Stenographisches Protokoll
10.
Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXII. Gesetzgebungsperiode
Mittwoch, 26. März 2003
Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier
10. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXII. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 26. März 2003
Dauer der Sitzung
Mittwoch, 26. März 2003: 9.30 – 22.25 Uhr
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Tagesordnung
1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2003 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2003)
2. Punkt: Bericht über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2001
3. Punkt: Bericht über den Antrag 69/A der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2003)
4. Punkt: Bericht über den Antrag 45/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter Wittmann, Mag. Karl Schweitzer, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versöhnungsfonds-Gesetz geändert wird
5. Punkt: Bericht über den Antrag 46/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter Wittmann, Mag. Karl Schweitzer, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird
6. Punkt: Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich (Orientalisch-orthodoxes Kirchengesetz; OrientKG)
7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Fahrschulen (Fahrschulgesetz – FschulG) erlassen, das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz 1997 – FSG 1997) (BGBl. I Nr. 120/1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 65/2002) und das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967 – KFG 1967) (BGBl. 1967/267 i.d.F. BGBl. I Nr. 65/2002) geändert werden (33/A)
8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2002, das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Bundesluftreinhaltegesetz 2002 geändert werden (Gesetz über den Nachbarschafts- und Umweltschutz bei landwirtschaftlichen Anlagen 2003) (40/A)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 2 |
9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation (Telekommunikationsgesetz – TKG), BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 134/2002, geändert wird (49/A)
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Inhalt
Personalien
Verhinderungen ............................................................................................... 16
Geschäftsbehandlung
Erklärung des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel zum Thema „Europäischer Rat in Brüssel vom 20. bis 21. März 2003“ im Sinne des § 19 Abs. 2 der Geschäftsordnung .................... 35
Bekanntgabe .................................................................................................. 16
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel .......................................................... 35
Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung 16
Redner:
Dr. Alfred Gusenbauer .............................................................................. 40
Mag. Wilhelm Molterer ............................................................................. 43
Dr. Alexander Van der Bellen .................................................................... 46
Herbert Scheibner ..................................................................................... 48
Vizekanzler Mag. Herbert Haupt ............................................................... 52
Dr.
Josef Cap ............................................................................................ 54
Dr. Michael Spindelegger ......................................................................... 56
Dr. Peter Pilz ............................................................................................. 61
Dr. Reinhard Eugen Bösch ........................................................................ 63
Bundesministerin Dr. Benita
Ferrero-Waldner ........................................... 64
Bundesminister Dr. Ernst Strasser ............................................................. 66
Mag. Barbara
Prammer ............................................................................. 67
Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................................... 68
Mag. Ulrike Lunacek ................................................................................ 69
Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................. 70
Peter Schieder .......................................................................................... 71
Dr. Werner Fasslabend .............................................................................. 72
MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 73
Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................. 74
Mag. Gisela Wurm .................................................................................... 74
Klaus Wittauer .......................................................................................... 76
Petra Bayr ................................................................................................. 76
Mag. Andrea Kuntzl .................................................................................. 77
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Peter Schieder, Herbert Scheibner, Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Europäischer Rat in Brüssel vom 20. bis 21. März 2003“ – Annahme (E 4) ............................................................................. 58, 78
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung einer außerordentlichen Sitzung der UN-Generalversammlung aus Anlass des Krieges im Irak – Ablehnung ...................................................................... 70, 78
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 3 |
Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 13/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................................................................................... 34
Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 91
Redner:
Dr. Gabriela Moser .................................................................................... 91
Wolfgang Großruck .................................................................................. 94
Doris Bures ............................................................................................... 95
Detlev Neudeck ......................................................................................... 96
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 4 |
Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .................................................. 97
Dieter Brosz ............................................................................................ 100
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ........................................................................................... 34
Unterbrechung der Sitzung ............................................................................. 67
Aktuelle
Stunde (2.)
Thema: „Keine Spekulation mit Steuergeldern,
einheitliche Veranlagungsbestimmungen im Finanzausgleichsgesetz für Gelder aus
dem Verkauf von Wohnbauförderungsdarlehen“
Redner:
Dr. Peter Wittmann ................................................................................... 16
Staatssekretär Dr. Alfred Finz .............................................................. 19, 26
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................... 21
Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................... 22
Barbara Rosenkranz ................................................................................. 24
MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 25
Dr. Michael Spindelegger ......................................................................... 27
Beate Schasching ..................................................................................... 28
Anton Wattaul .......................................................................................... 30
Mag. Werner Kogler ................................................................................. 31
Ausschüsse
Zuweisungen ............................................................................ 33, 191, 197, 199
Auslieferungsbegehren
gegen den Abgeordneten Mag. Dr. Alfred Brader ............................................. 33
Unvereinbarkeitsangelegenheiten
Zweiter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses .............................................. 34
Verhandlungen
1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (10 d. B.): Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2003 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2003) (19 d. B.) ................................................................................................................. 78
Redner:
Dr. Christoph Matznetter ........................................................................... 78
Jakob Auer ............................................................................................... 81
Mag. Werner Kogler ................................................................................. 86
Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................. 89
Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .................................................. 90
Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................ 102
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................... 103
Michaela Sburny ..................................................................................... 105
Mares Rossmann ..................................................................................... 106
Mag. Hans
Moser .................................................................................... 107
Dr. Ferdinand Maier ................................................................................ 108
Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................. 110
Edeltraud Lentsch ................................................................................... 112
Mag. Christine Muttonen ......................................................................... 113
Matthias Ellmauer ................................................................................... 114
Anton Heinzl ........................................................................................... 115
Helga Machne ......................................................................................... 117
Franz Riepl ............................................................................................. 118
Franz Xaver Böhm .................................................................................. 120
Karl Öllinger ........................................................................................... 121
Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einkommensteuersenkung – Ablehnung ....................... 81, 123
Entschließungsantrag der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sofortige Realisierung der Güterzugumfahrung St. Pölten – Ablehnung .................... 116, 123
Entschließungsantrag der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die dringend notwendige Modernisierung des Bahnhofs der Landeshauptstadt St. Pölten – Ablehnung 116, 123
Entschließungsantrag der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung des nach wie vor unzureichenden Lärmschutzes an der A 1 im Bereich St. Pölten – Ablehnung 117, 123
Entschließungsantrag der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die strafrechtliche Verfolgung von Schwarzbeschäftigung – Ablehnung ............. 119, 123
Annahme des Gesetzentwurfes ...................................................................... 122
2. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluss (III-2 d. B.) für das Jahr 2001 (20 d. B.) ....................................................................................... 123
Redner:
Mag. Melitta
Trunk ................................................................................. 124
Johann Kurzbauer .................................................................................. 125
Mag. Werner Kogler ................................................................................ 126
Josef Bucher ........................................................................................... 127
Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser ................................................. 129
Heinz Gradwohl ...................................................................................... 133
Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler ............................................... 134
Jakob Auer ............................................................................................. 136
Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................ 137
Dr. Christoph Matznetter ......................................................................... 139
Annahme des Gesetzentwurfes ...................................................................... 139
3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 69/A der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministe-
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riengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2003) (30 d. B.) ........................................................................................................... 140
Redner:
Dr. Peter Wittmann .................................................................................. 140
Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................. 142
Dr. Eva Glawischnig ................................................................................ 144
Dr. Helene Partik-Pablé ........................................................................... 146
Staatssekretär Franz Morak ..................................................................... 148
Stefan Prähauser ..................................................................................... 149
Karl Donabauer ....................................................................................... 151
Karl Öllinger ........................................................................................... 153
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Josef Bucher ........................................................................................... 154
Mag. Walter Posch .................................................................................. 155
Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler .............................................................. 158
Mag. Terezija
Stoisits .............................................................................. 159
Herbert Scheibner ................................................................................... 161
Peter Marizzi ........................................................................................... 162
Maria Grander ......................................................................................... 164
Dr. Gabriela Moser .................................................................................. 165
Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck ........................................................ 166
Mag. Hans Langreiter .............................................................................. 167
Otto Pendl ............................................................................................... 168
Dr. Kurt Grünewald ................................................................................. 169
Mag. Elisabeth Grossmann ..................................................................... 170
Sabine Mandak ....................................................................................... 172
Dipl.-Ing. Werner Kummerer ................................................................... 173
Dr. Johannes
Jarolim .............................................................................. 174
MMag. Dr. Madeleine Petrovic ................................................................ 175
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufforderung zu einer Überprüfung der Inanspruchnahme der Bezugsfortzahlung nach dem Bundesbezügegesetz – Ablehnung ............................................................................................................ 150, 178
Entschließungsantrag der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übertragung der Zollwache ins BMI – Ablehnung ......................................................... 169, 178
Annahme des Gesetzentwurfes ...................................................................... 177
Gemeinsame Beratung über
4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 45/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter Wittmann, Mag. Karl Schweitzer, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versöhnungsfonds-Gesetz geändert wird (28 d. B.) ........................................................................................................... 179
5. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 46/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter Wittmann, Mag. Karl Schweitzer, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird (29 d. B.) ................ 179
Redner:
Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................................... 179
Mag. Walter Posch .................................................................................. 180
Josef Bucher ........................................................................................... 181
Mag. Terezija
Stoisits .............................................................................. 182
Mag. Cordula Frieser .............................................................................. 183
Dr. Gertrude Brinek ................................................................................. 184
Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 28 und 29 d. B. .................................... 184
6. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (8 d. B.): Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich (Orientalisch-orthodoxes Kirchengesetz; OrientKG) (31 d. B.) ................................................................ 185
Redner:
Werner
Amon, MBA ............................................................................... 185
Dr. Robert Rada ...................................................................................... 186
Mares Rossmann ..................................................................................... 187
Dieter Brosz ............................................................................................ 187
Mag. Dr. Alfred Brader ............................................................................ 188
Bundesministerin Elisabeth Gehrer ......................................................... 189
Annahme des Gesetzentwurfes ...................................................................... 189
7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Fahrschulen (Fahrschulgesetz – FschulG) erlassen, das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz 1997 – FSG 1997) (BGBl. I Nr. 120/1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 65/2002) und das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967 – KFG 1967) (BGBl. 1967/267 i.d.F. BGBl. I Nr. 65/2002) geändert werden (33/A) .................................................... 189
Redner:
Kurt Eder ................................................................................................ 189
Werner Miedl .......................................................................................... 190
Anton Wattaul ......................................................................................... 190
Dr. Gabriela Moser .................................................................................. 191
Zuweisung des Antrages 33/A an den Verkehrsausschuss ................................ 191
8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2002, das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Bundesluftreinhaltegesetz 2002 geändert werden (Gesetz über den Nachbarschafts- und Umweltschutz bei landwirtschaftlichen Anlagen 2003) (40/A) ............................. 191
Redner:
Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber ........................................................ 192, 197
Erwin Hornek .......................................................................................... 193
Mag. Ulrike Sima .................................................................................... 194
Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................ 194
Franz Eßl ................................................................................................ 195
Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ........................................................................... 196
Klaus Wittauer ........................................................................................ 196
Zuweisung des Antrages 40/A an den Umweltausschuss .................................. 197
9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation (Telekommunikationsge-
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setz – TKG), BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 134/2002, geändert wird (49/A) ........................................................................................................... 197
Redner:
Dr. Gabriela Moser .................................................................................. 198
Mag. Karin Hakl ...................................................................................... 198
Ing. Erwin Kaipel .................................................................................... 198
Mag.
Eduard Mainoni ............................................................................. 199
Zuweisung des Antrages 49/A an den Verkehrsausschuss ................................ 199
Eingebracht wurden
Regierungsvorlagen ..................................................................................... 33
24: Bundesgesetz über Mediation in Zivilrechtssachen (Zivilrechts-Mediations-Gesetz – ZivMediatG) sowie über Änderungen des Ehegesetzes, der Zivilprozessordnung, der Strafprozessordnung, des Gerichtsgebührengesetzes und des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001
25: Strafprozessreformgesetz
26: Bundesgesetz,
mit dem das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Gerichtsorganisationsgesetz 1896
geändert werden
27: Bundesgesetz,
mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Kartellgesetz 1988, das Versicherungssteuergesetz 1953,
das Versicherungsvertragsgesetz 1958, das Atomhaftungsgesetz 1999,
das Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer, das
Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Börsegesetz und das Bankwesengesetz
geändert werden (VAG-Novelle 2003)
32: Bundesgesetz,
mit dem das Bankwesengesetz, das Glücksspielgesetz, das Kapitalmarktgesetz, das
Versicherungsaufsichtsgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz
geändert werden
33: Bundesgesetz,
mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das
Insolvenzrechtseinführungsgesetz, das Bankwesengesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz
geändert werden (Bundesgesetz über das Internationale Insolvenzrecht –
IIRG)
38: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über nationale Emissionshöchstmengen
für bestimmte Luftschadstoffe (Emissionshöchstmengengesetz-Luft, EG-L)
erlassen sowie das Ozongesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert
werden
39: Exekutionsordnungs-Novelle 2003 – EO-Nov. 2003
40: Urheberrechtsgesetz-Novelle 2003 – UrhG-Nov 2003
Berichte ........................................................................................................ 34
III-18: Wildschadensbericht 2001; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft
III-19: Kunstbericht 2001; Bundesregierung
III-21: Restitutionsbericht 2001/2002; BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur
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Anträge
der Abgeordneten
Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Arbeitsverfassungsgesetz 1974 geändert werden (72/A)
Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Einhebung einer Abgabe für Versicherte, die in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen stehen (73/A)
Sigisbert Dolinschek,
Mag. Walter Tancsits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein
Bundesgesetz über eine pauschalierte Abgabe von Dienstgebern geringfügig
beschäftigter Personen erlassen und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz
geändert wird (74/A)
Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen gemäß
§ 99 Abs. 1 GOG auf Beauftragung des Rechnungshofes mit der Durchführung
eines besonderen Aktes der Gebarungsüberprüfung betreffend die auftrags- und
widmungsgemäße Verwendung sowie die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und
Zweckmäßigkeit des Einsatzes von Bundesmitteln für die Neugestaltung der
Bergisel-Schanze (75/A)
Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz über die Einhebung einer Abgabe für Versicherte, die in
geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen stehen (76/A)
Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird
(77/A)
Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend
die dringende Notwendigkeit des Ausbaus des Hochspannungsnetzes in Österreich (78/A) (E)
Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Zusatztafeln an Ortstafeln (79/A) (E)
Elmar Lichtenegger,
Peter Haubner, Beate Schasching, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Ausarbeitung und Übermittlung einer Regierungsvorlage betreffend ein
Berufssportgesetz an den Nationalrat (80/A) (E)
Jakob Auer, Herbert
Scheibner,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die
Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971,
die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973, das
Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksbegehrengesetz 1973, das Volksabstimmungsgesetz 1972
und das Volksbefragungsgesetz 1989 geändert werden (81/A)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend
sofortige Zurücknahme der Verordnungen BGBl. II Nr. 20 und
21/2003 (82/A) (E)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Berichte nach Änderung der „Suchtgift-Grenzmengenverordnung“ und des
„Suchtmittelgesetzes (SMG)“ (83/A) (E)
Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Abschaffung der Ambulanzgebühr (84/A)
Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Gesetz über die Höhe des existenzsichernden Mindestlohns
(Mindestlohngesetz) (85/A)
Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz, BGBl. 183/1947,
geändert wird (86/A)
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Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend
gendergerechte Pensionsreform (87/A) (E)
MMag. Dr. Madeleine
Petrovic,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Hebung des Frauenanteils im ORF
(88/A) (E)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Anerkennung der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) (89/A) (E)
Dr. Evelin
Lichtenberger,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Eindämmung der Bundesausgaben für
Landesstraßen (90/A) (E)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Regelungen für Mehrwertdienste (91/A) (E)
Dr. Christoph
Matznetter,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Einkommensteuergesetz geändert wird (92/A)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz 1991 geändert wird (93/A)
Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Übertragung der Zollwache ins BMI (94/A) (E)
Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des
Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und ein Bundesgesetz, mit dem das
Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates
(Nationalrats-Wahlordnung 1992), das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971,
das Volksbegehrengesetz 1973, das Volksbefragungsgesetz 1989, das
Volksabstimmungsgesetz 1972 und das Wählerevidenzgesetz 1973 geändert
werden (95/A)
Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Bestimmungen des
Bundes-Verfassungsgesetzes über das Wahlrecht und ein Bundesgesetz, mit dem das
Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates
(Nationalrats-Wahlordnung 1992), das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971,
das Volksbegehrengesetz 1973, das Volksbefragungsgesetz 1989, das
Volksabstimmungsgesetz 1972 und das Wählerevidenzgesetz 1973 geändert
werden (Demokratiereform-BVG) (96/A)
Anfragen
der Abgeordneten
Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend Beeinträchtigung der Filmwirtschaft durch einen
Organwalter der Justizverwaltung (220/J)
Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Justiz betreffend Beeinträchtigung der Filmwirtschaft durch
einen Organwalter der Justizverwaltung (221/J)
Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend den pauschalierten Dienstgeberbeitrag
für geringfügig Beschäftigte (222/J)
Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend den
pauschalierten Dienstgeberbeitrag für geringfügig Beschäftigte (223/J)
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August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Inneres betreffend missbräuchliche Verwendung von
Zivildienern bei der Volkshilfe in Wels (224/J)
DDr. Erwin
Niederwieser,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und
Kultur betreffend Mittel für Schulbauten (225/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend
Veröffentlichung der Studie zur sozialen Lage der Studierenden in Österreich
(226/J)
Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Verlegung der
Heeresmunitionsanstalt von Hieflau nach Graz (227/J)
Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend
„Hackler-Regelung“ (228/J)
Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die
Arbeitgeberschulden bei den Gebietskrankenkassen (229/J)
Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend den
Einnahmenausfall in der Krankenversicherung durch Maßnahmen der Bundesregierung
(230/J)
DDr. Erwin
Niederwieser,
Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und
Kultur betreffend positive Effekte durch Ganztagsschulen (231/J)
Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Inneres betreffend Massengrab in der Flachgasse in Wien
(232/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
Falschinformationen durch die zentrale behinderten Servicestelle (233/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
Blindenleitsysteme (234/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend
Diskriminierung von Menschen mit Behinderung (235/J)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verweigerung
von Auskünften (236/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Justiz betreffend die Verlegung des Handelsgerichts Wien,
des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien und des Bezirksgerichts Innere Stadt
Wien (237/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Ausnahmen für Wirkstoffe in Pestizidprodukten (238/J)
MMag. Dr. Madeleine
Petrovic,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und
Generationen betreffend verstärkten Rückzug von Frauen aus dem Erwerbsleben als
Effekt des Kinderbetreuungsgeldes – erste wissenschaftliche Untersuchung
(239/J)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 11 |
Dipl.-Ing. Wolfgang
Pirklhuber,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Strategie zur Minimierung des
Pestizideinsatzes (240/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend Berücksichtigung des Fairen Handels im öffentlichen
Beschaffungswesen (241/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Berücksichtigung des
Fairen Handels im öffentlichen Beschaffungswesen (242/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend
Berücksichtigung des Fairen Handels im öffentlichen Beschaffungswesen (243/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend Berücksichtigung des Fairen Handels im
öffentlichen Beschaffungswesen (244/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Inneres betreffend Berücksichtigung des Fairen Handels im
öffentlichen Beschaffungswesen (245/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Justiz betreffend Berücksichtigung des Fairen Handels im
öffentlichen Beschaffungswesen (246/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Berücksichtigung des Fairen
Handels im öffentlichen Beschaffungswesen (247/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Berücksichtigung des Fairen Handels im öffentlichen
Beschaffungswesen (248/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den mit
der vorläufigen Leitung des Bundesministeriums für öffentliche Leistung und
Sport betrauten Bundeskanzler betreffend Berücksichtigung des Fairen Handels im
öffentlichen Beschaffungswesen (249/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend
Berücksichtigung des Fairen Handels im öffentlichen Beschaffungswesen (250/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
Berücksichtigung des Fairen Handels im öffentlichen Beschaffungswesen (251/J)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Berücksichtigung des Fairen
Handels im öffentlichen Beschaffungswesen (252/J)
DDr. Erwin
Niederwieser,
Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend „Auswirkungen des Dienstleistungsabkommens GATS auf das
österreichische Bildungssystem“ (253/J)
Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend
Sektion VI/6 seines Ministeriums (254/J)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 12 |
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend Ausgaben des Ressorts für private
Zwecke (255/J)
Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Förderung des
Schulsports (256/J)
Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend „Nichtwahrnehmung
des Vorschlagsrechtes für die Wahlen der RichterInnen zum Internationalen
Strafgerichtshof durch Österreich“ (257/J)
Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Abhaltung
von Kursen für arbeitslose Frauen durch Frau Dr. Eva Walderdorff (258/J)
Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Broschüre
„SOFT SKILLS“ des Bundesministeriums (259/J)
Ulrike
Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit
und Generationen betreffend die behindertengerechte Ausstattung von Zügen und
Bahnhöfen der ÖBB in Niederösterreich (260/J)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 13 |
Ulrike
Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation
und Technologie betreffend die behindertengerechte Ausstattung von Zügen und
Bahnhöfen der ÖBB in Niederösterreich (261/J)
Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Inneres betreffend Absetzungen von Beamten im Zuge der
Umstrukturierungen bei den LGKs (262/J)
Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Inneres betreffend Anstieg der Personalkosten im Zuge der
Umstrukturierungsmaßnahmen bei der BPD Wien (263/J)
Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Koralmbahn
(264/J)
Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend Förderung des Schulsports (265/J)
Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Nitratbelastung des Grundwassers in Österreich (266/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Inneres betreffend „Sicherheit in der Zivilluftfahrt –
Sicherheit auf kleinen Flugplätzen“ (267/J)
Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundeskanzler betreffend Sport-Forderungskatalog des ÖSV, ÖFB und ÖVV vom
22. November 2002 (268/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend
Fleischetikettierung-Umsetzung der Richtlinie 2001/101/EG der Kommission
(269/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Justiz betreffend „Sanktionen wegen bzw. nach
HIV-Gefährdung“ (270/J)
Ulrike
Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation
und Technologie betreffend den Umbau der Ybbstalbahn (271/J)
Dr. Christian Puswald, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Justiz betreffend eine fragwürdige Verfahrenseinstellung
durch die StA Klagenfurt (272/J)
Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Justiz betreffend die nunmehr durch eine wissenschaftliche
Untersuchung festgestellte Verschlechterung der Situation jugendlicher
Häftlinge durch die Übersiedlung von der Justizanstalt Erdberg in die
Justizanstalt Josefstadt (273/J)
Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Justiz betreffend „Straftatbestand Sozialbetrug“ (274/J)
Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie bezüglich Bau der
jeweils zweiten Tauern- und Katschbergtunnelröhre (275/J)
Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit bezüglich Reform des
Arbeitsmarktservices (AMS) (276/J)
Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend Kontrolle der illegalen
Ausländerbeschäftigung durch die Zollbehörde (277/J)
Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Auflassung
der Bahnhöfe Amstetten und St. Valentin als IC-Bahnhöfe (278/J)
Anfragebeantwortungen
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (42/AB zu 56/J)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (43/AB zu 24/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (44/AB zu 36/J)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 14 |
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (45/AB zu 87/J)
des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (46/AB zu 40/J)
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (47/AB zu 58/J)
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (48/AB zu 54/J)
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (49/AB zu 50/J)
des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (50/AB zu 27/J)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (51/AB zu 61/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (52/AB zu 82/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (53/AB zu 42/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen (54/AB zu 51/J)
des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (55/AB zu 52/J)
des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (56/AB zu 44/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (57/AB zu 22/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (58/AB zu 28/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (59/AB zu 33/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (60/AB zu 38/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (61/AB zu 43/J)
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka, Kolleginnen und Kollegen (62/AB zu 55/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (63/AB zu 26/J)
des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (64/AB zu 37/J)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (65/AB zu 45/J)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (66/AB zu 48/J)
der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (67/AB zu 49/J)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 15 |
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (68/AB zu 35/J)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (69/AB zu 41/J)
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (70/AB zu 29/J)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 16 |
Beginn der
Sitzung: 9.30 Uhr
Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol,
Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.
*****
Präsident Dr. Andreas Khol:
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die
10. Sitzung des Nationalrates. Ich begrüße Sie herzlich und bitte Sie, Platz zu nehmen.
Ich weise darauf
hin, dass wir in der Präsidialkonferenz die Frage des Telefonierens im Plenum
mit Handtelefonen erörtert haben und übereingekommen sind, diese
Regel der Hausordnung künftig strikt anzuwenden; das heißt, ich werde in
Zukunft, wenn ich jemanden mit dem Handy telefonieren sehe, unterbrechen
und darauf hinweisen, dass die Hausordnung derartige Dinge nicht vorsieht. Wie
meine Kollegen das weiter handhaben werden, weiß ich nicht, aber ich werde beim
zweiten Mal einen Ordnungsruf erteilen.
Das Amtliche
Protokoll der 9. Sitzung vom 19. März 2003 ist in der
Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeeinsprucht geblieben; es gilt daher als
genehmigt.
Als verhindert
gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Lichtenberger, Franz, Dr. Einem,
Krainer und Csörgits.
Ankündigung einer
Erklärung des Bundeskanzlers zum Thema „Europäischer Rat in Brüssel vom 20. bis
21. März 2003“
Präsident Dr. Andreas Khol:
Der Herr
Bundeskanzler hat seine Absicht bekundet, zum Thema „Europäischer Rat in
Brüssel vom 20. bis 21. März 2003“ eine Erklärung abzugeben.
Ferner gebe ich
bekannt, dass ein Verlangen von fünf Abgeordneten vorliegt, über diese Erklärung
gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung sogleich eine Debatte
durchzuführen.
Die Erklärung
sowie die anschließende Debatte werden nach der Aktuellen Stunde stattfinden.
Aktuelle Stunde
Präsident Dr. Andreas Khol:
Wir gelangen
nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:
„Keine Spekulation
mit Steuergeldern, einheitliche Veranlagungsbestimmungen im
Finanzausgleichsgesetz für Gelder aus dem Verkauf von
Wohnbauförderungsdarlehen“
Als Erstredner
gelangt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort. – Bitte. (Abg.
Dr. Wittmann trägt, so wie zahlreiche andere Abgeordnete der SPÖ,
einen regenbogenfarbigen Sticker mit der Aufschrift „Friede“.)
9.32
Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär!
Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht heute um ein Thema, das leider an
Aktualität gewonnen hat, da die Verluste, die in Niederösterreich über eine
höchst zweifelhafte Veranlagungsform herbeigeführt wurden, immer größer werden
und praktisch stündlich ins Unermessliche steigen.
Der Landtag von Niederösterreich hat auf Grund eines Beschlusses der Landesregierung vom 29. Mai 2001 am 28. Juni 2001 beschlossen, die Wohnbauförderungsdarlehen zu verwerten und den aus dieser Verwertung dem Land zukommenden Erlös durch eine zu gründende Veranlagungsgesellschaft zu veranlagen. Dieser Beschluss wurde im Landtag gefasst (Abg. Dona-
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 17 |
bauer:
Mit Ihrer Zustimmung!) – mit Zustimmung der SPÖ (demonstrativer Beifall bei
der ÖVP) –, das sagt aber nichts darüber aus, in welcher Form
diese Gelder veranlagt werden sollen. (Abg. Mag. Tancsits: Bank
Burgenland!)
Es ist natürlich
möglich, eine Verwertung der Wohnbauförderungsdarlehen vorzunehmen, und es ist
auch nichts Verwerfliches daran, einen derartigen Beschluss zu fassen. Aber es
ist höchst verwerflich, so vorzugehen, wie das in Niederösterreich der Fall
war. Demjenigen, dem man das Pouvoir zur Veranlagung einräumt, stehen nämlich
zwei Wege offen: der Weg der seriösen Veranlagung, der sicheren Veranlagung,
der risikoarmen Veranlagung, der für Steuergelder zu wählen ist, und der Weg
ins Casino.
Die einschlägigen
Verfassungsbestimmungen – sowohl in der österreichischen Bundesverfassung
als auch in der niederösterreichischen Landesverfassung – haben den
Grundsatz normiert, bei der Veranlagung und Verwertung von Mitteln
Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit anzuwenden. Das heißt, jede
handelnde Person muss diesen verfassungsrechtlich normierten Grundsätzen bei
der Veranlagung von Mitteln entsprechen, das heißt, Sparsamkeit,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit beachten.
Das gilt auch für
den Fall der privatwirtschaftlichen Verwaltung. Auch dann, wenn ich diese
Mittel über eine Veranlagungsgesellschaft veranlage, trifft dieser Grundsatz
zu. Das heißt, es steht dem Handelnden nicht frei, zu sagen: Ich
veranlage, wie ich will!, wie das eine Einzelperson, eine Privatperson machen
kann, die mit dem Geld ins Casino oder auf den Aktienmarkt gehen oder eben
risikoarme Veranlagungen vornehmen kann.
Das heißt, der
Staat ist da wesentlich stärker gebunden. Der Staat ist diesbezüglich verfassungsrechtlich
in ein Korsett gebunden und hat eben die Grundsätze Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit
und Zweckmäßigkeit einzuhalten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Was ist in
Niederösterreich passiert? – In Niederösterreich hat man den Beschluss,
den ich eingangs erwähnt habe, gefasst, und dann hat man es dem
Finanzlandesrat anheim gestellt, welche Form der Veranlagung durchgeführt wird.
Es gibt dabei, wie schon erwähnt, zwei Möglichkeiten.
Man muss auch den
Betrag nennen, um den es dabei ging. Es waren rund 34 Milliarden Schilling –
ich wiederhole: 34 Milliarden Schilling, die aus dem Verkauf
der Wohnbauförderungsdarlehen eingenommen wurden. 34 Milliarden Schilling
wurden dabei an Landesmitteln eingenommen! Und man hat es dem Landesrat freigestellt,
wie er diese Mittel veranlagt. (Abg. Parnigoni: Ein Wahnsinn!)
Dieser Landesrat
hat dabei – ohne Rücksprache mit dem Landtag oder der Landesregierung zu
halten – zwei Möglichkeiten: Entweder er gibt das Geld verantwortungsbewusst
in risikoarme Veranlagungen, er trägt es sozusagen zur Bank, oder er geht mit
dem Geld ins Casino. Und er hat den Weg ins Casino gewählt! Das Casino ist in
diesem Fall das internationale Börsegeschehen. Im internationalen
Börsegeschehen ist natürlich die Wahrscheinlichkeit, einen Gewinn zu erzielen, noch
geringer als im Casino, das weiß jeder mit einer halbdurchschnittlichen
Ausbildung. (Abg. Scheibner: „Halbdurchschnittlich“? Was ist das?)
Dass der Landesrat
von Niederösterreich nicht weiß oder nicht gewusst hat, dass das Börsegeschehen
ein höchst spekulatives Geschehen ist, das traue ich nicht einmal ihm zu,
obwohl man wirklich meinen konnte, dass er da an großer Naivität gelitten hat. (Zwischenrufe
der Abgeordneten Großruck und Dipl.-Ing. Prinzhorn.)
Dem haben wir
nicht zugestimmt! Bei der Veranlagungsform wurde niemals von der SPÖ zugestimmt!
Sie wissen genau, dass die Veranlagungsform die ausschließliche und alleinige
Entscheidung des Landesrates Sobotka war. (Beifall bei der SPÖ.)
Er ist damit ins Casino des internationalen Börsegeschehens gegangen, er hat 40 Prozent von 34 Milliarden Schilling in Aktien veranlagt. Ich wiederhole: 40 Prozent von 34 Milliarden Schilling wurden in Aktien veranlagt! (Abg. Scheibner: Wie viel ist das in Euro?) Und im Jahr 2002
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 18 |
wurden
3,7 Milliarden Schilling an Verlusten eingefahren. 3,7 Milliarden
Schilling hat er auf dem Aktienmarkt verspekuliert. 272 Millionen €
oder 3,7 Milliarden Schilling hat er verspekuliert!
Bleiben wir beim
Beispiel Casino. Wäre er ins echte Casino gegangen, dann hätte er täglich
10 Millionen Schilling verspielen können. Und wenn er ins Casino gegangen
wäre, dann hätten wir wenigstens vom Casino 50 Prozent an Steuern
zurückbekommen, aber so ist das gesamte Geld weg! (Beifall bei der
SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Es ist ja wirklich
beschämend, wenn man das Casino schon als bessere „Veranlagungsform“ anführen
muss – immerhin noch besser als das, was Herr Sobotka in Niederösterreich
gemacht hat! Es ist unglaublich, was er mit den Steuergeldern dort angerichtet
hat, und das ohne jede Verantwortung! Ohne jede Scham hat er sich dort an
Steuermitteln und öffentlichen Mitteln bedient.
In Wahrheit hat er
10 Millionen Schilling täglich verspielt. Ich wiederhole:
10 Millionen Schilling täglich! Die Steuerzahler werden es schon zu
„schätzen“ wissen, wem sie da das Geld anvertraut haben.
Ich muss Ihnen
auch ganz ehrlich sagen: Ich frage mich, warum der Landeshauptmann von
Niederösterreich nicht tätig wird, wenn jemand im Land Niederösterreich in
einem Jahr 3,7 Milliarden Schilling in den Sand setzt. Warum
hält er an dieser Person fest? – Es müsste doch Konsequenzen geben! Etwa
wegen Unfähigkeit, weil Herr Sobotka eben nicht in der Lage war, das Geld
richtig anzulegen, weil er eben in die falschen Dinge investiert hat. Dafür
muss man doch die Verantwortung übernehmen. Da muss man doch gehen!
Das ist für mich
eine eindeutige Führungsschwäche. Oder man will, wie immer in Niederösterreich,
alles unter den Teppich kehren, all das nicht publik machen. (Abg. Dr. Stummvoll:
Da hätte der Häupl schon längst gehen müssen!)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Was man mit dem Geld, das hier verspielt wurde,
alles hätte machen können, das muss man sich einmal durch den Kopf gehen
lassen. Es hätten damit in Niederösterreich etwa
15 000 Sozialwohnungen gebaut werden können – ich wiederhole:
15 000 Sozialwohnungen, nur mit dem Geld, das verspekuliert wurde!
Oder: Es hätte eine 100-prozentige Entschädigung der Hochwasseropfer
stattfinden können. Dafür hätte es eine moralische Rechtfertigung gegeben, das
wäre der moralisch richtige Weg gewesen, das Geld einzusetzen! (Beifall bei
der SPÖ.)
Aber das Geld
quasi im Casino zu verspielen und 10 Millionen Schilling täglich in den Sand
zu setzen, das ist ein starkes Stück. 3,7 Milliarden waren es allein im
Jahr 2002. Der heutige Stand ist bereits wesentlich höher, nämlich
4,2 Milliarden, weil die Kurse auf den Aktienmärkten noch weiter gesunken
sind. Das heißt, er verspielt nach wie vor täglich Millionenbeträge am Casinotisch
des internationalen Börsegeschehens – und das mit Steuergeldern!
Da frage ich mich,
wie es mit der Steuermoral der Bürger ausschauen soll, wenn man weiß, dass das
Geld sozusagen im Casino oder an der Börse verloren wird.
Diese Form der
Veranlagung ist verfassungsrechtlich nicht adäquat, sie steht im Widerspruch zu
den verfassungsrechtlichen Bestimmungen, und gleichzeitig fordert sie geradezu
heraus, dass man einheitliche Bestimmungen einführt, um die Veranlagung von
Wohnbauförderungsmitteln im Finanzausgleich zu vereinheitlichen, um solchen
Machenschaften einen Riegel vorzuschieben.
Erklären Sie von
der ÖVP dem Steuerzahler, warum Finanzlandesrat Sobotka in Niederösterreich
täglich am internationalen Börsetisch 10 Millionen Schilling verspielt!
Das müssen Sie dem Steuerzahler erklären! Das müssen Sie jemandem erklären, der
ein Einkommen von 14 000 S brutto hat, dass Finanzlandesrat Sobotka
täglich 10 Millionen Schilling sozusagen in den Sand setzen kann – ohne
irgendeine Konsequenz! (Abg. Schöls: Neue Rede! Bessere Rede!)
Präsident
Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 19 |
Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (fortsetzend): Das ist eine Frage, die der Landeshauptmann von
Niederösterreich mitzuverantworten hat. (Beifall bei der SPÖ.)
9.43
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu einer
einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Staatssekretär Dr. Alfred Finz
zu Wort gemeldet. Herr Staatssekretär, Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht
überschreiten. – Bitte.
9.43
Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Aktuelle Stunde beschäftigt sich
mit dem Thema „Keine Spekulation mit Steuergeldern, einheitliche Veranlagungsbestimmungen
im Finanzausgleichsgesetz für Gelder aus dem Verkauf von Wohnbauförderungsdarlehen“.
Daraus leite ich konkret zwei Forderungen der Antragsteller ab:
Erstens: dass ein
Verbot, mit Steuergeldern zu spekulieren, ausgesprochen werden soll. – Ich
weiß zwar nicht, was der Unterschied zwischen einer Veranlagung und Spekulieren
ist, aber ich werde noch darauf eingehen. (Lebhafte ironische Heiterkeit und
Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Schieder:
Überraschend ehrlich!)
Zweitens: dass
dieses Verbot durch den Bund im Rahmen einer Novelle zum Finanzausgleichsgesetz 2001
ausgesprochen werden soll. – Hiezu stelle ich fest: Auch die
Bundesfinanzierungsagentur legt Gelder an und hat mitunter – so wie
jetzt – internationale Kursverluste mitzutragen. Soviel dazu.
Wenn mit dem
Begriff „Spekulieren“ gemeint ist, dass Mittel des Staates nicht so veranlagt
werden, wie es einem rationalen wirtschaftlichen Handeln entspricht und wie es
die Gebote der Gesetzmäßigkeit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und
Zweckmäßigkeit verlangen, dann kann ich Ihre Forderung nur voll unterstützen,
Herr Abgeordneter Wittmann. (Bravorufe bei der SPÖ.)
Aber auch dann,
wenn man alle Kautelen berücksichtigt und vorsichtig veranlagt, kann man Risken
nicht vermeiden. Man trägt bei einer Veranlagung immer ein gewisses Risiko, es
gibt keine risikolose Veranlagung. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Staatsanleihe! Die Republik
Österreich!)
Ihrer zweiten
Forderung, dass durch ein Bundesgesetz den Ländern Auflagen für die Veranlagung
ihrer Mittel erteilt werden sollen, kann ich aus verfassungsrechtlichen Gründen
nicht zustimmen. Im Paktum zum Finanzausgleich für die Jahre 2001
bis 2004 wurde unter anderem vereinbart, dass bei Rückflüssen und Erlösen
aus Wohnbauförderungsdarlehen, die bis zum 31. Dezember 2000
zugesichert worden sind, jede bundesgesetzliche Zweckwidmung wegfällt.
Durch den Wegfall
der Zweckwidmung handelt es sich um reines Landesvermögen. Da die Verwaltung
des Landesvermögens eine Angelegenheit der Privatwirtschaftsverwaltung des
Landes ist, ist der Bundesgesetzgeber mangels Kompetenz nicht zuständig. Da
somit die Verantwortung für eine Veranlagung dem Land obliegt, obliegt auch
die politische Kontrolle dem jeweiligen Landtag beziehungsweise die
finanzrechtliche Kontrolle dem Rechnungshof beziehungsweise dem
Landesrechnungshof.
Selbst wenn der
Bund die Länder hier einschränken könnte, wäre er schlecht beraten, dies zu
tun. Alle politischen Parteien bekennen sich zumindest grundsätzlich zum
Föderalismus und zu den Bemühungen, möglichst geschlossene Kompetenzbereiche
der Länder zu schaffen und Doppelgleisigkeiten bei den Gebietskörperschaften zu
vermeiden.
Es wäre geradezu absurd, würde sich der Bund angesichts der Zielsetzung ohne Not in die Verwaltung von Landesvermögen einmischen. Im Übrigen: Welche Vorgaben sollte auf gesetzlicher Ebene der Bund den Ländern für die Veranlagung von Landesmitteln machen? Detaillierte Vorgaben über Zinssätze, Anleihenschuldner oder dergleichen scheiden wohl von vornherein aus. Gerade im Bereich der Veranlagung ist ein flexibles Reagieren unbedingt erforderlich. Es bleiben also nur allgemeine Aussagen über eine bestmögliche Veranlagung entsprechend den
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 20 |
bekannten Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und so weiter übrig. Damit
wäre doch wirklich niemandem geholfen.
Für eine
Diskussion über Vorschriften und über die Kontrolle von Veranlagungen der
Länder ist der Nationalrat daher sicher nicht das zuständige Gremium. Eine
derartige Diskussion könnte nur im Landtag erfolgen. Der Nationalrat ist
mangels Zuständigkeit auf jeden Fall der falsche Ort, und ich kann es mir nur
mit einem Wahltermin erklären, dass wir heute hier darüber sprechen. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Ich glaube, es
steht außer Streit, dass mit Steuergeldern sorgsam umzugehen ist. Leider wurde
das in den vergangenen 30 Jahren nicht so gehandhabt (Widerspruch bei
der SPÖ), als wir uns Jahr für Jahr extrem verschuldet haben, sodass wir
heute einen Zinsenberg von 7 Milliarden € für unsere Schulden zu
tragen haben – nur für die Zinsen! Das sind Mittel, die uns in der
täglichen Budgetgebarung fehlen – mehr als 10 Prozent des Budgets!
Das möchte ich jenen ins Stammbuch schreiben, die von einer ordnungsgemäßen
Gebarung sprechen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Da haben Sie kräftig
mitgewirkt!)
Aus der
Vorgangsweise einzelner Gebietskörperschaften, Erlöse aus Veräußerungen zu verwerten
beziehungsweise zu veranlagen, lässt sich nach unseren Beobachtungen im Finanzministerium
kein einheitliches Muster erkennen. Ich verweise zum Beispiel auf die Bank
Austria, wo der gesamte Verkaufserlös des Landes Wien über die AVZ gegen die
Hereinnahme von Aktien einer
Gesellschaft getauscht wurde. Da man Aktien nur einer Gesellschaft übernahm, ging man, wie sich nachträglich
herausstellte, ein enorm hohes Risiko ein. Der Kursverlust von 76 Prozent
bedeutet, dass Wien über die AVZ-Stiftung ein Kapitalvermögen – bitte,
zuzuhören! – von rund 1,29 Milliarden € verloren hat! (Oh-Rufe
bei der ÖVP. – Abg. Eder: Die
ÖVP hat das nie verlangt!)
Herr Abgeordneter
Wittmann! Was hätte man mit diesen 1,29 Milliarden € alles für die
Wiener Kindergärten, den Wohnbau und dergleichen machen können?! (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Gaál und Eder.)
In
Niederösterreich hingegen ... (Zwischenruf
des Abg. Dr. Wittmann.) –
Herr Abgeordneter Wittmann, zu Wiener Neustadt zu der Zeit, als Sie noch
Bürgermeister waren, sage ich jetzt nichts. (Heiterkeit
bei den Freiheitlichen.) Das wäre ein eigenes Thema, dazu sage ich heute
nichts, ich will hier nicht polemisieren. (Beifall bei der ÖVP.) Ich
könnte über viele Gemeinden mit sozialdemokratischen Bürgermeistern einige
Dinge erzählen, aber das interessiert jetzt niemanden. (Abg. Gaál: Polemisieren Sie
nicht! – Abg. Reheis: Das ist
eine Frechheit, was Sie da machen!)
In
Niederösterreich hingegen wurde eine Veranlagungsform gewählt, bei der
60 Prozent in Anleihen, großteils Staatsanleihen, und 40 Prozent in
Aktien angelegt wurden, sodass das Risiko relativ breit gestreut wurde. Die
Wertschwankung liegt bei ungefähr 6 Prozent – im Vergleich dazu in
Wien: 76 Prozent –, was zu einem derzeitigen buchmäßigen Verlust von
rund 190 Millionen € geführt hat.
Ich will nicht
Richter darüber sein, wer besser ist, Wien oder Niederösterreich (Abg. Eder:
Das machen Sie die ganze Zeit!), sondern verweise auf einen Schiedsrichter,
nämlich den Landesrechnungshof. Der Landesrechnungshof hat das schon im
Dezember 2002 geprüft, und ich zitiere jetzt wörtlich aus dem Bericht des
Landesrechungshofes; also nicht ich urteile, sondern es urteilt der
Landesrechnungshof:
„Mit der Summe
aller Maßnahmen werden aus der Sicht der Berechnung des Haushaltes nach
Stabilitätspaktgrundsätzen Rückflüsse aus den Darlehen in Maastricht-relevante
Einnahmen umgewandelt. Die Vorgaben des Landtages von Niederösterreich wurden
somit umgesetzt.“
Ich zitiere
weiter: „Bei der Auswahl des Investmentberaters wurden die Vorgaben des Landtages
von Niederösterreich umgesetzt, indem eine von den Banken unabhängige und
international anerkannte Gesellschaft beauftragt wurde.“ – Nichts mit dem
Casino, Herr Abgeordneter Wittmann! International anerkannte Berater! (Abg. Dr. Wittmann: Das Geld ist weg!)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 21 |
„Die von den
Experten erarbeitete Veranlagungsstruktur und die Streuung der Veranlagungsinstrumente
ist im Einklang mit den strengen“ – das sagt der Rechnungshof! –
„gesetzlichen Veranlagungsvorschriften für die volkswirtschaftlich bedeutenden
und von der Finanzmarktaufsicht überwachten Versicherungsunternehmen,
Pensionskassen und Mitarbeitervorsorgen.“ (Abg.
Dr. Wittmann: Verspielt!
Verspekuliert! Verspekuliert ist das Geld!)
„Hinsichtlich der
steuerlichen Optimierung wurden die Vorgaben des Landtages von Niederösterreich
in Abstimmung mit den zuständigen Finanzbehörden umgesetzt.“
Dem ist wohl
nichts mehr hinzuzufügen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Wittmann: Verspekuliert ist das Geld!)
9.53
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist nunmehr Herr
Abgeordneter Dkfm. Dr. Stummvoll gemeldet. Seine Redezeit beträgt
5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
9.53
Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Es ist immer wieder erstaunlich, wie eine Partei, die in
Niederösterreich im direkten Leistungsvergleich mit Landeshauptmann Erwin Pröll
und seinem Team keine Chance hat, hier in Wien im Parlament versucht, vier Tage
vor der Wahl eine Politshow abzuhalten. Das ist immer wieder erstaunlich, Herr
Kollege Wittmann! (Die Abgeordneten Eder und Dr. Wittmann: Wo ist das Geld?)
Letzte Woche
verlangten die Grünen eine Sondersitzung mit der gleichen Zielsetzung. Inzwischen
gibt es sogar einen Gerichtsbeschluss, um den Wettbewerb in der Demokratie zu
verhindern, Frau Kollegin Petrovic. Immer das gleiche Politspektakel! –
Aber glauben Sie mir: Sie können den Niederösterreicherinnen und
Niederösterreichern keinen Sand in die Augen streuen. Der Wähler ist viel zu
klug (Abg. Dr. Petrovic: Haben wir nur Männer als Wähler?), um dieses Manöver
nicht zu durchschauen. Das ganze Jahr lang nichts zu arbeiten und vier Tage vor
der Wahl hier ein Politspektakel zu veranstalten, das ist der falsche Weg, Herr
Kollege Wittmann! Sie werden vom Wähler bestraft werden. (Beifall bei der
ÖVP.)
Meine Damen und
Herren! Gerade die SPÖ – gerade die SPÖ! –, die in dieser Frage extrem
unglaubwürdig ist – Herr Kollege Wittmann, das, was Sie gesagt haben, war
ein Bündel von Unwahrheiten –, hat vier Mal zugestimmt. Ich habe mir
die Daten sogar aufgeschrieben. Ich wollte es Ihnen wirklich genau sagen
können, falls Ihr Gedächtnis nicht mehr so gut funktioniert.
Erstens:
29. Mai 2001, einstimmiger Regierungsbeschluss, das heißt: Zustimmung
der SPÖ. – Da schau her!
Zweitens:
12. Juni 2001, einstimmiger Regierungsbeschluss, Zustimmung der SPÖ,
Herr Kollege Wittmann. – Na da schau her!
Drittens:
28. Juni 2001, Landtagsbeschluss mit den Stimmen der SPÖ.
Viertens:
25. Jänner 2002, einstimmiger Beiratsbeschluss.
Herr Kollege
Wittmann! Ich habe den Eindruck, Sie bereiten sich bereits auf die
Oppositionsrolle vor, denn wer ein so schlechtes Kurzzeitgedächtnis hat, dem
kann man keine Regierungsverantwortung übertragen, meine sehr geehrten Damen
und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Die SPÖ
Niederösterreich ist kein verlässlicher Partner für die Niederösterreicherinnen
und Niederösterreicher, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das wird der
Wähler am Sonntag auch so entscheiden! (Beifall bei der ÖVP.)
Dazu kommt, wie der Herr Staatssekretär schon ausgeführt hat, dass diese Transaktion vom Rechnungshof geprüft wurde (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim), von unabhängigen anerkannten Wirtschaftsprüfern, KPMG, geprüft wurde, von internationalen Finanzexperten geprüft
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 22 |
wurde. Und Sie treten hierher ans
Rednerpult und werfen Herrn Landesrat Sobotka Spekulation mit Steuergeldern
vor!
Herr Kollege Wittmann!
Ich würde einen Ordnungsruf bekommen, daher sage ich nicht, dass das, was Sie
gemacht haben, eine Schmierenkomödie war. (Zwischenrufe
bei der SPÖ.) – Das sage ich nicht, denn dafür gäbe es einen
Ordnungsruf. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gaál: Das Geld ist weg!)
Herr Kollege
Wittmann! Lassen Sie mich aber Folgendes sehr deutlich sagen: Landesrat Sobotka
erledigt seinen Job exzellent, er handelt nach den Grundsätzen der
Gesetzmäßigkeit, der Sparsamkeit, der Wirtschaftlichkeit und der
Zweckmäßigkeit. Wir haben größte Hochachtung vor dieser Leistung. Ein
Politiker, der nämlich Politik als Zukunftsgestaltung und nicht, so wie Sie,
Herr Kollege Wittmann, als Tageshickhack versteht, das ist ein Politiker in
unserem Sinn. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn Sie ein bisschen
über die Fakten Bescheid wüssten, dann wüssten Sie, dass durch diese
Transaktion und durch diese Veranlagungsform sichergestellt ist, dass auch für
die nächste Generation, auch für unsere Kinder die Chance besteht, günstige
Wohnbaufinanzierungen zu erhalten. (Abg. Eder: Wo ist da die Chance? Das Geld
ist weg!) – Das ist zukunftsorientierte Politik, Herr Kollege
Wittmann, und nicht Tageshickhack vier Tage vor der Wahl!
Lassen Sie mich
noch etwas ebenfalls sehr deutlich sagen, Herr Kollege Wittmann: Das, was die
SPÖ Niederösterreich in dieser Causa aufgeführt hat, ist wirklich so, dass ich
sagen muss, der Wähler kann dieses Manöver sehr leicht durchschauen. (Abg. Dr. Petrovic: Der männliche Wähler!) Ich bin nicht Ihr
Wahlstratege, aber so durchsichtig habe ich noch selten eine Wahlstrategie
angelegt gesehen. Vier Tage vor der Wahl versuchen Sie, Landesrat Sobotka anzuschwärzen! –
Sie brauchen uns nicht anzuschwärzen, schwarz sind wir selbst, Herr Kollege
Wittmann! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)
Glauben Sie mir:
Niederösterreich ist ein schönes Land, Niederösterreich ist ein gutes Land, und
dieses Land ist bei Erwin Pröll und seinem Team auch für die nächsten fünf
Jahre in guten Händen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Zu schön, um so schwarz zu sein!)
9.58
Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, Sie haben Recht:
Wenn Sie den Vorwurf der Schmierenkomödie gemacht hätten, hätten Sie einen
Ordnungsruf erhalten. Die Methode, mit der Sie das umschifft haben, wandelt an
der Grenze zum Ordnungsruf.
Die nächste
Rednerin ist Frau Heinisch-Hosek. Ihre Ausführungen sind auch mit
5 Minuten begrenzt. – Bitte, Frau Abgeordnete.
9.58
Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek
(SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Rede des Herrn
Staatssekretärs hat einige Schönheitsfehler beinhaltet, auf die ich gleich
eingehen werde, und die Rede des Kollegen Stummvoll ging am Thema vorbei, aber
das ist ja nichts Neues beim Herrn Kollegen Stummvoll. (Beifall bei der
SPÖ. – Abg. Dr. Fekter:
Das war sehr billig!)
Herr
Staatssekretär! Der Unterschied zwischen Veranlagen und Spekulieren macht
272 Millionen € aus. – Das sollten Sie wissen, Herr
Staatssekretär!
Zweitens: Sie
sagen, es gebe keine risikolosen Veranlagungen. – Ihr eigenes Haus bietet
diese in Form von Bundesschatzscheinen an! Wenn diese nicht risikolos sind,
dann müssen Sie uns vielleicht noch einmal aufklären, Herr Staatssekretär! Das
wäre angebracht. (Beifall bei der SPÖ.)
Schöne Reden
werden diesen Skandal, den die ÖVP Niederösterreich verursacht hat, nicht
besser machen. Kein Abgeordneter und keine Abgeordnete von der ÖVP, die nach
mir noch reden werden, werden dies schaffen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 23 |
Entgegen Ihren
Aussagen, meine Damen und Herren, wollten wir niemals, dass mit
Steuergeldern spekuliert wird. Im Gegenteil! Wir brauchen – und da sind
Sie gefordert, Herr Staatssekretär, der Herr Finanzminister ist ja leider
nicht hier, ich hoffe, er ist nicht schon wieder auf Urlaub –, wir
brauchen einheitliche Veranlagungsbestimmungen, und wir brauchen diese im
Finanzausgleichsgesetz – und das ist Bundessache! –, um zu
verhindern, dass ein niederösterreichischer ÖVP-Landesrat im Alleingang
derartige Dinge, die jetzt passiert sind, anrichten kann.
Aber Schluss
damit. Diese Aktuelle Stunde hat ein wirklich brisantes Thema, und Sie, Herr
Abgeordneter Stummvoll, sind nicht darauf eingegangen. Es ist einfach ein
Skandal, dass der niederösterreichische ÖVP-Landesfinanzrat Sobotka massive
Verluste verspekuliert hat (Abg.
Dr. Stummvoll: Er hat Verluste
verspekuliert?!), massive Verluste in der Höhe von 272 Millionen €
eingefahren hat. Das ist Steuergeld der Niederösterreicherinnen und
Niederösterreicher, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Als
Niederösterreicherin schäme ich mich dafür, dass so jemand noch im Amt ist. Das
möchte ich Ihnen auch sagen! (Beifall bei der SPÖ.)
Was Herr Sobotka
als Privatperson mit dem Geld macht, ist seine Sache. Er kann es sprichwörtlich
aus dem Fenster werfen, er kann es auch ins Casino tragen und verspielen. Aber
der Politiker Sobotka, der ÖVP-Finanzlandesrat in Niederösterreich, der auf die
Republik vereidigt ist, so wie wir alle, darf nicht einmal daran denken, mit
dem Steuergeld der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher zu spielen
und zu gambeln. Das ist Tatsache, meine Damen und Herren! (Beifall bei der
SPÖ.)
Ich darf ein
kurzes Zitat aus dem Landtagsbeschluss darbringen, damit hier einmal
klargestellt wird – auch für jene Leute, die jetzt fernsehen und
zuhören –, dass nie von Aktienspekulationen die Rede war. (Abg. Dr. Stummvoll: Das Parlament als Fernsehshow!) Ich darf zitieren,
meine Damen und Herren:
„Mit Qualität von
hervorragender bis guter Finanzkraft sollen diese Gelder veranlagt
werden.“ – Hier steht kein Wort von Aktienspekulationen. Keine Rede davon!
Das Geld sollte sicher, also risikoarm veranlagt werden und nicht risikoreich,
weil es ja schließlich wiederum der Bevölkerung zugute kommen soll.
Aber unglaubliche
40 Prozent von diesem Geld wurden höchst unsicher und risikoreich angelegt
und – Tatsache! – verspielt. Wissen Sie, was das gewesen wäre? Das
wären 15 000 Wohnungen gewesen, das wären 1 000 Einfamilienhäuser
gewesen. Wie viele – das frage ich Sie – Lehrstellen wären das für
die niederösterreichischen Jugendlichen gewesen? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Warum haben Sie zugestimmt? Sie haben zugestimmt!)
Zur Erinnerung,
Herr Kollege Stummvoll: 800 junge Leute haben im Moment keine Lehrstelle,
8 000 junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren in
Niederösterreich haben keine Arbeit. Seit 1998 steht im ÖVP-Wahlprogramm immer
wieder: Jedem Jugendlichen eine Lehrstelle! Niemand soll auf der Straße
stehen! – Wir schreiben das Jahr 2003, in vier Tagen ist Wahl, und es
werden von Monat zu Monat mehr, die ohne Arbeit dastehen, und das haben Sie zu
verantworten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Sie reden wider besseres
Wissen!)
Wieso haben Sie
den Lehrlingspaketen, die die niederösterreichischen Sozialdemokraten eingebracht
haben, nie zugestimmt? Sie hätten Möglichkeiten dazu gehabt. Die
8 000 jungen NiederösterreicherInnen werden sich bei Ihnen bedanken.
Ich sage Ihnen
noch etwas zur Jugend: Wir brauchen in diesem Wahlkampf kein giftiges Spielzeugmaxerl,
das ausschaut wie der „Lowlander“ Pröll, wir brauchen Arbeitsplätze für unsere
jungen Leute! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Schlusssatz, Frau Abgeordnete.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 24 |
Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (fortsetzend):
Wir brauchen auch keinen Aktienspekulanten.
Ich komme jetzt
zum Schlusssatz: Dieser lange, kalte, glatte Winter soll jetzt endlich vorbei
sein. Wir brauchen einen warmen und sozialen ...
10.03
Präsident Dr. Andreas Khol: Ihre Redezeit ist erschöpft, Frau
Abgeordnete. (Zwischenrufe bei der
SPÖ. – Beifall bei der SPÖ für die das Rednerpult verlassende Abg. Heinisch-Hosek. – Abg. Dr. Jarolim: Das ist beschämend!)
Nächste Rednerin
ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist eine Schande! – Weitere Zwischenrufe bei der
SPÖ.)
Bitte sprechen
Sie, Frau Abgeordnete.
10.04
Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident!
Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich darf Ihnen folgenden Briefwechsel zur
Kenntnis bringen. Der freiheitliche Klubobmann Franz Marchat schrieb am
5. März dieses Jahres an die SPÖ-Abgeordneten:
„Sehr geehrte
Kolleginnen und Kollegen! Durch die Veranlagungsform des zuständigen Regierungsmitgliedes
Landesrat Wolfgang Sobotka entsteht für den niederösterreichischen Steuerzahler
großer beträchtlicher Schaden. Es wäre daher nur logisch, dass der zuständige
Landesrat in einer Sondersitzung des Niederösterreichischen Landtages den
Abgeordneten Rede und Antwort steht. Für die Einberufung einer Sondersitzung
sind 14 Unterschriften von Abgeordneten notwendig. Ich ersuche Sie daher,
unseren Antrag mit Ihrer Unterschrift zu unterstützen.“
Antwort am
11. März 2003, SPÖ-Klubobmann Sacher an den freiheitlichen Klubobmann:
„Sehr geehrter
Herr Klubobmann! Du hast Dich schriftlich an die Abgeordneten des SPÖ-Landtagsklubs
mit dem Ersuchen um Unterstützung eines Antrages auf Abhaltung einer Sondersitzung
des Niederösterreichischen Landtages zur Behandlung der Veranlagung der Erlöse
aus dem Verkauf der Wohnbauförderungsdarlehen des Landes Niederösterreich
gewandt.
Ich darf Dir
namens der SPÖ-Landtagsabgeordneten mitteilen, dass wir derzeit, insbesondere
wenige Wochen vor Ende der Legislaturperiode, keine Veranlassung sehen, eine
derartige Sondersitzung durchzuführen.“ (Beifall
bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Scheibner:
Aha!)
Es folgen einige
Begründungen, und dann geht es weiter: „Für den Landtag als gesetzgebende
Körperschaft einerseits und als Kontrollorgan der Landesregierung andererseits
besteht daher aus unserer Sicht kein Handlungsbedarf.“ (Abg. Scheibner: Da schau
her! Das ist ein ordentlicher Widerspruch!)
So geht es nicht,
meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ! So ist das nicht möglich! (Beifall
bei den Freiheitlichen.) Ich
kann Ihnen sagen, es hat überhaupt keinen Sinn, nämlich keinen Sinn für das
Land Niederösterreich, dass Sie hier den wilden Mann markieren, dass Sie hier
die Muskeln spielen lassen, wenn Sie andererseits in Niederösterreich von einem
völligen Mangel an Mut gekennzeichnet sind und sich aus Angst vor der ÖVP davor
scheuen, Ihre Rechte und Ihre Verpflichtungen gegenüber dem Landesbürger
wahrzunehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Es sind dieser
Mangel an Mut und die Unterwürfigkeit, die sich durch Ihre gesamte Politik
ziehen und die es der ÖVP erst ermöglichen, das zu tun, was sie tut, nämlich zu
herrschen anstatt wirklich demokratisch zu gestalten, jede Diskussion, die
unliebsam ist, im Keim zu ersticken und abzuwürgen. Es ist Ihre Verantwortung,
es ist Ihre Schuld, dass die ÖVP ihre eigenen Interessen mit jenen des Landes
gleichsetzen kann.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 25 |
Nun zum aktuellen
Thema: Tatsache ist, dass Landtag und Landesregierung dem Landesfinanzreferenten
den Auftrag gegeben haben, die Wohnbauförderungsdarlehen zu verkaufen und den
Erlös zu verwerten. Tatsache ist, dass in einem Beirat – und dazu komme
ich noch –, in dem wir nicht vertreten waren, Sie (in Richtung SPÖ) aber sehr wohl, über die Art der Veranlagung einstimmig
entschieden worden ist. (Abg. Parnigoni: Das stimmt überhaupt nicht!)
Tatsache ist, dass
durch diese Veranlagungen mittlerweile ein Schaden von
270 Millionen € erwirtschaftet wurde. Das ist ein Schaden von –
ich sage es in Schilling, das ist immer noch ein bisschen besser
vorstellbar – 2 500 S pro niederösterreichischen Landesbürger,
vom Baby bis zum Greis. Herr Sobotka – ohne jeden Zweifel – hat dafür
die Verantwortung zu tragen, diese Veranlagungen waren hoch spekulativ.
Öffentliche Gelder
zu 40 Prozent in Aktien zu veranlagen ist ein derart überraschendes Unternehmen,
dass man das im Finanzministerium – als ich dort rückgefragt habe –
gar nicht glauben wollte. (Abg. Parnigoni: Was sagen Sie da dazu, Herr
Staatssekretär? Das ist allerhand!) 40 Prozent in freiverzinslichen
Aktien zu veranlagen ist hoch spekulativ, und Herr Sobotka hat auch die Ernte
eingefahren: Er hat große Verluste produziert. (Abg. Parnigoni: Das ist
allerhand!)
Herr Sobotka ist
auch deshalb rücktrittsreif, weil absolut keine Einsicht besteht und Wiederholungsgefahr
gegeben ist. Als er darauf aufmerksam gemacht wurde, dass dies nicht das ist,
was man sich von einem Landesfinanzreferenten erwartet, hat er gesagt: Regt’s
euch net auf, i werd mein Schnitt schon machen! – Der Landesfinanzreferent
von Niederösterreich bedient sich der Sprache eines Börsenhais. Schon deswegen
sollte er dieses Amt nicht länger ausüben. (Demonstrativer Beifall bei der
SPÖ.)
Dennoch: Sie von
der SPÖ waren in diesem Beirat vertreten. Die Beamten Ihres Landesrates haben
das gewusst und haben ihn informiert oder auch nicht informiert. (Abg. Eder:
Wir haben ja keine Beamten dort! Lauter Schwarze!) Jedenfalls waren Sie mit
dabei.
So ist es eben in
Niederösterreich, so ist es dort in der gesamten Politik: Sie, denen die ÖVP
einen Platz am Katzentisch zuteilt, wo Sie immer wieder ein paar Brosamen
bekommen – jetzt in Vorwahlzeiten natürlich weniger –, tragen einfach
alles mit. Sie sind und bleiben die Ministranten der ÖVP-Allmacht, und das
werden auch keine Sondersitzung und keine Aktuelle Stunde hier im Nationalrat
zu verschleiern wissen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
10.09
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau
Abgeordnete Dr. Petrovic. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau
Abgeordnete.
10.09
Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär!
Hohes Haus! Es ist schon eine merkwürdige Debatte, wenn Sie, Herr
Staatssekretär, als Hauptargument gegen den Vorwurf, dass hier mit
öffentlichen Geldern spekuliert wurde und ein gewaltiger Verlust eingetreten
ist, anführen, in Wien sei etwas Ähnliches passiert.
Von der ÖVP kommt
quasi das Argument: Ätsch, die Wiener haben auch Geld auf Grund gesetzt. Und
der andere Vorwurf geht in Richtung Niederösterreich.
Tatsache ist, dass
Geld österreichischer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verwirtschaftet wurde,
dass die Potentiale für den künftigen Wohnbau geschmälert wurden. Wenn Sie,
Herr Staatssekretär, dazu sagen, dem sei nichts mehr hinzuzufügen, muss ich
sagen: Na servus, das ist eine schöne Einstellung! (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Die Debatte greift vor allem ein bisschen zu kurz, denn wir von den Grünen, die wir im Niederösterreichischen Landtag damals als einzige Partei dagegen gestimmt haben und dafür von Ihnen ziemlich mitleidig ausgelacht worden sind, haben immer verlangt, einmal auf einer sehr allgemeinen Ebene die Frage zu klären: Was sind öffentliche Aufgaben? Auch in der zurzeit laufenden GATS-Debatte wird vor allem von Seiten der ÖVP wieder argumentiert, alles müsse
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 26 |
privatisiert werden, alles müsse auf
den Markt geworfen werden, privat sei wunderbar, der Staat könne nicht
wirtschaften. – Da stelle ich in aller Form die Frage: Sagen Sie das
jetzt, nachdem 272 Millionen € – 4 Milliarden
Schilling – an niederösterreichischem Steuergeld verwirtschaftet worden
sind, auch noch? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Meine Damen und
Herren! Alle, die diesem Beschluss damals in Niederösterreich zugestimmt haben,
also die drei Fraktionen ÖVP, SPÖ und FPÖ, mussten, auch wenn damals nicht die
Details der Veranlagung klar waren, wissen, dass das mit einem gewaltigen
Risiko verbunden ist. 6 Prozent Rendite – das war versprochen
worden – bekommen Sie nicht mit einem normalen Sparbuch und auch nicht
mit Bundesschatzanleihen. Es war von vornherein klar, dass man das Geld der
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler riskiert, dass man eine Art Lotto damit
spielt. Es hat sich auch zum Schlechten gewandt: Das Risiko ist voll eingetreten!
Wenn ich heute,
meine Damen und Herren, aus Redebeiträgen der damaligen Landtagsdebatte
zitiere, dann hoffe ich, dass in Zukunft dieses Haus mit öffentlichen Geldern
nicht mehr so leichtfertig umgeht, sondern dass diese Debatte vielleicht in
Erinnerung bleibt. (Beifall bei den Grünen.)
Der freiheitliche
Abgeordnete Rambossek sagte am 28. Juni 2001 im Niederösterreichischen
Landtag: eine „zukunftsorientierte und nachhaltige ... Bewirtschaftung“,
es käme zu Zusatzeinnahmen von 1,7 bis 2,3 Milliarden. – Bravo, das
Gegenteil ist eingetreten!
Abgeordnete
Schittenhelm, ÖVP: „ein historischer Finanzschritt“, es werde ein „riesiges
Plus von zwei Milliarden Schilling zurückfließen“. – Das Minus war noch
riesiger, es war nämlich doppelt so hoch! (Zwischenruf
des Abg. Öllinger.)
Ich muss auch an
die Adresse der SPÖ sagen: Sie haben dieser Maßnahme zugestimmt, und, wie
gesagt, 6 Prozent bekommt man nicht auf dem Sparbuch, und es war sehr wohl
so, dass über die rechtliche Struktur auch der Sekretär von Landesrat Knotzer
in die Veranlagung dieser Mittel eingebunden war.
Der Einzige, der
damals warnende und mahnende Worte angemeldet hat, war der grüne Abgeordnete
Martin Fasan, der gesagt hat, er befürchte, dass es nicht zu einem großen Plus
käme. Er hat darauf hingewiesen, dass auch die Gefahr bestünde, dass ein
gewaltiges Minus herauskommt. – Das hat sich leider aktualisiert.
(Beifall bei den Grünen.)
Fasan hoffe, „dass
bei diesem Verwertungsmodell nicht das Risiko größer ist als die Hoffnung auf
die immer wieder genannten zwei Milliarden Schilling“. „Denn das wäre natürlich
schon eine sehr, sehr unangenehme Situation.“ (Präsident Dr. Khol
gibt das Glockenzeichen.)
Meine Damen und
Herren! Öffentliche Mittel können nicht in Casino-Manier, in Lotto-Manier
veranlagt werden. Vielleicht lachen Sie in Zukunft nicht mehr über die
Argumente der Grünen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
10.15
Präsident Dr. Andreas Khol: Neuerlich zu Wort gemeldet hat sich
Herr Staatssekretär Finz. Er hat, so wie alle Debattenredner, 5 Minuten
Redezeit. – Bitte, Herr Staatssekretär.
10.15
Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus!
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich absichtlich noch nicht zur Veranlagungsstrategie
geäußert, weil ich sie jetzt im Einzelnen darlegen möchte.
Die
Landesregierung war von Haus aus in alle Beschlüsse eingebunden. Der Landtag
war von Haus aus mit beteiligt. Die Veranlagungsstrategie wurde im Beirat nach
Vorlage von Expertengutachten gebilligt. (Abg.
Eder: Das hat der Pröll auch
gewusst? – Abg. Öllinger: Wer
trägt die Verantwortung?)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 27 |
Die
Veranlagungsstrategie – und das ist jetzt das Wesentliche – ist auf
eine Mindestveranlagungsdauer von zehn Jahren ausgelegt. Es ist eine
längerfristige Veranlagungsstrategie, weil man genau weiß, dass es in dieser
Zeit Kursschwankungen gibt, und auf diese Kursschwankungen beziehungsweise
Wertschwankungen des Gesamtfonds in der Anfangsphase bei der damals schon
absehbaren Entwicklung der Aktienkurse wurde hingewiesen. Es wurde extra angeführt,
dass eine Schwankungsbreite von 10 Prozent möglich ist. Und das ist jetzt
eingetreten.
Aber bitte, es
wird erst am Ende abgerechnet, und ich bin überzeugt davon, dass dieser langfristige
Ertrag von 6 Prozent mit diesen verbreiterten Absicherungen sicherlich
erreicht wird. (Abg. Öllinger: Keine Märchenstunde bitte!)
Es waren Asset
Manager eingebunden, unter anderem auch von der Bank Austria, es gab
Empfehlungen von unabhängigen Anlageberatern, und abgerechnet wird erst am
Schluss! Eine derartige Kursschwankung bei den Aktienkursen in der Anfangsphase
hat in dieser Form niemand erwartet. Es hat zum damaligen Zeitpunkt auch
niemand voraussehen können, dass ein Irak-Krieg einsetzen wird. Es handelt sich
aber nur um buchmäßige Verluste. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
10.17
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr
Abgeordneter Dr. Spindelegger. Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit beträgt
5 Minuten.
10.17
Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine
Damen und Herren! Lassen Sie mich in fünf kurzen Punkten darlegen, wie die
Situation ist.
Erster Punkt: Zur
Verwirrung, die hier von der SPÖ ausgestreut wird – Geld wäre ins Casino
getragen worden, verwirtschaftet worden: Tatsache ist, meine Damen und Herren,
das Geld ist langfristig angelegt. Es gibt auch keinen Verlust, weil die
Wertpapiere gar nicht verkauft werden. Bleiben Sie bei den Tatsachen, meine
Damen und Herren, nichts ist diesbezüglich passiert! (Beifall bei der ÖVP.)
Zweiter Punkt: Die
Verunsicherung der Bürger, die Sie jetzt betreiben, ist völlig unnötig. (Abg. Dr. Wittmann: Das Geld ist weg!) Kein Niederösterreicher, der ein
Wohnbaudarlehen in Anspruch nimmt, wird durch diese Transaktionen
beeinträchtigt. Ganz im Gegenteil! Erst vor wenigen Wochen hat die
Niederösterreichische Landesregierung 9 936 Wohneinheiten mit einem
Wohnbauförderungsdarlehen bedacht. – Meine Damen und Herren! Das ist
Politik in Niederösterreich, das ist ein Konjunkturmotor in Niederösterreich. (Beifall
bei der ÖVP.) Hören Sie auf, die Leute zu verunsichern! Kein
Wohnbauförderungsnehmer wird in irgendeiner Weise beeinträchtigt.
Zu Ihren
rechtlichen Bedenken – der dritte Punkt –: Sie streuen hier aus, das
wäre alles verfassungswidrig, das wäre wirtschaftlich nicht in Ordnung.
Geschätzte Damen und Herren! Alles wurde durchleuchtet, alles wurde beurteilt.
Der Landesrechnungshof hat sich die ganze Thematik detailliert angesehen.
Ergebnis: Es liegt kein rechtliches Bedenken vor!
Auch der
Bundesrechnungshof hat die ganze Angelegenheit geprüft: keine rechtlichen Bedenken!
Meine Damen und Herren! Eine Wirtschaftstreuhänderkanzlei, KPMG, ein guter Name
in Österreich, hat alles von A bis Z durchgesehen und durchleuchtet. Ergebnis:
Es gibt keine Beanstandung!
Meine Damen und
Herren! Wovon sprechen Sie? Sie reden von verfassungsrechtlichen Bedenken.
Aber es gibt sogar ein Gutachten von Herrn Professor Mayer – von Ihnen
allen sehr geschätzt, oft zitiert; ich schätze ihn auch –, und auch er
hat festgestellt: Es gibt keine verfassungsrechtlichen Bedenken!
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 28 |
Hören Sie daher
damit auf, Gerüchte und Behauptungen in die Welt zu setzen, die in keiner Weise
den Tatsachen entsprechen. Es ist rechtlich in Ordnung, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der ÖVP.)
Vierter Punkt: die
Frage der Verantwortung. – Jawohl, wir stehen dazu, dass wir diese Veranlagungsform
langfristig gewählt haben, und sie wird auch Erfolg haben!
Sie stehen nicht zu Ihrer
Verantwortung: Drei Landesregierungsmitglieder stellt die SPÖ in
Niederösterreich. Sie haben alles gewusst, sie haben allem zugestimmt, meine
Damen und Herren, und heute wollen Sie den Eindruck erwecken, dass sie gar
nichts gewusst hätten! Meine Damen und Herren, wenn Ihre
Landesregierungsmitglieder nicht in der Lage sind, Regierungsbeschlüsse vorher
zu lesen und nach ihrer Zustimmung auch mitzuverantworten, dann haben sie in
der Landesregierung auch nichts verloren – ich darf das in dieser Schärfe
sagen. (Abg. Dr. Wittmann: Das
bestimmt der Wähler!) Stehen Sie daher auch zu Ihrer Verantwortung! (Beifall
bei der ÖVP.)
Damit komme ich
zum fünften Punkt, der für mich politisch gesehen der wichtigste ist: Sie haben
in diesem Landtagswahlkampf mit keinen Argumenten aufwarten können. Landauf,
landab gab es von Ihnen keine Vorschläge, und es gab von Ihnen in diesem Land
auch keine Präsenz. – Jetzt, vier Tage vor der Wahl, kommen Sie hierher
ins Hohe Haus und versuchen, den Nationalrat als Bühne zu verwenden, indem Sie
Landesrat Sobotka (Abg. Dr. Wittmann: 3,7 Milliarden Schilling
sind weg!) und Landeshauptmann Pröll persönlich anzugreifen und zu
diffamieren versuchen. Meine Damen und Herren, das ist eine wirklich schlechte
Methode! (Beifall bei der ÖVP.)
Diffamierung und
persönliche Angriffe – vielleicht sind Sie auf diesem Gebiet gut, ich weiß
es nicht – sind etwas, was wir grundsätzlich ablehnen. (Abg. Dr. Wittmann: 3,7 Milliarden Schilling
sind weg!) Was Sie Landesrat Sobotka hier vorwerfen, meine Damen und
Herren, ist in keiner Weise gerechtfertigt! Wolfgang Sobotka hat ein
zukunftsorientiertes, langfristiges Veranlagungsmodell gewählt, und er will
gewährleisten, dass in Niederösterreich auch zukünftig jedes
Jahr 2 Milliarden Schilling an Wohnbauförderungsmitteln für die niederösterreichischen
Häuslbauer zur Verfügung stehen. – Da sagen Sie, das sei schlecht? –
Ich sage Ihnen: Das ist gut, denn das wollen die Niederösterreicher so! (Beifall
bei der ÖVP.)
Herr Landesrat
Sobotka hat durch diese Veranlagungsform, die langfristig einen guten Ertrag
bringen wird, gewährleistet, dass jeder Häuslbauer in Niederösterreich, der ein
Wohnbauförderungsdarlehen bekommt, ein Prozent Zinsen pro Jahr bezahlen
muss – ein Prozent, meine Damen und Herren! Schauen Sie einmal auf dem
Kapitalmarkt, was Sie heute bei einer Bank an Zinsen bezahlen: Wesentlich
mehr! – Das ist gute niederösterreichische Politik, meine Damen und
Herren, und ich stehe dazu, dass wir einen Landesrat in Niederösterreich haben,
der hervorragende Strategien für die Zukunft gewählt hat! (Beifall bei der
ÖVP.)
Auf das, was Sie
heute geboten haben, meine Damen und Herren, werden sich die Niederösterreicher
für den Sonntag einen Reim machen. Keine Argumente, sondern persönliche
Diffamierungen – das ist kein Wahlprogramm, meine Damen und Herren! (Beifall
bei der ÖVP.)
10.22
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gemeldet
ist nunmehr Frau Abgeordnete Schasching. Redezeit: 5 Minuten. –
Bitte, Frau Abgeordnete.
10.23
Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident!
Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Spindelegger, auch wenn Sie diese
Angelegenheit noch so sehr schönreden, die Fakten bleiben so, wie sie sind:
300 Millionen € wurden verspielt, und das sind Gelder (Abg. Dr. Spindelegger: Das entbehrt jeder Grundlage!), die in diesem
wunderschönen Land Niederösterreich (Abg.
Dr. Stummvoll: Das ist die Unwahrheit!)
und auch in der niederösterreichischen Wohnbauförderung sehr wohl abgehen (Abg. Dr. Spindelegger: Das ist die Unwahrheit!), Herr Kollege
Spindelegger, auch wenn Sie diese Angelegenheit noch so sehr schönreden!
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 29 |
Das fehlt den
Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern, und das gilt es hier heute aufzuzeigen,
und deshalb ist das heute unser Thema: die Veranlagungsformen und die künftige
Einschränkung dieser Spekulationen. Es geht dabei nämlich um die
Wohnbauförderung, die jeder Häuslbauer kennt: Jeder weiß, dass er diese Gelder
zur Wohnraumschaffung braucht und dass diejenigen, die diese Gelder zu
verwalten haben, damit genauso sorgsam umgehen sollen, wie das jeder Häuslbauer
auch tun muss. Auch dieser kann sein Geld nicht ins Casino tragen, um dort zu
versuchen, noch mehr zu lukrieren. Das ist keine Methode!
Geschätzte Damen
und Herren! Im Niederösterreichischen Landtag gab es zwar den Beschluss, diese
Gelder zu veranlagen, aber sicher zu veranlagen, und zwar in
bester bis guter Bonität. Das wurde – Kollege Stummvoll hat das hier
offensichtlich bewusst falsch dargestellt – genau so beschlossen: In guter
bis bester Bonität sollte veranlagt werden.
Wenn Sie uns hier
glauben machen wollen, Kollegin Rosenkranz, das sei nicht debattiert worden
oder von der SPÖ Niederösterreich nicht zur Diskussion gestellt worden, dann
muss ich Sie darüber informieren, dass sehr wohl in drei Landtagssitzungen
darüber diskutiert wurde und dass die SPÖ Niederösterreich das in drei
Landtagssitzungen aufgezeigt hat. (Abg. Scheibner:
Warum waren Sie gegen eine Sondersitzung? Warum waren Sie gegen die
Sondersitzung? War es Ihnen zu wenig wichtig?)
Was ist
geschehen? – Sobotka hat in einem Alleingang (Abg. Scheibner: Aber eine
Sondersitzung hätten Sie doch machen können!), in einer abgehobenen,
selbstherrlichen Art – wie sie die ÖVP Niederösterreich leider
pflegt – ein ganz besonders gefährliches Spiel mit diesen Geldern
getrieben: Eine Vorgangsweise, bei der 40 Prozent in Aktien veranlagt
wurden – wir haben es heute bereits mehrmals gehört –, hat zu diesen
Verlusten geführt! – Das ist eine haarsträubende, leider wahre Geschichte (Abg. Wittauer:
Die Sie mitzuverantworten haben!), und sie zeigt das Sittenbild der
selbstherrlich agierenden ÖVP Niederösterreich und deren Verantwortung! (Beifall
bei der SPÖ.)
Sehr geehrte Damen
und Herren! Was alles könnte mit dem nun verspielten Geld im schönen
Niederösterreich geschaffen werden! Ich denke etwa nur an meine Heimatgemeinde
Neulengbach, eine wunderschöne Stadt im Wienerwald. (Abg. Jakob Auer: ... des
Bürgermeisters!) Auch sie ist leider durch das Wirtschaften einer
ÖVP-Mehrheit verschuldet. Herr Staatssekretär Finz, auch das ist eine
ÖVP-Gemeinde, die leider schwer verschuldet ist. Was hätten wir dort alles an
Positivem schaffen können! Wir hätten die Errichtung einer Park-and-Ride-Anlage
(Abg. Mag. Mainoni: ... nicht im Parlament!), auf die wir schon lange
warten, endlich umsetzen können. Aber auch ein Pensionistenheim, das dort
fehlt, und neue Sportanlagen, die wir dringend brauchen – all das hätte
um diese vielen Millionen durchaus schon geschaffen werden können! (Abg. Wittauer:
Das müssen Sie im Niederösterreichischen Landtag ..., aber nicht im
Parlament!)
Genau dort im
schönen Neulengbach werde ich morgen mit Landeshauptmann-Stellvertreterin Onodi
den Spatenstich zu einer neuen Wohnhausanlage durchführen – einer
Wohnhausanlage, die mit diesen Geldern, die jetzt fehlen, die jetzt nicht mehr
da sind, die verspekuliert wurden, 40 Mal errichtet werden hätte können! –
Dafür, geschätzte Damen und Herren, sollten diese Gelder eingesetzt werden, und
nicht dafür, sie am freien Markt zu verjuxen! (Beifall bei der SPÖ.)
Die Verantwortung
liegt klar auf der Hand (Abg. Wittauer: Da wäre eine Sondersitzung im
Niederösterreichischen Landtag besser gewesen, aber nicht im Parlament
hier ...!): Der ÖVP-Mann Sobotka hat eindeutig gegen die Prinzipien
der Finanzpolitik verstoßen. Und da fehlt es auch an Entschlusskraft auf Seiten
des Herrn Landeshauptmannes Pröll, der hier sagen müsste: Stopp! Hier nicht
weitermachen! Hier zurücktreten, denn das schadet dem Land!
Aber auch hier spielt man uns ein Theater vor, auch hier lässt man uns glauben, der Landeshauptmann hätte alles in der Hand. Auch hier spielt er uns das gleiche Theater vor wie bei der Regierungsbildung vor wenigen Wochen, als er sich hinstellte und sagte: Ich bin ja gegen Schwarz-Blau!, aber seine 17 niederösterreichischen ÖVP-Mandatare stimmten sehr wohl zu.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 30 |
Er lässt uns glauben, er wäre für eine
andere Art von Politik, aber in Wahrheit steht er dafür! – So agiert nur
jemand, der damit rechnet, dass die Menschen kein Gedächtnis haben. (Beifall
bei der SPÖ.)
So agiert nur
jemand, der glaubt, sich alles erlauben zu können, wie zum Beispiel – das
ist heute in den „Salzburger Nachrichten“ zu lesen – einen Wohnungskauf
und später dann einen Rückkauf um ein Vielfaches über seine Versicherung.
Geschätzte Damen
und Herren! Schauen Sie sich das an, auch das ist ein Skandal! (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)
Zu dieser
Großmannssucht und Spekulationspolitik in Niederösterreich werden wir ein
starkes Gegengewicht brauchen. Daher machen wir den Menschen in
Niederösterreich das Angebot, ...
Präsident Dr. Andreas Khol:
Frau Abgeordnete,
ist das Ihr Schlusssatz?
Abgeordnete Beate Schasching (fortsetzend): Ich komme
damit zum Schlusssatz: Daher machen wir den Menschen in Niederösterreich das
Angebot, mit unserer Heidemarie Onodi dafür zu sorgen, dass dieses Land bunt
bleibt – denn Niederösterreich ist zu bunt, um schwarz zu sein! (Beifall
bei der SPÖ.)
10.28
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort ist nunmehr
Herr Abgeordneter Wattaul gemeldet. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte,
Herr Abgeordneter. (Abg. Öllinger: Zur Sache, Kollege Wattaul!)
10.28
Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Heute seid nicht
ihr dran, Kollege Öllinger, ihr wart schon am vergangenen Mittwoch dran!
Mittlerweile weiß jeder Niederösterreicher, dass Frau Petrovic nach
Niederösterreich abgeschoben werden soll. Das wissen wir jetzt schon alle, und
das wissen auch alle Niederösterreicher!
Nun komme ich auf
die Roten zu sprechen. Die haben es heute auch geschafft (Abg. Mag. Kogler: Zur
Sache!), das Parlament zu missbrauchen und den Landtagswahlkampf ins
Parlament zu tragen. Offensichtlich habt ihr nach der am Sonntag
stattgefundenen Fernsehdiskussion kein Vertrauen mehr zur SPÖ
Niederösterreich! (Abg. Parnigoni: Bist du auch ein „blauer
Hecht“?) Ich kann euch das nicht verdenken. Aber jetzt das Parlament für
Wahlwerbung zu missbrauchen, finde ich nicht in Ordnung. (Beifall bei den
Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Außerdem müsstet
ihr doch auch gesehen haben, dass sich die Grünen mit der Sondersitzung vorige
Woche selbst ins Knie geschossen haben. (Abg. Öllinger: Zur Sache!) – Jawohl!
Damit komme ich nun
auf die Veranlagung des Herrn Landesrates Sobotka zu sprechen. (Abg. Scheibner –
auf Abg. Öllinger weisend –: Er braucht gar nicht „Zur Sache!“ zu
sagen!)
Ich habe mir
Folgendes überlegt: Was wäre, wenn ich als Unternehmer, als Anton Wattaul, so
handeln würde? (Oje-Rufe bei den Grünen.)
Soll ich Ihnen sagen, was dann wäre? – Ich wäre wahrscheinlich in Konkurs
und stünde vor dem Konkursrichter. (Abg. Parnigoni: Richtig! Richtig!)
Was aber passiert
mit Herrn Sobotka, der immerhin 10 000 Wohnungen verspekuliert
hat? – Die Konsequenz davon ist: Herr Sobotka ist noch im Amt, wird
wahrscheinlich am Sonntag Wahlsieger sein, und als kleines Dankeschön wird er
noch eine Pension von 83 000 S netto zu erwarten haben. – So
viel zur Politikerverantwortung in Niederösterreich unter Herrn Dr. Erwin
Pröll. Das muss hier einmal gesagt werden! (Beifall bei den Freiheitlichen,
demonstrativer Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie ironische Heiterkeit
bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)
Da Rot und Grün in Niederösterreich keine Opposition sind, gibt es nur mehr eine Fraktion, und das ist die freiheitliche Fraktion, die wirklich Opposition machen kann. (Beifall bei den Freiheit-
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 31 |
lichen. –
Abg. Parnigoni: Jetzt kommt der
„Hecht“!) Und ich sage Ihnen: Demokratie lebt davon! Missstände wie in
Niederösterreich wären sonst nicht möglich!
Schauen Sie sich
einmal die Straßenverwaltung an: Wenn nicht Ihr Großvater schon ein Schwarzer
war, werden Sie nie und nimmer einen Job in Niederösterreich bekommen! (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten
der SPÖ. – Lebhafte Heiterkeit des Abg. Mag. Kogler.)
Oder schauen Sie
sich die Schulen an: Die sind zwischen Rot und Schwarz aufgeteilt! Niederösterreich
ist ein Parteienstaat! Ich sage ja gar nicht, dass da auch ein Freiheitlicher hineinkommen
soll, sondern es sollen ganz einfach alle normalen, anständigen, ordentlichen
Bürger dieselben Chancen haben, einen Job zu bekommen. (Beifall der
Abgeordneten Mag. Mainoni und Wittauer.)
Die
Niederösterreicher haben am Sonntag die Wahl (Abg. Brosz: Herr Präsident, aber keinen Ordnungsruf erteilen für diese
Rede!): Sie können sich für einen Parteienstaat entscheiden oder
aber für Freiheit – Freiheit für Niederösterreich! (Beifall bei
Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten
der SPÖ und der Grünen.) Wir als Freiheitliche garantieren eine
ordentliche Oppositionsarbeit!
Ich weiß, das
waren jetzt Wahlkampfsprüche. Aber Sie haben den Wahlkampf ins
Parlament getragen, und ich hoffe, es ist für Sie eine Lehre (Abg. Öllinger:
Das ist aber nicht gut für das Koalitionsklima!): Im Hohen Haus hat
Wahlkampf nichts verloren! Das möchte ich hier ganz klar und deutlich sagen. (Beifall
bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Ich beende meine
Rede mit dem Appell: Liebe Niederösterreicher! Lösen Sie sich von der
Parteienumklammerung! Freiheit für Niederösterreich! (Beifall bei den
Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ und der
Grünen.)
10.32
Präsident Dr. Andreas Khol:
Als letzter Redner in der Aktuellen Stunde zu Wort gemeldet ist Herr
Abgeordneter Mag. Kogler. Auch Sie haben 5 Minuten Redezeit, Herr
Abgeordneter. – Bitte. (Abg. Wittauer –
in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Kogler –:
„Freiheit für Niederösterreich!“ – Abg. Mag. Mainoni: Bitte
gleich anknüpfen!)
10.32
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr
Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Ja, Freiheit für Niederösterreich! (Bravo-Rufe
und demonstrativer Beifall des Abg. Wattaul.)
Ich möchte, bevor
wir wieder auf Niederösterreich zu sprechen kommen, kurz auf die Ausführungen
des Herrn Staatssekretärs eingehen und vielleicht zur Verwunderung meiner
Freundinnen und Freunde doch Folgendes feststellen: Er hat ja grundsätzlich nicht
Unrecht damit, dass die Grenze zwischen Risikoveranlagung und sicherer
Veranlagung eine fließende ist. Ein Risiko definiert sich eben dadurch, dass
vorher nicht klar ist, wie hoch es ist, dass es mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit dann aber allenfalls schlagend werden kann. Das ist ein
natürlicher Widerspruch in jedem Veranlagungsszenario.
Es leitet sich daraus in Wahrheit aber eine ganz andere Frage ab. Mit diesem Argument – einer Binsenweisheit noch dazu – können Sie sich nämlich nicht hinwegschwindeln angesichts der Dimensionen, die hier zur Diskussion stehen, weil hier mit Geld von BundessteuerzahlerInnen – von BundessteuerzahlerInnen, wohlgemerkt, und deshalb ist die Debatte hier im Nationalrat angebracht – nicht nur auf Sand gebaut wurde, sondern dieses vermutlich letztlich in den Sand gesetzt wurde, und zwar in einer Dimension von 278 Millionen €. Das ist für mich deshalb erwähnenswert, weil die jährlichen Bundeszuschüsse allein zur Wohnbauförderung für Niederösterreich „bloß“ 300 Millionen € ausmachen. Es ist Ihnen beziehungsweise zumindest Ihrem Landesrat, den Sie hier so eifrig verteidigen, gelungen, diese Summe der in einem Jahr von allen österreichischen SteuerzahlerInnen gewährten Zuwendungen jedenfalls einmal sehr, sehr, wie Sie sagen, risikoreich – andere sagen: hoch spekulativ – auf Sand zu setzen; zunächst auf
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 32 |
Sand zu setzen.
Um diese Sache können Sie nicht herumschwafeln. (Beifall bei den Grünen und
bei Abgeordneten der SPÖ.)
Herr Kollege
Spindelegger! Sie haben erwähnt, dass in Niederösterreich alles so super sei,
weil man ja nur 1 Prozent Darlehenszinsen für Wohnbauförderung bezahlen
würde. – Ich bitte Sie: Verwirren Sie doch die Leute nicht noch
zusätzlich – oder ich weiß nicht, was Ihre Absicht war. Das ist doch das
Wesen der Wohnbauförderung, dass solche Konstruktionen gemacht werden! Sie
nehmen den Sinn der Sache, stellen ihn hierher und sagen: Das ist eine
wunderbare Erfindung der ÖVP, und das funktioniert jetzt! – Gar nichts
funktioniert, weil nämlich Zehntausende durch Ihr Verhalten in
Niederösterreich jetzt nicht in den Genuss dieser Förderung
kommen! Das ist doch das Problem! (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Spindelegger:
Das ist ja völlig falsch!)
Ich kann Ihnen gar
nicht unterstellen, dass Sie selbst die Sache nicht durchschauen, daher kann
ich nur mutmaßen, dass Sie hier mit voller Absicht Ursache und Wirkung zum
Zwecke der Vernebelung verwechselt haben. (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten der SPÖ.)
Es hätte auch
anders gehen können. Nehmen wir das Beispiel Oberösterreich: Dort ist in einem
Vier-Parteien-Konsens, muss man fast sagen, jedenfalls auch auf Anraten und
unter Beteiligung der Grünen, ein anderer Weg gewählt worden. Dort sind auch
Wohnbaudarlehen verkauft worden. Dort hat man aber gesagt – ich zitiere
wortwörtlich –: Da die Entwicklung am Kapitalmarkt vorerst nicht abzusehen
ist, gehen wir in Niederösterreich sicher nicht in diese Veranlagungsform! (Rufe
bei den Grünen: In Oberösterreich!) – Entschuldigung! Danke: Oberösterreich. –
Das war zu viel „Niederösterreich“.
Deshalb wäre
es – jetzt ist wieder „Niederösterreich“ richtig – Niederösterreich
auch gut angestanden, solch eine Vorgangsweise zu wählen! – Ihre
Ausflüchte hier, Herr Kollege Spindelegger und Herr Staatssekretär, sind
einfach durchschaubar. (Beifall bei den Grünen.)
Das kann man
deshalb nicht durchgehen lassen, weil das Argument, das Sie vorbringen, ja bedeuten
würde, dass nur deswegen, weil in vier Tagen Wahlen stattfinden, jetzt die
Wahrheit plötzlich nicht mehr ausgesprochen werden kann. Es gibt nämlich
Argumente, die trotz eines Wahlkampfes richtig sind, und Sie können das hier
nicht einfach umdrehen.
Niederösterreich –
um jetzt tatsächlich auf die dortigen Verhältnisse einzugehen – ist für
sich schon noch erwähnenswert, und zwar deshalb, weil dort, verglichen mit
anderen Bundesländern, besonders üble Zustände herrschen, was Machtpolitik
betrifft. Es ist in diesem Punkt das schlimmste Bundesland von allen. Dort kann
man erkennen, wie sich die Allmachtsphantasie der ÖVP zu einem gewissen
Allmachtsanspruch auswächst – und das sind die Ergebnisse davon! (Beifall
bei den Grünen.)
Was die Rolle der
FPÖ betrifft, so muss ich sagen: Es tut mir Leid, aber in Wahrheit haben wir
dort, so kommt es mir vor, eine ähnliche Situation wie im Bund: Wir haben eine
ÖVP-Alleinregierung mit ein paar hilflosen blauen Oppositions-Sprenkeln –
auch wenn die Rede des Kollegen Wattaul sehr amüsant war, aber das ist die
Situation! Erinnern wir uns an die letzte Legislaturperiode: eine Partei der Rosenstingls, eine
Partei der Gratzers. Als das alles aufgeflogen ist, waren die Damen und Herren
in Südafrika und in Brasilien flüchtig. – Das ist Ihre Situation! (Abg. Scheibner:
Wo sind Sie mit Ihren Leuten? Von Ihnen hört man gar nichts in Niederösterreich!
Sie sind unsichtbar!)
Mein Schlusssatz:
Schauen Sie, für dieses Land, für Niederösterreich, ist alles nützlich und hilfreich –
nur keine absolute Mehrheit der ÖVP! Und was die FPÖ dort tut, wird in Zukunft
nicht mehr interessieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der
SPÖ.)
10.37
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort ist niemand
mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 33 |
Einlauf und
Zuweisungen
Präsident Dr. Andreas Khol:
Hinsichtlich der
eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß
§ 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte
Mitteilung.
Die
schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:
A) Eingelangte
Verhandlungsgegenstände:
1. Schriftliche Anfragen:
220/J bis 223/J.
2. Anfragebeantwortungen:
42/AB bis 70/AB.
3. Regierungsvorlagen:
Bundesgesetz über Mediation in Zivilrechtssachen
(Zivilrechts-Mediations-Gesetz –ZivMediatG) sowie über Änderungen des
Ehegesetzes, der Zivilprozessordnung, der Strafprozessordnung, des
Gerichtsgebührengesetzes und des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001
(24 der Beilagen),
Strafprozessreformgesetz (25 der Beilagen),
Bundesgesetz, mit dem das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das
Gerichtsorganisationsgesetz 1896 geändert werden (26 der Beilagen),
Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das
Kartellgesetz 1988, das Versicherungssteuergesetz 1953, das
Versicherungsvertragsgesetz 1958, das Atomhaftungsgesetz 1999, das
Bundesgesetz über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz,
das Börsegesetz und das Bankwesengesetz geändert werden (VAG-Novelle 2003)
(27 der Beilagen),
Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Glücksspielgesetz, das
Kapitalmarktgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz
geändert werden (32 der Beilagen),
Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung, die
Ausgleichsordnung, das Insolvenzrechtseinführungsgesetz, das Bankwesengesetz
und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (Bundesgesetz über das
Internationale Insolvenzrecht – IIRG) (33 der Beilagen),
Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über
nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe
(Emissionshöchstmengengesetz-Luft, EG-L) erlassen sowie das Ozongesetz und
das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden (38 der Beilagen),
Exekutionsordnungs-Novelle 2003 –
EO-Nov. 2003 (39 der Beilagen),
Urheberrechtsgesetz-Novelle 2003 –
UrhG-Nov 2003 (40 der Beilagen).
B)
Zuweisungen:
1. Zuweisungen
seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100
Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:
Immunitätsausschuss:
Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien
(9eE Vr 9391/01, 095 Hv 5160/01s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des
Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Alfred Brader wegen des Verdachtes einer
strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 34 |
2. Zuweisungen in dieser Sitzung:
Verfassungsausschuss:
Antrag 71/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen
und Kollegen betreffend skandalöse personelle Unterausstattung des Büros der
Datenschutzkommission und damit auch des Büros des Datenschutzrates;
Verkehrsausschuss:
Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967
(22. KFG-Novelle) und die 4. Kraftfahrgesetz-Novelle geändert werden
(23 der Beilagen);
zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der
endgültigen Entscheidung des Ausschusses):
Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:
Wildschadensbericht 2001 des Bundesministers für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (III-18 der Beilagen);
Kulturausschuss:
Kunstbericht 2001 der Bundesregierung (III-19 der Beilagen),
Restitutionsbericht 2001/2002 der Bundesministerin für Bildung,
Wissenschaft und Kultur (III-21 der Beilagen).
*****
Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters gebe ich bekannt, dass der
Zweite Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an alle Mitglieder des
Nationalrates verteilt wurde.
Verlangen auf
Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 13/AB
Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung
teile ich Ihnen mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte
Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 13/AB der
Anfrage 15/J der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und
Kollegen betreffend Verkauf der bundeseigenen Wohnungen durch den Herrn
Bundesminister für Finanzen abzuhalten.
Diese kurze
Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach
Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.
Behandlung der
Tagesordnung
Präsident Dr. Andreas Khol: Es liegt der Vorschlag vor, die
Debatte über die Punkte 4 und 5 der Tagesordnung zusammenzufassen.
Wird dagegen eine
Einwendung erhoben? – Dies ist nicht der Fall.
Wir gehen daher in
die nunmehr unveränderte Tagesordnung ein.
Redezeitbeschränkung
Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde
Konsens über die Dauer der Debatten der Tagesordnung erzielt. Tagesblockzeit:
10 „Wiener Stunden“. ÖVP und SPÖ je 175 Minuten, Freiheitliche 120
sowie Grüne 130 Minuten.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 35 |
Weiters wurde
folgende Redezeitvereinbarung für die Debatten in der Zeit bis 14 Uhr, die
vom ORF übertragen werden, getroffen: Zunächst erfolgt die Erklärung des Herrn
Bundeskanzlers mit einer Redezeit von 20 Minuten, anschließend je eine
Wortmeldung pro Fraktion mit je 15 Minuten, dann eine Wortmeldung des
Herrn Vizekanzlers mit 10 Minuten, in weiterer Folge je eine Wortmeldung
pro Fraktion mit je 8 Minuten, danach Wortmeldungen von zwei weiteren
Regierungsmitgliedern mit je 5 Minuten und weiters je eine Wortmeldung pro
Fraktion mit je zirka 5 Minuten.
Sollte vor der
letzten Rednerrunde eine Redezeit von mehr oder weniger als 20 Minuten bis
14 Uhr übrig bleiben, wird diese Redezeit von dem den Vorsitz führenden
Präsidenten gleichmäßig auf die Fraktionen verteilt, wobei der den Vorsitz
führende Präsident darauf Bedacht nehmen wird, dass auch in der letzten
Rednerrunde alle Fraktionen zu Wort kommen.
Weiters besteht
Einvernehmen darüber, dass während der Zeit der Fernsehübertragung pro Fraktion
nicht mehr als eine Wortmeldung zur tatsächlichen Berichtigung vorgenommen
wird.
Es besteht ferner
die Absicht, die Sitzung von 13 Uhr bis 13.30 Uhr zu unterbrechen.
Wir kommen
sogleich zur Abstimmung
über diese in der Präsidialkonferenz einvernehmlich getroffene Vereinbarung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen können, um ein diesbezügliches
Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen, und wir
werden daher so vorgehen.
Erklärung des
Bundeskanzlers zum Thema „Europäischer Rat in Brüssel vom 20. bis
21. März 2003“
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur Erklärung des
Herrn Bundeskanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG zum Thema
„Europäischer Rat in Brüssel vom 20. bis 21. März 2003“.
Im Anschluss an
diese Erklärung wird entsprechend dem vorliegenden Verlangen von fünf
Abgeordneten eine Debatte stattfinden.
Am Wort ist
nunmehr der Herr Bundeskanzler.
10.41
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Als wir am 26. Februar die Situation im
Irak hier im Hohen Haus diskutiert haben, bestand noch eine – wenngleich
geringe – Hoffnung auf den Frieden. Vor einer Woche hat der Krieg
begonnen. Seit einer Woche fallen Bomben, sterben Menschen. Seit Tagen
demonstrieren aber auch Hunderttausende in allen Teilen der Erde für den
Frieden.
Nicht nur sie stellen sich viele Fragen, berechtigte Fragen – und
nicht immer halten die Antworten mit diesen berechtigten Fragen
Schritt –:
Wurde wirklich genug für den Frieden getan – in den internationalen
Institutionen, in den Staatskanzleien, in Bagdad selbst?
Warum sind so spät sinnvolle Kompromiss- oder Vermittlungsvorschläge auf
den Tisch gelegt worden – Vorschläge, die ja schon sehr lange vorher von
kleineren Ländern wie Irland oder größeren wie Kanada im UNO-Sicherheitsrat
diskutiert worden sind, wie etwa ganz konkrete Auflagen und Tests, die Saddam
Hussein hätte erfüllen sollen, und Fristen, die nicht ins Unendliche weisen,
sondern etwa mit einer Befristung von 30 Tagen eine sinnvolle Überprüfung
ergeben hätten?
Warum ist erst so spät der umfassende Bericht der
Waffeninspektoren – 83 Seiten, die die offenen Fragen an Saddam
Hussein und sein Regime enthalten – auf den Tisch gelegt worden?
Was bedeutet dieses Scheitern von politischen Vermittlungsversuchen für die Völkergemeinschaft, für die Vereinten Nationen? Was bedeutet dies für das Völkerrecht? – Ich verweise in
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 36 |
diesem Zusammenhang auf die Aussagen des sozialdemokratischen
Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, der erklärt
hat, dass die beiden Ausnahmegründe vom generellen Gewaltverzicht, von der
Ächtung des Krieges, wie sie in der UNO-Charta festgelegt sind, nämlich
einerseits das Recht auf Selbstverteidigung und andererseits die durch einen
UNO-Sicherheitsrats-Beschluss legitimierte Gewaltanwendung, wenn der
Weltfrieden bedroht ist, nicht mehr ausreichen. Er meint – und viele Völkerrechtler
glauben dies mit ihm –, dass jedenfalls seit dem Kosovo-Krieg und seit
Bosnien ein dritter Grund hinzugefügt wurde: Gewalt darf auch dann angewendet
werden, wenn eine humanitäre Katastrophe droht oder wenn nicht mehr Staaten die
Träger von Gewalt sind, sondern nichtstaatliche, terroristische oder kriminelle
Organisationen. Für viele Akteure passt dieses Staaten-Völkerrecht einfach
nicht mehr oder nicht zur Gänze, und es muss daher weiterentwickelt werden.
Es stellt sich
aber auch die Frage: Wie ernst nehmen wir Europäer selbst das Ziel und den Anspruch
einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, wenn sich beim ersten
wichtigen Test, im Falle des Irak, viele Mitgliedstaaten sofort in Gruppen
einteilen, ohne eigentlich eine gemeinsame Basis, den Konsens innerhalb der
europäischen Familie zu suchen – was vielleicht ein mühsamerer Weg, aber,
so glaube ich, der einzig richtige und der einzig zielführende europäische Weg
wäre, meine Damen und Herren?
Das und nichts
anderes haben wir, die österreichische Bundesregierung und die Außenministerin,
gemeint, als wir sagten, wir stehen da in der Mitte – natürlich nicht
zwischen einem Diktator und den Demokratien, aber wir stehen in der
europäischen Mitte auf dem Boden einer gemeinsamen Position, die wir gemeinsam
erarbeiten wollen, die wir gemeinsam entwickeln, die dem Frieden dient, die dem
Primat der Politik gewidmet ist, die aber zugleich auch die Entschlossenheit
in unserem Vorgehen gegen Terror und Diktatur zum Ausdruck bringt. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Wir dürfen nicht vergessen, dass es wohl seinen Grund hat, dass in
einem Land wie dem Irak mit etwa 20 Millionen Einwohnern bereits
4 Millionen Menschen zu Flüchtlingen geworden sind, dass dort Kriege ihren
Ausgang genommen haben, dass die eigene Bevölkerung, vor allem das leidgeprüfte
kurdische Volk, bereits einige Male zur Zielscheibe des Diktators geworden
ist.
Und darum, um
diese Friedenssehnsucht und diese Sehnsucht nach Sicherheit, die sich in den
Herzen und auch öffentlich bei vielen Menschen quer über den Kontinent
manifestiert hat, geht es! Es geht um die tiefe Sehnsucht der Generationen,
Frieden und Sicherheit mit anderen Mitteln als mit Gewalt zu verwirklichen. Und
wir Europäer haben eben Kriege erlebt – vielleicht nicht unsere
Generation, aber die Älteren, die Generation, die noch lebt, die heute ihren
verdienten Ruhestand genießt, hat Kriege erlebt. Sie hat auch die Folgen von
Kriegen erlebt, sie hatte in jeder Familie die Opfer zu beklagen. Viele andere
große Nationen, die Amerikaner etwa, hatten auf ihrem Territorium niemals etwas
Vergleichbares. Zugleich sollten wir Europäer – gerade wir
Europäer – aber auch sensibel, vielleicht auch sensibler, mit Diktatoren
umgehen, denn auch wir haben erlebt, was es bedeuten kann, wenn einem Diktator
nicht rechtzeitig von der Staatengemeinschaft in den Arm gefallen wird.
Ich glaube daher,
dass Europa in dieser Frage auch das Recht hat, sich zu äußern, und das Recht
ebenso wie die Verpflichtung und die Verantwortung, hier einen gemeinsamen Weg
zu gehen.
Krieg ist –
so steht es in der UNO-Charta – das letzte der politischen Mittel.
Letztlich ist Krieg das leidvolle Resultat einer gescheiterten Politik. Ich
meine, dieser Krieg wäre zu verhindern gewesen. Er wäre vor allem von Saddam
Hussein zu verhindern gewesen. Er hätte es in den letzten zwölf Jahren
jederzeit in der Hand gehabt, die 17 Resolutionen der Vereinten Nationen
zu erfüllen, nämlich durch Abrüstung seiner mehrfach eingesetzten Massenvernichtungswaffen.
Damit wären die über den Irak verhängten Sanktionen, die ja primär die
Bevölkerung getroffen haben, beendet worden, und es wäre der Krieg zu vermeiden
gewesen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 37 |
Der Weg zu diesem
Krieg, meine Damen und Herren – ich will das sehr offen aussprechen –,
ist letztlich auch eine Kette von vielen gravierenden politischen
Fehleinschätzungen: Saddam Hussein rechnete offensichtlich damit, sein Spiel im
Ausspielen der Staatengemeinschaft gegeneinander endlos fortsetzen zu können.
Die Amerikaner unterschätzten die Bereitschaft einiger Mitglieder des
Sicherheitsrates, bei ihrem kompromisslosen Nein zu einer militärischen Aktion
zu bleiben. Und diese wiederum unterschätzten die Entschlossenheit der USA, die
in der Resolution 1441 angedrohten schwerwiegenden Konsequenzen auch ohne
ausdrückliche Autorisierung des Weltsicherheitsrates in die Tat umzusetzen.
Der Weg zu diesem
Krieg ist daher auch eine Geschichte von Fehleinschätzungen und eines
Scheiterns der Politik. Ich glaube, dass wir uns das auch eingestehen und der
Öffentlichkeit gegenüber vertreten müssen, dass wir zugleich aber auch den
Menschen Mut machen und ihnen klarmachen müssen, dass wir eine Lehre ziehen aus
dieser Bitterkeit, die viele Menschen erfasst hat.
Noch etwas möchte
ich ansprechen: Die Medien spielen in diesem Krieg eine Rolle wie noch nie
zuvor in der Geschichte. Sie tragen den Krieg mit all seinen Grausamkeiten in
unsere Wohnzimmer. Auch hier sind wir gefordert, dafür zu sorgen, dass nicht
die Grenzen der Menschlichkeit und der Menschenwürde überschritten werden. Von
der notwendigen Information zur Bedienung der Schaulust, von der objektiven
Berichterstattung zur Manipulation, vom notwendigen Korrektiv zum Werkzeug der
Propaganda ist es oft nur ein kleiner Schritt.
Meine Damen und
Herren und liebe Zuseher an den Fernsehapparaten! Der Nationale Sicherheitsrat
hat in diesen Tagen – und das halte ich für sehr, sehr wichtig – eine
gemeinsame Linie Österreichs auf der Basis der Schlussfolgerungen des
Europäischen Rates, der in der Vorwoche stattgefunden hat, festgelegt. Damit
ist uns gemeinsam etwas sehr Wichtiges gelungen: Österreich spricht in dieser
kritischen Situation mit einer Stimme! (Allgemeiner Beifall.)
Das ist richtig,
das ist gut, und dafür möchte ich auch allen hier im Hohen Haus vertretenen
politischen Parteien ausdrücklich danken. Wenn es um derart fundamentale
Fragen des Weltfriedens, des Völkerrechts, der Sicherheit geht, dann brauchen
wir diesen rot-weiß-roten Konsens!
Und das ist kein
verwaschener Kompromiss. Wir haben auf dem Beschluss vom 29. Jänner aufgebaut
und uns, so glaube ich, mit Erfolg darum bemüht, die europäische Verantwortung
und unsere eigenen legitimen Sicherheitsbedürfnisse mit einzubinden. Wir halten
daran fest, dass militärische Aktionen die Ermächtigung des
Weltsicherheitsrates voraussetzen. Wir bekräftigen, dass das neutrale
Österreich an keinerlei militärischen Operationen gegen den Irak beteiligt sein
wird und auch keine Überflugsrechte einräumt.
Wir geben vor
allem der Wiederherstellung der vollen Autorität der Vereinten Nationen besondere
Priorität. Nur die UNO als Einzige kann letztlich in der Lage sein, glaubhaft
möglichst bald nach Ende der Kampfhandlungen die volle Verantwortung für den
Aufbau demokratischer Strukturen und den Schutz der ethnischen und religiösen
Minderheiten – natürlich unter Wahrung der territorialen Integrität des
Irak – zu übernehmen.
Wir wollen im
Rahmen der Europäischen Union und der UNO alles unternehmen, um den
Minderheiten – vor allem etwa den Kurden im Nord-Irak – zumindest
jenes Maß an Autonomie zu garantieren, dass sie sich zu Recht unter großen
Mühen erkämpft haben. Es ist wichtig, dass wir Europäer diesem Volk, das ja so
oft von wirklichen oder vermeintlichen Bündnispartnern enttäuscht wurde, hier
zur Seite stehen. (Allgemeiner Beifall.) Es ist auch die türkische Regierung
aufzufordern, jedes militärische Eindringen auf irakisches Staatsgebiet zu
unterlassen.
Meine Damen und Herren! Wir beobachten mit großer Sorge die wachsenden Spannungen in der arabischen Welt, und zwar zwischen den arabischen Staaten einerseits, aber auch zwischen den arabischen Staaten und der westlichen Welt andererseits. Wir glauben daher, der Dialog mit der arabischen Welt muss gefördert werden. Es muss auch dem Eindruck gegengesteuert werden, dass die Weltgemeinschaft mit unterschiedlichen Maßstäben, was die Notwendigkeit der Einhaltung von völkerrechtlich bedeutsamen Resolutionen betrifft, misst. Ich
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halte es für ganz wesentlich, dass hier nicht mit zweierlei Maß gemessen wird. (Allgemeiner
Beifall.)
Wie geht es nun
mit der inneren Sicherheit Österreichs weiter? – Die Bundesregierung
trifft mit größtmöglicher Umsicht alle notwendigen Vorkehrungen, um die Bürger
im Inland, aber auch in den Krisenregionen selbst zu schützen. Ich sage hier ganz
offen: Keine Regierung der Welt kann Terrorakte ausschließen, aber wir müssen
das Denkmögliche tun, um Terror zu verhindern. Es besteht auch derzeit kein
Anlass zur Annahme, dass Österreich besonderen zusätzlichen Gefährdungen
ausgesetzt ist. Es gibt Grund zur Wachsamkeit, nicht jedoch zu Angst.
Was tut die
Bundesregierung zum Schutz der Bürger? – Das Außenministerium ist zum
Schutz österreichischer Staatsbürger in ständigem Kontakt mit den
Vertretungsbehörden. Rund um die Uhr wurde ein Telefonservice eingerichtet, das
bereits von Tausenden Menschen in Anspruch genommen wurde. Das
Verteidigungsministerium überwacht das Staatsgebiet einschließlich des
Luftraums – gerade in der jetzigen Situation ein besonders wichtiger
Verteidigungs- und Neutralitätsfall. Das Innenministerium hat den Schutz
allenfalls gefährdeter Personen und Objekte deutlich erhöht und trifft
gemeinsam mit den NGOs und mit den Ländern Vorkehrungen zur Aufnahme von
möglicherweise nach Österreich kommenden irakischen Flüchtlingen. Die Vorbereitung
und Koordination humanitärer Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene
ist ebenfalls angelaufen.
Noch eine Frage:
Hat Österreich genug zur Vermeidung dieses Konflikts, zur Konfliktverhütung
getan? – Wir sollten hier den Sinn für Proportionen wahren. Österreich ist
auf Grund seiner Größe und seiner geographischen Lage nur gemeinsam mit anderen
europäischen Ländern dazu imstande, wirksam einen Beitrag zur Konfliktverhütung
zu leisten. Friedensbewahrung und Friedensstiftung gibt es nicht im Alleingang.
Wir haben uns
daher sehr intensiv – in der Person der Außenministerin beziehungsweise
ich als Regierungschef – um eine gemeinsame Stimme Europas bemüht. Wir
haben als UNO-Sitz-Staat aktiv an der Wiederaufnahme der Gespräche zwischen der
irakischen Führung und den UNO-Chefinspektoren mitgewirkt. Wir haben der UNO
österreichische Inspektoren und Experten zur Verfügung gestellt. Wir haben auf
diplomatischer Ebene Anstrengungen unternommen, das Friedenspotential in
Kontakten mit den arabischen Staaten zu erhöhen. Wir haben den Dialog der
Zivilisationen – Christentum, Judentum, Islam – begonnen. Wir wollen
dies gerade in diesen Zeiten fortsetzen. Es geht darum, diesen Dialog jenseits
des Atlantiks, aber auch mit der arabischen Welt nicht abreißen zu lassen.
Es gibt noch
etwas, worauf ich stolz bin, worauf wir alle stolz sein können: Dass wir in
Österreich nicht erst seit dem 11. September 2001 oder erst seit jetzt
ein funktionierendes Miteinander der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und
Religionen haben. In Österreich ist das friedliche Zusammenleben zwischen
Christen, Juden und Moslems gelebte tägliche Wirklichkeit. Dafür möchte ich
allen danken, die hiezu ein konkretes Stück an Friedensbewältigung beitragen. (Allgemeiner
Beifall.)
Das ist übrigens
gar nicht so selbstverständlich, denn es war noch in der Monarchie, im
Jahre 1912, als der Islam als offizielle Religion in unserer Heimat
anerkannt worden ist. Dies war eigentlich ein beispielhafter Alleingang zur
damaligen Zeit und ist auch heute noch ein Vorbild für viele andere europäische
Länder.
Meine Damen und
Herren! Ich glaube, dass wir mit dieser gemeinsamen Haltung einen ganz
wichtigen Schritt setzen. Aber in Wirklichkeit – ich sage das hier ganz
offen – beginnt natürlich die politische Arbeit in diesem Bereich in der
Zeit nach dem Krieg. Darin werden wir uns sehr aktiv und gemeinsam einzubringen
haben.
Das zweite Thema beim Europäischen Rat vorige Woche in Brüssel war die so genannte Lissabon-Strategie. Nach einem Drittel des Weges bis zum Jahr 2010 sollte gefragt werden: Wo stehen wir eigentlich? Sind wir wirklich auf dem Weg, die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen – einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein
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dauerhaftes Wachstum
mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt
zu erzielen? – Im Jahr 2001 ist dann noch die ökologische Dimension
im Rat von Göteborg hinzugekommen. – Wir machen Fortschritte.
Es ist etwa
gegenüber Amerika ein leichter Zuwachs im Pro-Kopf-Einkommen zu beobachten. Es
gibt einen leichten Zuwachs – um 2 Prozent von 62 auf
64 Prozent – in der Beschäftigungsquote. Aber trotzdem müssen wir
sagen, in manchen Bereichen ist einfach der Fortschritt nicht so, wie wir ihn
uns gewünscht hätten und wie er durchaus auch mit einer gemeinsamen europäischen
Linie erzielbar wäre.
Österreich liegt
in der Beschäftigung mit einer Gesamtquote von 68,4 Prozent und einer
Frauenbeschäftigungsquote von 60,1 Prozent nahe oder schon an den
Zielvorgaben. Wesentlich zu niedrig ist die Beschäftigungsquote für ältere
Arbeitnehmer. Daher gibt es auch ganz konkrete Maßnahmen im Regierungsprogramm:
die Reform des AMS, kürzere Vermittlungszeiten, Ausbau des Frühwarnsystems,
schrittweises Auslaufen der vorzeitigen Alterspension und konkrete Hilfen, um
ältere Arbeitnehmer in Beschäftigung zu halten.
Was wichtig ist,
ist Folgendes: Österreich hat gemeinsam mit Finnland und Portugal einen Vorstoß
für eine Task Force „Beschäftigung“ auf europäischer Ebene gemacht. Das ist
auch beschlossen worden. Diese Arbeitsgruppe, die in einem Jahr ihren Bericht
vorlegen wird, wird unter der Leitung des früheren holländischen
Regierungschefs Wim Kok stehen. Damit ist eine österreichische Forderung
umgesetzt worden. Unsere sozialpartnerschaftliche Erfahrung wird und soll in
diesen Prozess mit einfließen.
Das zweite
wichtige Thema war Bildung, Forschung und Innovation. Da fällt Europa
eigentlich zurück, Österreich hingegen holt auf. Wir hatten vor zehn Jahren
eine Forschungsquote von nicht einmal 1,5 Prozent, vor fünf Jahren eine
von 1,8 Prozent. Wir sind jetzt an eine Quote von 2 Prozent
herangerückt. Wir haben in den letzten drei
Jahren 4 Milliarden € eingesetzt. Das sind um 20 Prozent
oder 600 Millionen € mehr als in den Jahren zuvor. Auf diesem Weg,
meine Damen und Herren, wollen und müssen wir voranschreiten, um
Österreich optimal behaupten zu können. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Auch in der
wesentlichen Frage des sozialen Zusammenhalts liegt Österreich hervorragend. Da
haben wir einen Spitzenplatz, sind bereits in den Top 3, liegen auf dem
dritten Platz. Wir haben neben der im europäischen Vergleich sehr günstigen
Situation auf dem Arbeitsmarkt – wir weisen die drittniedrigste
Arbeitslosenquote auf – vor allem unser Schulsystem, das für diesen Erfolg
verantwortlich ist. In der Kategorie Schulabbrecher weist Österreich eine der
niedrigsten Quoten auf, nämlich den zweiten Platz. Wir arbeiten weiter daran,
dass wir uns gerade in diesen Bereichen noch wesentlich verbessern können.
Ebenso ist es in
der Umwelt. Wir nehmen bezüglich Umwelt einen Spitzenplatz innerhalb der
gesamten Europäischen Union ein, nicht erst seit heute. Aber auf diesen
Spitzenplatz – wir sind Nummer 1 in Europa – kann Österreich zu
Recht stolz sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Ich will hier
nicht ein zu rosiges Bild malen, denn wir haben noch viele Strukturreformen ausständig,
keine Frage – und wir werden daher auf diesem mutigen Weg von
Liberalisierungen im Wirtschaftsrecht weiter voranschreiten. Und natürlich
werden wir unsere Schwerpunkte auch in den Bereichen Bildung, Forschung und
Beschäftigung älterer Arbeitnehmer fortsetzen.
Folgendes möchte
ich schon sagen: Österreich hat eine erstklassige Ausgangslage,
um in den nächsten Jahren, bis 2010, wirklich unter die besten drei europäischen
Länder vorzustoßen. Das muss unsere Ambition sein, und wir können das auch
erreichen, meine Damen und Herren, davon bin ich hundertprozentig überzeugt! (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Um Ihnen hier ein
wenig Mut zu machen: Unser Land hat sich bei einigen ganz wesentlichen
Indikatoren sehr gut verbessert, so etwa bei den Investitionen der privaten
Unternehmer – und das ist einer der wichtigsten Vergleiche überhaupt.
Diesbezüglich hat Österreich jetzt den zweitbesten Platz in der gesamten
Europäischen Union.
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Was das
Pro-Kopf-Einkommen betrifft, hat sich Österreich vom fünften auf den vierten
Platz vorgearbeitet; bei der Arbeitsproduktivität um einen Platz verbessert (Abg.
Mag. Wurm: Frauen kommen nicht vor?!); beim Wachstum einen Sprung um vier Plätze nach vorne; bei den
realen Lohnstückkosten sind wir auf Platz zwei in der Europäischen Union. Und
was den Budgetsaldo anlangt, haben wir – nicht ganz perfekt, aber
immerhin – vier Plätze gutgemacht.
Nach den
Niedrigeinkommensländern im Mittelmeerraum, die ja üblicherweise eine besonders
niedrige Inflationsrate haben, ist Österreich das preisstabilste
Land. Durch die Telekom-Liberalisierung haben wir einen deutlichen Sprung
nach vorne bei den Ferngesprächen geschafft, und zwar innerhalb eines Jahres
vom vorletzten Platz auf Platz sechs. Weitere Verbesserungen werden sich
natürlich noch in den Rankings niederschlagen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)
Daher, meine Damen
und Herren: Ich glaube, mit diesem Zwischenbericht liegen wir auf Kurs; zwar
noch lange nicht dort, wo wir uns sehen wollen und wo unser eigentliches
Potenzial liegt, aber ich glaube, dass wir in Österreich, wenn wir auf diesem
mutigen Reformkurs voranschreiten, das Ziel, zu den besten drei Ländern
Europas zu gehören, bald erreicht haben werden. (Anhaltender Beifall bei der
ÖVP und den Freiheitlichen. – Die Abgeordneten von den Grünen erheben
sich von ihren Plätzen und halten Fahnen in den Regenbogenfarben mit dem
Schriftzug „Pace“ in die Höhe, die sie danach an ihren Bankreihen befestigen.)
11.02
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort
gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer, der die Debatte
über diese Erklärung einleitet. Seine Redezeit ist bekannt. – Bitte, Herr
Abgeordneter.
11.03
Abgeordneter
Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! (Der Redner sowie die meisten Abgeordneten von der SPÖ tragen
Ansteckkarten in den Regenbogenfarben mit dem Schriftzug „Friede“ am Revers.)
Die Geschichte der Menschheit ist leider auch eine Geschichte von Kriegen –
und war es vor allem bis zum schrecklichsten aller Kriege, nämlich dem Zweiten
Weltkrieg. Dieser Krieg hat das erste Mal in der Geschichte zum Umdenken
geführt. Die Staaten haben erkannt, dass sie nicht gegeneinander
Frieden und Sicherheit erhalten können, sondern nur miteinander. Daher
wurden auf Initiative der Vereinigten Staaten von Amerika seinerzeit die
Vereinten Nationen, sprich die UNO, gegründet. In diesen Vereinten Nationen
wurde festgehalten: Es gibt ein Gewaltverbot, weil man Kriege – eben auf
Grund der Erfahrung des Zweiten Weltkrieges – verhindern wollte.
Zur Anwendung
militärischer Gewalt sollte es nur kommen, wenn sich ein Land verteidigen muss
oder in Fällen, in denen der Weltsicherheitsrat der UNO zur Auffassung kommt,
dass ein militärisches Eingreifen legitim ist.
Sie, Herr
Bundeskanzler, haben nun eine dritte Möglichkeit angefügt, die sich gewohnheitsrechtlich
ergeben könnte, nämlich dass, wenn eine humanitäre Katastrophe droht, auch die
Anwendung militärischer Gewalt legitim ist.
Wenn wir bei
diesen Prinzipien, die im Wesentlichen auf die Initiative großer amerikanischer
Präsidenten zurückgehen, bleiben und diese auf die jetzige Situation anwenden,
dann würde ich sagen: Ein Akt der Selbstverteidigung ist dieser Krieg gegen den
Irak nicht. Ich sehe keine Gefährdung, die vom Irak in Bezug auf
die Vereinigten Staaten von Amerika ausgeht. Da die USA berechtigterweise nach
dem 11. September 2001 nach den Terroristen suchen, berechtigterweise die
Basen dieser Terroristen letztendlich aufzuspüren versuchen, wissen wir doch
alle, dass sich diese nicht im Irak befinden, sondern in einer
Reihe anderer Staaten.
Einen Beschluss
des Sicherheitsrates hat es auch nicht gegeben, weil sich die Weltgemeinschaft
nicht einig war, dass es da die Anwendung von militärischer Gewalt geben soll.
Zur Frage einer drohenden humanitären Katastrophe: Diese humanitären Katastrophen haben im Irak leider alle schon stattgefunden: durch die Hinrichtung von Kurden, durch den Einsatz
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von Giftgas, durch Gewaltanwendung gegen die eigene Bevölkerung.
Aktuell ist dieses irakische Regime daher gegenüber der eigenen Bevölkerung
bedeutend schwächer, als das jemals der Fall war.
Daher gibt es
meiner Auffassung nach für diesen Krieg keine wirkliche
Berechtigung, und daher ist dieser durch das Völkerrecht auch nicht
legitimiert, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und
bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich kenne
niemanden in diesem Saale, der irgendwelche Sympathien für diesen irakischen
Diktator hegen würde, einen Diktator, der sicherlich zu den schlimmsten
gehört, die es auf unserer Welt gibt. – Leider ist er jedoch nicht der
einzige; es gibt noch eine Reihe anderer in seiner „Preiskategorie“.
Aber, meine sehr
verehrten Damen und Herren, Krieg ist eine ganz ernste Angelegenheit. Und wenn
Kriege geführt werden, dann muss ein sehr strenges Maß angelegt werden. Die
Wahrheit ist: Diesen Diktator Saddam Hussein gibt es bereits seit mehreren
Jahrzehnten. In der Vergangenheit, als es den USA nützlich war, als es auch
Frankreich und anderen nützlich war, wurde intensiv mit ihm zusammengearbeitet,
wurden Waffen mit großer Zerstörungskraft an dieses irakische Regime geliefert.
Und letztendlich ist erst mit diesen Waffen dieses Regime so stark geworden,
dass es seinerzeit Kuwait überfallen konnte. Zu keinem Zeitpunkt in der
Vergangenheit waren der Irak und Saddam Hussein, mit dem kooperiert wurde,
besser oder moralisch integrer als heute!
Daher stellt sich
natürlich schon die Frage: Was sind die Hintergründe für diese Vorgangsweise?
Was sind die Hintergründe, dass heute zu den Mitteln militärischer
Gewalt gegriffen wird – vor allem, nachdem die Waffeninspektoren der
Vereinten Nationen erreichen konnten, dass die bisher massivste Abrüstung des
Irak gelungen ist? Das natürlich unter Androhung von militärischer Gewalt im
Hintergrund, aber: Die Arbeit dieser Waffeninspektoren war höchst erfolgreich.
Mit großem Interesse
habe ich ein Interview mit dem deutschen Außenminister Joschka Fischer gelesen,
der diese Woche gesagt hat, seit wann ihm schon klar sei, wie sich die
Situation zuspitzen werde. Joschka Fischer verweist in diesem Interview darauf,
dass ihm der stellvertretende amerikanische Verteidigungsminister bereits am
18. und 19. September 2001, also knapp nach dem
11. September, gesagt hat, dass die amerikanische Strategie der jetzigen
Regierung darin bestehe, dass die USA eine ganze Reihe von Ländern von ihren
„terroristischen Regierungen“ notfalls auch mit Gewalt befreien müssten, und
am Ende könnte dann eine neue Weltordnung stehen: mit Demokratie, Frieden,
Stabilität und Sicherheit für die Menschen. – Das heißt also, meine Damen
und Herren, diese Strategie ist seit zwei Jahren klar.
Wenn wir uns
ernsthaft an die Beantwortung von Fragen heranwagen, so stelle ich Ihnen allen
folgende Frage: Mit welchen Mitteln und wo wurde der größte Fortschritt für
Frieden und Demokratie in den letzten 50 Jahren erzielt? – Die wohl
größte Veränderung in der Geschichte der Menschheit hat doch durch die
Demokratisierung der mittel- und osteuropäischen Staaten stattgefunden, die so
weit gegangen ist, dass einige von ihnen bereits Mitglieder der Europäischen
Union werden.
Diese politische
Veränderung hat dort jedoch nicht mit Krieg, nicht mit Waffengewalt
von außen oder von innen stattgefunden, sondern diese politische Veränderung
hat ausgehend vom sehr wichtigen Helsinki-Prozess 1975 stattgefunden, durch den
den Menschenrechten ein gewisser Rahmen eingeräumt wurde. Diese politische
Veränderung ist weiters von der Entspannungspolitik ausgegangen und davon,
dass sich die Bürger in diesen Staaten selbst organisiert und Widerstand,
nämlich zivilen Widerstand, entwickelt haben. Dort ist es gelungen, aus dem
Inneren heraus, mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, Demokratie
und Stabilität zu erzielen.
Ich bin folgender Meinung: So wie man aus den schlechten Erfahrungen der Geschichte die Konsequenzen ziehen muss, sollte man auch aus den positiven Erfahrungen der Geschichte
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Konsequenzen ziehen. Ich sage: Der Weg der demokratischen
Veränderung in Mittel- und Osteuropa ist viel eher ein Maß zum Weg für Frieden
und Stabilität, als Krieg gegen einzelne Staaten zu führen. (Beifall bei der
SPÖ und den Grünen.)
Der Herr
Bundeskanzler hat darauf hingewiesen, dass es große Spannungen zwischen den
arabischen Ländern sowie zwischen der arabischen und der westlichen Welt gibt.
Das hängt auch ein wenig damit zusammen, dass dort viele Millionen Menschen den
Eindruck haben, es werde mit doppelten Standards gemessen. Sie, Herr
Bundeskanzler, haben mit Recht darauf hingewiesen, dass Saddam Hussein es schon
längst in der Hand gehabt hätte, die Resolutionen des Weltsicherheitsrates und
der UNO-Vollversammlung zu erfüllen. Und ich meine, er ist nicht der Einzige in
dieser Region, der darin säumig ist.
Ich möchte nur
darauf verweisen, wie viele UN-Resolutionen es betreffend das Verhältnis
zwischen Israel und den Palästinensern gibt, die ebenfalls bis zum heutigen Tag
nicht erfüllt sind. Dass zwar dauernd Beschlüsse gefasst werden, die dann aber
nicht eingehalten werden, das ist in Wirklichkeit die offene Wunde des
Verhältnisses zwischen der arabischen Welt und dem Westen. Ein Dialog zwischen
dem Westen und der arabischen Welt wird nur dann glaubwürdig sein, wenn auch
ein ernsthafter Beitrag dazu geleistet wird, dass das Verhältnis zwischen
Israel und den Palästinensern auf friedliche Art und Weise zu einer
Eigenständigkeit der Palästinenser führen wird, meine sehr verehrten Damen und
Herren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP
und der Freiheitlichen.)
Es wird sich in
der Folge dieses Krieges eine Reihe von Fragen stellen, und zwar eine Reihe von
sehr brennenden und auch sehr schwierigen Fragen für alle Beteiligten. Gerade
während der letzten Tage habe ich mir gedacht: Wie werden nun einzelne der
Staaten reagieren, die von den USA auf die so genannte Schurkenstaatenliste
gesetzt wurden? – Diese müssen doch den Eindruck gewinnen, dass sich
Nordkorea, das auch ein gespanntes Verhältnis zu den USA hat, weil es
Atomwaffen besitzt, in einer sichereren Situation wähnen kann als der Irak, der
ein gespanntes Verhältnis zu den USA hat, aber über keine Atomwaffen verfügt.
Ich habe die große
Angst – und das sage ich ganz offen –, dass viele dieser Staaten ihre
Anstrengungen verstärken werden, um zu Atomwaffen zu kommen. Und diese
Befürchtung wird auch dadurch genährt, dass der stellvertretende Außenminister
Russlands gestern angekündigt hat, dass die erste Priorität die Modernisierung
des russischen Atomwaffenprogramms sein wird. Ich meine, meine sehr verehrten
Damen und Herren, die Konsequenz eines Krieges darf doch nicht die weltweite
Aufrüstung sein, nachdem wir jetzt jahrzehntelang die Welt durch Abrüstung
sicherer gemacht haben. (Allgemeiner Beifall.)
Etwas Zweites
müssen wir auch behandeln, nämlich die Frage: Ist die Welt sicherer, wenn auf
Grund der innenpolitischen Lage – wohlgemerkt! – des größten und
mächtigsten Landes der Welt letztendlich die gesamte internationale Politik im
Alleingang bestimmt wird, oder ist nicht die Sicherheit auf der Welt eine
größere, wenn es Kooperation der Staatengemeinschaft, wenn es das
Zusammenwirken in gefestigten Institutionen gibt? – Mein Eindruck, wieso
so viele Menschen in Europa heute auf die Straße gehen, nicht nur in Europa,
sondern auch in New York, in Washington und in der arabischen Welt, der
wirkliche Grund dafür, der neben der Ablehnung des Krieges dahinter steckt, ist
ein Bauchgrimmen, das durch unsere Gesellschaften geht. Viele fühlen sich bei
dem Gedanken unwohl, dass ein Staat, eine Regierung
in erster Linie bestimmt, was auf der Welt vorgehen soll, und alle anderen
haben nur die Möglichkeit, entweder zu folgen oder zu widersprechen.
Ich würde mir,
offen gesagt, eine amerikanische Regierung wünschen, die zu jener großen Tradition
amerikanischer Präsidenten zurückkehrt, die ihre Macht und Stärke nicht dafür
verwendet haben, allein und einseitig vorzugehen, sondern die ihre Macht dafür
verwendet haben, um stabile Verhältnisse in der Welt auf Basis der
Zusammenarbeit zu schaffen. Das wäre mein Wunsch in dieser Situation! (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
Der Herr Bundeskanzler hat mit Recht darauf hingewiesen, dass sich viele Fragen – auch für uns – nach dem Krieg stellen werden: etwa betreffend die leider nicht erfolgreiche Gemeinsame
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Außen- und Sicherheitspolitik in Europa, bei der
es zwar in Europa gemeinsame Resolutionen, dann aber im Sicherheitsrat ein
getrenntes Auftreten gibt. Es wird die Frage der Glaubwürdigkeit auch daran
gemessen werden, ob die Erdöleinnahmen des Irak, verwaltet durch die UNO,
wirklich dem irakischen Volk zugute kommen werden oder ob irgendwo anders
abkassiert wird. Es wird sich die Frage stellen, ob es auch in Bezug auf andere
Staaten in der Region eine Anstrengung von Seiten Europas zur Kooperation gibt
oder ob diese einseitige Vorgangsweise, wie sie jetzt im Irak gepflegt wurde,
auch gegenüber anderen Staaten zur Anwendung kommt.
Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Dieser Krieg macht die Welt nicht stabiler. Dieser Krieg wird
viele, viele Menschenleben kosten und wird die Welt unstabiler machen. Auch
wenn in den Geschichtsbüchern immer nur die großen Feldherren festgehalten
sind – sowohl auf der Siegerseite als auch auf der Verliererseite –
und die unzähligen Opfer nur als Namenlose vorkommen, weil bestenfalls die Zahl
der Opfer erwähnt wird, müssen wir uns alle im Klaren darüber sein, dass es
nichts Gravierenderes gibt als den Krieg, weil er Menschenleben in großem
Ausmaß kosten kann. Die Entscheidung darüber, ob so etwas getan wird oder
nicht, soll man sich möglichst schwer machen. Im Falle des Kriegs gegen den
Irak ist dieses Es-sich-selbst-schwer-Machen von Seiten derer, die diesen Krieg
führen, für mich nicht nachzuvollziehen gewesen. – Danke schön. (Anhaltender
allgemeiner Beifall.)
11.18
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr
Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer, der 15 Minuten zu uns sprechen
wird. – Bitte, Herr Abgeordneter.
11.19
Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsiden! Herr Bundeskanzler! Herr
Vizekanzler! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Österreich ist an diesem Krieg nicht beteiligt,
Österreich ist aber von diesem Krieg betroffen. Die Österreicherinnen und
Österreicher sind betroffen vom Leid, vom Tod, von der Vernichtung, die vom
Krieg schlechthin ausgehen. Wir sind betroffen von den Bildern, die uns
tagtäglich von diesem Leid ins Haus geliefert werden – von den Bildern der
Zerstörung und der Vernichtung. Gleichzeitig bin ich aber in besonderer Weise
betroffen – und ich denke, nicht allein –, dass mit diesen Bildern
des Krieges in einer Art und Weise umgegangen wird, die es auch noch nie
gegeben hat, nämlich propagandistisch eingesetzt und manipulativ.
Ich denke, dass es
eine der Zukunftsaufgaben wird, in einer Medien- und Kommunikationsgesellschaft
auch dafür klare Spielregeln zu entwickeln.
Wir sind von
diesem Krieg betroffen, meine Damen und Herren, weil Österreich aus seiner Verpflichtung
zur Verteidigung der Souveränität selbstverständlich den Luftraum schützt und
Überflüge nicht zulässt, betroffen aber auch deswegen, weil wir unseren
Luftraum überwachen. Ich sage das all jenen, die die Notwendigkeit der
Luftraumüberwachung in Zweifel ziehen: Es stellt sich ganz klar heraus: Ja, das
ist notwendig im Interesse unseres Landes, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wir sind
selbstverständlich auch betroffen, weil alle unsere Einrichtungen dazu
eingesetzt sind und eingesetzt werden, die maximale Sicherheit unserer
Mitbürgerinnen und Mitbürger zu gewährleisten. Ich danke allen, die in der
Exekutive oder bei den NGOs engagiert sind dafür, dass sie diese Arbeit für die
Sicherheit unseres Landes leisten.
Es ist klar, meine
Damen und Herren – und davon gehe ich aus –: Niemand will diesen
Krieg! Niemand in Österreich will diesen Krieg, und die Menschen bringen das
auch zum Ausdruck. Gerade weil dieser Wille zum Frieden vorhanden ist, möchte
ich aber doch daran erinnern, dass es sich dabei um das Regime von Saddam
Hussein handelt, um ein menschenverachtendes Regime, ein grausames Regime, ein
Regime, das Kriege gegen den Iran und Kuwait zu verantworten hat, ein Regime,
das Massenvernichtungsmittel gegen die eigene Bevölkerung einsetzt, ein Regime,
das mittels Diktatur die Menschenrechte mit Füßen tritt.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 44 |
Ich meine, es ist
notwendig, von dieser Stelle aus dieses Regime Saddam Husseins im Irak ganz
klar zu verurteilen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der
SPÖ und der Grünen.)
Auf Grund dieser
Einschätzung ist es selbstverständlich, dass Österreich das Ziel der Entwaffnung
des Irak, der Vernichtung der Massenvernichtungswaffen unterstützt und daher
auch das Ziel teilt und unterstützt, den Menschen im Irak Freiheit, Frieden und
Demokratie zu bringen. (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Es ist mir so
besonders wichtig, meine Damen und Herren, dass wir trotz der berechtigten und
verständlichen Emotionalität diese Tatsache nicht aus den Augen verlieren,
damit wir die Proportionen richtig einschätzen.
Österreich ist nie
für diesen Krieg eingetreten. Österreich hat immer die Haltung vertreten, dass
die Entscheidung letztendlich ausschließlich in den Händen der Vereinten
Nationen, in den Händen des Sicherheitsrates liegen sollte.
Ich bin daher sehr
dankbar dafür und möchte mich beim Herrn Bundeskanzler, beim Herrn Vizekanzler
und bei allen Parteien ausdrücklich dafür bedanken, dass wir es in dieser Zeit
geschafft haben, im Nationalen Sicherheitsrat einen Staatskonsens zu erreichen.
Das ist ein wichtiges Signal dafür, dass Österreich bei zentralen Anliegen für
unser Land, bei zentralen Anliegen des Friedens mit einer, mit einer starken,
mit einer rotweißroten Stimme spricht. (Beifall bei der
ÖVP, den Freiheitlichen und der SPÖ.)
Es ist daher in
dieser wirklich dramatischen Situation wohl auch allgemeiner Konsens, dass wir
höchstes Interesse daran haben, dass dieser Krieg so rasch wie möglich beendet
wird, und uns jetzt an dieser Stelle daher mit der Frage der Zukunft
beschäftigen müssen.
Aus meiner Sicht
hat gerade ein kleines Land wie Österreich höchstes Interesse daran zu haben,
die Vereinten Nationen zu stärken und den Vereinten Nationen wieder jene
Autorität zu geben, die sie für die Zeit nach diesem Krieg jedenfalls
brauchen, um den politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau
sicherzustellen, die notwendige humanitäre Hilfe zu organisieren und die Einhaltung
demokratischer Prinzipien und der Menschenrechte zu gewährleisten. Wir brauchen
starke Vereinte Nationen, meine Damen und Herren! (Allgemeiner Beifall.)
Wir begrüßen
ausdrücklich die Initiative des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Kofi
Annan, der das Programm „Öl für Lebensmittel“ ins Leben gerufen hat. Ich denke,
dass damit unter der starken Autorität der Vereinten Nationen konkrete
Perspektiven auch für die Menschen im Irak gegeben sind.
Aus
österreichischer Sicht ist auf jeden Fall festzuhalten, dass auf Basis der
internationalen Autorität der Vereinten Nationen sicherzustellen ist, dass
Resolutionen der Vereinten Nationen nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Es
kann nur ein Maß geben; jenes Maß, das letztendlich in der Charta der
Vereinten Nationen zugrunde gelegt ist.
Die zweite
Perspektive, meine Damen und Herren, liegt für mich in Europa begründet. Ich
sage das im vollen Wissen, dass gerade jetzt eine kritische Diskussion über die
Stärke und die Autorität der Europäischen Union gegeben ist. Ja! Ich erinnere
aber daran, dass die Europäische Union das eigentliche Friedens- und
Sicherheitsprojekt in Europa ist, das nach 1945 die richtigen Lehren aus der
Geschichte gezogen hat.
Herr Abgeordneter
Gusenbauer! Auf dieser Basis der Europäischen Union halte ich das Projekt der
Erweiterung für den nächsten Quantensprung einer europäischen Friedens- und
Sicherheitsdimension neuen Ausmaßes. Daher ein Ja, und zwar aus vollem Herzen
und aus voller Überzeugung, zur Erweiterung der Europäischen Union! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen
sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)
Eines ist auch klar: Wenn dieses Europa im Weltgeschehen mit Stärke agieren soll, dann brauchen wir eine neue Investition, nämlich politischer Natur, in die Gemeinsame Außen- und
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 45 |
Sicherheitspolitik, weil Europa nicht vollendet ist und
auch seine Rolle nicht übernehmen kann, wenn die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik dann nicht – mit der notwendigen Stärke
ausgerüstet – tatsächlich agieren kann.
Hier ist Europa
noch nicht vollendet, und da brauchen wir volles Engagement, dass Österreich
diese Entwicklung der Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union mit
voller Kraft verstärkt und unterstützt.
Meine Damen und
Herren! Für Europa und für die Zukunft Europas ist es aber auch wichtig, dass
wir eine korrekte – ich sage das sehr bewusst – positive Beziehung zu den
Vereinigten Staaten haben. Auch in einer Stunde, in der es Kritik an der
derzeitigen Regierung der Vereinigten Staaten gibt, ist es mir wichtig
festzuhalten, dass es im Interesse Österreichs und Europas liegt,
transatlantische korrekte und positive Beziehungen aufzubauen, weil Österreich
in der Geschichte davon profitiert hat, weil Europa davon profitiert hat und
Europa und Österreich vom positiven Verhältnis zu den Vereinigten Staaten auch
in Zukunft profitieren sollen. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie Beifall des Abg. Dr. Van der
Bellen.)
Die Verpflichtung
Europas wird aber sehr konkret daran gemessen, ob wir bereit und fähig
sind – und wir sind dazu bereit und fähig –, mit der zu rechnenden
beträchtlichen Zahl von Flüchtlingen positiv und menschlich umzugehen. Wir
müssen diesen Flüchtlingen vorübergehend Schutz bieten. Wir sind interessiert
daran, dass Europa selbstverständlich auch die humanitäre Hilfe wahrnimmt.
Ich teile die
Einschätzung, dass Europa im Bereich des Nahen Ostens stark und initiativ
bleiben muss, weil ein langfristiger Frieden in dieser Region ohne friedliche
Bewältigung des Konfliktes zwischen Israel und Palästinensern nicht möglich
ist. Ich teile diesbezüglich die Einschätzung des Kollegen Gusenbauer
dezidiert: Das wird ein Schlüssel für die friedliche Entwicklung in dieser
Region sein.
Wir werden auch
darauf achten müssen, dass diese Krise nicht missbraucht wird, missbraucht, um
etwa Autonomien in Frage zu stellen. Daher: Ja, die Autonomie der Kurden soll
erhalten bleiben und selbstverständlich auch die territoriale Integrität des
Irak und seiner Nachbarstaaten.
Meine Damen und
Herren! Österreich ist verpflichtet, den Schutz der Menschen, den Schutz des
Landes und die Verteidigung seiner Souveränität sicherzustellen. Genauso sind
wir verpflichtet, unseren Beitrag zur humanitären Hilfe zu leisten und auch
dazu, den Menschen vorübergehend Aufenthalt und Sicherheit zu geben. Im Sinne
einer gerechten Lastenverteilung appellieren wir, dass dies in ganz Europa
erfolgen möge.
Unsere Strategie
muss daher heißen: Stärkung der Vereinten Nationen, Stärkung Europas und der
Rolle der Europäischen Union in der Staatengemeinschaft und Wahrnehmen unserer
Verantwortung. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)
Meine Damen und
Herren! Bundeskanzler Dr. Schüssel hat in seiner Erklärung zum Europäischen
Rat selbstverständlich und aus meiner Sicht völlig zu Recht auch auf die
Lissabon-Strategie hingewiesen. Warum „völlig zu Recht“? – Nicht allein
deshalb, weil das Thema des Europäischen Rates war, sondern weil ich felsenfest
davon überzeugt bin, dass eine nachhaltige Entwicklung ein Schlüssel zum Frieden
ist, weil ich felsenfest davon überzeugt bin, dass ohne wirtschaftlichen
Wohlstand Frieden dauerhaft nicht möglich ist (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen), weil ich felsenfest davon überzeugt bin, dass nur soziale
Gerechtigkeit Frieden dauerhaft sichert und dass auch die Sicherung der
Lebensgrundlagen und der Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen in Zukunft ein
entscheidender Friedensbeitrag sein werden.
Ich halte es daher für positiv und gut, dass wir uns in Österreich auf Basis dieser Lissabon-Strategie offensiv mit den Fragen Arbeit und Beschäftigung, Bildungschancen für alle, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit in unseren Sozialsystemen, Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit des Konsolidierungsweges in den öffentlichen Haushalten und Notwendigkeit der Wirtschaftsreformen im Sinne der Schaffung von Arbeit beschäftigen. Ich denke, dass wir mit dem Arbeits-
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 46 |
übereinkommen auch für die
soziale Dimension und die Erhaltung der Lebensgrundlagen jene Perspektive
geschaffen haben, auf Grund deren wir unser Ziel, nämlich Top Drei der Europäischen
Union zu werden, verwirklichen können.
Abschließend:
Meine Damen und Herren! Ich ersuche die Öffentlichkeit, weiterhin wachsam zu
sein und Engagement zu zeigen, und ersuche, dabei die notwendige Objektivität
in der Beurteilung beizubehalten. Ich appelliere an dieses Hohe Haus, diesen
Grundkonsens in einer so wichtigen Frage für Österreich als Basis für alle
weiteren Aktivitäten zu nehmen – das braucht Österreich und das braucht
eine friedliche Entwicklung in der Welt. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
11.33
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der nächste Redner
ist Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen. Redezeit: 15 Minuten. –
Bitte, Herr Kollege.
11.34
Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren!
Lassen Sie mich eingangs der Kürze halber gleich in aller Deutlichkeit
festhalten, dass die Grünen diesen Krieg für falsch halten, für rechtswidrig,
für völkerrechtswidrig und dass wir nicht akzeptieren können, dass ein
zugegebenermaßen wichtiger und befreundeter Staat die anerkannten Regeln des
Völkerrechts in dieser Weise verletzt. (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten der SPÖ.)
Die Satzungen der
Vereinten Nationen geben nun einmal keine Berechtigung, keine Legitimation für
Präventivkriege. Ich bedaure, das hier feststellen zu müssen: Es handelt sich
aber um einen solchen. Und die Satzungen der Vereinten Nationen schließen
außerdem – zumindest völkerrechtlich – Kriege aus, die ohne Befassung
beziehungsweise ohne Zustimmung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen
geführt werden.
Und das ist eine
nicht triviale Angelegenheit. Das Gewaltverbot in der Satzung der Vereinten
Nationen ist ja ein Verbot besonderer Art. Es ist nicht zu vergleichen etwa
mit dem Parkverbot in der österreichischen Straßenverkehrsordnung, das jeder
von uns, Anwesende ausgenommen, hin und wieder übertritt – da bekommt man
dann eine Strafe und weiß, dass man etwas Unrechtes getan hat, aber es ist
nicht weltbewegend. Das Gewaltverbot in der Satzung der Vereinten Nationen
jedoch ist die Grundlage des internationalen Rechts überhaupt, wenn ich das
richtig verstanden habe. Und es gibt nur ganz wenige Ausnahmen von diesem
Gewaltverbot – meine Vorredner haben das schon skizziert –,
insbesondere das Recht auf Selbstverteidigung oder eine Intervention, auch
eine militärische Intervention, bei Vorliegen von Völkermord oder ähnlichen
gröbsten Verletzungen der Menschenrechte.
Damals, 1991, im
anderen Golfkrieg war die Situation klar, da hat der Irak einen Angriffskrieg
auf Kuwait unternommen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat die
Verteidigung Kuwaits legitimiert. Das war eine völlig andere Situation.
Man kann jetzt
nicht mit Völkermord oder ähnlichen Verletzungen der Menschenrechte argumentieren.
Damals, als Saddam Hussein, sicher einer der schlimmsten Despoten, die wir
kennen, gegen seine eigene Bevölkerung, gegen die Kurden, Giftgas eingesetzt
hat, damals hätte man darüber debattieren können und müssen, ob das ein Grund für
eine Militärintervention im Irak ist. Aber eine derart akute Bedrohung liegt
ja derzeit nicht vor. Ganz im Gegenteil, die kurdische Bevölkerung mit ihrer
weitgehenden De-facto-Autonomie im Nordirak ist selten so gut gefahren wie in
den letzten zehn Jahren, verglichen mit anderen Perioden in ihrer ziemlich
traurigen und tragischen Geschichte.
Es fällt mir nicht
leicht, über dieses Thema zu sprechen, vor allem aus folgendem Grund: Wir
kritisieren hier das Verhalten der Regierung Bush, und es ist nur allzu leicht,
dabei in ein Fahrwasser zu geraten, wo dann eine antiamerikanische Haltung
hineininterpretiert wird. Deswegen möchte ich Folgendes besonders betonen:
Kritik an der Administration Bush ist nicht Kritik an den USA
schlechthin – gerade aus europäischer Sicht, denn wir wissen, wie viel wir
den Vereinigten Staaten in den vergangenen 50 Jahren zu verdanken hatten.
(Allgemeiner Beifall.)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 47 |
Es scheint mir
nicht so sehr eine Ironie, sondern die besondere Tragik der jetzigen Situation
zu sein, dass die USA damals, rund um das Ende des Zweiten Weltkrieges, als sie
maßgeblich daran beteiligt waren, die Vereinten Nationen aufzubauen, in der
gleichen Situation waren wie jetzt: die unbestrittenen Poleposition-Inhaber,
wenn Sie so wollen, in der Welt, militärisch, ökonomisch, in jeder Hinsicht
die Weltmacht Nummer eins. Das war, noch bevor auch in der Sowjetunion die
Atombombe in die Praxis umgesetzt wurde. Und damals haben sich die USA bemüht,
multilateral vorzugehen, die Interessen der anderen zu berücksichtigen, auch
langfristig zu denken im Interesse der Vereinigten Staaten selbst.
Ganz zu schweigen
vom Marshall-Plan, der speziell Westeuropa begünstigt hat, bis hin zur mehrfach
und glaubhaft vertretenen Bereitschaft zur Verteidigung Westberlins – eine
Fülle von Dingen, die die Westeuropäer gegenüber den Vereinigten Staaten von
Amerika verpflichtet haben und immer noch verpflichten. Aber selbst wenn man
zugesteht, dass eine derartige Dankesschuld, wenn Sie so wollen, eine gewisse
Verzinsung verträgt, muss man sagen, dass man Zweifel hat, starke Zweifel, ob
die jetzige Administration Bush Interesse hat, ja Wert darauf legt, diese
Fundamente der besonderen Beziehungen zwischen Europa und den Vereinigten
Staaten weiter zu festigen. Nach unserem Eindruck werden diese leichtfertig
oder systematisch, das ist von Fall zu Fall schwer zu beurteilen, aufs Spiel
gesetzt – aber nicht von den Europäern.
Der Irak-Krieg,
meine Damen und Herren, ist ja nur der vorläufige Höhepunkt, der vorläufige
Schlusspunkt einer längeren Kette von Entscheidungen der Administration Bush,
die zumindest in Westeuropa und, wie ich glaube, auch in Österreich zu
erheblicher Irritation, Frustration und zu einer Brüskierung der Staaten der
Europäischen Union geführt haben.
Die
Nicht-Ratifizierung des Kyoto-Protokolls beispielsweise durch jenen Staat, der
die größten Treibhausgas-Emissionen der Welt aufzuweisen hat, war eine
Brüskierung auch der Europäischen Union – durchgeführt durch die
Administration Bush. Weiters die Nicht-Ratifizierung, ja geradezu Blockade,
Sabotage der Installierung des Internationalen Strafgerichtshofes – das
war Politik der Administration Bush. Ich glaube nicht, dass es im langfristigen
Interesse der Vereinigten Staaten ist, das zu tun, aber aus kurzfristiger
Sicht haben sie so gehandelt. Es geht dabei um eine Sabotage des
Internationalen Strafgerichtshofes, der es zumindest auf lange Sicht
vorstellbar macht, einen Despoten, einen korrupten, verbrecherischen Machthaber
wie Saddam Hussein irgendwann auch einer Strafe zuzuführen, und zwar auf eine
legitime Art und Weise, mit Hilfe internationaler Regeln, wenn es sein muss,
vielleicht auch mit militärischer Gewalt, um das auch in aller Deutlichkeit
auszusprechen, aber nach Regeln, nach international vereinbarten Verfahren. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Die USA haben
gerade das nicht nur nicht begrüßt, sondern auf jede Art und Weise zu verhindern
versucht. – Jetzt verfalle ich schon selbst in den Jargon: die USA. Es war
die Regierung Bush, die das getan hat.
Der dritte Punkt
nach dem Kyoto-Protokoll und dem Internationalen Strafgerichtshof ist nicht so
sehr der Irak-Krieg als akuter Anlass, sondern die Tatsache, dass der
Irak-Krieg auf dem Hintergrund einer Doktrin erfolgt, einer – nennen wir
sie so – „Bush-Doktrin“ vom September letzten Jahres, in der die
USA – jetzt ist dieser Ausdruck richtig – für sich in Anspruch
nehmen, jederzeit einseitig, auch mit militärischen Mitteln, ihre selbst
definierten Interessen in der Welt nicht nur zu fördern, sondern auch
umzusetzen und durchzusetzen, wenn es sein muss, ohne Einhaltung der
internationalen Regeln, ohne Befassung der UNO, ohne Mandatierung durch den
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.
Da muss man sich
oder darf man sich als einfacher Bürger schon die simple Frage stellen: Was
ist, wenn das alle machen, wenn das nicht nur die USA für sich in Anspruch
nehmen, sondern alle anderen auch? – Wenn man das ernst nimmt, so ist das
die Rückkehr zum Faustrecht. Das ist nicht die Entwicklung und Beförderung des
Völkerrechts, die wir uns wünschen. Ein eigentlich wohlmeinender Beobachter
wie die liberale „Süddeutsche Zeitung“ sagt in einem Kommentar: Selbst wenn
wir den USA das Beste unterstellen, ist diese Art der Vorgehensweise nichts
anderes als eine jakobinische Wohlfahrtsdiktatur-Erinnerung an die spätere
Phase der Französischen Revolution.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 48 |
Meine Damen und
Herren! Das können wir nicht gutheißen, es kann insbesondere nicht im Interesse
eines kleinen Staates wie Österreich liegen, dem zuzustimmen. Wir brauchen
Regeln, an die sich alle halten. Ich frage mich schon, Frau Außenministerin, Herr
Bundeskanzler, weil Sie heute auch diesen Ausdruck verwendet haben: Was heißt
in diesem Zusammenhang: Österreich ist in der Mitte? – Österreich ist
sicher nicht in der Mitte zwischen Ratifizierung und Nicht-Ratifizierung des
Kyoto-Protokolls, nehme ich an. Österreich ist nicht in der Mitte, hoffe ich,
zwischen Ratifizierung und Nicht-Ratifizierung des Internationalen
Strafgerichtshofs. Und Österreich kann nicht in der Mitte sein zwischen der
Beachtung der Regeln des internationalen Völkerrechtes und ihrer
Nicht-Beachtung! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Insofern hat mich
dann wieder die Resolution, die Beschlussfassung des österreichischen
Nationalen Sicherheitsrats vom Montag dieser Woche beruhigt. Ich halte diesen
Beschluss des österreichischen Nationalen Sicherheitsrats für eine sehr gute
Arbeitsgrundlage für die künftige österreichische Außen- und
Sicherheitspolitik, damit lässt sich arbeiten. Ich möchte nur, bevor das
verloren geht, ausdrücklich darauf hinweisen, dass in dieser Resolution vom
Montag, die von allen Vertretern aller vier Parteien einstimmig beschlossen
wurde, auch ausdrücklich davon die Rede ist, die türkische Regierung in aller
Deutlichkeit daran zu erinnern, dass sie einen Einmarsch auf das irakische
Staatsgebiet unterlassen möge – in ihrem eigenen Interesse, würde ich
hinzufügen, falls der türkischen Regierung an einem Beitritt zur Europäischen
Union noch gelegen sein sollte.
Das Zweite: Im
Beschluss des Nationalen Sicherheitsrats heißt es gegen Schluss: „Hinsichtlich
der auf nationaler Ebene“ – also österreichischer Ebene – „zu
treffenden Maßnahmen empfiehlt der Rat der Bundesregierung“ unter anderem,
„irakischen Flüchtlingen, die im Gefolge der Kampfhandlungen nach Österreich
kommen, ,vorübergehenden Schutz‘ im Sinne der Richtlinie der Europäischen Union zu gewähren ...“, und so
weiter.
Also: „irakischen
Flüchtlingen, die im Gefolge der Kampfhandlungen nach Österreich kommen“. –
Vorläufig werden es nicht viele sein, denn wie sollen sie denn kommen? Derzeit
ist es so, aber es könnte sein, dass es noch zu einem größeren Flüchtlingsstrom
kommt.
Ich muss schon
sagen, Herr Innenminister Strasser, ich verstehe das nicht: Am 20. März
schreiben verschiedene Flüchtlingsorganisationen, darunter der Evangelische
Flüchtlingsdienst und „SOS-Mitmensch“, an Sie einen Brief, in dem Sie gebeten
werden, dass sich Österreich nach § 9 des Asylgesetzes dazu bereit
erklärt, Flüchtlingen unbürokratisch Asyl zu gewähren – vorübergehend,
nehme ich an, ist gemeint, nach dem Muster der seinerzeitigen Aufnahme von
bosnischen Flüchtlingen –, mit der Notwendigkeit, ihnen Unterkunft,
medizinische, psychologische und vor allem auch altersgerechte Betreuung
zukommen zu lassen. Am selben Tag gibt es eine APA-Aussendung dahin gehend,
dass Innenminister Strasser die Asylverfahren von Irakern aussetzt – viel
mehr ist dieser Meldung nicht zu entnehmen.
Ich hoffe doch,
dass es in diesem Hause nicht nur einen Vier-Parteien-Konsens gibt, was das
Papier des Nationalen Sicherheitsrats angeht, sondern auch, was die konkrete
Flüchtlingspolitik in Österreich betrifft, falls es, was wir noch nicht wissen,
aber befürchten müssen, im Rahmen des Krieges zu größeren Flüchtlingsströmen
kommen sollte. Dann muss sich Österreich doch seiner humanitären Aufgaben, ich
würde sagen: Pflichten bewusst sein und entsprechend handeln und darf sich
nicht hinter irgendwelchen Paragraphen zurückziehen. – Ich danke Ihnen. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
11.49
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort gelangt
Herr Klubobmann Herbert Scheibner. 15 Minuten. – Bitte.
11.49
Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich möchte in dieser sehr ernsten Situation, aber auch ernsten Debatte mit etwas Positivem beginnen, nämlich dem Konsens – das sollte man herausstreichen –, den wir alle in Österreich, vor allem auch alle politischen Gruppierungen, in der Beurteilung dieser Frage haben. Wir alle wissen, dass
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 49 |
dieser Konsens in der Sicherheitspolitik und in der Außenpolitik
nicht selbstverständlich ist und dass wir selbstverständlich auch über
Begriffe, über Mechanismen, über Maßnahmen hätten streiten können. Wir haben es
nicht getan. Wir alle haben im Nationalen Sicherheitsrat den Konsens
hergestellt, und wir werden ihn heute hier mit einem gemeinsamen
Entschließungsantrag zum Ausdruck bringen.
Ich glaube, bei
all den wenigen Möglichkeiten, die ein kleines Land wie Österreich hat, in so
einer Krisensituation Signale zu setzen, ist dieser nationale Konsens, das
Sprechen mit einer Sprache, auch nach außen, einer der wenigen, aber wichtigen
Mechanismen, die wir hier einsetzen können. Schade, dass nicht andere Länder
diesem Beispiel gefolgt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP
sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)
Es ist gut und
wichtig, diesen Konsens zu haben, einen Konsens gegen den Krieg, einen Konsens
für den Frieden, aber auch einen Konsens für die Einhaltung und Durchsetzung
von Menschenrechten. Wir alle wissen – das haben Redner auch schon
gesagt –, dass man militärische Mittel zur Durchsetzung von
Menschenrechten, zur Durchsetzung auch internationalen Rechts nicht von
vornherein ausschließen kann. Aber sie müssen das allerletzte Mittel sein, wenn
alle anderen Möglichkeiten, alle anderen Mittel der Diplomatie, der Politik,
wirtschaftliche Möglichkeiten nicht mehr fruchten und nicht ausgereicht haben.
In diesem Fall, im Fall Irak, sind wir wohl alle hier der Meinung, zumindest
aus unserem Wissensstand heraus, dass diese Mittel noch nicht ausgeschöpft
worden sind.
Dass es notwendig
ist, Regime wie jenes von Saddam Hussein in die Schranken zu weisen, das ist
wohl auch allgemeiner Konsens. Wir wissen, dass es dort
Menschenrechtsverletzungen gegeben hat, Tausende Menschen allein durch Giftgas
umgebracht worden sind, Angriffskriege gegen Nachbarländer geführt worden sind
und dass man im Irak zumindest daran gearbeitet hat, vorhandene
Massenvernichtungswaffen so weiterzuentwickeln, dass sie in Zukunft eine Gefahr
für den Weltfrieden darstellen könnten.
Die Frage ist nur:
Wo ist der internationale Druck in den letzten zehn Jahren geblieben? Warum hat
man damals, auch völkerrechtlich legitimiert, als es im Kuwait-Krieg den
Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten gelungen ist, das Regime Saddam
Hussein in die Schranken zu weisen, nicht wirklich bis zum Schluss diese
Maßnahmen durchgesetzt und dieses Regime sprichwörtlich in die Wüste
geschickt?
Ist es nicht auch
ein Paradoxon dieser Situation, dass zwar die militärische Kapazität der Vereinigten
Staaten die Waffeninspektoren wieder in die Lage versetzt hat, ihre
Untersuchungen weiterzuführen, aber gleichzeitig dieses Militärpotential und
vor allem die Kosten für dieses Militärpotential es verhindert haben, dass die
Waffeninspektoren auch ausreichend Zeit für ihre Arbeit bekamen? Ist es nicht
auch ein Paradoxon, dass man jetzt über 70 Milliarden $ für diese Militäraktion
aufwendet und höchstens ein Zehntel davon für den Wiederaufbau, für die Zukunft
dieses Landes reserviert?
Wir haben in
Österreich, wie schon gesagt, wenig Möglichkeiten, aber wir haben das Recht und
auch die Pflicht, unsere Meinung zu sagen. Man könnte jetzt auch viel über das
Völkerrecht diskutieren. Auch darüber gab es eine Debatte: Ist diese
Militäraktion völkerrechtswidrig: ja oder nein? Wir alle, die wir uns mit dem
Völkerrecht beschäftigen, wissen, dass es so gestaltet ist, dass, wenn man das
will, so ziemlich alles erklärt werden kann. Für uns ist wohl eher die Frage zu
stellen: Ist es richtig oder falsch, diese Militäraktion durchzuführen? Aus
meiner Sicht ist es falsch, und das auszudrücken ist auch wichtig für uns.
Wenn es diesen Interpretationsspielraum im Völkerrecht gibt, dann muss man trotzdem versuchen, für diese Interpretationen Grenzen einzuziehen. Eine dieser Grenzen, die Klarheit schaffen würde, wäre ein Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Das ist aber nicht gegeben. Aber auch dieses Mandat kann nicht die einzige Rechtfertigung sein. Auch eine Aktion mit einem Mandat kann falsch sein. Es kann auch eine Aktion ohne Mandat richtig sein, wie es etwa am Balkan der Fall gewesen ist, weil es dort aus politischen Gründen nicht möglich gewesen ist, ein derartiges Mandat zustande zu bringen. Das zeigt auch ein bisschen den
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 50 |
Reformbedarf in den Vereinten Nationen. Aber trotzdem muss man,
soweit es geht, auf diese Sanktionierung durch den UNO-Sicherheitsrat Wert
legen, weil es sonst keinen Parameter für derartige Militäraktionen gibt. (Beifall
bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP und der SPÖ.)
Wenn wir schon
über die Begründungen von derartigen Aktionen diskutieren, dann, glaube ich,
sollten wir auch alle zur Kenntnis nehmen, dass es nicht die Verletzung von
Menschenrechten ist, die ein derartiges Droh- und dann auch Einsatzpotential
ins Laufen bringt, sondern dass es leider – man kann das oder sollte das
auch kritisieren und bedauern, aber es ist so, das ist die Realität – wohl
in der Regel Wirtschaftsinteressen oder politische Interessen sind.
Dann ist es auch
nicht verwunderlich, warum man nicht ein gleiches Maß gegenüber allen Nationen
und Staaten und Regimen anlegt, die Menschenrechte verletzen, die den
Weltfrieden gefährden, die sich nicht an UNO-Resolutionen halten. Das führt
dann zur mangelnden Glaubwürdigkeit auch von jetzt diskutierten Aktionen, wenn
man auf der einen Seite mit einer großen Armada die Einhaltung von
UNO-Resolutionen unterstützt, auf der anderen Seite aber wie etwa bei
Nordkorea, wo nicht der Verdacht besteht, dass es in diesem Land
Massenvernichtungswaffen gibt, die den Weltfrieden gefährden, sondern wo wir
uns dessen sicher sind, wo sich dieses Regime sogar damit brüstet, dass es
jederzeit auch einen atomaren Schlag gegen die demokratische Welt und gegen
andere Staaten richten kann, anders reagiert, nämlich mit Wirtschaftslieferungen
und mit Unterstützungen.
Das Problem der
Glaubwürdigkeit besteht auch, wenn es darum geht, auch im Nahen Osten klare
Konsequenzen anzudrohen oder durchzusetzen – es müssen ja nicht
militärische sein –, wenn Länder dort UNO-Resolutionen missachten, wenn
Menschenrechtsverletzungen geschehen, wenn das Recht auf Selbstbestimmung dort
nicht eingehalten wird. Davon hört man wenig.
Ich hoffe nur,
dass man für den Nahen Osten, wenn man schon militärische Aktionen durchführt,
auch ein Konzept für die Zukunft hat, für den Irak, aber auch für alle anderen
Länder in dieser Umgebung, und dass die Idee für die Zukunft nicht die Durchsetzung
des Kampfes gegen die so genannte Achse des Bösen darstellt, wo ein Land allein
entscheidet, wer zu dieser Achse des Bösen gehört, und bei diesem
Gut/Böse-Schema vergisst, dass vielleicht auch unter den eigenen Verbündeten,
gerade auch in dieser Region, Länder mit dabei sind, die die Menschenrechte
wesentlich stärker missachten und missbrauchen als Länder, die zu dieser Achse
des Bösen gehören. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der
ÖVP und der SPÖ.) Auch hier, glaube ich, sollten wir Konzepte für die
Zukunft verlangen.
Wenn wir über die
sicherheitspolitischen Konsequenzen diskutieren, dann ist auch notwendig
festzustellen, dass wir nicht zurückkehren können zu einer isolierten
Betrachtung von Sicherheitspolitik, sondern ganz im Gegenteil, dass wir alles
in unserer Kraft und Macht Stehende tun müssen, um ein Signal für eine
kooperative Sicherheitspolitik zu setzen, damit es wirklich ausgeschlossen
ist, dass ein Land alleine, wie stark es auch sein mag, darüber entscheidet,
ob, wann und wie mit militärischen Mitteln eigene politische Interessen
durchgesetzt werden. Das ist keine Frage eines Antiamerikanismus, dagegen würde
ich mich wirklich zur Wehr setzen, und das muss man auch all jenen sagen, die
versuchen, diese Gefühle in Europa oder vielleicht auch in Österreich zu
wecken. Aber es muss eine klare Konsequenz aus dieser Situation für die Zukunft
geben, in einer Kooperation auch mit den Vereinigten Staaten.
Wir müssen auch
Ländern wie etwa der Türkei klar sagen, dass es nicht zulässig sein kann,
zuerst zu spielen mit Überflugsrechten und mit der Möglichkeit, vom eigenen
Territorium aus Aktionen zu setzen, was anscheinend als Druckmittel eingesetzt
wurde, um dann eigene Interessen etwa im Nordirak durchzusetzen. Auch das ist
kein Verhalten, das wir von einem demokratischen Land, das auch Mitglied in der
europäischen Staatengemeinschaft werden will, erwarten, sondern ganz das
Gegenteil von dem. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der
ÖVP.)
Es wird hier großen Diskussions- und Reformbedarf geben. Es wird notwendig sein, über die Strukturen der UNO zu diskutieren, wenn wir wollen, dass sie wieder handlungsfähig wird, und
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 51 |
zwar nicht nur im Krisenmanagement und im
Wiederaufbau, sondern auch dann, wenn es darum geht, die Sanktionierung für
Militärmaßnahmen durchzusetzen.
Es wird notwendig
sein, auch über die Konfliktprävention stärker zu reden. Es ist zu spät, dann
darüber zu diskutieren, wenn bereits der Krieg ausgebrochen ist! Wir wissen,
dass es eine ganze Reihe von Ländern etwa in Afrika, aber auch in Asien gibt,
in denen es diktatorische Regime gibt, in denen es, wenn Rohstoffe vorhanden
sind, auch die notwendigen Geldmittel für die Aufrüstung dieser Regime gibt. Da
reicht es nicht, wenn man sich etwas darüber mokiert, dass es wie in Asien
Regime gibt, wo sich der Diktator in Gold gießen lässt und sich mit einem Kult
umgibt, sondern hier muss man rechtzeitig politische Maßnahmen setzen, um eine
Aufrüstung dieser Regime und eine Gefährdung für den Weltfrieden zu verhindern.
Wir werden auch in
der Europäischen Union darüber diskutieren müssen: Wie sieht es denn wirklich
aus mit den schönen Zielen der europäischen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik, die wir uns alle so wünschen, wo wir aber sehen, dass
dieser gemeinsame Wille, auch gemeinsame Sicherheitspolitik zu betreiben,
anscheinend leider auf das Gebiet Europas beschränkt ist?
Wir haben in
Mazedonien einen Erfolg gefeiert, wo einige hundert EU-Soldaten Krisenmanagement
betreiben werden. Auch das ist aber nur dann möglich, wenn man auf größere
Institutionen wie die Nato zurückgreifen kann. Aber dann, wenn es wirklich
darum geht, Weltpolitik zu machen, zu zeigen, dass Europa auch ein Faktor in
der Weltpolitik ist, scheitert dieses Europa kläglich, dann gibt es in den
europäischen Ländern keinen Konsens, dann gibt es in der Europäischen Union
keinen Konsens. Doch solange es nicht den politischen Willen dazu gibt, so
lange brauchen wir über alle anderen Schritte in der europäischen Sicherheits-
und Verteidigungspolitik gar nicht zu diskutieren. (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
Das werden die
Fragen der Zukunft sein, wann wir uns wirklich endgültig von der Nachkriegsordnung
in Europa und auf der Welt verabschieden und ob wir auch wirklich bereit sind,
die erforderlichen Kapazitäten einzubringen, sodass es eben nicht
notwendig ist, immer auf die Strukturen der Vereinigten Staaten
zurückzugreifen. Da sind wir auch in Österreich gefordert, dass auch wir in
Zukunft unseren Beitrag in diesen europäischen Konnex politisch und, wenn es
notwendig ist, auch militärisch einbringen.
Meine Damen und
Herren! Wenn es darum geht, auch die österreichischen Maßnahmen zu beurteilen,
dann möchte ich hier hervorstreichen, dass die österreichische Bundesregierung
ruhig, gelassen, aber effizient auf diesen Konflikt reagiert und auch
entsprechende Sicherheitsmaßnahmen in Österreich gesetzt hat. Es ist das ein
Akt der Souveränität, ein Akt, den wir den Sicherheitsinteressen unserer
Bevölkerung schuldig sind.
Wir werden unsere außenpolitischen Kapazitäten, gerade auch in diesem
Krisenraum des Nahen Ostens, unseren guten Namen, den wir dort haben, die guten
Kontakte, die wir dort haben, nützen und vielleicht noch stärker nützen müssen
als in der Vergangenheit, um hier ein klares, objektives Bild herzustellen, und
dürfen in Zukunft eben nicht darauf Rücksicht nehmen, dass irgendwelche
Großmächte, egal, wer das ist, darüber entscheiden, wer gut und wer böse ist.
Hier hat Österreich eine Nische in der Außenpolitik, eine Chance, eben weil wir
diese Kontakte haben, weil wir einen guten Namen haben, ein kleines
Mosaiksteinchen für die Bewältigung dieses Krisenherdes miteinzubringen.
Ich glaube, dass dieser Konsens, den wir heute angesichts des Krieges im
Irak hier haben, ein Beispiel sein kann und hoffentlich auch für die Zukunft
ist, dass wir dieses Krisenmanagement, diese Außenpolitik und auch die Nischen
in der Außenpolitik für Österreich gemeinsam nutzen, um als
Österreicher einen kleinen Beitrag für den Weltfrieden leisten zu können. (Beifall
bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
12.04
Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort
gelangt der Herr Vizekanzler. Der Nationalrat hat beschlossen, die Redezeit
soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Vizekanzler.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 52 |
12.05
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Vizekanzler
Mag. Herbert Haupt: Danke, Herr Präsident! – Sehr
geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank!
Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wie viele Österreicherinnen und
Österreicher habe auch ich vorige Woche in der Früh die erschütternden Bilder
vom offiziellen Kriegsbeginn im Irak im Fernsehen verfolgt. Aber allein schon
diese Meldungen waren falsch. Im Vorfeld hat es bereits tage- und wochenlang
kriegerische Übergriffe über die Flugzonen des Irak gegeben, um die
Infrastruktur für diesen Krieg vorzubereiten. So wie viele andere
Österreicherinnen und Österreicher, wie Millionen Menschen auf der ganzen Welt,
wie wir es auch über die Bildschirme gerade in den letzten Tagen gesehen haben,
lehne auch ich diesen Krieg, die Gewalt und das Leid, das dieser Krieg
hervorruft, entschieden ab. Ich fühle mich hier mit all diesen Millionen auf
der ganzen Welt, von Amerika über Großbritannien, über Spanien, über Italien
bis Österreich, solidarisch und eins. Krieg ist kein Mittel der Politik und
darf kein Mittel der Politik sein! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei
Abgeordneten der ÖVP und der SPÖ.)
Für mich, liebe Österreicherinnen und Österreicher, steht es fest, dass
dieser Krieg völkerrechtlich problematisch ist. Volkstümlich würde man sagen,
dass das Völkerrecht mit Füßen getreten wird, denn die Satzungen der Vereinten
Nationen übertragen dem Sicherheitsrat die Hauptverantwortung für die Wahrung
des Friedens und der internationalen Sicherheit. Eine Gewaltanwendung, wie sie
derzeit stattfindet, ist nicht autorisiert! (Beifall bei den Freiheitlichen
sowie bei Abgeordneten der SPÖ und des Abg. Mag. Molterer.)
Die Folgen des Krieges sind uns bewusst. Es gibt keinen sauberen Krieg.
Gerade jetzt, während ich hier auf der Regierungsbank zu Ihnen spreche, hat
mich eine APA-Meldung von Reuters erreicht, wonach heute Vormittag englische
und amerikanische Bomben einen Markt in Bagdad zerstört haben. Laut BBC-Meldungen
sind mindestens 15 Zivilisten dabei verbrannt, zahlreiche Autos stehen in
Flammen. – Ein beredtes Beispiel dafür, dass es den sauberen Krieg nicht
gibt und auch nicht geben wird.
Wir und vor allem die ältere Bevölkerung in unserem Lande wissen es: Frauen,
Männer, Kinder, alte Menschen sind meistens die Hauptopfer von kriegerischen
Auseinandersetzungen, und wenn sie diesen Krieg überleben, sind sie meistens
ihrer oftmals geringen Existenzmöglichkeiten beraubt, die Infrastrukturen sind
zerstört, und der Aufbau des Landes dauert meistens Jahre und Jahrzehnte.
Junge Soldaten und Soldatinnen, egal, für wen sie kämpfen, setzen ihr
Leben aufs Spiel. Soziale, medizinische und wirtschaftlich mühsam aufgebaute
Gefüge eines Landes werden über Nacht zerstört. Die Versprechungen der
Amerikaner, die Infrastruktur zu verschonen, sind in der letzten Nacht mit den
Bildern von Basra und anderen Orten klassisch widerlegt worden.
Dass die Umwelt auf Jahre und Jahrzehnte belastet wird, kennen wir schon
aus den vorangegangenen kriegerischen Auseinandersetzungen. Die Bilder von
brennenden Ölquellen und von mit Öl gefüllten Abwehrgräben erreichen uns über
die Bildschirme.
Folgen gibt es aber auch für die Länder innerhalb und außerhalb der
Europäischen Union. Zivilisierte Länder in Europa, die sich dem gemeinsamen
Friedensprojekt Europa verschrieben haben, sind nunmehr in Falken und Tauben
aufgeteilt. Es ist erschütternd für mich, dass man gerade in einer Zeit, in der
die von UNO-Waffeninspektoren eingeleitete Abrüstung so weit wie noch nie
gediehen ist, in der diplomatische Bemühungen und die UNO-Waffeninspektoren
einen friedlichen Boden für die Zukunft bereitet haben, zur Waffe greift.
Erschütternd ist, dass Länder wie die Vereinigten Staaten, Großbritannien und
Spanien – nein, nicht die Länder, sondern ihre derzeitigen
Regierungen – einen Krieg ohne die Zustimmung der eigenen Bevölkerung und
ohne die Zustimmung des Sicherheitsrates führen.
Auf Europas Straßen demonstrieren Hunderttausende von Menschen für den Frieden und gegen den Krieg. Warum, so frage ich mich, wird der Ruf der eigenen Bevölkerung in diesen Ländern so auffallend überhört? Warum schweigen so viele, wenn die Haager und die Genfer
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 53 |
Konvention im wahrsten Sinne des Wortes –
über die Bildschirme zu sehen – auf beiden Seiten mit Füßen getreten
werden? Warum schweigen so viele, wenn sichtbar die individuellen Menschenrechte
klassisch missachtet werden und all das, worauf wir in Europa und in den zivilisierten
Ländern in den letzten Jahren als politische Errungenschaften so stolz waren,
von einer Minute auf die andere obsolet geworden ist?
Die Wahrheit
stirbt als Erstes. Die genehme Wahrheit wird von den Medien kolportiert. Es
sollte jedoch gerade die Aufgabe eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks in
einem neutralen Land sein, objektiv – und nicht tendenziell
zu berichten. (Beifall bei den Freiheitlichen.) In diesem Zusammenhang
sieht man auch, dass Meinungsfreiheit oftmals und leichtfertig als nicht umfassend
verstanden wird.
Es handelt sich
dabei nicht nur um einen Krieg gegen die irakische Staatsführung – wie uns
beispielsweise der Untertitel von NBC „Krieg gegen Saddam“ aufoktroyieren
will –, sondern es ist dies vor allem ein Krieg gegen die Menschen, ein
Krieg, in dem die Menschen leiden, und es ist absolut falsch, 24 Stunden
lang zu trommeln, wie das eben manche Medien tun, dass dies ein „sauberer
Krieg“ wäre. – Das ist dieser genauso wenig wie alle anderen zuvor! (Beifall
bei den Freiheitlichen und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der
SPÖ.)
Von diesem Krieg
geht aber auch eine Gefahr für alle Kontinente aus: Nicht nur die
Börsen reagieren mittlerweile empfindlich auf jeden „Fortschritt“ oder
„Nicht-Fortschritt“ in dieser kriegerischen Auseinandersetzung, sondern auch
die Wirtschaftsprognosen schwanken von Tag zu Tag. Die wirtschaftlichen Folgen
für die gesamte Weltwirtschaft sind noch gar nicht abzuschätzen! Wir werden in
einigen Tagen die neuen Wirtschaftsprognosen bekommen – und wir, die wir
uns im Vorfeld damit beschäftigt haben, wissen, dass sie noch erschütternder
als die vorhergehenden sein werden.
Was die Zustimmung
einiger osteuropäischer Länder zu diesem Krieg betrifft, ist meiner Ansicht
nach auch das wirklich ambitionierte Friedensprojekt in der Europäischen Union
anzusprechen. Kollege Scheibner hat hier auch die Türkei expressis verbis
angeführt. Aber ich frage mich auch – angesichts manch anderer Länder, die
zunächst bedingungslos diese kriegerische Auseinandersetzung unterstützt haben
und wo jetzt einzelne Staatspräsidenten, so etwa Václav Klaus, die Positionen
für ihre Völker deutlich zum Ausdruck gebracht haben –, ob wir in Europa
aus dem Balkan-Krieg und den dortigen Auseinandersetzungen bei der
Demokratisierung Alt-Jugoslawiens noch immer nichts gelernt haben.
Sehr geehrte Damen
und Herren des Hohen Hauses! Ich meine, dass wir uns in den nächsten Tagen auch
über die wirtschaftliche Zukunft Österreichs – eben unter diesen
geänderten Rahmenbedingungen der Weltwirtschaft als Folge dieses
Krieges – ausführlich und genau unterhalten müssen. Das Rückgrat der
österreichischen Wirtschaft ist durch diesen Krieg schwer in Mitleidenschaft
gezogen! Daher meine ich, dass es notwendig sein wird, wirtschaftliche Maßnahmen
in unserem Lande in Gang zu setzen, um die Nachfrage innerhalb Österreichs,
aber auch die internationale Nachfrage nach österreichischen
Wirtschaftsprodukten deutlich zu verbessern, etwas, was uns derzeit –
Gott sei Dank, noch! – gelingt.
In den
Schlussfolgerungen des Europäischen Rates wird festgehalten, dass die Erfüllung
humanitärer Bedürfnisse und Erfordernisse, die dieser Konflikt mit sich bringen
wird, dringend angegangen werden muss. Ich bin der Ansicht, dass Österreich da
einen aktiven Beitrag, gerade eben als neutraler Staat, leisten kann und muss,
und ich habe daher mit den Beamten meines Hauses eine Reihe von Überlegungen
angestellt, welche Maßnahmen wir diesbezüglich unterstützen beziehungsweise
durchführen können.
An erster Stelle
werden wohl die Versorgung von Kranken und Verletzten sowie der Aufbau
medizinischer Versorgungseinrichtungen vor Ort stehen. Dabei sollte man den
Gesichtspunkt der Erstvorsorgung voranstellen. Ich meine daher, dass die
Bemühungen des Internationalen Roten Kreuzes und des UNHCR mit allem Nachdruck
von Österreich aus zu unterstützen sind, um diese Bemühungen möglichst
frühzeitig, möglichst vor Ort und möglichst umfassend zu einem Erfolg werden zu
lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
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Die Bilder von
heute Früh, wonach anstatt von Wasser lediglich leere Wasserkanister ausgeteilt
wurden, waren nicht gerade beruhigend. Ich meine daher, dass im Zusammenhang
mit der zerstörten Infrastruktur des Irak gerade das Know-how des
Österreichischen Roten Kreuzes, was eben Wasseraufbereitungsanlagen vor Ort
betrifft, um die Bevölkerung mit diesem wichtigen Lebensmittel versorgen und um
auch wieder eine funktionierende Infrastruktur herstellen zu können, von
Österreich aus möglichst schnell und möglichst umfassend zur Verfügung gestellt
werden sollte.
Was die Zeit nach
dieser kriegerischen Auseinandersetzung anlangt, so ist es meiner Ansicht nach
wichtig, dass die Vereinten Nationen wieder in die Lage versetzt werden, als
Einzige über Krieg und Frieden sowie über militärische Interventionen zu
entscheiden – und dass in Zukunft nicht einzelne Länder dieses Recht für
sich arrogieren können. (Beifall bei den Freiheitlichen, bei Abgeordneten
der ÖVP, der SPÖ und der Grünen.)
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit, Herr
Vizekanzler!
Bundesminister
für soziale Sicherheit und Generationen Vizekanzler Mag. Herbert Haupt (fortsetzend): Wir haben bereits einen ersten Schritt in
diese Richtung gesetzt, und ich bin mir dessen sicher, dass die gemeinsamen
Bemühungen Österreichs, Belgiens, Deutschlands, Frankreichs, Finnlands, Schwedens,
Norwegens, der Schweiz und vieler anderer schlussendlich auf politischer und
diplomatischer Ebene erfolgreich sein werden, sodass die Grundkonzeption für
die Vereinten Nationen auch in Zukunft gültig ist, dass eben das Wohl aller
Staaten nur miteinander und nicht gegeneinander und schon gar
nicht auf Rechnung einiger weniger in der Staatengemeinschaft funktionieren
kann. Das ist wichtiger denn je.
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!
Bundesminister
für soziale Sicherheit und Generationen Vizekanzler Mag. Herbert Haupt (fortsetzend): Ich bin stolz darauf, dass wir hier in
Österreich im Nationalen Sicherheitsrat einen Konsens gefunden haben. Damit
stehen wir einmalig in Europa da, und ich hoffe, dass dieser Konsens in dieser
schwierigen Situation auch die Beratungen des Hohen Hauses in den nächsten
Tagen und Wochen prägen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP
sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)
12.16
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Wir kommen jetzt zu einer Runde von
vier Diskussionsbeiträgen zu je 8 Minuten.
Zu Wort gemeldet
ist Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.
12.17
Abgeordneter
Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus!
Herr Vizekanzler, Respekt für diese Rede! Ich teile Ihre Auffassung: Es gibt
keinen „sauberen Krieg“, und das haben uns ja die neuesten Nachrichten von
einem Bombardement eines Marktplatzes in Bagdad bestätigt.
Ich denke auch,
dass man unsere Sprache, die Sprache der Medien, die Sprache der Politik, immer
wieder überprüfen muss: beispielsweise an dem so oft zitierten Beispiel so
genannter Kollateralschäden. Man muss nämlich genau wissen, worum es hiebei
wirklich geht, denn ein Krieg ist nicht als statistische Größe, nicht als
Faktor der wirtschaftlichen Entwicklung, nicht als bloßes Planspiel auf
Landkarten zu verstehen, sondern da geht es um Einzelschicksale –
und das bekommen wir ja auch von den Medien vermittelt, wenn beispielsweise
Dörfer zerstört werden, wenn es Hunderttausende Flüchtlinge gibt, wenn die
Menschen bei 40 Grad Celsius kein Wasser zur Verfügung haben, keine
Nahrungsmittel, wenn Kinder zu Tode kommen, wenn Spitäler überfüllt und
benötigte Medikamente nicht vorhanden sind, wenn es einfach vielfältigstes
Leid gibt.
Das alles muss man
sehen, und das muss man auch berücksichtigen, wenn oft leichtfertig da und dort
in der Politik durchtönt: Na ja, der Krieg ist halt „die Fortsetzung
politischer Mittel“. – Das darf er einfach nicht sein!
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Wir waren so
stolz, dass wir eine Zivilisationsstufe erreicht haben, unter anderem mit der
Einrichtung der UNO, um eben Konflikte möglichst vor Ort regeln zu können, um
eine Legitimation für allfällige Eingriffe – eben dort, wo es nicht mehr
anders geht – herzustellen. Aber diesmal war es anders als sonst, denn
dieser Konflikt hat sich nicht abgespielt zwischen den „üblichen“
Veto-Einbringern bei einem solchen Konflikt, sondern in diesem Fall waren die
USA, Großbritannien und einige andere Länder auf der einen Seite, und auf der
anderen Seite standen Frankreich und Deutschland als zwei Länder mit einer
großen demokratischen Tradition; selbstverständlich haben auch die Vereinigten
Staaten eine große demokratische Tradition.
Es ist so bitter,
dass im Zuge dieser Entwicklung oft auch nicht gesehen wird, welche Konsequenzen
und Folgen so ein Krieg hat: nicht nur für die betroffenen Hunderttausenden
Flüchtlinge, die jetzt im Nordirak, im Südirak und in vergleichbaren Fällen
auch in anderen Ländern bei solchen Auseinandersetzungen die schreckliche Folge
sind, sondern auch für die Schicksale derer, die dort als Berufssoldaten
hingeschickt werden, dort jetzt sterben, verletzt oder verkrüppelt werden, wie
wir das ja seinerzeit auch beim Vietnamkrieg gesehen haben und wie das in
dieser drastischen Schärfe auch immer wieder dargestellt wurde.
Es ist ja auch
nicht die Konsequenz berücksichtigt worden, die so eine Auseinandersetzung nach
sich ziehen kann, wenn es zu einer Radikalisierung zwischen dem Westen und dem
Islam, zwischen dem Westen und der arabischen Welt – und auch innerhalb
der arabischen Länder – kommt. Da wird auch das heile Bild so mancher
Urlaubsländer zerstört, das man eben gewohnt ist, wenn man im Fernsehen einmal
nicht politische Nachrichten sieht, sondern sich anschaut, wo man denn so
überall auf Urlaub hinfahren könnte.
Der Terror, den es
zu bekämpfen gilt, ist aber so zu bekämpfen, wie es zivilisatorisch hoch
stehenden Ländern und Demokratien mit geregelten Rechtsordnungen auch
entspricht. Deswegen gibt es das Völkerrecht, deswegen gibt es die UNO –
als eine wichtige Basis.
Es gilt auch die
Verbreitung von Waffen zu bekämpfen, und zwar sowohl atomarer als auch biologischer
und chemischer Waffen. Doch da müssen sich so manche westliche Regierungen und
westliche Unternehmungen an der Nase nehmen, die solche Länder und solche
Diktaturen beliefert haben und dann plötzlich UNO-Inspektoren hinschicken
müssen, um das, was sie vorher geliefert haben, dann dort zu suchen, zu finden
und es eventuell dort zu zerstören.
Man muss doch
einmal diese Doppelmoral und diese Logik sehen, die da dahinter steckt, ebenso
wie den Zynismus, dass man neben den üblichen Berichten in den Medien auch
lesen kann, dass es schon einen großen Streit über die Frage des Wiederaufbaus
gibt: Wer wird dort am Wiederaufbau beteiligt? Wer kann dort das Geschäft
machen, wenn man die zerstörten Häuser wieder aufbauen soll?
Das ist doch
unfassbar, das ist unmenschlich in höchstem Maße! Das, bitte schön, wird aber
auch von Mächten und von Kräften zum Ausdruck gebracht, die für sich in
Anspruch nehmen, über Demokratie zu reden, über Menschenrechte zu reden, über
Sauberkeit zu reden, über Moral zu reden! Durch diese Doppelbödigkeit wird
meiner Meinung nach dieser Konflikt noch verschärft, und ich hoffe nicht, aber
es sieht so aus und könnte durchaus sein, dass das auch zwischen den
Zivilisationen, zwischen den Religionen, zwischen verschiedenen Ländern und
innerhalb dieser Länder geschieht.
Ich bin froh, dass
in dem Vier-Parteien-Beschluss des Nationalen Sicherheitsrates, der wirklich
eine Präzisierung auch des Standpunktes für die österreichische Bundesregierung
und für die österreichische Außenpolitik beinhaltet, klar formuliert ist, dass
dieser Krieg völkerrechtswidrig ist, dass – so auch eine klare Forderung
von Millionen Demonstranten und besorgten, ängstlichen Menschen – dieser
Krieg ein baldiges Ende finden soll, dass aber auch drinnen steht, dass künftig
die Erdölförderung im Irak, sollte es soweit kommen, unter die Verwaltung der
UNO zu stellen ist und die Erträge dem irakischen Volk übermittelt werden
sollen – nicht, dass man nach Ende dieses Krieges darangeht, die
Erdölfelder dort aufzuteilen, dass die verschiedenen Firmen dort aufmarschieren
und sich dann das Erdöl einfach unter den Nagel reißen. (Beifall bei der SPÖ
und bei Abgeordneten der Grünen.)
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Es gilt aber auch,
so etwas wie anti-amerikanische Stimmungen zu bekämpfen. Diese Stimmung ist
falsch, denn in Washington, in New York, in San Francisco und in vielen anderen
Städten demonstrieren Hunderttausende gegen diesen Krieg. Es ist
auch ein Unterschied festzustellen im Umgang mit der UNO, im Umgang mit
Konflikten, im Umgang mit Konfliktherden, mit der Europäischen Union, wenn man
die Administration Bush mit der Administration des Bill Clinton vergleicht. Da
ist ein Unterschied festzustellen, und daher ist es richtig, wenn man Kritik an
der Administration übt und nicht sagt: die Amerikaner, die USA.
Es ist nach wie
vor wichtig, dass es gute Beziehungen mit den Vereinigten Staaten gibt. Es ist
aber auch wichtig, zu sehen, dass es diese Unterschiede gegeben hat. Bill
Clinton hat sich bemüht, sich in Form vielfältigster Diplomatie, durch Reisen
et cetera, im Nahostkrieg zu engagieren, um dort Frieden herbeizuführen. Bill
Clinton ist auch mit Nordkorea viel effizienter und wirksamer umgegangen. Bill
Clinton und seine Administration haben sich wirklich bemüht, die
internationalen Spielregeln, das Völkerrecht auch wirklich zu respektieren. Das
muss man feststellen, wenn man über diese Frage hier diskutiert, und es ist
berechtigt, jetzt auch entsprechende Kritik anzubringen. (Beifall bei der
SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich möchte
abschließend meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, auch gegenüber denjenigen,
die hier zusehen und zuhören, dass es zu keiner Verbreitung des Terrors kommt,
dass dieser Krieg möglichst bald zu Ende ist, dass wir künftig wieder
Konfliktregelungsmechanismen haben, die Kriege vermeiden, im
Sicherheitsinteresse von uns allen, auch hier in Österreich. Wir sollen nicht
glauben, dass wir auf einer Insel der Seligen leben. Auch wir sind Teil dieser
internationalen Gemeinschaft, und auch wir müssen durch eine offensive
Außenpolitik unseren Beitrag dazu leisten, wieder Frieden zu ermöglichen und
gegen diese Entwicklung aufzutreten, die sich im Moment abzeichnet. (Beifall
bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP, der Freiheitlichen und der Grünen.)
12.25
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Redezeit: 8 Minuten. –
Bitte sehr.
12.25
Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der
Bundesregierung! Hohes Haus! Ich möchte, bevor ich einen Vier-Parteien-Antrag
einbringe, zunächst doch feststellen: Ich halte es schon für bemerkenswert,
dass alle Fraktionen des Hohen Hauses einen gemeinsamen Antrag betreffend Krieg
im Irak vorlegen, einen Antrag der so umfangreich ist, das ich den Herrn
Präsidenten bitte, diesen Antrag vervielfältigen zu lassen. Ich werde ihn aber
in seinen Grundzügen erläutern.
Meine Damen und
Herren! Wir haben uns hier schon mehrmals mit diesem Thema auseinander gesetzt,
und viele Redner haben heute zu Recht auf den Krieg als etwas Besonderes, das
heute durch Bilder in jedem Wohnzimmer präsent ist, hingewiesen. Und völlig zu
Recht – da teile ich alle Auffassungen – ist es für uns in Österreich
eigentlich keine Denkkategorie mehr. Ein Krieg im Sinne einer militärischen
Auseinandersetzung, im Sinne von rollenden Panzern, im Sinne von Tod,
Zerstörung, im Sinne einer permanenten Gefahr für Leib und Leben, ist etwas, das –
Gott sei Dank! – für uns Österreicher eigentlich weit weg ist.
Viele Österreicher
glauben fast, wenn sie diese Bilder sehen, dass diese aus einer anderen Welt
kommen. Diese Bilder machen aber auch deutlich, dass wir eben in dieser Welt
nicht so weit sind, einen Krieg kategorisch ausschließen zu können. Ich halte
das für sehr bedenklich.
Wir
Österreicher – und das darf ich bewusst auch stolz sagen: wir Österreicher
im Sinne von Nationalrat, im Sinne von Bundesregierung, im Sinne des Nationalen
Sicherheitsrates und der Meinung vieler Österreicherinnen und
Österreicher – sind gegen diesen Krieg, sind immer gegen einen Krieg als
Mittel der Auseinandersetzung gewesen, beteiligen uns in keiner Weise an
militärischen Operationen und räumen auch keinerlei Überflugsrechte im Sinne
von Unterstützungsmaßnahmen ein. Das wollen wir nicht! (Beifall bei der
ÖVP.) Das halte ich einmal als gemeinsame Linie fest. Und wir alle
gemeinsam hoffen, dass es, so wie es viele Österreicher auch wollen, möglichst
rasch zu einem Ende dieses Krieges kommt.
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Ein zweiter Punkt,
den ich ansprechen möchte, ist die Auswirkung, dass die UNO als Weltbühne, der
Sicherheitsrat als Instrument für die Konfliktbewältigung in diesem Fall
bedauerlicherweise nicht genutzt wurden. Das ist ein sehr bedenkliches Signal.
Wenn wir uns die Geschichte des Weltsicherheitsrates anschauen: Gerade in den
letzten Jahren ist der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu einem
bedeutenden Instrument der Friedenswahrung geworden. Der Sicherheitsrat war die
Bühne, auf der Konflikte bewältigt wurden – mit Resolutionen, mit
entsprechenden Maßnahmen, ja sogar auch mit Gewalt im Sinne der
Weltgemeinschaft, wenn es, wie etwa beim Irak-Krieg I, darum ging, das
besetzte Kuwait zu befreien.
Dieser Weg wurde
verlassen, und das ist bedenklich. Daher ist es auch unsere gemeinsame
Forderung, dass die UNO wieder die volle Autorität zurückerhalten muss. Das
wird nicht von heute auf morgen gehen, und da werden auch alle einen Beitrag
leisten müssen, aber es muss unser gemeinsames Ziel sein, dass der
Weltsicherheitsrat als Instrument und die UNO als Bühne für Konfliktbewältigung
allein zuständig bleiben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte als
einen weiteren Eckpunkt auch erläutern, dass gar kein Zweifel daran aufkommen
darf, dass der Irak mit seinem Regime entwaffnet gehört. Allein die
Vorstellung, dass Massenvernichtungswaffen in der Hand eines Diktators eine
permanente Gefahr für den Weltfrieden, für die umliegenden Regionen
darstellen, ist unerträglich. Darum darf auch niemand in irgendeiner Weise
bezweifeln, dass es uns nicht Ernst damit wäre, dass der Irak entwaffnet werden
muss, meine Damen und Herren. Das ist mit ein potentieller
Aggressor für die gesamte Region des Nahen und Mittleren Ostens, und das darf
in Zukunft nicht so bleiben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
In diesem
Zusammenhang fordern wir aber gemeinsam, dass diese Spannungen, die jetzt in
den arabischen Ländern auch sichtbar werden, von uns mit einer
Begegnungsstrategie ganz offensiv angegangen werden müssen. Wir müssen
versuchen, dass wir in der Europäischen Union, besonders auch mit einer
Initiative Österreichs, einen tragfähigen Dialog mit den arabischen Ländern
aufbauen, damit nicht der Eindruck entsteht, es wäre tatsächlich ein Krieg gegen
die arabischen Länder. Wir müssen versuchen, zu erreichen, dass die arabischen
Länder gemeinsam mit der Europäischen Union an einer zukünftigen Lösung in
diesen Regionen arbeiten.
Ich möchte auf
einen Punkt eingehen, was die Europäische Union anlangt, wo nicht immer
verstanden wurde, warum es hier mehrere Spieler gegeben hat, mehrere
Standpunkte, die leider zu einem ganz unterschiedlichen Vorgehen im
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen geführt haben.
Es waren
tatsächlich zwei verschiedene Extrempositionen, die eingenommen wurden: auf der
einen Seite, wie uns allen bekannt, Großbritannien und Spanien, die auf der
Seite der Vereinigten Staaten auch ein Ultimatum an den Weltsicherheitsrat
gestellt haben, auf der anderen Seite aber Frankreich und Deutschland, die auch
nicht unbedingt nur hilfreich in diesem Konflikt waren, denn wer vorweg ein
Veto andeutet, der macht auch unmöglich, dass es auf der Bühne des
Weltsicherheitsrats eine Einigung gibt, meine Damen und Herren.
Die dritte und
zahlenmäßig größte Gruppe der Europäischen Union war auf einer ganz anderen
Linie, und da gehört Österreich dazu, nämlich dass wir gemeinsam mit der
griechischen Präsidentschaft versuchen, eine Vermittlungsposition, eine
gemeinsame Position der Europäischen Union einzunehmen. Ich halte es für
richtig, dass sich Österreich voll in dieser Gruppe engagiert
hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Eine zukünftige
Forderung muss daher sein, dass die Europäische Union mit einer
Sprache spricht, eine Aktion gemeinsam vorantreibt.
Ich komme damit zu Österreich und möchte die Bemühungen der Bundesregierung besonders anerkennend hervorheben, denn der Herr Bundeskanzler hat gerade in den Europäischen Räten mit seiner Vermittlungsposition dazu beigetragen, dass die griechische Präsidentschaft
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 58 |
zweimal zu einer gemeinsamen Position gekommen ist. Ich möchte
das hier sehr anerkennend sagen und auch der Frau Außenministerin, die im
Auftrag der griechischen Präsidentschaft auch Reisen in die arabischen Länder
unternommen hat, namens der Volkspartei unsere Anerkennung ausdrücken. Ich
glaube, das war die richtige Politik in dieser Situation. (Beifall bei der
ÖVP.)
Die
Bundesregierung hat Sorge dafür getragen, dass die Österreicher in dieser
Region sicher sind. Ich halte es auch für wichtig, dass in Österreich ein
gemeinsamer Konsens herrscht, der über den Nationalen Sicherheitsrat hinaus
auch heute im Nationalrat dokumentiert wird. Das ist Außenpolitik, wie wir sie
unterstützen, wie wir sie fordern, und das zeigt, dass Österreich in einer
solchen Krise gemeinsam an einem Strang zieht und dass wir gemeinsam eine
Position haben. Das halte ich im Interesse aller Österreicherinnen und
Österreicher für einen sehr guten Beginn einer zukünftigen gemeinsamen
Außenpolitik. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Freiheitlichen, der SPÖ und der Grünen.)
12.33
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der Antrag
Spindelegger, Schieder, Scheibner, Pilz und Kollegen ist ordnungsgemäß
eingebracht und wurde in seinen Grundzügen vorgetragen. Er wird jetzt
vervielfältigt und verteilt und steht zur Verhandlung und Abstimmung.
Der Antrag hat
folgenden Wortlaut:
Entschließungsantrag
der
Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Peter Schieder, Herbert Scheibner,
Dr. Peter Pilz und KollegInnen betreffend Krieg im Irak, eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt
Erklärung des Bundeskanzlers in der 10. NR-Sitzung (XXII. GP) am
26.3.2003
Nach dem
Scheitern der vielfältigen internationalen Bemühungen um eine friedliche Lösung
des Irak-Konfliktes und nach dem Ausbruch des Krieges hat die Bundesregierung
alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit der österreichischen
Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in der Region ebenso zu gewährleisten wie
in Österreich selbst.
Österreich hat an der Position festgehalten, dass sich keine
österreichischen Kräfte an militärischen Kampfhandlungen gegen den Irak
beteiligen. Die Bundesregierung hat zur Wahrung der österreichischen
Souveränität verstärkte Anstrengungen zur Überwachung des österreichischen
Luftraumes unternommen und diesen insbesondere für Überflüge zu militärischen
Zwecken von am bewaffneten Konflikt beteiligten Ländern gesperrt.
Der Irak-Konflikt wurde auch im Europäischen Rat am 20. und
21. März 2003 in Brüssel ausführlich diskutiert. In den
Schlussfolgerungen der griechischen Präsidentschaft ist auch folgende
einvernehmliche Erklärung enthalten:
„Mit dem Beginn des militärischen Konflikts sehen wir uns einer neuen
Situation gegenüber. Unsere Hoffnung richtet sich darauf, dass der Konflikt so
wenig Menschenleben und Leiden wie möglich fordern wird. Wir stehen vor
folgenden gemeinsamen Herausforderungen:
In Bezug auf Irak:
Die EU ist der territorialen Unversehrtheit, der
Souveränität, der politischen Stabilität und der vollständigen und
tatsächlichen Abrüstung von Irak in allen Teilen seines Hoheitsgebiets sowie
der Achtung der Rechte des irakischen Volkes, einschließlich aller Angehörigen
von Minderheiten, verpflichtet.
Wir sind überzeugt, dass die Vereinten Nationen weiterhin während und
nach der gegenwärtigen Krise eine zentrale Rolle spielen müssen. Das System
der Vereinten Nationen verfügt über eine einzigartige Kapazität und praktische
Erfahrung bei der Koordinierung der Hilfe in Staaten nach Beendigung eines Konflikts.
Der Sicherheitsrat sollte den Vereinten Nationen ein robustes Mandat für diese
Aufgabe erteilen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 59 |
Die erheblichen
humanitären Bedürfnisse, die der Konflikt mit sich bringen wird, müssen dringend
angegangen werden. Die EU hat sich dazu verpflichtet, im Einklang mit
bestehenden Grundsätzen in diesem Bereich einen aktiven Beitrag zu leisten. Wir
unterstützen den Vorschlag des VN-Generalsekretärs, dass die humanitären
Bedürfnisse des irakischen Volkes weiterhin über das Programm "Öl für
Lebensmittel" gedeckt werden können.
Wir möchten
wirksam dazu beitragen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass alle Iraker
in Freiheit, Würde und Wohlstand unter einer repräsentativen Regierung leben
können, die mit ihren Nachbarn in Frieden und ein aktives Mitglied der
internationalen Gemeinschaft ist. Der Rat ersucht die Kommission und den Hohen
Vertreter, die Mittel zu prüfen, mit denen die Europäische Union dem
irakischen Volk helfen kann, diese Ziele zu erreichen.
In Bezug auf
die gesamte Region:
Wir bringen
unsere Solidarität mit den Ländern, die mit den Problemen und Risiken infolge
des Konflikts, einschließlich möglicher Flüchtlingsströme, konfrontiert sind,
zum Ausdruck und halten uns bereit, ihnen Unterstützung zu leisten. Die EU wird
sich aktiv dafür einsetzen, die Stabilität in der Region zu sichern.
Wir fordern
alle Länder der Region auf, keine Aktionen zu unternehmen, durch die die
Instabilität noch erhöht werden könnte.
Die Länder der
Region tragen auch eine besondere Verantwortung für die Verhütung von
Terrorakten.
Wir werden
weiterhin aktiv auf eine Wiederbelebung des Friedensprozesses im Nahen Osten
durch die unverzügliche Bekanntmachung und Umsetzung des von dem Quartett
gebilligten Fahrplans hinarbeiten.
Wir werden in
allen Bereichen unseren Dialog und unsere Zusammenarbeit mit der arabischen und
der islamischen Welt intensivieren. Wir hoffen, dass es bald möglich sein wird,
die vom Barcelona-Prozess gebotenen umfangreichen Möglichkeiten erfolgreich zu
nutzen.
Auf
internationaler Ebene:
Wir bekräftigen,
dass wir der grundlegenden Rolle der Vereinten Nationen im internationalen
System verpflichtet sind und dafür eintreten, dass an erster Stelle der
Sicherheitsrat für die Aufrechterhaltung von Frieden und Stabilität in der Welt
verantwortlich ist.
Wir sind
entschlossen, die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union im Rahmen der GASP
und der ESVP zu stärken.
Wir sind
weiterhin davon überzeugt, dass wir die transatlantische Partnerschaft
vertiefen müssen, die nach wie vor eine grundlegende strategische Priorität für
die Europäische Union bildet. Zu diesem Zweck ist ein anhaltender Dialog über
die neuen regionalen und globalen Herausforderungen notwendig.
Wir werden zur
weiteren Stärkung der internationalen Koalition gegen den Terrorismus beitragen.
Wir werden
ferner die Arbeiten im Hinblick auf eine umfassende, kohärente und wirksame
multilaterale Politik der internationalen Gemeinschaft zur Verhinderung der
Verbreitung von Massenvernichtungswaffen intensivieren.
Die
vorstehenden Ziele hängen miteinander zusammen und ergänzen einander. Sie
sollten gleichzeitig durch abgestimmtes Handeln aller wichtigen internationalen
Akteure verfolgt werden. In diesem Sinne ist die Wiederherstellung der Einheit
der internationalen Gemeinschaft ein absolutes Gebot."
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 60 |
Am 24.3.2003
hat sich der Nationale Sicherheitsrat mit dem Irak-Konflikt und seinen Auswirkungen
auf Österreich befasst. Der Sicherheitsrat hat dabei im Sinne des bewährten
überparteilichen Konsenses über die österreichische Außenpolitik und über
Grundfragen der Äußeren Sicherheit einen einstimmigen Beschluss gefasst.
Die
unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Nationalrat
hält daran
fest, dass es zur Legitimation einer militärischen Aktion gegen den Irak eines
Beschlusses des Weltsicherheitsrates bedurft hätte, und bedauert, dass es ohne
Ermächtigung des Weltsicherheitsrates zu einer militärischen Aktion gegen den
Irak gekommen ist und dass eine friedliche Entwaffnung des Iraks damit nicht
möglich war;
bedauert, dass
wichtige Mitgliedstaaten der Europäischen Union in einer so grundlegenden Frage
im Weltsicherheitsrat keinen gemeinsamen Standpunkt gefunden haben und begrüßt,
dass der Europäische Rat vom 20./21. März in Brüssel wenigstens für die
Zukunft gemeinsame Schlussfolgerungen erreicht hat, die der Nationale
Sicherheitsrat vollinhaltlich unterstützt;
teilt die
Hoffnung vieler Menschen auf ein baldiges Ende des Krieges
und ersucht daher die Bundesregierung, im Sinne
des einstimmigen Beschlusses des Nationalen Sicherheitsrates vom 24. März
2003 vorzugehen, der lautet:
„1. Der Nationale Sicherheitsrat (im Folgenden kurz Rat) empfiehlt der
Bundesregierung, nachdrücklich für eine einheitliche Haltung der Europäischen
Union einzutreten, die auf den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von
Brüssel (20./21. März 2003) aufbaut.
2. Der Rat
bekräftigt seine Empfehlung an die Bundesregierung, dass sich das neutrale
Österreich an keinerlei militärischen Operationen gegen den Irak beteiligt und
auch keine Überflugsrechte einräumt.
3. Der Rat
empfiehlt der Bundesregierung, dabei insbesondere der Wiederherstellung der
vollen Autorität der Vereinten Nationen besondere Priorität zu geben. Die
Vereinten Nationen sollten in die Lage versetzt werden, so bald wie möglich
nach Ende der Kampfhandlungen die volle Verantwortung für den Aufbau
demokratischer Strukturen und rechtsstaatlicher Institutionen, den Schutz der
ethnischen und religiösen Minderheiten unter Wahrung der territorialen Integrität
des Irak, die Organisation und Koordination humanitärer Hilfe, den politischen
und wirtschaftlichen Wiederaufbau und die Sicherung der Einkünfte aus der
Erdölförderung für das irakische Volk zu übernehmen.
In diesem Sinne
empfiehlt der Rat der Bundesregierung, im Rahmen der Europäischen Union und der
Vereinten Nationen alles zu unternehmen, um den Kurden im Nordirak zumindest
das bisherige Maß an Autonomie zu garantieren. Dazu ist die türkische Regierung
aufgefordert, jedes militärische Eindringen auf irakisches Staatsgebiet zu
unterlassen.
4. Angesichts der wachsenden Spannung in den arabischen Ländern sowie zwischen den arabischen Ländern und der westlichen Welt, die mit großer Sorge beobachtet wird, empfiehlt der Rat der Bundesregierung, alle Maßnahmen, die im Rahmen der Europäischen Union oder der Vereinten Nationen gesetzt werden, um den Dialog mit der arabischen Welt zu intensivieren, mit Nachdruck zu unterstützen. In diesem Zusammenhang empfiehlt der Rat der Bundesregierung auch, mit besonderer Intensität an Bemühungen zur Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern mitzuwirken und dabei zu unterstreichen, dass nicht nur UNO-Resolutionen zum Thema Irak, sondern auch UNO-Resolutionen zur Lösung des Nahostkon-
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 61 |
fliktes Beachtung finden müssen, damit nicht der Eindruck entsteht,
dass mit zweierlei Maß gemessen wird.
5. Hinsichtlich
der auf nationaler Ebene zu treffenden Maßnahmen empfiehlt der Rat der Bundesregierung,
dem Schutz gefährdeter Personen und Objekte weiterhin besondere Aufmerksamkeit
zu widmen, weiterhin alle zur Verfügung stehenden Mittel zur Wahrung der
Souveränität und der Verpflichtungen aus dem Neutralitätsgesetz einzusetzen
und irakischen Flüchtlingen, die im Gefolge der Kampfhandlungen nach
Österreich kommen, "vorübergehenden Schutz" im Sinne der Richtlinie
der Europäischen Union zu gewähren und auf eine gerechte Lastenverteilung
betreffend die Flüchtlingsbetreuung innerhalb der Europäischen Union zu
drängen.
Der Rat teilt
die Hoffnung vieler Menschen auf ein baldiges Ende des Krieges.“
*****
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner
ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Die Redezeit beträgt
8 Minuten. – Bitte.
12.33
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Herr Bundeskanzler! Wie einige andere bin ich überrascht, wie
seltsam blass angesichts der dramatischen Entwicklung im Irak Ihre Erklärung
geblieben ist. (Abg. Dr. Fekter: Die
war nicht blass! Sehr sachlich war sie!) Ich stehe auch nicht an, zu sagen,
ich bin auch überrascht, dass demgegenüber die Erklärung des Vizekanzlers viel
konkreter, viel engagierter und viel mehr an den wirklichen Problemen
orientiert war. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Herr
Bundeskanzler! Sie sagen, Saddam Hussein sei sozusagen alleine schuld. Es gibt
eine historische Schuld von Saddam Hussein. Niemand hier wird sich finden, der
die Verbrechen des irakischen Diktators verharmlost, insbesondere nicht in
unseren Reihen. Ich kann mich gut an Zeiten erinnern, als die USA Saddam noch
als „befreundetes Monster“ betrachtet haben, und wie viel Arbeit es gekostet
hat, die irakische und kurdische Opposition damals ohne Rückhalt aus der
offiziellen Politik zu unterstützen. Das hat sich zum Glück geändert. Zum Glück
gibt es heute eine geschlossene internationale Gegnerschaft zum Regime Saddam
Husseins. Aber trotzdem müssen wir uns fragen, ob diese Gegnerschaft alle
Mittel rechtfertigt.
Da gibt es einen
ersten Punkt: Es wird erklärt, der Grund für den Krieg seien die Massenvernichtungswaffen,
von denen die UN-Inspektoren, hätten die USA sie nicht gezwungen, ihre
Untersuchungen abzubrechen, vielleicht etwas gefunden hätten. Wir wissen es
nicht. Wir werden es vielleicht niemals wissen. Aber eines weiß ich: Mitte
Februar haben die beiden kurdischen Führer Massud Barsani und Dschalal Dalabani
aus dem Nordirak einen Brief an den amerikanischen Präsidenten geschrieben. Sie
haben gesagt: Ihr könnt vier Militärflughäfen bauen, ihr könnt militärische
Aktionen vom kurdischen Gebiet im Nordirak aus starten – aber bitte bringt
uns Gasmasken! Wir befürchten Giftgasangriffe von Saddam, so wie wir es in der
Vergangenheit erlebt haben!
Die Amerikaner
haben Kampfbomber, Panzer, Artillerie, Spezialeinheiten, Spezialmunition gebracht –
aber keine einzige Gasmaske, keine
einzige Gasmaske zum Schutz der kurdischen Bevölkerung im Nordirak!
Da frage ich mich:
Wie ernst wird dieser Kriegsgrund genommen, wenn gleichzeitig gegen alle
Beschlüsse und Verurteilungen der Vereinten Nationen radioaktives,
abgereichertes Uran als Munition eingesetzt wird, eine Munition, die von den
Vereinten Nationen in die Kategorie Massenvernichtungswaffen aufgenommen
worden ist?
Müssen wir heute
so weit gehen, dass wir feststellen, die USA setzen nachweisbar Massenvernichtungswaffen
ein, um noch nicht nachgewiesene Massenvernichtungswaffen bekämpfen zu können?
Ist es so weit? – Und das betrifft nur den Punkt Massenvernichtungswaffen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 62 |
Und nun komme ich
zur Frage des Völkerrechtes und frage Sie, Herr Bundeskanzler: Was heißt das:
„in der Mitte stehen“? Was heißt das, wenn es auf der einen Seite das
Völkerrecht gibt und auf der anderen Seite das Recht des Stärkeren? Warum
beschließt dann der österreichische Bundeskanzler, „in der Mitte“ zu stehen?
Warum, Herr Bundeskanzler, begeben Sie sich in das politische Niemandsland
zwischen Völkerrecht und Recht des Stärkeren und sind nicht in der Lage,
eindeutig zu erklären, die Republik Österreich mit dem Bundeskanzler an der
Spitze steht auf der Seite des Völkerrechts gegen das Recht des Stärkeren und
gegen die Anmaßung der USA? (Beifall bei
den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Diese Frage, Herr
Bundeskanzler, hat der Herr Vizekanzler mit seiner Formulierung, die USA treten
das Völkerrecht mit Füßen, zum Glück – ich hoffe, im Namen der Bundesregierung –
an Ihrer Stelle beantwortet.
Wie soll es jetzt
weitergehen? – Das Völkerrecht qualifiziert ganz wenige Tatbestände als
außerordentliche Verbrechen. Dazu gehört der Völkermord und der nicht
legitimierte Angriffskrieg. Wir sind jetzt in der in jeder Hinsicht
unangenehmen Situation, politisch auch darüber befinden zu müssen, ob sich die
politische Führung der größten Demokratie dieser Welt, der während und nach dem
Zweiten Weltkrieg Europa so viel zu verdanken hat, mit diesem Angriffskrieg
eines Verbrechens dieser Qualität schuldig macht.
Das ist keine
leichte Entscheidung. Das ist nicht etwas, was man auf die leichte Schulter
nehmen soll. Aber wenn das geduldet wird, und wenn man sich ins Niemandsland
begibt, dann sagt man damit praktisch: Ihr könnt so weitermachen –
vielleicht im Iran, vielleicht im Sudan, wo bereits die Kriegsvorbereitungen
von Djibuti und von Kenia aus laufen, vielleicht anderswo.
Genau darum geht
es: Rechtzeitig den USA und ihrer politischen Führung klar zu machen, dass
dieser Weg nicht weiter gegangen werden kann und dass es in Europa hoffentlich
bald eine einzige, gemeinsame Stimme gegen diesen fortgesetzten Bruch des
Völkerrechtes und gegen die Missachtung der internationalen Einrichtungen gibt.
Das ist meine Hoffnung! (Beifall bei den Grünen.)
Wenn etwas sich
positiv entwickeln kann, dann ist das das gemeinsame Bewusstsein, dass die
Nachkriegszeit in der europäischen Sicherheitspolitik jetzt zu Ende geht. Die
Haltung von Blair und Aznar sind Erinnerungen an eine Abhängigkeit Europas von
den USA, die die europäische Sicherheit garantiert hat. Wir werden in Zukunft
als Europäer die Verantwortung für unsere Sicherheit selbst übernehmen müssen.
Die Zukunft Europas liegt in einer Sicherheitsgemeinschaft an Stelle der NATO
und an Stelle eines von den Amerikanern geführten militärischen Blockes.
Europa – und
insbesondere die Bundesrepublik – ist jetzt zum Aufmarschgebiet für die
Intervention geworden. Die Intervention ist nicht durch Europa geführt worden,
aber hauptsächlich von Europa aus. Auch damit muss Schluss sein! (Beifall bei den Grünen.)
Die 114 000
amerikanischen Soldaten, die heute noch in Europa stehen, braucht Europa nicht,
brauchen wir nicht für unseren Schutz. Wir können diese Verantwortung selbst
übernehmen. Ich bin dafür, dass die Soldaten der amerikanischen Streitkräfte in
die USA zurückkehren und Europa nicht mehr für Interventionen gegen das
Völkerrecht missbraucht wird! (Beifall
bei den Grünen.)
Was können wir
jetzt tun? – Erstens können wir Hilfe und Schutz geben, vor allem den bedrohten
Kurden des Nordirak. Die türkische Intervention, der türkische Angriff steht
kurz bevor, und Europa muss alles
tun, um das in letzter Minute zu verhindern.
Und zweitens – das ist ganz wichtig – sollten wir das andere Amerika unterstützen. Jeden Tag sehen wir, es gibt ein anderes, es gibt ein demokratisches, es gibt ein friedliches, es gibt ein den Vereinten Nationen zugewandtes Amerika, und dieses Amerika braucht die europäische Unterstützung! Dieses Amerika hat sich an Europa gewendet, und viele Prominente in den USA sagen: Unterstützt auch unseren Widerstand gegen die Regierung Bush! – Da gibt es eine neue Achse, da gibt es eine neue Allianz, und da gibt es eine neue Partnerschaft, und diese euro-
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 63 |
päisch-amerikanische
Partnerschaft, meine Damen und Herren, wird Zukunft haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der SPÖ.)
12.42
Präsident Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter
Dr. Bösch. Gleiche Redezeit: 8 Minuten.
12.42
Abgeordneter
Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident!
Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Herr Kollege
Pilz, diese Bundesregierung hat gerade in diesem Irak-Konflikt in den letzten
Wochen eine ausgesprochen vernünftige und auch vertretbare Position
eingenommen. Es ist eine Position, die die neue Realität anerkennt, eine
Realität, von der wir alle gehofft haben, dass sie nicht Wirklichkeit wird, die
aber jetzt nun einmal da ist.
Gerade in der
Europäischen Union haben wir uns eigentlich eine friedliche Entwicklung zum
Ziel gesetzt. Auch nach den Erfahrungen der ersten Hälfte des
20. Jahrhunderts, nach den bitteren Erfahrungen der beiden Weltkriege, hat
Europa in Bezug auf die Neugestaltung der Weltpolitik und auch in Bezug auf die
allfällige Anwendung von politischer und militärischer Macht eine
Vorreiterrolle eingenommen.
Die Entwicklung
nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem durch den Aufbau der Vereinten Nationen,
mit deren Instrumenten wir ja auch den Kalten Krieg im Wesentlichen gut über
die Bühne gebracht haben, und die Hoffnungen, die nach dem Zusammenbruch des
Ostblocks damit verbunden waren, dass es nunmehr eine weitere, kontinuierliche
friedliche Entwicklung geben wird, wurden in der Realität leider Gottes mit
Füßen getreten.
Wenn uns einige
Mitglieder der amerikanischen Regierung als „Altes Europa“ bezeichnen –
für diese Haltung, die Europa einnimmt –, dann sollten wir, glaube ich,
das auch als einen Ehrentitel sehen, weil „alt“ hat auch etwas
mit Weisheit zu tun. Und gerade in dieser Frage kann Europa seine Position
nicht genug bekräftigen.
Meine Damen und
Herren! Dass das irakische Regime ein nicht zu verteidigendes ist, haben viele
Redner vor mir schon gesagt. Dass aber auch in der Bekämpfung solcher
diktatorischer Regime, die wir weltweit zu beachten haben, weiterhin das Primat
der Vereinten Nationen gelten muss, muss auch klar sein. Und deshalb ist auch
zu bekräftigen, dass in der Gegnerschaft zu diesen diktatorischen Regimen alle
diplomatischen und auch alle wirtschaftlichen Mittel auszuschöpfen
sind, und erst dann kann über eine militärische Gewaltanwendung gesprochen
werden. Und auch diese militärische Gewaltanwendung, meine Damen und Herren, muss
über die Beschlüsse des UNO-Sicherheitsrates gehen. (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
Dieser Rückfall in
das nationale Faustrecht, den wir derzeit erleben, sollte uns aber nicht entmutigen.
Ich glaube, wir sollten nach diesen kriegerischen Ereignissen auch an der
Stärkung der UNO und ihrer Einrichtungen weiter teilnehmen. Auch als gesamte
Republik, unabhängig davon, welcher Partei wir angehören, muss es in unserem
Interesse sein, dass die UNO und ihre Einrichtungen weiterhin funktionsfähig
bleiben und dass wir sie auch stärken, um solche Entwicklungen, wie es sie in
den letzten Wochen gab, nicht zu unterstützen.
Im Rahmen der
Schritte, die von Seiten der USA und ihrer Verbündeten gemacht worden sind, ist
die Lage in der gesamten Region nicht ausreichend beurteilt worden, hat man die
Konflikte zwischen Israel und den Palästinensern, Konflikte zwischen Türken und
Kurden und zwischen anderen Ländern und anderen Bestrebungen und Volksgruppen
im arabischen Raum außer Acht gelassen.
Bei diesen
Schritten der USA wurde auch nicht bedacht, wie es nach diesem Krieg im Irak
weitergehen soll. Wer soll dort regieren? Wie soll die wirtschaftliche
Situation dieses Landes nach diesem Krieg ausschauen, und wie soll die
Entwicklung danach in die Wege geleitet werden?
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 64 |
Meine Damen und
Herren! Dennoch, trotz der aktuellen Entwicklungen, ist es zu begrüßen, dass
der Europäische Rat am 20. und 21. März doch einige gemeinsame Beschlüsse
fassen konnte, die auch in diese Richtung gehen: in die Richtung der
Anerkennung des Primats der UNO, in die Richtung, dass wir weiterhin alle daran
arbeiten, eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und eine gemeinsame
europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik aufzubauen.
Gerade die
europäische Ebene hat in den letzten Wochen in diesem Zusammenhang nicht gerade
ein Ruhmesblatt errungen. Wir haben ja erlebt, dass einige Staaten der
Europäischen Union sich auf die Seite der USA gestellt haben, dass ein Land
besonders eng im Bündnis mit den Vereinigten Staaten steht, dass andere Länder,
insbesondere Frankreich und Deutschland, sich dagegen ausgesprochen haben, und
dass auch eine Gruppe von Beitrittskandidatenländern sich auf die Seite der
USA gestellt hat.
All das hat
deutlich gemacht, dass die Europäische Union eigentlich nicht in der Lage ist,
eine gemeinsame Position in einer außenpolitisch entscheidenden
Frage einzunehmen. Diese Bündnisse innerhalb der Europäischen Union sind der
falsche Weg. Österreich hat auch auf europäischer Ebene die richtige Position
bezogen, indem es klar gemacht hat, dass die Europäische Union Mechanismen
haben muss, die es ermöglichen, dass die Union eine gemeinsame
Position bezieht.
Die
Mitgliedsländer, auch wenn sie noch so groß sind, werden hinkünftig die Geduld
aufbringen müssen, zu warten, bis sich diese Mechanismen im Rahmen der
Europäischen Union in entsprechender Weise entwickelt haben werden.
Ich glaube aber
auch, dass die Entwicklung auf europäischer Ebene in den letzten Wochen nicht
zu einer Entmutigung führen darf. Im Gegenteil, sie sollte Ansporn sein, gerade
auch im Rahmen der Diskussion über neue Mechanismen auf europäischer Ebene
daran zu arbeiten, dass die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik doch noch
Wirklichkeit wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Ich fühle mich in
diesem Zusammenhang gerade auch als Freiheitlicher bestätigt, da wir Freiheitlichen
immer gesagt haben, dass die Integration der Europäischen Union ihre Zeit
brauchen wird, und dass es auch auf europäischer Ebene wichtig ist, einen
Schritt nach dem anderen zu setzen, um die europäischen Länder und auch die
europäischen Völker hier nicht zu überfordern. Gerade jetzt wird ein Beispiel
dafür gegeben, dass das der Fall ist, dass die Integration unserer Union noch
sehr viel Zeit und sehr viel Anstrengung brauchen wird.
Meine Damen und
Herren! Auch die Beschlüsse des Nationalen Sicherheitsrates auf österreichischer
Ebene haben die richtige Richtung gewiesen. Ich glaube, dass die Entwicklung
gezeigt hat, dass Österreich auf eigenen Beinen stehen können muss. Auch in der
Landesverteidigung ist es wichtig, dass wir eigenständige Maßnahmen setzen
können, und demzufolge ist es auch notwendig, dass wir ein starkes Bundesheer
haben, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner:
Da muss man viel investieren!)
Unser Bundesheer
braucht nicht 80 Milliarden Dollar, sondern nur eine gedeihliche budgetäre
Weiterentwicklung, um die Sicherheit der Menschen in unserem Lande auch in den
nächsten Jahren zu gewährleisten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
12.49
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wir haben für
13 Uhr eine Mittagspause von einer halben Stunde vereinbart. Das heißt,
wir haben jetzt noch 10 Minuten Zeit, und die werden sich die Frau Außenministerin
und der Herr Innenminister brüderlich beziehungsweise schwesterlich
teilen. – Bitte, Frau Ministerin.
12.50
Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Der Moment, in dem der Krieg ausgebrochen ist, war ein bedrückender, ein bitterer, ein trauriger,
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 65 |
weil
die friedlichen Bemühungen um die Lösung dieser Krise leider gescheitert sind.
Umso mehr darf ich mich dafür bedanken, dass im Nationalen Sicherheitsrat ein
Konsens betreffend die österreichische Position in dieser Frage ermöglicht
wurde, denn das stärkt meine Außenpolitik auch in der Zukunft. (Beifall bei
der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Was die Frage der Interpretation des
Sicherheitsrates sowie dessen Resolutionen anbetrifft, so orientiere ich mich
an der Stellungnahme des UNO-Generalsekretärs der Vereinten Nationen, der
selbstverständlich auch von Völkerrechtlern beraten wird.
Am
21. Februar 2001 hat der Generalsekretär im Zusammenhang mit einer
Beschwerde des Irak auf Grund von US-amerikanischen und britischen
Luftangriffen auf Bagdad und einer Aufforderung an den UNO-Generalsekretär,
diese zu verurteilen, gesagt, dass es seiner Auffassung nach nur dem
Sicherheitsrat zukommen würde, seine Resolutionen zu interpretieren. Und im
Vorfeld der jetzigen militärischen Aktion hat der UNO-Generalsekretär betont:
Sollte eine solche Aktion ohne Unterstützung des Sicherheitsrates zustande
kommen, werde die Legitimität dieser Aktion in Zweifel gezogen und die
Unterstützung verringert werden. – In dieser Situation befinden wir uns
gegenwärtig!
Es ist jedoch
meiner Überzeugung nach wichtig, nun wieder in die Zukunft zu blicken, wie das
sowohl der Europäische Rat als auch der Nationale Sicherheitsrat getan hat. Was
sind nun die wesentlichen Fragen?
Ich werde mich
erstens ganz besonders um die Erreichung einer Friedenslösung im Nahen Osten
einsetzen und konkret auf die Implementierung der „road map“ hinarbeiten, die
im Dezember beschlossen, aber vor den israelischen Wahlen nicht in Angriff
genommen wurde. Das ist absolut notwendig für unsere Glaubwürdigkeit! Ich
stimme all jenen zu, die keine Doppelstandards wollen. (Beifall bei der ÖVP
sowie des Abgeordneten Mag. Mainoni.)
Zweitens:
Besondere Bedeutung kommt der Regelung der Situation der Kurden im Nordirak zu.
Wir erwarten von der Türkei – und wir haben das auch gesagt –
verantwortungsvolles Handeln im Bewusstsein all der Verpflichtungen, die dieses
Land infolge seines Wunsches nach einer Mitgliedschaft in der Europäischen
Union auf sich genommen hat, das heißt, ein Verzicht auf eine militärische
Präsenz im Nordirak, wie das vom Europäischen Rat und auch von den USA
gefordert wird.
Zudem
beabsichtigen wir eine Weiterführung und einen Ausbau all unserer Kontakte zu
arabischen Staaten. Ich habe bereits im Vorfeld den Auftrag gegeben, den
Dialog der Zivilisationen und Kulturen weiterzuführen. Österreich hat
diesbezüglich ein gutes Standing. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Weiters müssen wir
uns sehr darum bemühen, dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wieder jenes
Gewicht zu geben, das er verdient, das heißt, dass der Sicherheitsrat im
Zentrum der humanitären Hilfe für den Irak stehen muss, damit die Leiden der
Menschen dort zumindest gelindert werden. Ich darf Ihnen mitteilen, dass
ich – natürlich auch im Vorfeld der Krise – bereits mit
österreichischen NGOs in Kontakt getreten bin, um hier auch österreichische
Visibilität und österreichische Hilfsleistungen einzubringen.
Und schließlich
müssen wir im Rahmen der Europäischen Union eine Antwort auf diese Krise geben.
Bisher ist hier leider ein Scheitern zu konstatieren. Wir müssen uns noch mehr
um eine gemeinsame Außenpolitik bemühen, denn wir brauchen in Zukunft einen
europäischen Außenminister und eine gemeinschaftliche europäische
Außenpolitik. Dafür werde ich mich im Konvent einsetzen, und dafür bitte ich
auch um Ihre Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 66 |
12.54
Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Herr
Innenminister Dr. Strasser. – Bitte, Herr Bundesminister.
12.54
Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Klubobmann Molterer hat es, glaube ich,
auf den Punkt gebracht: Österreich ist an diesem Konflikt nicht beteiligt, aber
die Österreicher sind von diesem Krieg sehr betroffen, und zwar in mehrfacher
Hinsicht – auf der einen Seite durch die Bilder, die wir jeden Tag in
unsere Wohnzimmer bekommen, auf der anderen Seite aber auch im Zusammenhang mit
dem subjektiven Sicherheitsgefühl, das jeden von uns persönlich und jeden, der
hier im Saal mitentscheidet, auch politisch betrifft.
Und so haben wir
uns in aller Stille, aber sehr konsequent, über Monate auf diese Nacht von
Donnerstag auf Freitag letzter Woche vorbereitet. Als die ersten kriegerischen
Auseinandersetzungen begonnen haben, haben wir die Sicherheitsvorbereitungen
entsprechend verschärft und folgende sechs Sofortmaßnahmen getroffen:
Erstens wurden
zusätzliche Personen- und Objektschutzmaßnahmen getroffen, und zwar insbesondere
zum Schutz jener Einrichtungen und Vertretungsbehörden, die in diesen
Konfliktfall involviert sind, sowie von in Österreich angesiedelten
Wirtschaftsniederlassungen aus exponierten Nationen und den
Sicherheitsbeamten, die dafür tätig sind. Wir stehen mit ihnen in einem sehr
guten Dialog.
Wir haben zum
Zweiten den Flughafen und alle internationalen Anbindungen Österreichs abgesichert.
Die Sicherheitsstufe 2 wurde wieder aktiviert.
Drittens gibt es
eine enge Koordination innerhalb der Bundesregierung. Bereits am Freitag um
8.00 Uhr früh hat der Herr Bundeskanzler die Sicherheitskoordination zu
sich gebeten. Es wurden mit dem Herrn Vizekanzler, mit der Frau
Außenministerin, mit dem Verteidigungsminister und dem Justizminister die
Sofortmaßnahmen besprochen und die entsprechenden Anweisungen gegeben.
Wir haben die
Kundgebungen gesichert, und ich möchte auch von dieser Stelle aus für die hervorragende
Zusammenarbeit und die großartige Kooperation der Kundgebungsorganisatoren Dank
sagen. Es ist wieder einmal gelungen, all jenen in Österreich, die für ein
gutes Anliegen ihre Kundgebung durchführen wollen, dies völlig konfliktfrei im
Rahmen des Versammlungsrechtes zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP und
den Freiheitlichen.)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Die Republik Österreich hilft Flüchtlingen, wo es
notwendig ist und wo wir das können. Das soll in erster Linie in der Region
selbst geschehen. Ich habe in Übereinstimmung und im Einvernehmen mit dem UNHCR
Vorsorge dafür getroffen, dass die Europäische Union die Vorarbeiten, die
Durchführung und auch die notwendigen Mittel gewährleistet, damit bis zu
600 000 Flüchtlinge in der Region Aufnahme finden können. Wir können
heute sagen, dass etwa 400 000 solcher Plätze geschaffen wurden, und
dass diese Lager für jene, die aus dem Kriegsgebiet flüchten müssen, zur
Verfügung stehen.
Zur Aufklärung für
Herrn Klubobmann Van der Bellen: Wir haben – worüber ich mich natürlich
sehr freue – als erstes Land in Europa, und zwei Tage, bevor Frau
Abgeordnete Petrovic das gefordert hat, die Asylverfahren ausgesetzt, was
bedeutet, dass all jene, die aus dem Kriegsgebiet nach Österreich kommen und
um Asyl ansuchen, selbstverständlich den Schutz der Konvention bekommen, dass
wir aber Asylverfahren zurzeit nicht durchführen, weil wir ja nicht wissen
können, wie sich die Situation entwickelt und es zudem zweierlei Arten von
Flüchtlingen geben kann. Es können Flüchtlinge aus der Region kommen, die unter
dem Regime gelitten haben, und es können Flüchtlinge kommen, die durch die
jetzige Bedrohung einen ganz anderen Status haben.
Daher macht diese
Maßnahme Sinn, und ich bin ein bisschen stolz darauf, dass wir das erste Land
in Europa waren, das genau diesen vollständigen, umfassenden Schutz für Flüchtlinge
gewährleistet hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
Wir gehen unseren Weg für die innere Sicherheit sehr konsequent. Niemand kann eine hundertprozentige Sicherheitsgarantie abgeben, aber wir tun das Menschenmögliche, damit wir uns in
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 67 |
Österreich sicher fühlen können. Die Vorgaben des Nationalen
Sicherheitsrates und der Bundesregierung tragen dazu bei, dass Österreich im
internationalen Umfeld sicher ist. Dafür möchte ich mich beim Bundeskanzler und
beim Nationalen Sicherheitsrat herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP und
bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
13.00
Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich werde in wenigen Augenblicken
die Sitzung wie vereinbart für eine kurze Mittagspause von 30 Minuten
unterbrechen. Wir setzen die Debatte um 13.30 Uhr fort.
Wir haben
vereinbart, nach 13.30 Uhr die Redezeit gerecht aufzuteilen. Da es bisher
keine tatsächliche Berichtigung gegeben hat, wäre es möglich, eine Rednerrunde
zu je 7 Minuten Redezeit zu machen. Es ist mir aber von den Fraktionen
signalisiert worden, dass man es vorziehen würde, noch zwei Runden zu machen,
und zwar eine zu je 4 Minuten Redezeit, eine zu je 3 Minuten.
Ich bin damit
einverstanden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass ich keine tatsächlichen Berichtigungen
aufrufen muss – was auch nicht notwendig ist, wenn ohnehin von jeder
Fraktion noch ein zweiter Redner sprechen wird – und dass diese Redezeit
von 4 beziehungsweise 3 Minuten wirklich exakt eingehalten wird. Es
wurde mir von allen vier Fraktionen zugesichert, dass dies die bessere Variante
sei.
Wir werden also um
13.30 Uhr beginnen und zunächst eine Runde zu je 4 Minuten Redezeit
und dann eine Runde zu je 3 Minuten Redezeit durchführen.
Die Sitzung ist unterbrochen.
(Die Sitzung wird um 13.01 Uhr unterbrochen und um 13.30 Uhr wieder aufgenommen.)
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Meine Damen und
Herren! Ich darf die unterbrochene Sitzung wie vereinbart um Punkt
13.30 Uhr wieder aufnehmen.
Ich schreite in
der Rednerliste fort.
Als Nächste zu
Wort gelangt Frau Abgeordnete Barbara Prammer mit 4 Minuten exakt. –
Bitte, Frau Abgeordnete.
13.30
Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Außenministerin! Herr Staatssekretär!
Während wir heute Vormittag und auch jetzt hier im Parlament sitzen und über
die Situation im Irak und über den Krieg im Irak reden, sind wieder 15 Menschen
auf Grund des Einschlages einer Bombe in einem Wohngebiet gestorben. Ich
glaube, angesichts solcher Meldungen, die wir nahezu stündlich, jedenfalls
aber täglich erhalten, ist es sicher notwendig, auch immer wieder innezuhalten,
innezuhalten vor einer Situation, die, gerade was die Kinder, was die Frauen
betrifft, eine ganz besonders schlimme ist. Militärische Gewalt trifft immer in
erster Linie die Bevölkerung, unschuldige Zivilisten, Kinder und Frauen und
eben nicht die politisch Verantwortlichen.
Der Herr
Bundeskanzler hat in seiner Rede darauf hingewiesen, wie die Bedeutung der
Medien einzuschätzen ist. Der Herr Bundeskanzler hat Recht, wenn er sagt, es
besteht natürlich immer die Gefahr der Manipulation. Das erleben wir im Irak
genau so, wie wir das in den USA erleben, aber andererseits müssen wir auch
sehr sensibel mit seriöser Berichterstattung umgehen, weil nur dadurch der
Krieg auch jenes Gesicht erhalten kann, das er hat, nämlich das Gesicht der
Angst, des Leides und des Todes. Es gibt keinen sauberen Krieg, meine Damen und
Herren. Auf Grund der Bilder in den Medien müssen wir uns auch immer wieder
vergegenwärtigen, dass da die Falschen leiden und auch immer wieder unter Druck
geraten. (Beifall bei der SPÖ, den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und
der Freiheitlichen.)
Niemand bezweifelt, dass das Regime des Saddam Hussein verabscheuungswürdig ist. Es ist natürlich die Aufgabe der internationalen Staatengemeinschaft, den unterdrückten und gequäl-
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 68 |
ten Menschen im Irak auch beiseite zu stehen. Umso
mehr bedaure ich die Kriegshandlungen der Regierungen der USA, Großbritanniens
und weniger anderer Staaten.
Das durch den
Sicherheitsrat nicht gerechtfertigte Einschreiten muss ganz einfach
unweigerlich zur Frage führen: Heiligt nun tatsächlich der Zweck die
Mittel? – Ich bin der Meinung, der Zweck kann die Mittel nicht heiligen,
sondern die Mittel entheiligen ganz einfach auch den Zweck, meine Damen und
Herren. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Waffeninspektoren mit ihrer Arbeit
nicht fertig waren, diese nicht beendet haben, aber die Bush-Regierung hat zu
einem Mittel gegriffen, das nur das allerletzte sein darf. Da ist Bush allein
in seiner Einschätzung, wir teilen seine Einschätzung hier nicht.
Wenn wir uns das
vor Augen halten, sollten wir innehalten und uns Gedanken darüber machen, was
Österreich beitragen kann. Wir werden auf der einen Seite natürlich ganz
wesentlich in Richtung humanitärer Hilfe schreiten müssen. Umso bedauerlicher
ist es, wenn wir uns vor Augen führen müssen – das ist unglaublich
absurd –, dass auf der einen Seite Waffen eingesetzt werden, um Menschen
Leid zuzufügen, sehr vieles auch zu beschädigen, 80 Milliarden Dollar als
Kriegsmittel zur Verfügung gestellt werden, während wir andererseits hier und
auch in anderen Staaten darüber reden, wie wir Wiederaufbauhilfe leisten
können, wie wir humanitäre Hilfe leisten können. Diese Absurdität müssen wir
uns täglich vor Augen halten, meine Damen und Herren.
Wir sind auf der
Seite jener Hunderttausender, die Nein zu diesem Krieg gesagt haben. Wir dürfen
das nicht nur jetzt nicht zulassen, sondern wir müssen uns auch in Zukunft
unserer Aufgaben immer wieder bewusst werden. (Beifall bei der SPÖ und den
Grünen.)
13.35
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr
Kollege.
13.35
Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Neben den bisher angesprochenen
völkerrechtlichen, politischen und moralischen Aspekten der Irak-Krise möchte
ich nun auf die wirtschaftlichen Implikationen zu sprechen kommen. Und zwar
möchte ich mich nicht mit Aspekten befassen wie etwa den Auswirkungen von
Kriegsschlagzeilen auf den Kapitalmarkt oder Verwertung der Ölfelder oder
Wiederaufbaumaßnahmen, sondern mit den langfristigen Konsequenzen, die die
österreichische Wirtschaft auf Grund der gesamten Krisensituation zu erwarten
hat.
Es gibt, wie ich
meine, ein prägendes Wort, das so wie in anderen Bereichen auch für den Wirtschaftsbereich
anzuwenden ist, und dieses Wort heißt Unsicherheit, Unsicherheit, was Investoren
und Konsumenten anbelangt, Unsicherheit aber auch, was die Auswirkungen auf den
Arbeitsmarkt anbelangt, negative Auswirkungen vermutlich auch was den
Außenhandel betrifft, negative Auswirkungen was den Tourismus betrifft. Es
ließe sich die Liste in negativer Richtung beliebig fortsetzen. Warum? –
Weil niemand auch bei einem militärischen Erfolg weiß, welche Konsequenzen es
auf Dauer auf politischer Ebene geben wird und wie sich die Situation insgesamt
entwickeln wird.
Gerade in dieser
Situation müssen wir uns damit auseinander setzen, dass vermutlich schon
übermorgen auch die entsprechenden Auswirkungen auf die heimische
Konjunktursituation in Zahlen prognostiziert werden. Experten rechnen damit,
dass im europäischen Gesamtgefüge das Wachstum um etwa einen halben
Prozentpunkt auf das Jahr gesehen zurückgehen könnte.
Genau diese
Situation macht es erforderlich, auf das einzugehen, was der Herr Bundeskanzler
auch angesprochen hat, nämlich die Themen des Gipfels in Brüssel, des
Frühjahrsgipfels am Wochenende, weil eben der Lissabon-Prozess einen ganz besonderen
Schwerpunkt dargestellt hat und weil es darum geht, eben genau in dieser
Situation Reformen zu beschleunigen, um entsprechend positive Auswirkungen auf
das Wirtschaftswachstum zu haben.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 69 |
Was die
Evaluierung des Lissabon-Prozesses anbelangt, sollte man meines Erachtens die
Kriterien nicht überbewerten, weil doch einige skurrile Situationen dadurch
entstanden sind, dass beispielsweise ein Land nicht gemeldet hat. Daher sind
die anderen Länder vorgerückt. Wir haben uns seit Jänner um drei Plätze verbessert,
ohne dass sich die Daten fundamental geändert haben.
Man muss auch
überlegen, ob man die Gewichtung nicht verändert, beispielsweise zwischen
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf oder Emission von Treibhausgasen. Beides wird
gleich bewertet.
Was heißt das in der
Konsequenz? – In der Konsequenz heißt das, dass wir sehr richtig liegen
mit den Themenfestlegungen, die hier der Rat getroffen hat, nämlich erstens
mehr Beschäftigung und größerer sozialer Zusammenhalt. Wir sehen insbesondere
als richtig an, was im Regierungsprogramm festgelegt ist, nämlich auf den
Arbeitsmarkt, gerade was ältere Beschäftigte anbelangt, zu schauen.
Zweiter Punkt:
Vorrang für Innovation und unternehmerische Initiative in dem Sinn, dass man
den Betriebsgründungen einen größeren Stellenwert beimisst.
Dritter Punkt:
Vernetztes Europa. Gerade was die Infrastruktur anbelangt, ist ein entsprechender
Schwerpunkt vorgesehen, nämlich – man sollte die Wortwahl beachten –
in der Region der Alpen entsprechende Maßnahmen zu setzen.
Der vierte Bereich –
vielleicht der wichtigste insgesamt –, nämlich der Umweltschutz, ist im Bereich
der Nachhaltigkeit vermutlich die wichtigste Größenordnung ...
Präsident Dr. Heinz Fischer
(das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlusssatz!
Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (fortsetzend): ..., um wirtschaftliche Voraussetzungen
dafür zu schaffen, dass der Frieden insgesamt gewährleistet ist. – Ich
danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
13.39
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Frau
Mag. Lunacek, bitte.
13.39
Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank!
Hohes Haus! Lassen Sie mich wieder zur Frage des Völkerrechts zurückkehren.
Zahlreiche meiner Vorrednerinnen und -redner haben schon festgestellt, dass
dieser Krieg gegen das Völkerrecht ist, völkerrechtswidrig ist. Von der
Regierungsbank, meine Damen und Herren, haben wir das leider nicht gehört. (Abg.
Scheibner: Da haben Sie nicht zugehört!)
Zwar waren der
Schritt und der Beschluss im Nationalen Sicherheitsrat wichtig, aber die ganz
klare Festlegung, dieser Krieg ist völkerrechtswidrig, hätte ich mir von der
Bundesregierung auch schon in den letzten Wochen gewünscht, meine Damen und
Herren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Die Vereinigten
Staaten und ihre Bündnispartner haben sich über das Völkerrecht hinweggesetzt.
So sieht es aus. Eine Mehrheit der Staaten im Sicherheitsrat und eine Mehrheit
der Bevölkerung auf dieser Erde hat Nein zu diesem Krieg gesagt. Sie wollen
diesen Krieg nicht, denn sie wissen alle miteinander, dass dieser Krieg in der
Form, wie er jetzt geführt wird, weder mehr Demokratie bringen wird noch Stabilität oder mehr Sicherheit
bringen kann, meine Damen und Herren. Deswegen sagen wir Nein zu diesem Krieg
und meinen, dass dieser Krieg ein Ende haben muss. (Beifall bei den Grünen
und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Die vielen hunderttausend, ja Millionen von Menschen, die in den letzten Wochen und Monaten auf die Straße gegangen sind, und zwar auch in Österreich, haben ein Symbol, das heute auch in diesem Nationalrat eingebracht wurde, nämlich die Regenbogenfahne mit dem italienischen Wort für Frieden – „pace“ – verwendet. Die meisten von Ihnen wissen wahrscheinlich, dass die Regenbogenfahne bei uns als Symbol für die Lesben- und Schwulenbewegung, der auch ich
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 70 |
angehöre.
bekannt geworden ist. Ich finde es sinnvoll und gut, dass diese Fahne jetzt für
das Motto des Friedens verwendet wird, denn ohne Frieden haben die
Menschenrechte, ganz egal welche, auf dieser Welt überhaupt keine Chance. Ich
begrüße es, dass diese Fahne jetzt auch für die Friedensbewegung verwendet
wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Sie ist damit ein
Symbol gegen den Krieg, wo wir jetzt täglich auch in den Medienbildern immer
mehr sehen, was dieser Krieg denn tatsächlich bedeutet: Leid, Not, Tote,
Tränen, Angst und Grauen in den Augen der Menschen, seien es die Zivilisten und
Zivilistinnen, seien es die Kriegsgefangenen. Dieses Grauen, meine Damen und
Herren, das bedeutet Krieg, und deswegen treten wir dafür ein, dass dieser
Krieg ein Ende findet. Denn: Was nicht geschehen ist, ist, dass nach
politischen Alternativen gesucht wurde. Dieser Prozess im Rahmen der UNO wurde
gestoppt. Die Inspektoren konnten nicht mehr weiter arbeiten. Diese politischen
Alternativen, dieser politische Weg wurde nicht mehr weiter gegangen. Deswegen
ist dieser Krieg illegitim. Es hätten diese politischen Möglichkeiten
ausgeschöpft werden müssen.
Deswegen treten
auch wir dafür ein, dass die UNO wieder stärker mit einbezogen wird, dass die
UNO diese zentrale Rolle, die auch Sie, meine Damen und Herren von der
Regierungsbank, in Ihren Reden betont haben – so wie alle hier –,
dass diese zentrale Rolle der UNO wieder eingebracht werden soll, nämlich im
Sinne der Einberufung einer Sondergeneralversammlung der UNO, dass diese
Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen über die völkerrechtliche und
politische Beurteilung dieses Angriffes debattiert. Das ist schon einmal
geschehen, nämlich im Koreakrieg, damals auf Initiative der Vereinigten
Staaten.
Deswegen bringe
ich hier folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Lunacek, Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung einer
außerordentlichen Sitzung der UN-Generalversammlung aus Anlass des Krieges im
Irak eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärung des Bundeskanzlers zum
Europäischen Rat in Brüssel
Der Nationalrat
wolle beschließen:
Der Nationalrat
fordert die Bundesregierung auf, Österreich möge sich als UNO-Mitglied für eine
Sondersitzung der UN-Generalversammlung zur politischen und völkerrechtlichen
Beurteilung des Angriffskrieges im Irak einsetzen.
*****
Es geht darum, die
Debatte wieder auf die internationale politische Ebene zu bringen und der
Rechtsstaatlichkeit Raum zu geben nach dem Prinzip: Make law, not war! –
Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
13.44
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der nächste Redner
ist Herr Dipl.-Ing. Uwe Scheuch.
Gleichzeitig gebe
ich bekannt, dass der Antrag ordnungsgemäß eingebracht wurde und zur Verhandlung
steht.
13.44
Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Werter Herr
Präsident! Ich möchte, bevor ich in die Materie eingehe, schon sagen, dass ich
es nicht für gut halte, dass die Farben der Schwulen- und Lesbenbewegung im
Zuge des Irak-Krieges eingebracht werden, denn dafür ist die Sache im Irak zu
ernst und dafür tun mir die Menschen zuviel Leid. (Uh-Rufe bei der
SPÖ. – Abg. Dr. Pilz macht die Scheibenwischerbewegung.)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 71 |
Ich möchte an
dieser Stelle auch ganz klar auf die Ausführungen der Frau Mag. Lunacek
eingehen. Sie hat anscheinend nicht zugehört oder war nicht im Haus, denn Herr
Vizekanzler Herbert Haupt hat sich ganz klar gegen diesen Krieg ausgesprochen
und hat als Einziger auf der Regierungsbank auch im Gegensatz zum
Koalitionspartner ganz klar die Ablehnung dieses Krieges zum Ausdruck gebracht
und damit die freiheitliche Position
in dieser Sache klargestellt. (Abg. Öllinger: Sie haben sie durch
Ihre Wortmeldung jetzt entwertet! – Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits.)
Eigentlich ist der
Irak-Krieg zu ernst, als dass Sie immer dazwischenschreien müssen. Sie können
es auch weiterhin machen. Dann wissen die Fernsehzuschauer wenigstens, wie
ernst es Ihnen mit Ihrer Fahne ist.
Geschätzte Damen
und Herren! Saddam Hussein war ja über viele Jahre, ich möchte sagen Jahrzehnte
nicht nur geachtet, nicht nur geduldet von Amerika, nein, er war viel mehr, er
war ein Verbündeter. Saddam Hussein und sein Regime waren enge Verbündete von
Amerika und schon in der Zeit von George Bush 1 Alliierte gegen Khomeini,
gegen den Iran. Es ist für mich bedenklich, wenn wir heute in den Medien, etwa
im Fernsehen oder in den Zeitungen Fotos von Raketen in der arabischen Welt
sehen, auf denen sich nicht arabische Buchstaben und arabische Ziffern
befinden, sondern es handelt sich um englische Buchstaben und englische
Ziffern, denn es sind amerikanische Waffen.
Ich stelle hier
wirklich mit Recht die Frage, mit welcher Berechtigung Amerika sich über alle
Konventionen und Beschlüsse hinwegsetzt und damit erreicht, gegen die eigenen
Waffen Krieg zu führen. In diesem Zusammenhang ist es bedenklich, dass ein so
hochmoderner Staat wie Amerika, der an Waffen und Zahlen einem Lande wie dem
Irak weit überlegen ist, ihn vorher auch noch entwaffnen lässt, vorher auch
noch die letzten Raketen vernichten lässt, im Anschluss daran bis an die Zähne
bewaffnet gegen diesen Staat Krieg führt, aber nicht erst seit einer Woche,
nicht erst seit mehreren Wochen, sondern seit Jahren. Denn in Wirklichkeit sind
auch dieses Oil-for-Food-Programm, die ganzen Beschränkungen im Irak nichts
anderes als ein Krieg gewesen.
Geschätzte Damen
und Herren! Es kommt nicht von ungefähr, dass der Chefkoordinator dieses
Oil-for-Food-Programms, Graf Hans von Sponeck, zurückgetreten ist. Er sagte
dazu: Dieses Programm ist eher ein Völkermord, als dass es Saddam Hussein und
sein Regime stürzen würde. – Ich glaube, das sollte uns zu denken geben,
denn in Wirklichkeit steht im Mittelpunkt dieses Krieges nur das Geld.
75 Milliarden
US-Dollar, meine Damen und Herren, fordert George Bush von seiner Regierung.
Nur knapp 3 Prozent, nämlich nicht einmal ganz 3 Milliarden, dienen
dem Wiederaufbau und der humanitären Hilfe.
Geschätzte Damen
und Herren! Ich glaube, wir alle sollten hier einer Meinung sein, dass dieser
Krieg nicht gutzuheißen ist, und wir sollten hier wirklich noch stärker und
noch massiver auftreten, um diesen Krieg zu beenden und damit einen neuen zu
verhindern. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
13.47
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Abgeordneter Peter Schieder. Es ist eine Runde mit je 3 Minuten. Es geht
sich genau aus, wenn sich alle daran halten. – Bitte, Kollege Schieder.
13.47
Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen
und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der
österreichische Nationalrat gibt heute zwei wichtige Signale.
Erstens:
Österreich ist einig. Alle Parteien, die im Nationalrat vertreten sind, haben
in dieser wichtigen Frage des Irak-Krieges eine gemeinsame Linie.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 72 |
Zweites Signal:
Außer Selbstverteidigung und mit einem UNO-Mandat tolerieren wir keine
militärischen Aktionen. Das, was da stattfindet, ist ein unerlaubter Krieg. Wir
Sozialdemokraten sagen Nein zu
diesem Krieg, und wir Sozialdemokraten
sagen: Beendet diesen Krieg so rasch wie möglich! (Beifall bei der SPÖ und
den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)
Es ist heute davon
gesprochen worden, ob eine mittlere Linie in der Union, ein Kompromiss, eine
gemeinsame Haltung in diesen Fragen möglich gewesen wäre oder sein soll. Meiner
Meinung nach sollte Österreich für folgende Linie der Europäischen Union in
solchen Fragen eintreten: Mitgliedsländer der EU können sich selbst oder die
gesamte EU bei einem Angriff verteidigen, aber sie dürfen nicht ohne UN-Mandat
einen Krieg führen oder sich an einem solchen beteiligen. Das widerspricht den
Zielen der Europäischen Union. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Meine Damen und
Herren! Es fragen sich viele Menschen, warum manche Regierungen in Europa Ja
sagen, während so viele Menschen in diesen Ländern gegen den Krieg demonstrieren.
Ich glaube, es ist ein Mangel der internationalen Politik, dass die Regierungen
stark und die Parlamente schwach vertreten sind. Das Gesamtbild Europas kommt
besser zur Geltung, wenn alle Kräfte aller Länder ihre Meinung äußern können.
Deshalb ist es auch gut, dass ein Verlangen auf Abhaltung einer UNO-Vollversammlung
vorliegt. Dieser Antrag ist auch von Abgeordnetem Cap von uns mit
unterzeichnet. Wir glauben, je mehr Menschen in der internationalen Politik
mitsprechen können, desto klarer wird die Haltung gegen Kriege und Angriffe
sein. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
13.50
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr
Abgeordneter.
13.50
Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Meine Damen und Herren Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Von
diesem Haus geht heute eine starke Friedensbotschaft aus. Es ist dies eine
Botschaft, die besagt, dass dieser Krieg und all das Leid, das damit verbunden
ist, ein rasches Ende finden müssen; eine Botschaft, die besagt, dass es klare
Regeln für jegliche militärische Intervention geben soll, auch wenn sie noch so
berechtigt ist; und eine Botschaft, die besagt, dass alles unternommen werden
muss, damit es nach dieser militärischen Maßnahme möglichst bald zu einem
gemeinsamen Wiederaufbau und zu humanitärer Hilfe kommt.
Wir alle sollten
aus diesem Beispiel lernen. Und wenn ich sage, wir sollten aus diesem Beispiel
lernen, dann geht es nicht nur darum, klar zu erkennen, was der eine oder der
andere hätte tun sollen, sondern es muss uns auch bewusst werden, dass damit
die Schwäche des globalen Sicherheitssystems in aller Deutlichkeit zu Tage
getreten ist.
Ja, wir haben in
der Satzung der Vereinten Nationen relativ klare Regeln. Im Prinzip läuft es
darauf hinaus, dass zumindest ein Duldungskonsens zwischen den Ständigen
Mitgliedern des Sicherheitsrates vorhanden sein muss. Wir wissen aber auch seit
dem Korea-Krieg, dass es in den seltensten Fällen möglich war, tatsächlich
einen Konsens herzustellen. Wir wissen daher, dass es nicht nur gut ist, dass
eine Regel oder eine Ordnung vorhanden ist, sondern es muss auch die
Bereitschaft geben, gemäß dieser Regel zu agieren. Wir müssen uns daher die
Frage stellen: Was können wir tun, um in Zukunft dem einen oder dem anderen die
Rolle des Weltpolizisten zu ermöglichen, nämlich dann, wenn sie von der
Staatengemeinschaft gewünscht ist?
Man muss sagen, dass die Amerikaner diese Rolle in der Vergangenheit sehr maßvoll ausgeübt haben. Was hat es nicht alles an Vorurteilen gegeben? – Sie haben damals mit eigenen Mitteln, als Kuwait überfallen wurde, einen Krieg geführt, um diese Besetzung wieder abzuschütteln. Sie haben damals mit eigenen Mitteln und dem Blut der eigenen Soldaten versucht, die Freiheit für Kurden und Schiiten zu erkämpfen und einen weiteren Krieg gegen den Iran unmöglich zu machen. Es gibt heute keine Ölquelle im Irak, die in amerikanischer Hand ist, sondern die Abbaurechte sind neben irakischen Firmen in der Hand von französischen, von russischen und
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 73 |
von chinesischen Firmen. Vielleicht ist die eine oder andere Diskussion eine
reine Hypothese, eine reine Vermutung oder nur eine Überlegung, die darauf
zurückzuführen ist.
Was wir benötigen,
ist ein Instrument, das funktioniert. Wir brauchen nicht nur Regeln, sondern
brauchen diese auch de facto, sonst haben wir Willkür, sonst haben wir das
Chaos, weil keine Ordnung möglich ist. Das heißt aber auch, dass wir in Europa
versuchen müssen, das derzeitige Scheitern, diesen Scherbenhaufen an
gemeinsamer europäischer Sicherheitspolitik nicht einfach zur Kenntnis zu
nehmen, sondern dass wir selbstverständlich von diesem Tag an alles unternehmen
müssen, um eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik zustande zu bringen.
(Allgemeiner Beifall.)
13.53
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Laut meiner
Rednerliste ist nun Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort gemeldet.
3 Minuten Redezeit. – Bitte.
13.54
Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes
Haus! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung – es sind nur mehr
Vertreterinnen und Vertreter der ÖVP anwesend! Ich kann zu den Ausführungen des
freiheitlichen Abgeordneten aus Kärnten nur sagen: Ihr Koalitionspartner. (Zwischenruf
der Abg. Dr. Partik-Pablé.)
An die Adresse der
Freiheitlichen sei gesagt: Gerade in einer solchen Debatte wäre es besser, dass
sich die Kärntner Freiheitlichen einer Stellungnahme enthalten. (Abg. Scheibner: Von Ihnen brauchen wir aber
keine Belehrungen! Wir reden, wann wir wollen! Wir werden hier das sagen, was wir
wollen und nicht das, was Sie uns vorsagen!) Wenn ich an die Reisetätigkeit
des Kärntner Landeshauptmannes und an die Solidaritätsadressen des
österreichischen Volkes denke, dann meine ich, es wäre besser – da bin ich
sehr moderat –, das wäre nie passiert. (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner:
Sie entscheiden nicht, wer hier redet und wer nicht!)
Die Aggressivität
Ihrer Stellungnahmen zeugt davon, wie es auch mit Ihrer Einschätzung dieser
Thematik aussieht. (Abg. Mag. Mainoni:
Es ist besser, Sie bleiben in Niederösterreich! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Immer redet sie mit
erhobenem Zeigefinger!)
Ganz kurz zu zwei
Punkten: Als ich 1990 im Dezember in das österreichische Parlament gekommen
bin, war die Situation weltpolitisch ähnlich. Wir haben damals während einer
nächtlichen Sitzung erfahren, dass Bagdad bombardiert wird. Aber es war in
wesentlichen Punkten doch anders, denn damals gab es auch hier in diesem Haus
eine intensive Polarisierung. Es wurden damals die Bestimmungen über die Ein-,
Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial gelockert; die Opposition war dagegen,
die Regierung dafür. Und insofern bin ich bei allen Mängeln, die diese
gemeinsame Erklärung noch haben mag, doch sehr froh, dass es eine gemeinsame
Erklärung dieses Hohen Hauses gibt und dass zumindest indirekt die
Völkerrechtsverletzung sehr klar zum Ausdruck kommt.
Zweiter großer
Unterschied: Damals war die Friedensbewegung zwar da, aber sprachlos. Heute
sind vor allem die ganz jungen Leute auf der Straße, und ich danke der Jugend,
die auch heute da ist, und jenen, die vielleicht von dieser Debatte berichtet
bekommen, dass sie sich mit voller Kraft gegen den Krieg einsetzen, denn es ist
ihre Zukunft. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Der dritte große
Unterschied zu 1990, 1991 ist, dass wir, so glaube ich, alle und auch jene, die
hier gewackelt haben, sehen, wie wichtig die Neutralität ist und dass das ein
zukunftsorientiertes Friedenskonzept ist.
Herr
Innenminister! Noch ein Punkt: Sie haben gesagt, die Asylverfahren seien
ausgesetzt. Ich halte das für richtig und gut, denn natürlich kann kein
einziger Mensch in das Kriegsgebiet abgeschoben, zurückgeschoben werden. Das
wäre auch undenkbar. Aber ich ersuche dringend, in Fällen echter politischer
Verfolgung ...
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 74 |
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Bitte um den
Schlusssatz!
Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): ... den
Flüchtlingsstatus zu gewähren (Abg. Scheibner: Halten Sie wenigstens die Redezeit ein!) und damit
auch die Möglichkeit zu geben, die vollen Rechte als Flüchtlinge in Anspruch
nehmen zu können. (Beifall bei den Grünen.)
13.57
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort gemeldet
ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.
13.57
Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es tut mir
wirklich Leid, dass Frau Petrovic keine Gelegenheit versäumt, hier polemisch zu
sein. Frau Petrovic! (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Das war Kollege Scheuch!) Es liegt wirklich nicht
an Ihnen vorzuschreiben, was jemand von den Freiheitlichen redet und was nicht.
Nehmen Sie das auch mit nach Niederösterreich! (Beifall bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Die Satzung der Vereinten Nationen überträgt dem
Sicherheitsrat die Hauptverantwortung für die Wahrung des Friedens und die
internationale Sicherheit. Die Lösung von Konflikten ist nur im Rahmen und im
Einklang mit den Satzungen der Vereinten Nationen möglich. Das ist die Theorie.
Die Praxis schaut anders aus. Wir wissen jetzt, dass Bush – ich betone:
Bush und nicht die USA! – die Kampfhandlungen ohne Zustimmung des
entscheidenden Gremiums aufgenommen hat. Damit haben die USA – das muss
man schon sagen – demonstriert, dass sich das Recht des Stärkeren
durchgesetzt hat und dass die USA offensichtlich die einzig verbliebene
Supermacht sind, die die Mittel und die Fähigkeiten haben, auch solche Kriege
ohne Zustimmung des Sicherheitsrates zu führen.
Welcher Schaden
dadurch der internationalen Staatengemeinschaft erwachsen ist, können wir
wahrscheinlich im Augenblick gar nicht ermessen. Gerade ein Gremium, das
geschaffen worden ist, um Konflikte zu regeln, Kriege zu verhindern, wird
derartig desavouiert. Das wird natürlich bedauerlicherweise weit reichende
Folgen nach sich ziehen. Es ist sicher auch schwer zu verstehen, dass es auf
der einen Seite Staaten gibt, die die Militäraktion durchführen, und auf der
anderen Seite Staaten, die die Folgewirkungen zu tragen haben, die humanitäre
Hilfe leisten, die Wiederaufbauhilfe leisten und andere Aktionen starten. Das
ist ebenfalls eine Sache, die einmal aufgeklärt werden muss.
Ich möchte noch
einmal etwas zu der Entscheidung des Nationalen Sicherheitsrates sagen. Ich
möchte noch einmal betonen, dass Österreich relativ wenige Möglichkeiten hat,
auf diesen Konflikt einzuwirken. Wir haben nicht einmal einen Sitz im
Sicherheitsrat und schon gar keine Stimme. Wir können nur hoffen, dass die
Kampfhandlungen kurz dauern und möglichst wenige Menschen darunter leiden. Wir
dürfen nicht vergessen, dass auf der einen Seite Saddam Hussein steht, ein
Diktator, der 23 Millionen Menschen seit Jahren mittels eines autoritären
Regimes unterdrückt hat, dass aber auf der anderen Seite Millionen Menschen
unter den Kriegswirren leiden. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)
Ich bin sehr froh,
dass auch der Herr Innenminister gesagt hat, dass für berechtigte Anliegen von
Asylanten auf alle Fälle hier in Österreich Sorge getragen wird und dass wir
uns bereit erklären, humanitäre Hilfe zu leisten. (Beifall bei den
Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.00
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Ihre Redezeit
beträgt 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.
14.00
Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Frau Bundesministerin! Das Regime Saddam Husseins ist verbrecherisch und wird von den SozialdemokratInnen auf das Schärfste verurteilt. Seit Jahrzehnten hält sich dieser
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 75 |
Despot nur mit brutalster Unterdrückung an der Macht, und ganz
besonders leidet die kurdische Minderheit unter dieser Menschen verachtenden
und Menschen vernichtenden Politik. Unvergessen sind die Bilder der
zigtausenden mit Giftgas ermordeten Kurden, die das Terrorregime auf dem
Gewissen hat!
Was Europa und die
Welt nun entzweit, ist der so genannte Präventivkrieg sowie der Versuch der USA
und ihrer Verbündeten, die UNO in eine humanitäre Hilfsorganisation
umzufunktionieren, damit ihre Bedeutung in der Weltordnung untergraben wird.
Hinzu kommt noch die Tatsache, dass das Völkerrecht durch diesen Angriffskrieg
außer Kraft gesetzt wird. Wir SozialdemokratInnen sind der Meinung, dass die
jetzige Bush-Administration diesen Krieg ohne Ermächtigung durch den
UN-Sicherheitsrat begonnen hat. Es gibt keine UN-Resolution, weder die
Resolution 1441 noch eine andere, die automatisch die Anwendung
militärischer Gewalt ermöglicht beziehungsweise dazu ermächtigen würde.
Es ist somit
unsere tiefste Überzeugung, dass dieser Krieg durch keine UNO-Resolution gedeckt
ist. Der Krieg der Bush-Administration und ihrer Verbündeten gegen den Irak und
seine Bevölkerung stellt eine Verletzung des Völkerrechts dar. Wir
Sozialdemokraten haben daher die Regierung aufgefordert, für die sofortige
Beendigung dieses Krieges einzutreten. (Beifall bei der SPÖ.)
Dass nun, wie
heute schon öfters betont worden ist, die Vertreter der Parlamentsparteien im
Nationalen Sicherheitsrat zu einer Entschließung gekommen sind, ist wirklich
eine Sternstunde des österreichischen Parlamentarismus – sofern sie hier
heute tatsächlich so beschlossen wird. Was mir Leid tut, ist, dass in dieser
Entschließung die Völkerrechtswidrigkeit nicht dezidiert genannt wurde, aber
sie kommt inhaltlich sehr wohl zum Ausdruck, und daher kann man sehr gut mit
dieser Formulierung leben.
Ich bin davon
überzeugt, dass sich Österreich für den Aufbau demokratischer Strukturen und
rechtsstaatlicher Institutionen einsetzen wird, und ich bin auch davon
überzeugt, dass, wenn die UNO und das alte Europa mit eingebunden sind, dies
unter besonderer Berücksichtigung der irakischen Traditionen und mit großem
Respekt vor der arabischen Kultur erfolgen wird.
Sehr geehrte Damen
und Herren! Lassen Sie mich noch etwas zur österreichischen Neutralität sagen!
Die österreichische Neutralität wurde in der Vergangenheit immer wieder von den
Mitgliedern dieser Bundesregierung in Frage gestellt. Selbst der Bundeskanzler
dieser Republik wollte sie schon mit anderen identitätsstiftenden Utensilien
wie den Mozartkugeln und den Lipizzanern in das Tabernakel der Geschichte
stellen. Dass jetzt niemand mehr die Neutralität in Frage stellt, das ist, so
glaube ich, gut so und macht Mut. So gesehen ist das eine sehr wichtige und
notwendige Debatte, die hier stattfindet. (Beifall bei der SPÖ. –
Abg. Scheibner: Sie können es sich auch nicht verkneifen! Da könnte
ich jetzt eine Menge dazu sagen!)
Ich war immer
schon eine Verfechterin der Neutralität. Dem ehemaligen Klubobmann Kostelka (Abg. Scheibner:
Warum haben Sie es dann 1999 abgeschafft? Warum haben Sie es ausgehöhlt,
wenn Sie so gescheit sind?) habe ich die Neutralität schon unter den
Christbaum gelegt. (Abg. Scheibner: Führen wir diese Debatte
besser nicht!) Diesbezüglich weiß ich mich von sehr vielen
Österreicherinnen und Österreichern unterstützt; die Neutralität ist für sehr
viele Österreicherinnen und Österreicher ein wichtiges Gut, insbesondere in
Zeiten wie diesen, in denen es einen Neutralitätsfall gibt, ist sie etwas sehr
Wichtiges.
Auch wenn jetzt
innegehalten wird, Herr Klubobmann Scheibner, wenn jetzt über den Ankauf von
Abfangjägern nachgedacht wird, so glaube ich, sollten wir neben all dem Leid,
das wir seit einer Woche auf den Bildschirmen sehen (Abg. Scheibner:
Sie vermengen da wirklich ein paar Dinge, die gehören da nicht her!), auch
darüber nachdenken, dass die Neutralität etwas Wichtiges ist, und nicht die
Beistandspflicht oder der Beitritt zur NATO. (Beifall bei der SPÖ.)
14.05
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte, Herr
Abgeordneter.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 76 |
14.06
Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident!
Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Dies sind
traurige Tage, und alle Menschen, vor allem Frauen und Kinder, die von diesem
Krieg betroffen sind, haben mein Mitgefühl. Ich kann und will nicht
akzeptieren, dass dieser Krieg gegen Saddam Hussein die Lösung sein soll. Als
überzeugter Europäer, der an das Friedensprojekt Europa glaubt, ist es schwer
zu begreifen, dass sich die Weltmacht Amerika über das Völkerrecht hinwegsetzt.
Österreich kann in dieser schrecklichen Situation helfen, wenn dieser Krieg so
schnell wie möglich beendet wird. Mit unserem Status in dieser Welt werden wir
dort, wo andere nicht mehr miteinander sprechen können, vermitteln und
ausgleichend tätig sein können. Humanitäre Hilfe muss eine Selbstverständlichkeit
sein. Diese Regierung ist ein Garant dafür!
Als Mensch, der in
einer scheinbar gesicherten Umwelt, Umgebung lebt, begreife ich nicht, dass die
Sozialdemokraten und die Grünen dieses Plenum für ihren Wahlkampf in
Niederösterreich missbrauchen. Stattdessen sollten wir alle in uns gehen und
dafür beten, dass das Leid der irakischen Bevölkerung und all der anderen, die
den Krieg überleben müssen, so schnell wie möglich ein Ende findet. (Beifall
bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Bewunderung
gilt einem Mann wie Michael Moore, der seine eindringliche Rede bei der
Oscar-Verleihung mit den Worten „Schämen Sie sich, Herr Bush!“ beendet hat.
Auch ich beende meine Rede damit: „Schämen Sie sich, Herr Bush!“ (Beifall
der Abgeordneten Scheibner und Dr. Khol.)
14.07
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.
14.08
Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! US-Präsident George
Bush bricht einen Krieg vom Zaun, der zu einer enormen Destabilisierung im
Nahen Osten führt. Die israelische Regierung wird dazu gedrängt, gegenüber
Terror-Attentaten noch vorsichtiger und damit gleichzeitig noch repressiver
gegenüber ihren arabischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu sein. Die
palästinensische Autonomie wird in die Rolle des Feinds der freien Welt
gepresst und zu einem Teil der Schurkenachse degradiert.
Das politische
Ziel im Nahen Osten ist, so denke ich, uns allen klar: Wir wollen eine
friedliche Koexistenz von Juden und von Arabern, wir wollen eine lebendige
Demokratie in zwei souveränen Staaten, mit zwei Verfassungen, die geprägt sind
von den Werten der Toleranz und der Solidarität.
Dieser Krieg lässt dieses hehre Ziel noch weiter entschwinden, als es
jetzt schon entfernt ist. Dieser Krieg lässt UNO-Resolutionen, die sich mit dem
Thema befassen, noch abstrakter erscheinen, als sie das jetzt schon sind.
Diese UNO-Resolutionen verurteilen auf der einen Seite Terror-Akte
palästinensischer Organisationen, und sie missbilligen zum anderen Übergriffe
der israelischen Armee. Diese UNO-Resolutionen sind von uns, sind von der
Staatengemeinschaft ebenso ernst zu nehmen wie jene UNO-Resolutionen, die es
zum Irak-Krieg gibt. Wir dürfen auch diese nicht vergessen und müssen an der
Umsetzung dieser UNO-Resolutionen arbeiten.
Im Übrigen würde ich mir als Sozialdemokratin wünschen, dass
Österreich – der sehr guten Tradition Bruno Kreiskys folgend – eine
wesentlich aktivere diplomatische Rolle im Nahen Osten spielen würde. (Beifall
bei der SPÖ.)
US-Präsident George Bush bricht einen Krieg vom Zaun und beantragt dafür
im Kongress 74 Milliarden US-Dollar. Nach Schätzungen von Experten sind
aber diese 74 Milliarden als Gesamtkosten viel zu tief angesetzt. Es
geistern Zahlen von 180 bis 200 Milliarden US-Dollar durch die
Gegend – die Ausgaben der Bündnispartner mitgerechnet.
Ich würde gerne diese unvorstellbare Zahl von 200 Milliarden US-Dollar in Vergleich zu einer anderen Zahl setzen, nämlich zu der Zahl, die im Jahr 2000 international, weltweit für Entwicklungshilfe ausgegeben worden ist, nämlich 57 Milliarden US-Dollar. 57 Milliarden US-Dollar
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 77 |
wurden weltweit von allen Geberländern für alle weniger entwickelten Länder
ausgegeben, das ist also ein Bruchteil.
Wenn nur ein
Bruchteil dieser Kriegskosten seit dem letzten Golfkrieg in die Entwicklung
dieser Region investiert worden wäre, dann wäre es gelungen, allen Menschen
dort eine Ausbildung zu verschaffen – eine Ausbildung, die eine ganz
wesentliche Voraussetzung für eine Demokratisierung darstellt, dann wäre es
gelungen, in eine soziale Infrastruktur zu investieren und Menschen bessere
Lebensmöglichkeiten zu geben. Es wäre gelungen, eine freie Presse zu etablieren,
es wäre gelungen, das Selbstbestimmungsrecht der Menschen zu stärken, und es
wäre gelungen, das Empowerment der irakischen Frauen zu ermöglichen – ich
wage zu behaupten, es gäbe längst eine funktionierende Demokratie im Irak.
Ein Diktator
Saddam Hussein, ein Militärregime, die ständige Verletzung von Menschenrechten,
die mögliche Produktion von Massenvernichtungswaffen, die Beschränkung der
Meinungsfreiheit und die Unterdrückung von Minderheiten – all das sind
Gründe, die nun für diesen völkerrechtswidrigen Krieg ins Treffen geführt
werden. Aber es sind dies Gründe, die unter Umständen gar nicht mehr existent
wären. Hätten wir und hätte sich die Staatengemeinschaft dafür ausgesprochen,
dort nur einen kleinen Teil dieser enormen finanziellen Leistungen, die jetzt
für einen Krieg verschwendet werden, zu investieren, dann wäre längst, so
behaupte ich, der Irak ein entwickeltes und prosperierendes Land. Ich unterstelle
nur, dass genau die Länder, die jetzt diesen Krieg führen, eben daran gar kein
Interesse haben.
Krieg ist nie ein
Beitrag zur Entwicklung. Unterentwicklung erzeugt Not und Verzweiflung, die
sehr oft in mannigfaltiger Art und Weise zu Ausnahmezuständen führt. Unsere
österreichische Entwicklungszusammenarbeit ist ein kleiner – und ich
behaupte, ein leider viel zu kleiner – Beitrag zur Verbesserung der
Lebenssituation der Menschen in dieser Region. Mit unserem kleinen Beitrag sind
wir durchaus friedensstiftend.
Internationale
Konflikte können und müssen mit friedlichen politischen Mitteln gelöst werden.
Dafür gehen unter dem Zeichen der Friedensfahne seit dem Angriff der USA
weltweit Millionen – und auch in Österreich sind es eindrucksvoll viele Zehntausende –
Menschen auf die Straße. Darunter sind viele junge Menschen. Von
Politikverdrossenheit ist überhaupt nichts zu spüren. Diese jungen und diese
alten Menschen, diese Männer, diese Frauen haben unsere uneingeschränkte
Solidarität als SozialdemokratInnen, wenn sie fordern: Stoppt diesen Krieg! (Beifall
bei der SPÖ.)
14.13
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete
Mag. Kuntzl. – Bitte.
14.13
Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl
(SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Bei den Bildern, die uns die Medien zu
diesem Krieg ins Haus liefern, fühlt man sich durch die Art der Berichterstattung
oft mehr an ein sportliches Ereignis erinnert als an die wirklichen
menschlichen Tragödien, die sich abspielen. Wenn es darum geht, welches Gerät
welches Ziel trifft oder nicht, dann hält man sich doch oft zu wenig vor Augen,
dass in diesen Gebäuden, die gerade getroffen oder nicht getroffen wurden,
Menschen leben, Menschen getötet worden sind und sich dort in diesem Augenblick
menschliche Tragödien live vor unseren Augen abspielen.
Die UNO schätzt
die Folgen dieses Krieges so ein, dass 100 000 Menschen im
Bombenhagel sterben könnten, 500 000 Menschen in diesem Krieg
verletzt werden könnten, 7,4 Millionen Menschen auf sofortige
Hilfsmaßnahmen angewiesen sein werden und dass 1,5 Millionen Menschen
vermutlich zu flüchten versuchen werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! All das – Zerstörung, Flucht, Angst, Verletzte – passiert in einem Staat, dessen Bevölkerung bereits vor dieser kriegerischen Auseinandersetzung unter dramatischer medizinischer Unterversorgung, dramatischer Mangelernährung zu leiden hatte. Es droht ein großes Flüchtlingsdrama, es beginnt bereits. Schon heute stehen über
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 78 |
20 000 Menschen an der Grenze zum Iran. Humanitäre Hilfe ist
umgehend notwendig und umgehend angesagt.
Es ist zu begrüßen, dass die UNO das Oil-for-Food-Programm wieder
anlaufen lassen will sowie dass die UNO überhaupt in den nächsten Wochen und
Monaten und vermutlich Jahren eine wichtige Rolle im Irak wird übernehmen
müssen. Völkerrechtlich ist es wohl klar, dass jene, die den Krieg führen, die
den Krieg beginnen, diejenigen sind, die auch die Verantwortung für die
sofortige Notversorgung der Zivilbevölkerung tragen. Allerdings hören wir
bereits Berichte, dass die Truppen zerstören, durchmarschieren und die
Zivilbevölkerung ohne Hilfeleistung zurücklassen.
Humanitäre Hilfe und Wiederaufbauarbeit dürfen selbstverständlich nicht
den Tätern alleine überlassen bleiben, daher wird der UNO eine wichtige Rolle
beim Wiederaufbau und beim Aufbau von demokratischen Strukturen im Irak
zukommen müssen.
Auch wenn die Arbeitsteilung, dass die einen Krieg führen,
zerstören – einen Krieg, der völkerrechtlich nicht legitimiert
ist! –, und alle anderen dabei sein sollen, wenn es darum geht, Hilfeleistungen
zu vollbringen, beim Wiederaufbau dabei zu sein, nicht ganz korrekt ist, so ist
es doch klar, dass Österreich da nicht zuschauen kann, dass auch wir unsere
Verpflichtungen haben und unsere Verpflichtungen ernst nehmen müssen –
unsere Verpflichtung, Leid zu lindern. (Beifall bei der SPÖ.)
Es ist wichtig, dass heute auch vom österreichischen Parlament das klare
Bekenntnis ausgeht, dass sich Österreich an humanitärer Hilfe beteiligen,
Projekte unterstützen wird, auch Hilfsorganisationen unterstützen muss, die
diese Projekte durchführen werden, und dass Österreich jenen, die in unser Land
kommen und hier um Asyl ansuchen, hier Hilfe brauchen, diese Hilfe
selbstverständlich zukommen lassen wird. (Beifall bei der SPÖ.)
14.17
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, Platz zu nehmen.
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Spindelegger, Schieder, Scheibner, Dr. Pilz,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Krieg im Irak.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag
sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies einstimmig
angenommen. (E 4.) (Allgemeiner Beifall.)
Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der
Abgeordneten Mag. Lunacek, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Unterstützung einer außerordentlichen Sitzung der
UN-Generalversammlung aus Anlass des Krieges im Irak.
Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind,
um ein Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.
1. Punkt
Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (10 der Beilagen):
Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2003
getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2003) (19 der Beilagen)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der
Tagesordnung.
Als erster Redner hat sich Herr Abgeordneter
Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. Seine Redezeit beträgt vereinbarungsgemäß
10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
14.19
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Der erste Tagesordnungspunkt bringt uns ein Provisorium. Bevor wir über dieses Provisorium sprechen,
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sollten wir
über das Ergebnis der ersten zweieinhalb Jahre der Regierungstätigkeit von ÖVP
und FPÖ reden.
Wir haben mit Ende 2002 eine Maastricht-relevante öffentliche
Verschuldung in der Höhe von 146,55 Milliarden €, das sind über
2 000 Milliarden Schilling. Das ist der höchste Schuldenstand, den
dieses Land je erlebt hat. (Rufe bei der SPÖ: Wau!) Diesen Schuldenstand
haben wir trotz höchster
Steuer- und Abgabenquoten. (Ruf: Schulden-Rudi!) Es ist der
Schulden-Karl-Heinzi, richtig, Herr Abgeordneter, so ist es! (Beifall bei
der SPÖ.)
Wenn man nach den
Ursachen dafür forscht und sich fragt, wie denn das sein kann, dann kann
man sagen, die Antwort liegt auf der Hand: Man hat die Einnahmen erhöht, man hat
so getan, als würde man sparen, aber gleichzeitig sind die Ausgaben außer Rand
und Band geraten.
Wenn wenigstens in
diesen zweieinhalb Jahren strukturell etwas geschehen wäre! Aber es ist nichts
geschehen. (Abg. Wittauer: 30 Jahre
Sozialdemokratie haben wir gehabt!)
Wir haben nun eine neue, wieder schwarz-blaue Bundesregierung, die den
doppelten Konsolidierungsbedarf des Jahres 1999 hat: über
200 Milliarden Schilling oder 14 Milliarden €.
Sparen, meine
Damen und Herren, heißt nämlich, weniger auszugeben und nicht den anderen das
Geld wegzunehmen. Sparen heißt nicht, höhere Finanzschulden anzuhäufen, sparen
heißt nicht 67,9 Prozent des BIP als öffentliche Verschuldungsquote!
Die Leute, die auf
der Kärntner Straße spazieren gehen, konnten auf einer Laufschrift sehen, wie
die Finanzen angeblich besser werden. Irgendwann ist die Laufschrift dann
verschwunden, und irgendwann prangte nur noch „Österreich hat Zukunft –
keine neuen Schulden“. – Diese Propaganda durften die Steuerzahlerinnen
und Steuerzahler zahlen, anstatt dass dort die Wahrheit gestanden wäre. Unter
der SPÖ hatte das Land noch Zukunft, jetzt haben wir nur höhere Schulden. (Beifall
bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wie
hoch waren denn die Schulden bei Ihnen? Wie hoch waren denn die Schulden bei
Ihnen?)
Etwas, das auch
für Herrn Abgeordneten Scheibner von Interesse ist: Alleine 10 Prozent Zuwachs
hatten Sie als Verteidigungsminister mitzuverantworten – 10 Prozent
der gesamten öffentlichen Verschuldung! (Abg. Scheibner: Sagen Sie, wie hoch das Defizit unter Edlinger war!
Sagen Sie, wie hoch das Defizit unter Edlinger war!) Ich weiß schon, dass
Kollege Scheibner aus Empörung steht, Sie dürfen sich ruhig setzen.
10 Prozent höhere Schulden, verantwortet durch einen Bundeskanzler
Schüssel und einen Minister Grasser und durch einen heute dazwischenredenden
Ex-Verteidigungsminister. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das darf ich ja noch, oder?
Aber Sie sagen mir nicht, wie hoch das Defizit war!)
Diese
Schuldenpolitik wird mit dem jetzigen Budgetprovisorium fortgesetzt. Wir haben
erstmalig die Situation (Abg. Scheibner:
100 Milliarden nur an Zinszahlungen!), dass die Aufnahme der Finanzschulden im Jahr 2003 bereits
Anfang April 2003 zu 50 Prozent überschritten wird. (Zwischenruf
des Abg. Scheibner.) – Kein Problem, Sie können gerne im
Budgetausschuss zuhören. Wenn Sie da wären, würden Sie es hören.
Anfang April wird
die Grenze des verfassungsmäßigen Budgetprovisoriums überschritten – das
wurde uns sowohl durch den Geschäftsführer der Bundesfinanzierungsagentur als
auch durch den Vorsitzenden des Staatsschuldenausschusses bestätigt –,
weil in der Finanzierung der sich immer mehr „ausweitenden“ öffentlichen
Ausgaben keine Grenze zu finden ist. Diese Schuldenaufnahme ist ein Teil der
Fortsetzung Ihrer Politik, die heißt: ungebremstes Schuldenmachen, und es wird
im Budget 2003 nicht besser werden. (Abg. Dr. Jarolim: Geld für Dummheit!) – Das Problem ist nur, wenn
die Dummen das Geld selbst hätten, wäre es einfach, aber es zahlt leider jeder
Österreicher und jede Österreicherin.
Jetzt haben wir ein Budgetprovisorium, in dem eine 5-prozentige lineare Bindung vorgesehen ist. Was heißt denn das? – Das heißt in Wirklichkeit nichts anderes, als dass nach Bedeckung der gesetzlichen Ausgaben wesentliche Ausgaben dieser Republik bis zum In-Kraft-Treten des endgültigen Budgets Ende Juni nicht getätigt werden können. Die realen Auswirkungen haben wir schon gesehen: Die drei Volksanwälte – auch jene der FPÖ und der ÖVP – mussten bereits
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 80 |
ihre
Sprechtage im Westen Österreichs einstellen; im Bereich der Forschung und
Entwicklung stehen die Projekte – es drohen die Forscher
abzuwandern –, und wir haben realiter eine Situation, in der schon jetzt
durch den Vollzug des Provisoriums eine ordnungsgemäße Verwaltung verhindert wird.
Die SPÖ hat im
Jahr 2000 einem Provisorium zugestimmt, das auf den Ansätzen des letzten
ordentlichen Budgets in diesem Haus basiert hat, nämlich jenem, das noch unter
Rudolf Edlinger gemacht wurde. Wir werden diesmal dem Provisorium nicht
zustimmen (Abg. Wattaul: Das
glaube ich, weil ihr euch nicht auskennt!), und zwar ganz einfach deswegen: Es beruht auf Ansätzen des
Bundesvoranschlages 2002 – eines Voranschlages, den dieses Haus
beschlossen hat, um angeblich ein Nulldefizit zu erreichen. Warum ist dieses
Nulldefizit nicht eingetreten? – Nicht wegen des Hochwassers (Abg. Wattaul: Warum seid ihr abgewählt
worden?), nicht wegen der
Konjunktur, sondern weil Sie die Ausgaben nicht im Griff hatten! (Beifall
bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Sie
reden die Unwahrheit!)
Bei einem
Voranschlag, der 59,38 Milliarden € an Ausgaben vorsieht, gibt Herr
Minister Grasser – unser neuer, früher blauer, jetzt farbloser Minister
Grasser – heute 61,8 Milliarden € in seinen Ausgaben des
allgemeinen Haushaltes bekannt. Er hat die höchste Abweichung, die je ein
Finanzminister hatte, weil er bei den Ausgaben nicht einmal irgendeine
Kontrolle walten ließ. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)
Diese Ausgaben
sind keine Konjunkturfrage, diese Ausgaben heißen: kein ordnungsgemäßer Vollzug,
weil da jemand sitzt, der nur darauf bedacht ist, dass er mit dem Revolver
abgebildet wird, auf Kosten der Steuerzahler Propaganda macht und sich nicht um
sein Budget kümmern will. (Abg. Wattaul:
Geh hör auf! Eure Zinsen müssen wir jetzt büßen!)
Wäre es ein
privater Betrieb, dann wäre dieser Finanzchef schon gekündigt. (Abg. Wattaul: Ihr seid eh gekündigt worden!)
Das ist genau jenes, was man Bundeskanzler Schüssel dringend ans Herz legen
kann: Entlassen Sie einen Finanzchef, der das eigene, von ihm erstellte Budget
so weit verfehlt! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den
Freiheitlichen.)
Es ist klar, dass
die Damen und Herren der Regierungsfraktionen schreien müssen, denn sie sind
nur noch marktschreierisch unterwegs. Allerdings muss man den Marktschreiern
zugute halten, die Gemüseraffel, die sie auf der Straße verkaufen, mag schlecht
sein, aber sie raffelt wenigstens Gemüse. Sie verkaufen eine Finanzpolitik, die
so nicht stattfindet. (Beifall bei der SPÖ.)
2003 hätte das
Jahr der Ernte werden sollen. Ich frage mich, was wir geerntet haben. Geerntet
haben wir ein Knittelfeld, bei der sich die FPÖ festgelegt hat, dass es zu
einer Entlastung der Steuerzahler kommen soll, und zwar (Abg. Dr. Jarolim: Einen Bundeskanzler haben wir
geerntet!) – den haben wir auch geerntet – im Jahr 2003. Wo
haben wir denn die Entlastung? – Belastungen haben wir, und
ich weiß, die Stimmlage der Abgeordneten hat noch nicht gelitten. (Zwischenruf.) –
Wenn wir so manche Dummheit besteuern könnten, wäre unter Umständen viel
Geld da.
Nun aber zur
Steuerreform selbst: Es gibt nun ein Regierungsprogramm, das eine Steuerentlastung
vorsieht, und zwar unter anderem völlige Steuerfreiheit für die Einkommen bis
14 500 €. (Abg. Dr. Stummvoll:
Das haben Sie abgelehnt!) Es gibt also eine Absichtserklärung im Regierungsprogramm.
Eine Woche später – was heißt, drei Tage später! – kommt
Finanzminister Grasser und sagt, er könne das nicht garantieren.
Daher haben
wir – damit sich auch die Fraktion und jene, die angeblich sagen, das
komme so und so, festlegen können – genau diesen Text gemeinsam mit den
Grünen in einem Entschließungsantrag vorgebracht, den ich hier verlesen will:
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 81 |
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Mag. Kogler, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Einkommensteuersenkung
Der Nationalrat
wolle beschließen:
Der Bundesminister
für Finanzen wird aufgefordert, zur ansatzweisen Unterstützung von Wachstum und
Beschäftigung sowie als Teil-Beitrag zur Armutsbekämpfung eine Novelle zum EStG
dem Nationalrat vorzulegen, die eine Entlastung der unteren und mittleren
Einkommen unter anderem durch eine vollständige Steuerentlastung für
Brutto-Jahreseinkommen bis knapp 14 500 € ab 1. 1. 2004
sicherstellt.
*****
Am
Abstimmungsverhalten der Kolleginnen und Kollegen werden wir jetzt erkennen,
wie ernst es Ihnen ist. Ich habe meine Zweifel, denn in Wirklichkeit wird nur
eines sicher sein: Belastungen, Untätigkeit und letztlich ein
Schaden für das Land durch diese Budget- und Finanzpolitik. – Danke, meine
Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
14.29
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben von Herrn Abgeordnetem
Dr. Matznetter verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten
Mag. Kogler, Dr. Matznetter ist ausreichend unterstützt und steht
daher mit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt
nunmehr Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.
14.29
Abgeordneter
Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir behandeln das
gesetzliche Budgetprovisorium 2003 oder, richtig bezeichnet, ein
Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2003
getroffen wird. Ich bringe gleich zu Beginn einen umfangreichen
Abänderungsantrag der Abgeordneten Jakob Auer, Dipl.-Ing. Prinzhorn und
Kollegen ein und darf diesen gemäß Paragraph 53 Absatz 4 in seinen
Kernpunkten erläutern.
Die Kernpunkte
sind die Schaffung der verrechnungstechnischen Vorraussetzungen für die
Auswirkungen auf die budgetäre Struktur durch die
Bundesministeriengesetz-Novelle 2003 in Folge des In-Kraft-Tretens ab
1. Mai dieses Jahres. Da das Bundesfinanzgesetz 2003 am 1. Juli 2003
in Kraft treten wird, ist für den Zeitraum zwischen dem 1. Mai dieses
Jahres und dem 30. Juni dieses Jahres die der neuen Kompetenzverteilung
entsprechende Budgetstruktur vorzusehen.
Außerdem ist die
Umstellung der Haushaltsverrechnung in den Finanzkapiteln auf SAP R/3 und die
Zusammenführung der Kapitel 63 und 64 in das Kapitel 63 im
Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ohne Änderung
der jeweiligen Höhe der davon betroffenen Ausgaben und Einnahmen vorgesehen.
Meine Damen und
Herren! Damit in die Debatte und kurz zu dem, was uns Kollege Matznetter mit
kräftiger Stimme vorzutragen versucht hat. (Abg. Wattaul: Er kennt sich nicht aus!) Sparen, so meinte er, heißt,
weniger auszugeben. – Ja, dem ist beizupflichten. Hätte die Bundesregierung,
hätte die Mehrheit dieses Hauses all das ausgegeben, was diese Seite (in Richtung SPÖ) in den letzten Jahren
gefordert hat, dann gäbe es nicht nur eine Explosion, sondern eine Eruption des
Budgetdefizits, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Diese Schuldenpolitik, so meinte er weiters, würde mit diesem Budgetprovisorium fortgesetzt. Ungebremstes – das sei Ihnen in Erinnerung gerufen – Schuldenmachen ist nur mit SPÖ-Finanzministern in Einklang zu bringen, aber nicht mit einem Bundesminister für Finanzen Karl-Heinz Grasser oder einem Staatssekretär Finz, meine Damen und Herren! Die Lautstärke – das
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 82 |
sollte
sich gerade Kollege Matznetter zu Herzen nehmen – ersetzt noch lange nicht
schwache Argumente. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Auf den von der SPÖ eingebrachten Entschließungsantrag wird mein
Kollege Stummvoll noch Bezug nehmen. Kollege Matznetter meinte, das Ergebnis
dieser zweieinhalb oder drei Jahre Tätigkeit der letzten Bundesregierung sei
nicht beeindruckend gewesen. Ich meine, dass diese Budgetpolitik, diese
Änderung des Schuldenmachens tatsächlich beeindruckend war, weil heute anders,
sorgsamer umgegangen wird! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
Es sei auch klar
gemacht, dass es für das kommende Budget verschiedene Schwerpunkte geben wird,
nämlich: ein Schwerpunkt liegt auf der Forschung, ein Schwerpunkt liegt im
Bereich Bildung, und ein weiterer Schwerpunkt ist die Infrastruktur. (Abg. Öllinger: Ziemlich leicht die
Schwerpunkte!) Wenn – das ist hier sehr oft bestätigt worden –
das Budget die in Zahlen gegossene Politik ist, meine Damen und Herren, dann
war die Politik der letzten Jahre erfolgreich, und es wird die Politik der
nächsten Jahre sehr erfolgreich sein! (Abg. Öllinger: Was war da erfolgreich?)
Jeder, der sich
mit Budgetexperten, mit Finanzexperten unterhält, der sich mit diesem Thema
beschäftigt, wird zugeben müssen, dass es eine vorausschauende Maßnahme ist,
wenn dieses Budgetprovisorium beschlossen wird; denn Finanzmärkte reagieren
sehr empfindlich, wenn man meint, dieses bräuchte man nicht. Würde man es nicht
brauchen, dann frage ich mich, warum es frühere Bundesregierungen – auch
unter früheren SPÖ-Finanzministern – ebenfalls so gemacht haben, meine
Damen und Herren! In diesem Punkt kann man auch einem Finanzminister aus
früheren Zeiten keinen Vorwurf machen.
Meine Damen und
Herren! Hätten wir diese Vorgangsweise nicht gewählt, könnte dies, so lautete
die Aussage der Budgetexperten im Budgetausschuss, durchaus den
österreichischen Staat zwischen 85 und 95 Millionen € kosten.
Meine Damen und
Herren! Deutschland ist jenes Land mit jener Regierung, das von der linken
Seite des Hauses so viel gepriesen wurde, in dem alles besser wäre, in dem eine
hervorragende Bundesregierung, die auch das Muster für eine österreichische
Regierung gewesen wäre, am Werk ist. Deutschland zahlt immerhin 10 bis
15 Basispunkte mehr. Dann lese ich den verschiedensten deutschen
Zeitungen, Deutschland sei am Rande der Rezession. Die deutsche Bundesbank
schlägt Alarm, dabei ist dieser Bundesbank-Präsident in Deutschland nicht von
der CDU oder gar von der bösen CSU – nein, es ist ein Landsmann des Herrn
Bundeskanzlers Schröder, auch ein SPD-Kollege des Herrn Bundeskanzlers. (Abg.
Öllinger: Woher wissen Sie das?)
In einem
21-seitigen Schreiben werden grundlegende Reformen verlangt! Dann meinte
Kollege Matznetter im Budgetausschuss, dass, würde der deutsche Finanzminister
Eichel denselben Griff in die Taschen der Steuerzahler machen wie der österreichische
Finanzminister, das Budgetdefizit in Deutschland wesentlich geringer und die
Wirtschaft angekurbelt wäre; im gleichen Atemzug verlangte er – darüber
kann man durchaus diskutieren – die Steuerreform, die auch von dieser
Bundesregierung beabsichtigt ist, in einem größeren Ausmaß, als sie jemals
früher gemacht wurde.
Wenn es schon in
Deutschland so geringe Steuern und eine solch geringe Abgabenquote gibt, dann
frage ich mich, meine Damen und Herren, warum in Deutschland die Wirtschaft
nicht funktioniert, eine extrem große Zahl von Arbeitslosen gegeben ist und
alleine im Bankensektor in Deutschland rund 100 000 Jobs wackeln. (Abg.
Dr. Stummvoll: Rot-grün!)
Meine Damen und
Herren! Eine derartige Wirtschafts- und Finanzpolitik können wir uns ersparen,
wir machen eine sorgsame österreichische Finanzpolitik mit einem Bundeskanzler
Schüssel, mit einem Bundesminister Grasser! (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter. – Abg. Wittauer: Haupt nicht vergessen!)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 83 |
Auch würden wir
uns in Österreich sehr bedanken, wenn es dem österreichischen Bundesminister
für Finanzen so erginge wie dem deutschen, nämlich dass er einen blauen Brief
von Brüssel erhält! (Abg. Dr. Gusenbauer:
Was heißt das: Hohe Steuern heißt gute Wirtschaftslage? Sie sollten
nachdenken, bevor Sie reden! Denken Sie nach, bevor Sie reden! Das würde uns
Peinlichkeiten ersparen!) – Herr Kollege Gusenbauer, auch wenn es Sie
schmerzt – ich verstehe das, es schmerzt Sie, diese Erfolgszahlen
schmerzen Sie, das sei natürlich zugegeben, das schmerzt sie.
Oder noch ein
weiteres Beispiel, meine Damen und Herren, das Investitionsbudget. (Zwischenruf
des Abg. Oberhaidinger.) – Lieber
Kollege Oberhaidinger! Du bist zwar gut im Laufen, aber die Finanz- und
Budgetpolitik überlass’ besser uns!
Meine Damen und
Herren! Nur ein kleines Beispiel: Die Bundesrepublik Deutschland ist in etwa
60-mal so groß wie das kleine Bundesland Oberösterreich. Die investitionsfrei
verfügbaren Mittel sind in Deutschland ganze sieben Mal so hoch wie in
Oberösterreich. Daher sieht man auch an diesem kleinen Beispiel, dass die
österreichische Budgetpolitik des Bundes und der Bundesländer ungleich besser
ist als jene der von Ihnen so gepriesenen Regierungsform in unserem großen
Nachbarland. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
14.38
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Auer in seinen Kernpunkten erläuterte
Abänderungsantrag ist auch verteilt und steht daher mit in Verhandlung.
Der
Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:
der Abgeordneten Jakob Auer,
Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen
zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit
dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2003 getroffen wird
(Gesetzliches Budgetprovisorium 2003) (10 der Beilagen), in der Fassung
des Berichtes des Budgetausschusses (19 der Beilagen)
Der Nationalrat
wolle in zweiter Lesung
beschließen:
1. Im § 3 wird nach der Z 4 der
Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende neue Z 5 angefügt:
„5. bei den
Voranschlagsansätzen des Ermessens des Titels 585 für Zahlungen aus kurzfristigen
Verpflichtungen im Ausmaß jenes Betrages, der durch gleichhohe
Ausgabeneinsparungen beim Titel 519 sichergestellt werden kann.“
2. Im § 4 Abs. 1 lautet der
Einleitungssatz:
„(1) Zur Verrechnung
der Ausgaben und Einnahmen des Bundes im Zusammenhang mit der Umstellung der
Haushaltsverrechnung im Bundesministerium für Finanzen auf SAP R/3 werden
folgende Kapitelbezeichnung, Titel, Paragrafe und Voranschlagsansätze eröffnet
bzw. geändert:“
3. Im § 4 Abs. 1 werden folgende
Ziffern 9 bis 11 angefügt:
„9. Die
Verrechnung der Ausgaben des Paragrafen 1/5024 „Zahlungen an Innovations- und
Technologiefonds“ erfolgt beim Paragraf 1/5109 „Zahlungen an Innovations- und
Technologiefonds“.
10. Die Verrechnung
der Einnahmen des Voranschlagsansatzes 2/54834/43 „Verschiedene Abfuhren“
erfolgt beim Voranschlagsansatz 2/53904/43 „Einnahmen aus Abfuhren gem. KatFG“.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 84 |
11. Kapitel 58
„Finanzschuld, Währungstauschverträge“ erhält die Bezeichnung „Finanzierungen,
Währungstauschverträge“. Zur Verrechnung der Ausgaben und Einnahmen im Zusammenhang
mit kurzfristigen Verpflichtungen wird der Titel 585 „Kurzfristige
Verpflichtungen“ geschaffen, dem der Paragraf 5850 „In heimischer Währung“ mit
den Voranschlagsansätzen 1/58508/43 „Verzinsung und Aufgeld“, 2/58504/43
„Erfolgswirksame Einnahmen“, 7/58509/43 „Tilgung“ und 8/58509/43 „Erlöse“,
weiters der Paragraf 5851 „In fremder Währung“ mit den Voranschlagsansätzen
1/58518/43 „Verzinsung und Aufgeld“, 2/58514/43 „Erfolgswirksame Einnahmen“,
7/58519/43 „Tilgung“ und 8/58519/43 „Erlöse“, weiters der Paragraf 5852 „Devisentermingeschäfte“
mit den Voranschlagsansätzen 1/58528/43 „Aufwendungen“, 2/58524/43 „Erfolgswirksame
Einnahmen“, 7/58529/43 „Aufwendungen (B)“ und 8/58529/43 „Bestandswirksame
Einnahmen“, weiters der Paragraf 5854 „Gegenposition in heimischer Währung“ mit
den Voranschlagsansätzen 1/58548/43 „Verzinsung und Aufgeld“, 2/58544/43
„Erfolgswirksame Einnahmen“, 7/58549/43 „Tilgung“ und 8/58549/43 „Erlöse“,
weiters der Paragraf 5855 „Gegenposition in fremder Währung“ mit den
Voranschlagsansätzen 1/58558/43 „Verzinsung und Aufgeld“, 2/58554/43
„Erfolgswirksame Einnahmen“, 7/58559/43 „Tilgung“ und 8/58559/43 „Erlöse“,
weiters der Paragraf 5856 „Gegenposition Devisentermingeschäfte“ mit den Voranschlagsansätzen
1/58568/43 „Aufwendungen“, 2/58564/43 „Erfolgswirksame Einnahmen“ 7/58569/43
„Aufwendungen (B)“ und 8/58569/43 „Bestandswirksame Einnahmen“, weiters der
Paragraf 5858 „Sonstiger Aufwand“ mit den Voranschlagsansätzen 1/58588/43
„Aufwendungen“ und 2/58584/43 „Erfolgswirksame Einnahmen“ sowie der Paragraf
5859 „Gegenposition sonstiger Aufwand“ mit den Voranschlagsansätzen 1/58598/43
„Aufwendungen“ und 2/58594/43 „Erfolgswirksame Einnahmen“ zugeordnet werden.“
4. Im § 5 wird folgender neuer
Absatz 3 angefügt:
„(3) Durch die Zusammenführung der
Kapitel 63 und 64 erfolgt die Verrechnung der Ausgaben und Einnahmen des
Titels 634 "Bundesministerium; Sonstiger Zweckaufwand" unter dem
Titel 637 "Bundesministerium; Sonstiger Zweckaufwand", die des Titels
646 "Liegenschaftsverwaltung" beim Paragraf 6324
"Liegenschaftsverwaltung", die des Titels 647 „Bundesgebäudeverwaltung
(Hochbau)“ beim Paragraf 6323 Kulturbauten“, die des Titels 649 "Bundesamt
für Eich- und Vermessungswesen" beim Paragraf 6309 "Bundesamt für
Eich- und Vermessungswesen", die des Paragrafen 6401
"Bundesmobilienverwaltung" beim Paragraf 6305 "Bundesmobilienverwaltung",
die des Paragrafen 6402 "Schönbrunner Tiergartenamt" beim Paragraf
6331 "Schönbrunner Tiergartenamt", die des Paragrafen 6403 "Beschussämter"
beim Paragraf 6307 "Beschussämter", die des Paragrafen 6404
"Amt der Bundesimmobilien" beim Paragraf 6332 "Amt der
Bundesimmobilien", die des Paragrafen 6407 "Regierungsgebäude"
beim Paragraf 6321 "Regierungsgebäude", die des Paragrafen 6414
"Wohnbauforschung" beim Paragraf 6303 "Wohnbauforschung",
die des Paragrafen 6452 "Kongresszentrum in der Wiener Hofburg" beim
Paragraf 6322 "Kongresszentrum in der Wiener Hofburg“ sowie die des
Paragrafen 6450 "Burghauptmannschaft Österreich“ beim Paragraf 6320
"Burghauptmannschaft Österreich“, dem überdies der Titel 632
„Kulturbauten- und Liegenschaftsverwaltung" übergeordnet wird. Die Verrechnung
der Ausgaben des Voranschlagsansatzes 1/64176/12 „Technisches Versuchswesen;
Förderungen“ erfolgt beim Voranschlagsansatz 1/63156/35,36,38 „Förderungen“,
die der Voranschlagsansätze 1/64178/12 „Technisches Versuchswesen;
Aufwendungen“, 1/64188/12 „Allgemeine Bauforschung; Aufwendungen“ und
1/64198/43 „Sonstige Förderungsmaßnahmen“ beim Voranschlagsansatz 1/63158/36,38
„Aufwendungen“, die der Voranschlagsansätze 1/64663/43 „Sonstige Liegenschaftsankäufe“
und 1/64673/33 „Liegenschaftsankäufe für Flugplätze“ erfolgt beim
Voranschlagsansatz 1/63263/43 „Liegenschaftsankäufe (inkl. Flughäfen)“ und die
des Voranschlagsansatzes 1/64683/43 „Liegenschaftserwerb im Tauschweg“ beim Voranschlagsansatz
1/63263/43 „Liegenschaftserwerb im Tauschweg“.
5. Nach dem § 5 wird folgender
§ 6 neu eingefügt:
„§ 6. Auf
Grund der durch die Bundesministeriengesetz-Novelle 2003 eingetretenen Änderungen
im Wirkungsbereich einzelner haushaltsleitender Organe ist das gemäß § 1
anzuwendende Bundesfinanzgesetz 2002 wie folgt zu vollziehen:
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 85 |
1. Der
Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, im Finanzjahr 2003 die Zustimmung
zu Überschreitungen bei Voranschlagsansätzen des Ermessens für notwendige
Umschichtungen im Zusammenhang mit der Bundesministeriengesetz-Novelle 2003 im
Ausmaß jener Beträge zu geben, die durch gleichhohe Ausgabeneinsparungen bei den
jeweils anderen, in den bisherigen oder neuen Zuständigkeitsbereich fallenden
Voranschlagsansätzen sichergestellt werden können.
2. Die
Verrechnung der Ausgaben und Einnahmen des Paragrafen 1008 "Unabhängiger
Bundesasylsenat (UBAS)" erfolgt beim Paragrafen 1154 "Unabhängiger
Bundesasylsenat (UBAS)“.
3. Kapitel 15
"Soziale Sicherheit und Generationen" erhält die Bezeichnung
"Soziale Sicherheit". Der Titel 150 erhält die Bezeichnung "BM
für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz“.
4. Kapitel 17
"Gesundheit" erhält die Bezeichnung "Gesundheit und
Frauen". Zur Verrechnung der Ausgaben und Einnahmen für das
"Bundesministerium für Gesundheit und Frauen" wird der Titel 170, für
jene der "Zentralleitung" der Paragraf 1700 geschaffen. Diesem werden
die Voranschlagsansätze 1/17000/43 "Personalausgaben", 1/17003/43
"Anlagen", 1/17005/23,43 "Bezugsvorschüsse", 1/17006/21,22
"Förderungen", 1/17007/21,22,43 "Aufwendungen (Gesetzl. Verpflichtungen)",
1/17008/12,22,43 "Aufwendungen", 2/17000/22 "Zweckgebundene
erfolgswirksame Einnahmen" 2/17004/21,43 "Erfolgswirksame
Einnahmen", 2/17005/43 "Sonstige Einnahmen von der EU",
2/17008/43 "Sonstige bestandswirksame Einnahmen" sowie 2/17009/23,43
"Bezugsvorschussersätze" zugeordnet. Die Ausgaben für „Gesundheitsökonomische
Belange“ werden beim Voranschlagsansatz 1/17018/21 verrechnet. Zur Verrechnung
der Ausgaben und Einnahmen für "Leistungen zur Krankenv. u. sonst.
Leistungen zur Sozialv.“ wird der Titel 175 geschaffen. Diesem werden die
Voranschlagsansätze 1/17507/22 "Leistungen zur Krankenversicherung",
1/17517/22 „Sonstige Leistungen zur Sozialversicherung“, 2/17504/22 „Leistungen
zur Krankenversicherung“ und 2/17514/22 „Leistungen zur Sozialversicherung“ zugeordnet.
5. Kapitel 19
"Jugend, Familie und Senioren" erhält die Bezeichnung "Familie,
Generationen, Konsumentenschutz". Zur Verrechnung der Ausgaben und
Einnahmen im Zusammenhang mit Angelegenheiten der Konsumentenpolitik
einschließlich des Konsumentenschutzes, soweit dieser nicht in den Wirkungsbereich
des Bundesministeriums für Justiz fällt, wird der Titel 195 "Konsumentenschutz"
geschaffen, dem die Voranschlagsansätze 1/19506/43 "Förderungen",
1/19508/43 "Aufwendungen" und" 2/19504/43 "Erfolgswirksame
Einnahmen" zugeordnet werden.
6. Die Verrechnung
der Ausgaben und Einnahmen des Titels 703 "Sportangelegenheiten" erfolgt
unter dem Titel 106 "Sportangelegenheiten“ mit Ausnahme jener der
Voranschlagsansätze 1/70310/11 „Personalausgaben“ und 1/70317/11 „Aufwendungen
(Gesetzl. Verpflichtungen), die bei den Voranschlagsansätzen 1/10000/43
„Personalausgaben“ und 1/10007/43 „Aufwendungen (Gesetzl. Verpflichtungen)“
verrechnet werden.“
6. Die bisherigen §§ 6, 7, und 8
erhalten die Bezeichnung „§ 7“, „§ 8“ und „§ 9“.
7. Die neu bezeichneten § 8 und § 9
lauten:
„§ 8.
§ 6 dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Mai 2003, alle übrigen
Bestimmungen treten mit 1. Jänner 2003 in Kraft. Sämtliche Bestimmungen
dieses Bundesgesetzes treten mit Ablauf jenes Monats außer Kraft, das dem
In-Kraft-Treten des Bundesfinanzgesetzes für das Jahr 2003 vorangeht.
§ 9. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist
unbeschadet der den obersten Organen nach Maßgabe der Hauhaltsvorschriften
zustehenden Befugnis zur Bestreitung der einzelnen Ausgaben innerhalb ihres
Teilvoranschlages
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 86 |
1. soweit in
diesem Bundesgesetz Bestimmungen über den Stellenplan getroffen werden, bis
30. April 2003 der Bundesminister für öffentliche Leistung und Sport,
danach der Bundeskanzler, jeweils im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen,
2. im Übrigen
der Bundesminister für Finanzen betraut.“
*****
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort
gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Rasinger: Herr Kogler! Jetzt wollen wir
eine Leistung sehen! – Abg. Dr. Gusenbauer:
Können Sie einmal eine kurze Vorlesung halten? Er braucht ein
Privatissimum!)
14.39
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Die ÖVP-Fraktion fordert von mir Leistung.
Kollege Stummvoll ist noch da, er ist der erste Anwärter auf das
Staatsekretariat für Eigenvorsorge in Pensionsfragen. (Heiterkeit und
Beifall bei den Grünen.)
Stichwort
„Leistung“: Herr Bundesminister! Momentan hat man Mühe, die Koordinatensysteme
der ÖVP-Fraktion wieder so weit befindlich einzurichten, dass sich wenigstens
die ÖVP selbst wieder auskennt. Wenn ich Kollegen Auer richtig verstanden habe,
dann hat er jetzt doch offensichtlich einer höheren Steuerquote das Wort
geredet als jene, die man in der Bundesrepublik Deutschland antrifft.
Wie dem auch
sei – reden wir einmal über die Positionen, die sich über die vergangenen
Monate ergeben haben. Warum reden wir heute eigentlich über ein
Budgetprovisorium? (Abg. Wittauer: Das
frage ich mich auch! – Abg. Wattaul:
Warum ihr mitredet, das ist die Frage!) – Das vergessen die
meisten gerne, auf dieser Seite besonders.
August 2002 –
alles war eitel Wonne, dann kam das Hochwasser, und dann kam der Unsägliche
vom Wörthersee dazu. Das reicht offensichtlich als Mischung für Knittelfeld.
Das Einzige, was jetzt auf der Regierungsbank anders ist, ist, dass Sie, Herr
Bundesminister, nicht mehr zur F gehören – wo auch immer Sie jetzt
hingehören mögen.
Nur eines sage ich
Ihnen schon klar und deutlich: Es ist uns jeder willkommen, dessen politische
Seele geläutert ist. Als notwendige Bedingung für glaubwürdigere Finanzpolitik
ist das sicher hilfreich, wenn man nicht zu viel von den populistischen
F-Ansagen in Sachen Steuerfragen infiziert wird. Das ist schon richtig, aber
hinreichend ist das meines Erachtens noch nicht! (Beifall bei den
Grünen. – Abg. Wattaul: Den
Populismus habt ihr gepachtet! Das wissen wir schon!)
Hinreichend wäre,
wie Kollege Matznetter schon angesprochen hat, zuerst einmal eine klare
Darstellung dessen, was überhaupt Sache ist, ein so genannter Kassasturz, und
in weiterer Folge ein Ausblick auf Maßnahmen, an denen man sich zumindest
orientieren kann.
Wäre ich ein
Wirtschaftstreibender, würde mich zum Beispiel interessieren, wann eine Steuersenkung
kommt oder nicht, mit welchen Maßnahmen – unbeschadet der Position, welche
Maßnahmen für Unternehmenspolitik jetzt günstig sind oder nicht.
Aber was hier seit
Monaten angerichtet wird, ist eine Untergrabung der Glaubwürdigkeit der
Finanzpolitik schon aus diesem Titel heraus, weil man sich als
Wirtschaftstreibender überhaupt nicht mehr auskennt. (Beifall bei den
Grünen.) Das haben Sie, zu welcher Partei Sie jetzt immer gehören mögen, zu
verantworten! (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie haben eh gesagt, hohe
Steuern sind gut für die Wirtschaft!) – Das Koordinatensystem
muss die ÖVP jetzt selbst einrenken, so glaube ich. Das würde meine Redezeit
überschreiten, und ich fühle mich in diesem Punkt als vorläufig gescheitert.
Ich komme jetzt
aber zum Kern dieser Angelegenheit, dieses Budgetprovisoriums, mittlerweile ist
es eine Regierungsvorlage.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 87 |
Mein Gott, die
Opposition wäre nicht angestanden zuzustimmen, damit die Liquiditätsdaten der
Republik halbwegs in Ordnung bleiben, und wir hätten uns spätestens im April
oder auch meinetwegen jetzt verständigt, wenn es darum geht, Kreditaufnahmen
für die Republik günstig zu gestalten. Das war aber nicht der Punkt.
Der Punkt ist
doch, dass dieses Budgetprovisorium auf den Zahlen des Jahres 2002 beruht
und dass jetzt noch hinzukommend und verschärfend eine De-facto-Kürzung durch
die 5-Prozent-Ausgabenbindung erfolgt. Dadurch entstehen in bestimmten
Bereichen Probleme, zu denen Sie, Herr Bundesfinanzminister, hoffentlich noch
Stellung nehmen werden, denn noch ist nicht klar, wen und welche politischen
Projekte das betreffen soll – zumindest in dieser Übergangszeit, bis ein
tatsächliches Budget beschlossen wird.
Auch dieser
Zeitraum ist möglicherweise wieder offen, denn es muss nicht nur sein, dass
ständig Steuerreformen verschoben werden, es könnte auch sein, dass die
Koalition und die Fraktionen hier im Haus gar nicht mit der Zeit zu Rande
kommen, die ihnen zur Verfügung steht, damit noch im Juni ein Budget
beschlossen werden kann. Dann gilt dieses Provisorium ganz rasch bis September
oder Oktober, dann wird es die Leute umso mehr interessieren, wo gekürzt wird
und wo nicht.
Das ist das
Phantasielose an dieser 5-Prozent-Linearkürzung, weil überall – wie das
Wort schon sagt – mit dem Lineal drübergefahren wird. Das ist an sich kein
günstiger Politikansatz. Die einzigen Ausnahmen wurden im Bereich des
Innenministeriums getroffen. Hätte man in anderen Ressorts so viel Phantasie
walten lassen wie bei den Ausnahmebestimmungen für das Innenressort, hätte man
sich überlegen können, ob man auch für dieses Provisorium gescheite
Verhandlungen macht. Aber nein, Lineal, 5 Prozent, und das ist es dann!
Sie werden also
unsere Zustimmung schwerlich erwarten dürfen, da wir schon das dem zu Grunde
gelegte Budget 2002 nicht für gut befunden haben. Das wird Sie aber auch
weiter nicht wundern.
Kommen wir zum
Ausblick in der Budget- und in der Steuerpolitik: Eine Bedingung für einen
guten Finanzminister wäre meines Erachtens auch, dass er einmal den Konsolidierungsbedarf
so darstellt, dass man sich auch als Oppositionsabgeordneter anständig orientieren
kann. Es ist zwar einiges in der Informationspolitik durchaus begrüßenswert,
was Ihr Haus betrifft, Herr Finanzminister, aber auch das ist letztlich im
Ergebnis der Zahlen, die wir bekommen, in unserer Beurteilung enden wollend
positiv.
Ich darf zum
Beispiel daran erinnern, dass in den Koalitionsverhandlungen, die mit den
Grünen geführt wurden, ständig ein Konsolidierungsbedarf in der Höhe von
5 Milliarden € genannt wurde – Basis 2006 –, und davon
durfte es kein Abweichen geben.
Mittlerweile lesen
wir im Regierungsübereinkommen: 3 Milliarden. Wenn man die Zahlen
summiert, die dort genannt sind, kommt man auf 3,3 Milliarden. Aber eine
Abweichungsgröße von 10 Prozent ist in diesem Programm offensichtlich
ohnehin kein Problem mehr, sei es drum! Aber zwischen 3 und 5 Milliarden
ist ein Unterschied, wenn man schon über das andere hinwegsehen will.
Diesbezüglich sind
Sie der Öffentlichkeit meines Erachtens eine Erklärung schuldig, wieso
ursprünglich, zu Zeiten der ersten Kontakte mit der SPÖ, von 8 Milliarden
die Rede war, dann von 5, jetzt ist man bei 3. Auf dieser Basis ist schon
fraglich, wie eine planbare Steuersenkung überhaupt stattfinden soll, wenn man
gleichzeitig den Budgetsaldo im Auge hat. – Ich darf an dieser Stelle
hinzufügen, dass es jedenfalls der Zugang der Grünen ist, den Budgetsaldo nicht
aus den Augen zu verlieren.
Deshalb haben Sie
natürlich in gewisser Weise Recht, wenn Sie sagen, es muss – ich weiß
nicht, wie Sie sich genau ausgedrückt haben – ein Senkungsziel zunächst
einmal erspart werden. (Abg. Eder: Wie
man es braucht!)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 88 |
Wenn wir uns auf
diese Debatte einlassen würden, dann allerdings stellt sich genau die Frage,
wie hoch der vorausgesetzte Konsolidierungsbedarf ist. Da sind Sie es der
Öffentlichkeit schuldig, sich auf irgendeine Zahl, die wenigstens eine
Halbwertzeit von mehr als zwei Wochen hat, zu verständigen und diese dann auch
tatsächlich zu verkünden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg.
Dr. Cap: Raus mit den Zahlen!)
Aber gehen wir auf
die vorhandene wirtschaftspolitische Situation ein, die in der Tat nicht rosig
ist. Es wird unbestritten sein, dass wir in einer Phase der wirtschaftlichen
Unsicherheit – um nicht zu sagen, auch was die Wachstumszahlen betrifft:
Stagnation – verharren, und es ist überhaupt nicht gesichert, ob sich das
vor dem Hintergrund der tragischen Ereignisse in Nahen Osten so rasch ändern
wird.
Wenn das aber so
ist und wenn Steuersenkungsvolumina in Aussicht gestellt werden, dann stellt
sich schon die Frage, ob man ein paar alte ökonomische Binsenweisheiten nicht
doch noch einmal strapazieren könnte.
Wenn Sie schon
vorhaben, Steuern zu senken, dann ist doch die Frage, ob nicht tatsächlich ein
Teil davon, und zwar ein größerer Teil als jener, den Sie bisher in Aussicht
gestellt haben, vorgezogen wird. Dann ist es aber genau die Strukturfrage, auf
die wir immer hinweisen, die entscheidend ist: Welche Steuern könnten
vorläufig vorgezogenerweise gesenkt werden – sowohl im
Einkommensteuerbereich als auch im Bereich der Unternehmenssteuern? – Die
Antwort könnte sein, dass wir im Bereich der so genannten unteren und mittleren
Einkommen möglicherweise sogar in einem größeren Volumen senken, als jetzt im
Regierungsübereinkommen angepeilt ist – das aber zielsicher auf einen
wesentlich größeren Personenkreis als jenen, der von den Maßnahmen der
Koalition begünstigt werden würde, ausgerichtet.
Ich darf in
Erinnerung rufen, die ausschließliche Steuerfreistellung von
Bruttojahreseinkommen bis 14 500 € betrifft nur einen kleinen
Personenkreis, weil die folgenden Einschleifregelungen sehr radikal nach oben
gehen müssen und es in Wirklichkeit viel gescheiter wäre, die anderen
Punkte ... (Abg. Dr. Petrovic
macht eine Handbewegung in Bezug auf die Zeit. – Zwischenbemerkung
von Bundesminister Mag. Grasser.) –
Vielen Dank, Herr Finanzminister! Wir haben eine freiwillige
Zeitvereinbarung. Ich kann nachher, wenn wir über den Bundesrechnungsabschluss
reden, ein bisschen etwas einsparen. Sie sind ja Meister im Sparen! (Beifall
bei den Grünen.)
Wir hätten in diesem Punkt eine wesentlich größere Treffsicherheit für
wesentlich mehr Personen, und diese würden das Geld auch ausgeben und nicht
auf den Malediven oder sonst wo Urlaub machen. – Das ist das eine.
Das Zweite ist, im Unternehmensbereich hat es, so glaube ich, wenig
Sinn, in der Situation nicht entnommene Gewinne zu begünstigen. Viel gescheiter
wäre es, Investitionsschübe der Unternehmen anzureizen. Das kostet natürlich
auch, nämlich infolge des Steuerausfalls. Aber das wären zielsichere Maßnahmen,
die möglicherweise gar nicht so viel kosten, aber wo die Ausdehnung des
Budgetsaldos das Wachstum doch noch beeinflussen kann.
Wir geben uns nicht mit der Antwort zufrieden, dass das alles nur mehr
Lehrbuch und Alt-Keynesianismus sei. Das sagen auch die Wirtschaftsforscher: In
einem bestimmten Bereich ist es selbst in einer kleinen, offenen Wirtschaft wie
Österreich noch möglich, durch staatliche Maßnahmen und Ausgaben das Wachstum
anzuregen.
Sie verweigern sich dieser Erkenntnis aus ideologischen Gründen, weil
Sie nämlich schlicht und ergreifend nichts tun wollen. Das ist der Punkt, und
das ist der Unterschied zu uns! (Beifall bei den Grünen.)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 89 |
14.50
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner
hat sich Herr Abgeordneter Ing. Hofmann zu Wort gemeldet. – Bitte.
14.50
Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Sehr geehrte
Damen und Herren! Bevor ich zum aktuellen Tagesordnungspunkt spreche, noch eine
kleine Anmerkung zu den Ausführungen des Kollegen Matznetter; er ist noch im
Saal anwesend.
Herr Kollege
Matznetter, Sie haben es natürlich einfach, und zwar deswegen, weil Sie über
dieses Thema völlig unbeschwert reden können. Das, was Sie lautstark
vorgebracht haben: Diese Republik hat einen Schuldenstand, wie sie ihn noch nie
gehabt hat!, ist richtig. Sie können so darüber reden, weil Sie bislang noch
keinen einzigen Beschluss eines Budgets hier im Hause mitgefasst haben. Es gab
30 Jahre sozialistische Verschwendungspolitik mit budgetären Auswirkungen
(Beifall bei den Freiheitlichen – Abg. Eder: Der Stummvoll war
Staatssekretär! – Abg. Dr. Petrovic: Er kann sich sicher
nicht erinnern!), mit Auswirkungen auf die Steuerbelastung der einzelnen
Bürger, mit einer Einengung, einem Stillstand der Reformen. Insofern tun Sie
sich natürlich sehr, sehr leicht.
Aber, Kollege
Matznetter, ich habe mir auch angesehen, wie die Finanzpolitik der Sozialdemokraten
in den vergangenen 30 Jahren ausgeschaut hat. Sie haben zum Beispiel
keinen Bezug zum Bruttoinlandsprodukt hinsichtlich der Neuverschuldung
hergestellt, und auch nicht die Pro-Kopf-Verschuldung angeführt. Ich würde
Ihnen raten, machen Sie das, dann werden Sie sehen, dass Ihr Finanzminister jedes
Jahr dafür gesorgt hat, dass der Schuldenstand der jeweils höchste in dieser
Republik gewesen ist! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wattaul:
Schulden-Rudi!)
Noch eine kleine
Anmerkung zum Kollegen Kogler, weil mich eine Bemerkung von ihm wirklich
amüsiert hat. Er hat nämlich davon gesprochen, dass hier ein Finanzminister
sitzt, von dem keiner weiß, wo er hingehört. Und dann hat er gesagt, und das
hat mich wirklich erstaunt: Aber er ist uns jederzeit herzlich willkommen! (Heiterkeit.) –
Also ich will das jetzt nicht kommentieren, aber angesichts der freiheitlichen
Vergangenheit des Finanzministers erstaunt es mich schon, dass die Grünen hier
werbewirksam auftreten und den Finanzminister in ihre Reihen bringen wollen. (Zwischenruf
des Abg. Mag. Kogler.) – Aber es ist nicht meine Aufgabe,
das weiter zu kommentieren. (Abg. Dr. Cap: Wollen Sie ihn
zurückhaben? – Heiterkeit.)
Sehr geehrte Damen
und Herren! Hohes Haus! Wir sprechen über ein Bundesgesetz, mit dem eine
vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2003 getroffen wird, ein
gesetzliches Budgetprovisorium für das laufende Jahr. (Abg. Dr. Cap –
in Richtung der Freiheitlichen –: Wollt ihr den Grasser wieder
zurückhaben?)
Wir wissen, dass
auf Grund der Nationalratswahlen dem Nationalrat kein Bundesfinanzgesetz 2003
zur Beschlussfassung vorgelegt wurde. Die Beschlussfassung für dieses Jahr
hätte im Jahr 2002 erfolgen müssen. Somit war oder ist der Bundeshaushalt
gemäß Bundes-Verfassungsgesetz, Artikel 51 Absatz 2, als Budgetprovisorium
zu führen, wobei dieses Provisorium eine gesetzliche Grenze, ein Limit hat.
Würde kein gesetzliches Provisorium beschlossen werden, so hätte das
entsprechende Auswirkungen auf die Finanzmärkte, die natürlich darauf reagieren
würden.
Dieses Limit
beträgt 50 Prozent der Höchstbeträge der Finanzschulden des Vorjahres,
also des Jahres 2002. Wenn diese Verpflichtungen eingegangen worden sind, dann
ist diese Grenze erreicht.
Wir kennen den
Fristenlauf, bis es zu einer Vorlage eines Bundesfinanzgesetzes für dieses Jahr
kommt. Die Termine für die Ausschussverhandlungen sind festgelegt, und es sind
auch die Termine der Nationalratssitzungen zur Beschlussfassung dieses
Finanzgesetzes festgelegt. Im Juni ist mit einer entsprechenden
Beschlussfassung zu rechnen.
Das heute zu beschließende gesetzliche Budgetprovisorium sieht eine 5-prozentige Bindung der Ermessensausgaben vor. Wir hatten, wie Sie wissen, im Jahr 2002 ebenfalls eine Bindung, und zwar von 3 Prozent. Die Grünen sehen darin ein großes Problem. Der Finanzminister hat in
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 90 |
den Ausschusssitzungen diesem Problemansatz
widersprochen. Er sieht keine Gefahr durch eine entsprechende Einengung bei
Finanzierungen.
Der Vorsitzende
des Staatsschuldenausschusses, Universitätsprofessor DDr. Frisch, hat
für mein Dafürhalten im Ausschuss etwas sehr Wichtiges gesagt, nämlich, dass
dieses gesetzliche Budgetprovisorium unabdingbar ist, um das Ansehen
Österreichs als erstklassigem Schuldner – als Triple-A-Schuldner –
nicht in Frage zu stellen.
Auch der Leiter
der Bundesfinanzierungsagentur, Herr Dr. Eder, hat auf die Sensibilität
der Finanzmärkte hingewiesen und darauf, was die Folgen einer entsprechenden
Reaktion sein könnten, nämlich höhere Kosten für uns.
Lassen Sie mich
für meine Fraktion abschließend sagen, dass uns ein gesetzliches Budgetprovisorium,
das an jenes des Vorjahres angelehnt ist, auf jeden Fall – auch wenn das
Jahr 2002 ein schwieriges Jahr war – lieber ist als eine Anlehnung an
ein Budget aus den Zeiten sozialistischer Finanzminister, denn das wäre fürchterlich,
und da müsste man es sich ernsthaft überlegen, ob man das fortführen
wollte. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten
der ÖVP.)
14.56
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus hat sich
Herr Bundesminister für Finanzen Mag. Grasser zu Wort gemeldet. – Bitte.
14.56
Bundesminister
für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr
geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten!
Hohes Haus! Gestatten Sie, dass ich die verbleibenden 4 Minuten Redezeit,
bis wir um 15 Uhr unterbrechen, nütze, um nicht die breite Debatte, die
wir hatten, zu reflektieren – vom Kassasturz bis zu den Grundlagen der
Finanzpolitik –, sondern dass ich konkret zum gesetzlichen
Budgetprovisorium spreche und mir erlauben werde, beim Punkt Rechnungsabschluss
ein wenig grundsätzlicher und ausführlicher zu werden. (Abg. Öllinger:
„Grasser-Sturz“? Was ist das?)
Meine Damen und
Herren! Artikel 51 des Bundes-Verfassungsgesetzes unterscheidet das automatische
und das gesetzliche Budgetprovisorium. Wir alle kennen den Regelfall, wie wir
im Hohen Haus Budgets, Bundesfinanzgesetze, Budgetbegleitgesetze einbringen,
nämlich normalerweise zehn Wochen vor Beginn des neuen Jahres, im Regelfall
gibt es im Dezember eine Beschlussfassung. Aber natürlich haben die Väter
unserer Verfassung auch Vorkehrungen für den Fall getroffen, dass das nicht
möglich ist.
Wir sind jetzt
genau in dieser Situation. Ein automatisches Budgetprovisorium ist in Kraft.
Das ist nicht neu, das ist in Österreich zum dritten Mal der Fall, daher ist
das eine weder aufgeregte noch besonders problematische Situation. Zuletzt
hatten wir diese Situation im Jahr 1999, als Rudolf Edlinger das Budget
nicht im Herbst in den Nationalrat bringen konnte und es daher keinen Beschluss
gegeben hat.
Dieser
Artikel 51 des Bundes-Verfassungsgesetzes regelt in Absatz 5, dass
man auf der Grundlage eines automatischen Budgetprovisoriums Finanzschulden nur
bis zur Hälfte der im letzten Bundesfinanzgesetz vorgesehenen Höchstbeträge
eingehen darf. Diese Höchstbeträge waren in etwa 22 Milliarden €.
50 Prozent davon dürfen wir auf der Grundlage des automatischen
Provisoriums aufnehmen, also in etwa 11 Milliarden €.
Abgestimmt mit dem
Rechnungshof wissen wir, dass wir diese Grenze von 11 Milliarden € in
etwa im Laufe des Monats Aprils überschreiten würden. Danach könnten wir nur
noch mit kurzfristigen Geldern – so genannten Kassenstärkern –
unsere Verpflichtungen erfüllen. Das käme den Steuerzahler wesentlich teurer,
es würde zu Mehrbelastungen von jenseits der 15 Millionen € führen.
Es ist klar, eine solche Vorgangsweise macht keinen Sinn. Der vernünftigste Weg ist: Stellen wir die Liquidität der Republik auf gesetzlicher Basis sicher, stellen wir sie auf der Basis eines ge-
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 91 |
setzlichen Provisoriums sicher, ersparen wir dem
Steuerzahler zumindest 15 Millionen €, setzen wir ein klares Signal
an die Finanzmärkte, ein Signal der Sicherheit, ein Signal der Stabilität!
Wenn wir uns
ansehen: Welches Problem haben wir?, dann stellen wir fest, es gibt eine ganz
klare, beste Lösung dazu. Diese beste Lösung wurde bestätigt vom Präsidenten
des Rechnungshofes, von Herrn Professor DDr. Frisch sowie von Herrn
Dr. Eder von der Bundesfinanzierungsagentur, und zwar ist das der
Beschluss des gesetzlichen Budgetprovisoriums.
Ich denke auch,
dass gerade in schwierigeren und weltweit instabileren Zeiten dieses Signal der
Stabilität, dieses Signal der Sicherheit – die Liquidität der Republik
sicherzustellen, die Zahlungsfähigkeit sicherzustellen, und zwar möglichst
günstig für den Steuerzahler – ein sehr wichtiger Beschluss ist. Daher
ersuche ich Sie, dieses Signal heute zu setzen und wenn möglich dieses
gesetzliche Budgetprovisorium gemeinsam zu tragen. – Vielen
Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
14.59
Präsident
Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Meine Damen und Herren! Ich unterbreche
nunmehr die Beratungen zum 1. Punkt der heutigen Tagesordnung, damit wir
nach den einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung zeitgerecht um
15 Uhr zur Kurzdebatte über eine Anfragebeantwortung des Herrn
Bundesministers für Finanzen gelangen.
Kurze Debatte über
die Anfragebeantwortung 13/AB
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wir kommen zur Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung mit der
Ordnungszahl 13/AB. Diese
Anfragebeantwortung ist schriftlich im Saal verteilt worden, sodass sich eine
Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.
Wir gehen in die
Debatte ein.
Ich mache darauf
aufmerksam, dass in dieser Debatte die Erstrednerin, Frau Abgeordnete
Dr. Moser, 10 Minuten sprechen kann, alle anderen in der Debatte für
5 Minuten das Wort erhalten, wobei jede Fraktion zu Wort kommt, und ein
Regierungsmitglied, falls es sich zu Wort meldet, Herr Bundesminister,
ebenfalls eine Redezeit von bis zu 10 Minuten zur Verfügung hat.
Die Uhr ist auf
10 Minuten eingestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.
15.01
Abgeordnete Dr. Gabriela Moser
(Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Meine
Damen und Herren! Von Budgetprovisorien war jetzt kurz die Rede, und über
wesentliche Teile von Einnahmen und Schuldentilgungen wird noch ausgiebig
diskutiert werden. Sie, Herr Finanzminister, haben insgesamt neben Ihrem
Generalziel, dem so genannten Nulldefizit – das Sie ja in bereits in
geradezu sträflicher Form vernachlässigen –, immer gesagt, eines Ihrer
Leitmotive, eine Ihrer Leitlinien in der Finanzpolitik, in der Budgetpolitik
sei die Schuldentilgung.
Zu diesem Zweck,
behaupte ich, ist Ihnen wirklich jedes Mittel recht und jedes Mittel heilig,
zum Beispiel auch der Verkauf der Bundeswohnungen, der zurzeit in einem Stadium
ist, bei dem wir nicht recht wissen, wo es lang geht. Ihre Beantwortung meiner
Anfrage lässt ja einiges offen. Sie haben sich noch nicht entschlossen, ob der
Asset Deal verkauft wird, ob strukturiert wird, ob Teilverkäufe
vorgenommen werden. Aber eines steht fest, auch durch die Regierungserklärung
und die Fortführung der Politik der vergangenen Legislaturperiode, nämlich,
dass verkauft wird – und wahrscheinlich zu einem Preis, bei dem Immobilienspezialisten
schlechthin von Verschleuderung des Volksvermögens reden. (Beifall bei den
Grünen sowie des Abg. Eder.)
Gerade deshalb ist
mir diese Diskussion innerhalb einer Budgetdebatte sehr wichtig, weil hier von
Ihrer Seite noch einmal klar auf den Tisch gelegt werden muss, wohin es geht
und wie viel Sie sich jetzt wirklich erwarten.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 92 |
Unsere Position in
dieser Frage war immer klar: Wir waren gegen einen Verkauf der
Bundeswohnungen, weil wir diese als infrastrukturelle, sozialpolitische
Grundsubstanz und als ein Grundkapital Österreichs ansehen – und weil am
Markt nie der Wert, der Erlös erzielt werden kann, der Betrag zur
Schuldentilgung im Budget erzielt werden kann, der diesem Immobilienbesitz
wirklich entspricht.
Es geht dabei um
sage und schreibe 61 000 Wohnungen! An die 180 000 Menschen sind
davon betroffen! Und laut neuesten Informationen – ursprünglich haben Sie
durch einen Verkauf 30 Milliarden Schilling an Erlös erwartet –
werden Sie vielleicht, wenn es gut geht, 800 Millionen € erlösen
können, das sind weniger als 10 Milliarden Schilling. (Abg. Wittauer:
Wer sind diese Spezialisten? Welche Experten? Wer hat Ihnen diese Information
gegeben?) – Das liest man in Fachzeitungen, das hört man in
Expertenkreisen.
Diese eklatante
Wertverlustkurve, die deutlich sichtbar ist, von Ihren ursprünglichen Erwartungen
bis zu dem, was jetzt als Angebot auf dem Tisch liegt, geht leider nicht aus
Ihrer Anfragebeantwortung hervor.
In Ihrer
Anfragebeantwortung haben Sie ja eindeutig ein Beispiel dafür geliefert, wie es
konkret mit den Verkaufstransaktionen steht, sprich, mit der Beauftragung der
Lehman Brothers Bankhaus AG, die als Auslober, als Konzepteure und
gleichzeitig als Umsetzer Ihrer Verkaufspolitik ans Werk gehen.
Man könnte
überhaupt die Geschichte des Verkaufes der Bundeswohnungen, wie Sie sie
schreiben, als einzigen Murks bezeichnen, denn zum einen haben Sie die
Zustimmung der ÖVP ohnehin nur erhalten, weil Sie auch die Option der
Eigentumsbildung für die jetzigen Mieter eröffnet haben. Diese Option der
Eigentumsbildung war aber für Sie eindeutig ein Eigentor, weil von den
insgesamt 61 000 Wohnungen werden wahrscheinlich höchstens
2 200 – das sind nur ungefähr 3 Prozent – in das Eigentum
der MieterInnen überwechseln.
Das war ja neben der
Schuldentilgung auch ein wichtiger Ansatzpunkt: dass es zu einer verstärkten
Eigentumsbildung in Österreich kommt. Das haben Sie immer wieder in
Anfragebeantwortungen als Ihr Motiv herausgestrichen. Aber damit sind Sie
genauso baden gegangen, wie Sie wahrscheinlich beim Verkauf des Gesamtkomplexes
baden gehen werden, denn es handelt sich dabei doch um Werte der BUWOG, der WAG
in Linz oder Eisenbahnerwohnungen, die doch ein beträchtliches Kapital in
Österreich darstellen.
Die MieterInnen
haben auf der einen Seite kaum Interesse an einer Eigentumsbildung, und es ist
klar, warum nicht. Sie zahlen derzeit vergleichsweise günstige Mieten. Und auf
der anderen Seite haben die Angebote von Seiten der BUWOG oder der WAG doch
einen Quadratmeterpreis in Wien von durchschnittlich 1 300,
1 400 € betragen.
Wenn ich mir Ihre
optionale 30 Milliarden-Schilling-Summe für rund
61 000 Wohnungen durchrechne, dann muss ich sagen, da hätten die
Investoren um eine halbe Million Schilling pro Wohnung einen guten Schnitt
gemacht. Jetzt, wo Sie wahrscheinlich viel weniger dafür bekommen, wo Sie
weniger als 10 Milliarden Schilling bekommen – ja, meine
Güte! –, da kostet für die Investoren die Wohnung im Durchschnitt –
eine Milchmädchenrechnung, das gebe ich zu – etwa 130 000 S. Das
ist ja nachgeschmissen! Nachgeschmissen ist das! (Beifall bei den Grünen.)
Auf der anderen
Seite haben ja die BUWOG und auch die WAG von den kaufwilligen Mietern durchaus
Quadratmeterpreise – wenn ich das in Schilling umrechne – von um die
20 000 S verlangt.
Im Endeffekt wäre es für Sie oder für die Republik – langfristig, wenn Sie schon Kapitalerträge erlösen beziehungsweise Wohnungen verkaufen wollen – im Sinne der Eigentumsbildung natürlich viel sinnvoller gewesen, langfristig Wohnung für Wohnung abzuverkaufen. Wir sind dafür, dass das Mietwohnungen bleiben und nicht abverkauft wird. Aber wenn man schon für das Budget etwas erlösen will – mittel- und langfristig –, dann macht man am besten einen Einzelverkauf. Das bringt ja viel mehr. Aber nein! Nulldefizit, Schuldenabbau, Verschleuderung!
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 93 |
Das ist eine unheilige Dreieinigkeit, die wir gezwungen sind,
wiederholt anzuprangern. (Beifall bei den Grünen.)
Schauen wir uns
noch einmal die Chronologie an: Die Lehman Brothers erhielten von Ihnen, Herr
Bundesminister, im Juni den Zuschlag für die Konzepterstellung und dann auch
für die Umsetzung. Jetzt ist es bereits März. An sich sollten sie im
vergangenen Dezember das Konzept vorlegen und im Jänner ans Werk gehen. –
Bis jetzt kam noch immer von Ihnen die Antwort: Es ist unentschieden, wie
verkauft werden soll.
Bitte sagen Sie
mir heute einmal, wie verkauft werden soll! Sagen Sie mir heute auch, warum
jetzt noch KPMG und CA-ID zusätzlich mit an der Konzepterstellung und an der
Verkaufsabwicklung beteiligt sein sollen, wo doch ohnehin die Lehman Brothers
als Billigstbieter oder Bestbieter, wie immer Sie das bezeichnen wollen, zum
Zug kamen! Warum braucht man denn jetzt eine Hilfestellung, und wie viel kostet
das zusätzlich?
Mir sagten Sie in
der Anfragebeantwortung, die Lehman Brothers erhalten 5 Millionen €
für die Planerstellung und 5,23 Millionen € für den Verkauf. Was
bekommen jetzt die KPMG und die CA-ID noch zusätzlich? – Das sind doch
Summen, die Ihren Erlös wieder massiv mindern! Ich meine, da geht es ja nicht
um ein Peanuts-Geschäft, sondern da geht es im Endeffekt wirklich um
Milliarden! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen. – Abg. Eder:
Wer verdient daran?) – Da schneiden wieder internationale Investoren
doppelt mit!
Und wie schaut die
Zukunft für die MieterInnen aus? – Womöglich gibt es eine WGG-Änderung,
eine Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes, indem man vom
burgenländischen Richtwert abgeht und zum jeweils aktuellen Richtwert des
Marktes hingeht. Das war schon überall in den Zeitungen zu lesen, und Herr
Kollege Tancsits hat es wiederholt angekündigt.
Das würde
womöglich auch eine Steigerung der Mieten beinhalten, wenn dies rückwirkend
geltend gemacht würde. Natürlich wäre das ein massiver Systembruch, aber ich
möchte von Ihnen, Herr Bundesminister, Klarheit darüber haben, dass Sie diesen
Systembruch nicht beabsichtigen, dass die Mieten gleich bleiben
werden. Bis jetzt haben Sie, Herr Finanzminister, das immer erklärt, auch in
allen Anfragebeantwortungen. Aber wie wollen Sie an Investoren verkaufen, die
eine höhere Rendite erwarten, als das, was jetzt durch die Mieteinnahmen gewährleistet
ist?
Unser Konzept
wäre: Behalten, den sozialen Grundstock ausbauen und bewahren, und gleichzeitig –
was Sie auch immer wieder gemacht haben; Sie haben ja durchaus Rücklagen entnommen,
bis an die 310 Millionen €, glaube ich – Rücklagen entnehmen. (Abg. Eder:
Hat er schon alle entnommen!) Sie haben ja auch immer wieder Gewinne
eingestreift. Im vergangenen Jahr waren es, so glaube ich,
90 Millionen €, die praktisch ins Budget geflossen sind. Die Kuh, die
man melkt – unseres Erachtens muss man sie nicht unbedingt melken –,
kann man doch nicht noch zusätzlich verkaufen – noch dazu in einer derart
schlechten Wirtschaftslage. Man wird nur schlechte Werte erzielen, und diese
schlechten Werte vermindern die zukünftigen Einkünfte.
Herr
Finanzminister! Vom Nulldefizit haben Sie sich ohnehin schon verabschiedet.
Bitte verabschieden Sie sich auch vom Verkauf der Bundeswohnungen – ein
einziges Debakel!
Beantworten Sie
mir zum Schluss noch die Frage: Welche Provisionen hat Ihr Berater, Herr Ernst
Karl Plech, erhalten? Welche Provisionen hat ein Herr Muhr erhalten, der in
engem Kontakt zu den Lehman Brothers steht und immer wieder für die Lehman
Brothers Aufträge akquiriert? – Das sind ganz konkrete Fragen, die ich
gerne noch beantwortet haben möchte. – Danke schön. (Beifall bei den
Grünen.)
15.11
Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit ist die Begründung erfolgt.
Wir gehen jetzt in
die Debatte ein. Jede Fraktion hat eine Redezeit von 5 Minuten.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 94 |
Der erste Redner
ist Herr Abgeordneter Großruck. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. –
Bitte. (Abg. Öllinger: Es geht aber nicht um Grieskirchen!)
15.11
Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir diskutieren heute
auf Antrag der Grünen eine Anfragebeantwortung des Herrn Finanzministers, die
meines Erachtens ganz klar, ganz verständlich und ganz sachlich erfolgt ist. (Abg. Eder:
Für Sie!)
Für mich nicht
sachlich sind die Parameter, die die Grünen dieser Anfrage unterstellt haben.
Ich nenne jetzt Zahlen, meine Herren! (Abg.
Eder: Es war eine Dame, die
gesprochen hat!)
Wenn hier steht,
der Preis für fünf Wohnbaugesellschaften soll sich zwischen 100 und
800 Millionen € belaufen, dann frage ich mich, meine Damen und
Herren von den Grünen: Was haben Sie für ein Zahlenverständnis? (Abg. Dr. Gabriela Moser: Das habe ich ja nicht gesagt!) Von welcher
Schätzungsbreite gehen Sie aus? Zwischen 100 und
800 Millionen € – das ist für mich nicht nachvollziehbar. (Abg.
Mag. Mainoni: Hauptsache viel!)
Da haben Sie keine Punktlandung gemacht, sondern eine Breitenstreuung, die
sehr grotesk ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg.
Mag. Mainoni: Einen
Bauchfleck!)
Meine Damen und
Herren! Frau Kollegin Moser! Wären Sie Mathematik-Professorin, dann müssten Sie
auf Grund dieser Anfrage den Hut nehmen. (Abg.
Dr. Rasinger: Wiederholungsprüfung!)
Sie sind aber Deutsch- und Geschichte-Professorin und haben uns hier nur eine
schöne Geschichte darüber erzählt, was Sie vermuten, was dahinter steckt.
Meine Damen und
Herren! Ist es Ihre Zielsetzung – dann stellen Sie sich auch hierher und
sagen Sie es –, dass der Staat nicht privatisiert? (Abg. Dr. Gabriela Moser:
Habe ich eh gesagt!) Entspricht das Ihrer Ideologie, dann stimmt das, was
Sie sagen. Aber Sie täuschen falsche Zahlen vor, um eine Diskussion darüber
führen zu können, dass wir Eigentum in breiter Hand wollen. Dass wir jenen, die
sich Eigentum schaffen wollen, auch die Möglichkeit dazu geben wollen, das ist
unser ideologischer Zugang, und darin unterscheiden wir uns eben. (Beifall
bei der ÖVP.)
Ist das der Grund,
dann führen wir eine ideologische Diskussion, aber keine mit Zahlen, die vorne
und hinten nicht stimmen, und Sie wissen ganz genau – Sie haben die
Anfragebeantwortung bekommen –, dass die Zahlen, die Sie nennen, nicht
stimmen!
Es ist zuerst ein
Auftrag von zirka 5 Millionen € erfolgt. Erst dann, wenn die gesamten
Transaktionen über die Bühne gebracht werden, kommen wir auf ein Gesamtvolumen
von zirka 10 Millionen €. Und das, meine Damen und Herren, bei einem
zur Disposition stehenden Gesamtvolumen von 900 Millionen bis
1 Milliarde €. – Jetzt gebe ich Ihnen Nachhilfeunterricht, Frau
Professor Moser: Das ist 1 Prozent der Gesamtsumme. Sie wissen, dass
1 Prozent an Beratungskosten durchaus üblich ist, durchaus schon bezahlt
worden ist, aber in diesem Zusammenhang haben Sie keine Anfrage gestellt.
Ich helfe Ihnen
etwas auf die Sprünge. Beispielsweise für den Verkauf der Postsparkasse wurde
1 Prozent an Beratungskosten bezahlt (Abg.
Eder: Das ist ja kein Vergleich!),
für den Verkauf des Dorotheums 1,7 Prozent. (Abg. Eder: Sie vermischen
alles!) Im vorliegenden Fall ist es 1 Prozent. Ich meine, dass das
durchaus angebracht, angemessen und auch üblich ist und dass Vermutungen, da
wären Körberlgelder oder Provisionen geflossen, in keiner Weise angebracht
sind. So sind die Preise, die für Qualitätsarbeit bezahlt werden. Das sollten
Sie auch so zur Kenntnis nehmen und nicht irgendetwas konstruieren, das den
Verdacht aufkommen lässt, dass in diesem Fall etwas anders als üblich gelaufen
sei.
Tatsache ist, dass
dieser Auftrag noch nicht erledigt ist, dass wir mitten in der Umsetzungsphase
sind und dass wir erst dann über Kosten reden können, wenn das Projekt
abgeschlossen ist, wenn ein Strich unter die Rechnung gezogen werden kann.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 95 |
Ihnen ist es nicht
recht, dass wir Wohnungen verkaufen. Vielen Bürgerinnen und Bürgern in
Österreich ist es recht, dass sie ihre Mietwohnungen zu erschwinglichen Preisen
kaufen können. – Unsere Ideologien sind eben unterschiedlich, und das ist
auch recht so. Gestehen Sie das ein und operieren Sie nicht mit Zahlen, die
nicht stimmen und die es eigentlich gar nicht wert sind, darüber zu
debattieren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Die Grünen hätten die Möglichkeit gehabt, mitzuregieren, mitzubestimmen,
aber sie haben Angst vor der eigenen Courage bekommen, sie haben sich nicht
getraut, deshalb mein Vierzeiler zum Abschluss:
Die Grünen mimen
Kraft und Mut,
nur das, was sie
tun, wäre gut,
doch beim
Regieren, ’s ist nicht zu fassen,
hat plötzlich sie
der Mut verlassen.
Das ist die
Politik der Grünen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Rufe
bei der SPÖ: Das ist nicht zu fassen!)
15.16
Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete
Bures. – Das ist zu fassen. Sie hat 5 Minuten Redezeit.
15.17
Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist
bedauerlich, mit welcher Ignoranz mein Vorredner an das Thema herangegangen
ist. (Abg. Dr. Stummvoll: Das Fremdwort heißt Kompetenz!) Es ist ein Thema,
bei dem es um das Problem von 60 000 Mietern von Wohnungen in unserem
Land geht, und ich denke, diese hätten sich mehr Respekt Ihrerseits verdient,
als Sie gerade eben an den Tag gelegt haben. (Beifall bei der SPÖ und den
Grünen. – Abg. Großruck: Es kann jeder kaufen, es wird niemand gezwungen!)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Der Verkauf der 60 000 BUWOG-Wohnungen ist
ein gutes Beispiel für das dilettantische und falsche Privatisierungsvorgehen
dieser Bundesregierung, allen voran von Ihnen, Herr Bundesminister Grasser!
Ich möchte zwei
Punkte anführen, woran man sieht, wie dilettantisch Sie in dieser Frage
vorgehen.
Erstens sind
dieses Projekt und Ihre Vorgangsweise rechtlich so umstritten, dass es bereits
in erster und zweiter Instanz Urteile gibt, die Ihre Vorgangsweise inhaltlich
aufheben.
Zweitens ist
dieses Projekt ein gutes Beispiel dafür, wie Sie mit falschen Versprechungen
vorgehen. Sie haben den Mietern versprochen, dass sie Wohnungseigentum
begründen können. – Bis heute, und es sind bereits drei Jahre vergangen,
ist kein einziger Mieter Eigentümer seiner Wohnung geworden. Außer Spesen ist
bisher nichts gewesen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei
der SPÖ. – Abg. Wittauer: Weil
sich viele nicht dafür interessieren!)
Sie haben vor drei
Jahren in einer Ho-ruck-Aktion den Beschluss gefasst, die BUWOG-Wohnungen aus
der Gemeinnützigkeit zu nehmen, und Sie haben drei Dinge damit erreicht: Sie haben
die Mieter massiv verunsichert, Sie haben für Rechtsunsicherheit für diese
Menschen und ihre Familien gesorgt, und Sie haben dafür gesorgt, dass
beträchtliche Kosten entstanden sind; Kosten, die die Mieter zu tragen haben,
und Kosten, die jeder einzelne Steuerzahler zu tragen hat.
Für Sie gibt es offensichtlich nichts, was zu gut und zu teuer ist, wenn es um Sie geht – wenn es jedoch um die Menschen geht, dann verkünden Sie immer den großen Sparwillen. Sie
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 96 |
haben keinen Tag ausgelassen und keine Gelegenheit versäumt, an
die Bevölkerung zu appellieren, Sparwillen zu zeigen, und zu sagen, es gehe
darum, dass wir zusammenhalten und sparen müssen. Sie haben keine Rücksicht
genommen auf kranke Menschen, Sie haben keine Rücksicht genommen auf
Pensionisten, Sie haben keine Rücksicht genommen auf Alleinerzieherinnen mit
Kindern. Es ist Ihnen nur darum gegangen, zu sagen, man müsste doch Opfer
bringen.
Gleichzeitig, Herr
Finanzminister, und das sieht man am Beispiel BUWOG-Wohnungen sehr gut, sind
Sie besonders freigebig und haben eine ganz besonders lockere Hand beim Ausgeben
von Steuermitteln, wenn es um Dinge geht, die Sie selbst betreffen. Wenn es um
Imagekampagnen für Sie als Person geht, dann spielt Geld keine Rolle. Wenn es
um massive Eigenwerbung geht, dann spielt Geld keine Rolle. Wenn es um
luxuriöse Events geht, dann spielt Geld bei Ihnen keine Rolle.
Geld spielt auch
keine Rolle, wenn Sie sich Beratungsfirmen holen, und zwar meistens aus Ihrem
Umfeld oder dem Umfeld Ihrer früheren Arbeitgeber, wo Sie ein Rückkehrrecht
haben; vielleicht wollen Sie ja, dass diese Ihnen auch in Zukunft wohlgesinnt
sind. Ihr Motto heißt: Beim Bürger soll gespart werden, der Bürger soll sparen,
und für Sie gilt: Was kostet die Welt, da sind wir locker mit dem Geld!
Herr Bundesminister! Das sieht man bei den Bundeswohnungen sehr gut. Zum Verkauf der BUWOG ist zu sagen, da gibt es befreundete Rechtsanwälte von Ihnen (Bundesminister Mag. Grasser: Das ist unglaublich! Das ist unfassbar!), da hatten Sie 500 000 € locker zur Hand. Für das Bewertungsgutachten der Firma Lehman Brothers hatten Sie 10 Millionen € locker zur Hand; auch ein befreundetes Unternehmen von Ihnen. (Bundesminister Mag. Grasser: Das ist ein Wahnsinn!) Das sind Kosten für ein Gutachten, und – das an die ÖVP – die hätten nicht entstehen müssen. Jede Bank und auch Ihr Ministerium mit Ihren guten Mitarbeitern hätte ein derartiges Gutachten kostenlos erstellt (Abg.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 97 |
Eder:
Locker! Besser!), und die Steuerzahler hätten nicht
10 Millionen € bezahlen müssen, Herr Bundesminister! (Beifall bei
der SPÖ.)
Sie haben ein
offenes Ohr, wenn es um Ihre Beratungsfirma geht (Abg. Eder: Eine offene
Brieftasche hat er!), aber Sie haben kein offenes Ohr, wenn es um die
Interessen der Mieter geht. Tausende Bewohner von BUWOG-Wohnungen haben sich in
einer Postkarten-Aktion an Sie gewandt, dass sie den Verkauf ihrer Wohnungen
nicht wollen. – Keine Sekunde Zeit haben Sie sich für diese Menschen
genommen, Herr Bundesminister! Stellvertretend für diese Bewohner überreiche
ich Ihnen eine dieser Protest-Postkarten. (Beifall bei der SPÖ und den
Grünen. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser.)
Abschließend: Die
Diskussion heute Vormittag war gut. (Präsident
Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) –
Das ist mein Schlusssatz. Es zieht sich durch: Ob Grasser, ob Sobotka –
Geld für Ihre eigenen Anliegen spielt keine Rolle, ob dubiose Vergaben oder
Spekulationen – dieser Bundesregierung fehlt es leider an Respekt (Präsident Dr. Fischer gibt neuerlich das Glockenzeichen) gegenüber dem hart
erarbeiteten Geld der Steuerzahler. Das ist bedauerlich. (Beifall bei der
SPÖ.)
15.22
Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Neudeck. – Bitte. (Abg.
Eder: Nicht neidig sein, Herr
Kollege!)
15.22
Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident!
Herr Bundesminister! Dass diese Anfrage nichts hergibt, hat Kollegin Bures
jetzt bewiesen. Sie hat sehr vom Thema abschweifen müssen, um ihre Redezeit zu
füllen, weil es zu diesem Thema nämlich gar nichts gibt. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) –
Ich sage es Ihnen, ich bin auch schon dabei, warten Sie ein bisschen, keine
voreiligen Zwischenrufe!
Sie wollen
Privilegien fortschreiben, Förderungen für gut bezahlte Mieter (Abg. Eder:
Polizisten sind gut bezahlt?!), denn es sind zum Großteil gut bezahlte
Beamte, die dort wohnen. (Abg. Eder: Schau mal, wer drin wohnt!)
Das aber nicht, weil Ihnen die Mieter am Herzen liegen, sondern weil es
natürlich sehr angenehm ist, bei den Wohnungen am Vergabehebel zu sitzen,
nachschauen zu können: Wer ist denn der Betreffende, was macht er, wie steht es
mit dem Parteibuch?
Sie wollen
Gemeindewohnungen nicht hergeben und nicht privatisieren, deswegen legt sich
Wien quer, und genauso wenig gefällt es Ihnen, wenn auf Bundesebene der Hebel
angesetzt wird und die Wohnungen Privaten übergeben werden.
Kollegin Moser
sagte, die Kosten für die Beratung seien zu hoch. Zuerst muss man das Ergebnis
der Beratung abwarten, und dann kann man beurteilen, ob die Beratung gut war
oder nicht.
Sie reden von
Milchmädchenrechnung. Das ist einfach zu erklären. Bei Einzelvergabe der Wohnungen
bekommt man mehr, als wenn man sie an Investoren verkauft. Das stimmt, aber Sie
müssen Folgendes bedenken: Es gibt eine Zeitverschiebung von 15, 20,
25 Jahren. In dieser Zeit gibt es zusätzliche Erhaltungskosten der
Objekte, Zinserträge gehen verloren, weil ja das Kapital noch nicht vorliegt.
Es fallen erhebliche Verwertungskosten an, denn die Wohnungen müssen beworben
und besichtigt werden, eventuell müssen Makler eingeschaltet werden, denn das
sind nicht nur Wohnungen im Topzustand oder in Toplagen, sondern durchaus auch
Wohnungen, die im Verkauf – auf das Einzelobjekt bezogen – nicht
denselben Preis bringen wie dann, wenn sie im Ganzen verkauft werden.
Ihre Anfrage ist
irgendwie ein bisschen hinter... – das sage ich jetzt nicht –, ein
bisschen unfair. Hätte der Herr Bundesminister die Fragen 4 bis 9
beantworten können, dann hätte er sich ja die Berater ersparen können. Ich
halte es für richtig, dass er sagt: Ich habe Berater und ... (Abg. Eder: Das hat er doch eh gewusst!) –
Ihr arbeitet ständig mit denselben Unterstellungen. Kollegin Bures sagt, das
seien „seine Berater“, aber nicht, weil er sie ausgewählt hat, sondern es soll
so dargestellt werden ... (Zwischenruf
des Abg. Eder.) – Ich kann
jetzt nicht einen roten Finger nehmen, nur damit du glücklich bist. (Beifall
bei den Freiheitlichen.)
Es ist so, dass
das nicht seine Berater sind, sondern von ihm ausgewählte Berater. Wenn
ich die Zeitungen nicht so lese wie Sie, nämlich nur das Schlechte herauslese,
dann weiß ich, dass das eine Video-Vergabe gewesen ist, bei der man genau hat
verfolgen können, dass nichts „gedreht“ und niemand bevorzugt worden ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Zeigen Sie einmal,
wie Sie Gemeindewohnungen in Wien privatisieren (Abg. Eder: Wollen wir ja
gar nicht!), um sie von der Vergabewillkür zu lösen, dann können Sie über
dieses Thema weiter reden! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei
Abgeordneten der övp.)
15.25
Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort
gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Finanzen. Die Redezeit soll
10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister.
15.26
Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr
geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Hohes Haus! Ich möchte vorausschicken,
dass die österreichische Bundesregierung sowohl in der letzten als auch in
dieser Legislaturperiode gleichermaßen die Privatisierungsinitiative
angestrebt hat, weiter durchführen wird und dabei bislang schon einen sehr
erfolgreichen Weg gegangen ist.
Wir haben in der
letzten Legislaturperiode gesagt, wir sind der grundsätzlichen Überzeugung,
dass privat besser ist als der Staat. Wir haben gesagt, wir privatisieren, und
zwar im österreichischen Interesse, um den Mitarbeitern in den Unternehmen
bessere Möglichkeiten auf den Märkten in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit zu
geben, um die Wertschöpfung in den Unternehmen nicht nur zu erhalten, sondern
auch zu verbessern und um damit für den Wirtschaftsstandort und für den
Arbeitsstandort auch den entsprechenden Beitrag leisten zu können.
Ich darf Ihnen präsentieren, meine Damen und Herren, dass wir die Schulden der ÖIAG, die wir von Ihnen übernommen haben und die sich damals auf 6 Milliarden € belaufen haben, in nur
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drei Jahren auf 2 Milliarden € zurückführen
konnten. (Abg. Eder: Was hat das mit der BUWOG zu tun?) Das heißt, wir haben
4 Milliarden € Ihrer Schulden über eine sehr erfolgreiche Privatisierung
zurückgeführt und wir haben gleichzeitig den Wert der Beteiligungen der ÖIAG
von 2,2 Milliarden € auf 3,8 Milliarden € erhöht. So eine
Privatisierungsinitiative lässt sich sehen. Man kann daran erkennen: Das ist im
Interesse der österreichischen Bevölkerung, des Steuerzahlers und des Wirtschaftsstandortes.
(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Eder: Glauben Sie aber nur!)
Meine Damen und
Herren! Wir gehen bei den Bundeswohnungen vor genau dem gleichen Hintergrund
vor, in genau der gleichen Überzeugungslage, und wir sagen auch hier: Privat
ist besser als der Staat. Wir versuchen, auf die Interessen der Arbeitnehmer in
den einzelnen Gesellschaften einzugehen (Abg.
Eder: Die Mieter sagen das aber
nicht, das sagen nur Sie!), und wir versuchen, vor allem auch auf die
Interessen der Mieter Rücksicht zu nehmen.
Warum setzen wir
diese Initiative? – Erstens: weil wir nach wie vor dazu stehen, dass die
Schuldentilgung gut und wichtig ist, dass die Tilgung jener Schulden, die Sie
uns in überbordender Weise hinterlassen haben (Abg. Eder: Wo? Wo sind bei
der BUWOG Schulden?), ein wichtiges Anliegen für den Steuerzahler ist, weil
jeder Euro, den wir an Zinsen zahlen müssen, eine rückwärts gerichtete, in die
Vergangenheit gerichtete Investition ist und uns dadurch Potential für Zukunftsinvestitionen
verloren geht. (Abg. Eder: Wo sind bei der BUWOG Schulden? Bitte konkrete
Zahlen! – Abg. Bures: Die BUWOG
hat keine Schulden!)
Wir machen es
zweitens, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil uns günstige Mieten in
Österreich ein Anliegen sind, aber privates Eigentum noch besser ist als
günstige Mieten. (Abg. Eder: Für wen? Für die Mieter oder für
euch? – Präsident Dr. Fischer
gibt das Glockenzeichen.)
Meine Damen und
Herren! Diese österreichische Bundesregierung war die erste österreichische
Bundesregierung, die Mietern ihre Wohnungen zum Kauf angeboten hat. Wir haben
gesagt, wir sind ein Freund von Privateigentum und wir wollen, dass die Mieter
auch die Möglichkeit haben, dass die Mieter die Chance haben, Privateigentum zu
erwerben. (Abg. Bures: Kein einziger!) Ich darf Ihnen sagen, dass wir
gesellschaftspolitisch völlig im Trend liegen (Abg. Bures: Wie viele haben
gefragt?), denn über 90 Prozent der österreichischen Bevölkerung
wünschen sich laut aktuellen Umfragen eine Eigentumswohnung, ein Eigenheim,
wünschen sich, in den eigenen vier Wänden zu wohnen. (Beifall bei der ÖVP
und den Freiheitlichen.)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Damit ist der ideologische Unterschied sehr klar.
Frau Abgeordnete Moser hat fairerweise gesagt, sie sei dafür, dass diese
Wohnungen Mietwohnungen bleiben. Ich sage Ihnen ganz offen, ich bin dafür,
dass man diese Wohnungen den Mietern zum Kauf angeboten hat (Abg. Bures:
Tun Sie es!), weil für Eigentum ganz einfach spricht, dass die
Dann-Eigentümer an der Wertsteigerung teilhaben können, dass es ein wirksames
Produkt auch der Altersvorsorge ist (Abg.
Bures: Kein einziger Mieter hat
seine Wohnung gekauft!), dass es eine Frage der Sicherheit ist und dass es
eine Frage auch der Unabhängigkeit ist. (Abg.
Mag. Wurm: Sie verbreiten
Ängste!) Daher ist diese Politik, Wahlmöglichkeiten aufzumachen, Chancen
zu geben, den Mietern die Möglichkeit zu geben, zu kaufen, eine vom Grundsatz
her sehr richtige Politik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Frau Abgeordnete Bures!
Da Sie es geschafft haben, in einer kurzen Rede sehr viele unrichtige Dinge zu
sagen (Abg. Reheis: Das sagen Sie! Sie sagen unrichtige Dinge!),
darf ich Sie in einigen Punkten korrigieren. (Abg. Bures: Sie haben die
Wahrheit gepachtet!) – Wenn Sie zuhören, dann hören Sie, wie es
richtig ist (Abg. Bures: Sie haben die Wahrheit gepachtet!), und dann können Sie
es das nächste Mal besser machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Freiheitlichen.)
Sie haben gesagt,
in drei Jahren sei keine einzige Wohnung verkauft worden. – Ich stelle
fest: Erstens: Dieser Prozess dauert nicht drei Jahre. (Abg. Mag. Wurm: Zweieinhalb!)
Zweitens: Es ist unrichtig. Wir haben mehrere hundert Wohnungen in dieser
Zeit verkauft. (Abg. Bures: Keine
einzige Wohnung! Keine einzige Wohnung haben Sie verkauft! Keine einzige!)
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Ich kann es Ihnen
beweisen, Frau Abgeordnete! Stellen Sie mir eine Anfrage, und Sie erhalten in
der Antwort die Zahl der Wohnungen mitgeteilt, die bis zum heutigen Tage
tatsächlich verkauft sind.
Drittens: Sie
haben gesagt, die Kosten dieses Verfahrens hätten die Mieter zu tragen. –
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sie können sich vorstellen,
dass wir größten Wert darauf legen, dass die Mieter selbstverständlich keinen
Cent, keinen Euro dieser Kosten zu tragen haben. Ganz im Gegenteil (die Abgeordneten Mag. Wurm und Eder: Die Steuerzahler!): Die Mieten sind auf der Grundlage
des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und der jeweiligen Mietverträge
festgelegt. Kein Euro, kein Cent wird da auf die Mieter umgelegt. Das ist uns
wichtig, und das haben wir von Beginn an festgestellt (Abg. Mag. Wurm: Die
Arbeiterkammer hat den Prozess geführt!), egal, wer diese Wohnungen kaufen
wird.
Meine Damen und
Herren! Weil die Mieten in diesen Wohnungen zurzeit so günstig sind – wir
verrechnen zurzeit im Schnitt 2,4 € pro Quadratmeter –, ist es für
den jetzigen Mieter natürlich eine Überlegung wert, zu sagen: Bleibe ich in der
Miete, oder investiere ich mein Kapital, damit ich dann auch Eigentümer dieser
Wohnung bin? – Aber der Mieter hat die Möglichkeit, sich selbst zu
entscheiden. Er hat die Wahlmöglichkeit (Abg.
Eder: Wie lange noch?), entweder
auf der Grundlage eines fairen Angebots zu kaufen oder aber in Miete zu
bleiben. Ich glaube, dass diese Chance ein sehr wichtiger Punkt ist. Und der
Mieter hat auch die Gewissheit – ich betone das heute zum wiederholten
Male hier im Hohen Haus –, er kann ganz sicher sein, dass er definitiv
keine Verschlechterung haben wird, auch wenn er diese Wohnung nicht kauft, weil
natürlich auch weiterhin der Mietvertrag gilt (Abg. Eder: Aber für die
Kinder nicht mehr!) und weil natürlich auch weiterhin das
Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz gilt. Das heißt, für den Mieter werden die sehr
guten Konditionen, wie sie heute gelten, auch in Zukunft gelten. Dafür stehen
wir, dafür treten wir ein. Das stellen wir selbstverständlich sicher. (Abg. Eder:
Für die Kinder werden die Wohnungen dann erhöht!)
Meine Damen und
Herren! Es ist gesagt worden, Geld spiele für uns oder für mich keine Rolle. –
Ich darf Ihnen sagen, Frau Abgeordnete Bures: Der Vergleich macht uns sicher!
Wenn ich Ihnen die Aufwendungen für Repräsentation und andere Dinge meines
Vorgängers, des Kollegen Edlinger, präsentiere, dann werden Sie sehen, dass wir
deutlich, sehr deutlich darunter liegen. Wir gehen daher selbstverständlich
sorgsam mit dem Geld des Steuerzahlers um.
Ich möchte auch
entschieden zurückweisen, dass hier irgendwelche befreundeten Anwälte, Berater
oder sonst irgendwelche Institutionen, Unternehmen oder Personen zum Zug
kommen! Meine Damen und Herren, ich kenne weder die Universitätsprofessoren
noch die Rechtsanwälte, noch habe ich Lehman Brothers vorher gekannt. Mir ist
es überhaupt kein Anliegen, irgendjemandem irgendetwas zugute kommen zu lassen,
sondern das beste Angebot, die beste Verkaufsmöglichkeit wird zum Zug kommen.
So haben wir das Auswahlverfahren gemacht (Abg.
Bures: Das Geld der Steuerzahler,
die zahlen es!): mit einer Kommission, die objektiviert worden ist, und mit
einem Preis, der im internationalen Vergleich sehr niedrig ist für das Produkt,
das hier abgeliefert wird. Auch hier können Sie also sicher sein, dass erstens
die Vorgangsweise rechtlich völlig in Ordnung ist (Abg. Bures: Es gibt eine
Anzeige!), zweitens sparsam mit dem Geld des Steuerzahlers umgegangen
wird, und drittens, dass es mit diesen Beratern eine hervorragende Lösung
geben wird. (Abg. Bures: Es gibt eine Anzeige gegen Sie!)
Nächster Punkt: Es
wurde von Frau Abgeordneter Dr. Moser die CA und die KPMG angesprochen. –
Auftragnehmer ist Lehman Brothers. Sie wurden objektiviert, sie haben diesen
Auftrag erhalten, und dem Auftragnehmer steht es selbstverständlich frei, sich
Subauftragnehmer zu holen, wenn er einige Leistungen nicht in seinem eigenem
Bereich abwickeln möchte. Das ist eine Entscheidung des Auftragnehmers. Es ist
völlig üblich, das so zu handhaben. Das kostet uns selbstverständlich keinen
Euro.
Was die Frage betrifft, Wohnung für Wohnung zu verkaufen, so ist zu sagen: Das war die Möglichkeit, die wir den Mietern einräumen wollten. Abgeordneter Neudeck hat zu Recht gesagt: Wenn Sie 61 000 Wohnungen an die Mieter verkaufen wollen, dann müssen Sie sich einfach auch die Standorte dieser Wohnungen ansehen. Dann wissen Sie aber auch, dass es auch in
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 100 |
einem längeren Zeitraum – sagen wir,
innerhalb von zehn, fünfzehn Jahren – unmöglich ist, diese Wohnungen zur
Gänze an die einzelnen Mieter abzuverkaufen, weil es dieses Interesse nicht
gibt.
Ich sage Ihnen aus
grundsätzlicher Überzeugung, dass es nicht notwendig ist, dass die Republik
Österreich, dass der Staat Eigentümer von 61 000 Wohnungen ist. Vor
diesem Hintergrund haben wir auch unsere gesamte Privatisierungsinitiative
eingeleitet, weil der Steuerzahler weiß, dass ihm die verstaatlichte Industrie
und staatliches Eigentum in Österreich unterm Strich sehr teuer gekommen sind.
Meine Damen und
Herren! Allein wenn ich die verstaatlichte Industrie berücksichtige, muss ich
feststellen, dass dort seit den achtziger Jahren in etwa
8 Milliarden € an Steuergeld hineingeflossen sind, und im gleichen
Zeitraum sind mehr als 40 000 Arbeitsplätze verloren gegangen. –
Das kann nicht die Politik einer Bundesregierung sein. Das ist nicht
unsere Politik, sondern wir versuchen, Österreich wettbewerbsfähiger zu machen
und auch die Voraussetzungen für mehr Arbeitsplätze zu schaffen. (Beifall
bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich möchte daher
nochmals betonen, dass wir mit diesem Thema sehr sorgsam umgehen. Wir
wären – und es ist mir ein Anliegen, das abschließend zu betonen – im
Verkauf unserer Wohnungen an die Mieter wesentlich erfolgreicher gewesen, wenn
es nicht gleichzeitig eine Gegenkampagne gegeben hätte: von Ihnen, Frau
Abgeordnete Bures, von den Sozialdemokraten, aber auch von den Grünen und auch
von der Arbeiterkammer, die in diesem Zusammenhang für eine beträchtliche
Verunsicherung der Mieter gesorgt hat.
Uns ist es ein
Anliegen, den Mietern Sicherheit zu geben, niedrige Mieten zu erhalten, ihnen
die Chance zum Kauf zu geben und eine bestmögliche Verwertung dieses Vermögens
für den österreichischen Steuerzahler durchzuführen. Damit werden wir
erfolgreich sein. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm:
„Super“! – Abg. Bures: Sand
in die Augen zu streuen, das ist Ihr Ziel!)
15.36
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Brosz. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr
Abgeordneter. (Abg. Brosz begibt sich, mit einem Buch in der Hand, zum
Rednerpult. – Abg. Dr. Khol –
auf Abg. Brosz weisend –: Er hat das Buch in der Hand! „Gemäß
Paragraph ... nimmt ... die Anfragebeantwortung nicht zur
Kenntnis“! – Abg. Scheibner –
in Richtung des an das Rednerpult tretenden Abg. Brosz –: Das hätten
Sie aber schon auswendig wissen können!)
15.36
Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr
Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich möchte
zunächst noch kurz auf den Zeitpunkt Ihrer Wortmeldung eingehen, da es
offenbar eine beliebte Methode von Ihnen ist, sich immer am Schluss der Debatte
zu melden, wozu Sie – ich habe mir die Geschäftsordnung mitgenommen –
nach der Geschäftsordnung das Recht haben. Ich möchte Ihnen aber trotzdem aus
dem Kommentar von Atzwanger und Zögernitz – der Ihnen ja zumindest momentan
nicht so fern stehen sollte – zitieren, und darin heißt es, dass in der
Regel nach dem Antragsteller (Abg. Großruck: In der Regel!) der
zuständige Bundesminister in der Debatte zu Wort kommen sollte. (Ruf bei der ÖVP: Sollte!) Der Sinn
dieser Bestimmung ist, dass man eine Debatte über die Begründung der
Anfragebeantwortung und Ihre Wortmeldung durchführen kann. Wenn Sie sich jedes Mal
zum Schluss melden, dann drehen Sie den Sinn um und maßregeln anschließend die
Abgeordneten. Das kann wohl nicht der Sinn einer parlamentarischen Debatte
sein! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
In diesem Sinne kann ich Ihnen die spitze Bemerkung, die Sie zu Kollegin
Bures gemacht haben, nur zurückgeben: Machen Sie es das nächste Mal besser und
melden Sie sich bitte so, wie es an sich auch in der Präsidiale gedacht war. (Beifall
bei den Grünen und der SPÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 101 |
Nun zum Inhalt Ihres Redebeitrags. Ich weiß nicht, ich komme mir etwas
merkwürdig vor, wenn Sie, wenn wir von Wohnungen sprechen, zunächst einmal
erklären, wie sinnhaft der Verkauf und die Privatisierung der ÖIAG sind. Ich
habe nicht gewusst, dass Wohnungen Unternehmen sind. Es hatte wohl einen
anderen Hintergrund, warum es Wohnungen im staatlichen, im öffentlichen
Eigentum gegeben hat. Ich habe von Ihrer Seite so etwas wie das Wort „sozialer
Wohnbau“ überhaupt noch nicht wahrgenommen und frage mich, ob wir überhaupt
auf der gleichen Basis diskutieren. Es war ja nicht der Sinn der Sache, dass
der Staat oder öffentliche Institutionen Gewinne mit Wohnungen machen wollten,
sondern es ist darum gegangen, den Menschen in diesem Land – auch jenen,
die es sich nicht leisten können – einen Wohnbau zukommen zu lassen. (Beifall
bei den Grünen und der SPÖ. – Abg.
Kößl: ... im vorigen
Jahrhundert! Die Wohnungen sind vor 30 Jahren gebaut worden!)
Davon hört man bei Ihnen überhaupt nichts. Man hört nur immer: Privat
ist besser als der Staat. – Ich weiß nicht, ob Sie wirklich der Meinung
sind, dass es sich jede und jeder in Österreich leisten kann, eine
Eigentumswohnung zu kaufen. Ich weiß nicht, ob wir von denselben
Einkommensverhältnissen reden. (Bundesminister Mag. Grasser: 90 Prozent wollen das!)
90 Prozent wollen es vielleicht. Die Frage ist: Wie viele können es
sich leisten? Und was ist mit denen, die es sich nicht leisten können? –
Ist darauf die einzige Antwort: Privatisieren und Verkaufen? – Und was
dann?
Und was die Frage der rechtlichen Bestimmungen betrifft, so war ich vor
einiger Zeit lange genug im Bereich der Mietrechtsberatung tätig, um sagen zu
können: Es kann schon sein, dass die rechtlichen Bestimmungen gleich bleiben,
aber was passiert, wenn Spekulationen am Wohnungsmarkt eintreten? Was
passiert, wenn mit Gewinnorientierung vorgegangen wird? – Das wissen alle,
die in diesem Bereich tätig sind, sehr genau: Auch wenn die gesetzlichen Bestimmungen
nicht verändert werden, der Druck auf die Mieter wird wesentlich größer. Und
mit Ihrer Politik fördern Sie das.
Die Frage stellt sich aber auch anders: Wenn man sich einerseits
anschaut, zu welchen Preisen Sie die Wohnungen an die Mieterinnen und Mieter
angeboten haben, und eine Hochrechnung anstellt, welche Erlöse Sie damit
bekommen würden, und sich andererseits dann anschaut, was Sie jetzt im
Gesamtverkauf bekommen, dann stellt sich die Frage, ob es besonders intelligent
ist, den MieterInnen die Wohnungen um bis zu 1 500 oder 1 800 €
pro Quadratmeter anzubieten und dann, so wie jetzt, im Gesamtverkauf um, ich
weiß nicht, 150 000 S oder 10 000 € eine ganze Wohnung
abzugeben. Da ist eine Differenz vorhanden, und es stellt sich die Frage: Warum
dieses Ungleichgewicht? Warum sollen diejenigen, die privat kaufen, ein
Vielfaches von dem bezahlen, zu dem die Wohnung großen Verwertern angeboten
wird?
Offenbar haben wir hier wirklich einen völlig unterschiedlichen Zugang.
Man kann natürlich darüber diskutieren, ob es der Bund sein muss, der als
Eigentümer auftritt – da gebe ich Ihnen schon Recht: darüber kann man
diskutieren, wer einen sozialen Wohnbau gewährleisten soll –, aber
vielleicht sollten wir uns zumindest noch darauf einigen können, dass so etwas
in Österreich nach wie vor notwendig ist. Ihre Position, zu sagen,
90 Prozent wollen ohnedies eine Eigentumswohnung und damit ist jede
staatliche Verantwortung nicht mehr notwendig, wird im Wohnbau zu einer
wirklichen sozialen Schlechterstellung führen, und dafür tragen Sie auch die Verantwortung.
(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
15.41
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der Herr
Bundesminister hat mich um eine Klarstellung gebeten, ob gegen irgendeine
Bestimmung der Geschäftsordnung verstoßen wurde. Das ist nicht der Fall. Es
gibt keinen zwingenden Tatbestand, in welchem Teil der Debatte man sich zu Wort
meldet, unbeschadet der Frage, dass es diesbezüglich unterschiedliche
Praktiken gibt. (Abg. Bures: Kein Respekt vor dem
Parlament!)
Die Debatte ist geschlossen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 102 |
Fortsetzung der
Tagesordnung
Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kehren zurück zu Punkt 1
der Tagesordnung, der Debatte über das Budgetprovisorium.
Nächster Redner
ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
15.42
Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf noch kurz an die vorige Debatte
anschließen, weil der Herr Bundesminister in seinen Ausführungen von
erfolgreichen Privatisierungen gesprochen hat, und ich muss sagen: Davon hat
Österreich noch nicht viel bemerkt! Ich denke dabei nur etwa an die wirklich
dramatische Unterdotierung der UMTS-Lizenzen, die weniger Ertrag gebracht
haben als das GSM-Netz, was ein total atypischer Zustand war, eine Situation,
die wirklich dramatisch gewesen ist und bei der wirklich von einem politischen
Versagen dieser Bundesregierung gesprochen werden muss. Ich denke aber auch an
die ATW, die, wenn man den Wert dieser Firma nach Shareholder-Regeln definiert,
um ungefähr drei Achtel oder drei Siebentel – wenn man großzügig
ist – des wahren Wertes an die Investoren ergangen ist. Ich glaube, da
kann man wirklich nicht von erfolgreicher Privatisierungspolitik reden! Wir jedenfalls
finden Privatisierungspolitik dann erfolgreich und gut, wenn sie den
bestmöglichen Ertrag für den Staat und für die Steuerzahler ergibt. (Beifall
bei der SPÖ.)
Da es in der
Vergangenheit üblich war, dass die Finanzminister immer wieder versucht haben,
Punktlandungen zu erzielen, und das auch im Großen und Ganzen immer wieder
gelungen ist und es dann dennoch am Beginn der vergangenen Regierungsperiode
wiederholt den Hohn von Seiten des neuen Finanzministers und der
Regierungsmitglieder gegeben hat, weil nicht jede einzelne Budgetposition auf
Punkt und Beistrich erreicht worden ist, sondern nur die gesamte Konstellation
ausgewogen war, möchte ich heute einige Zitate des Herrn Bundesministers
Grasser in Erinnerung rufen:
Im
Jahr 2000 – großer Optimismus, neuer Minister, keine Frage –:
„Budgetkonsolidierung,“ haben Sie damals gesagt, „bedeutet aus unserer Sicht
also nicht eine lineare Streichung von Ausgaben, sondern die Überprüfung der
Erreichung der Ziele staatlicher Ausgaben.“ – Das war an sich ein sehr
vernünftiger Ansatz.
Im Jahr 2001
ertönte am 18. Oktober die große Frohbotschaft – jeder wird es noch
in Erinnerung haben –: „Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten
Budget.“ – Sie haben damit das Doppelbudget 2001/2002 gemeint. – Dazu
kann man sagen, das war auch noch eine optimistische Version. Ist ja in
Ordnung. Jeder versucht, seine Ware bestmöglich zu verkaufen. (Abg. Mag. Posch: Das war eine Lachnummer! Das war eine Anleihe bei Charlie
Chaplin! Da hat er den „Großen Diktator“ gesehen!)
Aber auch im
Jahr 2002 gab es, wirklich schon zu einem späteren Zeitpunkt, immer noch
diesen Optimismus vom ausgeglichenen Budget. Meine Damen und Herren, ich
zitiere: „Mit diesem Bundesvoranschlag werden wir ... erstmals seit den
frühen siebziger Jahren ein Nulldefizit für den Gesamtstaat ausweisen.“ Und:
„Das Budgetbegleitgesetz 2002 enthält keine neuen Belastungen.“ – Und
so weiter und so fort.
Wir wissen, dass diese Thesen Thesen geblieben sind und dass das darin Angekündigte nicht wirklich erreicht wurde. Der Herr Bundeskanzler hat versucht, diese Thesen zu verteidigen, indem er sagte: Nun ja, wir haben wirklich große Konjunkturprobleme, es gab aber auch das Hochwasser. – Dem stehen jetzt wiederum die Aussagen der Statistik Austria gegenüber, dass ja genau deshalb, weil die budgetierten beziehungsweise die versprochenen Hochwasserausgaben nach der Nationalratswahl nicht mehr ausbezahlt wurden, das Budgetdefizit überhaupt nicht noch höher ausgefallen ist, als es ausgefallen ist. Daher glaube ich, dass der Herr Bundeskanzler die Österreicherinnen und Österreicher diesbezüglich wirklich falsch informiert. Darüber hinaus ist ja klar – Kollege Matznetter hat das in seiner Rede ausführlich dargelegt,
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 103 |
und das hat
auch für entsprechende Aufregung unter den Regierungsfraktionen gesorgt –,
dass die Konjunkturpolitik in Österreich eine falsche ist. Das ist ja sozusagen
amtlich bekannt, und wir wissen es auch.
Lassen Sie mich
aber auch noch einen Satz zum Thema Forschung und Entwicklung sagen! Es wird in
der Regierungserklärung nur kurz und lapidar erwähnt, dass weitere
600 Millionen € an Sondermitteln im Laufe der Legislaturperiode zur
Verfügung gestellt werden sollen. (Abg. Ellmauer: Zusätzlich!) – Nun
ja, darüber hinaus muss man auch noch kritisieren, dass das Ziel,
2,5 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung auszugeben, nicht mehr
für 2005, sondern jetzt für 2006 prognostiziert ist.
Aber es gibt in
Summe ein großes Finanzierungsproblem im Bereich der Wissenschaft und der
Forschung, und es gibt jetzt schon besorgte Briefe einer der besten
Einrichtungen in Österreich, nämlich der Leopold Franzens-Universität in
Innsbruck, die ein Institut für Experimentalphysik und ein Institut für
Theoretische Physik in einem Komplex für Quantenoptik und Quanteninformation
unterbringen will. Stadt und Land sind bereit für die Finanzierung, es ist im
Grunde alles auch mit der Bundesebene abgesprochen, aber es gibt leider noch
immer keine Zusage des Bundes, dieses Projekt mitzufinanzieren.
Ich appelliere
daher an Sie, nicht weiter an der Schraube nach unten zu drehen, sondern die
Top-Einrichtungen – mit denen Österreich auch auf internationaler Basis
wirklich ein Top-Niveau einnehmen kann – entsprechend zu unterstützen und
die Rahmenbedingungen dafür aufzubereiten. (Beifall bei der SPÖ.)
Zum Abschluss
möchte ich auch Ihnen noch einen Brief des Arbeiterbetriebsrates von
BMW Steyr übergeben. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter appellieren
darin an den Bundeskanzler und an den Vizekanzler, die Pensionsreform nicht so
durchzuführen, wie sie im Regierungsabkommen geplant ist, und sie bringen auch
Vorschläge für eine gerechtere Pensionsreform. Ich möchte auch Sie, Herr
Finanzminister, damit konfrontieren, Ihnen dieses Schreiben überreichen und Sie
ersuchen, die Vorschläge, die Sie bisher im Zusammenhang mit der Pensionsreform
in die Bundesregierung eingebracht haben, noch zu überdenken.
Ich glaube, dass
die sozialdemokratischen Ideen noch viel stärker einfließen müssen, damit die
Pensionen wirklich nachhaltig gesichert werden können. – Danke schön. (Beifall
bei der SPÖ. – Der Redner überreicht Bundesminister Mag. Grasser den
erwähnten Brief.)
15.48
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
6 Minuten. – Bitte.
15.48
Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Wenn wir heute das gesetzliche Budgetprovisorium 2003
beschließen, so handelt es sich dabei nur um einen Zwischenschritt auf dem Weg
zu einer neuen Budget- und Finanzpolitik. Seit der Wende im Februar 2000
gibt es ja eine Neuorientierung der Budgetpolitik unter diesem Finanzminister.
Es war eine Absage an die Schuldenpolitik der letzten 30 Jahre.
Herr Kollege Matznetter,
der soeben in den Saal eilt – danke vielmals! –, hat zwar versucht,
allein mit der Kennzahl der Staatsverschuldung nachzuweisen, dass diese
neuorientierte Finanzpolitik nicht so erfolgreich war, wie wir das darstellen.
Herr Kollege Matznetter hat dabei wider besseres Wissen gesprochen, denn er
weiß natürlich, dass 7 Milliarden € pro Jahr allein an Zinsen für die
alten Schulden anfallen und daher schon allein deshalb die Staatsverschuldung
jedes Jahr automatisch ansteigen muss, weil eben die Zinsen der Altschulden
zusätzlich jedes Jahr dazukommen. (Abg.
Dr. Niederwieser: Zahlt ihr
nichts ab, oder was?)
Ich möchte mich aber an Fakten halten, Herr Kollege Matznetter, und in diesem Zusammenhang einen Vergleich ziehen, und zwar zwischen dem letzten Budget des Finanzministers Rudi Edlinger – manche haben da den Zwischenruf „Schulden-Rudi!“ gemacht; ich weiß nicht, was
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 104 |
das heißen soll (Abg. Reheis: Das ist
äußerst „witzig“, Herr Kollege! Äußerst „witzig“!) – für das
Jahr 1999 und dem vorläufig letzten Budget des Finanzministers Grasser für
das Jahr 2002.
Im Jahr 1999
betrug das Nettodefizit bei Herrn Finanzminister Edlinger 2,3 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts, im Vorjahr betrug die gleiche Kennzahl 0,6 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts. Die Differenz ist bekanntlich nach Adam Riese, Herr
Kollege Matznetter, 1,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das heißt, das
Nettodefizit wurde um 1,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verringert,
was immerhin ein Betrag von ungefähr 3,5 Milliarden € ist. (Abg.
Dr. Matznetter: ...! Das ist die Wahrheit!)
Jetzt sagen Sie,
das sei alles nur einnahmenseitig entstanden. Daher nehmen wir eine zweite
Kennzahl her: die Steuer- und Abgabenquote. Sie betrug unter Finanzminister
Edlinger im Jahr 1999 44,4 Prozent und betrug im Vorjahr
44,6 Prozent. Das ist nach Adam Riese eine Differenz von 0,2 Prozent.
(Oh-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Matznetter: Aber im
Jahr 2001 betrug sie viel mehr!)
Herr Kollege
Matznetter! Wenn das Nettodefizit um 1,7 Prozent geringer ist,
einnahmenseitig aber nur 0,2 Prozent dazugekommen sind, heißt das nach
Adam Riese 1,5 Prozent des BIP waren ausgabenseitige Maßnahmen.
Das ist der Erfolg von Finanzminister Grasser. (Abg. Dr. Matznetter:
Er hat es nicht eingehalten!) Das ist der Erfolg der neuen Budget- und
Finanzpolitik dieser und der vorigen Bundesregierung, Herr Kollege Matznetter! (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Ich diskutiere mit
Ihnen nicht polemisch, ich lege die konkreten Fakten auf den Tisch. Sie werden
sich schwer tun, diese Fakten zu widerlegen, denn sie sind überall nachlesbar:
beim Wirtschaftsforschungsinstitut oder bei der Statistik Austria. Es gab
einen ausgabenseitigen Erfolg im Ausmaß von 1,5 Prozent des BIP. (Abg.
Dr. Matznetter: Präsident Fiedler hat gesagt, ...!)
0,2 Prozent – richtig! – waren einnahmenseitig.
Ich komme zum
zweiten Punkt, und zwar zu Ihrem heutigen Antrag betreffend eine Steuersenkung
für alle Einkommensbezieher mit weniger als 14 500 € pro Jahr. Herr
Kollege Matznetter! Es ist heute genau einen Monat her, am 26. Februar
dieses Jahres haben Sie und Ihre Freunde der SPÖ hier diesen unseren Antrag,
der Teil des Regierungsprogramms war, abgelehnt. Sie versuchen, nach dem
Rosinenprinzip vorzugehen. Sie sagen, ich klaube mir das aus dem
Regierungsprogramm heraus, was eine Rosine ist. Sie verschweigen dabei aber
Folgendes: Sie verschweigen dabei den ganz simplen Sachverhalt, Herr Kollege
Matznetter, dass jedes Budget nur zwei Seiten hat: Einnahmen und Ausgaben. Wenn
man die Einnahmenseite um 100 Millionen € oder um eine Milliarde €
verringern will, heißt das automatisch, dass man auch die Ausgabenseite um
100 Millionen € oder um eine Milliarde € verringern muss.
Dieser Aufgabe
haben Sie sich natürlich nicht gestellt. Das ist klassische Oppositionspolitik:
Rosinenprinzip, keine Verantwortung übernehmen, nur Zuckerln verteilen!
Herr Kollege
Matznetter! Ich weiß, in der Opposition geht das. Ich hoffe nur sehr, dass Sie
nie in die Lage kommen, Regierungsverantwortung zu übernehmen, denn dabei täten
Sie sich sehr schwer. Da müssen Sie nämlich im Interesse der Seriosität zu
Ihren Steuervorschlägen auch ausgabenseitige Vorschläge machen. Diese sind Sie
uns heute leider schuldig geblieben. (Zwischenruf der Abg. Mag. Trunk.)
Daher werden Sie
verstehen, dass wir die Steuerreform nicht als Flickwerk beschließen wollen.
Wir werden hier den Vorschlag für ein Doppelbudget 2003/2004 mit der ersten
Etappe einer Steuerreform machen. Dann werden wir sehen, ob Sie zustimmen, denn
dann sind beide Seiten der Bilanz enthalten – Einnahmenseite und
Ausgabenseite. Und dann kommt für Sie die Stunde der Wahrheit. Ich freue mich
schon darauf. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 105 |
15.54
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Frau Abgeordnete
Sburny ist die nächste Rednerin. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.
15.54
Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Im Rahmen der Budgetpolitik werden immer
auch die Verhältnisse zwischen Arm und Reich und auch zwischen Frauen und
Männern mitverhandelt. Das Ziel der Budgetpolitik kann eine Umverteilung sein,
kann ein gesellschaftlicher Ausgleich zwischen Arm und Reich sein und kann auch
emanzipatorisch im Sinne der Frauen wirken. Oder: Budgetpolitik kann ungleiche
Strukturen verfestigen.
Das
Budgetprovisorium, das heute beschlossen werden soll, ist ja im Prinzip nur
eine Fortschreibung des Budgets von 2002. Das alleine wäre schon unerfreulich
genug, was diese Umverteilungsaspekte betrifft. Darüber hinaus wollen Sie aber
so ganz nebenbei – und das war heute noch gar kein Thema – die
Ermessensausgaben um 5 Prozent kürzen.
Das ist keine ganz
große Summe: 90 Prozent des Budgets sind über gesetzliche und vertragliche
Verpflichtungen gebunden. Trotzdem wäre es interessant, zu schauen, wen denn
das trifft, so ganz nebenbei, ohne dass das überhaupt eine Erwähnung wert ist.
Diese Ermessensausgaben treffen in erster Linie Initiativen, die sich mit sehr
viel Engagement, mit wenig Geld und zu einem Großteil ehrenamtlich um Gruppen in
der Bevölkerung oder um Teile der Bevölkerung kümmern, die vom allgemeinen
Budget benachteiligt werden. Das sind Sozialinitiativen, das sind zum Beispiel
auch Initiativen, die die Integration am Arbeitsmarkt wieder fördern sollen.
Unter so genannten
normalen Umständen ist die Lebenssituation für diese Initiativen schon ziemlich
schwierig. Sie haben immer nur ein jährliches Budget, weil Sie es nämlich nicht
zusammenbringen, ihnen zumindest ein zweijähriges Budget zu geben. Von einem
längeren Budget rede ich ja schon gar nicht. (Beifall bei den Grünen und bei
Abgeordneten der SPÖ.)
Das heißt, sie
müssen jedes Jahr um die Mittel zittern, die ihnen für eine gesellschaftlich
sehr notwendige Arbeit zur Verfügung stehen. Im heurigen Jahr warten sie nicht
nur schon seit Monaten darauf, dass sie überhaupt Geld bekommen, weil es auf
Grund dieser gesamten Unsicherheit, wie denn das alles mit den Verhandlungen
ausgehen wird, eben viele Initiativen nicht geschafft haben, überhaupt eine
Zusage für dieses Jahr zu bekommen, sondern sie erfahren jetzt – so ganz
nebenbei – auch noch, dass diese Mittel, die sie vielleicht irgendwann
bekommen werden, um 5 Prozent gekürzt werden. Es ist noch gar nicht klar,
ob dies linear passieren wird oder ob nicht vielleicht manche Initiativen viel
weniger als 5 Prozent weniger bekommen werden.
Sie sollten sich
vor Augen führen, dass es nicht nur um Mittel für die allgemeine politische
Arbeit geht, sondern dass es zum Beispiel auch um Personalkosten geht, die
langfristig festgelegt sind, wo Sie sich alle miteinander bedanken würden,
wenn Sie von einem Monat auf den anderen nicht wüssten, ob Sie Ihr Geld
bekommen. (Beifall bei den Grünen.)
Ich möchte
betreffend diese Ermessensausgaben an einem Beispiel zeigen, wie weit sich
dieses Budget und auch die Kürzung der Ermessensausgaben strukturverfestigend
im negativen Sinn auswirken. Sie haben wahrscheinlich gestern die neue Studie
des Wifo gelesen, in der das Kindergeld bewertet worden ist und sich
herausgestellt hat, dass zumindest jetzt in der Anfangsphase mit dem Kindergeld
ein wesentliches Ziel, das Sie selber definiert haben, nicht erreicht wurde,
nämlich die Erhöhung der Beschäftigungsquote der Frauen mit kleinen Kindern.
Zugleich kürzen Sie eben genau bei den Ermessensausgaben Mittel für Initiativen,
die die Integration von Frauen auf dem Arbeitsmarkt wieder unterstützen
sollen. (Abg. Steibl: Stimmt ja nicht!)
Wenn Sie es nicht
glauben, sage ich Ihnen: Der Anteil der Wiedereinsteigerinnen, die vor der
Geburt ihres Kindes beschäftigt waren, sank von rund 57 Prozent auf
38 Prozent. Die Erwerbsquote der Frauen, die vor der Geburt nicht
beschäftigt waren, sank von 40 Prozent auf 25 Prozent. Aus meiner
Sicht ist das eindeutig eine Senkung der Erwerbsquote.
Das heißt, auf der einen Seite haben Sie eine Maßnahme gesetzt, die zwar schon auch positive Auswirkungen (Abg. Steibl: Das meine ich auch!) in der Erweiterung des Bezieherinnenkreises hat, aber im Hinblick auf die Beschäftigungsquote der Frauen wirkt sie sich auf der anderen
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 106 |
Seite negativ aus.
(Abg. Steibl: Das stimmt ja nicht! Es ist die Zuverdienstgrenze
angehoben worden!) Zugleich machen Sie mit der Senkung der Ermessenausgaben
allen Initiativen das Leben schwer, die versuchen, genau solchen Frauen die
Integration auf dem Arbeitsmarkt wieder zu ermöglichen. (Beifall bei den
Grünen.)
An der Kürzung der
Ermessensausgaben zeigt sich auch, dass Ihr angebliches Ziel der Steigerung
der Erwerbsquote von Frauen nicht mehr als ein Lippenbekenntnis ist. (Beifall
bei den Grünen.)
15.59
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin
ist Frau Abgeordnete Rossmann. Die Uhr ist ebenfalls wiederum auf
5 Minuten gestellt. – Bitte.
15.59
Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident!
Hohes Haus! Ich glaube, die beste Bestätigung, dass wir mit dem
Budgetprovisorium die richtige Entscheidung getroffen haben, nämlich dieses
heute hier zu beschließen, hat uns Rechnungshofpräsident Fiedler selbst
gegeben. Er sagte: Wenn das 50-Prozent-Limit bis April ausgeschöpft wird und es
kein Provisorium gibt, sind wir plötzlich darauf angewiesen und haben keine
andere Möglichkeit mehr, als das über Kassenstärker zu finanzieren –
Zitatende. – Das hat auch der Finanzminister schon ausgeführt.
Ich glaube, das
wäre unverantwortlich gewesen. Deshalb haben wir uns auch, trotz der einen oder
anderen Debatte im Vorfeld, dazu entschlossen, diesem Budgetprovisorium
zuzustimmen. Wir hätten keine andere Wahlmöglichkeit mehr und wären einfach dem
Zinsendruck ausgeliefert gewesen.
So ersparen wir
letzten Endes dem Steuerzahler mehr als 12 Millionen € täglich und
gewährleisten auch – und ich glaube, das ist auch ganz wichtig – den
Ministerien die Möglichkeit, die Projekte rasch anzugehen und
voranzutreiben – wenn man weiß, dass viele gute Projekte auf dem Tisch
liegen und die Beamten eigentlich nur darauf warten, sozusagen auf Knopfdruck
all diese Projekte in Angriff nehmen zu können. (Präsident Dr. Khol übernimmt
wieder den Vorsitz.)
Letzten Endes, so
glaube ich, war es die richtige Entscheidung, hier eine 5-Prozent-Bindung
festzuschreiben, um den konsequenten Weg, ausgabenseitig zu sanieren, weiter zu
gehen.
Wir sind aber sehr
froh, dass es auch in der abgelaufenen Legislaturperiode trotz eines restriktiven
Budgetkurses und trotz des Hochwassers möglich war, zwei große allumfassende
Konjunkturpakete zu beschließen. Ich erwähne das deshalb, weil ich gestern
die Wahl kämpfende Landesrätin Onodi aus Niederösterreich gesehen habe (Abg. Scheibner: Die ist doch so
selten irgendwo!), die von Betrieb zu Betrieb geht und sagt: Wir brauchen
dringend einen Lehrlingsfonds, denn die Betriebe müssen entlastet werden,
wenn sie Lehrlinge ausbilden!
Da frage ich mich
schon: Haut die Information zwischen der SPÖ-Bundesfraktion hier und der
Landesfraktion in Niederösterreich nicht hin? – Es gibt ein allumfassendes
Konjunkturpaket mit 1 000 € pro Lehrling; für jeden Lehrling im
Betrieb gibt es 1 000 €. Wenn das keine Entlastung ist, was dann? (Abg. Parnigoni: Liebe Kollegin
Rossmann! Sie haben das nicht verstanden!) – Ich weiß schon, Sie wollen
einen Fonds, bei dem die bestraft werden und einzahlen müssen, die keine
Lehrlinge ausbilden. (Abg. Parnigoni: Sie
wissen gar nicht, worum es geht! Das haben Sie nicht verstanden!) –
Ich habe das schon verstanden, aber wir gehen den anderen Weg, nämlich ohne
Bestrafung und ausschließlich über Anreize zu wirken. Ich meine, das ist der
sinnvollere Weg! (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
Aber ich möchte schon in Erinnerung rufen, dass wir mit einer allumfassenden Qualitätsoffensive für Jugendliche in Form von Umschulungen auch auf dem Arbeitsmarkt einige neue großartige Möglichkeiten geschaffen haben. Das taten wir auch mit der Wiedereinführung der Investitionsprämie – wenn wir uns auch mehr gewünscht hätten beziehungsweise sich die Wirtschaft mehr gewünscht hätte, aber das war der erste Schritt in diesem Konjunkturpaket mit
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 107 |
immerhin 600 Millionen €.
(Abg. Gradwohl: Wie viele
Lehrlinge wurden mit der „allumfassenden Qualitätsoffensive“ aufgenommen?)
Da könnte man
jetzt in alten Wunden rühren und sagen: War es der richtige Zeitpunkt, dieses
Konjunkturpaket im Herbst zu schnüren? – Ich sage durchaus, wir hätten es
lieber früher gehabt, wir hätten es lieber im Frühjahr gehabt, weil – das
ist einfach der Status der jetzigen Situation; da müssen wir in die Zukunft
blicken – die Kaufkraft massiv eingebrochen ist. Wo immer man hinkommt –
Kollege Stummvoll nickt –: Alle Betriebe jammern, vor allem die kleinen
Gewerbebetriebe. Die Kaufkraft ist wirklich dramatisch zurückgegangen, der
Konsum ist zurückgegangen. Und was mich auch erschüttert, ist, dass
insbesondere die Lohnpfändungen, und zwar gerade bei kleineren und mittleren
Einkommen, angestiegen sind. Davon sind viele Alleinerzieherinnen betroffen.
Ich glaube, das
wird die Aufgabe sein – und deshalb bin ich sehr froh darüber, dass sich
der Herr Finanzminister klar geäußert und alle Missverständnisse ausgeräumt
hat –, dass nämlich die Steuerentlastung für kleine und mittlere
Einkommensbezieher und auch für kleine und mittlere Betriebe mit
1. Jänner 2004 kommt. Auch der Wegfall des
13. Umsatzsteuertermins und die Entlastung in der Form, dass nicht entnommene
Gewinne zum Teil steuerbefreit sind, sind vorgesehen. Ich denke, insgesamt ist
ein richtiger Schritt zu einem letztmöglichen Zeitpunkt – ich sage: es ist
fünf vor zwölf, wenn nicht schon knapp nach zwölf – gesetzt worden.
Wir werden ganz
strikt an unserem vereinbarten Regierungsübereinkommen festhalten, erwarten
das selbstverständlich auch vom Finanzminister, und vor allem, dass es in diese
Richtung keinerlei missverständliche Äußerungen mehr gibt, weil das natürlich
zu einer Verunsicherung der Wähler geführt hat, aber auch jedes Konsumenten,
denn die Leute warten jetzt auf solch eine Entlastung. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
16.04
Präsident
Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Mag. Moser. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf
5 Minuten ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.
16.05
Abgeordneter
Mag. Hans Moser (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Was heute an Zahlen geliefert
wurde – an unterschiedlichen Zahlen! –, warum dieses gesetzliche
Budgetprovisorium kommen soll, das ist wirklich unglaublich! Ich habe mitgeschrieben:
Von 15 Millionen € bis 80 Millionen € war die Rede –
eine unglaubliche Schwankungsbreite, aber das sind wir ja gewohnt, wenn wir
mit Budgetzahlen von Bundesminister Grasser konfrontiert werden. (Beifall
bei der SPÖ.)
Im Rahmen der
Diskussion im Budgetausschuss ist mir nicht klar geworden – und ich habe
sehr genau aufgepasst –, warum eigentlich ein gesetzliches Provisorium
notwendig ist. Es gibt nämlich die Möglichkeit – und das wurde hier immer
nur sehr versteckt angedeutet –, dass man Kassenstärker verwendet. (Bundesminister
Mag. Grasser: Was mehr kostet!)
Ich habe in der
Zwischenzeit viele Gespräche mit Geldmarkt- und Kapitalmarktexperten geführt,
die mir Folgendes mitgeteilt haben: Der Zinssatz für kurzfristige
Maßnahmen – sprich: Kassenstärker – beträgt zurzeit
2,84 Prozentpunkte, der Zinssatz für mittelfristige Anleihen liegt zwischen
4 und 4,5 Prozentpunkten. Das heißt, die Differenz sind
1,2 Prozentpunkte. Diese Form würde bedeuten, dass das billiger wäre. Auf
die Frage hin, wie weit das auf die Basispunkte Auswirkungen hat und hatte,
hieß es: Das sind fünf bis acht Basispunkte, das heißt, das sind fünf bis acht
Hundertstel Prozentpunkte Differenz.
Es ist ausreichend
Geld vorhanden, und daher glaube ich, dass der Grund ein ganz anderer ist. Der
Grund ist vielmehr, dass viele nicht an die Beständigkeit dieser
Bundesregierung glauben.
Das schlägt sich
vielleicht auch in einem Artikel in der heutigen Ausgabe des „Kurier“ nieder,
in dem Folgendes zu lesen ist: „Jetzt ist Feuer am Dach.“ – Oder: „Wichtig
ist, dass die Reform die Handschrift des Sozialministers trägt, nicht die des
Finanz- oder Wirtschaftsministers.“ – Es ging dabei um die
Pensionsbegleitgesetze.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 108 |
Da besteht also
tiefes Unbehagen, tiefes Misstrauen in die Zukunft dieser Regierung. Daher
glaube ich auch, dass dieses gesetzliche Provisorium der Grund dafür ist, um
hier schon vorbereitend auf nächste Schritte agieren zu können. (Abg.
Mag. Molterer: Das glauben Sie aber selbst nicht ganz!)
Was braucht aber
Österreich in der jetzigen Zeit? – Ich glaube – und das ist heute
mehrfach angesprochen worden –, Österreich braucht eine Ankurbelung der
Wirtschaft, es braucht nicht eine Fortsetzung des restriktiven
Budgetkurses oder ein Fortwursteln auf der bisherigen Ebene. Das ist der
verkehrte Weg, den wir sicherlich nicht unterstützen können! (Beifall bei
der SPÖ.)
Die heutige
Debatte verdeutlicht aber auch einen anderen Widerspruch. Der Herr Bundeskanzler
sprach hier davon, dass wir den Lissabon-Prozess unterstützen sollen, dass wir
auf einem guten Wege seien. Der Herr Bundeskanzler sprach hier davon, dass es
eine Task Force für Beschäftigungspolitik gebe. Herr Mitterlehner hat davon gesprochen,
dass es wesentlich sei, gewisse Erwartungen in eine stabile Wirtschaft zu
haben. – Und was passiert? Was passiert in diesem kränkelnden
Umfeld? – Wir beschließen – oder sollten es beschließen; das wird ja
hier beantragt – ein restriktives Budget, das genau die entgegengesetzten
Wirkungen und auch Verunsicherung auslöst. Das steht hier eigentlich zur
Diskussion!
In diesem
Zusammenhang möchte ich auf einen wesentlichen Punkt hinweisen. Ich habe mir
den Arbeitsmarkt genau angeschaut. In der öffentlichen Diskussion wurde –
auch heute wieder – immer nur die Arbeitslosenrate angesprochen.
Wesentlich – und das weiß ich aus meiner langjährigen Berufserfahrung in
diesem Bereich – ist ja, wie viele Arbeitslose auf eine offene Stelle
kommen. Diese Kennziffer hat sich seit dem Jahr 2000 von fünf Arbeitslosen
auf eine offene Stelle auf zehn Arbeitslose auf eine offene Stelle erhöht, sie
hat sich also verdoppelt. Und das ist die eigentliche Dramatik, denn hier
fehlen ganz deutlich Arbeitsplätze! Da muss man eigentlich eingreifen –
und nicht hinten herum versuchen, fingierte Budgets zu starten. (Beifall bei
der SPÖ.)
Ein letzter Punkt:
Wesentlich ist – daher ist unser Antrag so wichtig –, dass wir
Einkommenskraft bei den Konsumenten schaffen. Wenn sich heute die Diskussion
darum dreht, dass die Hotelbranche Kurzarbeit anmeldet, dann ist das nicht eine
Frage der Irak-Krise – die Irak-Krise muss in der heutigen Diskussion für
sehr viel herhalten; wir haben das schon gehört –, sondern es geht darum,
dass wir Massenkraft schaffen müssen. Dann wird auch der Handel zunehmen, dann
wird die Industrie mit ihren Arbeitsplätzen zunehmen. Wir brauchen – das
habe ich mir auch ausgerechnet – in nächster Zeit 200 000 zusätzliche
Arbeitsplätze. Diese können eigentlich nur durch die Schaffung von Einkommen
und nicht durch das Besteuern und Wegnehmen von Einkommen geschaffen werden.
Wesentlich ist in
diesem Zusammenhang – dann möchte ich damit auch schon aufhören –,
dass wir diese Bereiche, die ja Kollege Matznetter bereits genannt hat,
verstärken.
Ein letzter Punkt:
Herr Minister, ich fürchte, dass Sie mit der Budgetpolitik, die Sie hier betreiben,
in die Geschichte als Pate des Stillstands der wirtschaftlichen Entwicklung
Österreichs eingehen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
16.10
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gemeldet
hat sich Herr Abgeordneter Dr. Maier. Die Uhr ist wunschgemäß auf
5 Minuten eingestellt. – Bitte.
16.10
Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Diese Debatte ist durchaus interessant, das kann man feststellen, wenn
man verfolgt, was hier gesagt wird.
Ich hätte eine Anregung für den Klub der Sozialdemokraten – Josef Cap ist zwar nicht mehr im Saal, aber ich bitte Sie als Stellvertreterin des Vorsitzenden, Frau Abgeordnete Prammer, ihm das auszurichten (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer) – betreffend die nächsten Themen für die Aktuelle Stunde. Sie haben sich heute mit niederösterreichischen Fragen auseinander ge-
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setzt, und ich möchte kurz zwei
Themen aufzeigen, anhand derer Sie in der nächsten Aktuellen Stunde Wiener
Fragen ansprechen können, weil ich meine, dass das wesentlich wichtiger ist. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)
Wenn wir über die
Budget- und Wirtschaftspolitik in diesem Land sprechen, sollten wir uns auch
die Arbeitslosenzahlen anschauen. Wir müssen beklagen – das ist sicher
auch für Kollegen Eder schlimm (Abg. Gradwohl: Herr Kollege! Nur zum
besseren Verständnis: Beschließt jetzt Wien ein Budgetprovisorium oder diese
Regierung?) –, dass Wien das Schlusslicht in der Arbeitsplatzstatistik
ist, dann kommen das Burgenland und Kärnten. (Abg. Eder: Wie viele
Niederösterreicher arbeiten in Wien?)
Ich möchte auf
Folgendes hinweisen – Herr Kollege Eder, das werden Sie vielleicht nicht
wissen, oder Sie haben es verdrängt –: Wien ist insofern eine ganz große
Besonderheit, als es in Wien den so genannten Wiener ArbeitnehmerInnen
Förderungsfonds gibt. Der Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds wurde 1994
von Helmut Zilk und Hans Mayr gegründet, um gegenzusteuern, weil man gefürchtet
hat, dass die Ausgliederung der Arbeitsmarktverwaltung im Wege des AMS ein
bisschen Verunsicherung bringen könnte. Daher hat man diesen Fonds gegründet.
Jetzt möchte ich
nur darauf hinweisen, damit Sie sehen ... (Abg. Gradwohl: Und was hat
das mit dem Budgetprovisorium zu tun?) – Ich sage es Ihnen gleich,
Herr Kollege, und Sie werden entsetzt sein, wenn Sie hören, wie in Wien die
Kollegen Ihrer Fraktion arbeiten. (Abg. Gradwohl: Erzählen Sie über das
Budgetprovisorium! Aber zu dem haben Sie noch kein Wort verloren! Hinter Ihnen
sitzt der Finanzminister!) Lassen Sie mich ausreden, denn Geldvernichtung
passiert auch in Wien, und ich möchte darauf hinweisen, was dort passiert ist.
Lassen Sie mich feststellen,
dass dieser Fonds mit 32 Mitarbeitern und einem Budget von
64 Millionen Schilling geschaffen wurde. Heute hat er 219 Mitarbeiter
und 325 Millionen Schilling. (Abg. Gradwohl: Und wo steht das im
Budgetprovisorium?) Und in der Zwischenzeit – das ist die Dramatik;
lenken Sie nicht ab, Herr Kollege (ironische
Heiterkeit bei der SPÖ – Abg. Gradwohl:
Ich spreche von der Tagesordnung, Herr Kollege!) – ist in Wien die
Arbeitslosigkeit gestiegen und die Zahl der Beschäftigten zurückgegangen. Das
ist die Wirtschaftspolitik der Sozialdemokratie, da kann Herr Kollege
Matznetter sagen, was er will! Er sagt im Ausschuss sehr oft das Gleiche, es
wird nur nicht richtiger. (Zwischenruf
des Abg. Dr. Matznetter.)
Mich hat sehr
beeindruckt, was Ihr Kollege Gartlehner vor wenigen Minuten hier gesagt hat,
als er über die Privatisierung gesprochen hat. Lassen Sie mich kurz dazu
Stellung nehmen, und zwar auch anhand des Beispiels einer dramatischen
Entwicklung in Wien.
Die Privatisierung
der CA stand an, meine Damen und Herren, und sie wurde hier in diesem Hohen
Haus diskutiert. (Abg. Gradwohl: Aber nicht im Rahmen des
Budgetprovisoriums 2003!) Und ich möchte einen Satz zitieren, der in
diesem Hohen Haus am 14. Jänner 1997 von meinem Kollegen Günter
Stummvoll gesagt wurde (Abg. Gradwohl: Kein einziges Wort zum
Budgetprovisorium, Herr Klubobmann Molterer!) – das sage ich deshalb,
weil Herr Kollege Matznetter und andere Freunde Ihrer Fraktion meinen, all das,
was in wirtschaftspolitischer Hinsicht passiert ist – und das fließt auch
in Budgets ein –, sei unter der Verantwortung der ÖVP geschehen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.)
Den Verkauf der
CA, das ist hier dokumentiert und dazu ist von diesem Pult aus gesprochen
worden, haben vier Fraktionen in diesem Haus beschlossen – nur nicht die
ÖVP. Da sehen Sie den Unterschied in der wirtschaftspolitischen Strategie. Ich
mache dafür die Wirtschaftsgrößen in der SPÖ verantwortlich, wenn man in diesem
Zusammenhang über Wirtschaftskompetenz spricht. Am Beispiel der Bank Austria-CA
und dem Buchverlust, den die Stadt Wien dadurch zu beklagen hat, können Sie
ablesen, was es mit der Wirtschaftskompetenz Ihrer Herren auf sich hat.
Ich weise darauf hin: Die Stadt Wien hat in den Büchern im Wege des Aktientausches zur HVB einen Wert von 1,7 Milliarden €. (Abg. Gradwohl: Herr Kollege! Nehmen Sie wenigstens den
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Tagesordnungspunkt „Budgetprovisorium“ in den Mund!) Der
Kurs, Herr Kollege, liegt momentan bei 200 000 €. Das heißt,
1,5 Milliarden € sind da verspielt worden, und niemand von Ihrer Fraktion
findet es der Mühe wert, eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema zu machen und zu
fragen, warum da 1,5 Milliarden € verspielt wurden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)
Ich meine, im
Rahmen einer Budgetdebatte muss man darauf hinweisen (Abg. Gradwohl: Und jetzt
kommen Sie bestimmt glasklar zum Budgetprovisorium!), denn Ihre
wirtschaftspolitischen Ansätze sind so, dass man davon ausgehen kann, dass es
dazu kommt, dass Sie keine Privatisierung wollen – Herr
Ing. Gartlehner hat eindrucksvoll davon gesprochen. Gleichzeitig weise ich
darauf hin, dass die Bank Austria-CA eine dramatische Entwicklung genommen und
die Stadt Wien 1,5 Milliarden € verloren hat. (Abg. Eder: Das habt ihr im
Gemeinderat verlangt!)
Herr Kollege Eder,
setzen Sie sich in Ihrem Klub durch, nehmen Sie diese aktuelle Frage in
nächster Zeit zum Thema, und wir können die Antwort der Verantwortlichen von
Ihnen hören! Sie könnten das in Ihrer Fraktion auch einmal für die Stadt Wien
einbringen, damit wir hören, wie das gesehen wird und warum das gemacht wurde.
Sie haben sich ja
geweigert, die Privatisierung durchzuführen – das ist doch hier debattiert
worden. Ihre Stimmen haben dazu geführt, dass jetzt dieser Verlust
festzuschreiben ist. (Abg. Eder: Das hat die ÖVP verlangt!) Ihr
Kollege, der Landeshauptmann-Stellvertreter von Salzburg Radlegger, hat
unlängst in den Zeitungen geschrieben, auf Grund dieser dramatischen Entwicklung
müsse er mit großer Trauer Rücklagen auflösen. Und da sagen Sie nichts?! (Abg. Parnigoni:
Sagen Sie auch etwas zum Budgetprovisorium! Sagen Sie auch etwas zum Thema!
Sagen Sie etwas zu dem, was auf der Tagesordnung steht, zum
Tagesordnungspunkt!)
Zusammenfassend:
Wenn man aktuelle wirtschaftspolitische Fragen diskutiert – das sage ich
auch in Richtung Dr. Matznetter –, wird etwas nicht besser dadurch,
dass man es immer wieder wiederholt.
Wenn wir heute
noch einmal die Zukunft der Privatisierung diskutieren – wir werden im
Rahmen anderer Debatten noch die Gelegenheit haben, darauf abzustellen –,
erwarte ich von Ihnen, dass Sie hier bekennen (Abg. Parnigoni: Zur
Tagesordnung sagen Sie etwas!), warum Sie damals, am
14. Jänner 1997, nicht den Schritt gegangen sind, den die
Österreichische Volkspartei vorgeschlagen hat. (Beifall bei der ÖVP.)
16.17
Präsident Dr. Andreas Khol:
Eine Reihe von
Zwischenrufen der Abgeordneten Gradwohl und Parnigoni beschäftigen sich mit der
Frage, ob das zur Sache gesprochen sei. Ich habe den Ausführungen des
Abgeordneten Matznetter aufmerksam zugehört und muss sagen, die gesamte
Debatte ist zu einer allgemeinen wirtschaftspolitischen Debatte geworden. Und
ich meine, auf das, was Matznetter sagen durfte, darf es auch Repliken geben.
Zu Wort gelangt
nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. 5 Minuten. – Bitte.
16.17
Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr
Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kurz zu den Ausführungen des Kollegen
Maier. Kollege Maier, du hast gemeint, wenn man etwas ständig wiederholt, wird
es dadurch nicht unbedingt besser. – Dem stimme ich vollinhaltlich zu. Wir
haben im Bundesrat diese Frage auch des Öfteren erörtert.
Ich weiß nicht, ob
du mit deiner Wiener Landtagsfraktion korrespondierst, denn die hat in der
letzten Landtagssitzung selbst zugegeben, dass die Arbeitslosigkeit in Wien
gesunken ist. Und Wien ist damit das einzige Bundesland Österreichs, in dem sie
gesunken ist. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg.
Dr. Ferdinand Maier.)
Im Übrigen bist du ein Vertreter jener Partei, die, wenn wir schon bei Wien bleiben – wir dürfen ja bei einer allgemeinen Wirtschaftsdebatte bleiben; und du bist in deinen Ausführungen auch in die Geschichte zurückgegangen –, zum Beispiel gegen den Bau der Donauinsel gestimmt hat,
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was dazu geführt hätte, dass im
vergangenen Jahr auch wesentliche Gebiete von Wien überschwemmt worden wären,
zum Beispiel Floridsdorf.
Oder wenn du dein
Herz für die Großfeldsiedlung entdeckst: Die ÖVP war von Anfang an gegen den
Bau der Großfeldsiedlung und hat dagegen gewettert.
Ich darf auch
darauf hinweisen, dass die Forschungsausgaben im letzten Wiener Budget höher
waren, nämlich für Wien allein, als die gesamten Forschungsausgaben im
Bundesbudget für die restlichen acht Bundesländer. (Beifall bei der
SPÖ.) – Nur so viel dazu.
Eine kurze
Bemerkung auch noch zu unserem Antrag beziehungsweise zum Antrag der Abgeordneten
Mag. Kogler, Dr. Matznetter betreffend Einkommensteuersenkung – diese
Bemerkung richtet sich jetzt an die FPÖ, und zwar an die Teil-FPÖ, an die
Gruppe der glorreichen oder noch nicht so glorreichen Abspaltungs-Sieben. Frau
Kollegin Rossmann führt diese Gruppe, glaube ich. (Zwischenruf der Abg. Rossmann. –
Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie
immer schlecht informiert!) Ich möchte nur sagen: Bitte vergessen Sie nicht
zuzustimmen, sonst könnte es sein, dass Sie in Kärnten Probleme bekommen. (Beifall
bei der SPÖ.)
In der knapp
bemessenen Zeit einige Punkte zu einem tatsächlichen Detailbereich des Budgets,
der mir besonders wichtig erscheint, zur Verkehrsinfrastruktur. Ich glaube,
dass die Infrastrukturpolitik der letzten drei Jahre in diesem Bereich mit dem
Budgetprovisorium zumindest eines gemeinsam hat, nämlich den zweiten Teil des
Titels, denn in der Tat war diese Politik nicht viel anderes als ein
Provisorium. Was allerdings durchaus verständlich ist, wenn man sich die
Halbwertszeit der beteiligten Regierungsmitglieder ansieht, die deutlich unter
einem Jahr gelegen ist. Vielleicht hat man deswegen jetzt zwei Personen
eingesetzt, einen Minister und einen Staatssekretär, weil man hofft, dass
zumindest einer von ihnen vielleicht länger im Amt bleibt als seine Vorgänger.
Die Infrastruktur
ist auch als direkter Einflussfaktor auf das Budget wesentlich. Ich erinnere
nur daran, dass Studien zeigen, dass bis zu 50 Prozent von zusätzlichen
Verkehrsinfrastrukturausgaben wieder direkt dem Budget zugute kommen: sei es
in Form höherer Steuereinnahmen, sei es in Form geringerer Ausgaben etwa im
Bereich der Arbeitslosenversicherung.
Daher erstaunt es
mich schon, dass wesentliche Punkte der Infrastrukturpolitik, wie zum Beispiel
die LKW-Maut, ständig in Diskussion gezogen werden. Auch im letzten Regierungsübereinkommen
sind wieder Passagen enthalten wie „Überprüfung der Höhe der Sondermaut für
LKW“ und Evaluierung „nachteiliger Standorteffekte“. Das heißt, anstatt sich
endlich sicher zu sein, das auch durchzuführen – man hat es ohnehin schon
lange genug verzögert –, wird schon wieder angedeutet: Na ja, vielleicht
wird es doch wieder ein wenig verschoben, oder vielleicht kann man es doch
wieder etwas geringer machen. Das könnte die Streckenmaut betreffen, das
könnte das LKW-Road-Pricing als solches betreffen, so genau steht das ja leider
nicht drinnen.
Das Argument, das
dann verschiedentlich kommt: Na ja, da geht es um Einnahmen der ASFINAG und
nicht wirklich um Einnahmen des Budgets!, ist ja nicht zulässig. Was macht denn
die ASFINAG, wenn sie keine Mittel mehr hat, um die Straßeninfrastruktur auszubauen? –
Da gibt es am Ende des Tages zwei Möglichkeiten: entweder man lässt die Straßen
verfallen, oder man zahlt es wieder aus dem Budget. Das heißt, das Budget ist
immer davon betroffen. Ich glaube, dass man hier durchaus mehr Ernsthaftigkeit
ans Werk legen sollte. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Den Schienenverkehr nicht
vergessen!)
Ich gebe zu – das Licht blinkt bereits und zeigt damit die zu Ende gehende Redezeit an –, dass die Erhöhung der Haftungsrahmen für die ASFINAG und für die SCHIG im Budgetprovisorium isoliert gesehen durchaus sinnvoll sind; allerdings, wie gesagt, isoliert gesehen. Verkehrspolitisch betrachtet schaut das Ganze schon wieder ganz anders aus, nämlich wenn man bedenkt, dass allein für den Ausbau der Koralmbahn rund 3 Milliarden € vorgesehen sind, und zwar für täglich 90 Züge – 3 Milliarden € für täglich 90 Züge! (Zwischenruf der Abg. Rossmann) –, im Bereich des Unterinntals für eine im Wesentlichen bestehende Strecke 2 Milliarden € (Zwi-
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 112 |
schenruf
des Abg. Wittauer), auf der
anderen Seite aber kaum Aussagen zur Ostregion gemacht werden, wo der Transit
in den nächsten fünf bis zehn Jahren um 70 bis 80 Prozent zunehmen wird,
wo Dinge wie Süd-Umfahrung, Nordost-Umfahrung, sechste Donauquerung und so
weiter anstehen. Ich glaube, dass hier die Prioritätenreihung vielleicht doch
ein wenig falsch vorgenommen wurde.
Zu wenig
Investitionen in die Infrastruktur oder aufgeschobene Investitionen bedeuten
nichts anderes als eine Schwächung des Wirtschaftsstandortes Österreich (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittauer), eine Schwächung der
internationalen Wettbewerbsfähigkeit und damit eine Belastung der nächsten
Generationen.
Nachdem wir das
bereits im Rahmen des Bundesfinanzgesetzes 2002 kritisiert haben, ergibt
sich in logischer Konsequenz, dass wir dem Budgetprovisorium für 2003
ebenfalls nicht zustimmen können. (Beifall bei der SPÖ.)
16.23
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gemeldet
ist nunmehr Frau Abgeordnete Lentsch. – Frau Abgeordnete, Sie haben das
Wort für 5 Minuten.
16.23
Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Geschätzte
Damen und Herren! Hohes Haus! Leider war es uns auf Grund der vorgezogenen
Nationalratswahlen nicht möglich, ein Haushaltsgesetz für das Jahr 2003
vorzulegen, doch das provisorische Budget wird in das ordentliche Budget einfließen,
und somit wird es eine einheitliche Gebarung für das Jahr 2003 geben. (Zwischenruf der Abg. Mag. Trunk.)
Für uns von der
Österreichischen Volkspartei ist dabei ganz besonders wichtig, dass wir am
Stabilitätsprogramm festhalten. So, wie es aussieht, können wir das Nulldefizit
in der nächsten Zeit nicht erreichen, denn die internationale Wirtschaftslage
sieht nicht sehr rosig aus, und der furchtbare Krieg im Irak, der uns alle sehr
betroffen gemacht hat und macht, wird auch noch sein Quäntchen dazu beitragen. (Abg. Parnigoni:
Sie können nichts halten, was Sie versprechen!) Deswegen müssen wir uns
von diesem ehrgeizigen Ziel des Nulldefizits in der nächsten Zeit
verabschieden. Das ist eine Tatsache, die uns allen bewusst ist.
Aber wir dürfen
auch nicht in den gefährlichen Trugschluss verfallen, dass mehr Schulden automatisch
einen Wirtschaftsaufschwung bringen. In Deutschland beträgt das Budgetdefizit
für das Jahr 2002 bereits 3,8 Prozent – und trotzdem springt die
Wirtschaft nicht an, trotzdem gibt es eine Rekordarbeitslosigkeit und trotzdem
zeigen alle Zeichen nach unten.
Früher hat das
noch funktioniert, geschätzte Damen und Herren: Als Kreisky und Androsch
Schulden gemacht haben, konnten sie noch von einem guten Boden ausgehen, und
niemand hat damals gefragt, wer diese Schulden einmal zurückzahlen wird. (Beifall
bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni:
Vielleicht zitieren Sie dann etwas aus der Kaiserzeit!)
Erinnern Sie sich
noch: Unsere Leute wie Koren, Schleinzer und Taus wurden von Ihnen ausgelacht,
bloß weil sie das vorausgesagt haben, was heute eingetreten ist! Heute ist es
so weit, geschätzte Damen und Herren: Heute müssen wir sparen, um die alten
Schulden zurückzahlen zu können. Und heute fehlt uns das Geld, das wir
dringend brauchen würden für die Pensionen, für unser Gesundheitssystem und für
unsere Kinder.
Sie, geschätzte
Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, werfen uns permanent „soziale Kälte“ vor,
nur weil wir das tun, was wir tun müssen: sparen, sparen und nochmals sparen.
Dabei haben Sie uns und allen Österreicherinnen und Österreichern die Suppe
eingebrockt, die wir alle jetzt auslöffeln müssen! (Beifall bei der
ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber.)
Ja, ich weiß schon, jetzt kommt wieder das Argument, dass wir auch dabei waren. Ja, wir waren auch dabei, aber wir haben in dieser Zeit nie den Bundeskanzler gestellt (Abg. Mag. Trunk: Gott sei Dank!), wir haben in dieser Zeit nie den Finanzminister gestellt. (Abg. Mag. Trunk: Gott
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sei Dank!) Und was haben Sie gemacht – Sie wissen das genauso gut wie
ich –, als im Jahre 1995 unser jetziger Bundeskanzler
Dr. Wolfgang Schüssel (Abg.
Mag. Trunk: Erfolgloser
Wirtschaftsminister!) eine Kurskorrektur vornehmen wollte und auf die
Bremse gestiegen ist? – Sie haben uns links überholt, sind aufs Gas
gestiegen und in Richtung neuer Schuldenpolitik gefahren. Das ist die Wahrheit!
(Beifall bei der ÖVP.)
Aber Sie brauchen
keine Angst zu haben: Wir schaffen das schon, wir werden das Budget sanieren,
vielleicht nicht so schnell, wie wir uns das gewünscht haben, dafür aber
nachhaltig.
Speziell den
jungen Menschen in Österreich kann ich versprechen, dass wir ihnen keine neuen Lasten für die
Zukunft aufbürden. Ganz im Gegenteil: Wir werden danach trachten, dass die
alten Hypotheken aus der SPÖ-Zeit in irgendeiner Form erträglich werden. (Beifall
bei der ÖVP.)
16.27
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gemeldet
ist nunmehr Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. Sie hat wunschgemäß eine
Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.
16.27
Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Hohes Haus!
Frau Kollegin Lentsch, Sie haben Recht: Wir werfen Ihnen soziale Kälte
vor – aber nicht nur das, sondern auch, dass Sie die Entwicklung in
Österreich behindern.
Zum gesetzlichen
Budgetprovisorium 2003, das heute beschlossen werden soll, möchte ich aus
der Sicht der Kunst und Kultur Folgendes anmerken: Meine Damen und Herren, es
ist leider vorhersehbar, dass die 5-prozentige Bindung der Ermessensausgaben
höchst negative Auswirkungen auf die Kunst haben wird, vor allem deshalb, weil
der Anteil der Ermessensausgaben gerade im Kunstbereich sehr hoch ist, und auch
deshalb, weil die Ermessensausgaben bereits im Jahr 2002 um 3 Prozent
gekürzt wurden. Es steht also eine neuerliche Kürzung ins Haus.
Das alles kommt
aber noch zusätzlich zu den Kürzungen, die die Regierung Schüssel I im Bereich
Kunst und Kultur zu verantworten hat. Die Kulturstatistik spricht hier eine
sehr deutliche Sprache: 1999 betrugen die Kulturausgaben des Bundes noch
820 Millionen €, im Jahr 2000 waren es nur mehr
668 Millionen €.
Erstaunlich ist
die unterschiedliche Wahrnehmung, nämlich wie der Herr Kunst-Staatssekretär
seine eigenen Aktivitäten einschätzt und wie die Realität ausschaut.
Staatssekretär Morak sprach anlässlich der Präsentation des
Kunstberichtes 2001 vom „bisher höchsten Kunstbudget“ – so weit
seine eigene Wahrnehmung. Im Kunstbudget 2001, das
107,4 Millionen € betragen hat, sind nämlich zahlreiche
Sonderfinanzierungen für Großprojekte enthalten. Da fallen die Ausgaben für die
Kulturhauptstadt Graz hinein, der Umbau des Musikvereins und auch das Kleine
Festspielhaus in Salzburg. Zieht man diese Sonderfinanzierungen ab, ist die
Realität schon wieder eine ganz andere.
Die Wertigkeit der
einzelnen Kunstbereiche wird deutlich, wenn man sich ansieht, wie die Mittelverteilung
ist. Da sieht man einen großen Gewinner: Das sind die Großveranstaltungen und
die Festspiele; nur dort ist ein sattes Plus aufzuweisen. Dieses Beispiel zeigt
sehr deutlich, dass unsere Kritik, die Kritik der SPÖ, gerechtfertigt ist,
nämlich die Kritik daran, dass sich die konservative Kulturpolitik
hauptsächlich um das repräsentative Element dreht.
Ein zweites
Beispiel möchte ich noch erwähnen. Ich zitiere einen Satz aus dem Vorwort des
Kunst-Staatssekretärs zum Kunstbericht 2001. Dieser Kunstbericht 2001 ist vor
einigen wenigen Tagen der Öffentlichkeit und der Presse vorgestellt worden.
Erst viel später haben ihn die Abgeordneten bekommen. Hier heißt es: „wir
konnten ... die Kunstschaffenden wieder in den Mittelpunkt der Kunst- und
Kulturpolitik stellen.“
Wo die Kunstschaffenden tatsächlich gestanden sind, das lässt sich aus den Schlagzeilen der Zeitungen der letzten Jahre ganz gut herauslesen. Da heißt es: Allein gelassen in ihren ökonomischen Problemen – die Künstler nagen am Hungertuch. – So lautete die Überschrift in den
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 114 |
„Vorarlberger
Nachrichten“. Gefesselt von der Bürokratie, schreibt der „Standard“. Die
Künstlerversicherung als Akt der Künstlerknebelung. Als Stiefkinder am
Rande. – Das steht als Überschrift auf „ORF ON“. Schwerpunkt Film ist zum
Stiefkind der Kulturpolitik verkommen. Oder: Im sozialen Off, das schreibt die
IG-Kultur in ihrer Ausgabe von „Kunst und Kultur“.
Das
Budgetprovisorium 2003 und die damit verbundenen Kürzungen der
Ermessensausgaben könnten für zahlreiche Initiativen, die bereits jetzt am
Rande der Existenz stehen, das endgültige Aus bedeuten, denn die Erfahrungen
haben gezeigt: Diese Einsparungsmaßnahmen betreffen vor allem die freie
Kulturszene.
Es scheint, dass
sich die moderne und innovative Kunst unter dieser konservativen Regierung
nicht entwickeln kann. Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien,
nehmen der jungen Kunst die Luft zum Atmen. Ich fordere Sie auf: Fördern Sie
alle Bereiche der Kunst und Kultur, und bieten Sie Entwicklungsmöglichkeiten
für viele anstatt nur für einige wenige!
Was mich besonders
betroffen macht, ist das geringe Engagement des Kunst-Staatssekretärs, aber
auch des Herrn Bundeskanzlers für die Kunst. Es wurden die Kürzungen von
3 Prozent im Vorjahr kommentarlos hingenommen, und offensichtlich werden
auch die Kürzungen von 5 Prozent in diesem Jahr kommentarlos hingenommen.
Sehr geehrte Damen
und Herren von den Regierungsparteien! Treten Sie doch offensiv für die Kunst
und Kultur ein! Ich glaube, die Kunst hätte sich das verdient. – Wir
können diesem Budgetprovisorium nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)
16.33
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr
Abgeordneter Ellmauer. Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort; wunschgemäß
5 Minuten. – Bitte.
16.33
Abgeordneter
Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Mit dem heutigen Beschluss des Budgetprovisoriums für das
Jahr 2003 sichert der Nationalrat stabile Staatsfinanzen unter der
Prämisse der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit. Ein Weg, der von Bundeskanzler
Wolfgang Schüssel in der vergangenen Legislaturperiode beschritten wurde,
findet nun seine Fortsetzung. Durch das gesetzliche Budgetprovisorium wird das
automatisch in Kraft getretene abgelöst und damit die Finanzierung der
Institutionen des Staates sichergestellt. Verantwortungsvoller Umgang mit den
Staatsfinanzen schon am Beginn einer Legislaturperiode schlägt sich in einer
stabilen und nachhaltigen Budgetgestaltung nieder. Der sorgsame Umgang mit dem
Geld der Steuerzahler wird es auch sein, der diese Regierung auszeichnet.
Schon in der
vergangenen Legislaturperiode ist es der Bundesregierung unter Bundeskanzler Schüssel
und Finanzminister Grasser gelungen, eine Kehrtwendung von der jahrelangen
Schuldenpolitik hin zum verantwortungsbewussten Wirtschaften zu vollziehen.
Der Bund hatte dabei ein überaus erfolgreiches Vorbild. So findet
Oberösterreichs Budgetpolitik international Anerkennung. Die renommierte
Ratingagentur Standard & Poor’s hat dem Land Oberösterreich auch
2002 die höchste Bonitätsstufe, das so genannte Triple A bestätigt. Kein
Wunder, beweist doch Oberösterreich zum Beispiel mit einer Arbeitslosenquote
von 4,7 Prozent im Jahresdurchschnitt hohe Kompetenz in der
Arbeitsmarktpolitik.
Das kann man
leider nicht von allen Bundesländern behaupten. Nur zum Vergleich: Wien hat
eine Arbeitslosenquote von rund 9 Prozent – nicht gerade ein
Ruhmesblatt.
Oberösterreich ist
aber nicht nur Vorbild bei der Arbeitslosenquote. Oberösterreich ist mit
25 Prozent Exportanteil das wichtigste Exportbundesland der Republik. Das
Land Oberösterreich hat es geschafft, das siebente Budget in Folge ohne
Neuverschuldung zu beschließen, und ist dabei noch der größte Nettozahler unter
den Bundesländern an die Republik. Seit März 2002 ist Oberösterreich generell
schuldenfrei. (Beifall bei der ÖVP.)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 115 |
Dieses
Budgetprovisorium, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein klares Signal
der Stabilität an Wirtschaft und Bevölkerung bis zum Beschluss eines
entsprechenden Budgets. Ziel sind eine optimale Lösung für die Steuerzahler und
gute Konditionen an den Finanzmärkten.
Immer wieder
weisen Wirtschaftsforscher auf die hohe Bedeutung geordneter Finanzen für die
Qualität des Wirtschaftsstandortes hin. Sie sind heute ein entscheidender
Benchmark im internationalen Wettbewerb der Regionen. Wir wollen auch
weiterhin zu den besten Wirtschaftsstandorten der Welt gezählt werden. Dafür
sind Reformen nötig, die wir umsetzen müssen. Wir messen uns nicht am
Durchschnitt – und das haben wir, wie internationale Vergleiche auch
zeigen, nicht nötig. So hat Deutschland zum Beispiel ein Defizit von
3,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, Frankreich eines von
3 Prozent, Italien eines von 2,3 Prozent. Wir hingegen haben ein
Defizit in der Höhe von nur 0,6 Prozent.
Sie sehen, meine
Damen und Herren: Österreich gehört europaweit zu den Besten. Lassen Sie uns
gemeinsam dafür sorgen, dass das auch weiterhin so bleibt! (Beifall bei der
ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)
Die immer wieder
geäußerten Sorgen, dass die vorgesehene Ausgabenbindung, Frau Muttonen, von
5 Prozent in einzelnen Ressorts zu Finanzierungsschwierigkeiten führen
könnte, sind unbegründet. Die Erfahrungen mit der Ausgabenbindung bei früheren
gesetzlichen Budgetprovisorien zeigen deutlich, dass es hier keine Probleme
gab. Die 3-prozentige Bindung des Vorjahres konnte ausnahmslos und problemlos
eingehalten werden.
Meine Damen und
Herren! Die Ausgabenbindung dient der stabilitätsorientierten Haushaltsführung.
Es geht darum, bei Schwerpunktsetzungen der Investitionen in den Bereichen der
Bildung und Forschung sowie der Infrastruktur die Defizitentwicklung durch
einen restriktiven Budgetvollzug in einer akzeptablen Bandbreite zu halten. Es
ermöglicht den haushaltsführenden Organen einen gewissen Freiraum, verlangt
aber auch den Einsatz ihrer Managementqualitäten.
Das Ansehen
Österreichs als erstklassiger Schuldner darf nicht in Frage gestellt werden.
Die Finanzmärkte reagieren äußerst sensibel auf schlechte Nachrichten. Deshalb
ist es unverantwortlich, durch Polemik, Herr Kollege Matznetter, den Standort
Österreichs zu gefährden! (Beifall bei der ÖVP.)
16.38
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr
Abgeordneter Heinzl. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.
16.38
Abgeordneter
Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren!
Hohes Haus! Der vorliegende Antrag auf Fassung eines gesetzlichen
Budgetprovisoriums bietet, wie ich meine, beste Gelegenheit, die daniederliegende
österreichische Bauwirtschaft durch die Umsetzung wichtiger
Infrastrukturprojekte anzukurbeln. Angesichts der Wirtschaftslage und der
weltpolitischen Instabilität ist es wichtig, gerade jetzt von Seiten der
österreichischen Regierung eine stabilisierende Wirkung auf unsere
Volkswirtschaft auszuüben.
Sinnvolle
Infrastrukturprojekte kurbeln bei ihrer Umsetzung die Wirtschaft an und sichern
über Jahrzehnte hinaus die Leistungsfähigkeit Österreichs. Ich möchte hier,
sehr geehrte Damen und Herren, Hohes Haus, drei Projekte für den Ausbau der
Westbahn nennen, die sofort umgesetzt werden können und dabei gleichzeitig die
Schieneninfrastruktur und die Bauwirtschaft im niederösterreichischen
Zentralraum stärken werden.
Die
Güterzugumfahrung St. Pölten ist eines der wichtigsten Teilprojekte des
Ausbaus der Westbahnachse – dies vor allem deshalb, weil der mitten in
der Stadt gelegene St. Pöltener Hauptbahnhof bereits jetzt tagtäglich wie
ein Nadelöhr für den Güterverkehr wirkt. Dieses Projekt war bereits geplant,
dieses Projekt war bereits bewilligt, finanziert und sogar teilweise schon
errichtet.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 116 |
Dann ließ der
Vorvorgänger des jetzt amtierenden Infrastrukturministers, Herr
Dipl.-Ing. Schmid, die Bauarbeiten einfach einstellen und dem
niederösterreichischen Landeshauptmann und Verkehrsreferenten Dr. Pröll
ausrichten – wir erinnern uns daran –, Herr Pröll könne sich seine
Infrastrukturwünsche für Niederösterreich „in die Haare schmieren“. Das, sehr
geehrte Damen und Herren, war die seinerzeitige Aussage des Herrn Schmid.
Der Weiterbau der
Güterzugumfahrung St. Pölten ist unbedingt notwendig, und deshalb bringe
ich folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Heinzl, Schasching und KollegInnen betreffend die sofortige Realisierung der
Güterzugumfahrung St. Pölten
Der Nationalrat
wolle beschließen:
Der Bundesminister
für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, die Errichtung der
baureifen Güterzugumfahrung St. Pölten in unverantwortlicher Weise nicht
länger zu blockieren, sondern angesichts des im Zuge der Ostöffnung zu
erwartenden starken Anstiegs des Gütertransits so rasch als möglich den
Baubeginn zu setzen und die dafür notwendige Bauübertragung per Verordnung zu
erlassen.
*****
Der Weiterbau
dieses Projektes ist zuletzt auch immer wieder von Herrn Landeshauptmann
Pröll – vor allem in der letzten Zeit bei verschiedenen
Spatenstichen – gefordert worden. – Und daher hoffe ich, dass alle
der hier im Saale anwesenden Nationalratsabgeordneten der ÖVP-Niederösterreich
meinem Antrag zustimmen werden.
Sehr geehrte Damen
und Herren! Weiters ist der Umbau des Hauptbahnhofes der Landeshauptstadt
St. Pölten längst überfällig. Die derzeitige Bausubstanz entspricht im
Wesentlichen dem Stand vor Beginn der siebziger Jahre und ist in keiner Weise
geeignet, den heutigen qualitativen und quantitativen Anforderungen gerecht zu
werden. So gibt es beispielsweise keine behindertengerechten
Einrichtungen wie etwa Rolltreppen, Lifte und so weiter.
Manche meinen
sogar – und das nicht unbegründet –, der Standard des Hauptbahnhofes
St. Pölten entspricht maximal dem Standard einer Bedarfshaltestelle einer
Nebenbahn. Dieser Zustand ist unhaltbar, ist doch dieser Bahnhof einer der
wichtigsten österreichischen Umsteigknoten! Allein
20 000 Schülerinnen und Schüler benützen diesen Bahnhof tagtäglich.
Deshalb bringe ich
auch hiezu einen Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Heinzl, Schasching und KollegInnen betreffend die dringend notwendige
Modernisierung des Bahnhofs der Landeshauptstadt St. Pölten
Der Nationalrat
wolle beschließen:
Der Bundesminister
für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, den Umbau und die
Attraktivierung des Hauptbahnhofes der Landeshauptstadt St. Pölten so
rasch als möglich voranzutreiben, um die Anbindung der Landeshauptstadt
St. Pölten an das öffentliche Verkehrsnetz zu verbessern, tausenden
PendlerInnen und SchülerInnen den täglichen Weg zu und von der Arbeitsstätte bzw.
Schule zu erleichtern und die sich durch den Ausbau ergebenden wirtschaftlichen
Möglichkeiten voll zu nutzen.
*****
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 117 |
Sehr geehrte Damen
und Herren! Durch unnötige Verzögerungen beim Weiterbau der Güterzugumfahrung
St. Pölten ist auch der notwendige Lärmschutz entlang der West Autobahn
für die Bevölkerung St. Pöltens nicht errichtet worden. Erst
nach sehr, sehr vielen Protesten der Anrainer und durch mich hier im Parlament
wurde versprochen, diese wichtige Maßnahme durchzuführen. Allerdings wurde ein
riesiges Loch in diese Lärmschutzwand eingeplant – und ausgerechnet im
Bereich von Wohnsiedlungen klafft ein riesiges Loch in dieser Wand! Die
Bevölkerung ist berechtigterweise neuerlich sehr erbost und protestiert gegen
diese Planung.
Deshalb bringe ich
auch hiezu einen Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Heinzl, Schasching und KollegInnen betreffend Verbesserung des nach wie vor
unzureichenden Lärmschutzes an der A 1 im Bereich St. Pölten
Der Nationalrat
wolle beschließen:
Der Bundesminister
für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, die Schließung
bestehender Lücken im Lärmschutz entlang der A 1 im Bereich
St. Pölten zu veranlassen sowie ein Tempolimit auf dem Streckenabschnitt
der West Autobahn A 1 im Stadtgebiet von St. Pölten zu verordnen.
*****
Sehr geehrte Damen
und Herren! Ich bitte Sie, diesen vorliegenden Entschließungsanträgen –
erstens: Weiterbau der Güterzugumfahrung St. Pölten, zweitens: Neubau,
Revitalisierung und Attraktivierung des Hauptbahnhofes St. Pölten, drittens:
Lärmschutz im Stadtgebiet von St. Pölten entlang der A 1 – Ihre
Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)
16.44
Präsident Dr. Andreas Khol:
Die drei
Entschließungsanträge der Abgeordneten Heinzl, Schasching und GenossInnen
betreffend die dringend notwendige Modernisierung des Bahnhofs der
Landeshauptstadt St. Pölten, betreffend die sofortige Realisierung der
Güterzugumfahrung St. Pölten sowie betreffend Verbesserung des nach wie
vor unzureichenden Lärmschutzes an der A 1 im Bereich St. Pölten sind
hinreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.
Zum Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Machne. Wunschgemäß stelle ich
die Uhr auf 5 Minuten ein. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.
16.45
Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das ist meine erste
Rede hier im Hohen Hause, und bevor ich zum Budgetprovisorium komme, gestatten
Sie mir bitte, dass ich meinen Wahlkreis kurz vorstelle.
Ich komme aus Osttirol, einem wunderschönen Landesteil Tirols,
der – und das ist sicher einmalig in Österreich – keine
Landverbindung mit dem Mutterland und der Landeshauptstadt hat und daher
natürlich verkehrsmäßig sehr abgeschieden liegt. Das hat viele, vor allem aber
wirtschaftliche Nachteile für unseren Bezirk. So haben wir leider die höchste
Arbeitslosenrate Tirols, und auch der Tourismus stagniert wegen der mangelnden
Verkehrsanbindung.
Außerdem – und das ist mir ein besonderes Anliegen –: Wir
haben nur 50 000 Einwohner, sind aber ein eigener Wahlkreis, und es
ist uns nicht möglich, ein eigenes Mandat für das Parlament in Wien selbst zu
erringen. Daher möchte ich mich ganz herzlich beim Herrn Bundeskanzler dafür bedanken, dass er
mir durch einen Platz auf der Bundesliste die Möglichkeit gegeben hat, meinen
Bezirk hier im Parlament zu vertreten. (Beifall bei der ÖVP.)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 118 |
Ich bin seit neun Jahren Bürgermeisterin der Stadt Lienz und möchte mich
im Hohen Haus gemeinsam mit meinen Kollegen Gemeindevertretern, besonders mit
meinem Kollegen Jakob Auer, für die Anliegen der Gemeinden und im Besonderen
natürlich für die Anliegen der Gemeinden Osttirols einsetzen.
Ich freue mich auf
eine gute Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg in den Ausschüssen, und
dies würde auch das heute zu beschließende Budgetprovisorium betreffen. Wenn
ich daran erinnern darf: Im Jahr 2000 – das wurde heute schon
angesprochen – hat die SPÖ in verantwortungsvoller Weise dem
Budgetprovisorium zugestimmt. In verantwortungsvoller Weise deshalb, weil die
Bonität Österreichs auf den Finanzmärkten davon abhängt. Das haben ja die
Finanzexperten im Budgetausschuss auch bestätigt. Zahlen des Schadens wurden
heute auch schon genannt.
Ein Fehlen des
Budgetprovisoriums bedeutet natürlich auch, dass de facto jedem Österreicher und
jeder Österreicherin finanzieller Schaden zugefügt würde. Und wenn Sie, meine
Damen und Herren von der SPÖ und von den Grünen, heute diesem Provisorium nicht
zustimmen, schaden Sie damit allen Österreichern, allen
österreichischen Steuerzahlern – und vor allem auch Ihren eigenen Wählern.
(Widerspruch bei der SPÖ.) Doch, natürlich! (Beifall bei der ÖVP und
bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Ein weiteres
Anliegen, welches auch im Budgetausschuss behandelt wurde, ist für mich die
Alternativenergieförderung für die Gemeinden. Kollege Moser von der SPÖ
bezweifelte im Budgetausschuss die Sinnhaftigkeit dieser Förderungen, da sich
seiner Ansicht nach diese Investitionen nicht rechnen würden. – Dem möchte
ich ganz vehement widersprechen und auf die Bedeutung solcher Förderungen für
die Gemeinden, aber auch für die Umwelt und für ganz Österreich hinweisen.
Ich weiß, wovon
ich spreche, denn in Lienz wurde eines der größten Biomasseheizwerke Österreichs
errichtet. Ohne die Alternativenergieförderungen des Bundes wären wir dazu
sicherlich nicht in der Lage gewesen. Nicht nur dass die
Errichtung des Werkes und der Leitungen der regionalen Wirtschaft sehr viele
Aufträge beschert haben: Auch das Heizmaterial stammt heute zu 100 Prozent
aus dem Bezirk und aus der Region, wodurch natürlich sehr unsere Bauern und
unsere Holzwirtschaft gestärkt werden. Ich spreche von einem Anschlusswert von
36 Megawatt, an den 60 Prozent der Stadt Lienz angeschlossen sind. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
30 Millionen
Liter Öl werden durch Alternativenergien wie zum Beispiel Biomasse jährlich in
Österreich erspart, und das ursprüngliche Ziel, nämlich die Luftverbesserung
und damit auch das Erreichen des Kyoto-Zieles, ist noch gar nicht
berücksichtigt. Den ökologischen Nutzen dieser Investitionen werden wohl erst
unsere Kinder und unsere Enkelkinder quantifizieren können.
Meine Damen und
Herren! Die Alternativenergieförderung rechnet sich allemal. Insgesamt wurde
2001 der Biomassenahwärmebereich mit fast 5 Millionen €
gefördert – der Investitionsschub, den diese Förderung ausgelöst hat,
umfasst aber zirka 28 Millionen €.
Ich danke der
Bundesregierung daher, dass auch im kommenden Budget wieder diese Förderungen
beinhaltet sind und damit den österreichischen Gemeinden die Möglichkeit
gegeben wird, unmittelbar und vor Ort zum Nutzen der Bevölkerung, der Umwelt
und auch der Wirtschaft zu agieren. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
16.50
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gemeldet
ist nunmehr für eine Redezeit von 3 Minuten Herr Abgeordneter
Riepl. – Bitte.
16.51
Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Sehr verehrte Damen und Herren! Als leidenschaftlicher Wiener möchte ich einige Bemerkungen zur Rede des Herrn
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 119 |
Abgeordneten Maier von der ÖVP
machen. (Abg. Scheibner: Ich bin auch ein leidenschaftlicher
Wiener!)
Herr Abgeordneter
Maier hat Wien als Schlusslicht in Bezug auf die Arbeitsplatzsituation bezeichnet. –
Bezeichnend ist auch, dass er gerade jetzt den Saal verlässt, wenn man ihn von
Seiten der Opposition anspricht. Das ist sehr „nett“, Herr Abgeordneter, ich
bedanke mich dafür!
Dass Wien in der
Arbeitsmarktpolitik besser ist, darauf hat schon mein Kollege Hoscher hingewiesen.
Wien ist besser als andere Bundesländer, aber dass ein Wiener Abgeordneter der
ÖVP auf den Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds hinweist und kritisiert,
dass es dort eine Personal- und Kostenvermehrung gegeben hat, ist doch ganz
interessant. Herr Abgeordneter Maier, ich weiß nicht, warum Sie
verschweigen – Sie müssen es ja wissen –, dass alle Entscheidungen
im WAFF einstimmig erfolgen, dass Ihre Vertreter des ÖVP-Landtagsklubs im
Kuratorium allen Entscheidungen einstimmig zugestimmt haben, Forderungen
gestellt haben, was noch alles zu machen ist. Und Sie stellen sich hier her und
sagen, das ist alles nicht in Ordnung! Das ist unglaubwürdig, und ich denke,
das sollte auch dokumentiert werden. (Beifall bei der SPÖ.)
Sehr verehrte
Damen und Herren! Es ist nichts Neues, dass ÖVP-Abgeordnete auf Wien schimpfen,
ich verstehe es nur nicht. (Abg. Scheibner: Wenn man die SPÖ-Politik
kritisiert, schimpft man ja nicht auf Wien!) – Herr Scheibner, mit Ihnen spreche ich jetzt gar nicht (Heiterkeit), zu Ihnen komme ich noch später. (Beifall
bei der SPÖ.)
Ich wende mich
zuerst einmal an den Herrn Abgeordneten Maier. – Ich meine, Herr Abgeordneter,
Sie sollten Ihre Argumentation überlegen: Auf der einen Seite stimmen Ihre
Leute zu, und auf der anderen Seite kritisieren Sie, dass sie zustimmen. Das
ist eine Politik, die wahrscheinlich niemand in diesem Land versteht.
Herr Abgeordneter
Scheibner, Ihre ehemalige Frau Staatssekretärin hat auf die Jugendbeschäftigung
hingewiesen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf Folgendes hinweisen: Wir
haben in Wien 28 Prozent Nicht-Wiener, die beispielsweise im Magistrat
eine Lehrstelle haben. Das ist meines Erachtens doch eine ordentliche
„Entwicklungshilfe“ für andere Bundesländer, und das sollte man auch
berücksichtigen, wenn man von der Arbeitsmarktpolitik spricht.
Sehr verehrte
Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt das gesetzliche Budgetprovisorium. Es
geht dabei auch um die Entwicklung der Steuereinnahmen. Das, könnte ich mir
vorstellen, interessiert natürlich insbesondere auch unseren Finanzminister.
Steuerschulden, Steuerbetrug, Sozialbetrug spielen dabei eine immer größere
Rolle. Besonders alarmierend ist die Zunahme der Schwarzbeschäftigung in
unserem Land, bei der Arbeitnehmer oftmals als wirtschaftlich Schwache übrig bleiben,
die Sozialversicherung, der Staat, aber auch der Finanzminister um Einnahmen
betrogen werden und sich andererseits einige Unternehmer Profite –
illegale Profite, würde ich sagen – sichern.
Sehr verehrte
Damen und Herren! Deshalb ist die strafrechtliche Verfolgung von Schwarzbeschäftigung
mit mehr Ernsthaftigkeit als bisher zu betreiben, meine ich, und ich bringe
daher diesbezüglich folgenden Antrag ein, und ich ersuche um Ihre Zustimmung
hiezu:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Franz Riepl und KollegInnen betreffend die
strafrechtliche Verfolgung von Schwarzbeschäftigung
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit, der Bundesminister für Justiz, der Bundesminister für soziale
Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, sowie die Bundesministerin für
Gesundheit und Frauen werden aufgefordert, dem Nationalrat Regierungsvorlagen
zur Beschlussfassung vorzulegen, die folgende Maßnahmen beinhalten:
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 120 |
1. Sofortige
Anmeldepflicht der Dienstnehmer durch die Arbeitgeber bei den Gebietskrankenkassen
nach Abschluss des Dienstvertrages und flächendeckende Kontrollen durch Organe
der GKK in verstärktem Ausmaß.
2. Schaffung des
Straftatbestandes „Sozialbetrug“ und strafrechtliche Verfolgung von Betrügereien
gegenüber dem Steuer- und Sozialversicherungssystem, in wirkungsvoller, abschreckender
Weise.
3. Bei
öffentlichen Aufträgen dürfen nur Firmen berücksichtigt werden, die unter der
Einhaltung österreichischer Normen und dem österreichischen Arbeits- und
Sozialrecht ihre Preisgestaltung vorgenommen haben.
*****
Ich ersuche Sie,
diesem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)
16.55
Präsident Dr. Andreas Khol:
Der von den
Abgeordneten Riepl und GenossInnen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend
die strafrechtliche Verfolgung von Schwarzbeschäftigung ist hinreichend
unterstützt, steht mit in Verhandlung und wird abgestimmt werden.
Als letzter Redner
hiezu hat sich Herr Abgeordneter Böhm für 5 Minuten zu Wort
gemeldet. – Bitte.
16.56
Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen
und Herren! Auch ich halte heute meine Jungfernrede hier im Hohen Hause, und
ich bin stolz darauf, dass ich als erster Salzburger Abgeordneter für meine
Fraktion seit 1945 hier an dieser Stelle stehen darf.
Ich bin
Unternehmer aus der Stadt Salzburg, aber ich glaube, dass ich die Stadt
Salzburg nicht vorstellen muss. Salzburg ist eine der drei schönsten Städte
dieser Erde, wie allgemein bekannt, und es ist daher sicherlich nicht
notwendig, Ihnen Salzburg vorzustellen. (Ruf bei der SPÖ:
Mozartkugel!) – Danke für die Mozartkugel! (Heiterkeit und Beifall
bei der ÖVP.)
Wir Salzburger
Unternehmer wurden immer knapp bei Kasse gehalten und mussten uns deshalb
immer genau an Budget- und Bilanzdaten und -kriterien halten, um zu überleben.
So, wie das für uns Unternehmer gilt, gilt das letztendlich auch für den Staat.
Der Staat muss die entsprechenden Kriterien genauso einhalten und mit der
gleichen Genauigkeit kalkulieren, wie wir kleinen Unternehmer das immer schon
gewohnt waren.
Das für den
Maastricht-Vertrag relevante gesamtstaatliche Defizit nimmt der Finanzminister
mit 2,8 Milliarden € an. Das Maastricht-Defizit des Bundes wird laut
Grasser bei 1,6 Prozent liegen. Seitens der Länder rechnet er daher nur
mehr mit einem Überschuss von 0,3 Prozent, um das gesamtstaatliche Defizit
von 1,3 Prozent zu erreichen.
Die Erwartungen
des Ministers waren damit deutlich positiver als die der Wirtschaftsforscher,
die in den jüngsten Prognosen für das kommende Jahr ein Minus von 1,4 bis
1,6 Prozent erwarten. Den Prognosen Grassers liegt ein nach unten
korrigiertes Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent für 2003 zugrunde. Die
Defiziterwartungen für heuer liegen zwischen minus 1,8 Prozent laut
EU-Kommission und 1,5 Prozent laut Wifo und IHS. Für das kommende Jahr
werden Werte von minus 1,6 Prozent bis minus 1,4 Prozent angegeben.
Rüffel für
Budgetsünder Deutschland, Frankreich und Portugal, so hieß es erst
kürzlich. – Wollen Sie, dass Österreich so wie Deutschland, Frankreich und
Portugal an den europäischen Pranger gestellt wird? Wir wollen das nicht!
EU-Finanz- und Wirtschaftskommissar Pedro Solbes empfahl dem Finanzministerrat,
Deutschland und Portugal wegen ihrer hohen Budgetdefizite zu verwarnen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 121 |
Die deutsche
Wirtschaft ist im abgelaufenen Jahr nur um 0,75 Prozent gewachsen. Ein
Nulldefizit will Deutschland erst 2006 erreichen. Nun kam der „blaue Brief“
der EU, und dass seitens der EU diese Maßnahme gerade gegen das
rezessionsgeschüttelte Deutschland der Ära Gerhard Schröder ergriffen wird,
zeigt wieder einmal, dass Sozialdemokraten vieles können mögen, aber wirtschaften
ganz sicherlich nicht. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Wir wollen, dass
Österreich diese Rüge erspart bleibt. Daher ist es unabdingbar, eine dauerhafte
Budgetdisziplin gemäß dem innerstaatlichen Stabilitätspakt einzuhalten. Um
diese Situation zu verdeutlichen, meine sehr verehrten Damen und Herren,
erlaube ich mir, einen Leitartikel der „Salzburger Nachrichten“ vom
8./9. März vorzulesen:
„Wenn Österreich
heute mit Deutschland verglichen wird, geschieht dies vor allem zur Stärkung
des österreichischen Selbstwertgefühls. Das Resultat des Vergleiches wird gerne
so dargestellt: Im Gegensatz zum kranken Riesen steht der agile Zwerg
Österreich glänzend da.“
Und weiters: „Was
die Wirtschaft betrifft, hat diese Botschaft einiges für sich. Österreich ist
zur Zeit dem großen Nachbarn in vielen Belangen überlegen. Das
Wirtschaftswachstum ist stärker. Die Arbeitslosigkeit ist geringer. Österreich
hat seinen Staatshaushalt im Griff.“ – Zitatende. (Beifall bei der
ÖVP.)
Dazu noch ein paar
Zahlen: Arbeitslosenquote in Österreich: 4,1 Prozent, Jugendarbeitslosigkeit:
6,9 Prozent, in Deutschland 15,5 Prozent.
Es gibt Ziele, die
dazu da sind, um die vorgegebenen Budgets zu erreichen. Das sind: ein ausgeglichener
Haushalt über den Konjunkturzyklus, eine nachhaltige und deutliche Senkung der Abgabenquote,
die Sicherung des Pensions- und Gesundheitssystems, die Fortsetzung der
Verwaltungs- und Bundesstaatsreform, die Fortsetzung des Privatisierungskurses,
die Unterstützung der Anliegen der Klein- und Mittelbetriebe, die Erhöhung des
Rankings des Wirtschaftsstandorts, eine Strukturreform am Arbeitsmarkt und am
Kapitalmarkt und ein klares und deutliches Ja zur EU-Erweiterung. – Danke
sehr. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
17.01
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort hat sich
noch Herr Abgeordneter Öllinger gemeldet. 6 Minuten Redezeit. –
Bitte, Herr Abgeordneter.
17.01
Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr
Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Mein Redebeitrag war unabhängig von jenem des Kollegen Riepl geplant, aber da
Kollege Riepl einen Entschließungsantrag eingebracht hat, neu eingebracht hat,
den wir erst jetzt zur Kenntnis bekommen haben, gestatten Sie mir, dass ich
noch kurz darauf eingehe.
Wir haben kein
Problem, Herr Kollege Riepl, mit Punkt 1 und Punkt 3 Ihres Antrages.
Das Problem beginnt dort, wo Sie im Punkt 2 die Schaffung eines
Straftatbestandes Sozialbetrug und strafrechtliche Verfolgung von Betrügereien
gegenüber dem Steuer- und Sozialversicherungssystem in wirkungsvoller,
abschreckender Weise fordern.
Sozialbetrug:
Wer? – Der Justizminister meint, die Sozialbetrüger, das seien die kleinen
Leute, jene, die manchmal zu viel beziehen. Das schließen Sie leider nicht
eindeutig dabei aus. – Das ist der erste Punkt. Man müsste das klarer
fassen.
Der zweite Punkt:
die wirkungsvolle, abschreckende Weise, egal wen es betrifft, ob Arbeitnehmer
oder Arbeitgeber. Was ist ein Straftatbestand, der in wirkungsvoller,
abschreckender Weise vor Betrügereien schützt, oder eine Strafe, die in
wirkungsvoller, abschreckender Weise schützt? Sollen wir die Leute fünf oder
zehn Jahre lang einsperren? – Das kann es ja wohl nicht sein!
Der Bundesminister kann sich so etwas Ähnliches vorstellen – immer nur bezogen auf Arbeitslose, auf die „kleinen Leute“, um im Jargon der Freiheitlichen zu bleiben. Wir Grüne meinen,
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 122 |
dass das nicht dazu geeignet ist, die Zustimmung zu diesem Teil des
Antrages zu ermöglichen – leider, denn der Punkt 1 und der Punkt 3
wären völlig in Ordnung, sie beinhalten sinnvolle Maßnahmen und Ergänzungen,
um Schwarzbeschäftigung wirkungsvoll zu bekämpfen. Da braucht es mehr, dazu
bräuchte es vor allem eine Debatte und etwas mehr an Vorstellungen, auch an
Bereitschaft der verschiedenen Parteien, da wir ja dies nicht das erste Mal
diskutieren, um hier adäquate Antworten zu finden. Es tut mir Leid, aber wegen
Punkt 2 können wir nicht zustimmen.
Nun aber noch
einmal zum Budgetprovisorium. – Wir haben heute viel über das Budget
gehört, das Budget als die „in Zahlen gegossene Politik“ – so heißt es ja
immer wieder. Ein Provisorium dürfte demnach die in Zahlen gegossene provisorische
Politik darstellen, und manchmal kommt es einem so vor, als ob Sie es
darauf angelegt hätten, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Meine Kollegin
Sburny hat genauso wie Kollege Kogler darauf hingewiesen, dass einer der
Punkte, warum wir bei diesem Budgetprovisorium nicht mitmachen können und
wollen, die Kürzung der Ermessensausgaben um 5 Prozent ist, linear
drüberfahrend. Folgendes finde ich schon interessant und spannend: Da werden
Initiativen, die nicht einmal über eine mehrjährige Planung und Finanzierung
verfügen, weil Sie – oder ich kann es auch auf uns allgemein beziehen:
wir – es noch immer nicht geschafft haben, eine mehrjährige Planungs- und
Finanzierungsphase für Projekte, für Initiativen, die sehr wertvoll wären, zu
ermöglichen, die Mittel um 5 Prozent gekürzt. Das kann für manche
Initiativen das Aus bedeuten, und das wissen Sie auch. Bei einzelnen
Initiativen ist das bereits der Fall.
Es werden auch
einzelne Projekte nicht mehr gefördert, von denen alle hier im Haus sagen
würden, das ist sinnvoll. Es war vor wenigen Wochen ein Verein bei mir, der
wahrscheinlich auch bei allen anderen Parteien war, der Alleinerziehende
betreut. Dieser Verein hatte ein interessantes Projekt, scheitert aber jetzt
schon zum zweiten Mal daran, dass ihm erklärt wird, dass es kein Geld gibt in
diesen Zeiten, weder 2002 noch 2003. Und auf der anderen Seite – da, finde
ich, fängt Ihre provisorische Politik an – gibt es Geld für Projekte, bei
denen es darum geht, dass eine Gräfin Walderdorff arbeitslose Akademikerinnen
in Grand Hotels drei Tage lang schulen darf, wie sie sich am besten
bewerben. – Spannend!
Den arbeitslosen
Frauen beziehungsweise den Frauen beim Wiedereinstieg wird ein Prügel nach dem
anderen in den Weg gelegt, da werden Maßnahmen reduziert. Wenn aber eine Gräfin
daherkommt und sagt: Ich hätte da eine wunderbare Idee!, dann sagt der Herr
Sozialminister: Wunderbar, Frau Gräfin, kommen Sie nur mit der Idee! Und auch
die Frau Frauenministerin sagt: Darauf haben wir gewartet! Und das AMS sagt:
Mehr brauchen wir eigentlich nicht.
Eine Gräfin, die
drei Tage hindurch arbeitslose Akademikerinnen in Grand Hotels dieser Republik
schult, um sie auf ihre Bewerbung auf dem Arbeitsmarkt vorzubereiten –
sind das Ihre Vorstellungen, wie man mit dieser dramatischen Situation,
nämlich einer sinkenden Erwerbsquote von Frauen beim Wiedereinstieg,
zurechtkommt? Sind das wirklich die richtigen Antworten? Dass man Arbeitslose
in Grand Hotels bringt, wo sich die Arbeitslosen vermutlich nicht einmal den
Kaffee leisten können, wenn er nicht von der Frau Gräfin – was ich in
diesem Fall nicht annehme – spendiert wird, ist ein Armutszeugnis! (Beifall
bei den Grünen.)
Das alles ist
leider ein Ausdruck dessen, dass Ihre gesamte Politik ein Provisorium ist. (Beifall
bei den Grünen.)
17.08
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort ist niemand
mehr gemeldet.
Die Debatte ist geschlossen.
Der Herr
Berichterstatter wünscht offenkundig kein Schlusswort.
Wir gelangen nun
zur Abstimmung über den
Gesetzentwurf in 19 der Beilagen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 123 |
Hierzu haben die
Abgeordneten Auer, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen einen
Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.
Da nur dieser eine
Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und
Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des
Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages Auer, Dipl.-Ing. Prinzhorn,
Kolleginnen und Kollegen abstimmen.
Wer dafür seine
Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist
die Mehrheit und daher angenommen.
Wir kommen
sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die auch in dritter Lesung den vorliegenden Gesetzentwurf
bejahen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit.
Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.
Wir gelangen
nunmehr zur Abstimmung über eine Reihe von Entschließungsanträgen.
Zunächst stimmen
wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kogler und
Dr. Matznetter betreffend Einkommensteuersenkung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag
eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit
abgelehnt.
Wir gelangen
nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Abgeordneten Heinzl und Schasching betreffend Güterzugumfahrung
St. Pölten.
Wer dafür ist, den
bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit
abgelehnt.
Wir gelangen zur
Abstimmung über den Entschließungsantrag
der Abgeordneten Heinzl und Schasching betreffend Modernisierung des Bahnhofs
St. Pölten.
Wer diesem Antrag
die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch dieser Antrag
bleibt in der Minderheit und ist somit abgelehnt. (Abg. Dr. Gusenbauer –
in Richtung von Abgeordneten der ÖVP –: Na das sind „schöne“
Niederösterreicher! – Abg. Dr. Cap:
Stummvoll! – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig.)
Herr Abgeordneter
Heinzl hat einen dritten Entschließungsantrag betreffend
Lärmschutz an der A 1 im Bereich St. Pölten vorgelegt.
Wer für diesen
Entschließungsantrag eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist
wiederum die Minderheit und somit abgelehnt. (Abg. Dr. Gusenbauer:
Schlechte Niederösterreicher!)
Wir gelangen
nunmehr zum Entschließungsantrag des Abgeordneten Riepl betreffend die
strafrechtliche Verfolgung von Schwarzbeschäftigung.
Wer diesem Antrag
die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch dieser bleibt
in der Minderheit und ist somit abgelehnt.
Damit sind die
Abstimmungen erledigt.
2. Punkt
Bericht des
Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluss (III-2 der Beilagen) für
das Jahr 2001 (20 der Beilagen)
Präsident Dr. Andreas Khol:
Meine Damen und
Herren! Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 124 |
Auf die mündliche
Berichterstattung wurde verzichtet.
Zu Wort gemeldet
hat sich Frau Abgeordnete Mag. Trunk. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf
5 Minuten ein. – Frau Abgeordnete, ich erteile Ihnen das Wort.
17.11
Abgeordnete
Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Herr Minister! Eine knappe Vorbemerkung zum vorherigen
Tagesordnungspunkt sei mir erlaubt: Das Abstimmungsverhalten der „aufrechten
Sieben“ des noch nicht gegründeten Klubs des Kärntner Landeshauptmannes bei
der letzten Abstimmung kann ich nicht ganz nachvollziehen, denn die letzte
Regierung ist ja unter anderem deshalb auseinander gebrochen, weil es keine
Entlastung für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen in Österreich gab. (Beifall
bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Aber nun zum
Rechnungsabschluss. „Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget“ (Abg. Dr. Trinkl: Guter Satz!), frohlockte seinerzeit der frische, in
jedem Fall damals noch freiheitliche Finanzminister Karl-Heinz Grasser bei
seiner ersten Budgetrede am 18. Oktober 2000. Heute ziehen wir ein
Resümee.
Präsident
Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Brinek, Sie
telefonieren im Saal. Sie stehen damit auf der Liste. Beim nächsten Mal erteile
ich Ihnen einen Ordnungsruf.
Bitte, Frau
Abgeordnete Mag. Trunk, setzen Sie fort!
Abgeordnete
Mag. Melitta Trunk (fortsetzend): Heute ziehen
wir Resümee über die Auswirkungen des Budgets 2001. Erlauben Sie mir,
auch ein Resümee über das Marketing des Begriffes „Nulldefizit“ zu ziehen, ein
Begriff, der eigentlich ein Nicht-Begriff ist, weil es ihn im Bereich der
Finanzwirtschaft und -wissenschaft nicht gibt. Wir sind uns, denke ich, doch
alle zumindest darüber einig, dass es sich entweder um ein ausgeglichenes
Budget oder aber um ein Defizit handelt.
Herr
Finanzminister Karl-Heinz Grasser! Für dieses Marketing bekommst du ein „Sehr
gut“. Einen Nicht-Begriff so zu vermarkten, dass – leider – halb
Österreich daran glaubt, ist eine Glanzleistung. Allerdings: Für die
Auswirkungen des Budgets, Herr Finanzminister, bekommst du ein „Nicht
genügend“! (Beifall bei der SPÖ.)
Der Herr
Bundeskanzler freilich hat dieses „Nicht genügend“ falsch verstanden, er hat es
nämlich auf die Schule bezogen. Wenn man in der Schule ein „Nicht genügend“
bekommt, muss man sitzen bleiben – leider hat er Karl-Heinz Grasser
„sitzen lassen“! Das war die falsche Schlussfolgerung, Herr Bundeskanzler! (Neuerlicher
Beifall bei der SPÖ.)
Die Auswirkungen
haben zuerst die Menschen in Österreich knallhart gespürt, und dann die FPÖ als
Partei infolge der parteipolitischen Auswirkung der letzten Nationalratswahl
mit der Abwahl durch die Bürger und Bürgerinnen in Österreich. Herr
Finanzminister! Wenn Sie hier den Sparefroh, den Sparmeister der Nation
spielen, dann spielen Sie falsch, denn Sie wissen – der
Staatsschuldenbericht und auch die von Ihnen vorgelegten Berichte belegen
es –, dass es den Ländern und Kommunen gelungen ist, zu sparen, nicht aber
dem Bund! Ihnen, dem Bund, ist ein Defizit von 0,6 Prozent „gelungen“. Es
ist den Ländern und Kommunen zu danken, wofür Sie sich heute noch rühmen –
allerdings nur das Jahr 2001 betreffend.
Erlauben Sie mir
als Kärntnerin, einen Satz zu Wien zu sagen, weil besonders die Kollegen von
der ÖVP – Raiffeisen-Maier und Co – Wien sehr oft als schlechtes
Paradebeispiel anführen: Wie schaut es denn aus mit dem Sparwillen der Länder
und Kommunen? – Wien war Vorreiter! (Abg.
Ellmauer: Das glauben Sie ja selbst
nicht! ...!) Wien hat für Niederösterreich gespart, denn
Niederösterreich war gemeinsam mit Kärnten Spitzenreiter bei der Verschuldung
im Jahre 2001. Und wer ist dafür verantwortlich? – In
Niederösterreich ist das jemand, über den heute am Vormittag lange geredet
wurde, nämlich Pröll, in Kärnten ist dies der damals Noch-Parteikollege des
jetzigen Finanzministers Karl-Heinz Grasser, nämlich der Finanzreferent,
genannt: Karl Pfeifenberger. Das ist die Wahrheit und keine Behauptung!
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 125 |
Wie sieht es am
Ende des Tages mit einem ausgeglichenen Budget aus? Wie schaut es mit der
finanz- und wirtschaftspolitischen Klugheit von jemandem aus, der einem
Glaubensbekenntnis zu einem Zeitpunkt folgt, zu dem die Konjunktur stottert,
und der damit diese Konjunktur auch noch bremst? – Sehr klug ist das
nicht!
Ich habe zwar nur
wenige Minuten Redezeit, trotzdem kann ich dem Finanzminister das Folgende
nicht ersparen – ich werde schneller sprechen –: Karl-Heinz Grasser,
du hast wie ein Familienvater agiert, allerdings ein schlechter Familienvater.
Du hast beschlossen, an der Ausbildung der Kinder und an der
Gesundheitsversorgung zu sparen, du hast den Arbeitsplatz der Ehefrau
wegrationalisiert, am Ende hast du auch das Haus verkauft.
Aber was ist dabei
herausgekommen? – Die Schulden sind nicht getilgt (Bundesminister Mag. Grasser:
... unglaublich!), die Ehefrau ist arbeitslos und die Kinder sind dank
schlechter Ausbildung chancenlos. (Zwischenrufe
bei der ÖVP. – Abg. Nürnberger –
in Richtung Regierungsbank –: Bei euch habt ihr nicht gespart!)
Das ist die knappe
Verkürzung in der Sprache der Menschen in Österreich! (Beifall bei der SPÖ
und bei Abgeordneten der Grünen.)
Herr
Finanzminister! Ich quäle Sie nicht mehr damit, dass Sie sich früher der
Verkäufe und Privatisierungen gerühmt haben. Ich quäle Sie nicht mit der
Telekom, ich erinnere Sie nur: Übertragung von Seegrundstücken an die
Bundesforste, 400 Prozent Zinssteigerung. – 400 Prozent! Die
Tourismuswirtschaft in Kärnten wird es Ihnen danken. (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Minister! Ich
erspare Ihnen einiges, da meine Redezeit knapp bemessen ist, ich sage Ihnen und
Ihren Kollegen – den alten und neuen – auf der Regierungsbank nur
Folgendes – und das werden Sie verstehen, weil Sie diese Sätze
kennen –:
Das Einzige, was
euch zusammenhält, ist der Ankauf der Abfangjäger, die du, Karl-Heinz Grasser,
einmal „Kriegsgerät“ genannt hast.
Den Rest erspare
ich euch, für jetzt nur so viel: Erst dann, wenn ihr die letzte Steuer erhöht
haben werdet, erst dann, wenn die letzte Pension gekürzt sein wird, werdet ihr
begreifen, dass man Abfangjäger nicht essen kann. (Beifall bei
der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
17.18
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr
Abgeordneter Kurzbauer. Er wünscht eine Redezeit von 5 Minuten. –
Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort.
17.18
Abgeordneter
Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte
Damen und Herren! Hohes Haus! Die Regierung Schüssel I ist vor drei
Jahren angetreten, um eine Wende in der Budgetpolitik herbeizuführen. Eine
Wende in der Budgetpolitik bedeutet, Reformen einzuleiten. Es steht heute der
Rechnungsabschluss 2001 auf der Tagesordnung, und wir können feststellen, dass
die eingeleiteten Reformen in der Budgetkonsolidierung gegriffen haben.
Geschätzte Damen
und Herren! Erstmalig seit dem Jahre 1974, also vor fast 30 Jahren,
ist es im Jahre 2001 gelungen, keine neuen Schulden zu machen. Die
öffentlichen Haushalte Bund, Länder und Gemeinden haben einen Budgetüberschuss
von 0,3 Prozent des BIP erwirtschaftet. (Abg. Gradwohl: Und wie viel
davon hat der Bund erwirtschaftet?) Daher sollten wir heute auch den
Ländern und den Gemeinden ein herzliches Danke für ihren Beitrag zur
Budgetkonsolidierung aussprechen. (Beifall bei der ÖVP.)
Der
Budgetvoranschlag 2001 wurde zu einem Zeitpunkt erstellt, da die
Wirtschaftsforscher ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von
4,2 Prozent prognostiziert haben. Mittlerweile wissen wir, dass das
Wirtschaftswachstum zirka 2,6 Prozent des BIP betragen hat. Umso begrüßenswerter
ist es, dass trotz Abflachen des Wirtschaftswachstums ein Budgetüberschuss
erzielt wurde.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 126 |
Mittlerweile
wurden die entsprechenden Budgetzahlen für 2002 vom Finanzministerium bekannt
gegeben: Es gibt ein Minus von 0,6 Prozent. Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Das ist trotz der schwachen und abflachenden Konjunktur ein
hervorragendes Ergebnis! Nur zum Vergleich: Deutschland hat, wie heute bereits
erwähnt, ein Budgetdefizit von 3,7 Prozent, Frankreich von
3,1 Prozent. Der EU-Durchschnitt liegt bei minus 1,9 Prozent.
Geschätzte Damen
und Herren! Da Herr Kollege Matznetter davon gesprochen hat, dass keine
richtige Budgetkonsolidierung stattgefunden habe, in der Folge ein paar Zahlen:
Im Jahre 2001
verteilte sich die Konsolidierung auf zirka 50,7 Prozent auf der
Ausgabenseite und 49,3 Prozent auf der Einnahmenseite – also
fifty-fifty. Im abgelaufenen Jahr 2002 hingegen wurden bereits
64 Prozent des Konsolidierungsbedarfes ausgabenseitig und nur
36 Prozent einnahmenseitig gedeckt.
Geschätzte Damen
und Herren! Das heißt, wir können von einer gelungenen Strukturmaßnahme
sprechen, der Konsolidierungskurs wurde nachhaltig fortgesetzt!
Dies ist auch die
Voraussetzung dafür, dass das Regierungsprogramm des Kabinetts Schüssel II
erfolgreich umgesetzt werden kann. Es ist aber auch eine Voraussetzung für die
größte Steuerreform der Zweiten Republik, die mittlerweile vorbereitet wird und
auch umgesetzt werden soll. Noch in dieser Legislaturperiode sollen dafür
3 Milliarden € in zwei Etappen aufgewendet werden. Mit diesem
Reformpaket soll auch eine Senkung der Abgabenquote auf 42,9 Prozent bis
zum Ende der laufenden Legislaturperiode erreicht werden.
Das Ziel der
Regierung Schüssel II, nämlich ein ausgeglichener Haushalt über den gesamten
Konjunkturzyklus hinweg – das heißt, bei geringem Wachstum ein Defizit in
Kauf zu nehmen, bei mittlerem und starkem Wachstum hingegen Überschüsse zu
erzielen –, ist eine neue Qualität in der Budgetpolitik!
Abschließend darf
ich mitteilen, dass meine Fraktion diesem Rechnungsabschluss 2001 selbstverständlich
und gerne ihre Zustimmung erteilen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der Freiheitlichen.)
17.24
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort ist nunmehr
Herr Abgeordneter Mag. Kogler gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
17.24
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Ich liebe es, sechs Minuten zu sprechen und
dass das rote Licht dann zwei Minuten leuchtet und nicht immer blinkt, weil das
irritierend ist – aber wir werden uns darauf verständigen.
Die Perspektiven,
die soeben von meinem Vorredner von der ÖVP genannt wurden, kann ich naturgemäß
nicht sehen. Auffälliger aber ist, dass sie auch und vor allem die FPÖ-Fraktion
nicht sehen kann, denn der Finanzminister wird von ihr viel vehementer
kritisiert als etwa von den KollegInnen in der SPÖ-Fraktion oder auch von uns.
Frau Bleckmann hat erst unlängst im „profil“ gesagt, dass der
„Unsicherheitsfaktor“ in der Regierung Grasser heiße, er sei „das Problem“
und – ich zitiere –: „Den Weg, den er gegangen ist, würde ich nie
gehen.“
Also: Einigen Sie
sich einmal koalitionsintern, damit die nächste Weichenstellung nicht wieder
Knittelfeld heißt und die Entgleisung in der Folge die ganze Republik
behelligt! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Mainoni: Ihr Chaos! Ihr Chaos bei den
Regierungsverhandlungen! Da täte ich nichts sagen! ...!) – Es ist ja bekannt, dass das
eine Eisenbahnerstadt ist!
Zum
Bundesrechnungsabschluss: An sich sind die Argumente ausgetauscht. – Herr
Finanzminister, ich weiß nicht, ob Sie heute noch „lustig“ sind und das so genannte
Nulldefizit nachträglich bejubeln werden, der entscheidende Punkt ist
jedenfalls, dass die Erreichung eines leichten Budgetüberschusses im
Jahre 2001 in erster Linie durch die höchste Steuer- und Abgabenquote in
der Geschichte der Republik – wenn man so will – „erkauft“ wurde.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 127 |
Dabei ist das
jetzt noch gar nicht die Tragödie. Wir, die Grünen, sind
ja gar nicht der Meinung, dass das Heil darin liegt, ob die Steuer- und
Abgabenquote bei 42,9, 43,5 oder wie viel Prozent auch immer liegt. Das ist Ihre
eigene Ideologie, die Sie permanent verkünden. Daher haben Sie sich daran auch
messen zu lassen.
Und das, was Sie
als Nulldefizit verkaufen, ist auf der anderen Seite eben erkauft worden. Diesen
Widerspruch sollten Sie erklären. Es hilft aber überhaupt nichts, wenn Sie, wie
heute schon erwähnt wurde, die berühmte Laufschrift in der Himmelpfortgasse
abblenden, plötzlich das Jahr 2010 als neue Zielperspektive entdecken und
einfach „40 Prozent“ hinschreiben.
In Wirklichkeit
geht es nämlich darum, dass man sich anschauen muss, welche Maßnahmen gesetzt
wurden – und dann ist ein Zehntel plus/minus bei der Steuerquote gar nicht
mehr das Problem, denn für das Jahr 2001 ergibt sich bei dieser
Sichtweise, dass diese Steuer- und Abgabenerhöhungen nicht beliebig verteilt,
sondern wieder die so genannten schwächeren Einkommensschichten in der
Relation stärker belastet waren. Das behaupte nicht nur ich – das wird Sie
mittlerweile schon langweilen, weil wir das ja dauernd sagen –, sondern
auch Helmut Kramer in den Wifo-Monatsberichten sagt, dass diese Maßnahmen 2001
einen relativ starken regressiven Effekt gehabt hätten. – Ich erspare
Ihnen aus zeitlichen Gründen das vollständige Zitat.
Abschließend
möchte ich betonen, dass auch die Frage der Investitionen, die wir ja bereits
bei der Debatte über das Budgetprovisorium besprochen haben, tangiert ist, wenn
gleichzeitig und überall gespart wird. Es wurden vorhin die Gemeinden erwähnt.
Wir haben, was Länder und Gemeinden betrifft, wirklich sehr weit reichende
Vorstellungen hinsichtlich Einsparungen auf Verwaltungsebene, aber was mit den
letzten Finanzausgleichsverhandlungen ausgelöst wurde, ging wenig in diese
Richtung! Letztlich wurde nämlich bei den investiven Ausgaben gespart, und
genau damit wird das Problem nun endgültig schlagend. In Zeiten des
Wirtschaftsabschwungs wird damit eine konzertierte Sparwelle ausgelöst!
Dabei geht es auch
nicht um Kleinigkeiten, da die Summe aller Investitionen der Gemeinden sehr
viel ausmacht, und zwar jener Investitionen, die tatsächlich im regionalen
Wirtschaftskreislauf bleiben, während höhere investive Ausgaben mittlerweile
europaweit ausgeschrieben werden müssten. Genau Ihre Gemeinden, auf die
Sie sich immer berufen, werden damit quasi kurz gehalten, aber eben nur auf
Grund der Tatsache, dass die viel zitierten Verwaltungsreformen nicht zum
Durchbruch kommen. Sie sollten sich daher einmal in Ihren eigenen Reihen
durchsetzen!
Es wäre auch
sinnvoll, einen Teil der Steuerreform jetzt vorzuziehen und den Rest meinetwegen
davon abhängig zu machen, wie erfolgreich Sie bei den
Finanzausgleichsverhandlungen gegenüber den Bundesländern sein werden. Das wäre
tatsächlich eine innovative Angelegenheit, hiebei hätten Sie unsere
Unterstützung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Cap: Leistungsanreize!)
Bei diesem Teil
der Steuersenkung hätten wir dann plötzlich den gleichen Text, Herr Bundesminister,
nämlich: Da muss erspart werden! – Aber einen sinnvollen Teil vorzuziehen,
sollten Sie nicht länger ablehnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und
bei Abgeordneten der SPÖ.)
17.29
Präsident Dr. Andreas Khol:
Nunmehr kommt Herr
Abgeordneter Bucher zu Wort. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten
eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Cap: Leistung
muss sich wieder lohnen, Herr Finanzminister!)
17.29
Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrte
Herren Präsidenten! Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Es ist richtig
schicksalhaft, dass ich immer auf Herrn Abgeordneten Kogler antworten muss. (Abg. Mag. Mainoni: Das ist wirklich ein Schicksal, das ...!) Aber es
gibt so etwas wie eine „bilaterale Achse“ zwischen uns beiden, die sollte man
in nächster Zukunft einmal erörtern.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 128 |
In alter
Verbundenheit darf ich heute den Herrn Finanzminister verteidigen, da er mit
dem Rechnungsabschluss 2001, den wir nun diskutieren, wirklich sein
Meisterstück erbracht hat. Ich habe bewusst „Meisterstück“ und nicht
„Lehrstück“ gesagt, da es das Ergebnis einer zehnjährigen FPÖ-Aufbauarbeit ist,
was du uns heute hier präsentierst.
Das Nulldefizit,
Frau Kollegin Trunk, ist aus meiner Sicht schon etwas Besonderes, weil nach
27 Jahren ... (Abg. Mag. Trunk: Wortschöpfung!) –
Ja, nicht nur eine Wortschöpfung, sondern auch (Abg. Mag. Trunk:
Ein Schlagwort!) ein Schlagwort, mit dem man heutzutage etwas anzufangen
weiß. Es ist ja ein Nulldefizit nicht immer gleichzusetzen mit einem
Schuldenabbau, wie dies irrtümlicherweise öfters geschieht, denn die Schulden
sind auch weiterhin von 130 Milliarden auf 132 Milliarden €
gestiegen. Das sollte man nicht außer Acht lassen.
Aber dennoch zu
zwei Dingen, die mir beim Rechnungsabschluss 2001 besonders aufgefallen sind.
Bemerkenswert ist, dass dieser Erfolg trotz eines geringen Wirtschaftswachstums
zustande gekommen ist, wenn man bedenkt, dass man von 4,2 Prozent
ausgegangen ist und sich am Jahresende das Wirtschaftswachstum bei
2,6 Prozent eingependelt hat und ein geringer Anstieg der
Arbeitslosenquote um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr erfolgt ist. Das
musste verkraftet werden. Positiv ist natürlich die Senkung des
Leistungsbilanzdefizits um 0,5 Milliarden €.
Zweitens ist es
gelungen, auch strukturell etwas am Budgetkurs der Bundesregierung, am Konsolidierungskurs
zu verändern. Das ist in jeder Hinsicht gelungen und positiv zu bewerten. Zur
Gegenüberstellung mit dem Jahr 1995 – das finde ich schon bemerkenswert –:
Im Jahr 1995 haben wir noch bei einem Defizit von
2,17 Milliarden € gehalten, und im Jahr 2001 ist es uns, wenn
man das Ganze betriebswirtschaftlich ausdrückt, gelungen, einen Gewinn von
5,7 Milliarden € zu erzielen.
Diese
Defizitentwicklung sieht man hier an der Chartdarstellung des
Bundesministeriums für Finanzen sehr gut. (Der Redner zeigt eine Graphik.) Hätte
die Bundesregierung nicht rechtzeitig die Konsolidierung eingeleitet, würden
wir heute bei einem Defizit von 3,7 Prozent stehen und somit die
Maastricht-Kriterien verfehlt haben.
Das ist in etwa
der Budgetkurs und der Konsolidierungskurs, den uns die Bundesrepublik
Deutschland vorführt. Wir sehen ja, wohin Rot-Grün führen kann. (Beifall bei
den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sage und schreibe
4,7 Millionen Arbeitslose! Das Arbeitslosengeld nimmt beim Bundeshaushalt
in Deutschland bereits ein Drittel der Ausgaben ein. Es gibt bis zu
40 000 Unternehmenskonkurse pro Jahr. Dieser „blaue Brief“, meine
sehr geehrten ...
Präsident Dr. Andreas Khol:
Frau Abgeordnete
Mikl-Leitner! Sie kommen auch auf die Liste mit dem Handy. Das nächste Mal gibt
es einen Ordnungsruf.
Bitte, Herr
Abgeordneter, setzen Sie fort!
Abgeordneter Josef Bucher (fortsetzend): Diese
Entwicklung ist uns in Österreich Gott sei Dank dank der Weitsicht der
Bundesregierung und natürlich auch des Herrn Bundesministers erspart geblieben.
(Beifall bei den Freiheitlichen.)
Ja, natürlich ist
die Steuerquote zu hoch. Maßnahmen zur Senkung wurden auch rechtzeitig in
Angriff genommen, aber die Anspruchsverzinsung und die Vorauszahlungen sind
Einmaleffekte, wie man es auch auf dieser Darstellung sehr gut sieht. (Der
Redner zeigt eine Graphik.) Es pendelt sich die Steuer- und Abgabenquote im
Jahr 2002 wieder auf das Maß der Vorjahre ein. Somit gibt es in diesem
Bereich eine Steuer- und Abgabenquote, die sich wieder normalisiert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden in der Bundesregierung immer als jene bezeichnet, die eine gewisse soziale Kälte ausstrahlen. Ich habe hier einen Kontoauszug eines Rentenbeziehers aus dem Jahr 1995, der damals noch 12 954 S erhalten hat, während er im
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 129 |
Juli
2001 13 457 S bekommen hat. Also von sozialer Kälte ist hier
nicht viel zu sehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten
der ÖVP.)
Österreich
befindet sich mit dieser Bundesregierung auf dem richtigen Weg, auf dem
richtigen Kurs. Die Vorsorge für eine Offensive im Bereich der Wirtschaft ist
weitestgehend getroffen, für mehr Bildung, mehr Forschung und Entwicklung, mehr
Infrastruktur. Das Wachstum für die Zukunft ist gesichert. (Beifall bei den
Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
17.35
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort ist nunmehr
Herr Bundesminister Mag. Grasser gemeldet. – Bitte.
17.35
Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und
Herren Abgeordneten! Hohes Haus! Österreich hat 30 Jahre lang jedes Jahr
neue Schulden gemacht. Unabhängig davon, ob es eine wirtschaftliche Schwäche
oder eine Hochkonjunktur gegeben hat – das heißt, die Wirtschaft ist
gelaufen, hohe Beschäftigungsquote, hohe Unternehmensgewinne –, hat man in
Österreich in diesen letzten fast 30 Jahren jedes Jahr neue Schulden
gemacht.
Das hat dazu
geführt, dass wir im Jahr 2000 eine Finanzschuld von etwa
121 Milliarden € übernehmen mussten, die Zinszahlungen in einer
Größenordnung von 7,3 Milliarden € mit sich bringt. Jeden Tag zahlen
wir 20 Millionen € an Zinsen. Und wenn ich sage, wir zahlen es, dann
ist das natürlich der Steuerzahler. Wir alle zahlen über höhere Steuern und
Abgaben diese Zinsen für diese sehr hohen Finanzschulden, die da angefallen
sind.
Deswegen war es
notwendig und richtig, dass wir in der Bundesregierung während der letzten
Legislaturperiode, im Kabinett Schüssel I gesagt haben: Wir brauchen eine
stabilitätsorientierte Finanzpolitik, wir brauchen eine Finanzpolitik, die in
der Lage ist, internationale Verpflichtungen wie den Stabilitäts- und
Wachstumspakt einzuhalten. Wir brauchen eine Finanzpolitik, die nicht
Belastungen unverantwortlich in die Zukunft, auf nächste Generationen
verschiebt, sondern die fair und gerecht das Aufrechterhalten eines
Generationenvertrags ermöglicht, und eine Finanzpolitik, die auf der einen
Seite Mittel langfristig anlegt und Investitionen in Forschung und Entwicklung,
in Bildung, in Infrastruktur und damit in Wachstumspolitik ermöglicht, und auf
der anderen Seite die Voraussetzung ist für nachhaltige Entlastung, der wir uns
auch verpflichtet haben. Daher eine richtige Finanzpolitik, wichtig für
Österreich – eine Wende in der Finanzpolitik, die wir angestrebt haben.
Meine Damen und
Herren! Wenn man nun den Bundesrechnungsabschluss 2001 betrachtet, dann muss
man sagen, es hat erstmals eine Bundesregierung gegeben, die sich ein transparentes
Ziel gegeben hat, ein klar überprüfbares und messbares Ziel. Wir haben im
Jahr 2000, als wir angetreten sind, gesagt, wir wollen einen
ausgeglichenen Haushalt über den Konjunkturzyklus zustande bringen und wir
wollen im Jahr 2002 erstmals seit mehr als 30 Jahren in Österreich
wieder ein Nulldefizit erreichen.
Wir haben dieses
Nulldefizit bereits im Jahr 2001, also ein Jahr früher als geplant,
erreicht. Es ist heute mehrfach der Satz gefallen, den ich zwei Mal in einer
Budgetrede bringen durfte, nämlich: „Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten
Budget.“ Voller Überzeugung sage ich, das Jahr 2001 steht symbolhaft für
ein saniertes Budget, ist der Beweis dafür, dass die Wende in der Finanzpolitik
gelungen ist und dass uns diese Wende möglich war für den Steuerzahler, für die
Republik Österreich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren von der Opposition! Wenn Sie ehrlich sind, das ist ein bisschen eine
Frage an Sie (Abg. Dr. Glawischnig: Wir sind immer
ehrlich! – Abg. Gradwohl: Sind wir immer!) – Sie sind
immer ehrlich, das habe ich auch unterstellt –, dann müssen Sie wahrscheinlich
zugeben, dass Sie erstens überrascht waren, dass die Bundesregierung
Schüssel I den Mut hatte, zu sagen, wir setzen uns ein derart ehrgeiziges,
ambitioniertes Ziel und wir sagen ganz offiziell: Ziel ist das Nulldefizit im
Jahr 2002. Ich glaube, das hat Sie damals überrascht.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 130 |
Ich glaube
zweitens, Sie müssen zugeben, niemand von Ihnen hat uns zugetraut, dass wir
dieses Ziel auch tatsächlich erreichen werden. 2001 zeigt schwarz auf weiß, wir
haben dieses Ziel erreicht. (Abg. Dr. Glawischnig: Um welchen
Preis!) Ich möchte mich – wie das auch vor mir andere Redner getan
haben – bei allen bedanken, die zu diesem Zustandekommen und zu dieser
Zielerreichung auch beigetragen haben. Das heißt: Danke den Steuerzahlern,
danke den Arbeitnehmern, danke der Wirtschaft, weil sie diese Finanzpolitik mit
Hausverstand von Beginn an in sehr hohem Ausmaß mitgetragen haben, danke auch
jenen, die uns bei den ausgabenseitigen Reformen geholfen haben.
Meine Damen und
Herren! Wir haben mehr als 70 Verwaltungsreformprojekte alleine auf Bundesebene
im Laufen. Es ist nicht selbstverständlich, dass die öffentlich Bediensteten
hier so mitziehen und mit versucht haben, die Staatsausgaben entsprechend zu
reduzieren.
Ich danke
natürlich auch den Ländern, Städten und Gemeinden, weil sie mit ihren Überschüssen
auch einen großen Beitrag dazu geleistet haben, dass wir gesamtstaatlich diesen
Überschuss von 0,3 Prozent des BIP zustande bringen konnten.
Ich danke
natürlich auch Ihnen, meine Damen und Herren, die Sie uns auf gesetzlicher
Ebene in die Lage versetzt haben, diese Budgetpolitik mit den einzelnen
Maßnahmen umzusetzen, sodass wir diese Ziele auch erreichen konnten. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Natürlich ist auch einiges an Kritik gekommen, und selbstverständlich
kann man fragen: Wie habt ihr das erreicht, wie war das auf der Einnahmenseite,
welche Einmaleffekte waren mit dabei und wie schaut das im Detail aus? – Das
kann man auch machen, das ist auch gerechtfertigt.
Ich habe trotzdem
gehofft, sage ich dazu – vielleicht ein bisschen illusionär –, dass
auch von der Opposition eine Akzeptanz, eine Anerkennung für die große Linie
gegeben ist, weil ich bei Ihnen auch mitbekommen habe, dass man einmal gesagt
hat: Das Nulldefizit in die Verfassung aufnehmen! Ein weiteres Mal hat man im
Wahlkampf inseriert und gesagt: Auch die Sozialdemokratie steht für eine
Politik, mit der man den ausgeglichenen Haushalt über den Konjunkturzyklus
verfolgt.
Wir wollten nicht
für Alfred Finz und für meine Person diese Anerkennung in Anspruch nehmen. Ich
glaube nur, dass es für das Land wichtig ist, weil diese Finanzpolitik, diese
Wirtschaftspolitik der richtige Weg für Österreich ist – ein Weg für mehr
Wachstum, für mehr Arbeitsplätze und für mehr Wohlstand in unserem Land. Daher
glaube ich, dass man diese parteipolitische Größe, auch über die Grenzen
hinwegzugehen, haben und sagen sollte: Das ist der richtige Weg für Österreich.
(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Wir sind zu Beginn des Jahres 2000 angetreten: Da war Österreich
in der Finanzpolitik die Nummer 15 von 15 Mitgliedstaaten der
Europäischen Union. Wir waren das Schlusslicht in der Europäischen Union, was
das Defizit betrifft. (Abg. Dr. Niederwieser: Blödsinn!) Wir
waren im Jahr 2001 bereits die Nummer 7 in der Europäischen Union.
Wir haben uns innerhalb von zwei Jahren um acht Plätze nach vor geschoben und
haben diesen Überschuss von 0,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts
zustande gebracht, während der Durchschnitt der Europäischen Union, der
anderen 14 Mitgliedstaaten, bei einem Defizit von 0,9 Prozent
gelegen ist. Das heißt: 0,9 Prozent Defizit zu 0,3 Prozent Überschuss
in Österreich. Andere Länder: Deutschland 2,8 Prozent Defizit, Portugal
4,2 Prozent Defizit, Frankreich 1,4 Prozent Defizit. Das heißt, wir
haben es gemeinsam geschafft, Österreich wieder in die Reihe der finanzpolitisch
stabilen Staaten einzureihen, und das war ein extrem wichtiger Erfolg, den wir
erringen konnten (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen) – ein
Erfolg, der – ob das die OECD ist, ob das der Internationale Währungsfonds
ist, ob das die Kommission der Europäischen Union ist – auch anerkannt
worden ist. Es wurde vielfach festgestellt, dass Österreich eine dramatische
Verbesserung seiner öffentlichen Finanzen zustande gebracht hat.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 131 |
Das heißt, wir
haben nicht zugewartet, sondern wir haben angepackt, wir haben gehandelt und
wir haben eine Fülle von Maßnahmen gesetzt, damit wir diese ehrgeizigen
Zielsetzungen auch tatsächlich erreichen konnten.
Meine Damen und
Herren! Die Ausgabenseite wurde oft kritisiert. Beispiel in der
Personalpolitik: Wir haben 11 430 Planstellen in den letzten drei
Jahren, also in der letzten Legislaturperiode, abgebaut – 11 430! Es
hat in einer Reihe von Ministerien keine Pragmatisierungen mehr gegeben. Wir
haben Verwaltungsreformmaßnahmen beschlossen, die Einsparungen von 1,6 Milliarden €
auf der Ausgabenseite erbringen. Wir haben die Zentralstellen über alle
Ressorts hinweg reformiert, haben 13 Sektionen eingespart, haben
54 Gruppen eingespart, haben 121 Abteilungen eingespart, haben
225 Referate eingespart. Das heißt, man sieht, wir sparen in der
öffentlichen Verwaltung, wir versuchen alles, damit wir uns einen Spielraum
aufmachen können für die Entlastung.
Wir haben wichtige
Strukturreformen für Österreich gesetzt. Bundesministerin Gehrer hat die
Universitätsreform umgesetzt. Wir sind die Pensionsreform schon im
Jahr 2000 angegangen. Wir haben mit der Mitarbeitervorsorge einen
wichtigen Punkt für die Arbeitnehmer setzen können. Wir haben eine neue
Pensionsvorsorge als dritte Säule umgesetzt. Wir haben mit dem Kinderbetreuungsgeld
ein extrem wichtiges Signal für die Familien, für die Kinder gesetzt und sind
damit Europameister in der Familienförderung. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Wir haben
natürlich auch rechtzeitig erkannt, dass man versuchen muss, den kleinen nationalen
Spielraum, den wir in Österreich selbstverständlich haben, um zu versuchen,
besser dazustehen als andere Länder, zu nutzen, und haben in Forschung und
Entwicklung investiert. Es ist gesagt worden, wir haben bei Forschung und
Entwicklung gespart. – Meine Damen und Herren! Noch nie ist mehr Geld für
Forschung und Entwicklung, für Bildung und für Infrastrukturinvestitionen
ausgegeben worden als in der letzten Legislaturperiode, weil wir gewusst haben,
das ist wichtig für Wachstum und Beschäftigung in Österreich!
Wir haben im
Dezember 2001, als man gesehen hat, es gibt eine Konjunkturverflachung,
das erste Konjunkturpaket beschlossen, haben einen Forschungsfreibetrag von
10 Prozent auf breiter Basis eingeführt, haben den Bildungsfreibetrag von
9 auf 20 Prozent erhöht und haben eine vorzeitige Abschreibung von
7 Prozent zusätzlich zu den bestehenden 3 Prozent – also
10 Prozent in Summe – gerade für Klein- und Mittelbetriebe
eingeführt. Wir haben Steuerbegünstigungen, die es für Neugründungen gibt, auch
auf Betriebsübertragungen ausgeweitet und haben damit, meine Damen und Herren,
einfach saniert, wir haben reformiert. Wir haben eine gute Basis für Österreich
geschaffen.
Man möge sich nur
die Eckwerte 2001 ansehen: Wir hatten im Jahr 2001 ein Wachstum von
0,7 Prozent, was mehr ist, als der europäische Schnitt es war, und was
deutlich mehr ist als zum Beispiel das deutsche Wachstum. Wir hatten im
Jahr 2001 eine Beschäftigungsrate von 3 078 000 Personen,
das war der höchste Stand in der Geschichte der Zweiten Republik. (Abg.
Dr. Niederwieser: Rekordarbeitslosigkeit!) Sie mögen es gering
schätzen, wir freuen uns über den höchsten Beschäftigtenstand in der Geschichte
der Zweiten Republik, den es im Jahr 2001 gegeben hat. (Beifall bei der
ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Und wir freuen
uns, darf ich Ihnen gleichzeitig sagen, über den niedrigsten Arbeitslosenstand,
den es mit 138 000 Arbeitslosen gegeben hat – 3,6 Prozent,
der drittniedrigste Wert in der Europäischen Union, den wir 2001 erreichen
konnten.
Die
Unternehmensgründungen sind angestiegen von 23 000 auf 26 000 im
Jahr 2001. – Das heißt, was ich sagen will, ist: Weil wir reformiert
haben, weil wir in Österreich die Reformen umgesetzt haben, stehen wir heute
wesentlich besser da als Deutschland und wesentlich besser als Frankreich.
Sehen Sie sich die Zahlen an, die heute vom Wirtschaftsforschungsinstitut für das Jahr 2002 veröffentlicht wurden: Österreich hat ein Wachstum von 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, Deutschland hat ein Wachstum von 0,2 Prozent, die Niederlande haben ein Wachstum von
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 132 |
0,2 Prozent, der Durchschnitt der
Europäischen Union ist 0,8 Prozent. – Österreich ist, weil wir eine
kluge, wachstumsorientierte Politik gemacht haben, stärker gewachsen als der
Durchschnitt der Europäischen Union. Wir stehen besser da als all diese
Länder, das ist eine tolle Leistung! Ich glaube, wir sollten den Arbeitnehmern,
wir sollten der Wirtschaft, wir sollten den Unternehmern gratulieren, dass das
in einem kleinen Land möglich war. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Lassen Sie mich
abschließen: Wir waren viel unter Kritik, was die einnahmenseitige versus
ausgabenseitige Sanierung des Staatshaushaltes betrifft. Ich habe mir das noch
einmal angesehen: Wenn man das Jahr 2001 isoliert betrachtet, in dem wir
Vorzieheffekte auf der Einnahmenseite hatten, dann kommt man natürlich zu
anderen Werten, aber ich glaube, wichtig und repräsentativ ist, wenn wir die
Jahre 2000 bis 2002 betrachten. Schauen wir uns diese Entwicklung
an!
Da kommt man
drauf, das Defizit – auch angesprochen von Günter Stummvoll –, das
wir übernommen haben, war 2,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts –
2,3 Prozent Defizit bei einer Abgabenquote von 44,4 Prozent! Wir
haben im Jahr 2002 ein Defizit von 0,6 Prozent bei einer Abgabenquote
von 44,6 Prozent erreicht. Das heißt, wir haben das Defizit von
2,3 Prozent auf 0,6 Prozent zurückgeführt, also um 1,7 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts reduziert und gleichzeitig die Abgabenquote um nur
0,2 Prozentpunkte angehoben. Das heißt, meine Damen und Herren,
1,5 Prozent von einem gesamten Verbesserungserfolg von 1,7 Prozent
haben wir auf der Ausgabenseite zustande gebracht. Ich glaube, das ist ein
riesiger Erfolg für die Bundesregierung, dass uns das gelungen ist! (Beifall
bei der ÖVP.)
Man muss dabei
noch sehen, dass es im Jahr 1999 ein Wachstum gegeben hat, das über
2 Prozent gelegen ist, und dass wir eben im Jahr 2002 ein Wachstum
von einem Prozent hatten! Das heißt, bei schwächerem Wachstum riesige Erfolge
auf der Ausgabenseite und damit, so glaube ich, über einen Dreijahreszeitraum
signifikante Fortschritte in der Konsolidierung unseres Staatshaushaltes. Das
ist der Punkt, mit dem ich auch schließen möchte.
Sie können sicher
sein, dass wir alles tun werden, um diese Konsolidierung fortzusetzen, weil die
Konsolidierung der Staatsfinanzen auch der Weg und die Voraussetzung dafür ist,
dass uns eine nachhaltige Entlastung gelingen kann.
Die Entlastung ist
angesprochen worden, es gab einen Antrag zur Abstimmung. – Meine Damen und
Herren! Sie werden sehen, wie ernst Sie uns nehmen können, wenn Sie sich am
Montag die Budgetbegleitgesetze ansehen werden, die in Begutachtung gehen. Dort
wird nämlich die erste Etappe der Steuerreform 2004 enthalten sein, dort
wird die Steuerfreistellung einer Jahresbemessungsgrundlage von
14 500 € brutto enthalten sein. Damit werden 180 000 bis
200 000 Österreicherinnen und Österreicher komplett aus der
Steuerzahlung herausgeführt. Es werden mehr als 2 Millionen Österreicherinnen
und Österreicher profitieren! Wir werden die nicht entnommenen Gewinne für die
Klein- und Mittelbetriebe entsprechend steuerlich begünstigen – nicht
entnommene Gewinne Halbsatzverfahren, mindestens 20 Prozent Steuerzahlung –,
wir werden die 13. Umsatzsteuervorauszahlung endlich abschaffen, und wir
werden die Lohnnebenkosten gerade für ältere Arbeitnehmer reduzieren, weil es
uns wichtig ist, dass man hier begleitend zur Pensionsreform auch
Beschäftigungsimpulse setzen kann.
Abschließend: Wir
können uns über den besten Bundesrechnungsabschluss seit fast 30 Jahren
freuen. Wir werden drei wesentliche Ziele auch weiterhin mit aller Kraft
vorantreiben: erstens einen ausgeglichenen Haushalt über den Konjunkturzyklus;
zweitens eine große, nachhaltige Entlastung mit der Zielsetzung einer
Nettoentlastung in der Höhe von 3 Milliarden € in dieser
Gesetzgebungsperiode und drittens das Umsetzen einer Wachstumspolitik für
Österreich. Insgesamt gesehen ist das also eine sehr gute Politik für
Österreich, die, wie ich hoffe, über die Parteigrenzen hinweg Unterstützung
finden wird. – Vielen Dank. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
17.51
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 133 |
Präsident Dr. Andreas Khol:
Als nächster Redner
zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gradwohl. 5 Minuten
Redezeit. – Bitte.
17.51
Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Meine Herren Präsidenten!
Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Finanzminister, ich habe Ihre
Worte bei einer der Debatten zum Budgetbegleitgesetz noch im Ohr. Damals
sprachen Sie von Ihrem „Traum“. – Wenn ich Ihnen heute zugehört habe, dann
habe ich das Gefühl, Sie sind noch immer nicht erwacht. Ich werde Ihnen auch
sagen, warum, Herr Bundesminister! (Beifall
bei der SPÖ.)
Herr
Bundesminister, Sie haben hier die wunderbarsten Zahlen für Österreich
geschildert und gemeint, wie hervorragend die Politik dieser Bundesregierung
war. Ich werde das nicht mit Zahlen machen, sondern ich nehme einfach Anleihe
bei Ihrer ehemaligen Parteikollegin und ehemaligen Regierungskollegin, Kollegin
Rossmann. Was hat Frau Kollegin Rossmann vor kurzer Zeit hier in der Debatte
angeführt? (Abg. Öllinger: Keine Ahnung!) – Die
Lohnpfändungen haben zugenommen. Die Menschen leiden unter Belastungen und
können sich das normale Leben nicht mehr leisten, weshalb die Lohnpfändungen
zunehmen.
Herr Finanzminister!
Was glauben Sie, wer dafür verantwortlich ist? – Sie mit
Ihrer Budgetpolitik, mit Ihrer Finanzpolitik und der gesamten
Regierungspolitik sind dafür verantwortlich. (Beifall bei der SPÖ.)
Daher bitte ich
Sie, aus dem Traum zu erwachen und die Realität anzuerkennen. Es hilft nichts,
wenn man in einem mehrere Hundert Seiten umfassenden Papier blättert, in dem
Zahlen und Daten festgehalten sind, und darüber die Menschen vergisst –
die Menschen, die Sie in den letzten Jahren schwerst belastet haben, nämlich
die Kranken, die Sie bestraft haben, die Arbeitslosen, die Sie bestraft haben
und denen Sie keine Unterstützung geben. Das, Herr Finanzminister, wäre
eigentlich die Aufgabe einer verantwortungsvollen Politik: für die Menschen da
zu sein und nicht Zahlenwerke richtig zu stellen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Jetzt erzählen
Sie, 30 Jahre hat die SPÖ ...!)
Herr Kollege
Neudeck! Lassen Sie mich, bevor ich mich mit Ihnen beschäftige, noch den Herrn
Klubobmann der ÖVP zitieren, der heute in der Debatte am Vormittag sagte: Nur
soziale Gerechtigkeit schafft auch Frieden. – Herr Kollege Molterer! Wir
sind uns einig: Allein anhand der Politik dieser Bundesregierung, anhand dieser
jetzigen Neuauflage der Koalition und auch anhand des Zahlenwerkes zum Budget,
zum Rechnungsabschluss 2001, kann ich diese soziale Gerechtigkeit nicht
erkennen. (Abg. Mag. Molterer: Genau schauen!)
Ich zitiere wieder
Frau Kollegin Rossmann: Wenn die Belastung der Bevölkerung zunimmt, wenn die
Bevölkerung ausgepresst wird und die Schulden zunehmen, Herr Kollege Stummvoll,
dann ist das nicht Verantwortung übernehmen, sondern Verantwortung abschieben.
Und das betreiben Sie seit drei Jahren, meine sehr geehrten Damen und Herren
von der Regierung! (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Finanzminister!
Warum können Sie hervorragende Zahlen aus dem Traumbüchlein erzählen? –
Ich erwähne das Beispiel Austria Tabak. Sie haben die Austria Tabak als eine
der ersten Schatullen mit Familiensilber der Republik Österreich verkauft. Der
Konzern, der sie übernommen hat, hat in der Zwischenzeit satte Gewinne damit
gemacht. Herr Kollege Bucher! Diese satten Gewinne hätten auch wir als Republik
machen können. Das wäre auch etwas gewesen, was in das Budget einfließen hätte
können (Abg. Scheibner: Warum haben wir es vorher nicht
gemacht?); das wäre kein Einmaleffekt gewesen, Herr Klubobmann Scheibner!
Die Dividendenzahlungen der Austria Tabak sind nachvollziehbar und nachlesbar.
Ihr habt diese Dividenden, die in dreieinhalb Jahren verdienbar sind, mit einem
Einmaleffekt erreicht – und dann war Feierabend.
Herr Kollege Molterer, eine Nachhaltigkeit kann ich bei einer derartigen Budget- und Wirtschaftspolitik nicht erkennen, denn nachhaltig wäre es gewesen (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer), wenn wir auch nächstes Jahr Einfluss auf die Arbeitsplätze hätten, wenn wir
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 134 |
nächstes Jahr Einnahmen aus den Dividenden im
Budget hätten und nicht von einem internationalen, multinationalen Konzern
abhängig wären. (Beifall bei der SPÖ.)
Herr Kollege
Bucher, Sie haben richtigerweise von einem Schlagwort „Nulldefizit“ gesprochen.
Dieses Schlagwort ist im wahrsten Sinn des Wortes schlagend geworden. (Abg. Dr. Mitterlehner:
Es hat Sie erwischt!) – Nicht mich, und auch niemanden von Ihnen.
Es hat aber die Menschen erwischt, die nicht im Reichtum schwelgen, dafür haben
Sie gesorgt, Herr Kollege Mitterlehner! Sie haben die Menschen erwischt, die es
wirklich nicht dick haben. Sie haben genau die Menschen erwischt, die es
brauchen würden, dass man sie unterstützt. Dort ist es schlagend geworden, und
das ist weder sozial noch gerecht, Herr Kollege Bucher! (Beifall bei der SPÖ.)
Lassen Sie mich
zum Schluss kommen: Im Chatroom einer Tageszeitung gab es den Bewerb,
herauszufinden, was denn das Kürzel „KHG“ bedeutet. Da gab es alle möglichen
Ideen. Meine Kollegin Melitta Trunk hat vorher davon gesprochen: Für die
Verkaufsstrategie gibt es ein „Sehr gut“, für den Rest und die Umsetzung ein
„Nicht genügend“. Sie hat davon gesprochen, es wurde falsch verstanden, denn
„Nicht genügend“ heißt sitzen bleiben. Eine der Definitionen hat, so glaube
ich, auch mit diesem Gedanken zu tun, denn unter „KHG“ stand zu lesen:
„Karl-Heinz, geh!“ – Herr Finanzminister! Nach Ihrer Leistung wäre das
tatsächlich angebracht. (Beifall bei der
SPÖ.)
17.57
Präsident Dr. Andreas Khol:
Zu Wort gemeldet
ist nunmehr der Herr Präsident des Rechnungshofes, Dr. Fiedler. –
Bitte, Herr Präsident.
17.57
Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr
geehrte Dame und meine sehr geehrten Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus!
Die Bundesregierung hat sich im Jahr 2000 zum Ziel gesetzt, im
Jahr 2002 das Maastricht-Defizit auf null zu senken. Sie stand damals
unter dem Eindruck eines sehr schlechten Maastricht-Ergebnisses aus dem
Jahr 1999, das minus 2,3 Prozent betragen hat. (Abg. Dr. Stummvoll:
Hört! Hört!) Zum damaligen Zeitpunkt war Österreich unter allen Staaten
der Europäischen Union mit seinem Maastricht-Defizit das Schlusslicht. (Abg. Neudeck:
Jetzt haben wir es amtlich! Wer hat damals regiert?)
Tatsächlich konnte
das Defizit bereits im Jahr 2001 nicht nur abgebaut werden, sondern es
wurde darüber hinaus auch ein Überschuss im Ausmaß von 0,3 Prozent
erzielt. Das Ergebnis – und das schlägt sich klarerweise auch im Bundesrechnungsabschluss
nieder – war demnach positiv. Es wurde bereits von mehreren Vorrednern
ausgeführt, dass seit nahezu 30 Jahren erstmals kein Defizit –
berechnet nach Maastricht – bestand und sogar ein leichter Überschuss
erzielt werden konnte, noch dazu ein Jahr früher als von der Regierung
ursprünglich geplant. (Abg. Gradwohl: Dank der Länder und
Gemeinden!) – Ich komme gleich darauf zu sprechen.
Der
Bundesrechnungsabschluss ist an sich kein Prüfungsergebnis, das in Details
geht, sondern ein klassischer Soll-Ist-Vergleich zwischen den budgetpolitischen
Vorgaben der Regierung und dem Budgetvollzug. Es wird unter Berücksichtigung
der nackten Zahlen vom Rechnungshof ein derartiger Vergleich vorgenommen.
Konnten die budgetpolitischen Vorstellungen der Regierung erreicht werden oder
nicht? – Unter diesem Gesichtspunkt hat der Rechnungshof dies in seinem
Bundesrechnungsabschluss auch sehr klar zum Ausdruck gebracht und hat begrüßt,
dass das Maastricht-Defizit im Jahr 2001 nicht nur auf null gestellt werden
konnte, sondern dass sogar ein leichter Überschuss erzielt wurde.
Er hat darüber
hinaus auch festgehalten, dass diese Anstrengung von allen Gebietskörperschaften,
die betroffen waren, erbracht wurde, das heißt auf Bundesebene, auf Länder- und
Gemeindeebene. Darüber hinaus – auch das gilt es festzuhalten, und es
wurde auch bereits ausgeführt – sind die Überschüsse im Länder- und
Gemeindebereich höher gewesen, als sie im Bundesbereich erzielt werden konnten.
Auch das ist festgehalten worden. (Rufe bei der SPÖ: Hört! Hört!)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 135 |
So gesehen wurden
daher die Anstrengungen, die auf diesen Ebenen der Gebietskörperschaften
geleistet wurden, auch vom Rechnungshof durchaus gewürdigt.
Der Rechnungshof
hat sich aber natürlich nicht nur mit diesen nackten Zahlen zufrieden zu geben,
sondern er hat, wenn Sie so wollen, auch einen Blick hinter die Kulissen zu
werfen und sich zu fragen: Wie sind die durchaus positiven Ergebnisse des
Jahres 2001 zustande gekommen? – Es ist auf Grund des
Zahlenmaterials für jedermann, der sich den Bundesrechnungsabschluss nur
einigermaßen ansieht, sehr bald erkennbar, dass diese positiven Ergebnisse in
erster Linie einnahmenseitig erzielt worden sind.
Es waren die
starken Steigerungen auf der Einnahmenseite, es waren die starken Steigerungen
des Abgabenaufkommens, die maßgeblich zu diesem günstigen Ergebnis beigetragen
haben. – Ich darf nur beispielsweise, ohne mich jetzt in weiteren
Einzelheiten zu ergehen, in Erinnerung bringen – wir haben das auch im
Bundesrechnungsabschluss zum Ausdruck gebracht –, dass das
Abgabenaufkommen im Jahre 2001 gegenüber dem Jahr 2000 um rund
80 Milliarden Schilling gestiegen ist. In erster Linie ist das darauf
zurückzuführen, dass gewisse Einmaleffekte und Vorzieheffekte zu verzeichnen
waren, die sich dann im nächsten Jahr, im Jahre 2002, schon nicht mehr
eingestellt haben und auch gar nicht mehr einstellen konnten.
Mit diesen starken
Steigerungen des Abgabenaufkommens war klarerweise auch eine Steigerung der
fiskalischen Gesamtbelastung verbunden, die über 45 Prozent gestiegen ist.
Ich möchte aber hinzufügen, dass, weil es eben im Jahre 2001 so viele
Vorzieheffekte und Einmaleffekte gegeben hat, dann im Bundesrechnungsabschluss
für das Jahr 2002 – wir werden den Bundesrechnungsabschluss für das
Jahr 2002 im September 2003 vorlegen – von uns auch sehr klar
zum Ausdruck zu bringen sein wird, dass die Abgabenquote im Jahre 2002
wieder etwas gesunken ist.
Das ändert
allerdings nichts daran, dass die Erreichung des Nulldefizits im
Jahre 2001 überwiegend einnahmenseitig und weniger ausgabenseitig
zustande gekommen ist, und es gilt, festzuhalten, dass die Ankündigungen der
Regierung, wie das Nulldefizit erreicht werden soll, gerade umgekehrt waren: Es
wurde darauf verwiesen und es wurde in Aussicht gestellt, dass überwiegend ausgabenseitige
Maßnahmen zur Erreichung des Nulldefizits beitragen sollten. (Präsident
Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)
Hohes Haus! Der
Rechnungshof sieht sich nicht nur bei seinen Prüfungsergebnissen, die er dann
in seinen Tätigkeits- und Wahrnehmungsberichten dem Nationalrat vorlegt,
sondern auch im Zusammenhang mit der Erstellung des Bundesrechnungsabschlusses
als Mahner – bisweilen auch als sehr unangenehmer Mahner; das ist mir
durchaus bewusst –, aber er wäre in seiner Funktion fehl am Platz, würde
er sich verschweigen, wenn es darum geht, dass in gewissen Bereichen von ihm
Kritik geübt werden muss und dass aber auch gleichzeitig von ihm Empfehlungen
abzugeben sind, wie man in der Zukunft vorzugehen hat.
Wir haben bereits
in der Vergangenheit mehrfach und so auch in diesem Bundesrechnungsabschluss
darauf verwiesen, dass man nicht innehalten soll mit tief greifenden
strukturellen Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, dass eine nachhaltige
Budgetkonsolidierung erreicht wird, also nicht nur eine einmalige Punktlandung,
von der man sich dann wieder ins Negative entfernen muss, sondern eine
nachhaltige Budgetkonsolidierung. Da sieht sich der Rechnungshof eines Sinnes
mit den Vorgaben, die aus Brüssel kommen. Auch dort wird immer wieder betont,
dass es um die Nachhaltigkeit der Budgetsanierung geht und es nicht genügt,
einmal ein Ziel zu erreichen und sich dann wieder davon zu entfernen.
Ich möchte aber
auf der anderen Seite auch nicht verabsäumen, darauf hinzuweisen, dass von
dieser Bundesregierung im Zeitraum von 2000 bis 2003 beziehungsweise im
Besonderen im Jahre 2001, denn das ist das Jahr, über den der
Bundesrechnungsabschluss gelegt wurde, auch Maßnahmen ergriffen worden sind,
die ausgabenseitig gewirkt haben und die – davon bin ich auch überzeugt –
in der Zukunft weiterhin ausgabenseitig wirken werden.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 136 |
Ich habe
allerdings bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass diese Maßnahmen für
sich gesehen alleine noch nicht ausreichend sind beziehungsweise im
Jahre 2001 auch noch nicht ausreichend sein konnten. Es ist daher eine
Empfehlung des Rechnungshofes und auch eine Mahnung des Rechnungshofes –
wie Sie es wollen – an die Bundesregierung beziehungsweise auch an alle
anderen politisch Verantwortlichen in dieser Republik, mit der Fortsetzung der
eingeschlagenen Maßnahmen nicht innezuhalten und sie noch tief greifender
anzusetzen, als dies in der Vergangenheit der Fall war.
Hohes Haus! Der
Rechnungshof hat die Interessen der Steuerzahler zu wahren, er sieht sich als
Anwalt der Steuerzahler. Ich darf in diesem Zusammenhang in dieser Funktion als
Anwalt der Steuerzahler in Erinnerung rufen, dass in den abgelaufenen
10 Jahren der Steuerzahler bereits mehrfach Opfer erbracht hat. Es war
dies im Zusammenhang mit den Sparpaketen der Jahre 1995 und 1996, und es
war dies in der abgelaufenen Legislaturperiode. Der Steuerzahler hat diese
Opfer durchaus auf sich genommen, aber erwartet sich auch, dass diese Opfer
nicht nur positive Einmaleffekte, sondern dass sie auf Dauer positive Effekte
erbringen.
Daher sollten die
Opfer, die in der Vergangenheit vom Steuerzahler erbracht wurden, nicht
vergeblich sein, sondern sie sollten für die Zukunft wirken. Ich darf daher
auch von dieser Stelle aus nochmals appellieren: Setzen wir alle miteinander
tief greifendere strukturelle Maßnahmen, um auf diese Weise von der
Ausgabenseite her das Budget zu konsolidieren.
Ich bin in diesem
Punkt durchaus optimistisch, denn die Diskussion in den vergangenen Wochen und
Monaten hat gezeigt, dass man sich dieser Überlegungen, dass tief greifende
Maßnahmen zu setzen sind, durchaus bewusst ist, dass man sich dessen bewusst
ist, dass noch mehr zu leisten ist. Diese Einigkeit darüber, dass man Maßnahmen
setzen muss, stimmt den Rechnungshof, stimmt mich optimistisch. Ich darf daher
nochmals den Appell an Sie richten: Setzen wir den eingeschlagenen Weg fort!
Sanieren wir gemeinsam das Budget! – Danke. (Beifall bei der ÖVP, den
Freiheitlichen und der SPÖ.)
18.06
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist
Herr Abgeordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
18.06
Abgeordneter
Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr
verehrte Frau Bundesministerin! Meine Herren Bundesminister! Herr
Rechnungshofpräsident! Meine Damen und Herren! Man kann es drehen, wie man
will: Der Rechnungsabschluss 2001 ist ein Erfolg! Das bestätigt auch der
Herr Rechnungshofpräsident – trotz der einen oder anderen kritischen
Anmerkung über den Weg und über das Wie.
Meine Damen und
Herren! Das gestehe ich einem Rechnungshofpräsidenten auch durchaus zu. Ein
Prüfer muss nun einmal etwas kritischer sein – no na! –, sonst würde
er sich ja selbst in Frage stellen.
Meine Damen und
Herren! Faktum ist, dass nicht nur der Rechnungsabschluss für das
Jahr 2001, sondern bereits auch jener für das Jahr 2000 und auch die
vorläufig bekannt gegebenen Zahlen für das Jahr 2002 den
Konsolidierungsweg, den erfolgreichen Weg dieser Bundesregierung darstellen,
und dieser Erfolg ist unbestreitbar. Aber offensichtlich hat man auf der linken
Seite dieses Hauses gewisse Probleme, insbesondere dann, wenn es gilt, einen
Erfolg zu vermelden.
Jetzt sei auch
gesagt, meine Damen und Herren: Natürlich haben die Länder und die Gemeinden
wesentlich zum gesamtstaatlichen positiven Ergebnis beigetragen. (Zwischenruf
des Abg. Dr. Matznetter.) Das ist unbestritten. Ich bin
auch in diesem Haus als Mahner, gerade was die Gemeinden betrifft, bekannt und
erinnere immer wieder daran, dass es vor allem die finanzschwachen Gemeinden
nicht zu vergessen gilt. Aber dazu wird es ein anderes Mal wieder Gelegenheit
geben.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 137 |
Faktum ist, dass
für das Jahr 2001 erstmals seit 1974 ein positives Budgetergebnis
vorliegt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Sie, meine Damen
und Herren von der Opposition, sollten sich mitfreuen! Wissen Sie, wenn man
immer so pessimistisch ist wie Sie, dann kränkt man sich selbst, dann wird man
mutlos. Sie werden gerade für die nächsten Wahlen ein bisschen mehr Mut
brauchen, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Matznetter: Danke
für das Kompliment für Hannes Androsch!)
Österreich ist
dank dieser Bundesregierung gut unterwegs. Es sei aber auch offen zugegeben,
dass uns niemand daran hindert, noch besser zu sein. Wir alle sollten uns die
Mahnungen des Herrn Rechnungshofpräsidenten zu Herzen nehmen und vielleicht
nachdenken, wie man noch besser sein kann; das ist unbestritten.
Aber im Vergleich,
Herr Kollege Matznetter, zu Rot-Grün in Deutschland sind wir Weltmeister, da
spielen wir in der Champions League! – Das sei auch einmal klar gesagt. (Beifall
bei der ÖVP.)
In einer heutigen
APA-Meldung steht, dass das deutsche Finanzierungsdefizit im Jahre 2002
auf 66,3 Milliarden € angewachsen ist, dass sich das Defizit bei der
Rentenversicherung fast versechsfacht hat und so weiter und so fort. Meine
Damen und Herren! In Österreich – dazu hat der Kollege vorhin gerade
lautstark geklatscht – tragen die Länder und Gemeinden wesentlich zum
positiven Ergebnis bei. Die deutschen Städte und Kommunen hingegen stehen vor
einem Finanzkollaps, sie sind konkursreif, wie Herr Oberbürgermeister Ude von
München und viele andere auch dies zum Ausdruck gebracht haben, sonst müsste ja
auch der deutsche Bundeskanzler Schröder kein Sanierungspaket für Not leidende
Kommunen schnüren. So weit ist man in diesem rot-grün regierten Land, das von Ihnen
immer wieder als Musterbeispiel hingestellt wird!
Daher sage ich
ganz offen: Mir ist die österreichische Bundesregierung unter einem Bundeskanzler
Schüssel, einem Finanzminister Grasser, einem Staatssekretär Finz und den
Ministern auf der Regierungsbank wesentlich lieber, dreimal lieber als jenes
Musterbeispiel, das Sie so oft zitieren. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und
Herren! Vor wenigen Tagen war in der „Presse“ unter „Themen des Tages“ ein
Beitrag unter folgendem Titel zu lesen: „Schröders sozialer Aderlass als Motor
für die Wirtschaft“. Darin heißt es in Bezug auf die Ankündigungen Schröders:
„Bei den Arztkosten sollen die Patienten mehr zuzahlen“, und: „Die künftigen
Rentenerhöhungen sollen geringer ausfallen.“ (Rufe bei der SPÖ: Österreich!
Österreich!)
Soll ich Ihnen die
verschiedenen Grauslichkeiten noch weiter schildern? – Sie sollten, meine
Damen und Herren von der linken Seite, Ihre negativen Zwischenrufe einstellen.
Merken Sie sich Folgendes (Abg. Silhavy: Was ist negativ in
Österreich?): Pessimisten haben noch nie eine Konjunktur gehabt, und sie
werden auch in Zukunft keine haben! (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der Freiheitlichen.)
18.11
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist
Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
18.12
Abgeordneter
Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident!
Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Frau Bundesminister! Herr
Bundesminister! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Es wäre nicht
die Opposition, würde sie hier nicht mit Unkenrufen auftreten. Es ist mir auch
völlig klar, dass von den Oppositionsparteien kein Lob zu erwarten ist,
obgleich es schon schwierig ist, Zahlen aus Ihrer Budgetpolitik, nämlich aus
der Ära der sozialistischen Finanzminister, auszuweisen, die besser sind. Aber
es war, wie ich meine, geradezu entlarvend, als Kollege Gradwohl gesagt hat,
Zahlen seien gleichsam bedeutungslos, sie seien mehr oder weniger
nebensächlich; der Bundesfinanzminister orientiere sich nur anhand dieser
Zahlen und vergesse dabei anderes.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 138 |
Meine Damen und
Herren! Das ist genau das Problem der Finanzpolitik bis zum Jahre 1999:
dass man darauf vergessen hat, dass es gerade auf diese Zahlen zu achten gilt
und dass andernfalls, resultierend aus einem ständigen Anwachsen des
Budgetdefizits, Sorgen und Nöte entstehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Sehr geehrte Damen
und Herren! Bund, Länder und Gemeinden haben erstmals seit 27 Jahren
positiv bilanziert. Die Bilanz ist zwar eine knapp positive, aber in Zahlen
ausgedrückt ist es ein positives Ergebnis in der Höhe von immerhin
0,33 Milliarden €. Die Feststellung ist zutreffend, dass die
Maßnahmen für eine nachhaltige Budgetkonsolidierung nicht abgeschlossen sind,
dass noch Arbeit vor uns liegt, die wir zu bewältigen haben, um dieses Ziel zu
erreichen. Es geht dabei um Reformmaßnahmen, die notwendig sind und einer
Fortsetzung durch diese Bundesregierung bedürfen.
Es ist dies ein Weg,
der leider Gottes allzu lange vorher nicht eingeschlagen wurde. Wir hatten
30 Jahre lang sozialistische Finanzminister. Es ist dem letzten
Finanzminister der Sozialdemokraten nicht gelungen, auch wenn er es
ansatzweise versucht hat, diese Konsolidierung zu erreichen. Er ist nun
mittlerweile, was seine politische Aktivität im Hohen Haus und in der Regierung
anlangt, Geschichte, aber er wird sicher nicht als der
Sanierungsfinanzminister, der Budgetkonsolidierungs-Finanzminister in die
Geschichte eingehen; eher schon wegen seiner etwas auffallenden Krawatten, wie
ich meine. Diesbezüglich wird ihm möglicherweise ein Platz in der Geschichte
eingeräumt werden, auch wenn ich persönlich sie als nicht besonders geschmackvoll
empfunden habe.
Sehr geehrte Damen
und Herren von der Opposition! Ich möchte Ihnen, weil Ihre Unkenrufe nur allzu
laut waren, einiges anhand von Zahlen darstellen: Wenn Sie sich die Steuern-
und Abgabenquote während Ihrer Regierungszeit mit einem Finanzminister, den
Ihre Partei gestellt hat, anschauen, dann werden Sie sehen, dass keine
Konsolidierung und keine Senkung der Steuern- und Abgabenquote erfolgt sind.
Nun führen Sie das
Jahr 2001 mit einem zugegebenermaßen hohen Wert als besonders desaströs
an, ohne dazuzusagen, dass dies mit Sicherheit durch den Vorzieheffekt
verursacht ist und dass auf Grund der Anspruchsverzinsung höhere Steuern
angefallen sind. Gerade Sie waren es aber, die die ausstehenden Steuerschulden
oder Steuerverbindlichkeiten immer thematisiert haben!
Zielsetzung dieser
Bundesregierung ist es, die Abgabenquote im Jahr 2005 auf 43 Prozent
und in der Folge im Jahr 2010 auf unter 40 Prozent zu senken.
Nichtsdestotrotz hat es diese Bundesregierung – trotz der
Konsolidierungsmaßnahmen – geschafft, für den Bereich Bildung und
Wissenschaft entsprechende Aufwendungen zu tätigen.
Wenn ich einen
Vergleich mit dem Jahr 1999 anstelle, so muss ich sagen, dass es im
Jahr 2001 in diesem Bereich immerhin um stolze 8,23 Prozent mehr an
Aufwendungen sind. Das setzt sich fort im Bereich Forschung mit einem Plus von
immerhin 6,8 Prozent im Vergleich 1999 zu 2001, und im Jahr 2002 ist
wiederum ein Plus von rund 16 Prozent zu verzeichnen.
Wir werden sehen,
mit welchen Unkenrufen Sie den Rechnungsabschluss für das Jahr 2002 dann
bedenken werden. – Es sei hier auch erwähnt, dass der Bereich
Infrastruktur im Jahr 2002 ein Plus von 21 Prozent ausweist.
Ich bin froh
darüber, dass die Defizitentwicklung so erfolgt ist, wie sie hier dargestellt
ist, nämlich einmal im Vergleich ohne Konsolidierung und einmal mit
Konsolidierung. Bei diesem Vergleich ergibt sich für das Jahr 2001
zwischen der Entwicklung einerseits ohne Konsolidierungsmaßnahmen und
andererseits mit Konsolidierungsmaßnahmen eine Differenz von immerhin
7,3 Milliarden €.
Herr Rechnungshofpräsident
Fiedler hat sicherlich Recht, wenn er mahnend dazu auffordert, mit den
Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung nicht innezuhalten und insbesondere auf der
Ausgabenseite Anstrengungen zu unternehmen, um den eingeschlagenen Weg
fortzusetzen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 139 |
Ich bin überzeugt,
dass diese Bundesregierung den eingeschlagenen Weg fortsetzen wird, denn nur
das eröffnet die entsprechende Zukunftsperspektive, die da lautet: ein
konsolidiertes Budget, eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote, ein
prosperierender Wirtschaftsstandort und letztlich auch Vollbeschäftigung, meine
Damen und Herren! Das ist das, was wir uns wünschen und was diese
Bundesregierung auch umsetzen wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
18.19
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist
Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
18.19
Abgeordneter
Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus!
Nach den Ausführungen des Abgeordneten Auer, aber auch des Abgeordneten Hofmann
muss man ein paar Dinge ergänzen.
Der Unkenruf, Herr Abgeordneter Hofmann, ist von Präsident Fiedler
gekommen, und er war Ihrer Fraktion ins Stammbuch
geschrieben. (Ruf bei der ÖVP: Das war kein Unkenruf!) Es ist nicht
gelungen, eine nachhaltige Sanierung zu erreichen; ich habe heute schon die
tatsächliche Entwicklung dargelegt. Aber Ihr Redebeitrag und auch jener des
Kollegen Auer geben mir Gelegenheit, ein paar Dinge hervorzustreichen, die
einmal anders waren.
Herr Abgeordneter Auer hat das Jahr 1974 erwähnt. Ja, da gab es
schon einen Finanzminister, der in einer Folge vier Nulldefizite hintereinander
gehabt hat. Der hat aber Hannes Androsch geheißen und war bei der SPÖ. (Beifall
bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Den habt ihr dann gleich
rausgeschmissen!) – „Gleich“
ist gut!
Aber bleiben wir doch bei den gegenwärtigen Dingen: Abgeordneter Hofmann
sagte, die bunten Krawatten meines Vorgängers Edlinger seien das Einzige, was
in Erinnerung bleiben wird. – Halten wir auch dazu die Wahrheit fest (Abg.
Wattaul: Schulden-Rudi!): In
fünf Jahren ist es gelungen, von einem Defizit in einer Höhe von nahezu
5 Prozent des BIP auf 2,3 Prozent herunterzukommen. Diesen Erfolg hat
der hinter mir auf der Regierungsbank sitzende Herr nicht geschafft, und er
wird ihn auch nicht schaffen! Es wird bei einer Ankündigungspolitik bleiben und
keine Sanierung erfolgen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der
ÖVP.)
Dass wir in Österreich, was die Schuldenentwicklung betrifft, ein
Problem haben, brauche ich Ihnen nicht zu sagen – Sie sind heute
Regierungspartner dieser Fraktion. Das Problem sei angeblich die
Schuldenpolitik des Bruno Kreisky; bei seinem Abgang lag aber die öffentliche
Verschuldung bei 500 Milliarden Schilling. Die 2 017 Milliarden
sind bereits unter Bundeskanzler
Schüssel erreicht worden, und wenn man sich die Kurve anschaut, meine Damen und
Herren, dann sieht man, dass es da Folgendes festzustellen gibt, das man sich
merken kann: Je mehr ÖVP, umso mehr Schulden! Leider! – Danke. (Beifall
bei der SPÖ.)
18.21
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist daher geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung
über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 20 der Beilagen. –
Das ist kein Irrtum. Der Bundesrechnungsabschluss ist in Form eines Gesetzes zu
beschließen.
Ich darf darum bitten, dass jene Damen und Herren, die für diesen
Gesetzentwurf betreffend Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses eintreten,
dies durch ein Zeichen bekunden. – Die Beschlussfassung in zweiter Lesung
erfolgt mit Mehrheit.
Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 140 |
Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung
ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich darf feststellen, dass
der Gesetzentwurf in dritter Lesung mit Stimmenmehrheit
angenommen wurde.
3. Punkt
Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 69/A der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2003) (30 der Beilagen)
Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen daher zum 3. Punkt
der Tagesordnung.
Ein Wunsch nach
mündlicher Berichterstattung liegt mir nicht vor. Wir können daher sofort in
die Debatte eingehen.
Erster Redner ist
Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
10 Minuten. – Bitte.
18.23
Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Hohes Haus! Das vorliegende Bundesministeriengesetz ist durch zwei sehr
markante Punkte gekennzeichnet.
Der erste Punkt:
Es ist zu einer Vergrößerung der Bundesregierung gekommen. Eine Vergrößerung
der Bundesregierung bedeutet eine Verteuerung der Bundesregierung. Es sind zwei
Staatssekretäre mehr im Amt, und ich darf im Folgenden nur ganz kurz auf die
Kosten dieser zwei Staatssekretäre pro Kalenderjahr eingehen: Das sind die
Staatssekretärsgagen in der Höhe von 378 000 € (Abg. Grillitsch:
Das muss er wissen!) – das sind 13 500 € brutto, und das
14 Mal jährlich. Dazu kommen die Referentengagen:
1 373 000 €, Repräsentation und Dienstwägen:
400 000 €. Das bedeutet einen Mehraufwand dieser Regierung – das
müssen Sie der Bevölkerung erklären, warum Sie einen solchen Mehraufwand in
Kauf nehmen – in der Höhe von rund 2 151 000 € pro Jahr.
Es stellt sich die
Frage, wozu das notwendig war, da die Bundesministerienstruktur dadurch nicht
einfacher, nicht effizienter, nicht sparsamer und nicht zweckmäßiger wurde. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
Es ist aber noch
ein zweiter markanter Punkt hervorzuheben, und dieser ist für mich verwunderlich,
nämlich dass sich die Freiheitliche Partei bei den Verhandlungen derart über
den Tisch ziehen ließ. Das grenzt schon an ein Wunder, wie man diese Demütigung
ertragen kann und trotzdem noch einen aufrechten Gang haben kann.
Einige Beispiele:
Die Frau Vizekanzlerin hatte in der vergangenen Regierung das Beamten- und
Sportressort inne. Dieses Beamtenressort ist natürlich zum nunmehrigen Kanzler
gewandert (Ruf: Aufgelöst!), es ist
aufgelöst worden. Man kann sagen, eigentlich war dieses Vizekanzler-Ministerium
ein Unding, wie wir immer behauptet haben. Es war zu klein und mit zu wenigen
Kompetenzen ausgestattet, sodass man jetzt hergeht und diese Gelegenheit gleich
dazu benützt, der FPÖ auch noch die Zuständigkeit für die Beamten wegzunehmen.
Man hat den
Freiheitlichen ohnehin das Finanzministerium weggenommen, man hat ihnen das
Verteidigungsministerium weggenommen, und dann verbleibt dem Vizekanzler als
Regierungspartner ein Sozialministerium, das man aber nicht in dem bisherigen
Ausmaß belassen hat, um sozusagen den Vizekanzler sein Gesicht wahren zu
lassen, sondern, nein, man ist noch hergegangen und hat den Vizekanzler auch
noch etwas abgehalftert und ihm noch die Kranken- und Unfallversicherung aus
dem Ministerium herausgenommen!
Da stellt sich die Frage, ob das tatsächlich eine gute Partnerschaft werden kann, wenn man mit dem kleinen Partner so verfährt, dass man ihn sozusagen das Gesicht verlieren lässt. Das
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hängt natürlich immer auch davon ab, ob es sich der kleine Partner
gefallen lässt. Er hat es sich gefallen lassen, nur um in diese Regierung
eintreten zu können.
Es ist schade,
dass man hier nicht mehr Selbstbewusstsein an den Tag gelegt hat. Es ist auch
schade, dass man von Seiten der Gewinner dieser Wahl nicht versucht hat, den
kleineren Partner das Gesicht wahren zu lassen. Es ist wirklich schade, dass
man ihn so vorgeführt hat.
Aber es gibt auch
inhaltliche Schwierigkeiten mit diesem Bundesministeriengesetz: Es ist nicht
einsichtig, warum man Minister Böhmdorfer die Konsumentenschutzkompetenz
weggenommen hat – außer man geht davon aus, dass er den Banken unbequem
geworden ist und somit einer Klientel, die im Wesentlichen der ÖVP nahe steht,
unbequem wurde und man sozusagen verhindern wollte, dass der Konsument zu
seinem Recht kommt, und ein Kniefall im Bereich des Konsumentenschutzes vor den
Mächtigen in diesem Land gemacht wurde.
Es ist auch
schade, dass die Nahrungsmittelkontrolle nicht mehr bei Bundesminister Haupt
ist, der meiner Meinung nach in diesem Bereich sehr verdienstvoll tätig war.
Man hat sie natürlich in ein ÖVP-Ressort gegeben. Es ist ja viel einfacher, die
Nahrungsmittelkontrolle in den eigenen Händen zu behalten, denn wenn die
Agrarlobby irgendetwas bei den Nahrungsmitteln falsch macht, dann kann man sich
leichter selbst arrangieren, als wenn das vielleicht ein unzuverlässiger
Regierungspartner macht, der in diesem Bereich sogar Kompetenzen aufzuweisen
hätte. (Beifall bei der SPÖ.)
Es ist sehr
durchsichtig, was hier passiert ist, und es ist sehr schade um die Chance, die
versäumt wurde, eine zweckmäßige, zukunftsorientierte und effiziente
Verwaltung zu bilden. Von einer solchen kann sicher nicht die Rede sein.
Sehr schade ist
es, dass es uns nicht gelungen ist, mit den zuständigen Stellen dafür zu
sorgen, dass man die Forschungsagenden zusammenfasst. Auch diese wurden
zersplittert. Da gibt es immer wieder Lippenbekenntnisse, dass man sie in ein
Ressort zusammenfassen soll, aber es bleibt eben leider nur bei
Lippenbekenntnissen, weil sie dann im Ressort des Bundesministers Gorbach
zusammenzufassen gewesen wären, den ich durchaus für einen kompetenten Mann in
dieser Angelegenheit gehalten hätte. Aber das Misstrauen der ÖVP war offensichtlich
zu groß, als dass man ein derart zukunftsträchtiges Ministerium der FPÖ hätte
überlassen wollen, als dass man derartig zukunftsträchtige Möglichkeiten in
einem FPÖ-Ressort hätte ansiedeln wollen.
Ich möchte noch
ein weiteres inhaltliches Problem aufgreifen: Die Zuordnung des UBAS zum
Innenministerium ist meiner Meinung nach sachlich und fachlich falsch. Die
Unabhängigkeit des Bundesasylsenates besteht darin, dass er auch wirtschaftlich
und räumlich unabhängig ist von jenem Ministerium, dessen Bescheide er
überwachen soll.
Wir alle wissen,
dass zwar vielleicht nicht in die Entscheidung eingegriffen werden kann, weil
de facto die Unabhängigkeit im Gesetz gewahrt bleibt. Aber man kann den
Unabhängigen Bundesasylsenat auch noch über andere, wirtschaftliche Zwänge in
eine Abhängigkeit bringen. Das fängt bei der Raumzuteilung an, das zeigt sich
bei der Mittelzuteilung und all den Dingen, die wir kennen, und das ist schade.
Es hat einen Beigeschmack, als ob sich das Innenministerium selbst die
Kontrollinstanz ins Haus holt.
Ich kann mich
daran erinnern, dass sich der nunmehrige Präsident dieses Hauses in seiner Rede
darüber, warum der Unabhängige Bundesasylsenat im Bundeskanzleramt angesiedelt
sein soll, dahin gehend geäußert hat: weil es besser ist, wenn man ihn nicht im
Innenministerium ansiedelt, sondern im Bundeskanzleramt, damit diese
Abhängigkeit nicht gegeben ist. – Der Abgeordnete Khol hat das noch erkannt;
ich weiß nicht, ob es der Präsident erkennt.
Das heißt im
Wesentlichen – damit seien zwei Punkte nochmals zusammengefasst –: Es
ist nicht effizienter geworden, es ist nicht zweckmäßiger geworden, und es ist
schon gar nicht sparsamer geworden. Es haben sich die Kosten dieser Regierung
um 2 Millionen € erhöht, und es haben sich die Zuständigkeiten
verkompliziert.
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Der einzige
erkennbare Grund dieser Bundesministerienaufteilung, wie sie uns heute hier vorliegt,
ist eine Demütigung des kleinen Regierungspartners, ein Ausräumen der
Ministerien des kleinen Regierungspartners, sei es des
Infrastrukturministeriums, sei es des Ministeriums des Vizekanzlers. Man hat
ihn in diesen Verhandlungen das Gesicht verlieren lassen. Es stellt sich die
Frage, warum sich die FPÖ das in dieser Form gefallen lassen hat. Aber es ist
eben schade, wenn man um jeden Preis in eine Regierung will: Dann besteht der
Preis nämlich darin, dass man nachher nichts mehr zu reden hat.
Die ÖVP hat das
geschickt genützt. Man wird sehen, was sie aus dieser Allmacht der Macht macht.
(Ruf bei der ÖVP: Machen Sie sich keine Sorgen!) Ich glaube nicht, dass
es besser werden wird – es wird wahrscheinlich noch dunkler werden in
diesem Staat. Es gibt kein Korrektiv mehr, es gibt nur noch Selbstkontrolle,
sei es der Nahrungsmittelhersteller durch die Behörde im Bundesministerium der
nunmehrigen Bundesministerin Rauch-Kallat, sei es im Innenministerium durch die
Zuteilung der Kontrollinstanz des UBAS zu diesem Ministerium, sei es im
Wirtschaftsministerium, wo sich sozusagen derjenige, der den Wettbewerb
ausruft, auch noch selbst kontrolliert.
Das heißt, in
Wirklichkeit ist jede Kontrolle ausgeschaltet, in Wirklichkeit ist jede
Sparsamkeit ausgeschaltet, in Wirklichkeit ist die Effizienz ausgeschaltet, und
in Wirklichkeit hat in dieser Regierung die FPÖ nichts mehr zu reden. (Beifall
bei der SPÖ.)
18.33
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin
ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Freiwillige
Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.
18.33
Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung!
Sehr geehrte Damen und Herren! Es überrascht mich, dass ich jetzt als Rednerin
nach dem offensichtlichen Anwalt der FPÖ, dem Herrn Wittmann, spreche. Das hat
mich an seinem Beitrag außerordentlich überrascht. (Beifall bei der
ÖVP. – Abg. Scheibner: Aber zahlen tun wir ihm nichts!) Ich
denke, die FPÖ braucht diesen Anwalt nicht, sie nimmt ihre Kompetenzen schon
selbst wahr.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Was ist das Bundesministeriengesetz? – Das Bundesministeriengesetz
ist letztlich immer nur der Ordnungsrahmen für die materielle und für die
inhaltliche Arbeit der Bundesregierung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)
Es ist sozusagen das Werkzeug der Bundesregierung. Das Bundesministeriengesetz
trägt natürlich immer den aktuellen Bedürfnissen des politischen Handelns und
der politischen Schwerpunktsetzung der Regierungsarbeit Rechnung, und damit ist
auch die personelle Ausstattung erklärbar, zum Beispiel die Unterstützung durch
die Staatssekretäre.
Das
Bundesministeriengesetz wird auf Grund seiner Natur immer auf heftige Kritik
des politischen Mitbewerbers, der Opposition, treffen, der Opposition, die
logischerweise eine andere politische Schwerpunktsetzung vornimmt. Umso mehr
verwundert mich hier das Auftreten des Herrn Abgeordneten Wittmann, weil ich
andere politische Schwerpunktsetzungen vermisse. Was ich hingegen gehört habe,
ist ein etwas polemischer Beitrag. Er hat hier nicht den Entwurf kritisiert,
sondern leider Gottes lediglich polemische Beiträge geliefert. (Beifall bei
der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Dann haben Sie nicht zugehört, Frau Kollegin!)
In der Debatte zum Bundesministeriengesetz werden immer auch Unstimmigkeiten und Ängste, die in der Verwaltung entstehen, artikuliert, und darauf hat der Kollege auch Bezug genommen. Diese haben nicht unbedingt etwas mit der politischen Schwerpunktsetzung zu tun, mit der sich das Bundesministeriengesetz befasst, das wird aber in der Diskussion oft vermischt. Als Beispiel komme ich hier auf den Unabhängigen Bundesasylsenat zu sprechen, der jetzt verwaltungstechnisch zum Bundesministerium für Inneres ressortieren soll. Das ist inhaltlich vollkommen richtig! Vielleicht haben Sie das übersehen – aber Sie waren doch selbst einmal Staatssekretär, Herr Kollege Wittmann –: Es ist an sich durchaus die Regel im Bundesministeriengesetz, dass die unabhängigen Senate oder unabhängigen Behörden zum fachlich zu-
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ständigen Bundesministerium ressortieren.
(Abg. Eder: Wenn wir gleich ein paar austauschen ...!)
Sie haben –
und das geschieht auch in der öffentlichen Diskussion – die Sorge über die
budgetäre, personelle und infrastrukturelle Ausstattung – und das ist
eine durchaus berechtigte und gute Sorge – vermischt mit der Sorge über
die Unabhängigkeit. Die Unabhängigkeit wird durch die Bundesverfassung
garantiert, weil die unabhängige Behörde in der Jurisdiktion unabhängig ist,
wie schon der Titel sagt. Sie wird auch von den Höchstgerichten überprüft. Daher
wird – davon bin ich hundertprozentig überzeugt – der Unabhängige
Bundesasylsenat weiterhin so Recht sprechen, wie er es jetzt schon tut, weil
seine Entscheidungen sonst vom Verwaltungsgerichtshof verändert
beziehungsweise aufgehoben werden. Aber Sie vermischen die Ängste – und
das tut mir Leid, weil wir auf diese Weise hier nicht zu einer inhaltlichen
Diskussion kommen (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen) –, die
verwaltungstechnischen Ängste derjenigen im UBAS, die nicht zum
Innenministerium wollen, aus welchen Gründen auch immer (Abg. Eder:
Weil sie den Strasser kennen!), mit der Frage, ob die Unabhängigkeit
gewährleistet ist oder nicht. (Abg. Mag. Stoisits: Weil sie das
Innenministerium kennen!) Und diese Diskussion, Frau Kollegin Stoisits, ist
eigentlich eine unnötige. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich kann Ihnen
auch einige andere Beispiele für Einrichtungen nennen, wo das üblich ist, zum
Beispiel das Bundesvergabeamt, den Obersten Patent- und Markensenat oder die
Finanzmarktaufsicht, die immer zum jeweils fachlich zuständigen Ministerium
ressortieren. Ich stelle fest, Sie haben sich eigentlich auch in der
Vergangenheit das Bundesministeriengesetz und die Verwaltung nicht wirklich
angeschaut, was mich bei Ihnen, Herr Kollege Wittmann, schwer enttäuscht.
Nur ein Wort noch
zur Kritik an der Größe der Bundesregierung: Herr Abgeordneter Cap sprach von
einer ungeheuren Aufblähung der Bundesregierung. Ich darf Sie darauf hinweisen:
Es ist dies noch lange nicht die größte Bundesregierung. Die größte Bundesregierung –
diesen fragwürdigen Titel trägt die Alleinregierung Kreisky IV. Damals gab
es nämlich 23 Mitglieder der Bundesregierung, und das war eine
sozialdemokratische Regierung! (Beifall bei der ÖVP.) Das hat der Herr
Abgeordnete und Klubobmann der Sozialdemokraten nicht kritisiert,
wahrscheinlich weil er es nicht weiß. (Abg. Eder: Da haben wir etwas
weitergebracht!)
Die haben etwas
weitergebracht, Herr Kollege? – Das ist absurd! Sie müssen schon
vergleichen, und dann werden Sie feststellen: Der Arbeitsaufwand von damals und
jetzt ist ein wesentlich anderer, weil es damals nicht die Verpflichtung gab,
in der Europäischen Union ständig die Vertretung Österreichs wahrzunehmen. (Ruf
bei der ÖVP: Die haben keine Ahnung!) Daher ist der Arbeitsaufwand in Wirklichkeit
gestiegen, und trotzdem ist diese Regierung wesentlich kleiner. (Beifall bei
der ÖVP.)
Ich denke auch,
dass diese Diskussion in Wirklichkeit kleinlich ist und an den tatsächlich
wichtigen Dingen vorbeigeht. Aber das ist nichts Neues, Sie pflegen die
politische Diskussion auch so zu führen. (Abg. Dr. Wittmann:
Aber die Vorgängerregierung war schon kleiner! – Weitere Zwischenrufe bei
der SPÖ.)
Wichtig ist, dass
effizient und erfolgreich für das Staatsganze gearbeitet wird und österreichische
Interessen in Europa und der Welt erfolgreich vertreten werden. Das wird diese
Bundesregierung leisten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Ich möchte
folgenden Abänderungsantrag, der die Einfügung einer Überschrift beinhaltet,
einbringen:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 69/A der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner betreffend ein Bundesgesetz, mit dem
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das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird
(Bundesministeriengesetz-Novelle 2003) in der Fassung des Ausschussberichtes
(30 der Beilagen)
Der Nationalrat
wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der Antrag 69/A
der Abgeordneten Molterer, Scheibner betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle
2003) in der Fassung des Ausschussberichtes (30 der Beilagen), wird wie
folgt geändert:
1. In Z 5
wird in Z 1 des dem § 17b anzufügenden Abs. 15 vor dem Ausdruck
„Abschnitt J“ die Wortfolge „die Überschrift des Abschnittes J“
eingefügt.
2. Nach Z 19
wird die folgende Z 19a eingefügt:
„19a. Die
Überschrift des Abschnittes J des Teiles 2 der Anlage zu § 2
lautet:
„J.
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz““
*****
Es geht dabei also
lediglich um die Einfügung einer Überschrift.
In einem Kommentar
stand zu lesen, dass das Bundesministeriengesetz nicht der große Wurf
sei. – Natürlich nicht, das ist auch nicht Aufgabe des
Bundesministeriengesetzes! Das ist vielmehr die Arbeit der Bundesregierung, und
das wird diese Bundesregierung auch leisten! (Beifall bei der ÖVP. –
Abg. Großruck – in Richtung SPÖ –: Das war Qualität, Herr
Kollege!)
18.40
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Frau Abgeordnete
Baumgartner-Gabitzer, darf ich Sie kurz zu mir bitten, um abzuklären, ob da
nicht ein kleines Missverständnis bei der Formulierung vorliegt.
Wir gehen
inzwischen in der Debatte
weiter. Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig.
Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Frau
Abgeordnete.
18.41
Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank!
Meine Damen und Herren Staatssekretäre und ‑innen – nein, nur ‑äre! Hohes
Haus!
Ein Bundesministeriengesetz
hat natürlich den Sinn und den Zweck, die Arbeitsaufteilung einer
Bundesregierung gut zu gestalten. Ich denke, da gibt es nicht nur personelle
Bedürfnisse und aktuelle politische Bedürfnisse, sondern da gibt es vor allem
auch sachpolitische Zusammenhänge, die man möglichst objektiv lösen kann. (Abg.
Mag. Molterer: Genau!) Ich habe den Eindruck, dass gerade diese
Bundesregierung große Schwierigkeiten gehabt hat, auf die Sachbedürfnisse
einzugehen (Abg. Mag. Molterer: Nein, da täuschen Sie sich!),
und vorwiegend die personellen und aktuellen Bedürfnisse – wie es Frau
Baumgartner-Gabitzer schonungslos offen auch gesagt hat – organisiert
hat. Ich möchte im Folgenden ein paar Beispiele dazu nennen.
Eines der großen
Ziele des Zehn-Punkte-Programms von Wolfgang Schüssel war die Bündelung der
Forschungsagenden. Das war eine der hervorgehobenen Prioritäten des
Zehn-Punkte-Programms. Ich weiß jetzt nicht, wer dagegen war, aber da der
Parteichef und Spitzenkandidat der ÖVP massiv für diese Bündelung war, kann
ich daraus nur schließen, dass die FPÖ dagegen war und sich in den
Verhandlungen durchgesetzt hat. Tatsächlich ist nämlich die Zersplitterung der
Forschungsagenden bestehen geblieben, und das ist ein massiver Nachteil für die
österreichische Forschungslandschaft, gerade da wir wissen, dass wir im
EU-weiten Vergleich sehr weit hinten liegen und großen Aufholbedarf haben.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 145 |
Ein zweites
Beispiel – wir haben das schon bei der Zusammensetzung der letzten
Regierung und beim Bundesministeriengesetz 2000 kritisiert – ist die
Unterordnung der Arbeitsagenden unter die Wirtschaftsagenden. (Abg.
Dr. Brinek: Wie in Deutschland auch!) Das ist so geblieben,
und zusätzlich sind die Sozialagenden noch weiter zersplittert worden. (Abg.
Dr. Brinek: Deutschland hat es auch gemacht! Schröder!)
Der zweite Punkt
in diesem Zusammenhang ist die Unterordnung der Umwelt unter die Landwirtschaft.
Diese hat sich meines Erachtens überhaupt nicht bewährt. (Zwischenrufe bei
der ÖVP.) Das Konfliktpotential, das sich hier abgezeichnet hat und in
vielen Konfliktsituationen zu Entscheidungen zu Ungunsten der Umwelt geführt
hat, zeichnet sich weiterhin ab und wird fortgeschrieben.
Ein dritter Punkt,
der bedauerlich ist, betrifft – das ist schon erwähnt worden – eine
Regelung, eine Zuordnung, die in ihrer bisherigen Form eigentlich als gut
erachtet worden ist, weil hier einfach unterschiedliche Interessenlagen
existieren, und besteht darin, dass der Bundesasylsenat vom Bundeskanzleramt,
wo er zuerst angesiedelt war, jetzt wieder zum Innenministerium zurückgesiedelt
wird und nicht gesehen wird, welch widerstreitende Interessen es hier gibt und
dass da auch eine organisatorische, politische und räumliche Unabhängigkeit
bestehen bleiben muss durch diese Zuordnung zum Bundeskanzleramt. (Abg. Dr. Brinek:
Ist er unabhängig?) – Das ist das dritte Beispiel, das problematisch
ist.
Was nun diese
Ziele betrifft, dass man eine möglichst sachliche und effiziente Aufteilung und
zusammenhängende Bereiche schaffen soll – Effizienz auch, was die
Vertretung in Brüssel betrifft; das ist ein wichtiger Punkt: wir sollten
mittelfristig unsere Agenden so organisieren, dass in Brüssel nicht immer zwei
bis drei Minister antreten müssen, um eine Agenda zu vertreten –, so
entsteht sehr stark der Eindruck, dass dies nicht gelungen ist. Der Verdacht
bleibt bestehen, dass hier, einfach um bestimmte parteipolitische Bedürfnisse
zu befriedigen, Sachzusammenhänge willkürlich vernachlässigt worden sind.
Ein weiterer
Punkt, der bei der Beurteilung der Zusammensetzung der Regierung nicht außer
Acht gelassen werden darf, ist die Vergrößerung der Bundesregierung unter
Verkleinerung des Frauenanteils. Das ist sehr bedauerlich. Ich habe mir in
einer Diskussion sagen lassen müssen, dass es jetzt zwar nur noch vier Frauen
von 18 Regierungsmitgliedern seien, aber dass es zumindest vier starke
Frauen seien. Ich habe das mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, weil ich
nicht dachte, dass man zwischen starken und schwachen Frauen in der Politik
differenziert. Das dahinter stehende Bild ist sichtlich, dass auf vier starke
Frauen vier schwache Männer kommen, oder was auch immer. Jedenfalls entspricht
das überhaupt nicht der regulären Vertretung, die Frauen in allen Körpern des
Bundes, des Landes, aber auch im AMS und in sonstigen Einrichtungen, bis hin
zum Verfassungsgerichtshof, haben sollten. (Beifall bei den Grünen.) Vor
allem brauchen sie in einer Bundesregierung eine stärkere Vertretung als in
Form von vier starken Frauen.
Noch einmal
zusammengefasst: Die Zersplitterungen von großen, zentralen Bereichen bleiben
nach wie vor aufrecht; die Forschungsagenden bleiben nach wie vor auf drei
Ministerien aufgeteilt; die Unterordnung von wesentlichen Interessen –
Umwelt unter die Landwirtschaft; Arbeit, Soziales unter die Wirtschaft, weiter
zersplittert – bleibt aufrecht, und zusätzlich haben wir solche
Schmankerln wie die Zuordnung des Bundesasylsenates zum Innenministerium, was
sichtlich nur mit politischer Willkür, aber nicht mit Sachpolitik und
Sachzusammenhang erklärt werden kann. (Beifall bei den Grünen.)
18.46
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der Antrag der Frau
Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer ist genügend unterstützt, steht in
Verhandlung und zur Abstimmung.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 146 |
Abänderungsantrag der Frau Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig ist ebenfalls ausreichend
unterstützt, steht zur Verhandlung und wird abgestimmt.
Der
Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen zum
Antrag 69/A der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert
wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2003) in der Fassung des
Ausschussberichtes (30 der Beilagen)
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesministeriengesetz
1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2003) in der Fassung des
Ausschussberichtes (30 der Beilagen) wird wie folgt geändert:
Z. 2 entfällt.
*****
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort gelangt
nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
5 Minuten. – Bitte.
18.46
Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin ganz gerührt
davon, dass sich Herr Abgeordneter Wittmann, obwohl er in diesem Parlament
sonst eigentlich immer nur Negatives über die Freiheitliche Partei zu sagen
hat, plötzlich Sorgen um die Ehre der FPÖ macht. Er macht sich Sorgen, dass wir
das Gesicht verlieren würden. (Abg. Großruck:
Das ist verdächtig!) Er macht sich Sorgen, dass wir von der ÖVP über den
Tisch gezogen würden und dass wir nichts mehr zu reden hätten; das macht ihn
sogar betroffen.
Herr Wittmann,
wissen Sie was: Machen Sie sich nicht Sorgen um die Freiheitliche Partei,
sondern machen Sie sich Sorgen um Ihre eigene Partei! Die hat alle Chancen
gehabt, in die Regierung einzutreten. Die ÖVP hat mit Ihnen Gespräche geführt,
aber Sie wollten ganz einfach keine Reformkoalition bilden. (Beifall bei den
Freiheitlichen.) Sie haben Angst gehabt vor den Maßnahmen, die zu treffen
sind, um die Reformen weiterzuführen. (Abg. Dr. Wittmann: Vor denen kann man auch Angst haben!) Was Sie tun,
ist so ähnlich wie bei dem Fuchs, dem die Trauben zu hoch sind: Der weiß dann
immer nur Negatives über die Trauben zu reden. So tun Sie das auch.
Herr Wittmann hat
von diesem Bundesministeriengesetz zwei markante Punkte herausgegriffen. Ich
sehe auch zwei markante Punkte, allerdings habe ich eine andere Gewichtung. Zum
Beispiel halte ich es für außerordentlich wichtig, dass das Ministerium für
soziale Sicherheit geteilt worden ist. Ich finde auch nicht, dass es dadurch zu
einer Zersplitterung gekommen ist, Frau Abgeordnete Glawischnig, denn das
Ministerium für soziale Sicherheit und Generationen war ja ein riesiges
Ministerium mit sehr umfangreichen Agenden und Kompetenzen. Es erscheint mir
wirklich sinnvoll, dass jetzt zwei Ressorts gebildet worden sind, nämlich
eines für soziale Sicherheit und Generationen und auf der anderen Seite ein
Ministerium für Gesundheit und Frauen.
Ich verstehe
überhaupt nicht, warum die Opposition nicht glücklich ist über diese Teilung
des Sozialministeriums, denn Sie haben damit jetzt endlich das
Frauenministerium, das Sie wollten. In der letzten Legislaturperiode haben Sie
immer geweint: Bei jeder Debatte über Frauenangelegenheiten, die hier geführt
worden ist, ist geweint und gejammert worden, dass es kein eigenes
Frauenministerium gibt. Jetzt haben Sie ein Frauenministerium mit einer sehr
engagierten Ministerin, die wir schon aus früheren Zeiten kennen, und jetzt
sollten Sie eigentlich froh darüber sein, dass es das gibt. Allerdings muss ich
persönlich auch sagen, dass ich mit Herrn Minister Haupt sehr zufrieden war,
damit, wie er die Agenden der Frauen geregelt hat. Auch die Frauenvereine haben
sich nicht darüber beklagt, sondern sie alle haben unisono seine Sensibilität,
sein Verständnis gelobt. Wie gesagt, er hat das sehr gut gemacht! (Beifall
bei den Freiheitlichen.)
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Er hat dazu auch
noch ... (Abg. Dr. Jarolim:
Das höre ich jetzt zum ersten Mal!) – Sie reden viel zu wenig mit den
Frauenvereinen, wissen Sie, da haben Sie einen Nachholbedarf. – Aber er
hat sich nicht nur um die Frauen, sondern auch um die Männer gekümmert. Ich
glaube, es war auch notwendig, dass man einen solchen Impuls gesetzt hat.
Sie bemängeln weiters, dass es in der Regierung um zwei Staatssekretäre
mehr gibt. Herr Abgeordneter Wittmann, Sie waren selbst einmal Staatssekretär,
Sie sollten eigentlich wissen, dass Staatssekretäre eine wichtige Aufgabe haben
können. Diese zwei zusätzlichen
Staats-sekretäre haben wichtige Aufgaben, nämlich einerseits die Wahrnehmung
der Angelegenheiten des Sports, die durch den beim Bundeskanzleramt
angesiedelten Mag. Schweitzer wahrgenommen werden, und auf der anderen
Seite die Unterstützung des Sozialministers Haupt, die die Aufgabe der Frau
Staatssekretärin für Familienangelegenheiten und Kinderangelegenheiten ist. Ich
glaube, es ist schon äußerst wichtig, dass es für diesen Bereich –
Familie, Generationen, Kinder, Jugend, Senioren – jemanden gibt, der
speziell dafür kompetent ist.
Es geht ja darum, dass wir Reformprojekte durchsetzen wollen, die in der
vorigen Legislaturperiode begonnen wurden und jetzt fortgesetzt werden. (Abg.
Dr. Wittmann: Sie wollen immer nur!) Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Das große Ziel von uns allen muss es ja sein, die
Zukunft aller Generationen
durch rechtzeitige und nachhaltige Handlungen so abzusichern, dass
Zufriedenheit bei allen – bei den Kindern, bei den Jugendlichen und auch
bei den Älteren – herrscht. (Abg. Öllinger:
Sie sollten das Wort „nachhaltig“ nicht so oft benutzen! Das steht Ihnen
nicht!)
Vor den Wahlen reden alle von den Kindern; nach der Wahl ist das alles
nicht mehr so interessant. Dieser
Regierung sind die Kinder wichtig, und die Staatssekretärin wird sich
speziell auch den Kindern widmen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall
bei den Freiheitlichen.)
Es geht darum, Kinderrechte in der Verfassung zu verankern, Sucht- und
Drogenprävention auszubauen, unsere Jugend auch vor Gewalt besser zu
schützen. – Das alles sind Punkte, die ungeheuer wichtig sind und die eben
diesem Staatssekretariat zugeordnet sind.
Ein weiterer Kritikpunkt ist auch die Übertragung des Unabhängigen
Bundesasylsenates an das Bundeskanzleramt. (Abg. Dr. Wittmann: An das Innenministerium!) Da
wird eine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit befürchtet, ein
Abhängigkeitsverhältnis wird unterstellt, und die Effizienz der
Rechtskontrolle sei fragwürdig, so wird behauptet, weil der Unabhängige Bundesasylsenat
in Zukunft budgetär, organisatorisch und infrastrukturell dem Bundesministerium
für Inneres unterliegen soll.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Befürchtungen sind wirklich
an den Haaren herbeigezogen. Ich habe schon im Verfassungsausschuss gesagt – es
gibt das Sprichwort, manche hören das Gras wachsen –, dass in diesem Fall der
Unabhängige Bundesasylsenat das Gras wachsen hört, wenn er fürchtet, dass seine
Unabhängigkeit, die durch die Verfassung gewährleistet ist, nur deshalb in
Frage steht, weil jetzt eine organisatorische Zuordnung zum Innenministerium
vorhanden ist.
Das wäre genau so, wie wenn Richter deshalb um ihre Unabhängigkeit
fürchten würden, weil sie ressortmäßig dem Bundesminister für Justiz
unterstehen. – Das ist ganz genau dasselbe, und auch Frau Kollegin
Baumgartner-Gabitzer hat schon andere Beispiele angeführt, wo ebenfalls
unabhängige Senate einem Ministerium zugeteilt sind, dessen Materie sie regeln.
In diesem Zusammenhang werden ja die ungeheuerlichsten Verdächtigungen ausgesprochen. (Abg. Eder: Geh!) – Sagen Sie nicht „geh“! – Herr Parnigoni sagt zum Beispiel, der Innenminister wisse, was er mit dieser Verlagerung im Schilde führt; er habe eine unendliche Machtgier und wolle den Unabhängigen Bundesasylsenat unter Druck setzen. (Abg. Eder: Geh!) – Sie sagen „na geh“! – Herr Abgeordneter Parnigoni sagt sogar, er befürchte eine Aushöhlung des Asylrechts deshalb, weil der UBAS jetzt in die Kompetenz des Innenministeriums fällt. Also wissen Sie, da kennt er sich im Asylrecht aber nicht gut aus! (Abg. Eder: Geh!) – Jetzt sagen Sie noch einmal „geh“! Das gefällt Ihnen so gut! Ich finde das wirklich nicht sehr witzig. Sie sollten eher den Kollegen Parnigoni darauf aufmerksam machen, dass das Asylrecht nichts damit zu tun hat, in wessen Zuständigkeit der UBAS ressortiert. (Beifall bei den Freiheitlichen. –
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 148 |
Abg. Eder –
auf den leeren Platz des Abg. Parnigoni
deutend –:
Ich hab’ eh geschaut, wo er ist!)
Ich bin wirklich
überrascht über die Auffassungen so mancher Abgeordneter über den Rechtsstaat
und den Verfassungsstaat, darüber, dass zum Beispiel Frau Abgeordnete Stoisits
sagt, der Unabhängige Bundesasylsenat verliere jede Unabhängigkeit, wenn er dem
für Asylfragen zuständigen Minister unterstellt sei. – Da kann ich
wirklich nur sagen: Frau Abgeordnete Stoisits, Sie kennen die Gesetze nicht.
(Abg. Dr. Jarolim: Das ist
grauenhaft, was Sie da sagen!) Sie kennen auch die Verfassung nicht.
Informieren Sie sich einmal, und dann machen Sie Ihre Pressedienste! (Abg. Eder: Das ist wirklich arg!) Das
wäre wirklich besser. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten
der ÖVP.)
Jedenfalls bildet
dieses Bundesministeriengesetz eine gute Grundlage für eine gute und
aussichtsreiche Zusammenarbeit der Regierung. Wie gesagt: Machen Sie sich um
Ihre eigene Position und um Ihre eigene Partei Sorgen, und nicht um die
Freiheitliche Partei! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf
des Abg. Öllinger. – Abg. Eder: Oberlehrerin!)
18.55
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Staatssekretär Morak. – Bitte.
18.55
Staatssekretär
im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Verehrte Kollegen
auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren des Plenums! Herr Kollege
Wittmann, ich kann Ihnen eine gute Botschaft übermitteln: Als ich heute
Vormittag Herrn Vizekanzler Haupt gesehen habe, hat er sein Gesicht noch
gehabt. (Abg. Eder: Aber jetzt nicht mehr!) – Ich nehme an,
in der Zwischenzeit ist nichts anderes passiert. Ich hoffe, das ist eine gute
Nachricht für Sie. (Abg. Mag. Posch: Man kann auch das Gesicht
verlieren!)
Meine Damen und Herren! Das Bundesministeriengesetz ist jener Rahmen,
der neben dem Regierungsübereinkommen die Grundlage der Arbeit dieser
Bundesregierung bildet, und ich mache Sie darauf aufmerksam, dass die
Kompetenzverteilung und Ressortaufteilung den jeweils prioritären
Herausforderungen anzupassen sind. (Abg. Öllinger: „Jeweils
prioritär“!) Ich glaube, das ist die Hauptaussage, die hier getroffen
werden soll.
In einer Zeit, in der neue
terroristische Gefahren, kriegerische Auseinandersetzungen und neue Bedrohungsszenarien
auf uns warten, ist es nur redlich – und, so glaube ich, auch erforder-lich –,
dass es eine Bündelung der Agenden der inneren Sicherheit
im Bundesministerium für Inneres gibt. Ich meine auch, dass sich die bewährten
sozialen Sicherungssysteme, die seit dem späten 20. Jahrhundert auf dem
Prüfstand stehen und die Sicherung für das 21. Jahrhundert gewährleisten
sollen, im Mittelpunkt der Tätigkeit dieser Bundesregierung befinden und dass
zur Bewältigung dieses Kernthemas der Bundesregierung die Schaffung eines
eigenen Gesundheitsressorts notwendig ist.
Meine Damen und Herren! Auch der fortschreitenden Integration der
Europäischen Union, den neuen Chancen und Herausforderungen wurde mit der
Besetzung dieser Bundesregierung und mit der Größe dieser Bundesregierung
Rechnung getragen. (Abg. Eder: Das merkt man!)
Außerdem denke ich, dass die Errungenschaften aus dem Jahr 2000
beibehalten wurden, und damit meine ich einerseits die Schaffung des
Bundesministeriums für Arbeit und
Wirtschaft – mittlerweile hat sich ja auch die rot-grüne
Regierung in Deutschland dazu bekannt –, aber auch die Zusammenlegung von
Landwirtschaft und Umwelt zu einem „Lebensministerium“; für die Weiterführung
dieses Weges ist wohl der hier auf der Regierungsbank sitzende Bundesminister
Pröll durchaus ein Garant.
In einigen Bereichen wurden Nachjustierungen getroffen. Ich meine damit
die Fokussierung auf Frauenagenden und deren Zusammenlegung mit dem
Gesundheitsbereich. Diese Agenden fallen unter die Zuständigkeit einer Frau,
die gerade in diesem Bereich schon große Arbeit und große Leistungen vollbracht
hat, nämlich Frau Bundesministerin Maria Rauch-Kallat.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 149 |
Lassen Sie mich
noch schlagwortartig einige Veränderungen anführen: Zuständigkeit des Bundeskanzleramts
für den allgemeinen Tierschutz – die Ausarbeitung des bundesweiten Tierschutzgesetzes
hat im Bundeskanzleramt Priorität –; der Konsumentenschutz hat seinen Sitz
in Form eines Staatssekretariates im Sozialministerium; schließlich sind die
Umsiedelung der Zuständigkeit für die Frauengleichstellung am Arbeitsmarkt und
die damit verbundenen Förderungen der Frauenagenden ein wichtiges Element
dieser Bundesregierung.
Es ist
selbstverständlich und legitim, dass die Geschäftsverteilung dieser neuen Bundesregierung
von Seiten der Opposition einer Kritik unterzogen wird. Ich verweise in diesem
Zusammenhang auf die Schaffung von zwei zusätzlichen Staatssekretariaten. Sie
von den Oppositionsfraktionen meinen, dass es unverhältnismäßig wäre, wie die
Anzahl der Staatssekretäre gewachsen ist. – Dass die Anzahl der
Ministerien unverändert geblieben ist, darauf möchte ich Sie hinweisen.
Ich glaube, dass
gerade in diesen besonders betreuungsintensiven und arbeitsintensiven Bereichen
Schritte gesetzt wurden, die gerechtfertigt sind. Dies gilt beispielsweise für
die Betrauung der Staatssekretärin Ursula Haubner mit dem Bereich des
Konsumentenschutzes, ebenso wie für den Staatssekretär Helmut Kukacka, der
neben und mit dem neuen Infrastrukturminister Gorbach prioritär mit den
Angelegenheiten der ÖBB befasst ist, und auch für Karl Schweitzer, der
angesichts der Herausforderungen und des Lobbying im Bereich der Großereignisse
der kommenden Jahre – damit meine ich die Europameisterschaft und die Olympischen
Spiele – eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hat. Sie werden sich wohl noch
daran erinnern – ich habe das auch im Ausschuss gesagt –, dass ein
Mann wie seinerzeit Kollege Wittmann, der mit den Agenden für Sport, Kultur und
Europa betraut war, einen so großen Bereich überhaupt nicht abdecken und so
viel überhaupt nicht leisten kann. Ich glaube, wir haben die richtigen Schlüsse
daraus gezogen.
Ich möchte auch
darauf hinweisen, dass die österreichische Bundesregierung einerseits in Bezug
auf andere Regierungen vor ihr, andererseits aber auch auf europäischer Ebene
den Vergleich durchaus nicht zu scheuen braucht.
Es ist hier schon
angeklungen: Kabinette Vranitzky I und IV: 21 Regierungsmitglieder,
Kreisky IV, Sinowatz: 22 Regierungsmitglieder. Wenn wir das auf vergleichbare
Länder in Europa umlegen – dieser Vergleich ist ganz interessant! –, dann sehen wir: Griechenland
hat 19 Minister und 29 Vizeminister, Irland hat 15 Minister und
17 Staatssekretäre, Schweden hat gar 23 Minister und
27 Staatssekretäre. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Vor drei
Jahren hat er das Gegenteil erzählt!)
Meine Damen und
Herren! Ich glaube, zum Unabhängigen Bundesasylsenat hat die Kollegin
Partik-Pablé bereits ausreichend Stellung genommen. Es gibt durchaus Argumente
für die Situierung des UBAS im Innenministerium. Die Kritik ist meiner Meinung
nach schon überzogen. Es ist durchaus verständlich, dass die Opposition hier
Kritik übt, aber vertrauen Sie in dieser Hinsicht auf die österreichische
Verfassungsordnung und vertrauen Sie, wenn Sie das schon nicht tun, auf die
Integrität der Mitglieder des Bundesasylsenates! (Beifall bei der ÖVP und
den Freiheitlichen.)
19.01
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Prähauser. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
5 Minuten. – Bitte.
19.01
Abgeordneter
Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte
Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Gegenstand des
Bundesministeriengesetzes ist die Verteilung der Ressortzuständigkeiten.
Personelle Angelegenheiten der Obersten Organe der Vollziehung mit Ausnahme des
Bundespräsidenten fallen demnach in die Zuständigkeit des Bundeskanzlers. Zu
solchen personellen Angelegenheiten gehören auch die der Bezugsfortzahlung nach
dem Bundesbezügegesetz. Die gegenständliche BMG-Novelle belässt die Kompetenz
beim Bundeskanzler, weswegen sich die unterzeichneten Abgeordneten zu
vorliegendem Entschließungsantrag veranlasst sehen, den ich zu Beginn meiner
Ausführungen einbringen darf:
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 150 |
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Dr. Cap, Marizzi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend
Aufforderung zu einer Überprüfung der Inanspruchnahme der Bezugsfortzahlung
nach dem Bundesbezügegesetz, eingebracht im Zuge der Debatte zur
Bundesministeriengesetz-Novelle 2003
Der Nationalrat
wolle beschließen:
Der Bundeskanzler
wird aufgefordert, dem Nationalrat bekannt zu geben, ob Mathias Reichhold eine
Bezügefortzahlung nach seiner Amtstätigkeit als Verkehrsminister erhält,
erhalten hat oder erhalten wird. Der Bundeskanzler wird weiters aufgefordert,
auch bekannt zu geben, ob Mathias Reichhold deswegen keine Bezügefortzahlung
nach seiner Amtstätigkeit als Verkehrsminister erhält, weil ihm eine
Abfertigung oder eine vergleichbare Zahlung als Kärntner Landeshauptmann-Stellvertreter
in Anrechnung zu bringen ist, und wie hoch dieser Anrechnungsbetrag ist.
Der Bundeskanzler
wird aufgefordert, die Rechtmäßigkeit der Bezugsfortzahlung an Mathias
Reichhold zu überprüfen, insbesondere im Hinblick auf die oder den bestehenden
Pachtvertrag/verträge abgeschlossen zwischen Mathias Reichhold und seiner
Ehegattin oder sonstigen Familienmitgliedern über die Verpachtung seines
landwirtschaftlichen Betriebes, beziehungsweise wird der Bundeskanzler
aufgefordert, zu überprüfen, ob eine Bezugsfortzahlung – die vermutlich
erfolgt wäre, hätte nicht eine öffentliche Diskussion darüber begonnen –
in Anbetracht der genannten Umstände rechtmäßig gewesen wäre.
Der Bundeskanzler
wird abschließend aufgefordert, das Ergebnis dieser Überprüfung dem Nationalrat
bekannt zu geben, insbesondere wird er aufgefordert, bekannt zu geben, warum
seiner Meinung nach die Bezugsfortzahlung an Mathias Reichhold rechtmäßig oder
unrechtmäßig ist beziehungsweise gewesen wäre.
*****
Herr Präsident!
Ich bitte, diesen Antrag in die Beratungen aufzunehmen.
Hohes Haus! Kollegin Baumgartner-Gabitzer hat gemeint, die
Sozialdemokraten wären der Anwalt der Freiheitlichen Partei. – Dem ist
sicher nicht so. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer – auf Abg. Dr. Wittmann deutend –: Herr Wittmann!) Die
Sozialdemokraten sind jedoch eine Partei der Demokratie, eine
Partei, die die Arbeit um die Republik ernst nimmt und vor allem ihre
jeweiligen Partner korrekt behandelt, respektiert und ernst nimmt.
Ich erinnere an die Verhältnisse, als die Sozialdemokraten nahezu
40 Prozent der Stimmen im Nationalrat hatten und die ÖVP nicht einmal
30 Prozent. Damals waren für uns natürlich paritätische Ergebnisse bei
Regierungsverhandlungen selbstverständlich. Sie von der ÖVP
verfahren mit Ihren Möglichkeiten heute anders.
Meine Damen und Herren! Ich darf noch einmal daran erinnern – mein
Kollege Staatssekretär außer Dienst Wittmann hat es ja schon gesagt –: Die
Regierung hat mit den Finanzressourcen nicht jene Sorgfalt an den Tag gelegt,
die wir erwartet haben. Zwei Staatssekretariate mit über
2,5 Millionen € an jährlichen Kosten schlagen hier zu Buche, obwohl
diese Regierung nichts unversucht lässt, die Belastungen der Bevölkerung nach
oben zu schrauben.
Das sind Staatssekretariate, über die man diskutieren kann. Die
Einrichtung eines Staatssekretariats für Sport – wir hatten vorher ein
Bundesministerium, das den Sportbereich beinhaltet hat – erweckt für uns
den Anschein, dass dieses Sekretariat nur deshalb dem Bundeskanzler zugeordnet
wurde, um mögliche Publicity-Ressourcen im Bundeskanzleramt zu vereinen.
Beim Staatssekretär für Verkehr liegt der Verdacht nahe, dass die
Wertschätzung des Koalitionspartners hier nicht mehr gegeben war. Nachdem dort
drei Minister gekommen und gegangen waren und entsprechend erfolglos
gearbeitet hatten, war es aus Sicht des größeren Koalitionspartners
wahrscheinlich notwendig, hier unverzüglich einzugreifen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 151 |
Meine Damen und
Herren! Es gibt auch drei „Stillhaltepositionen“ in dieser Regierung: Wir haben
einen Verteidigungsminister, der am Tag seiner Angelobung bereits merken
durfte, wie groß die Stiefel seines Vorgängers waren, als er aus den Medien
entnehmen konnte, dass das Heer halbiert werden sollte.
Eine weitere Stillhalteposition belegt Verkehrs-Staatssekretär Kukacka
aus Oberösterreich, dessen größte Errungenschaft – wie wir heute den
Medien entnehmen durften – eine „wundersame“ Vermehrung seines
Pensionsanspruches ist.
Wir haben einen Landwirtschaftsminister, der in Zukunft Gelegenheit
haben wird, zu beweisen, dass er in die öffentliche politische Arbeit mehr
einbringt als die Verwandtschaft zum Landeshauptmann Niederösterreichs. (Abg.
Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das ist billig!)
Meine Damen und Herren! Ich frage mich: Wie fühlt sich eine FPÖ, die
dermaßen desavouiert wurde, die dermaßen über den Tisch gezogen wird? (Abg.
Dr. Partik-Pablé: Aber geh! Dasselbe wie der Wittmann! Haben Sie
die Rede vom Wittmann erwischt?) Ein Vizekanzler, der ein gelernter
Tierarzt, ein Veterinär ist, dem diese Agenden abhanden gekommen sind, das ist
aus unserer Sicht eine Beleidigung – ohne da großes Mitgefühl zu haben.
Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Es hat Sie niemand
dazu gezwungen, in die Regierung zu gehen. Das war Ihr Wille, Sie haben dafür
das letzte Hemd geopfert, und Sie werden die Konsequenzen zu tragen haben.
(Beifall bei der SPÖ.) Ihr Koalitionspartner wird allerdings die
Verantwortung dafür tragen müssen, dass Sie irgendwann erkennen werden, dass
Sie hier über den Tisch gezogen wurden, und dann gebe ich für diese Regierung
keinen Pfifferling mehr. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé:
Und Sie werden auch die Verantwortung tragen!)
19.07
Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, den Herr
Abgeordneter Prähauser vorgetragen hat, ist genügend unterstützt und steht
daher mit zur Verhandlung.
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. Freiwillige
Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.
19.07
Abgeordneter
Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Mein Herren
Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist eine sehr
gleichmäßige Rhetorik, die wir von der Opposition heute hören, und ich sage
Ihnen Folgendes (Zwischenruf des Abg. Öllinger): Opposition
heißt nicht, immer nur weinerlich kritisieren zu müssen. Sie könnten ohne
Weiteres auch einmal konstruktive Vorschläge machen. (Abg. Öllinger:
Gerne!) Es ist Ihnen auch nicht verboten, einmal einen Gesetzesantrag wirklich
durchzulesen und daraus echte Überlegungen abzuleiten.
Wenn Sie heute weinerlich an unseren Koalitionspartner herantreten und
ihm einreden wollen, wie schlecht es ihm geht (Abg. Reheis: Das weiß
er selbst!), dann sage ich Ihnen: Lesen Sie die Bürgschaft: „Zurück, du
rettest den Freund nicht mehr ...“!
Sie haben nicht den Mut gehabt, mitzuregieren. Daher bitte ich Sie,
danach zu trachten, dass Sie eine ordentliche Oppositionspolitik auf die Beine
bringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Meine Damen und Herren! Am 6. März hat der Herr Bundeskanzler eine
beeindruckende Regierungserklärung abgegeben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Er hat sein Regierungsteam vorgestellt, und es
wurde auch allseits gewürdigt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig.)
Heute legen wir das Bundesministeriengesetz vor. Ich sage Ihnen Folgendes:
Im Jahr 2000 haben Sie unendlich laut darüber geweint, dass
Sie es nicht ertragen können, dass in der Republik plötzlich ein
Wirtschaftsminister auch die Agenden des Arbeitsministers übernehmen darf, muss
und soll. Sie können sich nach dreieinhalb Jahren davon überzeugen: Es ist gut
gegangen, und in der Zwischenzeit wurde es in Deutschland nachgemacht. Daher:
Eine römische Eins für unsere Regierung! (Abg. Öllinger: Nicht immer
dasselbe, Donabauer!)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 152 |
Zweitens: Sie
haben darüber geweint, dass es nicht möglich sei, dass Landwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft zusammengelegt werden. Molterer hat es gut gemacht
(Abg. Eder: Auch der Pröll?); Pröll wird es auch gut machen. Der
Name Pröll bürgt für Qualität, egal ob er der Neffe des Landeshauptmannes ist
oder nicht. Das ist eine sehr schwache Behauptung, Herr Prähauser, wenn Sie
meinen, der Herr Dipl.-Ing. Pröll wäre nur deshalb zum Minister berufen
worden. (Abg. Reheis: Vetternwirtschaft nennt man das!)
Herr Prähauser! Er
hat die nötigen Qualitäten, die Sie nicht haben, denn sonst
hätten Sie keinen Antrag an den Herrn Bundeskanzler gestellt, wonach Sie jetzt
plötzlich wissen wollen, ob der Herr Minister Reichhold eine Bezugsfortzahlung
bekommt oder nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg.
Dr. Jarolim: Der Pröll ist wesentlich seriöser als der Bundeskanzler!) Sie kennen das Bezügegesetz, Sie haben es hier
mitbeschlossen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie brauchen nur Zeitungen
zu lesen. Dass der Herr Kollege Reichhold aus der Regierung ausgeschieden ist,
das wissen Sie ja, und Sie wissen auch, dass er zurzeit kein Geld bekommt, weil
das mit seiner bisherigen Abfertigung gegengerechnet wird. Das haben Sie selbst
beschlossen! Kritisieren Sie nicht, was Sie selbst beschlossen haben! Lesen
Sie das, was Sie sich selbst zum Ziel gesetzt haben!
Noch etwas anderes:
Wir haben diese Regierung nicht nach Personen ausgerichtet, wie hier behauptet
worden ist – diese Regierung verfügt über Persönlichkeiten –, sondern
nach Bedürfnissen. Sie wissen, dass die Regierung heute ein ganz
starkes Mandat in Europa wahrzunehmen hat und dass im neuen, größeren Europa
jede Bundesregierung mehr gefordert sein wird. Wenn diese Regierung heute
deshalb kritisiert wird, weil sie angeblich größer sei als die vorherige, ist
dem entgegenzuhalten: Es gab schon größere, das ist Ihnen bereits gesagt
worden, das brauche ich Ihnen nicht noch einmal zu erzählen.
Nun ein paar
konkrete Dinge: Die Teilung des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und
Generationen in zwei neue Regierungsstellen macht Sinn, denn der
Konsumentenschutz hat heute für uns alle eminente Bedeutung. Ich bin der
Überzeugung, dass echte Konsumentenschutzpolitik letzten Endes hier
angesiedelt sein muss und nicht in all jenen Organisationen, wo immer sie sich
über die Medien melden wollen. Hier muss Konsumentenschutz gemacht werden, und
hier wird er voll und gut und ganz gemacht. (Beifall bei der ÖVP. –
Abg. Reheis: Wo „hier“? – Abg. Dr. Jarolim: „Hier“ am
Rednerpult?)
Nächster Punkt:
Wir werden eine Pensionssicherungsreform machen. Wir haben bereits in den
Jahren 1995, 1997 und 2000 Pensionsreformen gemacht. Sie waren alle gut,
allerdings zu wenig visionär. Ich weiß es genau: Ihre Frau Minister Hostasch
wollte eine viel weiter reichende Entscheidung treffen, aber Sie haben ihr das
nicht ermöglicht. Sie waren einfach zu wenig entschlossen, es hat Sie der Mut
verlassen. Hostasch wollte das, weil sie gewusst hat, worum es geht. Ich denke,
dass wir in der nächsten Zeit gemeinsam etwas machen müssen, wenn wir der
nächsten Generation noch Sicherheit anbieten und glaubwürdig in Aussicht
stellen wollen.
Wenn wir heute
hier ein Bundesministeriengesetz beschließen, das auch für die Gesundheit ein
eigenes Regierungsressort vorsieht, dann meine ich, dass Sie mehr tun sollten,
als Zwischenrufe zu machen. – Das gelingt Ihnen ohnedies nicht
gut. – Denken Sie doch einmal daran, wo wir in der Gesundheitspolitik
wirklich stehen: Wir stehen nicht vor dem Chaos, aber wir stehen vor sehr
schwierigen Entscheidungen. Es ist gut, wenn man dafür genügend Zeit und ein
eigenes Ressort mit einer wirklich kompetenten Person hat.
Wir werden uns
bemühen, dass wir das, was wir uns vorgenommen haben, in nächster Zeit wirklich
auf den Boden bringen und eine gute Politik für dieses Land machen. Dazu laden
wir auch die gesamte Opposition ein: Sie sollen kritisch sein, Sie sollen uns
kritisch betrachten, Sie sollen uns aber nicht nur immer kritisieren, sondern
Sie dürfen auch manchmal gute Vorschläge machen. (Abg. Reheis: Und
Sie dürfen unsere Vorschläge auch annehmen!) Wir würden sie gerne hören. (Beifall
bei der ÖVP.)
19.13
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 153 |
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Öllinger. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Jarolim:
Aber Sie bringen es nicht auf den Boden, sondern in den Boden! –
Abg. Donabauer – in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –:
Lieber Kollege! Ihr Schwachsinn ...!)
Bitte, Herr
Kollege, das geht nicht! Bitte! (Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen
Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Also ich gehe davon aus, dass Sie diesen
Ausdruck nicht aufrechterhalten, und jetzt gelangt Kollege Öllinger zu Wort.
19.14
Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrte Herren und
Damen Präsidenten, Minister, Staatssekretäre – eigentlich sind es nur mehr
Herren! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenum! Abgeordneter Donabauer hat in
seiner erfrischenden Art (Heiterkeit)
die Opposition zu attackieren gemeint: Macht doch nur Vorschläge, Vorschläge
sind immer erwünscht! Herr Abgeordneter Donabauer! Fangen wir an mit einem
Vorschlag, der sich nicht unmittelbar auf das bezieht, was Sie gesagt haben;
dazu komme ich dann später noch.
Ich beginne mit
dem, was Kollege Prähauser vorgeschlagen hat. Er hat nämlich einen Antrag
eingebracht, man könnte es auch als Vorschlag bezeichnen, einen Vorschlag, der
zur Debatte und zur Abstimmung steht. Es ist also keineswegs so, dass die
Opposition überhaupt nichts zu sagen hätte. Der Vorschlag bezieht sich auf das
leidige Kapitel Entgeltfortzahlung, in diesem Fall von Ministern. Wir schleppen
da etwas mit uns herum, mit dem wir nicht ganz glücklich sind. Das betrifft
übrigens nicht nur die Entgeltfortzahlung, sondern auch einige andere Punkte im
Bezügegesetz – ich will mich dabei nicht aufhalten. Nur so viel als
Anmerkung: Morgen haben Sie, hat Ihre Fraktion, Herr Kollege Donabauer, genauso
wie alle anderen Fraktionen im Rechnungshofausschuss die Möglichkeit,
Vorschläge zur Verbesserung dieser Situation einzubringen.
Natürlich kann man das auch mit einem Antrag versuchen, mit dem man das
an das Bundeskanzleramt weiterreicht und verlangt, dass dort irgendwelche
Vorschläge ausgearbeitet werden sollen. Der Punkt ist allerdings der, dass wir
bei der Entgeltfortzahlung alle wissen, worum es geht, nämlich dass ein Entgelt
oder ein Einkommen aus Pacht nicht als Einkommen aus Erwerbstätigkeit
angesehen wird und angesehen werden kann und dass sich daraus – genauso
wie bei Einkommen aus Kapitalvermögen – die Situation ergibt, dass einige
jetzt ausgeschiedene Minister, aber auch Abgeordnete sagen: Unsere Einkünfte
aus Kapital beziehungsweise Verpachtung sind keine Einkommen, und daher steht
uns die Entgeltfortzahlung zu. Dabei blicke ich ganz besonders in die Reihen
der Freiheitlichen Partei, weil sie morgen im Rechnungshofausschuss Vorschläge
machen kann, um diese Situation zu verbessern. Und es gibt auch von unserer
Seite Vorschläge, Kollege Donabauer.
Jetzt komme ich zu dem, was Sie, Kollege Donabauer, aber nicht nur Sie,
sondern auch einige andere Vorredner bereits angesprochen haben, und das
betrifft eines der Kapitel der Neuorganisation der Ministerienlandschaft: das
Sozialministerium. In diesem Zusammenhang hat mich natürlich die Rede, die der
Herr Staatssekretär vorgetragen hat, besonders beeindruckt, in der er von der Bündelung
der Kräfte gesprochen hat, die notwendig sei, allerdings nur dort, wo es um den
Terrorismus gehe. Darum müsse das auch im Innenministerium zusammengefasst
werden.
Herr Staatssekretär! Was wir im Bereich Soziales erleben, ist nicht eine
Bündelung, sondern die Entfesselung der Kräfte in diverse Ministerien. (Abg.
Dr. Jarolim: Das ist eine Zersplitterung!) Wie bitte? –
Die Splitterung könnte man auch sagen, ja. – Wir hatten ein
Sozialministerium, das zeitweise all die Agenden, die jetzt drei Ministerien
erfüllen sollen, in sich vereinigte. Das war das alte
Sozialministerium, wie es ein alter Recke wie Abgeordneter Donabauer natürlich
noch gut kennt. Er ist aber der Meinung, dass jetzt eines nicht mehr genügt –
seit 2000 gibt es ja bereits zwei, nämlich auch das Wirtschaftsministerium,
das einen wesentlichen Teil der Agenden des Sozialministeriums übernommen hat,
und zwar das Kapitel Arbeit –, sondern es braucht jetzt noch ein drittes
Ministerium: das Ministerium für Gesundheit.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 154 |
Und wie begründet
Kollege Donabauer das? – Es gebe im Gesundheitsbereich so viele neue
Herausforderungen, die es notwendig machten, sie in einem Ministerium, nämlich
dem Gesundheitsministerium, zu bündeln. Was Kollege Donabauer leider
übersieht, ist, dass es Teil des Regierungsübereinkommens ist, dass die
Gesundheitspolitik in Zukunft nicht mehr gebündelt, sondern noch weiter
zersplittert wird, in neun Länder nämlich. Dort sitzen in Zukunft
die Gesundheitsminister! Neun Gesundheitsminister und eine Frühstücksdirektorin
als Gesundheitsministerin, die dann keine Aufgaben mehr hat, wenn Ihr Konzept
von Länderfonds tatsächlich umgesetzt wird.
So schaut die Realität Ihrer Sozialpolitik aus! Kollege Donabauer! Ich
halte es wirklich für eine kleine Anmaßung, wenn Sie behaupten, die Opposition
mache keine Vorschläge. Her mit den Vorschlägen der Opposition! Wir sagen
Ihnen, Kollege Donabauer, wenn Sie nur einen Moment zuhören würden – aber
macht ja nichts, Sie wissen es ja ohnehin –, dass das die falsche Antwort
ist. So kann man die Sozialpolitik tatsächlich nicht reformieren und
verbessern. (Beifall bei den Grünen
und der SPÖ.)
Und wenn Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, der
Meinung sind, dass es den Frauen am Arbeitsmarkt hilft, wenn man das Kapitel
Gleichstellung von Frauen am Arbeitsmarkt jetzt in ein Ressort hineinverlegt,
das sonst keine Agenden im Bereich der Arbeitsmarktpolitik hat, dann ist das
genau das Gleiche.
Was ich Ihnen unterstelle, meine sehr geehrten Damen und Herren von den
Regierungsparteien, und zwar unabhängig davon, was sich die Freiheitliche
Partei dabei gedacht hat, als sie sich das hat gefallen lassen, ist, dass es Absicht
ist, dass Sie ganz mit Absicht den nicht unwichtigen Bereich Sozialpolitik auf
drei Ministerien, die sich gegenseitig kontrollieren, aber eigentlich nicht
beeinflussen können, aufteilen, dass Sie wesentliche Agenden der Sozialpolitik
an die Länder weiterreichen – im Bereich der Gesundheit, aber auch im
Bereich der Arbeitsmarktpolitik, wo Sie ja in Zukunft die
NotstandshilfebezieherInnen an die Sozialhilfe weiterleiten wollen, also
aussteuern wollen. Das hatten wir ja bereits einmal!
Wenn man das alles sieht, meine sehr geehrten Damen und Herren und Herr
Kollege Donabauer, dann kann man nicht mehr sagen, dass den
Oppositionsparteien der Mut zum Regieren fehle, sondern dann müssen Sie zur
Kenntnis nehmen: Es geht nicht um den Mut oder den fehlenden Willen. Derartige
Konzepte, wie Sie sie hier auf Ebene der Ministerien, aber auch auf der
dahinter liegenden inhaltlichen Ebene in den Bereichen Gesundheit, Arbeitsmarkt
und Sozialpolitik ganz im Allgemeinen durchsetzen wollen, die können Sie mit
uns sicherlich nicht durchsetzen, und das ist der Grund! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der SPÖ.)
19.20
Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. 5 Minuten, soviel ich weiß. – Bitte.
19.21
Abgeordneter
Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Präsident!
Liebe Regierungsmitglieder! Herr Abgeordneter Prähauser, der
Entschließungsantrag, den Sie hier eingebracht haben, den hätten Sie sich
sparen können, wenn Sie auf Effizienz gesetzt hätten, denn es wäre seriös und
einfach gewesen, wenn Sie uns gefragt hätten. Wir hätten Ihnen jede Auskunft
erteilt, was die Vergangenheit beziehungsweise Gegenwart des scheidenden
Ministers Reichhold betrifft.
Wenn Sie hier die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Bezugsfortzahlung
aufwerfen, muss ich Ihnen sagen: Das haben ja Sie selbst mit den Grünen
beschlossen! Wir wollen das in Frage stellen, wir erkennen die Sinnhaftigkeit
dieser Bezügeregelung nicht und wollen sie eigentlich modernisieren. Gehen Sie
mit uns gemeinsam einen neuen, einen intelligenteren Weg in die Zukunft!
Darüber können wir gerne diskutieren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf bei der SPÖ.) Machen
wir!
Was die Causa Reichhold betrifft, habe ich hier ein amtliches Dokument der Kärntner Landesregierung, und ich darf Ihnen das zur Kenntnis bringen – ich zitiere –: Herr Ing. Reichhold erhielt seitens des Landes Kärnten nach den damaligen maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen für die Funktionszeit vom 24. März 1992 bis 6. November 1994 als Landeshauptmann-Stell-
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 155 |
vertreter eine Fortzahlung der Bezüge für die Dauer von
sechs Monaten. Über Wunsch des Herrn Ing. Reichhold erfolgte die
Auszahlung nicht auf sein Gehaltskonto, sondern auf das Konto „Bauern in Not“
bei der Raiffeisen-Bezirksbank St. Veit an der Glan. – Zitatende. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Ich hoffe, das
genügt Ihnen – wir haben eine Kopie für Sie vorbereitet. (Abg.
Dr. Partik-Pablé – in Richtung SPÖ –: Das sollten Sie
einmal nachmachen! – Abg. Wittauer – in Richtung SPÖ –:
Reden wir einmal über die von euch, die ausgeschieden sind, da gibt es ja auch
ein paar!)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass die Fragen zur Causa Reichhold damit
ausreichend beantwortet wurden, und möchte noch ganz kurz auf die Kompetenzverteilung
im Zuge des Bundesministeriengesetzes eingehen. Ich denke, dass es um eine Fortentwicklung
geht, gespeist aus Erfahrungen, die die Regierungsmitglieder in der
Vergangenheit gewonnen haben. Wir in der Wirtschaft würden sagen: das ist ein
Update, Herr Kollege Broukal, eine Weiterentwicklung, ein Update, wie wir es in
der Wirtschaft in den Führungsetagen verschiedenster Unternehmungen hin und
wieder vollziehen, und ich denke, dass das sehr wichtig ist. (Abg. Broukal:
Updates sind ...!) Ja, das ist nicht „Modern Times“, das ist Vergangenheitsbewältigung,
die Sie betreiben.
Herr Präsident
Fischer wies im Ausschuss darauf hin, dass der Bereich Forschung und
Forschungskompetenz in der Ressortzuteilung zu wenig vertreten oder
berücksichtigt worden sei. Sie haben sicher insofern Recht, als dass die
Forschungskompetenz etwas sehr Wichtiges ist, auf das wir auch künftighin nicht
verzichten dürfen. Für die Forschung und die Aufgaben im Bereich Forschung und
Entwicklung, die Investitionen in Forschung und Entwicklung sind aber ausreichend
budgetäre Mittel vorgesehen, sodass es in diesem Bereich in Zukunft zu keinen
Schlechterstellungen kommen wird. Was die Forschung betrifft, ist aber eine
Bündelung nicht einfach und auch nicht sinnvoll, weil es eine
Mehrdimensionalität gibt, die in die Kompetenzbereiche unterschiedlichster
Ministerien hineinreicht, und daher ist der eingeschlagene Weg auch richtig und
sinnvoll. (Beifall bei den
Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Als Abgeordneter
der Tourismuswirtschaft darf ich eine leise Kritik anbringen, was den Wegfall
des Staatssekretariats für Tourismus betrifft. Unsere Kollegin Mares Rossmann
hat in den letzten Jahren sehr gute Leistungen erbracht, die Signalwirkungen
für die österreichische Tourismuswirtschaft gehabt haben. Es geht immerhin
um eine Million Menschen in unserem Land, die direkt oder indirekt im
Tourismus, in der Tourismuswirtschaft beschäftigt sind, und es geht um
17 Prozent des BIP. Das ist der bedeutendste Wirtschaftszweig unseres
Landes. (Abg. Eder: Brauchen wir dazu jetzt keinen Staatssekretär
mehr?) Ich würde mir wünschen, dass wir gemeinsam – und vielleicht
bekommen wir ja dafür auch Unterstützung von Seiten der ÖVP – einen
Tourismusausschuss in diesem Haus einrichten, der die Belange des Tourismus in
nächster Zukunft sichert. (Beifall
bei den Freiheitlichen. – Abg. Broukal: Das ist aber ein Downsizing!)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Mir ist eine seriöse und größere, aber kompetente
Regierung, die Kosten spart, lieber als weniger Regierungsmitglieder, die
Kosten verursachen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
19.25
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Mag. Posch. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. –
Bitte.
19.26
Abgeordneter
Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus!
Das neue Bundesministeriengesetz bringt auffälligerweise eine Reihe von
Kompetenzverschiebungen vor allem hin zu schwarzen Ministern, und das
sicherlich auf Grund des desaströsen Wahlergebnisses der FPÖ. So wird der
Bundeskanzler aufgewertet, erhält alle Kompetenzen, inklusive Sport, aus dem
völlig abgeschafften Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport,
woraus man den Schluss ziehen kann, dass die Arbeit von Frau Vizekanzlerin
Riess-Passer in der Vergangenheit ziemlich redundant gewesen sein
dürfte. – Im Lichte der Ereignisse der letzten Wochen hält sich allerdings
der Schmerz einigermaßen in Grenzen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 156 |
Desgleichen gibt
es insgesamt zwei Staatssekretäre mehr – von wegen schlanker Staat –,
dafür gibt es in der neuen Regierung – mein Vorredner, Herr Bucher, hat
das ja bereits angeschnitten – den Tourismus beziehungsweise die Frau
Tourismus-Staatssekretärin nicht mehr, wobei deren Arbeit in der Vergangenheit
eher im Verborgenen geblüht hat, was eigentlich schade ist, zumal der Tourismus
einen nicht unerheblichen Beitrag zum Sozialprodukt leistet.
Und wie sagte
anlässlich der Konstituierung der letzten Bundesregierung der damalige
freiheitliche Abgeordnete und Finanzsprecher Trattner? Ich zitiere:
„Wir haben ein
Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport geschaffen, damit die
Verwaltungsreform endlich vorangetrieben werden kann ..., damit hier
endlich einmal begonnen wird, effizient zu arbeiten ...“
Und weiters sagte
er – ich zitiere –: „Wir haben auch etwas gemacht, wozu Sie früher
immer nur ein Lippenbekenntnis abgegeben haben: Wir haben auch ein
Staatssekretariat für Tourismus geschaffen, und zwar deshalb, weil wir es
einfach satt gehabt haben, dass wir immer nur in Sonntagsreden davon gehört
haben, dass für die Tourismuswirtschaft etwas getan werden soll.“
Da wird einem
wirklich warm ums Herz! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den
Freiheitlichen.)
Ein wirklich
gravierender Fauxpas ist der Regierung jedoch mit der Verschiebung des Unabhängigen
Bundesasylsenats, UBAS, vom Bundeskanzleramt in das Innenministerium passiert.
Entgegen dem, was Frau Baumgartner-Gabitzer und Kollegin Partik-Pablé gesagt
haben, ist festzuhalten, dass der UBAS 1998 als unabhängige
Berufungsbehörde in Angelegenheiten des Asylgesetzes eingerichtet wurde. Der
Verein der Mitglieder der Unabhängigen Verwaltungssenate sagt dazu – ich
zitiere –: Der UBAS ist eine auf dem Gebiet des Asylrechts und des Abschiebeschutzes
auch international allerseits anerkannte rechtsstaatliche Instanz zur Gewährleistung
der Menschenrechte. – Zitatende. Und er wurde nicht zu Unrecht
organisatorisch dem Bundeskanzleramt zugeordnet, in der Absicht nämlich, diese
Unabhängigkeit auch zu sichern, und so ganz und gar können sich Khol und
Kostelka bei der Konstruktion des Gesetzes wohl nicht geirrt haben.
Auch der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und der Verfassungsgerichtshof
weisen in ihrer ständigen Judikatur stets darauf hin, dass der Anschein der
Unabhängigkeit ein ganz bedeutender sei und dass es mit der Bundesverfassung
unvereinbar sei, wenn das kontrollierte Organ über budgetäre, personelle oder
infrastrukturelle Mittel oder Maßnahmen auf die Befindlichkeit des Kontrollors
Einfluss nehmen könne.
Es geht also um
die Atmosphäre, und nun gilt gerade Bundesminister Strasser als ein liberaler
Mann. (Abg. Dr. Jarolim: Wer sagt das?) Aber bei einem
anderen Innenminister mit ausgeprägten machiavellistischen Neigungen, der
beinhart seine eigenen persönlichen und machtpolitischen Entscheidungen
durchdrücken wollte und nicht nach dem Prinzip der Ausgewogenheit verfährt
wie Minister Strasser, wäre das schon ein Problem.
Nun wurde auch argumentiert – ich meine, ÖVP-Generalsekretär Lopatka hat das gesagt –, dass die Eingliederung des UBAS ins Innenressort zu einer Vereinfachung und Verkürzung der Asylverfahren führen würde und dass es deutliche Synergieeffekte geben würde. (Abg. Freund: Stimmt!) Das ist alles kein Problem, weil Minister Strasser bekanntlich ein sehr liberaler Mann ist. Aber wenn es einen Innenminister mit ausgeprägt machiavellistischen Neigungen geben würde, der seine strukturpolitischen Vorstellungen mit der, wie es in Floskeln heißt, „vorübergehenden anderen Verwendung“ von Mitarbeitern durchsetzen würde, der höchstrangige Beamte unter dem Vorwand von Reformen in subalterne Abteilungen relegierte, dann wäre die ganze Geschichte schon ein Problem.
So sagt der
Präsident des Verwaltungsgerichtshofes: Ich sehe das sehr kritisch. Man hat den
Bundesasylsenat aus guten Gründen im Bundeskanzleramt eingerichtet, um eine
gewisse Distanz zu schaffen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 157 |
Weiters sagt er
zur Frage der Verkürzung der Verfahren, dass er das durchaus skeptisch sehe,
weil dann Asylwerber in einem Kurzverfahren ohne Berufungsmöglichkeit sofort
zurückgewiesen werden könnten. Dann könnten alle Betroffenen am Ende beim
Verwaltungsgerichtshof Beschwerde führen, was den Verwaltungsgerichtshof völlig
lahm legen würde. – So viel zum Herrn Verwaltungsgerichtshofpräsidenten
und so viel zum Herrn Generalsekretär Lopatka.
Der Verein der österreichischen Verwaltungsrichter sagt, dass die
Einrichtung des Unabhängigen Bundesasylsenates zu einer beträchtlichen
Verbesserung der Qualität der Berufungsentscheidungen in Asylsachen geführt
hat.
Nun wäre das alles kein besonderes Problem, denn Bundesminister Strasser
ist, wie wir alle wissen, ein liberaler Mann. Aber wenn es einen anderen
Bundesminister mit ausgeprägten machiavellistischen Neigungen gäbe, der zum
Beispiel bei Reformen Sektionen gründet und sie dann wieder auflöst, der zum
neuen Leiter der Asylabteilung einen Menschen bestellt, der angeblich die
Folter als verhältnismäßig geringe vorübergehende Beeinträchtigung bezeichnet
haben soll – ich weiß nicht, ob das Zitat stimmt –, dann wäre das
vermutlich schon ein Problem, denn oft geht es bei Flüchtlingen wirklich um
Leben und Tod. Daher wird mit allen Rechtsmitteln gegen Entscheidungen gekämpft
und daher ist auch jeder atmosphärische Schein von Verletzung der
Unabhängigkeit zu vermeiden.
Das ist alles nicht so schlimm. Man muss nichts befürchten, denn
Bundesminister Strasser ist, wie wir alle wissen, ein sehr liberaler Mann. (Abg. Walch:
Das wissen wir jetzt schon!) Aber wenn es einen anderen Bundesminister mit
ausgeprägten machiavellistischen Neigungen gäbe, der durch kühne
Organisationsreformen fast alle Führungspositionen neu ausschreiben lässt (Abg. Eder:
Schüssel zum Beispiel!), um
ihm genehme oder willfährige Beamte zu installieren, dann wäre das schon ein
Problem. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Das ist immer ein
Problem!) Da hilft es auch nichts, wenn der ÖVP-Sicherheitssprecher
Kiss – wo ist der eigentlich? (Abg. Eder: Der ist schon weg!) – dem
Herrn Minister sekundiert, es bringe dem Bürger nichts, wenn einige hundert
Beamte hinter Aktenbergen verschwinden.
Wenn also unter dem Vorwand von Strukturreformen ein munteres
Köpferollen eingeleitet wird, dann ist auch für den Unabhängigen
Bundesasylsenat präventiv Wachsamkeit geboten, vor allem dann, wenn es einmal
einen Innenminister mit ausgeprägten machiavellistischen Neigungen gibt und
nicht einen liberalen Mann wie Herrn Bundesminister Strasser. (Beifall bei der SPÖ.)
Daher bringen die Abgeordneten Stoisits, Cap, Wittmann und Posch
folgenden Abänderungsantrag ein:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Mag. Stoisits, Dr. Cap, Dr. Wittmann,
Mag. Posch betreffend den Gesetzesantrag im Bericht des
Verfassungsausschusses (Nr. 30 der Beilagen) über den Antrag 69/A der
Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird
(Bundesministeriengesetz-Novelle 2003)
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:
In Ziffer 14 entfällt nach dem Wort „Flüchtlingswesen“ der Beistrich
und die Wortfolge „Angelegenheiten des Unabhängigen Bundesasylsenates“.
*****
Ich danke für Ihre
Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und
bei Abgeordneten der Grünen.)
19.33
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag zum Thema
„Unabhängiger Bundesasylsenat“ ist ordnungsgemäß unterstützt und steht in
Verhandlung.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 158 |
Nächster Redner
ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Roderich Regler. – Bitte, Herr
Kollege, Sie haben das Wort. Gleiche Redezeit.
19.34
Abgeordneter
Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler
(ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Schon bei der Regierungserklärung habe ich
mir so meine Gedanken gemacht, wieso seitens der Sozialdemokratie die
Freiheitlichen so bedauert worden sind. Vor drei Jahren hat sich das noch ganz
anders angehört. Da klang heraus, man hatte Angst um jene Agenden, die von
Ministern der FPÖ übernommen werden, und jetzt auf einmal sind es Ihnen zu
wenig Agenden, die die Minister der FPÖ haben! (Abg. Scheibner: Da sehen Sie, wie gut wir gearbeitet haben!)
Das ist einfach nicht stimmig.
Aus meiner Sicht
hat Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel der FPÖ, dem Koalitionspartner,
ein faires Angebot gemacht. Bei einem Wählerstimmenverhältnis von 42 zu
10 Prozent ist es bei einer Aufteilung von insgesamt zwölf
Bundesministerien einschließlich Bundeskanzleramt auf neun zu drei und bei den
Staatssekretären von drei zu drei sicherlich nicht unfair zugegangen, sodass
man wirklich sagen kann, es ist eine gute Voraussetzung für eine Koalition.
Das
Bundesministeriengesetz ist aber nicht nur die Organisation der
Bundesregierung, sondern es zeigt auch immer ein bisschen politische
Geschichte, politische Kultur. Wenn man an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg
denkt, war es unbedingt notwendig, überall eine Doppelkompetenz zu haben, denn
man musste ja aufpassen, dass der Koalitionspartner nicht etwas Böses macht (Abg. Eder: Das macht ihr jetzt auch
so!), und durch die
Doppelkompetenzen hat man das damals eben vermieden.
In der
Zwischenzeit ist man in den Zeiten der Alleinregierung draufgekommen, dass auch
Bundesminister in sich selbst koordinieren können. Wenn wir also heute –
historisch nachdenkend – zum Beispiel den Straßenverkehr im
Verkehrsministerium haben und wissen, dass dieser lange Zeit im
Wirtschaftsministerium war, weil man dem Eisenbahnminister nicht getraut hat (Abg. Eder: Jetzt sitzt der Kukacka
beim Verkehrsminister und passt auf, und der Finz passt beim Finanzminister
auf!), oder wenn wir
bedenken, dass zum Beispiel der Straßenbau erst vor drei Jahren ins
Verkehrsministerium gewandert ist, so sieht man, dass wir einen sehr, sehr
großen Fortschritt gemacht haben. Es werden weiterhin Straßen gebaut, der
Verkehrsminister hat nicht den ganzen Straßenverkehr lahm gelegt. Ich glaube
also, es ist sehr gut, wenn man zu einer Konzentration kommt.
Es ist schon
gesagt worden, dass Wirtschaft und Arbeit zusammengefasst worden sind, dass
auch unsere Landschaftspfleger, die Bauern, mit der Umwelt in einem Ressort
sind. Das hat sich nicht negativ ausgewirkt, sondern ist wirklich sehr positiv.
Darum habe ich auch vor all diesen Zusammenlegungen keine Angst.
Besonders Angst
haben Sie offenbar um den UBAS, um den Unabhängigen Bundesasylsenat. Da möchte
ich zunächst einmal herzlich für das Lob für unseren liberalen Innenminister
Dr. Strasser danken. Er ist auch in Zeitungen für viele seiner
Aktivitäten, insbesondere in Fragen des Flüchtlingswesens, sehr gelobt worden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Wenn Sie Angst
haben, dass der UBAS keine entsprechende Ausstattung bekommt, so möchte ich
zwei Punkte anführen, die für mich als langjährigen Landespolitiker in Wien
ganz symptomatisch sind. Nehmen Sie die Unabhängigen Verwaltungssenate. Die
steigen den Landesregierungen und den Landesbehörden doch ununterbrochen
ordentlich auf die Zehen. Welche Landesregierung und welcher Landtag hat ihnen
das Geld abgedreht, hat ihnen kein Personal und keine Räume zur Verfügung
gestellt? Die Kontrolle funktioniert trotzdem.
Oder:
Angelegenheiten des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes
ressortieren ins Bundeskanzleramt. Werden die vom Bundeskanzler ausgehungert,
damit Gesetze nicht überprüft oder aufgehoben werden? – Also wir brauchen
hier wirklich keine Angst zu haben.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 159 |
Eine wichtige neue
Angelegenheit in diesem Bundesministeriengesetz ist für mich, dass die
Erlassung von Verordnungen, die bisher der Bundesregierung zukam, von dieser an
einzelne Minister delegiert werden kann. Es ist das eigentlich ein Appell an
uns selbst. Ich habe mich immer wieder gewundert, dass, wenn Gesetze
beschlossen worden sind, die Vollziehung und vor allem die Erlassung der
Verordnungen an die Bundesregierung gegangen ist. Nehmen wir zum Beispiel die
Infrastruktur: Man wollte, dass der Verkehrsminister bei allen Dingen, die Geld
kosten, auch im Einvernehmen mit dem Finanzminister handelt. Da muss ich das
nicht an die ganze Bundesregierung delegieren, sondern da sage ich einfach: Der
Verkehrsminister erlässt die Verordnung im Einvernehmen mit dem Finanzminister.
Und das soll jetzt, da wir zu viele Kompetenzen für die ganze Bundesregierung
geschaffen haben, wieder an die einzelnen Minister delegiert werden. Das halte
ich für eine sehr interessante Sache.
Zwei kleine
Punkte, die Kompetenzbereinigungen oder Klarstellungen sind: Dass bei der
Schifffahrtspolizei nur der Wachkörper ins Innenministerium wandert, ist sicher
sinnvoll. Das Verkehrsressort, das für die internationalen Abkommen im
Verkehrsbereich, also für die Schifffahrtszeichen et cetera, zuständig ist,
soll nämlich weiterhin für die Ausschilderung und für die ganze Schifffahrtsordnung
zuständig sein.
Wichtig erscheint
mir auch, dass klargestellt ist, dass Angelegenheiten der Studentenmensen ins
Wissenschafts- und Bildungsministerium fallen. Das ist durch eine Änderung vor
einigen Jahren nicht mehr so klar gewesen. Da wir aber alle wissen, dass sich
Studentenmensen zum Beispiel auch in Studentenheimen befinden, stellte sich
dann die Frage: Darf die Ministerin überhaupt Subventionen dorthin leiten?
Ein letzter Punkt:
Forschung und Entwicklung. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wahrscheinlich
wissen alle, die selbst in diesem Bereich tätig waren – ich war selbst
einmal Geschäftsführer einer Forschungsgesellschaft –, um die diffizile
Balance zwischen der gewerblichen und der wissenschaftlichen Forschung. Das
lässt es auch gar nicht so einfach zu, dass man sagt, die werden in einen Topf
geschmissen. Dennoch bin ich sicher, dass sich diese Regierung trotz der
Zuständigkeit von drei Ministerien, die wir derzeit haben, bemühen wird, eine
Koordination aller Forschungsagenden herbeizuführen, denn für die Forschung ist
insbesondere auch eines wichtig: dass sie eine entsprechend hohe Dotierung
hat. Und hier vertraue ich eigentlich auf das Doppelbudget, das wir bald
beschließen werden, dass im heurigen Jahr und im nächsten Jahr ausreichend Geld
für die Forschung in Österreich zur Verfügung stehen wird. – Danke schön. (Beifall
bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
19.41
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete
Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Kollegin.
19.41
Abgeordnete
Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecer, poštovane dame i gospode! Sehr geehrter
Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Der Menschenrechtsbeirat, der den Herrn Bundesminister für Inneres
in menschenrechtlichen Angelegenheiten zur Seite steht und ihn berät, wurde im
Jahr 1990 – damals unter Innenminister Schlögl – eingerichtet,
und zwar nach dem tragischen Tod von Marcus Omofuma anlässlich eines
Abschiebeversuches nach Nigeria.
Dieser
Menschrechtsbeirat hat seither sowohl als Beirat als auch in den Kommissionen
in Österreich eine rege Tätigkeit entfaltet. Er kontrolliert vor allem –
und das ist auch sein Auftrag – polizeiliche Einrichtungen, geht
unangemeldet hin und schaut, wie es die österreichische Sicherheitsexekutive
mit den Menschenrechten hält. Er legt darüber dem Herrn Bundesminister für
Inneres auch Berichte – er ist, wie ich hier anmerken möchte, nicht dem
Nationalrat berichtspflichtig –, und der Herr Bundesminister für Inneres
erwähnt diese umfangreichen Berichte des Menschenrechtsbeirates so en passant
im Sicherheitsbericht. Es wäre eine Anregung an die Menschenrechtsbewegten in
der Koalition – die Opposition ist selbstredend natürlich von dieser Idee
sehr angetan –, diese Berichtspflicht auch auf das Parlament oder auf den
Nationalrat auszudehnen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 160 |
Meine Damen und
Herren! Dieser Menschenrechtsbeirat hat drei Jahre lang erfolgreich gearbeitet,
dann kam er in die Lage – und jetzt möchte ich anknüpfen an das, wie
Kollege Posch unseren Herrn Innenminister geschildert hat, ohne seine
Ausführungen näher zu kommentieren; ob sie jetzt ironisch gemeint waren oder
nicht, darüber mag sich jeder sein eigenes Bild machen –, dass die
Verträge für die Kommissionsmitglieder ausgelaufen sind. Und dann hat das
zugeschlagen, was Herr Kollege Posch so treffend geschildert hat: dass es
unserem Herrn Bundesminister für Inneres gänzlich fremd ist, irgendwelche
Überlegungen anzustellen über Menschen, die abhängig von einem sind – in
dem Fall die Kommissionsmitglieder des Menschenrechtsbeirates – in ihrer
Tätigkeit, sprich Entlohnung oder Entschädigung für den Aufwand, den sie
treiben.
Ich wäre völlig
daneben, wenn ich meinte, dass die Tatsache, wie man da vorgeht, etwas mit der
Intention und der Arbeit zu tun haben könnte. Da hat der Herr Minister gezeigt,
wie er es mit jenen hält, die es wagen, ihn – jetzt nicht ihn als Person,
sondern ihn als obersten Herrn der Sicherheitsexekutive Österreichs – zu
kritisieren, wiewohl eigentlich der gesetzliche Auftrag jener wäre, ihm
Vorschläge zu machen. Er hat im Zusammenhang mit der Verlängerung dieser
Verträge über Wochen ein Spiel getrieben, das noch immer nicht zu Ende ist, und
hat damit die Arbeit dieses Beirates gänzlich entwertet.
Ich schildere
Ihnen das jetzt, weil im Zusammenhang mit dem UBAS Ähnliches passiert, wenngleich
auf einer völlig anderen gesetzlichen Ebene, denn der Unabhängige
Bundesasylsenat ist eine unabhängige
Einrichtung. Er ist deshalb eine unabhängige Einrichtung, und das unterscheidet
all jene, die sich bisher dazu geäußert haben und die offensichtlich – ich
will ihnen jetzt nicht unterstellen, dass sie die Geschichte des UBAS nicht
kennen – nicht bedenken, warum es den UBAS überhaupt gibt (Abg. Dr. Jarolim: Das kann man
ruhig unterstellen!), denn bis zum Jahre 1997 hatten wir in Österreich
die kuriose Situation, dass die zweite Instanz im Asylverfahren in genau jenem
Ressort lag, wo auch die erste Instanz vorher die Entscheidungen innehatte,
nämlich im Innenministerium. Da hat man im Zimmer links am Gang die Bescheide
gemacht, und im Zimmer auf der Visavis-Seite rechts am Gang hat man dann in
der Instanz darüber entschieden, ob das korrekt war oder nicht.
Dieser Missstand
wurde mit der Einrichtung des Unabhängigen Bundesasylsenates abgestellt.
Damals – ich kann mich gut daran erinnern, wie die Diskussion geführt
wurde; die Grünen haben dieser Einrichtung damals mit Freude zugestimmt, und
ich glaube mich zu erinnern, dass das eine einhellige Entscheidung des Nationalrates
war; damals waren die Freiheitlichen auch noch in Opposition – ist nicht
einmal in Ansätzen irgendwo der Gedanke aufgetaucht, geschweige denn
verbalisiert worden, dass man, wenn man so will, die Personal- und die Finanzhoheit
im Innenministerium belässt. Denn – und das ist der Schlüssel zu diesem
Problem – diese ganze Frage der Anscheinsunabhängigkeit – Juristen
und Juristinnen unter Ihnen wie der Frau Dr. Baumgartner-Gubitzer (Rufe bei der ÖVP: Gabitzer!) wird das wohl etwas sagen –,
das ist der Punkt, das ist der – ich würde jetzt sagen: hoffentlich
nie – Skandal, aber er könnte zum Skandal werden, wenn diese
Anscheinsunabhängigkeit nicht mehr gewahrt ist. (Beifall bei den Grünen.)
Meine Erfahrungen
mit dem Herrn Bundesminister für Inneres in den letzten drei Jahren könnten
mich nie dazu bringen, so viel Ironie an den Tag zu legen wie der Kollege
Posch, denn ich bin ein bisschen ein anderer Typ und hier auch viel
emotionaler. Das, was ich mit ihm erlebt habe an kaltschnäuzigem Vorgehen im
Zusammenhang mit dem Elend, das gerade Flüchtlingen in Österreich widerfährt,
das lässt mich Böses ahnen. Deshalb wehren wir uns mit Worten und auch mit
Taten im Sinne eines Abänderungsantrages so sehr gegen diese Vorgangsweise.
Ich frage
mich – niemand hat hier auch nur einen Satz der Begründung dafür gesagt,
und wenn Sie, Herr Staatssekretär Morak, jetzt in Ihrer Eigenschaft als
Bundeskanzler da sitzen ... (Zwischenruf
bei den Grünen, weil das Licht am Rednerpult bereits leuchtet.) Ich weiß,
dass meine Zeit um ist, aber noch nicht ganz, sondern ...
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Es ist eine freiwillige Redezeit.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 161 |
Abgeordnete
Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend):
Mein Ordner mahnt mich, aber das ist mir eine wesentliche Sache. Herr
Staatssekretär, Sie haben meiner Ansicht nach die Pflicht, es hier zu
begründen, denn die Kritik an dieser Maßnahme ist nicht eine Kritik, die die
Opposition im Parlament übt, sondern auch die österreichische NGO-Szene und die
geballten Organisationen, die sich mit Flüchtlingsarbeit befassen – und
die sind unmittelbar betroffen auch von der positiven Tätigkeit des
UBAS –, haben diese Maßnahme kritisiert.
Deshalb, Herr
Staatssekretär, warte ich geradezu darauf, dass Sie uns erläutern, was der
Hintergrund ist, denn es wird sich – hoffentlich, sage ich
jetzt in meinem noch tiefen Glauben an die Rechtsstaatlichkeit in
Österreich – nicht bewahrheiten, dass man in der Art und Weise Pression
ausübt, dass man mit der Ressourcenverteilung inhaltliche Politik macht. Es ist
nun einmal so, dass kontrollierende Instanzen von kontrollierten Organen
unabhängig zu sein haben. Die Unabhängigkeit ist nicht gewährleistet, wenn man
davon abhängig ist, ob man die Schreibkräfte kriegt, damit man die Arbeit
machen kann, ob man genügend Personal hat, ob die infrastrukturellen
Voraussetzungen gewährleistet sind.
Ich habe das
Vertrauen zum Herrn Minister Strasser schlicht und einfach nicht. Ich habe es
aus der Erfahrung nicht, aus der Erfahrung seines Umganges mit der Problematik.
Sie interessiert ihn schlichtweg – nicht, sage ich nicht – zu wenig.
Deshalb bitte ich Sie in Stellvertretung des Bundeskanzlers, uns zu erläutern,
was die wahren Intentionen sind. Denn diese wirklich kollidierenden
Interessen, um die es da geht, hier im Parlament zu erläutern, das wollen Sie
doch nicht der Frau Dr. Partik-Pablé überlassen.
Wenn Sie, Herr
Staatssekretär, einmal so weit gekommen sind, dann ist es für Menschenrechte
und Menschlichkeit schon sehr weit fortgeschritten – im negativen Sinn.
Darf ich Ihnen das aus der guten Erfahrung unserer Zusammenarbeit im
Menschenrechtsausschuss in aller Freundschaft sagen. (Beifall bei den
Grünen.)
19.50
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Klubobmann
Scheibner. – Bitte, Herr Abgeordneter.
19.50
Abgeordneter
Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident!
Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zunächst einige kurze Bemerkungen
zu den Vorrednern. Zum einen überrascht es mich, aber es freut mich durchaus,
dass sich die Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion um die
Einflussmöglichkeiten der Freiheitlichen in der neuen Bundesregierung auf
Grund der Kompetenzverteilung Sorgen machen. – So schlecht dürfte die freiheitliche
Arbeit in den letzten drei Jahren also nicht gewesen sein, denn sonst würden
Sie sich heute nicht wünschen, dass wir mehr Ressorts mit mehr Kompetenzen
besetzen können! (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
Glauben Sie
mir – diesbezüglich bin ich ausnahmsweise mit Ihnen einer Meinung –:
Ich hätte mir auch gewünscht, dass wir mehr Ressorts besetzen können und mehr
Kompetenzen haben, weil ich überzeugt bin, dass wir auch in Zukunft gute Arbeit
für Österreich und für die österreichische Bevölkerung leisten können! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich muss an
dieser Stelle selbstkritisch feststellen, dass durchaus auch durch unser
eigenes Verschulden der Wähler uns leider nicht mehr Stärke hier im Parlament
und damit auch nicht in der österreichischen Bundesregierung gegeben hat.
Wir werden aber
selbstverständlich auch mit den Möglichkeiten, die wir jetzt haben, unter
Beweis stellen, dass das Vertrauen, das auch Sie anscheinend in den letzten
drei Jahren in unsere Regierungsarbeit gesetzt haben, gerechtfertigt ist und
wir nach den nächsten Wahlen wieder mit der Stärke in einer künftigen Bundesregierung
sein werden, die Sie von uns erwarten und die Sie sich erhoffen! (Beifall
bei den Freiheitlichen.)
Meine Damen und Herren! Ihre Vorschläge betreffend Bezüge und Privilegien hören wir uns gerne an. Im konkreten Fall hat Abgeordneter Bucher zu Ihrem Entschließungsantrag ja schon
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 162 |
eine klare Antwort gegeben. Auch Sie sind, wenn Sie es ernst meinen,
eingeladen, es Reichhold und Riess gleich zu tun und Abfertigungen, auf die man
nicht verzichten kann, zu spenden und eine wirklich sinnvolle Neuregelung in diesem
Bereich zu diskutieren, aber nicht nur im Bezügebereich, sondern insgesamt für
Politiker auf Bundes‑ und Landesebene, aber auch etwa im Bereich der
Sozialversicherungen, der Kammern und der Interessenverbände.
Es geht in diesem
Zusammenhang auch um Verfassungsbestimmungen, und dafür ist der
Verfassungskonvent sicherlich der richtige Ort. Aber da darf es kein
Augenzwinkern geben, meine Damen und Herren, denn Ihre Vorschläge wurden ja
bereits in Gesetzesform gegossen. Das haben Sie ja mit beschlossen! Jetzt geht
es darum, dass wir möglichst alle gemeinsam in den nächsten Wochen und Monaten
eine sinnvolle, vernünftige Regelung diskutieren, denn da geht es ja auch um
Verfassungsgesetze. Diese Diskussion muss abseits von merkwürdigen
parteipolitischen Versuchen, irgendetwas ins Gespräch zu bringen, ablaufen. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer.)
Ich auch nicht,
lieber Kollege, denn ich hatte die Wahl, mich für eine Politikerpension zu
entscheiden. Ich habe mich dagegen entschieden, und ich hoffe, dass sich alle
anderen auch so entschieden haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Ein letzter Punkt:
Ich spreche jetzt von einer Neuerung beziehungsweise einer Kompetenz-Neuordnung durch das
Bundesministeriengesetz, welche die Zusammenlegung der Exekutivkörper und die
Kompetenzverschiebung der Zollwache ins Innenministerium zum Inhalt hat.
Grundsätzlich ist
das eine sinnvolle und positive Maßnahme. Einiges werden wir in den nächsten
Verhandlungen hier natürlich noch zu besprechen und durchzusetzen haben. Ich hoffe,
dass im Zuge dieser Maßnahme etwa durch die Zollwachebeamten, die jetzt zum
Innenministerium gehören werden, die Grenzsicherung, solange sie notwendig
ist, verstärkt wird, dort, wo es derzeit nicht möglich ist, diese wichtige
Aufgabe mit Kräften des österreichischen Bundesheeres zu übernehmen. Ich hoffe
aber, dass nicht geplant ist, dass durch diese neuen Beamten im
Innenministerium der so erfolgreich verlaufende Einsatz des österreichischen
Bundesheeres reduziert oder beendet wird! Ich möchte nämlich daran erinnern,
dass wir im vorigen Jahr eine Erhebung durch das Bundesministerium für
öffentliche Leistungen durchgeführt haben und dabei eindeutig festgehalten
wurde, dass niemand anderer in Österreich diesen Einsatz so kostengünstig und
so effizient durchführen kann.
Wir wissen aber
auch, dass es Landeshauptleute gibt, die zu Recht eine Erweiterung dieser
Einsätze und dieser effizienten Grenzraumsicherung verlangen, und ich glaube,
dass im Hinblick auf dieses Verlangen auch im Sinne der Sicherheitsinteressen
der Österreicher diese Kompetenz-Zusammenführung im Innenministerium und das
Mehr an Dienstposten für diesen Zweck in Anspruch genommen wird.
Ich hoffe, dass
auch die Intentionen der Österreichischen Volkspartei in diese Richtung gehen.
Das wäre nämlich ein wichtiger Beitrag für die Stärkung der Sicherheit in
unserem Land, vor allem in der Ostregion. (Beifall bei den Freiheitlichen
und bei Abgeordneten der ÖVP.)
19.55
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Der nächste Redner ist Abgeordneter
Peter Marizzi. 5 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.
19.55
Abgeordneter
Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Natürlich
ist es Tradition, dass jede neue Bundesregierung neue Strukturen und neue
Kompetenzen schafft, Ressortveränderungen vornimmt und Aufgaben neu und
sinnvoll verteilt.
Im Hinblick darauf
kann es natürlich auch unterschiedliche Meinungen geben, und ich glaube, dass
es, wenn man unterschiedliche Meinungen hat, sich nicht unbedingt um Polemik
handeln muss, wie Sie festgestellt haben, sondern auch um Kritik.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 163 |
Herr
Staatssekretär Morak! Sie haben den Krieg und die gegenwärtigen kriegerischen
Auseinandersetzungen im Irak angesprochen. – Natürlich ist auch die Neutralität
eine wichtige Frage im Zusammenhang mit der Kompetenz einer Bundesregierung.
Hiebei geht es aber natürlich – ich will jetzt nicht polemisieren! – weder um Süßigkeiten noch darum,
Pferde zu strapazieren, sondern es geht bei der Frage der Kompetenz dieser
Bundesregierung einzig und allein darum, dass die Neutralität nicht in Frage
gestellt wird! Für die Frage der Neutralität hat nämlich, wie wir alle wissen,
ausschließlich das österreichische Volk Kompetenz.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Wenn beklagt wurde, dass es kein Staatssekretariat
für Tourismus gibt – ich wende mich jetzt an Herrn Kollegen Josef Bucher –, dann hätten Sie das eben durchsetzen
müssen! Wenn ein Bereich, der 17 Prozent des BIP ausmacht, in einer
Bundesregierung nicht vertreten ist – und ich glaube, dass der Tourismus wirklich ein
wesentlicher wirtschaftlicher Faktor ist –, dann könnten Sie zum Beispiel
verlangen, dass Herr Staatssekretär Schweitzer die Tourismusaufgaben wahrnimmt. – Das wäre ein konstruktiver
Vorschlag, weil Sie immer sagen, wir polemisieren nur!
Folgendes ist mir
auch wesentlich: Der Bundeskanzler hat gemeint, dass ein wirkliches Herzstück
seines Zehn-Punkte-Programms – so hat er wortwörtlich gesagt – die Bündelung der
Forschungsaktivitäten ist. Ich frage nun: Was bleibt davon übrig? – Es wurde heute schon gesagt, ich
brauche es jetzt nicht im Detail zu wiederholen: Gorbach, Bartenstein, Gehrer
und Grasser.
Ich bringe dazu
jetzt eine vielleicht etwas pointierte Anmerkung: Stellen Sie sich vor, Herr
Kollege Donabauer, dass Armin Assinger in der „Millionenshow“ fragt: Wer ist
eigentlich der Forschungsminister in Österreich: Gorbach, Gehrer, Bartenstein
oder Grasser? – Keine Antwort würde stimmen! Man müsste sagen: Alle!
Genau bei dieser
wichtigen Frage der Forschung haben Sie versagt! Wir meinen, dass das eine der
wesentlichsten Zukunftsfragen ist, und genau bei der wesentlichen Zukunftsfrage
der Bündelung der Forschung haben Sie versagt! Ich könnte Ihnen jetzt
20 Kommentare von Persönlichkeiten in dieser Republik vorlesen, die sich
darüber mokiert haben, was diese Bundesregierung mit den Forschungsagenden
gemacht hat! Einer hat sogar behauptet, dass diese sogar auf fünf Ministerien
verteilt sind. Ich meine, nur vier sind damit beschäftigt. Es wurde gesagt,
dass diese Lösung suboptimal ist und so weiter und so weiter.
Wenn man Manager
aus wirklich renommierten Unternehmungen, die sich hauptsächlich mit Forschung
beschäftigen, wie etwa den Vorstandsvorsitzenden der AT&S
Willi Dörflinger, zitiert, der meint, dass die Bundesregierung die
Forschung vernachlässigt, dann wird offenbar, dass man genau auf diese
Zukunftsthemen wirklich keine Rücksicht genommen hat! Vielmehr haben Sie alles
sehr nett aufgeteilt und geschaut, dass alle dabei etwas zu reden haben! Wir
alle wissen aber ganz genau, dass in dem großen Beamtenapparat wahrscheinlich
allein auf Grund der Kompetenzen der Ministerien einiges untergeht. (Zwischenruf des Abg. Nürnberger.)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich mache mir auch keine Sorgen um die FPÖ! Die FPÖ
hätte sich in diesen Regierungsverhandlungen eigentlich durchsetzen sollen! Die
FPÖ hat den Finanzminister verloren, sie hat den Verteidigungsminister
verloren, sie hat bei den Beamten und beim Konsumentenschutz keine Kompetenz
mehr!
Wenn Sie gesagt
haben, dass all das eigentlich nur von der SPÖ kommt, dann lesen Sie bitte das
letzte „News“! Frau Kollegin Partik-Pablé hat gemeint, dass wir das Gras
wachsen hören. – Frau Kollegin! Im „News“ steht allerdings, dass der Herr Landeshauptmann
von Kärnten sagt: „Das ist nicht mehr meine FPÖ.“ (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.)
Außerdem sollten
Sie, wenn es um die „Kompetenzverteilung neu“ geht, auch den heutigen
Leitartikel des Chefredakteurs einer der größten Bundesländerzeitungen
durchlesen, der wie folgt übertitelt ist: „Kompetenzverteilung neu: Ein großer
Wurf ist das nicht. Die Regierungsbildung zwischen Anspruch und Wirklichkeit.“
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 164 |
Und dann erwähnt
er – mir geht leider die Zeit aus –, dass die Landeshauptleute ihre
Emissäre beziehungsweise Verwandten in diese Bundesregierung schicken durften,
damit in dieser Regierung nichts von ihnen Ungewolltes passiert. – Das ist
eigentlich die Neustrukturierung und die neue Kompetenzverteilung dieser
Bundesregierung! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
20.01
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin
ist Frau Abgeordnete Grander. – Bitte.
20.01
Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte heute meine erste Rede hier im
Nationalrat. Ich habe schon etwas Fuß gefasst, denn ich bin seit 1999 im
Bundesrat, also nicht mehr ganz frisch in diesem Metier.
Mir sind der
Gesundheitsbereich und der Pflegebereich ein ganz großes Anliegen. Das sind
meine Professionen. Ich arbeite in diesem Bereich seit über 30 Jahren. Und
ich meine, hier soll viel geschehen!
Gesund zu sein,
ist, wie wir wissen, ein wichtiger Wunsch der Menschen. Jeder von uns wünscht
anderen zu bestimmten Anlässen Gesundheit, und jeder wünscht sie sich auch
selbst. Es ist dies ein elementares Grundbedürfnis der Menschen. Im
Gesundheitsministerium sind alle Agenden des Gesundheitswesens zusammengefasst.
Erstmals befinden sich der Spitalsbereich und der niedergelassene Bereich in
einer Hand. Diesbezüglich hat es ja immer wieder Kritik hinsichtlich der
Zuständigkeit, ob Kasse oder Ministerium, gegeben. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn
übernimmt den Vorsitz.)
Wir brauchen in
der Gesundheitspolitik endlich ein integriertes Reformkonzept, das von den
richtigen Prinzipien und Zielen geleitet ist und Vertrauen erzeugen kann, sowie
größtmögliche Effizienz der finanziellen Mittel und Strukturen im
Gesundheitsbereich. Das muss ganz im Vordergrund stehen.
Ein zeitgemäßes,
erstklassiges Gesundheitssystem muss für den Menschen Folgendes erfüllen: Wenn
er krank ist, muss er sich auf den sicheren Schutz der Solidargemeinschaft in
Form eines hochwertigen und effizienten Gesundheitssystems verlassen können.
Wer gesund ist, wieder gesund geworden ist oder bedingt gesund ist – denn
es ist ja nicht immer so, dass man, wenn man krank war, dann wirklich wieder
ganz gesund wird –, soll unterstützt und dazu aktiviert werden,
Krankheiten vorzubeugen und seine Gesundheit nachhaltig zu sichern.
Ich spreche jetzt
das große Thema Diabetes an: Ich weiß, dass ich mit meiner Diabetes leben
müssen werde und weiterhin an Diabetikerschulungen und so weiter teilnehmen
muss, um trotz meiner Erkrankung möglichst lange gesund zu bleiben. Es ist
nachgewiesen, dass das sehr unkompliziert geht, wenn jemand seinen Teil als
Patient beziehungsweise Mensch dazu beiträgt.
71,6 Prozent
der Bevölkerung sind mit der Gesundheitsvorsorge in Österreich sehr zufrieden.
All das ist eine Leistung der Frauen und Männer, die in den Einrichtungen des
Gesundheitssystems arbeiten. Ich möchte jetzt speziell die Gruppe der
Pflegepersonen und Ärzte erwähnen. Im Gesundheitssystem und in Krankenhäusern
braucht man wirklich alle, von den Abteilungshilfen bis zum
Arzt und zur Verwaltung, damit alles im Sinne der Menschen, die zu uns kommen
und von uns Leistungen brauchen, gut funktioniert.
Die Menschen, die
dort arbeiten und ihre Leistung erbringen, verdienen unsere Anerkennung. Soweit
ich mich erinnern kann – und ich war auch zehn Jahre lang in der Lehre im
Bereich der Krankenpflege tätig –, stand als Leitbild immer der Mensch im
Mittelpunkt. Auf mündige Patienten wurde stets Wert gelegt, und auch darauf,
dass diese gefördert werden.
Um den großen Bedarf an Pflegeleistungen zu decken und die Entwicklung nötiger Versorgungsstrukturen zu ermöglichen, muss in Österreich eine ausreichende Anzahl von Pflege-
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 165 |
personen
ausgebildet werden, die ein Bildungsniveau haben, das den jeweiligen Aufgaben
entspricht. Je nach ihrem Einsatz muss die Pflegeperson eine adäquate
Ausbildung haben, vom Pflegehelfer hin bis zu den Diplomierten, und auch dem
Wunsch nach einem universitären Zugang soll Rechnung getragen werden. Wir
brauchen ein modulares Ausbildungssystem für die Pflegeberufe. Die Modelle der
mehrstufigen Ausbildung sind sinnvoll. Es muss die Möglichkeit geschaffen
werden, dass sich das Pflegepersonal weiterbilden kann. Es muss Umstiegsmöglichkeiten
geben. Heute kann niemand mehr, so wie meine Generation, in der Pflege anfangen
und dann über 30 Jahre dort bleiben. Es muss etwa auch die Möglichkeit
geben, vom extramuralen Bereich in den Spitalsbereich oder in die
Gesundheitsvorsorge zu wechseln.
Besonders wichtig
ist das letzte Modul, die universitäre Ausbildung für Pflegeberufe, die es in
Österreich nur bedingt gibt. Die notwendige Pflegebetreuung und
Gesundheitsvorsorge wird in Zukunft aber nur dann zu leisten sein, wenn ein
exzellentes gesundheitspolitisches Konzept erarbeitet wird. Dabei sind Status
und Autonomie des Pflegeberufes anzuheben. Es ist ein langer Weg, den die
Pflegeberufe gehen müssen, um die Autonomie wirklich zu bekommen. Mit dem
Gesundheits- und Krankenpflegegesetz 1997 ist viel geschehen, und eine adäquate
Finanzierung der Ausbildung muss auf jeden Fall gewährleistet werden. –
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall
bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der Grünen.)
20.07
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser zu
Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.
20.07
Abgeordnete Dr. Gabriela Moser
(Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Staatssekretäre! Meine
Damen und Herren! Herr Staatssekretär Morak, ich kenne Sie noch vom Burgtheater,
und heute haben Sie mit Ihrer Darlegung zum Bundesministeriengesetz den
Pförtner der Kapuzinergruft an Leidenschaftlichkeit wirklich spielend in den
Schatten gestellt! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.) So etwas von
Desengagement und von gewissermaßen leidvollem Absolvieren von Pflichtveranstaltungen
mit hängenden Mundwinkeln – entschuldigen Sie! – habe ich schon lange
nicht gesehen!
Ich weiß, dass
auch die Regierungserklärung dieses Haus bei weitem noch nicht in Euphorie versetzen
konnte. Ich weiß, dass der Applaus von Seiten der Freiheitlichen nach den Darlegungen
von Bundeskanzler Schüssel sehr
verhalten war. Aber so deprimierend, wie Ihre heutige Darbietung bei dieser
doch so wesentlichen und inhaltlich wichtigen Sache war, hätte das Ganze
wirklich nicht sein müssen, Herr Staatssekretär! (Beifall bei den Grünen.)
Ich sehe mich
geradezu gezwungen, da ein bisschen für etwas mehr Elan, Begeisterung und
Enthusiasmus zu sorgen, vor allem angesichts dessen, dass der
Gesundheitsbereich – wie meine Vorrednerin bereits angesprochen hat, da möchte
ich diesen Faden aufgreifen – jetzt eigentlich ein zentrales Anliegen
dieser Regierung ist. Was aber geschieht? – Der Gesundheitsbereich wird
in drei Teile gesplittet.
Der unsichtbare,
aber wichtigste Teil ist der Landesteil. Meine Vorrednerin kommt aus dem
Bundesrat, sie weiß ja Bescheid, wie stark die Länder in der Gesundheitspolitik
mitmischen, und zwar häufig Kosten treibend. Auf der anderen Seite gibt es
jetzt eine zuständige Ministerin, nämlich Frau Rauch-Kallat, und Sie, Herr
Staatssekretär – deswegen bringe ich die Sprache auf dieses leidige
Problem –, haben auch noch im Gesundheitsbereich zu tun, allerdings bleibt
Ihnen womöglich praktisch nur mehr die Verwaltung eines Schreibtisches. Und das
tut mir Leid!. Das tut mir Leid für Sie, das tut mir Leid für die
Gesundheitspolitik, und das tut mir Leid für die verschiedenen Leute, die halt
doch auf Pflege, auf ärztliche Leistungen und vor allem auf Vorsorge angewiesen
sind! (Beifall bei den Grünen.)
Diese Leute leiden
nämlich weniger unter einer temperamentlos, unbeteiligt und mit wenig
Engagement vorgetragenen Darlegung der Bundesministerieneinteilung, sondern sie
leiden darunter, dass auch in der Sache selbst das Engagement fehlt! Mir geht
das auf jeden Fall ab!
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 166 |
Ich komme zum
nächsten Problem. Mein Vorredner hat die Forschungspolitik angesprochen. Auch
da könnten wir endlich einmal etwas auf die Beine stellen! Was aber
geschieht? – Es wird genau derselbe Schmarren fortgesetzt, den es schon in
der vergangenen Legislaturperiode gegeben hat, nämlich diese Fünfteilung der
Agenden. Und auf diese Weise kann man in diesem Bereich praktisch auch nichts
auf den Weg bringen!
Zum Schluss mein
persönliches Anliegen, für das ich gerne auf die Barrikaden steige, nämlich der
Konsumentenschutz. Schauen Sie sich das einmal an, auch da gibt es wieder eine
Fünfteilung: das Wirtschaftsministerium, das Verkehrsministerium, das
Justizministerium, das Sozialministerium und das Gesundheitsministerium!
Meine Damen und Herren, ich darf zwischen acht Ausschüssen „rotieren“! Bei der
Budgetproblematik geht es ebenfalls in acht Kapiteln kreuz und quer, und
irgendwo findet man etwas vom Konsumentenschutz. Früher war er zum Beispiel
wenigstens Teil des Gesundheitsressorts.
Es hat überhaupt
die Tradition gegeben, den KonsumentInnenschutz immer wieder als „Wanderpokal“
in die Runde zu schicken. Beginnend in den siebziger Jahren, war er einmal in
der Gesundheitspolitik, einmal direkt beim Bundeskanzler angesiedelt; dann ist
er zur Justizpolitik gekommen. Eigentlich liegen wesentliche
Entscheidungskriterien nach wie vor im Wirtschaftsministerium: die
Produktkennzeichnung, die Preisauszeichnung. Nun haben wir das, noch dazu schön
abgewertet und mit einem kleinen Titel versehen, als Staatssekretariat, und im
Hintergrund mischen all jene großen, gewichtigen Ministerien mit, die ich
genannt habe. Was dabei herauskommt, möchte ich mir gerne anschauen.
Ich jedenfalls
hätte mir im Sinn einer ambitionierten Bündelung gerade in diesem Bereich, der
auch im Sinne meiner Vorrednerin sehr gesundheitsfördernd und vorsorgend
wirkt – ein Stichwort ist Lebensmittelsicherheit –, mehr erwartet,
vor allem aber: mehr Engagement und mehr Einsatz in der Sache, insbesondere von
Ihrer Seite! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
20.11
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 167 |
Präsident Dipl.-Ing. Thomas
Prinzhorn: Von der
Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär
Dr. Waneck. – Bitte.
20.12
Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck: Hohes Haus! Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau
Abgeordnete Dr. Moser, Sie brauchen sich um meine Kompetenz keine Sorgen
zu machen. Arbeit gibt es genug, und nur wer die Arbeit sieht, leistet sie
auch.
Immerhin 81 Prozent der Österreicher sind der Meinung, dass die
Gesundheit das Wichtigste für sie ist. Es wurde eine langjährige Forderung auch
meiner Partei erfüllt, dass im nunmehrigen Regierungsabkommen ein Ministerium
für Gesundheit und Frauen geschaffen wurde. Ich darf aber darauf hinweisen,
dass es in dieser Hinsicht auch eine langjährige, gute Tradition von Seiten der
Opposition gibt, und zwar mit den Ministern Leodolter, Steyrer, Ausserwinkler,
sodass ich nicht sehe, worin hier die Aufregung besteht.
Der Unterschied zu den damaligen Ministerien besteht aber darin, dass
dieses Gesundheitsministerium zum ersten Mal auch mit Kompetenzen ausgestattet
ist, und, wie heute schon erwähnt worden ist, in der Zusammenführung der
Spitalsplanung mit dem niedergelassenen Bereich durch die Ausdehnung der
Verantwortung auf die Krankenversicherung.
Zur Zahl der hinzugekommenen Staatssekretäre darf ich sagen: Es ist
nicht wichtig, wie viele es sind, sondern was sie tun. In diesem
Zusammenhang darf ich auch erwähnen, dass die am längsten dienende
sozialdemokratische Regierung Europas, nämlich jene in Schweden, bei annähernd
gleicher Bevölkerungsanzahl 34 Minister und Staatssekretäre aufweist. Ich
glaube nicht, dass sie das nur aus Jux und Tollerei so gemacht haben.
Ich glaube daher, dass die jetzige Ministerienaufteilung mit den
Staatssekretären eine gute Basis für die notwendigen Reformen dieser
Legislaturperiode bietet, und bin diesbezüglich sehr zuversichtlich. –
Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen
und der ÖVP.)
20.14
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Langreiter zu Wort
gemeldet. – Bitte.
20.14
Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Staatssekretäre! Geschätzte
Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Moser, lange Gesichter und
hängende Mundwinkel sieht man bei den Grünen ständig, zuletzt bei der
verpassten Regierungsbeteiligung. (Ironische
Heiterkeit bei den Grünen.) Fragen Sie Ihren Klubobmann!
Im Zusammenhang
mit der Neubildung einer Bundesregierung kommt es natürlich zu Änderungen, was
die Ministerkompetenzen und Geschäftsfelder betrifft. Das hängt auch zusammen
mit der entsprechenden Reformarbeit, die zum Wohle unserer Mitbürger umgesetzt
werden sollte, damit gute gesellschafts- und wirtschaftspolitische Systeme
gesichert werden, die unsere Mitbürger brauchen. Ich denke da beispielsweise
an die Pensionssicherung, an das Gesundheitswesen und selbstverständlich
auch an eine verantwortungsbewusste Finanzpolitik. Es gibt nichts Unsozialeres,
als Schulden zu Lasten der nächsten Generationen zu machen!
Ich glaube, dass
dieses Gesetz gut gelungen ist, auch weil es im Hinblick auf die Beziehungen
zur Union mit ihren Erweiterungsfolgen komplett gerechtfertigt ist. Es setzt
auf die Veränderungen in der EU, natürlich gemeinsam mit den Staatssekretären,
weil die Aufgabenbereiche letztendlich umso mehr werden.
Viele Dinge sind
nicht vorhersehbar, das ist ganz klar, weil man eigentlich nicht weiß, wie sich
die Dinge entwickeln werden. Es gibt überdies Fachbereiche, die
Querschnittsmaterien sind – auch das ist keine Frage –, wie zum
Beispiel die Forschung. Aber warum sollten gerade frauenspezifische Themen wie
„Frauen auf dem Arbeitsmarkt“ nicht beim Bundesministerium für Wirtschaft und
Arbeit angesiedelt sein? – Es geht doch letztendlich um die Verbesserungen
für Frauen auch auf dem Arbeitsmarkt!
Die Forschungsagenden sollen nach Meinung der Opposition gebündelt
werden. Das ist schwer administrierbar, aber ich glaube, es wird letztendlich
einen Versuch geben, auch diese Agenden zusammenzuführen.
Es zeigt sich für mich, dass die Opposition insgesamt die
Fachministerien interessanterweise nicht in Frage stellt, zum Beispiel beim
Verteidigungsressort, das ja den Grundprinzipien der Fraktion der Grünen an
sich entgegensteht. Aber das erübrigt sich wahrscheinlich auf Grund der
aktuellen Situation im arabischen Raum, und das erübrigt sich wahrscheinlich
auch deshalb, weil es doch an die 35 Krisenherde auf dieser Welt gibt.
Ich bin überzeugt davon, dass gerade das Verteidigungsressort, gerade
unser Bundesminister Platter auf die Veränderungen in der Sicherheitspolitik
eingehen und das österreichische Bundesheer diesen Anforderungen entsprechend
anpassen wird. Der Grundwehrdienst sollte attraktiver gestaltet werden, und
natürlich auch die Luftraumsicherung. Das ist eine Sache, die auf Jahre hinaus
gesichert werden sollte.
Ich sehe da einen kleinen Anachronismus bei den Oppositionsparteien. Wir
haben heute Vormittag gemeinsam einen Entschließungsantrag beschlossen, der
sich klar gegen den Krieg und für die Menschlichkeit ausspricht. Aber wir haben
auch der Empfehlung des Sicherheitsrates Folge geleistet, wonach wir uns
natürlich nicht an militärischen Aktionen gegen den Irak
beteiligen und Überflugsrechte nicht einräumen. Daher stelle ich
die Frage an die Opposition: Wenn wir Abfangjäger nicht anschaffen, wie sollen
wir diese Überflugsrechte kontrollieren und sichern?
Meine Damen und Herren! Mit diesem Bundesministeriengesetz und mit der Neuordnung der Geschäftsfelder werden die Reformbestrebungen zum Wohle unserer Mitbürger fortgesetzt. Die Opposition ist nicht gewillt, mit uns mitzugehen, nach dem Motto – und das zieht sich durch die
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 168 |
ganze Debatte –:
„Schwach anfangen und stark nachlassen.“ Ad multos annos dieser Bundesregierung!
(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
20.18
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Pendl zu Wort
gemeldet. – Bitte.
20.18
Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Das
Bundesministeriengesetz ist ein Organisationsgesetz und regelt die
Zuständigkeiten und Kompetenzen der Regierung. Mit dem Volksmund könnte man
auch sagen: Es regelt die Macht.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich glaube, hier ist eindeutig zu ersehen, wo die
Macht in der Koalition liegt. Es kommt zu gewaltigen Machtverschiebungen
innerhalb der Ressorts und zu neuen Kompetenzverteilungen. Nachdem am
1. März 2000 hier im Haus sämtliche Regierungsredner nicht nur das
Staatssekretariat für den Tourismus gefeiert haben, sondern vor allem auch das
Bundesministerium für öffentliche Leistungen und Sport, erleben wir nun mit,
wie alles wieder zurückgeschoben wird. Wir könnten uns die Auszüge aus den
Reden von damals anschauen, allen voran jener des Herrn Bundeskanzlers.
Ich möchte aber
doch auf zwei, drei mir sehr wichtige Anliegen eingehen. Ich glaube – und
ich habe das noch bei jeder Gelegenheit und jeder Debatte hier gesagt, meine
sehr geehrten Damen und Herren –, es ist schon in Ordnung, richtig und
notwendig, dass immer, wenn eine neue Regierung antritt, ein solches Gesetz
beschlossen wird. Aber wir alle sollten nicht vergessen, dass Tausende
Kolleginnen und Kollegen davon betroffen sind und „verschoben“ werden. Ich
glaube, wir sind gemeinsam aufgerufen, als Hohes Haus einen Beitrag dazu zu
leisten, dass die Kollegenschaft im öffentlichen Dienst nicht verunsichert
wird, sondern dass man ideale Rahmenbedingungen schafft und ihre Leistungen
anerkennt. Ich bedanke mich bei den öffentlich Bediensteten unserer Republik
für ihre Leistungen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Allgemeiner Beifall.)
Wir haben im
Vorfeld dieser heutigen Sitzung miterlebt – einige Insider wissen es, es
wurde in allen Medien publiziert –: Wer ist denn für die Verhandlungen mit
den öffentlich Bediensteten zuständig?
Ich möchte die
Botschaften, die hier hin und her gesendet worden sind, nicht wiederholen, wir
alle kennen sie. Ich würde nur auch meinen, meine sehr geehrten Damen und
Herren: Wenn man schon solche Kompetenzen ändert, dann muss auch klar sein, wer
für die öffentlich Bediensteten zuständig ist. Ich spreche keinem
Regierungsmitglied irgendeine Kompetenz ab. Aber sie müssen auch ein Pouvoir
haben, wenn sie zu Verhandlungen gehen, damit nicht ein Minister oder Staatssekretär
zu wichtigen Verhandlungen geht, anscheinend kein Pouvoir mit auf den Weg
bekommen hat, daraufhin heimgehen muss, sodass man schließlich doch wieder an
den Herrn Bundeskanzler schreiben muss: Bitte, lieber Herr Bundeskanzler, wir
müssen mit Ihnen die Verhandlungen führen. (Abg.
Schöls: Hast du mit dem Bundeskanzler verhandelt?)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Wir wissen aber auch, wie in den letzten drei Jahren
mit einigen Beamtinnen und Beamten umgegangen wurde. Es wurden Organisationsänderungen
vorgenommen, und von einigen ist nachdrücklich bestätigt worden, dass sie nicht
gerade im Sinne des Gesetzes waren. Daher sind wir sehr besorgt, wenn die
Hälfte der Kollegen von der Zollwache in das Bundesministerium für Inneres
kommt. Ich bin neugierig, nach welchen Kriterien das passieren wird, ob auf
Grund der Funktion, der Weltanschauung, nach Jung oder Alt – es gibt eine
breite Palette, wonach alles möglich ist –, danach, wer bald in Pension
geht und wer nicht in Pension geht. Es wird sich ja erweisen, wie da vorgegangen
wird.
Weil wir besorgt
sind und weil wir die letzten Abläufe noch genau in Erinnerung haben, darf ich
folgenden Antrag einbringen:
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 169 |
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Parnigoni, Pendl, Dr. Matznetter und KollegInnen betreffend Übertragung
der Zollwache ins BMI
Der Nationalrat
wolle beschließen:
Die
Bundesregierung und die zuständigen Bundesminister werden ersucht, dafür zu
sorgen, dass im Rahmen der Übertragung der Zollwache ins Bundesministerium für
Inneres
die bisherige hohe
Qualität der österreichischen Zollverwaltung aufrechterhalten wird,
alle
dienstrechtlichen Vorschriften eingehalten und Einvernehmen mit der
Personalvertretung hergestellt wird,
kein Bediensteter
der Zollwache gegen seinen Willen den Status als Exekutivbeamter verliert,
im
Bundesministerium für Finanzen verbleibende Mitarbeiter der Zollwache, die im
Wesentlichen gleichartige Tätigkeiten wie bisher verrichten, keine
gehaltsmäßigen Kürzungen erfahren.
*****
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich lade Sie ein, diesem Entschließungsantrag Ihre
Zustimmung zu geben. Ich glaube, wir sind es den betroffenen Personen, den
Kolleginnen und Kollegen schuldig. (Beifall bei der SPÖ.)
20.23
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt
und steht daher mit in Verhandlung.
Als nächster
Redner hat sich Herr Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort gemeldet. –
Bitte.
20.24
Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau
Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ministerien und Gesetze über
Ministerien sind wichtig. Man erkennt das – ich spreche jetzt für die
ZuhörerInnen und ZuschauerInnen – eigentlich daran, wer die meiste Zeit
hier hinter mir gesessen ist. Nun heißen zwar „Ministerien“ so, weil sie
irgendwie den Bürgerinnen dienen, aber dienen tun hier zwei Staatssekretäre,
jetzt Gott sei Dank durch eine Ministerin aufgewertet. Wie groß ist also das
Interesse der Bundesregierung, hier wirklich zu präsentieren, was ihr
Bundesministeriengesetz soll und an Änderungen herbeiführen wird?
Von der
Regierungsbank, aber auch von den Regierungsparteien ist viel kritisiert
worden: die Opposition sei „weinerlich“, sie würde nur fundamentalistisch
kritisieren, sie würde keine Vorschläge einbringen. – Ich werde Sie eines
Besseren belehren, und Sie werden mich hier nicht weinen sehen. Ich werde Ihnen
sagen, dass von den Universitäten her seit vielen Jahren der Wunsch besteht,
Forschung und Universitäten in einem Ressort zu vereinigen und die vielen
zersplitterten Agenden auf ein oder maximal zwei Ressorts zurückzuführen.
Aber was ist
geschehen? – All das, was wir in unseren Gesprächen mit der ÖVP vereinbart
hätten oder vereinbaren wollten, wurde zurückgenommen: nicht von den „Weinerlichen“,
nicht von den Mutlosen, sondern von der ÖVP! Es ist alles geblieben, wie es
ist. Der Forschungsfonds, der letztlich über 90 Prozent der
Universitäten mit Forschungsgeldern für interessante, international
begutachtete Projekte beliefert und fördert, ist im Ressort für Verkehr,
Innovation und Technologie hängen geblieben.
Ich sage Ihnen, woher die Kritik kommt an diesem Ressort, das sich nicht zu Unrecht „Innovationsministerium“ nennt, weil es vier neue Minister in vier Jahren gebraucht hat: Schmid, Forstinger, Reichhold und jetzt Gorbach. Ich denke, wenn jetzt noch Kukacka dazukommt, der
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 170 |
hier von diesem Rednerpult aus gegen die Reduktion der
Promillegrenze gewettert hat – für die Gastwirte, für die
Kirchtage –, und jetzt als Staatssekretär in diesem Ressort sitzt, so ist
er eher ein Objekt der Forschung und sollte mit Forschung und Innovation als
Subjekt möglichst wenig zu tun haben. Das würde ich vorschlagen. (Beifall
bei den Grünen sowie des Abg. Reheis.)
Donabauer hat
gemeint, dieses Gesetz soll den Bedürfnissen entsprechen. Was ich aber nicht
möchte, was ich aus den Verhandlungen gehört habe, ist: dass Ministerien zur
„Bedürfnisanstalt“ von Regierungsparteien werden. Das kann es nicht sein! (Beifall
bei den Grünen.)
Wir haben gehört,
die Freiheitlichen haben auf ein Staatssekretariat gepocht. Die ÖVP hat
überlegt, kommt nach einigen Stunden retour – vielleicht war es
kürzer – und sagt: Ja, aber dann brauchen wir einen Kukacka im
Ministerium! – Nochmals: Das kann es nicht sein! (Ruf bei der ÖVP:
Nein, das kann es wirklich nicht sein ...!)
Das heißt, wir
haben konstruktive Vorschläge gebracht. Wenn ich mir jetzt anschaue, was im
Bereich Gesundheit passiert ist: Eine moderne Regierung – so bezeichnet
sie sich wohl auch – würde sagen, hier gibt es ein „Stop and go“-Prinzip;
ich nenne es hü und hott. Waneck sagt dies, Rauch-Kallat sagt jenes. Das ist
amüsant, weil ich mir da etwas herausholen kann, was mir bei Rauch-Kallat
gefällt – da kommt einiges vor, muss ich gestehen –, und gelegentlich
auch bei Waneck. Aber dann wird widerrufen. Wer kennt sich da aus? – Die
Kranken, die Patienten, die Beschäftigten im Gesundheitsbereich jedenfalls
nicht!
Wenn ich zum
Schluss noch an die Länderfonds denke, wobei sich die ÖVP sehr mutlos vor ihren
Landeshäuptlingen verneigt und nahezu alle Gesundheitsagenden an die Länder
delegiert, dann nenne ich das ein Abdanken des Staates, eine Reduktion der
Republik auf eine Schrebergartenpolitik im Gesundheitswesen. Länder sind keine
Schrebergärten, aber wenn man steuern, wenn man handeln, wenn man koordinieren
will, länderübergreifend, überregional, braucht es ein starkes
Gesundheitsressort.
Wir haben
möglicherweise ein starke Frau als Ministerin, aber man wird sehen: Ihre Möglichkeiten
werden begrenzt sein. Das kann kein Ziel eines Bundesministeriengesetzes sein.
Dies festzustellen, genügt normaler Mut. Tollkühn ist die Regierung, die so
etwas beschließt. (Beifall bei den Grünen.)
20.29
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Mag. Grossmann zu
Wort gemeldet. – Bitte.
20.29
Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Werter Präsident! Werte Frau Ministerin! Werter Herr
Staatssekretär! Hohes Haus! Die weltpolitische Situation stellt wohl alles, was
wir hier diskutieren, in den Schatten. Das Licht der Öffentlichkeit ist zu
Recht auf das von Menschen gemachte Elend in der Welt gerichtet. Aber dennoch
passieren auch hier in unserem Land Dinge, die unserer Aufmerksamkeit bedürfen.
In ihrem
Koalitionspakt bekennen sich ÖVP und FPÖ zum wiederholten Male zu einer Rechtsbereinigung
und Rechtsvereinfachung. Aber schon wenn man sich das neu zu beschließende
Bundesministeriengesetz anschaut, zeigt sich, dass es sich auch dabei nur um
eine hohle Überschrift handelt und dass gar nicht daran gedacht wird, diese mit
Leben zu erfüllen.
Ich habe mir
gemeinsam mit Tierschutzorganisationen die Kompetenzzuteilung im Bereich
Tierschutz etwas näher angeschaut. Es reicht da anscheinend zur kompletten
Verwirrung noch nicht aus, dass die Gesetzgebung in 35 Verordnungen,
11 Landesgesetze und über 600 Paragraphen zersplittert ist, die sich
allesamt mit dem – unter Anführungszeichen – „Schutz“ und der Haltung
von Tieren beschäftigen.
Jetzt muss auch
noch auf der Seite der Vollziehung das Chaos perfektioniert werden, indem die
Zuständigkeit gleich auf drei Ministerien und das
Bundeskanzleramt aufgeteilt wird. Eindeutig ist dabei nur eines, nämlich dass
alles fest in schwarzer Hand ist.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 171 |
Das
Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen gibt wesentliche
Kompetenzen im Veterinärwesen und den damit verwandten Materien ab, was
eigentlich sehr schade ist, denn wo, wenn nicht hier, bringt der Tierarzt
Mag. Haupt fachliche Kompetenzen ein? Auch wenn es hier im Hause nicht so
oft vorkommt, dass dem politischen Mitbewerber Anerkennung gezollt wird –
heute ist es ausnahmsweise schon einige Male geschehen –: Im Bereich
Veterinärwesen, Tierschutz würde ich dem Herrn Bundesminister Haupt – er
ist nicht mehr anwesend, aber vielleicht richten es ihm die Kollegen aus –
doch sehr hohe Kompetenz attestieren, und finde es wirklich schade, dass es der
„Koalitionspartner“ – unter Anführungszeichen – nicht
zugesteht, diese fachliche Kompetenz auch in ausreichendem Maße in die
Regierungsarbeit einzubringen. (Beifall bei der SPÖ.)
Dabei hat Minister
Haupt gerade in den letzten Wochen seiner Amtszeit durchaus positive Ansätze
gezeigt, indem er angekündigt hat, die Kontrolltätigkeit gegenüber der
Landwirtschaft und der Transportwirtschaft zu verstärken. Darüber haben wir uns
– die
Tierschutzorganisationen und die tierfreundliche Bevölkerung – sehr
gefreut; die Agrar- und Transportlobby, als deren politische
Interessenvertretung sich die ÖVP nach wie vor berufen fühlt, naturgemäß
weniger.
Den „großen
Bruder“ soll man aber nicht verärgern, weshalb Ihnen, Herr Minister Haupt, Ihre
Kernkompetenz kurzerhand weggenommen wurde. Der Preis für den Titel
„Vizekanzler“ ist eben sehr hoch. Aber, sollte Ihnen das ein Trost sein:
Wenigstens Ihre Parteifreunde Schweitzer und Haubner dürfen sich in den auf
sie speziell zugeschnittenen Ressorts selbst verwirklichen. Über den Preis
dafür brauchen Sie sich auch keine Gedanken zu machen, denn den zahlen ohnehin
der Steuerzahler und die Steuerzahlerin. (Beifall bei der SPÖ.)
Um auf den Veterinär-
und Tierschutzbereich zurückzukommen: Da wird die Kompetenz in der Vollziehung
gleich noch einmal aufgeteilt, damit ja nichts „passieren“ kann, nämlich auf
das wiederum neu geschaffene Bundesministerium für Gesundheit und Frauen und
auf das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, das die
Hauptkompetenz für den Tierschutz bekommt beziehungsweise behält. Da
befürchten Tierschutzorganisationen zu Recht, dass sich die
Landwirtschaft damit nur selbst kontrolliert, und zwar sowohl im Bereich der
Futtermittel, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel als auch im Veterinärbereich.
Es gibt keine wahrnehmbare Trennung zwischen der Produktion auf der einen Seite
und der Kontrolle auf der anderen Seite. Das ist rechtsstaatlich ein
untragbarer Zustand. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Die
Redezeit ist aus!)
Über all dem steht
in Metternichscher Manier die offensichtliche Universalkompetenz des
Bundeskanzlers, die sich im Wahlkampf sicherlich als günstig erweisen wird,
wenn es darum geht, mit aufgelocktem Katzerl, Schweinderl oder was auch immer
um Sympathien und Stimmen zu werben.
Die
österreichische Bevölkerung ist erfreulicherweise tierfreundlich. Das wissen
wir, das ist auch durch den Erfolg des Tierschutz-Volksbegehrens dokumentiert
und wird jeden Tag aufs Neue bewiesen, wenn Menschen selbst liebevoll Tiere
halten oder sich in ihrer Freizeit im Tierschutz engagieren, am Wochenende
freiwillig Ställe ausmisten oder verletzte Tiere unentgeltlich ins Tierspital
befördern. Deshalb verstummen auch unsere Forderungen nach einem einheitlichen
Tierschutzgesetz nicht, das die höchsten Schutzstandards
garantiert und nicht nur einen kleinsten gemeinsamen Nenner darstellt. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
Eine weitere
Kompetenzzersplitterung in der Vollziehung lässt auch die Forderung nach einem
Tierschutzanwalt, der unabhängig agieren kann und weisungsungebunden ist und
der auch durch die ressortmäßige Eingliederung nicht einmal den Anschein
einer Befangenheit erwecken soll, besonders akut erscheinen. Die verstärkte
Förderung tierschutzrelevanter Studien, deren Ergebnis auch in die Gesetzgebung
einfließen sollten, wurde ebenfalls versäumt. (Abg. Dr. Brinek:
Wir hätten eigentlich den Tierschutz ins Bildungsministerium verlegen sollen!)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 172 |
Tierschutz als
Staatszielbestimmung in die Verfassung aufzunehmen, wäre ein wesentliches
Signal dafür, wie wir, wie unsere Gesellschaft mit den uns anvertrauten
Lebewesen umgeht und würde auch die Werthaltung wiedergeben, die wir an die
nachfolgende Generation weitergeben.
Ich komme schon
zum Schlusssatz. Ich glaube – nein, ich weiß! –, dass es in der
Bevölkerung einen breiten gesellschaftlichen Konsens über den Tierschutz gibt,
und es wäre schön, wenn sich dieser Konsens auch in diesem Hause widerspiegeln
würde. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
20.35
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete
Mandak zu Wort gemeldet. – Bitte.
20.35
Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr
Präsident! Hohes Haus! Es wurde heute schon kritisiert, dass die Opposition nie
etwas Positives, das von der Regierung ausgeht, bekräftigt. (Abg. Steibl: Stimmt auch!) – Bitte
hören Sie gut zu: Wir freuen uns,
dass es wieder ein Frauenministerium gibt, und wir freuen uns, dass wir eine Frauenministerin
haben. (Beifall bei den Grünen und der ÖVP.)
Wir freuen uns
auch darüber, dass damit eine jahrelange Forderung der Grünen erfüllt worden
ist. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.) Es wird sich jetzt zeigen,
wie stark und wie einflussreich dieses Frauenministerium tatsächlich ist,
denn darauf – und allein darauf! – wird es ankommen. Es wird sich zeigen, ob
die vorrangigen Aufgaben, die dringend zu lösen sind, angegangen werden. Unter
diesen vorrangigen Aufgaben verstehen wir nicht
die Anpreisung des „Unternehmens Haushalt“ – um das einmal
klarzustellen –, bei dem Frauen als Unternehmerinnen ohne Mindestlohn
und soziale Absicherung fungieren. Wir verstehen unter diesen vorrangigen
Aufgaben auch nicht das heute
schon erwähnte dreitägige Bewerbungsseminar für hoch qualifizierte Frauen in
sehr luxuriösen Hotels. – Das ist es nicht, was wir unter vorrangigen
Aufgaben der Frauenpolitik verstehen! (Beifall bei den Grünen.)
Wir verstehen
unter diesen vorrangigen Aufgaben arbeitspolitische Maßnahmen, sozialpolitische
Maßnahmen, die dringend auf Umsetzung warten, wenn das Ziel der Gleichstellung
endlich erreicht werden soll.
Es geht zum einen
um Beschäftigungsverhältnisse von Frauen. In Österreich gibt es einen immer
höheren Anteil an atypischen Beschäftigungsverhältnissen und einen immer
höheren Anteil an Frauen, die erwerbstätig sind, aber damit ihren
Lebensunterhalt nicht finanzieren können und die auch keinen Pensionsanspruch
daraus ableiten können, keine Pension, von der sie künftig werden leben können.
Da sind dringend
Maßnahmen notwendig. Und was hat die Regierung getan? – Sie hat
gleichzeitig eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten angekündigt, obwohl wir
genau wissen, dass diese Ausweitungen zu immer prekäreren
Beschäftigungsverhältnissen führen und Frauen genau in die oben erwähnten
Situationen treiben. Es wird dadurch genau das Gegenteil von dem erreicht, was
wir einfordern.
Eine weitere
Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass beide, nämlich Väter und Mütter,
die Karenzzeit in Anspruch nehmen und dass ein beruflicher Wiedereinstieg nach
der Karenzzeit möglichst gut und reibungslos stattfinden kann. Durch das
Kinderbetreuungsgeld haben Sie jedoch das Gegenteil erreicht! Es wird höchste
Zeit, dass genau diese Maßnahmen zurückgenommen und anders gelenkt werden. (Abg.
Steibl: Also das geht aber wirklich
zu weit!) – Natürlich! Bitte lesen Sie die neue Studie,
wahrscheinlich haben Sie sie noch nicht. (Rufe bei der ÖVP: Oja!) Es ist
nötig, hier entsprechend gegenzusteuern. (Beifall bei den Grünen.)
Zum Pensionsbereich: Das erste, was die neue Regierung tut, ist, eine Pensionsreform anzukündigen, durch die Frauen wieder geringere Pensionen bekommen werden und die durchschnittliche Frauenpension unter den Ausgleichszulagen-Richtsatz fallen wird. Das ist nicht
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 173 |
das, was wir unter Frauenpolitik verstehen! Das ist eine Frauenpolitik,
die uns zurücktreibt, statt nach vorne zu bringen.
Frau Ministerin
Rauch-Kallat, ich kann Ihnen Folgendes versprechen: Wenn Sie frauenpolitische
Maßnahmen und Gesetze durchsetzen wollen, die dahin gehen, dass es endlich zu
einer besseren Gleichstellung von Frauen und Männern kommt, werden Sie die
Unterstützung der Grünen dafür haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen
sowie des Abg. Dr. Stummvoll.)
20.39
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner
hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer zu Wort gemeldet. –
Bitte.
20.40
Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine
Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich am Anfang meiner Ausführungen
noch ein bisschen mit dem Selbstlob des Herrn Klubobmannes Scheibner
beschäftigen. – Wir haben nie behauptet, dass alles schlecht war, was diese
Regierung gemacht hat. (Abg. Wittauer: Das war ein
Tatsachenbericht!) Gerade im Bereich der Landesverteidigung haben wir
einige Beschlüsse durchaus gemeinsam gefasst. Aber das ist Vergangenheit.
Wenn ich die
Vorschläge, die Wehrsprecher Scheibner gemacht hat, mit dem vergleiche, was
Minister Scheibner dann umgesetzt hat, muss ich schon feststellen, dass da
Welten dazwischen liegen. (Abg. Scheibner: Wo?) Eines hat
Minister Scheibner aber gemacht: Er hat die REORG durchgezogen, auf die war er
stolz. (Abg. Scheibner: Nicht nur!) Jetzt kommt sein Nachfolger,
und was macht der aus der REORG des Ministers Scheibner? – Sofort eine
neue! Wir werden uns also mit der Bezeichnung schwer tun, ich schlage „REORG
zum Quadrat“ oder vielleicht „REORG neu“ vor, dann folgt die „REORG neu-neu“.
(Abg. Scheibner: Das ist schon wieder revidiert!) – Du warst
noch nicht einmal aus dem Ministerium draußen, da hat dein Nachfolger bereits
angekündigt, alles umzudrehen, was du gemacht hast. Das sagt sehr viel über das
Klima zwischen diesen beiden Koalitionsparteien.
Meine Damen und
Herren! Ich möchte mich aber jetzt mit dem Infrastrukturministerium beschäftigen.
Ich habe von einem Vorredner gehört, wie großartig es ist. – Mir ist das
nicht aufgefallen. Die Schaffung dieses Infrastrukturministeriums war –
vielleicht auch wegen der handelnden Personen – schlicht und einfach ein
„Flop“, und Sie belassen es jetzt so, wie es war.
Geleitet wurde
dieses Ministerium von „Frühstücksdirektoren“, wie man im Sprachgebrauch der
Wirtschaft vielleicht sagen würde: Schmid, Forstinger, Reichhold. Kurze
Halbwertszeit. Aber so wie auch in der Wirtschaft der Weg der
„Frühstücksdirektoren“ dann zum „weißen Riesen“ führt, habe ich vielleicht auch
Verständnis dafür, dass Sie gar nichts dabei finden, wenn Sie, so wie die
„weißen Riesen“, Ihre Gagen weiter beziehen.
Und was ist in
diesem Infrastrukturministerium inhaltlich geschehen? – Kollege Regler hat
gemeint, der Bereich der Bundesstraßen sei ein Riesenerfolg. Die Kompetenz für
die Bundesstraßen waren aber nicht lange in diesem Ministerium, sondern sie
wurden verländert, sie wurden ausgegliedert. Die Verantwortung wurde vom
Ministerium abgegeben. Die Verantwortung für den Autobahnbau lag auch nicht
beim Ministerium, sondern bei der ASFINAG.
Meine Damen und
Herren! An diesen Kompetenzproblemen, an diesen Führungsproblemen haben wir zu
leiden. Wenn wir kurz noch nach Niederösterreich blicken und uns ansehen, was
dort im Bereich Infrastruktur geschehen ist, dann stellen wir fest, dass es
viele Versprechungen gab, aber wenig gehalten wurde. (Abg. Schöls: Du
redest die letzten drei Wochen ...! – Weitere
Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Langsam, lassen Sie sich Zeit! Was
hat Landeshauptmann Pröll mit seinen Kompetenzen für den Bereich Bundesstraßen
getan? – Er ging nach dem Gießkannenprinzip vor: wenige Ortsumfahrungen,
dafür viele Kreisverkehre, viele Ortseinfahrten, und dafür hat er sich
hochjubeln lassen. Das war alles, was wir vom Herrn Landeshauptmann gesehen
haben.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 174 |
LH Pröll macht
auch laufend Spatenstiche, zum Beispiel für eine Autobahn. (Zwischenrufe der
Abgeordneten Wittauer und Schöls.) Dort gibt es zwar keine
UVP, keine Trassenverordnung, keine rechtliche Grundlage – nichts! Wenn
man das thematisiert, dann ist das schlicht und einfach nur der Beginn von
archäologischen Grabungsarbeiten.
Meine Damen und
Herren von den Regierungsfraktionen, so schauen Ihre Infrastrukturprobleme
aus! So schauen die Kompetenzen des Infrastrukturministeriums aus!
Die Zeit läuft
davon – nicht nur meine Redezeit, sondern auch die Zeit für den Ausbau einer
Region, die schwer benachteiligt wurde. Meine Damen und Herren von der niederösterreichischen
ÖVP: Außer dem „Glühspaten“ vor den Landtagswahlen haben Sie wenig zu bieten. (Beifall
bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schöls.)
20.44
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner
hat sich Herr Abgeordneter Dr. Jarolim zu Wort gemeldet. – Bitte.
20.44
Abgeordneter
Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen
und Herren auf der Regierungsbank! Vielleicht noch einige kurze Worte: Da wir
heute Vormittag damit konfrontiert wurden, dass es der Regierung geglückt ist,
das höchste Budgetdefizit der Zweiten Republik einzufahren und es ihr
gleichzeitig auch gelungen ist, sich beim Wirtschaftswachstum – und das
ist ein Kunststück, sechstreichstes Land der Welt waren wir – an die
letzte Stelle in Europa zu katapultieren, habe ich mir die Mühe gemacht, zu
schauen, wie Sie eigentlich mit dem Geld der Steuerzahler umgehen, wenn Sie
diese Regierung aufblähen. (Abg. Dr. Rasinger: Wir gehen sehr
gut um, Herr Jarolim!)
Ich habe mir
Folgendes angesehen: Staatssekretär-Gage – 378 000 €, die
Referenten-Gagen pro Staatssekretär – 1 373 000 € und die Repräsentation,
Dienstwege und Sonstiges – 400 000 €, also Gesamtkosten von
2 Millionen € pro Jahr. Das entspricht, wenn man es hochrechnet,
10 Millionen € in der gesamten Legislaturperiode. – Ich gehe ja
davon aus, dass es Ihr Ziel ist, das durchzuhalten.
Wenn Sie diesen
Betrag in Einfamilienhäuser umrechnen, dann sind das 50 Einfamilienhäuser.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn ich die Wahl hätte – und das
sollten Sie auch die Steuerzahler und die Menschen draußen fragen, wenn Sie so
groß über diese innovative, tolle neue Regierung sprechen, ob ihnen lieber der
Herr Kukacka als Staatssekretär ist, oder vielleicht
50 Einfamilienhäuser –, dann glaube ich, dass die Antwort relativ
klar ist. Ich denke Sie sollten die Redlichkeit aufbringen und der Bevölkerung
wirklich sagen, was Sie hier mit den Steuergeldern machen und wie Sie sie beim
Fenster hinausschmeißen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rasinger: Mir ist der Kukacka lieber als der
Jarolim!)
Ich darf Ihnen vielleicht noch etwas anderes sagen, damit Sie sich nicht so empören: Es ist heute der UBAS zur Diskussion gestanden. Wir wissen alle, dass es einen Grund dafür gegeben hat, dass der Unabhängige Berufungssenat damals dem Kanzleramt unterstellt wurde, nämlich die Unabhängigkeit. Wenn wir schauen, wo der UBAS jetzt hinkommt, nämlich zum Innenminister, dann müssen wir uns natürlich ansehen, was Innenminister Strasser bis jetzt – unter Anführungszeichen –„geleistet“ hat. (Abg. Dr. Rasinger: Mehr als Sie!)
Ich kann Ihnen nur
sagen: Die politische Willkür in diesem Bereich ist atemberaubend! Max
Edelbacher – ein international anerkannter Experte, auch in Amerika –
wird „geköpft“! Pure Parteipolitik. Herr Bundesminister Strasser, ich muss
übrigens auch meine Verwunderung darüber zum Ausdruck bringen, dass Sie noch
immer hier unter den Abgeordneten sitzen, was an sich nicht unbedingt Tradition
ist. – Die Seltsamkeiten in dieser Regierung sind ja nicht enden wollend. (Beifall
bei der SPÖ.)
Zweitens General Strohmeyer, einer der anerkanntesten Mitarbeiter – „geköpft“. Schnabl, der sogar an einer Ausschreibung teilgenommen hat, bei der er von fünf Personen an die erste Stelle gereiht wurde, ist es nicht geworden; und nicht, dass es der Zweit- oder Drittgereihte
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 175 |
geworden ist! (Zwischenruf des Abg. Hornek.)
Nein, meine Damen und Herren, den, der von der Kommission eindeutig als der
unfähigste eingestuft wurde, nämlich den Einzigen, von dem man gesagt hat, er
soll es nicht werden, den hat Herr Bundesminister Strasser zum
General-Nachfolger gemacht. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von
ÖVP und SPÖ.)
Meine Damen und
Herren! Glaubt noch irgendjemand in diesem Land, dass es in diesem Ministerium
auch nur einigermaßen objektiv zugeht, dass auch nur irgendjemand an
Sachpolitik interessiert ist?! Glaubt in Zukunft noch irgendjemand tatsächlich,
dass kein Einfluss genommen wird?!
Ich meine daher,
das, was Sie nach Ihrer Tradition – ich würde sagen, es ist die
niederösterreichische ÖVP, die hier im Hintergrund ist – mit dem UBAS
machen werden, ist erschreckend. Sie haben hier im Grund genommen auch der
Demokratie keinen guten Dienst geleistet, und ich lade Sie zu etwas mehr
Redlichkeit ein, meine Damen und Herren. – Danke schön. (Beifall bei
der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
20.48
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (das Glockenzeichen
gebend): Meine Damen und Herren! Ich darf Sie um Ihre besondere Aufmerksamkeit
bitten. Nach über zwölfjähriger Tätigkeit als Nationalrätin wird Frau Abgeordnete
Dr. Petrovic nun ihre Abschiedsrede halten. – Bitte. (Rufe bei den
Freiheitlichen: Sie kommt ja wieder! Sie kommt ja wieder am Montag!)
20.48
Abgeordnete
MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau
Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ja, ich halte jetzt meine
letzte Rede hier im Nationalrat. Ich habe Gott sei Dank im Moment so viel zu
tun, dass das bisschen Wehmut, das hier sicher auch mitschwingen wird,
jedenfalls jetzt noch nicht sehr hochkommt. Natürlich hoffe ich für mich, dass
ich auch nach dem nächsten Sonntag viel Anlass zur Freude haben werde und dass
das dann die möglicherweise auch auftretende Wehmut beim Zimmerräumen und so
weiter überlagern wird.
Mir ist wichtig,
hier zu betonen – und ich denke, das haben Sie in all den Auseinandersetzungen,
die es auch gab und an denen ich beteiligt war, auch bemerkt –, dass ich
diesem Haus mit sehr viel Leidenschaft und Begeisterung angehört habe. Ich habe
meine Redebeiträge hier nie als eine Pflichtübung verstanden, sondern sie waren
mir schon wichtig. Dass das für Sie wahrscheinlich gelegentlich zu häufig, zu
lang oder sonst etwas war, das gehört eben auch dazu. Ich habe hier mein
oppositionelles Bewusstsein durchaus einigermaßen ausgelebt.
Ich habe das heute
in der Früh bereits gesagt, und es ist vielleicht eine merkwürdige historische
Koinzidenz: Ich erinnere mich noch an eine meiner ersten Reden im
Parlament – ich weiß noch, es war in den späten Abend- oder Nachtstunden,
und wir von den Grünen haben damals versucht, die Beschlussfassung zu einem
Gesetz hinauszuzögern, aufzuhalten. (Abg. Dr. Stummvoll: Das
war eine lange Rede! – Abg. Mag. Molterer: Neun Stunden hat
das gedauert!) Ja, das gab es manchmal, und das ist eine gute
parlamentarische Tradition, die ein Haus wie dieses meiner Meinung nach
gelegentlich schon auch aushält und aushalten kann. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Damals hat es auch
Krieg im Nahen Osten gegeben, und das Bombardement von Bagdad hatte begonnen.
Die Stimmung hier war insgesamt beklemmend. Jetzt ist es so, dass seit einigen
Tagen wieder eine solche Situation herrscht. Die Welt insgesamt ist seither
nicht friedlicher geworden.
Ich nehme aber
zumindest mit, dass es bei all diesen Konflikten auch sehr, sehr viel
Hilfsbereitschaft gegeben hat, der Bevölkerung sowieso, aber auch dieses
Hauses, und dass der große Unterschied zu damals der ist, dass offenbar gerade
die sehr jungen Menschen ihre Stimme für den Frieden erheben und auch ihre
Person in den Dienst des Friedens stellen. Das werte ich angesichts all dieser
schrecklichen Ereignisse doch als ein gewisses Zeichen der Hoffnung. (Beifall bei den Grünen, der ÖVP und der SPÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 176 |
Angesichts dieser
großen weltpolitischen Tragödien ist ziemlich alles, was wir hier tun, relativ
klein und Gott sei Dank relativ unbedeutend. Dass trotzdem die Emotionen oft
hochgehen können, das gehört zum Parlamentarismus. Ich denke auch, dass all die
schlimmen Ereignisse in der Welt kein Grund sind, unsere Arbeit hier gering zu
schätzen oder sie gar als unbedeutend zu erachten. Wir können vieles leider
nicht verhindern, aber nichtsdestotrotz ist es unsere Aufgabe, die relativ
kleinen und unbedeutenden Probleme – so gut es eben geht – zu lösen.
In der Debatte zum
Bundesministeriengesetz ist gesagt worden – und das wurde auch als
Argument für die Vergrößerung der Regierung ins Treffen geführt –, dass
dieses Haus mehr Agenden zu erfülle habe. – Ja, das stimmt. Aber um das jetzt
alles in einen versöhnlichen Ton zu kleiden: Die Antwort hätte ja nicht unbedingt
mehr Regierungsfunktionen lauten müssen, obwohl ich auch das nicht für die
größte Tragödie dieser Republik erachte. Die Antwort hätte ja auch die
Aufwertung des Parlaments sein können.
Das ist etwas, was
unser aller Interesse sein sollte. Da würde ich mir insbesondere natürlich von
den Abgeordneten der Regierungsfraktionen wünschen, dass sie nicht nur ihren
Regierungsmitgliedern den Rücken stärken – das geschieht ja meistens in
Demokratien, auch nicht immer –, sondern dass sie auch einmal an dieses
Haus denken.
Wenn ich mir vor
Augen führe, was zu tun gewesen ist, als ich hier begonnen habe, und was jetzt
an Aufgaben zu erledigen ist, und dass es wahr ist, dass der internationale
Bereich sehr viel größer geworden ist, und dass auch die Fragen der Neuordnung
der Kompetenzen im Bundesstaat jetzt endlich einmal angegangen werden müssen
und dass das sehr viel Sachverstand brauchen wird, dann würde das allemal
rechtfertigen, dass man die Arbeitsmöglichkeiten des Parlaments insgesamt
ausbaut und verbessert. (Allgemeiner
Beifall.)
Dabei denke ich
vor allem an Dinge, die ich hier natürlich auch nicht zum ersten Mal verlange,
aber ich weiß ja, dass in manchen Bereichen nur steter Tropfen den Stein höhlt.
Ich denke da etwa an einen legistischen Dienst, der in der Lage ist, für
Abgeordnete Aufgaben zu übernehmen, auch wenn sie selbst nicht rechtskundig
sind, und die Rechtskundigen können es auch nicht immer selber. Ich denke, das
muss nicht immer alles bei der Bundesregierung angesiedelt sein beziehungsweise
es müsste zumindest auch im Hohen Haus eine Möglichkeit geben.
Ich denke an den
Verfassungsdienst, der meiner Meinung nach klarerweise ins Hohe Haus gehören
würde, und ich denke auch an die Möglichkeit von sonstigen Hilfseinrichtungen,
wie beispielsweise daran, Wirtschaftskompetenz im Rahmen von Werkverträgen, im
Rahmen einer Zuarbeit in Anspruch nehmen zu können – wenn schon nicht als
ständige Einrichtung so doch zumindest als zeitweise Möglichkeit. Das wäre
schon notwendig, um die Qualität der Arbeit anzuheben. (Beifall bei den Grünen, der ÖVP und der SPÖ.)
Ich habe mir
natürlich auch manchmal gedacht, wie das meine grünen Kolleginnen und Kollegen
machen werden, wer so für den Tierschutz kämpfen wird und wer hier mit großer
Leidenschaft mein Anliegen der Gleichstellung von Frauen und Männern vertreten
wird. In dieser Hinsicht haben mich gerade die letzten Redebeiträge meiner
Kollegin Sabine Mandak und auch der Abgeordneten Grossmann sehr beruhigt, und
ich denke mir, diese Anliegen wird hier schon jemand wahrnehmen. Ich hoffe und
wünsche das gerade für jene Themen, mit deren Aufwertung hier im Hause ich
vielleicht doch ein bisschen zu tun habe, auch wenn das manchen vielleicht
gelegentlich schon etwas zu viel war, aber das wird schon weiter vertreten
werden. Da verlasse ich mich ganz auf euch.
Ein Allerletztes wollte ich noch sagen, und zwar insbesondere dem Klubobmann Khol. Er ist jetzt zwar nicht da, aber Sie werden es ihm ausrichten. (Ruf bei der ÖVP: Erster Präsident!) – Präsident Khol! Da schwingt noch immer die vergangene Legislaturperiode mit. Ich bin der Meinung, dass Konflikte in diesem Land zu wenig hart und präzise ausgetragen werden. Dabei meine ich nicht Verletzungen anderer Personen, überhaupt der persönlichen Sphäre, aber politische Positionen klar herauszuarbeiten und auch die Gegensätze und nicht immer gleich nach dem Schulterschluss zu rufen, das halte ich für in einer Demokratie notwendig. Ich denke,
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 177 |
das macht eigentlich das Wesen von Demokratie
aus. (Beifall bei den Grünen, der
ÖVP und der SPÖ.)
Ein paar Mal sind
insbesondere an unsere Adresse Vorwürfe gerichtet worden, was wir denn
überhaupt wollten. Ganz harte Vorwürfe hat es da gegeben, dass wir gelegentlich
oder vielleicht vor vielen Jahren einmal mit irgendwelchen anarchistischen
Thesen geliebäugelt hätten. Da habe ich mir dann immer wieder gedacht – es
hat irgendwie nie hineingepasst, und deswegen kann ich das nur jetzt
sagen –, dass es da große Missverständnisse gegeben hat. Gerade Präsident
Khol mit seinem Hintergrund weiß, dass die Vorstellungen von Anarchie
eigentlich etwas sehr Schönes haben könnten, würden sie so verstanden, wie sie
etwa in frühchristlichen Schriften verstanden worden sind oder wenn sie auch so
wie in der Antike bei manchen Dichtern verstanden wurden, die eben ein „Goldenes
Zeitalter“ besungen haben, in dem kein Gesetz, kein Richter, keine Strafgewalt
mehr notwendig sein wird, weil die Menschen so einsichtig sind, dass sie
einander helfen, und diejenigen, die mehr haben, das automatisch teilen.
In dem Sinne,
finde ich, sollten wir die Hoffnung nicht aufgeben oder auch diese
Eigenschaften in den Menschen stärken, damit wir uns vielleicht irgendwann
einmal diesen Vorstellungen zumindest nähern könnten. Einstweilen bin ich auch
so realistisch, dass ich mir denke: In dieser Legislaturperiode wird das nicht
geschehen. (Beifall bei den Grünen
und der SPÖ.)
Vielleicht denken
Sie doch auch einmal daran, dass das eigentlich ein edler Zug wäre, bevor Sie
dann wieder mit heftigen Vorwürfen kommen und so tun, als wäre das das Böseste,
was Grüne je vertreten hätten. Mir ist schon klar, dass dann natürlich auch die
Tätigkeit dieses Hauses überflüssig wäre. Ich bin allerdings überzeugt davon,
dass Sie für die nächsten Jahre noch genug zu tun haben werden. Es wird Normen
brauchen, es wird welche brauchen, die diese Normen vollziehen, und es wird in
diesem Wechselspiel zwischen denen, die die Normen mehrheitlich beschließen,
denen, die sie vollziehen, und denen, die überall das Haar in der Suppe suchen
und finden, heftige Auseinandersetzungen geben.
Ich wünsche Ihnen,
dass diese Auseinandersetzungen so stattfinden, dass lebendige Debatte
entstehen und in diesem Haus möglichst wenig gegähnt wird. Ich finde, dass,
wenn hier die Funken sprühen, das eigentlich das ist, wozu Parlamente da sind.
Ich hoffe, dass
die Situation so bleibt, und dass Fälle, in denen man vielleicht wirklich sagen
muss, dass eine solche Not herrscht, dass wir ganz zusammenrücken müssen,
diesem Haus und diesem Land erspart bleiben. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen
allen eine kontroversielle, eine lebendige und eine gute Arbeit. Ich kann Ihnen
nicht versprechen, dass ich mich nicht gelegentlich aus der
St. Pöltner Perspektive ein wenig einmischen werde; Möglich ist auch, dass
ich dann auch einen anderen Blickwinkel in Richtung Bundesregierung oder
Zentralverwaltung haben und vertreten werde. Ich denke, das wird mir
vielleicht auch ganz gut tun. Und wenn Sie mir allzu sehr abgehen, dann werde
ich Sie besuchen kommen. (Lebhafter, lang anhaltender allgemeiner
Beifall. – Die Abgeordneten der Grünen und Abgeordnete der SPÖ erheben
sich von ihren Plätzen. – Abg. Dr. Van der Bellen überreicht
Abg. Dr. Petrovic einen Blumenstrauß. – Einige Abgeordnete der
Grünen, der ÖVP und der SPÖ begeben sich zu Abg. Dr. Petrovic und
verabschieden sich persönlich von ihr.)
21.02
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist geschlossen.
Wünscht die Frau
Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.
Wir gelangen zur Abstimmung
über den Gesetzentwurf in 30 der Beilagen.
Hiezu haben die
Abgeordneten Dr. Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag
eingebracht.
Ferner haben die
Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen
einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 178 |
Weiters haben die
Abgeordneten Mag. Stoisits, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen einen
Abänderungsantrag eingebracht.
Ich werde zunächst
über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen
Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten
Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.
Die Abgeordneten
Dr. Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag
eingebracht, der sich auf die Streichung der Ziffer 2 bezieht.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. –
Es ist das die Minderheit und damit abgelehnt.
Ich lasse sogleich
über die Ziffer 2 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen, und bitte
jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung geben, um
ein Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.
Die Abgeordneten
Dr. Baumgartner-Gabitzer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen haben einen
Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Ziffer 5 bezieht. Wer
hiefür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies
die Mehrheit und damit angenommen.
Die Abgeordneten
Mag. Stoisits, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag
betreffend Ziffer 14 eingebracht.
Ich ersuche jene
Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes
Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.
Ich lasse sogleich
über Ziffer 14 in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen, und bitte
jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes
Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.
Ferner haben die
Abgeordneten Dr. Baumgartner-Gabitzer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen
einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen
Ziffer 19a bezieht.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist
dies ebenfalls die Mehrheit und damit angenommen.
Schließlich komme
ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des
Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes
Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.
Wir kommen
sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf
sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies ebenfalls die Mehrheit.
Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.
Wir gelangen nun
zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten
Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung der
Inanspruchnahme der Bezügefortzahlung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes
Zeichen. – Es ist das die Minderheit und damit abgelehnt.
Wir gelangen
nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der
Abgeordneten Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übertragung der
Zollwache ins Bundesministerium für Inneres.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 179 |
Ich bitte jene
Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes
Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.
4. Punkt
Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag
45/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter
Wittmann, Mag. Karl Schweitzer, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen
und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versöhnungsfonds-Gesetz
geändert wird (28 der Beilagen)
5. Punkt
Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag
46/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter
Wittmann, Mag. Karl Schweitzer, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen
und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den
Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus
geändert wird (29 der Beilagen)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 und 5
der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.
Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.
Als erste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete
Dr. Fekter. – Bitte, Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.
21.07
Abgeordnete
Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Hohes Haus! Vor uns liegt der im Verfassungsausschuss einstimmig
gefasste Beschluss, dem Plenum des Nationalrates die Verlängerung der
Antragsfrist für den österreichischen Versöhnungsfonds bis 31. Dezember
2003 und der Funktionsdauer des Fonds bis 31. Dezember 2004 zu
empfehlen, und wir werden diesem einstimmigen Beschluss des
Verfassungsausschusses wahrscheinlich auch hier einen einstimmigen Beschluss
folgen lassen.
Es war notwendig, diese Fristen zu verlängern, weil sich gezeigt hat,
dass die ursprünglich bemessene Frist trotz des enormen Engagements der
Mitarbeiter des Fonds sich anhand der praktischen Erfahrungen als zu kurz für
die Bewältigung der mit dem Versöhnungsfonds verbundenen komplexen Aufgaben
erwiesen hat. Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit im Namen meiner Fraktion
dem Vorsitzenden des Komitees, der heute hier anwesend ist – Botschafter
Dr. Ludwig Steiner –, sehr, sehr herzlich für seine engagierte Arbeit
danken. (Beifall bei der ÖVP.)
Auch Ihnen, Herr Generalsekretär Dr. Richard Wotava, sei herzlich
gedankt. Auch Sie haben sich besonders bemüht und besonderes Engagement
gezeigt. (Beifall bei der ÖVP.)
Bedanken möchte ich mich im Namen meiner Fraktion auch bei Büroleiter
Dr. Wolfgang Renezeder in Vertretung der gesamten Mannschaft, die
hervorragend und sehr, sehr effizient gearbeitet hat. (Beifall bei der ÖVP.)
Es ist notwendig, den Partnerorganisationen im Osten noch ein bisschen
Zeit zu geben, die Anträge im Detail zu prüfen, damit auch alle
Anspruchsberechtigten zu ihrem Recht kommen, denn es wird noch eine gewisse
Zeit in Anspruch nehmen, und wir wollen den Fonds nicht schließen, bevor nicht
alle Fälle von uns bearbeitet worden sind.
Man kann sich natürlich fragen, ob die Verlängerung um ein Jahr ausreichend ist oder ob es nicht besser wäre, schon heute einen noch längeren Zeitraum vorzusehen. Das hohe Alter der Anspruchsberechtigten aber macht es uns zur Pflicht, alles zu tun, um so rasch wie möglich
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 180 |
innerhalb eines relativ kurzen Zeitabschnittes die
Aufgaben des Versöhnungsfonds effizient zu vollenden.
Die Verlängerung um ein Jahr soll auch den Partnerorganisationen ein
Ansporn sein, selbst rasch zu arbeiten und effektiv zu handeln. Bisher hat der
Fonds über 97 000 Anträge ehemaliger Sklaven- und Zwangsarbeiter
positiv abgeschlossen, wobei insbesondere das effiziente und unbürokratische
Vorgehen bei der Behandlung der Anträge durch die Mitarbeiter des Fonds von
allen Seiten gelobt wurde. Ich möchte hier herausstreichen, dass wir als
österreichischer Fonds eine sehr gute Basis und ein hervorragendes
Gesprächsklima zu den Partnerorganisationen im Osten haben.
Es ist selbstverständlich auch das entschiedene Bestreben des Fonds,
alle nur denkbaren potenziellen Antragsteller in aller Welt ausfindig zu
machen. Zu diesem Zweck hat es eine intensive Publizitätskampagne in allen
renommierten Zeitungen dieser Welt gegeben, von denen wir erwarten können, dass
sie diesbezüglich Anspruchsberechtigte erreichen.
Es gab aber auch eine Aktion, nämlich die Überprüfung von Listen, welche
bei anderen Partnerorganisationen eingegangen sind. So haben wir erfahren
müssen, dass beispielsweise bei der International Organization for Migration,
einer Partnerorganisation der deutschen Stiftung, Anträge eingegangen sind,
die uns zuzurechnen sind. Wir wollen den Fonds nicht schließen, bevor wir
nicht auch diese Anträge erledigt haben.
Lobenswert ist weiters die Tatsache, dass der Fonds auch alle Personen
angeschrieben hat, die jemals mit dem Nationalfonds Kontakt aufgenommen hatten.
Daher glauben wir, dass wir auch dadurch eine breite Streuung der Information
zustande gebracht haben.
Mit der Verlängerung der Antragsfrist und der Verlängerung der
Funktionsdauer sollen dann möglichst alle ehemaligen Zwangsarbeiter oder
Sklavenarbeiter erfasst werden können – derzeit sind in etwa bereits
70 Prozent erfasst –, damit sie die freiwillige symbolische Leistung
für ihr erlittenes Unrecht auch erhalten. Sie signalisieren uns immer wieder,
dass das für sie eine besondere Geste darstellt, da sie manchmal in ihre
Heimatländer nach Hause kommend als Helfershelfer der Feinde betrachtet wurden,
verdächtigt und verfolgt worden sind und als Heimkehrer deshalb selbst wieder
in Haft geraten sind. Sie sagen uns, wir sind die Ersten, die sie als Opfer des
Nationalsozialismus betrachten, und diese soziale Geste hilft ihnen gelegentlich
fast mehr als das Geld, das wir überweisen.
Es freut mich, dass wir hier im Parlament zu diesem Thema wahrscheinlich
einen einstimmigen Beschluss zustande bringen werden, und es freut mich, dass
wir mit diesem Gesetz, mit der Verlängerung der Frist für den Fonds, mit der
hervorragenden Arbeit derer, die die Dinge im Fonds abwickeln, der Welt zeigen
können, dass wir uns ernsthaft bemühen, unsere Vergangenheit aufzuarbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Freiheitlichen.)
21.14
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort
gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte, Herr
Abgeordneter.
21.14
Abgeordneter
Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Vorrednerin hat eigentlich alles gesagt, was
sachlich zur Novelle betreffend Verlängerung des Versöhnungsfondsgesetzes
beziehungsweise des Nationalfondsgesetzes zu sagen ist. Ich möchte das daher
nicht wiederholen.
Wichtig ist es
mir, zu sagen, dass damit eine Arbeit sachgerecht zu Ende geführt werden kann,
die in den neunziger Jahren unter dem Titel „Vergangenheitsbewältigung“
begonnen wurde. Ich erinnere an die Vranitzky-Rede im Jahr 1991 mit dem Eingeständnis,
dass Österreich nicht nur Opfer, sondern vor allem Täter war und dass es eine
Mitverantwortung Österreichs an den Verbrechen des Nationalsozialismus gibt.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 181 |
Ich erinnere auch
an die Rede von Bundespräsident Klestil 1994 in Jerusalem sowie an eine Reihe
weiterer Anlässe, die die Debatte um die Rolle Österreichs im Dritten Reich
gefördert haben, wie etwa die Einrichtung eines Gedenktages gegen Gewalt und
Rassismus, sowie an viele Veranstaltungen hier im Parlament und eben auch an
jene beiden Gesetze.
Klar ist auch,
dass mit diesem Gesetz nicht alle materiellen Schäden behoben werden konnten
beziehungsweise wieder gutgemacht werden konnten, sondern dass es sich hierbei
um eine Geste der Versöhnung, um eine humanitäre Geste gehandelt hat –
auch als Eingeständnis des Unrechts, das vielen Opfern des Nationalsozialismus
angetan wurde. Dafür hat man auch – das war vor allem für die
österreichischen Betriebe wichtig – Rechtssicherheit darüber gewonnen,
dass es keine weiteren Ansprüche geben wird, weil ansonsten etliche
österreichische Firmen mit neuen Zwangsarbeiterklagen bedroht gewesen wären.
Damit ist ein
Kapitel österreichischer Nachkriegsgeschichte abgeschlossen worden, nämlich
nach den Jahren des Wiederaufbaues und der Bewältigung des inneren Ausgleichs auch
die notwendigen juristischen, politischen und moralischen Verpflichtungen
gegenüber den Opfern zu erfüllen.
Über eine Million
Ausländer wurden vom nationalsozialistischen Regime zur Arbeit auf dem Gebiet
des heutigen Österreich gezwungen, zu Sklaven- und Zwangsarbeit als Ausdruck
einer grausamen Missachtung der Menschenrechte, was Deportation, Entrechtung,
Versklavung und Misshandlung bedeutet hat, in vielen Fällen auch den Tod.
Somit widerfährt
wenigstens jenen Menschen, die unmittelbar von den Grausamkeiten des NS-Regimes
betroffen waren, eine geringfügige Genugtuung, nachdem Österreich auf Grund der
Bestimmungen des österreichischen Staatsvertrages von 1955 ohnehin von allen
zukünftigen Reparationszahlungen befreit wurde. In diesem Lichte ist auch der
Betrag von 6 Milliarden Schilling fair und angemessen für jahrelanges
Leid, für Gratisarbeit und schwere körperliche und psychische Schäden.
Insofern steht in
diesem Fall nicht nur die materielle Wiedergutmachung, sondern auch die
moralisch-geistige Dimension im Vordergrund, weshalb einige Zeitungsberichte,
wonach es bei der Auszahlung nicht nur beträchtliche bürokratische Hindernisse
zu geben scheine, sondern einzelne Menschen überhaupt um ihre Entschädigung
umfielen, umso bedauerlicher sind. Es bleibt nur zu hoffen, dass das
beschämendste Kapitel österreichischer Geschichte nicht auch noch einen
unwürdigen Abschluss findet. Es bleibt außerdem zu hoffen, dass der Nationalfonds,
der eingerichtet wurde, um ein Stück österreichischer Geschichte und das Schicksal
verfolgter Menschen zu bearbeiten, über das Jahr 2004 hinaus bestehen bleiben
und auch ausreichend dotiert sein wird, um einen Beitrag zum Gedenken an eines
der dunkelsten Kapitel der österreichischen Geschichte zu leisten. – Immer
schön wachsam bleiben! (Beifall bei der
SPÖ und der Abg. Mag. Stoisits.)
21.18
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter
Bucher. – Bitte, Herr Abgeordneter.
21.18
Abgeordneter
Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Präsident!
Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das
Versöhnungsfondsgesetz ist eine Maßnahme, die die Menschenwürdigung der
Regierung mit hoher Kompetenz auszeichnet. Ich darf mich bei dieser Gelegenheit
bei der Regierung für die Einsicht und bei Professor Steiner für seine Verdienste
um den Versöhnungsfonds und um die Tätigkeit in diesem Zusammenhang bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
Es ist dies auch
ein wertvoller Beitrag zur Imagepolitur unseres Landes gerade im Hinblick auf
die leidvolle Nazivergangenheit.
Bei der Durchsicht der Listen hat sich ergeben, dass eine Fristerstreckung zur administrativen Bewältigung dieser großen Aufgabe erforderlich ist. Die Berechnungen sind sehr arbeitsintensiv
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 182 |
und zeitaufwändig. Die Publizitätsmaßnahmen erfordern eine
laufende Weiterbehandlung von neuen Anträgen und Werbern. Hinzu kommt noch,
dass sehr viele der Betroffenen im Ausland leben und somit ein erhöhter
administrativer Aufwand gegeben ist.
Wir werden einer
Verlängerung der Funktionsdauer des Fonds bis 31. Dezember 2004 zustimmen
und sind sehr glücklich darüber, dass es dazu einen Vier-Parteien-Konsens
gibt. – Danke. (Beifall bei den
Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
21.20
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort
gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau
Abgeordnete.
21.20
Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits
(Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Botschafter Steiner! Herr
Generalsekretär Wotava! Auch ich schließe mich dem Dank, den die Vorredner an
Sie gerichtet haben, allerherzlichst an. Ich bitte Sie, diesen Dank auch allen
Mitarbeitern des Versöhnungsfonds zu überbringen. Ich habe Ihre Arbeit über die
letzten Jahre verfolgt und fühle mich, jetzt als ein Teil der gesetzgebenden
Körperschaft, die Ihnen den organisatorischen und finanziellen Rahmen geboten
hat, bestätigt in unserer gemeinsamen Anstrengung. All die Gesetze, die im
Zusammenhang mit dem Versöhnungsfonds, aber auch mit dem Nationalfonds der
Republik stehen, wurden im Nationalrat – und das möchte ich noch einmal
betonen – immer einstimmig beschlossen.
Sie haben einen
Großteil der Arbeit geleistet, aber einiges liegt noch vor Ihnen. Ich möchte nichts
wiederholen, was sachlich über die Arbeit gesagt wurde, sondern nur eine
Anmerkung machen. Die bisher getätigten Auszahlungen und das Procedere, das Sie
vor allem im Hinblick darauf gewählt haben, wie die Leute überhaupt erfahren,
dass sie eine Berechtigung für Entschädigungszahlungen aus Österreich haben,
haben sich als so schwierig herausgestellt, wie wir sozusagen gemeinsam
wussten, dass es sein wird.
Bei aller
Wertschätzung gegenüber Anzeigen in renommierten, weltweit erscheinenden Tageszeitungen
wissen Sie viel besser noch als ich, dass vielfach über 70-jährige
Zwangsarbeiter in der Ukraine, in Serbien, in Montenegro oder auch in anderen
noch viel weiter entfernten Gegenden, Russland beispielsweise, kaum die „New
York Times“ oder selbst serbische Tageszeitungen lesen und deshalb nicht die
Chance haben, überhaupt zu erfahren, dass sie Ansprüche haben.
Darum plädiere ich
jetzt auch als Kuratoriumsmitglied noch einmal an Sie, alles zu tun, um den
Menschen die Chance zu geben, überhaupt zu erfahren, dass es hier Geld gibt,
das ihnen zusteht.
Es geht nicht
darum, dass das Geld knapp wäre. Die Berechnungen damals waren sehr zutreffend,
was die Summe angeht. Wir haben eher die umgekehrte Befürchtung, dass man mit
mehr Anträgen gerechnet hat, als dann tatsächlich gestellt werden. Darum freue
ich mich jetzt auch über die einstimmige Verlängerung der Frist und die
Ausweitung der Dauer der Tätigkeit des Versöhnungsfonds.
Beim zweiten
Komplex, beim Nationalfonds, wo es um die Tätigkeit nach § 2b Nationalfondsgesetz
geht, nämlich um die Entschädigungsgesten – hier kann es immer nur um
Gesten gehen – in Bezug auf entzogene Bestandsrechte, das heißt Mietrechte
an Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten, hat sich Ähnliches herausgestellt.
Um das jetzt ein bisschen volkstümlich zu sagen: Durchs Reden kommen die Leute
zusammen, und durchs Reden erfahren Menschen auch davon, dass sie Ansprüche
haben.
Ich möchte diese
Gelegenheit nutzen, hier auch der Generalsekretärin und den MitarbeiterInnen
des Nationalfonds meinen herzlichen Dank auszusprechen, denn der Nationalfonds
ist so etwas wie die Wiege der ganzen Tätigkeit im Zusammenhang mit der
Befassung und der Aufarbeitung der österreichischen Geschichte. Er ist
sozusagen die Wiege und der Platz, wo heute die Gestensetzungen erfolgen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 183 |
Es sind immer nur
Gesten, und es sind alle Summen, die sowohl im Nationalfonds als auch im
Versöhnungsfonds je ausbezahlt wurden, immer nur als Gesten zu betrachten, weil
es keine Rechtsansprüche gibt, was ich bedauere. Aber diese Geste, die gesetzt
wird, wird von vielen mit Dankbarkeit aufgenommen.
Herr Präsident
Fischer als ehemaliger Vorsitzender des Nationalfonds und Herr Präsident Khol,
sie kennen die Briefe, die kommen – ich kenne sie vielfach auch –, und
sie kennen die Reaktionen von Menschen, wenn sie nach Jahrzehnten vielfach
erstmals eine Geste der Republik empfangen, mit der es um die Wahrnehmung ihres
schweren Schicksals geht. Es geht nicht um diese 70 000 S, es geht
auch vielen Zwangsarbeitern nicht um das Geld, das sie bekommen, sondern es
geht ihnen um den Respekt, den man ihnen als Opfer entgegenbringt.
Deshalb möchte ich
hier zum Ausdruck bringen, dass wir jetzt in den Diskussionsprozess über die
Zukunft des Nationalfonds eintreten sollen, denn mit den Gestenauszahlungen und
auch mit den Aufgaben, die er im Zusammenhang mit dem Allgemeinen
Entschädigungsfonds hat, wird es nicht getan sein, weil es nicht getan sein
kann.
Die Tausenden und
Abertausenden Seiten des Berichtes der Historikerkommission, der sich nur mit
dem Komplex Vermögensentzug auf der einen Seite und Rückstellungen und
Entschädigungen nach 1945 auf der anderen Seite beschäftigt, stellen keine
komplette wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas dar, sondern das ist nur ein
Aspekt dieser Zeit und der Zeit danach.
Der Bericht der
Historikerkommission zeigt uns, dass wir hier im Nationalrat, dass die Politik
insgesamt und im Speziellen auch die Bundesregierung noch wesentliche Aufgaben
zu leisten haben, und ich lade Sie dazu ein, dass wir gemeinsam so konstruktiv
wie in der Vergangenheit diese Dinge angehen und dann auch lösen. – Danke
ganz herzlich. (Beifall bei den Grünen.)
21.26
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet hat
sich Frau Abgeordnete Mag. Frieser.
21.26
Abgeordnete
Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir alle
begrüßen – das haben auch schon meine Vorrednerinnen und Vorredner
gesagt – die Verlängerung der Funktionsdauer des Österreichischen
Versöhnungsfonds beziehungsweise die Verlängerung der Antragsfrist. Lassen Sie
mich daher nur einige allgemeine Feststellungen treffen.
Meine Damen und
Herren! Die wenigen der Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen
Unrechtsregimes, die bis heute überlebt haben, haben nicht nur den Anspruch auf
unsere innigste Solidarität, sondern sie haben auch einen Anspruch darauf, in
den letzten der ihnen noch verbleibenden Jahre wenigstens einen kleinen
materiellen, einen kleinen finanziellen Ausgleich zu erhalten, wiewohl diese
Entschädigung in keinem Verhältnis zu dem ihnen angetanen Unrecht und Leid
stehen kann.
Das ist grausam,
aber wir müssen auch klar zwischen Erinnerung und einem andauernden
Schuldbekenntnis unterscheiden. Ich für mich – ich verweise auf die viel
zitierte Gnade der späten Geburt – verweigere mich der Anerkennung einer
so genannten Kollektivschuld für die nachfolgenden Generationen. Schuld kann
zwar nicht verjähren, aber Schuld stirbt auch mit den Schuldigen. Moralische
Schuld darf sich nicht weitervererben. Für die Nachkommenden, wie wir es sind,
besteht die große Verantwortung, für eine bessere Zukunft einzustehen.
Die sachliche und
konstruktive Diskussion muss weiter bestehen bleiben, aber weder in der Form
von Hetze und Schuldzuweisung, noch im Fortbestand einer undifferenzierten
Selbstbezichtigung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Freiheitlichen.)
21.28
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort
gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich bin gestrichen!) – Gut.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 184 |
Als Nächste zu
Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Brinek.
21.28
Abgeordnete
Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Staatssekretär! Hohes Haus! Ein paar persönliche Bemerkungen und einige
Richtigstellungen.
Mit der
Novellierung des Nationalfondsgesetzes wird eine Lücke geschlossen, die
zwischen 1947 und dem wichtigen Datum 2001 bestanden hat. 2001 war es
Bundeskanzler Dr. Schüssel, der den wichtigsten, den entscheidendsten
Anlauf zu diesem Nationalfondsgesetz unternommen und diesen Lückenschluss
zusammen mit dem Parlament bewerkstelligt hat. Ich bedanke mich noch einmal für
diese Initiative der Regierung Schüssel I.
Es ist auch zu
erwähnen und der Ordnung halber festzuhalten, dass es in der Gesetzgebungsperiode
unter der Regierung Schüssel I einen viel beachteten Besuch von
Staatssekretär Morak in Jerusalem gegeben hat, der zu einer weiteren
Versöhnung, zu einer weiteren Verbesserung des Kontakts mit Israel beigetragen
hat. Mögen diese Besuche in diesem Sinne fortgesetzt werden!
Meine Damen und
Herren! Noch eine technische Anmerkung zum Gesetz: Sofern dieses
Nationalfondsgesetz nicht um dieses Jahr verlängert worden wäre beziehungsweise
wird, wäre es notwendig, eine zweite Runde der Einladungen für die Vergabe und
Antragstellung einzuleiten – mit hohem Verwaltungsaufwand, mit hohen
Strapazen, die eigentlich nicht in Relation zum Ergebnis stehen. Daher noch
einmal der Versuch, in dieser gewonnenen Zeit den Antragstellerkreis zu
erweitern. Es macht also Sinn, und ich gehe davon aus, dass alle zustimmen.
Noch ein Wort zur
schon erwähnten Historikerkommission: Der vor einigen Wochen vorgestellte und
viel beachtete Bericht zeigt einiges, nämlich dass es symbolische Aktionen
sind, die wir mit dem Fonds und den beiden Gesetzen setzen. Aus dem Resümee
lässt sich kein endgültiges Urteil über Österreichs Qualität bezüglich der
Entschädigungsleistungen fällen. Eine quantitative Aufstellung der
Rückstellungen und Entschädigungen ist nicht möglich, und zwar allein schon aus
den Gründen, die auch Kollegin Stoisits angeführt hat, das heißt, weil sie
technisch-wissenschaftlich gar nicht zu leisten sind.
Meine Damen und
Herren! Etwas ist jedoch durch die Historikerkommission eingeleitet worden,
nämlich ein Paradigmenwechsel, der Folgendes sichtbar gemacht hat: Die Meinung,
Österreich habe schlechthin alles wieder gutgemacht, die Sache sei längst
erledigt, kann nicht aufrechterhalten werden, aber ebenso nicht das Vorurteil,
Österreich habe in Sachen Entschädigung und Rückstellung gar nichts
unternommen.
Mit dem Bericht,
mit dem Gesetz und mit der Arbeit, für die ich mich auch von dieser Stelle aus
herzlich bedanke, haben wir ein Stück Selbstaufklärung betrieben und sind dem
notwendigen Handeln einen weiteren Schritt zu einer modernen, selbstbewussten
Gesellschaft näher gekommen! – Danke (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
21.31
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden
Ausschussantrag getrennt vornehme.
Zuerst gelangen
wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Versöhnungsfonds-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 28 der
Beilagen.
Ich ersuche jene
Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Wir kommen
sogleich zur dritten Lesung.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 185 |
Ich bitte jene
Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung
ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies ebenfalls die Einstimmigkeit.
Der Gesetzentwurf
ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Schließlich kommen
wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus
geändert wird, samt Titel und Eingang in 29 der Beilagen.
Ich ersuche jene
Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Wir kommen
sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung
ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies ebenfalls Einstimmigkeit.
Der Gesetzentwurf
ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.
6. Punkt
Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (8 der Beilagen): Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich (Orientalisch-orthodoxes Kirchengesetz; OrientKG) (31 der Beilagen)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.
Als erster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Amon. Seine Redezeit ist wunschgemäß auf 3 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.
21.33
Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns nun mit einer Regierungsvorlage, die ein Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich beinhaltet. Es ist dies ein Bundesgesetz, das wir in der letzten Ausschusssitzung des Unterrichtsausschusses auf der Tagesordnung hatten und das im Unterrichtsausschuss einstimmig, also von allen vier Parlamentsparteien verabschiedet wurde.
Die orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich kennen drei Traditionsstränge, nämlich die syrisch-orthodoxe Kirche, die koptisch-orthodoxe Kirche und die armenisch-orthodoxe Kirche. Wir beschäftigen uns im Rahmen dieses Bundesgesetzes mit der koptisch-orthodoxen Kirche, die ihre ursprüngliche Bewegung in Ägypten begründet hat.
Das österreichische Anerkennungsrecht kennt im Grunde genommen drei Verfahren im Zusammenhang mit der Anerkennung von Glaubensgemeinschaften. Erstens besteht die Möglichkeit der Verordnung durch die Frau Bundesministerin auf Grundlage des Anerkennungsgesetzes aus dem Jahre 1874, mit dem auch der Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft verbunden ist.
Die zweite Möglichkeit ist die Anerkennung durch ein eigenes Bundesgesetz. – Eine Reihe von Kirchen in Österreich sind über ein eigenes Bundesgesetz anerkannt, so etwa die römisch-katholische Kirche, die evangelische Kirche, die griechisch-orientalische Kirche, der Islam und die israelitische Kirchengemeinschaft.
Die dritte Möglichkeit ist eine Anerkennung nach dem Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 186 |
Ich möchte ganz kurz zur Geschichte der Anerkennung der orthodoxen Kirchen etwas sagen: Die armenisch-orthodoxe Kirche wurde schon 1972 durch eine Verordnung des Bundesministeriums beziehungsweise des damaligen Bundesministers anerkannt, und die syrisch-orthodoxe Kirche wurde im Jahr 1988 durch eine entsprechende Verordnung anerkannt.
Es ist sozusagen nunmehr eine Frage der verfassungsrechtlichen Gleichbehandlung auch im Zusammenhang mit dem Staatskirchenrecht, das eine formelle Parität vorsieht, dass wir auch die koptisch-orthodoxe Kirche durch ein Bundesgesetz anerkennen.
Ich möchte hier auch erwähnen, dass es Kardinal Christoph Schönborn war, der sich für diese Anerkennung der koptischen Kirche in Österreich persönlich sehr eingesetzt hat, welche nach der letzten Volkszählung im Jahre 2001 etwa 3 000 Mitglieder zählt und die derzeit über das Bundesgesetz den Rechtsstatus als religiöse Bekenntnisgemeinschaft hat. Im Sinne der Gleichbehandlung wollen wir allerdings heute dieses Bundesgesetz verabschieden.
Ich denke, es ist auch Ausdruck eines liberalen
Rechtsstaates und einer offenen Gesellschaft, wie wir mit
Religionsgemeinschaften in Österreich umgehen, und es ist dies zweifelsohne gerade
in diesen Tagen auch ein wesentlicher Beitrag zur Völkerverständigung. – Ich
danke Ihnen für Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
21.37
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 187 |
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort
gemeldet ist Abgeordneter Dr. Rada. – Bitte, Herr Abgeordneter.
21.37
Abgeordneter
Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Frau Bundesministerin! Was die Zustimmung zu dieser Gesetzesvorlage
betreffend die orientalisch-orthodoxen Kirchen anlangt, bin ich durchaus der
Meinung meines Vorredners.
Er hat die gesamte
Entstehungsgeschichte sehr ausführlich dargelegt. Für Österreich dokumentiert
sich wieder einmal ein gewisser kultureller Pluralismus, zu dem sich Österreich
immer wieder bekannt hat und zu deren Mannigfaltigkeit sicherlich auch die
Religionsgemeinschaften gehören.
Es steht in der
Regierungsvorlage, dass dadurch dem Bund keinerlei Kosten erwachsen werden,
wiewohl durch dieses Gesetz, das wir heute beschließen werden, auch für die
Pflichtschüler der Religionsunterricht verpflichtend werden wird, so
entsprechende Lehrer von dieser Religionsgemeinschaft auch angeboten werden. In
Anbetracht des Umstands, dass nur etwa 1 600 Personen tatsächlich diesen
Glauben in Österreich bei der Volkszählung genannt und sich dazu bekannt haben,
kann man davon ausgehen, dass in der Tat nur geringe oder keine Kosten für den
Religionsunterricht entstehen werden, weil diese Menschen auf ganz Österreich
verteilt sind, auch wenn es da und dort, vor allem in den Großstädten, derzeit
schon Ballungszentren gibt und vermehrt noch geben wird.
Wenn dadurch keine
Kosten erwachsen, dann ist das sicherlich für den Bund eine erfreuliche
Tatsache, denn insgesamt sind wir gerade dabei, für den Bildungsbereich doch
gravierende Einsparungsmaßnahmen vorzunehmen. Sicherlich glauben allerdings
weder Lehrer noch Standesvertreter, dass die Unterrichtsstunden nur deswegen
gekürzt werden, damit unsere Schülerinnen und Schüler weniger lang in der
Schule sind. (Abg. Amon: Zum
Thema!) Vielmehr geht es dabei klar und eindeutig um Einsparungseffekte,
denn jeder, der einigermaßen rechnen kann, wird auch wissen: Weniger
Unterricht bedeutet auch weniger Lehrerstunden und damit weniger Dienstposten.
Österreich ist mit
diesem Gesetz insgesamt sicherlich gut bedient und dokumentiert weiterhin seine
Weltoffenheit, seine Toleranz und seinen Pluralismus (Beifall bei der SPÖ
und bei Abgeordneten der Grünen.)
21.39
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort
gemeldet ist Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.
21.39
Abgeordnete
Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident!
Frau Bundesminister! Hohes Haus! Seit 1985 bemühen sich zirka 3 000
Anhänger und mehr als 1 600 ausdrücklich bekennende koptisch-orthodoxe
Mitbürger in Österreich um die Anerkennung ihrer Religionsgemeinschaft.
Die
Anerkennungsform wurde aus rechtlichen Gründen notwendig, und mit diesem Gesetz
wird sowohl im Innen- wie auch im Außenverhältnis die gebotene Gleichbehandlung
sichergestellt.
Festzuhalten ist
auch, dass dieses Gesetz dem Bund – wie schon erwähnt wurde – keine Kosten verursacht.
Es ist das
Wesensmerkmal des Selbstbestimmungsrechts einer gesetzlich anerkannten Kirchen-
und Religionsgemeinschaft, dass sie ihren inneren Aufbau frei gestalten kann.
Dazu gehört auch die Entscheidung, ob die Kirchengemeinden mit einem gewissen
örtlichen Wirkungsbereich errichtet werden.
Die
orientalisch-orthodoxe Kirche ist seit 1976 in Österreich tätig. 1979 kam es
zur Gründung eines religiösen Hilfsvereins, um die Anerkennung überhaupt
betreiben zu können. 1985 und 1988 wurden bereits Anerkennungsanträge gestellt,
die koptisch-orthodoxe Kirche erhielt aber bisher nur durch Nichtuntersagung – eine typisch österreichische Lösung! – die Rechtsstellung einer eingetragenen
Religionsgemeinschaft.
Deshalb war das
bisher ein unbefriedigender Zustand, und es freut uns, dass wir heute hier
dieses Gesetz im Sinne einer freien offenen Gesellschaft und vor allem im Sinne
der Religionsfreiheit, wie auch schon gesagt wurde, beschließen können. (Beifall bei den
Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
21.41
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte, Herr Abgeordneter.
21.42
Abgeordneter
Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau
Bundesministerin! Auch die Grünen werden diesem Gesetzesantrag die Zustimmung
geben, und auch im Ausschuss herrschte bereits Einstimmigkeit.
Ich möchte aber
diese Gelegenheit nützen, um angesichts des Beschlusses dieses Gesetzes – wobei zu betonen ist, dass wir
innerhalb von vier Wochen, wie ich glaube, sehr rasch einen Ausschusstermin und
auch die Beschlussfassung hier zustande gebracht haben – etwas sehr Aktuelles anzusprechen:
Alle, die am Montag den Bericht in „Thema“ gesehen haben, werden wahrscheinlich
auch beeindruckt gewesen sein von der Situation, die dargestellt wurde, dass
nämlich in Österreich nach wie vor Behinderte kein vollwertiges Lehramtszeugnis
bekommen können.
In diesem Fall
geht es um eine gehörlose Studierende, und zwar nach den Berichten der dortigen
Lehrenden und Unterrichtenden eine höchst erfolgreiche Studierende, der es
nicht möglich sein wird, wenn sich die gesetzliche Lage nicht ändert, Gehörlose
zu unterrichten, und noch dazu mit dem letztlich doch etwas skurrilen Argument,
dass es notwendig sei, für den Unterricht bei Gehörlosen den Hörsinn zu haben.
Jetzt könnte man
sagen: Das ist ein aktueller Fall, das muss man halt klären. – Der Punkt ist aber: Wir haben das
bereits in der letzten Legislaturperiode versucht. Es gibt einen Antrag vom
Jänner 2001, in dem es genau um den gleichen Fall gegangen ist. Die
Regierungsparteien haben damals den Antrag durch eine Vertagung entsorgt.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 188 |
Ich sage Ihnen:
Wer den Bericht über diesen Fall gesehen hat und sich jetzt hier im Parlament
hinsetzen kann und wieder damit rechnen muss, dass es zu weiteren Vertagungen
kommt und kein Beschluss gefasst wird, dass das zulässig ist, dem kann, glaube
ich, nicht wohl in seiner oder ihrer Haut sein.
Es ist einfach
unfassbar! Wer sich näher mit der Gehörlosensprache, der Gebärdensprache, und
mit der Situation Gehörloser befasst und mitbekommt, dass das Verständnis und
die Auffassung über das Lippenlesen nur in einem sehr minimalen Ausmaß möglich
ist, der kann sich doch nicht hinstellen und nachher so tun, als wäre das kein
Problem! (Abg. Neudeck: Zur
Sache!) Auch wenn Sie „Zur Sache!“ rufen, werden Sie sich das jetzt noch
anhören müssen!
Ich kann Ihnen bei
dieser Gelegenheit nur ankündigen, dass wir diese Angelegenheit in dieser Gesetzgebungsperiode
mit allen uns zu Gebote stehenden Möglichkeiten und mit allem Nachdruck hier im
Parlament vertreten werden. Es wird Ihnen nicht so leicht gelingen, das wieder
in die Schublade zu legen und durch Vertagung wegzubringen. Wir werden darum
kämpfen, dass diese Anerkennung endlich möglich wird! (Beifall bei den
Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
21.44
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 189 |
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort
gemeldet hat sich Abgeordneter Dr. Brader. – Bitte, Herr Abgeordneter.
21.44
Abgeordneter
Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zur Beschlussfassung liegt eine
Regierungsvorlage vor, auf Grund welcher ein Bundesgesetz über äußere
Rechtsverhältnisse der orientalisch-orthodoxen Kirchen in Österreich
beschlossen werden soll.
Über die
Notwendigkeit zur Erstellung dieses Gesetzes ist schon gesprochen worden, und
angesichts der vorgeschrittenen Zeit möchte ich mich auch ganz kurz fassen.
Die
koptisch-orthodoxe Kirche betrachtet sich selbst als erste Kirche in Afrika und
ist die ursprüngliche christliche Kirche Ägyptens. Sie führt ihre Entstehung
auf das Wirken des Apostels Markus zurück, und sie gilt auch als die
Begründerin des christlichen Mönchtums. Der Beginn der seelsorgerlichen
Tätigkeit in Österreich geht auf die Stiftung Pro Oriente zurück, und gemeinsam
mit dieser Stiftung hat unser Kardinal Franz König große Verdienste erworben.
Die größten
koptisch-orthodoxen Gemeinden gibt es in Wien mit rund 2 000 und in Graz
mit 700 Gläubigen. Den Gottesdienst feiern die Kopten in der neuen
koptisch-orthodoxen Pfarrkirche Sankt Markus in Wien-Donaustadt. Auch in Graz
soll ein neues Gotteshaus entstehen, und in Niederösterreich wird im Schloss
Obersiebenbrunn ein Kloster mit Gemeindezentrum errichtet.
Der vorliegende
Gesetzentwurf orientiert sich teilweise am Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse
der griechisch-orientalischen Kirchen in Österreich, gemäß welchem seinerzeit
eine ähnliche Rechtssituation wie heute für die orientalisch-orthodoxen Kirchen
bestand.
Ohne
Beschlussfassung des bestehenden Gesetzentwurfs bliebe die Ungleichbehandlung
der koptisch-orthodoxen Kirche bestehen. Diese könnte erst im Jahre 2008 durch
Verordnung die Stellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts erlangen.
Ich glaube, dass
dieser heutige Beschluss eine sehr weitsichtige Maßnahme ist, die nicht nur im
Hinblick auf die Gleichbehandlung der koptisch-orthodoxen Kirche der formellen
Parität im österreichischen Staatskirchenrecht Rechnung trägt, sondern durchaus
auch der Weiterentwicklung der ökumenischen Bemühungen der christlichen
Kirchen dienen kann. – Ich bitte daher, dem vorliegenden Gesetzentwurf die Zustimmung zu
erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
21.46
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank zu Wort
gelangt nun Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte, Frau Bundesministerin.
21.46
Bundesministerin
für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Im Jahre 1997 gab es in der
Nationalbibliothek eine interessante Ausstellung über die Kopten und deren
Religion, Geschichte und Kultur. Seit damals ist es mir ein Anliegen, dass wir
diese Religion anerkennen, und ich freue mich, dass wir heute mit dem
Orientalisch-orthodoxen Kirchengesetz in Österreich die koptisch-orthodoxe
Kirche offiziell anerkennen.
Ich sage: Herzlich
willkommen bei uns!
Ich richte meinen
Dank an alle Fraktionen, dass Sie diesem Antrag zustimmen! (Beifall bei der
ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der Grünen.)
21.47
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist
geschlossen.
Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf
samt Titel und Eingang in 8 der Beilagen.
Ich ersuche jene
Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes
Zeichen. – Der
Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Wir kommen
sogleich zur dritten Lesung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung
ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies
ebenfalls Einstimmigkeit.
Der Gesetzentwurf
ist somit auch in dritter Lesung einstimmig
angenommen.
7. Punkt
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Fahrschulen (Fahrschulgesetz – FschulG) erlassen, das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz 1997 – FSG 1997) (BGBl. I Nr. 120/1997 i.d.F. BGBl. I Nr. 65/2002) und das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967 – KFG 1967) (BGBl. 1967/267 i.d.F. BGBl. I Nr. 65/2002) geändert werden (33/A)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.
Wir gehen in die Debatte ein.
Das Wort erhält zunächst der Antragsteller Abgeordneter Eder. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter Eder.
21.48
Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zu
dieser vorgeschrittenen Stunde nur ganz kurz zu einem Antrag betreffend das
Führerscheingesetz, die Novelle zum Kraftfahrgesetz und im Speziellen das
Fahrschulgesetz hier einige Bemerkungen machen.
Es geht vor allem darum, dass Preiserhebungen, welche die Arbeiterkammer durchgeführt hat, ergeben haben, dass wir ein sehr starkes Preisgefälle zwischen Wien und Salzburg und Tirol haben, nämlich von 20 000 S bis 12 000 S. In Anbetracht dessen wäre es zweckmäßig und
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 190 |
sinnvoll, dass
wir das Fahrschulgesetz so abändern, dass für alle Fahrschüler ein möglichst
niedriger Preis herauskommt.
Wir meinen, dass
es für junge Menschen in Österreich auf die Dauer nicht akzeptabel ist, dass
ein Führerschein der Gruppe B mehr als ein durchschnittliches
Monatseinkommen kostet. Im Hinblick darauf sind einige Änderungen im
Fahrschulgesetz notwendig, damit in Hinkunft vor allem auch mehr Konkurrenz
möglich ist.
Ich weiß, dass
schon einige Schritte in die richtige Richtung gesetzt wurden. Aber ich glaube,
dass wir diesen Antrag noch einmal ordentlich durchbesprechen und verhandeln
und dann zu einer Lösung kommen sollten, nach welcher es vor allem für die
vielen jungen Menschen, die Fahrschulen besuchen müssen, zu einer Verbilligung
des Führerscheines kommt. – In diesem Sinne bitte ich, diese Materie sehr
sachlich zu behandeln, und danke für die Aufmerksamkeit! (Beifall bei der
SPÖ.)
21.50
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte, Herr Abgeordneter.
21.50
Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Eder, ich habe sehr aufmerksam
zugehört. Österreichs Fahrschulen haben ein sehr hohes Niveau, unsere
Fahrschullehrer wurden vor kurzem bei einer Fachtagung in Schweden ob der
hohen Qualität der österreichischen Fahrschulen ausdrücklich gelobt. Dieses
Niveau ist vom Bodensee bis zum Neusiedler See das gleiche, das ist eben durch
die EDV-Prüfung gewährleistet.
Die Kosten könnten
natürlich bei Fahrschulen immer niedriger sein, weil es meistens die jungen
Menschen betrifft, das ist überhaupt keine Frage. Da gibt es allerdings eine
unverdächtige Schweizer Studie, die die Fahrschulkosten in Italien, in der
Schweiz, in Deutschland und in Österreich ermittelt hat: Im Mittel ist
Österreich da am günstigsten. Ich gebe aber zu, dass es durchaus vertretbar
wäre, wenn es noch günstiger wäre. Der Markt lebt grundsätzlich, 1992 hatten
wir 295 Fahrschulen, jetzt, 2002, haben wir 367.
Ich denke, wir
haben durchaus andere Probleme im Verkehrsbereich, die man vorrangig behandeln
sollte. Das ist zum Beispiel die Verkehrssicherheit. Wir haben noch immer das
Problem, dass die Höhe der Fahrgeschwindigkeit in Österreich weniger als
anderswo eingehalten wird. Dort sollte man ansetzen.
Wir haben das
Problem, dass wir eine relativ hohe Unfallhäufigkeit mit einer hohen Todesrate
haben. Dagegen sollten wir in erster Linie etwas tun, Herr Kollege Eder. Im
Übrigen sollte man, wenn man solche Dinge ändert, das sehr vorsichtig tun. An
einer Stellschraube zu drehen, hat beim Konsumenten am Ende mitunter andere
Auswirkungen, als der Gesetzgeber beabsichtigt.
In dem Sinne werte
ich diese Eingabe Ihrerseits als Beginn einer Diskussion, die zu führen sein
wird. Wir sollten aber auch im Umgang mit unseren Ausbildnern sehr fair sein
und bedenken, dass wir eine hohe Qualität haben, die natürlich auch ihren Preis
hat. (Beifall bei der ÖVP.)
21.52
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wattaul. – Bitte.
21.52
Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident!
Hohes Haus! Für mich muss bei der Fahrschulausbildung Sicherheit im Vordergrund
stehen. Die Personengruppe zwischen 18 und 25 Jahren ist die am meisten
gefährdete Gruppe. Mit der Mehrphasenausbildung sind wir einen großen Schritt
weitergekommen, wir erhoffen uns dadurch 50 Prozent weniger an Verkehrstoten.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 191 |
Zum
Führerscheinpreis muss ich sagen: Es ist an diesem Preis sicherlich etwas zu
machen. Man muss sehen, dass bei Mehrkinderfamilien meistens die Eltern
finanziell wirklich sehr benachteiligt sind. Ich bin auch der Meinung, dass
man beim Preis unbedingt etwas tun muss. Durch den Wegfall des Meldezettels und
andere Marktliberalisierungen ist schon einiges geschehen.
Ich muss auch sagen: Durch die Easy Drivers wirken schon
Marktmechanismen. Aber ich halte für das wirklich Entscheidende, dass auf gar
keinen Fall die Qualität der Ausbildung herabgesetzt und das Bewusstsein dafür
geschwächt werden darf. (Abg. Eder: Da sind wir uns einig: beides
machen!) Ich bin davon überzeugt, dass wir im Verkehrsausschuss gemeinsam
eine Lösung finden werden.
In diesem Sinne: Gute Fahrt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
21.53
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete
Dr. Moser. – Bitte.
21.54
Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Meine Vorredner haben schon einen relativ breiten Konsens
abgesteckt, dem kann ich mich im Großen und Ganzen nur anschließen: ein Ja zu
einer Gesamtreform, zu einem einheitlichen Rahmen; ein Ja dazu, dass sowohl
FahrlehrerInnen als auch FahrschülerInnen bessere Bedingungen vorfinden, auch
dadurch, dass mehr Wettbewerb herrscht, dass die Qualität nicht auf der Strecke
bleibt und dass vom kameralistischen System, das jetzt irgendwie doch noch deutlich
spürbar ist, einmal Abstand genommen wird.
Klar ist für mich auch, dass man in dieser Diskussion wieder auf ein
Grundanliegen der Verkehrssicherheit eingehen sollte, nämlich auf den
Punkteführerschein. Ich weiß, dieses Vorhaben ist oft schon vom Kuratorium für
Verkehrssicherheit, vom VCÖ und von anderen Verkehrsexperten auf den Tisch
gelegt worden. Wir hatten das in der XX. Gesetzgebungsperiode schon relativ
weit getrieben. Nun wäre doch, nach einer Gesetzgebungsperiode des Stillstandes,
endlich der Anlass gegeben, im Rahmen dieser Fahrschuldiskussion auch die Frage
des Punkteführerscheins wieder als Element aufzugreifen, das uns auf der Straße
mehr Sicherheit bringt: weniger Tote, weniger Verletzte und insgesamt eine
Perspektive, dass die Fahrschülerinnen und Fahrschüler in der bis jetzt sehr
bewährten Form der Nachschulung und des provisorischen Führerscheins dann eine
lebenslange Perspektive hätten.
Dazu kann man nur sagen: Wir sollen alle an einem Strang ziehen!
Deshalb: Ja zu dieser Initiative! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Eder.)
21.55
Präsident Dipl.-Ing.
Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist geschlossen.
Ich weise den Antrag 33/A dem Verkehrsausschuss zu.
8. Punkt
Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2002, das Wasserrechtsgesetz 1959 und das
Bundesluftreinhaltegesetz 2002 geändert werden (Gesetz über den Nachbarschafts-
und Umweltschutz bei landwirtschaftlichen Anlagen 2003) (40/A)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 192 |
Wir gehen in die Debatte ein.
Das Wort erhält
zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. (Abg.
Dipl.-Ing. Pirklhuber gibt ein Zeichen in Richtung Präsidium.)
Das Wort erhält Herr Abgeordneter Pirklhuber. – Bitte, Herr
Abgeordneter, Sie sind am Wort.
21.56
Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Hohes
Haus! (Abg. Mag. Molterer: Was ist jetzt, „Frau Glawischnig“?)
In dem vorliegenden Initiativantrag der Grünen geht es um einige ganz
wesentliche, zentrale Fragen des Umweltrechtes: der
Umweltverträglichkeitsprüfung, des Wasserrechtsgesetzes und des
Luftreinhaltegesetzes.
Bundesminister ist keiner mehr da – Herr ehemaliger Bundesminister
Molterer! Wir haben damals schon viel darüber diskutiert. Sie erinnern sich,
meine Damen und Herren: Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung wurden die
Schwellenwerte wesentlich angehoben, die Schwellenwerte im Bereich der
Massentierhaltung, in der Intensivtierhaltung.
In unserem Antrag versuchen wir, hier eine neue Diskussionsgrundlage in
dieses Hohe Haus zu bringen (Abg. Auer: Was ist Massentierhaltung?),
damit in Anpassung an bestehende andere EU-Regelungen endlich auch Österreich
einen Schritt in die richtige Richtung geht, Kollege Auer. (Abg. Auer:
Erkläre mir einmal, was ist Massentierhaltung?) Ich habe von Intensivtierhaltung
gesprochen, und Sie wissen genau, was Intensivtierhaltung ist. (Ruf bei der
ÖVP: Ein Bienenstock ist Massentierhaltung!) Intensivtierhaltung ist eine
Tierhaltung, die massive Probleme im Bereich des Düngermanagements, im Bereich
der artgerechten Tierhaltung mit sich bringt und daher für die Umwelt und für
die Tiere bedenklich ist. Kollege Auer, das wissen Sie ganz genau. Eine
Legebatterie mit 20 000 Legehennen ist nicht tiergerecht, meine Damen
und Herren, sie ist nicht artgerecht, und solche Anlagen müssen auf jeden Fall
einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden.
Lassen Sie mich auch klarmachen, warum das heute mehr denn je notwendig
ist: weil wir bis 1994 ein Viehwirtschaftsgesetz hatten, Kollege Auer, das
Tierbestands-Obergrenzen vorsah; bei Legehennen 10 000. Wir haben dieses
Viehwirtschaftsgesetz geändert, wir haben keine Obergrenzen mehr in dieser
Form. Daher ist es notwendig, weil die bäuerlichen Betriebe, ganz wenige
einzelne Betriebe, heute auch Anlagen ... (Abg. Auer: ... aber
insgesamt eine Obergrenze! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Lassen Sie mich vielleicht auch reden? Herr Präsident? – Weil heute Bauern
und Bäuerinnen auch Anlagen errichten können, die längst nicht mehr artgerecht
sind, die wesentliche Umweltauswirkungen haben und daher einer
Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind.
Meine Damen und Herren! Detto ist im Rahmen des Wasserrechtsgesetzes die
derzeitige Grenze von 3,5 Dünger-GVE eindeutig zu hoch. Wir haben im
Umweltprogramm eine Grenze von 2,7 DGVE. Hier schlagen wir
2,8 Düngergroßvieheinheiten vor, um sozusagen noch eine ordnungsgemäße
landwirtschaftliche Bewirtschaftung festzusetzen. Darüber hinausgehende Intensitäten
sind einer entsprechenden Genehmigungspflicht zu unterziehen. Das ist an sich
ganz klar und notwendig.
Im Bereich des Bundesluftreinhaltegesetzes geht es darum, auch bei
Intensivtierhaltungsbetrieben die Abluft et cetera einer
Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen beziehungsweise die
Ausnahmegenehmigung für die Landwirtschaft auszusetzen. Das ist notwendig, weil
heute Anlagen durch Emissionen wie zum Beispiel Ammoniak-Emissionen sehr wohl
massive Umweltbeeinträchtigungen verursachen können, auch Waldschäden, und die
Versauerung von Boden ist ein Faktor. Das gehört nicht nur in einer Bauordnung
geregelt und ist nicht nur im Rahmen einer Baugenehmigung durch die lokalen
Behörden zu genehmigen, sondern das ist einer entsprechenden
Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 193 |
Der Herr Präsident ist beschäftigt. Ich sehe, dass das Licht noch nicht
leuchtet.
Wir werden also im Ausschuss weiterdiskutieren. Meine Damen und Herren,
ich bin überzeugt davon, dass unsere Vorschläge sehr ausgewogen sind. Aber es
sind Vorschläge, und wir sind zu dieser Diskussion bereit. Wir halten es für
notwendig, dass diese Diskussion geführt wird, im Interesse der Konsumentinnen
und Konsumenten, aber auch der Bäuerinnen und Bauern, weil Sicherheit
gewährleistet sein muss – Sicherheit in Bezug auf die Planung, Sicherheit in
Bezug auf die Gesundheit und auf die Umwelt. Daher erwarte ich mir eine
interessante, spannende Diskussion im Ausschuss und hoffe, dass Sie einsichtig
sind und uns in diesem Bereich entgegenkommen. – Danke schön. (Beifall
bei den Grünen.)
22.01
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 194 |
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr
Abgeordneter Hornek. – Bitte.
22.01
Abgeordneter
Erwin Hornek (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Den hier vorliegenden Antrag der Abgeordneten
Glawischnig, Petrovic, Pirklhuber und Freundinnen, der eine Abänderung des
Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes, Bundesluftreinhaltegesetzes und so
weiter vorsieht, sehe ich bedauerlicherweise nur im Blickwinkel des
30. März, nämlich im Blickwinkel der niederösterreichischen Landtagswahl.
Abgekürzt: ein alter Hut, bedauerlicherweise nicht einmal mit einem neuen
Federl!
Geschätzte Damen und Herren! Es geht hier um den Wunsch, andere
Schwellenwerte festzusetzen, als sie zurzeit in Österreich der Fall sind. Ich
darf Ihnen hier einige vergleichende Zahlen nennen, um zu untermauern, dass die
österreichische Lösung, wie sie in der Vergangenheit gültig war und auch jetzt
gültig ist, eine sehr gute Lösung ist.
Vergleichend bei zwei Tiergattungen: Es gibt bei den Legehennen einen
EU-Schwellenwert gemäß einer EU-Richtlinie mit 60 000 Stück. In
Österreich sind es beim vereinfachten Verfahren 48 000 Stück, im
Schongebiet oder im siedlungsnahen Bereich auf 40 000 Stück reduziert.
Der Wunsch der Grünen sieht 20 000 vor – eine Halbierung – und
im siedlungsnahen Bereich eine Reduktion auf 10 000; das ist ein Sechstel
von dem, was üblich ist.
Ähnlich sind die Dimensionen bei der Sauenhaltung. Die EU-Richtlinie
sieht für eine UVP 900 Stück vor. Für das vereinfachte Verfahren in
Österreich gilt ein Schwellenwert von 700, im Schongebiet 450. Die Grünen
wollen lediglich 200 und im siedlungsnahen Bereich 100. Das ist de facto genau
der neunte Teil von dem, was in der entsprechenden Richtlinie vorgesehen ist.
Das würde bedeuten, dass es da zu extremen Mehraufwendungen im
Verwaltungsbereich kommt. Das würde bedeuten, dass es zu beachtlichen
Kostenintensivierungen kommt. Das kann nicht im Sinne der österreichischen
Landwirtschaft sein (Abg. Mandak: Im Sinne der Tiere!), auch
nicht im Sinne der österreichischen Konsumenten, weil es darum geht, hochwertige
Produkte in Österreich für unsere Konsumenten zu produzieren, nicht jedoch die
bäuerliche Produktion aus Österreich zu vertreiben, geschätzte Damen und
Herren!
Es hat hier in der Vergangenheit unter Minister Molterer sinnvolle
Maßnahmen gegeben. Der neue Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll hat bereits in
den letzten Tagen unter Beweis gestellt, dass er diese Stafette aufnimmt. Er
hat es mit viel politischem Gewicht getan, indem er dort, wo es umweltrelevant
ist, dort, wo es bedeutsam ist – im Verkehrsbereich, im
Kraftstoffbereich –, Maßnahmen gesetzt hat, die beispielhaft sind für
unser Heimatland, aber auch weit darüber hinaus.
Ich danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP
und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
22.04
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau
Abgeordnete Mag. Sima. – Bitte.
22.04
Abgeordnete
Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus!
Nur kurz zum Kollegen Hornek: Ich glaube, es ist unbestritten, dass gerade der
Bereich der Massentierhaltung sehr oft zu Bürger- und Anrainerprotesten führt,
eben wegen der letzten Novelle des UVP-Gesetzes, wodurch Anrainerrechte in
diesem Bereich massiv beschnitten worden sind und wodurch man Schwellenwerte
massiv angehoben hat. Dieser Entwurf der Grünen, dieser Antrag ist eben ein
Versuch, dies wieder ein bisschen richtig zu stellen und ins rechte Lot zu
rücken. Deswegen wird er von meiner Fraktion auch unterstützt werden. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
Sie wissen, dass gerade im Bereich der Massentierhaltungsgenehmigungen
die Schwellenwerte so unrealistisch hoch angesetzt sind, dass nur wenige
Betriebe in Österreich darunter fallen, und dass es oft außer dem
baurechtlichen Verfahren kein Verfahren gibt, sodass die Anrainer keine
Möglichkeit haben, sich einzubringen. Diese Anrainer landen dann oft im Grünen
Klub, aber auch bei uns, weil sie machtlos sind, weil sie hilflos sind, weil
sie mit massiven Geruchs- und Lärmbelästigungen konfrontiert sind. Wir haben
immer schon gesagt, dass es ein großes Problem ist, wenn man die Leute aus der
UVP ausschließt und ein vereinfachtes Schnellverfahren macht. Das ist dann das Ergebnis,
das man damit erntet. Dass Sie das jetzt noch als großen Wurf loben können, ist
mir ein Rätsel.
Wir werden diesen Antrag unterstützen, vor allem auch im Sinne der
vielen betroffenen Bürgerinnen und Bürger, die sich anders nicht zu helfen
wissen. (Beifall bei der SPÖ.)
22.06
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau
Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. – Bitte.
22.06
Abgeordnete
Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident!
Hohes Haus! Der vorliegende Antrag der Grünen bedeutet eine klare Verschärfung
gegen die Landwirtschaft. Dieser Antrag führt sicher zu einer Mehrbelastung,
besonders von kleinen Landwirtschaften, und kann sogar zu einer
Existenzbedrohung führen. Wir Freiheitliche halten sicher nichts von Verboten
und diesen neuen legistischen Keulen, deren Exekution viel Zeit und daher auch
hohe Kosten beansprucht. (Abg. Mandak: Das sind Tierfabriken!) Im
Sinne des Umweltschutzes ist es sicherlich viel effizienter, wenn wir Anreize
in Form von Förderungen und Impulsprogrammen schaffen. (Beifall bei den
Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber:
Das haben wir eh schon! ... artgerechte Tierhaltung!)
Ein gutes Beispiel ist eine Förderaktion im Land Oberösterreich, in
deren Rahmen Abluftanlagen bei Massentierhaltungen vom Land finanziell
abgegolten werden. Zum Beispiel der Einbau von mechanischen Lüftungsanlagen,
aber auch bautechnische Maßnahmen wie etwa für die Abdeckung von Güllegruben
werden finanziell abgegolten. Diese Maßnahmen wirken sehr gut der
Geruchsbelästigung für die Nachbarn entgegen, diese Maßnahmen waren sehr zielführend.
(Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Da geht es vor allem ums
Wasserrecht!)
Es ist auch keine Lösung, wenn wir die UVP gegen die Landwirtschaft
verschärfen. Viel wichtiger ist es, dieses Gesetz zu vereinfachen, dass es
auch wirklich angewandt wird. Denn zurzeit ist es so, dass überzogene
Bestimmungen zur UVP die Kundmachungskosten für Verhandlungen für die
Landwirte höher machen als für große Industrieprojekte. Das kann wohl nicht im
Sinne der Umwelt sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Auch bei der Errichtung von Stallungen ist es sicherlich vernünftiger, wenn man die vorherrschenden Bauordnungen richtig anwendet, um auch dort das Problem der Geruchsbelästigung lösen zu können. Auch dafür ist keine Novellierung von Gesetzen notwendig, sondern nur eine
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 195 |
bessere Schulung von
Sachverständigen. Die Umweltanwaltschaft in Oberösterreich hat mir bestätigt,
dass es viel zielführender ist, die Bauordnungen effizienter anzuwenden und
Hilfestellungen zu gewähren.
Namhafte Wissenschaftler haben festgestellt, dass in zehn Jahren
Klimaschäden in Österreich zu erwarten sind, die in der Größenordnung des
jährlichen Zuwachses des Bruttoinlandsproduktes liegen. Gestern wurde im
Ministerrat ein Gesetzesvorschlag für ein umfangreiches Luftreinhaltepaket
beschlossen, wobei die nationalen Emissionshöchstmengen für Luftschadstoffe
festgelegt werden. Ich finde diese Maßnahmen viel wichtiger als nur ein rein
punktuelles Gesetz gegen die Landwirtschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen
und der ÖVP.)
22.09
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 196 |
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich
Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.
22.09
Abgeordneter
Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine
geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich kann mir schon vorstellen, dass
um diese Zeit nicht mehr jeder gerne diskutiert. Wir könnten der Debatte
dadurch einen kurzen Schluss setzen, wenn die Grünen diesen Antrag, der aus
meiner Sicht überflüssig ist, zurückziehen würden. Aber da sie das wahrscheinlich
nicht tun werden, sollten wir doch noch ein paar Minuten darüber reden.
Die Grünen reden von Massentierhaltung. Nach der Begründung setzen sie
die althergebrachte Landwirtschaft mit 20 bis 50 Tieren als normal an, und
alles darüber ist für sie Intensivtierhaltung. Das sollte man den Bauern
draußen auch einmal sagen, vor allem, wenn man weiß, dass dieser Gesetzesantrag
eigentlich nur unnötige Bürokratie und zusätzliche Kosten für die Bauern
bedeutet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Die Bevölkerung, die Bürger dieses Landes erwarten von den Bauern
umfangreiche Leistungen, und für diese Leistungen sollten die Bauern auch
entlohnt werden. Das heißt, es ist die Grundvoraussetzung, dass sie Einkommen
erwirtschaften können. Einkommen erwirtschaften heißt auch, wettbewerbsfähig zu
sein. Aber die Grünen planen mit diesem Gesetzesantrag, gleich in drei
Gesetzesmaterien künstliche Hindernisse für unsere Landwirtschaft einzubauen,
eigentlich mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Landwirtschaft zu
untergraben.
Erstens betrifft dies den Bereich der Umweltverträglichkeitsgesetze. Ich
sage Ihnen nur einen Satz dazu: Die Schwellenwerte sind schon derzeit in
Österreich strenger als die EU-Richtlinien.
Zum Zweiten im Wasserrechtsgesetz: Die Bauern sollten nach diesem
Vorschlag vorerst einmal vorsorglich alle als Umweltsünder hingestellt werden;
sie dürfen ja dann das Gegenteil beweisen.
Wir machen eine bessere Politik, und ich bedanke mich da beim ehemaligen
Landwirtschaftsminister Willi Molterer. Mit dem von uns geschaffenen
Umweltprogramm, an dem die Bauern mit etwa 90 Prozent teilnehmen, wollen
wir unsere Aktionen setzen.
Letztendlich zum Bundesluftreinhaltegesetz: Man sollte keine Schikanen
einführen, sondern so, wie es zum Beispiel der neue Landwirtschaftsminister
Pröll mit dem Vertrag mit der OMV gemacht hat, echte Akzente setzen, um die
Luftreinhaltung zu garantieren.
Der vorliegende Gesetzesantrag richtet sich also nicht nur gegen eine
leistungsfähige und konkurrenzfähige Landwirtschaft, sondern auch gegen die
Bauern, gegen den ländlichen Raum insgesamt und damit gegen alle Bürger unseres
Landes. So eine Politik wollen wir nicht, wir wollen eine Politik für die
Bauern und damit eine Politik für die Bürger unseres Landes. (Beifall bei
der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
22.12
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr
Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.
22.12
Abgeordneter
Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr
Präsident! Hohes Haus! Ich habe heute mit sehr viel Aufmerksamkeit die
Abschiedsrede von Frau Kollegin Petrovic verfolgt. Es hat mir sehr gefallen,
wie sie gesagt hat, es haben oft Funken gesprüht und es gab sehr oft hitzige
Diskussionen. In Anbetracht des heutigen Tages meine ich, dass es diese
hitzigen Diskussionen auch in Zukunft geben wird. Das Einzige, was mir Leid
tut, ist, dass wir sie nicht führen werden: Entweder sind Sie zu
früh gegangen oder ich bin zu spät gekommen, das weiß ich nicht.
Zur vorliegenden
Materie: Wir alle wissen, dass es in der Landwirtschaft einen Konflikt gibt: Wo
hört die herkömmliche Landwirtschaft auf? Wo beginnt Intensivtierhaltung? Wo
beginnt Massentierhaltung? – Nur, dieser Antrag, geschätzte Damen
und Herren, wird von uns, von der freiheitlichen Bauernschaft und von mir als
Agrarsprecher deutlich abgelehnt, denn eines ist klar: Es hat oft Diskussionen
darüber gegeben, was zuerst da war, das Huhn oder das Ei. Hier ist es klar: Es
war zuerst der Bauer da und dann erst der Häuslbauer und dann erst die andere
Bevölkerung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der
Abg. Dr. Moser.)
Deshalb steht für
mich außer Zweifel, dass man sich vorher damit beschäftigen sollte, wo man sein
Haus hinbaut. Wenn es manchmal ein bisschen stinkt oder eine geringe Geruchsbelästigung
auftritt, glaube ich nicht, dass das dafür herhalten sollte oder herhalten
muss, dass gleich Gesetze geändert werden.
Ich bin auch davon
überzeugt, dass das, was Frau Kollegin Sima gesagt hat, eigentlich die Sache
sehr genau auf den Punkt bringt. Sie hat gesagt, die Grünen starten wieder
einmal einen Versuch. – Und das ist so. Es wird eben ein
Versuch bleiben. Ich möchte diese Versuche trotzdem nicht missen, denn
vielleicht ist doch einmal etwas Gutes dabei, und dann werde ich der Erste
sein, der auch mit den Grünen einen solchen Antrag unterstützt und vielleicht
auch einmal mitgeht. Es muss aber bitte – und das möchte ich
betonen – im Interesse der Bauern sein und soll nicht irgendeiner Polemik
dienen.
Abschließend noch
ein Satz zu Ihren Aussagen, dass Gerüche aus dem Stall das Waldsterben
hervorrufen und beeinflussen. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Nicht der Geruch, die
Emissionen! – Abg. Gradwohl: Die Gase,
Herr Kollege!) Für jeden gelernten Forstwirt und
für jeden, der irgendetwas mit der Land- oder Forstwirtschaft zu tun hat, ist
es ehrlich gesagt lächerlich zu behaupten, dass der Stallduft unsere
österreichischen Wälder tötet. – Danke. (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
22.14
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Wittauer. – Bitte.
22.15
Abgeordneter
Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident!
Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Eine Änderung des UVP-Gesetzes 2002 durch
den Antrag der Grünen würde bewirken, dass ein unzulässiger zusätzlicher
Aufwand die Landwirtschaft treffen würde. Wenn ein Nachbar beziehungsweise
eine Nachbarin eine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangen kann, so ist eine
unabhängige Vorgangsweise nicht mehr gewährleistet. Gerade die
Landwirtschaften, die in der Nähe von Wohngebieten oder von Naturschutzgebieten
liegen, werden durch die vorgeschlagene Novellierung nicht nur beeinträchtigt,
sondern in einem hohen Maß gefährdet. Der Geruch von Tieren ist nicht
jedermanns Sache, doch zu einer funktionierenden Landwirtschaft gehört er dazu.
Die Haltung und
Aufzucht von Tieren sollte wie vorgeschlagen von der Bundesregierung durch ein
einheitliches Tierschutzgesetz geregelt werden, und nicht mit einer Novelle zum
Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 197 |
Am 10. April
werden wir bei der Tierschutz-Enquete ausführlich darüber reden, und ich hoffe,
dass wir da zu einer vernünftigen Lösung kommen.
Ich glaube nicht,
dass diese Novellierung, wie Sie sie vorschlagen, nur die Intensivhaltung betreffen
würde, sondern natürlich auch die biologische und die kleine Landwirtschaft. Es
ist auch nicht einzusehen, dass mit dieser Novellierung der Eindruck einer
„positiven“ und einer „negativen“ Landwirtschaft nach außen getragen wird.
Diskutieren wir in den Ausschüssen darüber, wie wir alle unseren Bauern helfen
können, umzusteigen, etwas zu verbessern, und setzen wir nicht auf
Zwangsmaßnahmen, die auf dem Rücken dieser ausgetragen werden!
Direkte
Investitionsförderungen für Umweltschutzmaßnahmen bei landwirtschaftlichen
Anlagen würden weitaus mehr helfen. Die Belastungen können und dürfen nicht
einseitig die Landwirtschaft treffen, sondern unsere Bauern brauchen unser
aller Unterstützung, damit auch in Zukunft gewährleistet ist, dass aktive
Landwirtschaft zu unserem Leben gehört. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
22.16
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter
Dipl.-Ing. Pirklhuber. Ihre Redezeit beträgt wunschgemäß
2 Minuten. – Bitte.
22.17
Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Ganz kurz: Herr Kollege Wittauer! Eines ist schon klar: Unsere Vorlage hat nichts mit Zwangsmaßnahmen zu tun, sondern ganz einfach mit der Einführung gewisser Umweltstandards, die europäische Norm sind beziehungsweise in anderen Ländern umgesetzt sind, zum Beispiel in Deutschland oder auch in Frankreich. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hornek: Das ist unrichtig!)
Nur als ein Beispiel: Die UVP-Pflicht in Frankreich – das Agrarland
Nummer eins in Europa – ist bei Schweinen bereits ab 400 bis
450 Mastplätzen gegeben. Wir in Österreich haben die Zahl in der letzten
Periode auf über 2 000 erhöht. Das ist aus unserer Sicht nicht zweckmäßig
und nicht sinnvoll, daher unsere Initiative. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Hornek.) Es geht darum, für die
Landwirtschaft wirklich Sicherheit zu schaffen. Sicherheit bedeutet Akzeptanz
vor Ort, bedeutet, dass im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung die
Anrainer auch das Recht haben, mit den Betroffenen und mit Fachexperten und
Sachverständigen die Sache im Vorfeld abzuklären.
Realität ist doch derzeit, dass sehr viele betroffene Bauern und
Konsumenten oder BürgerInnen vor Ort in einem Konflikt leben, weil die
Gespräche, die Diskussionen nicht geführt werden, Herr Kollege Grillitsch.
Dafür setzen wir uns ein. Es ist wie gesagt eine Vorlage, ein Vorschlag, und
ich hoffe, wir werden eine konstruktive Diskussion im Ausschuss dazu
führen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
22.18
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte
ist geschlossen.
Ich weise den Antrag 40/A dem Umweltausschuss zu.
9. Punkt
Erste Lesung: Antrag der
Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation
(Telekommunikationsgesetz – TKG) BGBl. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch
Bundesgesetz BGBl. I Nr. 134/2002, geändert wird (49/A)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Schließlich gelangen wir zum 9. Punkt der
Tagesordnung.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 198 |
Wir gehen in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist die Antragstellerin, Frau Abgeordnete
Dr. Moser. – Bitte.
22.19
Abgeordnete
Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Schon längst sollten wir die Novellierung
des Telekommunikationsgesetzes angehen. Sie wissen, die Zeit läuft ab. Im Juli
bereits muss eine EU-Richtlinie umgesetzt sein und als Gesetz Geltung haben.
In diesem Zusammenhang bringen wir ein Thema und ein Anliegen immer wieder vor,
nämlich die Berücksichtigung sowohl der Umweltgesichtspunkte als auch der Gesundheitsgesichtspunkte,
als auch der AnrainerInnengesichtspunkte.
Wir stützen uns in
dieser Grundausrichtung, in dieser Zielorientierung des Gesetzes immer wieder
auf die Initiativen, auf die Unterschriften und auf die Beteiligung und das
Engagement von vielen Tausenden ÖsterreicherInnen, mit denen Sie vor allem in
den Gemeinden – hier spreche ich speziell zu den Bürgermeistern der ÖVP,
denn dort sind Sie ja sehr zahlreich vertreten (Abg. Großruck: Nein,
lieber nicht!) – immer wieder heftige Diskussionen zu diesem Problemkreis
zu führen haben und wo Sie auch eingreifen sollten.
Wir haben hier erstmals die Möglichkeit, bei einer Novellierung diese
Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die auch vom Obersten Sanitätsrat, einer
Institution, die auch bei Ihnen durchaus Autorität besitzt, immer thematisiert
wurden. Es geht um Verortung, es geht ums Vorsorge-prinzip, und es geht vor
allem darum, dass die AnrainerInnen auch eine gewisse Mitsprache haben.
Das schaffen wir, glaube ich, wenn wir gemeinsam im Zuge dieser
Zielsetzung und im Sinne dieser Vorgangsweise die Novellierung des
Telekommunikationsgesetzes möglichst rasch anstreben und nicht warten, bis
sich wieder die Verkehrsminister – vor allem aus dem freiheitlichen
Lager – die Türklinke in die Hand geben und die Zahl des halben Dutzends
bald voll wird. Arbeiten wir diesmal mit Nachdruck und Konsequenz! Ich hoffe,
durch den Herrn Minister Gorbach geht es schnell. (Beifall bei den Grünen.)
22.21
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich
Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.
22.21
Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Telekommunikationsgesetz und
dessen Novellierung haben uns ja schon oft beschäftigt. Wie Sie richtig sagen,
Frau Kollegin Moser, wird noch vor dem Sommer eine Novelle fertig werden. Die
Themenbereiche liegen auf dem Tisch. Ich glaube allerdings nicht, dass wir den
Bürgermeistern damit einen guten Dienst erweisen würden, wenngleich richtig
ist, was Sie sagen, dass sie mit der Aufstellung von Sendemasten sehr oft große
Probleme haben, die sie eigentlich mit einer Regelung auf bundesgesetzlicher
Ebene nicht mehr haben sollten.
Wir werden uns damit anlässlich der Novellierung detailliert auseinander
setzen und noch viele Diskussionen gemeinsam darüber führen. Darauf freue ich
mich. – Danke für heute Abend. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
22.22
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter
Ing. Kaipel. – Bitte.
22.22
Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Parlament hat sich in den vergangenen Jahren mit den Problemen der Mobilfunktelekommunikation sehr intensiv auseinander gesetzt. Wir Sozialdemokraten haben dazu eine klare Haltung. Wir wollen Rechtssicherheit für die Bürger, für Investoren, und wir wollen ein funktionierendes
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 199 |
UMTS-Netz unter
Berücksichtigung des Umweltschutzes auch im ländlichen Raum flächendeckend
umsetzen.
11,4 Milliarden Lizenzzahlungen beinhalten natürlich auch ein Recht
auf Rechtssicherheit, die die Regierung den Beteiligten und Betroffenen
verwehrt. Das ist auch nicht verwunderlich, war doch gerade in diesem Bereich
die Regierung in den vergangenen Jahren ausschließlich mit Personalfragen
beschäftigt. Vier Minister in drei Jahren, das ist eine „stolze“ Bilanz. Ich
denke, dass das ganz wesentlich mit ein Grund dafür ist, dass es diese wichtige
und notwendige Grenzwertverordnung bis heute nicht gibt.
Damit wird natürlich Investition verhindert. Es wird verhindert, dass
Arbeitsplätze geschaffen werden. Es wird die Modernisierung der
Telekom-Infrastruktur verhindert, und das schadet natürlich auch ganz massiv
dem Wirtschaftsstandort Österreich. Daher ist die Regierung eingeladen, eine
zukunftsträchtige Telekom-Politik zu betreiben. Sie ist auch eingeladen, ein
investitionsfreudiges Klima zu schaffen, und sie ist eingeladen, Strukturen
zu schaffen, die rasche Entscheidungen ermöglichen, Strukturen, die auch
gewährleisten, dass die Gemeinden im Verfahren gestärkt werden. (Beifall bei der SPÖ.)
Schlussbemerkung zum Antrag: Er verfolgt eine positive Absicht, geht
jedoch am Kern der Problematik vorbei. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
22.24
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter
Mag. Mainoni. – Bitte.
22.24
Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Moser spricht natürlich ein
sehr wichtiges Thema an, ein Thema, das seit vielen Jahren in Diskussion ist,
Anrainerinnen und Anrainer bewegt und in Umweltfragen sehr ernst genommen
werden soll. Aber, Frau Dr. Moser, dieses Thema mit der Änderung eines
Absatzes des Telekommunikationsgesetzes lösen zu wollen, das geht wirklich
nicht. (Abg. Dr. Moser: Nein!)
Wenn ich es so sehe, wie Sie es auch ausgeführt haben, dass Bewegung in
die Sache kommen soll, soll es uns recht sein. Tatsache ist jedenfalls, dass
wir es mit der Änderung dieses einen Absatzes sicherlich nicht bewenden lassen
können – insbesondere natürlich auch im Zusammenhang mit der Aufstellung
der UMTS-Sendemasten, die jetzt eine neuerliche Diskussion bei den Anrainern
hervorrufen werden. Die Anraineranliegen müssen sicherlich ernst genommen und
auch berücksichtigt werden. Sie kennen die Kompetenzverstrickungen in diesem
Bereich: Das Anlagenrecht ist Bundeskompetenz, die Baubewilligung
Landeskompetenz und der Ortsbildschutz ist natürlich Gemeindekompetenz.
Das Telekommunikationsgesetz wird, wie hier bereits ausgeführt, noch im
Frühjahr zur Behandlung ins Parlament kommen. Wir werden eingehend darüber
diskutieren und dann darüber beschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
22.25
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Ich weise den Antrag 49/A dem Verkehrsausschuss zu.
*****
Die Tagesordnung
ist erschöpft.
Einlauf
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe noch bekannt, dass in der
heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 72/A bis 96/A eingebracht wurden.
Nationalrat, XXII.GP | 10. Sitzung / Seite 200 |
Ferner sind die
Anfragen 224/J bis 278/J eingelangt.
*****
Die nächste Sitzung
des Nationalrats, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen
betreffen wird, berufe ich für 22.25 Uhr, das ist gleich im Anschluss an
diese Sitzung, ein.
Diese Sitzung ist geschlossen.
Schluss der
Sitzung: 22.25 Uhr
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