüber könnten wir dann gerne akademisch streiten, aber es wird vor dem Verfassungsgerichtshof ausgestritten werden. Sie können ganz beruhigt sein! Sobald die erste Chance vorhanden ist, wird er angerufen werden. Es braucht eben dazu, wie Sie wissen, in letzter Instanz rechtskräftige Bescheide, und die Bescheidfreudigkeit der Sozialbürokratie hat in letzter Zeit nachgelassen, stelle ich fest. Also man muß länger warten.

Das heißt: Chaotische, unterschiedliche Bemessungsgrundlagen, die völlig gleichheitswidrig sind. Die werden nicht halten!

Das Einheben von Beiträgen ohne Gegenleistung in bestimmten Fällen von Pensionierungen hat enteignenden Charakter, ist eigentumswidrig. – Das wird nicht halten!

In den Beitragssätzen selbst besteht ein völlig gleichheitswidriges Chaos: 14,5 Prozent, 20,25 Prozent, 21 Prozent, 15 Prozent. Jeder Prozentsatz ist richtig, nur, wie soll der Betroffene wissen, welcher für ihn wirklich stimmt, wenn nicht einmal die Sozialversicherungsträger in der Lage sind, Auskunft zu geben, wenn man anruft. Ich führe Ihnen das gerne einmal vor: Kommen Sie zu mir ins Büro! Ich lasse unsere Personalverrechnerin einmal in Ihrer Gegenwart mit dem Sozialversicherungsträger telefonieren, dann werden Sie sehen, was da passiert. Erstens wird sie 13mal verbunden, bis sie bei jemandem ist, der sich bereit erklärt, sich auf ein Gespräch einzulassen. Das Gespräch ist höflich, zuvorkommend, aber leider inhaltsarm, weil der arme Mensch dort auch sagen muß: Ich weiß es auch nicht. – Und das ist zuwenig, überhaupt dann, wenn die betroffenen Unternehmen verpflichtet sind, auf jeden Fall zu zahlen, wenn sie sich geirrt haben sollten. – Das sei Ihnen vielleicht ins Stammbuch geschrieben.

Also gleichheitswidriges Chaos bei den Beitragssätzen, Abschaffung der Subsidiarität im Bereich der Krankenversicherungen. Ja da tickt eine Zeitbombe! Die Leute werden mehrfach zahlen. Zugegebenermaßen können sie, wenn sie über die Beitragsgrundlage zahlen, vielleicht einen Teil davon zurückbekommen, aber die Dienstgeber nicht. Das wird versagt.

Und last but not least – aber es ist fast das Wichtigste –: Die Sprache der Gesetze ist unverständlich. Unverständlich! Die Sprache dieses Gesetzes im speziellen Fall ist unverständlich! Wir haben uns bewußt die Freude gemacht, in diesem Dringlichen Antrag eine Gesetzesstelle zu zitieren. Ich empfehle sie allen Mitgliedern dieses Hohen Hauses zur Lektüre, und wenn mir jemand mit einfachen Worten erklären kann, was dort gemeint ist, bin ich ihm herzlich dankbar.


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Zum Abschluß: Das Ziel des Dringlichen Antrages der Liberalen ist ein zweifaches: kurzfristig und langfristig.

Kurzfristig wollen wir erreichen: eine Zuordnung der Sozialversicherungspflichtigkeit nach den Kriterien des Steuerrechtes. Das heißt, einkommensteuerpflichtig bedeutet gewerblich, lohnsteuerpflichtig bedeutet ASVG, und Mischformen müssen Optionsmöglichkeiten erhalten.

Keine Doppelbelastungen für quasigesetzliche Versicherungen, wie zum Beispiel Wohlfahrtsfonds, neben gesetzlichen Versicherungen. – Das muß bereinigt werden.

Generelle Umstellung der Dienstgeberbeiträge auf Berechnung nach der Lohnsumme. Ich sage ganz ausdrücklich: bei gesenkten Sätzen, aber nach der Lohnsumme. Das wäre ein Quantensprung in der Verwaltungsvereinfachung! Das wäre gerecht. Jeder Lohnschilling würde den Dienstgeber gleich viel kosten. Und wenn das nicht bald kommt, dann werden Sie die nachteiligen Folgen weiter zu verantworten haben!

Eine letzte Forderung: Harmonisierung der Bemessungs- und Beitragsgrundlagen. – Das sind die kurzfristigen Ziele.

Im Hinblick auf die langfristigen Ziele fordern wir die Frau Bundesministerin auf, bis Jahresende etwas vorzulegen. Erstens: Jahresveranlagung für Steuern und Sozialversicherung, zweitens: Entlastung der Lohnnebenkosten durch schrittweise Umstellung der Finanzierung von lohnabhängigen auf ressourcenabhängige Abgaben, mit anderen Worten: Ökologisierung.

Wenn irgend jemand in diesem Hohen Hause die Meinung äußert, daß ihm das nicht gefällt, dann legt er einen sozialen- und wirtschaftspolitischen Offenbarungseid ab – für den wir ihm zwar nicht dankbar sein können, durch welchen aber wenigstens für Klarheit gesorgt ist – , der besagt, daß Sie keine Solidarität wollen, daß Sie keine Versicherungspflicht wollen und daß Sie nicht umdenken wollen oder können! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Eleonora Hostasch gemeldet. – Bitte.

15.21

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, heute in einer etwas ausführlicheren Art, als ich normalerweise die Zeit des Hohen Hauses in Anspruch nehme, auf diesen Antrag Bezug zu nehmen. Denn es handelt sich hiebei um eine sehr grundsätzlichen Debatte, und ich meine daher, daß man sich sehr profund mit den einzelnen Überlegungen, Aussagen, Meinungen und auch Kritiken, die in diesem Antrag formuliert sind, auseinandersetzen soll.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte Sie daran erinnern, daß der Nationalrat mit einer Entschließung vom 2. Oktober 1996 die Bundesregierung, unter Beiziehung von Sozialpartnern und Experten, ersucht hat, das österreichische Sozialversicherungssystem weiterzuentwickeln, und zwar mit dem Ziel einer breiten und fairen Einbeziehung aller Erwerbseinkommen. Ich war sehr stolz darauf, daß ich damals in Ihren Reihen gesessen bin und an diesem Entschließungsantrag mit beteiligt war. Ich war sehr froh, daß ich den damaligen Sozialminister Hums dabei unterstützen konnte, den ersten Schritt in diese Richtung zu tun, und ich bin sehr froh darüber, daß dieser Antrag von den im Parlament vertretenen Parteien gemeinsam vertreten wurde.

Dementsprechend ist er für mich ein politischer Auftrag geworden, den ich im vergangenen Jahr sehr konsequent und – wie ich meine – erfolgreich umzusetzen versucht habe.

In der Begründung dieser Entschließung hat der Nationalrat, haben also Sie, sehr geschätzte Damen und Herren, sehr deutlich darauf hingewiesen, daß sich gerade am Beispiel der Entwicklung unterschiedlicher Arbeitsverhältnisse in den letzten Jahren gezeigt hat, daß immer


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mehr Umgehungsmöglichkeiten gesucht wurden, die Flucht aus der Sozialversicherungspflicht Gegenstand von vielen Bemühungen war und daß wirtschaftlich schwächere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer mehr in sozialversicherungsfreie oder zumindest sozialversicherungsmäßig schlecht geschützte Bereiche gedrängt wurden.

Die vorliegenden Regelungen sollen diese Umgehungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung des bestehenden Sozialversicherungsrechtes eindämmen, und ich glaube, daß wir die geeigneten Schritte gesetzt haben, um dieses Ziel zu erreichen. Und wenn das Ziel die Erreichung von Gleichbehandlung, Fairneß und Solidarität innerhalb einer Gesellschaft ist, dann muß eben die Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Solidargemeinschaft der Sozialversicherung erfolgen.

Es ist verfehlt, nur Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Bauern und Bäuerinnen und Gewerbetreibende in die soziale Verantwortung und in den sozialen Schutz einzubeziehen und andere Erwerbsgruppen sowohl aus der Verantwortung als auch aus dem sozialen Schutz auszuklammern. Und wenn man dieses Ziel ernst nimmt, dann muß man jene Schritte setzen, die die Mehrheit dieses Hohen Hauses im vergangen Jahr gesetzt hat. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich darf darauf verweisen, daß die jetzt bestehende Regelung zur Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung auf einer sehr profunden, wissenschaftlichen Auseinandersetzung auf Expertenebene, aber auch auf politischer Ebene basiert. Wir haben renommierte Professoren wie Herrn Professor Tomandl, Herrn Professor Mazal, Herrn Professor Grillenberger und Herrn Professor Mosler gebeten, ihr Wissen und ihre Erfahrung in den Dienst dieses politischen Zieles zu stellen. In den Expertengruppen waren Wirtschaftstreuhänder, Vertreter der Sozialversicherung sowie auch unsere Sozialpartner-Experten, und diese haben gemeinsam die Grundlagen für die politische Entscheidung konzipiert und aufgearbeitet und letztlich mit uns den Inhalt abgestimmt.

Sehr geschätzte Damen und Herren des Liberalen Forums! Es waren – wie gesagt – auch Wirtschaftstreuhänder darunter, von denen ich vermute, daß diese auch Ihre Überlegungen immer wieder miteinbeziehen, zu denen Sie Kontakte haben und deren Expertenwissen auch Sie abfragen. Daher wundert mich Ihre massive Kritik an der jetzigen Regelung doch ein bißchen, da wir gerade mit diesen Experten sehr enge Kontakte hatten! (Abg. Böhacker: Sie waren mit allem einverstanden!) Die Experten haben sich zu dem Ergebnis bekannt, das mit den Experten in den Arbeitsgruppen ermittelt wurde und Gegenstand der politischen Beschlußfassung in diesem Haus geworden ist.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Mit der Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung beschreiten wir auch im internationalen Vergleich absolutes Neuland. Wir haben bisher Erfahrungen mit dem – wie ich sagen möchte – praxiserprobten Sozialversicherungsrecht, aber noch keine umfassenden Erfahrungen mit der Miteinbeziehung neuer Bereiche in die Sozialversicherungsrechte und Sozialversicherungspflichten. Wir können die alten Erfahrungen nicht nahtlos auf die neuen Situationen übertragen. Ich sage noch einmal: Wenn man Neuland betritt, dann lernt man immer wieder dazu, und bei den einzelnen Schritten hat man entsprechende Evaluierungen in bestimmten Zeitabläufen vorzunehmen. (Abg. Dr. Kier: Aber nicht auf Kosten der Menschen!)

Ich darf auch darauf verweisen, daß unser Sozialsystem eine enge Verknüpfung zwischen dem Arbeitsrecht und dem Sozialversicherungsrecht aufweist und natürlich schon aus diesem Grund eine sehr klare und sorgfältige Differenzierung zwischen Dienstnehmern, freien Dienstverträgen und den sogenannten Neuen Selbständigen vorzunehmen ist. Gerade die Regelung betreffend die Freien Dienstverträge soll verhindern, daß Unternehmen Dienstnehmer relativ leicht in eine neue Selbständigkeit drängen und damit aus dem Arbeitnehmerstatus hinausdrängen wollen. Das zu verhindern war ein besonderes Anliegen, das die Damen und Herren des Hohen Hauses in ihrem Entschließungsantrag äußerten, es war aber auch ein wesentliches Anliegen der Interessenvertretungen der Arbeitnehmer.


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Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte auch zu Ihren Vorwürfen betreffend Verfassungswidrigkeit einige Bemerkungen machen.

Die Festlegung von unterschiedlichen Grenzen, die unterschiedliche Sachverhalte regeln, ist verfassungsrechtlich nicht nur unbedenklich, sondern verfassungsrechtlich auch geboten. Ich meine, es ist dies ein wichtiger Grundsatz, den man festhalten muß. In diesem Zusammenhang ist keine Verfassungswidrigkeit festzustellen. Die neuen Regelungen orientieren sich am Einkommensteuerrecht und am Grundsatz der Mehrfachversicherung. Eine Gleichbehandlung von Erwerbstätigen, die zusätzlich zu einer bereits bestehenden Sozialversicherungspflicht ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, und solchen, die ausschließlich ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit beziehen, wäre aufgrund der derzeit geltenden unterschiedlichen steuerrechtlichen Konsequenzen verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Das ist auch ein wichtiger Aspekt der Argumentation, und ich nehme an, daß die Damen und Herren, die sich noch zu Wort melden werden, darauf Bezug nehmen werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren des Liberalen Forums! Wenn Sie auf die Verfassungswidrigkeit der unterschiedlichen Beitragssätze und insbesondere auf die niedrigen Beitragssätze der Gewerbetreibenden hinweisen, dann stellt sich die Frage: Was ist daraus zu schließen, wenn jemand diese unterschiedlichen Sätze ablehnt? – Konsequenterweise die Forderung nach Anhebung des Beitragssatzes auch für diese Berufsgruppe. Dabei wird meines Erachtens aber ganz übersehen, daß aus Gründen der sachlich gerechtfertigten Differenzierung im Selbständigenbereich andere, spezifische Regelungen gelten, wie zum Beispiel die Mindestbeitragsgrundlage, die es im Unselbständigenbereich als solche nicht gibt.

Sehr geschätzte Damen und Herren des Liberalen Forums! Zur Frage der Versicherungszeiten: Ein Mindestausmaß von Versicherungszeiten als grundlegende Voraussetzung für einen Pensionsanspruch ist eine unbedingte Notwendigkeit in jedem Pensionsversicherungssystem. Dies ist bereits seit langem Bestandteil des Sozialversicherungsrechtes und muß selbstverständlich alle Berufsgruppen umfassen, wenn man Fairneß, Gleichberechtigung, Gleichbehandlung und Ausgewogenheit anstrebt.

Die Unterschiede zwischen den Alterssicherungssystemen im öffentlichen Dienst und der Pensionsversicherung in der Privatwirtschaft sind durch die Pensionsreform 1997 langfristig wesentlich verringert worden. Ich glaube, daß wir im vergangenen Jahr wesentliche Schritte in Richtung einer Harmonisierung gesetzt haben. Dennoch gibt es nach wie vor Unterschiede zwischen den Systemen, und daher ist es nur schwer möglich, beim Vorliegen von mehreren Beschäftigungsverhältnissen von einer völligen Einheit des Anspruches auszugehen. Ich bin der Ansicht, daß man von gewachsenen Systemen, wenn man sich zu diesen vom Grundsatz her bekennt, nicht erwarten kann, daß sie von einem Tag auf den anderen beziehungsweise von einem Jahr auf das andere in den Grundzügen geändert werden. Vertrauensschutz ist ein elementares Element unseres Sozialversicherungsrechtes.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich bin mir aber dessen bewußt, daß der Weg, den wir im vergangenen Jahr eingeschlagen haben, auch in weiterer Folge fortzusetzen ist und daß es wichtig und notwendig sein wird, weitere Überlegungen zur Frage weitergehender Harmonisierungsschritte anzustellen.

Ich möchte auch eine Bemerkung zur Frage des pauschalierten Dienstgeberbeitrages machen: Die Problematik des pauschalierten Dienstgeberbeitrages für geringfügig Beschäftigte wurde vom Verfassungsdienst bereits in einem Vorstadium des Entwurfes geprüft, und ich möchte betonen, daß der Verfassungsdienst sich in seiner Beurteilung an objektiven Kriterien orientiert hat und daß keine Beeinflussung in Stellungnahmen von irgendeiner Seite erfolgt ist. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Ich glaube, die Politik wäre falsch beraten, wenn sie eine derartige Beeinflussung versuchte. Denn es wäre der Verfassungsgerichtshof, der sich in der Regel an den gleichen Grundsätzen orientiert wie auch die Berater im Verfassungsdienst, der bei einer etwaigen Anfechtung in den einzelnen Fällen das letzte Wort sprechen würde.


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Wie gesagt: Eine Verfassungswidrigkeit konnte der Verfassungsdienst bei dieser Regelung des pauschalierten Dienstgeberbeitrags nicht erkennen; dementsprechend wurde auch die Verfassungskonformität bestätigt. Es ist – darauf möchte ich verweisen – Wesen der Sozialversicherung, daß nicht nur einzelne Leistungen und Ansprüche gegenübergestellt werden, sondern daß auch die soziale Komponente und der solidarische Ausgleich eine wichtige Rolle spielen.

Bei der Schaffung des pauschalierten Dienstgeberbeitrages für geringfügig Beschäftigte ging es uns nicht darum, Arbeitsverhältnisse zu verteuern oder zu verhindern, sondern darum, Wettbewerbsgleichheit – und ich erinnere in diesem Zusammenhang an Debatten, die wir sehr intensiv sowohl im Ausschuß als auch hier im Plenum geführt haben – zwischen Unternehmern, die geringfügig Beschäftigte anstellen, und solchen, die voll versicherte Arbeitnehmer beschäftigen, herzustellen. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Grundsatz sowohl aus Sicht der Wirtschaft als auch aus Sicht der Arbeitnehmerinnern und Arbeitnehmer.

In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere auf die Ausdehnung des Sozialversicherungsschutzes gerade auch auf diese atypischen Beschäftigungen verweisen. Denn somit besteht die Chance, dieser Personengruppe – in erster Linie sind es Frauen – durch das Opting in eine neue Möglichkeit zu eröffnen.

Sehr geschätzte Damen und Herren des Liberalen Forums! Im übrigen ist es meiner Einschätzung nach auch unrichtig, daß die Dienstgeber zur Meldung bei den Krankenkassen verpflichtet sind, daß bei den bei ihnen beschäftigten Dienstnehmern auch noch andere Beschäftigungsverhältnisse vorliegen. Es gibt keine Regelung im ASVG, gemäß welcher ein Dienstgeber melden müßte, ob jemand, der bei ihm beschäftigt ist, auch noch ein weiteres geringfügiges oder anderes Beschäftigungsverhältnis hat. Das steht in keinem Paragraphen unserer Sozialgesetzgebung.

Von Herrn Abgeordnetem Kier wurde auch die Frage der Subsidiarität angesprochen. Die Beseitigung der Subsidiarität entspricht genau dem klaren Auftrag des Hohen Hauses, sämtliche Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung einzubeziehen. Und ich möchte darauf verweisen, sehr geschätzte Damen und Herren, daß auch das Liberale Forum diesem Entschließungsantrag die Zustimmung gegeben hat. Die Beseitigung der Subsidiarität ist also die logische Konsequenz, die sich bei der Umsetzung dieses Auftrages ergibt! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Kier. )

Sehr geschätzte Damen und Herren! Die Mehrfachversicherung in der Krankenversicherung wurde auf die Bauern und Gewerbetreibenden ausgedehnt, und in seinem Werkvertragserkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof – nun komme ich noch einmal zur Verfassungskonformität – die Mehrfachversicherung ausdrücklich als verfassungskonform erachtet, was eine Bestätigung dieser Bestimmung ist.

Sie kritisieren die Verordnung gemäß § 49 Abs. 7 ASVG. In dieser wird geregelt, daß alle dort genannten Personen in die Sozialversicherung einbezogen sind. Nur für ganz bestimmte nebenberufliche Tätigkeiten soll ein pauschaler Aufwandsersatz beitragsfrei gestellt werden. Eine derartige Regelung von beitragsfreien Pauschalsätzen ist der Sozialversicherung absolut nicht fremd. (Abg. Dr. Kier: Ein Aufwand ist ohnedies steuerfrei!) Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger kann bereits nach bisher geltendem Recht bestimmte Entgeltteile beitragsfrei stellen. Damit soll erreicht werden, daß in gesetzlichen Vorschriften auf die Kompliziertheit in der Umsetzung praxisorientiert Bedacht und dementsprechend auch Rücksicht genommen wird.

Der Verfassungsgerichtshof – jetzt komme ich noch einmal zur Werkvertragsregelung – geht in seinem Werkvertragserkenntnis davon aus, daß die Beantwortung der Frage, welche Personen nach § 4 Abs. 4 ASVG freie Dienstnehmer sind, ohne größere Schwierigkeiten möglich ist.

Mir ist klar, daß jede Neuregelung auch Gewöhnungsbedarf mit sich bringt und daß entsprechende Erfahrungen gesammelt werden müssen. Ich meine aber, daß es, wenn man sich grundsätzlich zu diesen Regelungen bekennt, auch möglich ist, diese konkret anzuwenden.


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Auch bezüglich der zeitlichen Erstreckung der Pflichtversicherung der Neuen Selbständigen unterliegen Sie, sehr geschätzte Damen und Herren des Liberalen Forums, meiner Einschätzung nach einem Mißverständnis. Das Gesetz stellt darauf ab, daß das Versicherungsverhältnis durchgehend aufrecht ist. Herr Abgeordneter Kier! Sehen Sie sich die Erläuternden Bemerkungen an! Dort steht – ich zitiere – : "Tritt daher zum Beispiel ein Vortragender" – wir haben gezielt ein Beispiel gewählt – " immer wieder auf, so ist auch während jener Zeit eine betriebliche Tätigkeit anzunehmen, in der er vorübergehend keine Vortragstätigkeit entfaltet." Dasselbe würde gelten, wenn jemand nur einmal jährlich für einige Wochen, das aber regelmäßig wiederkehrend, zum Beispiel bei Festspielen tätig wird. Ich glaube, der Gesetzgeber hat die politische Intention in den Erläuterungen sehr genau definiert! (Abg. Dr. Kier: Der Gesetzgeber soll Gesetze schreiben, keine Erläuternden Bemerkungen!) Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Erläuterungen sind nach unserem gemeinsamen Verständnis auch Ausdruck des politischen Willens des Hohen Hauses und dementsprechend auch Gegenstand von Interpretationen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte zu den einzelnen Punkten noch einmal kurz Stellung nehmen.

Die Regelung betreffend die Freien Dienstverträge ist ein wichtiges Bindeglied zwischen den Regelungen für die Arbeitnehmer im engeren Sinn einerseits und den Regelungen für die Neuen Selbständigen andererseits. Die im § 4 Abs. 4 ASVG definierten Freien Dienstverträge stehen aus wirtschaftlicher und juristischer Betrachtung den Bedingungen, die für Dienstnehmer gelten, näher, daher waren sie aus unserer Sicht und auch aus Sicht der Mehrheit des Hauses als Dauerschuldverhältnis im ASVG zu regeln. Gerade durch die Regelung über die freien Dienstverträge soll verhindert werden, daß Unternehmen Dienstnehmer relativ leicht in die Neue Selbständigkeit drängen können.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Die Befürchtung, die ich und insbesondere auch die Arbeitnehmervertretungen haben, daß immer wieder versucht wird, Umgehungen von Dienstverhältnissen zu finden – ich möchte jetzt nicht auf aktuelle Beispiele verweisen – , zeigt, wie wichtig es war, in diesem Zusammenhang eine Abgrenzung festzulegen. Und es war – ich wiederhole es noch einmal – ein besonderes Anliegen des Hohen Hauses, diesen Punkt zu regeln. Würde man nämlich dem Antrag des Liberalen Forums folgen, dann wäre beispielsweise eine vertragliche Regelung denkbar, gemäß welcher ein Bauleiter von einem Bauunternehmen als freier Dienstnehmer deklariert wird, und dies hätte zur Folge, daß der Arbeitgeber für diesen keine Sozialversicherungsbeiträge zu leisten hat, dementsprechend der Bauleiter aber auch nicht all jene Ansprüche hat, die aus einem Arbeitnehmerverhältnis entstehen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Inwieweit sich das Steuerrecht an sozialversicherungsrechtliche und arbeitsrechtliche Regelungen anlehnen könnte, ist Gegenstand der Beratungen in der Steuerreformkommission, aber eine Harmonisierung zwischen Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht ist auch Bestandteil der Beschlüsse des vergangenen Jahres.

Lassen Sie mich noch einmal auf die Frage der Versicherungsmöglichkeit für geringfügig Beschäftigte zurückkommen, weil Sie sich damit auch sehr ausführlich auseinandersetzen. Damit wurde insbesondere die Forderung der Interessenvertretungen der Frauen erfüllt, und mit dieser Regelung wird in gewissem Umfang dem Frauen-Volksbegehren, das ja große Unterstützung in der Bevölkerung fand, Rechnung getragen. Es handelt sich hiebei um eine sozialpolitisch wichtige Ausdehnung des Schutzbereiches der Sozialversicherung gerade auf jene Menschen, die diesen Schutz besonders brauchen. Ohne diese Regelung hätten vor allem die Schwächsten im Arbeitsleben keine Chance, einen eigenständigen Schutz in der Pensions- und Krankenversicherung zu erwerben. Ich betone noch einmal: Es geht dabei um jene Fälle, in denen dieser Bedarf als solcher auch gegeben ist, denn es gibt keine Verpflichtung auf der Arbeitnehmerseite.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kier! Sie haben in Ihrem Beitrag auch auf die Frage der Umbasierung der Arbeitgeberbeiträge auf eine Lohnsummenabgabe Bezug genommen. Es ist dies für mich ein durchaus nachvollziehbarer, wichtiger Ansatz, der im übrigen auch voll den


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Wünschen der Arbeitnehmerseite entspricht. (Abg. Dr. Kier: Dazu liegt ein Antrag im Haus!) Herr Kollege Kier! Es ist meiner Meinung nach nicht sinnvoll, wenn wir in diesem Zusammenhang mit Fristsetzungen arbeiten. Denn es gibt nach wie vor eine Fülle von offenen Fragen, die sich bei der Umsetzung dieser politischen Absicht stellen, bei welchen eingehende Prüfungen notwendig sind. Es ist aus unserer Sicht bis jetzt nicht vorherzusehen, ob bei einer Umstellung dieses Systems die Beitragseinnahmen in gleicher Weise fließen würden wie bisher.

Außerdem sind unterschiedlichste Auswirkungen auf die verschiedenen Wirtschaftszweige zu beachten, zu beurteilen und zu beraten, und wir versuchen auf Basis der Vorarbeiten, die insbesondere von der Bundesarbeitskammer geleistet wurden, die weitere Diskussion zu führen. Sie werden sich daran erinnern, daß im Zuge der Pensionsreform des vergangenen Jahres die Bundesregierung die Sozialpartner ersucht hat, die Untersuchungen noch zu vertiefen und konkrete weitere Vorschläge zu erarbeiten. Daraus können Sie erkennen, daß dies auch zu meinen Anliegen gehört und ich versuche, auf diesem Gebiet zu weiteren konkreten Unterlagen zu kommen.

Ich habe schon ausgeführt, daß meines Erachtens die Anknüpfung der unterschiedlichen Grenzen an bereits bestehende sozialversicherungsrechtliche Grenzen und an Grenzen des Steuerrechtes eine verfassungsrechtliche Differenzierung erfordert und die unterschiedlichen Beitragssätze nicht isoliert betrachtet werden können, da diese in engem Zusammenhang mit den unterschiedlichen Sozialversicherungsregelungen stehen, wie zum Beispiel etwa ... (Abg. Dr. Kier: Auf diesem Gebiet könnte man doch harmonisieren!) Herr Kollege Kier! Wenn es eine Mindestbeitragsgrundlage gibt, dann muß zwischen den Bereichen unterschieden werden, in welchen es diese gibt und in welchen es diese nicht gibt, und dann muß geklärt werden, welchen Prozentsatz Sie zu einer Mindestbeitragsgrundlage dazugeben, um Gleichwertigkeit zu einem Beitragssystem ohne Mindestbeitragsgrundlage zu schaffen.

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Auch im Leistungsrecht wird zwischen den einzelnen Gruppen differenziert. Trotzdem stimme ich in dieser Frage insofern mit Ihnen überein, Herr Kollege Kier, als wir sicherlich weitere Überlegungen in Richtung Harmonisierung von Beitragssätzen anstellen müssen. Eine kurzfristige völlige Angleichung würde jedoch zu erheblichen Nachteilen für einzelne Berufsgruppen führen. Man darf die Akzeptanz eines guten Systems und einer guten Regelung nicht in Frage stellen. Daher bedarf es – und so ist man im Zuge der Pensionsreform auch vorgegangen – längerer Übergangsfristen, und diese sind bei den Neuen Selbständigen bereits Inhalt der jetzigen gesetzlichen Regelung.

Lassen Sie mich zum Schluß meiner doch etwas ausführlichen Stellungnahme noch einmal auf den Entschließungsantrag, der dem Hohen Haus von den Damen und Herren des Liberalen Forums vorgelegt wurde, zurückkommen. Er vermittelt in weiten Teilen den Eindruck, daß es den Antragstellern in erster Linie darum geht, die Regelung der allgemeinen Versicherungspflicht für Erwerbstätige zu verbessern. Das hat Herr Abgeordneter Kier in seinem Beitrag auch mündlich zum Ausdruck gebracht. Das ist aus meiner Sicht ein durchaus achtbares Anliegen, wenn ich auch – wie schon zuvor ausgeführt – in einzelnen Punkten grundsätzlich anderer Auffassung bin. Wenn ich mir aber ansehe, sehr geschätzte Damen und Herren, welche Hauptaussagen heute in einer Pressekonferenz, die wenige Stunden vor Behandlung dieses Antrages im Parlament abgehalten wurde, zu diesem Thema getroffen wurden, dann kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß es Ihnen um mehr geht als um eine Verbesserung einer Situation: Offenbar soll unter dem Vorwand verschiedener Detailregelungen das Ziel der umfassenden Versicherungspflicht und der gerechten Verteilung von Beiträgen und Leistungen überhaupt in Frage gestellt werden. (Abg. Dr. Kier: Das ist eine Unterstellung!) Es wird behauptet, daß die allgemeine Versicherungspflicht den Weg in die Selbständigkeit erschwere, Arbeitslosigkeit und Schwarzarbeit fördere und Frauen, welche auf flexible Arbeitsformen angewiesen sind, vom Arbeitsmarkt fernhalte.

Seien Sie mir nicht böse, aber ich halte diese Behauptungen für völlig falsch und irreführend! Sie gehen von der Fiktivvorstellung aus, daß man es sich richten können soll. Vielleicht ist das gar nicht Ihre Fiktivvorstellung, sondern Ihre politische Intention, daß man selbst bestimmen können soll, ob und welche Beiträge zur sozialen Sicherheit gezahlt werden sollen, und daß jene Unter


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nehmer, aber auch Arbeitnehmer die Dummen sein sollen, die sich an die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften halten. Vorteile sollen jene haben, die so geschickt oder so gut beraten sind, daß sie Schlupflöcher erkennen, um sich so verhalten zu können, daß es zu Lasten der Allgemeinheit geht. – Das ist eine politische Absicht, der ich mich immer wieder mit voller Vehemenz entgegenstellen werde! (Abg. Dr. Kier: Das Gegenteil ist wahr!) Kollege Kier! Wenn Sie Ihre Aussagen aus der Pressekonferenz auf den Punkt bringen, dann, muß ich sagen, ist das Ihr Ziel! (Abg. Dr. Kier: Das ist eine bewußte Mißinterpretation!)

Sehr geschätzte Damen und Herren des Liberalen Forums! Ich erinnere Sie an die Debatte zu Beginn des heutigen Plenums! Da hat Frau Abgeordnete Dr. Schmidt gemeint, daß es zu einer Entkoppelung der Erwerbseinkommen von den Sozialsystemen und von der sozialen Sicherheit kommen soll. Dazu sage ich Ihnen: Das ist nicht mein Ansatz! Ich vertrete den gegenteiligen Ansatz, und das ist, wie ich meine, auch der Ansatz der Mehrheit in diesem Hohen Haus und auch der Mehrheit in der Bevölkerung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Erwerbsarbeit und Sozialsicherungssysteme sind untrennbar miteinander verbunden. (Abg. Dr. Schmidt: Das ist ja etwas anderes! – Abg. Dr. Kier: Sie bringen das absichtlich falsch!) Nein, Frau Abgeordnete, nein! Ein Solidarausgleich, in den alle einbezogen sind, in dem Erwerbseinkommen kein Mascherl haben, aus welcher Art des Erwerbes eine Sozialversicherungspflicht entsteht ... (Abg. Dr. Schmidt: Sie wissen genau, daß das nicht gemeint war!) Frau Abgeordnete! Wenn ich mir die Aussagen aus der Pressekonferenz und die Intention Ihres Antrages vor Augen führe, dann kann ich nichts anderes vermuten als das, was ich jetzt gesagt habe! (Abg. Dr. Schmidt: Sie haben das bewußt falsch verstanden!)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Überlegen Sie, was die Realisierung Ihres Antrages mit sich bringen würde! (Abg. Dr. Kier: Alle wären versichert!) Wem würde die Verwirklichung dieser Forderung nützen? – Ich möchte aus meiner Sicht die Antwort darauf geben: Sie würde Arbeitgebern nützen, die sich ungerechtfertigte Konkurrenzvorteile gegenüber ihren Mitbewerbern verschaffen wollen, indem sie freie Dienstverhältnisse anstelle regulärer Beschäftigungsverhältnisse anbieten.

Sie würden sich den Arbeitgeberbeitrag ersparen. Der Nachteil würde einerseits den Beschäftigten, andererseits aber die Finanzierung des Sozialversicherungssystems treffen. Außerdem würde es Arbeitgeber treffen, die geringfügige Beschäftigungen in einem Ausmaß vergeben, das die Bedürfnisse von Privathaushalten oder kleinsten Gewerbe- oder Handelsbetrieben übersteigt. Diese Arbeitgeber könnten sich Konkurrenzvorteile gegenüber ihren Mitbewerbern verschaffen. Massiv benachteiligt wären geringfügig Beschäftigte, weil sie nicht mehr die Möglichkeit hätten, in das System einbezogen zu werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Der Grund dafür, warum ich in diesen Fragen so sensibel bin, ist die Tatsache, daß ich immer wieder mit Intentionen konfrontiert bin, die unser hervorragendes Sozialversicherungssystem unterlaufen wollen, die sich zu Lasten einer allgemeinen sozialen Gemeinschaft, einer Gemeinschaft der Versicherten persönliche Vorteile verschaffen wollen und somit ein System negativ belasten.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte aber sagen, daß einige Ansatzpunkte in Ihren Argumentationen enthalten sind, und ich halte es für wichtig, darüber nachzudenken. Ich stehe auch nicht an, das zu wiederholen, was ich schon im vergangenen Jahr gesagt habe, nämlich daß wir mit der neuen Regelung in den Sozialversicherungsrechten Neuland betreten haben und immer wieder evaluieren – Kollege Hums hört diesen Begriff nicht gern – oder hinterfragen, welche Regelungen in der Praxis einer Weiterentwicklung bedürfen. Wir werden auch mit der 55. ASVG-Novelle einige technische Klarstellungen und Formulierungen vornehmen, die vielleicht auch der Intention Ihres Antrages entsprechen. Durch Ihre Zwischenbemerkungen erwecken Sie den Eindruck, daß meine Einschätzung, daß Sie diese Regelungen eigentlich zu Fall bringen wollen, eine falsche ist. (Beifall bei der SPÖ.)

15.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.


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Wir gehen nun in die Debatte ein. Die maximale Redezeit pro Redner beträgt 10 Minuten, pro Klub 25 Minuten.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Haselsteiner vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.52

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Tatsächlich, Frau Bundesministerin, ist es so, daß wir glauben, daß soziale Sicherheit von Erwerbsarbeit entkoppelt werden soll, aber nicht durch Vermeidung von Sozialversicherungssystemen oder durch deren Ausgestaltung, sondern die Aussage ist, es soll und kann und wird in Zukunft unerheblich sein, was diese oder eine andere Bundesregierung macht, es wird keinen anderen Weg geben, als daß die soziale Sicherheit der Menschen in diesem Land von der Erwerbsarbeit entkoppelt wird. Wenn Sie das nicht verstanden haben und wenn Sie das nicht endlich einmal auch konsequent in all Ihre Überlegungen, die wir zum großen Teil ja auch anerkennen – wir kritisieren Sie ja nicht nur –, einfließen lassen, dann werden wir nicht zu einer gemeinsamen Sprache finden, und zwar, Frau Bundesministerin, deshalb nicht, weil wir glauben, daß Ihr System, Ihre Sozialbürokratie sich gegenüber der realen Welt und dem raschen Wandel in unserem Wirtschaftsleben blind stellt oder blind ist. Anders ist es ja nicht mehr erklärbar. Ich frage mich immer – auch in dieser Frage: Cui bono?

Es ist nach meinem Dafürhalten wirklich einmal zu hinterfragen, ob unsere Sozialgesetzgebung, die Sie immer als vorbildlich hinstellen, nicht zu einer Hydra geworden ist. Als ich noch Revisionsassistent war – leider Gottes ist das schon lange her, nämlich 30 Jahre –, waren die Sozialgesetze schon unlesbar, meine Damen und Herren! Ende der sechziger Jahre war das also schon der Fall. In der Zwischenzeit haben wir aber 184 Novellen über uns ergehen lassen, und die Materie ist überhaupt nicht mehr verständlich. Frau Bundesministerin! Ich bitte Sie, ich lade Sie ein, kommen Sie zu mir in die Bauholding nach Spittal an der Drau, es kann auch Wien sein, und dann trinken wir Kaffee mit den Mitarbeitern meines Lohnbüros. Dann sollen diese Ihnen in ihren Worten aus ihrer Praxis erzählen und sagen, was sie von Ihrem vorbildlichen Sozialversicherungssystem halten. Ich werde Ihnen aber dabei helfen, denn dort habe ich gewisse Hausrechte, und ich werde Sie daher nicht zu Schaden kommen lassen, nicht nur physisch nicht, das wäre ohnehin nicht der Fall, sondern auch anders nicht.

Aber das, Frau Bundesministerin, sollten Sie doch einmal einsehen. Wenn Sie dort hingehen, werden Sie sehen, dort herrscht tiefer Frust, weil es die Menschen nicht mehr nachvollziehen können, daß dieser Gesetzgeber – Gott sei Dank nur ein Teil von ihm – Regelungen verabschiedet, die nicht nur nicht lesbar sind, sie sind auch kaum mehr verständlich. Sie lassen einen Spielraum für Interpretation, der mit Recht verfassungsrechtliche Bedenken hervorruft. Wenn Sie, Frau Bundesministerin, sagen, das ist ja alles geprüft, und der Verfassungsdienst sagt, das ist alles unbedenklich, dann darf ich Sie auf einen Vortrag des Herrn Theodor Tomandl, eines nicht ganz unbekannten Mannes in dieser Frage, verweisen. Darin kommt mindestens sechsmal hinsichtlich dessen, was zurzeit Gesetz ist und was diese Bundesregierung und diese Mehrheit im Parlament beschlossen hat, der Vorwurf der Verfassungswidrigkeit vor.

Frau Bundesministerin! So einfach ist das nicht, daß Sie sagen, da fahren wir drüber. Ich gebe zu, Sie haben zwei Jahre gewonnen, Sie haben drei Jahre gewonnen, und das ist ja auch das Ziel. Wir wissen doch, daß diese Novellen zur Sozialversicherung in erster Linie auch deshalb beschlossen wurden, damit wir Budgetziele erreichen, und nicht, weil wir eine Reform angehen wollten.

In Ihren eigenen Ausführungen haben Sie, Frau Bundesministerin, gesagt, daß die "bösen Unternehmer" eigentlich keine Vorteile haben und sich somit das Zahlen von Dienstgeberbeiträgen nicht ersparen sollen. Ja, ich stimme Ihnen zu. Ich kann mich erinnern, schon vor drei Jahren, als ich in dieses Hohe Haus eingezogen bin, habe ich meinen Klubkollegen und auch hier im Plenum immer wieder gesagt: Wenn wir unser Sozialversicherungssystem nicht dahin gehend ändern, daß es für den Dienstgeber egal ist, ob er Vollzeit, Teilzeit, Halbzeit, nebenberuflich,


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freiberuflich, andersberuflich beschäftigt ist, dann wird das Problem nicht gelöst werden. Sie sagen, wir wollen jenen Vorteile verschaffen, die Schlupflöcher erkennen. Und ich sage Ihnen, Frau Bundesministerin, wir wollen Schlupflöcher nicht zulassen und nicht für Unternehmer erkennbar machen! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie zwingen ja geradezu zur Phantasie, dazu, daß jemand darüber nachdenkt und sagt, es geht ja warm weg, wenn ich das mache. Das ist doch nicht sinnvoll, meine Damen und Herren! Wir haben ein Regelwerk und ein System zu installieren und zu verabschieden, das einer gemeinsamen Zielformulierung – Frau Bundesministerin, da haben wir noch nie ein Problem gehabt – auch entspricht, aber nicht etwas nur aufgrund von Zaghaftigkeit, Zauderei, mangelndem Reformwillen, Angst vor der nächsten Wahl, Angst vor dem Koalitionspartner, Angst davor, daß einem der Himmel auf den Kopf fällt, zu tun. Es wird nur mehr repariert, zu Tode repariert, einmal der Auspuff, einmal die Felgen, einmal die Bremsen, und die Karre wird noch immer nicht gehen, es wird wieder verfassungswidrig sein. Sie werden sich neuerlich blamieren, Frau Bundesministerin, das ist das, was zu befürchten ist. Das tut uns auch leid. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Tief getroffen haben Sie mich natürlich mit Ihrem Beispiel des Bauleiters, Frau Bundesminister. Ich weiß nicht, ob Sie das Beispiel deshalb gebracht haben, weil ich der nächste Redner bin. Insofern würde ich mich geradezu bedanken. (Bundesministerin Hostasch: Wußte ich!) Aber ich muß sagen, da kennen Sie sich wirklich nicht aus. Denn einen Bauleiter beschäftige ich ja nicht 38 oder 40 Stunden, sondern bei einem Bauleiter bin ich schon froh, wenn ich mit dem Arbeitszeitgesetz nicht in Konflikt komme, das ist ja ein ganz anderes Problem. Da stellt sich nicht die Frage, ob er vollversichert ist. Der gehört ja zwar noch zu einer Mehrheit, aber doch zu einer Gruppe, die immer kleiner wird, die noch einen völlig krisensicheren (Zwischenruf des Abg. Mag. Kaufmann – zumindest in meinem Unternehmen, Herr Kollege Kaufmann – Vollarbeitsplatz hat, der nicht nur ihn, sondern auch dessen Familie ernährt.

Meine Damen und Herren! Da haben wir ein ganz anderes Problem, nämlich das Problem, daß dieser Bauleiter mit einem Fuß im Kriminal steht, weil es ein Arbeitnehmer/innenschutzgesetz gibt. Wie Sie wissen, ist das ja mein Lieblingsthema. Es läuft allerdings Gefahr, nunmehr vom Sozialversicherungsgesetz abgelöst zu werden. Das sind ja Gesetze, die quasi aus derselben Feder stammen. Sie sind gleich unlösbar, es ist bei ihnen gleich unmöglich, sie nachzuvollziehen, sie gefährden in gleichem Maße den Wirtschaftsstandort Österreich und konterkarieren Ihre Bemühungen und unsere gemeinsame Zielausrichtung für mehr Arbeit, größere soziale Sicherheit, mehr Solidarität und größere Gerechtigkeit. Das, Herr Kaufmann und Frau Bundesministerin, müssen Sie sich einmal zu Herzen nehmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie, Frau Bundesminister, haben das heute erwähnt, und ich habe mir Stichworte aufgeschrieben. Sie sagen, es ist eine grundsätzliche Debatte. – Da gebe ich Ihnen recht. Sie sagen, wir müssen Neuland beschreiten. – Es ist ein Jammer, aber wo ist das Neuland, Frau Bundesminister? Sie sehen zwar einen neuen Kontinent, benehmen sich aber wie jene irischen Auswanderer, bei denen es beim Vorsatz geblieben ist und die lieber in Irland verhungert sind. Neuland haben jene beschritten, die sich in das schwankende Schinakl hineingetraut haben, die hinübergefahren sind. Und dort haben sie eben Neuland beschritten. Die anderen sind zu Hause geblieben und hatten die Konsequenzen zu tragen. Neuland beschreiten braucht auch Mut, und Neuland beschreiten braucht Reformwille und Reformkraft, Frau Bundesministerin. Es ist zuwenig, da herumzudoktern.

Wenn Sie dann von Vertrauensschutz und Pensionsreform et cetera sprechen, so muß ich sagen, daß das Wort "Pensionsreform" allein schon nach meinem Dafürhalten eine arge Verhöhnung der deutschen Sprache ist, denn "Pensionsreform" dürfte es auf keinen Fall heißen. Ich will mich nicht darüber auslassen, was es tatsächlich ist, aber eine Pensionsreform ist es nicht.

Aber ich finde es stark, daß Sie uns das einreden wollen, gerade mir, der ich ein Betroffener bin. Ich bin Jahrgang 1944 und werde daher zu den ersten gehören, deren Beiträge zum Pensionssystem nicht mehr zu einer adäquaten oder entsprechenden Pension führen werden,


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zumindest nicht, wenn ich das derzeit erhoffte medizinische Alter von zirka 95 Jahren erreiche, dann wird das leider Gottes nicht mehr möglich sein. Daher, Frau Bundesministerin, dürfen Sie in diesem Zusammenhang nicht von Vertrauensschutz reden.

Sie sollten sich trauen, ein Reformpapier vorzulegen. Sie sollten alle Anregungen – und ich bedanke mich dafür, daß Sie auch die Anregungen der Liberalen mit einfließen lassen wollen – bündeln und sich dann wirklich trauen, ein Reformpapier zu erarbeiten, das klar, einfach, nachvollziehbar, solidarisch, ausgleichend und gerecht ist und gleichzeitig den elementaren Wirtschaftsforderungen gerecht wird, die da sind: Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, Herabsetzung der Lohnnebenkosten und Vergleichbarkeit im internen Wettbewerb. Wenn Sie das zusammenbringen, Frau Bundesministerin, dann werden Sie von uns Applaus bekommen. Bis dahin müssen Sie sich noch gedulden. Meine Einladung bleibt aufrecht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Hums. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.03

Abgeordneter Franz Hums (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hoffe, die Geduld der Frau Bundesministerin wird nicht allzusehr strapaziert werden, aber ich bin immer optimistisch. Eines kann ich heute zu den Liberalen feststellen: Trotz aller Für und Wider waren zu Beginn der Diskussion 1996 noch viele im Bereich der Liberalen wie viele andere auch der Meinung, daß man überhaupt keinen Schritt in die Richtung gehen sollte, alle Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung, in die Versicherungspflicht einzubeziehen. (Abg. Dr. Schmidt: Versicherungspflicht gehört her! – Abg. Dr. Haselsteiner: Wir haben gesagt "Versicherungspflicht", aber nicht "Pflichtversicherung"!)

Damals war ich als Sozialminister so ziemlich der einzige, erfreulicherweise unterstützt von meiner Fraktion und ganz besonders von der heutigen Sozialministerin, der trotz aller Widrigkeiten – aber aus guten Gründen – gesagt hat: Wir haben ein sehr gutes System, die Veränderungen im Bereich der Arbeitswelt machen es aber immer schwieriger, zuzuordnen. Das deckt sich voll mit dem, was Sie heute sagen.

Damals hat es viele Grenzfälle und Schlupflöcher gegeben, die von niemandem kritisiert wurden, die aber dazu geführt haben, daß immer mehr Unternehmer dahin gehend beraten wurden, ihren Arbeitnehmern keine Dienstverträge, sondern quasi Werkverträge ohne Sozialversicherung zu geben. Das war eine Tendenz, die ständig im Steigen begriffen war, eine Tendenz, die den einzelnen, der nicht mehr sozialversichert war, schwer getroffen hat, und eine Tendenz, die unser gesamtes Sozialversicherungssystem eminent gefährdet hat. Daher war es notwendig, diese Arbeitnehmer einzubeziehen. Damals hat es viele, viele Schwierigkeiten gegeben. (Abg. Dr. Haselsteiner: Was passiert jetzt? – Jetzt geht es in die Schwarzarbeit! Das wissen Sie doch!)

Natürlich wären die Legisten in meinem Haus seinerzeit froh gewesen, wenn wir eine ganz einfache Regelung politisch über die Bühne gebracht hätten. Aber ich weiß nicht, was Sie, Herr Kollege Haselsteiner, gesagt hätten, wenn man plötzlich die Sozialversicherungsbeiträge in der Pensionsversicherung von Arbeitnehmern und Unternehmern gleichgezogen hätte – Ihnen persönlich wäre es Wurscht gewesen –, ob Sie das im Bereich der Unternehmer durchgebracht hätten.

Daher ist nur eines möglich: Wir müssen den schon 1996 angestrebten Weg gehen, der von immer mehr Personen als richtig erkannt wird, nämlich alle Erwerbseinkommen sollen in eine wirklich allgemeine Sozialversicherung einbezogen werden, Erwerbseinkommen ab einem bestimmten Einkommen bis zu einem bestimmten Einkommen. (Demonstrativer Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Haselsteiner: Warum tun Sie es nicht?)

Wir haben seit 1996 Schritt für Schritt in diese Richtung gesetzt. Die Frau Bundesministerin hat in einem grandiosen Verhandlungserfolg erreicht, daß das, was die Professoren 1996 mit den


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Experten ausgearbeitet haben, weitgehend umgesetzt wurde. Aber kein Mensch wird wirklich erwarten, daß man ein derartiges System, das historisch gewachsen ist, innerhalb eines oder zweier Jahre komplett umstellen kann. (Abg. Dr. Haselsteiner: Aber nein, ihr habt fünf Jahre!) Niemand von Ihnen! Ich würde demjenigen zubilligen, daß er hier innovativ sein und mitreden kann, der als Redner vor mir hier erklärt hätte, daß alle Erwerbseinkommen ab einem bestimmten Einkommen bis zu einem bestimmten Einkommen fair in eine allgemeine Versicherung einbezogen werden sollen. Da waren wir seinerzeit die ersten.

Wenn Sie meinen, wir hätten warten sollen, bis wir ein perfektes System mit allen Interessengruppen ausgehandelt haben, dann, muß ich sagen, würden wir heute noch beim Nullpunkt stehen. Daher habe ich bewußt in Kauf genommen, Teile davon vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben zu bekommen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Die Frau Ministerin auch!) Denn hätten wir den ersten Schritt nicht gesetzt, hätten wir auch keinen weiteren Schritt setzen können.

Im Oktober 1996 war es die heutige Frau Bundesministerin, die maßgeblich dazu beigetragen hat, daß dann auch der Nationalrat beschlossen hat, eine allgemeine Sozialversicherung für alle Erwerbseinkommen anzustreben. Ganz besonders aus sozialen Gründen gratuliere ich dazu – das haben wir damals nicht einmal diskutiert –, daß auch geringfügige Einkommen einbezogen werden. Jetzt kann jeder sagen, das verteuert das System. – Das gestehe ich zu. Das ist aber eine Sozialmaßnahme.

Eine Kritik, die immer wieder kommt, auch heute von seiten der Freiheitlichen, ist, daß aufgrund dieser Regelung der Einbeziehung in die Sozialversicherung Arbeitsplätze gefährdet werden. Diese Begründung ist absurd, genauso absurd wie eine Presseaussendung einer Abgeordneten der Grünen aus dem Jahre 1996, die für mich unverständlich war und ist und in der erklärt wurde, durch die Einbeziehung in die Sozialversicherung gefährdete ich die Existenz von technischen Zeichnern und anderen Arbeitnehmern.

Kollege Öllinger! Konsequent weitergedacht wäre das der Wunsch der Grünen nach Existenzsicherung durch Abschaffung der Sozialversicherung. Absurd! Genauso absurd wie Arbeitsplatzsicherung mit Lebensqualitätsverschlechterung, indem man die Sozialversicherungspflicht wegnimmt. Ich bin sicher, daß der heutige Schritt ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung war, daß man nicht alles zugleich haben kann und daß dieser Weg fortgesetzt werden wird.

Ich danke bei dieser Gelegenheit nochmals allen Abgeordneten, die sich aufgrund meiner damaligen, vielleicht ein bißchen provokanten Neuerungen viel Kritik aussetzen mußten. Ich danke auch den Beamten des Sozialministeriums, die als Legisten gute Arbeit geleistet haben. Aber wenn man ihnen politisch die Quadratur des Kreises vorgeben muß, alles gleichzumachen und viele Ausnahmen beizubehalten, weil es politisch nicht anders geht, dann, muß ich sagen, sind die Legisten nicht schuld daran, wenn es nicht genau funktioniert.

Kollege Haselsteiner! Ich hoffe auch, daß der Wunsch des Kollegen Kier erfüllbar sein wird, daß wir auch im Arbeitsrecht jene Maßnahmen setzen, die dazu führen, daß auch im Bereich der Freien Dienstverträge bessere arbeitsrechtliche Regelungen gelten.

Nochmals: Von all den Maßnahmen, die ich als Gewerkschafter und Politiker getroffen habe, war jene der Einbeziehung aller Erwerbseinkommen durch die Werkvertragsregelung die am meisten kritisierte. Ich habe es dadurch nicht leicht gehabt.

Ich möchte mich auch bei jenen Journalisten bedanken, die, obwohl sie selbst oft betroffen waren, trotzdem halbwegs positiv berichtet haben. Ich möchte aber trotz all dieser Kritik sicher keinen Schritt zurück machen, und ich begrüße alle Schritte, die seither gesetzt wurden und die weiter gesetzt werden. Ich danke auch im vorhinein schon allen bei den Liberalen, bei den Grünen, bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP, die diesen Weg des gemeinsamen Beschlusses im Parlament fortsetzen, nämlich eine wirklich allgemeine Sozialversicherung für alle Erwerbseinkommen ab einer bestimmten Höhe bis zu einer bestimmten Höhe zu schaffen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.10


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Trinkl vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.10

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich stimme mit der Analyse des Dringlichen Antrages überein. Tatsächlich ist es so, daß sich die Wirtschaft ändert, sich täglich neuen Herausforderungen stellen muß. Diese Änderung der Wirtschaft hat natürlich auch Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen und läßt auch neue Formen der Arbeit entstehen.

Es geht aber nicht nur um die Wirtschaft. Auch die Arbeitnehmer suchen immer mehr Freiräume. Sie wollen selbst Einfluß auf die Arbeitsbedingungen, auf die Arbeitszeit, auf ihre Umgebung und auch auf den Arbeitserfolg nehmen. Vor diesem Hintergrund war es tatsächlich schwierig, diese neuen Arbeitsverhältnisse in das seinerzeit gültige Sozialversicherungssystem einzubauen. Andererseits kann der Gesetzgeber aber nicht tatenlos zuschauen, wie von immer mehr Menschen Konstruktionen gewählt werden, mit denen sie sich der Beitragspflicht entziehen können, während gleichzeitig immer höhere Ansprüche an das Sozialversicherungssystem, das von immer weniger Beitragszahlern getragen wird, gestellt werden.

Herr Kollege Hums! Deshalb bekennt sich die Österreichische Volkspartei nach eingehenden und langwierigen Beratungen zur Einbeziehung aller Erwerbstätigen in die Sozialversicherung. Es soll nämlich nicht jener den Vorteil haben, der am ehesten in der Lage ist, ein Schlupfloch zu finden. Und es soll auch nicht jenen der soziale Schutz verwehrt werden, die – aus welchen Gründen auch immer – weniger verdienen.

Die teilweise Aufhebung der seinerzeitigen Werkvertragsregelung gab uns tatsächlich die Chance, eine Regelung zu finden, die geeignet ist, den bestehenden Problemen bestmöglich zu begegnen. Wenn die Opposition befürchtet, daß die vorliegende Regelung diesem Anspruch nicht gerecht werden kann, so ist das ihr gutes Recht. Weil Sie Angst haben, Verantwortung mitzutragen, sind Sie ja in der Opposition! (Abg. Öllinger: Überhaupt nicht!)

Ich bin auch nicht der Ansicht des Herrn Kollegen Kier, daß die am 1. Jänner in Kraft getretene Regelung so unklar und so unverständlich ist. Wenn man sich Ihre beiden Beispiele im Antrag vor Augen führt, sieht man, daß es ja auch Ihnen schwerfällt, die Unklarheit zu sehen und zu begründen. Sie begründen sie mit einer mitgebrachten Schürze und dem Computerspiel des Kindes eines Journalisten, also mit wirklich sehr weit hergeholten Beispielen. Und damit wollen Sie beweisen, wie schwierig diese Materie ist! Das kann meiner Meinung nach nur ein etwas verspäteter Faschingsscherz sein. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Böhacker: Das ist die gängige Praxis!)

Im Antrag werden auch unterschiedliche Beitragshöhen kritisiert. Warum kritisieren Sie nicht die unterschiedlichen Beiträge von Bauern, die die höchsten Pensionsbeiträge zahlen, von Selbständigen, von Freiberuflern, meinetwegen im Verhältnis zu Unselbständigen? Tun Sie das doch auch! (Abg. Öllinger: Das tun wir auch!) Der hier gefundene Weg, dem neuen Selbständigen mit einem neuen, niedrigen Beitrag den Weg in die Legalität zu ebnen, war als Begünstigung für diese neuen Selbständigen gedacht. (Abg. Dr. Haselsteiner: Aber nur für einen Teil, der andere führt in die Schwarzarbeit! Das wissen Sie doch!)

Sie wissen, daß wir durch die Neuordnung der gewerberechtlichen Bestimmungen einen wesentlich leichteren Zugang für Unternehmer geschaffen haben. Ich gebe auch zu, daß die schrittweise Erhöhung der Beiträge für uns von der Volkspartei tatsächlich auch einen ordnungspolitischen Charakter hat, weil wir immer weniger Existenzen im Graubereich haben möchten und immer mehr Selbständigen die Möglichkeit geben möchten, auch eine gewerberechtliche Deckung zu finden.

Die Frau Bundesminister hat hier sehr eingehend die Widersprüchlichkeiten in Ihrem Antrag erläutert. Ich möchte das jetzt nicht noch einmal Punkt für Punkt wiederholen. Nur auf zwei Aspekte möchte ich hinweisen. Erstens: Sie wollen den fakultativen Versicherungsschutz für


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geringfügig Beschäftigte wieder eliminieren. Gut! Sie können das haben. Wir werden das jenen Tausenden Frauen, die durch eine geringfügige Beschäftigung einige tausend Schilling zum Haushaltseinkommen dazuverdienen, sagen. Wir wollen das nicht! Wir wollen die von mir genannten Möglichkeiten eröffnen. Aber ich sehe schon: Sie träumen von der Utopie eines Grundeinkommens. Nur: Sie haben nicht einmal erwähnt, wer diese 8 000 S pro Monat zahlen soll. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kier. ) Selbstverständlich! Ich werde es zahlen, und Sie werden es zahlen, Herr Kollege Kier! Aber selbstverständlich ist dann eine geringfügige Beschäftigung obsolet, wenn ohnehin jeder irgendeinen Betrag monatlich bekommt.

Zweitens – und das ist auch sehr interessant –: Sie wollen den pauschalierten Dienstgeberbeitrag durch einen Beitrag von der gesamten Lohnsumme ersetzen. Sehr gut! Da werden sich die Unternehmer freuen, wenn sie plötzlich auch für Lohnsummen über der Höchstbeitragsgrundlage einen Dienstgeberbeitrag entrichten werden müssen! Das ist ein sehr seltsamer Aspekt und eine eigenartige Entlastung von Unternehmen, wie sie Herr Haselsteiner soeben hier gefordert hat. Wir werden das auch den Unternehmern sagen, welche Vorstellungen Sie hier haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren vom Liberalen Forum! Sie haben in einer langen Liste aufgeschrieben, was alles passieren wird, wenn die jetzt gefundene Lösung so bestehen bleibt. Ich darf Sie beruhigen: Diese Befürchtungen werden sich nicht bewahrheiten. Und das wissen Sie auch! Das wissen Sie auch ganz genau, weil nämlich die Zahlen eine andere Sprache sprechen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kier. ) Sie wissen ganz genau, daß durch dieses Sozialrechts-Änderungsgesetz – es sei mir erlaubt, hier darauf hinzuweisen – erstmals der Zuzug zu den Frühpensionen gestoppt wurde und rückläufig ist. (Abg. Dr. Kier: 6 000 statt 300 000!) Sie sehen, daß diese Gesetzesänderung greift, und das zeigt, daß wir das Richtige getan haben. Und zweitens – auch das sei mir erlaubt, hier zu sagen – haben wir dafür die Prognosen für das Wirtschaftswachstum nach oben revidieren können und müssen. (Abg. Dr. Kier: Unter Einbeziehung der Landwirtschaft!)

Sie sehen, die Arbeit dieser Bundesregierung ist überlegt, die Arbeit dieser Bundesregierung bringt Früchte. Die Zukunft wird zeigen, daß der Weg, den wir im Vorjahr mit der Einbeziehung aller Erwerbstätigen in die Versicherungspflicht beschritten haben, auch der richtige war. (Beifall bei der ÖVP.)

16.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Haigermoser: Jetzt kommt die Wahrheit an den Tag!)

16.18

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Frau Bundesminister! Sie haben heute versucht, den Eindruck zu erwecken, daß die Wirtschaftstreuhänder mit dieser Regelung hochzufrieden und einverstanden sind. (Abg. Schwemlein: Ihr verdient genug!) Es mag schon richtig sein, daß in den Arbeitsgruppen Vertreter der Kammer der Wirtschaftstreuhänder mitgearbeitet haben. Sie haben aber nicht dazugesagt, ob diese mit allem einverstanden waren.

Sehr geehrte Frau Minister! Ich lade Sie im Anschluß an einen Besuch im Lohnbüro des Unternehmens des Herrn Kollegen Haselsteiner auch ein: Kommen Sie einmal zu einem Seminar über diese Rechtsmaterie, an dem 300 bis 400 Wirtschaftstreuhänder, Berufsanwärter, Revisionsassistenten, leitende Mitarbeiter, teilnehmen. Wenn Sie von 300 drei bringen, die damit einverstanden sind, dann ist die Trefferquote hoch. Ich war bei mehr als einem halben Dutzend von derartigen Seminaren. Ich sage Ihnen eines: Ich habe niemanden, weder einen Vortragenden noch einen der Teilnehmer, gefunden, der diese Regelung vollinhaltlich befürwortet beziehungsweise zur Kenntnis nimmt.

Zur Aussage des Kollegen Dr. Trinkl, der gemeint hat, die beiden Beispiele seien etwas banal, möchte ich sagen: Herr Kollege Trinkl, diese Beispiele entsprechen der Realität. (Abg. Dr. Trinkl: Wenn es nur die zwei Beispiele sind, sind wir ein glückliches Land!) Herr Kollege! Wie wollen Sie definieren, was ein neuer Selbständiger ist? Welche Betriebsmittel hat ein


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derartiger neuer Selbständiger zu haben? – Einen Computer, ein Fahrrad, ein Auto, ein Messer zum Abstechen, wenn er Metzger ist? Das sind die banalen Dinge des Alltags, und die verkennen Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Dr. Trinkl! Auch Sie lade ich ein: Gehen Sie einen Schritt aus dem Elfenbeinturm einer Regierungspartei heraus und stellen Sie sich der Praxis, dann werden Sie draufkommen, was wirklich los ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Man kann es drehen und wenden, wie man will. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger. ) Kollege Puttinger, bitte bleib ruhig! (Abg. Dr. Puttinger: Was ist Ihr Betriebsmittel? – Ein Bleistift?) Mein Kopf zum Beispiel, mein Geist – im Gegensatz zu dir: Dein Betriebsmittel ist nur das Schnitzelpfanndel. (Abg. Dr. Puttinger: Nicht die Schürze!) Auch die Schürze. Ende der Durchsage.

Frau Bundesminister! Man kann es drehen und wenden, wie man will, aber diese Bestimmungen über die Sozialversicherungspflicht für freie Dienstnehmer, neue Selbständige, geringfügig Beschäftigte, im Volksmund mit dem Reizwort "Werkvertragsregelung" bezeichnet, werden von vielen Experten als legistischer Sondermüll bezeichnet. Dieser Vorwurf geht nicht an die Legisten im Hause, wie Kollege Hums gemeint hat. Die haben hervorragend gearbeitet, hatten aber politische Vorgaben zu berücksichtigen. Daher sind die Schuldigen nicht die Beamten im Ministerium, sondern Sie in der Bundesregierung und bei den Regierungsparteien sind dafür verantwortlich, weil Sie das so angeordnet haben. Wir wissen ganz genau, wie gefährlich Sondermüll ist. Sondermüll, auch legistischer Sondermüll gehört rasch, nachhaltig und sauber entsorgt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es besteht daher dringender Handlungsbedarf für eine umfassende Reform. Damit bin ich bei Ihren Aussagen angelangt, Herr Kollege Hums. Die Sozialversicherungspflicht für alle Erwerbseinkommen ab einer noch festzusetzenden Höhe, die im Einklang mit einer entbürokratisierten Besteuerung stehen muß, muß neue Basis für eine Totalreform sein.

Der vorliegende Antrag des Liberalen Forums ist in seiner Grundtendenz positiv zu bewerten, aber er kann wirklich nur ein erster Schritt zu einer Totalreform sein. Das freiheitliche Ziel in diesem Zusammenhang ist eine Harmonisierung der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Bemessungsgrundlage. Es ist undenkbar, daß eine derart bürokratische Handhabung der Sozialversicherungsabgaben einerseits und der Lohn- und Einkommensteuer andererseits besteht. Beide Beiträge müssen in einfacher Form monatlich eingehoben und abgeführt werden, um schlußendlich am Jahresende einer allgemeinen Bemessung, einer Veranlagung, sowohl im Bereich der Sozialversicherung als auch bei der Lohn- und Einkommensteuer, zu unterliegen. Es soll nur mehr eine Stelle der Einhebung, nur mehr eine Prüfung all dieser Abgaben durch eine Stelle und keinen Prüfungsoverkill mehr geben. Ich möchte darauf verweisen, daß zum Beispiel fünf, sechs verschiedene Prüfer kommen, um ein und dieselbe Sache zu prüfen. Solche Vereinfachungen, Herr Kollege Hums, wären Lösungen. Was Sie machen, ist schlicht und einfach Flickschusterei.

Die Frau Bundesminister bestreitet in ihrer heutigen Presseaussendung, daß diese ganze Angelegenheit ein Chaosgesetz ist. Die Sozialversicherung habe auf die Einführung der neuen Rechtslage schnell reagiert. So wurden bereits im Dezember des Vorjahres umfassende Informationen über die neue Rechtslage an die Dienstgeber versandt. – Das ist in Ordnung. Dank und Anerkennung gelten den Mitarbeitern der Gebietskrankenkasse, die hervorragende Informationen gegeben haben. Allerdings funktionieren diese leider nur in der Theorie, in der Praxis schaut die Situation ganz anders aus.

Wenn man die Erläuterungen durchliest, ist für den Moment alles klar. Dann kommt man aber zum Einzelfall, und heute ist fast schon jeder Fall ein Einzelfall. Man wendet sich also an die Krankenkasse und fragt, wie dieser Fall zu behandeln sei. Die Standardantwort lautet, daß das erst geprüft werden müsse und nicht ad hoc beantwortet werden könne. Man kann unter Vorbehalt anmelden und bekommt von der Krankenkasse einen Bescheid. Das soll eine Rechtslage


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sein, die befriedigend ist? Meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ! Schämen Sie sich nicht, wenn Sie solche Gesetze beschließen?

Auch die Frau Bundesminister hat diese Tatsache selbst zugegeben, indem sie angekündigt hat, daß eine neue Novelle zum ASVG eingebracht werden wird, mit der sie Anpassungen für eine leichtere Vollziehbarkeit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber beschließen lassen will. Was heißt denn das übersetzt in die Praxis? – Es ist eine eher niedliche Umschreibung von chaotischen Gesetzesbestimmungen, und die Frau Bundesminister muß selbst zugeben, daß es hier dringenden Handlungsbedarf gibt.

Wenn heute erklärt wurde, all diese negativen Auswirkungen, das Abgleiten, das Abdrängen, das zwangsweise Hineinwachsen in die sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Grauzone gebe es nicht, dann muß ich sagen, das geht an der Praxis vorbei. Speziell jene Hausfrauen, die 2 000 S, 3 000 S, 4 000 S oder 5 000 S, vielleicht in zwei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, verdient haben und nun sozialversicherungspflichtig und darüber hinaus als geringfügig Beschäftigte besteuert werden würden, verzichten entweder darauf oder üben Druck auf den Dienstgeber aus, um diese Bezüge über die graue Zone zu bekommen. Es gibt eine Vielzahl von Aussagen von Praktikern, die tagtäglich damit zu tun haben, daß diese gesetzlichen Bestimmungen in der Regel kaum umsetzbar und nicht vollziehbar sind. Diese wiederzugeben würde aber den heutigen Debattenbeitrag sprengen.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend und auf den Punkt gebracht kann man zu den Regierungsparteien und zu der Regierung nur eines sagen: Sie wissen nicht, was sie tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum.)

16.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.27

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Gibt es noch Unklarheiten in der Rednerliste?

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nein, bei mir nicht.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (fortsetzend): Ich beginne ungeachtet dessen, daß die Frau Bundesminister schon das Weite gesucht hat. Sie hat offenbar den Eindruck, daß die Argumente, die hier vorgetragen wurden, nicht so fehl am Platze sind.

Ich beziehe mich zuerst auf die Rede des Abgeordneten Hums, der in seinen Ausführungen klar gezeigt hat, daß es in Wahrheit nur darum geht, wo man wen aufgrund von historisch gewachsenen sozialversicherungsrechtlichen Strukturen zuordnet. Das ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, hat nicht umsonst diesen Namen, sondern beim damaligen Entwurf bestand der Anspruch, ein allgemeines, ein gesamthaftes Gesetz zu machen. (Abg. Hums: Das habe ich schon 1996 gesagt!) Ich wollte Ihnen nur sagen, daß ich Ihnen sehr genau zugehört habe, Herr Abgeordneter Hums, und ich merke, daß die Liberalen von der Regierung, was Grundsicherung und dergleichen angeht, ganz bewußt fehlinterpretiert werden. Wir werden ganz bewußt deshalb fehlinterpretiert, damit man sich mit den Argumenten, die wir auf den Tisch legen, nicht auseinandersetzen muß. Sie behaupten irgend etwas, was wir gar nicht sagen, und widerlegen das. Das ist zwar sehr plausibel, hat aber mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Leider geht es Ihnen auch mit den gesetzlichen Regelungen so. Das heißt, daß es schon damals nicht gelungen ist, ein allgemeines Sozialversicherungsgesetz zu machen, und daher stehen jetzt verschiedene versicherungsrechtliche Systeme nebeneinander. Dies entbindet eine gerade noch große Koalition nicht davon, daß sie einen wirklichen Reformansatz vorantreibt.

Wenn die Liberalen schon als kleine Oppositionsfraktion den Mut haben, sehr innovative Konzepte vorzulegen, dann kann man sich doch wenigstens erwarten, daß die Regierungsfraktionen bereit sind, darüber sachlich zu diskutieren und nicht zu diffamieren. Wir reden nicht davon, Herr Abgeordneter Hums, daß es darum geht, in zwei, drei Jahren diese Sozial


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systeme, die in Jahrzehnten gewachsen sind, umzustellen, sondern wir reden davon, daß diese Koalition bereits 1987, also vor mehr als zehn Jahren, angetreten ist und gesagt hat: Wir wollen die großen Probleme dieses Landes lösen. Sie zeigen aber mit all diesen Regelungen, die Sie beschließen und die der Verfassungsgerichtshof zum Teil wieder aufhebt, die aber Herr Abgeordneter Trinkl trotzdem als Chance bezeichnet – was wir Liberalen gerne akzeptieren, denn wir geben der Regierung Chancen dazuzulernen, sie muß sie nur annehmen –, daß Sie nur am System herumdoktern und in Wahrheit bisher keine große Lösung zustande gebracht haben.

Frau Bundesministerin! Insofern muß man auch folgendes sagen: Wenn Sie behaupten, Neuland zu betreten, und deshalb für sich als Regierungsmitglied in Anspruch nehmen, daß man doch lernen dürfe, dann möchte ich aufgrund dessen, wie Sie uns interpretiert haben, auch Ihnen – oben drüber, aber doch – pointiert entgegenhalten: Wenn diese Koalition seit über zehn Jahren immer nur lernt, dann ist es Zeit, die Schulbank zu drücken und nicht länger die Regierungsbank zu besetzen. Dann wäre es angemessen, einmal hierher zu gehen und zu sagen: Wir "derheben" es politisch nicht; wir können zwar unsere Klientel befriedigen – da nehmen wir ein bißchen weg und dort geben wir ein bißchen dazu –, aber zu den großen Reformen haben wir keine Lust; wir haben dazu – auch sachlich – nicht die notwendige Kompetenz. Denn sonst müßte das in dem Haus ja irgendwann schon einmal auf den Tisch gelegt worden sein.

Ich sage das vor allem deshalb, meine Damen und Herren, weil ich mich daran erinnere, daß es von seiten aller Fraktionen dieses Hauses geheißen hat: Wir brauchen eine ökologische Steuerreform! Es gab eine große Diskussion vor zwei, drei Jahren, und alle Fraktionen legten dazu auch Konzepte auf den Tisch. (Abg. Böhacker: Wer hat das abgewürgt?) Aber es waren die Regierungsfraktionen, die bis heute keine Enquete-Kommission in diesem Haus zugelassen haben, in der wir die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, wenigstens einmal in Richtung darauf vergleichen könnten, was ohnehin alle wollen. Denn was ohnehin alle wollen, könnten wir ja umsetzen, und dann wären wir einen Schritt weiter. Aber das ist einfach nicht möglich, das wird nicht gemacht.

Sie berufen sich hier auf – und beschwören – die Verfassungskonformität von Regelungen, von denen Sie selbst wissen, daß sie wieder aufgehoben werden. Dafür sind sowohl vom Abgeordneten Kier als auch vom Abgeordneten Haselsteiner bereits einige Beispiele gebracht worden. Diese sind auch in der Begründung unseres Dringlichen Antrages enthalten, daher werde ich sie nicht wiederholen. Aber Sie wissen, daß es diese Verfassungsprobleme gibt und daß sie auch wieder schlagend werden.

Meine Damen und Herren! Worum es mir in diesem Zusammenhang besonders geht – das möchte ich heute in meinem Debattenbeitrag hervorstreichen –, ist, was die Leute, die diesen Regelungen unterworfen sind, heute sagen, wenn man mit ihnen redet: Wir haben null Lust, überhaupt noch unternehmerisch tätig zu sein! Wenn Sie das tun, sind Sie immer nur der "Tepperte"; Sie kommen immer nur dran; es stellt Ihnen jeder nach; Sie haben bei den mannigfachen Änderungen, die andauernd vorgenommen werden, keine Chance, auf dem neuesten Stand zu bleiben. – Dennoch nimmt man nicht zur Kenntnis, daß es eine gesamthafte Lösung geben kann.

Jetzt frage ich mich, meine Damen und Herren: Warum haben denn die Abgeordneten dieses Hauses, als das Parlamentsmitarbeitergesetz beschlossen wurde – wobei jeder von Ihnen selbst Arbeitgeber zumindest eines Mitarbeiters ist –, unter einem gleich beschlossen, daß eine bestimmte Steuerberatungskanzlei die Abrechnung zu machen hat? – Das geschah naheliegenderweise, weil niemand von uns ad hoc in der Lage gewesen wäre, das zu machen, und das wollte man auch keinem Abgeordneten zumuten. Deswegen beschloß man damals: Wir ziehen gleich eine Steuerberatungskanzlei hinzu. Wir bezahlen einerseits aus Steuergeldern – das ist sinnvoll – parlamentarische Mitarbeiter; und damit die lieben Herren und Damen Abgeordneten nicht mit einem Fuß im Kriminal stehen, bezahlen wir die Steuerberatungskanzlei gleich dazu!


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Wahr ist allerdings, daß man das, was man allen anderen in diesem Staate zumutet, die selbständig tätig sowie Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sein wollen, in diesem Hause selbst nicht auf sich nehmen will. Jeder, der sich die drittvergleichsfähige Regelung der Rückvergütungen im Bereich der Abgeordnetenausgaben ansieht, weiß, was an bürokratischem Wust anderen in diesem Land aufgeladen wird. Es ist notwendig, hier für alle grundlegend zu reformieren; es ist notwendig, endlich eine gesamthafte Regelung zu treffen, wie sie auch von den Liberalen schon mehrfach vorgeschlagen worden ist. Das ist es, was wir von Ihnen in diesem Hause haben wollen. Wir wollen erreichen, daß darüber endlich geredet wird, und wir wollen erreichen, daß Sie sich nicht länger dieser Diskussion verschließen.

Der letzte Punkt, meine Damen und Herren: Es wird so viel vom Vertrauensschutz in bezug auf die Sozialversicherung gesprochen. Was bedeutet denn "Vertrauensschutz" anderes als "Schutz der eigenen Wählerklientel", in der Art und Weise, wie er in diesem Haus diskutiert wird? – Denn es geht längst nicht mehr darum, daß diejenigen, die heute arbeitenderweise etwa Pensionsversicherung zahlen, davon ausgehen können, daß auch sie einst eine solche Pension bekommen werden. Wahr ist vielmehr, daß alle versuchen müssen, sich nebenher auch eine private Vorsorge anzulegen. Tun sie das nicht, dann dürfen sie nicht darauf vertrauen, daß es mit jenen Pensionsversicherungsregelungen, die dauernd von Ihnen reformiert werden, für die Menschen, die heute arbeiten, noch eine wirkliche Absicherung geben wird. Das wissen Sie. Das steht in den Studien, die Sie in Auftrag gegeben haben. Aber das ist angeblich einfach nicht umstellbar.

Die Liberalen haben schon zu Beginn dieser Legislaturperiode sehr klar gesagt: Wir wollen ein einheitliches Pensions- und Arbeitsrecht für Arbeiter, Angestellte und öffentlich Bedienstete. Das ist etwas, das wir zu einer unserer sieben Mindestbedingungen gemacht haben, an denen wir heute noch festhalten. Wenn wir – was nur konsequent ist – jetzt sagen, daß es in einer Zeit, in der die Erwerbsarbeit immer stärker zurückgeht, zweifellos logisch gedacht ist, daß die soziale Absicherung nicht mehr an der Erwerbsarbeit hängen darf, sondern ein Anspruch von Menschen ist, die in diesem Lande leben, arbeiten und Steuern zahlen, dann wollen wir von Ihnen nicht hören, daß wir in Wirklichkeit Sozialutopisten seien, sondern dann wollen wir diese Vorschläge in diesem Hause diskutiert haben. Denn Sie wissen, daß wir mit den derzeitigen Regelungen tatsächlich nicht das Auslangen finden können.

Daher meine Bitte, meine Damen und Herren: Wenn in Zukunft – gerade auch jüngeren Menschen gegenüber – von Vertrauensschutz die Rede ist, dann sprechen wir doch nicht mehr von einem Generationenvertrag, der einzuhalten sei, sondern sprechen wir endlich von der Generationenbilanz, die es in diesem Lande auch einmal zu erstellen gilt. Worin bestehen denn all die Lasten, die den künftigen Generationen, die den nachfolgenden Generationen aufgeladen werden? – Das ist in dieser Diskussion hier im Hause völlig vernachlässigt worden. Aber eine Diskussion darüber wollen wir erreichen.

In diesem Sinne sind wir auch der Ansicht, daß es Zeit ist, endlich über eine ökologische Steuerreform zu reden. Denn nur mit einer ökologischen Steuerreform – zusammen mit einer durchdachten Grundsicherung – wird es möglich sein, soziale Probleme in diesem Land zu minimieren oder zu verhindern und den sozialen Frieden zu erhalten. Je länger Sie sich dieser Diskussion verweigern, desto gefährlicher machen Sie die Situation insgesamt. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist jetzt Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

16.36

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Es ist nicht uninteressant, daß wir am Vormittag – wenn auch etwas verunglückt – über einen nationalen Beschäftigungsplan diskutiert haben, dessen Konturen zwar noch nicht sichtbar sind, von dem die Bundesregierung aber immerhin weiß, daß es 100 000 neue Beschäftigte geben wird – bis


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zum Jahr 2002. Jetzt diskutieren wir über die Werkvertragsregelung. Ich stelle einen Zusammenhang her, und Sie werden sich fragen: Worin besteht dieser Zusammenhang?

Ich werde versuchen, Ihnen das zu erklären. Ich gehe von folgender Annahme aus: Bisher war es so, daß die geringfügig Beschäftigten in der Beschäftigtenstatistik nicht aufgeschienen sind, 150 000 Personen, die nicht als unselbständig Beschäftigte gezählt wurden. (Abg. Dr. Feurstein: Sie haben aber keine Ahnung, wie die Statistik gemacht wird! Das ist eine Unterstellung wider besseres Wissen, Herr Öllinger!) 150 000 Personen, die nicht als unselbständig Beschäftigte gezählt wurden, werden jetzt – zusammen mit den freien Dienstvertragsnehmern – zumindest zu einem Teil als Beschäftigte aufgezeigt werden und in der Statistik auftauchen. (Abg. Dr. Feurstein: Das ist ein Untergriff! Das ist die unterste Schublade!)

Es ist zumindest so, Kollege Feurstein, daß man dort, wo man die Statistiken erstellt, nicht weiß, wie man die Beschäftigtenstatistiken der Jahre 1997 und 1996 oder vorangegangener Jahre mit denen des Jahres 1998 – mit diesen Änderungen – vergleichbar machen soll. Fragen Sie doch die Leute im Statistischen Zentralamt, fragen Sie die Leute im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, welche Probleme sie haben! Und das ist nur ein Detailproblem des Ganzen. Es ist schon einiges dazu gesagt worden, was die rechtlichen Probleme betrifft. Es geht nicht nur um die rechtlichen Probleme, sondern offensichtlich auch darum, daß Sie mit dieser Art, Menschen in die Sozialversicherung einzubeziehen – dazu werde ich später noch einiges sagen –, auch ein kleines bißchen Politik in Richtung Beschäftigungsstatistiken-Schönung machen wollen. (Abg. Dr. Feurstein: Wider besseres Wissen!)

Herr Kollege Feurstein! Sie werden mir dann gewiß erklären, daß dem nicht so ist. (Abg. Dr. Feurstein: Heute nicht! Das nächste Mal!) Aber wir werden sicherlich in späteren Tagen noch darauf zu sprechen kommen. Das Problem liegt selbstverständlich nicht in der Statistik. Ob die 10 000, 20 000 oder 30 000 Personen jetzt in der Statistik aufscheinen und Ihnen helfen, den Beschäftigungsplan etwas zu behübschen, ist egal. Das Problem liegt einerseits in der rechtlichen Situation, und das Problem, das ich noch dazu sehe, liegt auch in Ihrer Argumentation, und zwar in folgender Hinsicht: Sie sagen, Sie wollen die Flucht aus dem Arbeits- und Sozialrecht verhindern. Mehrere Male ist das gesagt worden. Ich komme gleich darauf zurück; vorerst zur rechtlichen Situation.

Gott sei Dank sind wir noch nicht dort, wo der Kollege Haselsteiner geglaubt hat: daß wir schon bei der 186. ASVG-Reform oder -Novelle wären. Aber wir halten immerhin schon fast bei der 130. Novellierung des ASVG, Kollege Feurstein und werte Frau Ministerin! (Abg. Mag. Posch: Und was sagt das?) Selbstverständlich mußte in den vergangenen Jahren das ASVG jährlich angepaßt werden. Aber sehen Sie sich die Entwicklung an! Wir hatten in den fünfziger und sechziger Jahren jährlich eine Novellierung des ASVG – ob gezählt oder ungezählt –, und jetzt sind wir zu einer Taktratenerhöhung von ein oder zwei Novellierungen auf sechs und sieben Novellierungen pro Jahr gekommen, in den letzten Jahren steigend!

Wer, bitte, soll dieses Gesetz noch nachvollziehen? – Ich vermute, daß nicht einmal der größere Kreis der Eingeweihten das ASVG und die Begleitgesetze tatsächlich noch in vollem Umfang nachvollziehen kann. Das ist das eigentliche Problem. Dazu brauche ich Ihnen jetzt gar nicht den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes oder andere Stellungnahmen zu zitieren. Sie wissen sehr wohl genau und ebensogut wie wir, daß dieses Gesetz nicht lesbar ist und daß es von den Leuten draußen in der Praxis nicht nachvollzogen werden kann, sondern daß es dort nur bestimmte Ahnungen darüber gibt, wie man mit diesem Gesetz umzugehen hat. Aber es ist in dieser Form nicht mehr nachvollziehbar, weil nicht einmal die Personen in den Institutionen rechtzeitig die neuen Novellierungen aufarbeiten können, bevor bereits wieder die nächste Novellierung kommt. – Soviel zur rechtlichen Seite.

Spannender aber finde ich die sozialpolitische Seite des Ganzen. Die Flucht aus dem Arbeits- und Sozialrecht soll verhindert werden – gut, ein gemeinsames Anliegen. Aber, Kollege Hums: Wenn das wirklich das erklärte Ziel war, das du mit dieser ersten Reform intendiert hast und das jetzt auch in den weiteren Reformen der Werkvertragsregelung enthalten ist, dann bitte ich dich um eine Erklärung, warum gleich bei der ersten Werkvertragsregelung die Kolporteure hinaus


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gedrängt worden sind, obwohl es ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes gibt, daß Kolporteure arbeitsrechtlich nicht Selbständige, sondern unselbständig Beschäftigte sind. Der Verwaltungsgerichtshof, der Oberste Gerichtshof, mehrere Urteile besagen: Kolporteure sind unselbständig Beschäftigte.

Das interessiert offensichtlich das Sozialministerium nicht, sondern dort wird erklärt: Das ist die Aufgabe und das Problem der Kolporteure. Sie müssen selbst danach trachten, sich irgendwie durchzusetzen. Wir nehmen sie jedenfalls von der Sozialversicherungspflicht aus. Für uns sind sie weder Selbständige, die sozialversichert werden sollen, noch sind sie Unselbständige, die sozialversichert werden sollen. – Das war die Realität.

Jetzt sind wir zwar einen Schritt weiter, Kollege Hums, aber in die falsche Richtung! Jetzt, mit dieser letzten Novellierung, werden die Kolporteure zu Unternehmern gemacht, selbstverständlich nur sozialrechtlich und nicht arbeitsrechtlich, weil das ja nicht das Thema dieser Novellierung ist; aber sozialrechtlich machen wir sie zu Unternehmern. Und da, meine Damen und Herren, sage ich Ihnen nur: Bei dieser Art von Legistik wird Ihre Scheinheiligkeit offenbar! Da wird es offenbar, daß Sie nicht vorhaben, die Flucht aus dem Arbeits- und Sozialrecht zu beenden, sondern daß Sie mit dieser Reform etwas anderes beabsichtigt haben: nämlich dort ein kleines Inkasso zu machen, wo es sich eben gerade ausgeht.

Selbstverständlich kann man nicht bei allen kassieren. Vor allem kann man in Österreich bei den großen Medienmogulen nicht kassieren, weil sie das nicht wollen und sich wehren. Sie sagen: Bitte, Herr Sozialminister – bei allen anderen, aber nicht bei mir! Da muß dann leider auch der Sozialminister nicken und zugeben, daß es nicht anders geht. Das ist die Realität! Dort stoßen sich die Interessen an den Ideen und blamieren die Ideen, die Sie hatten. (Abg. Hums: Stehen Sie dahinter?) Selbstverständlich stehe ich hinter dem Grundsatz, so, wie viele andere. Auch wenn immer wieder ein Satz, eine bestimmte Zeile aus einer Presseaussendung zitiert wird, Kollege Hums: Selbstverständlich stehen die Grünen dafür, daß alle in die soziale Sicherung einbezogen werden – aber um welchen Preis, das ist die Frage!

Damit komme ich zu einem anderen Beispiel. Das Thema Kolporteure haben wir jetzt meiner Ansicht nach deutlich genug behandelt, um sichtbar zu machen, daß Sie mit Ihrer Reform ganz bestimmt nicht die Idee gehabt haben, alle in die soziale Sicherung einzubeziehen. Das zweite ist das Opting-in. Bei der Einbeziehung der geringfügig Beschäftigten gibt es zwar die Versicherungspflicht für den Unternehmer beziehungsweise Arbeitgeber, aber ein Opting-in für den Beschäftigten. Der Versicherungspflicht und der Versicherungsleistung des Unternehmers steht keine Gegenleistung gegenüber, das heißt: ist gleich Steuer, ohne soziale Sicherung für den Betreffenden, für den diese Steuer bezahlt wird. Das ist von der Systematik her ein großes Problem, auch wenn dazu immer wieder jenes Gutachten des Verfassungsdienstes zitiert wird. Aber ich würde das gerne ausjudiziert sehen und bin mir nicht so sicher, ob es da nicht größere Probleme gibt.

Deshalb glaube ich, daß der Antrag des Liberalen Forums – gegen den ich in der Begründung einige Bedenken hätte – in dieser Frage in die richtige Richtung geht. Es geht um die Einbeziehung aller in eine soziale Sicherung – und da wird sich auch die Sozialdemokratie einmal der Frage stellen müssen, ob alle tatsächlich nur durch Erwerbsarbeit in eine soziale Sicherung einbezogen werden können –, und vom Grundsatz her entspricht der liberale Antrag in diesem Kernbereich dem, was wir alle wollen. Einbeziehung oder Berechnung durch die Lohnsumme ist eine wesentlich gerechtere Bemessung und Durchrechnung als das, was Sie in der derzeitigen Form gegenüber den geringfügig Beschäftigten und anderen Gruppen von Werkvertragsnehmern praktizieren.

Meine Damen und Herren! Der Antrag der Liberalen ist nicht alles. Er kann es nicht sein, und auch wir können nicht im Detail sagen, wie es weitergeht. Nur muß eines klar sein: Das ASVG in seiner alten Systematik kann nicht mehr die Grundlage für die soziale Sicherung von morgen sein. Zu dieser Erkenntnis, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, sollten Sie sich langsam durchringen. Wenn Sie diese Erkenntnis mit uns gemeinsam teilen werden, dann


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werden wir Perspektiven für eine soziale Sicherung entwickeln können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

16.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.47

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! In dem Antrag des Liberalen Forums ist die Rede vom Wandel in der Arbeitswelt, von neuen Strukturen und von Arbeitsverhältnissen, die sich dem anzupassen haben. Es ist völlig klar, daß diese Anpassung tatsächlich erfolgen muß, und kein Mensch – zumindest in unserer Fraktion – wehrt sich dagegen. Es muß diskutiert werden über Telearbeit, Homeworking, flexiblere Arbeitszeiten in manchen Bereichen et cetera. Aber wichtig ist, daß man nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet. Wichtig ist, daß man weiß, daß nicht alles, was es an Regelungen gibt, über Bord zu werfen ist. Aber in mir entsteht beim Antrag des Liberalen Forums ein sehr starker Verdacht in diese Richtung.

Viel öfter, als die Notwendigkeit besteht, Arbeitsverhältnisse anzupassen, ergibt sich die Tatsache, daß Menschen, daß Arbeitnehmer aus dem Arbeitsrecht hinausgedrängt werden. Uns liegen dazu x Fälle vor, die wir mit vertreten. Es gibt eben diese Quasi-Selbständigkeit nicht deswegen, weil man sich den Arbeitsverhältnissen neu anpassen will, sondern es gibt sie deswegen, weil man jemanden um Rechte bringen will, und deswegen, weil man andere Vorschriften beugen will. Wir alle kennen doch die Tatsache, daß zum Beispiel ausländische Beschäftigte aus dem Nicht-EU-Raum, die nicht Deutsch können und am Bau Hilfsarbeit verrichten, plötzlich Gesellschafter einer GmbH sind, ohne daß sie unser Rechtssystem überhaupt kennen. Es geht dabei darum, das Ausländerbeschäftigungsgesetz zu umgehen.

Oder es hat zum Beispiel Landeshauptmann Pröll eine gesetzwidrige Verordnung erlassen, sodaß es jetzt in Niederösterreich – im Multiplex – möglich ist, Sonntagsarbeit zu verrichten. Er hat sich darauf ausgeredet, daß es nur Unternehmer sein können, die im Geschäft stehen. Was ist jetzt der Fall? – Es gibt Umgehungskonstruktionen, um Arbeitnehmer zu Scheinselbständigen zu machen und diese Sonntagsarbeit zu ermöglichen. Wir haben x Beispiele von Konstruktionen, mit deren Hilfe den Leuten weniger bezahlt werden soll, als im Kollektivvertrag vorgesehen ist. Diese Scheinkonstruktionen dienen dazu, das Arbeitsrecht zu umgehen. Wir wissen alle, daß es im Handel solange ein sprunghaftes Ansteigen der Zahl der geringfügig Beschäftigten gegeben hat, solange damit keine Sozialversicherungspflicht verbunden war.

Es geht also letzten Endes darum, der Flucht aus dem Beschäftigungsverhältnis, der Flucht aus dem Arbeitsrecht vorzubauen, diese Flucht nicht zuzulassen. Diese Flucht aus dem Beschäftigungsverhältnis ist nämlich zum einen ein Problem für den einzelnen – er unterliegt eben einem schlechteren Arbeitsrecht und einem schlechteren Sozialrecht –, sie ist aber letzten Endes auch ein Problem für die Gesellschaft, denn es wächst damit eine Gruppe von Personen heran, die sozialrechtlich nicht abgesichert ist, und es entgehen natürlich der Sozialversicherung Beiträge.

Daher ist die Regelung absolut richtig – und es ist der Sozialministerin und ihrem Vorgänger dafür zu danken –, daß – und das ist der Kern des Ganzen – alle, die ein Erwerbseinkommen haben, auch in die Sozialversicherung einzahlen. Natürlich sollte das möglichst harmonisch und möglichst in eine Sozialversicherung erfolgen. Das würde zum Beispiel bedeuten, Herr Mag. Barmüller, daß der Beitrag für die Selbständigen, der derzeit bei 14 Komma etliche Prozent liegt, eben auch 22 Prozent, wie bei den Arbeitnehmern, betragen würde beziehungsweise daß es da eine Anpassung, der eine nach unten, der andere nach oben, gäbe.

Das wäre ein mir durchaus sympathischer Weg, nur können wir das gesamte Paket nicht alleine durchbringen, es ist natürlich auch mit dem Sozialpartner, mit dem Koalitionspartner zu verhandeln. Wenn man die Beiträge der Selbständigen, die wirklich anzuheben wären – wir wissen, daß für einen unselbständig Beschäftigten im Monat 1 400 S aus Bundesbeiträgen und für einen Selbständigen fast 5 000 S aus Bundesbeiträgen zuzuschießen sind –, tatsächlich


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anheben würde, wären wir die letzten, die dagegen sind. Nur muß insgesamt auch ein Kompromiß in einem Gesamtpaket gefunden werden.

Und daß eine solche Regelung, die versucht, alle Erwerbstätigen, alle Erwerbseinkommen miteinzubeziehen, eine komplexe sein muß, ist klar. Sie selbst stellen die Forderung, daß man auf die unterschiedliche Entwicklung in der Arbeitswelt eingeht. Wenn man aber darauf eingeht, bedeutet das, daß man die normalen Begriffe erweitern muß, und die Erweiterung der normalen Begriffe ist eben die Erweiterung um die neue Selbständigkeit und um die freien Dienstverträge. Das, was vorliegt, ist eben eine sehr flexible, komplexe Regelung und keine starre Regelung. Eine starre Regelung wäre viel einfacher gewesen, nur wäre sie wahrscheinlich den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes nicht gerecht geworden.

Man muß aber erkennen, daß eine komplexe Regelung natürlich auch Auslegungsprobleme mit sich bringt. Man kann – wie Sie das in Ihrem Antrag tun – mit Recht die Frage stellen: Wie viele Arbeitsmittel müssen jetzt vorhanden sein, um tatsächlich abzugrenzen zwischen einem freien Dienstverhältnis und einer neuen Selbständigkeit? Man soll dabei aber nicht hysterisch werden, denn bei all diesen großen Gesetzeswerken war es immer so, daß sich eine Judikatur entwickelte. Die Judikatur, die sich in diesem Bereich entwickeln wird, wird möglicherweise durch Gesetzesänderungen noch korrigiert werden müssen, aber es wird sich dann wieder eine stabile und sichere Lage ergeben. Man sollte daher diese Entwicklung abwarten.

Wenn man harmonisieren will, ist es wichtig, daß nicht nur in der Gruppe der unselbständig Erwerbstätigen harmonisiert wird – da sind zwischen Beamten und Arbeitnehmern wichtige Harmonisierungsschritte gesetzt worden –, wenn man jetzt weiter harmonisieren will, geht es darum, auch die Gruppe der Selbständigen miteinzubeziehen. Ich habe vorhin schon gesagt, die Selbständigen zahlen immer noch 14,5 Prozent Beitrag, die Arbeitnehmer hingegen 22,8 Prozent und die neuen Selbständigen von 15 ansteigend bis 20,25 Prozent. Eine Harmonisierung wäre natürlich denkbar, aber da müßte es eine Annäherung an die Beiträge der Arbeitnehmer geben beziehungsweise müßten diese so weit wie möglich gesenkt werden.

Die Begründung im Antrag des Liberalen Forums ist einigermaßen polemisch – ich bin darauf, glaube ich, auch eingegangen. Im Antrag selbst, Herr Mag. Barmüller, steht sehr, sehr wenig. Im Antrag selbst steht wenig: Es wird im Punkt 1 die Abschaffung des § 4 Abs. 4 ASVG verlangt, wodurch auch die freien Dienstverträge wieder abgeschafft werden. Meine Damen und Herren! Man muß sich vorstellen, was das bedeutet: Das bedeutet nicht, daß diejenigen, die jetzt dem freien Dienstvertrag unterliegen, plötzlich Arbeitnehmer werden, sondern das bedeutet, daß diejenigen, die freie Dienstverträge haben und nicht den gesamten Rechtsbestand der Arbeitnehmer, aber wenigstens einen Teil im Sozialrechtsbereich übertragen bekommen haben, dann auch diesen Teil verlieren würden. Diesem Antrag und vor allem diesem Punkt des Antrages wird man keinesfalls zustimmen können.

Die Frage, ob etwa die gesamte Lohnsumme hergenommen werden muß, wenn es darum geht, Beiträge für die geringfügig Beschäftigten zu zahlen, sehe ich ähnlich. Es gibt also Teilbereiche – allerdings minimale Bereiche –, bei denen man durchaus auch Ihrer Meinung sein kann.

Ein letzter Punkt, Herr Kollege Barmüller, weil Sie ununterbrochen behaupten, die Pensionen seien unsicher und die Pensionsreform sei eine Scheinreform gewesen. Alle Berechnungen zeigen, daß unter einer Voraussetzung die Pensionen nach dieser Reform auch weiterhin gesichert sind, und diese eine Voraussetzung ist, daß sich die Wirtschaft gut weiterentwickelt, daß wir weiterhin Arbeit und Beschäftigung haben. Wenn sich die Wirtschaft nicht gut weiterentwickelt, dann sind die Pensionen weder im ASVG-Bereich noch bei privaten Versicherungen gesichert.

Alles hängt natürlich davon ab, ob die zukünftige Entwicklung positiv ist, und daher muß unser erstes Anliegen sein, für eine positive zukünftige Entwicklung zu sorgen, Arbeit zu schaffen. Aber nicht Arbeit zu schaffen, indem man Leute aus dem Arbeitsverhältnis hinausdrängt, indem man Lohnkürzungen propagiert et cetera, sondern Arbeit zu schaffen, indem wir wieder zu mehr Konsum kommen. Und zu mehr Konsum werden wir nur kommen, wenn wir eine sichere


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Zukunftsperspektive haben, wenn wir nicht ununterbrochen miesmachen und wenn auch tatsächlich genügend verfügbares Einkommen da ist, um insbesondere den Konsum und die Nachfrage zu beleben. Über diesen Umweg werden wir zur Pensionssicherung auch weiterhin beitragen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.58

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Alle sollen soziale Sicherheit haben, aber nur wenige sollen sich an den Vorleistungen beteiligen – eine Vision, die man auch anders darstellen kann, nämlich: Wir müssen aufrecht, sozial, leistungsstark bleiben, doch im Bereich der Vorleistung extrem liberal sein.

Das geht einfach nicht, das ist nicht denkbar, und so sehe ich auch den Dringlichen Antrag, den ich mir sehr genau durchgelesen habe. Ich kann bei diesem Dringlichen Antrag wirklich nur eine Dringlichkeit in der Weise erkennen, daß Sie dringend einen Erscheinungsbedarf orten. Den nehmen wir Ihnen nicht weg, den sollen Sie ruhig haben. (Beifall bei der ÖVP.) Ich habe mir den Antrag durchgelesen. Wissen Sie, was drinsteht? – Heiße Luft! Heiße Luft – und sonst nichts! (Abg. Dr. Haselsteiner: Herr Donabauer! Sie wissen nicht, was "liberal" heißt! – Könnte es möglich sein, daß Sie nicht wissen, was "liberal" heißt? "Liberal" heißt auch solidarisch, Herr Donabauer! Aber wahrscheinlich haben Sie den Antrag nicht verstanden! Ich fürchte, das ist sehr, sehr schwierig! Da werden Sie natürlich ein großes Problem haben, so einen großen Antrag durchzuarbeiten! Das ist nicht leicht, Herr Donabauer!)

Ich darf Ihnen auch sagen, daß die Befundung des Herrn Dr. Kier, der meint, ein neuer Klassenkampf breche aus, der sagt, 250 000 Leute würden erwartet, auf Annahmen beruht, von denen wir, so glaube ich, nicht Gebrauch machen sollten.

Ich sage Ihnen etwas anderes: Ich war bei der Debatte im Sozialausschuß dabei und habe eigentlich auch heute hier nichts anderes gehört als das ewige Lamento, das wir damals schon vernommen haben, heute erfolgt eben eine Wiederausgabe.

Dringlich, meine Damen und Herren, ist aber etwas anderes: Wir müssen das Sozialsystem nachhaltig stabilisieren – das ist unser aller Anliegen –, um den sozialen Frieden zu sichern, um die gesellschaftlichen Strukturen in Ordnung zu halten. Und dringlich ist auch, daß Dienstleistungen in Milliardenhöhe nicht erbracht werden können, die steuerrechtlich erklärt sind, aber sozialrechtlich in hohem Maße nicht einbezogen worden sind. Das können wir auf Dauer nicht halten! (Demonstrativer Beifall bei den Grünen sowie beim Liberalen Forum.) Deshalb schaffen diese Werkverträge Ordnung. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist das falsche Instrument!) Sie schaffen Ordnung in der Weise, daß Arbeit, daß Beschäftigung eben auch im Beitragsrecht ihren Niederschlag findet und jetzt auch in die Solidargemeinschaft eingebunden wird.

Wir haben Neuland betreten, keine Frage. Es gibt einen Einlaufprozeß, auch keine Frage. Aber ich glaube, wir sind ungemein gut unterwegs, Herr Dr. Haselsteiner, auch wenn Sie es nicht glauben wollen. (Präsident Dr.  Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Wenn Sie da von unterschiedlichen Beitragssätzen schreiben, gibt mir das auch Gelegenheit, auf die Ausführungen von Herrn Mag. Kaufmann Bezug zu nehmen. Herr Mag. Kaufmann! Sie haben wahrscheinlich die Gesetze nicht genau gelesen, denn Sie sagten, die Selbständigen zahlen Beiträge von etwa 12 Prozent und noch etwas mehr. Sie können das genau nachlesen – ich nehme an, daß Sie bei der Abstimmung nicht da waren –: 14 Prozent, 14,5 Prozent, und diese Beiträge müssen von den Betroffenen allein aufgebracht werden, während es im ASVG Dienstnehmer- und Dienstgeberstrukturen gibt. Das möchte ich Ihnen schon sagen.

Zum zweiten: Herr Mag. Kaufmann, schauen Sie sich bitte einmal die Leistungshöhe bei den Pensionen an, und dann sollten wir eine vernünftige Diskussion führen. Nur: Selektiv etwas


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herauszunehmen, macht wenig Sinn. Es ist zwar sehr plakativ, bringt aber nichts. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist gesagt worden, daß man bei der Werkvertragsregelung auch auf die Dynamik des Arbeitsmarktes Rücksicht nehmen müsse. Dort ist ungemein viel in Bewegung, und ich meine, daß wir auch diesbezüglich gute Voraussetzungen geschaffen haben. Ich meine aber auch, daß wir nicht nur sozialrechtliche Regelungen neuer Art, sondern auch eine neue Ordnung, mehr Offenheit und Anpassungen im Arbeitsrecht und im Gewerberecht brauchen, damit wir umfassend Beschäftigung sichern können.

Wir haben uns heute früh in der Aktuellen Stunde gerade mit dieser Frage, die uns alle so sehr bewegt, befaßt. Ich bin sehr froh darüber, daß die Bundesregierung konkret an einem nationalen Beschäftigungsprogramm arbeitet und dieses auch demnächst vorlegen wird. Dieses Programm haben wir alle, die sich im Interesse des Landes einbringen wollen, umzusetzen. Alle anderen werden auch nachher kritisieren und nichts weiterbringen – wir arbeiten hier konsequent! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meiner Meinung nach sollten wir auch sagen, daß diese Einbeziehung Leistungsansprüche zur Folge hat. Wenn Sie hier bejammern, daß geringfügig Beschäftigte einbezogen werden, dann denken Sie bitte auch daran, daß sehr viele Frauen nun mit dieser Regelung in das System mit eingebunden werden und auch Ansprüche erwerben. Das heißt, daß sie dann, wenn sie die Alterssicherung in Anspruch nehmen wollen oder müssen, auch entsprechende Anspruchsvoraussetzungen haben. Darum meine ich, daß diese Regelung nicht so schlecht ist, wie Sie sie darstellen wollen, sondern meine, daß sie eine gute Regelung ist.

Da von "laufenden" Novellen die Rede war: Ein Sozialgesetz nimmt eben auf die Bürger, auf den Menschen Rücksicht, es berücksichtigt gesellschaftspolitische Veränderungen und wirtschaftliche Entwicklungen. Deshalb sind Novellen etwas ganz Natürliches. Wir werden weiter daran arbeiten und haben auch klare Vorstellungen. Wir haben den Mut dazu – zum Unterschied von manchen anderen –, wir haben das notwendige Augenmaß, und wir haben auch eine gewisse Empfindsamkeit in bezug darauf, was zumutbar ist.

Grundsätzlich sind wir der Ansicht, daß diese Entscheidung richtig war, denn wer Gutes bewahren will, muß manches verändern. Wir haben mit dieser Maßnahme manches verändert und etwas Gutes bewahrt. (Beifall bei der ÖVP.)

17.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Prinzhorn. Die Redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

17.04

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sie gehen davon aus, daß sich 250 000 Betroffene melden werden. Wir gehen jedoch davon aus, daß die Effektivität Ihrer Regelung 3 Prozent betragen wird, nämlich 6 000 oder 7 000 Personen. 3 Prozent Effektivität, Frau Ministerin, sind in Arbeitnehmerkreisen ein Grund für eine "Fristlose", in meinen Kreisen spricht man von einem Konkurs. Das ist ein Schuß in den Ofen, Frau Ministerin! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

In der EU gibt es keine vergleichbare Regelungen; Sie hätten sich das dort noch einmal anhören müssen. Es ist das eine Lex Proporz, das ist gar keine Frage, und – da gebe ich auch dem Herrn Abgeordneten Kaufmann recht; Ehre, wem Ehre gebührt, wer recht hat, dem muß man auch recht geben – die Beitragssituation stimmt in keinster Weise! Aber das ist noch lange kein Grund dafür, so ein Chaos zu veranstalten. Die Bürokraten werden dadurch sicherlich mehr Arbeit haben, auch keine Frage, aber Sie haben natürlich mehrere Fliegen mit einem Schlag erwischt.

In Ihrer Statistik sind Schein-Selbständige. Hat nicht Herr Minister Schüssel gesagt, wir brauchen mehr Selbständige? – Sie haben damit Schein-Selbständige geschaffen! Sie haben der Bürokratie ganz sicherlich zum Beschäftigungsträger Nummer eins verholfen, aber Sie haben


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auch die Explosion der Schwarzarbeit, die Sie jetzt in den Statistiken des Wifo nachlesen können, zu vertreten. Nur: Verwechseln Sie bitte den Erfolg bei der Schwarzarbeit, meine Herren von der ÖVP, nicht mit einem Erfolg bei schwarzen Wählern. Den haben Sie nämlich ganz sicherlich nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesem Zusammenhang ist es auch interessant, einmal ein Wort zur Wohnbauförderung und zur Rechnungslegungspflicht bei der Wohnbauförderung zu verlieren. – Vielleicht ist es auch ganz gut gemeint, daß die Wohnbauförderung irgendwo in dieser Illegalität untergeht. Sie sollten auch darüber einmal nachdenken! Kümmern Sie sich bitte mehr um die Arbeitslosen und schröpfen Sie weniger die Beschäftigen! Auch das möchte ich Ihnen ganz deutlich sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann Herrn Abgeordneten Öllinger nur recht geben: In der Früh wird eine Aktuelle Stunde über die Zukunft der Arbeit, über die Beschäftigtensituation abgehalten und am Nachmittag wird eine Diskussion über die Werkverträge, in der sich Frau Abgeordnete Frieser leider nicht zu Wort meldet, durchgeführt. Es hat ja auch Abgeordnete in der ÖVP gegeben, die eine andere Meinung zu diesen Werkverträgen vertreten haben. Schade, Frau Kollegin Frieser, aber ich werde Ihnen dann eine Minute meiner Redezeit abtreten, weil ich meine, Ihr Standpunkt wäre ein Aha-Erlebnis für Ihre Fraktion!

Ich bin der Ansicht, daß man sich, was die Arbeitsmarktsituation angeht, ansehen sollte, wie es die guten, die erfolgreichen Länder machen. Wie machen es die guten Länder, die heute mit flexibler Arbeitszeit, mit Flexibilisierung der Entlohnungssysteme, mit atypischen Arbeitsverhältnissen Erfolg haben? – Natürlich haben diese ab einer gewissen Größenordnung eine Sozialversicherung für alle Erwerbstätigen. Natürlich ist das der bürokratielosere, der logischere und ausgeglichenere Weg. Aber bevor Sie diesen gehen, machen Sie lieber eine Lex Proporz; das bringt allemal Arbeitsplätze im Bürokratiesektor. Sonst bringt es sicherlich gar nichts, vor allem führt es zu weniger Steuereinnahmen und zu mehr Schwarzarbeit.

Kümmern Sie sich doch einmal um Beschäftigungsmaßnahmen! Schauen Sie sich einmal das Programm "Arbeit schaffen – Steuern senken" der Freiheitlichen an! Sie bringen es so peu à peu: Der Herr Bundeskanzler Klima und alle Fraktionen reden auf einmal von einem "Dienstleistungsscheck", vielleicht wären persönliche Dienstleistungen ganz gut. Vielleicht. Man verbrämt das heute eher noch mit Altersvorsorge und Altersfürsorge. Aber nehmen Sie sich der Dienstleistung an, fördern Sie die Selbständigkeit wirklich! Schauen Sie, wie viele gute Vorschläge es auch von jungen Kammerreformgruppen gibt, um die Kosten des Selbständigwerdens zu entlasten. Schauen Sie, wieviel an Kammerbeiträgen gezahlt wird und welche Summen Ihnen bei Neugründungen entgingen, wenn Sie bei Neugründungen für ein, zwei Jahre ein Auge zudrücken würden! Dann könnten Sie den Beweis dafür liefern, wieviel eine Entbürokratisierung auf dem Beschäftigungssektor letztlich brächte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber auch in allen anderen Bereichen gibt es Möglichkeiten. Professor Kramer etwa zeigt alle Möglichkeiten zur Beschäftigungsverbesserung auf. Sie zitieren heute: Österreich wird in den nächsten 5 Jahren einen BIP-Zuwachs von 2,5 Prozent haben. Bei 2,5 Prozent BIP-Zuwachs ist in den nächsten Jahren ein Rückgang der Arbeitslosenzahlen und ein Anstieg der Beschäftigtenzahlen zu erwarten. – Das stimmt nicht, Frau Ministerin! Im Jahre 1997 gab es statt den prognostizierten 1,7 Prozent 2,5 Prozent. Und was war die Folge? – Eine Zunahme der Beschäftigungslosenzahlen im Jahre 1997.

Wenn Sie sich die Statistik Ihres Kollegen, des Herrn Bundesminister Farnleitner, im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten anschauen – ich habe sie Ihnen schon einmal gezeigt –, können Sie nicht sagen, Frau Ministerin, daß es eine Zunahme der Beschäftigung in Österreich gibt. Ich kann nicht glauben, daß Sie diese Statistik nicht kennen, und ich will nicht glauben, daß Sie nicht die Wahrheit sagen. Schauen Sie sich das an! Diese Statistik weist über drei Jahre hindurch eine Abnahme bei den Beschäftigten auf. Das einzige Land der OECD, das außer uns ebenfalls eine Abnahme der Beschäftigtenzahlen zu verzeichnen hat, ist Deutschland, sonst niemand. Sagen Sie die Wahrheit! Machen Sie echte Reformprogramme! Bringen Sie diese Werkvertragsregelung im Sinne des Antrags der Liberalen in Ordnung und lassen Sie


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bitte jetzt die Frau Abgeordnete Frieser – statt mir – noch eine Minute reden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. – Bitte.

17.10

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In aller Kürze: Wie die Rechtslage bei diesen echten Werkverträgen, unechten Werkverträgen, freien Dienstverträgen, ziemlich freien Dienstverträgen, weniger freien Dienstverträgen, den neuen Selbständigen, den nicht mehr so neuen Selbständigen, wie den Kolporteuren, nun wirklich ist, also ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. (Abg. Haigermoser: Aber die Frau Minister weiß es auch nicht!) Es würde mich freuen, wenn sich wenigstens die Frau Bundesminister auskennen würde. Ich kenne mich dabei nicht aus. Das wäre ja nicht so schlimm; kenne ich mich eben nicht aus. Der Vorteil einer Marktwirtschaft ist es ja, daß sie auf Arbeitsteilung beruht. Ich verstehe auch von Chemie und Physik nichts. Ich muß auch nichts vom Sozialversicherungsrecht verstehen.

Meine Damen und Herren! Nur: Das Liberale Forum listet eine ganze Reihe von Fällen auf, bei denen sich offensichtlich niemand mehr auskennt: Juristen nicht, Steuerberater nicht, Wirtschaftsprüfer nicht, Sozialversicherungsrechtsexperten nicht. Und das ist schon etwas anderes. Da geht es nicht um meine Unkenntnis, sondern da wurde eine Grenze des Rechtsstaates eindeutig überschritten. So geht das nicht!

Ich lese Ihnen jetzt kurz einen Satz vor, der die Materie meines Erachtens recht gut charakterisiert: Nur mit subtiler Sachkenntnis, außerordentlichen methodischen Fähigkeiten und einer gewissen Lust zum Lösen von Denksportaufgaben kann überhaupt verstanden werden, welche Anordnungen hier getroffen werden sollen. (Abg. Haigermoser: Vielleicht ist die Frau Minister die Kreuzworträtselkönigin!)

Das ist ein berühmtes Zitat. Die Verfassungsjuristen hier im Hause wissen schon, woher es stammt. Das war die Begründung des Verfassungsgerichtshofes, gewisse Bestimmungen des Sozialversicherungsrechts – in diesem Fall der Notstandshilfe, glaube ich – aufzuheben. (Abg. Haigermoser: Aber der Herr Kostelka versteht das schon!) Das war das Erkenntnis vom 29. Juni 1990 mit der Überschrift: Aufhebung von Paragraph Sowieso wegen Fehlens eines unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten erforderlichen Mindestmaßes an Verständlichkeit. (Präsident Dr. Fischer: Das gilt auch manchmal für die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes!)

Das gilt vielleicht manchmal auch für die Erkenntnisse, Herr Präsident! Diese Diskussionen überlasse ich – nein, nicht immer – den Juristen. Da gebe ich Ihnen recht. Das letzte Erkenntnis über die Familienbesteuerung ist zum Beispiel zumindest in seiner Begründung methodisch schwer nachvollziehbar – das muß ich schon sagen –, also zumindest für mich nicht nachvollziehbar. (Abg. Dr. Kier: Sehr höflich!) Ich bin ein höflicher Mensch und drücke mich eben entsprechend aus.

Also kurz gesagt: Ich glaube nicht, daß man bei dieser Materie mit "subtiler Sachkenntnis, außerordentlichen methodischen Fähigkeiten und einer Lust zum Lösen von Denksportaufgaben" überhaupt auskommt. Ich meine, es braucht weit mehr als das. Mit anderen Worten: Es ist sicher, daß eine ganze Reihe dieser Bestimmungen vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden. Herr Kaufmann hat das in erfreulicher Offenheit vorhin hier am Rednerpult angedeutet, wenn auch nicht klar gesagt.

Das wird kommen, aber bis dahin werden die Regierungsparteien Hunderte von Arbeitsplätzen gesichert haben. Aber welche Arbeitsplätze? – Die von Juristen, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und anderen Experten auf diesem Gebiet. Das kann doch wohl nicht die Art von Arbeitsmarktpolitik sein, die Sie heute vormittag angesprochen haben. Diese Art von Politik, meine


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Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, werden Sie doch nicht als sozial oder wirtschaftlich angemessen erachten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

17.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rosenstingl. – Bitte.

17.14

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einer meiner Vorredner, Herr Kollege Kaufmann, hat sich mit der Gerechtigkeit im Sozialversicherungsrecht auseinandergesetzt. Er hat gemeint – aus seiner Sicht durchaus verständlich –, man müßte vielleicht beim GSVG etwas ändern, dort seien die Beiträge zu gering. Das ist, wie gesagt, aus seiner Sicht durchaus verständlich.

Ich meine aber, wenn wir uns heute mit dem Thema Werkverträge, freie Dienstverträge auseinandersetzen, sollten wir uns auch ein wenig mit der Arbeiterkammer beschäftigen. Es war für mich doch sehr erstaunlich – und immerhin ist die Frau Sozialministerin eine ehemalige Präsidentin der Arbeiterkammer –, wie die Arbeiterkammer mit ihren – unter Anführungszeichen – "Dienstnehmern" umgeht. Ich habe immer gemeint, die Arbeiterkammer steht für echte Dienstverträge, Angestelltenverhältnisse und Arbeitsverhältnisse. Es ist jedoch genau das Gegenteil der Fall. In der Arbeiterkammer wurde die Chance genutzt, und ich frage mich daher: Ist dieses Gesetz vielleicht geschaffen worden, um für die Arbeiterkammer gewisse Privilegien zu schaffen oder gewisse Vorteile zu erringen? – Die Chance wurde dort genutzt; auf einmal gibt es bei der Arbeiterkammer in manchen Bereichen keine Dienstverträge, keine Angestellten und keine Arbeiter mehr.

Herr Kollege Kaufmann! Ich bin noch nicht daraufgekommen – das muß ich zugeben –, daß es in Niederösterreich so ist, denn dann würden wir beide noch einige "Sträuße ausfechten". Aber ich bin daraufgekommen, daß es in Wien so ist. In Wien bei den Stellen der Konsumenteninformation gibt es, wenn es hoch hergeht, eine Sekretärin der Arbeiterkammer, die halbtags angestellt ist, daneben aber viele, viele geringfügig Beschäftigte; das sind Leute, die nur mit freien Dienstverträgen angestellt werden, die gar keine Chance haben, einen ordentlichen Dienstvertrag und Abfertigungsrechte zu bekommen.

Herr Kollege Kaufmann und Frau Bundesministerin! Das betrifft Sie als Sozialministerin sehr stark. Ich finde das unsozial, und ich meine, da sollten Sie einschreiten. Herr Kollege! Ich fordere Sie beziehungsweise die Wiener Arbeiterkämmerer – denn diese sind in erster Linie betroffen – dazu auf, daß Sie hier einschreiten, denn es kann doch nicht sein, daß die Arbeitnehmervertretung, die Arbeiterkammer, sich das zunutze macht und ihren tatsächlich Angestellten – diese sind nämlich wirklich alle Dienstnehmer – dadurch, daß sie keine ordentlichen Dienstverhältnisse haben, Schlechterstellungen zumutet. Aber das ist typisch sozialistisch!

Soll ich Ihnen noch eine Geschichte erzählen? Sie hat sich zwar durch das Gesetz erübrigt, aber wissen Sie, was die Arbeiterkammer gemacht hat? Wissen Sie, was sie gemacht hat, als die alte Werkvertragsregelung in Geltung war? – Bei der Arbeiterkammer hat es immer Werkverträge für Vortragende gegeben, die Honorare für Seminare oder für sonstige kurzfristige Dienstleistungen bezogen haben. Als seinerzeit die alte Werkvertragsregelung eingeführt wurde, bei der die Dienstgeber auch einen Teil als Sozialversicherungsbeitrag bezahlen mußten, ist, muß ich wieder sagen, die Wiener Arbeiterkammer – ich weiß nicht, ob es die niederösterreichische Arbeiterkammer auch gemacht hat – auf diese Vortragenden, auf diese Seminarleiter zugegangen und hat folgendes gemacht: Sie hat nicht gesagt, ihr müßt jetzt Arbeitnehmerbeiträge bezahlen, klar, daß ihr netto weniger herausbekommt, sondern sie hat gesagt, wir müssen die Verträge ändern, ihr bekommt ab sofort – und das ist nachgewiesen – geringere Honorare, denn wir müssen uns die Arbeitgeberbeiträge ersparen.

So wurden damals, als die Werkvertragsregelung im Kraft trat, bei der Arbeiterkammer sämtliche Verträge von SeminarleiterInnen und Seminarveranstaltern gekürzt. Das ist sozialistische Politik! Schämen Sie sich, Herr Kollege Kaufmann, oder tun Sie als niederösterreichischer Arbeiterkämmerer etwas gegen solche Zustände in Wien! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist doch erstaunlich, wenn die Frau Bundesminister sagt, Ziel war es seinerzeit, ein breites und faires Sozialversicherungsrecht einzuführen. Frau Bundesministerin! Ein faires Sozialversicherungsrecht liegt mit diesen Regelungen sicher nicht vor. Sie haben ein undurchschaubares, ein kompliziertes Sozialversicherungsrecht geschaffen. Sie haben jetzt die Situation geschaffen, daß viele, die davon betroffen sind, eigentlich nicht mit Rechtssicherheit wissen können, wie sie behandelt werden. Ich meine, jeder Bürger hat ein Recht auf ein einfaches Sozialversicherungsrecht, jeder Bürger hat ein Recht zu wissen: Ich werde dort und dort pflichtversichert.

Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Die Betroffenen können bei diesem Sozialversicherungsrecht ohne Beiziehung von Fachleuten überhaupt nicht agieren. Und in vielen Fällen ist selbst den Fachleuten nicht klar, was sie machen sollen.

Frau Bundesministerin! Wenn Sie einmal bei einer Debatte zuhören würden, könnten Sie vielleicht auch antworten. Es wird Ihnen aber sehr schwerfallen, hier zu antworten, weil Sie nicht zuhören. Ich frage Sie aber trotzdem, Frau Bundesministerin: Wie erklären Sie sich, daß Fachleute bei bestimmten Anmeldungen nach den neuen Bestimmungen Vorbehaltsanmeldungen bei beiden Sozialversicherungsinstituten vornehmen, und zwar einmal bei der ASVG und einmal bei der GSVG? – Da kann doch etwas bei diesem Gesetz nicht stimmen, wenn Fachleute, die dafür ausgebildet sind, die sich mit Sozialversicherungsrecht beschäftigen, den Betroffenen sagen müssen: Ich mache zur Sicherheit überall eine Anmeldung und schreibe "mit Vorbehalt" darauf, und die Versicherungsinstitute sollen sich dann selbst aussuchen, wo die Pflichtversicherung hinfällt, denn ich weiß aufgrund dieses Gesetzes nicht, bei wem ich die Anmeldung machen soll.

Das ist Praxis, Frau Bundesministerin, und Sie sollten sich einmal damit beschäftigen und sich überlegen, ob Sie hier nicht etwas ändern müssen. Denn das bedeutet, daß die Versicherungspflicht nicht klar gegeben ist; Gesetze sollten aber eigentlich klar sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Gesetze sollten so sein, daß der Betroffene weiß, wie er sich zu verhalten hat. Daher ist das zweifellos ein schlechtes Gesetz.

Mit dieser Regelung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist etwas geschaffen worden, was diese Regierung "auszeichnet": Dieses Gesetz ist aus meiner Sicht wirtschaftsfeindlich, ungerecht, und es ist ganz einfach ein Gesetzespfusch. Es ist nämlich so wie diese Regierung: Sie sind wirtschaftsfeindlich, Sie schaffen laufend ungerechte Gesetze, und Sie produzieren einen Gesetzespfusch nach dem anderen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wann wird diese Regierungskoalition lernen, daß Gesetze nicht dazu da sind, neue Einnahmen zu erzielen, sondern dazu da sind, in Österreich klare Verhältnisse und Gerechtigkeit zu schaffen? – Aber mit der Gerechtigkeit tut sich ja diese Regierungskoalition sehr, sehr schwer. Sie schaffen Steuergesetze, bei denen nicht mehr das Einkommen versteuert wird, sondern die Unternehmer Gewinne versteuern müssen, die weit höher sind als das tatsächliche Einkommen. Das ist eine Ungerechtigkeit. Sie schaffen Sozialversicherungsgesetze, die tatsächlich nicht mehr anwendbar sind, bei denen sich niemand auskennt.

Ich möchte Sie daher – zusammenfassend – aufrufen: Machen Sie einmal etwas Vernünftiges! Novellieren Sie diese Bestimmungen! Schaffen Sie einfache, verständliche, gerechte Gesetze im Interesse der Betroffenen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Die restliche Redezeit beträgt 7 Minuten. – Bitte.

17.22

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn meiner zweiten Wortmeldung und am Ende dieser Debatte möchte ich etwas ganz deutlich und unmißverständlich klarstellen, obwohl dies meine Kollegen Haselsteiner und Barmüller schon getan haben, aber ich fühle mich persönlich sehr stark betroffen.


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Frau Bundesministerin! Es ist das erste Mal, daß mir von der Regierungsbank aus – offenbar aufgrund eines Berichtes eines Ihrer Mitarbeiter von der Pressekonferenz – etwas Wahrheitswidriges unterstellt und die Redlichkeit der Politik des Liberalen Forums expressis verbis in Frage gestellt wird. Ich habe zu Beginn meiner Rede ausdrücklich gesagt: Das Ziel ist die Verwirklichung der Pflichtversicherung. (Abg. Dr. Schmidt: Versicherungspflicht – versprochen!) Entschuldigung: Versicherungspflicht. Und das war auch der Tenor der Pressekonferenz. Ich bitte daher, wirklich ausdrücklich zur Kenntnis zu nehmen, daß das, was Sie über unsere Pressekonferenz berichtet haben beziehungsweise was Ihnen über unsere Pressekonferenz berichtet wurde, sachlich einfach nicht richtig ist, sondern darauf hinausläuft, die Ziele, die wir verfolgen, in Mißkredit zu bringen.

Diese Art von Politik mißfällt mir sehr. Denn sosehr wir all das kritisiert haben, sosehr alle Redner – auch die der anderen Oppositionsparteien – kritisiert haben, was hier Sache ist, hat niemand von vornherein behauptet, daß Sie das absichtlich, bösartig machen, sondern alle waren der Meinung, daß das Gesetz mißlungen, verhaut ist, zuwenig Reformkraft hat und so weiter; alle Kritikpunkte dieser Welt, nicht aber die absichtsvolle Zerstörung, wurden Ihnen vorgeworfen. Das, meine ich, war wichtig, von diesem Platz aus zu sagen, denn ich möchte, daß wir wieder zu einer Politik zurückkehren, bei der man sich wechselseitig wenigstens den guten Willen nicht abspricht, denn das wäre doch mehr als schade.

Zum Schluß darf ich Ihnen einfach nur zur Erhellung dessen, was wir Liberalen mit diesem "absoluten bürokratischen Overkill" meinen, folgendes sagen: Aus Testgründen wurde ein freier Dienstvertrag angemeldet. Was war das Ergebnis? – Die Gebietskrankenkasse hat dem Betreffenden – Frau Bundesministerin, das ist für Sie von Interesse, auch wenn Sie vielleicht mehr daran interessiert sind, was Ihnen die Kollegin jetzt sagt – eine Vereinbarung zugeschickt. Sie hat ihn eingeladen, einen Vertrag abzuschließen. Die Gebietskrankenkasse hat dem Auftraggeber eines freien Dienstnehmers einen Vertrag geschickt, damit dieser mit der Gebietskrankenkasse diesen Vertrag abschließt.

Dort steht zum Beispiel oben zu lesen: stempel- und gebührenfrei gemäß § 110 ASVG. Wenn Sie das genau durchlesen, die Vorschrift genau beachten und die Praxis der Finanzbehörden kennen, dann wissen Sie, daß das wohl stimmt, aber nur solange sich der Vertrag ausschließlich zwischen den vertragschließenden Parteien und dem Sozialversicherungsträger bewegt. In dem Moment, in dem dieser Vertrag möglicherweise aus Beleggründen der Finanz vorgelegt werden muß, lebt die Gebührenpflicht auf. Und das finde ich zum Beispiel wirklich schäbig. Ich finde es schäbig, jemandem mitzuteilen: gebührenfrei nach § 110 ASVG, solange er den Vertrag nur zwischen sich und der Gebietskrankenkasse verwendet, aber wenn er ihn außerhalb dieser Verwendung in Verkehr setzt, ist er gebührenpflichtig. Man legt diesen Vertrag dem Finanzamt als Beleg vor, er wird notifiziert, und man muß zahlen. Das finde ich nicht gut. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das ist aber nur ein kleines, zufälliges Nebenprodukt dessen, was Sie machen, weil sich die Gebietskrankenkasse offenbar genötigt gesehen hat, Verträge mit den Auftraggebern beziehungsweise Dienstgebern abzuschließen.

Ein zweiter kleiner Aspekt: Bei derselben Sendung, die die Wiener Gebietskrankenkasse zugeschickt hat, waren dankenswerterweise auch Informationsblätter dabei. Nur sind diese leider Gottes in sich widersprüchlich, denn in einem Informationsblatt – und zwar immer in derselben Fallgruppe, damit wir uns richtig verstehen – wird die Höchstbeitragsgrundlage monatlich mit 47 600 S, im anderen jedoch mit 45 500 S ausgewiesen. Beide Beträge können nicht gleichzeitig richtig sein. Und es handelt sich auch nicht um den Unterschied, der entsteht, wenn man 14 Bezüge auf 12 umrechnet, denn das ergäbe dann einen ganz anderer Betrag.

Ich meine, wenn das das Informationsmaterial ist, das der Sozialversicherungsträger den Betroffenen zur Verfügung stellt, dürfen Sie sich nicht darüber wundern – das sei zum Abschluß noch einmal gesagt –, daß sich nicht 250 000 Leute gemeldet haben, sondern nur 6 000. Es ist mir ein Bedürfnis, abschließend festzuhalten, Frau Bundesministerin: Auf dieses Argument sind weder Sie noch ein Redner von den Regierungsparteien eingegangen. Die Tatsache, daß sich


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nur 6 000 und nicht die erwarteten 250 000 gemeldet haben, ist unwidersprochen im Raum stehengeblieben.

Mit anderen Worten: Sie mußten uns in dieser gravierenden Frage recht geben. Und ist es für Sie nicht dringlich, wenn Sie sich in einer Größenordnung von 6 000 zu 300 000 verschätzt haben? – Wenn das für Sie nicht dringlich ist, weiß ich nicht, ob Sie Ihre Ministerverantwortlichkeit ernst nehmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wir kommen daher zur Abstimmung, und ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 686/A (E) des Herrn Abgeordneten Dr. Kier betreffend Reparatur der Sozialversicherungspflicht für "Freie Dienstverträge" und "Neue Selbständige".

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag Dr. Kier stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Kurze Debatte über Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Durchführung einer Kurzdebatte. Es handelt sich um den Antrag des Herrn Abgeordneten Mag. Trattner, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 47/A (E) des Herrn Abgeordneten Böhacker betreffend kalte Progression eine Frist bis zum 15. Mai dieses Jahres zu setzen.

Nach Schluß der Kurzdebatte wird die Abstimmung stattfinden.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Lassen Sie sich von anderslautenden Angaben des Computers nicht abhalten. (Abg. Mag. Trattner: Ich habe da eh keinen!) – Bitte.

17.30

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! – Niemand auf der Regierungsbank. – Sehr geehrte Damen und Herren! Die kalte Progression ist ein Thema, das uns Freiheitliche schon sehr lange beschäftigt, nicht erst heute und im heurigen Jahr, sondern schon seit 1993/94, also nachdem schon fünf Jahre seit der damaligen Steuerreform 1989 vergangen sind. Der Finanzminister beziehungsweise der Bund haben sich immer wieder als Inflationsgewinner herausgestellt. Die Entwicklung der Lohnsteuer seit der Lohnsteuerreform 1989 zeigt, daß das Lohnsteueraufkommen von 88 Milliarden Schilling im Jahre 1989 auf 183,3 Milliarden Schilling im Jahre 1997 gestiegen ist. Das ist eine Steigerung von weit mehr als 100 Prozent, sprich um 100 Milliarden Schilling.

Wenn man dem die Inflationsrate der Jahre 1989 bis 1998 in der Größenordnung von 27 Prozent gegenüberstellt und mehr Beschäftigte in der Größenordnung von etwa 10 Prozent in der Entwicklung von 1989 bis 1998 heranzieht, so muß man feststellen, daß der Staat beziehungsweise der Finanzminister Inflationsgewinner in der Größenordnung von 50 Milliarden Schilling sind. Diese 50 Milliarden Schilling werden dem österreichischen Steuerzahler, den österreichischen Familien seit Jahren vorenthalten. Wir Freiheitlichen haben schon vor längerer Zeit einen Antrag auf Beseitigung dieser kalten Progression im Finanzausschuß eingebracht, und wir ersuchen Sie, jetzt Ihre Zustimmung dazu geben, daß dieser Antrag dringlich im Finanzausschuß behandelt wird, damit die österreichischen Steuerzahler die Gelder, die der Finanzminister zu Unrecht zurückbehält, endlich bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie glauben, daß Sie das Wirtschaftswachstum nur auf Exportsteigerungen aufbauen können – ich gebe zu, das Exportwachstum ist da –, aber für die Inlandsnachfrage nicht das Geringste tun, dann werden Sie eines Besseren belehrt werden. Wenn bei den direkt verfügbaren Einkommen die kalte Progression nicht beseitigt wird, dann wird das Wirtschaftswachstum lediglich auf Exportsteigerungen aufgebaut sein, und wenn keine Exportsteigerungen


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eintreten und die Inlandsnachfrage weiterhin zurückgeht, dann steht man vor der Problematik, daß es zu einer Erhöhung der Arbeitslosigkeit kommt. Wir sind heute mit Arbeitslosenzahlen in der Größenordnung von 300 000, mit Frühpensionierungen in der Höhe von über 200 000 und mit immer mehr Notstandshilfebeziehern konfrontiert. Wir sind weiters damit konfrontiert, daß Jugendliche, die gerade die Schulausbildung hinter sich gebracht haben, auf dem Arbeitsmarkt nicht unterzubringen sind, wobei jene Personen, die sich in einem Umschulungsprozeß befinden, in diesen statistischen Zahlen noch gar nicht enthalten sind.

Wenn nicht endlich die direkten Einkommen der Bevölkerung durch Rückgabe des Inflationsgewinnes seitens des Finanzministers an die Bevölkerung weitergegeben werden, werden sich diese Zahlen drastisch erhöhen. Dies wird dann zu einem weiteren Einbruch des Wirtschaftswachstums führen, die Wirtschaftswachstumserwartungen werden nicht eintreten, der Wirtschaftsstandort Österreich wird weiterhin gefährdet sein, und es werden praktisch wieder Belastungen auf die Bevölkerung niedergehen – so wie sie bereits in den letzten zwei Jahren auf sie niedergegangen sind –, damit der Finanzminister seinen Brief nach Brüssel schicken und sagen kann: Wir haben die Maastricht-Kriterien erreicht! – Dies wird aber lediglich darauf zurückzuführen sein, daß den Österreichern und Österreicherinnen in die Hosentasche gegriffen worden sein wird, anstatt daß strukturelle Budgetmaßnahmen ergriffen worden wären. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesem Zusammenhang sei auch vermerkt, daß gerade zum jetzigen Zeitpunkt der Umstellung vom Schilling auf den Euro seitens der Banken Umstellungskosten in der Größenordnung von 8 Milliarden Schilling prognostiziert werden, und diese 8 Milliarden Schilling sollen natürlich auf die Kunden abgewälzt werden, denn irgendwie müssen sie ja finanziert werden. Die Kontospesen werden erhöht werden, die Spesen für die Kreditkarten werden erhöht werden, im Gespräch ist auch eine sogenannte Sonderabgabe für Euro-Umstellungskosten seitens der Banken.

Wer wird denn das bezahlen? – Die Zinsen für die Sparguthaben werden gesenkt, während die Kreditzinsen steigen, obwohl es dafür keine Rechtfertigung gibt. Die "Großen" nehmen das Geld nicht in Österreich auf, sondern in einer Fremdwährung, weil die Verzinsung viel günstiger ist. Bezahlen werden die Euro-Umstellung die kleinen und mittleren Verdiener, die durch die bisherigen Belastungspakete ohnehin schon sehr belastet worden sind. Sie werden jetzt noch einmal herangezogen werden, um die teuren Kosten für die Umstellung vom Schilling auf den Euro für die Banken zu bezahlen. In diesem Moment ist es einfach dringend an der Zeit, daß die kalte Progression durchgezogen wird.

Heute vormittag in der Aktuellen Stunde wurde vom Präsidenten der Bundeswirtschaftskammer aufgezählt, was in Österreich alles geändert gehört beziehungsweise notwendig ist, um das Wirtschaftswachstum zu sichern. Er meinte, es müsse auch auf die Inlandsnachfrage aufgebaut sein, wozu die Steuerpolitik geändert werden müsse und die Lohnnebenkosten gesenkt werden müssen – alles Dinge, die die Freiheitlichen hier im Hohen Haus schon vor langer Zeit verlangt haben. Es müssen darüber hinaus die beschäftigungshemmenden Faktoren bereinigt werden, das heißt, die Regulierungsdichte, mit der wir in Österreich zu kämpfen haben, sagte der Bundeswirtschaftskammerpräsident hier im Plenum. Doch bei den Gesetzesvorlagen stimmt die ÖVP immer genau in die gegensätzliche Richtung.

Außerdem hat der Präsident der Bundeswirtschaftskammer auch die geringe Eigenkapitalquote in den Unternehmungen kritisiert. Auch diesbezüglich haben die Freiheitlichen schon vor langer Zeit den Antrag auf Nichtbesteuerung der nicht entnommenen Gewinne eingebracht, die zu einer Stärkung des Eigenkapitals führen sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Sie brauchen diesen Anträgen nur zuzustimmen, dann haben die Unternehmen eine Eigenkapitalstärke und können eventuelle Gewitterstimmungen bei einer Rezession durchstehen. Aber wenn Sie immer nur in Sonntagsreden behaupten, daß das Eigenkapital gestärkt werden soll, aber entsprechende Maßnahmen hier im Parlament von Ihnen immer abgelehnt werden, obwohl die Anträge der freiheitlichen Fraktion sehr sinnvoll sind und gerade darauf abzielen, dann kann ich Ihnen wirk


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lich nicht mehr helfen. Nur, eines ist klar: Sie müssen draußen für das geradestehen, was Sie hier herinnen beschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie können nicht hinausgehen und sagen, daß die Getränkesteuer abgeschafft werden muß, wenn Sie hier im Hohen Haus dagegen stimmen. Sie können nicht hinausgehen und sagen, daß die Lohnnebenkosten reduziert werden müssen, wenn Sie hier im Hohen Haus gegen sämtlichen Maßnahmen, die auf die Senkung der Lohnnebenkosten abzielen, stimmen. Sie hätten genug Möglichkeiten: Der Bund hat aus Privatisierungen x-Milliarden Schilling Erlös erzielt, nämlich aus der sogenannten Privatisierung der Bank Austria, aus der Fusion der Bank Austria mit der CA. Aus der Privatisierung der Bundesanteile der Bank Austria sind weit über 10 Milliarden Schilling hereingekommen. An das Budget werden Sonderdividenden seitens der Oesterreichischen Nationalbank abgeführt – aber nicht, wie es die Freiheitlichen verlangen, für eine Steuerreform, sondern zum Stopfen von Budgetlöchern. Sie brauchen nur die Lotto-Toto-Anteile, die in der PSK gehalten werden – 34 Prozent seitens der PSK an der Lotto-Toto – mit einer Größenordnung von 4 Milliarden Schilling einzusetzen. Sie hätten ein Spielkapital in der Größenordnung von locker 30 Milliarden Schilling. Damit könnten Sie eine Steuerreform im Sinne der österreichischen Bevölkerung und eines Wirtschaftswachstums durchziehen, damit in Österreich nicht noch mehr Arbeitsplätze verlorengehen, sondern daß sie zumindest gehalten werden. Deswegen ersuchen wir Sie, diesem unserem Fristsetzungsantrag Ihre Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für die weiteren Redner gilt eine Redezeit von je 5 Minuten. – Nächster Redner ist Herr Kollege Dietachmayr. – Bitte.

17.38

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wer meinem Vorredner zugehört hat, der konnte den Eindruck gewinnen, daß alles ganz einfach ginge, ohne daß Probleme auftreten. Dazu muß ich aber sagen: Mit der Wahrheit nimmt es die "F"-Partei anscheinend nicht so genau, denn alleine schon in dem Entschließungsantrag, auf den sich dieser Fristsetzungsantrag bezieht, heißt es, daß "die letzte Tarifreform im Jahre 1989 stattgefunden hat, weshalb nach nunmehr acht Jahren dafür Sorge zu tragen ist" ... und so weiter.

Ich muß Sie berichtigen, Herr Abgeordneter! Dieser Satz ist insofern falsch, als die letzte Tarifreform nicht im Jahre 1989 stattgefunden hat, sondern im Rahmen der zweiten Etappe der Steuerreform, die im Jahre 1994 in Kraft getreten ist. Das ist leicht nachzuvollziehen, als damals die Lohnsteuerbelastung in Prozent des Bruttogehaltes im mittleren Gehaltsbereich von 12,5 Prozent im Jahre 1993 auf 11,2 Prozent im Jahre 1994 gesunken ist.

Richtig ist, daß die Lohnsteuerbelastung seit dieser Reform wieder kontinuierlich angestiegen ist, und die Lohnsteuerquote pendelt im langjährigen Durchschnitt zwischen 14 und 15 Prozent. Nach Steuerreformen ist sie etwas geringer und steigt dann in der Folge wieder an. Man rechnet für das Jahr 1998 mit einem Stand von etwa 17,5 Prozent.

Ich sage gar nicht, daß da nicht etwas geschehen muß, aber diese Steigerung ist, wie wir alle wissen, nicht nur durch die kalte Progression – wie Sie es hier gesagt haben, Herr Kollege Trattner –, sondern auch durch lohnsteuerliche Maßnahmen des Sparpaketes bedingt, und zu diesem haben wir uns ja mit großer Mehrheit bekannt. Dazu gehört zum Beispiel die Viertelung der Sonderausgaben oder die Absetzbarkeit der Sozialversicherungsbeiträge von Sonderzahlungen bei nicht mehr laufendem Bezug oder das Abschleifen beim allgemeinen Absetzbetrag.

Meine Damen und Herren! Die Regelung des Steueraufkommens ist sehr schwierig und sicherlich nicht überhapps und in wenigen Wochen zu verändern. Es ist schon richtig, daß sich das Lohnsteueraufkommen seit 1988 gewaltig vermehrt hat, nämlich von 104 Milliarden Schilling im Jahre 1988 auf wahrscheinlich 183 Milliarden Schilling im heurigen Jahr; das werden wir aber erst nach diesem Jahr genau wissen.


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Bei den Unternehmenssteuern – und auch das sollte in diesem Zusammenhang gesagt werden – macht die Steigerung zirka 75 Prozent aus. Die Unternehmenssteuern sind im Zeitraum von 1988 bis 1998 auf etwa 98,9 Milliarden Schilling gestiegen; das ist eine Steigerung von 67 Prozent. Ich meine, man muß sich alle Bereiche anschauen; weil eben diese Entwicklung durch Anpassungsschritte gesteuert werden muß, hat die Bundesregierung eine Steuerreformkommission eingesetzt, deren Aufgabe und Ziel es ist, bis zum Jahre 2000 eine entsprechende Reform auszuarbeiten.

Nimmt man eine Senkung der Lohnsteuerquote um etwa 2 Prozentpunkte an, um wieder auf den langjährigen Normaldurchschnitt zu kommen, bedeutet das bei einer Bruttolohnsumme von etwa 1000 Milliarden Schilling mindestens eine Senkung von 20 Milliarden Schilling. Eine solche Senkung bedeutet für jeden Lohnsteuerzahlenden eine Entlastung von etwa 450 S pro Monat. Das ist in etwa jener Betrag, der eine sogenannte Merklichkeitsschwelle erreicht, damit das auch von den Lohnsteuerpflichtigen erkannt wird. (Abg. Ing. Reichhold: Wie wollen Sie das finanzieren? Durch eine Enteignungssteuer wollen Sie das finanzieren?)

Ich zweifle nicht an, daß die Lohnsteuersenkung sehr wichtig ist und auch bei kleinen und mittleren Einkommen sofort in die heimische Wirtschaft zurückfließt. Es ist damit zu rechnen, daß zirka 40 Prozent der Lohnsteuersenkung wieder dem Budget zugute kommen. Es ist natürlich auch notwendig, die Abgabenbelastung zu verringern. Zu diesem Zwecke muß die Steuerreformkommission auch den Faktor Arbeit näher untersuchen, um hier Entlastungen vornehmen zu können.

Sie sehen also, meine Damen und Herren, daß da ein Konvolut an Maßnahmen zu bewältigen ist, und das kann man sicherlich nicht im Wege einer Fristsetzung beziehungsweise innerhalb weniger Wochen bewerkstelligen.

Unser Ziel ist es, eine vernünftige Steuerreform bis zum Jahr 2000 im Rahmen einer vernünftigen Budgetpolitik und auch auf dem Boden von gesunden Staatsfinanzen, für die wir uns ebenfalls verantwortlich sehen, zustande zu bringen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

17.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Kollege Dr. Michael Spindelegger. – Bitte.

17.43

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Für mich ist es nicht verwunderlich, daß die Freiheitlichen mit einem Fristsetzungsantrag wieder darauf aufmerksam machen wollen, daß sie schon einmal etwas in Richtung Steuerreform gesagt haben. Das ist klar. (Abg. Böhacker: Na, nicht so überheblich!) Mittlerweile gibt es wohl wirklich bedeutende Anzeichen dafür, daß dem ersten Schritt der Steuerreform, nämlich in Richtung Familie, auch ein zweiter folgen wird, nämlich in Richtung einer Senkung der Tarife.

Das Aufmerksammachen darauf, meine Damen und Herren, ist das eine, das andere ist der Inhalt dazu, denn nur darauf hinzuweisen, daß es eigentlich notwendig ist, die Tarife zu senken, ist nur ein kleiner Punkt. Der viel wesentlichere geht ja dahin, was tatsächlich in Richtung einer Steuerreform inhaltlich umgesetzt werden soll. Und dazu sind uns die Freiheitlichen – wenn ich Ihren Antrag 47/A lese, muß ich das feststellen – bisher alles schuldig geblieben. Aber vielleicht kommt das noch in einem diesbezüglichen Nachsatz. (Abg. Scheibner: Ihnen bleiben wir gar nichts schuldig, Herr Kollege!)

Meine Damen und Herren! Wir von der ÖVP sehen die Sache naturgemäß und in diesem speziellen Fall natürlich sehr inhaltsbezogen, denn für uns ist der erste bedeutende Schritt in Richtung Steuerreform jetzt bereits ganz sichtbar, und zwar in Form einer Familienentsteuerung, die, wie ich meine, eine sehr bedeutende Folge für eine Entlastung des Mittelstandes in Österreich gebracht hat. Ich darf für unsere Fraktion wirklich mit besonderer Freude feststellen: Es ist ein Sieg der Kinder bei dieser Reform, die jetzt gemacht wird, zu konstatieren. (Beifall bei der ÖVP.)


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109. Sitzung / Seite 127

Die Steuerreform in Richtung Familienentsteuerung wird schon mit Beginn des nächsten Jahres wirksam werden, dann, wenn die ersten Schritte gesetzt werden, wenn der Kinderabsetzbetrag bereits um 125 S pro Monat und Kind gesteigert wird. Darüber hinaus können wir die Familienbeihilfe erhöhen. Aber schon mit dem Jahr 2000 beginnt eine viel bedeutendere Reform, die einer Familie mit einem Kind 6 000 S im Jahr und einer Familie mit mehreren Kindern eine bedeutende steuerliche Entlastung bringen wird. Das halte ich für sehr bedeutend und wichtig, denn es ist ja letztlich keine Frage, daß Familien mit mehreren Kindern auch wirklich mehr Geld verbrauchen, und es ist auch für uns von der ÖVP keine Frage, daß gerade diesen Familien geholfen werden muß, und das können wir mit dieser Reform gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Fraktion und ich betrachten das aber nicht als Geschenk an den Steuerzahler, sondern als Wertschätzung der Leistung, die Familien erbringen, und ich meine, das sollten wir alle in diesem Haus eigentlich so sehen.

Ich möchte aber auch auf die Frage eingehen, was die nächste Steuerreform inhaltlich bringen wird. Wir arbeiten daran, wir von der ÖVP werden ein Konzept dazu präsentieren. Ich darf meine persönliche Meinung sagen, was die wesentlichen Inhalte sein sollen. Das ist eine Tarifreform. Ich glaube, daß man da aber einen speziellen Bereich treffen muß, nämlich den Mittelstand, der steuerlich entlastet gehört. Das heißt, jene Einkommensbezieher, die heute eine Lohnsteuer von 22, 32 oder 42 Prozent bezahlen, gehören durch eine Tarifreform entlastet. Diese Tarife sollten aus meiner Sicht gesenkt werden.

Die zweite Maßnahme wird sein, daß man eine Entsteuerung der Arbeit vornimmt, daß man sich aber auf der anderen Seite überlegen müssen wird, wie man im Gegenzug Ressourcenverbrauch besteuert. Dazu gibt es von der ÖVP eine Reihe von Vorschlägen, und ich hoffe, daß wir sie verwirklichen können.

Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Eigenvorsorge. Auch diese gehört unserer Meinung nach steuerlich begünstigt. (Abg. Scheibner: Sie haben genau das Gegenteil getan!) Im letzten Jahr wurde die Pensionsreform beschlossen, meine Damen und Herren, und wir wollen die Eigenvorsorge für die Pension bei der nächsten Steuerreform steuerlich entlasten. (Abg. Scheibner: Sie sitzen doch in der Regierung und haben genau das Gegenteil gemacht!) Ich freue mich über Ihre besondere Aufmerksamkeit. Ich will Ihnen nur sagen, was wir bei der nächsten Steuerreform alles vorhaben. Sie sind uns das bisher alles schuldig geblieben, und das ist der Unterschied, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Sie haben vor einem Jahr genau das Gegenteil gemacht!)

Ich möchte abschließend für meine Fraktion hier festhalten: Es ist nicht dringlich und wichtig, den Antrag der Freiheitlichen bis Mai zu erledigen. Es ist dringlich und wichtig, den Mittelstand in Österreich zu entlasten, und wir werden konsequent auf diesem Gebiet weiterarbeiten. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reinhart Gaugg. – Bitte.

17.48

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß sich mein Vorredner in der Öffentlichkeit noch einmal zeigen wird, außer er kann erklären, warum er zwar hier herinnen jeder Steuerreform in Richtung verbesserte Eigenvorsorge durch steuerliche Absetzmöglichkeit das Wort redet, aber bei allen Abstimmungen dagegen ist. Das ist typisches ÖVP-Verhalten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin der Ansicht, Herr Abgeordneter Dietachmayr von der Sozialdemokratischen Partei kennt sich nicht ganz aus, denn im Jahre 1994 gab es keine Lohnsteuerreform. – Herr Professor Nowotny paßt ja genau auf. – Es gab lediglich eine Erhöhung des allgemeinen Steuerabsetzbetrages um 3 840 S jährlich. Das war aber schon alles. Das ist aber nicht das Gelbe vom Ei! (Abg. Dr. Nowotny: 10 Milliarden Schilling Steuerausfall!)


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109. Sitzung / Seite 128

Herr Professor! 3,5 Milliarden Schilling, Bundesvoranschlag 1998, von Minister Edlinger vorgelegt. Sie können ja lesen, wie ich annehme! 1989: 88 Milliarden Schilling, 1993: 139 Milliarden Schilling, 1994: 134,7 Milliarden Schilling. Stimmt das? (Abg. Dr. Nowotny: Über Steuerfragen rede ich mit Ihnen lieber nicht!) Ist das richtig, Herr Professor, was da drinnen steht? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny. ) Ja, ja, wir wissen es eh!

Wissen Sie, was heute in diesem Haus noch offenkundig geworden ist? – Das Sittenbild und der Zustand dieser Koalition. Die Frau Bundesministerin erklärt hier, daß zwar die Sozialpartner Unterlagen über die Beschäftigung bekommen, aber nicht die bösen Oppositionsparteien. Das ist das Sittenbild dieser Republik, dieser Regierung, die sich erfrecht, ausgearbeitete Unterlagen den sogenannten Sozialpartnern zu übermitteln, aber nicht den Abgeordneten hier im Hause. Dahinter steckt doch wieder irgend etwas, sonst würdet ihr diese hergeben. Ich sage Ihnen eines: Die Sozialpartner in Österreich (Abg. Schwemlein: Sie hätten es gerne buchstabiert!), die früher vielleicht einmal Problemlöser waren, sind jetzt ein Problem und ein Klub von Lügenbaronen geworden! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ein Klub von Lügenbaronen! Das beweisen allein die Ausführungen der Herren Verzetnitsch und Maderthaner. (Abg. Donabauer: Mäßigen Sie sich!)

Meine Damen und Herren! Das kann es nicht sein: Hier herinnen wird immer schön brav mit der Regierung mitgestimmt, und draußen wird erklärt, wir schaffen die Getränkesteuer ab, selbstverständlich sind wir für eine Senkung der Lohnsteuer, aber wenn es um Anträge, um Fristsetzungen geht, dann können wir nicht mitstimmen, da herrscht Parteidisziplin. Auch wenn wir wollten, dürfen wir nicht. – Aber ihr werdet draußen mit Sicherheit niemandem mehr erklären können, warum ihr gegen eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten seid. Ihr seid diejenigen, die in jeder Broschüre schreiben, die Lohnnebenkosten müssen gesenkt werden. Das wäre eine Möglichkeit! Eine sofortige Senkung der Lohnsteuer brächte eine gewaltige Senkung der Arbeitslosenrate in Österreich mit sich. Das ist nachgewiesen. (Abg. Dietachmayr: Sagen Sie, was Sie kürzen wollen!) – Herr Kollege Dietachmayr! Das ist ja nicht neu. Hören Sie zu, dann werde ich es Ihnen sagen!

Bereits im Jahre 1995 hat Professor Lehner eine massive Lohnsteuersenkung gefordert. Diese Forderung ist also nicht erst drei Tage alt. Es ist nicht so, daß das in drei, vier Wochen erledigt werden muß. Das ist seit Jahren bekannt. Man wird im Jahre 2000 einen Rekordwert von 200 Milliarden Schilling erreicht haben. Das wird da oben aber niemanden mehr rühren, weil niemand mehr da sein wird, der das zu verantworten hat. Das Jahr 2000 wird in Wirklichkeit deshalb gewählt, damit man sich über die nächste Wahlperiode retten kann nach dem Motto: Hinter uns die Sintflut! Das ist Ihre Art von Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Erklären Sie einmal, warum Sie den Menschen Gebührenerhöhungen zuhauf zumuten und daß Sie die letzte Tarifanpassung vor nicht ganz zehn Jahren gemacht haben. Die letzte echte Tarifreform war im Jahre 1989. Sie beschäftigen sich ständig mit Flickwerk, drehen ständig an irgendwelchen kleinen Rädchen und erkennen nicht das Wesentliche. Das Wesentliche zur Belebung der österreichischen Wirtschaft wäre die sofortige Senkung der Lohnsteuer. – Das sei in Ihr Gebetbuch geschrieben, meine Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für die soeben verwendete Formulierung, die Regierung sei ein "Klub von Lügenbaronen", erteile ich einen Ordnungsruf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. – Bitte sehr.

17.53

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Liberale Forum wird dem Fristsetzungsantrag der Freiheitlichen Partei zustimmen. Auch wir meinen, daß die Regierungsparteien beziehungsweise die Koalition hier ein offenes Wort zum richtigen Zeitpunkt sagen sollten.


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109. Sitzung / Seite 129

Wenn Sie den morgigen "Kurier" aufschlagen – ich glaube, Kollege Spindelegger hat das nicht getan, bevor er hier herausgekommen ist –, dann erkennen Sie sehr deutlich, was der Herr Finanzminister sagt. Es wird Sie vielleicht nicht interessieren, weil er nicht zu Ihrer Fraktion gehört, aber vielleicht sind seine Aussagen für die Koalitionsregierung bedeutungsvoll. Lesen Sie das bitte nach! Er straft Sie Lügen, Herr Spindelegger! All das, was Sie hier vollmundig behauptet haben, wird vom Herrn Finanzminister offensichtlich ganz anders gesehen.

Meine Damen und Herren! Nicht nur, daß viele Jahre hindurch die Budgets in Österreich dadurch mitsaniert wurden, daß Inflationsanpassung im Zusammenhang mit Progression der Lohn- und Einkommensteuer verhindert oder nicht gewährt wurde, wird diese Bundesregierung in wenigen Wochen – so nehme ich an – mit einem weiteren sehr umstrittenen Gesetz, nämlich der Familienförderung, einen Spielraum, der für eine Steuerreform 2000, die seit vielen Jahren angekündigt wurde, vorhanden gewesen wäre, sehr einengen, um nicht zu sagen, zur Gänze zunichte machen. Und das, meine Damen und Herren, ist ein Thema, das möglichst rasch im Finanzausschuß diskutiert werden sollte. Hier sollten Sie einfach die Wahrheit sagen!

Herr Spindelegger! Es ist legitim, wenn Sie sagen, das ist eben die Familienpolitik, die wir von der ÖVP uns wünschen. Ich halte dem – wie immer – entgegen, es ist nicht das, was den liberalen Vorstellungen entspricht, aber das ändert nichts an der Legitimität Ihrer Aussagen. Aber eines bitte ich Sie schon dazuzusagen, nämlich daß Sie dem Mittelstand, den Betroffenen, jenen, die zu Recht Klage über diese kalte Progression führen, nichts in Aussicht stellen dürfen.

Meine Damen und Herren! Sie wissen, daß der Spielraum, die Manövriermasse für die Steuerreform bei 20 bis 24 Milliarden Schilling lag. Sie wissen, daß die Kosten, die Sie nunmehr für die Familientransfers vorgesehen haben, 14 Milliarden Schilling betragen. Sie wissen das alles, oder es wissen Ihre Experten. Und Sie können daraus erkennen, daß der Spielraum für die Lohnsteuer – davon sprechen wir, wenn wir von der kalten Progression reden – sehr gering geworden ist. Jetzt sprechen wir noch nicht über die Unternehmensbesteuerung, über die Besteuerung des Mittelstandes, über die Besteuerung nicht entnommener Gewinne und anderer relevanter Daten, die vielleicht die gerade von Ihrer Fraktion vertretenen kleinen und mittelgroßen Unternehmungen in ihrem wirklich beachtlichen Wettbewerbskampf und auch Lebens- und Überlebenskampf stützen könnten. Ich bitte Sie daher, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, wenn Sie schon hier im Hause Reden halten, auch die volle Wahrheit zu sagen.

Erlauben Sie mir noch ein paar Anmerkungen – weil die Gelegenheit so günstig ist – zu diesem – in unseren Augen – umstrittenen Familienpaket. Nach wie vor halte ich es für unerträglich, wenn in diesem Zusammenhang ÖVP-Mandatare, auch Herr Bundesminister Bartenstein, sagen, es sei der politische Wille, es sei gerecht und vertretbar, daß dieser horizontale Ausgleich geschaffen und überhaupt keine Rücksicht auf das Subsidiaritätsprinzip genommen wird. Meine Damen und Herren! Es muß Ihnen einfach sauer aufstoßen, wenn Herr Spindelegger sagt, Familien mit drei oder fünf Kindern – drei in meinem Fall, fünf im Fall des Herrn Bartenstein – werden ab dem Jahr 2000 wesentliche Beiträge aus dem Budget bekommen. Solange Sie nicht einsehen und einsehen wollen, daß auch Familientransfers eine Frage der Subsidiarität sind, daß Einkommen und Vermögen berücksichtigt werden müssen, solange werden Sie am Thema vorbeiagieren. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 47/A (E) des Herrn Abgeordneten Böhacker betreffend die kalte Progression eine Frist bis zum 15. Mai 1998 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Damit haben wir diese Debatte beendet.


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109. Sitzung / Seite 130

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die Verhandlungen über den 5. und 6. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte.

17.59

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darf ich Sie wieder zur Gesundheitspolitik zurückführen und auf das Gesundheitsförderungsgesetz Bezug nehmen. Ich freue mich sehr, daß dieses Gesetz Gegenstand der jetzigen Debatte ist, und hoffe – ich glaube, ich kann davon ausgehen –, daß dieser Gesetzentwurf Ihre Zustimmung finden wird.

Ich möchte mich insbesondere bei Herrn Abgeordneten Rasinger dafür bedanken, daß er maßgeblich dazu beigetragen hat, daß die Intention, die die Bundesregierung in dem Regierungsprogramm formuliert hat, daß nämlich verstärkt Gesundheitsförderungsmaßnahmen getroffen werden sollen, immer wieder mit Nachdruck eingefordert wurde. Ich hatte daher auch entsprechende Rückendeckung und konnte im Ministerrat die entsprechende Vorgabe für das Parlament letztlich in einem gemeinsamen Beschluß durchsetzen.

Wenn dieses Gesetz Ihre Zustimmung findet, dann haben wir die Chance, mit einem zusätzlichen Volumen von 100 Millionen Schilling pro Jahr die verschiedensten Programme, Projekte der Gesundheitsförderung zu unterstützen und in der Gesundheitsförderung mittel- und längerfristige Ziele zu realisieren. Das ist gerade in der Prävention ein ganz wichtiger Faktor, daß nicht nur kurzfristig disponiert werden kann, sondern auch mittel- und langfristig Initiativen gesetzt werden können.

Wir haben uns entschlossen, das politische Ziel des Gesundheitsförderungsgesetzes über den Fonds "Gesundes Österreich", der neu konstruiert wurde und eine andere Form aufweist als bisher, umzusetzen. Der Hintergrund, warum wir uns zu diesem Vorschlag entschlossen haben, sind Erfahrungen, auch aus dem Ausland, die beweisen, daß ein derartig vielschichtiges Anliegen, wie es die verschiedensten Einzelprojekte, Einzelinitiativen auch im Sinne einer Ergänzung von vorhandenen sind, durch eine privat organisierte Struktur, die aber natürlich unter politischer Verantwortung steht, besser umgesetzt werden kann.

Ich möchte auch, weil es in der Debatte eingebracht wurde, auf den Hinweis der Verwaltungskosten Bezug nehmen. Ich bin davon überzeugt, daß jene Struktur, die wir jetzt vorgesehen haben, sehr kostengünstig, sehr schlank und im Sinne der Umsetzung auch sehr vorteilhaft ist. (Abg. Dr. Gredler: 9 Prozent!) Die 9 Prozent, sehr geehrte Frau Abgeordnete, die hier definiert sind, sind ein Maximum, das nicht überschritten werden darf. Sie werden sicherlich der Debatte im Gesundheitsausschuß entnommen haben, daß vorgesehen ist, daß die Kuratoriumsmitglieder, die wichtige politische Initiativen begleiten und letztlich auch für eine Entscheidung vorbereiten sollen, diese Funktion ehrenamtlich wahrnehmen. Hier ist wirklich versucht worden, eine sehr schlanke Struktur aufzubauen.

Ich glaube, daß es auch wichtig ist, zu betonen, daß die verschiedensten Partner in diesem neu zu formierenden Kuratorium des Fonds "Gesundes Österreich" zusammenzuarbeiten haben. Ich glaube, daß es ganz richtig ist, daß nicht nur die Gründungsmitglieder des Fonds "Gesundes Österreich", sondern auch Länder-, Gemeinde- und auch andere Vertreter präsent sind, weil mein zentrales Anliegen bei der Umsetzung dieses Gesetzes ist, daß nicht Bestehendes, Funktionierendes, keine bestehenden Programme in den einzelnen Ländern, in den Kommunen, in Gemeinden durch einzelne Träger in den verschiedenen Strukturen unserer Gesundheitsmaßnahmen ersetzt werden sollen, sondern daß jene Maßnahmen, die auf Basis dieses Gesetzes durch verschiedenste zusätzliche Initiativen das Vorhandene, Funktionierende ergänzen, Lücken schließen und wir ein umfassendes Netzwerk zu einer Verbesserung der Gesundheitsförderungsmaßnahmen aufbauen können. Ich betone das insbesondere deshalb, weil ich da auch um Ihre Unterstützung bitte. Wenn Sie mit einzelnen Überlegungen konfrontiert werden,


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109. Sitzung / Seite 131

nehmen Sie immer darauf Bedacht, daß nicht Bestehendes durch diese Mittel ersetzt werden soll, sondern daß diese Mittel zusätzlich zu Bestehendem eingesetzt werden sollen.

Ich möchte auch, weil Frau Abgeordnete Dr. Povysil darauf verwiesen hat, auf die Bedeutung der Sozialversicherung in der Frage der Gesundheitsvorsorge, der Prävention eingehen. Die österreichischen Sozialversicherungsträger wenden in ihren Budgets ein Gesamtvolumen von etwa 11 Milliarden Schilling – in Erfüllung des gesetzlichen Auftrages, der ihnen übertragen wurde – für Gesundheitsförderung auf. Das heißt also, der Vorwurf in diese Richtung, daß keine Maßnahmen im Sinne des gesetzlichen Auftrages getroffen werden, geht aus meiner Sicht ins Leere.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte dieses Gesetz nicht weiter kommentieren. Ich bin sehr froh, daß wir mit diesen Möglichkeiten eine zusätzliche Chance haben, in einem wichtigen gesundheitspolitischen Feld, eben der Gesundheitsvorsorge, weitere Verbesserungen zu erzielen. – Ich bedanke mich jetzt schon für Ihre Zusammenarbeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Löschnak. Die Redezeit ist auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.05

Abgeordneter Dr. Franz Löschnak (SPÖ): Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gehe einmal davon aus, daß jede Initiative zur Gesundheitsvorsorge begrüßenswert und daher unterstützenswert ist. Aber die Gründung des Fonds, wie sie mit dem Gesundheitsförderungsgesetz vorgenommen wird, das bald beschlossen werden wird, ist wirklich ein Meilenstein in der Gesundheitspolitik, und ich glaube daher, daß diese Initiative die Unterstützung aller, die im Gesundheitswesen eine Idee haben und die guten Willens sind, finden wird.

Ich gehe so wie die Frau Bundesministerin davon aus, daß es nicht darum geht, der Sozialversicherung eine Aufgabe wegzunehmen oder die Länder oder Gemeinden, die bisher schon sehr initiativ auf diesem Gebiet waren, einzuschränken, sondern es geht darum, die vielen vorhandenen Initiativen zu bündeln, zu kanalisieren und damit ganz einfach die Bereitschaft der Österreicher, hier mitzutun, zu erhöhen. Das ist eigentlich die Aufgabe des Fonds schon bei seiner Gründung gewesen und bekommt mit 100 Millionen Schilling Dotierung im Jahr Inhalt und Leben, und das sollte man ganz einfach als Chance nützen.

Ich möchte eine zweite Anmerkung machen, und zwar von der Sportseite her. Der Sport hat sich immer als ein Bereich verstanden, der Prävention für sich in Anspruch nimmt, der glaubt, daß Sport schon Prävention ist. Wir haben darüber hinaus auch im sportlichen Bereich viele Jahre hindurch Initiativen gesetzt. Ich möchte bei dieser Gelegenheit nur an einige erinnern: Es gibt die Fitneßbewegungen von etlichen Verbänden und Dachverbänden, die von Zigtausenden Menschen jährlich in Anspruch genommen werden. Es gibt zum Beispiel die Herz-Kreislauf-Aktionen der Verbände, die von Zigtausenden in Anspruch genommen werden. Daher sind wir auch von Sportseite her stolz darauf – so würde ich fast sagen –, daß dieser Schritt jetzt gesetzt werden kann und in Zukunft in erster Linie den Österreichern etwas bringen wird.

Jetzt komme ich zum Dank, den die Frau Bundesministerin auch schon ausgesprochen hat, aber Dr. Rasinger war zu diesem Zeitpunkt nicht herinnen, daher kann man es wiederholen. Es gilt nämlich nicht nur Dank jenen auszusprechen, die sich jahrelang bemüht haben, daß zusätzliches Geld hereinkommt, sondern es gilt vor allem Dr. Rasinger zu danken, daß er mit einer solchen Akribie und Ausdauer dabei war, sodaß es dann 1997 gelungen ist und jetzt umgesetzt werden kann. Mit diesem Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren, sollten eigentlich alle jene, die da mitwirken werden, auch ein Versprechen, eine Verpflichtung verbinden, nämlich das Versprechen, die Verpflichtung, daß sie darauf schauen werden, daß zwei Dinge nicht passieren: Daß – erstens – nicht nach dem Gießkannenprinzip vorgegangen wird und – zweitens – keine bürokratischen Projekte gestartet werden, sondern daß das tatsächlich inhaltliche Projekte sein werden, die den Österreichern einen Quantensprung in der Gesundheitsvorsorge, in der


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Prävention vorzeigen und mit denen ihre Mitwirkung eingefordert wird. – In diesem Sinne, sehr geehrte Frau Bundesminister, wünsche ich ein gutes Gelingen; die Unterstützung fast aller ist ja gewiß. (Beifall bei der SPÖ.)

18.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

18.10

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Löschnak bedankt sich beim Vater des Gesetzes, Abgeordnetem Rasinger, Rasinger bedankt sich bei der Frau Bundesministerin. Endlich hat das Gesetz auch eine Mutter in der Person der Frau Bundesministerin bekommen. Ich kann nur hoffen, daß die neue Mutter dieses Gesetzes nicht noch Unterhaltsansprüche stellt, denn diese 100 Millionen Schilling jährlich, die aufgewendet werden müssen, sollten aus anderen Quellen angezapft werden. (Abg. Dr. Rasinger: Bist du der Geburtshelfer?)

Wenn jetzt das Aufkommen von der Umsatzsteuer genommen wird und es auch Ziel dieses Gesetzes ist, noch nicht abgedeckte Felder in der Förderung im Gesundheitswesen zu finanzieren, dann frage ich mich, was denn da noch übrigbleibt. – Ich habe es Ihnen auch im Ausschuß gesagt, denn wenn die Sozialversicherung – ich glaube es allerdings nicht ganz – 11 Milliarden Schilling für Präventivmaßnahmen aufwendet, dann kommt es auf diese 100 Millionen mehr oder weniger nicht an. Sie wäre auch gesetzlich zur Gesundheitsvorsorge und -prävention verpflichtet. Diese 100 Millionen müssen auch von der Sozialversicherung aufgebracht werden.

Sie ist auf der einen Seite zur Prävention verpflichtet, auf der anderen Seite steht im Gesetz, daß Maßnahmen und Initiativen, die in den Aufgabenbereich der gesetzlichen Sozialversicherung fallen, nicht Gegenstand dieses Gesetzes sind. Also bleibt nichts übrig. Ich bin schon neugierig, wie der nun zehn Jahre erfolglos dahinvegetierende Fonds "Gesundes Österreich" – jetzt aufgewertet mit jährlich 100 Millionen Schilling – mit diesem Geld umgehen wird. 9 Prozent – das wissen wir schon – gehen alleine für die Verwaltung auf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist zu viel, und daher haben wir diesem Gesetz schon im Ausschuß unsere Zustimmung verweigert, und wir werden es auch heute tun. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Sind Sie ein Raucher, Herr Kollege? Sind Sie Raucher, Herr Kollege?)

Auf die Impfproblematik muß ich noch kurz eingehen. (Abg. Dr. Khol: Ja oder nein? Rauchen Sie, oder rauchen Sie nicht?)  – Herr Klubobmann! Wenn Sie Gesundheitsförderung predigen, aber den Tabakanbau – ich habe die diesbezügliche Anfrage – in Österreich mit 8,8 Millionen Schilling fördern, die EU mit 13 Milliarden fördert und Sie ein Werbeverbot einführen, damit dann nichts konsumiert wird, aber eben den Anbau fördern, dann muß ich sagen, das ist eine schizophrene Gesundheitspolitik, Frau Bundesministerin! Investieren Sie einmal diese 8,8 Millionen Schilling in die Gesundheitsförderung und nicht in die Förderung des Tabakanbaus. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Sie sind also ein Raucher!)

Nun zur Impfung. (Abg. Dr. Khol: Sie sind Mediziner und Raucher!)  – Wenn Sie mich fragen, ob ich rauche, dann frage ich Sie, ob Sie Trinker sind. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Wassertrinker!)

Die Impfproblematik ist groß, aber es ist an und für sich eine gute Sache, daß eine vom Obersten Sanitätsrat empfohlene Fünffach-Impfung, die es noch nicht jetzt, aber voraussichtlich ab Juli geben wird, mit einer einzigen Impfung appliziert wird. Das ist zu befürworten. Aus dieser guten Sache machen der Gesetzgeber und allen voran Sie, Frau Bundesministerin, wieder eine unglückliche Sache, denn alle Experten sagen: Die Umstellung auf den Totimpfstoff hat nur dann einen Sinn, wenn die Durchimpfungsrate angehoben und höher wird, als sie bisher war, denn mit dem Lebendimpfstoff haben wir eine hohe Durchimpfungsrate gehabt, und damit war auch eine Immunität gegen den Wildvirus gegeben. Mit dem Totimpfstoff ist jeder, der geimpft


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ist, zwar immun, kann keine Polio bekommen, aber er kann den Wildvirus als Überträger aufnehmen, mit sich herumtragen und Ungeimpfte anstecken. – Das ist das Problem.

Alle Experten sagen – allen voran Universitätsdozent Dr. Johannes Möst aus Innsbruck –, daß die Umstellung auf den Totimpfstoff nur dann Sinn hat, wenn die Durchimpfungsrate angehoben und so hoch wie möglich gehalten wird. Wenn Sie jetzt die Verantwortung für die Durchimpfung und die Durchführung der Impfaktion auf die Bundesländer abschieben, keine Weisungen erteilen, wie das zu geschehen hat, daß eine möglichst hohe Durchimpfungsrate erzielt wird, und manche Bundesländer beabsichtigen, nur die Gesundheitsämter und die Chefärzte damit zu beauftragen, dann wird die Durchimpfungsrate sinken, und das Gegenteil von dem, was gefordert wird und was Ziel dieses Gesetzes ist, wird erreicht. Daher werden wir auch dieses Gesetz ablehnen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: So spricht ein Raucher!)

18.15

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Dieses Gesundheitsförderungsgesetz war eine sehr große Tat, und ich möchte mich auch, Herr Kollege Pumberger, bei Freund Rasinger und beim Vizekanzler Schüssel recht herzlich bedanken, die es verstanden haben, alles entsprechend durchzusetzen und Initiativen zu ergreifen. Damit ist gezeigt worden, daß auch die Regierung dieser Prävention einen sehr großen Stellenwert einräumt. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wurde in den letzten Jahrhunderten die Lebenserwartung um das Doppelte hinaufgeschraubt. Die Ursachen dafür kennen wir: Ernährung, Hygiene und Erfolg der Medizin. Vergleichen wir die Todesursachen von 1905 mit den heutigen, dann muß man sagen, 1905 waren zwei Drittel der Todesursachen Tbc, Lungenentzündung und Infektionen. Heute sind es zwei Drittel Herz-Kreislauf-Erkrankungen beziehungsweise auch Krebs. Früher war die Unterernährung das Problem, heute ist es die Überernährung. Früher war der Raubbau durch zuviel Arbeit der Grund, heute ist häufig das Konsumverhalten, das Freizeitverhalten die Ursache unserer Leiden.

Ich möchte vier Fragen stellen, die doch zu beantworten sind und die auch politisch durchsetzbar sind. Frau Ministerin! Ich möchte Sie bitten, darauf zu achten:

Erstens: Welcher Zusammenhang besteht zwischen Lebensstil und Gesundheit? – Zweitens: Welche Ursachen liegen einem gesundheitsgefährdenden Lebensstil zugrunde? – Drittens: Welche Kosten verursacht ein gesundheitsgefährdender Lebensstil? – Und viertens: Welche Möglichkeiten und Grenzen bestehen, um ein gesundheitsadäquates Verhalten des einzelnen Menschen zu erreichen?

Da gibt es Grenzen, und derer müssen wir uns auch bewußt sein. Ich möchte ganz kurz darauf hinweisen, welche gesundheitlichen Schäden den Lebensstil beeinflussen: etwa Alkohol und Tabak. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß jene Menschen, die rauchen, zu 30 Prozent mehr an kleinen Krankheiten wie zum Beispiel Grippe oder Lungenentzündung sterben.

Der Arzneimittelmißbrauch, der Drogenmißbrauch und Aids sind eine große Problematik in unserer Zeit. Auf die politischen Konsequenzen daraus, Frau Ministerin, möchte ich schon hinweisen: Was bringt denn unser Rauchergesetz eigentlich? – Hier ist Handlungsbedarf gegeben, Frau Ministerin! (Abg. Dr. Pumberger: Nichts bringt’s!) – Gar nichts bringt es zurzeit. Da stimme ich dir zu. Überhaupt nichts!

Zweitens: Was tun wir gegen den Medikamentenmißbrauch? – Auch da sollten Schranken eingebaut werden. Wir können vielleicht doch auch Seehofer aus Deutschland als Beispiel nehmen. Drogen- und Aidsprogramme der EU haben wir nicht so eingebaut, wie wir es hätten machen können. Frau Ministerin! In diesem Bereich dürfen wir daher mehr tun, als bis jetzt


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getan worden ist, und vielleicht bietet dieses Programm doch die Möglichkeit, vehement einzugreifen.

Ich möchte noch darauf hinweisen, warum es Grenzen gibt. Es gibt Grenzen – wir alle sind nämlich keine Heiligen, wenn wir auch manchmal so erscheinen (Abg. Dr. Khol: Du schaust nicht wie ein Heiliger aus!), da wir alles, was wir annehmen, gerne annehmen –, denn der Lebensstil wird neben den materiellen Möglichkeiten natürlich auch von der Einstellung, von der geistigen Haltung mit beeinflußt. Er wird von der Bereitschaft, ein risikoreiches Leben zu führen, die gestiegen ist, beeinflußt. Dazu tragen bestehende soziale Sicherheitsnetze wesentlich bei. Ich möchte darauf hinweisen, daß die Krankenversicherung eigentlich jeden Blödsinn mitträgt. Das heißt, es wird jeder Blödsinn, den wir machen, sozialisiert. Das heißt, die Solidargemeinschaft trägt den Alkoholmißbrauch, den sportlichen Unsinn und so weiter mit. Und ich glaube, da sind Grenzen.

Ich möchte noch auf eine Grenze hinweisen, denn selbst wenn wir alle vom gesunden Leben sprechen – wenn es darum geht, ein gewisses Genußverhalten an den Tag zu legen, dann trinkt man eben, dann raucht man eben, und man entschuldigt das mit dem Lebenszweck, mit der Lebensqualität, mit dem besseren Leben.

Es ist manchen einfach Wurscht – das muß ich auch sagen –, diese sagen sich: Ich lebe lieber kürzer, aber umso besser. – Das sind Grenzen, die in unser Leben hineinreichen, und hier müssen wir eingreifen. (Abg. Steibl: Sprich von deinem Buch!) Wir sollten aktiv daran arbeiten, daß wir sie möglichst weit heruntersetzen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

18.21

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Khol! Ich freue mich, daß Sie sicher wieder Zwischenrufe für mich parat haben werden.

Dieses Bundesgesetz ist das Eingeständnis von elf Jahren Untätigkeit. Sie sind doch seit elf Jahren in der Regierung, und Sie hätten die Möglichkeit gehabt, die Prävention seit elf Jahren ernster zu nehmen, und zwar insofern ernster zu nehmen, daß Sie nicht jetzt erst draufkommen, daß 100 Millionen Schilling zusätzlich dafür notwendig sind, um die Maßnahmen greifbar zu machen. – Das hätten Sie schon viel früher tun können, und zwar hätten Sie nur die Papiere von Dr. Busek lesen müssen, der sich mit der "Gesundheit 2000" befaßt hat. Er selbst ist damals schon draufgekommen. Da war das Liberale Forum noch gar nicht im Parlament.

Also wenn Sie sich vielleicht mehr mit Herrn Busek beschäftigen würden, könnten Sie vielleicht das eine oder andere von dem rechtzeitig wiedergutmachen, was Sie eigentlich versäumt haben. Sie müßten nicht erst warten, bis Dr. Rasinger draufkommt, daß es in der Gesundheitsvorsorge neue Berufe zu schaffen gilt und daß die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft worden sind, die man jetzt auszuschöpfen versucht. Das ist ein Versäumnis, auch wenn Sie jetzt einen Zwischenruf machen. Bitte! (Abg. Dr. Khol: Man kann es Ihnen nicht recht machen! Wenn wir nichts tun, kritisieren Sie! Man kann es Ihrer Oberlehrerfraktion wirklich nie recht machen! Wenn man nichts tut, kritisieren Sie, wenn wir etwas tun, machen wir es zu spät!)

Das Problem ist, wir als Bürgerinnen und Bürger in Österreich haben elf Jahre lang darauf gewartet, daß Sie tätig werden, und wir haben uns unter Prophylaxe etwas anderes vorgestellt als das, was Sie bis jetzt gemacht haben. Herr Khol! Das haben Sie sich selbst ausgesucht! Aber ich danke Ihnen nichtsdestotrotz für Ihren Zwischenruf. Ich nehme an, daß Sie damit ermuntert werden, das nächste Mal vielleicht etwas schneller aktiv zu werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Frau Bundesministerin! Sie sagen, daß die Mittel zusätzlich zu den bestehenden verwendet werden – okay! Ein Vorredner hat gesagt, das wäre ein Meilenstein der Gesundheitspolitik. Nur, ich frage mich, warum Sie maximal 9 Prozent Verwaltungskosten dazu brauchen, wenn das


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ohnehin schon bestehende Strukturen sind, wenn das ohnehin schon sozusagen ein System ist, das vielleicht bis jetzt nicht gut funktioniert hat, aber Sie haben die Hoffnung, daß es dadurch besser funktionieren kann. Aber dann braucht man doch nicht die Verwaltungskosten gleich so hoch als Spanne anzusetzen. Dann kann man gleich sagen: Probieren Sie es einmal mit 4 Prozent, vielleicht kommen Sie aus!

Sie sagen, die Kuratoren verzichten auf ein Salär, wenn sie zu Sitzungen fahren. Na großartig, Spesen verursachen sie trotzdem, wenn sie von Vorarlberg nach Wien fliegen. Also ganz gratis funktioniert das System nicht. Ich sehe ein, daß wir gute Kuratoren brauchen, ich sehe ein, daß es einer Vernetzung zu den Gemeinden und Regionen bedarf, aber zu behaupten, das sei alles sozusagen um Gottes Lohn, ist wohl in diesem Zusammenhang übertrieben.

Frau Bundesministerin! In der Regierungsvorlage steckt eine gewisse Pikanterie. Wir sagen, wenn es sich ohnehin nur um eine Erweiterung von bestehenden Strukturen handelt, dann brauchen wir dieses Gesetz eigentlich nicht. Dieses Gesetz besteht aus fünf verschiedenen Paragraphen. In § 1 Abs. 3 steht: Soweit in dem Gesetz personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Frauen und Männer in gleicher Weise.

Wenn man das ganze Gesetz durchliest, hätte man diesen Paragraphen streichen und einfach nur in § 5 Abs. 2 schreiben müssen: Mit der Vollziehung des § 4 ist der Bundesminister/die Bundesministerin für Finanzen betraut. – Das wäre das einzige, das Sie hätten ändern müssen, um diese personenbezogenen Bezeichnungen durchgängig zu schreiben.

Wir sind nicht nur der Meinung, daß wir das nicht brauchen, sondern wir wären mit den bestehenden Grundlagen zufrieden, und Sie hätten möglicherweise mit einer Verordnung das Auslangen finden können. In puncto Gleichheit der Geschlechter haben Sie sich nicht einmal bemüht, das umzusetzen.

Die Vorlage über die Schutzimpfung gegen übertragbare Kinderlähmung werden wir uns zu unterstützen erlauben, weil wir glauben, daß jede Art von Impfung in puncto Verbesserung der Schutzsituation der einzelnen Bürgerinnen und Bürger sicherlich vonnöten ist. Das angestrebte Ziel, dadurch eine höhere Durchimpfungsrate zu erreichen, wollen wir unterstützen, und deshalb sind wir dafür dankbar, obgleich wir auch der Meinung sind, daß man bei Impfaktionen nicht unbedingt ein Gesetz braucht, sondern wir würden uns wünschen, daß wir ohne Gesetze und nur über Verordnungen zum selben Ziel kommen. Ich glaube nicht, daß sich das Parlament wesentlich dafür interessiert, welche Arten von Impfungen notwendig sind und welche nicht. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte.

18.26

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sowohl Gesundheitspolitikern wie Ärzten wirft man vor, sich mehr der Reparaturmedizin als der Prophylaxe zu widmen. Diese Gesetzentwürfe beweisen das Gegenteil. In der Ausschußsitzung bemühte sich die Opposition um Argumente gegen das Gesundheitsförderungsgesetz. Welchen Stellenwert hat für Sie die Gesundheit? Wie bekämpfte man das Tabakgesetz, welches sehr mild ausfiel und nicht einmal in diesem Haus eingehalten wird?

Nichtraucherschutz ist uninteressant. Die Raucher finden nicht sich selbst rücksichtslos, sondern werfen den Nichtrauchern Intoleranz und Lustfeindlichkeit vor, wenn sie ersucht werden, einem nicht die Schleimhäute zu selchen und die Atmung zu erschweren. Ich wünsche dem Fonds so viel Erfolg wie den Badener Schülern, die emotional eine parlamentarische Mehrheit gewonnen haben, was logische Argumente ein halbes Jahr zuvor nicht konnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Umsatz der ATW stieg 1997 um 11,5 Prozent auf 65 Milliarden Schilling und der Gewinn um 24 Prozent auf 1,5 Milliarden Schilling. Die Folgekosten durch diesen Abusus blieben unberech


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net. Seien wir ein Vorbild, Herr Präsident, machen Sie dieses Haus zur nikotin- und alkoholfreien Zone!

Jetzt zum Impfgesetz: Es entsetzt mich, daß Kollege Pumberger, der Latein als Studienvoraussetzung hatte, nicht weiß, daß Virus sächlichen Geschlechts und nicht männlichen Geschlechts ist. Wenigstens die Ärzte sollten das Virus mit dem richtigen Geschlecht bezeichnen.

Während der Badesaison der fünfziger Jahre gab es jährlich Poliomyelitis-Epidemien – mit Toten, Gelähmten und Überlebenden in eisernen Lungen. Beendet wurden diese Epidemien mit Zulassung des Totimpfstoffes nach Salk. Mit dem Schluckimpfstoff mit abgeschwächten Viren von Sabin wurde in groß angelegten Impfaktionen das Risiko, an Kinderlähmung zu erkranken, minimiert.

Um diese, wie einst die Pocken, völlig auszumerzen – ein Ziel der WHO –, benötigen wir eine hohe Durchimpfungsrate. In Zukunft – das muß unser Anliegen sein – wird jeder Säugling mit dem Fünffach-Impfstoff gegen Diphterie, Tetanus, Pertussis, Hämophilus B sowie Polio immunisiert werden.

Wenn wir jetzt glauben, die Mütter werden zu dieser Impfung nicht hingehen, dann muß ich hinzufügen, sie mußten mit den Kindern im Vorschulalter auch zur Schluckimpfung gehen. Ich sehe nicht ein, welchen Nachteil die Impfung mit einem Fünffach-Impfstoff haben sollte gegenüber der Impfung mit dem Oral-Impfstoff, vor allem da zu verschiedenen Zeitpunkten geimpft wurde, da die Oral-Impfungen immer nur zu einem gewissen Zeitpunkt erfolgen konnten, da die Poliomyelitis-Viren Enteroviren sind und daher in der Sommersaison nicht geimpft wurde.

Das Risiko einer Impfpolio ist bei vorheriger Immunisierung mit dem Totimpfstoff minimal, die Weiterimpfung mit dem oralen Impfstoff ist sinnvoll, da der Darm die Eintrittspforte ist.

Ein Null-Risiko gibt es bei keinem Eingriff. Jede Erkrankung ist für Gesundheit und Leben wesentlich riskanter als eine Impfung. Diphterieepidemien können aus osteuropäischen Ländern schnell eingeschleppt, aber durch die Seltenheit der Erkrankung schwer diagnostiziert werden. Ubiquitär vorkommende Tetanusclostridien können Nichtgeimpfte töten, ebenso verursachen Pertussis-Erreger und Hämophilus im Kleinkindalter lebensgefährliche Erkrankungen mit möglichen Dauerschäden.

Dem Entschließungsantrag der Grünen können wir nicht zustimmen, denn die Frau Gesundheitsministerin kann unmöglich erreichen, daß die Firmen Impfstoffe produzieren müssen, das liegt nicht in ihrem Machtbereich.

Ich nehme an, daß es einen Großteil der Impfstoffe als Einzelimpfstoffe geben wird. Tetanus wird einzelgeimpft, Tetanus mit Diphtherie wird kombiniert geimpft – ob Pertussis sinnvoll ist, das sei dahingestellt, denn über das zweite Lebensalter hinweg soll man nicht impfen –, und auch Polio wird es sicher in Einzelimpfstoffen geben. Jedoch – wenn die Firmen nicht verkaufen können, werden sie nicht produzieren.

Dieses Gesetz ist hervorragend zum Schutz geeignet. Wir stimmen diesem Gesetz gerne zu, jedoch sicher nicht dem Entschließungsantrag, dem wir uns in keiner Weise anschließen können.

Das Ministerium wird im Herbst 1998 eine große Aufklärungskampagne starten, um die Eltern zu informieren und Ängste zu nehmen. Und zu den Nebenwirkungen: Die Nebenwirkungen werden oft fälschlicherweise als solche gesehen, denn es können gleichzeitig Krankheiten auftreten, die den Eltern als Nebenwirkung erscheinen, aber in Wirklichkeit keine sind.

Je vollständiger die Durchimpfung der Bevölkerung, desto eher sind Krankheiten auszurotten. Die Kinderkrankheiten gelten zu Unrecht als harmlos. Daher gilt, wie gesagt, unser Kampf der Ausrottung von Polio und weiteren Kinder- und Infektionskrankheiten, und wir werden uns bemühen müssen, mehr Mittel zu bekommen, um auch andere Erkrankungen auszurotten. Uns


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Sozialdemokraten sind nämlich Schicksal, Lebensumstände und Gesundheit der Menschen ein wichtiges Anliegen, daher stimmen wir diesem Gesetz zu und überlegen schon Gesundheitsförderungsmaßnahmen für morgen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schuster. )

18.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

18.32

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Gesundheitsförderung hat immer eine nachhaltige Strukturveränderung zum Ziel, und analog der WHO-Kriterien zur Gesundheitsförderung muß jede Maßnahme für Gesundheitsförderung auch geschlechtsspezifisch angelegt sein, wie heute vormittag schon angeregt. Das bedeutet auch, daß Frauengesundheitsförderung bei einem ernsthaften Interesse an echter Gesundheitsförderung zu einem Schwerpunkt werden muß – vor allem mit der Blickrichtung auf benachteiligte Gruppen von Frauen wie alte Frauen, arme Frauen und Frauen auf dem Land.

Wir begrüßen es sehr, daß auf Initiative unseres Kollegen Rasinger jetzt explizit die Schaffung eines eigenen Topfes für Gesundheitsförderung in die Wege geleitet wurde und dieser Topf aus dem Ministerialbürokratismus ausgelagert ist. Es wäre allerdings wichtig, daß bei der Besetzung – und ich bitte noch einmal darum, obwohl es im Allgemeinen Teil verankert ist, wo es heißt: Alle maßgeblichen Akteure der Gesundheitsförderung müssen in die operative Umsetzung einbezogen werden – auch Vertreterinnen von Frauenorganisationen wie dem Frauen-Gesundheitszentrum, des Dachverbandes der Frauenhäuser, der Frauenberatungsstellen und der Frauen-Notrufeinrichtungen mit einbezogen werden, um die geschlechtsspezifische Gesundheitsförderung in Österreich sicherzustellen. – Das war mein Beitrag hiezu und mein Wunsch. (Beifall bei der ÖVP.)

18.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maier. Ich erteile ihm das Wort.

18.34

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Argumente der Opposition waren ja aus dem Gesundheitsausschuß bekannt, trotzdem sind sie heute wieder in der bekannten Form gekommen. Sie sind skurril, sie stimmen nicht, und man merkt insbesondere bei der FPÖ: Es geht nur um Opposition um jeden Preis.

Lassen Sie mich ganz kurz auf einige dieser falschen Einwände eingehen. – Kollegin Povysil hat gemeint, der Beitrag der Krankenversicherungen fehle. Ich darf sie daran erinnern, daß die Krankenversicherungen 11 Milliarden Schilling für den Bereich der Gesundheitsförderung einsetzen. Wenn sie meint, daß zusätzliche Mittel lockergemacht werden sollten, dann soll sie offen sagen, wie sie das finanzieren will – beispielsweise mit einer Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge? Dann soll sie das klar sagen und damit auch an die Öffentlichkeit gehen.

Kollegin Gredler – sie war ja nicht im Gesundheitsausschuß – spricht vom Versäumnis der bisherigen österreichischen Gesundheitspolitik, insbesondere was den Fonds "Gesundes Österreich" betrifft. – Frau Kollegin! Sie kennen anscheinend den Bericht "Gesundheitsförderung in Österreich" vom Fonds "Gesundes Österreich" nicht, der 1997 fertiggestellt wurde. Ich darf Ihnen hier mitteilen: 309 Projekte, insbesondere im lokalen Bereich, wurden 1997 durchgeführt.

Kollege Pumberger konnte es natürlich nicht lassen, auf den Fonds "Gesundes Österreich" loszugehen. Er sprach von einem "erfolglos dahinvegetierenden Fonds ,Gesundes Österreich’". – Im Namen der Mitarbeiter, Kollege Pumberger, weise ich diesen Vorwurf mit allem Nachdruck zurück! Dieser Fonds hat mit den jetzt zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgreich gearbeitet, und das bestätigt zum Beispiel gerade diese Untersuchung über Gesundheitsförderungsprojekte in Österreich.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Dieses Gesetz, das wir heute beschließen werden, beschäftigt sich nicht mit der medizinischen Primärprävention. Bei der Gesundheitsförderung, wie wir sie verstehen, geht es um Aktivitäten, welche im nichtmedizinisch-kurativen Bereich anfallen. Aktivitäten im medizinisch-kurativen Bereich sind und bleiben weiterhin Angelegenheiten der Gemeinden, der Länder und der Sozialversicherungsträger.

Wissenschafter haben die Voraussetzungen für Gesundheitsförderung schon vor Jahren klar ausformuliert. Voraussetzung ist die Kenntnis der Ursachen sowie der Bedingungen der Entstehung von Krankheit und von Gesundheit, Voraussetzung ist die Beeinflußbarkeit der Ursachen und Bedingungen, Voraussetzung sind organisatorisch-strukturelle Bedingungen, Voraussetzung sind personelle, technische, wissenschaftliche Ressourcen und – und das ist das Entscheidende – politischer Wille.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der politische Wille ist vorhanden: Heute wird das Gesundheitsförderungsgesetz, das den zitierten Voraussetzungen entspricht, beschlossen werden. Es geht um Gesundheitsförderung, um Gesundheitsaufklärung und um Gesundheitsinformation. Und wir haben zwei Ziele, die mit diesem Gesetz erreicht werden sollen: weniger Krankheit und mehr Gesundheit. – Ich darf Sie einladen, diesem Gesetz zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Kollege Schuster. Er hat das Wort.

18.37

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich beglückwünsche die Frau Bundesministerin zu ihrer guten Kondition, denn so einen Gesundheitstag, an dem sie von frühmorgens bis spätabends auf der Regierungsbank anwesend ist und es nur um Gesundheit geht, hat dieses Parlament sehr selten gesehen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Begriff "Gesundheit" ist gedanklich verbunden mit Heilen von Krankheiten, mit Wiederherstellen unseres Wohlbefindens – wissen wir doch, daß die Reparaturmedizin in Österreich 90 Prozent unseres Gesundheitsbudgets vereinnahmt, einen Betrag von rund 190 Milliarden Schilling. Daher, meine ich, müssen wir unbedingt der vorausschauenden Gesundheitsvorsorge noch mehr das Wort reden. Denn, Frau Bundesministerin – ich glaube, da sind wir einer Meinung –, nur gesund werden, das ist zuwenig. Gesund bleiben muß die Devise sein – im Interesse der Menschen, aber auch unserer Volkswirtschaft. Mit dem nunmehr vorliegenden Gesundheitsförderungsgesetz können dringende Schritte in Richtung Förderung des Bewußtseins, Gesundheitsvorsorge, Gesundheitsaufklärung und Gesundheitsinformation der österreichischen Bevölkerung eingeleitet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Viele Rednerinnen und Redner der Oppositionsparteien meinten, das sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wer sich aber mit Gesundheitspolitik beschäftigt, weiß, daß Medizin meistens in Tropfen verabreicht wird, und solche Tropfen, immer wieder gegeben, können beinahe Wunder bewirken. Daher meine ich: Auch dieser Tropfen auf einen heißen Stein kann vielleicht ein guter Anfang sein! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Kiermaier. )

Meine Damen und Herren! Besonders freut es mich, daß der Fonds "Gesundes Österreich" in seinem Programm die Kinder und die Jugendlichen als eine wichtige Zielgruppe anführt. Denn eines muß uns ja klar sein: Wir müssen bereits bei den Jüngsten beginnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Bundesministerin! Ich habe zu diesem Thema im Ausschuß bereits Stellung genommen und möchte es noch einmal bekräftigen: Wir haben in Österreich im Familienlastenausgleichsgesetz eine erhöhte Familienbeihilfe für stark behinderte Kinder verankert. Bereits über 50 000 Familien bekommen diese erhöhte Familienbeihilfe. Wo liegen die Krankheitsbilder bei diesen Kindern? – Bei Allergien, Diabetes mellitus, Epilepsie, Hauterkrankungen, Hörbehinderung, Mongolismus, neurologischen Leiden, pulmonalen Leiden et cetera. Ich meine daher, daß wir gerade im Hinblick auf die heutige Gesetzwerdung die Vorsorgemedizin unbedingt auf unsere Kleinsten ausdehnen müssen.


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Ich erwähne hier noch etwas, von dem ich weiß, daß Sie sich diesbezüglich bereits bemüht haben, nämlich die schlechten Gesundheitswerte, die von der Stellungskommission unseres Bundesheeres festgestellt werden. Ich weiß schon, daß Sie nicht für alles zuständig sind. Aber es ist klar, daß, wenn Jugendliche im 19. Lebensjahr eine Vielzahl von Krankheiten aufweisen, das meistens bereits von der Schulzeit her rührt. Die Stellungskommission stellt bei 25 Prozent der Jungmänner Haltungsschäden fest, bei 15 Prozent Augenschäden und bei 10 Prozent Probleme mit den Atmungsorganen. Ich glaube daher, daß unbedingt – und ich wiederhole mich bewußt – bereits bei den Kindern in der Schule und auch bei den Kleinkindern mit der Vorsorgemedizin begonnen werden muß.

Meine Damen und Herren! Das kleinste Bundesland in Österreich, das "Ländle", geht hier mit gutem Beispiel voran. Vorarlberg hat bereits ein Vorsorgeprogramm im positiven Sinne umgesetzt, nämlich in der Gesundheitsförderung, und es liegt ein tolles Ergebnis vor: In Vorarlberg haben die Frauen und Männer in Relation zu den übrigen Österreichern die höchste Lebenserwartung, die niedrigsten Cholesterinspiegelwerte, die wenigsten Krankenstandstage und die gesündesten Zähne. Und ich meine, was uns Vorarlberg vorlebt, muß österreichweit unser Ziel sein!

Meine Damen und Herren! Wir wollen auch hinsichtlich der Eigenverantwortung mehr dazugewinnen. Wir wollen uns ja nicht drücken, sondern wir wollen uns dieser Eigenverantwortung stellen. Gesundheit und persönliches Wohlergehen sind die Voraussetzungen dafür, daß sich der Mensch als Individuum, aber auch in der Gesellschaft voll entfalten kann. Was nützen uns der Wohlstand und die modernste Technik, wenn unsere geistige und körperliche Verfassung durch Zivilisationskrankheiten geschwächt ist? – Ich meine daher: Nicht nur gesund werden, sondern gesund bleiben muß das Ziel einer vorausschauenden Gesundheitspolitik sein. Und daher wird die Österreichische Volkspartei dieser Gesetzesvorlage die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Kiermaier. )

18.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Buder. – Bitte.

18.44

Abgeordnete Hannelore Buder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das heute zu beschließende Gesundheitsförderungsgesetz ist zu begrüßen, ja es ist erfreulich, denn durch dieses Gesetz stehen jährlich 100 Millionen Schilling mehr für Gesundheitsförderung zur Verfügung. Die Gesundheitsförderung ist natürlich verbunden mit der Information, die für uns alle so wichtig ist.

Die Oppositionsparteien sehen dies anders. Sie meinen teils, daß die Mittel zu gering sind, teils wollen sie die Mittel anders eingesetzt haben. Wir von der SPÖ und viele Menschen in Österreich denken nicht so und sind froh, daß durch diese Initiativen Mittel für den Aufbau und die Durchführung langfristiger Programme, die zielgruppenorientiert eingesetzt werden, zur Verfügung stehen. Dieses Gesetz greift nicht in bestehende Aktivitäten ein, sondern es soll Gesundheitsförderung darüber hinaus ermöglichen. Bestehende Einrichtungen werden nicht berührt, sondern sollen netzwerkartig ergänzt werden, und natürlich werden auch Schwerpunkte erarbeitet werden.

Mit der Umsetzung wurde der Fonds "Gesundes Österreich" beauftragt, der schon bisher auf dem Gebiet der Gesundheitsförderung tätig war. Im Ausschuß wurde die Meinung vertreten, es könnten auch privatrechtliche Organisationen solche oder ähnliche Aufgaben übernehmen. Das widerspricht aber den internationalen Erfahrungen.

Internationale Erfahrungen, meine Damen und Herren, haben auch gezeigt, daß gut geplante, gezielte Programme langfristig Wirksamkeit zeigen. Durch Kampagnen können Verhaltensänderungen erreicht werden – zum Beispiel gesunde Ernährung durch die Änderung von Essensgewohnheiten, verbunden mit einem Bewegungsprogramm. Zum Beispiel verlängert allein schon tägliches Gehen von 3,2 Kilometern laut Studie einer US-Universität das Leben, denn es kommt durch regelmäßige Bewegung weniger oft zu Herzleiden, zu Schlaganfällen, zu Krebs.


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Als Nichtraucherin finde ich es besonders schlimm, daß immer mehr Jugendliche und auch immer mehr Frauen rauchen. Ich bin froh, daß schon heuer eine Nichtraucherkampagne gestartet wird, mit der Kinder zwischen zehn und vierzehn Jahren angesprochen werden. Denn der Tabakqualm ist nach Angaben von Lungenfachärzten zehntausendmal gefährlicher für die Atemwege als die Belastung der Umwelt mit Schadstoffen. (Abg. Dr. Pumberger: Trotzdem fördern wir die Austria Tabak!)

Eine EU-Studie stellte auch fest, daß die Frauen im allgemeinen besser auf ihre Gesundheit aufpassen und daher auch älter werden als die Männer. Wie der heute schon debattierte Gesundheitsbericht zeigt, ist das auch in Österreich so. Mein Vorredner hat die Kondition der Frau Bundesministerin angesprochen. Es ist anscheinend wirklich so, daß die Kondition der Frauen eine bessere ist, denn auch dieser Debatte über den Gesundheitsbericht stellen sich mehr Frauen als Männer. (Beifall bei der SPÖ.)

In der EU rauchen 28 Prozent der Frauen; 21 Prozent sind es in Österreich. Zum Alkoholkonsum: Frauen trinken weniger als Männer – 8,5 Prozent Frauen, 28,7 Prozent Männer. Aber auch ungesunde Ernährung stellt ein Problem dar. In der EU ist jede fünfte Frau stark übergewichtig. Das sind Hauptrisikofaktoren, die zu einem verfrühten Tod führen. Von einem verfrühten Tod spricht man, wenn eine Person vor dem 65. Lebensjahr stirbt.

Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wichtig würde ich es finden, wenn mit den vorhandenen Mitteln auch vorbeugende Maßnahmen gegen Streß ergriffen werden könnten. Wir wissen, daß Streß Krankheiten und psychische Probleme verursacht. Streß am Arbeitsplatz, hervorgerufen durch Flexibilitätsdruck, Zeitdruck, Leistungsdruck, Qualitätsdruck und Überforderung, kostet viel körperliche und psychische Energie. Das Ergebnis – Müdigkeit, Erschöpfung, Ärger, schlechte Stimmung – sind Anzeichen von Gesundheitsstörungen. Streß verringert die Leistungsfähigkeit, führt zu Krankenständen, zum Griff zur Zigarette, zur Flucht in den Alkohol, zur Einnahme von Medikamenten.

Streßprävention ist Gesundheitsvorsorge! Vielleicht, Frau Bundesministerin, ist es möglich, im Rahmen dieses Gesundheitsförderungsgesetzes größer angelegte Untersuchungen erstellen zu lassen und die Erfahrungen daraus in der Gesundheitspolitik zu verwerten. Gesundheitsförderung ist für uns Sozialdemokraten ein wichtiger Ansatz. Daher, sehr geehrte Frau Bundesministerin, sind wir gerne bereit, dem Gesundheitsförderungsgesetz unsere Zustimmung zu geben. Wir sind überzeugt davon, daß diese Mittel sinnvoll verwendet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. – Bitte.

18.50

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen besseren Zeitpunkt, um über Gesundheit und Präventivmedizin zu sprechen, hätten wir uns gar nicht aussuchen können als den Aschermittwoch, den Beginn der 40tägigen Fastenzeit. Unsere Altvordern und alle anderen, die die Fastenzeit einhalten, machen dies ja nicht nur, um Buße zu tun, sondern auch zur Entschlackung und Gesunderhaltung des Körpers. So haben unsere alten Gepflogenheiten auch ihren Sinn hinsichtlich Prävention und Gesunderhaltung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße die heutige Regierungsvorlage sehr und kann in keiner Weise – auch nicht in der geringsten – den kritischen Worten der Opposition etwas abgewinnen. Es ist das zwar ein kleines Gesetz, aber es ist sehr gut lesbar. Würden Sie das bitte dem Herrn Kollegen Kier sagen. (Abg. Dr. Kier hebt die Hand.) Es ist leicht verständlich und gut lesbar, und weil es so klein ist, ist es umso besser. Die Erläuterungen sind ausgezeichnet (Abg. Dr. Gredler: Aber brauchen würden wir es nicht!), weil man beim Studium auch im Bereich der Gesundheitspolitik noch einiges dazulernen kann. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Gredler: Wir würden ohne auch auskommen!)


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109. Sitzung / Seite 141

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße die heutige Gesetzesregelung und die Aufstockung um diesen sozusagen 100-Millionen-Schilling-Fonds sehr. Wenn man heute hier zugehört hat, konnte man feststellen, daß viele Redner einzelne bestehende positive Aktionen und Projekte aufgezeigt haben. Und es haben sich auch die Ärztekammer, die Apothekerkammer, die Krankenversicherungen bisher schon sehr bemüht, mit "Hand aufs Herz", mit verschiedenen sehr guten Maßnahmen und Projekten auf Gesundheitserhaltung und Prävention hinzuweisen. Ich glaube aber, daß das nicht genügt, und begrüße es daher, daß man in diesem Bereich Mittel einsetzt. Es wäre gut, käme es zu einer Bündelung von Initiativen, die überschaubar, die kontrollierbar sind.

Es gibt ein altes Sprichwort, das sagt: Vorbeugen ist besser als heilen! Ich würde auch sagen, es ist billiger als heilen. Wir, die Österreichische Volkspartei, haben der Präventivmedizin immer schon einen sehr hohen Stellenwert eingeräumt und haben immer wieder kritisiert, daß wir in diesem Bereich noch nicht weiter sind.

Ich persönlich würde mir wünschen, daß damit auch Gelegenheit gegeben und Mittel dafür vorhanden sind, vor Ort – "Gesunde Gemeinde", wie immer diese Projekte auch heißen – vielleicht auch zu forschen beziehungsweise gemeinsam mit der Bevölkerung Probleme zu erheben und aufzuarbeiten.

Wer Zeitungen liest – das machen wir alle täglich –, dem wird auffallen, und es wird auch schon Alarm geschlagen, daß in gewissen Bereichen die Selbstmordrate und in einer bestimmten Region die Säuglingssterblichkeit auffällig hoch sind, sodaß man diesbezüglich tatsächlich Untersuchungen anstellen und versuchen wird müssen, Abhilfe zu schaffen. Man muß einmal schauen, worin die Ursachen liegen können, und diese dann beheben.

Frau Kollegin Buder hat am Schluß ihrer Ausführungen gemeint, daß die Frauen gesünder sind. Sie fühlen sich aber nicht so. Frau Kollegin! Ich glaube, Sie sind Steirerin. Es gibt ein Bücherl – "Zukunft Frau" heißt es –, in dem steht, daß sich die Steirerinnen nicht gesünder fühlen. Ich glaube, das trifft nicht nur auf die Steirerinnen zu, sondern Frauen fühlen sich allgemein nicht gesünder, sie leben aber länger. Das bedeutet, die Ursachen ihres nicht guten Befindens liegen offensichtlich im psychogenen und psychosomatischen Bereich. Ich glaube, daß Schlafstörungen, Wetterfühligkeit, Müdigkeit, Kreislaufprobleme, Schmerzzustände wahrscheinlich ganz andere Ursachen haben, als man tatsächlich meint. Auch das wäre eine Untersuchung wert, beziehungsweise könnte man da im Bereich der Vorbeugung sicher einiges machen, meist werden jedoch nur regelmäßig Medikamente eingenommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte gerne auch noch die Möglichkeit verankert gehabt, daß privatrechtliche Institutionen – wir haben ja ohnedies einen Kontrollmechanismus – Projekte einreichen dürfen. Daher haben wir im Ausschuß noch versucht, eine Ausschußbemerkung anzufügen.

Im Grunde genommen kommen wir mit diesen 100 Millionen Schilling auf dem richtigen Weg ein Stück weiter, und das begrüße ich ganz besonders. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.55

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Das, was uns der Österreichische Rundfunk heute am frühen Morgen mitgeteilt hat, wird nun am späten Abend zum Beschluß kommen, nämlich 100 Millionen Schilling mehr für Information und Aufklärung im Bereich der Gesundheitsvorsorge.

Finanziert wird diese Maßnahme über das Umsatzsteueraufkommen, wobei diese 100 Millionen Schilling von der gemeinschaftlichen Steuer vor Aufteilung auf Bund, Länder und Gemeinden in


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Abzug gebracht werden, was bedeutet, daß sich Gemeinden und Länder mit einem Betrag von 30 Millionen Schilling an dieser Maßnahme beteiligen werden.

Ziel der Initiative sind die Aufklärung über vermeidbare Krankheiten, Gesundheits-, Gefahren- und Vorsorgeprogramme, die Vermittlung eines gesunden Lebensstils et cetera, um einerseits die Kosten im Gesundheitswesen zu senken und andererseits die persönliche Verantwortung für die eigene Gesundheit aufzuzeigen.

Durch die Einbindung von verschiedenen Ministerien – Gesundheit, Finanz, Familie, Unter-
richt –, Hauptverband, Verband der Versicherungsunternehmungen, Ärzte- und Apothekerkammer sowie Länder-, Städte- und Gemeindebund sollen der Aufbau und die Durchführung langfristiger Programme ermöglicht werden. Regionale Programme wie zielgruppenspezifische Maßnahmen sollen eine möglichst hohe Flächendeckung ermöglichen, wobei wissenschaftliche Weiterentwicklung und Fortbildung einen wesentlichen Schwerpunkt bilden.

Verschiedene Organisationen und Körperschaften haben in den vergangenen Jahren bereits Angebote entwickelt; diese gilt es nunmehr zu koordinieren und sinnvoll auszubauen.

Das mit in Verhandlung stehende Bundesgesetz über öffentliche Schutzimpfungen sieht die Festlegung von Impfaktionen vor. Das neue Impfkonzept sieht die Verwendung eines neuen Fünffachimpfstoffes vor, der allen österreichischen Kindern zur Verfügung gestellt werden soll. Er ist leichter anzuwenden, belastet die Kinder weniger und ist auch eine wichtige Weiterentwicklung in der Prävention.

Es ist erfreulich, daß trotz der Budgetkonsolidierung für diesen Bereich um 50 Millionen Schilling mehr aufgewendet werden können, was ein weiterer Beweis dafür ist, daß unsere Bundesregierung bemüht ist, das Gesundheitssystem ständig zu verbessern.

Der genannte Impfstoff wird vom Hauptverband kostenlos bereitgestellt werden. Die Verteilung wird über die Länder erfolgen. Die Kostentragung dazu erfolgt zu zwei Dritteln durch den Bund, zu einem Sechstel durch die Länder und zu einem Sechstel durch den Hauptverband.

Obwohl Kinderlähmung in Österreich nicht mehr auftritt, besteht dennoch die Gefahr der Einschleppung, und daher ist dieser Impfung durchaus die notwendige Ernsthaftigkeit entgegenzubringen.

Die Verhinderung von Krankheiten muß oberstes Ziel einer verantwortungsvollen Gesundheitspolitik sein. Impfungen einerseits sowie Gesundheitsförderung andererseits spielen dabei eine große Rolle. Daher werden wir gerne beiden Vorlagen zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte.

18.58

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Gesundheit ist das höchste Gut eines Menschen, sagt man. Ich erlaube mir, dieses Sprichwort dahin gehend zu ergänzen, daß ich sage: Die Gesundheit ist das höchste Gut eines Menschen und natürlich auch ein kostenintensives. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Die rasante Entwicklung bei der Suche nach neuen Therapieformen – ich nenne hier nur die Krebsforschung als ein Beispiel; genauso könnte ich aber auch viele andere Bereiche nennen – ermöglicht eine immer bessere und effizientere Behandlung der Menschen, was sich auch in einer stetig steigenden Lebenserwartung niederschlägt. Aber wie immer gilt auch für den Bereich der Gesundheit: Wo viel Licht – wir haben heute bereits über viel Licht im Bereich der Gesundheitspolitik gesprochen –, da auch Schatten! Und der Schatten in diesem Bereich nennt sich eben Kosten.

Unser Gesundheitssystem ist zwar eines der besten und international gesehen auch nicht eines der teuersten, aber dennoch gilt es, auch in diesem Bereich im Sinne einer vorausschauenden


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Politik Maßnahmen zu setzen, wodurch die Kosten dieses Systems optimiert und die finanziellen Ressourcen effizient eingesetzt werden.

Eine solche Maßnahme können wir heute zumindest als einen ersten Schritt beschließen. Das Gesundheitsförderungsgesetz nämlich, durch das in einem ersten Schritt 100 Millionen Schilling für Aufklärung und Information der Bevölkerung in Sachen Gesundheit und gesundes Leben zur Verfügung gestellt werden, wird beim Gesundheitswesen auf die Kostenbremse steigen. Dies deshalb, weil jeder Schilling, der in präventive Maßnahmen gesteckt wird, hundertfach wieder zurückkommt.

Freilich könnte man nun den scheinbaren Einwand bringen, daß es eigenartig ist, 100 Millionen Schilling an Mehrkosten als Einsparung zu bezeichnen. Diesen Einwand lasse ich aber nur dann gelten, wenn Sie in Zeitabschnitten von drei oder vier Jahren denken, denn Gesundheitsförderung basiert vor allem auf der Änderung der Einstellung der Menschen zu bestimmten Gewohnheiten und auch auf der Änderung der Einstellung zum eigenen Körper. Diese Änderung kann nicht von heute auf morgen erfolgen. Man kann die Menschen nicht umprogrammieren, wie man dies allgemein bei Computern tut. Die Veränderungen, die hier zu geschehen haben und die mit diesem Gesundheitsförderungsgesetz beginnen werden, haben eine längerfristige Dimension; deshalb kann und muß man auch mit dieser längerfristigen Dimension rechnen.

Dieses Ergebnis geht mit Sicherheit eindeutig zugunsten der Menschen und der Gesundheit und eindeutig zu Lasten der Kosten in diesem Bereich. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, sehr geehrte Frau Ministerin, und den Damen und Herren des Fonds "Gesundes Österreich" viel Glück und alles Gute bei Ihrer Arbeit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt noch eine Wortmeldung der Frau Abgeordneten Dr. Konrad vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

19.02

Abgeordnete Dr. Helga Konrad (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Obwohl Österreich bei der Gesundheitsvorsorge im internationalen Vergleich im guten Mittelfeld liegt, sind wir uns alle – so scheint es – darüber einig, daß zusätzliche Mittel für die Gesundheitsförderung etwas Gutes und Positives sind. Sie sind auch notwendig. Die genannten 100 Millionen Schilling jährlich werden kein Ersatz für bestehende Mittel und Maßnahmen und auch kein Alibi für Einsparungen auf anderen Ebenen sein; dies wird durch das Gesetz gewährleistet.

Es ist sicherlich sinnvoll, existierende Maßnahmen zu koordinieren und einzelne Maßnahmen und Ideen als "Best Practice" zu vervielfältigen. Der Gesundheitsbericht, den wir heute diskutiert haben, hat auch gezeigt, daß gerade Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes notwendig sind: zum einen Maßnahmen im ganzheitlichen Sinne und in allen Lebensphasen und zum anderen die Erforschung und Berücksichtigung der vielschichtigen, vielfältigen Faktoren, die Gesundheit beeinflussen. Das Gesetz, über das wir gleich abstimmen werden, soll eine langfristige Planung ermöglichen und damit Nachhaltigkeit gewährleisten. Dieses Gesetz wird es auch ermöglichen, daß Aspekte und Aktivitätsnischen berücksichtigt werden können, die bislang unberücksichtigt blieben, die aber wichtig sind.

Schließlich, meine Damen und Herren, können wir von den Aktivitäten, die als Folge dieses Gesetzes gesetzt werden, Anregungen und Vorschläge erwarten, die weit über den Bereich der Gesundheitspolitik hinausgehen, daß also quasi gesellschaftspolitische Impulse gesetzt werden, die – zum Beispiel – bis weit in die Arbeitsmarktpolitik hineinreichen werden. Meine Damen und Herren! Deshalb wird die Fraktion der Sozialdemokraten diesem Gesetz mit Begeisterung zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.


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Ein Schlußwort der Berichterstattung wurde nicht gewünscht.

Ich bitte jetzt die Damen und Herren Abgeordneten, die Plätze einzunehmen und mit gebührender Aufmerksamkeit dem Abstimmungsvorgang zu folgen. (Abg. Schieder: " Gebührend" ist relativ! – Abg. Dr. Khol: Wir sind bereit!)

Ich lasse über jeden Ausschußantrag getrennt abstimmen.

Zunächst stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1043 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Gesetzentwurf ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir stimmen jetzt in dritter Lesung darüber ab.

Ich bitte auch hier um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 947 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir stimmen jetzt in dritter Lesung darüber ab.

Ich bitte auch hier um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen betreffend Schutzimpfungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 338/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend besondere Eingliederungshilfe/ Änderung des Arbeitsmarktservicegesetzes (919 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 394/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend neue Instrumente aktiver Arbeitsmarktpolitik (920 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 416/A der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Betriebshilfegesetz geändert wird (921 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 430/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Aufhebung der Bestimmungen über die Sozialversicherungspflicht von sogenannten Freien Dienstverträgen (922 der Beilagen)


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11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 434/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (923 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 479/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Pensionsreform (924 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 540/A der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (925 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 552/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz 1955 geändert wird (926 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 594/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Berücksichtigung der Resolution der Bundesarbeitskammer vom 22. September 1997 bei der Pensionsreform (927 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 595/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Berücksichtigung des Weißbuches der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten vom September 1997 bei der Pensionsreform (928 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr gelangen wir zu den Punkten 7 bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf mündliche Berichterstattung wurde bei allen diesen Punkten verzichtet.

Wir beginnen daher sofort mit der Debatte.

Ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Gaugg das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Schwemlein: Was buchstabieren Sie jetzt?)

19.09

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Es liegt eine Fülle von Anträgen vor, die hier heute behandelt werden und die alle ein gemeinsames Schicksal haben, da sie schon vor relativer langer Zeit eingebracht wurden. Manche sind da und dort in gewissen Punkten nicht mehr aktuell, aber es gibt doch einen wesentlichen Unterschied: Sie, Frau Bundesminister, diskutieren nämlich Unterlagen, die nicht zur Verfügung stehen.

Es gibt einen nationalen Aktionsplan für Beschäftigung, der bis zum Jahre 2002 100 000 Beschäftigte mehr bringen soll. Wie aber sieht Ihre Arbeit in Wirklichkeit aus? – Ihre Verspre


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chungen kennen wir ja schon seit Jahren. Sie reden immer vom großen Wurf, von großen Reformen, führen jedoch eine Krankenscheingebühr von 50 S ein. Sie reden von großen Pensionsreformen, müssen vier, fünf und sechs Novellen beschließen, damit sie rechtlich überhaupt klar werden. Was die Entscheidungsträger im Verfassungsgerichtshof von Ihrer Familienpolitik halten, wurde Ihnen ja schriftlich mitgeteilt.

Eine Viertelmillion Kinder in Österreich – jedes fünfte Kind –, das sind rund 270 000 Kinder, lebt in Armut. Das ist Ihre Sozialpolitik! Das ist die Sozialpolitik der großen Koalition! (Bundesministerin Hostasch spricht mit den Abgeordneten Verzetnitsch und Ing. Maderthaner. – Abg. Madl: Sie hört gar nicht zu!) Das ist nichts Neues. Sie kann es ja im Protokoll nachlesen. Sie hören ja sowieso nicht, was die Opposition spricht. (Beifall bei den Freiheitlichen.) 270 000 Kinder leben in Armut. Das ist Ihre Sozialpolitik. Eine Viertelmillion Mütter bezieht ein Einkommen von 6 500 S im Monat. Das ist Ihre Sozialpolitik. Sie zahlen Hungerlöhne. Ein Drittel der weiblichen Angestellten und rund 40 Prozent der Arbeiterinnen müssen monatlich mit weniger als 6 200 S auskommen. Das ist Ihre Sozialpolitik.

Gleichzeitig sind aber alle anderen vier hier im Parlament vertretenen Parteien dabei, Politikerprivilegien nicht ab-, sondern auszubauen. Daher bringen wir Freiheitlichen zum wiederholten Male einen Entschließungsantrag ein, der die Frage der Politikerregelungen beinhaltet. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. )

Entschließungsantrag

der Abgeordneten D. Jörg Haider, Mag. Ewald Stadler, Reinhart Gaugg und Kollegen betreffend Abschaffung der Politikerprivilegien eingebracht am 25. Feber 1998 im Zuge der Debatte zum Antrag 479/A (E) betreffend Pensionsreform

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat innerhalb von drei Monaten den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes zur Abschaffung der Politikerprivilegien vorzulegen, der der Kritik von Bundespräsident Dr. Klestil vollinhaltlich Rechnung trägt und insbesondere vorsieht, daß

alle Bezugserhöhungen auf Grund der Bezugspyramide wieder rückgängig gemacht werden und

alle Politikerprivilegien abgeschafft werden.

*****

Ich weiß schon, daß Sie das ungern hören, lieber Herr Kollege, aber wie der Schelm denkt, so ist er. (Abg. Schwemlein: Wie der Schelm denkt, so buchstabiert er!) Jetzt werde ich Ihnen etwas sagen. Es gibt einen Finanzminister namens Edlinger. Wissen Sie, was der für mich ist? – Der Herr Frühbauer von Wien. In der morgigen Ausgabe der "Kronen-Zeitung" stellt Edlinger "Ausfälle bei der Mehrwertsteuer in Milliardenhöhe" fest. – Wissen Sie, worauf er das zurückführt? – "Edlinger vermutet Steuerhinterziehung und Betrug." – Also, lieber Herr Finanzminister, ich hätte doch gerne Aufklärung darüber, wer nun betrügt und wer Steuern hinterzieht. Tatsache ist, daß viele überfällige Steuermilliarden nicht entsprechend eingetrieben werden.

Es wird ständig von der Entlastung des Faktors Arbeit gesprochen. Daß Kollege Koppler zufrieden lächelt, ist klar, weil dein Arbeitsplatz ist gesichert, gell? (Abg. Koppler: Du redest so einen Blödsinn zusammen!) Die Entlastung des Faktors Arbeit wurde seinerzeit bei der Frage der Energiesteuer diskutiert. Die Energiesteuer war jener Teil, bei dem man gesagt hat: Wenn man Ökologiesteuern einführt, wird die Arbeitskraft entlastet. Und was ist passiert? (Abg. Schwemlein: Die eigenen Leute hören nicht zu!) Geben Sie einmal eine Ruhe! Lernen Sie einmal Disziplin! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Wie buchstabieren Sie das? Wie buchstabieren Sie "Disziplin"?) Sie glauben wohl, weil Sie eine rote Krawatte tragen, daß Sie eine schlechte Klima-Kopie sind. Oder was sind Sie sonst? – Das ist ja


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wirklich abenteuerlich! Ein Benehmen haben Sie! (Ruf bei der SPÖ: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!)

Sie beklagen, daß die Senkung von Verwaltungskosten nicht vollzogen wird. Sie beklagen die Hindernisse auf dem Weg zur Selbständigkeit. Jetzt frage ich mich nur: SPÖ und ÖVP bilden seit zwölf Jahren eine Koalition und sind nicht in der Lage, diese Mißstände zu beheben. Jetzt frage ich mich: Haben Sie die letzten zwölf Jahre geschlafen – oder was ist passiert? – Sie versprechen wieder etwas, was Sie wieder nicht halten werden. Sie haben den Österreichern anläßlich des EU-Beitritts mehr Beschäftigung versprochen, Sie versprechen nun wieder weitere 100 000 Arbeitsplätze. Ich kann mir das schon vorstellen. (Abg. Schwemlein: Aus! Herr Kollege! Aus!) Da sind natürlich die berühmten "Mc Jobs" dabei. Der Stellenabbau in der Verstaatlichten Industrie, bei der OMV und in anderen Betrieben, in den Banken, Versicherungen und so weiter rührt Sie nicht. (Abg. Schwemlein: Aus is’!) Ich weiß nicht, was dabei für Sie so lustig ist. – Wissen Sie, wo Sie auftreten sollten? – Im Villacher Fasching und nicht hier im Parlament! Vielleicht nimmt Sie der Villacher Fasching auf, Herr Kollege, weil es ist ja unzumutbar, was Sie hier aufführen. (Abg. Koppler: Lei lei!) Ich weiß schon, daß es für Sie lästig ist, zu hören, daß es 15 500 jugendliche und 43 000 erwachsene Langzeitarbeitslose gibt. Und es gibt 44 137 Arbeitslose, die älter als 50 Jahre sind. Das kümmert Sie nicht. Das erregt Heiterkeit in den Reihen der SPÖ. Das kann ich mir schon vorstellen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Koppler. )

Ich sage Ihnen jedoch folgendes: All diese Versprechungen nehmen wir Ihnen nicht mehr ab. Jetzt kommen Sie in diesem angeblichen Aktionspapier, das zwar die Zeitungen, nicht aber die Mandatare besitzen, darauf, daß dort etwas von "geschlechtsneutraler Nachtarbeit" steht. – Na, interessant! Das ist eine langjährige Forderung der Freiheitlichen, insbesondere der Abgeordneten Haller, die sowohl im Sozialausschuß immer wieder überstimmt wurde, als auch hier im Plenum keine Mehrheit gefunden hat. Diese Forderung ist auf einmal angeblich in irgendeinem Papier nachzulesen. Wir Abgeordneten haben dieses Papier nicht. Wir bekommen es nicht, wir dürfen es ja nicht haben.

Die Politik, die Sie betreiben, ist eine Politik des Unterganges. Wir werden Sie an Ihren Taten messen, aber diese Taten werden sicherlich nicht folgen, Ihre Versprechungen werden wie immer Schall und Rauch bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Gaugg hat einen Entschließungsantrag vorgetragen, der geschäftsordnungsgemäß unterstützt ist und in die Verhandlung miteinbezogen wird.

Jetzt ist Frau Abgeordnete Reitsamer zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

19.16

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! So kann man sich natürlich auch über 5 Minuten Redezeit drüberlavieren. Es war ein richtiges Gemüseallerlei, was Herr Kollege Gaugg hier von sich gegeben hat. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Richtig! – Abg. Schwarzenberger: Ein Topfen!) Am Land würde man sagen: Das ist Tempelhüpfen.

Ich hätte mir vorgestellt, daß zehn Tagesordnungspunkte in einer Diskussion zusammengefaßt eigentlich genug Stoff hergäben, aber offensichtlich ist dem nicht so. (Abg. Dr. Khol: Tempelhüpfen ist etwas Nettes! Die Rede war nichts!) Gut, Herr Klubobmann, lassen wir das so stehen!

Wir haben es heute ja mit einem Novum zu tun. Normalerweise werden die Regierungsvorlage und ähnliche Anträge, die keine Zustimmung finden, mitdiskutiert. Heute gibt es ein ganzes Paket, ein richtiges Bündel solcher Anträge, die alle im Ausschuß keine Mehrheit gefunden haben; jedoch nicht, weil wir sie grundsätzlich ablehnen, sondern weil damals, am 4. November 1997, als sie das letzte Mal im Ausschuß behandelt wurden, die Diskussion um die Pen


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sionsreform gerade auf dem Höhepunkt war und nun sehr viele Dinge miterledigt, teilerledigt oder besser erledigt worden sind.

Ich möchte mich nun mit den einzelnen Anträgen etwas näher auseinandersetzen:

Der Antrag der grünen Fraktion betreffend besondere Eingliederungsbeihilfe des AMS-Gesetzes ist zeitlich überholt. § 34a des zitierten Gesetzes sieht nun vor, daß nicht nur Notstandshilfebezieher, sondern auch Arbeitslosengeldbezieher miteinbezogen werden. (Abg. Dr. Kier: Woran liegt das? – Abg. Öllinger: Woran liegt das? Nicht an uns! Das liegt nicht an uns!) Das habe ich auch nicht gesagt. Der Antrag ist im Ausschuß diskutiert worden. Ich bin ganz genau darauf eingegangen. Ich muß mit meiner Redezeit sparsam umgehen.

Der Antrag der Grünen betreffend neue Instrumente aktiver Arbeitsmarktpolitik wurde geregelt mit den §§ 11 bis 14 des ASRÄG, das sind Bildungskarenz-, Solidaritätsprämienmodell, Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes, besserer Zugang zur Teilpension, zur Gleitpension, und anderes mehr.

Die Forderungen des Antrages der Freiheitlichen betreffend Änderung des Betriebshilfegesetzes wurden teilweise erfüllt: Erhöhung von 250 S auf 300 S, gefordert werden 400 S. Erfolgt ist auch die Übernahme der Betriebshilfe in die Krankenversicherung nach dem BSVG beziehungsweise nach dem GSVG. Ich weiß schon, daß Ihnen das ein bißchen zuwenig ist, aber in der Politik muß man eben auch einen Konsens erreichen.

Dann der Antrag des Liberalen Forums betreffend Freie Dienstverträge. Darüber möchte ich nichts mehr sagen (Abg. Dr. Kier: Danke!), denn diesem Antrag wurde heute in einer Dringlichen eine zweieinhalbstündige Diskussion gewidmet. Ich denke, das reicht.

Ein weiterer Antrag des Liberalen Forums betreffend Rücknahme der Krankenscheingebühr und der Krankenversicherungsbeitragserhöhung um 0,25 Prozent für die Pensionisten, weil – und das ist die Begründung – der Abgang der Sozialversicherung statt 3,6 Milliarden Schilling nur ein Neuntel davon, also 400 Millionen Schilling beträgt.

Daß die Sozialversicherung inzwischen wieder schwarze Zahlen schreibt, ist sehr erfreulich. Ich muß aber folgendes sagen: Das sind Beträge, die als Betrag großartig aussehen; die Bekämpfung einer Grippeepidemie aber würde genausoviel und viel mehr kosten. Es ist daher unsere politische Verantwortung, langfristig vorzusorgen. Frau Bundesministerin Hostasch hat heute schon gesagt, daß hier nicht von "Gewinnen" gesprochen werden kann, sondern von Geldmitteln im Interesse der Versicherten.

Zur Forderung der Grünen nach einer gesamtheitlichen Pensionsreform möchte ich sagen, daß uns mit dem Pensionskonzept 2000 wirklich ein großer Wurf in Richtung Harmonisierung gelungen ist.

Aber einen Forderungspunkt möchte ich hier speziell herausgreifen: die existenzsichernde Grundsicherung im Alter, unabhängig von der Erwerbstätigkeit. Liebe Kollegen von der grünen Fraktion! Das ist so nicht gutzuheißen. Wir von der sozialdemokratischen Fraktion befürworten, daß es den Menschen – vorwiegend betroffen von dieser Problematik sind Frauen – ermöglicht und erleichtert wird, lückenlose Versicherungsverläufe zu haben. Zwei Reformen haben sehr viel dazu beigetragen. 1993 haben wir die Anrechnung der Kindererziehungszeiten beschlossen, ebenso die Änderung, daß nicht die 15 letzten Jahre, sondern die 15 besten Jahre angerechnet werden, und auch die Festschreibung des unterschiedlichen Pensionsanfallsalters. Und dieses Mal haben wir die Regelung bei den geringfügig Beschäftigten, die Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Kindererziehungszeiten und auch die Einbeziehung der Pflegepersonen beschlossen.

Die erste Säule – das muß ich Ihnen sagen – wäre zum Sterben zuviel und zum Leben zuwenig, und die zweite Säule wäre für die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher nicht leistbar. Ich sage Ihnen eines: Menschen, die es sich leisten können, nicht berufstätig sein zu müssen,


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können sich absichern. Aber das ist eine verschwindende Minderheit bei uns in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Antrag der Freiheitlichen betreffend Einfrieren der Rezeptgebühr sagen wir nein. Die Österreicher wissen die Segnungen des Gesundheitssystems zu schätzen, und sie lassen sich das auch etwas kosten. Für Wenigverdienende gibt es ohnehin eine Rezeptgebührenbefreiung. Es macht nicht Sinn, jetzt wieder lange mit einer Erhöhung zuzuwarten und dann wieder eine größere Anhebung vorzunehmen. Da ist es mir allemal lieber, von Jahr zu Jahr mit 1 S hinaufzugehen.

Zum Antrag des Liberalen Forums betreffend Abschaffung von Ausnahmen aus der Sozialversicherung für Erwachsenenbildungseinrichtungen ja, aber auch dieser ist überholt, denn diese Ausnahmen fallen mit 1. Juli 1999. Es gibt eine besondere Regelung im Rahmen einer Verordnung § 49 Abs. 3 ASVG unter Anlehnung an das Steuerrecht. Aber das betrifft nicht nur das Wifi und das BFI, es betrifft in den meisten Bundesländern auch die Volkshochschulen. Das sei hier nur am Rande angemerkt.

Zum Antrag der Grünen betreffend Bundesbeitrag zu den Pensionen: Es ist sehr viel in Richtung Harmonisierung getan worden. Die Bundesbeiträge sind unterschiedlich hoch, aber sicherlich nicht zu gering. Mit der Erhöhung des Eigenfinanzierungsgrades bei Bauern und Selbständigen und auch mit einzelnen Maßnahmen aus dem Beamtenpaket ist wieder ein Schritt in diese Richtung getan worden. Also auch dieser Antrag ist erledigt.

Was den Antrag der Grünen betreffend eigenständige Alterssicherung betrifft, verweise ich auf den Antrag bezüglich gesamtheitliche Pensionsreform.

Sie sehen also, daß in den von den Anträgen angesprochenen Bereichen wirklich sehr viel getan wurde. Sie wurden teils zur Gänze erledigt, manche wurden teilerledigt, und manches ist auch besser gelungen, als Sie es eigentlich in Ihren Anträgen vorgesehen haben. Daß es Ihnen trotzdem zuwenig sein wird, damit werden wir leben können. Es heißt nun einmal, in der Politik ist der Konsens zu pflegen, und dazu stehe ich. (Beifall bei der SPÖ.)

19.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier zu Wort. – Bitte.

19.23

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollegin Reitsamer hat zum Teil recht. Es ist richtig, die meisten Anträge, die wir jetzt zu behandeln haben, von Tagesordnungspunkt Nummer 7 bis 16, sind tatsächlich hinfällig, so wie sie es gesagt hat. Die sind nämlich eingebracht worden, bevor das ASRÄG gekommen ist, sie stehen aber leider erst heute auf der Tagesordnung. Diesen Umstand kann man den Antragstellern der Oppositionsparteien aber nicht vorwerfen.

Natürlich ist das eine oder andere in diesen Anträgen völlig obsolet, weil sich mittlerweile die Rechtsordnung geändert hat. Nur: Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anträge gestellt wurden, waren sie aktuell. Die Anträge sind trotzdem im Ausschuß behandelt worden. Dort wurde über alles abgestimmt, dann wurden die Berichte darüber verfaßt, aber dann wurde das Plenum nicht mehr damit befaßt, damit sich das Plenum offenbar in der Sonne des ASRÄG erholen kann. Jetzt holt uns das natürlich ein, jetzt stehen wir mit überholten Anträgen da, und es schaut so aus, als ob die Opposition überholte Anträge gestellt hätte. So ist es nicht, und ich räume sogar ein, daß tatsächlich das eine oder andere dieser Anträge verwertet worden sein mag.

Kollegin Reitsamer! Es tröstet wenig, wenn der Antrag, der als Tagesordnungspunkt 14 hier zur Verhandlung steht, nämlich die Frage der Ausnahme für die am BFI und Wifi Unterrichtenden, zugegebenermaßen einschließlich der Volkshochschulen, erst im Jahr 1999 verwirklicht sein wird. Denn Sie haben inzwischen den § 49 geschaffen, der Ihnen die Möglichkeit gibt, diese Ausnahme durch Verordnung der Frau Bundesministerin neu abzusichern, durch eine Verordnung, durch die auch Entgelte in Aufwandsentschädigungen verwandelt werden. Was dazu


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zu sagen ist, ist heute in der Debatte zum Dringlichen Antrag schon gesagt worden. Das ist ein Widerspruch in sich, aber wenn man Privilegien verteidigt, muß man das offenbar so machen.

Zum Antrag des Kollegen Öllinger, Nummer zwölf auf der Tagesordnung: Kollegin Reitsamer! Es tut mir wirklich leid, wenn Sie sagen, daß eine Grundsicherung im Alter nicht in Frage kommt, weil das zum Leben zuwenig ist, wenn alte Menschen 8 000 S pro Monat bekommen. Das ist der Betrag, den die Ausgleichszulagenpensionisten jetzt bekommen. Erzählen Sie das bitte – Frau Kollegin Reitsamer ist jetzt nicht im Saal, aber man wird es ihr hoffentlich ausrichten – den Ausgleichszulagenpensionisten, daß Sie 8 000 S im Monat für einen lächerlichen Betrag halten! Das ist nämlich das, was diese bekommen. Daher ist die betragliche Höhe in keiner Weise das, was man kritisieren kann, sondern man sollte sagen, es wäre gut, wenn es wenigstens bei den alten Leuten so wäre, daß jeder Mensch, der über 65 Jahre alt ist, eben diesen Anspruch auf Existenzsicherung hat. Wir fordern das generell, aber wenn es wenigstens für die alten Leute so wäre, wäre das ein Erfolg. In Holland wird das gemacht, und das bewährt sich sehr. Selbstverständlich ist das nicht das einzige Fusserl, auf dem die Altersversorgung steht. Selbstverständlich gibt es daneben auch noch betriebliche und private Möglichkeiten. Aber zu solchen Aussagen kommt es halt, wenn man die Sachen nicht so gründlich studiert oder nicht so ernst nimmt.

Oder: unser eigener Antrag betreffend die Abschaffung der Krankenscheingebühr, der unter Tagesordnungspunkt 11 verhandelt wird: Nur wegen der defizitären oder nicht defizitären Lage haben wir das nicht so argumentiert. Wir haben gesagt, hier werden die Leute einseitig zur Kassa gebeten, in einer unbrauchbaren Form – und die Pensionisten überhaupt durch eine Beitragserhöhung! Das Ganze ist deswegen so aufreizend, weil das ja nur darauf zurückzuführen ist, daß Sie seinerzeit vor den Wahlen 1995 versprochen haben, Sie werden keine Beiträge erhöhen. Das haben Sie dann so recht und schlecht eingehalten, dafür haben Sie neue eingeführt, zum Beispiel die Krankenscheingebühren.

Deswegen sind wir der Meinung, daß es unfair ist, denn das ist eine merkwürdige Art von linearem Selbstbehalt, der durch nichts zu erklären ist, außerdem viele Ausnahmen notwendig macht und einen großen administrativen Aufwand erfordert. Das bringt zwar Geld herein, aber das hätten Sie durch eine einfache Beitragserhöhung viel einfacher haben können. Da hätten wir zwar von hier aus sicherlich dagegen gesprochen, aber wir hätten zugeben müssen, daß es verglichen mit der Einführung der Krankenscheingebühren die richtigere Variante gewesen wäre.

Im übrigen handelt es sich da großteils tatsächlich um eingefrorene Posthorntöne. Das gebe ich zu.

Frau Kollegin Reitsamer hat gesagt, durch das ASRÄG seien nunmehr Möglichkeiten für die eigenständige Pension von Frauen geschaffen worden. Dazu muß ich sagen, das kann sie unmöglich selber glauben, denn dafür ist sie viel zu sehr Fachfrau. Das ist unmöglich, daß sie das glaubt, daß es die Alterssicherung der Frauen verbessert, wenn man die geringfügig Beschäftigten mit einbezieht. Zugegebenermaßen sind häufig Frauen geringfügig beschäftigt. Sie müssen nun Beiträge zahlen und können auch ein paar Jahre damit gewinnen, und das ist auch richtig. Aber eine Absicherung im Alter für jemand, der 3 800 S verdient und davon auch Beiträge zahlt, die müssen Sie mir zeigen – es sei denn, Sie geben dem dann die Ausgleichszulagenpension. Die beträgt übrigens 8 000 S, und das ist genau das, was im Öllinger-Antrag steht und von dem Reitsamer gesagt hat, daß das nicht gut sei. Das verstehe ich nicht. Wenn es weniger als 8 000 S sein sollte, dann ist es für die Kollegin Reitsamer sicherlich noch schlechter. Also was ist das für eine eigenständige Absicherung?

Aber der Satz, daß Frauen, die nicht eigenständig versichert sind, hauptsächlich solche sind, die sich das leisten können, ist eine Verspottung von Leuten, die sich bemühen, eine Arbeit zu finden, aber keine finden. Die müssen sich das leisten können. Die können sich das nicht leisten, sondern die müssen sich das leisten können. Das muß ein Mißverständnis der Kollegin Reitsamer gewesen sein. Das hat sie vielleicht auch zu schnell abgehandelt. Denn zu behaupten, daß die Leute im Alter deswegen nicht abgesichert sind, weil sie sich das leisten


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können, ist so widersprüchlich in sich, daß ich das gar nicht nachvollziehen kann, denn wenn ich es mir leisten kann, bin ich ohnehin abgesichert im Alter.

Aber ich glaube nicht, daß all die Frauen, die auch im Rahmen des Frauen-Volksbegehrens vorstellig geworden sind, deswegen eine eigenständige Absicherung im Alter gefordert haben, weil sie ohnehin abgesichert sind und sich das ohnehin alles leisten können. Also ich weiß nicht: heile Welt, heile Welt!

Eine abschließende Bemerkung zum Entschließungsantrag, der heute vom Kollegen Gaugg im Zusammenhang mit den Politikerbezügen eingebracht wurde: Ich möchte von dieser Stelle aus richtigstellen, daß meine Klubobfrau Frau Dr. Schmidt zu keinem Zeitpunkt ihre Zustimmung zum Bezügebegrenzungsgesetz als Fehler bezeichnet hat. Das steht nämlich in der Begründung des Antrags. Da das Parlamentarische Materialien sind, wollte ich das auch hier deponieren. (Abg. Dr. Khol: Das hat sie nie gesagt! Kratky hat das gesagt!)  – Das mag schon sein. Ich bin mir aber nicht einmal da ganz sicher. Aber jedenfalls: Sie hat das sicherlich nie gesagt. Natürlich ist manches immer wieder verbesserungsfähig, aber das hat sie nicht gesagt.

Das Zitat aus dem Brief des Herrn Bundespräsidenten ist schon eigenartig. Da fällt mir die Karikatur ein, die Zehentmayr gezeichnet hat. Dieses Zitat ist wahrscheinlich das Hendlfutter für den Gockel. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum)

19.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Gatterer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.31

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich glaube, es ist bezeichnend, daß Kollege Gaugg, der im Moment nicht da ist, auf die vielen Berichte und Anträge nicht eingegangen ist, denn dann hätte er einbekennen müssen, daß die Regierung in letzter Zeit eigentlich sehr viel geleistet hat. Die Kollegin Reitsamer ist schon sehr ausführlich darauf eingegangen. (Beifall bei der ÖVP.)

In Wirklichkeit sind diese Anträge, die im Ausschuß nicht die Mehrheit fanden, in der Pensionsreform und in vielen anderen bereits beschlossenen Gesetzen verarbeitet. Deswegen ist in meinen Augen die Auflistung dieser Anträge im Grunde genommen ein Tätigkeitsbericht der Regierung. Wir haben heute schon sehr viel über die Sozialgesetze, über die Gesundheitspolitik gesprochen. Wir wissen, daß es notwendig ist, hier noch aktiver zu werden. Vor allem mit der in der Aktuellen Stunde vorgestellten Beschäftigungsoffensive wird es möglich sein, diese Maßnahme noch abzusichern. Aber die Anträge – vor allem die Anträge des Kollegen Öllinger – sind zum Großteil mit der Pensionsreform sehr gut erledigt worden.

Die Pensionsreform zeigt, allen Unkenrufen der Opposition zum Trotz, erste Resultate, und wir sind sehr glücklich, daß zum Beispiel die Anzahl der Anträge von Frühpensionisten zurückgegangen ist. Man merkt, daß es durch die Pensionsreform erste Erfolge gibt.

Allerdings möchte ich dem Kollegen Öllinger und auch dem Kollegen Kier recht geben, wenn sie sagen, daß es einen Bereich gibt, der noch nicht zufriedenstellend gelöst ist – auch die ÖVP ist dieser Meinung –, nämlich die pensionsrechtliche Absicherung der Frauen, die generell noch nicht in allen Bereichen gut ist, und vor allem die pensionsrechtliche Absicherung der geschiedenen Frauen. Die ÖVP ist dafür, daß es möglichst schnell ein Modell des Versorgungsausgleiches für geschiedene Frauen gibt. Frau Ministerin! Hier haben wir Handlungsbedarf. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte hier einen konkreten Fall einer Frau bringen, die zu mir persönlich gekommen ist. Sie ist 62 Jahre alt, zweimal geschieden, hat vier Kinder und hat überhaupt keine Pension. Ich glaube, das ist etwas, was in einem modernen Staat mit einer so ausgeprägten sozialen Absicherung einfach nicht zu vertreten ist. (Beifall bei der ÖVP.)


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Wir hoffen hier auch auf die Unterstützung der Grünen, damit wir dieses Problem möglichst schnell in diesem Haus lösen.

Kollege Öllinger! Du hast in deinem Antrag auch die allgemeine Versicherungspflicht drinnen. Ich war sehr erstaunt darüber, vor allem deshalb, weil eure Fraktion hier im Haus immer wieder für die Studenten auftritt und sagt, Studenten seien benachteiligt und stark belastet. Ich möchte wissen, was das für die Studenten ab 20 Jahren heißen würde, wenn sie dann in eine Versicherungspflicht fallen. Ich bin also sehr erstaunt über diese eure Forderung. Ich kann dieses Ansinnen nicht teilen, weil ich glaube, daß die Jugend mehr Chancen braucht.

Erfüllt ist auch die Forderung – Kollegin Reitsamer hat das bereits gesagt – nach Bildungsurlaub. Die Forderung nach einer Einstiegsprämie ist sozusagen im Solidaritätsmodell erfüllt. Man kann also wirklich sagen, daß es sehr viele positive Ansätze in diesem Bereich gibt.

Was die Forderung nach der Ausweitung der besonderen Eingliederungshilfe betrifft, glaube ich, daß das etwas ist, worüber wir uns noch Gedanken machen sollten. Kollege Feurstein hat das heute auch in der Aktuellen Stunde erwähnt. Vor allem die Situation der Langzeitarbeitslosen ist gesellschaftspolitisch sehr bedenklich, denn man muß sich vor Augen führen, daß sich der Langzeitarbeitslose und seine Familie dadurch in einer sehr schlimmen Situation befinden. Im Sozialbericht können wir ja nachlesen, daß 20 Prozent der Langzeitarbeitslosen 50 Prozent der Budgetlast im Arbeitslosenbereich ausmachen. Deswegen ist es sehr wohl notwendig, daß wir uns erneut Gedanken machen, ob wir in diesem Bereich noch etwas tun können.

Ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der Situation ist das erst vor kurzem beschlossene Gesetz, das den Arbeitslosen die Möglichkeit des Zuverdienstes einräumt, um wieder einen Fuß in der Tür zu haben, um wieder den Zugang in die Berufswelt zu finden. Ich glaube, die Regierung hat mit dieser Regelung einen sehr guten Weg eingeschlagen.

Zum Vorschlag der Kollegin Haller: Es ist die Erhöhung der Betriebshilfe auf 300 S erfolgt. Wir hätten uns auch gewünscht, daß es 400 S sind. Ich glaube aber, man muß dazusagen, daß eines dabei sehr positiv ist, nämlich daß eine Valorisierung vorgesehen ist und wir nicht jedes Jahr wieder um eine Erhöhung kämpfen müssen. Ich glaube, wir Frauen hätten es nicht als schmerzhaft empfunden, wenn der Betrag von 400 S zustande gekommen wäre, aber wir alle hier im Haus sind Realisten und wissen, Politik ist die Kunst des Möglichen. Ich glaube, diese Erhöhung ist grundsätzlich von uns Frauen sehr positiv zu bewerten, und man kann abschließend sagen, daß das alles in allem ein positiver Tätigkeitsbericht der Regierung ist. (Beifall bei der ÖVP.)

19.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr erteile ich Herrn Abgeordneten Öllinger das Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.37

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin: zum wiederholten Mal einen schönen guten Abend! Wir diskutieren über Anträge, die eigentlich nicht mehr auf der Tagesordnung stehen sollten. Halten wir das einmal fest. Halten wir auch fest, vor allem nach der Rede der Kollegin Reitsamer: Die Regierungsparteien arbeiten vor allem dadurch, daß sie die Anträge der Opposition abliegen lassen oder abschreiben. Diese zwei Alternativen gibt es. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das ist offensichtlich der Arbeitsausweis, der hier vorgelegt wird, daß nach zwei Jahren, wo diese Anträge der Opposition schon längst hätten debattiert und behandelt werden sollen, die Regierungsparteien sagen: Haben wir schon alles erledigt! – Nur, ganz so stimmt es nicht.

Ich will mir jetzt nicht die allerschwierigsten Brocken herausnehmen, aber eines sei mir schon erlaubt zu sagen, an die Adresse der Kollegin Reitsamer gerichtet: Ich habe noch nie so eine skurrile Begründung für die Krankenscheingebühr gehört wie heute. Das ist wirklich interessant gewesen, was die Kollegin Reitsamer erklärt hat, warum wir noch immer diese unselige Krankenscheingebühr haben, die uns ja schon längst in das lichte, hehre Land der Chipcard hätte führen sollen. Nur: Die Chipcard kommt nicht und kommt nicht, und die Regierungs


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parteien können, obwohl es dazu einen Antrag gibt, leider nicht sagen: Haben wir schon erledigt!, denn sie ist noch nicht da. Also brauchen wir die Krankenscheingebühr.

Aber der Kollegin Reitsamer ist es irgendwie zu mühselig zu sagen, nur deswegen, weil wir die Chipcard noch nicht haben, brauchen wir die Krankenscheingebühr. Deshalb sagte sie heute – und das ist besonders interessant –, wir brauchen sie, weil ja unter Umständen eine Grippeepidemie kommen könnte, und dann ist der ganze "Vorrat", den sich die Krankenversicherungen angehäuft haben, wieder weg. Eine Grippeepidemie bringt unser Krankenversicherungswesen aus dem Lot! Deshalb brauchen wir eine Krankenscheingebühr – als Grippemittel.

Meine Damen und Herren! Man kann das natürlich auf diese Art und Weise diskutieren, nur finde ich es nicht angemessen. Ich hätte mir gewünscht, daß man zum Beispiel zu diesem Antrag betreffend die besondere Eingliederungsbeihilfe, den wir damals gestellt haben, ein bißchen reflektiert. Denn es war immerhin das erste Mal, daß der Gesetzgeber ein Instrument aktiver Arbeitsmarktpolitik selbst beschließt.

Frau Ministerin! Ich meine aber, so erfolgreich ist dieses Instrument nicht geworden, als daß wir uns heute und hier seiner berühmen könnten. Es wäre vielmehr an der Zeit, darüber nachzudenken, was diese Aktion – die ja jetzt einen Namen hat, sie heißt "come back" – gebracht hat, welche Effekte sie gehabt hat, und ob es wirklich eine positive Aktion war. Wenn ich mir etwa anschaue, wie das AMS Wien bilanzieren muß – für den Rest des heurigen Jahres fällt die Aktion "come back" ja aus, weil die Mittel schon verbraucht sind, weil man nicht bedacht hat, daß man ja für 18 Monate finanzieren muß, und ich nehme an, daß das auch in einigen anderen AMS-Landesstellen so ist –, dann ist dies ein weiteres Argument dafür, daß man sich bei künftigen Beschlußfassungen über derartige Themen vielleicht doch auch einmal die Argumente der Opposition anhören sollte. Und nicht nur das: Man sollte sich darüber hinaus mit der Beschlußfassung vielleicht auch etwas Zeit lassen, statt daß man hopp-tropp einen Beschluß herausgibt und dann auch noch glaubt, daß man damit eine besonders positive Aktion durchgesetzt hat.

Frau Bundesministerin! Ich denke, Sie wissen, daß die Kritik, die wir an der Aktion "come back" – als sie noch nicht so geheißen hat – geäußert haben, berechtigt war. Selbstverständlich nehmen sich die Unternehmer jene Arbeitslosen, die am meisten Arbeitslosengeld "auf dem Buckel" mit in den neuen Job bringen. Das ist den Unternehmern auch nicht vorzuwerfen, aber ist das der Sinn dieser Aktion gewesen? – Genau das haben wir kritisiert. Dies war ein Teil unserer Kritik, einen anderen Teil haben wir versucht, im vorliegenden Antrag zu formulieren.

Abschließend zu Ihnen, Frau Kollegin Gatterer, und das ist auch an die Adresse von Frau Kollegin Reitsamer gerichtet, obwohl mir Herr Kollege Kier diesbezüglich das Wort schon aus dem Mund genommen hat. Wenn man über die Grundsicherung im Alter sagt, sie wäre zum Sterben zuviel und zum Leben zuwenig, dann muß man auf den Ausgleichszulagenrichtsatz verweisen. Wenn das alles ist, was Ihnen dazu einfällt, dann ist das eine bittere Pille für die Betroffenen! An die Adresse der Kollegin Gatterer und zu ihrer Forderung bezüglich Versorgungsausgleich kann ich nur sagen: Wir unterstützen das, aber nur dann, wenn es eine Sockelung gibt. Genau deswegen braucht man eine Grundsicherung, weil der Versorgungsausgleich sonst nicht funktionieren kann und in der Armut enden würde.

Deshalb, meine Damen und Herren: Nehmen Sie sich für das nächste Mal vielleicht vor, nicht in dieser Art über abgelegte Anträge zu diskutieren, sondern sich etwas seriöser mit den Themen der Opposition auseinanderzusetzen! (Beifall bei den Grünen.)

19.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Gleichfalls 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.43

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist tatsächlich der größte Teil der heute zur Diskussion stehenden Oppositionsanträge bereits im Rahmen der Budgetbegleitgesetze 1997 ausführlich


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diskutiert worden. Viele einzelne Punkte davon sind auch umgesetzt worden. Herr Kollege Öllinger! Die Koalition hat es nicht notwendig, Anträge abzuschreiben, und wir müssen sie auch nicht ablegen. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und den Grünen.)  – Wartet, ihr kommt schon noch dran!

Erstens hat die Koalition durch das Sozialrechtsänderungsgesetz, wie ich meine, tatkräftig bewiesen, daß sie in der Lage ist, auch kreative Lösungen vorzuschlagen und dann auch umzusetzen. Die Ergebnisse der letzten Monate geben uns recht. Zweitens muß ich sagen: So dramatisch, spannend und brennend können die heutigen Diskussionspunkte nicht mehr sein, sonst hätte Herr Kollege Gaugg wenigstens einen einzigen konkreten Hinweis oder Beitrag von dieser Stelle aus machen können. (Abg. Gaugg: Die Probezeitverlängerung soll das Gelbe vom Ei sein?!)

Herr Kollege Gaugg! Sie hätten hier die Möglichkeit gehabt, wirklich konkret zu irgendeiner Frage Stellung zu nehmen. Frau Kollegin Reitsamer hat Ihnen das schon gesagt, und ich muß das bestätigen. Sie haben diese Möglichkeit nicht genützt, also stehlen Sie mir jetzt nicht meine Redezeit! (Beifall bei der ÖVP.)

Wie schon erwähnt, haben wir sehr viele Punkte umgesetzt. Ich möchte nur auf einen einzigen Antrag etwas näher eingehen. Es wurde sehr viel über die Einführung der Krankenscheingebühr diskutiert, und ich gebe zu: Auch wir von der Volkspartei hätten, zumindest was die Einhebung durch die Betriebe anlangt, eine andere Lösung bevorzugt. (Abg. Gaugg: Warum macht ihr es denn dann?!) Letztendlich war uns aber die Krankenscheingebühr an sich so wichtig, daß wir diesen Kompromiß bis zum heutigen Tag gerne mittragen. Und letztlich, Herr Gaugg, hat die Einführung der Krankenscheingebühr sehr viel Positives bewirkt. Das können Sie nicht bestreiten. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gaugg. )

Erstens ist dadurch doch ein beachtlicher Betrag an zusätzlichen Einnahmen lukrierbar gewesen (Abg. Gaugg: Logisch! – Abg. Dr. Khol und Abg. Puttinger, in Richtung des Abg. Gaugg: Zuhören!), und zweitens – was noch wichtiger ist, wie ich meine – hat diese Krankenscheingebühr insofern als Steuerungselement gedient, als heute die Krankenversicherungsträger durchgehend schwarze Zahlen schreiben können. (Abg. Puttinger: Schwarze Zahlen!) Das war allein aufgrund der Krankenscheingebühr möglich! Und drittens – und auch das möchte ich hier unterstreichen – war die Krankenscheingebühr jenes Vehikel, das uns letztendlich auch die Chipkarte sicherstellt. (Abg. Gaugg: Euch zieht doch die SPÖ dreimal über den Tisch!)

Ich darf Sie darüber informieren, daß die Gespräche so weit gediehen sind, daß der Einführung der Chipkarte zumindest von seiten der Wirtschaft nähergetreten wird. Es kann auch ein Teil der Einführungskosten übernommen werden, wodurch es zu einem gewaltigen Bürokratieabbau kommen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

So gesehen bin ich auf seiten der Frau Reitsamer, wenn sie meint, daß zum heutigen Zeitpunkt, Herr Kollege Kier, liebes Liberales Forum, die Aussetzung der Krankenscheingebühr weder sinnvoll noch von uns beabsichtigt ist. Wir von den Regierungsparteien werden unseren Beitrag zu einer konstruktiven Weiterentwicklung des Sozialsystems auf jeden Fall leisten. Wir sind auf Zurufe der Opposition zwar nicht angewiesen, werden sie aber natürlich auch nicht zurückweisen. (Abg. Gaugg: Sehr sarkastisch! Aber ihr kriegt die Abreibung vom Wähler!) Sie haben ja bewiesen, Herr Gaugg, wie "interessiert" Sie an diesem Thema sind. – Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

19.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

19.47

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Tagesordnung gibt uns Gelegenheit, einen gewissen Rückblick zu halten, gewisse sozialpolitische Themen wieder aufzugreifen, daher werde ich mich dem Thema Pensionsreform widmen. Spätestens seit dem Jahres


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wechsel weiß ja jeder, daß diese Pensionsreform, die in diesem Haus von der Koalition beschlossen worden ist, nicht das Gelbe vom Ei ist.

Spätestens seit Herausgabe der Studie des Beirates für Wirtschafts- und Sozialfragen im Jahre 1991 ist bekannt, daß das derzeitige, gesetzlich verankerte Pensionssicherungssystem und die darin zugesicherten Leistungen auf Dauer nicht finanzierbar sind. Die zur Weiterführung dieses Systems in seiner bisherigen Form notwendigen Beitrags- beziehungsweise Steuererhöhungen würden zu einer Aufkündigung des sogenannten Generationenvertrages führen. Das heißt, der im Berufsleben stehenden Generation kann die Aufbringung der aufgrund des Umlageverfahrens notwendigen Mittel nicht mehr zugemutet werden. Die Verlängerung der Ausbildungszeiten, die starke, vielfach unfreiwillige Inanspruchnahme der Frühpension, die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung und die dadurch wachsende Zahl der Leistungsempfänger bewirken aber, daß die bisher gesetzten Maßnahmen bei weitem nicht ausreichen werden, um dieses System auf Dauer aufrechtzuerhalten. Vor allem bei der derzeitigen Höhe der Pensionen wird das Ganze unfinanzierbar.

Was wir brauchen, sehr geehrte Damen und Herren, ist ein umfassendes, faires, sozial ausgewogenes und auf einen Zeitraum von 30 bis 40 Jahren angelegtes Gesamtkonzept, das auch den heute 20jährigen eine realistische Perspektive für ihre Altersversorgung bietet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Übergang zu einem Drei-Säulen-Modell erfordert natürlich einen gewissen Mut. Sie wissen, daß wir Freiheitlichen schon immer ein Drei-Säulen-Modell bevorzugt haben, denn ein allein auf einem Umlageverfahren basierendes Pensionssystem wird in Zukunft nicht mehr die derzeitigen Leistungen erbringen können, ohne daß exorbitant hohe Beiträge eingehoben werden müssen. Die Pensionsbeiträge müßten erhöht werden, und auch das Antrittsalter müßte nach oben verschoben werden.

Die Studie von Herrn Rürup, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Auftrag gegeben wurde, zählt ja einiges in dieser Richtung auf, zum Beispiel: einheitliche Steigerungsbeiträge je Versicherungsjahr, Ausrichtung des Abschlags- und Aufschlagssatzes nach versicherungsmathematischen Grundsätzen, ein gesetzliches Pensionsantrittsalter als Referenz für ein Bonus-Malus-System, eine Erweiterung des Versichertenkreises auf alle Erwerbstätigen, Fixierung des Bundesbeitrages und Dynamisierung nach einer feststehenden Formel, sowie die Anreize zum Ausbau einer zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge. Die demographischen Korrekturfaktoren für Pensionsanpassungsformeln sind einfach durch die Pensionsreform, die hier beschlossen worden ist, nicht gegeben.

Auch die Bundesarbeitskammer hat im Hinblick auf diese Pensionsreform darauf hingewiesen, daß deutliche Leistungskürzungen stattfinden müssen. Sie hat diese Leistungskürzungen kritisiert, ebenso auch den Umstand, daß mit diesem Arbeits- und Sozialrechtsänderungsgesetz 1997 neuerlich eine Pensionsreform mit gravierenden Einschnitten in das Leistungsrecht des ASVG vonstatten gegangen ist, ohne daß ein Gesamtkonzept zur langfristigen Sicherung der Pensionen vorliegt.

Ich trete schon seit Jahren dafür ein, daß wir die Grundlage für die Pensionen auf drei verschiedene Säulen stellen müssen.

Mit der ersten Säule soll das bestehende Umlageverfahren zu einer Basispension für alle Erwerbstätigen umgestaltet werden. Diese Basispension dient der Grundabsicherung des Alters und muß gewährleisten, daß auch in unteren Einkommensgruppen eine Existenz in der Pension möglich ist. Sie muß für eine Lebensführung ausreichend sein.

Die zweite Säule wird durch ein System einer verpflichtenden betrieblichen Altersvorsorge in Form von Pensionskassen gebildet, zu dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer beitragen. – Herr Kollege Trinkl! Sie haben vorhin zwar gesagt, die Koalition habe es nicht nötig, die Anträge der Opposition abzuschreiben, aber es ist eine Tatsache, daß wir diese zweite Säule seit langem forciert haben. Ich bin schon im Jahr 1991 davon ausgegangen, daß die Abfertigung reformiert und in eine betriebliche Altersvorsorge übergeführt werden sollte. Ich weiß aber, daß der Vorsitzende Ihres ÖAAB, Herr Bundesminister Fasslabend, durch die Lande zieht und jetzt auf


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einmal ebenfalls die betriebliche Altersvorsorge forciert. Im Prinzip ist das nichts anderes als unsere Idee. Wenn Sie das wollen, dann können Sie ja unserem Antrag zustimmen!

Als dritte Säule der Altersvorsorge muß die Eigenvorsorge forciert werden. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, die Prämien für Lebensversicherungen steuerlich zu entlasten.

Aus diesem Grund bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Sigisbert Dolinschek, Josef Meisinger, Elfriede Madl, Reinhart Gaugg, Edith Haller und Kollegen betreffend dauerhafte Sicherung der Pensionen durch Umstellung auf ein Drei-Säulen-Modell

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der eine Modifikation und Ergänzung der bestehenden Pensionsversicherung durch eine sukzessive Umstellung auf ein Drei-Säulen-Modell nach folgenden Grundsätzen vorsieht:

Erste Säule: Das bestehende Pensionsversicherungssystem im Umlageverfahren soll zu einer Basispension für alle Erwerbstätigen umgestaltet werden, die der Grundabsicherung im Alter dient und gewährleistet, daß auch in den unteren Einkommensgruppen eine Pension erreicht wird, die eine gesicherte, über dem Existenzminimum liegende Lebensführung ermöglicht. Durch Einbeziehung aller Erwerbseinkommen, Aufhebung der Höchstbeitragsgrundlage bei dem vom Versicherten zu tragenden Beitragsteil und Einfrieren der Höchstbemessungsgrundlage soll eine Beitragssenkung und eine langfristige Angleichung der Pensionshöhe ermöglicht werden.

Zweite Säule: Neben der ersten Säule soll eine Altersvorsorge durch betriebliche Pensionskassen verpflichtend eingeführt werden, die durch Umwandlung der Abfertigungsansprüche in eine laufende Beitragsleistung der Arbeitgeber in Höhe von 4 Prozent des Bruttolohnes und freiwillige Leistungen der Versicherten und der Betriebe finanziert wird.

Dritte Säule: Als dritte Säule der Altersvorsorge soll durch steuerliche Entlastung die Eigenvorsorge forciert werden."

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Das sinnlose Herumdoktern an einem nicht finanzierbaren System muß so bald wie möglich beendet werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dolinschek! Der Entschließungsantrag, den Sie soeben vorgetragen haben, wurde dem Präsidium nicht überreicht. Ich kann daher nicht feststellen, ob er ordnungsgemäß eingebracht ist. (Abg. Dolinschek: Wir haben ihn abgegeben!)  – Nein, er liegt nicht da. Ich halte das nur fest. Wenn Sie ihn mir herauflegen, dann kann ich feststellen, ob er die genügende Zahl von Unterschriften trägt.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Blünegger. Redezeit gleichfalls 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Der Innsbrucker Stadt-Parteiobmann der FPÖ! – Abg. Blünegger, auf dem Weg zum Rednerpult: Macht alles sauber! – Abg. Dr. Khol: Herzog ohne Land! John Lackland!)

19.55

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Hohes Haus! Sehr geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Ablehnung sämtlicher Anträge der Oppositionsparteien durch die Koalition im Sozialausschuß zeigte eigentlich das wahre Gesicht dieser Bundesregierung. Dieses Gesicht ist unsozial, Frau Bundesministerin,


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wenn man betrachtet, wie die Anträge behandelt worden sind und wie sie dann abgelehnt wurden. Dieses Gesicht ist aber vor allem geprägt von dem Unverständnis gegenüber den Anliegen der Arbeitnehmer und der Pensionisten, kurzum, es ist ein Gesicht, bei dessen Anblick es mir als Arbeitnehmer nicht ganz wohl ist und es mir den Rücken hinunterrieselt – im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kollege Trinkl. Sie kommen ja aus dem Wirtschaftsbereich und üben dort Ihre Tätigkeit aus, sind aber nicht sozial gerecht. (Abg. Puttinger: Sie arbeiten nicht in der Wirtschaft?!)

Man muß sich einmal die Überheblichkeit dieser Bundesregierung, dieser Einheitsregierung, vorstellen, mit der sie sämtliche Anträge der Opposition einfach ablehnt, und zwar nicht nur die der Freiheitlichen – daran sind wir ja eigentlich schon gewöhnt –, sondern alle. Das kann wirklich nicht in unserem Sinne sein.

Wenn man die heutige Aktuelle Stunde und die Ausführungen der Koalition über das Beschäftigungsprogramm der Bundesregierung mitverfolgt hat, dann konnte man feststellen: Das war ein Aufzählen in Worten, aber es gibt keine Taten, die folgen! Oder: Wenn ich an das Scheingefecht denke, das sich die Sozialpartner bei diesem aktuellen Thema geliefert haben, dann muß ich sagen, daß die unmittelbaren Lösungsvorstellungen nicht vorgebracht wurden. Unter anderem hat sich auch Herr Präsident Verzetnitsch zu Wort gemeldet. Aber er hat wieder nur Regierungspolitik gemacht und nicht unmittelbar die Politik des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. (Abg. Verzetnitsch: Hört, hört!)

Als Beispiel dafür möchte ich Ihnen nur einen Satz aus der Resolution vorlesen, die der Bundesvorstand des ÖGB am 19. November 1997 verabschiedet hat – ich zitiere –: "Pensionen entscheidend weiterentwickelt und soziale Härten konsequent entschärft." – Lieber Kollege Verzetnitsch! Ich glaube, da bin ich wirklich auf einem anderen Dampfer. Der Regierungsdampfer fährt natürlich in eine andere Richtung.

Meine Damen und Herren von der SPÖ-ÖVP-Einheitspartei! Ich werfe Ihnen vor, daß es Ihnen eigentlich gar nicht um die Problemlösungen in diesem Land geht, die im Interesse der Menschen gesucht werden sollten, sondern daß es Ihnen nur mehr um die arrogante Machtausübung und um eine beinharte Machtpolitik auf dem Rücken der Bevölkerung und der Versicherten geht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

So wird es aber nicht weitergehen. Zum Beispiel wird die Abschaffung der unseligen Krankenscheingebühr eigentlich nur von den Liberalen mitgetragen. Vor allem von uns Freiheitlichen wird sie immer wieder gefordert. In diesem Zusammenhang muß ich eines feststellen: Die Einnahmen aus dieser Krankenscheingebühr stehen in keinem Verhältnis zum Verwaltungsaufwand in den Betrieben und zu den Belastungen für die Versicherten.

Kollege Trinkl! Ich kann dir ein Beispiel aus der Praxis sagen, aus der ich komme, weil ich selbst in einem Betrieb beschäftigt bin. Glaubst du denn wirklich, daß dieser Verwaltungsaufwand sich lohnt? Ich muß dir ehrlich sagen: Bis der jeweilige Arbeitnehmer seinen Krankenschein kriegt, sind die 50 S doch schon längst verbraucht, und zwar allein vom Zeitaufwand her! Und dazu muß man noch fragen, wie die Verwaltung in den Krankenkassen selbst funktioniert und was das dort kostet. Dieser Verwaltungsaufwand ist doch um das Dreifache höher als die Gebühr, die eingehoben wird! Das ist meine Feststellung dazu, und das läßt sich auch beweisen. Diese Krankenscheingebühr gehört endlich abgeschafft, aber dazu hat die ÖVP nicht den Mut. Aber sie hat in Tirol einen Mann, nämlich Herrn Präsident Dinkhauser, der den Mut hätte, der ÖVP und dem ÖAAB zu sagen, daß diese Krankenscheingebühr schon längst abgeschafft gehört. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Krankenscheingebühr ist der falsche Weg, Kollege Trinkl. Daher sind wir, die Freiheitliche Partei und die freiheitlichen Arbeitnehmer, sehr enttäuscht darüber, daß dieser Antrag des Liberalen Forums, der auch von uns Freiheitlichen unterstützt wurde, nicht angenommen worden ist.

Genau in dieser Art geht es auch in der Frage der Erhöhung des Beitragssatzes für die Pensionisten in den Krankenversicherungen weiter. Frau Ministerin! Ich meine, das gehört schon längst


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geändert. Es ist falsch, auf diesem Weg weiterzugehen. Wir Freiheitlichen haben unsere Vorstellungen deponiert, denn wir können den Vorstellungen dieser Bundesregierung nicht Rechnung tragen. Hoffentlich wird es einmal so weit kommen, daß die freiheitlichen Vorschläge in bezug auf das Drei-Säulen-Modell von der Regierungskoalition angenommen werden, und hoffentlich wird es nicht zu lange dauern, bis wir diesen Scherbenhaufen, den wir heute in der Sozialgesetzgebung haben, reformieren müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Mit so einer Rede wirst du in Innsbruck nichts reißen! – Abg. Schwarzenberger: Da ist ja der Federspiel noch besser!)

20.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haller. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.00

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Debatte um diese zehn Anträge der Opposition zur Sozialgesetzgebung hat sich ja schon etwas abgeflacht, aber unsererseits möchte ich noch einmal betonen, daß diese zehn Oppositionsanträge keinesfalls als erledigt betrachtet werden können, ja daß hinsichtlich der darin enthaltenen Forderungen im Sozialrechtsänderungsgesetz sogar teilweise eine Verschlechterung eingetreten ist, zum Beispiel bei den Frauenpensionen – Antrag Öllinger – und bei den Werkvertragsregelungen – Antrag Kier. Eine kleine Ausnahme bildet der Antrag 416/A von uns Freiheitlichen, den wir in ähnlicher Form in den letzten Jahren wiederholte Male eingebracht haben. Er betrifft die Betriebshilfe, das sogenannte Wochengeld für die Bäuerinnen, das – ich möchte das noch einmal betonen – seit dem Jahr 1982, im Gegensatz zum Beispiel zur Teilzeitbeihilfe oder zum Karenzgeld, nicht erhöht wurde. 16 Jahre lang hat die ÖVP in diesem Zusammenhang geschlafen! In diesen 16 Jahren haben sich aber die Lohnkosten – zum Beispiel jene der Landarbeiter – verdoppelt. Es ist auch das Karenzgeld – wenn auch nicht in den letzten Jahren, so doch insgesamt – um die Hälfte erhöht worden. Nur beim Wochengeld für die Bäuerinnen ist nichts passiert. Und wenn man in diesen Tagen in den Printmedien lesen konnte, daß es eben jetzt diese Steigerung auf 300 S geben wird, dann ist der Anlaß dafür sicher die Behandlung hier im Hohen Haus.

Frau Kollegin Reitsamer! Daß freiheitliche Anträge oder Anträge der Opposition immer wieder verzögert werden und die Debatte hinausgeschoben wird, dafür kann man wirklich nicht der Opposition die Schuld geben. Und wenn jetzt die Regierungsparteien – vor allem die ÖVP, denn die Landwirtschaft ist ja eine ÖVP-Domäne – damit hausieren gehen, daß sie eine Großtat vollbracht hätten, weil sie sich endlich einmal dazu herablassen konnten, eine Steigerung von 50 S durchzuführen, was einer Erhöhung von nur 20 Prozent entspricht – in 16 Jahren, wohlgemerkt! –, und auch eine Valorisierung, wie wir Freiheitlichen sie auch immer verlangt haben, dann muß ich schon eines betonen: Das entspricht in keinster Weise einem Kaufkraftausgleich zum Beispiel eben zum Zukauf von Arbeitskräften in der Landwirtschaft, doch dafür wäre dieses Geld ja gedacht. Wir haben gehört, da gab es 100 Prozent Steigerung bei den Kosten, aber jetzt gibt es nur 20 Prozent Erhöhung.

Ich finde es eigentlich wirklich nicht lustig, sondern eher traurig und bedenklich, daß sich eine Partei, die die Landwirtschaft so auf ihre Fahnen heftet, dafür 16 Jahre Zeit gelassen hat – und das, obwohl wir Freiheitlichen immer und immer wieder darauf hingewiesen haben.

Und daß man jetzt den Bäuerinnen dieses "Zuckerl" gibt, hat ja auch einen Grund. Hand in Hand mit dieser kleinen notwendigen Verbesserung verlangt man nämlich von den Bauern, daß sie die "Krot" der Verschlechterung im Bereich der Bauernsozialversicherung schlucken, sprich die Aufhebung der Subsidiarität. Also auf der einen Seite gibt man ein kleines Zuckerl und auf der anderen Seite gibt es gravierende Verschlechterungen.

Ich finde das wirklich, wie ich schon gesagt habe, nicht lustig. Aber weil uns doch der Fasching überall noch ein bisserl in den Knochen steckt – mir zumindest –, möchte ich Ihnen doch noch eines zur Kenntnis bringen. Im Bezirk Kufstein gibt es seit vielen Jahren eine Faschingszeitung als Beilage zu einer Wochenzeitung im Bezirk. Sie nennt sich "Zwidawurz’n". Die Kathi kennt


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das. Diese "Zwidawurz’n" wird von einem sehr fähigen, humorvollen Journalisten gestaltet, der das in Fleißarbeit macht, der die Beiträge das ganze Jahr über sammelt und diese Artikel dann mit sehr viel Gespür für politische Hintergründe verfaßt.

Man kann das leider nicht so weit sehen (die Rednerin hält eine Zeitungsseite in die Höhe), aber da ist auf Seite 8 ein Bild von der Frau Horngacher und von mir mit der Überschrift: "Knaller und Zorngacher beim Karenzgeld uneinig" – gemeint ist natürlich das Wochengeld –, und im Text steht dann: "Keine rechte Gesprächsbasis" hätten laut diesem Bild wir beide bei einer Veranstaltung gefunden, und man unterstellt der Kathi Horngacher folgende Aussage: "Na, was die Edith oiwei für an Bledsinn redt’ – da kust da ja grad die Uawaschl zuheb’n. Iatz mecht’s wieder ’s Karenzgeld für die Bäurinna aufisetz’n! So a Schmarrn – i krieg ja decht koa Kind nimma!" – Mit "i" ist die Kathi Horngacher gemeint.

So lustig das Ganze klingt, hat es gerade für die ÖVP einen ernsten Hintergrund. So sehe ich es. Für mich ist es aber eine Befriedigung, daß zumindest ein Teil der Journalisten fähig ist, auch politische Hintergründe zu erkennen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Meisinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.06

Abgeordneter Josef Meisinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Diesen Block von Sozialanträgen, zu dem heute schon mehrfach Stellung genommen worden ist, möchte ich wirklich als kalten Kaffee bezeichnen, denn wenn Anträge mehr als ein Jahr in diesem Haus verweilen und auf Erledigung warten, dann spottet das wirklich jeder Beschreibung. In einer so schnellebigen Zeit, in der Gesetze im Sozialbereich in einem Jahr oft zweimal novelliert werden, Frau Bundesministerin, möchte ich Ihnen schon raten, die Anträge der Oppositionsparteien doch zumindest zu sichten, damit sie rechtzeitig auf die Tagesordnung kommen und eben auch einen Beitrag zu einer vernünftigen Lösung leisten können. Da wäre eine raschere Behandlung und eine neidlose Zuerkennung der Urheberschaft der Opposition angebrachter als parteipolitisches Taktieren.

Es ist dies eine Minderleistung dieses Hauses, die nur noch vom Abgeordneten Koppler mit dem Industrieausschuß, der in einer Periode nur eine konstituierende Sitzung und eine Zuweisungssitzung zustande gebracht hat, übertroffen wurde. Ich muß sagen, wenn solche Minderleistungen in diesem Haus Schule machen, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Bevölkerung sich über die Zweckmäßigkeit dieser Einrichtung wirklich Gedanken macht.

Zu Beginn der Diskussion wurde die generelle Sozialversicherungspflicht gefordert, aber es ist so, daß eine Ausnahmeregelung für Erwachsenenfortbildung ein schlechtes Licht auf eine doch gut funktionierende Weiterbildungsorganisation wirft, nämlich insofern, als es sich gerade Unterorganisationen von Pflichtbeitragskammern, so etwa das WIFI von der Wirtschaftskammer oder das BFI der Arbeiterkammer, richten können. Ich nenne das unsolidarisch, sich vor Sozialversicherungsbeiträgen in diesem Bereich zu drücken, wo doch auf der einen Seite – sprechen wir es ganz offen aus! – die strammen Sozialisten sich ihr Zubrot verdienen und auf der anderen Seite natürlich die waschechten Schwarzen dem Proporz Genüge tun. Ich nenne das Diskriminierung der Konkurrenz und Wettbewerbsverzerrung in Vollendung. Da kommt es zum Beispiel schon vor, daß das BFI Konkurrenzlehrgänge anbietet, die bisher im Arbeitsmarktservice ganz erfolgreich gelaufen sind.

Ein weiterer Antrag steht zur Debatte, und zwar ein Antrag der Grünen zur aktiven Arbeitsmarktpolitik. Von diesem Antrag ist zwar schon einiges mit aufgenommen worden, aber ich finde, daß die Methode, durch zusätzlichen Urlaub, Bildungsurlaub und Jobrotation für Langzeitarbeitslose und Schwervermittelbare Arbeitsplätze zu schaffen, vielleicht für den öffentlichen Bereich gangbar ist, nicht aber für den privaten Bereich, für den Produktionsbereich, wo die Einschulungszeiten doch wesentlich länger dauern, noch dazu, wo das Modell der Jobrotation in Dänemark eher mit unbefriedigendem Erfolg abgeschlossen wurde.


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Wenn Kollegin Gatterer zum Besten gibt, daß die Regierung im Sozialbereich viel geleistet hat, so muß ich sie korrigieren: Diese Regierung hat sich bei den Belastungspaketen, bei den Belastungen der Bevölkerung einiges geleistet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist noch Herr Abgeordneter Dr. Pumberger zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.11

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nehme Bezug auf meinen Antrag 540/A betreffend die Rezeptgebühren.

Über die Krankenscheinsteuer und darüber, wie unsinnig sie ist, wie wenig sie einbringt, ist ja heute schon gesprochen worden. Daß mehr Verwaltungskosten anfallen, als wirklich Profit unter dem Strich herausschaut, wissen wir alle. Herr Kollege Feurstein nickt zustimmend, aber ich glaube ihm das nicht, denn er gehörte zu den treibenden Kräften für die Einführung der Krankenscheinsteuer. Der damalige Sozialminister Hums hat sich heftig dagegen gewehrt. Er wollte eine Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge, was natürlich auch nicht der ideale Weg ist. Man hätte viel besser einmal bei der Sozialversicherung selbst, bei der Verwaltung und bei den Funktionären sparen sollen, bevor man die Patienten zusätzlich belastet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Antrag bezieht sich auf die Rezeptgebührenerhöhung im Jahre 1996 von 35 auf 42 S. Ich habe in meinem Antrag in einer Zusammenstellung die durchschnittliche jährliche Erhöhung der letzten 14 Jahre mit der prozentuellen Angabe aufgeschlüsselt, und daraus können Sie ersehen, daß die durchschnittliche Erhöhung der Rezeptgebühr pro Jahr 4,87 Prozent betrug. Dann kam dieses sogenannte Mogelpaket, und man hat gesagt, daß die Gesundheitskosten explodieren, daß sie 9,7 Prozent vom BIP ausmachen, daß die Kassen enorme Defizite haben. Sie haben gesagt, 3,6 Milliarden Schilling Defizit hätten sie; in Wirklichkeit waren es nur 400 Millionen Schilling, und im vergangenen Jahr 1997 hat allein die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse 500 Millionen Schilling Überschuß gehabt.

Daher ist es an der Zeit, nach dieser 20prozentigen Erhöhung im Jahr 1996 – früher waren es, wie gesagt, im Durchschnitt nur 4,87 Prozent – die Rezeptgebühr jetzt so lange einzufrieren, bis unter Annahme dieser durchschnittlichen Erhöhung die 20 Prozent erreicht sind. Das heißt, etwa vier Jahre lang könnte man die Rezeptgebühr einfrieren und bei den derzeit 43 S belassen. Das wäre nicht zuviel verlangt, denn die Krankenkasse hat immer noch einen Gewinn, weil sie ja durch die 20prozentige Erhöhung seit 1. Jänner 1997 quasi einen zinsenfreien Kredit von den Patienten bekommt.

Daher bitte ich Sie, dem Antrag, der nicht mehr verlangt, als die Krankenkasse, die derzeit große Profite macht, um eine weitere jährliche Erhöhung der Rezeptgebühr zu bringen – sie soll also vorerst keine jährliche Erhöhung machen, sondern erst wieder ab dem Jahr 2001 –, Ihre Zustimmung zu geben. Das ist eine sehr bescheidene Forderung, die im Sinne der Familien ist, denn vor allem kinderreiche Familien sind von der Rezeptgebühr sehr stark belastet. Besonders die Familienpartei ÖVP fordere ich auf, hier nicht nur leere Worte zu predigen, sondern wirklich auch Taten zu setzen und eine familienfreundliche Einfrierung der Rezeptgebühr bis zum Jahr 2001 mitzubeschließen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Wir gehen jetzt in den Abstimmungsvorgang ein, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.


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Zunächst möchte ich folgende Klarstellung treffen: Herr Abgeordneter Dolinschek hat im Laufe seines Debattenbeitrages einen Entschließungsantrag verlesen, der im Laufe der Debatte dem Präsidium nicht überreicht wurde. Nach § 55 Abs. 3 der Geschäftsordnung sind Entschließungsanträge nur dann zu behandeln und abzustimmen, wenn sie dem Präsidenten überreicht worden sind und von einem der unterfertigten Abgeordneten verlesen wurden. Es fehlt daher eine wesentliche Voraussetzung nach der Geschäftsordnung, sodaß dieser Entschließungsantrag nicht zur Abstimmung kommt.

Nach dieser Klarstellung gelangen wir jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehmen lasse.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 919 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 920 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer hiezu die Zustimmung gibt, möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Auch dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 921 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 922 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 923 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Nunmehr stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 924 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Auch dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Haider und Genossen betreffend Abschaffung der Politikerprivilegien.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. (Rufe: Der Haider ist nicht da! Wo ist er denn? – Abg. Dr. Khol: Der Haider ist nicht da! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Khol: Haider und Stadler sind nicht anwesend!)  – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 925 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Nunmehr stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 926 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 927 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Bericht wird mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Mehrheitliche Annahme.

Schließlich stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 928 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Die Kenntnisnahme dieses Berichtes erfolgt mehrheitlich. Mehrheitlich angenommen.

17. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Bericht des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie (III-91 der Beilagen) betreffend Umweltförderungen des Bundes 1996 sowie die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen (1076 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Jetzt kommen wir zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Wir beginnen die Debatte, indem ich Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer als erstem Redner das Wort erteile. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.19

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Umweltförderungsbericht ist in einigen Punkten durchaus positiv zu bewerten, und ich bin überzeugt davon, daß die Regierungsparteien das im Anschluß dann auch noch sehr ausführlich zum Ausdruck bringen werden.

Herr Bundesminister! Auch ich stehe nicht an, den einen oder anderen Punkt herauszugreifen, der von unserer Warte aus positiv zu bewerten ist, so zum Beispiel die jetzt etwas länger zurückliegende Betrauung der Kommunalkredit mit der Abwicklung der Förderungen, was sicherlich, was die Umweltförderung betrifft, ein sehr, sehr positiver Schritt war.

Ich erinnere an die Schuhschachtel-Buchhaltung unter Ihren Vorgängerinnen Flemming und "Fehlgriff Zankl", die seinerzeit ein fürchterliches Chaos gebracht hat. Als steirischem Landsmann oblag es Ihnen, dieses Chaos zu beseitigen, was durchaus gelungen ist, wiewohl zu bemängeln ist, daß man bei der Förderung öfters den Eindruck hat, daß nicht unbedingt die besten, sondern die größten Objekte gefördert werden. In meinem eigenen Bundesland entsteht dieser Eindruck zum Beispiel beim Projekt Donnerskirchen. Dieses kleine Projekt wird offensichtlich nicht so bewertet, wie es bewertet werden sollte. Eine Großkläranlage bekommt den Vorrang, und ebenso verhält es sich in Oberschützen und Willersdorf.

Immerhin wurden mit 5,8 Milliarden Schilling an Förderungen Gesamtinvestitionen von 16,3 Millionen Schilling ausgelöst. Das hat sich auf die Bauwirtschaft in Zeiten, in denen eine starke Nachfrage nach Arbeitsplätzen besteht, durchaus positiv ausgewirkt. Nachweisbare Erfolge hat diese Investition außerdem auch im Gewässerschutz gebracht.


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Herr Bundesminister! Als weiterer positiver Punkt ist auch die Förderung der erneuerbaren Energieträger zu nennen – eine Förderung, die Sie gemeinsam mit Ihrem Kollegen Molterer ins Leben gerufen haben.

Trotzdem gibt es aber auch Anlaß für Kritik, und zwar für massive Kritik betreffend Altlastensanierung. Wie Sie wissen, klafft nach wie vor eine riesige Lücke zwischen Einhebungsziel und tatsächlichem Aufkommen. Auch die stufenweise Anhebung der Beiträge hat in Wahrheit nichts gefruchtet. Es müssen zwar die, die ehrlich ihre Abgaben entrichten, immer mehr zahlen, man bekommt dadurch aber die Abgabenhinterziehung, die es in diesem Bereich im großen Stil gibt, nach wie vor nicht in den Griff. Herr Bundesminister! Das ist die eigentliche Ursache für das riesige Loch und für das große Defizit bei der Altlastensanierung.

Direkt mit dieser unzureichenden Einhebung der Sanierungsbeiträge dürfte auch der Erfassungsgrad von Verdachtsflächen zusammenhängen. Man will offensichtlich gar nicht alle Verdachtsflächen, die es in Österreich gibt, offiziell erfassen, weil man wahrscheinlich nicht wirklich einen Gesamtüberblick haben will, denn die Förderungen, die dann für die Sanierung notwendig wären, würden vermutlich jegliches Ausmaß überschreiten, das man sich nur vorstellen kann. Von zirka 80 000 Verdachtsflächen, Herr Bundesminister, sind derzeit genau 144 registriert und nur elf saniert!

Eine aktuelle Studie der Arbeiterkammer mit dem Titel " Altlastensanierung in Österreich" zeigt auf, daß es gewaltige Regelungs- und Vollzugsprobleme im Bereich der Altlastensanierung gibt, daß es den Verursachern leicht gemacht wird, sich der Verantwortung zu entziehen und daß die öffentliche Hand nicht in der Lage ist, auch nur annähernd die Mittel aufzubringen, die notwendig wären, um tatsächlich sinnvoll reparieren zu können. Immerhin sind bei 70 Prozent dieser fast 80 000 Altlasten, die es geben soll, Trinkwasserreservoirs gefährdet. Deshalb, Herr Bundesminister, sollten wir diese Problematik nicht auf die leichte Schulter nehmen!

Zudem wäre es notwendig, daß wir in Hinkunft, um die Finanzierbarkeit möglich zu machen, das Verursacherprinzip viel stärker als bisher anwenden. Deshalb, Herr Bundesminister, bringen wir in diesem Zusammenhang einen Antrag ein, der da lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Kollegen betreffend Umweltförderungen für die Altlastensanierung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Umwelt wird aufgefordert, bezüglich Altlastensanierung Maßnahmen beziehungsweise Gesetzesvorschläge im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und dem Bundesminister für Finanzen vorzubereiten, die eine Verfahrensvereinfachung und Beschleunigung bewirken, dem Verursacherprinzip gerecht werden und die Bundesförderungen und die Altlastenbeiträge konsumentenfreundlicher gestalten."

*****

Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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20.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer vorgetragen hat, ist geschäftsordnungsgemäß unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

20.25

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Bericht des Umweltministers betreffend Umweltförderung des Bundes 1996 bestätigt eindeutig, daß sich das Umweltförderungsgesetz als großer Erfolg für die österreichische Umweltpolitik herausgestellt und deutliche Verbesserungen im österreichischen Umweltbereich gebracht hat. Dringend notwendige Förderungen konnten gewährleistet werden.

Allein die Zahlen im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft lassen den gigantischen Erfolg der Umweltförderungen für die Gemeinden, für die Wirtschaft und für die heimischen Arbeitsplätze erkennen. Im Jahre 1996 hat der Umweltminister für 1 416 Umweltprojekte Förderungen im Umfang von 5,8 Milliarden Schilling ausgeschüttet und damit eine Investitionssumme von insgesamt 16,3 Milliarden Schilling ausgelöst, was wiederum einen Beschäftigungseffekt in der Größenordnung von 21 000 Arbeitsplätzen zur Folge hatte.

Im Jahre 1997 wurde mit einem Fördervolumen von 7,4 Milliarden Schilling bereits ein Investitionsvolumen von 19,5 Milliarden Schilling erreicht und ein Beschäftigungseffekt von über 25 000 Arbeitsplätzen. Diese überdurchschnittliche Förderung wurde durch eine zusätzliche Sondertranche von jeweils einer Milliarde Schilling für die Jahre 1996 und 1997 im Siedlungswasserwirtschaftsbereich möglich.

Auch für das Jahr 1998 ist die Fortschreibung der Erfolgsstory zu erwarten. Für Wasserwirtschaftsprojekte ist wieder eine Sondertranche von zusätzlich einer Milliarde Schilling vorgesehen. Damit kann die erfolgreiche Beschäftigungsoffensive der letzten Jahre weiter fortgesetzt werden, und es können von Jahr zu Jahr mehr Anträge für Umweltinvestitionen in noch kürzeren Abständen positiv entschieden und eine Förderung erteilt werden.

Diese Entwicklung ist ein überwältigender Erfolg und zeigt die große Bedeutung der Umweltförderung. Gerade für die Gemeinden, die der größte Auftraggeber im Bereich der Wasserwirtschaft sind, haben sich die Förderungen als Motor für Investitionen der heimischen Wirtschaft sowie für die Beschäftigung erwiesen.

Auch im Bereich der Altlastensanierung konnten ähnliche positive Effekte erzielt werden. Für 1996 ist ein Rückgang der Deponiemengen um 110 000 Tonnen gegenüber 1993 ausgewiesen. Diese Abnahme ist auf den Erfolg der getrennten Sammlung von Altstoffen und kompostierbaren Abfällen zurückzuführen. (Abg. Mag. Schweitzer: Was hat das mit Altlastensanierung zu tun?!) Im übrigen, Herr Kollege, soll die Sanierung von Altlasten künftig nach einem beschleunigten Verfahren erfolgen. Bundesminister Bartenstein bereitet derzeit eine entsprechende Novelle vor, welche noch heuer zur Begutachtung versandt werden wird. Ihr Entschließungsantrag hat sich somit erübrigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dieser Novelle soll die derzeit zersplitterte Rechtslage bei Sanierungsverfahren von einem einheitlichen Verfahrenssystem abgelöst werden. Gegenüber der letzten Novelle des Altlastensanierungsgesetzes 1996 wird dem Verursacherprinzip noch deutlicher Rechnung getragen werden als bisher.

Herr Bundesminister! Ich danke Ihnen an dieser Stelle recht herzlich für die vorausschauenden und klugen Entscheidungen der letzten Jahre, die dazu geführt haben, daß Österreich sich im Bereich der Umweltpolitik international nicht zu verstecken braucht. So hat zum Beispiel Ihre Präsentation in Kyoto weltweit großes Lob hervorgerufen und unser internationales Ansehen gestärkt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind somit nicht nur im EU-Vergleich ein Umweltmusterland, sondern werden auch international als Vorreiter in Umweltbelangen gesehen. Und innerhalb der Europäischen Union wurde erst kürzlich in Brüssel entschieden, daß sich die EU beim Schwefelgehalt im Heizöl-leicht den strengen österreichischen Normen anpassen wird. Dasselbe gilt für den Benzolgehalt im Benzin. In diesem Zusammenhang besteht bereits ein Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission, der die Anpassung an den österreichischen Grenzwert vorsieht.


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Weiters hat uns die OECD in ihrem Länderbericht über die Umweltpolitik ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt. Demnach ist Österreichs Umweltpolitik seit den späten siebziger Jahren sehr erfolgreich. Die heimischen Umweltausgaben zählen zu den höchsten in der OECD. So ist Österreich zum Beispiel europaweit führend bei der Verringerung des Schwefeloxidausstoßes. Nach dem Umweltkontrollbericht hat sich der Ausstoß der meisten anderen Luftschadstoffe ebenfalls wesentlich verringert. Am höchsten ist der Rückgang bei den Stickoxiden, bei Kohlenmonoxid, flüchtigen organischen Verbindungen und Kohlendioxid.

Wir haben eine besondere Vorreiterrolle im Bereich von Wasserschutz und Luftreinhaltung. Hervorgehoben wurde die in den siebziger Jahren begonnene Sanierung unserer Seen. Die kommunalen und industriellen Abwasseranlagen sind sehr effizient. 75 Prozent der Haushalte sind an eine biologische Abwasserkläranlage angeschlossen.

Auch ist es uns gelungen, das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes vom Energieeinsatz relativ früh abzukoppeln. Damit ist ein wesentlicher Schritt in der Umweltpolitik gesetzt worden. Der Engerieeinsatz, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, liegt in Österreich um ein Drittel niedriger als im OECD-Durchschnitt.

Mehr als ein Viertel der Primärenergie wird bereits aus erneuerbaren Energiequellen bereitgestellt. Herr Bundesminister! In diesem Zusammenhang ersuche ich Sie, die bereits positiven Entwicklungen in Richtung Förderung von erneuerbaren Energieträgern auch weiterhin voranzutreiben.

Zum Schluß möchte ich noch kurz auf die Umweltförderung im Ausland eingehen. Auch in diesem Bereich ist nämlich eine deutliche Verbesserung der Effizienz bei der Förderung von Vorhaben zur Minderung von Emissionen festzustellen. Generell ist aber festzuhalten, daß noch Potentiale zur Entlastung der österreichischen Umweltsituation vorhanden sind, und zwar speziell im grenznahen Bereich. Es ist unbedingt notwendig, daß wir auch weiterhin, und zwar verstärkt, unseren Nachbarländern im Norden und Osten helfen, denn dort kommt es zum Teil noch immer völlig ungehindert zu gefährlichen Emissionen, die durch die Verfrachtung unsere grenznahen Gebiete bedrohen. So weist das Umweltbundesamt etwa nach, daß zum Beispiel Schwefeldioxid zu 95 Prozent nach Österreich importiert wird.

Unsere eigenen, hausgemachten Emissionen wurden im vergangenen Jahr jedoch drastisch reduziert. Daher sollten wir uns erstens in Brüssel dafür einsetzen, daß die Umweltgesetze europaweit verstärkt den österreichischen Normen angepaßt werden, und zweitens sollten wir auf unsere nördlichen und östlichen Nachbarländer dahingehend einwirken, daß die Schadstoffverfrachtung aus diesen Ländern geringer wird, aber wir sollten nicht dauernd im eigenen Land danach schreien, daß unsere Grenzwerte und unsere Umweltstandards noch weiter verschärft werden sollen.

Unser Ziel sollte eine gemeinsame, effiziente europäische Umweltpolitik sein. In diesem Sinne danke ich dem Herrn Umweltminister für den vorliegenden Bericht und die hervorragenden Leistungen seines Ressorts! Meine Fraktion nimmt diesen Bericht gerne zustimmend zur Kenntnis. (Beifall bei der ÖVP.)

20.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Ing. Reichhold zu Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.32

Abgeordneter Ing. Mathias Reichhold (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte bei meinem Vorvorredner Kollegen Schweitzer anknüpfen, der kritisiert hat, daß die Altlastenbeiträge nicht flächendeckend und sehr lückenhaft eingehoben werden.

Am Beispiel der Deponie Frohnleiten ist das leicht nachvollziehbar. Die Deponiebetreiber versuchen dort mit irgendwelchen Tricks, der vollständigen Abgabe der Altlastensanierungsbeiträge zu entgehen. Das führt natürlich dazu, daß es zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt und daß


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jene Deponien, die diese Tricks anwenden, kostengünstiger deponieren können, und das führt auch dazu, daß ein "Mülltourismus" durch ganz Österreich zu diesen eher kostengünstigen Deponien stattfindet. Ich möchte Sie daher wirklich ersuchen, Herr Bundesminister, alles daran zu setzen, daß diese Wettbewerbsverzerrung beseitigt wird, und daß seitens Ihres Ressorts mit Nachdruck daran gearbeitet wird, daß diese Tricks in Hinkunft nicht mehr möglich sind.

Zum zweiten möchte ich eine spezielle Kärntner Situation erwähnen. Es gibt im Altlastensanierungsgesetz, wie Sie wissen, die Möglichkeit der Beitragsbefreiung, und zwar dann, wenn eine Altlast selbst saniert und diese nachweislich in eine ordnungsgemäße Deponie verfrachtet und dort untergebracht wird. Diese Beitragsbefreiung ist aber nur dann möglich, wenn diese Altlast auch als Altlast erfaßt und im Atlas aufgenommen ist. Das verursacht einen relativ langen Vorlauf und auch hohe Kosten, daher scheuen viele Gemeinden und Gebietskörperschaften davor zurück, diesen langwierigen Prozeß auf sich zu nehmen.

In Kärnten hat sich daher die Praxis durchgesetzt, daß viele kleine Deponien, die aber von ihrer Umweltgefährdung her ein hohes Potential haben, unbürokratisch und rasch saniert werden, und zwar ohne die Hilfe des Bundes. Das führt dazu, daß aufgrund der Ersparnisse, die im Vorlauf aufgrund der Nichterfassung im Altlastenkatalog gemacht werden, Geld frei wird, mit welchem die Sanierung selbst durchgeführt werden kann.

Das Problem dabei ist nur, daß diese Form der Sanierung nicht von der Beitragspflicht befreit ist. Herr Bundesminister! Wenn Ihnen daran liegt, daß eine rasche Sanierung der kleinen Altlasten erfolgt, dann ersuche ich Sie, dieses Gesetz so abzuändern, daß auch für die Gemeinden ein Anreiz besteht, in diesem Zusammenhang rasch und unbürokratisch vorzugehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

20.36

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Ellmauer hat schon gebührenden Dank und Lob an das Ministerium ausgesprochen.

Ich möchte besonderen Dank und besonderes Lob an die Kommunalkredit und deren Mitarbeiter weitergeben, die einen hervorragenden Bericht geliefert haben. Dieser betrifft das Jahr 1996. Aber, Kollege Schweitzer, als Insider in den Kommissionen wissen wir auch, daß sich das inzwischen sehr positiv weiterentwickelt hat. Das Jahr 1996 ist auch deshalb besonders interessant, weil in diesem Jahr viel geschehen ist, was mittelbare und unmittelbare Auswirkungen auf unsere Thematik hatte. Ich erwähne zum Beispiel die Novelle vom 1. Mai zum Umweltförderungsgesetz und die Förderungsrichtlinie, die sehr zügig erstellt worden sind. Es wurden – und das sollte meines Erachtens sogar verstärkt gemacht werden – auch einige beachtliche Studien initiiert und durchgeführt, und auch das Altlastensanierungsgesetz hat im Prinzip gegriffen.

Ab 1. Jänner 1997 stehen uns – das sieht man sehr deutlich, wenn man sich die Entwicklung anschaut – wesentlich mehr Mittel zur Verfügung. Ich teile aber auch die geäußerte Kritik und ersuche den Herrn Minister, einmal wirklich untersuchen zu lassen, inwieweit Abgaben hinterzogen werden und inwieweit es zu Ungereimtheiten wie im Fall Frohnleiten kommt. Ich habe damit auch keine besondere Freude, weil das natürlich dazu führt, daß sich letztlich wieder Altlasten ansammeln, die wir im Grunde genommen – dazu stehe ich – nur mit Hilfe einer ordentlichen Verbrennungstechnologie beseitigen können. Und wenn wir im Jahre 2004 nicht überbleiben wollen, dann müssen wir alles tun, um dieses Preisdumping der Deponien zu verhindern. Herr Minister! Ich bitte Sie, wirklich alle Sorgfalt darauf zu verwenden. Dazu brauchen wir nicht unbedingt einen Entschließungsantrag, wie ihn Kollege Schweitzer eingebracht hat, aber in der Zielrichtung hat er recht. Ich glaube, daß Sie selbst daran höchst interessiert sind.


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Auch ich wollte mich überwiegend mit der Altlastenproblematik beschäftigen. Wir haben Schwierigkeiten – das zeigt die zitierte Arbeiterkammerstudie auf – bei der Vollzugspraxis der Behörde. Auf diesem Gebiet gibt es Probleme. Herr Minister! Das wäre ein breites Betätigungsfeld für das von uns beiden so heiß geliebte Umweltbundesamt, das man noch verstärkt in der Kontrolle, Überwachung, Auffindung und Kategorisierung von Altlasten einsetzen könnte. Geld ist eigentlich genügend vorhanden, Kollege Schweitzer. Das Problem besteht nicht darin, daß derzeit nicht genügend Geld vorhanden ist, sondern darin, daß es Vollzugsprobleme und vielleicht auch in der Prioritätensetzung Probleme gibt. Ich gebe dir aber insofern recht, als die Verursacher stärker in die Pflicht zu nehmen sind. Denn auch mich stört es, daß derzeit trotz offensichtlicher Gesetzesbrüche oft jahrelang prozessiert werden muß, bis etwas weitergeht, und letztlich oft der Staat bezahlt.

Herr Bundesminister! Abschließend noch eine Anregung: Ich habe schon gesagt, daß mir verstärkte Kontrolle sowohl beim Transport als auch bei den Deponien höchst notwendig erscheint, denn diese werden oft wirklich auf Teufel komm’ raus zu Dumpingpreisen aufgefüllt. Ich meine, wir sollten uns wirklich zusammensetzen und ein neues, überarbeitetes Maßnahmenpaket zur Altlastensanierung erarbeiten, um die Problematik noch besser und rascher in den Griff zu bekommen. Und wir sollten insbesondere auch im Bereich des Förderwesens überlegen, jenen, die in naher Zukunft den Bau moderner Verbrennungsanlagen planen, in Übereinstimmung mit einem entsprechenden Plan Förderungen anzubieten, um diesen Weg tatsächlich beschreiten und im Hinblick auf das Jahr 2004 einen entsprechenden Fortschritt erzielen zu können.

Zwei Punkte sind also wichtig: Wir müssen bei den Deponien aufpassen, denn das sind die kommenden Altlasten, und die Verbrennungseinrichtungen, die dem Stand der Technik entsprechen, fördern. Ich möchte Sie ersuchen, Herr Minister, darauf besonderes Augenmerk zu legen! (Beifall bei der SPÖ.)

20.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

20.40

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn sich ein Wirtschaftssprecher zu einer Umweltsache zu Wort meldet, dann muß das besondere Gründe haben. Ich darf Ihnen zwei Gründe anbieten. (Abg. Ing. Langthaler: Ich weiß einen Grund: Barmüller ist nicht mehr da! – Heiterkeit bei den Grünen.)  – Mein Gott! Jetzt habe ich das so gut überbrückt, und Sie decken mich auf, Frau Kollegin. Das können Sie doch nicht machen! (Heiterkeit.)

Ich habe allerdings zwei andere Gründe: Der eine ist, daß ich mich freue, feststellen zu können, was Ausgliederung alles bewirken kann. Seit die gesamten Umweltförderungen über die Kommunalkredit vorgenommen werden, verlaufen sie vorbildlich, und man kann ein Kompliment dazu aussprechen: So soll es sein! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mein zweiter Grund: Ich glaube, daß wir bei der Wassersanierung in der Siedlungswasserwirtschaft dabei sind, einen großen Fehler zu machen: Niemand will schmutzige Bäche, schmutziges Grundwasser, schmutzige Seen, gar keine Frage! Ich fordere jedoch auf diesem Gebiet nicht das Maximum, sondern das Optimum! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Wabl: Sehr gut!)

Ich habe den Eindruck, daß heute in der Wasserreinhaltung ein ökologisches Maximum angestrebt wird, das sich mit dem finanziell Leistbaren oft nicht mehr verträgt. Lassen Sie mich das an einem ganz konkreten Beispiel darstellen: Die Kanal- und Abwassergebühren vor allem in jenen kleinen Landgemeinden, die sehr lange Abwasserstränge haben, liegen heute bei 30 S, 40 S, 50 S, und ich kenne sogar eine Gemeinde, wo sie über 50 S liegen. Damit sind wir im Bereich des schwer Leistbaren. Was geschieht da? – Es werden auch einzeln stehende Häuser, die durch eine normale Biokläranlage vermutlich genauso gut zu reinigen wären, angeschlossen, und es ist bekannt, daß 3 000 S bis 4 000 S pro Laufmeter Kanal bezahlt werden müssen. Bei einer Entfernung von 300 Metern bis zum nächsten Strang ist das rund eine Million


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Schilling. Und wenn du, Herr Minister, durch deine Regelungen beziehungsweise die Gemeinden dem Eigentümer 50 000 S Anschlußgebühr vorschreiben, dann zittert dieser Häuselbauer bereits um sein Leben, also bleiben 950 000 S über, die über die laufenden Betriebskosten hereingebracht werden müssen.

Das trifft natürlich dort zu, wo viel Wasser verbraucht wird, also überwiegend in den gewerblichen Betrieben, und mir ist das auch von der Hotellerie in Kärnten bekannt, wo manchmal bis zu über 50 S pro Kubikmeter Wasser und Kanal gezahlt werden müssen. Ebenso verhält es sich auch in anderen Gemeinden in Österreich, etwa in Niederösterreich und Oberösterreich.

Daher sage ich ein klares Ja zur Gewässerreinhaltung. Auf diesem Gebiet ist Österreich ein Vorbild in Europa. Es muß aber die Überlegung angestellt werden, ob das ökologische Maximum auch das Optimum ist. – Ich glaube, wir bemühen uns momentan zu sehr um das Maximum. Wir sollten uns den Kopf darüber zerbrechen, was wir mit Hilfe von Pflanzenkläranlagen bewirken können und was wir peripher lösen können, um nicht die Investitionskosten und damit die Benützungskosten on the long run wirklich ins Kraut schießen zu lassen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

20.43

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf drei Aspekte der Umweltförderung eingehen.

Ein Aspekt ist die Altlastensanierung; diese wurde schon angesprochen. Dafür ist entschieden zu wenig Geld da, daher kommt es zu schwerwiegenden Mängeln in diesem Bereich. Die engagierten Vorhaben, die vor einem knappen Jahrzehnt politisch verkündet worden sind, sind steckengeblieben. Es gibt dafür einfach zuwenig Geld.

Herr Bundesminister! Dafür haben Sie offensichtlich in einem ganz anderen Bereich mit dem Geld kein Problem. Herr Kollege Peter hat davon gesprochen, als er meinte, daß das ökologische Maximum und nicht das ökologische Optimum angestrebt wird. Herr Kollege Peter! Inhaltlich haben Sie sicherlich recht. Ich weiß allerdings nicht ganz genau, was Sie mit dem ökologischen Maximum meinen: Denn bei dem, was derzeit im Siedlungswasserwirtschaftsbereich geschieht, meine Damen und Herren, handelt es sich nicht um das ökologische Maximum, sondern um einen Mitteleinsatz. Der Kollege von der ÖVP hat das treffend formuliert: Es ist dies eine Beschäftigungsoffensive, aber auf Kosten der Umwelt und auf Kosten der ländlichen Bevölkerung, was zu einer sozialen Verelendung ganz bestimmter Gebiete führt. Ich werde Ihnen das auch belegen.

Herr Kollege Keppelmüller! Sie schütteln den Kopf! Sie wissen doch selbst ganz genau, welche ungeheuren Spannungen es im ländlichen Raum erzeugt, wenn man versucht – Herr Kollege Peter hat das genau beschrieben –, auch noch das letzte Haus und den letzten Bauernhof an eine Kanalautobahn anzuschließen, um das Wasser möglichst schnell in den Fluß hinunterzubringen! (Abg. Dr. Keppelmüller: Das ist doch nicht wahr! Sie sind ein Träumer!) Herr Kollege Keppelmüller! Was sagen Sie denn dazu, daß ein Anschluß für ein Haus bei Frojach-Katsch 800 000 S kosten soll?! (Abg. Hans Helmut Moser: Wo ist denn das?! – Zwischenruf des Abg. Keppelmüller. ) Das ist kein Hotel, nein! Es handelt sich um einen Hausanschluß um 800 000 S! In Vordernberg belaufen sich die Kosten dafür auf 659 000 S, in Bruck/Weitental auf 560 000 S – ein Hausanschluß, Herr Kollege Keppelmüller! –, im Halltal auf 555 000 S, in Rohrmoos-Untertal auf 433 000 S! (Abg. Dr. Keppelmüller: Dort sind aber mehr Häuser!)

Herr Kollege Keppelmüller! Natürlich gibt es dort mehr Häuser! Ich habe Ihnen jetzt aber die Kosten pro Hausanschluß genannt. Bei solchen Dimensionen kommt der Steuerzahler zum Handkuß. Herr Kollege Keppelmüller! Bei solchen Projekten wird nicht das ökologische Maximum erreicht, sondern offensichtlich die Profitmaximierung ganz bestimmter Unternehmen betrieben! Das hat mit Ökologie, Herr Kollege Peter, überhaupt nichts mehr zu tun! Da werden


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Projekte im Namen der Ökologie durchgedrückt, und in der Kommission, in der der Vorsitzende sich selten an die Geschäftsordnung hält, wird ganz offen davon gesprochen, daß das wichtigste Anliegen die Beschäftigungsoffensive ist.

Selbstverständlich bin auch ich der Meinung, daß es in diesem Zusammenhang auch positive Beschäftigungseffekte geben soll! Selbstverständlich soll auch die Wirtschaft davon profitieren! Es darf aber unter dem Titel "Umweltförderung" nicht die Umwelt vernachlässigt und das Gegenteil erreicht werden, indem man nämlich Beton in die Landschaft gießt und das Wasser möglichst schnell abführt. Sie können doch nicht in ökologisch intakten Systemen, wo das Grundwasser und das Oberflächenwasser eine Wassergüte zwischen eins und zwei haben, solche Projekte, die bis zu 800 000 S pro Hausanschluß kosten, machen und dann sagen, daß das gelungene Umweltförderung ist! (Abg. Dr. Keppelmüller: All das ist falsch!) Herr Kollege Keppelmüller! Sie wissen ganz genau, daß diese Projekte ein ökologischer und sozialer Skandal sind! Und das wird gedeckt von den einzelnen Landesräten! Das können Sie nachprüfen! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege! Sie wissen ganz genau, was in der Kommission geschieht. (Abg. Dr. Keppelmüller: Gott sei Dank geschieht dort etwas!) Herr Kollege Peter hat vollkommen recht: Seitdem ausgegliedert worden ist, funktioniert die Abwicklung. Das ist richtig! Die Kommunalkredit leistet ihre Arbeit in ihrem Bereich meines Erachtens ausgezeichnet. Aber die Kommunalkredit kann nur so gut sein, wie die entsprechenden Projekte von den einzelnen Kommunen und von den Landesregierungen vorbereitet werden. Und dort geschieht meines Erachtens der eigentliche Unfug, und zwar mit der Rückendeckung von Beamten, die technobürokratisch vorgehen. In dieser Kommission wird in einer halben Stunde oder einer Stunde über Milliardenbeträge abgestimmt! Da kommt der Herr Bundesminister dazu – vorher macht er eine ÖVP-Fraktionsbesprechung in der Kommunalkredit – und verkündet die große Beschäftigungsoffensive und den großen Vorteil für die Wirtschaft. – Das Wort "Umwelt" ist hingegen nur eine Annex-Materie, meine Damen und Herren! Das ist das eigentliche Problem! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das ist die Unwahrheit!)

Die Unwahrheit in welchem Zusammenhang? Haben Sie dort keine ÖVP-Fraktionsbesprechung mit Beamten gemacht? War das die Unwahrheit? (Bundesminister Dr. Bartenstein: Wann bin ich in die Sitzung gekommen und habe eine Beschäftigungsoffensive verkündet?) Sie haben bei einer der letzten Sitzungen – nach der Fraktionsbesprechung mit den ÖVP-Beamten, die ja alle so "unabhängig" sind – großartig verkündet, wieviel Geld wieder für die Wirtschaft herausgeschlagen wurde. Herr Pühringer hat dabei assistiert, und dann kam auch noch Genosse Svihalek dazu.

Ich will jetzt nicht darüber reden, wie dort die Geschäftsordnung mißbraucht wird. Da gibt es Leute, die das Rederecht einschränken wollen, nur weil es ihnen unangenehm ist, daß wir auf soziale Mißstände in diesem Bereich hinweisen. Herr Kollege Keppelmüller! Sie sollten sich bei Ihrem Kollegen Bauer erkundigen, der kennt die Materie besser! (Zwischenruf des Abg. Dr. Keppelmüller. ) Herr Kollege Keppelmüller! Er weiß nämlich, daß er sich diesen undifferenzierten Standpunkt, den Sie hier vertreten, nicht leisten kann, denn es kommen die niederösterreichischen Landtagswahlen. Sie sollten sich einmal von ihm erzählen lassen, welcher Unfug dort passiert.

Meine Damen und Herren! Der Herr Umweltminister hat auch jahrelang erzählt, wie großartig die Ostförderung ist. – Wir konnten an Hand von einzelnen Projekten nachweisen, daß das reine Wirtschaftsförderung war. Das hatte mit Umweltförderung nichts zu tun. Jetzt wäre es aber wirklich sinnvoll, dort zu investieren. Man braucht sich nur die Relationen anzuschauen. In den Siedlungswasserwirtschaftsbereich – jetzt werden die dünnbesiedelten Gebiete von der Technobürokratie erfaßt, wobei der ökologische Effekt sehr gering ist – floß 1996 fast 1 Milliarde. Im Bereich der Auslandsumweltförderung waren es gerade 94 Millionen, und im Bereich der Altlastensanierung zirka 144 Millionen Schilling. – Das sind die Relationen, meine Damen und Herren. Darauf muß hingewiesen werden!


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Herr Umweltminister! Ich bin froh darüber, daß es dieses Instrument der Umweltförderung gibt, aber wenn Sie glauben, daß Sie unter dem Namen "Umwelt und Ökologie" reine Wirtschaftsförderung betreiben müssen, die außerdem sozial unverträglich ist und ökologisch zu einem Desaster im ländlichen Bereich führt, dann werden Sie erbitterten Widerstand ernten. Sie werden von Dorf zu Dorf erleben, daß das unter dem Namen des Umweltschutzes nicht hingenommen wird. Wir von den Grünen, die wir froh sind, daß es diese Umweltförderung gibt, werden nicht zulassen, daß Steuergelder unter diesem Namen verschwendet und verschleudert werden! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kampichler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.52

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Kollege Wabl, bis jetzt habe ich immer den Eindruck gehabt, daß du wirklich ein Fachmann im Bereich Umwelt bist. Ich habe gewußt, daß du kommunalpolitisch wahrscheinlich nicht so gut informiert bist. Aber jetzt hast du wirklich bestätigt, daß du eigentlich in beiden Fragen nicht richtig liegst.

Als einer, der mit der Praxis in der Gemeinde konfrontiert ist, der gerade mit Kanalbau beschäftigt ist und Streusiedlungen zu entsorgen hat, kann ich dir folgendes versichern: Erstens brauchen wir diese Streusiedlungen nicht, um ein bestimmtes Wirtschaftsvolumen zu mobilisieren – wir brauchen nur dort einen Kanal zu bauen, wo es wirklich Sinn hat –, und zweitens wird bei solchen Streusiedlungen ganz genau geprüft, welche Form die wirtschaftlichste ist. Wir sind unserem Bürger verpflichtet, und wir sind dem Steuerzahler verpflichtet.

Kollege Wabl! Das war wirklich absoluter Schwachsinn, was du hier geboten hast! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Sitzen Sie in der Kommission? – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen und bei der ÖVP. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Ich sitze draußen in der Gemeinde, ich setze die Politik um und weiß, wie es draußen funktioniert. (Abg. Wabl: Ich sitze auch in der Gemeinde! Und ich sitze in der Kommission!) Es war wirklich enttäuschend, was ich da hören mußte, weil es wirklich ganz anders läuft.

Meine geschätzten Damen und Herren! Mein Kollege Matthias Ellmauer hat die Erfolgsstory im Bereich der Wasserwirtschaft bereits aufgezeigt. Er hat auch aufgezeigt, welch wichtiger wirtschaftlicher Faktor die Investitionen im Bereich der Umweltschutzmaßnahmen sind. Ich brauche mich mit dieser Materie daher nicht mehr speziell auseinanderzusetzen, sondern möchte nur auf ein Pilotprojekt hinweisen, das ebenfalls in diesem Bericht aufgezeigt wird und das mir sehr interessant zu sein scheint.

Derzeit wird geprüft, ob Kanalbauten für den Bürger rascher, effizienter und kostengünstiger abgewickelt werden können, wenn sich private Investoren daran beteiligen. Das Ergebnis dieses Pilotversuchs ist für uns in den Gemeinden selbstverständlich sehr interessant, denn jede Maßnahme, die dem Bürger eine raschere und effizientere Lösung für die Abwasserentsorgung bringt, kann uns nur recht sein. Keine Gemeinde ist darauf erpicht, 100 Prozent der Abwasserbeseitigungsanlagen zu besitzen. Wir geben uns ohne weiteres mit einem Anteil von 51 Prozent zufrieden, wenn sich Private daran beteiligen und wenn es dadurch schneller geht.

Unser Umweltminister versteht erfreulicherweise sehr viel von der Wirtschaft, er ist Motor und Vordenker bei diesen Modellen. Gerade dort, wo der Bürger mit hohen Kosten konfrontiert ist – darauf haben meine Vorredner bereits hingewiesen –, ist es richtig, daß wir nach neuen Wegen suchen. Die Bürger werden sich darüber freuen und werden das sehr gerne zur Kenntnis nehmen.

Meine Vorredner haben auch den Bereich Altlastensanierung schon sehr intensiv angesprochen. Aus dem Bericht geht hervor, daß es durch die Novellierung des Altlastensanierungsgesetzes zu einer deutlichen Erhöhung der Beitragssätze kommt. Stufenweise soll bis zum Jahr 2000 die Summe von 840 Millionen Schilling erreicht werden. Diese Beiträge zahlen jene Depo


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niebetreiber, die heute noch über Deponien verfügen, die nicht dem letzten Kenntnisstand und den neuesten Bestimmungen entsprechen. Freilich müssen sie diesen Kostenfaktor wieder auf die einzelnen Bürger überwälzen, und wir als Gemeindeverantwortliche müssen das Geld in Form höherer Deponiegebühren einheben.

Wir wissen, daß wir in diesem Bereich Geld brauchen. Der Finanzbedarf im Bereich der Altlasten ist entsprechend hoch. Immerhin gibt es 97 Projekte, die vorliegen. Insgesamt ist bei 93 Ansuchen ein Investitionsvolumen von 3,7 Milliarden Schilling erforderlich. Bei den Altlasten ist natürlich klar – das wurde von meinen Vorrednern kritisch angemerkt –, daß unsere Generation jetzt die doppelte Last zu tragen hat, einerseits die Altlasten zu sanieren und auf der anderen Seite zugleich unseren Müll zu entsorgen. Aber wir können die Generation vor uns deshalb nicht kritisieren. Man hat die Gefährlichkeit der Stoffe nicht erkannt. Heute erkennen wir die Gefahr und sind aufgefordert, zu handeln. Aber für unser höchstes Gut, für sauberes Trinkwasser und für eine gesunde Luft lohnt sich diese Investition.

Ich danke unserem Umweltminister für sein Engagement in diesem Bereich, vor allem auch bei der Sanierung der Altlasten. Wir leisten da in unserem Heimatland Großes. Wir sind aber auch stolz auf das internationale Auftreten unseres Umweltministers im Ausland, wo er immer wieder das Wort und die Initiative ergreift. Die Probleme im Bereich der Umwelt können wir nur international regeln, da die Umweltverschmutzung leider Gottes keine Grenze kennt. Ich wünsche ihm für die Zukunft viel Erfolg! (Beifall bei der ÖVP.)

20.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brix. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.57

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist schon eine etwas eigenartige Debatte, denn von allen kommt Lob, weil auch Lob auszusprechen ist und weil hier wirklich gute Umweltpolitik betrieben wurde. Selbst der so kritische Kollege Schweitzer hat hier nicht mit Lob gespart, weil wirklich Lob auszusprechen ist.

Ich verstehe ja die Grünen, denn wenn man in der letzten Zeit die Umfrageergebnisse und die Werte für die Grünen liest, dann sieht man, überall wird signalisiert – was mir auch ein wenig leid tut –, daß die Umweltpolitik nicht mehr ganz den obersten Stellenwert hat. Da muß der Kollege Wabl doch hier herausgehen, alles zu zerreden beginnen und – eigentlich von seinem Weg abweichend – ganz einfach einmal sagen: Nein, es soll nicht entsorgt werden! Es sollte lieber alles so belassen werden, wie es ist – zufällig kenne ich Rohrmoos-Untertal auch, vom Skifahren her –, dort brauchen wir gar keine Anschlüsse zu machen, lassen wir das dort so!

Aber eines – auch wenn ich ihm da nichts unterstellen will – könnte dann schon sein, nämlich daß man danach wieder sagt: Es wird ganz einfach nicht entsorgt! – Und plötzlich hätten die Grünen wieder ein Thema, um etwas über Ökologie anzusprechen.

Wenn ich den Kollegen Peter richtig verstanden habe – und dem schließe ich mich an, Herr Bundesminister –, dann meine ich auch, es muß zum Beispiel nicht sein, daß man in Wien die Hauptkläranlage – sie hat bereits einen Reinigungsgrad von 87 Prozent – noch weiter ausbaut, sie verstärkt und ihren Reinigungsgrad auf 92 oder 95 Prozent anhebt. Wir sind froh, daß Sie, Herr Bundesminister, und daß wir in dieser Regierung gemeinsam weiter den Kanalausbau und den Siedlungswasserwirtschaftsfonds forcieren, weil wir das gerade in dieser Zeit auch für unsere Arbeitsplätze brauchen. Daher ist diese Milliarde so immens wichtig, weil wir sie gezielt und richtig einsetzen können.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich am Schluß noch zwei Anmerkungen machen, weil ich sie ganz einfach aussprechen muß. Die eine ist, daß ich als Wiener ein bißchen betroffen darüber war, daß, als im Altlastenfonds die Sanierung des Tanklagers Lobau mit einer Förderungssumme von 520 Millionen Schilling anstand, ausgerechnet der Vertreter des Liberalen Forums gegen diese Sanierung gestimmt hat. Alle anderen waren damit einverstanden. Ich


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verstehe bis heute nicht, daß man damals dagegen stimmte und nicht dafür war, daß die Lobau von dieser Altlast befreit wird.

Das zweite – und damit komme ich zum Schluß – ist eine Bitte an den Herrn Minister. Herr Bundesminister! Ihr Bericht, der wirklich sehr gut ist, wäre vielleicht nicht so gut, wenn das Umweltbundesamt nicht die Unterlagen dazu geliefert hätte. Daher bitte ich Sie: Vergessen Sie mir das Umweltbundesamt nicht, und schauen wir, daß wir auch dort bald zu einer Lösung kommen! (Beifall bei der SPÖ.)

21.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Stampler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.01

Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Daß die Sanierung von Altlasten und damit die Sicherung unserer Umwelt vorrangiges Ziel sein müssen, darüber sind wir uns hier sicherlich alle einig. Es hat lange gedauert, und es war ein mühevoller Weg, bis sich der Gedanke bei allen durchgesetzt hat, daß es heutzutage nicht nur wichtig ist, auf Müllvermeidung und -trennung zu setzen – das ist zweifellos wichtig –, sondern daß es ebenso wichtig ist, Beiträge einzuheben und die Einnahmen daraus für die Sanierung sogenannter Altlasten, die aus einer Zeit stammen, in der man aus Unwissenheit einen anderen Umgang mit Müll und Abfall pflegte, aufzuwenden. Das Altlastensanierungsgesetz ist eine große legistische Errungenschaft und – wie auch der Bericht betreffend die Umweltförderung des Bundes 1996 zeigt – ein Vorzeigemodell für andere Staaten. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Wie aus dem Bericht hervorgeht, wurden bis Ende 1996 insgesamt 136 Flächen, bei denen eine erhebliche Umweltgefährdung festgestellt wurde, als Altlasten ausgewiesen. Bei 43 Flächen wurden die erforderlichen Sanierungs- beziehungsweise Sicherungsmaßnahmen durchgeführt, an weiteren 20 wird gearbeitet, und 25 sind in Planung.

Von Beginn der Altlastenförderung im Jahre 1991 an bis Ende 1996 wurden insgesamt 151 Förderungsansuchen eingereicht. Für 47 Altlasten konnten bis Ende 1996 Förderungszusagen für ein beantragtes Investitionsvolumen von 3,64 Milliarden Schilling erteilt werden. Der umweltrelevante Teil der Investitionskosten liegt bei 2,58 Milliarden. Dafür wurden insgesamt Förderungsmittel im Ausmaß von 2,07 Milliarden Schilling zugesagt, was einer durchschnittlichen Förderintensität von 80 Prozent entspricht. Freilich ist das für manche noch zu wenig. Wir können erst dann beruhigt sein, meine Damen und Herren, wenn alle Altlasten saniert sind. Aber es ist eben nicht möglich, alles, was sich in 50, 60 Jahren angehäuft hat, sofort zu bereinigen.

Die Entwicklung, die sich jetzt abzeichnet, ist aber eine überaus positive. Durch die Steigerung der Altlastensanierungsbeiträge ist eine kontinuierliche Entwicklung nach oben zu verzeichnen. Im vergangenen Jahr lagen die Einnahmen bei zirka 450 Millionen Schilling, das ist um 60 Millionen mehr als die geschätzten 390 Millionen Schilling. Daher ist eine Erhöhung der Beiträge, die manche für nötig halten, in nächster Zeit sicherlich nicht notwendig.

Durch die reduzierten Fördersätze ist eine höhere Eigenfinanzierung vorgesehen, wenn es sich beim Verursacher um ein im Wettbewerb stehendes Unternehmen handelt. Die Fördersätze liegen in diesem Fall zwischen 15 und 40 Prozent. Bei Altlasten, bei denen kein Verursacher vorhanden ist – wie zum Beispiel Kriegsaltlasten, liquidierte Unternehmen und so weiter –, sind höhere Fördersätze möglich, um eine rasche Sanierung zu gewährleisten.

Da nun auch die Möglichkeit besteht, die Förderungen nicht nur als Investitionszuschüsse, sondern auch als Annuitätenzuschüsse zu vergeben, womit eine Verlängerung des Zuschußzeitraumes auf 10 Jahre erreicht werden kann, wird die Belastung des Förderungsbudgets durch diese Maßnahmen wesentlich verringert.

Da heute von der Deponie Frohnleiten gesprochen wurde, möchte ich hier den Herrn Bundesminister aus der Fragestunde vom 22. Jänner 1998 zitieren. Er hat dezidiert festgehalten: "Wir


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halten das aber für eine falsche oder eine sinnwidrige Auslegung einer an sich klaren Gesetzesbestimmung und sind daher bei uns im Umweltressort nicht der Auffassung, daß hier eine Novelle zum Altlastensanierungsgesetz notwendig wäre."

Herr Bundesminister! Zum Abschluß möchte ich noch einmal sagen, daß ich es für sehr wichtig halte, daß wir ein Instrument zur Steuerung der Altlastensanierung haben, daß in Österreich jährlich dreistellige Millionenbeträge zur Förderung der Sanierung solcher Altlasten ausgegeben werden und daß wir damit nicht nur einen wichtigen Beitrag für die Umwelt leisten, sondern auch viele hundert Arbeitsplätze sichern. (Beifall bei der ÖVP.)

21.05


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

21.06

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte Herrn Kollegen Schweitzer auch den Gefallen tun und bei diesem Tagesordnungspunkt der Österreichischen Kommunalkredit das notwendige Lob spendieren, aber selbstverständlich auch der Koalition, die ja nicht unbeteiligt daran ist, daß wir einen so erfolgreichen Bericht diskutieren dürfen. (Abg. Mag. Schweitzer: Denk an das Chaos, das es auch schon gegeben hat!)

Nicht nur wegen der geographischen Nähe zu meiner Heimat, sondern vielleicht auch als Überleitung zum nächsten Tagesordnungspunkt möchte ich dort fortsetzen, wo Kollege Ellmauer aus Zeitmangel unterbrochen hat, nämlich bei der Ostförderung. Ich denke, daß gerade die Ostförderung ein beispielgebender Weg war. Im Jahre 1991 wurde damit begonnen, und es ist es gelungen, die Umwelt in Österreich mit der Förderung immaterieller Projekte zuerst auf dem Papier zu entlasten, diese Förderungen durchzubringen und dann konkrete Maßnahmen zu setzen. Diese abgestimmte Schwerpunktsetzung hat sich sehr gut bewährt.

Wir hielten Ende 1997 bei 110 Projekten, die umgesetzt wurden; davon 28 Projekte mit Auswirkungen auf das Inland. Zum Beispiel haben Kläranlagen in Brünn oder in Znaim Auswirkungen auf die Gewässersituation von March und Thaya. Auch für die Installation und Förderung des Baus von Rauchgasanlagen bei Kraftwerken möchte ich ein Beispiel nennen, das meiner Ansicht nach imposante Dimensionen hat. In Slowenien wurde ein Kraftwerk mit einer Rauchgaswäsche ausgestattet. Vor dieser Rauchgaswäsche betrugen die Schwefeldioxid-Emissionen 92 700 Tonnen, das ist um ein Drittel mehr, als in ganz Österreich emittiert wird. Nach Einführung der Rauchgaswäsche ist es zu einer Reduktion auf etwa 9 000 Tonnen gekommen, also zu einer Verbesserung um mehr als 90 Prozent, durchgeführt mit österreichischen Förderungen.

Kollege Ellmauer hat kurz auch den Import von Schwefeldioxid aus den Nachbarländern angeschnitten. Man sollte dabei eines nicht übersehen: Über die Transmission aus Tschechien und Polen bekommt Österreich etwa 20 000 Tonnen Schwefeldioxid ab. Aber auch aus dem "besseren" Nachbarland Deutschland sind es 21 000 Tonnen Schwefeldioxid, die über die Grenze nach Österreich kommen. Daher sollte man das Augenmerk nicht nur auf unsere Nachbarstaaten im Norden und im Osten lenken, sondern versuchen, diese Initiativen der Regierung auch bei unseren deutschen Freunden umzusetzen.

Meine Damen und Herren! Wir haben in Kyoto gesehen, daß die Ostförderung im Rahmen des österreichischen Umweltfonds – wie schon erwähnt: seit dem Jahre 1991 – ein Weg war, der heute für die Staatengemeinschaft beispielgebend sein könnte und, das hoffe ich, beispielgebend sein wird. Die Schlagworte von "Joint implementation" und von der Anrechenbarkeit der Emissionen im Inland bei Förderungen im Ausland sowie das Schlagwort Technologietransfer wurden in Österreich umgesetzt. Ich hoffe, die Weltgemeinschaft folgt uns nach. (Beifall bei der SPÖ.)

21.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Danke vielmals!)

21.10

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! In der Tat ist der Umweltförderbericht, der heute debattiert wird, ein beeindruckendes Zeugnis dafür, was in Österreich an Umweltförderung gemacht wird und in guter Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden möglich ist.

Daß im Jahre 1996 1 400 Projekte und im Jahre 1997 sogar mehr als 1 500 Einzelprojekte gefördert werden konnten und daß wir im Jahre 1997 einen historischen Förderhöchststand von 7,4 Milliarden Schilling an Fördermitteln bewältigen und ausschütten – oder jedenfalls zusagen – konnten, halte ich für ein sehr beeindruckendes Zeugnis. Ich stehe nicht an, auch meinerseits Dank an die Kommunalkredit auszusprechen, die als unsere Förderungsinstitution und -bank unserem Haus bei der Abwicklung zur Seite steht, und das aus gutem Grund, weil wir mit dieser Zusammenarbeit und mit dieser Ausgliederung in den letzten Jahren gute Erfahrungen gemacht haben. Diese Anerkennung ist auch in den Debattenbeiträgen fast aller Abgeordneten, die sich dazu zu Wort gemeldet hatten, erkennbar gewesen.

Ich möchte aber auch sagen, daß es sich durchaus bewährt hat, die Umweltförderung über drei Kommissionen abzuwickeln, die mir als Umweltminister ja lediglich Empfehlungen geben, denen ich immer folge, Empfehlungen, die auch – jedenfalls in den meisten Fällen – unter Mitarbeit von und in Zusammenarbeit mit Oppositionsvertretern entstehen. Allerdings möchte ich kritisch anmerken, daß Sie, sehr geehrter Herr Abgeordneter Wabl, und Ihre Fraktion in den letzten Monaten im Bereich der Siedlungswasserwirtschaftskommission aus meiner Sicht nicht in dem Maße konstruktive Mitarbeit haben erkennen lassen, wie das früher der Fall war. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kopf: So? – Abg. Wabl: Die grüne Fraktion war die einzige Fraktion, die immer schon Anträge gemacht hat!)

Ich möchte im Namen des Vorsitzenden der Kommission ganz deutlich zurückweisen, daß dort die Geschäftsordnung verletzt wird. Herr Abgeordneter Wabl! Es werden die Koalitionspartner dort auch weiterhin Fraktionsvorbesprechungen abhalten. Ich bin aber gerne bereit, meinen Einfluß geltend zu machen, um Ihnen für eine Fraktionssitzung – selbst wenn das dann ein Selbstgespräch ist – die entsprechenden Räumlichkeiten zur Verfügung stellen zu lassen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Polemik von der Regierungsbank!)

Herr Kollege Wabl! Ihre Angaben, daß es sich um mehrere 100 000 Schilling handelt ... (Abg. Wabl: Um das Geld der Steuerzahler machen Sie Fraktionsbesprechungen! Das ist Mißbrauch von Steuergeldern!) Herr Abgeordneter Wabl! Das Problem in den Sitzungen der Siedlungswasserwirtschaftskommission war in den letzten Monaten jenes, daß Sie dort ähnlich emotional agieren wie heute hier am Rednerpult oder jetzt gerade im Bereich der Zwischenrufe.

Ich möchte aber noch anfügen, daß im Bereich der Umweltförderung und insbesondere im Bereich des Kanalbaues selbstverständlich zwei Aspekte für uns wichtig sind: auf der einen Seite und primär, Herr Abgeordneter Wabl, der Bereich der Umweltförderung und der umweltrelevanten Maßnahmen, auf der anderen Seite aber auch die Frage der Beschäftigungspolitik, die damit verbunden ist. Vergessen wir nicht, daß 40 Prozent – also fast die Hälfte – des Tiefbauvolumens in Österreich jährlich über diese mehr als tausend Kanalbauprojekte in ganz Österreich abgewickelt werden. Das hat selbstverständlich seine Arbeitsmarktrelevanz, und das ist in Zeiten wie diesen besonders wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich stehe daher auch in diesen Wochen wieder mit dem Herrn Bundesminister für Finanzen in – wie ich denke – erfolgversprechendem Kontakt dahingehend, daß wir auch für das Jahr 1998 wiederum eine Sondertranche von 1 Milliarde Schilling für Projekte des Kanalbaues zusammenstellen werden können. Ich füge hinzu, daß es auch diesmal möglich sein wird, auf die Reserven des Wasserwirtschaftsfonds zurückzugreifen und das Budget – jedenfalls kurzfristig – nicht mit einer derartigen Maßnahme zu belasten.


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Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einer kurzen Anmerkung zum Thema Altlastensanierung schließen. Dieses stand ja im Zentrum mehrerer Debattenbeiträge. Ich darf Ihnen wie schon in der Fragestunde berichten, daß sich da die Verhältnisse deutlich gebessert haben. Im Jahre 1997 konnten die Einnahmen aus Altlastensanierungsbeiträgen um mehr als 50 Prozent auf 448 Millionen Schilling erhöht werden. Im Jahre 1998 wird man auf über 500 Millionen und in den Folgejahren auf bis zu 800 Millionen Schilling an Altlastensanierungsbeiträgen kommen.

Zur Kritik an den Verhältnissen in Frohnleiten darf ich in der Tat auf meine Ausführungen aus der letzten Fragestunde verweisen und diese insofern ergänzen, als für 1998 durch eine vorläufige Vereinbarung jedenfalls sichergestellt ist, daß trotz der unterschiedlichen Rechtsansichten die Altlastensanierungsbeiträge bezahlt werden.

Meine Damen und Herren! Das waren einige kurze Sätze zu diesem wirklich beachtlichen Förderbericht. Es gibt wenige andere Bereiche, in denen die öffentliche Hand in einem einzigen Jahr 7,4 Milliarden Schilling – im Jahre 1997 – und 5,7 Milliarden Schilling – im Jahre 1996 – an Förderungsmitteln ausschütten kann, und das in einer Art und Weise, die, wie ich denke, bei fast allen Rednern dieser Debatte Anerkennung gefunden hat. (Beifall bei der ÖVP.)

21.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Wabl. Es ist dies Ihre zweite Wortmeldung. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

21.16

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich kann Ihre Ausführungen nicht so stehen lassen, Herr Bundesminister, ganz abgesehen davon, daß die Polemik von der Regierungsbank eine besondere Pikanterie hat.

Wundert es Sie, daß ich in dieser Frage emotional werde, Herr Bundesminister? Haben Sie je in einem Umweltsektor erlebt – Frau Langthaler hat mir das noch nicht erzählt –, daß plötzlich so nebenbei eine schnelle Einigung in der Kommission und in den Gremien dahin gehend erzielt wird, daß gesagt wird, da müsse man schnell etwas für die Umwelt machen, schnell ein paar Millionen oder eine halbe Milliarde hineinstecken? – Das gibt es nur in diesem Bereich! Und warum in diesem Bereich? – Ich sage Ihnen folgendes: Zuerst, in der ersten Phase, im dichtbesiedelten Gebiet, im städtischen Gebiet war es selbstverständlich richtig, die Kanalprojekte durchzuziehen und dort Geld hineinzustecken, selbstverständlich! (Abg. Wurmitzer: Aber die anderen sind Menschen zweiter Klasse?)

Nein, Herr Kollege Wurmitzer! Müssen wir Grüne Ihnen klarmachen, daß der Geldmitteleinsatz ökonomisch sein muß, um ökologisch zu sein? – Das ist das Problem, das Sie noch nicht verstanden haben. Das ist genau das Problem, das wir hier zu diskutieren haben! Sie glauben immer noch, Ökologie und Ökonomie seien ein Widerspruch. Es kann gar nicht ökologisch sein, was Sie machen, weil es unökonomisch ist! Ein Hausanschluß um 800 000 S ist unökonomisch und deshalb natürlich unökologisch. (Beifall bei den Grünen.)

Ich rede jetzt überhaupt nicht von der Tragik und Dramatik einzelner Bauern und Bäuerinnen, die plötzlich vor einer Kostenfrage stehen, die sie existentiell nicht mehr bewältigen können – trotz Förderung. Und dann kommt der Umweltminister und macht hier von diesem Rednerpult aus Polemik! Die Grünen haben in dieser Kommission Sitzung für Sitzung konstruktive Anträge eingebracht. Wir haben sogar erzwungen, daß ein Unterausschuß eingesetzt wurde, in dem sehr konstruktiv neue Richtlinien erarbeitet wurden. Herr Kollege Wurmitzer und Herr Kollege Keppelmüller, Sie werden das bestätigen müssen!

Offiziell hat dann Herr Kollege Pöltl den Antrag eingebracht, nachdem wir ihn zuerst schriftlich eingebracht hatten und er gesehen hat, daß er nicht mehr darum herumkommt. Da sagte er: Ich bringe auch schnell einen Antrag ein. Mündlich hat er hinzugefügt: Ich möchte auch so einen Unterausschuß haben. – Natürlich wurde unser Antrag, der schon Tage vorher schriftlich


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eingebracht worden war, abgelehnt, damit der Herr Landesrat Pöltl aus der Steiermark nicht blamiert ist. Das ist die Politik, die dort gemacht wird.

Wissen Sie, warum ich dort emotional agiert habe? – Da kommt ein Mitglied aus dem Gemeinde- und Städtebund daher und will das Rederecht eines Ersatzmitgliedes, das geschäftsordnungsgemäß dort reden darf, einschränken und abschaffen, weil sich die Grünen dort nicht botmäßig verhalten haben. Herr Kollege Wurmitzer, haben Sie das schon einmal in einem demokratischen Gremium erlebt? – Im Parlament hat das Ersatzmitglied kein Rederecht. Dort ist es dezidiert in der Geschäftsordnung gesichert. (Abg. Dr. Graf: Da haben Sie der Rederechtsbeschränkung zugestimmt!) Herr Kollege! Es gibt in dieser Kommission eine Geschäftsordnung, die weder der Vorsitzende Svihalek kennt noch der Vorsitzende ... (Abg. Dr. Keppelmüller: Es war ein bißchen anders!)

Ich weiß schon, wir gehen Ihnen auf die Nerven, Herr Kollege Keppelmüller! Wir werden Ihnen aber weiter auf die Nerven gehen, weil wir nicht zulassen, daß Steuergelder in Milliardenhöhe zu Lasten der ländlichen Bevölkerung und der Steuerzahler ausschließlich unökologisch und unökonomisch verwendet werden. Das werden wir nicht zulassen, und dagegen werden wir kämpfen, auch wenn Sie polemisieren, Herr Minister Bartenstein! (Beifall bei den Grünen.)

Mit dieser Geschichte über die Umweltförderung, die der Kollege von der SPÖ vorgebracht hat, wird – ich glaube, ich täusche mich nicht – das grenznahe Kraftwerk Sostany angesprochen. Man erzählte hier im Plenum, daß das die große Umweltförderung sei. – Ich habe mich damals als Abgeordneter wirklich darüber gefreut. Ich hatte bei einem Gespräch mit slowenischen Regierungsvertretern die Gelegenheit, mich über dieses Projekt zu erkundigen. Ich habe mir gedacht, daß das ein wunderschönes österreichisches Renommierprojekt ist, bei dem sich das österreichische Parlament und der Herr Umweltminister hervorgetan und mitgeholfen haben, um ein grenznahes Kraftwerk ökologisch zu sanieren.

Dann habe ich aber folgendes herausgefunden: Diese Sanierung wurde europaweit ausgeschrieben und hätte an sich einem deutschen Unternehmen zugeschlagen werden müssen. Wissen Sie, warum das deutsche Unternehmen den Zuschlag jedoch nicht bekommen hat? – Weil Österreich diesen Betrag unterbieten konnte, weil Österreich die Zusage vom Umweltministerium hatte, daß die rund 170 Millionen Schilling an Planungskosten aus dem Umweltförderungstopf bezahlt werden!

Ich habe nichts dagegen, wenn ein steirisches Unternehmen gefördert wird. Aber die Umweltmaßnahme wäre ohnedies gesetzt worden, hiebei handelte es sich jedoch um Wirtschaftsförderung! Wenn dem so ist, dann soll man es aber auch "Wirtschaftsförderung" nennen und nicht unter dem Titel "Krško-Schließung", "Umweltförderung", "Ostförderung im Umweltbereich" unter dem Deckmantel Ökologie Wirtschaftsförderung betreiben! Das ist unredlich! Das ist nicht in Ordnung! Das ist Scharlatanerie im politischen Bereich! (Zwischenruf des Abg. Dr. Keppelmüller. )

Herr Kollege Keppelmüller! Das war nicht das Problem! Die Slowenen wollten das sanieren, und die Deutschen hätten das saniert, sie wurden jedoch unterboten! Ich habe damals schon hier im Parlament gesagt, daß das Wettbewerbsverzerrung war. Man hat Wirtschaftsförderung betrieben, um einen mißliebigen Konkurrenten aus Deutschland zu unterbieten. Das war die Intention! (Abg. Dr. Keppelmüller: Du redest völlig an der Sache vorbei!) Daß der Nebeneffekt dabei eine positive Auswirkung auf die Umwelt ist, finde ich großartig! Meine Damen und Herren! Wenn man das aber unter dem Titel "Umweltförderung" betreibt, dann ist das unredlich und unseriös. Deshalb reagiere ich hier so emotional.

Ich weiß schon, daß der Herr Umweltminister Verpflichtungen hat. Ich verstehe jedoch die Kollegen und Genossen und Kameraden von der ÖVP nicht: Sie werden die Rechnungen von Ihren Bäuerinnen und Bauern präsentiert bekommen, wenn Sie so mit dem Geld wirtschaften. Dabei geht es um Steuerbeträge in Milliardenhöhe. Ich werde deshalb emotional, weil das überhaupt nichts mehr mit Ökologie zu tun hat. Sie können selbstverständlich mit einem konstruktiven Dialog mit den Grünen und mit einer Zusammenarbeit in dieser Frage rechnen, aber


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nicht, wenn das ökologisch und ökonomisch unsinnig ist und Sie ausschließlich Ihre Bauwirtschaft im Hinterkopf haben! Dagegen werden wir auftreten! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

21.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. Ich bitte daher die Damen und Herren, den jeweiligen Platz einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den vorliegenden Bericht III/91 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Umweltförderungen für die Altlastensanierung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag beitreten wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.

18. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (904 der Beilagen): Bundesgesetz über die Gründung und Beteiligung an der Nationalpark Thayatal GmbH (1074 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (905 der Beilagen): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Thayatal samt Anlage (1075 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 18 und 19 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Schrefel vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.25

Abgeordneter Josef Schrefel (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Auf der Tagesordnung steht nun ein weiteres Umweltkapitel, und zwar das Nationalparkprojekt Thayatal. Dieses ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Erhaltung naturnaher Tal- und Waldlandschaften.

Diese Tallandschaft ist aufgrund einer Vielzahl von Lebensräumen und des großen Artenreichtums von hohem ästhetischem und ökologischen Wert. Vor allem das Laubwaldökologiesystem an den Talhängen des Nationalparks ist in Europa einmalig und daher schützenswert. Auf tschechischer Seite des Thayatales wurde bereits im Jahre 1991 auf einem Gebiet von 6 300 Hektar


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ein Nationalpark errichtet und als solcher eingestuft, und dieser wurde von der Weltnaturschutzunion auch bereits international anerkannt.

Auf Grundlage eines bereits fixierten Artikel-15a-Vertrages zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich soll über ein Bundesgesetz im Thayatal bei Hardegg ein 1 700 Hektar großer Nationalpark – bereits der fünfte in Österreich – errichtet werden. Besonders wichtig scheint mir die weitgehende Akzeptanz der Bevölkerung und der Gemeinden zu sein, zumal die Chance erkannt wird, daß es durch das Nationalparkprojekt zur Imageaufwertung kommt und dieses ein Impulsgeber für den sanften Tourismus in der Region ist.

Abgesehen von der zentralen Bedeutung des Projektes für das Weinviertel liegen dem Betrieb des Nationalparks noch weitere Ziele zugrunde, nämlich erstens die Förderung der Kooperation mit dem auf tschechischem Staatsgebiet liegenden Teil des Nationalparks und zweitens die Möglichkeit, dieses Gebiet neben der Erholungsfunktion, die es dann hat, auch zum Zwecke der Bildung, Forschung und Wissenschaft zu nutzen.

Der Umweltausschuß hat sich im Verlaufe seiner Sitzung am 4. Februar 1998 mit zwei Regierungsvorlagen befaßt. Zum einen wurde ein Bundesgesetz über die Gründung und Beteiligung an der Nationalpark Thayatal GmbH vorgelegt, an welcher der Bund und das Land Niederösterreich zu je 50 Prozent beteiligt sind. Die zweite Regierungsvorlage sieht auf der Grundlage eines Artikel-15a-Vertrages zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich eine Vereinbarung zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks im Bereich des Thayatales bei Hardegg im Ausmaß von derzeit 1 300 Hektar und einer Option auf Erweiterung auf 1 700 Hektar vor. In der Vorlage werden die Gründungskosten mit 200 000 S und das Stammkapital mit 500 000 S beziffert. Die Errichtungskosten für die Infrastruktur werden mit bis zu 12 Millionen Schilling und die laufenden jährlichen Kosten mit bis zu 8 Millionen Schilling angegeben. Weiters wird von den Vertragsparteien auch eine Mitfinanzierung durch die Europäische Union angestrebt. Beide Vorlagen wurden nach grundsätzlichen, zustimmenden Wortmeldungen der Ausschußmitglieder einstimmig verabschiedet.

Zu den noch offenen Grundablöseverhandlungen möchte ich anmerken, daß versucht werden muß, die Grundbesitzer in offenen, ehrlichen und konstruktiven Verhandlungen von der Sinnhaftigkeit dieses Projektes zu überzeugen. Freiwilligkeit ist die Voraussetzung für die Einbringung ihres Besitzes beziehungsweise für die schrittweise Anpassung der Nutzung dieser Flächen an die Ziele des Nationalparks.

Meine Damen und Herren! Ab dem Jahre 2000 wird Niederösterreich dank einer aktiven Umweltpolitik der Regierungsparteien im Bund und im Land Niederösterreich seinen zweiten Nationalpark haben. Es ist für uns eine große Verpflichtung, die noch vorhandenen natürlichen Lebensräume für die nächsten Generationen zu erhalten, und die beste Umweltpolitik, geschätzte Damen und Herren, ist stets jene, die tatsächlich gemacht wird und nicht jene, von der andere nur sprechen. Nicht an Sonntagsreden, sondern an Montagstaten werden wir gemessen. Wir dokumentieren damit unseren Respekt vor der Umwelt, wir beweisen Generationendenken und setzen ein deutliches Signal auch für den grenzüberschreitenden Naturschutz in Europa. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist weiters Herr Abgeordneter Dr. Rada gemeldet. – Bitte.

21.30

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich kann mich diesmal ruhigen Gewissens den beiden Gesetzesvorlagen zur Errichtung eines Nationalparks Thayatal anschließen, und zwar deshalb, weil dieser Nationalpark, im Unterschied zu anderen, von der Bevölkerung, die von dessen Errichtung betroffen ist, gewollt wird, weil diese nichts gegen die entsprechenden Einrichtungen hat und dies als sinnvolle Maßnahme erachtet.


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Aber das war nicht immer so, und ich möchte diese Gelegenheit dazu nützen, um festzuhalten, daß sich an der Einstellung der betroffenen Bevölkerung zum Nationalpark Donauauen noch nichts Wesentliches geändert hat. – So darf man es zum Beispiel, auch wenn die Nationalparkeinrichtungen als hervorragende sanfte Tourismusinstitutionen bezeichnet werden, nicht versäumen, eine entsprechende verkehrsmäßige Infrastruktur zu schaffen. Es gibt im Nordbereich des Nationalparks Donauauen, der die größte Fläche einnimmt, noch immer keine entsprechende verkehrsmäßige Erschließung, ganz im Gegenteil. Dadurch, daß die verkehrsmäßige Anbindung an den wirtschaftlichen Südraum nicht stattfindet, wird eine entsprechende wirtschaftliche Entwicklung verhindert.

Herr Minister! Ich ersuche Sie, bei allen weiteren Nationalparkerrichtungsmaßnahmen auch auf die wirtschaftliche Entwicklung Bedacht zu nehmen! In Diskussion steht für das Weinviertel der bereits dritte Nationalpark in Niederösterreich, nämlich der Nationalpark Marchauen. Somit wird es im Norden, im Osten und im Süden einen durchgehenden Sperrkorridor geben, und ich habe – wie ich meine – berechtigte Zweifel betreffend die wirtschaftliche Erschließung einer Zone, in der die Landwirtschaft sowie die Gemüseproduktion rückläufig sind und wo es kaum möglich sein wird, wirtschaftliche Entwicklungen zu forcieren.

Insgesamt wünsche ich der Region im nördlichen Weinviertel den Erfolg durch den Nationalpark, den sich die Bürgermeister und die Bewohner der betroffenen Orte erwarten! Und ich hoffe, es tritt nicht das ein, was im Süden passiert ist! (Beifall bei der SPÖ.)

21.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächster ist Herr Abgeordneter Wenitsch zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.33

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Rada hat schon darauf hingewiesen, daß beim Nationalpark Donauauen nicht alles so war, wie es sein sollte.

Herr Minister! Es freut mich, wenn es gelingt, sensible Gebiete vor Schaden zu bewahren. Und mit diesem Nationalpark sollen unter anderem mehr als 700 verschiedene Pflanzenarten und 80 Brutvogelarten et cetera geschützt werden.

Ich hoffe aber auch, daß die vielfältige Flora und Fauna im Endeffekt nicht durch den Massentourismus leidet. Meine Damen und Herren! In Presseaussendungen von Dr. Erwin Pröll wird unter anderem festgestellt, daß man mit rund 50 000 bis 70 000 Besuchern jährlich rechnet. Man erhofft sich einen Kaufkraftzuwachs von rund 20 bis 40 Millionen Schilling jährlich. Das ist eine gewaltige Summe! In Anbetracht dessen möchte ich darum bitten, daß, wenn schon ein Nationalpark geschaffen wird, in diesem in erster Linie die Natur geschützt wird. Alles andere sind wunderschöne und sehr gute Nebeneffekte, am wichtigsten ist jedoch der Schutz der Natur.

Herr Minister! Es freut mich auch, daß mit Anrainern und Grundbesitzern anscheinend entsprechende Einigungen erzielt werden konnten, im Gegensatz zum Vorgehen beim Nationalpark Donauauen, als Politiker teilweise mit unglaublicher Präpotenz und sehr viel Unverständnis die zwischen Wien und Hainburg und zwischen Groß-Enzersdorf und Markthof heimische Bevölkerung mehr oder weniger geprügelt haben. Wie ich dem APA-Journal vom 28. Oktober 1997 entnehmen konnte, dürfte Landeshauptmann Erwin Pröll nun aber doch etwas vorsichtiger geworden sein, denn darin steht, daß Erwin Pröll jenen Grundeigentümern, die sich noch gegen das Projekt stellen, in aller Öffentlichkeit die Hand mit der Aufforderung entgegenstrecke, in einen konstruktiven Dialog mit ihm einzutreten. – So weit, so gut. Ich hoffe, daß Erwin Pröll es ehrlich meint!

Meine Damen und Herren! Ich habe von Herrn Erwin Pröll schon andere Seiten kennengelernt, daß er zum Beispiel, um Lobbys zu begünstigen, teilweise Gesetze drehen und ändern läßt, um die Grundstückseigentümer enteignen zu können. (Abg. Kopf: Nein, das macht er nicht!) Meine Damen und Herren! Das ist schon ein bißchen scheinheilig vom ehrenwerten Herrn Erwin Pröll – und offenbar symptomatisch für einen ÖVP-Landeshauptmann! –, der immer behauptet hat, daß


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er für Bürgerrechte, Privatbesitz und christliche Werte eintrete: Heute werden Bürger mit Einverständnis des niederösterreichischen Landeshauptmannes einfach enteignet! Ich kann es Ihnen beweisen: Mit Einverständnis des Landeshauptmannes von Niederösterreich werden Grundeigentümer enteignet. (Abg. Dr. Graf: Ist das gesetzlich gedeckt?) Mittlerweile hat der Verfassungsgerichtshof schon erkannt, daß es gesetzlich nicht gedeckt war. Es wurde klar und deutlich festgestellt, daß Landeshauptmann Pröll unter Mithilfe des ehemaligen Wirtschaftsministers der ÖVP, Herrn Ditz, zu Unrecht und nach einem falschen Gesetz enteignet hat! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. )

Meine Damen und Herren! So ist eben der Doppelakademiker Erwin Pröll, der in einer öffentliche Rede einen 78jährigen Pfarrer grob und gemein attackiert hat und behauptet hat, daß er in der Privatwirtschaft – da kann ich ja nur lachen! – ein Mehrfaches verdienen könnte als jetzt als Landeshauptmann. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.  – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Auch Exwirtschaftsminister Ditz hat einmal behauptet, daß er in der Privatwirtschaft mehr verdienen könnte. Wo hat man ihn dann aber untergebracht? Von der Regierungsbank kam er direkt zur Post – sehr "privat", dieser Betrieb! Oder auch Exminister Scholten, meine Damen und Herren, ist bekanntlich in einem schönen "Privatbetrieb" gelandet, und nicht einmal ein schrecklicher und tragischer Selbstmord hat diese Regierung dazu veranlassen können, bei der Postenvergabe endlich einmal objektiv zu sein und nicht nur immer ihren Freunderln von der Regierungsbank entsprechende Posten zu verschaffen. Das ist wirklich unglaublich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe der Regierung einen guten Rat. (Abg. Kopf: Keine Drohungen bitte!) Lassen Sie bitte die Privatwirtschaft aus dem Spiel! Sie schädigen die Privatwirtschaft ohnehin schon mehr als genug!

Meine Damen und Herren! Abgesehen davon werden wir Freiheitlichen der Errichtung dieses Nationalparks selbstverständlich unsere Zustimmung geben. (Abg. Fink: Jetzt sind wir aber verwundert!) Herr Minister! Wir werden aber der Regierung und Landeshauptmann Erwin Pröll ganz genau auf die Finger schauen, damit Privateigentümer nicht zu Schaden kommen und Anrainerrechte unangetastet bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

21.38

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wie wir soeben feststellen konnten, ist bald Landtagswahl in Niederösterreich!

Ich komme jetzt aber doch wieder zum Nationalpark Thayatal zurück. Herr Wenitsch! Massentourismus ist wirklich etwas "Furchtbares"! Wenn man mit zwischen 50 000 und 70 000 Besuchern pro Jahr rechnet, so sind das im Schnitt zwischen 150 und 200 Personen pro Tag. Ich persönlich würde den Anrainern dieses Nationalparks wünschen, daß mehr Gäste kommen, und zwar aus dem ganz einfachen Grund, weil der Schutz der Natur, den ich sehr begrüße (Beifall des Abg. Kopf und der Abg. Rosemarie Bauer ), auch dazu dienen soll, daß die Menschen, die dort leben, eine neue Lebensbasis bekommen.

Schauen wir nach Amerika: In Amerika haben es die Entscheidungsträger vor 50 bis 80 Jahren verstanden, aus Nationalparks Freizeitzentren zu machen, bei denen sehr wohl der Schutz der Natur im Vordergrund steht, gleichzeitig aber auch die Möglichkeit besteht, daß Touristen, Gäste und Einheimische in ihrer Freizeit diesen Nationalpark in schonender Art und Weise nutzen können, nämlich in der Form, bei der Schweiß der Preis ist. Das heißt, daß man in Randzonen dieses Nationalparks zwar mit dem Auto fahren kann, daß man aber hauptsächlich zu Fuß wandern muß und daß es auch Gegenden gibt, die schwer erreichbar sind – eventuell nur mit


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dem Kanu –, damit gewisse Tierarten oder Pflanzenarten geschützt werden. Die offene Nutzung eines Nationalparks ist jedenfalls viel sinnvoller als dessen Erklärung zur Sperrzone.

Meine Damen und Herren! Wenn man die Aufgaben, die der Nationalparkgesellschaft gestellt sind, betrachtet, dann kann man feststellen, daß viele wichtige und unverzichtbare Aufgaben dabei sind. In der Zielsetzung gemäß Art. III sind wesentliche Punkte erwähnt, das Wort "Erholung" kommt jedoch nur ein einziges Mal vor. Es wird nur ein einziges Mal unter insgesamt 15 oder 20 Punkten erwähnt, daß dieser Nationalpark Erholungsfunktion haben soll!

Meine Damen und Herren! In Zukunft wird man noch viel intensiver daran arbeiten müssen, daß solche Nationalparks touristische Destinationen werden, selbstverständlich unter der Voraussetzung des Schutzes der Natur. Diese Destinationen sollten in ein wirklich kluges und sinnvolles Vermarktungsinstrumentarium eingespannt werden, und jenen Menschen, die möglicherweise Nutzungsverluste in ihrer Heimat hatten, weil sie ihre Grundstücke nur mehr eingeschränkt nutzen können, soll auf diese Weise eine alternative Wertschöpfung und ein alternatives Leben angeboten werden.

Abschließend möchte ich sagen, daß ich meine, daß es auch Sinn macht, wenn ein Ressortunzuständiger, aber vielleicht doch nicht ganz Inkompetenter, zu einer solchen Frage Stellung nimmt. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Ing. Langthaler vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

21.41

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Anhand von Debatten über Nationalparks kann man immer feststellen, daß bald Landtagswahlen anstehen. Beim Kollegen Wenitsch konnte man das sehr genau merken.

Das wird aber auch an der Wahl der Thematik selbst klar: So konnten wir zum Beispiel vor der Oberösterreichischen Landtagswahl hier einstimmig den Nationalpark Kalkalpen begrüßen und feiern. (Abg. Mag. Peter: Das war kein Zufall!) Ich glaube auch, daß es kein reiner Zufall ist, daß immer kurz vor Landtagswahlen lang diskutierte Nationalparkentscheidungen fallen.

Ich möchte außer Streit stellen, daß die Grünen diesem Gesetz natürlich gerne zustimmen. Wir freuen uns, daß endlich auch in Österreich in dieser Region ein Nationalparkprojekt verwirklicht wird.

Für alle, die es nicht wissen: Dieses Nationalparkprojekt ist ein gemeinsames Projekt mit unserem Nachbarn Tschechien. In Tschechien gibt es in diesem Gebiet bereits seit dem Jahre 1991 einen Nationalpark, in Österreich hat es etwas länger gedauert. In Tschechien ist auch das Gebiet um einiges größer, dort umfaßt der Nationalpark 6 300 Hektar, in Österreich werden es in der maximalen Ausbaustufe, wenn diese – hoffentlich! – überhaupt kommt, 1 700 Hektar sein. Wir hätten uns ein etwas größeres Gebiet gewünscht.

Es ist aber immerhin gut, daß die Landtagswahlen offensichtlich doch etwas beschleunigend gewirkt haben. Wichtig ist, daß in diesem Fall die Zusammenarbeit mit der örtlichen Bevölkerung besser als beim Nationalparkprojekt Donauauen funktioniert – bei welchem übrigens gerade die Freiheitlichen der Sache mit einer unglaublichen Polemik enorm geschadet haben – und daß es schneller gelingt, sich mit den Grundbesitzern zu einigen.

Vielleicht könnte der Kollege von der ÖVP doch jetzt kurz aufhören, mit dem Herrn Umweltminister zu sprechen. (Abg. Dr. Maitz: Aber nur kurz!) Nein, solange ich rede!

Es wurde hier schon angesprochen, daß Sie sich mit den Grundeigentümern schon geeinigt hätten. Mich würde interessieren, ob das stimmt, vielleicht könnten Sie uns das in Ihrem Debattenbeitrag mitteilen! Stimmt es, daß es sehr rasch zu einer Realisierung kommen wird und nicht nur Gesetze beschlossen werden?


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Herr Minister! Ich möchte noch zwei Bereiche ansprechen, die mir in diesem Zusammenhang sehr wichtig zu sein scheinen. – Zum einen möchte ich betonen, daß Naturschutz auch außerhalb von Nationalparkprojekten wichtig ist. Ich vermisse gerade von seiten der ÖVP entsprechende Initiativen. Denn wie wir gerade auch in Niederösterreich sehen konnten, wirft man, wenn etwa ein reicher Mann wie Herr Stronach aus Kanada zurückkommt, den Naturschutz schnell über Bord und erteilt sehr schnell Bewilligungen. Das hat sich bei diesem geplanten Kugelprojekt in Niederösterreich so verhalten, aber auch am Wörther See, wo man plant, in einem definitiven Naturschutzgebiet ein großes Hotelprojekt zu verwirklichen. Offensichtlich ist es mit dem Naturschutz, sobald er außerhalb der Nationalparks stattfindet, nicht ganz so ernst gemeint!

Zweitens möchte ich erwähnen, daß es nicht unweit des geplanten Nationalparks derzeit ein ökologisch sehr gefährliches Projekt gibt, auf welches wir Grünen seit Tagen hinzuweisen versuchen: Es geht um die Ausweitung eines bestehenden Zwischenlagers für Brennelemente in Dukovany. Sie, Herr Umweltminister, haben am 11. Februar 1997, als genau die gleichen Informationen, nur damals noch als Gerücht, zur Verfügung standen, folgende Presseaussendung gemacht: "Bartenstein: Ausweitung des Zwischenlagers Dukovany Brüskierung Österreichs". Darin wird betont, daß Sie die Vorgangsweise der tschechischen Regierung wirklich ablehnen, daß Sie diese als Brüskierung empfinden, daß Österreich eine kernenergieskeptische Haltung habe und diese Vorgangsweise inakzeptabel sei.

Und die damalige Frau Umweltministerin Rauch-Kallat hat im Dezember 1992 bei einem ähnlich gelagerten Fall ebenfalls betreffend Dukovany, nämlich beim ersten Zwischenlager, darauf hingewiesen und sich auch dafür eingesetzt, daß es in diesem Zusammenhang zu einer entsprechenden Mitsprache Österreichs kommen wird.

Jetzt stehen wir vor der genau gleichen Situation, Herr Umweltminister, und ich vermisse seit Tagen von Ihnen eine klare Stellungnahme und Unterstützung, damit es gelingt, in Österreich so viele Einwendungen wie möglich zu machen beziehungsweise konkrete Initiativen gegenüber der tschechischen Regierung zu starten. Dieses große Projekt, das dort geplant ist, stellt nämlich tatsächlich ein enormes Bedrohungspotential unmittelbar an der österreichischen Grenze dar, und daher vermisse ich eine eindeutige Initiative der gesamten Bundesregierung. Ich vermisse von Ihnen, Herr Umweltminister, eine ähnliche Stellungnahme, wie Sie sie im Februar 1997 getroffen haben. Welcher Unterschied besteht zwischen 11. Februar 1997 und 25. Februar 1998? – Der große Unterschied besteht darin, daß es jetzt ein konkretes Projekt gibt, daß derzeit nur noch 15 Tage Einspruchsfrist laufen und dann eine legale Mitbestimmungsmöglichkeit im Rahmen der tschechischen UVP nicht mehr möglich sein wird. Jetzt ist die heikle Phase! Wo aber sind der Umweltminister und auch der Bundeskanzler in einem solchen Fall? – Sie sitzen hier, Herr Umweltminister!

Wir Grünen begrüßen das Projekt Nationalpark Thayatal, und wir begrüßen es, daß in dieser schutzbedürftigen Region mit ihren Aulandschaften endlich die entsprechenden Maßnahmen im ökologischen Bereich gesetzt werden. Ich meine aber, daß es bei einer solchen Debatte genauso wichtig ist, darauf hinzuweisen, daß nicht weit davon entfernt ein heikles Projekt unseres Nachbarn Tschechien realisiert wird und daß Österreich im Hinblick darauf bestimmte Initiativen versprochen hat, die Sie uns bis heute jedoch schuldig geblieben sind.

Ich weiß nicht, ob Sie wissen, Herr Umweltminister, daß wir heute im Rahmen einer Debatte einen Entschließungsantrag eingebracht haben, der eigentlich sowohl den Sozialdemokraten als auch der ÖVP unglaublich entgegengekommen wäre, mit welchem wir fordern, daß dieses Projekt endlich beeinsprucht wird, die Regierung entsprechende Initiativen setzt und auch das Parlament tätig wird. Dieser Entschließungsantrag wurde von den Regierungsparteien jedoch abgelehnt. Mir ist es unverständlich, warum sich die Antiatomhaltung der Bundesregierung, aber auch die der beiden Parteien hier im Hause plötzlich geändert hat.

Mich würde schon interessieren, Herr Bundesminister, gerade im Zusammenhang mit dieser Debatte, ob Sie nicht doch ein bißchen ein Schönwetterpolitiker sind, weil Sie nämlich einerseits schöne Projekte wie das Projekt Nationalpark Thayatal begrüßen, andererseits aber offen


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sichtlich nicht so initiativ sind oder die Konfrontation scheuen, wenn es ein wirklich bedrohliches Projekt wie das bei unserem Nachbarn Tschechien gibt! Wir sind jedenfalls bis heute nicht draufgekommen, welche Initiativen Sie in diesem Zusammenhang tatsächlich setzen. Daher bitten wir Sie, diese Debatte zu nutzen und nicht nur zum Thayatal und zum Nationalpark zu sprechen, sondern uns auch mitzuteilen, was Sie bisher im Hinblick auf dieses Zwischenlager Dukovany unternommen haben und was Sie in den noch verbleibenden 15 Tagen, in denen es eine entsprechende Einspruchsmöglichkeit gibt, zu tun gedenken. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.48

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden verstehen, daß es für mich als Abgeordnete, die in jenem Bezirk, der vom Projekt Nationalpark Thayatal betroffen ist, lebt, ein sehr freudiges Ereignis ist, daß diese beiden Gesetzesbeschlüsse heute über die Bühne gebracht werden. Und auch schon der Abschluß der Artikel-15a-Verträge am 26. Oktober des Vorjahres, also am Nationalfeiertag, war eine beeindruckende Situation und Feier!

Herr Kollege Wenitsch! Es wundert mich nicht, daß Sie hier wieder probiert haben, den Wahlkampf losbrechen zu lassen! Machen Sie nur so weiter! Denn jedes Mal, wenn ihr von den Freiheitlichen aufbrüllt und wieder Unterstellungen macht, zeigt sich an den Umfrageergebnissen, daß wir von der ÖVP enorm punkten. Es hätte mich aber auch gewundert, wenn Ihnen als Weinviertler ein bißchen mehr zu diesem Nationalpark eingefallen wäre! – Aber nur soviel zur Sache.

Ich bedanke mich bei Herrn Kollegen Peter, der erkannt hat, worum es uns hier geht. Auch ich hoffe, daß sich die Zahl von 50 000 Besuchern erhöhen wird beziehungsweise unsere diesbezüglichen Erwartungen übertroffen werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Zum ersten war dieses wunderschöne Fleckchen Natur im Thayatal schon immer bekannt – allerdings leider nur Insidern – und ist auch sehr oft genutzt worden. Wir freuen uns über dieses Stückchen Natur und darüber, daß wir diesen Pakt und diese Partnerschaft mit der Natur schließen konnten. Denn dort geht es nicht nur um Flora und Fauna, sondern auch um eine wirklich herrliche Landschaft, die sehr viel an Erholung bieten könnte.

In diesem Bezirk und in dieser Region – sie ist wirtschaftlich nicht besonders entwickelt und befindet sich in gewisser Weise in einer Sandwich-Funktion zwischen anderen Bezirken; sie hat selbstverständlich auch die tote Grenze und den Eisernen Vorhang zu spüren bekommen und daher ihre wirtschaftliche Schwäche nach wie vor nicht überwunden – verbinden wir von der ÖVP damit die Hoffnung auf einen weiteren wirtschaftlichen Aufschwung, Arbeitsplätze und sanften Tourismus.

Es wird dort viel an Landschaft, an Sehenswürdigkeiten und an Kultur geboten. Die Landesausstellung vor sechs Jahren im Thayatal – sie fand auf der Riegersburg statt – hat bis heute Wirkung gezeitigt. Der ganze Bezirk und auch die Nachbarbezirke haben an dieser Landesausstellung partizipiert. Wer dieses Fleckchen Natur einmal gesehen hat, den treibt es wieder dorthin. Es gibt dort viele ausgebaute Wanderwege, Radwege und Buschenschanken. Auch unsere heimischen Bauern verbinden mit diesem Nationalparkbeschluß die Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung.

Daß sich dieser Nationalpark vom Nationalpark Donauauen wesentlich unterscheidet, wurde von meinen Vorrednern schon angesprochen. Es wurde auch sehr viel Öl ins Feuer gegossen, speziell von der freiheitlichen Fraktion, das muß man hier wirklich sagen. Die Vorgangsweise beim Nationalpark Thayatal war eher eine vorsichtige, schrittweise, alle Gruppierungen einbeziehend und über alle Parteigrenzen hinweg. Bürgermeister Norbert Kellner hat sich in besonderem Maße darum bemüht, zusammen mit den betroffenen Landwirten und Gutsbesitzern – auch um


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diese geht es hier – Schritt für Schritt Wohlwollen zu gewinnen und eine Vision zu entwickeln, was dieser Nationalpark für die Österreicher bedeuten könnte.

Ganz ohne Konflikte ist es nicht gegangen. Insbesondere zwei Großgrundbesitzer haben eine Zeitlang sicherlich nur widerwillig die Diskussion aufgenommen. Es freut mich, daß inzwischen einer dieser Grundbesitzer erkannt hat – und seine Zustimmung geben wird –, wie wichtig dieser Nationalpark für die Region ist. Was den anderen betrifft, geht es inzwischen um die Frage, wann das Verlassenschaftsverfahren abgeschlossen sein wird, weil jetzt der Erbe die Entscheidung zu treffen hat, wie es weitergehen soll. Ich bin aber zuversichtlich.

Ich bedanke mich bei allen Beteiligten und denke, daß der Beschluß dieser beiden Gesetzesregelungen für unsere Region, für meinen Heimatbezirk und für die Bevölkerung unseres Bezirkes ein großes Anliegen ist und große Freude bedeutet. (Beifall bei der ÖVP.)

21.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Dipl.-Ing. Kummerer. – Bitte.

21.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Meine Damen und Herren! Ich darf mich als letzter in das "Heimspiel" der Weinviertler Abgeordneten eintragen und freue mich besonders darüber, daß noch ein Weinviertler Mandatar bei diesen letzten Meldungen zum Nationalpark anwesend ist – Herr Minister Werner Fasslabend. Herzlich willkommen!

Wir haben viele Argumente gehört, und ich möchte die Kritik des Kollegen Wabl zum vorigen Tagesordnungspunkt aufgreifen. Selbstverständlich können und sollen wir auch bei Umweltprojekten von Wirtschaftlichkeit und von Wirtschaft reden, und wir sollten fragen: Sind die Förderungen, die wir hier geben, reine ökologische Förderungen, oder sind es nicht auch ökonomische Förderungen? – Meine Vorrednerin hat – ebenso wie Kollege Rada – die Probleme des Weinviertels angedeutet. Auch ich möchte kurz auf diese eingehen.

Wir dürfen nicht glauben – das wissen wir in der Zwischenzeit, wie auch in den Debattenbeiträgen einiger meiner Vorredner angeklungen ist –, daß der heutige Beschluß für einen Nationalpark schon dessen morgige Errichtung bedeutet. Es ist ein gewisser Zeitraum notwendig, bis ein Nationalpark funktioniert. Ich erinnere zum Beispiel an die recht guten Aufstellungen des Umweltbundesamtes, die über das Internet abfragbaren UBA-Infos. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch wieder auf die hervorragenden Leistungen des Umweltbundesamtes hinweisen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Wollen wir es privatisieren?) Aus diesen Informationen geht ebenfalls hervor, daß Errichtungszeiträume von mehr als 20 Jahren durchaus üblich und gängig sind. Man kann aus dieser Aufstellung auch ersehen, daß es für Nationalparks verschiedenste Besucherzahlen gibt: Sie reichen von drei Besuchern – das ist kein Hörfehler – pro Jahr bis hin zu 20 Millionen.

Das Weinviertel ist tatsächlich in keiner rosigen wirtschaftlichen Lage. Der Fall des Eisernen Vorhanges hat nach einem kurzen Boom eine Entwicklung gebracht, mit der wir nicht zufrieden sein dürfen. Lassen Sie mich die Anmerkungen meiner Vorredner kurz durch einige Zahlen ergänzen: Im Bezirk Gänserndorf – diesem geht es am besten, er liegt in Niederösterreich an 9. Stelle – ist ein Medianeinkommen von 18 737 S zu verzeichnen, das heißt, 50 Prozent verdienen mehr, 50 Prozent verdienen weniger. Für Frauen beträgt es 13 440 S. Im Bezirk Hollabrunn – er liegt seit Jahren an letzter Stelle der niederösterreichischen Bezirke – sieht es noch dramatischer aus: 50 Prozent der Bevölkerung verdienen unter 16 500 S, 50 Prozent der Frauen unter 12 780 S. Da erscheint es mir schon eigenartig, wenn ich in den Top-Infos der Wirtschaftskammer als Forderung lese, die Senkung der Gesamtarbeitskosten am unteren Ende der Lohnskala würde Beschäftigungsverhältnisse für wenig Qualifizierte eröffnen.

Meine Damen und Herren! Eine Senkung der Gesamtarbeitskosten bedeutet nicht nur eine Senkung der Lohnnebenkosten, wie sie immer wieder gefordert wird, sondern einen tieferen Einschnitt. Da frage ich dann: Was stellt man sich in der Wirtschaftskammer vor, wenn es um


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einen Bezirk geht, in dem – ich wiederhole es – 50 Prozent der Frauen weniger als 12 800 S verdienen? Wie weit sollen die Gesamtarbeitskosten im Weinviertel gesenkt werden?

Bei meinen Vorrednern ist auch der Kaufkraftabfluß angeklungen. Ich denke, daß während dieser 20 Jahre, bis diese Nationalparks tatsächlich funktionieren, Projekte vonnöten sind und Projekte nicht verhindert werden sollten. Auch in meiner Rede schlägt – ich hoffe, nicht so polemisch wie bei Herrn Kollegen Wenitsch – die niederösterreichische Wahlwerbung durch, und ich denke daher, daß wir Chancen nützen sollten, zum Beispiel die Chance auf ein Einkaufszentrum im Norden ähnlich der Shopping City im Süden. Mehr als 60 Prozent der Kaufkraft des Raumes Gänserndorf fließen nach Wien ab. Wenn man hier Kaufkraft abschöpfen könnte, so bedeutet das keineswegs – wie die Wirtschaft in Wien und in Niederösterreich meint – den Verlust von Arbeitsplätzen, sondern es bedeutet den Gewinn von Kaufkraft und einen Zuwachs an Arbeitsplätzen.

Meine Damen und Herren! Herr Minister! Herr Präsident! Auch ich freue mich, daß es in unserer Region – in einem schönen Stück Niederösterreich – gelungen ist, diesen Nationalpark zu beschließen. Ich wünsche ihm viel wirtschaftlichen Erfolg für unsere Bevölkerung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und der Abg. Rosemarie Bauer. )

21.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.

21.59

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Wenn Sie heute dem Artikel-15a-Vertrag zum Nationalpark Thayatal Ihre Zustimmung nicht verweigern, dann ist das der wesentliche Schritt zur Etablierung des fünften Nationalparks in diesem Land. Ich erinnere daran, daß allein in den letzten 12 Monaten drei Nationalparke etabliert respektive die notwendigen gesetzlichen Schritte dazu gesetzt worden sind, nämlich beim Nationalpark Donauauen, Nationalpark Kalkalpen und jetzt Nationalpark Thayatal. Das kann sich sehen lassen.

Es ist dies eine weitere Naturschutzleistung, von der ich sage: Es steht dem Bund gut an, in der Kategorie der Nationalparke und wissenschaftlichen Reservate – also der höchsten Naturschutzkategorien, die es weltweit gibt – auch aktiv mitzuarbeiten, zu 50 Prozent die Kofinanzierung zu übernehmen und in diesen an sich jetzt den Ländern vorbehaltenen Kompetenzbereichen mitzuarbeiten.

So ist es auch in diesem Fall: Das Land Niederösterreich und wir teilen uns die Aufwendungen für die Nationalparkgesellschaft im Verhältnis 50 : 50. Es kommt zur Gründung einer sehr schlanken Gesellschaft mit jährlichen Kosten von 8 Millionen Schilling und mit einmaligen Errichtungskosten von 12 Millionen Schilling.

Weil das von der Frau Abgeordneten Langthaler nachgefragt wurde, möchte ich einen Teil ihrer Frage damit beantworten, daß es einer entsprechenden Einigung mit den Grundstückseigentümern bedarf und diese Einigung bis jetzt in zwei Fällen noch nicht hergestellt worden ist. Das ist Aufgabe des Landes Niederösterreich. Aber meine Informationen lauten dahin gehend, daß im Jahre 2000 mit der tatsächlichen Eröffnung des Nationalparks Thayatal und mit der Inbetriebnahme gerechnet werden kann. Ich meine aber, daß bereits im Frühjahr 1998 der Geschäftsführer ausgeschrieben werden kann und daß es noch im Laufe dieses Jahres zu einem Hearing kommen wird.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Rada! Lassen Sie mich Ihnen versichern – wie ich es auch im Ausschuß schon gesagt habe –, daß nach dem Nationalpark Donauauen und nach dem Nationalpark Thayatal bis auf weiteres nicht an die Errichtung eines weiteren Nationalparks in dieser Region Niederösterreichs gedacht ist. Damit sind Ihre Bedenken hinsichtlich einer verkehrs- oder wirtschaftspolitischen Einkesselung eines Teiles Niederösterreichs sicherlich nicht begründet.


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Frau Abgeordnete Langthaler! Sie haben einen Teil Ihres Debattenbeitrages dem Thema Dukovany gewidmet. Obwohl das aus meiner Sicht mit dem Nationalpark Thayatal wenig bis nichts zu tun hat, möchte ich Sie kurz in Kenntnis setzen, daß ich mich schon vor Tagen mit dem tschechischen Umweltminister Skalicky in Verbindung gesetzt, ihm brieflich die Bedenken und die Sorgen mitgeteilt und ihn dringend um Rückantwort gebeten habe. Leider ist bis zum heutigen Tage noch keine Rückantwort des tschechischen Umweltministers bei mir eingelangt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Diese Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte die Damen und Herren, ihre Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 904 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist mit Stimmeneinheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch dies geschieht mit Stimmeneinhelligkeit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, dem Abschluß der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Thayatal samt Anlage in 905 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Wenn Sie diese erteilen wollen, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch dies erfolgt einhellig. Angenommen.

20. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 565/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend die Errichtung einer 380-kV-Leitung in Österreich (1073 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 35/A (E) der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen betreffend die Erstellung weiterer unabhängiger Gutachten zur Notwendigkeit der Errichtung einer 380-kV-Leitung "UW Kainachtal – UW Wien Südost" sowie die Änderung des Starkstromwegegesetzes aus 1968 hinsichtlich eines Bürgerbeteiligungsverfahrens im Sinne des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) und die Erstellung einer unabhängigen Studie betreffend dezentrale Energieversorgung als Alternative zum Verbundnetz für den Raum Oststeiermark (1070 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 20 und 21 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

22.05

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei dem in Verhandlung stehenden Antrag geht es nicht mehr darum, festzustellen, daß viele der Argumente nicht mehr gelten, die seinerzeit vorgebracht wurden, als es darum ging, die Bewilligung für den Bau der 380-kV-Leitung durch das Burgenland zu bekommen.

Damals wurde gesagt, im Burgenland werden die Lichter ausgehen, wenn diese Leitung nicht kommt. Bis heute ist das nicht der Fall gewesen, und es wäre auch in Zukunft nicht der Fall, käme diese Leitung nicht. Aber diese Diskussion ist ausdiskutiert, und deshalb warne ich die nach mir kommenden burgenländischen Abgeordneten, sich noch einmal mit dieser Diskussion zu beschäftigen. Sie ist nicht Inhalt dieses Antrages.

Hier geht es um die Forderung nach einem Baustopp, weil sich an der steirischen Grenze Aspekte entwickelt haben, die noch nicht wirklich ausdiskutiert sind. Denn ab Rotenturm – das ist eine Gemeinde im Burgenland – ist der Verlauf der Trasse völlig ungeklärt. Auch der Verlauf durch das Naturschutzgebiet zwischen Wolfau und Markt Allhau ist völlig ungeklärt, und trotzdem hat man mit dem Bau der Leitung im Burgenland bereits begonnen.

Wir sehen daher die Situation jetzt so, daß zumindest ab Rotenturm der weitere Verlauf in die Steiermark nicht feststeht und nicht klar ist, wie diese Leitung gebaut werden soll. Vor allem hat die Steiermark – und dort die steirische Landesregierung mit ÖVP-Politikern – das Starkstromwegegesetz beim Verfassungsgerichtshof beeinsprucht, weil die steirische Politik beim Bau dieser 380-kV-Leitung durch die Steiermark noch mitreden will. Die steirische Landesregierung hat meiner Erinnerung nach auch einstimmig beschlossen, das Naturschutzgesetz zu ändern, um mittels des Naturschutzgesetzes ein Wörtchen mitreden zu können.

Schließlich gibt es in der Steiermark in mehr als hundert Gemeinden, die vom Verlauf dieser Trasse betroffen sind, einstimmige Gemeinderatsbeschlüsse, um den Bau dieser Leitung zu verhindern. Zusätzlich liegen Ergebnisse einer Reihe von Volksbefragungen vor, die mit Zustimmungen im Ausmaß von 80, 90 oder 95 Prozent gegen den Bau dieser Leitung gerichtet sind. Es zeigt sich also durchaus Widerstand quer durch die Parteien in der Steiermark, es besteht eine völlig ungeklärte Situation, und trotzdem hat man mit dem Bau der Leitung durch das Burgenland bereits begonnen.

Jetzt kann es dazu kommen, daß aufgrund des Widerstandes in der Steiermark der Bau im Burgenland zwar fertiggestellt wird, daß es aber in der Steiermark keinen Weiterbau gibt. Deshalb ist das ein sehr vernünftiger Antrag, der da lautet: Baustopp, bis der Verlauf der Trasse von Rotenturm bis zur burgenländisch-steirischen Grenze und in weiterer Folge die Probleme in der Steiermark geklärt sind.

Nichtsdestoweniger bin ich persönlich der Meinung, daß der gesamte Bau der 380-kV-Leitung in Wirklichkeit nicht notwendig wäre, was die Stromversorgung der betroffenen Gebiete betrifft. Der Einstieg der EdF bei der EStAG ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß das seinerzeitige Hauptargument nach wie vor Gültigkeit hat: daß dort eine Ringleitung zum Import, Export und Transport von Atomstrom gebaut werden soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

22.09

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin einigermaßen erstaunt – oder auch nicht –, Kollege Schweitzer,


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wenn du deine Nachredner bittest oder aufforderst, nicht mehr auf das Burgenland und die Situation dort einzugehen. (Abg. Mag. Steindl: Er fürchtet sich!) Ich kann ja verstehen, daß es dir unangenehm ist. Aber auf der anderen Seite kann man es sich freilich nicht so einfach machen.

Zum ersten bringt der Bau dieser Leitung für das Burgenland den Wegfall von 300 Hochspannungsmasten auf der einen Seite, dem stehen andererseits 120 neue gegenüber. Es kommt also zu einem echten Abbau von 180 Masten im Landschaftsbild des Burgenlandes. Und dem kannst du als Burgenländer nichts abgewinnen? – Das allein scheint mir schon etwas eigenartig zu sein. (Abg. Dr. Graf: Denken Sie an die Gesundheitsgefährdung!) Soviel ich aus dem Burgenland höre, hat sich auch deine Partei zu dem Zeitpunkt damals nicht nur damit abfinden, sondern das sogar sehr begrüßen können. Aber man richtet es sich eben in der Argumentation, wie man es braucht und wie es einem gerade in den Kram paßt.

So ähnlich verhält es sich auch mit der Argumentation über die Notwendigkeit dieses 380-kV-Ringes. Obwohl einerseits seriöse, ernstzunehmende Studien längst die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit dieses Projektes belegen, wird andererseits in der Argumentation immer wieder eine Doppelzüngigkeit an den Tag gelegt, die wirklich zum Himmel schreit. Ich habe es schon das letzte Mal, bei der ersten Lesung, gesagt: Wenn es auf der einen Seite um Diskussionen wie zum Beispiel jene über Lambach geht und manche dort versuchen, politisches Kleingeld zu machen, dann hört man mit großen Ohren die Aussagen des Verbund-Generaldirektors Haider, der nicht zu Unrecht sagt, er könnte von der Kapazität her Lambach durch sein wahrscheinlich etwas zu groß geratenes oder nicht mehr zeitgemäßes Projekt Freudenau substituieren.

Es sind allerdings geeignete Stromübertragungsnetze notwendig, um solche großflächigen Stromverteilungen vornehmen zu können. (Abg. Dr. Graf: Das ist jetzt ein neuer Schmäh!) Nicht nur speziell wegen Lambach, sondern ganz generell muß ich, wenn ich großflächige Stromverteilung will, die Netze dazu bereitstellen. Da finden sich dann in Anträgen – wenn es einem in der Argumentation gerade in den Kram paßt – auf einmal wieder Hinweise auf regionale Versorgung und regionale Stromaufbringung. Also immer so, wie es einem gerade paßt: Einmal soll es die großflächige Verteilung sein, nämlich dann, wenn man ein regionales Projekt nicht will und politisches Kleingeld daraus schlagen will. Dann soll es wieder die regionale Aufbringung sein, wenn man die großen Verteilnetze, die selbstverständlich notwendig wären, verhindern will. Ich meine, eines und das andere, das Fünferl und das Weckerl gemeinsam, wird man schwer haben können, liebe Kollegen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich gebe aber zu, daß in der Steiermark eine sehr, sehr sensible Situation entstanden ist. Es gibt ganz unterschiedliche Interessenlagen, das ist völlig klar: auf der einen Seite die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit der Schließung dieses Versorgungsringes, auf der anderen Seite legitime Interessen von Gemeinden und einzelnen Bürgern, die diesem Projekt in der alten Form wenig abgewinnen können.

Es gibt aber, wie wir auch wissen, inzwischen sehr ernstzunehmende Studien, zum Beispiel vom Joanneum Research, die andere, weit besser verträgliche Trassenführungen vorschlagen. Diese sind allen Einschätzungen nach auch möglich und realisierbar, und es wird jetzt dem Konsenswerber, dem Antragsteller obliegen, das Projekt so hinzutrimmen, daß er es in einem Verwaltungsverfahren durchsetzen und durchbringen kann. Es wird schwierig sein – das gebe ich zu –, diese Interessen unter einen Hut zu bringen. Ich bin aber durchaus zuversichtlich, daß das gelingen kann.

Daß man hier aber jetzt hergeht und Anträge auf Baustopp in einem Verfahren einbringt, das bereits abgeschlossen ist – in einem Rechtsstaat –, wundert mich schon einigermaßen. (Abg. Mag. Kammerlander: Ungeheuerlich!) Das geht doch wirklich einen Schritt zu weit. Es ist das ein Verfahren, das im Burgenland abgeschlossen ist und für das eine rechtsgültige, bis zu den obersten Instanzen durchgefochtene Bewilligung vorliegt (Abg. Mag. Schweitzer: Nicht einmal die Trassenführung ist klar!), und daß man diese jetzt mit einem Antrag im Parlament außer


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Kraft setzen will, soweit werden wir es in unserem Rechtsstaat nicht kommen lassen. Dafür geben wir uns sicher nicht her! (Beifall bei der ÖVP.)

22.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.14

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat mir einiges Schmunzeln entlockt, weil da alle Argumente wiedergekommen sind, die ich schon seit langem kenne. (Abg. Kopf: Das ist ja nett!) Diese haben wir schon anno dazumal zu Zwentendorf gehört, und ständig wiederholen sie sich von neuem: (Abg. Kopf: Sie werden nicht falsch!) Wir werden doch nicht etwas, das beschlossen ist, jetzt wieder auf den Kopf stellen, heißt es dann.

Gleichzeitig drehen Sie da heraußen ganz eigenartige Pirouetten, wenn es darum geht, zum Beispiel durchaus Verständnis für die Haltung der steirischen Landesregierung zu signalisieren. Das sind schließlich Parteifreunde, da verstehen wir uns ja, ganz klar! (Abg. Kopf: Das sind lokale Interessen!) Das ein "bißchen zu groß geratene Kraftwerk Freudenau" ist dann die nächste Drehung in der Pirouette. Auch das verstehen wir selbstverständlich: Wer war denn da irgendwie beteiligt bei dem ein bißchen zu groß geratenen Kraftwerk Freudenau? Welche Minister, welche Koalitionen waren da beteiligt? – Das ist ein bißchen peinlich, daß es zu groß geraten ist. (Abg. Wabl: 50 Milliarden Schilling!)

Aber Sie legen damit die Schiene genau dorthin, wo es hingehört: daß Sie in der Energiepolitik nämlich seit mehr als 20 Jahren alles viel zu groß und außerdem immer eher vorbei an der Technologie planen, die gefragt wäre – angefangen bei Zwentendorf bis zum zu groß geratenen Kraftwerk Freudenau (Abg. Kopf: Welche Technologie wäre das?)  –, und immer im nachhinein draufkommen – siehe Trassenführung Steiermark –, daß es auch anders ginge.

Das ist nämlich das Spannende: Irgendwann kehrt dann die Einsicht bei Ihnen ein – spät, aber doch. Jetzt gibt es die Studien vom Joanneum Research – da wollen wir gar nicht weiter hinterfragen, ob es da nicht irgendeine parteipolitische Relevanz geben könnte; es ist gut, daß es sie gibt –, und jetzt kehrt die Einsicht bei Ihnen ein. Das finde ich spannend. Ich würde es wirklich einmal begrüßen, wenn wir uns solche Anträge im nachhinein ersparen könnten, weil diese Einsicht bei Ihnen im vorhinein einkehren würde. Das wäre dann ganz anders.

Damit sind wir auch beim Thema: Wenn Sie uns jetzt weismachen wollen, Sie brauchen diese 380-kV-Leitung für das ein bißchen zu groß geratene Kraftwerk Freudenau, dann geht dieses Argument wieder am eigentlichen Thema vorbei (Abg. Kopf: Also bitte!) : Es geht um eine Stromschiene für den Atomstrom quer durch Österreich, es geht um eine Schiene für den Atomstrom quer durch Europa!

Das haben wir von Anfang an gewußt. Warum, glauben Sie, sind die EStAG-Anteile an die EdF verkauft worden? Warum wohl? Welches ganz hervorragende Interesse hat denn die EdF an diesem Einkauf in Österreich gehabt? – Das liegt ganz klar auf der Hand. Das haben Sie in den letzten Wochen, rund um Weihnachten, in allen Zeitungen nachlesen können, auch in den Ihnen nahestehenden Zeitungen. Alle haben das ganz klar auf den Tisch gelegt.

Sie werden sich schwertun – an beide gerichtet, an die SPÖ und an die ÖVP –, Ihre Glaubwürdigkeit in der Atompolitik noch weiter aufrechterhalten zu können. Es ist Stück für Stück eine Salamitaktik wie in anderen Bereichen auch, wo Sie ein Stück nach dem anderen von einem mühsam erreichten Konsens, den es einmal in der Antiatompolitik gegeben hat, abschneiden. (Abg. Kopf: Einmal wollen Sie Stromersatzlieferungen, dann beklagen Sie sich wieder!) Die 380-kV-Leitung ist ein Schnitt von der Salamistange, der Einkauf der EdF ist ein zweiter Schnitt von der Salamistange. Der bis heute nicht vorhandene Einspruch bei Dukovany ist das dritte Stück von der Salamiwurst, das Sie da abschneiden, und nach und nach bleibt nichts mehr übrig von Ihrer angeblichen – sage ich dann bald – Antiatompolitik, die fahren zu wollen Sie vorgeben. Sie handeln sich damit Ihre eigene Unglaubwürdigkeit ein.


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Herr Minister, es ist ja nett, daß Sie einen Brief geschrieben haben. Das ist wirklich überwältigend: Einen Brief haben Sie geschrieben! Ich frage mich nur, wo der Einspruch der Bundesregierung bleibt, wenn es doch angeblich einen nationalen Konsens in der Antiatompolitik gibt.

Aber wie gesagt: Ein Stück nach dem anderen schneiden Sie ab. Wir werden Ihnen jede Scheibe dieser Salami wieder vorlegen und sagen, wie es ist. Am Schluß kommt klar heraus: Sie sind nichts anderes als die Helfershelfer und die Diener der europäischen Atompolitik. Das schaut dann dabei heraus. (Beifall bei den Grünen.)

22.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.19

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Wabl, du weist völlig richtig darauf hin, daß wir dieses Thema seit gut eineinhalb Jahren immer wieder diskutieren, ein nahezu eintägiges Hearing dazu abgeführt und eine Unzahl von Experten dazu gehört haben. Wir alle sind mehrheitlich zu dem Entschluß gekommen, dieses Ausbauprogramm auch weiterhin von diesem Haus aus zu unterstützen.

Meine Damen und Herren! Die Errichtung dieser 380-kV-Leitung, um die es in dieser Debatte geht, und somit dieses Ringschlusses, ist Teil des koordinierten Leitungsausbauprogramms. Das heißt, daß dieser Ausbau in Etappen erfolgt.

Daher, lieber Kollege Schweitzer, kann ich deiner Argumentation einfach nicht folgen: Denn wenn wir so gehandelt hätten wie du das in der Begründung zu deinem Antrag vorgeschlagen hast, dann hätten wir noch keinen einzigen Kilometer dieser 380-kV-Leitung errichten können. Denn es war immer so, daß natürlich zuerst einmal alle rechtlichen Verfahren abgewickelt werden mußten, wie das jetzt im Burgenland der Fall war. Aufgrund der entsprechenden Bescheide wurde dann mit dem Bau begonnen. Dasselbe geschieht jetzt in der Steiermark. – Nach mir ist noch eine ganze Reihe von Mitgliedern meiner Fraktion zu Wort gemeldet, die sich mit den regionalen Problemen und Aspekten zu diesem Thema befassen werden.

Zu Frau Kollegin Kammerlander – ich hoffe, ich bin jetzt nicht sehr uncharmant – muß ich sagen: Liebe Frau Kollegin! Ich habe schon bessere Beiträge von Ihnen hier gehört, die mich wirklich begeistert haben. Ich kann Ihnen nur empfehlen: Bitte investieren Sie einmal annähernd soviel Zeit in dieses Thema, wie wir das bisher getan haben. Dann werden wir beide wissen, worüber wir reden, wenn es um Energiefragen und vor allen Dingen auch um den Ausbau dieses Ringschlusses geht.

Wenn ich mich recht entsinne, haben wir im Zusammenhang mit dem Energiebericht im Ausschuß dieses Thema diskutiert, und im Energiebericht 1996 wurde die Notwendigkeit des Hochspannungsnetzes klar und schlüssig dargestellt. Im übrigen ist – wie Kollege Kopf bereits erwähnt hat – diese Notwendigkeit auch durch eine Vielzahl von Studien belegt. Ich darf nur den Aspekt der Versorgungssicherheit erwähnen. Experten erklären uns, daß, insbesondere im Südosten unseres Bundesgebietes, nur durch den 380-kV-Ringschluß die Versorgungssicherheit gewährleistet wird.

Zu den Übertragungsverlusten. Meine Damen und Herren gerade von den Grünen! Wir reden so viel vom Energieeinsparen. Wenn wir diese Stromleitung nun wirklich höher spannen, nämlich auf 380 kV, ergibt das eine Ersparnis, die in etwa dem Leistungsumfang des Kraftwerkes Freudenau entspricht! In Anbetracht dessen meine ich, daß wir uns damit ernsthaft auseinandersetzen müssen und nicht so leichtfertig damit umgehen dürfen.

Ich bin gar nicht so unglücklich darüber, daß sich die Verfahren schwierig gestalten und daß die Bürger sich einbringen. (Abg. Wabl: Das sehen Sie richtig!) Das hat nämlich in der letzten Zeit dazu geführt, daß der Ausbau dieser hochrangigen Leistungsnetze bürgernäher und landschaftsangepaßter vorgenommen wurde. Die Höhe der Masten wurde drastisch reduziert auf 42 Meter. Kollege Kopf hat schon dargestellt, wie viele Masten von 110-kV- und 220-kV-Lei


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tungen demontiert werden, wenn diese Trasse im Burgenland errichtet wird. Ähnlich wird es sich auch in der Steiermark verhalten, wenn die neue Trasse parallel zu den bereits bestehenden geführt wird. Und auch die betroffenen Gemeinden werden in ihrem Bemühen entsprechend unterstützt werden, diese sicherlich nicht sehr schönen Masten – ich bin auch nicht begeistert davon – etwas mehr als bisher aus der Landschaft verschwinden zu lassen.

Meine Damen und Herren! Ein technisches Detail am Rande: Zu Beginn meiner Energiesprecher-Tätigkeit hat mich das Thema beschäftigt, warum wir Strom nicht unter der Erde transportieren können, wenn das in den Städten ja auch geht. – Es ist leider derzeit technologisch immer noch nicht möglich, Hochspannung mit 380 kV unter der grünen Wiese, also unter der Erde, zu transportieren. Denn erstens würde man eine sehr breite Trasse brauchen, was eine Landschaftsvernichtung par excellence wäre. Zweitens muß man, wenn es Störfälle gibt, zu einer solchen unterirdischen Trasse auch dazukommen, und das wäre nur möglich, wenn man diese entlang einer Autobahn führt, was ein immens hoher Aufwand wäre, den wir uns unmöglich leisten könnten.

Aus all diesen Gründen, meine Damen und Herren, haben wir im Ausschuß gegen den Antrag der Freiheitlichen gestimmt, und meine Fraktion wird auch heute diesem Antrag nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.25

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Kopf, der Sie heute zum erstenmal als Landschaftsschützer aufgetreten sind! Wir haben gehört, daß 180 Masten – vergleichsweise Mästchen – entfernt und statt dessen neue Masten errichtet werden.

Im Burgenland gehen die Lichter aus, hat es vor rund eineinhalb Jahren oder etwas mehr als eineinhalb Jahren geheißen. Und ich kann mich auch noch gut daran erinnern, daß Frau Kollegin Fekter bei einem Debattenbeitrag von mir den Zwischenruf gemacht hat: Glauben Sie, daß die Lyocell im Burgenland mit Solarstrom gespeist wird? – Darauf kann ich sagen: Es ist nicht der Bedarf des Lyocell-Werkes im Burgenland, der uns dazu zwingt, hier eine 380 kV-Leitung zu errichten.

Es wird immer davon gesprochen, daß zahlreiche Gutachten angefertigt wurden. – Und genau das ist der Punkt, warum unsere steirischen Abgeordneten einen Antrag eingebracht haben, der dann eineinhalb Jahre liegenblieb und heute verspätet hier behandelt wird. Es wurden weitere Gutachten zu den Gutachten von den Professoren Edwin und Glavitsch angefertigt, um die Sinnhaftigkeit zu überprüfen. – Das sind jedoch, wie meine Kollegin Apfelbeck in ihrem Antrag festgestellt hat, Übertragungsspezialisten, die einen ganz klaren Auftrag hatten, und zwar nicht den, der wünschenswert wäre, nämlich zu prüfen, ob und in welcher Weise es sinnhaft ist, hier für eine sichere Energieversorgung zu sorgen!

Ich staune immer wieder, daß vom Kollegen Kopf gerade das Beispiel Lambach angeführt wird. Denn Verbund-General Hans Haider hat angeboten, die nötige Versorgung gleichsam mitzuübernehmen, und hat darauf hingewiesen, daß es keine Notwendigkeit für den Bau dieses Kraftwerkes gibt. Wir reden hier nur von völlig anderen Dimensionen. Und der Baustopp, der durch den Antrag vom Kollegen Schweitzer gefordert wird und der Sinn macht, sollte dich, Kollege Kopf, nicht dazu verleiten, zu sagen, daß wir in einem Rechtsstaat leben und abgeschlossene Verfahren vorliegen. Es macht relativ wenig Sinn, eine Leitung nach Rotenturm zu bauen – du wirst mir doch recht geben, daß durch eine Leitung eine Verbindung hergestellt werden soll –, nur damit Rotenturm an der steirischen Grenze auf diese Weise mit entsprechendem Strom versorgt wird. (Abg. Dr. Krammer: Warum macht das eigentlich wenig Sinn?) Frau Kollegin aus dem Burgenland! Mit dieser 380-kV-Leitung ... (Abg. Dr. Krammer: Lesen Sie Ihr Konzept nächstes Mal genauer!) Ich staune, welch weise Ratschläge ich von einer ehe


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maligen Ministerin erhalte! Immer weise Tips! Das habe ich bei Ihren Beiträgen schon des öfteren erleben können! (Weiterer Zwischenruf der Abg. Dr. Krammer. )

Das macht wenig Sinn, im Lichte der stattgefundenen Veräußerung der Anteile der EStAG macht es allerdings sehr wohl Sinn. Und jetzt sind wir wieder in jenem Bereich, der von den Grünen gleichermaßen angesprochen wird, nämlich bei der Atomstromschiene. Wenn es darum geht, die Atomstromschiene zu errichten, sehr geehrte Damen und Herren, dann sollten Sie dies der Öffentlichkeit auch sagen! Sie konterkarieren mit diesen Maßnahmen und mit dieser Vorgangsweise nämlich die österreichische Anti-AKW-Politik in – wie ich meine – überstrapaziöser Weise, und wir haben kein Verständnis dafür, daß Sie Ihre tatsächliche Haltung unter dem Mäntelchen der Rechtsstaatlichkeit verstecken beziehungsweise in diesem Zusammenhang die Rechtsstaatlichkeit vorschieben.

Es hat einen Sinn, sehr geehrte Damen und Herren, für einen Stopp zu sorgen, durch welchen ermöglicht wird, das Verfahren auch in der Steiermark abzuklären. Dann hätte man Zeit dazu, die richtigen Maßnahmen zu setzen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.31

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Diskussion wird leider dadurch beeinträchtigt, daß bestimmte Gesichtspunkte eindeutig verwechselt werden. Die Wiederholung von Gutachten – das sage ich jetzt ganz deutlich – bringt gar nichts und ist daher auch in diesem Fall überflüssig, denn in Wirklichkeit geht es um die konzeptive Frage.

Wenn man sich entschließt, in Österreich ein das gesamte Bundesgebiet versorgendes 380-kV-Netz zu bauen, dann gibt es in diesem Land aus topographischen Gründen gar nicht sehr viele Varianten. Um diesen Punkt geht es, und ich meine, man kann, wenn man sich für zeitgemäße Energieversorgung entschieden hat, unterhalb der 380-kV-Ebene gar nicht mehr ernsthaft große Mengen transportieren wollen! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das geht gar nicht, denn die Übertragungsverluste, die Kollege Oberhaidinger angesprochen hat, sind einfach ein entscheidendes Moment!

Jetzt gibt es die berühmten Argumente mit dem Atomstrom aus dem Osten, die Kollegin Kammerlander und Kollege Schweitzer vorgebracht haben. – Wenn Sie glauben, daß wir dadurch, daß wir uns ein Gebiet leisten, in dem wir kein taugliches Höchstspannungsnetz haben, einen Beitrag dazu leisten, daß irgendwelche überflüssigen und absolut ablehnenswerten Investitionen behindert werden, dann irren Sie sich! Denn solche Anlagen werden nicht in der Hoffnung gebaut, daß man den dort erzeugten Strom dann eins zu eins nach Österreich exportieren kann, sondern aus anderen – meiner Meinung nach unrichtigen – Überlegungen gebaut. Aber das können wir dadurch nicht beeinflussen, daß wir unser Netz quasi abnudeln. Das wird nicht helfen!

Ähnlich wäre es, wenn man sagte: Stellen wir, weil es weltweit Luftverschmutzung durch Kfz-Motoren gibt, den Kfz-Verkehr überhaupt ein. Dann werden die anderen das auch machen! – Ich weiß nicht, wie sich die Leute das vorstellen! Das ist nicht der Weg. Das ist vordergründige Effekthascherei, und ich meine, das ist falsch.

Ein Mittel wäre zum Beispiel ein taugliches europaweites Atomhaftpflichtgesetz. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ und der ÖVP.) Würden wir uns europaweit dafür einsetzen, daß Atomhaftung greift, dann käme es in Europa zur selben Entwicklung wie in den USA: Dort werden allein deswegen, weil sich herausgestellt hat, daß Kernenergie nicht versicherbar ist, wenn wirklich die Risken getragen werden müssen, keine Kraftwerke mehr gebaut. So einfach ginge das!


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Würden wir unseren Freunden im Osten klarmachen, daß ein Haftungsfall ihre Volkswirtschaften ruiniert, weil sie wirklich zahlen müßten, dann würden sie den Spaß an diesen Investitionen sehr rasch verlieren! Und es würden auch die jeweiligen Kreditgeber keine Freude daran haben, etwas zu finanzieren, was dann möglicherweise in den katastrophalen Konkurs schlittert. Abgesehen davon ist natürlich jeder Kernkraftunfall eine menschliche Katastrophe und eine ökologische Katastrophe. Das will ich jetzt gar nicht alles schildern.

Ich meine, daß man mit seiner Politik dort ansetzen muß, wo alle mitgehen können. Und diejenigen, die vielleicht nach wie vor meinen, Atomenergie sei sicher, würden durch die Versicherungen eines Besseren belehrt werden, wenn diese Art der Energie sich als unversicherbar herausstellt. Ich meine, das ist eine stringente Logik! Wenn Sie die Antiatomargumentation jetzt aber an der 380-kV-Leitung festzumachen versuchen, dann ist das nur Effekthascherei. Es ist eben eine alte Regel: Politik ohne Sachkenntnisse kann zum Abenteuer ausarten. (Abg. Dr. Gredler: Genau!)

Ich bin völlig über jeden Verdacht erhaben, irgendein Wort für Atomenergie zu sprechen. Denn bekanntermaßen bin ich schon zu einem Zeitpunkt vor Tschernobyl, als die Leute noch der Meinung waren, daß die Bedenken gegenüber der Atomenergie nicht ganz ernst zu nehmen sind – und manche haben sich erst nach Tschernobyl in ihrer Meinung gewendet –, innerhalb der Energiewirtschaft gegen die Atomenergie aufgetreten und wurde übrigens dort deswegen nicht ausgerottet. Ich war vielleicht nicht wirklich beliebt, aber ausgerottet hat man mich deswegen nicht.

Daher ist die Frage nach der Glaubwürdigkeit des Herrn Bundesministers, die auch angeschnitten worden ist, zwar durchaus zu stellen, aber nicht gerade in diesem Zusammenhang. Es gäbe eine lange Liste anderer Möglichkeiten, ihn anzugreifen, aber in diesem Zusammenhang sind Attacken unberechtigt.

Und auch das EStAG-Gejammere geht mir sehr auf die Nerven! Natürlich ist es eine riskante Sache, einen ausländischen Investor hineinzulassen. Aber wenn ich heute davon ausgehe, daß jemand mit 25 Prozent und einer Aktie einen bestimmenden Einfluß auf eine Gesellschaft hat, dann unterstelle ich – und das ist immerhin eine Möglichkeit – dem Land Steiermark und seinen politischen Verantwortlichen, daß sie in Wirklichkeit Geheimabsprachen getroffen haben und daher eigentlich Gauner sind. (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler. ) Solange es dafür keinen Beweis gibt, kann ich mir das zwar denken, sollte es aber vielleicht nicht sagen, denn Vorsicht ist eine weise Sache, und bewiesen ist es nicht.

Die EStAG-Lösung ist ein Ergebnis der versagenden österreichischen Gesamtenergiepolitik. Das ist richtig! Denn wenn wir eine Gesamtlösung in Form von Unbundeling auf der Bundesebene getroffen hätten und so weiter und so fort, dann wäre es zur EStAG-Lösung möglicherweise nicht gekommen. Aber was kann das Land Steiermark dafür, wenn Herr Farnleitner nichts tut? Das muß ich schon ganz deutlich sagen!

Diese Lösung in der Steiermark ist nicht meine Wunschlösung. Aber sie mit diesen Argumenten zu bekämpfen, ist wieder vordergründige Effekthascherei, bei der davon ausgegangen wird, daß die Leute das nicht verstehen und daß man mit der Angst gut Politik machen kann. Und das finde ich deswegen schade, weil in der Energiepolitik tatsächlich sehr viel zu kritisieren ist: Die alternativen Energieformen werden nicht unterstützt, die Einspeistarifregelungen sind nach wie vor skandalös, es gibt immer noch keine ökologische Steuerreform mit den entsprechenden Lenkungswirkungen, im Bereich des Verkehrs wird nach wie vor die Schiene im Verhältnis zur Straße nicht genügend präferiert, und ich könnte noch stundenlang Beispiele aufzählen. Das sind die eigentlichen Themen, aber diese betreffen eben nur die mühsamen Niederungen des Alltages und beinhalten nicht den Effekt der Angst vor der Atomkraft.

Ich betone: Lambach ist in jedem Fall – mit oder ohne 380 kV – eine Fehlinvestition! Und wenn heute die Energiewirtschaft zugeben muß, daß sie Milliardeninvestitionen stehen hat, die sie in Wirklichkeit als "sunk costs" bezeichnen muß, dann erinnere ich daran, daß wir schon lange wissen, daß wir Überkapazitäten haben, aber das war der Wettlauf der Landesgesellschaften


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mit dem Verbund, der das verursacht hat. Und Freudenau ist immerhin durch eine ... (Abg. Wabl: Warum hat die EdF Ihrer Meinung nach in der Steiermark investiert?) Kollege Wabl! Ich werde versuchen, jetzt ein bißchen witzig darauf zu antworten. (Abg. Wabl: Sind Sie dazu nicht intelligent genug?) Was für ein Land ist Ihrer Meinung nach die Steiermark? (Abg. Wabl: Ein Fürstentum!) Ist das eine Gesellschaft, die Atomenergie erzeugt, oder ist die Steiermark eher wasserkraftgestützt? Was würden Sie meinen, wenn man von Mellach einmal absieht? (Abg. Wabl: Anworten Sie! Stellen Sie keine Gegenfragen!)

Herr Wabl! Glauben Sie ernsthaft, daß jemand, dessen Geschäftspolitik Atomenergie ist, es für intelligent hält, in Wasserkraft zu investieren? Glauben Sie das? Oder glauben Sie, die Steiermark ist ein so phantastischer Markt für den Export aus Frankreich, daß man sich deswegen mit mehreren Milliarden beteiligt? – Das ist vielmehr die intelligente Politik eines strategischen Investors! Dieser Investor ist mir nicht sympathisch, und daß die Verbundgesellschaft ihre Chance verschlafen hat, weil sie ihre STEG-Beteiligungen nicht in die EStAG einbringen wollte, das ist ein anderes Kapitel. Darüber sind wir uns völlig einig.

Aber eine solche hysterische Angst vor einem Aktionär mit 25 Prozent kann nur jemand haben, der von Wirtschaft keine Ahnung hat! Glauben Sie wirklich, daß die EdF mit 25 Prozent jetzt bei der EStAG den Einkauf bestimmen kann? Glauben Sie das wirklich? (Abg. Ing. Langthaler: Es gibt eine Zusatzvereinbarung!) Wo ist die? Bringen Sie mir die Zusatzvereinbarung! Ich bin ich bereit, über eine Zusatzvereinbarung zu reden, wenn es eine gibt! (Abg. Wabl: Es wäre Sache des Wirtschaftsministers, sie vorzulegen! Er sagt, es gibt eine, aber er kann sie nicht vorlegen! Abg. Ing. Langthaler: Da müssen Sie erst einmal den Farnleitner fragen!) Wenn es eine Zusatzvereinbarung gibt, in der so etwas steht, dann wäre das tatsächlich kriminell, das sage ich ganz deutlich! (Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Kollegin Langthaler! Ich mag jetzt nicht über wirkliche Überflüssigkeiten streiten! Ich bin nicht angetreten, die Bundesregierung zu verteidigen, sondern ich bin heute hier angetreten, um für Sachlichkeit in der Energiepolitik zu argumentieren. Ich habe Kritikfelder genug! Wenn man sich nun aber in die 380-kV-Leitung verbeißt, dann ist das ist so kindisch, daß es mir weh tut, speziell bei Leuten, die für sich in Anspruch nehmen, daß sie Politik machen wollen. Das ist mutwillige Obstruktionspolitik! Das ist nicht das Thema!

Zur EStAG-Beteiligung sage ich Ihnen noch: Es kann schon sein, daß die Leute in der Steiermark, wenn sie unredlich sind, Mißbrauch treiben werden, aber nicht wegen der 25 Prozent. Dafür brauchen sie keine Beteiligung zu machen, das ginge ohne Beteiligung auch, lieber Wabl! Glauben Sie wirklich, daß man für eine Geheimabsprache eine Beteiligung braucht? Sie haben offenbar noch nie in Ihrem Leben wirklich etwas mit Wirtschaft zu tun gehabt, sonst könnten Sie das nicht sagen! (Abg. Wabl: Warum hat die EdF dort investiert?) Wenn die etwas Unsauberes ausmachen wollen, dann brauchen sie dazu keine Beteiligung. Sind wir uns da einig? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber ich sage noch einmal: Ich verteidige das nicht. Ich will nur klarmachen, daß die Argumente, die hier gebracht werden, nicht sachlich sind. (Abg. Wabl: Warum hat die EdF dort investiert? Ich möchte nur eine bescheidene Antwort auf diese Frage!) Und da die Argumente nicht sachlich sind, können wir diesen Anträgen leider nicht zustimmen. Sie sind zwar gut gemeint, aber gut gemeint heißt noch nicht, daß sie richtig sind. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Koller. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.40

Abgeordneter Franz Koller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Seit mittlerweile zehn Jahren ist das Thema 380-kV-Leitung durch die Ost- und Südsteiermark ein Dauerbrenner. Von Beginn an wurde bekrittelt, daß die gesamten Verhandlungen über die Trassenführung geheim geführt wurden. Alles sei überfallsartig passiert, die Gemeinden hätten wenig Chancen gehabt, sich


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rechtzeitig zu informieren. Außerdem wird die volkswirtschaftliche Notwendigkeit der Trasse in Frage gestellt. (Abg. Dr. Krammer: Von wem?)

Wir Freiheitliche wollen nicht, daß Atomstrom nach und durch Österreich transportiert wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Durch den Ausbau des 380-kV-Netzes wird bloß die Infrastruktur geschaffen, um den internationalen Atomstromhandel auszuweiten. Die Horrorvision der Verbund AG, daß Österreich zur Stromdrehscheibe Europas gemacht wird, wird schrittweise verwirklicht. Der Verkauf von 25 Prozent der EStAG an die Electricité de France geht in diese Richtung.

Sehr geehrte Damen und Herren! In unserem Antrag 35/A (E) fordern wir weitere Gutachten zur Notwendigkeit der Errichtung dieser 380-kV-Leitung sowie die Erstellung einer unabhängigen Studie betreffend dezentrale Energieversorgung als Alternative zum Verbundnetz für den Raum Oststeiermark. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Unser Antrag beinhaltet außerdem die Änderung des Starkstromwegegesetzes aus 1968 hinsichtlich eines Bürgerbeteiligungsverfahrens im Sinne des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes. Die steirische Landesregierung hat das Starkstromwegegesetz bereits beim Verfassungsgerichtshof mit der Begründung beeinsprucht, daß weder die betroffenen Bürger noch die Gemeinden Parteienstellung haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Jahr 1996 gab es in 20 betroffenen oststeirischen Gemeinden eine Volksabstimmung. Das Ergebnis war ein eindeutiges Nein zur 380-kV-Leitung. Außerdem gibt es in den betroffenen Gemeinden einstimmige Gemeinderatsbeschlüsse gegen die 380-kV-Leitung. SPÖ- und ÖVP-Bürgermeister fordern dasselbe, was unser Antrag beinhaltet, nämlich die Änderung des Starkstromwegegesetzes.

Unterstützen Sie von Rot und Schwarz Ihre eigenen Bürgermeister! Zeigen Sie Bürgernähe und legen Sie Ihre Doppelbödigkeit ab! Der Wähler demaskiert Sie ohnehin. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

22.42

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Heute bin ich um eine Erkenntnis reicher geworden. Ich mußte feststellen: Herr Abgeordneter Schweitzer ist gegen die Feuerwehr. – Herr Abgeordneter! Ungefähr so war deine heutige Argumentation: Wenn es ein Jahr lang keinen Brandeinsatz gibt, dann brauchen wir auch keine Feuerwehrfahrzeuge und keine Feuerwehr – daher weg mit ihnen! – So ungefähr hast du heute argumentiert.

Das ist ja nicht logisch. Es ist doch total unlogisch, eine 380-kV-Leitung durch Österreich zu ziehen und dann an einer Stelle aufzuhören. Es ist notwendig, daß es zu diesem Ringzusammenschluß kommt, denn ansonsten ist im Burgenland und auch anderswo die Versorgungssicherheit nicht gewährleistet. (Ironische Heiterkeit und Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. ) Das Netz ist noch nicht zusammengebrochen, lieber Karl. Aber wir haben – wie auch du weißt – im Burgenland nur eine 110-kV-Leitung, die keinen geschlossenen Ring bildet. Die schwächste Stelle im Burgenland liegt zwischen Mattersburg und St. Martin. Und selbst wenn man argumentiert, daß diese Leitung nur zu 70 Prozent ausgelastet ist, dann bedeutet das, daß sie bei den Höchstlastzeiten um 40 Prozent überlastet ist. Das ist eine einfache Rechnung! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Daher ist es notwendig, daß die 380-kV-Leitung fertiggestellt wird. Ich weiß natürlich, daß Sorgen und Ängste in der steirischen Bevölkerung herrschen. Es ist mir schon klar, daß das nicht ein Problem einer Partei, sondern ein regionales Problem ist, und ich meine, daß man dieses regionale Problem nur sachbetont lösen kann und nicht mit derartigen Anträgen. (Beifall bei der ÖVP.)

Lieber Karl! Ich muß dir sagen: Irgendwie kenne ich mich bei dir nicht mehr aus! Du bist gegen die 380-kV-Leitung, und du warst auch bei der Burgenland-Trassierung dagegen. In euren


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freiheitlichen Postillen – hier habe ich eine – werden jedoch Inserate geschaltet, in welchen auf die Notwendigkeit der 380-kV-Leitung hingewiesen wird. In Presseaussendungen bist du dagegen. Herr Landesrat Wagner, der jetzt vom Abgeordneten zum freiheitlichen Landesrat im Burgenland wurde, spricht sich allerdings wiederum für die 380-kV-Leitung aus. – Ich weiß jetzt nicht mehr, was die Linie der Freiheitlichen ist: Sind sie dagegen oder dafür? – Ich würde euch raten: Klärt einmal, bevor ihr Anträge einbringt, euren internen Standpunkt! Dann kann man darüber weiterreden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.46

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Abgeordneter Schweitzer! Du hast die Trassenführung nach Rotenturm angesprochen und sprichst von einer Leitungsführung über Naturschutzgebiet. – Das trifft nicht zu: Keine der geplanten Trassenführungen geht über ein Naturschutzgebiet! Dazu wird heuer noch ein Genehmigungsverfahren eingeleitet werden, bei welchem die Parteien die Möglichkeit haben werden, ihre Vorschläge einzubringen.

Das Thema ist nicht unbekannt. Bereits 1995 haben wir dieses Thema behandelt, und aus unserer Sicht hat sich eigentlich nichts verändert. Die Argumente sind die gleichen, und Dringlichkeit besteht ebenso wie vor drei Jahren. Die Anträge können daher meiner Ansicht nach nur zwei Gründe haben: Entweder willst du uns die wertvolle Zeit wegnehmen, oder all das, was wir vor drei Jahren gesprochen haben, ist nicht mehr gegenwärtig. – Ich nehme an, daß eher zweiteres der Fall sein wird. Denn daß du ein bißchen vergeßlich bist, das kennen wir aus dem Fall Anderle – Tomsits, wenn ich daran erinnern darf.

Der Bau der 380-kV-Leitung im Burgenland ist rechtsgültig geregelt, die burgenländischen Firmen haben diese Leitung bereits zur Hälfte ausgebaut. Ein Baustopp kommt für uns daher nicht in Frage. Kollege Kopf hat schon darauf hingewiesen, daß ihr wahrscheinlich ein kleines Problem mit der Anerkennung des Rechtsstaates habt.

Ich möchte mich inhaltlich nicht damit befassen, denn wir haben das vor drei Jahren schon sehr intensiv getan. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß es durchaus üblich ist, in verschiedenen Bereichen in Etappen zu bauen. Bei Verkehrswegen gibt es diesbezüglich durchwegs Akzeptanz und kaum Kritik, und das gleiche soll natürlich auch im Bereich von Stromleitungen möglich sein. Der 380-kV-Ring rund um Österreich ist ein solches Projekt, an dem schon seit mehr als 15 Jahren gebaut wird. Es gibt dazu die entsprechenden Ausbaupläne, auf denen man die jährlichen Etappen genau nachverfolgen kann.

Jetzt ist der Abschnitt Burgenland an der Reihe, der zweifellos gebaut werden wird, und zwar nicht nur, weil das für unsere Wirtschaft Aufträge in der Größenordnung von 500 Millionen Schilling und auch mehr Beschäftigte bedeutet, sondern vielmehr deshalb, weil auch die Burgenländer ein Recht auf eine entsprechend sichere Stromversorgung haben, genauso wie alle anderen Bundesländer Österreichs.

Das Burgenland wird auch nach 1999 weiterhin Ziel-1-Gebiet sein. Und es wird gerade das Südburgenland weiter ausgebaut werden, um möglichst vielen Pendlern die Möglichkeit zu geben, zu Hause Arbeit zu finden. Das bedeutet weitere Betriebsansiedlungen, und das bedeutet natürlich auch sichere Stromversorgung.

Kollege Schweitzer! Ihr gebt zwar immer vor, daß ihr euch insbesondere für die burgenländischen Pendler einsetzen wollt. Jetzt bestünde eine Möglichkeit dazu, ihr seid aber wieder dagegen. Aber das trifft dich wahrscheinlich nicht, du bist davon nicht betroffen, denn du zählst ja zu den wohlbestallten Altpolitpensionisten!

Zur Steiermark möchte ich nichts sagen, dazu wird der Kollege aus der Steiermark noch Stellung nehmen. Wir werden jedenfalls nicht müde werden, immer wieder den Ausstieg aus der


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Kernenergie zu fordern, vor allem gegenüber den Ostländern. Wir bieten Ersatzstromlieferungen an, und es versteht sich von selbst, daß dies nur möglich ist, wenn wir entsprechend leistungsfähige Leitungen und Anlagen haben.

Abschließend darf ich euch ersuchen, endlich mit dem Atomstrom-Märchen aufzuhören. Faktum ist, daß nicht nur im Osten Atomstrom produziert wird und daß es den hier anwesenden Generationen wahrscheinlich nicht gelingen wird, flächendeckend daraus auszusteigen. Das heißt, daß es auch rund um Österreich Atomstrom gibt – gegenwärtig etwa 30 Prozent. Es ist ein Faktum, daß 10 Prozent des Gesamtstromes über Staatsgrenzen fließen, und daß da selbstverständlich auch Atomstrom mitfließt, ist keine Frage. Das heißt also, daß auch über die österreichischen Grenzen Atomstrom fließt. Je länger ihr den Fertigbau des 380-kV-Ringes verhindert, Kollege Schweitzer, desto länger und desto mehr wird Atomstrom über die österreichischen Grenzen fließen müssen.

Ihr erklärt von Jahr zu Jahr, daß ihr regierungsfähig seid oder sein werdet. Dazu gehört selbstverständlich auch entsprechende Seriosität, Herr Kollege Schweitzer. Diese beiden Anträge heute sind kein Beispiel dafür. (Beifall bei der SPÖ.)

22.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Krammer. – Die Restredezeit Ihres Klubs beträgt insgesamt 11 Minuten. Bitte. (Abg. Schieder: Alles über 5 Minuten ist Wurst!)

22.51

Abgeordnete Dr. Christa Krammer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag scheint mir eine neue Taktik der Verhinderer zu sein. Aber was für das Burgenland gegolten hat, das gilt natürlich auch für die Steiermark.

Ich habe mich nicht zurechtgefunden mit dieser Warnung an die Abgeordneten. (In Richtung des Abg. Mag. Schweitzer:) Wir sind mindestens genauso gewählte Mandatare wie du, und reden wird man in diesem Hohen Haus wohl noch dürfen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Soweit kommt es noch, daß ich mir vom Schweitzer Karl das Wort verbieten lasse!

Einen Grund sehe ich schon: Er hat Angst, daß unsere vernünftigen Argumente, mit denen wir die Burgenländer überzeugt haben, auch in der Steiermark greifen. Das kann natürlich sein. Und ich unterstelle, er schiebt die Steiermark vor und will in Wirklichkeit wieder im Burgenland Unruhe stiften, mit der Verhöhnung: Im Burgenland ist damals das Argument gebracht worden, die Lichter gehen aus. – Ich drehe das um und sage: Ich hoffe, daß dir einmal ein Licht auf geht! Verstehst du mich? (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie beim Liberalen Forum.)

Dann können wir weiterreden. Mit dem Schweitzer Karl, dem ein Licht aufgegangen ist, bin ich gerne bereit, jede Diskussion zu führen. Denn eines merkt euch, ihr Antragsteller: Viele Menschen im Burgenland verbinden mit der Errichtung und dem Funktionieren dieser Leitung die Hoffnung auf die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Hoffnung auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Der heutige Tag hat mit der Sorge der Koalition um die Schaffung von Arbeitsplätzen begonnen. Das gehört auch dazu, und das solltest du dir merken, mein Freund! Das gilt für das Burgenland, und das gilt für die Steiermark. Uns ist es nicht egal, ob es zu Betriebsansiedlungen im südlichen Burgenland und in der Steiermark kommt – euch offensichtlich schon. Hier wird die Ablehnung zum Selbstzweck, und dafür geben wir uns nicht her. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Selbstverständlich hat jedes Ding zwei Seiten, das ist mir schon klar. Aber wir haben im Burgenland – und das muß auch für die Steiermark gelten – alle Einwendungen, die vorgebracht wurden, mit aller Seriosität geprüft. Es wurde soweit wie möglich auf alle Einwendungen eingegangen, und es ist uns gelungen, alle Einwendungen auszuräumen. Schon richtig: Nichts ist nur schwarz und nichts ist nur weiß auf dieser Welt. Aber man ist einander nähergekommen, man hat alle Einwendungen bei der Trassenführung berücksichtigt. Man hat landschaftsschonende Mastenhöhen gewählt, die ökologische Bauaufsicht ist im Naturschutzbescheid verankert. Eine bessere Lösung kann man sich nicht vorstellen. Und das wird in der Steiermark so sein, wie es im Burgenland war.


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Die burgenländische Bevölkerung hat das längst begriffen. Ich stehe nicht an, zu sagen, daß die Steirer genauso begreifen werden, daß diese 380-kV-Leitung in der Region Arbeitsplätze bringt. Es ist nicht lustig, meine Damen und Herren, wenn man zeit seines Lebens ... Schauen Sie nicht so, Frau Kollegin Langthaler, Sie haben noch nie pendeln müssen! (Abg. Ing. Langthaler: Was?) Sie haben noch nie um 4 Uhr früh den Rucksack nehmen und nach Wien fahren müssen, die Burgenländer aber schon. Probieren Sie das einmal 40 Jahre lang, dann reden Sie anders! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

22.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wallner. Restredezeit: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.55

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Christa Krammer! Als Steirer muß ich schon sagen: Wir Steirer sind nicht so begriffsstutzig, daß wir nicht erkennen, daß diese wichtige 380-kV-Leitung auch für unser Bundesland von Vorteil sein wird. (Abg. Dr. Krammer: Habe ich angenommen!) Wir wollen uns aber davon überzeugen, ob wir einen richtigen Schritt tun, und daher brauchen wir noch etwas Zeit. (Abg. Ing. Langthaler: Können Sie erklären, warum es wichtig für die Pendler ist, die Leitung zu bauen?)

Liebe Kollegen von der steirischen FPÖ! Ich bitte um Verständnis, daß wir diesem Antrag nicht zustimmen können. Ich glaube, es würde die gemeinsamen Bemühungen unserer steirischen Landesregierung konterkarieren. Wir haben ein Gutachten in Auftrag gegeben, und dessen Ergebnis ist abzuwarten. Dieses wird demnächst vorliegen, und dann kann man sich wieder seriös mit diesem Thema auseinandersetzen.

Meine Damen und Herren! Eines möchte ich trotzdem noch sagen, nachdem heute schon so oft vom Kollegen Schweitzer die Rede gewesen ist. Mir fällt als Mitglied dieses Hauses und als Vertreter der Steiermark auf, daß er eigentlich gegen alle Dinge ist, welche die Steiermark in technologischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach vorne bringen. Jetzt ist er gegen die 380-kV-Leitung. Er ist auch gegen den Semmeringtunnel. Das ist eigentlich eine sehr technologiefeindliche Einstellung, die ich keinesfalls teilen kann.

Meine Damen und Herren! Aus Respekt und im Hinblick auf die kritische Haltung vieler Gemeinden in der Steiermark meine ich, daß die folgenden Punkte vom Verbund bedacht werden sollten: Erstens sollte mit der betroffenen Bevölkerung in der Steiermark besser als bisher kooperiert werden – viele sind im unklaren, was die Trassenführung und andere Dinge betrifft –, und zweitens sollten die objektiven Gutachten verstärkt einbezogen werden, auch unter Beachtung internationaler Forschungsergebnisse. Weiters sollte es faire Ablösen für betroffene Grundstückseigentümer geben.

Wenn ich schon als Vertreter meines Bundeslandes hier sprechen darf, möchte ich allgemein zur Energiesituation sagen: Ich würde mir wünschen, daß es bei der bevorstehenden Beschlußfassung zur Neuordnung der E-Wirtschaft in Österreich eine gerechte Lösung für die vielen kleinen kommunalen und privaten Energieversorgungsunternehmen gibt, aber auch eine Lösung, die eine weitere Nutzung der steirischen Braunkohle für die Energiegewinnung vorsieht.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluß und möchte nur eines noch sagen: Ich denke trotzdem, daß die Steiermark mit der Kooperation mit der EdF eine gute Lösung getroffen hat. Ich muß darauf hinweisen, daß die STEWEAG eine sehr dünne Eigenkapitaldecke sowie hohe Kapitalverpflichtungen hatte und daß es auch um Arbeitsplätze geht. Daher ist, nachdem keine Einigung innerösterreichischer Art herbeigeführt werden konnte, diese Lösung zustande gekommen.

Ich wende mich auch gegen die Mär vom Atomstromimport. Es gibt eine Stellungnahme eines EdF-Vertreters, der sagte: Wir haben ein ganz besonderes Interesse an dieser Region, weil wir bereits 11 Milliarden Schilling in der Schweiz, in Ungarn und in Polen investiert haben. Für uns stellt diese Region einen zweiten Ring dar. Wir wollen in diesen Ländern, die von Frankreich so


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weit entfernt sind, eine zweite Produktionsstätte sehen. Wir können unseren Strom nicht dorthin transportieren, wir wollen ihn aber sehr wohl verteilen.

In diesem Sinne glaube ich, daß es eine gute Lösung für Österreich und für den Südosten unseres Bundesgebietes ist, wenn dort eine internationale Stromdrehscheibe entsteht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung stammt von Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

22.59

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht, weil ich von der Kollegin Krammer wissen will, wie eine Leitung automatisch auch Arbeitsplätze in dem Land schafft, durch das sie führt, habe ich mich noch einmal zu Wort gemeldet. (Abg. Dr. Krammer: Traurig, daß du das nicht weißt!) Es geht mir vielmehr darum, den Abgeordneten Kaipel zu korrigieren, da er hier offensichtlich aus Uninformiertheit etwas von sich gegeben hat, das nicht stimmt. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Herr Kollege Kaipel! Ich bin kein "wohlbestallter Altpolitpensionist". Auf Seite 166 im heute erschienenen "NEWS" kannst du nachlesen, daß ich nicht für dieses System optiert habe, wie du mir von diesem Rednerpult aus unterstellt hast – ebenso wie alle anderen meiner Fraktion. Kollegen aus Ihrer Fraktion haben sich dieses Privileg sehr wohl unter den Nagel gerissen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wabl.

23.00

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kier – jetzt hat er ja anderes zu tun – hat hier als braver Oppositionsabgeordneter erklärt, wie schön die Welt ist. (Abg. Oberhaidinger: Mit Fakten, im Gegensatz zu Ihnen! – Abg. Leikam: Mach es kürzer!) Er hat wirklich sehr rührend erklärt, wie eine Staatsfirma jahrzehntelang subventioniert worden ist, damit sie Atomkraftwerke bauen konnte – eine Staatsfirma, die jahrzehntelang als reiner Monopolbetrieb in Frankreich schalten und walten konnte, wie sie wollte –, und dann mit der "Kriegskassa" in der Steiermark in ein marodes Energieunternehmen einsteigt. Da frage ich mich ... (Abg. Fink: Als Bestbieter!)

Selbstverständlich als Bestbieter! Bei denen spielt das keine Rolle, ob es eine halbe Milliarde mehr oder weniger kostet (Abg. Fink: Aber der Steiermark schon!) , die hätten immer eine halbe Milliarde mehr geboten als der jeweilige Bestbieter. Jetzt fragt man sich: Welche Interessen hat die französische Atomindustrie daran, bei der Privatisierung in der Steiermark mitzuspielen? – Das ist ja die Pikanterie: Wir privatisieren, und dann kauft sich eine französische Staatsfirma ein. Aber das ist eine andere Geschichte.

Herr Kollege Kier! Ich habe nur die Bitte an Sie, daß Sie Ihre Intelligenz dafür aufwenden und darüber nachdenken, was so ein "kleiner", "bescheidener" Staatskonzern wie die EdF in Österreich, in der Steiermark verloren hat. Ist es eine gute Geldanlage? – Nein. Das ist es also nicht. Geht es darum, Strom zu importieren? – Da gebe ich Ihnen ausnahmsweise recht: Der direkte Stromimport spielt dabei keine Rolle. (Abg. Fink: Hast du in letzter Zeit etwas gegen die Ausländer?)

Die Frage lautet: Was will ein Unternehmen, wenn es nicht um eine Investition geht, die sich von selbst rechnet? – Dann will dieses Unternehmen dort Einfluß auf die Energiepolitik nehmen. Und die entscheidende und wichtige Frage ist: Wer macht Energiepolitik in Österreich? Ist es das Parlament? Ist es der Wirtschaftsminister? Ist es der Umweltminister? Ist es die Bundesregierung? (Abg. Dr. Kier: Die Bayern!) Oder ist das die französische Staatsindustrie, die französische Atomindustrie? – Sie haben recht, selbstverständlich ist es auch die bayrische Atom


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industrie. Wenn das die österreichische Energiepolitik ist, daß Sie hier verharmlosend eingreifen, dann bitte ich Sie, Herr Kollege Kier, Ihre Oppositionsrolle zu überdenken!

Meine Damen und Herren! Ich habe heute vieles gehört. Der Kollege aus der Steiermark will wieder mit der Braunkohle anfahren, um Energie zu gewinnen und um Arbeitsplätze zu erhalten. Frau Kollegin Krammer hat hier erzählt, daß mit der Ringleitung Arbeitsplätze geschaffen werden. Ich weiß nicht, was ich heute noch alles hören muß. Ich hätte recht gerne einmal hier in diesem Haus gehört, daß in den letzten Jahrzehnten 50 Milliarden Schilling in Kraftwerke investiert wurden, die auf Sand gesetzt worden sind.

Wer hat dafür die politische Verantwortung? Die ÖVP? – Nein, bitte schön, da war sie nicht dabei. Der Herr Kier? – Nein, er war nur der Berater des Herrn Steger. Die SPÖ? – Nein, bitte, Gott behüte! Und dann kommt ein ÖVP-Politiker hierher an dieses Rednerpult und sagt – unter leisem Schmunzeln des Herrn Ministers –: Das Kraftwerk Freudenau ist ein bißchen zu groß geraten. – Was haben wir Grüne in Österreich uns anhören müssen, als wir sagten: Das ist eine falsche und unökonomische Investition!? (Beifall bei den Grünen.)

Argumentiert wurde da mit dem Umweltargument: Stromgewinnung aus Wasserkraft ist so besonders umweltfreundlich. Jetzt erkennen die Industrie, die Wirtschaft und der Verbund – und hoffentlich auch der Umweltminister –, daß 50 Milliarden Schilling an österreichischem Volksvermögen falsch eingesetzt worden sind, meine Damen und Herren! Dann kommen Sie wieder heraus und wollen das nächste Großprojekt anfangen, Frau Krammer, und beschimpfen auch noch die Frau Langthaler, daß sie nicht weiß, was ein Pendler ist! (Abg. Dr. Krammer: Also reden wird man ja noch dürfen ...!)

Sie sollten einmal darüber nachdenken, wie die Betonierer in Ihrer Fraktion immer die Grünen beschimpft haben, wenn es um Kraftwerksprojekte gegangen ist. Arbeitsplätze: Die Grünen vernichten sie! Sie wollen keine Kraftwerke haben! – Heute erkennen Sie ... (Abg. Nürnberger: Was regen Sie sich so auf? Sie werden noch einen Herzinfarkt bekommen!) Weil mich das ärgert, Herr Nürnberger! Ihre Gewerkschafter haben immer so getan, als ob die Grünen, die Bösen, die Arbeitsplätze kaputtmachen. 50 Milliarden Schilling österreichische Steuergelder "in den Sand gesetzt", steht jetzt ganz bescheiden in der "Presse", einer Wirtschaftszeitung, auf der ersten Seite!

Wo ist die Aufregung, Herr Kollege Bartenstein? Wo ist die Aufregung? (Abg. Schieder  – auf den Redner deutend –: Da ist sie!)  – Sie als Ökonom hätten doch sagen müssen: Wir haben dort 50 Milliarden Schilling in den Sand gesetzt, wir sollten daraus lernen!

Wo ist die politische Verantwortung? Wo waren Sie denn damals? – Ich weiß, Sie persönlich waren damals nicht in der Politik. Das sind aber Investitionen, Frau Krammer, über die Sie nachdenken sollten! (Abg. Dr. Krammer: Sie sollten nachdenken!) Sie sollten darüber nachdenken, was für eine Politik Sie in den letzten Jahrzehnten gemacht haben. Herr Kollege Kier! Sie waren damals in der Regierung mitverantwortlich. (Beifall bei den Grünen.) Sie waren als Berater für den Energiebereich tätig, und ich weiß, daß Sie damals sehr fortschrittliche Positionen eingenommen haben. Nur war Ihre Politik offensichtlich ebenso zahnlos wie Ihre heutige Rede.

Zum Glück ist das nicht immer Fall, Herr Kollege Kier, und ich bin sehr dankbar dafür, daß Sie sonst oft eine schärfere Oppositionspolitik machen als heute. Verzeihen Sie mir, daß ich Sie heute kritisieren mußte. Ich mache das nicht gern, aber es mußte sein. (Beifall bei den Grünen.)

23.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte.

23.06

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! Wer Hochspannungsleitungen baut, wer eine 380-kV-Trasse plant und baut, der muß sich heute der Verantwortung einerseits für den Naturschutz, aber andererseits auch für die Menschen, die in diesem Gebiet leben, bewußt sein. Das steht für mich außer Zweifel. Es ist


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gesagt worden, es wäre noch wünschenswerter, diese Trassen bereits heute ökonomisch vertretbar unterirdisch bauen zu können. Davon sind wir aber noch relativ weit entfernt.

Daher geht es bei derartigen Projekten jedenfalls um Optimierungen im Bereich des Naturschutzes und des Landschaftsschutzes, aber im Bereich der Trassenführung auch um die Vermeidung der allzu großen Annäherung an Siedlungsgebiete, an Häuser. Ich persönlich wäre in bezug auf den steiermärkischen Teil der 380-kV-Leitung dafür gewesen, daß das verantwortliche Unternehmen von sich aus, freiwillig eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführt. Das war nicht der Fall, sondern man hat einen anderen Weg gewählt. Die vom Joanneum Research durchgeführte Studie kommt diesem Ziel zumindest in etwa nahe. Aber man hat die Dinge anzuerkennen, sofern sie den rechtlichen Vorschriften entsprechen. Das ist aus meiner Sicht sowohl im Burgenland als auch in der Steiermark jedenfalls bisher der Fall.

Die Experten sagen einheitlich – und so stellt es sich auch aus meiner Sicht dar –, daß es sinnvoll ist, in Österreich einen 380-kV-Ring zu schließen. In Wirklichkeit geht es um so etwas wie einen Lückenschluß, da ein Großteil dieses Ringes schon vorhanden ist. Lassen Sie mich aber zum Schluß dieser Debatte mit einem Schauermärchen aufräumen oder zumindest den Versuch unternehmen, damit aufzuräumen: daß dieser 380-kV-Ring in Österreich der hinterhältige Anschlag irgendwelcher verborgenen Kräfte sei, Atomstrom durch Österreich zu transitieren.

Ich möchte ganz klar sagen, daß ich nicht genau weiß, welche Motive bei der EdF für ihr Engagement in der Steiermark im Vordergrund gestanden sind. Ein Motiv war es ganz sicherlich nicht, nämlich das Motiv, französischen Atomstrom durch Österreich irgendwohin nach Osteuropa zu transitieren. Das macht nämlich wirtschaftlich hinten und vorne keinen Sinn. Herr Kollege Wabl! Ich möchte Ihnen empfehlen, daß Sie eher in Richtung Markterschließung Überlegungen anstellen, oder was immer ähnliches im Vordergrund gestanden sein mag.

Herr Kollege Wabl! Sie können sich sicherlich noch an die Debatte erinnern und an die Überlegungen, Ersatzstrom aus Österreich, aus Voitsberg nach Krško zu liefern. Das scheiterte insbesondere an den Preisvorstellungen, die im Raum standen, und an dem, was die Slowenen und Kroaten zu zahlen bereit gewesen wären. Aber sie scheiterten auch daran, daß die notwendigen Kabelkapazitäten nicht zur Verfügung gestanden wären, um das zu gewährleisten.

Wenn es darum geht, Mochovce und Bohunice zu kritisieren, bin ich der erste, der das auch tut. Aber die 380-kV-Leitung ohne Stupava ist technisch gar nicht in der Lage, allenfalls Strom, der auch gar nicht angeboten wird, zu transitieren. Das ist ein Schauermärchen. Es hat überhaupt keinen Sinn, diese Debatte hier weiterzuführen. Das glaubt Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von Teilen der Opposition – von Herrn Kier haben wir heute anderes gehört –, überhaupt niemand mehr! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir eine Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Dr. Kier vor. Die Restredezeit des Liberalen Forums beträgt 11 Minuten.

23.10

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie brauchen nicht nervös zu werden, ich werde Sie nicht mehr lange aufhalten.

Aber geht es mir ein bißchen auf die Nerven, Kollege Wabl – das sage ich Ihnen ganz ehrlich –, wenn Sie etwas, das jemand gesagt hat, völlig verdreht benützen, einfach um witzig zu sein. Das geht mir auf die Nerven, das möchte ich Ihnen wirklich sagen. Ich habe Ihnen klar gesagt: Wenn man die 380-kV-Leitung mit diesen Scheinargumenten verbindet, dann ist das unsachlich. Politik ohne Sachverstand ist nicht redlich und macht keinen Spaß. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich kann nichts dafür, wenn die Regierung zufällig zu Projekten steht, die jeder, der sich ein bißchen mit Energiepolitik auseinandersetzt, einfach nicht ablehnen kann. Dazu gehört der


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380-kV-Ring. Auch Frau Kollegin Langthaler regt sich schon wieder auf, weil sie einfach meint: Klein-klein ist gut. Ich bin auch der Meinung, daß man kleine Felder und Dezentralisierung braucht. Aber wenn Sie in einem System kein Rückgrat haben – jenes Rückgrat, das "380-kV-Ring" heißt –, können Sie sich Ihre Windräder abschminken. Glauben Sie mir das! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist naiv, das ist wirklich ein Zurück-auf-die-Bäume, glauben Sie mir das!

Ich war in der Energiewirtschaft und habe das von innen gelernt; danach war ich von draußen kritisch! Wir haben dem Verbund damals die Prognose abgenommen. Wir haben für das Reichraminger Hintergebirge die energiewirtschaftliche Zweckmäßigkeit widerrufen, und heute ist dort ein Naturschutzgebiet. Dort wollten sie schon bauen – verstehen Sie mich?

Wir haben auch immer gesagt: Lambach ist ein Blödsinn. Wir haben immer gesagt: Freudenau ist ein interessantes Projekt, aber warum brauchen wir das jetzt? – Es ist überdimensioniert, es ist zu teuer, und es wird sich nicht rechnen. (Abg. Ing. Langthaler: Es wird diese 380-kV-Leitung nicht geben!) Wenn Sie mir hier etwas anderes unterstellen, nur weil Sie glauben, Sie könnten billige Effekthascherei betreiben, möchte ich Ihnen sagen: Ich lasse mich nicht von sachlichen Positionen abbringen, auch wenn andere vielleicht populärer wären, Kollege Wabl! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn sich die EdF an der EStAG beteiligt, dann ruft das bei mir keinen Jubel hervor. Ich habe hier, von diesem Pult aus, mit heutigem Tage gesagt: Die Verbundgesellschaft hat das verschlafen, weil sie sich geweigert hat, ihre STEG-Beteiligung in die EStAG einzubringen. Aber Sie wissen wahrscheinlich noch nicht einmal, was das ist. Sie wissen nicht, daß die Verbundgesellschaft Wasserkraftwerke in der Steiermark hat, und wenn sie diese in die steirische Energie-Aktiengesellschaft eingebracht hätte, wäre sie ein singulärer Anbieter gewesen, sodaß dem Landesrat Paierl gar nichts anderes übriggeblieben wäre. Aber weil die ÖVP in der Steiermark nicht wollte, daß die Verbundgesellschaft – da sie eine Bundesgesellschaft ist – sich beteiligen kann, ist es gescheitert. (Abg. Dr. Fekter: Nein!) Das ist selbstverständlich ein Skandal. Verstehen Sie das? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daß dort Landesfürsten Duodezpolitik machen, unter sich bleiben wollen und wahrscheinlich nur darauf geachtet haben, daß die EdF keinen Einfluß auf die Personalpolitik hat (Abg. Dr. Maitz: Das ist eine Unterstellung!), damit man in der steirischen Energiegesellschaft weiterhin seine Personalpolitik machen kann, und daß die privaten Energieversorgungsunternehmen in der Steiermark – Fritzberg und wie sie alle heißen – einfach geschaut haben, daß sie an dem Kuchen dranbleiben und am Monopol verdienen können (Abg. Wabl: Alles richtig!), damit sie mit ihren privaten Unternehmensgewinnen weiterhin Parteienfinanzierung für die ÖVP machen können: Das ist die Wirklichkeit. Verstehen Sie mich? (Abg. Wabl: Ja! – Abg. Dr. Fekter: Das ist eine Unterstellung!)  – Und wer das alles weiß, Herr Kollege Wabl, der läßt es sich nicht gefallen, hier von diesem Rednerpult aus so billig verspottet zu werden. Dazu ist es zu ernst. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Fekter: Bleiben Sie sachlich!)

Zur Energiepolitik gäbe es viel zu sagen, und es liegt alles im argen. Das wissen wir genausogut wie Sie, Herr Kollege Wabl! Aber deswegen darf man sich in einer Frage wie jener der 380-kV-Leitung trotzdem nicht mitreißen lassen und sagen: Weil ich jetzt auf diese böse bin, lehne ich das auch gleich ab. Das ist eure Politik, aber unsere liberale Politik ist das nicht. Bleibt auf den Bäumen sitzen! Mehr sage ich nicht. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

23.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Langthaler. Die restliche Redezeit beträgt 3 Minuten.

23.14

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Ich hoffe, 3 Minuten werden reichen, um das zu entkräften, was vor allem Herr Abgeordneter Kier am Schluß gesagt hat. – Ich bin überrascht über diese billige Polemik, Herr Abgeordneter! Das hat nichts mit Zurück-auf-die-Bäume oder einer vorsintflutlichen Position zu tun.


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Ich wage es tatsächlich, mit einigen von Ihnen hier eine Wette einzugehen. Ich bin relativ sicher, daß diese 380-kV-Leitung, so, wie sie geplant ist, nicht kommen wird, und zwar aus einem einfachen Grund: nicht aus ökologischen Gründen, nicht, weil die Verbundgesellschaft jetzt plötzlich so ökologisch wäre, sondern weil sie kein Geld dafür hat und weil es eines von vielen Projekten wäre, das in die Liste der sogenannten stranded investments hineinkommen würde. Der Abgeordnete Wabl hat darauf hingewiesen, daß von 50 Milliarden Schilling die Rede ist. In Wirklichkeit sind es noch viel mehr, aber das sind die offiziellen Zahlen, die nach Brüssel gemeldet wurden.

Für diejenigen, die nicht wissen, was stranded investments nach EU-Definition sind: Das sind jene Investitionen der E-Wirtschaft aus den letzten Jahrzehnten, die aufgrund politischen Drucks und gegen die betriebswirtschaftliche Logik erfolgt sind. 50 Milliarden werden jetzt offiziell angegeben, in Wirklichkeit sind die Beträge aber noch viel höher. Die ersten Zahlen lagen bei 100 Milliarden Schilling. Sie betrafen Kraftwerksprojekte, aber auch Leitungsprojekte, die nicht nur jeder betriebswirtschaftlichen Logik, sondern auch jeder energiepolitischen Logik widersprochen haben.

Alle haben – auch in Expertenhearings hier in diesem Haus – bestätigt, daß man für die Versorgungssicherheit auch im südlichen Burgenland oder in der Steiermark diese 380-kV-Ringleitung nicht braucht – außer Sie wollen, Frau Abgeordnete Krammer, im Südburgenland fünf Aluschmelzen hinstellen. Gut, dann vielleicht! Aber das ist eine Überdimensionierung, als ob Sie beispielsweise auf einer Schotterstraße mit dem neuesten Ferrari von Schumacher fahren würden. (Abg. Zweytick: Kommen Sie wieder auf den Boden herunter!)

Es ist für die Versorgungssicherheit nicht notwendig, weder für die bestehende Industrie noch für neue Investitionen. Das ist nicht notwendig, und ich bin mehr als verwundert, daß Abgeordneter Kier hier gegen besseres Wissen spricht. Es ist einfach unrichtig, daß für die Versorgungssicherheit der Haushalte und für die Versorgungssicherheit der Industriebetriebe – inklusive neuer Investitionen – diese Ringleitung notwendig ist. Ich bin relativ zuversichtlich, daß das – hoffentlich – auch der Verbundvorstand weiß.

Denn eines muß in Zukunft klar sein: Wenn weiterhin Milliardenbeträge in den Sand gesetzt werden, dann muß man sich wirklich fragen, wann endlich Vorstandsmitglieder und auch Aufsichtsräte zur Verantwortung gezogen werden – und zwar endlich auch ökonomisch –, wenn solche Fehlinvestitionen geschehen. Deshalb muß ich sagen, daß ich als Umweltsprecherin dieser Debatte insgesamt relativ gelassen gegenüberstehe. Ich glaube nicht, daß diese Projekte so, wie sie derzeit geplant sind, überhaupt realisiert werden, und zwar aus ökonomischen Gründen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu diesem Punkt ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Diese Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlußwort.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Als erstes stimmen wir ab über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht in 1073 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung zu dieser Kenntnisnahme erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters stimmen wir ab über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 1070 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch in diesem Fall darf ich bitten, daß jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, dies durch ein Zeichen bekunden. – Die Kenntnisnahme erfolgt mit Mehrheit.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgeschlossen.


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22. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 425/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energieabgabenvergütungsgesetz, Art. 62 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, geändert wird (1071 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Mündliche Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Wortmeldungen liegen mir auch keine vor. Daher können wir gleich darüber abstimmen.

Wir kommen demnach zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 1071 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte, daß jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme stimmen, dies bekunden. – Der Nationalrat hat die Kenntnisnahme einstimmig beschlossen.

Nunmehr weise ich den Antrag 425/A dem Finanzausschuß zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Abstimmung über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zur Abstimmung, die nach Ende der Tagesordnung durchzuführen ist, über den Antrag, dem Justizausschuß zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 464/A (E) der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen betreffend Maßnahmenpaket zum umfassenden Schutz der Kinder eine Frist bis zum 6. Juli 1998 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag des Abgeordneten Mag. Stadler ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. (Abg. Dr. Fekter: Wo ist er denn, der Kollege Stadler? – Abg. Dr. Khol: Stadler ist auch nicht da!) – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 686/A bis 695/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3677/J bis 3718/J eingelangt.

Schließlich ist auch eine Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für morgen, Donnerstag, den 26. Februar 1998, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Diese Sitzung ist geschlossen. Ich danke vielmals.

Schluß der Sitzung: 23.22 Uhr