Stenographisches Protokoll

34. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 22. Oktober 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Stenographisches Protokoll

34. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode             Mittwoch, 22. Oktober 2003

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 22. Oktober 2003: 9.05 – 22.49 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung von Bundesminister Hubert Gorbach zum Vizekanzler

2. Punkt: Erklärung des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates

3. Punkt: Bericht betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes

4. Punkt: Bericht betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Seilbahnen erlassen wird (Seilbahngesetz 2003 – SeilbG 2003) und mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird

7. Punkt: Protokoll vom 3. Juni 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 (Protokoll 1999) samt Erklärung der Republik Österreich

8. Punkt: Ersuchen des Stadtmagistrats Innsbruck (II-STR-02104/2003) um Zu­stim­mung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Klaus Wittauer

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Straßenverkehrsordnung (StVO 1960) geändert wird (141/A)

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Antidiskriminierungsgesetz (146/A)


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34. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Futtermittelgesetz geändert wird (150/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderung .................................................................................................................. 20

Geschäftsbehandlung

Verkürztes Verfahren gemäß § 28a der Geschäftsordnung (Verzicht auf Vor­beratung der Regierungsvorlagen 218 und 223 d. B.) ......................................................................... 41

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wor­tung 711/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung .................................................................................................... 41

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ........ 150

Redner:

Beate Schasching ...................................................................................................... 150

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 153

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 154

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 156

Mares Rossmann ....................................................................................................... 157

Dieter Brosz ................................................................................................................ 159

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 41

Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen auf Ein­set­zung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Vorwürfe gegen­über Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser gemäß § 33 Abs.1 der Geschäftsordnung .......................... 232

Bekanntgabe ................................................................................................................... 52

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ............................................................................................................. 52

Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen hinsichtlich des Verstoßes gegen das Unvereinbarkeitsgesetz und damit möglicherweise verbundener Einflussnahmen, des Vollzuges des Stellenbesetzungsgesetzes samt Vertrags­schablonen­verord­nung, des Vollzuges des ÖIAG-Gesetzes und aller anderen damit in Zusammen­hang stehenden Gesetzen seit 4.2.2000, der Vergabe von Berater- und Werbe­aufträge seit 4.2.2000, des Bezuges von Honoraren als Vortragender entgegen dem Berufsverbot samt der entsprechenden Steuerfolgen, der Erstellung einer Homepage (www.karlheinzgrasser.at) sowie Steuerfolgen der Finanzierung die­ses Mediums samt Prüfung dieses Sachverhaltes durch das BMF unter der Leitung von Staatssekretär Dr. Finz, des geplanten Verkaufes der 5 Bundes­wohn­baugesellschaften und des Ankaufes von Abfangjägern der Marke


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Eurofighter Typhoon unter besonderer Berücksichtigung der Einhaltung des ge­wähl­ten Vergabeverfahrens sowie vertraglicher Beziehungen zwischen dem Finanzminister und Magna International gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung ......................................................................................................................... 233

Bekanntgabe ................................................................................................................... 52

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ............................................................................................................. 52

Gemeinsame Debatte über die beiden Anträge auf Einsetzung von Unter­suchungsausschüssen:

Redner:

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 237

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 238

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 242

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 243

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 245

Ablehnung der beiden Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen ....... 245

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 85

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung im Zusammenhang mit der Beant­wortung der Dringlichen Anfrage durch Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser:

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 126

Peter Schieder ...................................................................................................  127, 129

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 128

Mag. Wilhelm Molterer .............................................................................................. 128

Aktuelle Stunde (8.)

Thema: „Generationenreiches Österreich“ ............................................................ 20

Redner:

Barbara Rosenkranz .................................................................................................... 21

Bundesminister Mag. Herbert Haupt ......................................................................... 23

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ............................................................................. 26

Mag. Andrea Kuntzl ..................................................................................................... 28

Mares Rossmann ......................................................................................................... 29

Sabine Mandak ............................................................................................................. 31

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 33

Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................................................. 34

Elmar Lichtenegger ..................................................................................................... 36

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 37

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel betreffend Enthebung des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumenten­schutz Vizekanzler Mag. Herbert Haupt vom Amt als Vizekanzler durch den Bun­despräsidenten sowie Ernennung von Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Hubert Gorbach zum Vizekanzler durch den Bun­despräsidenten                20


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Rechnungshof

Verlangen gemäß § 99 Abs. 2 der Geschäftsordnung im Zusammenhang mit dem Antrag 240/A betreffend Gebarungsüberprüfung ................................................................................................ 246

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................  39, 223, 228, 231

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Vierter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ........................................................ 40

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minis­ter für Finanzen betreffend Aktien, Treuhänder und Verfassungsbruch (913/J) ..................................................... 114

Begründung: Dr. Peter Pilz ......................................................................................... 115

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 120

Debatte:

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 129

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 132

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 134

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 136

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 138

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 139

Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 141

Michaela Sburny ......................................................................................................... 144

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 145

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 146

Karl Öllinger ................................................................................................................ 148

Peter Haubner ............................................................................................................. 149

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäfts­ordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung von Bundesminister Hubert Gorbach zum Vizekanzler ....... 42

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 42

2. Punkt: Erklärung des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäfts­ord­nung des Nationalrates ............................................................................................................................... 42

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 47

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäfts­ord­nung                   20

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 53

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 56

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 60

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 64

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 69


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34. Sitzung / Seite 5

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 72

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 74

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 77

Rudolf Nürnberger ....................................................................................................... 79

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 81

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 82

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 83

Doris Bures ................................................................................................................... 85

Ridi Steibl ...................................................................................................................... 86

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 88

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 89

Bundesminister Mag. Herbert Haupt ......................................................................... 91

Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 93

Peter Haubner ............................................................................................................... 94

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 96

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................... 97

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 98

Fritz Neugebauer ........................................................................................................ 100

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 101

Karl Öllinger ................................................................................................................ 102

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 104

Josef Broukal .............................................................................................................. 105

Staatssekretärin Ursula Haubner ............................................................................. 106

Christine Marek .......................................................................................................... 108

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................................... 109

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 110

Kai Jan Krainer (tatsächliche Berichtigung) ............................................................... 111

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Finanzen gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bun­des-Verfassungsgesetzes – Ablehnung .......................  63, 112

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrneh­mungsbericht (III-29 d.B.) des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes (229 d.B.) ................... 112

4. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrneh­mungsbericht (III-13 d.B.) des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes (231 d.B.) ................... 112

Redner:

Dr. Günther Kräuter ..........................................................................................  112, 161

Hermann Gahr ............................................................................................................ 163

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 164

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 166

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 167

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 169

Michaela Sburny ......................................................................................................... 170

Mag. Dr. Magda Bleckmann ...................................................................................... 172

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 172

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 173

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 175

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 176

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 177


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34. Sitzung / Seite 6

Johann Ledolter ......................................................................................................... 178

Karl Öllinger ................................................................................................................ 179

Christian Faul ............................................................................................................. 180

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 181

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 182

Hermann Krist ............................................................................................................ 183

Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 184

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 185

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 186

Kenntnisnahme der beiden Berichte ............................................................................ 187

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (203 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird (245 d.B.) ......................................................... 187

6. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (204 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Seilbahnen erlassen wird (Seilbahngesetz 2003 – SeilbG 2003) und mit dem das Eisenbahn­ge­setz 1957 geändert wird (246 d.B.) ......................................................... 187

Redner:

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................................... 187

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 189

Gabriele Binder .......................................................................................................... 190

Anton Wattaul ............................................................................................................. 191

Astrid Stadler .............................................................................................................. 192

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 193

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 195

Franz Xaver Böhm ..................................................................................................... 196

Anita Fleckl ................................................................................................................. 198

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 199

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 200

Johannes Zweytick .................................................................................................... 201

Annahme der beiden Gesetzentwürfe .......................................................................... 201

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (46 d.B.): Protokoll vom 3. Juni 1999 betreffend die Änderung des Überein­kom­mens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 (Pro­tokoll 1999) samt Erklärung der Republik Österreich (247 d.B.) ....... 202

Redner:

Werner Miedl ............................................................................................................... 202

Kurt Eder ..................................................................................................................... 204

Anton Wattaul ............................................................................................................. 206

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................................... 207

Christoph Kainz .......................................................................................................... 208

Anton Heinzl ............................................................................................................... 209

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 210

Franz Glaser ................................................................................................................ 211

Petra Bayr ................................................................................................................... 212

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 214

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 214

Mag. Eduard Mainoni ............................................................................................. ... 216


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Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 217

Peter Marizzi ............................................................................................................... 218

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 219

8. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Stadt­magistrats Innsbruck (II-STR-02104/2003) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Klaus Wittauer (216 d.B.) ...................................................................................................................... 219

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 219

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Straßenverkehrsordnung (StVO 1960) geändert wird (141/A) .......................................................................................................................... 220

Redner:

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 220

Werner Miedl ............................................................................................................... 221

Anton Wattaul ............................................................................................................. 221

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................................... 222

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 222

Zuweisung des Antrages 141/A an den Verkehrsausschuss ...................................... 223

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Antidiskriminierungsgesetz (146/A) ....................................................... 223

Redner:

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 224

Matthias Ellmauer ...................................................................................................... 225

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 226

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 227

Zuweisung des Antrages 146/A an den Ausschuss für Menschenrechte ................... 228

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Futter­mittel­gesetz geändert wird (150/A) ................ 228

Redner:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 228

Martin Preineder ......................................................................................................... 229

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 229

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber ................................................................................. 230

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ..................................................................................... 231

Zuweisung des Antrages 150/A an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft ..... 231

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 39

Petition betreffend „Handelsware Wasser“ (Ordnungsnummer 14) (überreicht durch die Abgeordnete Erika Scharer)

Gesetzesantrag des Bundesrates ............................................................................ 39

232: Gesetzesantrag des Bundesrates vom 9. Oktober 2003 betreffend ein Bun­desverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird


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34. Sitzung / Seite 8

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 39

217: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studien­gänge (Fachhochschul-Studiengesetz) geändert wird

218: Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Orga­nisation für die Nutzung von Meteorologischen Satelliten (EUMETSAT) in der Fassung der Änderung vom 26. Juni 2001

223: Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsüber­einkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände – Erklärungen

224: Außerstreitgesetz – AußStrG

225: Außerstreit-Begleitgesetz – AußStr-BegleitG

230: Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bun­desrepublik Deutschland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spa­nien, der Französischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Groß­herzogtum Luxemburg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Öster­reich, der Portugiesischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitglied­staaten der Europäischen Union) und der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowe­nien, der Slowakischen Republik über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Re­publik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union samt Schlussakte

233: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße-TGSt) geändert wird

234: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher (SDG) und das Bun­desgesetz über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren (Gerichts­ge­büh­rengesetz – GGG) geändert werden

235: Bundesgesetz über die Verlegung des Bezirksgerichts Linz-Land nach Traun und die Änderung des Jugendgerichtsgesetzes 1988

236: Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz geändert wird

237: Bundesgesetz, mit dem das Zweckzuschussgesetz 2001 geändert wird

244: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Namibia über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll

Berichte ......................................................................................................................... 39

Vorlage 15 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 3. Quartal 2003; BM f. Finanzen

III-44: Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2002


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34. Sitzung / Seite 9

III-58: Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde 2002/2003; BM f. Wirt­schaft und Arbeit

III-59: Bericht des Akkreditierungsrates gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F., über die Tätigkeit des Akkreditierungsrates im Jahre 2002; BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur

III-60: Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 2002; BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur

III-61: Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993 über seine Tätigkeit in den Kalenderjahren 2002/2003; BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur

III-62: Bericht über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Öster­reich 2002; BM f. Wirtschaft und Arbeit

Anträge der Abgeordneten

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Aufnahme der Musik CD in den Anhang H der Richtlinie 92/77/CEE des Rates vom 19. Oktober 1992 (236/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der medizi­nischen Datenlage (237/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsetzung einer unabhän­gigen internationalen ExpertInnenkommission zur Klärung von Versorgungsdefiziten im Bereich der Kinderheilkunde in Österreich (238/A) (E)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von 100 000 Ganztagsplätzen in Schulen (239/A) (E)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen auf Gebarungsüberprüfung durch den Rech­nungshof gemäß § 99 Abs. 2 GOG (240/A und Zu 240/A)

Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Programm zur Konjunk­tur­belebung (241/A) (E)

Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend vierspurigen Ausbau der B 303 beziehungsweise E 59 (242/A) (E)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), BGBl. Nr. 159/1960, zuletzt ge­ändert mit BGBl. I Nr. 128/2002, geändert wird (243/A)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschafts­gesetz 2002 – AWG 2002), BGBl. I Nr. 102/2002, geändert wird (244/A)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (245/A)

Anfragen der Abgeordneten

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Wohnungsokkasionen für ÖVP-Parteigänger (859/J)


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34. Sitzung / Seite 10

Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Artikel „Die Presse“ vom 20.08.2003 (860/J)

Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Wortlaut des Briefes von Bundesminister Scheibner an US General Walters von der DSCA (861/J)

Mag. Heribert Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Reform (862/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ski- und Snowboarddiebstähle in Österreich – Daten 2002/2003 (863/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Missbrauch des Weisungsrechts zur Verfahrenseinstellung im Fall der falschen Zeugenaussage von Franz Koloini (864/J)

Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Ausnützung der Möglichkeit der Förderungen für besonders umwelt- und tiergerecht produzierende Betriebe durch die Umsetzung der EU-Agrarreform in Österreich (865/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Buchpreisbindung und beabsichtigte zentrale Beschaffung des Bundes für Bücher und Zeitschriften (866/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend seine Einschätzung der Konsequenzen nach dem Scheitern des WTO-Gipfels in Cancun (867/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung in einem Bundestierschutzgesetz (868/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Einsatzfähigkeit der Draken nach 2003 (869/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einsparungen bei den Tiertransport-Kontrollen (870/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Einsparungen bei den Tiertransport-Kontrollen (871/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Personaleinsparungen auf Kosten des Tierschutzes (872/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend YLine (873/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sicherheitswachebeamte – Überstundenerlass – Verminderung des Auf­wandes für Mehrleistungen im Jahre 2003 (874/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ski- und Snowboarddiebstähle in Österreich – Daten 2002/2003 (875/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
34. Sitzung / Seite 11

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Ausbildung zahnärztlicher Assistentin/Assistenten (876/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit und Frauen betreffend sozial-, gesundheits- und finanzpolitisch kontra­pro­duktive Schließung von GKK-Außenstellen am Beispiel der Außenstelle in Gratkorn in der Steiermark (877/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend sozial-, gesundheits- und finanzpolitisch kontraproduktive Schließung von GKK-Außenstellen am Beispiel der Außenstelle in Gratkorn in der Steiermark (878/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ab­fangjäger-Aussagen, die vom Bundeskanzler der Republik Österreich zur Täuschung der Wählerinnen und Wähler vor der letzten Nationalratswahl getätigt wurden (879/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bedachtnahme auf die regionale Versorgungsstruktur durch Klein- und Mittelbetriebe durch die Bundesbeschaffung-Gesellschaft m.b.H. (880/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend wirklichkeitsfremde In­sera­tenkampagne zur Besteuerung der Unfallrenten (881/J)

Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verkauf der Bundesimmobilie „Dürnhof“ im NÖ Zwettl (882/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend Wahlempfehlung für Arnold Schwarzenegger auf Kulturseite der Homepage des Außenamtes (883/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zivildienerzuweisung Oktober 2003 (884/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Vergabe-Vorgänge und politische Repressionen im Finanzministerium (885/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Vernichtung von Steuergeldern und die Ver­nichtung von Mitteln der Eisenbahnunternehmen und die Gefährdung von Men­schen­leben auf Grund der seit Jahren vom BMVIT verschleppten Modernisierung der Eisen­bahnkreuzungsverordnung (886/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend unterbliebene Meldung von Aktiengeschäften des Finanzministers an den Unvereinbarkeitsausschuss (887/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend EURATOM-Vertrag und Wettbewerbsrecht (888/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Aktien und Unvereinbarkeit (889/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
34. Sitzung / Seite 12

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Aktien und Unvereinbarkeit (890/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend Aktien und Unvereinbarkeit (891/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Aktien und Unvereinbarkeit (892/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aktien und Unvereinbarkeit (893/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Aktien und Unvereinbarkeit (894/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­vertei­digung betreffend Aktien und Unvereinbarkeit (895/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Aktien und Unvereinbarkeit (896/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Aktien und Unvereinbarkeit (897/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Aktien und Unvereinbarkeit (898/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Aktien und Unvereinbarkeit (899/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend Finanzierung des Filmteams, das die Außen­ministerin bei der UNO-Generalversammlung in New York begleitete (900/J)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend das proble­ma­tische Engagement der ÖBf AG in der Ukraine (901/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Kinderschänder von Saalfelden – Unschuldiger tagelang verfolgt – Ver­mutlicher Täter entkam – Erst nach zwei Monaten in Moldawien verhaftet!“ (902/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend treuhändigen Aktienbesitz (903/J)

Astrid Stadler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Umsetzung des Generalverkehrsplanes in Tirol – „Verkehrsprojekte Tschirgant-Tunnel und zweite Röhre Roppener Tunnel“ (904/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die katastrophalen und unhaltbaren baulichen Zustände der HTL Donaustadt (905/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die katastrophalen und unhaltbaren baulichen Zustände der HTL Donaustadt (906/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Treuhänder (907/J)

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Sondermautstrecken – Einführung der fahrleistungsabhängigen LKW-Maut (908/J)


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34. Sitzung / Seite 13

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Sondermautstrecken – Einführung der fahrleistungsabhängigen LKW-Maut (909/J)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auswirkungen des Konjunkturpaketes I und II der Bundes­regie­rung (910/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verschwendung von Steuermitteln – Ungereimtheiten in parlamentarischen Anfragebeantwortungen (911/J)

Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend Vertragsverhältnis zwischen der SPÖ-Firma Cafe „Glo­riette“ Betriebs GmbH und der Schloß-Schönbrunn Kultur Betriebs GmbH (912/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Aktien, Treuhänder und Verfassungsbruch (913/J)

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Kärnten (914/J)

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­­ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Förderungen, Aufwendun­gen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Kärnten (915/J)

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Kärnten (916/J)

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projek­te und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Kärnten (917/J)

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Kärnten (918/J)

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Kärnten (919/J)

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Kärnten (920/J)

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Kärnten (921/J)

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Kärnten (922/J)


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34. Sitzung / Seite 14

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Förderungen, Aufwendungen, Pro­jekte und sonstige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Kärnten (923/J)

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Förderungen, Aufwendungen, Projekte und sons­tige Leistungen des Ressorts für das Bundesland Kärnten (924/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Auswirkungen des „Team04“-Konzepts der „Exekutive Neu“ auf das Burgen­land (925/J)

Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Beteiligung der Firma „Merkur-Unternehmensbeteiligung, Vermögensverwaltung und Finanzierungsvermittlung Gesellschaft mbH“ (926/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Härtefälle bei den Studienabschluss-Stipendien (927/J)

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zur Lage der österreichischen Filmwirtschaft (928/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Rahmenverträge für Beratungstätigkeit (929/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend kriminelle ÖVP-Manipulationen im Internet – Namensfälschung durch ÖVP-Salzburg (930/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend kriminelle ÖVP-Manipulationen im Internet – Namensfälschung durch ÖVP-Salzburg (931/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Vernichtung von Steuergeldern – Teil 3 (932/J)

Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend das Programm DAPHNE, das EU-Aktionsprogramm zur Unterstützung vorbeugender Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen (933/J)

Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend das Programm DAPHNE, das EU-Aktionsprogramm zur Unterstützung vorbeugender Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen (934/J)

Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend das Programm DAPHNE, das EU-Aktionsprogramm zur Unterstützung vor­beugender Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen (935/J)

Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Regionalisierung der Kunstförderung des Bundes (936/J)


Nationalrat, XXII.GP
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34. Sitzung / Seite 15

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Regionalisierung der Kunstförderung des Bundes (937/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Modernisierung des Bahnhofes Imst-Pitztal und den zweigleisigen Bahnausbau der Strecke Ötztal–Landeck (938/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Mobilität von Frauen im ländlichen Raum (939/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Reform der Geschworenengerichtsbarkeit (940/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Regionalisierung der Kunstförderung des Bundes (941/J)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend Definitivstellung von Universitätsbediensteten (942/J)

Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend den inakzeptablen EURATOM-Vertrag und Österreichs Beitrag zur Förderung der Nuklear­industrie (943/J)

Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler be­treffend die Regionalisierung der Kunstförderung des Bundes (944/J)

Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Re­gionalisierung der Kunstförderung des Bundes (945/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Regionalisierung der Kunstförderung des Bundes (946/J)

Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Entwicklung der Kriminalität im Bundesland Salzburg (947/J)

Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Autobahnhalbanschluss Siezenheim (948/J)

Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Anstieg von Straftaten und Personalnot der Grazer Polizei (949/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Regionalisierung der Kunstförderung des Bundes (950/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend alarmierende Zustände im Flüchtlingslager Traiskirchen (951/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Trassenführung der Koralmbahn im Bereich der Tourismusregion Klopeiner See–Turnersee (952/J)

Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Abhörsicherheit österreichischer Mobiltelefone (953/J)

Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Einführung von privaten Mautsheriffs zur Kontrolle des LKW-Road-Pricings (954/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­no­vation und Technologie betreffend Klagen gegen ÖBB-Mitarbeiter (955/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
34. Sitzung / Seite 16

Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Sicherheit der Stromversorgung in Österreich (956/J)

Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend höhere Kaskoversicherungsbedingungen für L-17-Ausbil­dungs­fahrten (957/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend den „Weltgipfel über die Informationsgesellschaft in Genf Dezember 2003 und in Tunis 2005“ (958/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend den „Weltgipfel über die Informationsgesellschaft in Genf Dezember 2003 und in Tunis 2005“ (959/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die UNIFEM-Studie „Women, War and Peace“ (960/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend die UNIFEM-Studie „Women, War and Peace“ (961/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die genaue Aufschlüsselung der Minderheiten­förderung des BMBWK in den Jahren 2000, 2001, 2002 (962/J)

*****

Mag. Heribert Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Sicherheit im und um das Parlament (10/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen (725/AB zu 745/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (726/AB zu 752/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (727/AB zu 748/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (728/AB zu 769/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (729/AB zu 755/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen (730/AB zu 794/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (731/AB zu 732/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen (732/AB zu 782/J)


Nationalrat, XXII.GP
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34. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (733/AB zu 739/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (734/AB zu 775/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen (735/AB zu 754/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (736/AB zu 801/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (737/AB zu 776/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen (738/AB zu 744/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (739/AB zu 737/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (740/AB zu 729/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (741/AB zu 731/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (742/AB zu 733/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (743/AB zu 738/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen (744/AB zu 746/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (745/AB zu 780/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (746/AB zu 751/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen (747/AB zu 747/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (748/AB zu 765/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (749/AB zu 741/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (750/AB zu 743/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
34. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (751/AB zu 750/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (752/AB zu 777/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen (753/AB zu 753/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (754/AB zu 766/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (755/AB zu 764/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (756/AB zu 763/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (757/AB zu 761/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (758/AB zu 760/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (759/AB zu 758/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (760/AB zu 757/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (761/AB zu 762/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (762/AB zu 778/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (763/AB zu 749/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (764/AB zu 725/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (765/AB zu 734/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (766/AB zu 774/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (767/AB zu 759/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abge­ordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (768/AB zu 756/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (769/AB zu 767/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (770/AB zu 772/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
34. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (771/AB zu 779/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (772/AB zu 783/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (773/AB zu 724/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (774/AB zu 726/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (775/AB zu 742/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (776/AB zu 771/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen (777/AB zu 781/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (778/AB zu 740/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen (779/AB zu 727/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (780/AB zu 736/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (781/AB zu 773/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (782/AB zu 793/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (783/AB zu 790/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen (784/AB zu 862/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (785/AB zu 812/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (9/ABPR zu 9/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen (10/ABPR zu 10/JPR)

 



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34. Sitzung / Seite 20

Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, die Plätze ein­zunehmen. Ich eröffne die 34. Sitzung des Nationalrates und begrüße Sie alle sehr herzlich.

Die Amtlichen Protokolle der 32. und 33. Sitzung vom 24. September 2003 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ferner liegt mir ein Schreiben des Herrn Bundes­kanz­lers mit folgendem Wortlaut vor:

„Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 21. Oktober 2003, Zl. 300.000/005-BEV/03, gemäß Artikel 74 Absatz 3 Bundes-Verfas­sungs­gesetz den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsu­men­ten­schutz Vizekanzler Mag. Herbert Haupt vom Amt als Vizekanzler enthoben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Arti­kel 70 Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz Herrn Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie Hubert Gorbach zum Vizekanzler ernannt.

Wolfgang Schüssel“

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Herr Bundeskanzler und der Herr Vizekanzler ha­ben ihre Absicht bekannt gegeben, gemäß § 19 Abs. 2 des Geschäftsordnungsge­setzes Erklärungen abzugeben. Diese stehen als Punkte 1 und 2 auf der Tages­ordnung.

Darüber hinaus liegt ein Verlangen von fünf Abgeordneten vor, über diese Erklärungen gemäß § 81 Abs. 1 des Geschäftsordnungsgesetzes sogleich eine gemeinsame De­batte durchzuführen. Die Erklärungen sowie die anschließende Debatte werden im An­schluss an die Aktuelle Stunde stattfinden.

Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Generationenreiches Österreich“

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Rosenkranz. Ich erteile ihr das Wort und darf sie bitten, die Redezeitbeschränkung von 10 Minuten zu beachten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 



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9.07

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr verehrter Herr Minister! Frau Staatsekretärin! Hohes Haus! „Generationenreiches Österreich“: Die Entwicklung der österreichischen Bevölkerung ist von zwei Konstanten gekennzeichnet. Das erste Mal in der Geschichte leben vier Generationen zeitgleich. Die meisten von uns haben ihre Großeltern noch gut kennen gelernt, viele haben sogar ihre Urgroßeltern kennen gelernt – eine an sich sehr erfreuliche Entwicklung. Das sich weit über die Generationen hinaus spannende Wissen und auch die Erfahrung aus authentischer Erinnerung sowie die Möglichkeit, diese an Jüngere weiterzugeben, sind natürlich ein großer Gewinn für das kollektive Bewusstsein, an sich ein großer Gewinn für die gesamte Gesellschaft. (Der Geräuschpegel im Sitzungssaal ist hoch.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den all­gemeinen Geräuschpegel zu senken. Wir haben in der Präsidialkonferenz vereinbart, dass wir hier aufmerksam zuhören. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


Abgeordnete Barbara Rosenkranz (fortsetzend): Danke vielmals, Herr Präsident. – Die zweite Konstante allerdings ist, dass die Zahl der jungen Menschen immer geringer wird. Es ist ein Verdienst dieser Regierung, dass sie das erste Mal, nachdem die öster­reichische Politik dem gegenüber jahrzehntelang ignorant geblieben ist, die Tatsache ins Bewusstsein und in die politische Debatte gehoben hat, dass die demographische Entwicklung eine Grundtatsache ist, die alle wirtschaftlichen und sozialen Entwicklun­gen beeinflusst und damit auch die politischen Konsequenzen beeinflussen muss.

Was sagt die Statistik Austria dazu? – Die Statistik Austria fasst das schon im Titel sehr gut zusammen. (Der Geräuschpegel im Sitzungssaal ist weiterhin hoch.) – Ich glaube, ich muss ein bisschen provokantere Dinge sagen, damit hier Ruhe einkehrt! Daran sieht man, wie wenig wichtig dieses Thema noch immer genommen wird, obwohl es letztlich entscheidend für uns alle sein wird. Jetzt sind wir jung, rüstig, sitzen hier im Parlament und beschließen Gesetze, auch über die Pensionsreform, aber irgendwann einmal werden wir diejenigen sein, die das zu erleiden oder sich an dem zu erfreuen haben, was wir hier machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Statistik Austria fasst zusammen: Die Menschen werden immer älter, und es wer­den immer weniger Kinder geboren. Drei Eckdaten dazu: Zurzeit sind 1,7 Millionen Menschen – das sind 21 Prozent der österreichischen Bevölkerung – über 60 Jahre alt. Im Jahre 2030 werden das 2,9 Millionen Menschen sein – 36 Prozent, also jeder Dritte. Vor allem aber wird die Zahl der über 80-Jährigen bis 2030 massiv steigen, und zwar von 290 000 auf 600 000 – das ist eine Verdoppelung!

Noch ein Wort vor allem zu den sehr jungen Abgeordneten: Der Mensch neigt dazu, die Dinge sehr statisch zu sehen – vor allem wenn man jung ist, kann man sich über­haupt nicht vorstellen, dass man irgendwann einmal alt sein wird. Es wird oftmals so gesehen: Hier sind wir, die Jungen, und dort sind die Alten; und wir schaffen nun die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen dafür, wie diese Alten leben werden! Es wird dabei aber nicht bedacht, dass wir dabei von uns reden – 2030 werden die meisten von uns, die wir hier sitzen, über 60 sein, im Jahr 2050 werden wir es dann alle sein.

Das, was wir jetzt hier sagen, sagen wir über uns; und das, was wir hier in die Wege leiten, leiten wir für uns in die Wege. Es ist nämlich nicht so, dass wir „die Jungen“ sind, und irgendwo gibt es „die Alten“, sondern wir bestimmen damit unseren eigenen Lebensweg mit! Das muss man zur Kenntnis nehmen, auch dann, wenn es darum geht, zu sagen: Wir Jungen wollen diese hohen Lasten nicht mehr tragen. – Gerade die jetzt Jungen müssen darauf achten, dass sie, die dann Alten, noch eine Pension bekommen! Eine Klage darüber, dass es zu viel sei, was man jetzt für die Alten tut, ist


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an und für sich eine Klage, die die eigene Altersversorgung in Frage stellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Bevölkerungsentwicklung ist also nicht linear, sondern dynamisch. Würde nur – und das wäre ja an sich sehr erfreulich – die Lebenserwartung steigen, wäre es ganz einfach: Wir müssten vielleicht ein bisschen bei der Lebensarbeitszeit nachjustieren, viel­leicht auch die Pensionen ein bisschen reduzieren – alles relativ einfach. Der eigentliche Zündstoff ist aber die Frage der Zusammensetzung der Bevölkerung, ihrer Struktur! Diese Erkenntnis hat sich offenbar noch nicht jeder zu Eigen gemacht, denn sonst könnte es nicht zu so einfachen Lösungsvorstellungen kommen.

Die Gesellschaft wird sich massiv verändern, wenn es immer weniger Junge und im­mer mehr Alte gibt! Dass das eine massive Auswirkung auf die sozialen Einrichtungen hat, das hat jetzt jeder erkennen müssen – allerdings erst zu jenem Zeitpunkt, als es schlagend geworden ist. Man hätte das auch schon vor 30 Jahren wissen können: Man hat immer gewusst, dass der geburtenstärkste Jahrgang des Jahrhunderts, nämlich der Jahrgang 1940, im Jahr 2000 in Frühpension gehen und im Jahre 2005 regulär in Pension gehen wird. Man hätte also ganz genau wissen können, was passieren wird: Im Jahr 2000 wird man massiv eingreifen müssen, und wenn man es 2005 nicht noch einmal machen will, dann muss man vorher schon etwas tun. Es handelt sich da um keine Voraussagen oder Prognosen, sondern um statistische Gewissheiten. Dennoch ist das bis jetzt ignoriert worden. Erst dann, als es schlagend geworden ist, hat man reagieren müssen.

Ähnlich wenig verantwortungsbewusst verhalten sich viele jetzt bei den Schluss­folge­rungen daraus, nämlich dass demographische Entwicklungen politische Konzepte nach sich ziehen müssen. Man versucht jetzt alles, nur eines nicht, nämlich es irgendwie zustande zu bringen, dass die Bevölkerungsstruktur wieder ausgeglichen wird. Da wird einmal vorgeschlagen, man müsse die Produktivität steigern: Viel Glück dabei! In einer alternden Gesellschaft ist ja die Nachfrage eine ganz andere. Es ist mittlerweile unbe­stritten, dass gerade alternde Gesellschaften natürlich auch massiv gedämpfte Wirt­schaftswachstumsraten nach sich ziehen werden. Das ist ja eigentlich auch leicht ver­ständlich: Den Wirtschaftsstandort Seniorenheim, den wird es einfach nicht geben.

Man hat auch damit zu rechnen, dass die Arbeitslosigkeit steigen wird, weil auch viel weniger dynamische junge Leute, die bereit sind, Arbeitsplätze zu schaffen, vorhanden sein werden. Man wird sich darauf einstellen müssen, aber man wird keinesfalls sagen können, dass man mit einer gesteigerten Produktivität – die sich nicht abspielen wird; sie hat sich ja auch in den letzten zehn Jahren nicht abgespielt, obwohl davon immer die Rede war – den Ausfall an Jungen kompensieren könnte.

Oder aber es gibt die Vorstellung: Machen wir es eben dann, wenn es wenige Beitrags­zahler gibt, steuerfinanziert! – Gerade das Steueraufkommen wird natürlich bei einer Bevölkerung, in der sich immer mehr Leute im Ruhestand und immer weniger im Er­werbsleben befinden, massiv sinken.

All das sind keine Lösungen, und das sollten wir hier auch zur Kenntnis nehmen. Wir können nicht, so wie wir das Problem zuerst jahrzehntelang ignoriert haben, jetzt wie­derum jahrzehntelang falschen Lösungen anhängen, weil sie uns ideologisch sehr gut gefallen. Da müsste man sich schon fragen, wie naiv und wie unrealistisch ein Politiker sein darf, dass man ihn nicht unverantwortlich nennen muss.

Die am nächsten liegende Lösung, nämlich die Rahmenbedingungen für Familien so zu verbessern, dass jeder, der Kinder haben möchte – ich sage nicht, dass jeder Kin­der haben muss! –, sie auch haben kann, diese nahe liegende Lösung werden wir ins Auge fassen müssen.


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Ich darf auch eines zur Kenntnis bringen: Die Bevölkerungsstruktur im Gesamten muss ausgeglichen sein! Das heißt also, für jede Frau, die kein Kind haben möchte oder keines hat, muss eine andere vier Kinder haben; für jede, die nur eines hat oder nur eines haben möchte, muss eine andere drei Kinder haben! Das heißt also, dass die Rahmenbedingungen so sein müssen, dass Vierkinderfamilien, Dreikinderfamilien eine Normalität werden. Sie wissen aber, wie es heute ist: Ab dem dritten Kind fällt eine Beamtenfamilie unter die Armutsgrenze, bei Arbeiterfamilien ist dies bereits ab dem zweiten Kind der Fall.

Familien sind die Drehscheibe der Generationensolidarität. Das sieht man auch, wenn man sich fragt: Wie werden die alten Leute betreut? – 85 Prozent der alten Menschen werden zu Hause betreut. Und dennoch kommen wir an die Leistungsgrenze unserer finanziellen Möglichkeiten! Es werden jene, die in der Familie betreut werden, natürlich in Hinkunft immer weniger sein, weil viele Leute gar keine Verwandten mehr haben. Dennoch: Die Leute wollen das auch! Der überwiegende Anteil der alten Menschen sagt, dass sie in der Familie betreut werden wollen. Und es ist dies auch vernünftig: Die Familie ist nicht nur der Ort, wo Kinder heranwachsen, sondern sie ist auch der Ort, wo die dann erwachsenen Kinder ihren alten Eltern diesen Dienst angedeihen lassen, weil sie miteinander verbunden sind.

Ich sage jetzt noch etwas: Zuwanderung wird diese Frage nicht lösen können, denn es geht nicht nur darum, wer mit wem wohnt, sondern auch darum, wie diese Menschen miteinander verbunden sind! Es ist eine ungeheure Zumutung an die Zuwanderer zu glauben, dass sie, die ja selbst alte Eltern haben, in liebevoller Zuwendung für uns Alte aufkommen werden, und es ist überdies auch eine irreale Vorstellung, was die Inte­grationsfähigkeit betrifft – ich weiß nicht, welche Titanenarbeit Sie sich da zumuten wollen, um das sicherzustellen. Nur ein Beispiel: Wien hat, bedingt durch die Zuwan­derung, die jüngste Bevölkerung – und Wien hat immer wieder „Lainz“! – So schaut es aus.

Es führt kein Weg daran vorbei, die Barrieren abzubauen, die Familien mit Kindern ent­gegenstehen. Es führt kein Weg daran vorbei, wenn wir unseren Sozialstaat, unsere soziale Sicherheit und die Identität unseres Landes bewahren wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für eine einleitende Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt zu Wort gemeldet. Seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister.

 


9.17

Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das Schicksal des Staates hängt vom Zustand seiner Generationen ab. Alle Generationen sollen in einem sicheren Staat eine sichere und freie Lebensge­staltung haben. Diese Bundesregierung hat sich das zum Ziel gesetzt.

Die Generationen spiegeln sich am besten in der Familie wider. Familie bedeutet für uns: der gesellschaftliche Zusammenhalt der Generationen in einem Verband – sei es das Kind, sei es die Frau, sei es der Mann, sei es die Generation der Senioren und Pensionisten. Die Familie bedeutet Schutz, soziale Sicherheit, sozialen Zusammenhalt für alle Generationen, daher hat diese Bundesregierung der Familie ihr besonderes Au­genmerk gewidmet. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Verantwortungsvolle Generationenpolitik umfasst daher alle Bereiche des Lebens: Vom Kinderbetreuungsgeld, dem sozialpolitischen Meilenstein dieser Koalitionsre­gie-


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rung, über die Sicherung von Arbeitsplätzen in schwierigen Zeiten an der Spitze der europäischen Staaten bis hin zu den Rahmenbedingungen für zu pflegende ältere Mitmenschen – der Pflegehospiz – reicht die Palette der Maßnahmen, die diese und die vorangegangene Bundesregierung gesetzt haben. Wir haben in den letzten dreieinhalb Jahren gemeinsam viele Maßnahmen getroffen, die allen Generationen in unserem Lande soziale Sicherheit und mehr Sicherheit geben werden. Wir können auf einzigartige Leistungen im europäischen Vergleich verweisen: Ich behaupte, sehr ge­ehrte Damen und Herren: Österreich ist das europäische Familienland der Mus­ter­klasse! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben mit dem Kindergeld die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich ver­bessert. Wir haben mit dem Recht auf Elternteilzeit nunmehr vor, dieses Angebot zu komplementieren. Wir werden auch das Kindergeld für Mehrlingsgeburten mit 1.1.2004 ausweiten.

Die Familienbeihilfe wurde mit 1. Jänner 2003 trotzdem in allen Bereichen deutlich erhöht. Wir schaffen auch sukzessive eine eigenständige Alterssicherung für Frauen, und wir verankern die Kinderrechte in der Verfassung, sehr geehrte Damen und Her­ren!

All das sind wichtige Maßnahmen, die wir im Spitzenfeld der europäischen Gemein­samkeit als Erste in Österreich umsetzen. Man sollte hier die Vorreiterrolle Österreichs im Bereich der Familienpolitik nicht gering schätzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich habe als Frauen- und dann auch als Generationenminister durchsetzen können, dass wir entscheidende Maßnahmen gegen Gewalt gegen Kinder, gegen Gewalt in den Medien endlich auch in der europäischen Agenda implementieren konnten und diesem verheerenden Weg, dass gegen Gewalt in unseren Medien und gegen Gewalt gegen Kinder zu wenig getan wird, nun Einhalt gebieten können. Wir sind für mehr Sicherheit in diesem Bereich, und wir werden das in dieser Bundesregierung mit aller Härte durchsetzen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir wollen keine wochenlangen Diskussionen wie in Portugal zum Thema sexuelle Übergriffe gegen Kinder. Wir wollen eine klare rechtliche Regelung, wir wollen die Kin­der vor Übergriffen von Gewalt und sexueller Gewalt schützen. Das ist das Ziel der Freiheitlichen, das ist das Ziel der österreichischen Bundesregierung, und das werden wir umsetzen!

Wir haben Maßnahmen gegen die Gewalt in den Medien gesetzt, und wir werden ein Auge darauf haben, dass sich auch die neue Führung im ORF dessen bewusst wird, dass Gewalt in den Medien keine Bagatelle, sondern eine Vorbereitung zu Gewalt in der Gesellschaft ist.

Wir werden auch darauf achten, dass das Pflegegeld für Kinder mit Behinderungen, das von uns ab der Geburt eingeführt wurde, in dieser Legislaturperiode nicht nur für Kinder, sondern für betroffene Menschen aller Generationen erhöht werden wird. Wir arbeiten an einem Gleichstellungsgesetz für Behinderte. Ich darf Sie, sehr geehrte Damen und Herren hier im Parlament, darum ersuchen, endlich die Situation von be­hinderten Menschen so zu berücksichtigen, dass sie vor Übergriffen im Bereich der Forschung und Medizin so geschützt sind, dass wir ruhigen Gewissens in Zukunft in Österreich die Biotechnologierichtlinie verabschieden können.

Ich darf Sie auf das Ergebnis der Ethikkommission dieser Bundesregierung für die behinderten Menschen in Österreich verweisen. Ich ersuche Sie dringend, diese Ergebnisse endlich mit uns gemeinsam im österreichischen Parlament umzusetzen,


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weil wir die beste Sicherheit haben werden, wenn es eine verfassungsmäßige Mehrheit und Implementierung gibt. Es gibt allerdings auch über das ABGB einen Weg, aber das ist nur der zweitbeste Weg.

Wir werden ein Maßnahmenpaket für ältere Arbeitnehmer schnüren. Wir haben es als Erstes bereits geschafft, für ältere Arbeitnehmer ab 1. Jänner 2004 eine deutliche Ent­lastung der Lohn- und Lohnnebenkosten zu erreichen. Wir werden darüber hinaus im Strukturpaket für die Beschäftigung der Älteren, aber auch für die Beschäftigung der Jüngeren in dieser Gesellschaft mehr tun.

Mit den 1 000 € für Lehrlingsausbildung zahlen wir im Endeffekt für die Betriebe die Berufsausbildung. Wir haben bei der Lehrlingsausbildung einiges erreicht. Wir werden aber bei der Lehrlingsausbildung noch erreichen müssen, dass es komplette Lehrlings­ausbildungen auch durch freiwillige Verbünde der Betriebe gibt – so wie es in Vorarl­berg der Fall ist –, damit mehr Lehrlinge in Österreich unter Einbindung des dualen Systems und unter Einbindung von Lehrlingswerkstätten eine Zukunft am Arbeitsmarkt und nicht eine Zukunft außerhalb der Gesellschaft haben.

Wir senken mit 1. Jänner 2004 in einer ersten Etappe die Steuern: Bis zu einer Höhe von 14 000 € wird es keine Einkommensteuer und keine Steuerleistungen mehr aus dem Bereich der Lohnsteuer geben. Morgen wird hier im Parlament ein Antrag dis­kutiert, in dem man von 10 000 € Steuerfreiheit geträumt hat. Ab 1. Jänner 2004 wird das Gesetz umgesetzt und Realität werden. Die Bundesregierung ist Vorreiterin in diesem Bereich, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben gemeinsam mit den Sozialpartnern in der vergangenen Legislaturperiode die „Abfertigung neu“ geschaffen. Vorher hatten nur 20 Prozent der Arbeitneh­me­rinnen und Arbeitnehmer das Anrecht auf Abfertigung und diese auch tatsächlich be­kommen. Heute kann jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin die „Abfertigung neu“ in Anspruch nehmen. Das ist ein Meilenstein der Sozialpolitik, den die schwarz-blaue Regierung gemeinsam mit den Sozialpartnern verabschiedet hat. Sehr geehrte Damen und Herren! Man sollte das nicht gering achten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben einen Akzent im Bereich der Menschlichkeit gesetzt: Mit der Pflege­hos­pizkarenz haben wir nicht nur die Möglichkeit geschaffen, dass mehr als 70 Prozent der Menschen, die sich wünschen, in schwierigen Lebenslagen zu Hause gepflegt zu werden, auch dort gepflegt werden, sondern wir haben für die pflegenden Angehörigen auch die Mitversicherungsmöglichkeit geschaffen. Wir haben darüber hinaus eine Au­tomatik geschaffen, wonach es möglich ist, ab der Inanspruchnahme der Pflegehospiz ein Pflegegeld zumindest der Pflegestufe 3 zu bekommen, damit von Anfang an kom­petente Zusatzleistungen zur häuslichen Pflege gewährleistet werden können.

Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, dass diese Bundesregierung damit be­wiesen hat, dass die Interessen der Menschen auch in den letzten Lebensphasen von uns optimal und humanitär gewahrt und beachtet werden.

Wir haben das österreichische Pensionssystem reformiert. Wir werden im österrei­chischen Pensionssystem auch noch die Harmonisierung der Systeme leisten. Und wir werden mit dem Schwerarbeiter-Pensionsmodell auch endlich das leisten, was wir in den letzten fünf Jahrzehnten nicht erleben konnten, dass nämlich Arbeiter, Bauarbeiter, die gleichen Regelungen haben, wie sie die heutige Hackler-Regelung bietet. Ich halte das für wichtig, weil es gerade diese Berufsgruppe ist, die auf Grund der körperlichen Beanspruchung meistens in der Mitte des fünften und sechsten Lebensjahrzehnts nicht mehr in der Lage ist, jene Arbeitsleistungen zu erbringen, die eine stabile Beschäf­ti­gung am Arbeitsmarkt garantieren. Das ist also eine soziale Zukunftstat, die in den


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letzten vier Jahrzehnten nicht möglich war. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Ab­ge­ordneten der ÖVP.)

Bezüglich der Debatte um die Pensionen habe ich mir das Modell der Sozialdemo­krati­schen Partei und das Modell des Österreichischen Gewerkschaftsbundes genau ange­sehen. Wenn ich die Eckdaten des Pensionsmodells der Bundesregierung damit ver­gleiche, so glaube ich, dass wir von Seiten der Bundesregierung mit 40 Jahren gegen­über 45 Jahren Durchrechnung beim Modell des Österreichischen Gewerkschafts­bun­des, mit 1,78 Prozent Steigerungsbetrag, mit 80 Prozent Leistungen ab dem 65. Le­bensjahr und mit dem Wunsch, einen Pensionskorridor gemeinsam mit dem leistungs- und beitragsorientierten Konto zu schaffen, deutliche Vordenker sind. Die anderen sind uns dann gefolgt.

Manches, was vor Monaten noch an unseren Vorschlägen kritisiert worden ist, liegt heute in Form von Modellen auf dem Tisch, die schlechter und für die Menschen be­deutend einschränkender wären als das, was die Bundesregierung verabschiedet hat. Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren, wir sind durch Ihre Modelle spät, aber immerhin, auch von unseren Kritikern in der österreichischen innenpolitischen Land­schaft in der Umsetzung unseres Modells im Parlament bestätigt worden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister! Die 10 Minuten Redezeit sind zu Ende. Sie können aber weitersprechen, Sie haben das Recht dazu.

 


Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: (fortsetzend): Ich möchte einen Schlusssatz sagen: Die öster­reichische Bundesregierung, das österreichische Parlament und die österreichische Öf­fentlichkeit erwarten sich, dass die Familie als Grundsäule dieses Staates auch in Zu­kunft für alle Generationen die grundsätzlichen Überlegungen des österreichischen Par­laments trägt. Wir von Seiten der Bundesregierung sind bereit, diese Überlegungen umzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Redner 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Scheucher-Pichler zu Wort. – Bitte.

 


9.30

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Vertreter der Regierung! Meine Damen und Herren! Einen schönen guten Mor­gen! Es ist oberstes Ziel dieser Regierung, vor allem auch der ÖVP-Fraktion, im Inter­esse der jungen Menschen, im Interesse der älteren Menschen, im Interesse der Familien – der Herr Sozialminister hat es bereits ausgeführt – gerade durch familien­freundliche Maßnahmen den Generationenvertrag in Österreich zu sichern, ja in ge­wisser Weise auch neu zu schreiben. Auf das Kippen der Bevölkerungspyramide nicht rechtzeitig reagiert zu haben ist und bleibt das größte Versäumnis der Sozial­demokratie. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Heinisch-Hosek: Wer hat die Kindergartenmilliarde abgeschafft? – Nicht die Sozialdemokraten, Sie waren das!)

Über Jahrzehnte wurde übersehen, dass die Geburtenzahl ständig gesunken ist, dass die Menschen immer kürzer im Erwerbsleben stehen und auf Grund des frühen Pen­sionsantrittes und dank besserer medizinischer Versorgung – Gott sei Dank! – auch länger den Ruhestand genießen können, Frau Kollegin. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie zerstören die Pyramide!) Da braucht man gar kein Sozialexperte zu sein, um zu sehen,


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dass hier Handlungsbedarf besteht. Das versteht heute jeder, nur die Sozialdemokratie versteht es leider noch immer nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte Ihnen die Zahlen noch einmal in Erinnerung rufen: 1970 erfolgte der durch­schnittliche Eintritt in das Erwerbsleben mit 18,5 Jahren, 2001 erfolgte der Berufseintritt mit 21 Jahren. 1970 dauerte die durchschnittliche Berufstätigkeit 42,7 Jahre, 2001 sank die Aktivzeit auf 37 Jahre. 1970 folgte eine 8,8 Jahre dauernde Pension, 2001 stieg die Pensionszeit auf mehr als 20 Jahre. Von 8,8 Jahren auf mehr als 20 Jahre! Meine Damen und Herren, das sind Tatsachen, auf die es zu reagieren gilt – und diese Re­gierung hat das zeitgerecht getan.

Es ist uns gelungen, in wirtschaftlich sehr schwierigen Zeiten die Versäumnisse der Ver­gangenheit aufzuholen. Unsere Senioren können sich heute über sichere Pen­sionen freuen. Die Menschen, die im Erwerbsleben stehen, können auf ein stabiles Pen­sionssystem zurückgreifen und sich darauf verlassen.

Wie groß der Erfolg ist, lässt sich auch leicht durch einen Blick über die Grenzen feststellen. In Deutschland haben die Versäumnisse in der Budgetkonsolidierung dazu geführt, dass auch die Pensionisten eine echte Rentenkürzung zu befürchten haben. Das ist die Wahrheit. Schauen Sie nach Deutschland, meine Damen und Herren! (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nach einer aktuellen Umfrage befürchten 90 Prozent der Deutschen, dass ihre Alters­versorgung nicht mehr sicher ist. In Österreich haben wir es besser gemacht, wie auch Pensionsexperte Universitätsprofessor Tomandl kürzlich festgestellt hat. Er meinte unter anderem: Man sieht überhaupt, dass wir es in Österreich besser gemacht haben. In Deutschland ist man Zickzack gefahren, in Österreich gibt es mittlerweile eine Reform, die tatsächlich in die Zukunft reicht. – Und darauf kommt es an, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dieser österreichische Weg macht es auch möglich, dass wir mit der ersten Etappe der Steuerreform Entlastungen zu Gunsten der Menschen schaffen. Der Sozialminister ist schon darauf eingegangen. Ich freue mich über diese Steuerbefreiung für ein Jah­reseinkommen bis 14 500 €, vor allem auch als Kärntner Abgeordnete, weil es in Kärn­ten ein niedriges Durchschnittseinkommen und einen hohen Anteil an Frauen gibt, die beispielsweise als ungelernte Arbeitskräfte in der Zulieferindustrie beschäftigt sind. Diese werden damit letztlich auch entlastet. Und das ist mir wichtig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Posch: Zehn Jahre Ambrozy ...!)

Die Steuerentlastung der nicht entnommenen Gewinne wird genauso gut sein, gerade für den klein- und mittelständischen Bereich in Kärnten. Da sind sehr, sehr viele Frauen unternehmerisch tätig, und auch der Tourismus wird davon sehr stark profi­tieren.

Das sind ganz wichtige Maßnahmen, Herr Kollege Posch. Auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, das sind ganz wichtige Maßnahmen für die Kärntnerinnen und Kärntner! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Zum Abschluss noch Folgendes: Es ist mir ein großes Anliegen, Kärnten aus der wirtschaftlichen Isolation zu führen. Ich sage Ihnen auch, warum: vor allem deswegen, weil wir die Chancen durch die neue Situation, durch die Öffnung nach Slowenien wirtschaftlich nutzen müssen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.) Das ist vor allem im Interesse der Jugend, für die wir in Kärnten Zukunftsperspektiven schaffen müssen, wofür wir zusätzliche sichere qualifizierte Ar­beitsplätze brauchen. Kärnten wird prozentuell am stärksten an Bevölkerung abneh­men. Wir brauchen also die jungen Menschen in Kärnten und müssen alles tun, damit


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sie in Kärnten bleiben und dort Zukunftsperspektiven haben. Sie müssen spüren, dass sie in Kärnten auch etwas erreichen können.

Meine Damen und Herren! Die ÖVP steht für eine umsichtige, die ÖVP steht für eine Generationen verbindende und die ÖVP steht auch für eine zukunftsfähige Politik, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht. Das ist für uns das Wichtigste. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.35

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister Haupt, wenn man Sie heute die großartigen Erfolge der Freiheitlichen Partei in der Regierung darstellen hört, so fühlt man sich unweigerlich an den kleinen Buben erinnert, der vor Angst laut pfeifend durch den Wald geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Das ist auch nicht wirklich verwunderlich, wenn man sich die Wahlergebnisse Ihrer Partei in den letzten Monaten, in den letzten Wochen ansieht und die diversen Regierungskrisen – so wie die aktuelle. Dann versucht man natürlich das darzustellen, was zu präsentieren ist. Ich denke aber, dass jeder, der Ihnen zuge­hört hat, erkannt hat, dass herzlich wenig zu präsentieren ist. Und auf das wenige möchte ich eingehen. Wenn man Ihnen so zuhört, wenn Sie über die eigene Politik sprechen, hat man das Gefühl, dass Sie wirklich den Boden unter den Füßen verlieren.

Sie reden vom „Familienmusterland Österreich“. – Ja „wunderbar“: Wir sind bei den absoluten Schlusslichtern, was zum Beispiel die Kinderbetreuungseinrichtungen be­trifft! (Widerspruch bei der ÖVP.) Und da nützt das Jammern nichts mehr, wenn Sie fragen: Warum bekommen die jungen Menschen keine Kinder? – Sie müssen etwas an den Rahmenbedingungen ändern, dann wird sich auch etwas ändern! Das Jammern im Parlament nützt überhaupt nichts. (Beifall bei der SPÖ.)

In der vergangenen Nationalratssitzung haben wir über die Mikrozensus-Untersuchung diskutiert, die Frau Staatssekretärin Haubner vorgelegt hat. 90 000 Kinderbetreuungs­plätze fehlen in Österreich! (Abg. Mag. Molterer: Ich sage nur Wien, Arbeitslosigkeit in Wien!) Ich habe damals gesagt, es sei gut, dass immerhin Konsens über diesen Mangel besteht.

Dann veranstalten Sie einen Kinderbetreuungsgipfel, und auf einmal werden aus den 90 000 Plätzen, die die Frau Staatssekretärin selbst festgestellt hat, nur noch 50 000. Also nicht einmal darüber besteht noch Konsens. Und es gibt nicht die geringste Spur irgendeiner Maßnahme, dass sich das ändern würde. Nichts, nur ein Riesentheater­donner, keine Maßnahmen! Es ist schade um die Zeit, vor allem schade um die Zeit, die wieder vergeht, in der nichts passiert, in der Kinderbetreuungsplätze und somit bes­sere Rahmenbedingungen geschaffen werden könnten. Das wäre sinnvoller als zu jammern. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mandak.)

Der nächste riesengroße Theaterdonner war das Recht auf Teilzeitarbeit. – Wunder­bar, davon reden wir seit langem. Das wäre eine ganz wichtige Maßnahme. (Zwi­schenruf der Abg. Rossmann.) Zwei Tage später stellt sich heraus: ein reiner Bluff, eine Maßnahme, die nur ein Viertel derer, die sie bräuchten, in Anspruch nehmen kann. Das ist reine Pflanzerei, was Sie hier machen! (Abg. Großruck: Reden Sie über Lainz!)

Sie wollen darstellen, dass Sie etwas tun, die Leute kommen aber drauf, wenn sie das in Anspruch nehmen wollen, dass es ihnen überhaupt nichts nützt. Es kommt keine


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Hilfestellung von Ihnen, nichts, nur Bluff und Täuscherei! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Beim Kindergeld gäbe es so viel zu tun! Das Modell des Kindergeldes könnte man wunderbar verbessern, ohne dass es viel kosten würde, wenn sich die Leute maß­geschneiderte Modelle machen könnten. (Abg. Ellmauer: Ein Sinneswandel!) Sie wollen aber nicht. Warum nicht? – Das würde Sie nichts kosten, das wäre eine sinn­volle Maßnahme und würde helfen! (Abg. Mag. Molterer: Sie haben es aber abge­lehnt! Sie haben nein gesagt!)

Nächster Punkt. Warum gibt es keine Mehrkinderfamilien mehr? – Dazu möchte ich Ihnen etwas sehr Interessantes sagen (Zwischenruf des Abg. Murauer): Ich habe eine Studie gelesen, in der Frauen gefragt werden, warum sie kein zweites Kind bekom­men. Einer der ganz wesentlichen Punkte dabei ist das Verhalten des Vaters, nachdem das erste Kind da ist.

Eine Aufforderung an Sie, eine Aufforderung an uns ist: Wir sollten uns in diesem Zusammenhang mehr mit der Rolle der Väter auseinander setzen (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen), denn in den letzten Jahrzehnten haben sich die Frauenleben ganz massiv verändert, die Männerleben jedoch fast überhaupt nicht. Die meisten Männer leben heutzutage noch genau so wie ihre Großväter.

Wir sollten uns überlegen, wie wir jene Männer unterstützen können, die anders leben wollen, die ihre Frauen unterstützen wollen, und wie wir die entsprechenden Maß­nahmen setzen können.

Kommen wir zu den alten Menschen in unserer Gesellschaft! Das ist ein sehr wichtiges Thema. Dazu haben wir eine sehr oberflächliche Beschreibung der demographischen Entwicklung der Kollegin Rosenkranz gehört, da gäbe es noch sehr viele wichtige Dinge zu sagen. (Abg. Großruck: Reden Sie über Lainz! Die SPÖ zeigt in Lainz, wie es geht!)

Wenn Sie die Pensionsreform als Erfolg darstellen, dann finde ich das höchst über­raschend, weil Sie da wirklich eingegriffen und kleinste Pensionen gekürzt haben. (Abg. Scheibner: Das zeigt sich bei Lainz!)

Wenn ich mir vor Augen halte, dass die Hälfte der weiblichen Pensionistinnen in Öster­reich um 50 € – 50 €! – über der Armutsgrenze lebt, dann muss ich sagen, dass das eine Maßnahme ist, die ich nicht als Erfolg darstellen würde. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Haupt.) Aber Sie haben Recht, wir sollten nicht nur darüber reden, wovon wir im Alter leben werden, sondern auch darüber, wie, und dazu gäbe es sehr viel zu sagen. Da wären sehr viele Reformen notwendig, und in Wien gibt es diesbezüglich auch schon hervorragende Modellprojekte. (Beifall bei der SPÖ.)

9.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


9.41

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Vizekanzler! Herr Sozialminister! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Kuntzl! Sie können hier nicht so tun, als ob Sie nicht wüss­ten, wer für die Kinderbetreuung in den Ländern zuständig ist. Das ist Ihr sozialde­mo­kratischer Bürgermeister Häupl als Landeshauptmann der Stadt Wien! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie können hier auch nicht das – ich weiß schon: von Ihnen ungewollte – Kindergeld noch einmal schlecht machen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Mir leuchtet das insofern


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ein, als Sie selbstverständlich von Lainz ablenken wollen. Sie wollen von Lainz ablen­ken, von dem Pflegeskandal sozialdemokratischer Politiker über viele Jahre hinweg. Für mich ist das wirklich ein Beispiel des Versagens sozialistischer Pflegepolitik, sozialistischer Sozialpolitik und ein exemplarisches Beispiel für Vertuschung und Freunderl-Wirtschaft. Das sei Ihnen hier gesagt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber nun zu dem von uns gewählten Thema „generationenreiches Österreich“. (Abg. Mag. Mainoni: Pittermann müsste schon längst gehen!) Das Thema der Aktuellen Stunde wurde von uns gewählt, um einerseits das Miteinander der Generationen in Österreich zu dokumentieren und um andererseits unsere gezielte Politik, die damit verbunden ist, darzustellen. Herr Sozialminister Herbert Haupt hat schon einiges dar­gelegt. Das Miteinander der Generationen, Kinder, Jugend, Eltern und Großeltern, heißt für uns Freiheitliche, die Familie als das höchste Gut, als schützenswerten Wert ständig zu pflegen, und heißt für uns, Kindergeborgenheit, Nestwärme zu geben. Es heißt für uns aber auch, Jugendlichen Rückhalt zu geben und Zeit und Konflikt­lösungen zu ermöglichen. Und es heißt für uns Freiheitliche auch, der älteren Gene­ration Respekt und Dank zu zollen, nämlich Dank für den Wiederaufbau.

Ich komme aus einer Generation, deren Großeltern und Eltern noch am Wiederaufbau beteiligt waren, und ich habe oft die Bemerkung gehört: Unsere Kinder sollen es einmal besser haben! Hinter dieser Aussage ist Verzicht gestanden, Verzicht der älteren Generation. Und es ist jetzt an der Zeit, dass die jetzt am Ruder befindliche Generation dieser älteren Generation Würde zollt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Deshalb ist das tiefste freiheitliche Denken und Handeln all unserer Sozialpolitiker und Familienpolitiker – das reicht, wie wir gehört haben, auch in den Justizbereich bis hin zum Wirtschaftsbereich – darauf ausgerichtet, das Miteinander der Familien, der Gene­rationen zu fördern und die Familien zu schützen. Das beginnt bei Fördermaßnahmen im Wirtschaftsbereich für Familienbetriebe, für Kleinbetriebe und geht über das Recht auf Teilzeit, das wir demnächst beschließen werden, über die Schüler- und Lehrlings­freifahrt, die unter Herbert Haupt österreichweit eingeführt wurde, bis hin zur Erhöhung der Ausgleichszulage und zur Steuerbefreiung aller Einkommen bis 14 500 € im Jahr ab 1. Jänner. Und das trifft auch die ältere Generation, denn über 730 000 Pen­sionisten und 350 000 Alleinerziehende sind davon betroffen. Das ist auch ein Quan­tensprung in der Steuerpolitik. Es ist dies der erste Schritt zur Entlastung der unteren Einkommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Daher wundert es mich schon, dass die sozialdemokratische Fraktion bei diesem Be­schluss dagegen gestimmt hat, aber wir werden das noch veröffentlichen. Sie hat auch gegen die Abschaffung der Ambulanzgebühren gestimmt, das sei hier ebenfalls ge­sagt. (Abg. Dr. Jarolim: So ein Schwachsinn!)

Ein Meilenstein der Familienpolitik – ich werde es noch einmal erwähnen – ist und bleibt aber das Kindergeld. Ich erinnere daran: Das Kindergeld hat seinen Ausgang in Kärnten genommen. Ich erinnere mich, dass, als der Kärntner Landeshauptmann das Kindergeld vorgestellt hat, unisono, fast reflexartig zu hören war: schlecht finanzierbar, Frauen zurück an den Herd, Wahlkampfgag von Jörg Haider. Sie kennen den Weg des Kindergeldes: Es begann in Kärnten als Pilotprojekt und wurde dann flächendeckend in Kärnten und schließlich – auf Grund der Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen, die die Einführung des Kindergeldes zur Bedingung für die Regierungsbeteiligung gemacht haben – in ganz Österreich eingeführt.

Jetzt gibt es bereits Parallelen, nämlich was den Pflegescheck betrifft. Ich muss schmunzeln: Der Kärntner Landeshauptmann präsentiert mit unserer Staatssekretärin


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Ursula Haubner den neuen Pflegescheck, um endlich auch den pflegenden An­gehörigen eine Leistung zukommen zu lassen, um Älterwerden zu Hause leichter zu ermöglichen, damit Lainz nie passiert. Wäre Jörg Haider Landeshauptmann in Wien, wäre der Pflegescheck eingeführt und die Pflegepolitik in Wien anders als unter Häupl, das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Gaál: Wo leben Sie eigentlich?)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das war Ihr Schlusssatz, Frau Abgeordnete!

 


Abgeordnete Mares Rossmann (fortsetzend): Ich komme zu meinem Schlusssatz: Sie werden sich wundern, der Pflegescheck wird auch von Kärnten aus seinen Weg über ganz Österreich nehmen, und er wird nicht zu verhindern sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


9.46

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Politikinteressierte! „Generationenreiches Österreich“ – ich weiß nicht, wie es Ihnen mit diesem Begriff gegangen ist. Das Erste, das mir dazu eingefallen ist, war die Bundeshymne. Diese bin ich dann im Geiste durchgegangen: Es ist zwar das „viel geliebte Österreich“, das „viel geprüfte Österreich“ und das „viel gerühmte Österreich“ enthalten, aber nicht das generationenreiche Österreich. (Abg. Scheibner: Jetzt haben Sie es wenigstens verstanden, diesen Vergleich!)

Die zweite Idee, die mir dazu gekommen ist, war, ob die FPÖ damit das Thema behandeln will, wie viele Generationen von Ministern und Ministerinnen, wie viele Generationen von Parteivorsitzenden (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ) und Vizekanzlern sie mittlerweile in knapp vier Jahren Regierungstätigkeit schon verbraucht hat. (Abg. Scheibner: Das ist nicht Ihr Problem!) Es war mir aber dann klar, Herr Kollege Scheibner, dass es bei Gott wichtigere Dinge in Österreich gibt, als sich immer mit Ihrer zerbröselnden FPÖ auseinander zu setzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Fangen Sie endlich mit dem Thema an, Sie haben nur 5 Minuten!)

Sie möchten gerne davon ablenken, das verstehe ich schon. (Abg. Scheibner: Wir würden gerne einmal hören, was Sie zu den Generationen zu sagen haben, zu der Jugend, zu den Senioren! Dazu fällt Ihnen nichts ein!) Ich meine, es bleibt trotzdem noch genug Zeit, und wenn Sie zuhören, dann hören Sie auch, worum es sonst im Bereich Generationen geht.

Was tut die Regierung für die Generationen? – Herr Sozialminister Haupt hat vorher bekundet, wie wichtig der Regierung zum Beispiel die Menschen mit Behinderung seien, und hat sehr salbungsvoll erklärt, wie er sich für sie einsetzt. Die Realität ist: Sie haben in den letzten sieben Jahren das Pflegegeld für genau diese Menschen mit Be­hinderung um keinen Cent erhöht! Das heißt, die Menschen müssen mit immer we­niger Geld auskommen. – Das ist Ihre Politik für Menschen mit Behinderung! Das ist der Unterschied zwischen dem, was Sie sagen, und dem, was Sie tatsächlich tun. (Beifall bei den Grünen.)

Was tut die Regierung sonst für die Generationen? – Sie beklagt hauptsächlich, dass es zu wenige Kinder gibt; das haben wir auch heute wieder gehört. Frau Ministerin Gehrer macht es sich am einfachsten, sie hängt nämlich die Verantwortung den jungen Erwachsenen um und sagt: Seid nicht so partysüchtig, sondern bekommt Kinder!, statt


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zu fragen: Warum gibt es denn weniger Kinder in Österreich, und warum gibt es immer weniger Paare, die sagen: Ja, wir wollen Kinder haben!?

Kollegin Kuntzl hat es vorher schon angesprochen: Es gibt 48 000 Kinder in Österreich, die einen Betreuungsplatz brauchen, deren Eltern dringend darauf warten, dass es eine Möglichkeit gibt, ihr Kind in eine Kindergruppe, in einen Kindergarten, in eine SchülerInnenbetreuung zu geben. (Beifall bei den Grünen.)

Dazu gibt es noch einmal 42 000, die ein Mehr an Betreuung brauchen würden. Es ist lächerlich, gerade Wien den Vorwurf zu machen, hier geschehe nichts, denn da ist die Situation im Verhältnis noch gut. Schauen Sie sich die anderen Bundesländer an, dort ist sie katastrophal! – Und dann wird ein Gipfel einberufen, und man kommt zu keinem anderen Ergebnis, als dass man wieder eine Untersuchung machen muss.

Untersuchen Sie, erheben Sie – das ist in Ordnung –, aber schaffen Sie sofort Kin­derbetreuungsplätze in Österreich! 48 000 Kinder brauchen dringend einen solchen, und das werden für Sie wohl genug sein, um Sofortmaßnahmen zu ergreifen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wie schaut es für die junge Generation mit der Ausbildung in Österreich aus? – In den Bildungsbereich investieren Sie derzeit weniger, als das zuvor der Fall war, als es die Regierungen zuvor getan haben. Sie behaupten immer wieder: Wir investieren ohne­dies mehr. – Die Grünen, insbesondere Alexander Van der Bellen hat dem Finanz­minister vorgerechnet, dass es weniger ist, und es war so, dass sich der Finanz­minis­ter wieder einmal verrechnet hatte.

De facto investieren Sie weniger in Bildung als zuvor! – So schaut es aus mit Ihrer großen Ankündigungspolitik, mit der Sie mehr Bildung für die Jugend versprechen.

Ich sage Ihnen eines: Ich bin jedes Mal zornig, wenn ich am Semesterbeginn die Stu­diengebühr für meine Töchter zahlen muss. Ich bin privilegiert, ich kann es mir mit mei­nem Gehalt leisten. Aber trotzdem: 1 450 € im Jahr zahlen zu müssen dafür, dass sie nicht einmal in den Hörsaal hineinkommen, dafür, dass sie Arbeitsgruppen mit 120 Stu­dierenden haben, ist eine Sauerei, wirklich wahr! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Kollegin! Das Wort „Sauerei“ verwenden wir an diesem Rednerpult eigentlich nicht!

 


Abgeordnete Sabine Mandak (fortsetzend): Das nehme ich zurück. Ich denke es mir nur immer, ich habe also meine Gedanken zitiert, weil ich nicht anders kann. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Gedanken sind frei. (Abg. Eder: Danke, Herr Präsi­dent!)

 


Abgeordnete Sabine Mandak (fortsetzend): Danke. – Ihr letzter Streich: die Pensions­reform. Auf der einen Seite sprechen Sie immer über die Familie, aber mit Ihrer Pen­sionsreform strafen Sie all diejenigen, die sich für die Familie engagieren, die für die Familie arbeiten, und das sind die Frauen. Sie haben eindeutig Schritte dahin gehend gesetzt, dass Frauen noch mehr durch die Finger schauen und noch weniger Pension haben können. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Es klingelt. – Herr Kollege Scheibner, Sie sehen, 5 Minuten sind trotz schneller Sprech­geschwindigkeit zu knapp, um Ihnen all das an den Kopf zu werfen, was Sie falsch machen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.52

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist der jüngste Vater dieses Hohen Hauses, Herr Abgeordneter Amon. (Beifall bei der ÖVP.) 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.52

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Das größte Problem, das wir im Zusammenhang mit der Debatte um die Generationen haben – die Ausführungen von Kollegin Mandak haben das gezeigt, aber in noch viel beeindruckenderer Art und Weise jene von Frau Kollegin Kuntzl –, ist die Realitäts­verweigerung bei Rot und Grün. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Fakten sind ziemlich eindeutig, meine Damen und Herren: Die durchschnittliche Lebenserwartung ist in den letzten 30 Jahren um mehr als acht Jahre gestiegen. Die Geburten in Österreich sind im längeren Zeitverlauf stark zurückgegangen. Während es im Jahr 1971 noch 1,2 Millionen Kinder unter zehn Jahren gab, wird die Anzahl der Kinder unter zehn Jahren im Jahr 2041 um fast die Hälfte geringer sein. Gleichzeitig steigt aber auch die Anzahl der älteren Menschen in unserer Bevölkerung. Während es im Jahr 2001 noch 1,7 Millionen Menschen gab, die über 60 Jahre alt waren, werden im Jahr 2041 2,8 Millionen Menschen – 2,8 Millionen Menschen! – über 60 Jahre alt sein, und das bedeutet einen Anstieg der älteren Bevölkerung um über 70 Prozent.

Wer angesichts dessen noch immer die Meinung vertritt, dass keine Maßnahmen notwendig seien, die das soziale Gleichgewicht auch zwischen den Generationen sicherstellen, der betreibt eine verantwortungslose Realitätsverweigerung, meine Da­men und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Kuntzl! Sie kritisieren die Bundesregierung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Es wäre besser – auch für Sie, Kollege Jarolim –, sich die Zahlen in Wien einmal genau anzusehen. Sie bekritteln das Problem der Jugendarbeitslosigkeit. Ich sage Ihnen eines: Jeder zweite Lehrstellensuchende in diesem Land ist in Wien (Ruf bei der SPÖ: Weil jeder vierte Arbeitende ...!), weil Ihre Politik in Wien mit einer absoluten SPÖ-Mehrheit schlichtweg falsch ist (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Während in Wien die Arbeitslosenrate um 8 Prozent gestiegen ist, meine Damen und Herren, ist sie in Oberösterreich um 8 Prozent gesunken. (Beifall bei der ÖVP.) Nehmen Sie das zur Kenntnis! Sie können doch diese Zahlen, die dokumentiert sind und beweisen, dass Ihre Politik falsch ist, nicht negieren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Situation betreffend den Generationenausgleich hat nachhaltige Auswirkungen nicht nur auf das Pensionssystem, sondern selbstver­ständ­lich auch auf andere Bereiche, die von dieser Situation beeinflusst sind, nämlich auf das Gesundheitssystem, auf die Wirtschafts- und Arbeitswelt, auf den Pflegebereich und natürlich auch auf die Bildungspolitik.

Sie können unsere Maßnahmen kritisieren, aber haben Sie bessere, haben Sie andere Maßnahmen? – Sie kritisieren etwa, dass die Bundesregierung beschlossen hat, ein Recht auf Teilzeit für Eltern einzuführen. Sie kritisieren, dass es nicht ausreichend wäre, dass wir dieses Recht auf Teilzeit für Eltern, die in Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern arbeiten, einführen.

Meine Damen und Herren! Natürlich ist das ein wichtiger erster Schritt, aber es ist eine Antwort auf die Probleme der Zeit – eine Antwort, die Sie nicht geben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Sie kritisieren Maßnahmen in der Pensionsreform und haben selbst in diesem Zu­sammenhang nichts anzubieten. Ein kurzer Blick über die Grenze zeigt, was eine so­zialdemokratisch geführte Bundesregierung im Zusammenhang mit der Pensions­re­form anzubieten hat. Erstens: Die Renten werden für das Jahr 2004 nicht erhöht. Zwei­tens: Alle Rentner müssen volle Beiträge zur Pflegeversicherung zahlen. Drittens: 2 Milliarden € Kürzung des Bundeszuschusses bei der Rentenversicherung. Viertens: höhere Zuzahlungen der versicherten Patienten in der Krankenversicherung. Fünftens: Der Auszahlungstermin für die Renten wird vom Monatsanfang an das Monatsende verlegt. Und sechstens kommt eine 50-prozentige Verringerung des Weihnachtsgeldes bei den Renten. – So schauen sozialdemokratische Antworten auf die Situation der Generationen und im Bereich der Pensionen aus!

Meine Damen und Herren! Da sind die Antworten dieser Bundesregierung deutlich die besseren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.57

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


9.58

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Kollege Amon, auf diese Antworten kann ich als sozialdemokratische Kinder- und Jugendsprecherin verzichten, denn das sind keine Antworten, sondern das, was du jetzt dargelegt hast, ist realitätsfern! (Abg. Dr. Stummvoll: Sie wollen die Wahrheit nicht hören!) Wenn ich bedenke, dass jeder vierte Arbeitsplatz in Wien angesiedelt ist, dann muss ich sagen, dass das, was du soeben geliefert hast, mehr als unseriös ist. – Das sei nur zur Einleitung gesagt. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Allgemeinen, meine Damen und Herren, möchte ich nur auf die Aussage von Herrn Bundesminister Haupt bezüglich Generationen eingehen, denn alle anderen Aussagen waren unseriös und nicht diskutabel. Der Herr Bundesminister hat gesagt: Der Zustand der Generationen ist wichtig für eine Gesellschaft. Jetzt frage ich mich: Wie schauen Sie auf diese Generationen? Wie viel sind Ihnen diese Generationen wert? Was ma­chen Sie denn, Herr Kollege Scheibner, für die Generationen, die in Österreich leben? (Abg. Scheibner: Mehr als in Wien!) Wissen Sie, was Sie sich leisten, Herr Kollege Scheibner? – Sie leisten sich 240 000 Arbeitslose in Österreich. Das ist Ihnen das wert, 240 000 Arbeitslose? – Uns nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Schauen Sie sich das einmal an! Was haben Sie gemacht für die Familien, was haben Sie gemacht für die älteren Menschen? – Nichts haben Sie gemacht!)

Der Herr Bundeskanzler hat gestern in der „ZiB 2“ angekündigt, dass es Mitte No­vember das nächste Konjunkturpaket geben werde. Wenn das so greift wie das letzte Konjunkturpaket, dann sage ich: Gute Nacht, Österreich! – Es hat keinen einzigen Lehr­platz mehr gebracht, und von Monat zu Monat steigt die Zahl der Lehr­stellen­suchenden, anstatt dass sie sinkt. Herr Kollege Scheibner! Erklären Sie mir, was das Konjunkturbelebungspaket gebracht hat! (Abg. Scheibner: Das Wirtschaftswachs­tum ... gerettet, das Konjunkturpaket!) Na, ich bin schon neugierig, wenn Sie sich zu Wort melden.

Außerdem bezeichnen Sie Arbeitslosigkeit, Frau Kollegin Bleckmann, als Schönheits­fehler. Wir tun das nicht. Das ist aber typisch für Ihre neoliberale Politik. Wissen Sie, was neoliberale Politik ist? (Abg. Scheibner: Das werde ich Ihnen erklären!) – Den Menschen und seine Schicksale auszuklammern. Das ist Ihre Politik, die Sie seit dem Jahr 2000 betreiben! (Beifall bei der SPÖ.)


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Die Jungen werden sehr stark ausgeklammert. Ich erinnere beispielsweise nur an die Nicht-Einladung der Jugend zum Österreich-Konvent. Ein eigener Jugend-Konvent hat stattgefunden – mit sehr reifen, sehr tollen Entscheidungen. Ich möchte der österreichi­schen Bundesjugendvertretung von dieser Stelle aus herzlich gratulieren dazu. Viel­leicht nehmen Sie die Ideen ernst. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie klammern auch die Generation der österreichischen Lehrlinge aus, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren. Herr Bundesminister Haupt hat die 1 000 € Lehrlingsprämie erwähnt. Aber es kann nicht sein, dass diese gegriffen hat, wenn insgesamt 15 000 junge Leute eine Lehrstelle suchen und wenn es jeden Monat mehr werden.

Sie klammern auch die Generation der jungen Mütter aus, sehr dezidiert klammern Sie diese aus; ich werde Ihnen auch beweisen, warum.

Man kann nicht nur von Vereinbarkeit von Beruf und Familie sprechen, sondern man muss auch Maßnahmen setzen, die diese Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermög­lichen. (Abg. Scheibner: Wieso waren Sie dann gegen das Kinderbetreuungsgeld? Wieso waren Sie dagegen? Sie waren dagegen!) Das Kindergeld allein ermöglicht das nicht. Kollege Amon, du bist Vater geworden, ich weiß nicht, ob nicht auch für dich das Kind karrierehemmend ist wie für so viele Väter – weil immer noch unter 2 Prozent Männer in Väterkarenz gehen. (Abg. Neugebauer: Er tut etwas für den Generationen­vertrag!) Vielleicht gehst du in Karenz, das wäre sicher nicht schlecht. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die österreichische Bundesregierung, meine Damen und Herren, möchte den Gene­rationenvertrag nicht unterstützen. Die Botschaft heißt: In Ländern, in denen genug Kinderbetreuungseinrichtungen geschaffen wurden, wird der Generationenvertrag insofern erfüllt, als wieder mehr Kinder zur Welt kommen; in Frankreich, Schweden, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Sie hätten sich den Kinderbetreuungsgipfel sparen können, wenn das Ergebnis nur lautet: Ich als Bund fühle mich nicht verantwortlich, Länder und Gemeinden, wenn ihr wollt, dann zahlt euch die Kinderbetreuungseinrichtungen, aber ich nehme diese Ver­antwortung nicht wahr! – Das ist nicht mein Verständnis von Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Generation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land wird von Ihnen von der Bundesregierung auch sträflich vernachlässigt. Es ist egal, ob man Single ist, ob man Familie hat, es ist Tatsache, dass die arbeitenden Menschen in Österreich durch die Abgaben und Steuern, die durch Sie das höchste Niveau seit vielen Jahren erreicht haben, eigentlich nichts herausbekommen. (Bundesminister Mag. Haupt: Wir sind dort, wo wir 1998 bei Ihnen waren!) Wo sind die Reformen, die genau diesen Bevölkerungsgruppen zugute kommen? Leistungen des Staates wurden zurückgeschraubt und nicht erhöht – und trotzdem macht Herr Grasser immer mehr Schulden. (Abg. Scheibner: Beim Schuldenmachen dürfen Sie nicht sehr laut reden!) Wir müssen uns daher schön langsam fragen, wohin das Geld gekommen ist. Vielleicht können Sie es mir sagen, Herr Klubobmann Molterer.

Natürlich geht es auch um die Aufbaugeneration, um die älteren Österreicher, um die Pensionistinnen und Pensionisten. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Wenn Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, hinsichtlich der Wert­schätzung und Unterstützung aller Generationen so weitertun, kann ich Ihre Politik nur als arm bezeichnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.03

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. Auch er spricht 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Scheibner: Endlich einmal ein gescheiter Jugendsprecher!)

 


10.03

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Vertreter der Re­gierung! Hohes Haus! Liebe Zuschauer zu Hause! Wir können sehr wohl auf unsere Fahnen heften, dass wir Politik für die Jugend und somit auch Politik für die Zukunft machen. Wir haben uns dafür eingesetzt, das Wahlalter zu senken – das wurde im vergangenen Monat auch umgesetzt, das Wahlalter wurde gesenkt. Das bedeutet mehr Mitsprache für die Jugend.

Es ist das Stichwort „Jugendarbeitslosigkeit“ gefallen. Wir in Kärnten konnten einen Beschäftigungsboom erreichen. (Abg. Dr. Glawischnig: Aber das ist das größte Märchen überhaupt!) Wir haben 6 500 Ausbildungsplätze. (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Abg. Scheibner: Bravo!) Frau Kollegin, wenn Sie einmal nach Kärnten kom­men – nach Spittal, wo man Sie nicht so gerne hat; Sie bleiben besser in Wien –, werden Sie sehen, wie das in Kärnten ist.

Wir haben in Kärnten auch eine Offensive gestartet, durch die es 10 000 neue Ar­beitsplätze gibt. (Abg. Öllinger: Wo?)

Es ist auch das Stichwort „Nachmittagsbetreuung“ gefallen. Wir setzen uns für eine wahlweise Nachmittagsbetreuung ein. Das bedeutet natürlich, dass die Lehrer länger da sein müssen. Daher verlangen wir, dass das Dienstrecht geändert wird in die Richtung, dass es höhere Einstiegsgehälter gibt und die Kurve dann abflacht.

Wir setzen uns auch dafür ein, dass es in diesem Bereich keine Pragmatisierung gibt, denn wir wollen, dass unsere Jugendlichen in eine Arbeitswelt geschickt werden, in der es keine Vorteile, keine Privilegien und keine Sonderrechte gibt – alle Jugendlichen sollen in der Arbeitswelt die gleichen Rechte haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Das müssen Sie der Frau Gehrer sagen!)

Es ist auch das Thema Kinderbetreuungsplätze angesprochen worden. Es ist das Problem der Wiener, dass sie glauben, hinter dem Semmering sei es aus. Sie meinen, dass es überall so wie in Wien, wo Rot regiert, sei. Aber das Gros der Kinder­betreuungsplätze fehlt in Wien, das muss man auch einmal sagen. (Zwischenruf der Abg. Sburny.)

Ich verstehe nicht, warum Sie die Leute, speziell auch die Jugendlichen immer wieder verunsichern wollen, warum Sie für Streiks eintreten, auf die Straße gehen und unseren Jungen so zeigen wollen, dass das eine Möglichkeit ist, Demokratie zu be­treiben. – Es ist vielleicht eine Möglichkeit, aber meiner Meinung nach eine schlechte.

Wir haben die Pensionen gesichert, und meine Generation kann uns dankbar dafür sein, denn sie möchte auch eine Zukunft mit gesicherten Pensionen haben. Wir wollen, dass der Staat für uns nach wie vor – vielleicht etwas weniger, aber dafür noch immer – Pensionen zahlt.

Dass es schwieriger wird, wissen wir, seit wir der EU beigetreten sind. Wir Frei­heitlichen waren die Einzigen, die damals darauf hingewiesen haben, dass nicht alles nur gut und schön ist, dass man auch sehr EU-kritisch sein muss. Da brauchen Sie nicht den Kopf zu schütteln, das ist wirklich so. Wir haben zwar mehr Perspektiven für unsere Jugendlichen, aber es ist schwieriger für sie, sie müssen mehr Eigeninitiative zeigen. Und unsere Aufgabe ist es, den Jugendlichen Perspektiven zu bieten. Ich glaube, innerhalb eines guten Rahmens funktioniert das auch.


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Diese neue große Welt für unsere Jugendlichen bedeutet allerdings auch, dass sie die Sache selbst in Angriff nehmen müssen und lernen müssen, dass es in unserer Ar­beitswelt schwieriger wird. Vor dem EU-Beitritt haben fast alle gesagt: Na ja, wenn die EU kommt, dann sind alle Probleme weg (Abg. Öllinger: Das sind ja Binsenweis­heiten, was Sie da verbreiten!), alles wird günstiger, alles wird zentral gesteuert, jeder hat die Möglichkeit zum Arbeiten!, wir waren die Einzigen, die auf diese Probleme hingewiesen haben. Damals haben Sie alle gesagt: Schaut, wie EU-kritisch die von der FPÖ sind, die wollen das nicht!

Unsere Jugendlichen sind – ich war bei einigen Projekten in Kärnten dabei – sehr wohl daran interessiert, unsere Zukunft mitzugestalten. Wir hatten in Kärnten ein Schü­lerprojekt, bei dem es darum ging, Kärntens Zukunft mitzugestalten. Es sind 200 Pro­jekte von Schulklassen eingelangt, wir haben sie dann prämiert, und da sind einige interessante Vorschläge gekommen. Wir alle können uns an der Nase nehmen, denn wir könnten den Jugendlichen noch mehr Möglichkeiten bieten, denn es sind ihrerseits sehr wohl die Bereitschaft und das Interesse vorhanden, mitzugestalten. Wir versu­chen, dem bestmöglich zu entsprechen.

Ich glaube nicht, dass es eine verantwortungsvolle Politik ist – bei aller Freundschaft hier herinnen –, wenn man alles schlecht macht, wenn man auf die Straße geht und den Leuten sagt, dass alles, was gemacht wird, schlecht ist. (Abg. Dr. Glawischnig: Wer geht auf die Straße? Wer geht schon wieder auf die Straße?) Wir bemühen uns, und Sie täten gut daran, Konzepte vorzulegen und zu sagen: In dem einen Punkt haben Sie Recht, aber wir würden das gerne so machen! – Alles nur schlecht zu machen, das ist keine gute Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.08

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzte Rednerin dazu zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. 5 Minuten, Frau Kollegin. – Bitte.

 


10.09

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Mein Vorredner hat in einem Satz eloquent zusammengefasst, was diese Bundesregierung auszeichnet, nämlich alles schlecht zu machen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da hilft es auch nicht, wenn man in schönen Reden das generationenreiche Österreich beschwört. Ich darf nur als Detail am Rande festhalten: Dieser Generationenreichtum spiegelt sich zumindest in diesem Haus nicht wider. (Abg. Mag. Molterer: In der ÖVP-Fraktion schon!) Es ist schon fast merkwürdig, wenn die Erstrednerin, Abgeordnete Rosenkranz, eine Art „vorsorgenden Egoismus“ pflegt und uns auffordert, wir mögen doch hier dafür sorgen, dass das Schicksal der alten Menschen gut abgesichert wird, denn das werde uns alle ereilen. – Wenn das Ihr Zugang zur Jugend- und zur Ge­nera­tionenpolitik ist, dann danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Sie haben wieder überhaupt nichts verstanden! Wie immer!)

Es kommt mir auch merkwürdig vor, wenn zwar gefordert wird, man möge der Auf­baugeneration die ihr gebotene Ehre erweisen – anständige Pensionen, insbesondere für die Frauen der Aufbaugeneration, gibt es aber nicht. Da hätte ich lieber eine gute Pension, als Frau eine eigenständige Pension, als diesen Appell an die Ehre. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Halten Sie nichts von Ehre?) – Am Konto habe ich lieber „Euros“ als „Ehres“. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ehre ist auch etwas Wichtiges, nicht nur Euro! – Abg. Scheibner: Seit wann sind die Grünen so materialistisch?)

Man muss sich wirklich einmal anschauen, was von dem, was hier so großmundig verkündet wird, in der Realität gemacht wird, und zwar quer über alle Generationen:


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Bei der jüngsten Generation gibt es fehlende Kinderbetreuungsplätze, fehlende Nach­mittagsbetreuung, fehlende Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche unterschied­licher sozialer Gruppen und unterschiedlichen Geschlechts. Bei den ganz alten Men­schen gibt es teilweise wirklich verheerende Missstände in der Pflege, in der Existenz­versorgung. Und für alle Generationen dazwischen gibt es die Sparpakete der Re­gierung, die für jeden etwas beinhalten, nämlich an Kürzungen.

Es ist auch das beträchtlich, was der Generationenreichtum ganz konkret für Männer und Frauen unterschiedlich bietet. Wir haben eine Generation von Frauen, die in der Bildung noch halbwegs gleichgestellt ist, aber auch da wäre es mir neu, dass im Bildungswesen tatsächlich die Eigenständigkeit von Mädchen und Frauen genauso gefördert wird, dass die Lehrinhalte tatsächlich den realen Verteilungen der Ge­schlechterrollen entsprechen.

Junge Frauen zwischen 20 und 40 Jahren haben mit den allseits bekannten Problemen der fehlenden Kinderbetreuung, der fehlenden Mobilität, insbesondere auf dem Land, der fehlenden Arbeitsmarktchancen zu kämpfen. Sie verdienen weniger als gleich alte Männer, haben jedoch eine Doppel- und Dreifachbelastung zu tragen. Und was machen Sie in dieser Situation, die hinlänglich bekannt ist? – Sie appellieren, wie das zum Beispiel ein Tiroler Kollege von Ihnen einmal gemacht hat, dort an die Nach­barschaftshilfe, wo die Kinderbetreuungsplätze fehlen. Sie erklären – wie auch der Vorredner – die Wahlfreiheit zum Prinzip des Angebots, aber die Wahlfreiheit zwischen nichts und nichts ist leider keine große Hilfe! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Die 40- bis 60-jährigen Frauen – das ist ein ganz merkwürdiges Phänomen – schiebt man schon fast zum „alten Eisen“ ab. Versuchen Sie als 45-jährige Frau, einen Ar­beitsplatz zu finden und vom Arbeitsmarktservice vermittelt zu werden – schwer vermit­tel­bar! Nachdem man sozusagen zuerst reduzierte Chancen auf dem Arbeitsmarkt hatte, denn frau könnte ja Kinder bekommen, die sie dann betreuen muss, hat man später keine Chancen mehr, weil man ab 40 einfach zu alt ist. Das ist sehr prekär.

Man dient als Frau dann allerdings noch dazu, Enkelkinder und Eltern zu pflegen – das wurde ja heute auch zur großen sozialen Errungenschaft der Regierung erhoben. Man sagt den Leuten, kümmert euch selbst um eure Familienangehörigen, denn der Staat hat nicht sehr viel zu bieten, wir haben vor, die private Pflege und Versorgung zum obersten Prinzip zu erheben. – Und das heißt in Wirklichkeit, Gratisfrauenarbeit noch sehr viel mehr einzufordern von Staats wegen. – Danke, diese Generationenpolitik brauchen wir nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren der Regierungskoalition! Erzählen Sie mir bitte nicht, dass es außerhalb von Lainz das vollkommene Leben in Würde, Selbstbestimmung und Freiheit für alte Menschen in Pflegeheimen gibt. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ich komme zum Schlusssatz: Es braucht nicht nur einen Ausgleich – und zwar nicht einen rhetorischen, sondern einen realen Ausgleich – der Interessen zwischen den Generationen, sondern auch einen innerhalb der Generationen und zwischen Männern und Frauen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 859/J bis 912/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 10/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 725/AB bis 785/AB.

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates): 9/ABPR und 10/ABPR.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge (Fach­hochschul-Studiengesetz) geändert wird (217 d.B.),

Außerstreitgesetz – AußStrG (224 d.B.),

Außerstreit-Begleitgesetz – AußStr-BegleitG (225 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße-TGSt) geändert wird (233 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die allgemein beeideten und ge­richtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher (SDG) und das Bundes­gesetz über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren (Gerichtsgebührengesetz – GGG) geändert werden (234 d.B.),

Bundesgesetz über die Verlegung des Bezirksgerichts Linz-Land nach Traun und die Änderung des Jugendgerichtsgesetzes 1988 (235 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz geändert wird (236 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Zweckzuschussgesetz 2001 geändert wird (237 d.B.).

4. Gesetzesantrag des Bundesrates:

Gesetzesantrag des Bundesrates vom 9. Oktober 2003 betreffend ein Bundesver­fas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (232 d.B.).

B) Zuweisungen:

Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplan­mäßi­gen Ausgaben im 3. Quartal 2003 (Vorlage 15 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 14 betreffend „Handelsware Wasser“, überreicht von der Abgeordneten Erika Scharer.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:


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Budgetausschuss:

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2002 (III-44 d.B.);

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Namibia über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (244 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, dem Königreich Dänemark, der Bundes­republik Deutschland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Fran­zösischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, dem Großherzogtum Luxem­burg, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Vereinigten König­reich Großbritannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik über den Beitritt der Tsche­chischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union samt Schlussakte (230 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Wirtschaftsausschuss:

Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde 2002/2003, vorgelegt vom Bundes­minister für Wirtschaft und Arbeit (III-58 d.B.),

Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2002 (III-62 d.B.);

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Bericht des Akkreditierungsrates gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F., über die Tätigkeit des Akkreditierungsrates im Jahre 2002, vorgelegt von der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur (III-59 d.B.),

Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 2002, vorgelegt von der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur (III-60 d.B.),

Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993 über seine Tätigkeit in den Kalenderjahren 2002/2003, vorgelegt von der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur (III-61 d.B.).

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters gebe ich bekannt, dass der Vierte Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an alle Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

Weiters sind folgende Vorlagen eingelangt:

Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für die Nutzung von Meteorologischen Satelliten (EUMETSAT) in der Fassung der Änderung vom 26. Juni 2001 (218 der Beilagen) und


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Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirt­schaf­tung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände – Er­klärungen (223 der Beilagen).

Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz schlage ich gemäß § 28a der Geschäftsordnung vor, von der Zuweisung dieser Gegenstände an einen Ausschuss abzusehen und sie bei der Erstellung der Tagesordnungen der nächsten Sitzungen zu berücksichtigen.

Wird dagegen Widerspruch erhoben? – Das ist augenscheinlich nicht der Fall. Wir ge­hen daher so vor.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Klub der Grünen hat gemäß § 93 Abs. 2 der Ge­schäfts­ordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 913/J der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Aktien, Treuhänder und Ver­fas­sungsbruch“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 711/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Ge­schäfts­ordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwor­tung 711/AB der Anfrage 697/J der Abgeordneten Schasching, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ganztägige Schulformen in Österreich durch die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 und 2, 3 und 4, 5 und 6 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir gehen daher so vor.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen in die Tagesordnung ein.

In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer und Gestaltung der Debatten erzielt: Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, so­dass sich folgende Redezeiten für die Fraktionen ergeben: ÖVP und SPÖ je 140 Mi­nuten, Freiheitliche 96 Minuten, Grüne 104 Minuten.

Weiters wurde folgende Redezeitvereinbarung für die Debatten in der Zeit bis 14.50 Uhr, die vom ORF übertragen werden, getroffen: Erklärung des Bundeskanzlers mit 20 Minuten sowie Erklärung des Vizekanzlers mit 20 Minuten, anschließend je eine


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Wortmeldung jeder Fraktion mit je 15 Minuten, sodann eine Wortmeldung jeder Frak­tion mit je 10 Minuten, anschließend je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minu­ten, wobei der den Vorsitz führende Präsident darauf achtet, dass die letzte Runde gleichmäßig zu Wort kommt.

Ferner besteht die Absicht, die Sitzung von 13 Uhr bis 13.15 Uhr zu unterbrechen. In der Folge wird pro Fraktion eine Wortmeldung mit je 5 Minuten, dann ein Regie­rungs­mitglied mit 7 Minuten, dann pro Fraktion ein Redner mit je 5 Minuten, weiters eine Wortmeldung eines Regierungsmitgliedes mit 7 Minuten, sodann eine Wortmeldung pro Fraktion mit 4 Minuten, in weiterer Folge eine Wortmeldung eines Regierungsmit­gliedes mit 7 Minuten und schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 4 Minuten. Die vor der letzten Rednerrunde verbleibende Redezeit wird gerecht verteilt.

Weiters besteht darüber Einvernehmen, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach 14.50 Uhr, allerdings nicht länger als bis 15 Uhr, aufgerufen werden.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

1. Punkt

Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung von Bundesminister Hubert Gorbach zum Vizekanzler

2. Punkt

Erklärung des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Na­tionalrates

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ich erteile nun dem Herrn Bundeskanzler zur Abgabe der Erklärung das Wort. 20 Minu­ten. – Herr Bundeskanzler, Sie sind am Wort.

 


10.20

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf Ihnen einen Wechsel in der Bundesregierung vorschlagen (ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen): Hubert Gorbach übernimmt von Herbert Haupt die Verantwortung als Vizekanzler der Republik Österreich. Die Regierungsmannschaft und -frauschaft bleibt sonst unverändert.

Meine Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle Herbert Haupt ein Wort des Dankes sagen. Er bleibt natürlich Sozialminister. Er hat immerhin in schwierigen Zeiten die Freiheitliche Partei als Parteiobmann übernommen, und das bleibt er natürlich auch. (Neuerliche ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.) Er hat in einer sehr interessanten und spannungsreichen Zeit die gesamte Frage der Ar­beit in der Pensionssicherungsreform, in der Sozialpolitik übernommen, und er hat seit Angelobung dieser Bundesregierung das Amt des Vizekanzlers innegehabt.

Ich kann nur sagen: Ich habe mit Herbert Haupt sehr gerne zusammengearbeitet. Wir haben uns auch gut verstanden und haben, glaube ich, in den ersten sechs, sieben


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Monaten einiges weitergebracht. – Ein großes Dankeschön für seine Leistung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hubert Gorbach ist relativ neu in unserem Team, er ist allerdings ein langjähriger Re­gierungsprofi. Ich erinnere mich: Wir waren gemeinsam für Infrastrukturaufgaben ver­antwortlich – ich als Wirtschaftsminister auf Bundesebene, er im Land Vorarlberg. Seit Februar ist er nun Infrastrukturminister und damit zuständig für die wichtigsten Zu­kunftsaufgaben, nämlich für die Infrastruktur und für die Forschung in Österreich, und er hat dies mit großer Fachkenntnis, mit Zähigkeit und auch mit einem enormen euro­päischen Einsatz geschafft.

Was er einbringt – und das hier festzuhalten ist, glaube ich, auch wichtig –, sind Nüch­ternheit, alemannische Trockenheit und Umsicht, Offenheit und Gewissenhaftigkeit in seiner Arbeit, Erfahrung und Einsatzfreude. – Ich wünsche ihm alles Gute für seine Arbeit in den kommenden Jahren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Posch: Bei den Jahren wäre ich mir nicht so sicher!)

Erlauben Sie mir auch ein offenes persönliches Wort: Es ist natürlich nicht ganz so einfach, innerhalb von drei Jahren mit drei ganz verschiedenen Persönlichkeiten – zuerst Susanne Riess-Passer, dann Herbert Haupt und jetzt Hubert Gorbach – zu­sammenzuarbeiten. Aber ich habe es gestern schon gesagt: Nur wer sich ändert, bleibt sich treu! Dieses Motto muss jeder für sich selbst anwenden, und ich versuche es. Ich werde versuchen, ein möglichst guter Partner zu sein, und ich erwarte das natürlich auch von den Teammitgliedern in der österreichischen Bundesregierung.

Meine Damen und Herren! Die Freude und vor allem den Schwung, den Hubert Gorbach gestern und vorgestern bereits ausgestrahlt hat, brauchen wir alle, und er gibt uns auch die Sicherheit, nach unserem Motto „Mit ganzer Kraft für Österreich“ in den kommenden Jahren gut zusammenzuarbeiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Arbeitsumfang der ersten sieben Monate war ja tatsächlich gewaltig. Wenn Sie etwa nur daran denken: Wir haben ein Doppelbudget zustande gebracht! Und wenn Sie heute ein wenig – ein wenig! – versuchen, objektiv zu sein und sich auch die Ver­gleichszahlen anderer europäischer Länder anzusehen, dann werden Sie draufkom­men, dass Österreich seine Sache nicht so schlecht gemacht hat.

Wir haben jetzt zwei Jahre – 2001 und 2002 – ein ausgeglichenes Budget, und wir ha­ben mehr Wirtschaftswachstum als alle anderen Länder, die teilweise exzessive Defi­zite haben. Derzeit verletzen vier europäische Länder den Stabilitätspakt. Alle diese Länder haben Defizite über 3 Prozent und wesentlich weniger Wirtschaftswachstum als Österreich.

Das heißt, wir haben in schwieriger Zeit bewiesen – ich will die Probleme überhaupt nicht negieren oder schönreden, nein! –, wir haben es zustande gebracht, in schwie­riger Zeit die fiskalpolitische und stabilitätspolitische Balance zu halten, aber trotzdem Wachstumsimpulse zu halten und damit auch eine beachtliche Zahl von Arbeitsplätzen in Österreich zu sichern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir sind in diesen Jahren europapolitisch auf der Über­holspur. Wenn Sie sich die Durchschnittszahlen der Euro-Zone ansehen; werden Sie feststellen, wir haben voriges Jahr ein halbes Prozent mehr Wirtschaftswachstum ge­habt als die Euro-Zone und werden aller menschlichen Voraussicht nach auch heuer stärker wachsen als die Euro-Zone. Ich glaube daher, dass wir mit Fug und Recht sagen können, dieser Kurs ist – bei aller Schwierigkeit – gerechtfertigt.

Es ist auch die Ausgabenquote in Österreich innerhalb der letzten Jahre deutlich ge­sunken. Wir hatten im Jahr 1999 eine Ausgabenquote von über 54 Prozent, gemessen


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am Bruttoinlandsprodukt, und wir haben sie um 3 Prozentpunkte gesenkt. Das zeigt, dass eigentlich die gesamte Sanierung tatsächlich auf der Ausgabenseite gelungen ist, und das ist wichtig, denn die Steuer- und Abgabenbelastung in Österreich ist ja relativ hoch.

Dennoch haben wir in dieser Zeit Akzente gesetzt: Wir geben für Bildung im nächsten Jahr 9 Milliarden € aus, für Infrastruktur 2,5 Milliarden, für die Familien rund 5 Milliar­den. Und ich glaube, dass man auch darauf hinweisen sollten, dass jetzt die Ent­lastung der Steuerzahler und der Bürger beginnt, und zwar massiv: Ab 1. Jänner werden alle Steuerzahler, die weniger als 14 500 € verdienen – und das sind zusam­mengerechnet immerhin fast 2,5 Millionen Österreicher – überhaupt keine Steuern mehr zahlen.

Es werden 200 000 Betriebe massiv entlastet, weil für den nicht entnommenen Ge­winn, also für das Geld, das im Betrieb verbleibt, nur mehr der halbe durchschnittliche Steuersatz bezahlt werden muss; der 13. Umsatzsteuermonat entfällt. Damit haben wir mit den Konjunkturprogrammen ab Jänner netto eine Entlastung von rund 1 Milliarde €. Das heißt: die Steuersenkung, die Entlastung beginnt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Anhand der Abgabenquote, die Sie ja immer wieder kritisiert haben, meine Damen und Herren von der Opposition, sieht man auch sehr klar diese Entwicklung: Ja, wir haben im Jahr 2001 mit 45,4 Prozent eine relativ hohe Abgabenquote gehabt. Mittlerweile sind wir bereits um fast 2 Prozent darunter und liegen heuer schon unter den Werten der Jahre 1997, 1998 und 1999. Das heißt, sowohl die Ausgabenquote als auch die Ein­nahmenquote ist gesunken, und wir sind damit eigentlich in einer günstigeren Position als in der Zeit, als wir die Verantwortung in der Bundesregierung im Jahr 2000 übernommen haben.

Dazu kommen zwei Konjunkturpakete, die uns nachweislich – bewiesen vom Wirt­schaftsforschungsinstitut – ein halbes, ein drei viertel Prozent mehr Wirtschaftswachs­tum gebracht haben. In Österreich haben wir die niedrigste Inflationsrate in Europa. Wir waren voriges Jahr der Exportsieger in Europa und haben erstmals einen Handelsbi­lanz­überschuss gehabt.

Nochmals: keine Lobeshymnen, aber eine realistische Betrachtung dessen, was ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Politik lebt von zwei Dingen: von der Stabilität und von der Veränderung. Die Politik braucht auch die Veränderung, weil wir natürlich mit sehr vielen wechselnden Rahmenbedingungen konfrontiert sind. Es ist so, wie es gestern die deutschen Wirtschaftsforscher öffentlich gesagt haben: Es braucht auch die Sta­bilität und die Berechenbarkeit eines Kurses. Und wir in Österreich leben das. Wir ha­ben rascher und früher – ich glaube: auch sorgfältiger – als andere Länder, wie etwa Italien, Deutschland, Frankreich, die Pensionssicherungsreform durchgesetzt. Und wer sich heute ansieht, was alles rings um uns diskutiert oder schon umgesetzt wird, wird erkennen, dass Österreich auch in diesem Bereich einen vernünftigen Weg gewählt hat.

In Deutschland denkt die rot-grüne Regierung jetzt laut darüber nach, das Pen­sionsantrittsalter auf 67 Jahre anzuheben. Die Rentner in Deutschland werden nächs­tes Jahr wahrscheinlich überhaupt keine Pensionserhöhung bekommen. Ich bin stolz darauf – ich sage das offen –, dass wir es in Österreich zustande gebracht haben, Ähnliches durch eine rechtzeitig angesetzte Pensionssicherungsreform zu verhin­dern. – Herbert Haupt gehört hier vor den Vorhang, denn er war und ist der verant­wort­liche Sozialminister und Generationenminister im wahrsten Sinne dieses Wortes, der dies durchgesetzt hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Wenn in Italien jetzt das Pensionsantrittsalter um fünf Jahre hinaufgesetzt werden soll, und zwar in relativ raschem Tempo, muss ich wieder sagen: Wir haben eben recht­zeitig – im Jahr 2000 – begonnen, und wir werden im Jahr 2017, also mit einer langen Per­spektive von einer ganzen Generation, diesem Ziel nachgekommen sein.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass dieser Weg durchaus kritisiert werden kann, aber er ist verantwortbar. Und ich stehe nicht an, mit meinem ganzen Herzen und mit meiner ganzen Kraft auch die Richtigkeit dieses Kurses öffentlich zu vertreten, weil ich überzeugt bin davon, dass dies der Generationensicherheit und -gerechtigkeit, der Fairness des Sozialvertrages am besten dient und nützt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Erlauben Sie auch, meine Damen und Herren, dass ich ein Wort zu Europa sage, nachdem wir ja am vergangenen Wochenende einen sehr wichtigen Europäischen Rat gehabt haben.

Wer im neuen Europa, im erweiterten Europa eine Rolle spielen will – politisch, wirt­schaftlich, kulturell –, der muss sich mit den Entwicklungen in dieser Region aus­einan­der setzen.

Da ist zunächst einmal die Erweiterung, die in 28 Wochen stattfinden wird. – Ich war immer ein absoluter, überzeugter Anhänger der Notwendigkeit dieser Wiedervereini­gung Europas, und ich glaube, dass bisher auch alle wirtschaftlichen Daten, alle Er­fahrungen diese Erwartung vieler von uns bestätigen.

Auf der anderen Seite müssen wir aber genauso kritisch und selbstkritisch fragend eingestehen, dass es nicht nur Gewinner geben wird, denn wir sehen ganz klar, dass der Wettbewerb härter werden wird, dass wir uns mehr anstrengen müssen, dass es nicht genügt, sich auf den Lorbeeren von gestern oder auf dem bewährten Status quo von vorgestern auszuruhen.

Sehen wir uns die Situation rings um uns an! – Hubert Gorbach hat mit Recht darauf hingewiesen, dass wir hier ein ständiges Monitoring machen müssen: Wie schaut es mit den Steuersätzen, mit den Rahmenbedingungen rings um uns aus?, damit wir in Österreich die Standortvorteile im Herzen Europas optimal nützen können. Daher werden wir eine solche Ständige Arbeitsgruppe einrichten, die diese Bewertung macht, und wir werden natürlich auch darauf reagieren. Das wird notwendig sein, wenn wir die Chancen der Erweiterung für unsere Arbeitnehmer, für die Unternehmer, für die Bauern, für alle Berufsgruppen optimal nützen wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher ist das Nützen dieser Chancen das eigentliche Thema der nächsten Monate und Jahre, und da gibt es eine ganze Reihe von spannenden Möglichkeiten und Instru­menten. Darf ich in diesem Zusammenhang etwa nur an die Strukturfonds, an die Re­gionalförderungen der Europäischen Union erinnern: Die Union bietet uns für die Jah­re 2000 bis 2006 immerhin 6,6 Milliarden € an Geld für Strukturreformen; davon kom­men rund 1,2 Milliarden direkt aus den EU-Budgets. Und es kommen noch 7 Milliar­den € für den so genannten ländlichen Raum dazu. Das sind sogar 3,2 Milliarden aus den Brüsseler Töpfen.

Was mir aufgefallen ist: Wir haben derzeit über 50 Prozent der Projekte, von denen meiner Meinung nach etwa 1 bis 1,5 Milliarden € für die Grenzregionen nutzbar ge­macht werden können, noch nicht ausgeschöpft. Und das ist eine gemeinsame Auf­gabe für die Minister, für Sepp Pröll etwa oder Martin Bartenstein besonders und vor­rangig, aber natürlich auch für das Zusammenspiel mit den Gebietskörperschaften. Und wir werden genau darauf achten, dass diese europäische Chance einer struk-


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turellen Erneuerung optimal genützt wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein weiterer Bereich ist der Infrastruktur- und Forschungsbereich, etwas, wofür vor allem der neue Vizekanzler zuständig sein wird. Er hat durchgesetzt – und das ist ein ganz großer Erfolg, der nicht von Anfang an klar gewesen ist –, dass die Europäische Union – Vorschlag der Kommission – nunmehr 29 konkrete transeuropäische Netz­werkprojekte vorschlägt, mit einem Volumen von 220 Milliarden €, davon immerhin sechs Projekte für uns, mit einem Volumen von, vorsichtig geschätzt, 15 Milliarden € – allein für Österreich! Wenn Sie das umsetzen und herunterbrechen auf die Erfahrung, die natürlich jeden Bürger interessiert, dann kommt heraus, dass wir damit 1 600 Kilo­meter Straße, 2 500 Kilometer Schiene, zusammen also 4 000 Kilometer Infrastruk­tur, ganz konkret nützen können.

Meine Damen und Herren! Wir werden uns gemeinsam anstrengen und unseren Infrastrukturminister und Vizekanzler dabei optimal unterstützen müssen, damit wir diese historische Chance des Instruments der TENs, der Forschung, der Regional­politik auch wirklich umsetzen können.

Noch etwas: Wir haben am Wochenende natürlich neben der Wachstumsinitiative, die die Kommission vorbereitet hat und die jetzt auf österreichische Initiative um 25 na­tionale Konjunkturbelebungsprogramme ergänzt wird, die Frage des Projekts der euro­päischen Verfassung diskutiert. Natürlich ist es weit zu früh, hier Ergebnisse zu nen­nen, aber nachdem wir im entsprechenden Europa-Ausschuss die Frage doch intensiv behandelt haben, will ich hier doch einen Zwischenbericht insofern geben, als ich sage, dass ich durchaus optimistisch bin, dass einige ganz wichtige Anliegen, die uns alle verbinden, zumindest in greifbare Nähe gerückt sind.

Es wird schwierig sein, bis Dezember den Zeitplan und die Substanz einzuhalten, aber ich glaube doch, dass sich in der Frage der Institutionen etwa herauskristallisiert, dass es wahrscheinlich einen gewählten Präsidenten des Europäischen Rates geben wird, aber er wird begleitet von einer rotierenden Teampräsidentschaft, etwas, was unsere Außenministerin Benita Ferrero-Waldner schon sehr früh in die Diskussion geworfen hat und was immer mehr europäische Anhänger gewinnt. Und es wird auch so sein, dass dieser Präsident des Europäischen Rates nicht eine Konkurrenz etwa zum Kommissionspräsidenten ist oder gar eine überragende Vorsitzfunktion, Sprecherfunk­tion für die gesamte Union haben wird, sondern er wird ein Vorsitzender – nicht mehr und nicht weniger – für den Europäischen Rat sein.

Der europäische Außenminister gewinnt Gestalt. Immer mehr Länder schließen sich diesem Konsens an. Sicher ist die Frage: eher beim Rat oder eher bei der Kommission angesiedelt, mit welchen parlamentarischen Befugnissen und Kontrollrechten ausge­stattet? Das wird noch heftig diskutiert werden, aber im Prinzip steht diese Idee.

Und genauso ist es in der Frage der Kommission, wo es Zuspruch zu unserem Modell gibt, nämlich: Jedes Mitgliedsland soll ein Mitglied der Kommission benennen dürfen, der oder die dann als europäischer Repräsentant tätig wird, mit Sitz und Stimme, wenn­gleich auch nicht mit vollen Kompetenzen, wohl aber Aufgaben in der Kom­mission ausgestattet. Ich würde sagen, dass wir, quasi als Zwischenstufe, etwa 15, 16 Länder in unser „Camp“ gebracht haben, dass aber immer noch etwa ein Drittel der Mitgliedsländer dieser Idee skeptisch gegenüber steht.

Was interessant gewesen ist, war die Sicherheitsdiskussion, etwas, was wir auch im Ausschuss erörtert haben, wo wir große Bedenken hatten, dass hier ein kleiner geschlossener Klub entstehen könnte, der nicht für alle Mitgliedsländer der Union offen wäre und der möglicherweise sicherheitspolitisch nicht vom Willen aller getragen wäre.


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Da gibt es nach der ersten Diskussion doch immerhin die Bereitschaft der eigentlichen Erfinder dieser Idee, dass es ein offenes Modell sein soll, bei dem jeder zu jedem Zeitpunkt beitreten kann, und dass es ein europäisches Modell sein soll, abgestützt auf die Friedensziele der Europäischen Union.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass damit in der europäischen Perspektive einiges in Bewegung gekommen ist.

Für den Herbst haben Hubert Gorbach und ich uns Folgendes an Aufgaben vorge­nommen:

Wir beginnen bereits nächsten Montag mit einer großen Gesundheitskonferenz, einem Reformdialog, bei dem sämtliche Parteien des Hohen Hauses, alle Sozialpartner, alle Bundesländer mit eingeschlossen sind.

Die Harmonisierung der Pensionsreform wird bis Jahresende dem Hohen Haus unter­breitet werden.

Wir werden Mitte November an einem Konjunkturprogramm arbeiten, das wir Ihnen dann auch Mitte November vorstellen werden.

Eine Forschungsinitiative gewinnt Gestalt.

Die ÖBB-Reform ist derzeit in Verhandlung, und die Steuerreform wird von Dezember bis Mitte Jänner so weit vorbereitet, dass wir sie Ihnen dann vorstellen können.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Das Arbeitsprogramm ist mit Sicherheit an­spruchsvoll. Ja, wir müssen vieles anpacken, was unkorrigiert so nicht mehr haltbar ist! Ich gebe zu, Reformen sind nicht immer bequem. Sie sind manchmal schmerzhaft, sie sind manchmal unbequem. Aber wir sind nicht angetreten, um uns an die Ver­gangenheit zu klammern, wir wollen und müssen für die Zukunft arbeiten, für eine nach­haltige Sicherung unserer Möglichkeiten, für mehr Gerechtigkeit zwischen den Generationen, für zukunftsfeste Bildungschancen, für Arbeitsplätze in leistungsstarken Betrieben, für eine haltbare Balance zwischen Zuwanderung und den Notwendigkeiten und Wünschen der einheimischen Bevölkerung und für einen guten Platz in Europa.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, ich lade Sie ein: Begleiten Sie diese not­wendigen Reformen! Prüfen Sie unsere Vorschläge, kritisieren Sie oder ergänzen Sie, aber verweigern Sie sich nicht! Machen wir diese Reformen gemeinsam, Schritt für Schritt – nachvollziehbar, transparent, für den Bürger verständlich. – Die Bundesre­gierung wird mit neuem Schwung und ganzer Kraft für Österreich arbeiten! (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler für seine Aus­führungen. (Abg. Dr. Jarolim: Für seine Plauderstunde! Eine herzzerreißende Plauder­stunde!)

Nunmehr erteile ich dem Herrn Vizekanzler das Wort. Auch Ihre Redezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte.

 


10.40

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Zuseher und Zuhörer, die Sie live via Fernsehen dabei sind! Meine Damen und Herren Kollegen auf der Regierungsbank! Wir Freiheitlichen haben uns bereits im Jahr 2000 mit mutigen Ideen und Reformeifer entschlossen, Regierungsverantwortung zu über­nehmen. Wir haben uns 2003 erneut mit der Österreichischen Volkspartei auf ein Re­gierungsprogramm geeinigt und setzen dieses nun auch gemeinsam um.


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Ich selbst war beim ersten wie beim zweiten Mal Mitglied des Verhandlungsteams und kann deshalb mit Fug und Recht behaupten – weil ich dabei war, weil ich es weiß –, dass wir sehr viele freiheitliche Ideen, sehr viel freiheitliche Politik in dieses Regie­rungs­programm mit hineinverhandeln, mit hineinpacken konnten. Und ich bin nach wie vor sicher, meine Damen und Herren, dass es sich hier um ein Regierungsprogramm handelt, das für dieses Land exzellente Rahmenbedingungen schafft. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Rahmenbedingungen, damit wir unseren Wirtschaftsstandort ausbauen und sichern können, Rahmenbedingungen, damit wir uns im internationalen Wettbewerb nicht nur behaupten, sondern in Zukunft noch besser bewegen können, Rahmenbedingungen, damit wir unsere und auch die Pensionen unserer Kinder sichern können, damit wir jungen Menschen helfen können, ihre Lebensmodelle umzusetzen, sei es mit einer guten Ausbildung – auch das ist ein Schwerpunkt dieser Regierungsarbeit (Abg. Dr. Glawischnig: Wo denn?) –, sei es mit Förderungen für Familien – das ist uns Freiheitlichen immer ein wichtiges Anliegen gewesen und auch dieser Bundesre­gierung –, oder sei es durch die Schaffung, nicht nur Erhaltung, sondern Schaffung, neuer, attraktiver, zukunftsorientierter Arbeitsplätze, Rahmenbedingungen, damit wir sicher in diesem Land leben können, und Rahmenbedingungen, dass die Gesund­heitsvorsorge nicht gefährdet ist. Kurz: Dieses Reformprogramm ist ein Garant für eine nachhaltige hohe Lebensqualität der Österreicherinnen und Österreicher, eben für eine gute Zukunft in unserem Land. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube an dieses Modell der bürgerlichen Regierung, ich habe das immer getan. Es hat der Herr Bundeskanzler schon gesagt, dass ich vorher zehn Jahre in einer Landesregierung war, ebenfalls in einer bürgerlichen Zu­sammenarbeit, und es wurde heute auch schon erwähnt, dass man sich auch einen Blick über die nationalen Grenzen erlauben muss. Und wenn ich einen Blick in das benachbarte Deutschland mache, wo bekanntlich Rot-Grün am Werk ist, dann über­zeugt mich das noch mehr darin, dass ich immer schon richtig lag mit der Aussage: Eine bürgerliche Zusammenarbeit ist das beste für das Land heute und vor allem auch morgen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Natürlich freuen wir alle uns nicht darüber, wie es im Nachbarland aussieht, aber es ist eine politische Realität, dass dort ein rentenpolitisches Chaos herrscht, dass dort eine Rekordneuverschuldung von 42 Milliarden € debattiert wird, dass dort sozialpolitische Realität übergangen wird und wir einen Tiefpunkt der deutschen Sozialpolitik fest­stellen können. Das ist politische Realität! Meine Damen und Herren, glauben Sie uns deshalb, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben!

Ich weiß natürlich, dass ich gerade in meinem Ressort noch viel zu tun habe, da gibt es Versäumnisse aus den letzten Jahrzehnten. Ich zeige hier nicht mit dem Finger auf irgendeine politische Partei, aber die Verantwortung der letzten Jahrzehnte ist klar. Es gibt viel zu tun, und ich werde auch auf europäischer Ebene – so wie bisher in den ersten acht Monaten meiner Zeit in der Bundesregierung – gerne und engagiert kämpfen, zum Beispiel um eine Verlängerung des Transitvertrages zu erzielen. Das wird für uns Österreicher noch ganz wichtig sein, nicht nur, weil heute Tirol die großen Probleme hat, sondern auch, weil wir berücksichtigen müssen, dass sich durch die Ostöffnung einiges gerade im Osten Österreichs abspielen wird.

Wenn man weiß, dass die Prognosen für 2015 eine Zunahme im Bereich der LKW von etwa 70 Prozent und im Bereich der PKW von rund 30 Prozent ausweisen, dann ist klar, dass man alles zu tun hat, um die Bevölkerung vor diesen Lasten, vor dieser Mo­bilitätslawine zu schützen. Deshalb wird es wichtig sein, erstens eine Verlängerung des Transitvertrages zu erzielen – deshalb kämpfe ich auch so – und zweitens dafür zu sorgen, dass die Wegekostenrichtlinien auch mit Fleisch am Knochen, wie ich immer


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zu sagen pflege, möglichst rasch beschlossen werden, um verkehrspolitisch etwas zu tun, nämlich die umweltfreundlichen Verkehrsträger wie etwa die Schiene zu forcieren. Auch da gibt es jahrzehntelangen Nachholbedarf, und ich werde mit großem Engage­ment daran arbeiten, diesen zu beseitigen. Ich hoffe mit Ihrer aller Unterstützung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es genügt nicht, gerne in der Europäischen Union zu sein. Europa ist kein Verein, wo man gelegentlich Briefmarken austauscht und jährlich den Mitgliedsbeitrag einzahlt, um dann vielleicht am Ende des Jahres zur Weihnachtsfeier eingeladen zu werden, natürlich nicht. Europa ist unsere Zukunft, Europa ist unsere Chance, Europa stellt uns aber auch vor Herausforderungen, die wir gemeinsam und besonnen angehen und bewältigen müssen, und dazu lade ich Sie ein, so wie ich das am Anfang schon getan habe.

Die Verkehrspolitik wäre so eine Frage, wo ich Sie zur Zusammenarbeit einlade, sei es, wenn es darum geht, die ÖBB neu aufzustellen, oder sei es, wenn es darum geht, die internationalen Verkehrswege in Europa gemeinsam zu forcieren und zu vertreten, wie es schon gesagt wurde, Stichwort „TEN“, „Transeuropäische Netze“. Ich lade Sie ein, auch in meiner neuen Funktion – ich bleibe gerne Verkehrsminister –, in diesen Fragen, die keine parteipolitische Punzierung haben sollten, mit mir gemeinsam das Beste für Österreich zu machen. Diese Herausforderungen, vor die uns Europa stellt, sollten wir gemeinsam annehmen, über Parteigrenzen hinweg, dann werden wir einen großen Schritt nach vorne machen und werden auch das Lob der heutigen Bevöl­kerung und der nachfolgenden Generationen bekommen. Es ist ein Gebot der Stunde! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Unsere heutige Standortpolitik wird über den Wohlstand von morgen entscheiden. Da ich in den letzten Tagen von so manchem, insbesondere Journalisten, aber auch von Freunden, auch von Ihnen, gefragt wurde, ob denn mein Ressort, das Infrastrukturressort, nicht schon groß genug sei, ob ich nicht schon aus­gelastet sei und warum ich jetzt auch noch bereit sei, Vizekanzler dieser Republik zu werden, darf ich Ihnen sagen: Natürlich werden die wichtigen Aufgaben des Bundes­minis­teriums für Verkehr, Innovation und Technologie auch in den nächsten Jahren von enormer Bedeutung sein, in Österreich, in Europa. Ich bin mir dessen voll bewusst.

Wir werden im Mai 2004 vom Rand Europas, wenn man so will, in das Herz Europas rücken, weil Europa größer wird, weil es die Osterweiterung, weil es eine Erweiterung Richtung Süden gibt, und ich glaube, das sind nicht nur Herausforderungen, die ich vorher erwähnt habe, das sind auch Chancen, die wir nützen sollten.

Der Blick nach Europa erfordert auch, dass wir interne Aufgaben rasch lösen. Die heimische Wirtschaft, meine Damen und Herren, wird im Jahr 2003 um nur 0,7 Prozent wachsen – eine Konjunkturprognose, die uns zum Handeln zwingt, wie ich meine. Dass es überhaupt 0,7 Prozent sind, verdanken wir den Konjunkturpaketen I und II. Es wurde schon erwähnt, dass das Wirtschaftswachstum zwischen 0,5 und 0,75 Prozent das Resultat insbesondere der Förderung von Forschung und Entwicklung, aber auch der Investitionen in Infrastruktur in Österreich, die wir in den Konjunkturpaketen I und II verabschiedet haben, ist. Das heißt, Österreich hätte, so wie viele andere vergleich­bare Länder, ein Nullwachstum oder sogar ein Minus, hätte man diese Entscheidungen nicht rechtzeitig getroffen. Deshalb ist es, glaube ich, gut und richtig, wenn wir, Herr Bundeskanzler, wie besprochen, intensiv ein Konjunkturprogramm III mit dem richtigen Inhalt verabschieden, um Arbeitsplätze zu sichern, um die Kaufkraft zu stärken und auch unseren Unternehmen in einer international schwierigen konjunkturellen Phase unter die Arme zu greifen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Ich habe das Jahr 2003 zum Jahr des Straßenbaus aus­gerufen, weil wir erstmals in dieser Republik für das hochrangige Straßennetz – Auto­bahnen und Schnellstraßen – 1 Milliarde € ausgeben und das auch fortschreiben wol­len – das Jahr 2004 wird das auf jeden Fall bringen. Ich habe auch dafür gekämpft, dass für den Ausbau der „Schieneninfrastruktur neu“ – Bahnhofsoffensive, Gleisan­lagen, zusätzliche Gleise, Modernisierungen, Attraktivierung der Bahn – jährlich 1 bis 1,2 Milliarden € zur Verfügung stehen werden beziehungsweise eingesetzt werden können. Man sollte aber auch dazusagen, dass die Investition von 1 Milliarde € in Infra­strukturbereiche 16 000 bis 18 000 neue Arbeitsplätze schafft, und das ist eine Zahl, die man auch einmal erwähnen sollte. Es ist gut investiertes Geld, wenn wir in den Straßenausbau, in die Erhöhung der Sicherheit, vor allem in den umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene mehr Geld investieren, jeweils 1 bis 1,2 Milliarden €. Das wird auch in den nächsten Jahren gut sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es wurde schon gesagt: Wir sind eine sehr reformfreudige Regierung. Es stehen auch noch einige Reformen an, die Mut und Entschiedenheit brauchen. Wir Freiheitliche werden diesen Mut und auch die Entschiedenheit mit ein­bringen, die vorgesehenen Reformen, wie sie im Regierungsprogramm stehen, mit ab­zuarbeiten.

Nicht immer und überall stoßen diese Reformpläne auf Freude, man weiß das, denn die österreichische Mentalität ist ja so, dass eigentlich mehr oder weniger alle Re­formen wollen, aber sich halt nichts verändern soll. Das geht nicht, meine Damen und Herren!

Ich komme an dieser Stelle auf die ÖBB-Reform zu sprechen, nicht im Detail, wir haben noch an anderer Stelle und zu einem anderen Zeitpunkt Möglichkeiten genug, die ÖBB-Reform, wie sie jetzt in Begutachtung ist, zu diskutieren. Aber ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Wir brauchen diese Bahn, um die Mobilitätsanforderungen, um die Mobilitätswünsche nicht nur in Österreich, sondern in Europa mit Österreich als Partner überhaupt bewältigen zu können. Um unserer Bevölkerung, unseren An­rainern – den Bahnanrainern, den Straßenanrainern – auch weiterhin in die Augen schauen zu können und behaupten zu können: Wir haben jahrelang alles getan, um möglichst viel Verkehr, sowohl Personen- als auch Güterverkehr, von der Straße auf die Schiene, auf das umweltfreundliche Schienennetz zu verlagern!, müssen wir diese Bahnreform umsetzen, möglichst schnell und auch, das sage ich dazu, möglichst konsequent. Die Eckpunkte stehen.

Wir brauchen eine international wettbewerbsfähige Bahn, wir brauchen eine Bahn, die wieder stolz macht und vor allem ein Stück österreichische Identität darstellt – das wird wichtig sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir werden auch noch viel Mut für Reformen brauchen, wenn es gilt, zum Beispiel das Gesundheitswesen zu reformieren, wenn es gilt, Maß­nahmen für mehr Sicherheit der Bevölkerung zu treffen, wenn es gilt, die Pensions­systeme gerecht zu gestalten, sprich: zu harmonisieren, wenn es gilt, die Konjunktur durch gezielte Maßnahmen anzukurbeln. Ich habe in diesem Hohen Haus schon ein­mal gesagt: Wer Visionen hat, braucht Mut und die richtige Strategie. Und diese Bun­desregierung hat Mut und auch die richtigen Strategien. Ich werde gerne in Zukunft einen noch größeren Beitrag leisten in meiner Funktion als Vizekanzler, Österreich diesen Schwung zu verleihen, der Jahrzehnte gefehlt hat, den Österreich aber verdient und nötig hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es wurde auch die Steuer- und Abgabenquote schon erwähnt: Sie ist im Sinken, aber sie ist immer noch zu hoch. Da dürfen wir die Augen nicht davor verschließen, dass wir europaweit an der Spitze liegen, was die Abgabenquote betrifft. Deshalb ist es wichtig,


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dass wir in dieser Richtung alles unternehmen, um unseren Wirtschaftsstandort in die­sem wachsenden Europa zu festigen. Ich mache darauf aufmerksam, dass immerhin vier von den zehn Ländern, die neu dazukommen, an Österreich angrenzen, dass immerhin 1 300 Kilometer Außengrenze wegfallen werden und dass das Länder sind, die wirtschaftspolitisch und steuerpolitisch flott unterwegs sind. Um den Wirtschafts­standort Österreich auch international zu festigen und wettbewerbsfähig zu machen, haben wir diese steuer- und finanzpolitischen Entwicklungen im Auge zu behalten.

Es freut mich deshalb sehr, geschätzter Herr Bundeskanzler, dass wir in Zukunft eine konstante, eine laufende Beobachtung, Evaluierung der nationalen, aber auch inter­nationalen steuerpolitischen, finanzpolitischen, wirtschaftspolitischen, konjunkturellen Ent­wicklungen vornehmen werden und dass wir daraus, wie gesagt wurde, nicht nur die Schlüsse ziehen, sondern, wenn notwendig, auch entsprechende Maßnahmen einleiten. Damit ist gesichert, meine Damen und Herren, dass wir eine flexible Steuer- und Wirtschaftspolitik haben werden, damit ist gesichert, dass wir kein starres Pro­gramm haben. – Ich bin sehr für Programme, die eingehalten werden, die abgearbeitet werden, aber wir müssen gerade in dieser Frage in diesem wachsenden Europa, wo sich wirtschaftspolitisch, steuerpolitisch so viel um uns herum tut, Flexibilität zeigen.

Deshalb freue ich mich sehr, dass der erste Schritt der großen Steuerreform, der größten in der Zweiten Republik überhaupt, mit 1. Jänner 2004 kommen wird: Einkom­men bis 14 500 € jährlich werden künftig steuerfrei gestellt sein, gut 200 000 Öster­reiche­rinnen und Österreicher werden direkt profitieren, die Nettowirksamkeit wird im­merhin 524 Millionen € ausmachen! (Abg. Mag. Kogler: Da war der Haupt noch klar!) Entlastet werden dadurch nicht weniger als 1,65 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, 730 000 Pensionisten und 60 000 Selbständige. Insgesamt mehr als 2,3 Millionen Österreicherinnen und Österreicher werden von diesem ersten Schritt bereits profitieren, und das in Zeiten, wo in Nachbarländern wie Deutschland ganz andere Dinge und Probleme diskutiert werden müssen.

Noch etwas, meine Damen und Herren: Ich glaube, dass wir – abgesehen von der Höhe der Abgabenquote – auch daran denken müssen, unser Steuersystem zu verein­fachen, und deshalb greife ich auch eine alte Idee der Freiheitlichen Partei gerne wieder auf – der Herr Präsident nickt schon und weiß, was jetzt kommt –: Ja selbst­verständlich werden wir auch das Modell der Flat-Tax, der einfachen Steuern, das wieder Transparenz herstellt und dafür sorgt, dass man sich auskennt, und das vor allem auch weniger Bürokratismus und Verwaltung bedeutet, wieder ins Auge fassen müs­sen. Das gehört bei mir zu einer Steuerreform mit dazu. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich könnte Ihnen noch einige freiheitliche Ansätze in diesem Regierungsprogramm erklären – wir werden das sukzessive beim Diskutieren der jeweiligen Punkte tun. Ich erkenne in Bundeskanzler Wolfgang Schüssel einen lang­jährigen politischen Wegbegleiter, wenn ich das so bezeichnen darf – er hat das selbst gesagt –, mit dem ich schon als kleiner Provinzpolitiker zu tun hatte oder verhandeln durfte. Ich sage Ihnen etwas: Ich habe mich immer fair behandelt gefühlt, Vorarlberg ist nie zu kurz gekommen, und jetzt hoffe ich, dass diese faire Behandlung weitergeht, obwohl wir jetzt natürlich in einer ganz anderen Partnerschaft sind, und auch der Re­gierungspartner nicht zu kurz kommt, was auch heißt, dass Österreich nicht zu kurz kommt. Das muss unser gemeinsames Anliegen sein: dass wir für die Österreiche­rinnen und Österreicher die optimale Zukunftspolitik machen – ich bin jedenfalls dazu bereit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Lassen Sie mich am Schluss meiner Ausführungen, meine Damen und Herren, einem Mann danken, meinem Vorgänger in der Funktion als Vizekanzler, Herbert Haupt, der in den letzten Monaten sehr vieles erreicht hat. Ich möchte mich hier in aller Form bei


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dir, lieber Herbert, für deine Arbeit und deinen Einsatz als Vizekanzler dieser Republik bedanken. Unter deiner Führung ist es dem freiheitlichen Regierungsteam gelungen, freiheitliche Grundsatzpolitik in Österreich umzusetzen, zu verwirklichen, und, lieber Herbert, du weißt, du hast weiterhin eine ganz, ganz wichtige Aufgabe in den nächsten Wochen und Monaten, nämlich als Sozialminister. Ich danke dir für das bisher Ge­leistete und freue mich, dass du weiterhin mit viel Engagement und Freude ein guter Sozialminister dieser Republik sein wirst. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Mit dir, Kollege Haupt, und dem ganzen Regierungsteam werde ich insbesondere auch die Aufgaben als Infrastrukturminister sehr ernst nehmen und auch weiterhin mit viel Engagement verfolgen: die Verbesserung der nationalen und internationalen Schienen- und Straßeninfrastruktur, die bessere Anbindung an die internationalen Verkehrsnetze, die Stärkung des Forschungsstandortes Österreich sowie die Modernität der Infra­struktur im Bereich der Telekommunikation – um nur einiges zu nennen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Ich schließe mit einem Zitat von Richard von Weizsäcker, der einmal gesagt hat: Die wichtigste Aufgabe für uns, die wir heute Verantwortung tragen, ist die lebenswerte Zukunft für nachfolgende Generationen.

Ich bin bereit, diese Verantwortung mit Freude und Engagement zu tragen. Unter­stützen Sie mich dabei! (Lang anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube, jetzt geht es wieder aufwärts! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

11.01

Ankündigung von Anträgen auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Bevor wir in die Debatte über die beiden Erklärungen eintreten, darf noch Folgendes bekannt gegeben werden: Die Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen haben nach § 33 der Geschäfts­ord­nung beantragt, einen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der Vorwürfe ge­genüber dem Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser einzusetzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang das von fünf Abgeordneten nach § 33 Abs. 2 der Ge­schäftsordnung unterstützte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

*****

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen hinsichtlich des Verstoßes gegen das Unvereinbarkeitsgesetz, des Vollzuges des Stellenbe­setzungs­gesetzes, des Vollzuges des ÖIAG-Gesetzes und der Vergabe von Berater- und Wer­beaufträgen einzusetzen.

Auch in diesem Zusammenhang wurde ein Verlangen auf Durchführung einer Debatte gestellt.

Es gibt eine parlamentarische Praxis, dass, wenn mehr als ein Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum gleichen oder fast identischen Thema bean­tragt wird, eine gemeinsame Debatte durchgeführt wird. Im Einvernehmen mit den Erstantragstellern wird daher unter Bezugnahme auf diese Praxis vorgeschlagen, die Debatte über beide Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen unter


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einem durchzuführen. Die Begründungen erfolgen, soweit ich mich erinnern kann, ge­trennt, die Debatte wird dann unter einem abgeführt.

Gibt es dagegen einen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vor­gehen. Die Debatte findet nach Erledigung der Tagesordnung statt.

*****

Wir kommen nun zur Debatte über die abgegebenen Erklärungen. Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Redezeit: 15 Minuten. – Bitte.

 


11.04

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herbert Haupt hat offensichtlich vor gut drei Wochen sein Schicksal als Vizekanzler besiegelt, als er in der „Pres­se­stunde“ gemeint hat, die Wirtschaftspolitik dieser Regierung sei gänzlich gescheitert.

Die Erwartungshaltung nach einer derartigen Aussage war, dass entweder die dafür ver­antwortlichen Minister – Grasser und Bartenstein – wegen nachgewiesener Unfähigkeit ihrer Ämter entlassen werden oder dass ein Kurswechsel in der Wirt­schaftspolitik stattfindet oder dass die Regierung insgesamt die Verantwortung trägt. Aber nein! Weit gefehlt! Gerade derjenige, der als Einziger richtig festgestellt hat, dass dieser Kurs in der Wirtschaftspolitik gänzlich gescheitert ist, muss nun als Vizekanzler gehen. – Das ist der falsche Schritt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es war zu erwarten, nachdem nun dieser Wechsel innerhalb der Regierung stattge­funden hat – nennen wir es: Sesselrücken in der Regierung, und weniger: Regie­rungsumbildung –, dass heute die großen Ansagen kommen, dass der Bundeskanzler und der Vizekanzler heute die Chance wahrnehmen und sagen, was jetzt anders ge­macht wird; was zum Beispiel die Bundesregierung angesichts einer Prognose, die besagt, dass Österreich im nächsten Jahr beim Wirtschaftswachstum das Schlusslicht in der Europäischen Union sein wird, zu tun gedenkt. Wie lauten die spannenden Vor­schläge, um diese Situation zu vermeiden?

Man hätte annehmen können, dass Sie heute endlich sagen, wie Sie das Versprechen einlösen werden, dass die Lehrlinge, die noch immer auf einen Lehrplatz warten, heuer im Herbst eine Lehrstelle bekommen werden.

Es wäre interessant gewesen, wenn Sie erzählt hätten, wie die Konjunktur angekurbelt wird – nämlich nicht nach dem Bartenstein-Schema, wonach die Konjunktur nur dann angekurbelt wird, wenn es nichts kostet –, wenn Sie erzählt hätten, welche Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden.

Aber auf all diese Fragen hat es keinerlei Antworten gegeben. All das, was Sie uns heute erzählt haben, war bereits altbekannt – altbekannt! Sie bezeichnen heute, wo Österreich seit acht Jahren Mitglied der Europäischen Union ist und es seit acht Jahren Mittel aus den Struktur- und Regionalfonds gibt, diese Strukturfonds als neue und span­nende Möglichkeiten. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Struktur­fonds hätte die Regierung zur Vorbereitung der EU-Erweiterung schon längst nützen sollen, nicht erst ab dem heutigen Tag! (Beifall bei der SPÖ.)

Besonders bezeichnend war die Ansage: Wer sich nicht ändert, bleibt sich nicht treu! – Damit hat der Herr Bundeskanzler darauf hingewiesen, dass in immer kürzerer Zeit die Anzahl der Vizekanzler oder Vizekanzlerinnen, die er verbraucht, steigt. (Abg. Dr. Bri­nek: Menschen „verbraucht“ man nicht!) Daher stellt sich die Frage: Wann kommt die


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nächste Änderung, damit er sich treu bleiben kann? (Die Abgeordneten Dr. Brinek und Dr. Trinkl: „Verbrauchen“ Sie Menschen?)

In diesem Zusammenhang war die Antwort von Vizekanzler Gorbach bezeichnend: er hoffe auf eine faire Behandlung durch den Bundeskanzler. – Zeugt das von einer Zu­sammenarbeit von zwei gleichberechtigten Parteien in der Bundesregierung, oder win­selt da eine Partei um Gnade und hofft bereits am ersten Tag der Amtsinhabe nur noch auf eine faire Behandlung? So, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden Sie die Probleme nicht lösen können! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, die ÖVP kann bis zur Flat-Tax noch lachen, denn alles, was sich bisher als Problem dieser Regierung dargestellt hat, war Folgendes: Es gibt ein ÖVP-Regierungsprogramm und dabei Einzelne in der FPÖ, die Hilfsdienste leisten. Das Problem in den letzten acht Monaten war, dass sich immer öfter gezeigt hat, dass Teile der FPÖ diesen Kurs nicht mitgehen wollen, weil sie ge­meint haben, die Pensionskürzungen zum Beispiel seien vielleicht doch etwas zu scharf und doch etwas zu ungerecht. Es hat Unmut gegeben. Nicht alle waren so scharf auf die Abfangjäger, wie Klubobmann Scheibner das gewesen ist. Und auch in der Frage der Steuersenkung waren einige in der FPÖ der Meinung, man sollte vielleicht doch etwas couragierter in dieser Frage vorgehen.

Aber das Problem war, dass die ÖVP auf jede einzelne Frage mit Njet geantwortet hat und die FPÖ auf Granit gebissen hat. Die heutigen Vorstellungen von Bundeskanzler Schüssel und Vizekanzler Gorbach versprechen in Bezug auf dieses zentrale Problem der Regierung überhaupt keine Verbesserung. Es ist die Fortsetzung derselben Politik mit anderen Personen, aber denselben Mitteln, meine sehr geehrten Damen und Her­ren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

In diesem Zusammenhang gibt es aber eine interessante Veränderung: Herr Minister Gorbach ist Mitglied einer Partei, die noch bis vor kurzem gemeint hat, mit dem 1. Jänner des Jahres 2004 müsse es eine Steuersenkung geben, damit die Wirtschaft angekurbelt wird. (Rufe bei der ÖVP: Gibt es auch! – Zwischenbemerkung von Vizekanzler Gorbach.) – Ihre Zufriedenheit hat sich rasch eingestellt. Bis vor kurzem war das, was die Regierung in Sachen Steuerpolitik gemacht hat, laut Ex-Vizekanzler Haupt gänzliches Scheitern!

Sie haben eine große Steuersenkung mit 1. Jänner 2004 gefordert. – Was ist daraus geworden? Herr Vizekanzler Gorbach teilt uns mit, er habe sich bereits gnadenlos in der Regierung durchgesetzt. Man würde jetzt gemeinsam die Steuerentwicklung der anderen europäischen Staaten beobachten. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine gnadenlose Ansage zur Veränderung der Steuerpolitik dieser Regierung durch den neuen Vizekanzler: er habe durchgesetzt, dass jetzt die Steuersätze beobachtet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Soll es zu einer Steuersenkung kommen, die verhindert, dass Österreich im nächsten Jahr beim Wirtschaftswachstum Schlusslicht in der Europäischen Union ist, dann wird das Beobachten nicht ausreichen, sondern dann muss man noch in diesem Herbst eine Steuersenkung beschließen, die wirklich einen Beitrag für Wachstum und Beschäftigung leistet, und nicht nur beobachten! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Vizekanzler! Sie haben in Ihrer Rede auch angekündigt, eine Zusammenarbeit bei den Österreichischen Bundesbahnen erreichen zu wollen, denn Österreich brauche diese Bahn. – Sie haben vollkommen Recht damit, dass Österreich diese Bahn braucht, vor allem deshalb, weil sie im Güterverkehr bedeutend erfolgreicher war als alle anderen Bahnen im europäischen Maßstab. Echten Aufholbedarf gibt es beim Per­sonenverkehr, aber beim Güterverkehr war unsere Bahn in der Tat erfolgreich. Wenn


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Sie eine Zusammenarbeit bei der Bahn erreichen wollen, so können Sie diese auch erreichen, aber nicht nach dem Motto Ihres Staatssekretärs, der meint, zuerst müsse man dort alles zusammenschlagen, damit man dann alles neu aufbauen könne. Für diese Art von Kooperation werden wir Sozialdemokraten sicher nicht zur Verfügung stehen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Interessant, meine sehr geehrten Damen und Herren, war auch die Wortlosigkeit in der Frage der Weiterführung der Pensionsharmonisierung. Der Herr Bundeskanzler hat im­mer von zwei Etappen gesprochen: zuerst Pensionssicherung und im Herbst die große Pensionsharmonisierung, die bereits mit 1. Jänner des nächsten Jahres in Kraft treten soll. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Nein! Nein! ...!) – Heute kein Wort von dieser Pensionsharmonisierung, nur Polemik gegenüber anderen Mitgliedsstaaten. (Die Ab­ge­ord­neten Dr. Brinek und Dr. Baumgartner-Gabitzer: Zuhören!)

Ich sage Ihnen etwas: Ihre Vergleiche mit der Bundesrepublik Deutschland leben nur von Polemik und Unwissenheit! Wir wollen diese Probleme, die die Deutschen haben, nicht haben. Wenn Sie schon im Zusammenhang mit der Pensionsfrage Deutschland ansprechen, dann sagen Sie dazu, dass dort die durchschnittliche Pension pro Monat um 180 € höher ist als in Österreich und dass in Deutschland geringere Pensions­versicherungsbeiträge zu leisten sind als in Österreich! (Abg. Dr. Brinek: Auch die Einkommen sind anders!) Also wenn Sie schon Vergleiche durchführen, dann bitte gesamte und nicht nur polemische Einzelvergleiche! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierung hat heute für den Neuanfang, den Neustart einer Regierung personell nichts Neues geboten, hat inhaltlich nichts Neues geboten und hat im Wesentlichen versucht, das darzustellen, was der Bundes­kanzler bereits gestern Abend angekündigt hat. Er hat gesagt, es brauche Berechen­barkeit und Stabilität und das werde mit diesem Wechsel in der Regierungsmannschaft der FPÖ auch verwirklicht. – Wenn ich Herbert Haupt wäre, würde ich mich schön bedanken für dieses Kompliment, dass sozusagen erst jetzt, durch diesen Wechsel, Berechenbarkeit und Stabilität verwirklicht werden. Das einem abtretenden Vizekanzler noch mit auf den Weg zu geben, finde ich doch einigermaßen stark, vor allem dann, wenn sich die Stabilität im Nichtstun, im absoluten Nichtstun bewegt.

Was haben Sie heute für einen Vorschlag zur Gesundheitsreform gemacht? – Null! Welcher Vorschlag ist zur Wirtschaftsankurbelung gekommen? – Null! Welcher Vor­schlag ist zur Pensionsharmonisierung gekommen? – Null! Welcher Vorschlag ist ge­kom­men, um für die Lehrlinge Lehrplätze zu schaffen? – Wieder null! Absolute Inhalts­leere, was die zukünftigen Probleme betrifft, meine sehr geehrten Damen und Herren! Absolute Inhaltsleere! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der ÖVP – einer Partei, die oft, ohne etwas zu lesen, sagt, die anderen Parteien hätten keine Vorschläge – möchte ich sagen: Zur Frage Pensionsharmonisierung gibt es seit April dieses Jahres einen Vorschlag der Sozialdemokraten. (Abg. Dr. Fasslabend: Zeigts ihn uns!) Na wie oft soll ich Ihnen den noch zeigen? Sie lesen ihn ja wieder nicht! Herrn Fasslabend muss man ein Papier zehnmal geben, er wird das Lesen trotzdem nicht lernen, denn er hat es bis heute nicht gelesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt seit zwei Wochen einen Harmonisierungsvorschlag des Österreichischen Ge­werkschaftsbundes, der als Diskussionsgrundlage genommen werden kann. Es gibt also Vorschläge von der SPÖ, Vorschläge von den Gewerkschaften, aber keinen Vor­schlag von der Regierung.

Es liegen in der Frage Steuersenkung und Ankurbelung der Wirtschaft fix und fertige Anträge von den Sozialdemokraten hier im Parlament zur Behandlung im Finanz-


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ausschuss auf. Von wem gibt es keine Vorschläge? – Von der ÖVP und von der FPÖ! (Abg. Dr. Brinek: Das stimmt nicht!)

Es gibt fertige Vorschläge von den Sozialdemokraten im Unterrichtsausschuss für eine zeitgemäße Bildungspolitik, damit die Ganztagsschule wahlweise wirklich für die österreichischen Kinder und Jugendlichen zur Verfügung gestellt werden kann. Von wem gibt es keine Vorschläge? – Von der ÖVP und von der FPÖ! (Abg. Dr. Brinek: Lesen Sie die Gesetze! Das Schulunterrichtsgesetz lesen!)

So lässt sich die Liste fortsetzen. Wir haben es in der Zwischenzeit mit einer österrei­chischen Bundesregierung zu tun, die keinerlei Vorschläge zu bieten hat, keinerlei Ant­worten auf die Herausforderungen unserer Zeit und deren Beweglichkeit sich auf das Sesselrücken in der Regierung beschränkt. Reichlich wenig, meine sehr geehrten Da­men und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Zeit wird schön langsam knapp – bis zum Jahresende sind es nur noch wenige Monate –, um die entscheidenden Maßnahmen zu treffen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn sich die FPÖ in der Zwischenzeit damit begnügt, die Steuer­entwick­lung zu beobachten, dann würde ich Ihnen Folgendes empfehlen (Abg. Scheibner: Ihre Ratschläge brauchen wir überhaupt!): Schließen Sie diesen Beobachtungszeit­raum mit der nächsten Sitzung des Nationalrates ab, damit wir noch im November eine Steuersenkung beschließen können, die der österreichischen Wirtschaft und den österreichischen Arbeitnehmern tatsächlich mehr hilft als dieses Sesselrücken in der Regierung! (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.18

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich einen Gast aus Indien herzlich begrüßen, und zwar den Speaker der Himachal Pradesh Legislative Assembly G. R. Musafir. Herzlich willkommen in Wien! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Klubobmann Mag. Molterer. Redezeit: 15 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.19

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Öster­reicherinnen und Österreicher haben sich jetzt wirklich überzeugen können: Die SPÖ hat genau jene Position, wo sie hingehört, nämlich in die Opposition. Es ist besser, wenn Sie dort verbleiben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Die Österreiche­rinnen und Österreicher haben sich auch davon überzeugen können, dass unser Land bei dieser Bundesregierung, die von der Österreichischen Volkspartei und der FPÖ gebildet wird, in guten Händen ist. Das ist wichtig für das Land, das sicher und ruhig geführt wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte zunächst namens der Österreichischen Volkspartei Herrn Vizekanzler Hubert Gorbach herzlich in dieser seiner neuen Funktion begrüßen und ihn korrigieren: Herr Vizekanzler! Ein Mitglied einer Landesregierung ist grundsätzlich kein kleiner Pro­vinzpolitiker! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Heiterkeit auf der Regie­rungsbank.) Heute möchte ich diese Aussage für alle Landesregierungsmitglieder machen – selbstverständlich für die Vorarlberger, und möglicherweise ist morgen auch Kollege Van der Bellen dieser Meinung, dass ein Landesrat grundsätzlich kein kleiner Provinzpolitiker ist. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ und den Grünen: „Tosender“ Applaus!)

Herr Vizekanzler! Ich möchte Sie begrüßen als jemand, der in seinem Ressort profes­sionelle Arbeit geleistet hat und leistet, der durchschlagskräftig und durchsetzungsfähig


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ist. Und ich möchte Sie als Vizekanzler begrüßen, der sich persönlich und für Öster­reich auf europäischer Ebene großen Respekt erarbeitet hat und auch für die euro­päische Dimension seiner Arbeit großen Respekt verdient. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir wünschen Herrn Vizekanzler Hubert Gorbach daher viel Erfolg bei seiner Arbeit. Erfolg für ihn heißt: Erfolg für Österreich!

Ich möchte mich namens der Österreichischen Volkspartei und des Klubs der Öster­reichischen Volkspartei an dieser Stelle auch bei Herbert Haupt bedanken. Seine Ar­beit als Vizekanzler war nicht leicht – von den Umständen, unter denen er Verantwor­tung übernommen hat. Umso mehr hat es mir persönlich Respekt abverlangt, wie Herbert Haupt dieses Amt ausgefüllt hat. (Abg. Dr. Wittmann: Ist das der Nachruf?)

Meine Damen und Herren! Herbert Haupt hat sich vor allem dadurch Respekt verdient, dass er mit seinen sozialpolitischen Initiativen die Geschichte der Sozialpolitik der Zweiten Republik mit geschrieben hat. (Ruf bei der SPÖ: ... ruiniert!) – Herzlichen Dank, Herbert Haupt, und alles Gute für jene Funktion, die du ja weiter ausübst, nämlich als Sozialminister! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: ... VfGH-Urteile! Das ist ja unglaublich!)

Ich möchte aber die heutige Debatte über die Erklärungen zur Regierungsumbildung auch dazu benützen, dass ich mein, dass ich unser Verständnis von Politik als christlich-soziale Österreichische Volkspartei erläutern möchte.

Eine der Hauptaufgaben von Politik ist es meiner Meinung nach, in Zeiten, in denen sich sehr vieles ändert, auf der einen Seite den Mut zur Verantwortung, zur Verän­derung zu haben und auf der anderen Seite Sicherheit und Stabilität zu geben. Und ich bedaure, ich sage Ihnen das sehr offen, so manche der Diskussionen, die in den Parteien geführt werden, wonach es vielleicht vernünftiger und klüger sei, die eine oder andere Reform nicht umzusetzen oder nicht so rasch umzusetzen oder nicht so weit­gehend umzusetzen.

Allen, die das sagen, sei ins Stammbuch geschrieben: Wer Reformen zu spät angeht, wer Reformen nicht tief greifend genug angeht, schadet der Zukunft des Landes! Daher, meine Damen und Herren, werden wir diesen verantwortungsbewussten Re­form­weg konsequent fortsetzen. Warum? – Weil wir vor dem, was sich in der Zukunft abzeichnet, einfach nicht die Augen verschließen können und dürfen.

Es ist die demographische Entwicklung heute schon angesprochen worden: Wenn wir wissen, dass es in den nächsten 25 bis 30 Jahren zu einer Verdoppelung der Menschen über 60 Jahren und zu einer massiven Reduktion des prozentuellen sowie des absoluten Anteils junger Menschen in der Gesellschaft kommen wird, dann müs­sen wir jetzt reagieren. Wer da nicht die Wahrheit sagt und den Menschen diese Wahr­heit nicht zumutet, handelt unverantwortlich, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir dürfen nicht die Augen verschließen! Herr Kollege Gusenbauer, das ist auch der Kernvorwurf, den ich der Sozialdemokratie in Österreich mache: Sie sagen den Men­schen nicht die Wahrheit darüber, welche Notwendigkeiten sich aus der zunehmenden Globalisierung und welche Notwendigkeiten sich aus der EU-Erweiterung ergeben. (Abg. Mag. Prammer: Unsinn!) Beides wird dazu führen, dass wir härtere Wettbe­werbsbedingungen haben werden. Das müssen wir offen angehen, dieser Tatsache müssen wir offen ins Auge blicken, weil wir nur dann richtig darauf reagieren können.

Es gibt Entwicklungen, etwa im Bereich der Technologie, auf die die Politik voraus­schauend reagieren muss, statt den Menschen Sand in die Augen zu streuen und so zu tun, als ob sie nicht stattfänden. Es gibt Entwicklungen in der Arbeitswelt, ange-


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sichts deren es der fatalste Fehler wäre, Herr Präsident Verzetnitsch, auf Besitz­stän­den zu beharren und nach hinten und nicht nach vorne zu schauen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Das ist Aufgabe der Politik, wie wir sie verstehen, meine Damen und Herren!

Diese Bundesregierung, gebildet von ÖVP und FPÖ, geführt von Bundeskanzler Schüssel und Vizekanzler Gorbach, wird diesen Weg der verantwortbaren und not­wendigen Veränderungen auf Basis einer klaren Wertorientierung und Zielvorstellung für unser Heimatland weitergehen. (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch.)

Wir können auf soliden Staatsfinanzen aufbauen. – Meine Damen und Herren! Ich frage Sie: Welches europäische Land kann von sich sagen, in einer schwierigen Kon­junktursituation die Staatsfinanzen erstens in Ordnung gebracht zu haben und zwei­tens in Ordnung zu halten? Österreich kann das sagen! Ich danke dieser Bundesre­gierung, ich danke dem Finanzminister Karl-Heinz Grasser für diese Perspektive der klaren, stabilen und soliden Finanz- und Budgetpolitik, die uns eine gute Zukunft sichert! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir können auf einem Reformweg aufbauen, den diese Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode erfolgreich eingeschlagen hat. Und ich gehe nicht einfach so darüber hinweg, dass dieses Land dasjenige ist, dass in Europa – und ich würde sagen: auch weltweit! – wohl am meisten für die Familien und für Kinder tut. Das Kindergeld, lange umstritten, gehört heute zum Allgemeingut und ist eine Selbstverständlichkeit. Die SPÖ hat es abgelehnt. Heute sagt die SPÖ, vielleicht sollte man etwas verbessern. Offen­sichtlich haben wir beim Kindergeld richtig gehandelt.

Wir haben mit der „Abfertigung neu“ einen für die Arbeitnehmer in diesem Land revo­lutionären Schritt getan. Das ist eine Maßnahme, die soziale Sicherheit im Alter und breite Eigentumsstreuung auch unter den Arbeitnehmern in diesem Land langfristig sicherstellt, meine Damen und Herren! Und mit der allgemeinen Zukunftsvorsorge gibt es nun auch eine Perspektive für die dritte Säule.

Die Pensionssicherungsreform war umstritten, das weiß ich. Aber sie ist ein mutiger und ein richtiger Schritt. – Herr Kollege Gusenbauer, lesen Sie doch einmal inter­na­tionale Zeitungen! (Abg. Dr. Gusenbauer: Ich lese sie ...! Lesen Sie sie selber!) Die europäischen Länder, die Industriestaaten beneiden uns, erstens um diese Bundesre­gierung, aber vor allem um die Erfolge etwa mit der Pensionssicherungsreform. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Andere Länder trauen sich das, was wir bereits gemacht haben, noch nicht einmal zu diskutieren!

Selbstverständlich werden wir auch eine Steuerentlastung umsetzen. Eben das hat dazu geführt, dass wir heute auf einer soliden wirtschaftlichen Grundlage, auf Basis einer ausbalancierten, gerechten Verteilung (Zwischenrufe bei der SPÖ) zwischen Jung und Alt in die Zukunft, und zwar positiv in die Zukunft blicken können.

Ich kann Ihnen nicht ersparen, hier die Frage zu stellen, wie die SPÖ reagiert. Wer Erich Haider heute Nacht gesehen hat: so einen wehleidigen Verlierer habe ich über­haupt noch nicht erlebt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Gaál.) Offensichtlich hat er es verdient, letztendlich diese Antwort bekommen zu haben.

Aber wie reagiert die SPÖ? – Die SPÖ diskutiert in dieser Phase beispielsweise (Abg. Gaál: 11 Prozent plus ist für Sie ein „Verlierer“?!) die Aushöhlung und Aufhebung des europäischen Stabilitätspaktes.

Meine Damen und Herren! Was heißt denn das? – Sie wollen schon wieder mehr Schulden machen! (Abg. Dr. Matznetter: Nein!) Die SPÖ diskutiert in dieser Situation


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Ausgabensteigerungen, ohne auf die Budgetsituation Rücksicht zu nehmen, das heißt: Sie wollen schon wieder mehr Schulden machen. (Abg. Dr. Matznetter: Im Gegenteil!) Davon haben wir genug, denn für Ihre Schulden müssen wir heute noch viel, viel Geld zahlen (Abg. Dr. Matznetter: Nein! Das sind Ihre Schulden!), und das wollen wir nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie reagieren also damit, dass Sie Steuersenkungen verlangen. Aber was tun Sie dann? – Die konkreten Steuersenkungen hier im Parlament lehnen Sie ab! Eine Steu­erbefreiung bis 14 500 € steht in Ihrem Forderungsprogramm. Wir haben es verwirk­licht, Sie haben es abgelehnt! Diesen Widerspruch müssen Sie erst einmal aufklären. (Abg. Dr. Gusenbauer: Reden Sie keinen Unsinn! Unsinn schmerzt!)

Sie schlagen vor, Transferzahlungen zu kürzen. Also, Herr Kollege Gusenbauer, wenn Ihre Antwort darin liegt, die Wohnbauförderungsmittel, das Pflegegeld und die Fa­milien­beihilfe zu kürzen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Mit uns nicht! Sie haben schon den richtigen Platz in der politischen Landschaft. Wir werden diesen Weg nicht mitgehen, wir werden ihn verhindern, meine Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), ebenso wie wir die von Ihnen vorge­schla­genen Beitragserhöhungen verhindern werden. Das ist offensichtlich Ihre einzige Ant­wort! (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie wollen nur Selbstbehalte! Sie wollen eine Zwei-Klas­sen-Medizin! Das Unmenschliche ist das Selbstverständliche für Sie!)

Da kürzlich der ÖGB-Kongress zu Ende gegangen ist, möchte ich mich aber auch mit der Gewerkschaft und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund auseinander setzen.

Herr Präsident Verzetnitsch, ich sage Ihnen mit Bedauern, dass ich nach diesen Ge­werkschaftstagen des ÖGB den Eindruck habe, dass sich der Österreichische Gewerk­schaftsbund von der Überparteilichkeit verabschiedet (Rufe bei der ÖVP: Leider!) und entweder der verlängerte Arm der Löwelstraße oder die Löwelstraße der verlängerte Arm der Hohenstaufengasse ist. Das ist nicht unser Verständnis von überparteilicher Gewerkschaftsbewegung, Herr Präsident! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich halte es zudem offen gesagt für bedenklich, dass der Österreichische Gewerk­schaftsbund den Streik bei der AUA, also den Streik der Top-Verdiener unterstützt und dabei die Existenz des gesamten Unternehmens riskiert. (Ruf bei der ÖVP: Und der Mitarbeiter!) Und für ebenso bedenklich halte ich es, dass Sie im Bereich der Öster­reichischen Bundesbahnen offensichtlich das Besitzstanddenken zu Ihrem Prinzip erhoben haben, Herr Präsident Verzetnitsch. Das Besitzstanddenken in der ÖBB ver­hindert eine gute Zukunft für die Bundesbahn. Wir wollen Veränderung, damit die Bun­desbahn in eine gute Zukunft geführt wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Sie wollen zerstören! Das ist alles!)

Meine Damen und Herren! Für interessant halte ich den Diskussionsbeitrag des Gewerkschaftsbundes zur Harmonisierung. Das sage ich so. (Abg. Verzetnitsch: Jetzt sind wir wieder die Guten?!) Ich sage Ihnen offen (Abg. Dr. Gusenbauer: Wieso haben Sie keine eigenen Vorschläge? Ihre Vorschläge sind nur Zerstörungsvorschläge! Har­monisierungsvorschläge machen Sie keine!), ich bedaure, dass Sie vor dem Sommer offensichtlich nicht in der Lage gewesen sind, diesen Schritt zu tun. (Abg. Verzet­nitsch: ... das Angebot abgelehnt!) Wir werden Ihre Überlegungen selbstverständlich mit einbeziehen, wenn – und davon bin ich fest überzeugt – dieses Modell der Harmo­nisierung auf Basis der Eckpunkte 45 Beitragsjahre, 65 Lebensjahre und 80 Prozent tatsächlich konsequent durchgehalten wird und nicht durch die Hintertür Frühpen­sionie­rungsmöglichkeiten neuerlich eingeführt werden. Herr Präsident Verzetnitsch, da müssen Sie konsequenter sein. (Abg. Verzetnitsch: Durch die Vordertür! Wir machen nichts durch die Hintertür!)


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Meine Damen und Herren! Wir gehen den Reformweg mit Hochdruck weiter! (Abg. Dr. Gusenbauer: Mit Hochdruck den Zerstörungsweg!) Wir werden diese Re­formprogramme für Österreich – für Vollbeschäftigung, für Wachstum, für die Verein­barkeit von Beruf und Familie, für Forschung und Entwicklung, für eine moderne Infra­struktur und moderne Infrastrukturunternehmen wie eine moderne, weil reformierte Bun­desbahn – mit einem mutigen Harmonisierungsmodell für alle Pensionen, mit einer Strategie der Entlastung der Wirtschaft und der Bürger sowie einem offensiven Weg für eine sichere und hoch qualitative Gesundheitsversorgung fortsetzen.

Diesen Weg, meine Damen und Herren, gehen wir mit Entschlossenheit und mit Ent­schiedenheit. Die Menschen können sich darauf verlassen: Dieser Weg ist verlässlich und berechenbar. Mit ganzer Kraft für Österreich! Das ist unser Motto. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.34

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner – und damit wieder zurück am Red­nerpult – ist Kollege Van der Bellen. Redezeit: 15 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Gusenbauer: ÖVP setzt Zerstörungskurs fort!)

 


11.34

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine persönliche Vorbemerkung! Ich war ja einige Wochen unfreiwillig im Allgemeinen Krankenhaus in Linz. (Abg. Mag. Molterer: Gut betreut!) – Gut betreut, sehr gut betreut! Anlässlich dieses Aufenthaltes beziehungsweise der Ta­ge danach haben mich viele gute Wünsche erreicht, nicht nur von den Grünen – das hätte ich ja schon erwartet (Heiterkeit) –, sondern auch von den Sozialdemokraten, von der Volkspartei und von den Freiheitlichen, mit anderen Worten: von allen vier Frak­tionen dieses Hauses. Dafür möchte ich herzlich danken, das freut einen schon persönlich! (Allgemeiner Beifall.)

Da ich den Eindruck habe, dieser Tage verselbständigen sich bestimmte Gerüchte, sage ich gleich dazu: Unter diesen Schreiben und Blumensträußen befand sich auch einer des Herrn Landeshauptmannes Pühringer. Das war aber lange vor der Land­tagswahl. (Heiterkeit.) Mit anderen Worten: Ich bin völlig unschuldig an dieser so ge­nannten schwarz-grünen Vereinbarung in Oberösterreich. (Abg. Dr. Fekter: Das ist aber nichts Unanständiges!) – Eh nicht! Aber: Ehre, wem Ehre gebührt! Es sind in die­sem Fall Rudi Anschober und die oberösterreichischen Grünen. (Abg. Scheibner: Das ehrt sie!) Und, Herr Molterer, Sie haben Recht: In Zukunft werde ich Landesräte noch wichtiger nehmen, als ich es ohnedies schon immer getan habe. (Allgemeine Heiterkeit sowie Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer: Erst wenn man Posten hat, nimmt man sie ernst!)

Im Übrigen: Wenn ich mich nicht täusche, dann war sogar ein guter Wunsch des jet­zigen Vizekanzlers, damaligen Bundesministers Gorbach dabei, und ich wäre auch unschuldig an Blau-Grün, was es ja nicht gibt. Ich wäre also hier ebenso wenig schuld wie im anderen Fall. (Abg. Scheibner: Da müssen wir uns noch sehr anstrengen!) – Ja! Da müssen wir uns noch viel anschauen, Herr Scheibner, sehr viel! (Abg. Scheib­ner: Anstrengen! – Abg. Mag. Stoisits – in Richtung Freiheitliche –: Ihr!) – Ja, ja.

Wenn ich mir die heutige Debatte anhöre: auf der einen Seite „neuer Schwung“, „Neu­anfang“, was nicht alles jetzt neu geworden sei, fallen mir drei Dinge auf. Erstens: Dem Austausch von Türschildern wird offenbar eine geradezu magische Wirkung zuge­schrieben. Zweitens: Haider versucht auf allen Ebenen, sich neue Bühnen zu schaffen, das ist okay. Und drittens: Über die eigentliche Schwachstelle dieser Bundesregierung, nämlich den Finanzminister, wird kein Wort verloren. (Bundesminister Mag. Grasser


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sitzt nicht mehr auf der Regierungsbank. – Rufe bei den Grünen und der SPÖ: Jetzt ist er eh schon weg! Ist schon weg!)

Es gibt ja keine neuen Köpfe! Was tatsächlich passiert – und jetzt lassen wir einmal die internen Führungsfragen der Freiheitlichen Partei beiseite –, ist, dass auf Regie­rungsebene der Schraubenzieher genommen wird und das Schild, auf dem „Vizekanz­ler Haupt“ stand, abmontiert und das Schild „Vizekanzler Gorbach“ anmontiert wird. Das ist die magische Wirkung des Türschildes, die vollkommen neuen Schwung in die­se Bundesregierung bringen und, wie schon mein Kollege Gusenbauer ironisch bemerkt hat, einen Neuanfang auf allen Ebenen geradezu garantieren wird. Ich meine das nicht – nur der Klarheit halber (Heiterkeit) –, dass das allein den Neuanfang ga­rantiert. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist uns allen natürlich schon aufgefallen, dass selbst dieser, wenn man schon davon sprechen will, kleine Neubeginn desavouiert wird, und zwar vom neuen Presse­spre­cher der Bundesregierung, einem gewissen Jörg Haider aus Klagenfurt, der zur selben Zeit, als Schüssel und Gorbach, Kanzler und Vizekanzler, beim Bundespräsidenten sind, um ihm dieses Revirement mitzuteilen (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer) – Haupt und Schüssel, danke, Herr Molterer; Haupt und Schüssel waren bei Bundes­präsident Klestil, um ihm das vorzutragen –, all das bereits über die Medien mitteilt.

Gratuliere! Nur so weiter! Das wird uns noch viel Freude bereiten. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.)

Auf der anderen Seite: Was probiert der Kärntner Landeshauptmann denn? – Er ver­sucht einfach, sich neue Bühnen zu schaffen! Warum? – Weil die Kärntner Bühne für die Kärntner Landtagswahlen nach seiner eigenen Einschätzung offensichtlich nicht ausreicht. Und diesbezüglich teilen wir seine Einschätzung. Diese Einschätzung teilen wir tatsächlich. Die Kärntner Wirtschaftsdaten beispielsweise sind so verheerend, dass er sich sehr anstrengen wird müssen, um diesen Misserfolg seiner Zeit als Landes­hauptmann zu überdecken! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Es ist also kein Wunder, wenn er alles versucht, um von seiner Performance in Kärnten abzulenken.

Wir werden einmal die anderen Bundesländer und die Kärntner Performance ver­gleichen, denn es scheint ja innerhalb der Bundesregierung Usus geworden zu sein, sich immer mit dem international jeweils schlechtesten Land zu vergleichen, um dann zu sagen: Aber Österreich ist eh besser! (Bundesminister Dr. Schüssel und Abg. Mag. Molterer: Eurozone! Eurozone!) – Eurozone, Durchschnitte! Vielleicht bin ich auch schon ein Romantiker der Vergangenheit! Wenn es so wäre, korrigieren Sie mich bitte in jeder Minute, Herr Kollege Molterer und andere! Aber ich bilde mir ein, dass es uns in der österreichischen Politik vor 10, 20, 30 Jahren oder noch länger beunruhigt hat, dass andere besser sind – nicht beruhigt hat, dass andere schlechter sind!

Es ist keine Kunst, irgendein Land zu finden, das hinsichtlich Wirtschaftswachstum, Ar­beitslosigkeit, Bildungsausgaben oder Analphabetentum schlechter ist als Österreich. Das ist wirklich keine Kunst! Da brauchen Sie nicht wie ein Gorilla herzugehen und sich auf die Brust zu trommeln: Wahnsinn, wunderbar, die Österreicher sind einfach groß­artig und einmalig! (Beifall bei den Grünen.)

Das war jetzt nicht persönlich gemeint, Herr Molterer, aber: Mit den Anführern, mit den Leadern – mit Finnland in der Bildungspolitik beispielsweise –, mit diesen Ländern sollten wir uns vergleichen und fragen, wieso wir nicht mit an der Spitze sind. (Abg. Mag. Molterer: Sie haben offensichtlich versäumt, dass es ein massives Aufholen und Positionsverbesserungen gab! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Darüber würde ich mit Ihnen gerne eine Auseinandersetzung führen, anstatt dass Sie immer wieder


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sagen: Deutschland! Deutschland!, das zufällig in verschiedenen Indikatoren derzeit nicht hält, was wir alle erhofft haben.

Um auf Kärnten zurückzukommen: Das ist halt Ihr stiller Regierungspartner – ich schaue jetzt Sie von der ÖVP an –, das haben Sie sich seinerzeit so ausgesucht, das ist er immer noch, und er wird weiterhin täglich eine Show abziehen. Und wenn er am Wochenende frei hat, war er vielleicht vorher bei Saddam Hussein zum Tee. Ich weiß nicht, was ihm in Zukunft noch an außenpolitischen, den österreichischen Interessen sicherlich sehr „förderlichen“ Dingen einfällt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zur Sache!)

Die Frage ist im Gegensatz zu früher: Wie viel verliert die FPÖ in Kärnten? – Früher haben wir gefragt: Wie viel wird die FPÖ gewinnen? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das hat Sie sicherlich nicht gefreut!) Jetzt ist die Frage: Verliert Haider weniger als der Durch­schnitt der FPÖ in Tirol, in Oberösterreich, in Niederösterreich?, und so weiter. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die Frage ist, wie viel die Grünen in Kärnten verlieren werden! – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Zu Grasser (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Auch ein Kärntner!): Die ärgste Schwachstelle dieser Bundesregierung ist unserer Überzeugung nach der Finanzminister. Dieser Kopf, wenn Sie schon in diesen kriegerischen Tönen sprechen – ich tue es lieber nicht ... Es gibt dort kein Sesselrücken, kein Türschilder-Ab- und -Aufmontieren, son­dern: Der Finanzminister bleibt, jener Finanzminister, der uns in seiner Budgetrede zu täuschen versucht hat (Widerspruch bei der ÖVP), und zwar mit seinen Daten über Bildung und Wissenschaft, die frei erfunden waren. (Abg. Dr. Fasslabend: Das ist falsch! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich habe den Verdacht, dass Sie bis heute daran glauben, dass diese Daten gestimmt haben – sechs Monate später! Das ist echt arg! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Herr Van der Bellen, das ist unter Ihrem normalen Niveau!)

Wenn Sie mir schon nicht glauben, vielleicht lesen Sie die Stellungnahme der Indus­triellenvereinigung, die einmal wieder und gerade auch in diesen Tagen darauf hingewiesen hat, dass die österreichischen Ziele für Forschung und Entwicklung nicht erreicht werden – und das eben nicht zuletzt auf Grund der Budgetpolitik von Grasser und Gehrer, muss ich dazusagen.

Aus Zeitgründen kann ich jetzt nicht im Einzelnen aufzählen, was uns der Finanz­minis­ter in den vergangenen Monaten alles zugemutet hat: angefangen vom Schock – für mich persönlich – dieser unrichtigen, unwahren Budgetrede, über die ich mich damals wirklich von Herzen geärgert und echauffiert habe, denn ich sehe meine Aufgabe nicht darin, falsche Daten in detektivischer Arbeit nachzuprüfen, sondern ich erwarte mit Selbstverständlichkeit, dass der Minister einem die Wahrheit sagt.

Weiters: die steuerpolitischen Probleme, die der Finanzminister persönlich auf sich geladen hat mit der Finanzierung seiner Homepage durch die Industriellenvereinigung, mit uns immer noch unbekannten Gutachten, die diesen Verein sowie ihn persönlich reinwaschen sollten. Es ist das Verdienst des Kollegen Matznetter von der SPÖ, die Verfasser dieser so genannten deutschen Gutachten, mit denen Staatssekretär Finz von der ÖVP versucht hat, den Finanzminister reinzuwaschen, diese Verfasser sozu­sagen an Land zu ziehen, nach Österreich zu holen und uns bestätigen zu lassen: Nein, nein, diese Interpretation von Staatssekretär Finz ist geradezu abenteuerlich, das ist doch geradezu eine Einladung zu Steuerverkürzung und Steuerhinterziehung! Diese Interpretation ist mit Sicherheit unzulässig! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Um es auf den Punkt zu bringen, meine Damen und Herren: Wer zahlt schon gerne Steuern?! Nur: Dass alle Steuern zahlen müssen, nur einer nicht, nämlich Karl-Heinz Grasser, ausgerechnet der Finanzminister, das kann’s wohl auch nicht sein!


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Ich würde mich aber doch freuen, wenn ausnahmsweise einmal der eine oder andere auch von der freiheitlichen Fraktion, denen es ja langsam auch bis daher stehen muss (der Redner macht eine entsprechende Handbewegung), den Finanzminister zu vertei­digen, verteidigen zu müssen, wenn Sie schon meinem Misstrauensantrag nicht zu­stimmen werden – wovon ich ja fast ausgehe –, wenigstens der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmt, eines Untersuchungsausschusses, der ver­schie­dene Fragen zu klären hätte, Fragen, die aufgeklärt werden müssen.

Ich kann noch einmal in diesem Punkt an die Vergangenheit der FPÖ appellieren und sagen: Früher, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, waren Sie immer dabei, wenn es etwas aufzuklären galt, wenn es Sachen gab, wo es im Interesse des Parlaments und der politischen Hygiene lag, Klarheit zu schaffen – wie immer dann und zu wessen Gunsten oder Ungunsten das ausgeht. Jetzt hingegen tun Sie von der FPÖ das nicht mehr! Jetzt decken Sie Finanzminister Grasser – und das, obwohl ich mir vorstellen kann, wie es innerlich bei Ihnen ausschaut. Aber das nützt nichts, das müssen Sie von der FPÖ vertreten, bis hin zu den verletzten Meldepflichten auf Grund des Unvereinbarkeitsgesetzes, also einer Verletzung der Gesetze, in diesem Fall sogar eines Verfassungsgesetzes, die sich der Finanzminister zu Schulden hat kommen lassen.

Deswegen bringe ich heute wieder folgenden Antrag ein – und das zum wiederholten Male –:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Dr. Pilz, Freundinnen und Freunde betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Finanzen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Dem Bundesminister für Finanzen wird im Sinne des Artikels 74 Bundes-Verfassungs­gesetz das Vertrauen versagt.

*****

(Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die anderen Ereignisse dieser Tage wären an und für sich reine „Privatangelegenheit“ der FPÖ, wenn man so will, wäre diese nicht zweite Regierungspartei. Und insofern interessiert uns das natürlich schon auch. Soweit ich das von außen sehen kann – wie soll ich das jetzt sagen? –: Sie von der FPÖ wollten unbedingt weg von Ihrem Image der „Führerpartei“ und schaffen jetzt eine kollektive Führung.

Früher haben wir uns ausgekannt: Haupt war der Parteichef. – Jetzt ist es Haupt irgendwie formal noch. Dann hat er eine geschäftsführende Parteichefin zur Seite bekommen, Frau Staatssekretärin Haubner. Sie ist im Moment nicht im Saal. (Abg. Eder: Die ist jetzt fort! Schon bei ihrem Bruder!) Es gibt praktisch einen dritten Par­teichef, denn was soll ein Vizekanzler Gorbach sonst sein als ein impliziter dritter Parteichef? Und wir haben natürlich unseren Freund in Kärnten. (Abg. Parnigoni: Freund ist das nicht!) – Sicherlich habe ich den einen oder anderen jetzt noch übersehen.

Das alles soll Klarheit schaffen innerhalb der zweiten Regierungspartei?! Sogar die Kollegen von den Freiheitlichen lächeln ob dieser rhetorischen Frage. (Staatssekretär Mag. Schweitzer: Ich habe gar nicht gewusst, dass ihr Freunde seid! – Ruf bei der


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SPÖ – in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Staatssekretärs Mag. Schweitzer –: Sei froh, dass du noch da oben sitzen darfst!)

Heute natürlich hat es von der Regierungsbank aus so quasi geheißen – so, wie das üblich ist –: Toter Indianer, guter Indianer! Auch ich sehe Qualitäten des scheidenden Vizekanzlers Haupt, die man irgendwie honorieren muss: Er hat zumindest sechs oder zwölf Monate lang eine Zermürbungstaktik ausgehalten. Knittelfeld war ja nur einmal; das war sozusagen „Knittelfeld neu“. „Neu regieren“ gibt es – und „Knittelfeld neu“ gibt es auch: dieses scheibchenweise Demontieren; jeden Tag ein bisschen eine Dosis der Zermürbung und des Mobbings, dem Herr Haupt dann schlussendlich nachgegeben hat.

Dafür kann man, wie ich meine, ein gewisses Mitgefühl haben, aber dass das die neue Führung der FPÖ sein soll, der Regierungspartei FPÖ, das glaubt doch niemand in diesem Land! (Abg. Wittauer: Ich glaub’s!) Und das werden Sie uns auch heute nicht weismachen können, Herr Kollege Scheibner, der Sie, glaube ich, nach mir sprechen werden. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Abschließend: Herr Kollege Molterer, nicht nur Sie, sondern auch andere von der Regierungsbank haben heute wiederholt auf die Probleme der so genannten Verän­derung der Alterspyramide hingewiesen. D’accord, einverstanden, da gibt es Proble­me, aber es gibt bei diesen Fragen, die in diesem Zusammenhang auftauchen, welche, die Sie mit diesem Ihrem Regierungspartner schwer lösen werden. Und bisher haben Sie das ja nicht einmal versucht.

Erstes Problem: Erhöhung der so genannten Erwerbsquote der Frauen. – Das werden Sie von der ÖVP mit einem Regierungspartner – und vielleicht ist das auch Ihre eigene Ideologie –, der die Frauen lieber am Herd als in der Erwerbstätigkeit sieht, nicht schaffen. Aber das ist Ihre Entscheidung. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glocken­zeichen.) Ich sage dazu nur: Das ist eine offene Flanke Ihrer Regierungspolitik – danke, Herr Präsident! –, und die zweite ist die: Die Antwort auf die Veränderung der Alterspyramide ohne ein Mindestmaß eines Konzepts zur Zuwanderung zu haben, das wird auch nicht gehen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist kein guter Start für Ober­österreich, was Sie da sagen!) Mit diesem Regierungspartner, nämlich mit der FPÖ, werden Sie das ebenso wenig schaffen wie die Erhöhung der Erwerbsquote der Frauen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.50

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der von Herrn Abgeordnetem Van der Bellen vorgetra­gene Entschließungsantrag betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Finanzminister ist ordnungsgemäß unterfertigt und steht mit zur Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. Gleiche Redezeit von 15 Minuten. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


11.50

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Van der Bellen, bei allem Respekt – und wir alle freuen uns, dass Sie wieder genesen und hier bei uns sind –: Ich sage Ihnen, warum wir gelächelt haben. Ich habe mir gedacht, wie lange 15 Minuten sein können, wenn man darauf wartet, dass von Ihnen endlich einmal Alternativen zu dem kommen, was die Bundesre­gie­rung, was Bundeskanzler und Vizekanzler heute hier präsentiert haben. (Abg. Dr. Van der Bellen: Haben Sie nicht aufgepasst?)

Wir haben bei Ihnen, Herr Abgeordneter Van der Bellen, aber auch bei Herrn Abge­ordnetem Gusenbauer vergeblich auf Alternativen gewartet. (Zwischenrufe bei der


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SPÖ und den Grünen.) Aber es ehrt uns Freiheitliche ja, Herr Abgeordneter Van der Bellen, wenn Sie weite Teile Ihrer Rede der Freiheitlichen Partei, dem Landes­haupt­mann von Kärnten und auch innerparteilichen Diskussionen und Strategien der FPÖ widmen, zeigt das doch, dass Meldungen, wonach man uns abschreiben würde und es bei uns ohnehin nur weitere Wahlverluste geben werde, nicht stimmen, sondern – ganz im Gegenteil! – dass Sie in Ihrem Inneren, Herr Abgeordneter Van der Bellen und Herr Abgeordneter Gusenbauer, ganz genau wissen, dass, wenn die FPÖ wieder zu dem zurückkehrt – und das wird so sein! –, was sie ausgezeichnet hat, wofür die FPÖ gewählt worden ist (Abg. Dr. Van der Bellen: Dann stimmen Sie dem Untersu­chungsausschuss zu!), und zwar in immer stärkerem Maße, Herr Abgeordneter Van der Bellen, nämlich Inhalte zu präsentieren, Lösungen für die Probleme der Bevölke­rung Österreichs nicht nur auszuarbeiten, sondern in einer Regierung auch umzu­setzen, wir dann wieder ein sehr, sehr starker Faktor sein werden, mit dem Sie und alle anderen in Österreich zu rechnen haben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dass Ihre Grünen in Kärnten offensichtlich so schwach sind – man weiß ja gar nicht, wer dort für die Grünen kandidieren wird –, dass Sie hier als Klub- und Parteiobmann eine wichtige Debatte über eine Regierungserklärung dazu verwenden müssen, um Kärntner Landespolitik schon für den Wahlkampf zu präsentieren, das zeigt auch ein bisschen die Probleme Ihrer Fraktion! (Abg. Dr. Glawischnig: Der Wahlkampf findet woanders statt!)

Herr Abgeordneter Gusenbauer und Herr Abgeordneter Van der Bellen, interessant ist: Offensichtlich muss in Österreich erst jemand zurücktreten, um eine gute Nachrede zu haben. – Ja, auch ich stimme Ihnen bei Ihrer positiven Beurteilung von Vizekanzler Herbert Haupt zu, und ich möchte mich hier namens meiner Fraktion all diesem Lob anschließen, aber: Es wäre jedoch schön gewesen, meine Damen und Herren von SPÖ und Grünen, auch von manchen Mitgliedern anderer Parteien, wenn es dieses Lob, wenn es diese Unterstützung Ihrerseits auch in den vergangenen Wochen und Mo­naten gegeben hätte. Herbert Haupt hätte sich das für seine Arbeit verdient, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Lob und Anerkennung für Herbert Haupt! Er hat es geschafft, die Freiheitlichen auch in einer schwierigen Phase auf Neupositionierung in dieser Bundesregierung zu bringen, und er hat es auch geschafft, die positive Sozialpolitik, für die wir Freiheitlichen immer gestanden sind, auch in der Regierung zu vertreten – und das wird auch in Zukunft seine wichtige Aufgabe sein.

Von Ihnen, Herr Abgeordneter Gusenbauer, brauchen wir aber keine Ratschläge, auch nicht, was Inhalte anlangt – aber diesbezüglich ist ohnehin nicht viel von Ihnen ge­kommen (Abg. Dr. Gusenbauer: Haben Sie das nicht gehört? – Ohren waschen, Scheibner!) –, denn Ihre Inhalte kennen wir ja: Krankenkassenbeiträge erhöhen, Wohn­bau­förderung abschaffen, all das haben Sie, Herr Abgeordneter Gusenbauer, in letzter Zeit präsentiert. Und das ist sicherlich nicht unsere Politik! Ansonsten haben Sie heute mit einem bemerkenswert akzentfreiem Russisch „njet“ gesagt zu all dem, was von der Freiheitlichen Partei und von der Regierung gekommen ist. Ich weiß nicht, warum das so akzentfrei kommt. Vielleicht ist das, Herr Abgeordneter Gusenbauer, irgendwo auch in Ihrer politischen, ideologischen Vergangenheit – oder auch Gegen­wart – bedingt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

„Njet“, Herr Kollege Gusenbauer, ist auch das Symbol für eine Veto-Politik, ohne sich um die Inhalte zu kümmern, ganz einfach deshalb, weil man unbedingt dagegen sein will und weil man keine eigenen Ideen einzubringen hat. Das jedoch ist zu wenig: zu wenig für eine Opposition – und selbstverständlich auch zu wenig für eine Partei, die


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sich gerne als staatstragend bezeichnet und Regierungsverantwortung übernehmen möchte.

Da Sie, Herr Abgeordneter Gusenbauer, uns dann auch noch Ratschläge zu geben versuchten, wie man mit innerparteilichen Diskussionen, wie man mit einer Regie­rungs­umbildung umgeht: Sie glauben doch nicht im Ernst, dass wir alle schon ver­gessen hätten, wie Sie von der SPÖ das damals gemacht haben! – Durchaus selbst­kritisch sage ich Ihnen an einem Tag wie heute: Wir von der FPÖ führen Diskussionen zu sehr in der Öffentlichkeit. Aber so, wie Sie von der SPÖ das immer gemacht haben – dass nämlich die Betroffenen bei Regierungsumbildungen erst aus den Medien davon erfahren haben und etwa Bundeskanzler Vranitzky 20 Regierungsmit­glieder verbraucht hat, so lange, bis er dann selbst in einer Nacht- und Nebelaktion weggeschoben wurde –, ist das sicherlich kein Vorbild für eine transparente, für eine konsequente Personalpolitik in einer Bundesregierung, Herr Abgeordneter Gusen­bauer! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Rufe bei den Freiheitlichen: Unglaublich, 20 Minister hat der Vranitzky verbraucht! – Weitere Zwi­schenrufe bei den Freiheitlichen sowie Gegenrufe bei der SPÖ.)

Sie, Herr Abgeordneter Gusenbauer, haben gesagt, Sie sind nicht für ein Köpfe­rollen. – Wunderbar, da finden wir uns, und das ist auch gar nicht notwendig, denn es sind ausgezeichnete Mitglieder in der Bundesregierung – und das wird auch in Zukunft so sein. Das, was wir aber nicht brauchen und wovon Sie, Herr Abgeordneter Gusen­bauer, gesprochen haben, ist ein Kurswechsel, denn den Kurs in die Richtung, die Sie uns verordnen wollen, haben wir 30 Jahre lang in Österreich gehabt. (Abg. Dr. Gu­senbauer: Mit Erfolg!) Diesen Kurs haben die Österreicherinnen und Österreicher im Jahre 1999 abgewählt. Dorthin wollen wir nicht wieder zurück! Wir wollen nicht zurück zu einer Verschwendungspolitik, wo man auf Kosten künftiger Generationen Wahl­zuckerln verteilt, wo man dann, wenn es notwendig ist, Einschnitte macht, so, wie Sie von der SPÖ das getan haben, nämlich bei den Ärmsten in unserem Lande, wo Sie, nämlich Ihr Parteivorsitzender Vranitzky, vor den Wahlen Pensionistenbriefe geschrie­ben und Versprechungen gemacht haben, jedoch nach den Wahlen genau zu Lasten dieser Generation dann das Budget wieder zu sanieren versucht haben!

Das ist nicht der Kurs, den wir uns vorstellen, sondern wir wollen den Kurs, den wir im Jahre 2000 eingeschlagen haben, fortsetzen: Politik für Österreich, Politik für die Menschen in unserem Lande zu machen – nicht jedoch für Interessengruppen, nicht für die eigene Partei und nicht für persönliche Interessen, wie Sie von der SPÖ das über viele Jahre, ja Jahrzehnte gemacht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Van der Bellen meinte hier, wir sollten uns nicht mit den Schwä­cheren messen. – Natürlich wollen wir uns nicht mit den Schwächeren messen, son­dern wollen uns die Latte hoch legen. Aber wenn dauernd von einem „Kurswechsel“, von „anderen Modellen“ gesprochen wird, so ist es doch wohl erlaubt, ja notwendig, sich anzusehen, wo es solche Modelle in der Realität gibt. Und da gibt es halt ein Land wie Deutschland, wo Ihr Modell – vielleicht jetzt auf Grund verschiedener Gegeben­heiten weniger aktuell – einer rot-grünen Regierung Realität ist.

Und da sehen wir ja, welche Folgen das in Deutschland hat: Rekorddefizite, Rekord­arbeits­losigkeit, keine Perspektiven für die Zukunft, Abwanderung von Unternehmen et cetera. Das ist Ihr „Modell Rot-Grün“ – und damit wollen wir uns wirklich nicht vergleichen, aber man muss der Bevölkerung schon vor Augen führen, wohin Ihre Per­spektiven, jene von Rot-Grün führen und dass das für Österreich keinesfalls das Ziel sein kann!


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Wir sind stolz darauf, meine Damen und Herren von SPÖ und Grünen, dass wir solche Projekte und Abenteuer in Österreich auch in Zukunft verhindern werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Leistungen dieser Bundesregierung können sich sehen lassen: Familien­förderun­gen wie nie in den letzten Jahrzehnten, eben mit dem Kinderbetreuungsgeld. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) – Sie waren dagegen; genauso wie bei der Verwaltungs­reform, genauso wie bei den wichtigen Initiativen der Sicherheitspolitik, genauso, wie Sie auch lange Widerstand geleistet haben gegen die „Abfertigung neu“, wo dann aber Gott sei Dank die Sozialpartner auf diese unsere Linie eingeschwenkt sind.

Ebenso sind Sie dagegen gewesen, dass das Budget saniert wird, um für die Zukunft wieder einen Spielraum zu bekommen, einen Spielraum, den wir jedoch Gott sei Dank jetzt nützen können. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Gusenbauer, Sie haben 14 Jahre lang Zeit gehabt, Wahlnie­der­lagen zu verkraften. Ich kann Ihnen sagen: Uns reicht ein Jahr! – Und jetzt geht es wieder in die Gewinnzone: mit einer aktiven Regierungspolitik und einer aktiven Frei­heit­lichen Partei. Auch diesbezüglich brauchen wir Ihr Beispiel nicht nachzuahmen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, es geht um wirklich wichtige Projekte der Zukunft. Diese Bundesregierung wird sich auch diesen Herausforderungen zu stellen haben, und ich bin sicher, dass auch Vizekanzler Gorbach, der ja als Infrastruktur- und Verkehrs­minis­ter zeigt, dass er mit Inhalten, mit Ideen für Österreich sowohl innen- als auch außen­politisch gute Arbeit leistet, das konsequent und in diesem Sinne fortsetzen wird.

Wir sind jetzt dabei, ein Konjunkturpaket zu schnüren. Da wurde jetzt von irgendeiner Rednerin vorhin gesagt (Abg. Heinisch-Hosek: Ich war das!) – ja, von Ihnen kam das –, diese Konjunkturpakete hätten nichts bewirkt. – Na selbstverständlich haben sie etwas bewirkt! Diese beiden Konjunkturpakete haben Österreich vor einer Rezession, haben das kleine Wirtschaftswachstum noch bewahrt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das nächste Konjunkturpaket wird dafür sorgen, dass 2004 der Konjunkturmotor wirk­lich anspringt. Das ist eine Initiative dieser Bundesregierung, auch für die Wirtschaft und für die Kaufkraft. Deshalb wird es notwendig sein, die erste Etappe dieser Steu­erreform 2004 umzusetzen – das ist ja bereits beschlossen – und 2005 das größte Steuerentlastungspaket, das es in den letzten Jahrzehnten gegeben hat, für die Be­völkerung umzusetzen. Wir werden auch – und das sage ich Ihnen ebenfalls in aller Deutlichkeit – selbstverständlich noch zu überprüfen haben, welche für die Konjunktur positiven Maßnahmen, die Konjunktur fördernden Maßnahmen und die Kaufkraft för­dernden Maßnahmen wir aus diesem Paket 2005 schon 2004 in Kraft setzen kön­nen.

Da wären Ideen von Ihnen gefragt, aber Sie bringen ja nicht einmal einen Antrag auf Steuersenkung zustande (Abg. Dr. Gusenbauer: Der liegt im Parlament!), sondern Sie haben ehemals eine Steuererhöhung beantragt. Also bringen Sie einmal gescheite Ideen ein, dann können wir auch darüber diskutieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Der Antrag liegt im Parlament zur Bearbeitung!)

Weitere Punkte: Gesundheitsreform – ein wichtiges Anliegen! – und Pensionsharmo­nisierung, damit das Sozialsystem in der jetzigen Qualität auch für künftige Genera­tionen aufrechterhalten werden kann.

Meine Damen und Herren! Die Sicherheit wird immer ein bisschen nebenbei be­trach­tet. Das ist auch für uns Freiheitliche ein ganz besonderes Anliegen: Die hohen Sicher­heitsstandards in Österreich müssen erhalten bleiben. Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, Sie wissen, dass hier ein bisschen meine Kritik ansetzt und im-


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mer schon angesetzt hat. Einsparungen und Verwaltungsreform: ja, das ist notwendig, es ist auch durchgesetzt worden und muss weitergeführt werden; aber bei der Sicher­heit zu sparen, das kann von uns und von mir keine Unterstützung bekommen! (Abg. Dr. Glawischnig: ... mehr Sicherheit!) Dort, wo die Exekutive und das österreichische Bundesheer ein Mehr an Personal und an Infrastruktur brauchen, um die Sicherheit der Bevölkerung auch in Zukunft zu garantieren, wird es notwendig sein, unter Einhaltung der Sparsamkeitskriterien zusätzliche Mittel zu geben. Wir werden dafür sorgen, dass da die Standards und Prinzipien eingehalten werden. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Drei Jahre habt ihr ...!)

Kollege Kummerer, weil du als Heeresexperte hier einen Zwischenruf machst, darf ich dir sagen: Es wird auch an euch liegen, dass in der Bundesheer-Reformkommission nicht darüber diskutiert wird, wie wenig Bundesheer man in Zukunft hat, sondern ganz im Gegenteil darüber – und zwar ohne ideologische Scheuklappen –, wie das öster­reichische Bundesheer mit seinen vielen Tausenden engagierten Soldaten auf die neu­en, künftigen Herausforderungen ausgerichtet wird, sodass wir vermeiden und verhin­dern können, dass diese so wichtige Institution in Zukunft als Spielball der politischen Parteien und der Ideologien missbraucht wird. Da hättet auch ihr einiges zu arbeiten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Europa ist angesprochen worden – ja, das ist ein wichtiges Zukunftsprojekt! Wir alle setzen große Hoffnungen in dieses gemeinsame, in dieses friedliche Europa, aber es ist auch notwendig, eine kritische Komponente in Europa und in der Europäischen Union mit einzubringen. Wir wissen, dass viele Mechanismen nicht in die Richtung gehen, die wir uns vorstellen: die Strukturen mit demokratischen Instrumenten und mit möglichst wenig Verwaltung auszugestalten, auch die Anliegen der Bürger optimal zu vertreten. Gerade wenn es darum geht, die Sicherheits­interes­sen der Europäer mit zu berücksichtigen und eine europäische Identität zu schaffen, sind Europa und die Europäische Union noch sehr, sehr weit von Ziel entfernt. Ich er­warte mir von der österreichischen Bundesregierung – und das österreichische Parla­ment wird hier ebenfalls Initiativen setzen –, auch diese positive und konstruktiv kriti­sche Rolle als Motor, aber auch als Kontrollor dieser europäischen Entwicklung dar­zustellen. Wenn wir sagen, dass die Europäische Union eine Wertegemeinschaft ist, dann müssen sich diese Werte aber auch bei allen Mitgliedsländern widerspiegeln, und wo dies nicht der Fall ist, muss es entsprechende Kritik geben.

Meine Damen und Herren! Für die Außenpolitik Österreichs stelle ich mir vor, diese kritische Rolle einzunehmen, für die wir geschätzt werden, und diese objektive Rolle auch wahrzunehmen. Überall dort, wo Gewalt gegen Unschuldige und gegen Zivilisten ausgeübt wird, wo das Völkerrecht durch kriegerische Mittel gebrochen wird – egal, von wem und wo –, hat auch Österreich seine mahnende und kritische Stimme zu erheben. Das erwartet die Staatengemeinschaft von uns, und ich glaube, das erwarten sich auch die Österreicher von einer aktiven und konsequenten Außenpolitik.

Meine Damen und Herren! Abschließend sei noch gesagt: Es ist auch klar, dass wir alle gemeinsam Zukunftsperspektiven entwickeln müssen, etwa im Bildungssystem, bei den Forschungsausgaben und Forschungsprojekten. Wir müssen dafür sorgen, dass Österreich Standorte in der Wirtschaft behält und vielleicht sogar wieder neue Standorte bekommt, denn nur eine funktionierende, eine aktive, eine zukunftsorien­tier­te Wirtschaft schafft langfristig sanierbare und haltbare Arbeitsplätze.

Das ist die Politik für die Menschen, das ist die Politik für die Zukunft, die wir uns von dieser Bundesregierung erwarten. Wir sind sicher, dass sie mit dieser Bundesregierung in der geänderten Zusammensetzung noch besser als bisher gewährleistet ist. Die frei­heitliche Fraktion steht hinter dieser Bundesregierung, und sie steht zu dieser Bundes-


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regierung. Wir wissen, dass es keine Alternative zu diesem Projekt der bürgerlichen Reformpartnerschaft für Österreich gibt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.05

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich bitte um eine ganz schnelle Entscheidung.

Wir sind davon ausgegangen, dass wir um 12 Uhr mit der vorletzten Runde beginnen – vier mal 10 Minuten – und dann bis 13 Uhr mit vier mal 5 Minuten abschließen. Das geht sich offenbar nicht aus. Mein Vorschlag ist jetzt: vier mal 9 Minuten, und dann ent­scheiden, ob noch vier mal 5 Minuten möglich sind oder ob auf vier mal 4 Minuten ge­kürzt werden muss. Das scheint mir sinnvoll zu sein.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Redezeit: 9 Minuten – bitte exakt einhalten. (Staatssekretär Mag. Schweitzer: ... zu viel für Cap!)

 


12.06

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte vorerst einmal dem Herrn Bundeskanzler und der Bundesregierung gratulieren zu der tollen schau­spielerischen Leistung, die sie vollbracht haben (demonstrativer Beifall bei Abge­ord­neten der ÖVP – Bundesminister Dr. Bartenstein: Danke!), denn das muss man einmal zusammenbringen, dass man, wenn eine Regierung derart in den letzten Zügen liegt, wirklich nur noch keucht und eigentlich nichts mehr weiterbringt, hierher kommt und so tut, als ob es noch das Potenzial für einen Neubeginn und für einen Aufbruch gäbe, und diese Regierung als „Team“ bezeichnet. Das ist also eine ganz tolle schau­spielerische Leistung.

Sie scheinen allerdings einen Fehler im Sprechtext gehabt zu haben, Herr Bun­des­kanzler, als Sie dem neuen Vizekanzler alles Gute im kommenden Jahr gewünscht haben. Heißt das, in einem Jahr gibt es wieder einen neuen Vizekanzler? (Zwischen­rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Oder: Sie sind nicht mehr Bundeskanzler und erkennen vielleicht, dass es besser ist, einmal den Bundeskanzler auszuwechseln und nicht immer die Vizekanzler? – Bitte klären Sie uns endlich auf! (Beifall bei der SPÖ.)

Heute sind Studien erwähnt und Zahlen verglichen worden, und Alexander van der Bellen hat wirklich sehr interessant darauf hingewiesen, dass man immer auf schlech­tere Regierungen schaut und nicht auf bessere. Es hat am Montag die Präsentation einer interessanten Studie gegeben, worin acht vergleichbare Länder, Länder der Eu­ro­päischen Union und die Schweiz, hinsichtlich wichtiger, zentraler Wirtschaftsdaten und anderer Kennzahlen untersucht worden sind – es handelt sich um Belgien, Däne­mark, Finnland, Irland, Niederlande, Schweden, Österreich und die Schweiz –, und dabei hat sich bei insgesamt 24 wirtschaftlichen Indikatoren herausgestellt, dass Öster­reich in sieben Bewertungen besser, hingegen in 17 Bewertungen schlechter als der Durchschnitt war. (Abg. Mag. Molterer: Jetzt sind Sie glücklich, oder was?) Dazu muss man sagen, dass die Studie von der oberösterreichischen Industriellenvereinigung bei Professor Dr. Friedrich Schneider, Volkswirtschaftslehrer an der Johannes Kepler Uni­ver­sität Linz, in Auftrag gegeben wurde, und er hat auch diese Präsentation vorge­nommen. (Abg. Mag. Molterer: Jetzt ist Cap glücklich: Er kann negativ sein!)

Das Interessante dabei ist, dass wir beim Wirtschaftswachstum, gemessen am na­tiona­len Bruttoinlandsprodukt, mit durchschnittlich 2,2 Prozent über die Jahre 1998 bis 2003 im hinteren Mittelfeld der Länder sind, dass Österreich bei den Brutto-Inlands­ausgaben für Forschung und experimentelle Entwicklung über alle untersuchten Jahre einen der geringsten Werte im Vergleich der Volkswirtschaften hat und dass wir – im Ge­gen­satz zu diesen vergleichbaren Ländern – die Abgabenquote schrittweise erhöht, das heißt die Österreicherinnen und Österreicher belastet haben. Von der Arbeits-


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losenrate rede ich jetzt gar nicht, es ist ohnehin eine der schlechtesten, die Sie auf­zuweisen haben. Das heißt, in allen wichtigen Daten kommt heraus, dass Sie schlech­te Arbeit geleistet haben und Versäumnisse aufzuweisen haben.

Nun sagen Sie am Schluss, fast selbstverräterisch: Aber jetzt müssen wir die Ärmel auf­krempeln! – Das hörte ich bei der Präsentation des neuen Vizekanzlers. Was haben Sie dann bisher gemacht, dass Sie jetzt die Ärmel aufkrempeln müssen? – Sie müssen sich anscheinend in einem Tiefschlaf oder in gegenseitiger Blockade befunden haben! (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Dann werden Studien erstellt wie diese hochinteressante Studie, die einen Volkswirtschaftsvergleich bringt und in welcher herauskommt, dass da Österreich so schlecht zu liegen kommt!

Wissen Sie, und dann die Negation, nicht nur, wie Sie mit dem Parlament umgehen, Herr Bundeskanzler und sehr geehrte Regierungsmitglieder: Mühsam ist es, hier Aus­schusstermine zustande zu bringen. Na ja, was wollen Sie auch den Ausschüssen vorlegen, wenn diese Regierung nichts arbeitet oder nur sehr sporadisch arbeitet? Allein bis man einen Termin des Sozialausschusses zusammenbringt – eben weil es keine Initiativen des von Ihnen benannten „größten“ Sozialministers dieser Regierung gibt!

Da sage ich Ihnen, was besonders keck ist. Wir werden Ihnen unsere Konzepte einmal auf den Tisch legen, Herr Bundeskanzler (Abg. Schöls: Eine gefährliche Drohung!), und man wird es über die Fernsehkamera nicht mehr aufnehmen können, weil Sie dann nicht mehr sichtbar sein werden (Abg. Mag. Molterer: Weil sie nicht da sind!), denn so viele Konzepte haben wir bereits zu den wesentlichen Punkten: ob das die Pensionsharmonisierung ist, ob das den Gesundheitsbereich betrifft, ob das die Steuerreform ist, ob das ein Konjunkturpaket ist. Da liegen die Konzepte auf dem Tisch, die Sie nicht interessieren, weil Sie überheblich und arrogant in dieser Re­gierung sitzen und im Nichtstun verharren. Das ist in Wirklichkeit Ihre Haltung! (Beifall bei der SPÖ.)

Richtig ist, was die „Kronen-Zeitung“ am Beginn dieser Woche in einem Kommentar als Schüssel’sche Meinung geschrieben hat – ich zitiere –: „Wir bleiben in der Regierung, wir bringen nichts mehr zusammen, das aber schon.“

Weiter unten heißt es dann – wiederum Zitat –: „Und Schüssel regiert, indem er nicht regiert. Er sitzt aus. Da ist er groß.“

Was hat das mit einem Regierungsprogramm zu tun? Welche Arbeitsbasis ist das, um für Österreich zu arbeiten? – Daher habe ich gesagt, Ihnen gebühre der Iffland-Ring für eine besondere schauspielerische Leistung, wenn Sie dann mit einem treuherzigen Augenaufschlag sagen, das alles geschehe nur für Österreich. Da werden sich die Österreicherinnen und Österreicher aber bedanken für das, was hier geschieht, und vor allem für das, was hier nicht geschieht! Das erkennen viele in diesem Land. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Damit kommen wir zu einem Punkt, der mir in diesem Zusammenhang besonders wich­tig ist. Jetzt beginnt man schon langsam damit, den Weihrauchkübel in Richtung Außenministerium zu schwenken, sodass man die Frau Außenministerin auf der Re­gierungsbank kaum mehr erkennt. Aber lassen wir doch einmal kurz Revue pas­sieren, was Sie auf außenpolitischer oder europäischer Ebene wirklich zu verantworten haben.

Da sage ich Ihnen, Sie hätten – und darauf haben wir schon mehrfach hingewiesen –die Chance gehabt, gerade im Rahmen der italienischen Präsidentschaft Schritte mit zu initiieren, dass es eine europäische Wachstumsinitiative gibt. Mitnichten war hier Österreich der Motor! Wenn Sie sich hier herstellen und uns erzählen, wie „motorig“ Österreich überall unterwegs ist, und wir dann nachfragen, ob das auch stimmt, dann


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kommt regelmäßig heraus, dass Sie bestenfalls schweigender Zuseher sind, aber nur dort, wo es um Posten geht, munter werden und ansonsten für Österreich auf dieser Ebene nichts leisten. Es wäre aber wichtig gewesen, dass es diese Wachs­tums­ini­tiative auf europäischer Ebene gegeben hätte, weil das in Koppelung mit nationalen Wachstumsinitiativen Auswirkungen für Beschäftigung und Standortsicherung hat und weil das für die Wirtschaft entscheidend ist. Aber die ist Ihnen anscheinend gleich­gültig. Da muss ich Ihnen sagen: Das halte ich für ein ganz großes Versäumnis, und dafür ist natürlich auch Ihre Konzeption des Nichtstuns mit verantwortlich.

Oder: Meines Wissens hat es schon drei oder vier Verkehrsminister seit Februar 2000 gegeben. Wo ist eine Lösung des Transitproblems erreicht worden? Herr Vizekanzler, Sie sind jetzt, glaube ich, der Vierte in der Reihe. (Zwischenbemerkung von Vize­kanzler Gorbach.) Ja, es wird zwar gelobhudelt, aber von den Ergebnissen her muss ich Ihnen sagen: In Wirklichkeit ist es erbärmlich! Über Anti-Atompolitik wird nicht mehr gesprochen, und darüber, wo unsere bedeutende und integrative Rolle im Bereich der Erweiterung ist, sowie über die nationalen Vorbereitungen haben Sie auch heute wieder keine Zahlen, keine Daten, keine Fakten auf den Tisch legen können!

Jetzt möchte ich Ihnen nicht weiter schildern – und das ist ein besonderes Ver­säumnis –, was den gesamten Forschungs-, Wissenschafts- und vor allem auch Uni­ver­sitätsbereich betrifft. Da kann ich nur auf Veröffentlichungen in Magazinen und Zei­tungen hinweisen: Studiengebühren werden gezahlt, aber für die Studenten hat sich nichts geändert – Schlange stehen, zur Prüfung kommt man nicht dran, es ist eine Katastrophe! (Abg. Dr. Glawischnig: Es ist schlechter geworden!) Manche Einfüh­rungs­vorlesungen sind mit 1 200 Hörern begrenzt. (Abg. Mag. Molterer: Und Broukal will ...! „Zugangsbeschränkungen“ ist das deutsche Wort dafür!) Es gibt einen Inves­titions-Stopp, an der Technischen Universität können Stromrechnungen nicht bezahlt werden, in Salzburg steht an manchen Stellen das Wasser, es wächst der Schimmel und es bröckelt von den Decken. Das alles ist Ihnen gleichgültig. Ich kann Ihnen eine ganze Liste darüber aufzählen, was sich an den Universitäten an Mängeln ereignet, weil Ihnen die Bildungspolitik egal ist.

Aber Sie kuscheln sich peinlich an den Arnold Schwarzenegger heran und tun so, als ob er quasi Ihr Kandidat gewesen wäre. Er hat gesagt: Wenn gespart wird, dann nicht auf Kosten der Bildung. – Schreiben Sie sich das in Ihr Stammbuch, zumal Kalifornien jetzt Ihrer Meinung nach schon das zehnte Bundesland ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Interessant war auch, was Frau Staatssekretärin Haubner in der „Presse“ vom 22. Ok­tober gesagt hat, nämlich, es sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für Köpferollen und dafür, dann neue Köpfe zu setzen. Da frage ich Sie: Wann ist es denn der richtige Zeitpunkt? Wie ist das in Ihrer Partei, in Ihrer Fraktion? Man hört ja, Ministerin Gehrer sei amtsmüde, Strasser wolle Außenminister werden. Was ist da los? Sind Sie vielleicht schon ein bisschen müde? (Abg. Dr. Glawischnig: Strasser will Außenminis­ter werden!) Was steht hier wirklich im Hintergrund? Wann gibt es die nächste Re­gierungsumbildung?

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Mit Berechenbarkeit und Stabilität hat das nichts zu tun! Mit einer Partei, die sagt, dass sie die Partei der Mitte ist, hat das nur in einem Punkt etwas zu tun: Sie ist in der Mitte des Schlamassels, sie muss das verantworten, und Sie sind der Architekt dieser Regierungskonstruktion! (Beifall bei der SPÖ.)

12.16

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Gleiche Redezeit: 9 Minuten. – Bitte.

 



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12.16

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­kanz­ler! Herr Vizekanzler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Unser Klubobmann Willi Molterer hat nach der Rede des Herrn Dr. Gusenbauer gemeint, seine Rede wäre der beste Beweis dafür gewesen, dass Dr. Gusenbauer die richtige Funktion in der Politik innehabe, nämlich die Oppositionsrolle. – Herr Kollege Cap, ich kann dazu nur eines sagen: Mit Ihrer Rede haben Sie das doppelt und dreifach bestätigt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es ist für mich immer erstaunlich, welch geballtes Ausmaß von negativer Energie man aufbringen kann, wie es möglich ist, auf einem Auge total blind zu sein, und wie wenig Vertrauen man, Herr Kollege Cap, auch in die Leistungsfähigkeit dieses Landes hat.

Eines haben wir immer gesagt: Dass wir im Vorjahr eine positive Leistungsbilanz hatten, erstmals eine positive Handelsbilanz, das ist nicht nur der Erfolg der Regierung, sondern das ist vor allem auch der Erfolg von Tausenden Unternehmen und vielen, vielen Mitarbeitern in den Betrieben. Diese zeigen, wie groß die Leistungsfähigkeit die­ses Landes ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Gusenbauer und Herr Kollege Cap! Ich würde mir mehr Respekt vor der Leistungsfähigkeit von Millionen Erwerbstätigen in Österreich erwarten. Machen Sie das Land nicht schlecht! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Matznetter: Sie machen es schlecht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Mir sind noch zwei Dinge aufgefallen. Erstens ist mir Folgendes aufgefallen – und auch da setze ich bei unserem Klubobmann fort –: Er hat kurz das Verhältnis zwischen ÖGB und SPÖ angesprochen. Meine Damen und Herren, ist Ihnen aufgefallen, was Herr Dr. Gusenbauer zu dem Vorwurf gesagt hat, dass die SPÖ kein Konzept der Pen­sionsharmonisierung habe? – Er hat gesagt, der ÖGB habe ohnehin ein Konzept vorgelegt. Da frage ich Sie: Sind SPÖ und ÖGB wirklich schon identisch, Herr Kollege Gusenbauer? (Abg. Dr. Gusenbauer: ... völliger Blödsinn!) Lesen Sie das Protokoll nach! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben hier gesagt, der ÖGB habe ohnehin ein Konzept vorgelegt. Herr Kollege Gusenbauer, Sie haben keinen einzigen konstruktiven Vorschlag gemacht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Wittmann: Das ist Ihre Methode: bewusst die Unwahrheit sagen!)

Ich würde mir wünschen – und da spreche ich auch den Präsidenten Verzetnitsch an –, dass Sie nach diesem blamablen Abstimmungsergebnis, was den christlich-sozialen Vizepräsidenten betrifft, und nach der heutigen Aussage von Gusenbauer hier heraus­kommen und betonen, dass Sie wieder zur Überparteilichkeit des ÖGB zurückkehren werden. Herr Präsident Verzetnitsch, ich glaube, das wäre notwendig für dieses Land! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gradwohl: Seien Sie froh, dass Sie keine Abstimmung ...!)

Lassen Sie mich zwei Worte zum Wechsel in der Bundesregierung sagen: Herr Vize­kanzler Gorbach, Sie kennen meine Sympathie, meine Wertschätzung und mein Ver­trauen in Ihre Person. Ich sage hier im Hohen Haus aber auch: Dieses Vertrauen und diese Wertschätzung gründet sich auf die charakterlichen Eigenschaften, die ich an Hubert Gorbach kennen gelernt habe: Geradlinigkeit, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Enga­gement, ständig bereit, das Beste zu geben – Herr Vizekanzler, das sind die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Regierungsarbeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte aber auch ein Wort des Dankes an Herbert Haupt sagen – Herbert Haupt, ein freiheitliches Urgestein, würde ich sagen, ein unglaublich kenntnisreicher Sozial­minister! Ich sage aber augenzwinkernd: Ein bisschen leiden wir zeitlich manchmal unter diesem Wissen, weil jede Sitzung ein bisschen länger dauert, wenn er es in voller Breite ausbreitet, aber uns ist ein solcher Sozialminister zehnmal lieber als einer, des-


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sen Hauptcharakteristikum es ist, ein rotes Parteibuch zu haben und Gewerk­schafts­mitglied zu sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe einmal – ich gebe sonst Vier-Augen-Gespräche nicht wieder – Herbert Haupt gefragt: Wieso tust du dir das alles eigentlich an? Die Antwort lautete sinngemäß – und das ist bemerkenswert –: Ich spüre die Verantwortung, die ich trage!

Meine Damen und Herren! Solche Politiker braucht das Land – Politiker, die von sich sagen: Ich spüre die Verantwortung, die ich trage! (Abg. Dr. Glawischnig: Und dann soll man ihn austauschen?) – Herr Sozialminister, mein Respekt für diese geistige Ein­stellung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich kehre zurück zu den Ausführungen meines Vorredners, des Kollegen Cap. Er hat krampfhaft versucht, eine Statistik zu finden, in der etwas nicht so perfekt ist an der Performance dieses Landes und dieser Regierung. (Abg. Dr. Matznetter: Das ist aber nicht schwer!)

Herr Kollege Cap, ich weiß, es ärgert Sie immer, wenn man den Vergleich Österreich-Deutschland anstellt. Ich sage Ihnen noch einmal, warum wir das tun. Erstens: Wir sind mit keinem Land der Welt wirtschaftlich so eng verflochten wie mit Deutschland, und was dort geschieht, hat für uns enorme Auswirkungen! (Abg. Dr. Matznetter: Schauen Sie sich doch einmal die Materialien des Europäischen Statistischen Zentralamts an!)

Zweitens: Wir haben erstmals im deutschsprachigen Raum beide Regierungskon­stel­lationen, hier in Österreich die bürgerliche Koalition, Schwarz-Blau, und dort Rot-Grün, und dieser Vergleich macht uns eben sicher, auch wenn Sie es nicht gern hören.

Egal, welche Statistik Sie zitieren, es gibt seit vielen Jahren drei wirtschaftliche Kenn­zahlen, wo sich alle Ökonomen einig sind, nämlich beim Wirtschaftswachstum, bei der Inflation/Preissteigerung und beim Arbeitsmarkt, und in all diesen drei Bereichen liegt Österreich an hervorragender Stelle. Während Deutschland stagnierte, hatten wir in den letzten zwei Jahren insgesamt ein Wachstum von 2 Prozentpunkten. Das ist zwar nicht viel, aber ohne diese Regierung – fragen Sie das WIFI! (Abg. Dr. Glawischnig: Wen?) – hätten wir nicht einmal dieses Wachstum gehabt. Das ist der Unterschied zwischen Rot-Grün in Deutschland und Schwarz-Blau in Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir waren heuer im Sommer das preisstabilste Land in der EU, und was den Ar­beitsmarkt betrifft, hat Deutschland eine doppelt so hohe Arbeitslosigkeit wie wir. Das deutsche Modell würde bei uns bedeuten, Herr Kollege Cap – ich wage es gar nicht auszusprechen –, dass wir 450 000 bis 500 000 Arbeitslose in diesem Land hätten. Unvorstellbar! In Deutschland ist es aber so, unter Rot-Grün! (Abg. Dr. Glawischnig: Die haben aber auch andere Aufgaben zu lösen!)

Eine dritte Zahl, Frau Kollegin Glawischnig, und zwar eine Zahl betreffend die Budget­politik: Unter Federführung von Finanzminister Karl-Heinz Grasser, den Sie mit einer Schmutzkübelkampagne zu diffamieren versuchen, und gemeinsam mit Staatsekretär Alfred Finz ist es gelungen, dass wir wie in den Jahren 2001 und 2002 auch heuer wieder de facto ein ausgeglichenes Budget haben werden. Wir hatten einen Über­schuss von 0,3 Prozent im Jahr 2001, ein Minus von 0,1 Prozent im Jahr 2002, und ich wage bei aller nötigen Vorsicht die Prognose, dass wir heuer ein Budgetdefizit von weniger als 1 Prozent haben werden. Das ist erfolgreiche neue Finanz- und Wirt­schafts­politik dieser Bundesregierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber lassen Sie mich auch sagen: Wir sind uns dessen bewusst, dass gewaltige Herausforderungen vor uns stehen. Die Neugestaltung Europas beziehungsweise die Ost-Erweiterung der Europäischen Union bedeutet wirtschaftlich, dass Chancen und


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Risiken neu verteilt werden. Wenn ich mir anschaue, was in den künftigen, neuen EU-Beitrittsländern – und ich war erst am Wochenende in einem solchen – alles unternommen wird, um die Konkurrenzfähigkeit zu stärken, dann muss ich sagen: Da bin ich froh, dass heute sowohl der Bundeskanzler als auch der Vizekanzler das Thema Zukunftssicherung ist gleich Standortssicherung, und Wirtschaftsstandort heißt auch Arbeitsstandort, heißt auch Arbeitsplätze, Einkommen und soziale Sicherheit so wichtig nehmen.

Herr Vizekanzler! Mich hat der Vorschlag sehr gefreut, gleichsam ein ständiges Moni­toring durchzuführen, was unsere wichtigsten Konkurrenzländer im Bereich der Steuer­politik unternehmen. Ich würde es fast noch ein bisschen ausweiten. Mein Wunsch­traum war immer, eine Gruppe zu haben, die praktisch eine ständige Beurteilung der Standortsicherung macht, also nicht nur die Steuerpolitik, sondern noch erweitert um Flexibilität, Mobilität und Innovation. Wenn wir das erreichen könnten, dann hätten wir vielleicht ein objektives Kriterium für jene Politik, für die diese Bundesregierung steht: eine Politik der Zukunftssicherung, eine Politik der Standortsicherung, eine Politik, über die man sagen kann: Das Land ist bei dieser Regierung in guten Händen. Ich lade die Opposition ein, wegzugehen von einer Politik des Hickhack und sich einer Politik der Zukunftssicherung anzuschließen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Vize­kanzler Gorbach: Danke schön!)

12.24

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Gleiche Redezeit. – Bitte.

 


12.24

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Herr ehemaliger Vizekanzler! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben jetzt einiges sehr Positives über Herbert Haupt gehört. Beide Regie­rungsparteien haben dem ehemaligen Vizekanzler Rosen gestreut. Da frage ich mich: Warum haben Sie ihn dann eigentlich als Vizekanzler abgelöst? Warum eigentlich? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eine Erklärung haben wir heute schon gehört, nämlich die, dass Herbert Haupt einmal zuviel die Wahrheit gesagt hat, nämlich als er meinte, die Wirtschaftspolitik der Bun­des­regierung sei gescheitert. Damit hat er eingestimmt in einen Chor von Landes­hauptleuten, die irgendwie meinen, die Bundesregierung sei eine Katastrophe, die Bun­desregierung sei abgehoben und – eben! – die Wirtschaftspolitik sei gescheitert. Ist das der Grund? Ich weiß es nicht.

Ich habe noch eine andere Erklärung, die man vielleicht diskutieren könnte, und die hat mehr mit den Österreicherinnen und Österreichern zu tun, nämlich mit den Wahlen in Tirol und in Oberösterreich. Das Signal, das die Wählerinnen und Wähler dort aus­gesandt haben, war sehr deutlich, nämlich dass der Kurs der blau-schwarzen Bun­desregierung von den Wählerinnen und Wählern in Österreich nicht mehr gewollt wird, dass sich dieses Projekt totgelaufen hat und dass Bundeskanzler Schüssel massiv an Vertrauen verloren hat. Nur mehr 23 Prozent wollen ihn als Kanzler sehen. Sie versuchen jetzt in homöopathischen Dosen, nämlich mit Hubert statt Herbert, dieses tote Projekt wieder zu beleben. Ich meine, das kann nicht gehen, das kann nicht einmal mehr mit einer Herztransplantation mehr gelingen. Ich meine, Schwarz-Blau ist ein­deutig gescheitert und Sie stehen nun vor dem Scherbenhaufen dieser Politik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich meine auch nicht, dass die Sätze, die Rhetorik oder die Klarheit, mit der Herbert Haupt sich manchmal auszudrücken versuchte, der Grund für die Misserfolge in Oberösterreich und Tirol war, sondern ich denke, dass es die Politik war. Es ist


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offenkundig die Politik dieser Bundesregierung und auch die Politik der FPÖ, das war nicht Herbert Haupt allein. Die FPÖ hat in Oberösterreich und Tirol dramatische Einbrüche zu verzeichnen gehabt, und das war ein sehr klares Signal. Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, mit Ihren Stimmen sind letztendlich die Abfangjäger beschlossen worden, mit Ihren Stimmen ist letztendlich eine Pensionskürzungsreform beschlossen worden, mit Ihren Stimmen ist die Voest in eine völlig unnötige Priva­tisierung getrieben worden, und jetzt bekommen Sie eben die Rechnung dafür präsen­tiert!

Mit dieser Regierungsumbildung versuchen Sie, in irgendeiner Form die Situation wieder in den Griff zu bekommen, aber es ist der falsche Weg, denn Hubert statt Herbert reicht nicht. Im Wesentlichen ginge es um eine inhaltlich völlig andere Orien­tierung für Österreich, und Sie sollten ihren inhaltlichen Kurs überdenken und nicht Vornamen austauschen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Doch was kommt nun? Ich habe heute mit Interesse und Neugier gelauscht, was so für die nächsten Monate angekündigt wird, und etwas, was wir schon kennen, nämlich das Vorziehen einer Steuerreform, ist wieder einmal als wichtigstes Projekt eines Vize­kanzlers vorgestellt worden. Das war schon letztes Jahr das wichtigste Projekt der damaligen Vizekanzlerin und der Landeshauptleute. Doch was daraus geworden ist, sehen wir: Es sind Neuwahlen daraus geworden. Die FPÖ hat zwei Drittel ihrer Wähle­rinnen verloren, und die Steuerreform haben Sie bis heute nicht gemacht. Ich weiß nicht, ob das ein erfolgreicher Kurs ist, den man fortsetzen sollte.

Wenn ich dann höre, dass eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden soll, ein Arbeits­kreis – und zwar nach dem Motto: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann gründe ich einen Arbeitskreis! –, der die internationale Entwicklung in Europa analysieren soll, und das schon als Erfolg verkauft wird, dann muss ich sagen: Das ist schon sehr wenig! Dabei muss ich dazusagen, dass das in der Regierung noch nicht einmal Konsens ist, weil der Bundeskanzler dazu nur gesagt hat, dass es ein sehr interessanter Vorschlag sei. Also nicht einmal mit diesem Arbeitskreis haben Sie sich durchgesetzt, Herr neuer Vizekanzler! (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Das machen wir!)

Aber das Dramatische daran ist, dass Sie wieder mit einem Konzept daherkommen, das Flat-Tax heißt und im Wesentlichen eines bedeutet: weniger Steuern für die Reichen! (Abg. Wattaul: Falsch! Das heißt flache Steuern!) Da frage ich Sie: Ist das tatsächlich Ihre Lösung, wo Sie doch noch vor wenigen Monaten gesagt haben, die untersten Einkommensbereiche, die Bezieher kleinster Einkommen müssten entlastet werden, die Steuerreform müsste eine Entlastung für diejenigen bringen, die jetzt am meisten draufgezahlt haben? Flat-Tax heißt 25 Prozent für alle, was wiederum das Gleiche heißt: weniger Steuern für die Reichen! So ist es, es tut mit wirklich Leid! (Abg. Scheibner: Das stimmt doch nicht! Fragen Sie Professor Van der Bellen!) Ein sehr interessanter Vorschlag für eine Partei, die sich einmal für den „kleinen Mann“ und die „kleine Frau“ stark gemacht hat. (Beifall bei den Grünen.)

Wo stehen wir nun? – Hubert statt Herbert! Ich habe mit Interesse Ihrer Rede ge­lauscht und muss Folgendes sagen: Obwohl sich der vorige Vizekanzler manchmal et­was schwerer getan hat, etwas auf den Punkt zu bringen, so hat er doch hie und da noch etwas Konkretes gesagt. Sie haben heute überhaupt nichts Konkretes gesagt! Das war eine Ansammlung von Gemeinplätzen, von Plattitüden, eine Darstellung der internationalen Entwicklung, ein Blablabla, also ich habe überhaupt keine Vorstellung davon, was sich mit Ihrem Amtsantritt jetzt tatsächlich ändern wird.

Im Gegenteil: Wenn Sie von Ihrem ureigensten Bereich sprechen, nämlich von der ÖBB, dann wird deutlich, dass Sie die Zeichen der Zeit nicht sehen und weiter darauf beharren, Ihren Zerschlagungskurs, Ihren Abspeckkurs fortzusetzen. Ein Beispiel nur:


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Wenn Sie sagen, dass ein Viertel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der ÖBB weggespart werden soll, dann frage ich Sie: Was denken Sie, wie sich das auf das Angebot auswirken wird? Heißt das jetzt weniger Straße oder mehr Straße? Ich meine, die Rechnung ist sehr einfach: Das heißt mehr Straße und weniger Schiene!

Was bedeutet es, wenn ein Finanzminister immer noch nicht fix zugesagt hat, Infra­strukturprojekte zu finanzieren? Also ich muss sagen: Ich habe heute von Ihnen in dieser Hinsicht eigentlich nichts Neues und auch, was sonstige Politikbereiche betrifft, eigentlich nichts Vertrauen Erregendes gehört, sodass ich mir vorstellen könnte, dass dadurch irgendetwas besser würde.

Nun auch ein paar Sätze zur ÖBB: Die Schienenmaut zu verdoppeln, bedeutet auch nicht mehr Schiene und weniger Straße, sondern genau das Gegenteil. Wenn Sie diese systematische Aushungerungspolitik fortsetzen, dann werden Sie damit auf euro­päischer Ebene nicht mehr ernst genommen. Das Transitproblem werden Sie damit nicht lösen, und auch alle anderen Probleme nicht!

Der Herr Bundeskanzler hat heute von EU-Reform und Verfassungsreform gespro­chen, was er das letzte Mal auch schon getan hat. – Herr Bundeskanzler! Da möchte ich Sie auch einmal etwas fragen, denn Sie haben da viele wichtige Themen ver­gessen: Was ist mit EURATOM geworden? Ist es so wichtig, dass jedes Land einen eigenen Kommissar hat, dass man die inhaltlichen Fragen, nämlich die Neugestaltung der Verkehrspolitik, die Neugestaltung der Antiatompolitik, den europäischen Atom­ausstieg hintanstellt? – Ich habe dazu heute kein einziges Wort gehört. (Abg. Mag. Mol­terer: Im letzten Hauptausschuss ist das alles erklärt worden!)

Ansprechen möchte ich auch noch andere Themenbereiche, die für diese Bundes­regierung vielleicht recht relevant wären, wenn schon über Generationengerechtigkeit und Jugendpolitik gesprochen wird und Herr Stummvoll immer wieder den Vergleich mit Deutschland bemüht, und Sie auffordern: Bitte richten Sie Ihre Augen auf Öster­reich und auf die Probleme, die wir hier haben! 38 127 junge Menschen zwischen 19 und 24 Jahren haben Ende Oktober – also zum jetzigen Zeitpunkt – keine Arbeit. Da frage ich Sie: Ist Ihnen das egal? – Ich würde Sie wirklich bitten: Hören Sie auf mit den unseligen Vergleichen, was in anderen Ländern gut, schlecht und so weiter läuft, son­dern kümmern Sie sich um das, wofür Sie gewählt wurden – offensichtlich aber nicht mehr gewählt würden –, nämlich um die Probleme in Österreich zu lösen, schauen Sie sie zumindest an und nehmen Sie sie ernst! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Ich sage es noch einmal: 38 127 junge Menschen ohne Arbeit! – das sind um fast 10 Prozent mehr als letztes Jahr, und das sind um 55 Prozent mehr als im Jahr 2000. Diese jungen Menschen zahlen die Zeche für die Pensionsreform 2000, nämlich für die Anhebung des Pensionsalters. Aber nicht nur im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit haben wir ein Problem, sondern auch bei den Ausbildungsplätzen. All dies sind The­men, zu denen der Vizekanzler heute kein Wort verloren hat und um die er sich im Wesentlichen auch nicht kümmern wird.

Es gibt aber noch andere Probleme, deren Lösung angegangen werden muss. Stich­wort: Wirtschaftsimpulse. Sie werden morgen in diesem Hohen Hause einen Antrag der Grünen ablehnen – das haben Sie im Ausschuss nämlich schon getan –, in wel­chem es darum geht, die Wirtschaft mit Impulsen zum Klimaschutz und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Österreich anzukurbeln – ein Konzept, das sehr gut funktioniert und das viele Staaten bereits durchführen. Mit Kyoto haben wir ein Problem, mit dem Klimaschutz haben wir ein Problem, wir haben eine sehr hohe Arbeitslosigkeit, im Bau­gewerbe schaut es sehr schlecht aus, und da stellt sich doch die Frage: Warum soll man nicht jetzt dieses Projekt angehen, nämlich Klimaschutz und Arbeitsplatzbe­schaf-


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fung miteinander zu verbinden? (Abg. Großruck: Falsch!) – Nein, keine Neuorientie­rung, klassisch niederstimmen, das ist Ihr Weg!

Ich weiß, der „erfolgreiche“ Reformkurs wird fortgesetzt, ja, aber sehr erfolgreich ist Ihr Erfolgskurs nicht, und ich denke, dass die Wählerinnen und Wähler das sehr gut ver­standen haben, denn sie haben in Oberösterreich und in Tirol dieser Bundesregierung schon eine Absage erteilt, aber das werden die Wähler auch bei allen kommenden Wahlen tun. Hoffentlich kommt die nächste Nationalratswahl bald! – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Wattaul: Märchentante!)

12.33

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. Gleiche Redezeit. – Bitte.

 


12.33

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Es ist ja schön, dass sich die Kollegen der Sozialdemokratie Sorgen machen und sagen, es sei falsch, dass der Vizekanzler – der freiheitliche Vizekanzler – Herbert Haupt geht. Es ist ja schön, dass Sie sich solche Sorgen machen, nur, Sie vergessen eines: Er selbst hat diese Entscheidung als Bun­des­parteiobmann getroffen (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), er selbst übernimmt dafür auch die Verantwortung, und er ist bereit für Veränderung. Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, stehen dagegen für Stillstand, für Blockade, für opponieren. Das ist das, wofür Sie stehen und wofür Sie sich einsetzen! Sie sind für Veränderungen nicht bereit! Doch die einzige Konstante und das einzig Stabile auf der Welt – und das wissen Sie –, das ist die Veränderung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie wissen auch, dass wir die Vergangenheit nicht verändern können, sondern das Einzige, das wir verändern können, das ist die Zukunft, und wer anderer ist geeigneter dafür als der Zukunftsminister Hubert Gorbach, der hier in einem neuen Team in der Frei­heitlichen Partei und in der Regierung die Zukunft mitgestaltet. Deshalb haben wir ein neues Team! Wir Freiheitliche starten durch mit einer neuen Aufgabenverteilung – mit einer Verteilung auf mehrere Schultern, denn in schwierigen Zeiten ist es nun ein­mal notwendig, eine Lastenverteilung durchzuführen.

Wir Freiheitliche haben das Signal der Bevölkerung verstanden, wir können nicht die Wähler verändern, sondern wir müssen uns selbst verändern. Wir haben daher Veränderungen eingeleitet, denen auch andere Veränderungen, nämlich inhaltliche, folgen werden. Aber wir werden uns nicht den Grünen anpassen, da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, wir werden nicht für Drogenfreigabe sein oder für Marxismus und andere Dinge, sondern wir werden uns inhaltlich positionieren und zu unseren Grundthemen und Grundwerten zurückkehren.

Aber diejenigen, die hier in diesem Hohen Haus überhaupt kein Interesse an Veränderungen haben, das sind nun einmal Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie. Ich habe es schon gesagt: Sie stehen für Stillstand, für Blockade und für opponieren! Sie haben keinerlei Interesse, irgendwelche Reformen in Österreich durchzuführen. Sie sind es ja, die verantwortlich dafür sind, dass es solch einen Reformstau in Österreich gegeben hat und auch heute noch gibt. Die einzige merkbare Veränderung und Erneuerung, die Sie einmal durchgeführt haben, war die Änderung des Parteinamens von sozialistisch auf sozialdemokratisch, und auch das ist schon eine sehr lange Weile her.

Das, was Sie können, und was Sie daher auch erwartet haben, ist ein Köpferollen. – Die Köpfe sind geblieben, es ist zu einer Neuaufstellung innerhalb der freiheitlichen


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Regierungsmannschaft gekommen. Köpferollen, das ist das, was Sie können, und das haben Sie gezeigt, als Sie beispielsweise bei Ihrem damals sehr glücklosen Kanzler Klima dann auch einfach „Rübe ab!“ gesagt haben und Köpfe haben rollen lassen. Das ist die Art und Weise, wie Sie vorgehen, und nicht wie die jetzige freiheitliche Re­gierungsmannschaft vorgeht!

Wir haben mit dieser Regierungsumbildung unseren Willen zur Veränderung bekundet und wollen eine dynamische Erneuerung zur Optimierung der Reformarbeit durch­führen. Ein Negativbeispiel für eine verabsäumte, notwendige, wichtige Regierungsum­bildung zeigt uns das rote Wien, wo es eine Stadträtin gibt, die für den Lainzer Skandal verantwortlich ist, die verantwortlich dafür ist, dass sich diejenigen, die in Wien zu pflegen sind, nicht mehr sicher fühlen, dass sie Angst haben, die aber sagt, dass sie keinerlei Verantwortung und keinerlei Veranlassung sieht, zu gehen. Das ist wirklich nicht die Art und Weise, wie Sie Verantwortung übernehmen sollten! Sie sollten ihr auch sagen: Es wäre Zeit für eine Veränderung, es wäre wichtig, Verantwortung in Wien zu übernehmen, statt sich einzubunkern und zu sagen: Es ist alles bestens, es ist alles in Ordnung für die Leute, die in Wien zu pflegen sind! – Die SPÖ-Truppe bunkert sich ein, zementiert sich ein, die FPÖ mit ihrem FPÖ-Team stellt sich neu auf – das ist der Unterschied! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das, was Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, machen, ist alte Politik mit alten langen Zöpfen. Sie sind – und das werden wir Ihnen sagen, auch wenn Sie es nicht mehr hören können – verantwortlich für die Schuldenpolitik, Sie sind ver­antwortlich dafür, dass es in Österreich sehr viele Schulden gegeben hat und auch heute noch gibt, denn solch einen riesigen Schuldenberg kann man nicht innerhalb kürzester Zeit wieder abbauen. (Abg. Dr. Niederwieser: Sie sagen immer das Glei­che!) Sie sind verantwortlich für eine Politik auf Kosten der Steuerzahler, auf Kosten der Jugend, auf Kosten der Österreicherinnen und Österreicher und auf Kosten der nächsten Generation. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, sind für diesen Schuldenhaufen verant­wortlich, auch wenn Sie es nicht mehr hören können! Kollege Matznetter, Sie sind der Finanzsprecher, und Ihnen sage ich es daher: Hätten Sie es damals gesagt, hätten Sie es in Ihrem Verantwortungsbereich damals besser gemacht! – Sie nicken, Sie sagen: Jawohl, man hätte es besser machen können! – Ja, aber Sie haben es nicht besser gemacht!

Wir Freiheitliche machen Politik für Österreich und für eine gute Zukunft in Österreich, und zwar mit Reformen, die für eine positive Zukunft notwendig sind, und wir können da auf Erfolge verweisen. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Ich wiederhole es, auch wenn Sie es nicht mehr hören können: Wir haben das Kinderbetreuungsgeld eingeführt und umgesetzt – etwas, das Sie heute nicht einmal mehr bestreiten und abschaffen wollen, sondern maximal verändern –, wir haben die „Abfertigung neu“ umgesetzt, die Gleichstellung der Arbeiter und Ange­stellten – etwas, wovon die Sozialdemokratie jahrzehntelang gesprochen hat und es nie umgesetzt hat, wir haben es umgesetzt –, und wir werden morgen ein neues Asyl­gesetz beschließen.

Diesbezüglich haben wir uns die Sorgen der Bevölkerung angehört, und wir können sagen, dass das neue Asylgesetz die freiheitliche Handschrift trägt, auch wenn Ihnen das nicht gefällt, aber für uns ist das wichtig, denn wir nehmen die Sorgen der Bevöl­kerung ernst. Es geht dabei darum, dass die Asylverfahren beschleunigt werden, dass es keinen Asylmissbrauch gibt und es deshalb zu Verschärfungen kommt. Das ist für uns Freiheitliche wichtig, und deshalb ist dieser Beschluss morgen auch sehr wichtig.


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Sie scheinen es übersehen zu haben, dass es schon einen ersten Schritt der Steu­erreform gibt, der ja hier in diesem Hohen Haus schon beschlossen wurde. (Zwischen­ruf bei der SPÖ.) Ich betone: Die Steuerreform, der erste Schritt, wurde beschlossen, nämlich eine Entlastung für den kleinsten Einkommens- und Unternehmensbereich! Eine Entlastung von fast 1 Milliarde €! (Abg. Dr. Matznetter: Die größte Steuerbe­las­tung!) Eine Entlastung, Herr Kollege Matznetter! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber Sie haben anscheinend nicht mitbekommen, was das geheißen hat, denn in irgendeiner Forderung, die Sie aufgestellt haben, fordern Sie auf einmal 10 000 € jährlich steuerfrei! – Das ist eine gute Forderung , und wir haben diese mit dieser ersten Etappe der Steuerreform auch schon umgesetzt, nämlich 14 500 € steuerfrei. Das ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Steuerfrei ist ja netto für brutto, Kollege! Ich habe das auch studiert. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Das ist ja brutto für netto, Kollege! Das heißt: jährlich 14 500 € steuerfrei! Wir haben um­gesetzt, was Sie fordern. Das scheint Ihnen entgangen zu sein, denn Sie haben ja bei guten und sinnvollen Maßnahmen hier im Hohen Haus nicht mitgestimmt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer: Sie haben da­gegen gestimmt! – Abg. Silhavy: Sie vergessen die Belastungen, die Sie beschlos­sen haben!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt für diese Regierung noch viel zu tun. Wir müssen die Harmonisierung der Pensionssysteme umsetzen und durchführen. Damit verbunden ist auch die Schwerarbeiterregelung, womit wir endlich das tun, was Sie jahrzehntelang versprochen haben, dass es nämlich zu einer Schwerarbeiterregelung kommt. Das werden wir umsetzen.

Weiters müssen wir den Menschen in Österreich Sicherheit geben. Das ist ein wich­tiger Schritt. Ferner müssen wir auch die Steuerreform mit dem Vorziehen von einzel­nen Maßnahmen weiterführen. Wir haben am Anfang der Diskussion gesagt, dass wir Freiheitliche fordern, dass als nächster Schritt der Steuerreform einzelne Maßnahmen vorgezogen werden, und das werden wir umsetzen. Sie werden sehen: Das wird schneller gehen, als Sie glauben! (Abg. Dr. Matznetter: Was?)

Wir wollen langfristig das Flat-Tax-System, nämlich eine flache, gerechte, faire Steuer, ein System, bei dem alle weniger Steuern zahlen. Darum geht es! Alle sollen in einem fairen und gerechten System weniger Steuern zahlen. Es geht darum, endlich das System, das Sie geschaffen haben, zu beseitigen und ein faires und gerechtes System in Österreich umzusetzen. Wir Freiheitlichen arbeiten an einer positiven Zukunft für ein lebenswertes und schönes Österreich. Jammern Sie nicht immer alles krank, sondern arbeiten Sie konstruktiv mit! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.42

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Vier mal fünf Minuten wür­den sich nicht ausgehen. Vier mal vier Minuten plus Applaus und Rednerwechsel gehen sich aus.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Nürnberger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.42

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin nur froh, dass Frau Abgeordnete Bleckmann bei ihrer Passage über die Regierungs­um­bildung am meisten selbst gelacht hat, weil sie offenbar auch nicht ernst genommen hat, was sie uns erzählt hat. (Beifall bei der SPÖ.)


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Was an dieser Regierungsumbildung neu sein soll, hat uns bisher kein Redner von den Regierungsparteien sagen können! Die Rede, Herr Bundeskanzler, die Sie heute gehal­ten haben, haben wir hier schon drei oder vier Mal gehört, es ist immer das Gleiche!

Etwas ist dabei allerdings neu: In der FPÖ gab es bisher zwei, die quasi vorne gestan­den sind und den Takt angegeben haben, jetzt haben wir bald ein Dutzend! – Der neue Vizekanzler hat gesagt, dass er die Kapitänsstreifen hat. Herr Haupt ist immer noch Parteichef, beziehungsweise glaubt er das zumindest selbst. Der Landeshauptmann von Kärnten hat, wie wir gehört haben, angekündigt, dass die neue Parteichefin Haub­ner mit den Landesparteiobmännern spricht. Jetzt frage ich mich: Wenn es eine neue gibt, wo ist denn noch der alte?

Weiters gibt es einen Klubobmann Scheibner. – Deine zukünftige Rolle besteht, wie wir gestern in der „Zeit im Bild“ gesehen haben, darin, dass du nur noch interpretieren darfst, was der Landeshauptmann vorgegeben hat.

Sehr gut hat mir der Ausdruck „Pressesprecher“ für Landeshauptmann Haider aus Kärnten gefallen, denn er ist der eigentliche Chef dieser Regierung, und zwar der ge­samten Regierung, denn auch der Bundeskanzler muss das tun, was ihm aus Kärnten mitgeteilt wird.

Meine Damen und Herren! Folgendes war doch fürchterlich blamabel: Der Bundes­kanzler und der Vizekanzler gehen beim Herrn Bundespräsidenten hinaus, demen­tie­ren und sagen: Kein Kommentar!, aber zum gleichen Zeitpunkt erklärt Herr Landes­hauptmann Haider, welche Regierungsumbildung es gegeben hat.

Heute sind dem Herrn Sozialminister und ehemaligen Vizekanzler viele Rosen gestreut worden, und es wurde gesagt, dass er weiterhin Sozialminister bleibt. – Neuer Herr Vizekanzler, das kommt einer gefährlichen Drohung sehr nahe, was Sie da gesagt haben! (Zwischenruf der Abg. Dr. Bleckmann.) Auch wenn Sie es nicht hören wollen, Frau Bleckmann, werde ich trotzdem sagen, was Herr Sozialminister Haupt in seiner bisherigen Tätigkeit geleistet hat, und zwar im Telegrammstil.

Bisher hat er sich nicht einmal als Postenvermittler für FPÖ-Funktionäre berühmt ge­macht. Man hat ihm eine ehemalige Büroleiterin aus Kärnten unterjubelt, und dann hat sich herausgestellt, dass sie nicht einmal Magistra ist, aber mehr Gehalt als der Bun­deskanzler gehabt hat. Einem Pressesprecher von Frau Ministerin Sickel musste Haupt einen leitenden Posten geben. Die Krönung der Postenbesorgung war wohl die Bestellung von Gaugg. Das war das Glanzstück!

Für den Hauptverband hat uns der ehemalige Vizekanzler Haupt eine neue sparsame und billige Struktur versprochen, aber dann waren er und die gesamte Regierung nicht einmal fähig, ein verfassungskonformes Gesetz dem Parlament vorzulegen. Die Regie­rungsparteien haben hier ein Gesetz beschlossen, bei welchem alles wieder aufge­hoben wurde! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Minister Haupt hat gesagt, dass Kosten gespart werden sollen, aber in Wirklichkeit haben sich die Kosten vervielfacht! Heute sitzen dort fünf Direktoren, und aufgeblähte Körperschaften bestimmen dort. Einen Direktor – und damit hat er auch wieder „großes Geschick“ bewiesen – hat er aus Kärnten geholt. Dieser hätte die Chip-Card umsetzen sollen, aber das ist ihm bis heute nicht gelungen.

Ich rufe seine Flops in Erinnerung: Ambulanzgebühr, Unfallrentenbesteuerung, mas­sive Verschlechterung der Pensionen. (Abg. Scheibner: Das war nicht er!) Zum ÖGB-Modell kann ich nur sagen: Herr Haupt, bitte orientieren Sie sich an dem Leitspruch von Max Walch: Lesen, denken und dann reden! Das ÖGB-Modell kann Herr Haupt näm­lich nicht gelesen haben beziehungsweise jedenfalls nicht so wie Herr Klubob-


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mann Molterer, denn dieser hat uns eingeladen, da mitzuarbeiten, und hat somit dem Modell etwas Gutes getan.

Meine Damen und Herren! Wissen Sie, was eine vernünftige Regierungsumbildung ge­wesen wäre? – Wenn uns der ehemalige Vizekanzler in aller Klarheit – wie er es immer so gerne formuliert hat – gesagt hätte, dass er von allen Ämtern zurücktritt! Wissen Sie, Herr Bundeskanzler, was eine wirklich innovative Regierungsumbildung gewesen wäre? – Sie haben einen Finanzminister, der ein riesengroßes Problem mit den Nullen hinter dem Komma hat. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Nullen hinter dem Kom­ma sind nicht so wichtig!) Wenn Sie den Finanzminister ausgetauscht hätten und den Menschen in diesem Lande einen Finanzminister neu gegeben hätten, der sich mit Zahlen auskennt und rechnen kann, dann wäre das ein Dienst an Österreich gewesen! (Beifall bei der SPÖ.)

12.46

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grillitsch. Gleiche Redezeit von 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.46

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Parlament! Herr Dr. Gusenbauer, wenn Sie davon sprechen, dass diese Regierung keine Antworten gegeben und keine Lösungsansätze für die Menschen in diesem Lan­de gefunden hätte, um das Land zukunftsorientiert zu gestalten, so sage ich Ihnen: Sie sind selten hier, anscheinend haben Sie nicht mitbekommen, was diese Regierung leistet!

Ich glaube viel eher, dass Sie wirklich keine Antworten hinsichtlich Ihrer Konzeptlo­sig­keit und Ratlosigkeit betreffend Ihre Vorstellungen von der Zukunft Österreichs finden! Ich glaube beziehungsweise bin überzeugt davon, dass diese Regierung auch in Zukunft Mut zu Reformen haben wird, um dieses Land zukunftsorientiert gestalten zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich sage auch: Diese Regierungsumbildung wird diesen mutigen Weg fortsetzen! Es ist dies in Wahrheit die Sicherung für den Zukunftsstandort Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bin überzeugt davon, dass in der Person des neuen Vizekanzlers Hubert Gorbach ein wirklicher Profi fungiert. Ich bin sehr froh, dass er dieses Amt übernommen hat, um mit uns gemeinsam an diesem richtigen Reformprojekt zu arbeiten. Er hat in Vorarlberg und mittlerweile auch als Infrastrukturminister bewiesen, dass er das kann.

Ich danke aber auch Herbert Haupt ganz besonders – er ist leider im Moment nicht da –, denn ich kann, gerade auch aus meiner Verantwortung für die Bauernschaft, eines sagen: Er ist in der Politik ein wirklicher Profi mit großem Wissen. Wir haben das bei der BSE-Krise und beim Hormonskandal gesehen, wozu es auch verunsichernde Äußerungen von sozialistischer Seite gegeben hat, doch er hat mit Professionalität agiert und damit großen Schaden für Österreichs Landwirtschaft abwenden können.

Ich glaube, dass wir gerade für die Zukunft und angesichts der Herausforderungen, vor welchen wir stehen – EU-Erweiterung, Harmonisierung der Pensionssysteme, Gesund­heitsreform – das Wissen und die Kraft Herbert Haupts in dieser Bundesregierung brauchen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn Frau Dr. Glawischnig sagt, man sollte keine Ver­gleiche mit anderen Ländern anstellen, dann erwidere ich: Ich muss es tun! Frau Dr. Glawischnig! Wissen Sie, warum ich es tun muss? (Abg. Dr. Glawischnig: Sie können es gerne tun! Aber schauen Sie doch lieber auf die Probleme in Österreich! Diese blenden Sie jedoch aus!) Nur anhand eines Vergleichs sehen Sie nämlich, dass


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wir in Österreich eine stabile und berechenbare Politik für die Menschen machen. Sie werden es sehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bringe Ihnen einen Vergleich: Ländermatch Österreich – Deutschland betreffend Agrarinvestitionen: Ein österreichischer Durchschnittsbetrieb hat 17 Hektar Fläche. Die Nettoinvestitionen der österreichischen Betriebe sind von 2000 auf 2002 im Durch­schnitt um 31 Prozent gestiegen. Frau Dr. Glawischnig, die Nettoinvestitionen beim durchschnittlichen bäuerlichen Betrieb betragen plus 31 Prozent! (Neuerlicher Zwi­schen­ruf der Abg. Dr. Glawischnig.)

Deutsches Beispiel: Deutschland hat bekanntlich eine rot-grüne Regierung, und im selben Zeitraum gab es auf Grund der rot-grünen Politik in Deutschland im Bereich der Nettoinvestitionen bei deutschen landwirtschaftlichen Betrieben ein Minus von 78 Pro­zent! – Ich danke unserer Bundesregierung, unserem Bundeskanzler und unserem Land­wirtschaftsminister für deren stabile, kalkulierbare Politik für den ländlichen Raum und für die Konsumenten in unserem Lande! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heit­lichen.)

Meine Damen und Herren! Ich muss ehrlich sagen: Ich halte es für sehr sonderbar, wie gerade von sozialistischer Seite in letzter Zeit Politik betrieben wird! Diese Hasstiraden und dieser Neidkomplex sind beängstigend. Ich fordere Sie daher auf: Beenden Sie diesen Weg! Verunsichern Sie die Menschen nicht!

 


Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte die Redezeit zu beachten!

 


Abgeordneter Fritz Grillitsch (fortsetzend): Dr. Gusenbauer behauptet, die Steier­mark sei ein Notstandsgebiet. – Offensichtlich hat er wirklich keine Informationen darüber, welch zukunftsträchtiger Wirtschaftsstandort die Steiermark ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.51

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Gleiche Redezeit. – Bitte.

 


12.51

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Sozialminister bleibt der Sozialminister, der Verkehrsminister bleibt der Verkehrsminis­ter, und was noch viel schlimmer ist: Die Regierungspolitik dürfte dieselbe Regierungs­politik bleiben. Und das nennen Sie einen Neuanfang?!

Ich habe jetzt die ganze Zeit auf die Regierungsbank geschaut und mir gedacht: Was hat sich geändert? – Das Einzige, was ich feststellen kann, ist, dass nach 17 Jahren zum ersten Mal der Vizekanzler wieder einen Schnurrbart trägt. (Abg. Steibl: Das ist aber sehr tief!) Das ist das Einzige, was sich geändert hat! Wenn das ein Neubeginn ist, dann sage ich Ihnen: Meine Herren von der Regierungsbank, lassen Sie sich Bärte wachsen, dann hat Österreich endlich einen harmlosen Grund, über Sie zu lachen, und nicht immer die Gründe, die Sie uns sonst mit Ihrer Politik vorgeben! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Ich fühle mich als Vollbartträger diskriminiert!)

Wenn man einen Neuanfang verspricht, dann meint man normalerweise einen sach­lichen und personellen Neuanfang. (Abg. Mag. Molterer: Ich erkläre mich mit Kollegen Van der Bellen solidarisch!) Sehen Sie, mit Rasieren dürfte ich wirklich einen wunden Punkt getroffen haben! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Steibl: Zur Sache!) Es gibt also doch noch etwas, was Sie wirklich interessiert, nämlich die Barttracht des regierenden Mannes! – Wenn Sie sich so für Politik und für die Anliegen der Österreicherinnen und Österreicher interessieren, dann wäre das ein wirklicher Fortschritt!


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Was wäre ein Reformneubeginn? – Einen Neubeginn würde etwa eine ökologische Steuerreform darstellen, nicht aber die Einführung einer Flachsteuer für Reiche! Eine ökologische Steuerreform wäre endlich ein Versuch, eine Grundsicherung für berufs­mäßig in Probleme geratene junge Generationen einzuführen und neue Arbeitsmärkte sozial abzusichern. Es wäre dies ein Versuch, Einwanderung intelligent zu nützen und damit Pensionssysteme zu stützen. Es wäre dies ein ernsthafter Versuch, Armut in Österreich zu bekämpfen, anstatt einfach in Anbetracht dessen, dass im Sozialbericht zu lesen steht, dass mehr als 100 000 Kinder in Österreich, also mit Sicherheit Un­schul­dige, unter dieser Regierung unter der Armutsgrenze leben, zu resignieren. Eine weitere Möglichkeit wäre, die Wehrpflicht abzuschaffen und endlich diesen sinnlosen Zwang für junge Männer zu beseitigen. – Das wäre ein sachlicher Neubeginn! Genau das haben sicherlich zumindest einige heute von Ihnen, Herr Bundeskanzler, erwartet! (Beifall bei den Grünen.)

Außerdem bestünde die Notwendigkeit, auch bei der jetzt bestehenden Bundesregie­rung einen personellen Neuanfang zu probieren: Dazu gibt es nur ein Beispiel, und dieses Beispiel ist der Finanzminister. Er ist der Problemfall dieser Regierung. Wir hatten – zumindest, soweit ich mich zurückerinnern kann – noch kein Mitglied einer Bundesregierung, das bei der Begehung einer fortgesetzten Verfassungsverletzung erwischt wurde und im Hinblick auf welches gerichtlich erlaubt wird, es der Schiebung in einem großen Beschaffungsvorgang zu bezichtigen, und das im Verdacht des Amts­missbrauches, der Steuerhinterziehung, der Geschenkannahme und einer Reihe ande­rer Delikte steht.

Meine Damen und Herren! Einen Finanzminister beziehungsweise ein Regierungsmit­glied dieser Art hat es in dieser Republik noch nicht gegeben!

Herr Bundeskanzler! Sie hätten heute nicht die Aufgabe gehabt, zu erklären, warum Sie Hubert nehmen und Herbert degradieren! Vielmehr hätten Sie die Aufgabe gehabt, zu erklären, wie ein sachlicher Neuanfang ausschaut und wie Sie mit einem neuen Finanzminister überzeugend neu beginnen wollen! Wenn Sie nicht in der Lage sind, die Regierung umzubilden, dann wird hoffentlich möglichst bald die österreichische Bevöl­kerung die Möglichkeit zu einer Totalumbildung dieser Bundesregierung bekommen. Ich hoffe, dass das eher früher als später der Fall sein wird! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.55

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Par­tik-Pablé. Gleiche Redezeit von 4 Minuten. – Bitte.

 


12.55

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Im Anschluss an die Rede des Abgeordneten Pilz muss ich sagen: Opposition bleibt Opposition! Diese Debatten über die Regierungsarbeit, die wir ja öfters führen, spielen sich immer ähnlich ab, nämlich: Die Opposition spult reflexartig ein Ritual ab, das Angstmachen, Miesmachen und noch dazu auch Lächerlichmachen zum Inhalt hat, statt endlich einmal anzuerkennen, was im internationalen Vergleich in Österreich positiv läuft! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Herr Bundeskanzler hat es schon gesagt: Wir haben eine der niedrigsten Infla­tionsraten, und wir haben einen Handelsbilanzüberschuss. Das ist etwas, was in der heutigen Zeit wirklich geradezu gigantisch ist! Wir haben gutes Wachstum. Wir haben bezüglich Budgetsanierung wirklich eine bessere Stellung als viele andere Länder. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)


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Herr Abgeordneter Van der Bellen! Sie haben gesagt: Schauen wir nicht immer in die Bundesrepublik Deutschland! – Ich glaube Ihnen schon, dass Ihnen das nicht recht ist, weil dort Rot-Grün regiert! Aber wir sollten doch hinschauen, weil es dort ähnliche Strukturen gibt. In der Bundesrepublik Deutschland wird nämlich unter einer rot-grünen Bundesregierung wirklich soziale Kälte praktiziert, nicht jedoch in Österreich! In Deutschland werden wirklich irrsinnige, einschneidende Maßnahmen zu Lasten der Pensionisten und der armen Menschen getroffen. In Österreich haben wir all das mit unserer Regierungspolitik verhindert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! Sie wurden immer wieder aufgefordert, an dem Reformkonzept mitzuarbeiten, auch heute wieder. So hat Ihnen der neue Vizekanzler Gorbach angeboten, mit Ihnen gemeinsam Regierungstätigkeiten zu besprechen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Öllinger.) Sie lachen! Aber vielleicht ist es wirklich besser, wenn Sie Ihre Vorschläge gar nicht einbringen. – Ich zitiere jetzt einen Journalisten, der zur Methode der SPÖ Folgendes gemeint hat:

„,Vorwärts, wir müssen zurück in die Vergangenheit.‘ Pfui sind diesem Verständnis nach Privatisierungen, pfui ist die Globalisierung, pfui sind ausländische Beteiligungen in Österreich, pfui sind tief greifende Reformen (von der Pension bis hin zu den ÖBB).“

Auf solch eine Mitwirkung verzichtet man wahrscheinlich wirklich besser! (Zwischenruf des Abg. Marizzi.)

Wenn Herr Obmann Gusenbauer heute kritisiert hat, dass die Regierung auf die Herausforderungen der Zeit nicht eingeht, dann möchte ich schon sagen: Mit Ihrer Politik würden Sie uns in eine Zeit zurückversetzen, die wir noch in sehr, sehr unan­genehmer Erinnerung haben. Die Folgen dieser Ihrer Verschwendungspolitik haben wir mit einem milliardenschweren Defizit heute noch zu tragen.

Aber nicht nur „Vorwärts in die Vergangenheit!“ ist Ihre Marke, sondern auch politische Konzeptlosigkeit. Das werde ich Ihnen sofort anhand des folgenden Beispiels be­weisen: Am 2. Oktober sagte Finanzsprecher Matznetter, dass die Sozialversiche­rungsquote von 14,9 auf 9,5 Prozent gesenkt werden muss. Am nächsten Tag rudert Herr Obmann Gusenbauer in die andere Richtung, indem er sagt: Nein, es soll keine Herabsetzung geben! Zur Abschaffung der Wohnbauförderung sagen Gusenbauer ja, Burgstaller nein und Haider aus Oberösterreich nein. Ähnlich verhält es sich hin­sicht­lich der Einschränkung oder Abschaffung des Pflegegeldes. Weiter geht es mit den Studienzutrittsplätzen und so weiter und so fort.

Sehr verlässlich scheint Ihre Politik wirklich nicht zu sein, und ich bin froh, dass diese blau-schwarze Regierung die Arbeit in Österreich zu machen hat und ohnehin von Ihren Vorschlägen nicht belästigt ist!

Ich möchte Ihnen noch Folgendes sagen: Es wird immer bemängelt, dass die großen Reformen von der Regierung noch nicht in Angriff genommen worden sind. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme schon zum Schlusssatz.

Die großen Brocken haben Sie jahrzehntelang vor sich hergeschoben. Die Sanierung des Budgetdefizits, die Reformierung der Bundespensionen und des Gesund­heits­systems, das haben Sie alles nicht in Angriff genommen, und deshalb gibt es solche Skandale wie beispielsweise im Pflegeheim Lainz, mit denen wir uns jetzt auch noch auseinander setzen müssen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

13.00

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, zu beachten, wie exakt es möglich war, die Redezeiten gleich zu verteilen. Danke für die Disziplin!


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Die Sitzung wird jetzt unterbrochen und um 13.15 Uhr wieder fortgesetzt. Das Wort erhält dann als erste Rednerin Frau Abgeordnete Bures.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 13 Uhr unterbrochen und um 13.16 Uhr wieder aufgenom­men.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (den Vorsitz übernehmend): Meine Damen und Herren! Ich bitte, Platz zu nehmen. Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Bures. Ihre Rede­zeit beträgt wunschgemäß 5 Minuten. – Bitte.

 


13.17

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Es ist schade, dass es die Regierungsmitglieder offensichtlich nicht der Mühe wert finden, der weiteren Debatte zu folgen. (Rufe bei den Frei­heitlichen und der ÖVP: Und die SPÖ-Abgeordneten?) Es geht um die Regie­rungs­erklärung. (Abg. Scheibner: Wo ist die Klubführung? Aus Ihren eigenen Reihen wollen sie nicht zuhören! – Abg. Wittauer: Da wollen Sie uns einen Vorwurf machen? – Unruhe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es für äußerst unhöflich, dass Sie mich am Rednerpult niederbrüllen. Das ist sehr unhöflich, meine Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben heute von Ihnen die zweite Regierungserklärung in nur einem Jahr gehört, eine Regierungserklärung der Wunschkoalition des Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel. (Abg. Wittauer: Das ist gut, wenn die Regierung eine Erklärung abgeben will! Das ist die Zukunft von Österreich!) Wir haben heute die zweite Regierungs­erklärung erlebt, in der es keinen einzigen Ansatz zu einer Alternative im Bereich der für die Menschen wichtigen Zukunftsfragen gegeben hat. Sie haben heute leider kei­nen einzigen konstruktiven Ansatz dazu geliefert, obwohl es für Österreich so wichtig gewesen wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben heute nur erlebt, dass es innerhalb der FPÖ-Regierungsmannschaft offen­sichtlich einen Titelwechsel oder ein Sesselrücken gegeben hat. Die Bilanz von heute ist also leider nichts Neues: nichts wird klarer, in Wirklichkeit bleibt alles beim Alten. Das Traurige dabei ist, dass es von diesen acht Monaten schwarz-blauer Regierung ei­gentlich nur eine Bilanz des Scheiterns gibt. Ich rufe die Ambulanzgebühren in Erin­nerung und die Tatsache, dass wir in Österreich einen dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen haben. Offensichtlich hat diese Regierung vor, diese Bilanz des Scheiterns zum Schaden von Österreich auch fortzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Regierung zeichnet sich weiterhin durch Instabilität und Stillstand aus (Abg. Wittauer: Wo denn?), und wissen Sie, wer dafür verantwortlich ist? – Jener Herr, der eigentlich hier sitzen sollte, nämlich Herr Bundeskanzler Schüssel! Er ist dafür verant­wortlich, dass wir eine instabile Regierung haben, weil er persönlich offensichtlich nicht in der Lage ist, Partnerschaft auch tatsächlich zu leben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Ich sage Ihnen das deshalb, denn schauen wir uns die Partner von Bundeskanzler Schüs­sel in der Vergangenheit an. Wie hat sein erster Partner geheißen? – 1995: Franz Vranitzky. Nach nur sechs Monaten Partnerschaft mit Franz Vranitzky hat Wolf­gang Schüssel mutwillig Neuwahlen vom Zaun gebrochen. (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Wie hat seine zweite Partnerschaft ausgesehen? – 1999: Viktor Klima. Klima wurde von Wolfgang Schüssel getäuscht und hintergangen. (Ironische Heiterkeit und lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Trinkl: Fragen Sie den Nürnberger!) Der Herr Bundeskanzler hat seine schwarz-blaue Wunschkoalition gebildet.

Wer war die dritte Partnerin von Wolfgang Schüssel im Jahr 2000? – Susanne Riess-Passer hat sie geheißen. Nach nur zwei Jahren ist sie an der Partnerschaft mit Wolfgang Schüssel gescheitert, und wir hatten schon wieder Neuwahlen in Österreich.

Sein vierter Partner, Herbert Haupt, hat die Gnade, heute noch hier zu sitzen. Nach nur acht Monaten ist es dem Bundeskanzler gelungen, dass Herbert Haupt heute zwar noch hier sitzt, aber politisch in Wirklichkeit am Ende ist.

Und heute stellt sich Wolfgang Schüssel her und sagt: Ich habe es nicht leicht. – Eigentlich ist dem Herrn Bundeskanzler auszurichten: Das ist ja lächerlich. Was heißt, er hat es nicht leicht? Es ist der Schluss zu ziehen, dass er offensichtlich nicht in der Lage ist, politische Partnerschaften einzugehen, und dass er tatsächlich der Unru­heherd in dieser Regierung ist. Wolfgang Schüssel ist dialogunfähig, Wolfgang Schüs­sel ist kooperationsunfähig.

Sie, Herr Vizekanzler Gorbach, werden das auch noch zu spüren bekommen. Es wird Kanzlerlob in der Öffentlichkeit geben, doch Sie werden null politischen Bewegungs­spielraum haben. Das ist das böse Spiel, das Wolfgang Schüssel auch mit Ihnen spie­len wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Vizekanzler, Sie haben es ja bereits erlebt. Sie waren noch nicht einmal als Vize­kanzler angelobt, als Sie neuerlich korrekterweise die Forderung erhoben haben, dass es mit 1. Jänner 2004 zu einer Steuersenkung kommen soll. Was war das Ergebnis? – Der Herr Bundeskanzler hat den Finanzminister aufgefordert, Ihnen auszurichten: Das kommt nicht in Frage. Er gibt keine Steuersenkung mit 1. Jänner 2004, obwohl sie für Österreich so wichtig wäre. Der Herr Finanzminister hat davon gesprochen, dass der Sack zu ist. Sie haben null politischen Bewegungsspielraum, und dieses Spiel, das Wolfgang Schüssel hier treibt, ist in Wirklichkeit zum Schaden Österreichs.

Die SPÖ hat ein Reformkonzept, die SPÖ hat, weil Sie keine Alternativen haben, politische Alternativen anzubieten. (Abg. Wittauer: Wo? Wo denn? Das ist nur Wäh­lertäuschung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir bieten das Projekt „Chance Rot-Weiß-Rot“ an und laden – im Unterschied zu Ihnen – die Be­völkerung zum Dialog ein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Welch ein Unterschied!)

 


13.23

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundes­regie­rung! Hohes Parlament! Wenn Abgeordnete Bures sagt, die Regierung hätte keine Zu­kunftsthemen, so frage ich, ob Sie welche haben. Ein Stück Papier reicht nicht aus. Es ist schlimm genug, wenn Abgeordneter Gusenbauer die Steiermark als Notstands­ge­biet ausruft (Abg. Dr. Trinkl – in Richtung SPÖ –: Das ist ja lächerlich!), obwohl wir bestens dastehen, obwohl wir in vielen Dingen weit voraus sind. Ich kann Ihnen nur sagen: Die SPÖ verunglimpft Regionen und Menschen und hat keine Zukunftsthemen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nun aber zu tatsächlichen Zukunftsthemen, die uns bewegen und die wir auch be­wegen wollen. Eines der wichtigsten gesellschaftlichen Ziele dieser Regierungsarbeit


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ist die Förderung der Familie und die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dem wurde bisher mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes für alle, der Anhebung der Familienbeihilfe und dem Kinderbetreuungsgeld auch für Mehrlings­geburten Rechnung getragen. Mit Ihnen von der SPÖ wäre das nicht möglich ge­we­sen. Sie haben weder bessere Modelle gehabt und schon gar nicht zugestimmt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese ÖVP/FPÖ-Regierung mit Bundeskanzler Wolf­gang Schüssel an der Spitze ist der Garant für Stabilität, Verlässlichkeit (ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen) – jawohl – und Sicherheit. (Abg. Mag. Kogler: Das ist die Unwahrheit!) Das kann man nicht mit einem Lächeln abtun, sondern kann es ernst nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Werte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! Dass Ihnen Österreich nicht wichtig ist, wissen wir aus der Zeit der EU-Sanktionen. (Widerspruch bei der SPÖ.) – Jawohl.

Wir wollen unseren guten Lebensstandard in Österreich ausbauen. Dies ist aber nur mit Reformen möglich. So wurde im Zuge der Pensionsreform zum Beispiel die Ver­ankerung von familien- und frauenspezifischen Maßnahmen vorgenommen, was sich nachhaltig für die kommende Generation auswirken wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Erinnerung: Die SPÖ ist bei der Pen­sions­siche­rungsreform nicht mitgegangen, obwohl sie genau weiß, dass Reformbedarf besteht. Die deutschen Kollegen oder die Italiener zeigen das vor. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Kollegin Silhavy, ich habe schon lange darauf gewartet. Ich habe an­schei­nend wieder deinen Nerv getroffen, sprich die Wahrheit gesagt. Wir haben den bes­seren Weg gewählt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Neustart heißt, zukunftsorientierte Politik zu machen. Fa­mi­lien­themen waren ausschließlich in dieser Regierung bisher schon in guten Händen und werden es in Zukunft noch mehr sein. (Abg. Silhavy: Das merkt man bei den Kin­derbetreuungseinrichtungen!) – Die Kinderbetreuungseinrichtungen hätte auch eine sozialistische Frauenministerin Helga Konrad schon verändern können. Sie wissen das. (Abg. Silhavy: Kindergartenmilliarde!) Die Kindergartenmilliarde wurde nur ein­ge­setzt, um Bauten auszuweiten, aber SPÖ-Landesrat Flecker hat nicht einmal dieses Geld ausgegeben. In der Steiermark liegen noch 200 000 S brach, die die SPÖ nicht verwendet hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich denke, dass wir in Zukunft darauf schauen sollen, weitere Reformen umzusetzen, und die SPÖ ist wiederum herzlich eingeladen – natürlich auch die Grünen – mitzu­gestalten, zum Beispiel bei der Beschlussfassung über die Elternteilzeit, zum Beispiel beim Paket Bildung nach Maß. (Abg. Silhavy: Sie brauchen nur etwas Gescheites vor­zulegen, dann haben Sie unsere Mitwirkung!) Wir haben auch bei der Elternteilzeit etwas sehr Vernünftiges vorgelegt, und wir sind bereit, ab 20 Mitarbeiter Teilzeit bis zum siebenten Lebensjahr des Kindes einzuführen; mit Rückkehrrecht trotz der ange­spannten Lage auf dem Arbeitsmarkt. (Abg. Silhavy: Was ist mit denen, die unter 20 Mit­arbeiter haben?)

Ich denke, dass wir ein Bündnis zwischen Familie und Wirtschaft schließen sollen, in das wir mit neuen Arbeitszeitmodellen, mit steuerlicher Absetzbarkeit für Kinder­betreu­ung in der Familie und mit der Erweiterung von qualifizierten Kinderbetreuungsplätzen hineingehen.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition! Mut zur Verantwortung ist gefragt (Abg. Silhavy: Aber da muss man Geld auch in die Hand nehmen!), denn nur so ist


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zukunftsorientierte Politik machbar. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

13.27

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Kogler zu Wort. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Missethon: Jetzt musst du aber die Wahrheit sagen! – Abg. Mag. Kogler – auf dem Weg zum Rednerpult –: Wie immer!)

 


13.28

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Alt-Vizekanzler! Herr Neu-Vizekanzler! (Abg. Wittauer: Die graue Kra­watte gefällt mir!) In einer nüchternen Zusammenfassung (Abg. Mag. Mainoni: Hof­fent­lich nüchtern!): Wo halten wir? – Die Titelrochade soll den Neubeginn eröffnen, wur­de vom „Pressesprecher vom Wörthersee“ verkündet. Mehr war bis jetzt nicht zu er­fahren. Das ist nichts Aufregendes, das ist nicht einmal aufregend, wenn die Op­position das feststellt. Die Frage stellt sich nur: Von welchem Neubeginn wird hier dauernd geredet? Welcher Neubeginn? (Abg. Wittauer: Ein Neubeginn mit freiheit­li­cher Reformpolitik!)

Ich kann keinen erkennen, obwohl ich zugestehe – gehen wir einmal auf die wirklichen Probleme ein, die Österreich hat –, dass nicht alles schlecht ist. Es ist überhaupt nicht alles schlecht in Österreich, die Frage ist manchmal nur: Trotz oder wegen der Bun­desregierung? Aber ich konzediere, es hat Maßnahmen gegeben, die wir auch ein­stimmig beschlossen haben. Das Wifo zum Beispiel – um auf den Wirtschaftsbereich einzugehen – erklärt jetzt, dass Teile der Konjunkturpakete gegriffen haben, nämlich ge­nau jene im fiskalpolitischen Bereich, die wir gemeinsam beschlossen haben. Das ist offensichtlich ein Beweis dafür, dass das, was die Opposition des Weiteren vorschlägt, nämlich weitere fiskalpolitische Maßnahmen, so falsch nicht sein kann, also etwa vor­gezogene Steuerreform, Investitionsprogramme. Selbstverständlich. Was kommt? – Nichts! Und wer hat Recht gehabt? – Haupt, auch wenn er jetzt nicht mehr Vizekanzler ist: Dieser Wirtschaftskurs ist tatsächlich gescheitert, nämlich jener von Bartenstein und Grasser; das ist ja erwähnt worden.

Das halte ich deshalb für sehr bemerkenswert, weil ich mich umgehend auch noch ein­mal mit der Problematik – man muss es ja leider schon so nennen – des Herrn Finanz­ministers auseinander setzen will. In Wirklichkeit könnte man ja meinen, das Ganze ist ein riesengroßes Ablenkungsmanöver. Eine durchgehende Skandalkette von mindes­tens fünf Skandalen soll davon ablenken, dass der Herr Finanzminister nicht einmal das tut, was er eigentlich tun sollte, nämlich Finanzpolitik machen. Auch hier geschieht nichts! Hier geschieht aussitzen und durchtauchen. Das haben Sie gemeinsam gelernt, das hat er noch von der FPÖ mitgebracht. Aber es ist auch ein Versagen der Wirt­schafts- und Finanzpolitik, das diagnostiziert werden muss und das alleine schon den Rücktritt rechtfertigen würde. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Wittauer: Ein matter Applaus!)

Aber nicht genug damit. In dieses Bild hat auch die Irreführung des Parlaments bei den Budgetdaten gepasst. Der Bogen spannt sich jetzt bis hin zur Irreführung des Parla­ments, was seine persönlichen Angaben betrifft.

Herr Präsident Khol, weil wir hier einen mehr oder weniger fruchtbringenden Diskurs pflegen: Die Meldung des Unvereinbarkeitsausschusses an alle Abgeordneten, an alle 183 Abgeordneten, hat sowohl bei Schwarz-Blau I als auch bei Schwarz-Blau II die Meldung des Finanzministers beinhaltet, er hätte keine Aktien. Das hat er uns allen, uns 183 frei gewählten Abgeordneten und auch Ihnen, wie Sie da sitzen von der ÖVP, mit­geteilt. Und dann erklärt er in der Öffentlichkeit: Nein, so ein Pech, ich habe eigent­lich welche! – Wobei zunächst nicht so sehr das Problem ist, dass er welche hat, das


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Problem ist, dass er Sie und das ganze Parlament mehr oder weniger absichtlich falsch informiert hat. Und das kann nicht geduldet werden! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das kann nicht geduldet werden, auch nicht mit dem Hinweis, dass das Gesetz so kompliziert sei. Sie bedauern ja ständig die komplizierte Gesetzesflut. Ich kann Ihnen nur sagen, der betreffende § 3 des Unvereinbarkeitsgesetzes, eine Verfassungsbe­stimmung, ist so einfach wie nur selten etwas. Der Herr Finanzminister hat qualifi­zierten Rechtsbruch begangen und erklärt öffentlich, von Rechtsbruch könne eigentlich keine Rede sein, möglicherweise sei das ein Formalfehler. Bitte, entschuldigen Sie das Pech!

Arme Republik! Mit solchen Finanzministern werden wir wirklich nicht mehr weit kommen. Das ist auch eine Begründung. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Über all das, was inzwischen noch war, von der ÖIAG bis hin zu überzogenen Berater­verträgen und Vergabeschwindel, haben wir ja heute noch Gelegenheit zu debattieren. Aber was mir schon auffällt, ist, dass möglicherweise noch mehrere Interesse daran haben, dass der Herr Finanzminister in seinem Amt bleibt, und das vielleicht nicht nur aus lauteren Motiven.

Allen voran – ich muss das leider ansprechen – der Herr Bundeskanzler. Erstens politisch natürlich, weil der Herr Finanzminister einfach den Blitzableiter spielen muss, denn er ist ja schon längst nirgends mehr wohl gelitten. Aber es kommt noch schlim­mer. Es ist der Herr Bundeskanzler selbst, der gegen das Unvereinbarkeitsgesetz ver­stoßen hat, wenn wir alle seine Aussagen zusammenzählen. Er hat in seiner Regie­rungsperiode I seit Antritt des Kanzleramtes mehrere Interviews gegeben, in denen er mehrmals öffentlich festgestellt hat, er hätte sowohl wenige inländische, aber jedenfalls mehrere ausländische Aktien.

Okay. Er soll es dem Parlament melden und nicht in die Unwahrheit abtauchen. Ich werfe ihm das vor, denn er verlässt einfach den Boden der Sachlichkeit mit dieser Art; und er soll nicht die Opposition knebeln, wenn sie das aufdeckt. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.33

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Bösch zu Wort. – Bitte. (Abg. Öllinger – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Bösch –: Jetzt sagen Sie etwas dazu!)

 


13.33

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute in der Früh eine Erklärung vom Herrn Bundeskanzler und vom Herrn Vizekanzler gehört, und diesen Erklärungen wird von Seiten der Opposition – ich ent­nehme das deren Redebeiträgen – erhebliches Misstrauen entgegengebracht. Doch gerade die Tatsache, meine Damen und Herren, dass dieser Regierungserklärung von Ihnen Misstrauen entgegengebracht wird, beweist, dass Hubert Gorbach und Wolfgang Schüssel auf dem richtigen Weg sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig: Wieso?)

Herr Kollege Nürnberger! Sie hatten die Stirn, hier herauszukommen und der FPÖ Postenschacher vorzuwerfen. Ich darf Ihnen sagen: Jemand, der wie die SPÖ zu diesem Thema so viel Butter auf dem Kopf hat, sollte sich diesem Thema etwas demü­tiger nähern.


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34. Sitzung / Seite 90

Frau Kollegin Bures! Es reicht nicht, dass Sie hier heraustreten und nur mit Pro­pagandabroschüren herumwinken. Wir hätten gerne von Ihnen inhaltliche Vorschläge gehört, aus denen wir eine klare Alternative erkennen können. (Abg. Bures: Die liegen im Parlament!) Diese Alternative der Opposition ist nicht erkennbar. (Abg. Bures: Un­sere Vorschläge liegen im Parlament!)

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen sind im Jahre 2000 in die Bundes­regie­rung eingetreten, um eine Reformpolitik zu ermöglichen, weil das in den Jahren davor, in den Jahren der großen Koalition nicht möglich war. Es gab damals eine verantwor­tungslose Schuldenpolitik unter Führung der SPÖ, eine strukturelle Erstarrung und eine vollkommene Unbeweglichkeit des Systems. Es bestand daher die dringende Not­wendigkeit, dass es hier in Österreich zu Reformen kommt.

Meine Damen und Herren! Nur durch den Beitritt von uns Freiheitlichen in die Bun­desregierung ist diese neue Reformpolitik möglich geworden. All die Punkte, die wir bisher durchgesetzt haben, sind ja auch Punkte, die gerade Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, mittlerweile nur mehr halbherzig bestreiten. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Diese Bundesregierung hat das Budget saniert. Diese Bundesregierung hat einen aus­geglichenen Haushalt auf den Weg geschickt, und keine SPÖ-Regierung würde das je wieder rückgängig machen können.

Diese Bundesregierung mit uns Freiheitlichen, meine Damen und Herren, hat die „Abfertigung neu“ beschlossen, eine Maßnahme im sozialpolitischen Bereich, die kein SPÖ-Politiker mehr rückgängig machen wird.

Diese Bundesregierung hat auch das Kindergeld beschlossen (Abg. Öllinger: Die hat schon einen Bart, diese Geschichte!), und ich habe heute verwundert gehört, dass es von Seiten der SPÖ, die eigentlich massiv dagegen aufgetreten ist, jetzt plötzlich Ver­besserungsvorschläge zum Kindergeld gibt. Willkommen im Klub! Das hätten wir gerne früher von Ihnen gehört. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Bures.)

Meine Damen und Herren! Diese Regierung hat auch schwierige Punkte angepackt. Diese Regierung hat sich darangemacht, die Pensionen zu sichern, und auch in die­sem Bereich wird keine andere Regierung – auch Ihre Vorschläge sind dazu nicht ausreichend – diesen Weg verlassen können, den wir Freiheitliche mit der ÖVP be­gonnen haben. Auch Sie können nicht dekretieren, dass sich die Bevölkerungs­pyra­mide umkehrt. Das wird nicht einmal Ihr großer Vorsitzender Gusenbauer schaffen.

Meine Damen und Herren! Wir haben im Rahmen dieser Koalition noch enorme Arbeit zu leisten. Diese Arbeit liegt vor uns und in diese Arbeit hinein wollen wir unsere Ener­gie legen. Wir haben klar die Sanierung des Gesundheitswesens vor uns, eine wichtige Thematik, die diese Regierung in ihrer Gesamtheit fordern wird und die wir anpacken werden. (Abg. Eder: Da habt ihr noch viel Arbeit vor euch!) Wir haben die Har­mo­nisierung der Pensionen durchzuführen, wir haben die Sicherheitspolitik auf einen neuen Weg zu bringen und auch im Sinne der Menschen das Land weiter zu moder­nisieren, wie wir es im Jahre 2000 begonnen haben.

Meine Damen und Herren! Es wird auch im Steuerbereich Maßnahmen geben. Mit 1. Jänner 2004 wird die erste Etappe der Steuerreform eingeführt werden. 14 500 € sind steuerfrei. Das betrifft 2,5 Millionen Österreicher, und ich habe noch keinen SPÖ-Politiker getroffen, der das wieder rückgängig machen möchte. Nicht entnommene Ge­winne im Wirtschaftsbereich werden nur mehr mit dem halben Steuersatz belegt werden. Der 13. Umsatzsteuertermin entfällt.


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34. Sitzung / Seite 91

All das sind Beschlüsse dieser Bundesregierung, die von uns Freiheitlichen mitgetra­gen worden sind und die eine klare Politik in die Zukunft hinein zeigen. Die Opposition ist eingeladen, sich zu diesen wichtigen Themen einzubringen in der Debatte hier im Nationalrat und nicht, wie es ihr großer Vorsitzender heute Morgen hier dokumentiert hat, einfach eine sozialdemokratische Njet-Politik an den Tag zu legen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.38

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


13.38

Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehapparaten! Hohes Haus! Ich habe mich als Vizekanzler der Republik Österreich entschlossen, mein Amt als Vizekanzler in die Hand von Hubert Gorbach zu legen und mich wieder voll auf das Sozialministerium zu konzentrieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn in der heutigen Debatte oftmals auch die Arbeitsplätze in Österreich in die Ziehung genommen worden sind, so ist, glaube ich, mit Hubert Gorbach nunmehr der richtige Vizekanzler in dieser Bundesregierung, denn sein Struktur- und Infrastrukturpaket hat im letzten Jahr nachweislich 0,7 Prozent des BIP-Zuwachses und damit Tausende Arbeitsplätze in Österreich gesichert, und das ist gut so. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es war ja heute fast schön zu hören, dass von allen vier Fraktionen des Hohen Hauses an meine Adresse nahezu lobende Worte gekommen sind: von der Seite der Re­gierungsparteien ohne Hintergedanken, von der Seite der Oppositionsparteien mit dem Hintergrund, jemanden zu loben, um jenem, der nunmehr in den Funktionen dieses Amtes ist, sofort eines am Zeug zu flicken.

Sehr geehrte Damen und Herren von den Oppositionsparteien! Ich glaube, Sie haben sich damit in den Augen der Österreicherinnen und Österreicher keinen guten Dienst er­wiesen. Diese wünschen sich, dass alle in diesem Hohen Hause die Interessen aller Österreicher umsetzen und nicht wider besseres Wissen jemanden, der sein Amt antritt – und der ein schwieriges Amt antritt –, schon von vornherein madig machen. Sie werden dafür von den Österreicherinnen und Österreichern auch die Rechnung präsentiert bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Sie können ruhig darüber lachen. Ich weiß, gerade auch als Parteiobmann – und das sei mir auf Grund Ihres Lachens und Ihres Zwischenrufes auch zu sagen gestattet –, dass es uns und unserer Partei zurzeit nicht gut geht. Aber Kollege Kummerer wird mir auch Recht geben, wenn ich sage, dass es in dieser Regierung und in dieser Zu­kunftspartnerschaft auch so ist, dass sich das Erneuerungsferment im Rahmen der Er­neuerung aufgerieben hat. Wir werden jetzt darangehen, das Ferment – die freiheit­liche Handschrift – in dieser Erneuerungsgemeinschaft so stark zu machen, dass sie eine Zukunftspartnerschaft ist und im Interesse aller Österreicherinnen und Österrei­cher auch bleibt. Und das ist gut so, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie von Seiten der Sozialdemokratie haben es ja 1999 abgelehnt, die Regierungs­verantwortung zu übernehmen. Es sind noch die Worte von manchen aus der So­zialpartnerschaft, die damals stolz darauf waren, nicht in die Regierung eingetreten zu sein, in Erinnerung.


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34. Sitzung / Seite 92

Im Jahre 2002 in den Regierungsverhandlungen haben Sie es mit der Sperrminorität von 36 Prozent hier im Hohen Haus wieder abgelehnt, Verantwortung für Österreich zu übernehmen. Ich bin stolz darauf, dass meine Partei, obwohl sie bei den Wahlen deutlich schwächer geworden ist, die Verantwortung für Österreich übernommen hat, und ich gebe daher mit gutem Gewissen die Stafette an Hubert Gorbach als Vize­kanzler weiter. Er wird für Österreich das umsetzen, was für diese Republik notwendig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Gestatten Sie mir als Sozialminister auch noch ein Wort zur Arbeitslosigkeit! Wenn Sie sich die Arbeitsmarktdaten des Monats September ansehen, sehr geehrte Damen und Herren, so werden Sie mir Recht geben: Wenn es nicht die exorbitanten Zuwächse der Arbeitslosigkeit in Wien gegeben hätte, dann hätten wir nicht nur in Europa, sondern auch im langjährigen Schnitt gut abgeschnitten.

Und was die Jugendbeschäftigung in Österreich betrifft, so haben wir in fünf Bundes­ländern den Turnaround erreicht: mehr Arbeitsplätze für Lehrlinge in der Lehrlings­aus­bildung als Lehrlinge, die Lehrstellen suchen. Nur in Wien und in drei anderen Bundes­ländern ist es anders. Machen Sie Ihre eigene Politik in Wien verantwortlich und plakatieren Sie nicht: Was mache ich mit 1 000 Lehrlingen?! – Zerbrechen Sie sich selbst den Kopf darüber, was Sie mit den Lehrlingen machen! Ein so hilfloses Plakat wie das von der Sozialdemokratie in Wien habe ich schon lange nicht mehr gesehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich werde mich in den nächsten Wochen und Monaten um das Schwerarbeitermodell für die Frühpensionierung kümmern. 50 Jahre hat es gebraucht, und kein Einziger aus dem Bereich der BUAK, der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, ist als Arbei­ter in den Genuss der Hackler-Regelung gekommen. Das muss endlich beendet wer­den, und darauf werde ich als Sozialminister hinarbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Sie schon auch darauf aufmerksam machen, dass Sie bei der Pensionsdebatte im Frühjahr dieses Jahres vollmundig für Ende September das Modell der Sozialpartnerschaft versprochen haben. Wir haben jetzt Ende Oktober und stehen knapp vor dem Nationalfeiertag unserer Republik. Ich hoffe, dass wenigstens zu diesem Tag die Sozialpartnerschaft mit uns gemeinsam in den Dialog zur Harmonisierung der Pensionen eintreten wird – so, wie es versprochen ist –, sonst wird diese Regierung für die Zukunft Österreichs auch dieses Problem im Ei­genen lösen müssen. Aber Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, werden keine Ausrede haben, dass Sie nicht eingeladen gewesen wären, mitzu­machen und mitzugestalten. Das möchte ich heute hier auch in aller Klarheit fest­stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Weil Sie mir in den letzten Tagen das Verfassungsgerichtshoferkenntnis zum Haupt­verband vorgeworfen haben, darf ich dazu Folgendes sagen: Ich habe es mir nicht leicht gemacht. Wir haben wissenschaftliche Gutachten von renommierten Professoren österreichischer Universitäten eingeholt – im Übrigen auch von jenem, der bezüglich des morgen zur Debatte stehenden Vorhabens des Asylgesetzes meint, dass es nicht verfassungskonform sei; beim Hauptverband hat er die gegenteilige Meinung vertreten, nämlich dass die Reform verfassungskonform sei. Sie sehen daher: Eine Regierung ist gut beraten, sich nicht auf Gutachter zu verlassen, sondern auf den Rechtsstaat. Und in einem Rechtsstaat ist es gut, dass wir Gerichte haben, die dann judizieren, wenn es unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt – und nicht die Sachverständigen über die Medien einmal die eine und einmal die andere Meinung vertreten. In einem Rechts­staat ist es gut, dass es Höchstgerichte gibt. Wir werden auch mit Dieter Böhmdorfer dafür sorgen, dass dieser Rechtsstaat ausgebaut wird, sehr geehrte Damen und Her­ren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Ich möchte mich aber in dieser Situation hier und heute auch bei Ihnen allen, die mit mir in meiner Funktion als Vizekanzler zusammengearbeitet haben, bedanken. Ich lade Sie alle ein, mit mir auch in meiner Funktion als Sozialminister weiterhin auf einer brei­ten Basis aller Fraktionen dieses Hohen Hauses zusammenzuarbeiten.

Ich darf mich auch beim Herrn Bundeskanzler und seinem Team in der Bun­des­re­gierung für die freundschaftliche Aufnahme und die gute Zusammenarbeit bedanken. Eines ist mir auch klar geworden, sehr geehrte Damen und Herren: Die Guten in dieser Republik sind nicht jene, die die Verantwortung ablehnen, sondern jene, die die Zu­kunft für Österreich gewinnen. Manchmal dauert es Jahre, bis die Bevölkerung erkennt, wer es gut mit ihr meint, aber ich bin mir sicher, dass die Verdienste in der Zukunft anders bewertet werden als gestern und vorgestern. – Ich danke Ihnen für die Auf­merk­samkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundeskanzler Dr. Schüs­sel reicht Bundesminister Mag. Haupt die Hand.)

13.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Einem zu Wort. – Bitte.

 


13.46

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vize­kanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Herrn Sozialminister vielleicht ein Wort sagen, weil er sagt, derjenige ist gut, der Verantwortung übernimmt. – Herr Bundesminister! Wenn Sie sagen, das Problem der Arbeitsmarktpolitik in Österreich bestehe darin, dass in Wien so große Probleme bestehen, dann nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die Verantwortung dafür dem Bund zukommt und nicht der Stadt Wien! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Na geh! – Abg. Wittauer: Schuld für Wien ist auch der Bund!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute eine Regierungserklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gehört. Der einzige Anlass dafür, dass die­se Reden gehalten worden sind, ist die Tatsache, dass jetzt ein anderer Vizekanzler geworden ist. Die einzige Grundlage dafür ist, dass innerhalb der Freiheitlichen Partei die Erkenntnis gedämmert ist, dass ein neuer Reiter her muss für dieses nicht reitbare Pferd oder nicht reitbare Tier.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was man überall anders schon weiß, ist, dass dieses Tier nicht zu reiten ist, weil es nämlich nicht weiß, wer es ist und wo es hin will: Die einen wollen in Opposition, die anderen wollen in die Regierung. Und das, was Sie tun, ist: Sie tauschen den Reiter aus – und lassen bei dieser Gelegenheit auch noch den einzigen Tierarzt, der vielleicht geholfen hätte, gehen. Das ist das Problem, das wir heute diskutieren – und nicht eine Regierungserklärung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Es gibt genug Beispiele, wie die SPÖ mit Leuten umgeht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich natürlich auch gefragt, was der Hintergrund ist, dass gerade Verkehrsminister Gorbach jetzt in dieses Amt nach­rückt. Seine berufliche Vergangenheit als Exportkaufmann kann es schwerlich sein. Aber immerhin, er war einige Jahre in Vorarlberg Landesstatthalter. Und wenn man im Duden nachschlägt, was „Statthalter“ heißt, dann stellt man fest, es heißt „Stellvertreter für einen Fürsten“. Die Frage, die sich hier stellt, ist: Ist vielleicht das die Qualifikation, weshalb er von seiner Partei in dieses Amt vorgeschlagen worden ist? Aber die Frage ist letztlich: Für wen hält er statt, für wen ist er der Stellvertreter in dieser Funktion, meine sehr geehrten Damen und Herren?

Lassen sich mich ein Drittes sagen! Ich denke, dass Verkehrsminister Gorbach durch­aus auch in einem gewissen Umfang Anerkennung verdient: Er ist der erste frei­heit-


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liche Minister in diesem Ressort, der die Hoffnung mit sich gebracht hat, dass er viel­leicht wirklich etwas weiterbringt – im Gegensatz zu seinen drei freiheitlichen Vorgän­gern.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Tatsache, dass er jetzt in die Funk­tion des Vizekanzlers aufrückt und sich um die ganzen Querelen innerhalb dieser Re­gierung – und insbesondere seiner Partei – zu kümmern hat, führt notwendigerweise dazu, dass er die Zeit, die er benötigt, um für Österreich und die Menschen, die in diesem Lande leben, eine vernünftige Verkehrspolitik machen zu können, nicht mehr hat, und den Aufwand, den er dafür treiben muss, nicht mehr treiben kann. Und das ist das Problem, das wir heute zu beklagen haben. (Abg. Wittauer: Der Gorbach braucht Ihre Verteidigung nicht!)

Verkehrsminister Gorbach würde beispielsweise Zeit brauchen, um mit seinen europäischen Amtskolleginnen und -kollegen zu reden, um eine Übergangslösung für den Transitvertrag zu erreichen. Das kostet Zeit, das kostet Engagement – und das kann er nicht aufwenden, wenn er sich gleichzeitig um die Querelen innerhalb seiner Partei kümmern muss.

Das Gleiche gilt, wenn es darum geht, die österreichischen Interessen im Bereich einer Wachstumsinitiative der Europäischen Union aktiv zu vertreten. Und das ist notwendig, damit diese Projekte kommen und damit sie entsprechend gefördert werden. Dazu braucht es Zeit und Engagement des Verkehrsministers. (Abg. Eder: Zeit hat er keine!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entscheidung, dass dieser Verkehrs­minister, der vielleicht die Chance gehabt hätte, im Gegensatz zu seinen Vorgängern, wirklich etwas weiterzubringen, jetzt Vizekanzler wird, ist eine schlechte Entscheidung!

Lassen Sie mich ein Allerletztes sagen: Herr Bundeskanzler, auch Sie tragen Verant­wortung dafür, dass in diesem Verkehrs- und Technologieressort etwas weitergeht. Auch Sie tragen Verantwortung dafür, dass auch jetzt, da Verkehrsminister Gorbach Vizekanzler wird, dort weiterhin etwas weitergeht. Ich verstehe daher nicht, wieso Sie ihm einen Staatssekretär ins Haus setzen, der nur eines kann: bremsen oder ver­hin­dern. Mit einem Statthalter Kukacka wird im Verkehrsministerium überhaupt nichts mehr weitergehen, und daher war das eine schlechte Entscheidung, von der Sie uns heute in Kenntnis gesetzt haben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

13.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


13.51

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Kollege Einem, ich denke, eines ist nicht ganz fair: dass Sie Erfolge für Wien monieren, aber die Misserfolge, die durch die Wiener Stadtpolitik verursacht werden, an den Bund abgeben. Ich glaube, so geht es nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und unter dem neuen Vizekanzler Hubert Gorbach wird ihren Kurs, ihre Reformarbeit und ihre Freude am Arbeiten für die österreichische Bevölkerung weiter fortsetzen, denn der eingeschla­ge­ne Weg ist der einzig richtige, und das wissen die Österreicherinnen und Österreicher, meine Damen und Herren! Die österreichische Bevölkerung unterstützt den Reform­kurs dieser Bundesregierung, denn langfristige Reformen sind notwendig, um Öster­reich lebenswert und konkurrenzfähig zu halten. Andere waren lange genug in Regierungsverantwortung und hätten diesen Kurs vorgeben und Reformen angehen


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können, aber es braucht eben viel Mut und Willen, langfristig zu denken und voraus­schauend zu planen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte KollegInnen! Eines dürfen wir nicht ver­ges­sen: Ein attraktiver, dynamisch flexibler Wirtschaftsstandort, wie Österreich einer ist, kann nur unter berechenbaren Verhältnissen und Rahmenbedingungen bestehen, denn die zahlreichen klein- und mittelständischen Unternehmen, die schließlich unse­ren Standort ausmachen, brauchen sichere Rahmenbedingungen, auf die sie sich ver­lassen können und die ihnen Sicherheit in ihrem Wirtschaftsleben geben.

Gerade in Zeiten wie diesen gibt es schon genug, das instabil ist und Anlass zur Sorge gibt. Dazu brauchen wir nur in die anderen europäischen Länder zu schauen: Frank­reich, Italien, Deutschland – sie alle sind mehr oder minder von politischen und ge­sellschaftlichen Unruhen geprägt. Das sind heute keine Vorbilder mehr.

Oder werfen wir überhaupt einen Blick über den Kontinent hinaus: Das Budgetdefizit der USA beträgt heuer 374 Milliarden US-Dollar. Das ist der höchste Stand, den es je in der Geschichte der USA gegeben hat. Krieg, schwache Konjunktur (Abg. Dr. Cap: ... Irak-Krieg!) und Steuerzuckerl, die die Regierung Bush in den letzten Jahren verteilt hat, sind ein Weg, der uns nicht als empfehlenswert erscheint.

Schauen wir nicht auf andere, sondern schauen wir auf uns selbst! Auch wenn die Maß­nahmen dieser Regierung nicht immer populär sind, so sind sich doch die Öster­reicherinnen und Österreicher dessen bewusst, dass gerade im Sozialbereich, im Ge­sundheitswesen, in der Sicherheitspolitik, in der Finanz- und Steuerpolitik Änderungen herbeigeführt werden müssen, um den Standort Österreich attraktiv zu halten, die Lebensqualität für lange Zeit zu gewährleisten (Abg. Parnigoni: Aber nicht kaputt­sparen!) und Standards zu sichern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gerade im Angesicht dieser Notwendigkeiten und der damit verbundenen Maßnahmen hat diese Koalition bereits bewiesen, dass Umsetzungswille, Umsetzungsfähigkeit und Durchschlagskraft zu ihren Stärken zählen. Das Motto: „Wandel heißt Handeln“ bringt es auf den Punkt. Wir haben die Chance, Österreich zukunftsweisend zu gestalten. Und eines haben wir bereits gezeigt: Wir wissen, was Wirtschaftspolitik heute bedeutet: Standortpolitik! Die Politik muss die besten Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Österreich als Standort für hochwertige und innovative Investitionen von Industrie, Handel und Gewerbe attraktiv gehalten und noch attraktiver gemacht wird.

Seit einigen Jahren hat sich die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich auf Grund unserer gezielten Standortpolitik deutlich verbessert. Im gesamten europäischen Wettbewerb und in einem Bericht der Europäischen Kommission, in dem nach 88 Kri­terien bewertet wird, liegt Österreich klar vor Ländern wie Deutschland, Großbritannien, Belgien, Frankreich, Spanien, Griechenland oder Italien. – Ein Beweis mehr, dass diese Regierung richtig arbeitet, denn Österreich ist ein sicherer Wirtschaftsstandort und ein Land der sicheren Arbeitsplätze! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Der Vergleich macht uns sicher, denn wenn ich die Reformvorschläge der SPÖ an­schaue, wie zum Beispiel die Erhöhung der Krankenversicherung oder die Abschaffung der Bezirkshauptmannschaften oder der Wohnbauförderung, dann kann ich nur von einer gefährlichen Bedrohung für die österreichische Bevölkerung sprechen.

Meine Damen und Herren! Zum Abschluss möchte ich Ihnen einen Vergleich aus der Fußballersprache bringen: Meine Damen und Herren von der SPÖ! Mit Ihrer Politik spielen Sie in der Kreisliga. – Dank unserer Regierung spielt Österreich in der Cham­pions League! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.55

 



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


13.56

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Mitglieder auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Österreich und die Champions League? – Bitte lesen Sie doch die internationalen Medien! „Süddeutsche Zeitung“, 15. Oktober: „Lichtfigur als Trickbetrüger“. „Der österreichische Finanzminis­ter hat abgewirtschaftet.“

Kann uns der jetzige Finanzminister, der als Belastung für die ganze Bundesregierung empfunden wird, international überhaupt ein Renommee wahren, wenn derartige Schlag­zeilen überall zu lesen sind?

Herr Kollege, ich glaube, da sollten Sie sich neu umschauen und nicht von der Cham­pions League reden, sondern anstreben, dass bei uns wieder einmal eine Cham­pions League auf die Regierungsbank kommt – und nicht das letzte Aufgebot. Darum geht es, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Mit der vorgestrigen Regierungsumbildung ist deutlich geworden, dass jetzt nur mehr „Umgelobungen“ stattfinden. Angelobungen waren im Jahr 2000 ja praktisch nur über einen unterirdischen Gang möglich. (Abg. Scheibner: Da erinnern Sie mich an etwas! Wer war denn da mit dabei, Frau Kollegin? Das sollten Sie besser nicht erwähnen!) Die „Umgelobungen“ haben, wie gesagt, zu einer – wie soll man sagen? – Taferlwechslerei geführt. Es bleibt nicht viel übrig, als einen Herrn aus Vorarlberg als den der ÖVP angenehmsten Partner als Vizekanzler zu nehmen.

Ja, so steht es halt: Die ÖVP gibt den Ton an, und die FPÖ zersplittert immer mehr. Inzwischen gibt es fünf Menschen, die in der FPÖ das Sagen haben. Ich weiß nicht, wie lange die Regierung angesichts dieser Entwicklung überhaupt noch, und sei es auch nur ansatzweise, zu einer gemeinsamen Sprache finden kann. Herr Minister Haupt hat uns auch manchmal – das muss ich schon sagen, auch mir persönlich – ein authentisches Bild geboten: Er war engagiert in verschiedenen Bereichen. Er hat auch Verständnis gezeigt. Ich kann selbiges von Herrn Minister Gorbach, der jetzt als Vize­kanzler hier sitzt, noch nicht sagen.

Die größte Hypothek dieser Regierung – und das ist, bitte, international nachzulesen! – heißt aber KHG, Karl-Heinz Grasser. Sie wissen: die Blase mit dem Nulldefizit, das Privatisierungsfiasko, Homepage, Honorare, Nichtangabe von Aktien. Das ist eine lange Liste, die ihn im internationalen Politikvergleich längst ins Ausgedinge geschickt hätte – längst! Aber wir hier in Österreich müssen es erdulden, dass nach wie vor ein Mensch Finanzminister ist, der nicht ordentlich unterscheiden kann zwischen Privatem und Staatlichem, zwischen Steuerkorrektheit und gewisser Freunderlwirtschaft. Das geht nicht mehr! Sie haben, bitte, den Falschen ausgetauscht! Sie hätten längst KHG in die New oder die Friends Economy hineinschicken sollen. Das wäre der richtige Weg gewesen!

Wir wissen, dass es auch ÖVP-intern Kritik an dieser Regierungskonstellation gab. Nicht umsonst hat Herr Landeshauptmann Pühringer in Oberösterreich gesagt, die Landtagswahlen waren im massiven Zuwachs der Grünen und im massiven Zuwachs der SPÖ ein deutlicher Denkzettel in Richtung Wien. – Die Landtagswahlen waren praktisch fast schon eine Abwahl dieser Bundesregierung! Endlich in Tirol, wo die ÖVP beileibe nicht das Ergebnis erzielte, das sie anstrebte, und wo auch ein eklatanter Anstieg der Grünstimmen zu verzeichnen war. Das wäre für uns die Zukunftsrichtung!


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Neuwahlen sind deshalb für mich nicht eine Sache des Jahres 2006, sondern Neu­wahlen müssen möglichst bald stattfinden, denn mit diesem Aufgebot hat Österreich gerade auf der internationalen Bühne abgewirtschaftet. Und das haben die Öster­rei­cherinnen und Österreicher nicht verdient. Wir brauchen nicht einen anderen Vize­kanzler, wir brauchen eine neue, andere Regierung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.00

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abge­ordneter Mag. Mainoni zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.00

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sie von der Opposition sollten etwas vor­­sichtiger damit sein, die Regierungsarbeit, vor allem aber auch die Regie­rungs­mitglieder so leichtfertig zu kritisieren und deren Arbeit herunterzumachen. Diese Bun­desregierung ist angetreten, um diesen Staat zu reformieren, ist angetreten, um in diesem Staat die Schulden abzubauen, und ist angetreten, um den Österreicherinnen und Österreichern eine bessere Zukunft zu garantieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere freiheitlichen Regierungsmitglieder sind alle berufserfahren. Sie kommen alle aus der Praxis. Sie wissen, wo der Schuh drückt. Sie wissen, welche Probleme die Bevölkerung hat.

Da Herr Abgeordneter Einem es angesprochen hat: Hubert Gorbach, unser Vize­kanzler, kommt aus der Wirtschaft. Er ist Exportmanager gewesen, hat berufliche Er­fahrung, war langjähriger Prokurist eines großen Textilunternehmens, bevor er Landes­statthalter wurde, sich dem Straßen- und Hochbau widmete und sich auch da Kom­petenzen angeeignet hat. Er gehört zu den Menschen, die Erfahrung haben, die wis­sen, worum es bei der Regierungsarbeit geht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Herbert Haupt ist seit 1975 Tierarzt, hat seinen Beruf in der Praxis ausgeübt. Er war seit 1986 im Nationalrat, seither auch Mitglied des Sozial­ausschusses. Ich glaube, es ist unzweifelhaft, dass er höchste soziale Kompetenz hat. Österreich kann sich keinen Besseren als Sozialminister wünschen als unseren Her­bert Haupt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition! Uschi Haubner, die von Ihnen mit­unter etwas schräg kommentiert wird, ist unsere Staatssekretärin für Soziales. Sie ist ausgebildete Professorin, hat ihren Beruf 23 Jahre lang aktiv ausgeübt und sich nicht wie so manche Professoren hier karenzieren lassen. Sie war dann Landesrätin für Konsumentenschutz, hat auch in diesem Bereich das nötige Fachwissen, bevor sie unter anderem Staatssekretärin für Konsumentenschutz und Soziales wurde.

Karl Schweitzer – um weiter fortzufahren –: Es gibt doch niemanden, der geeigneter ist, in Sportangelegenheiten das Wort zu ergreifen, als Karl Schweitzer, der ebenfalls Pro­fessor ist (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Im Turnsaal!), aktiver Sportprofessor ist, der sich sowohl beim Breitensport als auch beim Spitzensport auskennt, beim Leistungs­sport und beim Schulsport. Wenn dieser Mann spricht, dann hat er höchste Kompe­tenz, weil er selbst weiß, worum es in diesem Metier geht. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Wir können natürlich auch auf Staatssekretär Reinhart Waneck zählen. Er ist seit 1971 aktiver Arzt, Universitätsprofessor und Direktor eines Krankenhauses, der weiß, was sich im Gesundheitswesen abspielt. (Abg. Gaál: Hat keine Kompetenz!) Das ist kein


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Theoretiker, er ist nicht aus einer Kaderschmiede oder aus irgendeiner politischen Vor­feldorganisation. Er weiß, worum es geht.

Oder: Bundesminister Dieter Böhmdorfer. Ich glaube, wenn man 27 Jahre lang selb­ständiger Rechtsanwalt ist, dann kennt man sich im Justizbereich aus und weiß wirk­lich, wo die Probleme liegen und wo die Reformen anzusetzen sind. (Zwischenruf des Abg. Schieder.)

Das sind unsere freiheitlichen Regierungsmitglieder – allesamt mit Erfahrung! (Abg. Dr. Gusenbauer: Ausverkauf! – Abg. Dr. Cap: Räumungsverkauf!)

Wenn Sie schon so kritisch sind, komme ich natürlich auch auf das Schattenkabinett der Opposition zu sprechen; Herr Einem hat ja das Berufliche angesprochen.

Alfred Gusenbauer – ich entnehme die Daten Ihrer eigenen Homepage –: Beruf: Arbei­ter­kammerbeschäftigter, Angestellter der SPÖ. – Das ist Ihre ganze Erfahrung.

Josef Cap: Beruf: sozialistischer Studentenaktivist, Geschäftsführer der sozialistischen Zukunftswerkstatt, Parteiangestellter der SPÖ. – Also reine Parteileute.

Doris Bures – weil sie vorhin hier so kritisch gesprochen hat –: Sie war beruflich Ver­bandssekretärin der sozialistischen Gemeinde- und Bezirksvertreter. Dann ist sie gänzlich in die Politik, in die SPÖ herübergewandert.

Wo sind bei Ihnen, in Ihrem Schattenkabinett, die Praktiker, meine Damen und Herren von der SPÖ? – Da ist ja der Bürgermeister von Wien, Herr Häupl, geradezu noch ein Vorbild für Sie. Er war wenigstens einige Jahre – allerdings nur kurz – wissen­schaft­licher Mitarbeiter des Naturhistorischen Museums, bevor er sich der Politik widmete.

Meine Damen und Herren von der SPÖ, welchen Erfahrungswert haben Ihre Spit­zenpolitiker? – Ich muss konstatieren: überhaupt keinen!

Und bei den Grünen kann ich es relativ kurz bezüglich ihrer politischen Erfahrung machen.

Bei Peter Pilz steht auf seiner Homepage zu lesen: Freiberuflicher – selbsternannter – Sozialwissenschafter.

Werner Kogler: Mitarbeit bei verschiedenen Forschungsprojekten.

Dieter Brosz ist wenigstens ein halbes Jahr lang Mietrechtsberater gewesen. (Abg. Dr. Gabriela Moser: 20 Jahre ...!)

Österreich vertraut lieber berufserfahrenen Politikern, denn sie sind der Garant für Reformen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.05

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abge­ordnete Mag. Wurm zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Wittauer – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Wurm –: Gisela, zeig es uns jetzt!)

 


14.05

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Herr Abgeordneter Mainoni kann es drehen und wen­den, wie er will: Das Menetekel über das Ableben der Regierung Schüssel II ist bereits an die Wand geschrieben. Der Zerfall schreitet voran, das Ende naht. Die Regierung liegt in ihren letzten Zügen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wie ein Ertrinkender schlägt diese Bundesregierung nun wild um sich und zerstört das soziale und rechtliche Gefüge Österreichs. Immer weniger Gesetze halten einer stren­gen Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof stand. (Zwischenruf des Abg.


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Wittauer.) Das Errichten von Seilschaften und Freunderlwirtschaft gehört zum Tages­ge­schäft. Einerseits wird Staatseigentum unter seinem Wert verkauft und andererseits taucht zum Beispiel Frau Ex-Ministerin Monika Forstinger, die aus der Regierung entlassen wurde, die abgedankt hat, wieder in einem Bereich auf, von dem sie vorher abgesetzt wurde. Auch das ist ein Zeichen des Abdankens dieser Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Liste der MinisterInnen für Verkehr und Technologie ist lang, Herr Bundesminister und jetzt Vizekanzler. Sie wissen das und Sie haben eine Hypothek, denn das Ergeb­nis der bisherigen Verkehrspolitik ist jämmerlich. Wir wissen, dass der Transitvertrag ausläuft, es ist keine Nachfolgeregelung in Sicht. (Abg. Wittauer: Wieso seid ihr wieder in die Regierung hineingegangen? Landesrat für Verkehr! Das ist doch eine Frechheit, was gesagt wird!) Es ist leider nichts in Sicht und vor allen Dingen die Tiroler und Tirolerinnen leiden darunter. Das ist ein trauriges Beispiel, das ist eine traurige Bilanz. (Beifall bei der SPÖ.)

Damit wir aber in Österreich den hohen Lebensstandard halten können, für den die So­zialdemokraten in diesem Staat verantwortlich waren, für den sie Verantwortung tru­gen, ist neben einer guten Infrastrukturpolitik auch noch eine effiziente Wirtschafts­po­litik wichtig, die jedoch nicht vorhanden ist. Es wäre auch noch eine hervorragende Bil­dungs- und Forschungspolitik wichtig. In diesem Bereich, sehr geehrte Damen und Her­ren, wurde aber überhaupt alles verhunzt, was zu verhunzen ist. (Abg. Scheibner: Also bitte!)

Die zuständige Ministerin, Elisabeth Gehrer, übt sich immer mehr in Realitätsver­weige­rung und redet ihr Ressort schön, wo es schon lange nichts mehr zu beschönigen gibt. Die österreichischen Universitäten und auch Schulen leiden unter eklatantem Geld­mangel. Vergangene Woche sind in Innsbruck 2 500 Schüler und Schülerinnen auf die Straße gegangen, weil sie um ihre Zukunft fürchten, weil die entsprechenden Mittel nicht vorhanden sind, weil sie Angst haben, dass sie bei dieser Politik schlicht und einfach keine Zukunft haben und nicht jene Bildung erlangen, die notwendig wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

Doch das rührt Frau Ministerin Gehrer nicht. Sie träumt von Nobelpreisen. Im Gegen­satz dazu werden aber morgen Honoratioren wie der Star-Chirurg Professor Margreiter auf die Straße gehen, um sich dagegen zu wehren, was hier passiert, nämlich die Zerschlagung der Medizinischen Fakultät Innsbruck. All diese Professoren gehen mor­gen auf die Straße, können keine Menschenleben retten, weil sie der Meinung sind, da können sie nicht mehr zuschauen. (Abg. Scheibner: Was heißt das wieder?)

Das ist auch eine Absage an die Forschungspolitik. Das ist eine Absage an diese so genannte Scheinautonomie – und diese haben Sie zu verantworten! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! In diesem Klima, in dem solche Zustände herrschen (Abg. Wittauer: Gisela, sag doch endlich einmal die Wahrheit!), kann auf der anderen Seite natürlich auch keine Spitzenforschung gemacht werden. Und das ist das Trau­rige! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich zum Schluss noch sagen: Diese Regierungsumbildung greift zu kurz – Strasser, Grasser, Gehrer hätten dazu gehört. Doch was bleibt dann? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Unerträglich ist das!)

14.09

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeord­neter Neugebauer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



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34. Sitzung / Seite 100

14.09

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bun­desregierung! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich darf dich, Herr Vize­kanzler, ermuntern und beglückwünschen, dass du heute in deiner bewährten Art gemeint hast, Mut und Entschiedenheit wirst du in Anspruch nehmen, um die Themen anzugehen. Ich bedanke mich auch dafür, dass du in Sachfragen den Dialog gegen­über den Sozialpartnern, auch wenn er schwierig ist, pflegst.

Von Herbert Haupt brauche ich mich nicht zu verabschieden, wir werden weiterhin die sozialen Belange in der uns eigenen unkonventionellen Art, miteinander umzugehen, besprechen. Ich denke, dass wir sicherlich gute Ergebnisse erzielen werden.

Etwas bedenklich stimmt mich allerdings der Redebeitrag des Vorsitzenden der Sozial­demokratischen Partei Dr. Gusenbauer, der heute sehr viele Nullen gemalt hat. Es wäre gut, wenn der Kontakt zwischen meinem Kollegen Verzetnitsch und dem Herrn Parteivorsitzenden etwas enger wäre. Es hat zum Beispiel in der Frage der Harmo­nisierung bereits einen Runden Tisch gegeben. Der Herr Bundeskanzler hat mit den Sozialpartnern – auch mit Fritz Verzetnitsch – vereinbart, dass in wenigen Tagen, nach dem ÖGB-Kongress, eine weitere Runde dazu stattfinden wird. – Also keine Null!

Zum Dialog betreffend Gesundheitsforum werden Sie, Herr Dr. Gusenbauer, für Mon­tag eine Einladung bekommen haben. Ich bin neugierig darauf, ob Sie auch den Stein der Weisen dazu präsentieren können.

Das dritte Konjunkturpaket ist in Vorbereitung. Das dürfte sich hoffentlich schon bis zu Ihnen durchgesprochen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in den letzten Stunden gelesen – ich glaube, es war der Herr Zentralsekretär; ich möchte Ihnen aber nichts unterstellen –: Herr Dr. Gusenbauer hat heute früh im Radio seine Enttäuschung über das Regierungsbündnis in Oberösterreich mit der Bemerkung „Das Wahlergebnis ist verfälscht worden!“ kundgetan.

Es ist schon klar: Herr Haider hat in Oberösterreich durchaus einen persönlichen Zu­gewinn erreicht (Abg. Dr. Gusenbauer: 11 Prozent!), aber Erster ist noch immer derjenige, der am weitesten springt, am höchsten springt oder als Erster die Ziellinie passiert. Und das ist noch immer Herr Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe von der mittleren Entfernung immer mit Interesse den Stil in Oberösterreich – Zusammenarbeit, Miteinanderreden – registriert, der dieses Bundesland eigentlich zu einem der erfolgreichsten in Österreich gemacht hat. Offensichtlich war das aber im letzten Wahlkampf nicht mehr die politische Kultur. Die SPÖ Oberösterreich mit ihrem Vorsitzenden Erich Haider hat dieses Klima bewusst aufs Spiel gesetzt.

In diesem Zusammenhang möchte ich die Sprache erwähnen, da wir heute früh von Generationen und davon geredet haben, dass die Politik im Gebrauch der Sprache ein Vorbild für die junge Generation sein sollte. Doch niemand Geringerer – und ein Lan­desrat, wurde heute attestiert, ist jemand in einer hohen Funktion – als Herr Landesrat Ackerl hat heute gemeint: Es hat wahrscheinlich noch nie so ein G’sindel Österreich regiert wie jetzt. – Er hat das auf Nachfrage sogar nochmals bestätigt.

Auf einer SPÖ-Homepage – und das ist der Tiefpunkt an politischer Kultur, der Gipfel an Geschmacklosigkeit – erfolgt die Verunglimpfung der Politik des oberöster­reichi­schen Landeshauptmannes durch die Darstellung von Exkrementen. Da bitte hört sich doch jede Dialogfähigkeit auf! Dann brauchen wir nicht von Beispielwirkung gegenüber der jungen Generation zu reden. Das ist ein untergriffiger Wahlkampfstil, das ist ener­gisch zurückzuweisen und abzulehnen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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34. Sitzung / Seite 101

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf die Inhalte in einer Partnerschaft und darauf, wie die Menschen miteinander umgehen, kommt es an. Die Österreichische Volkspartei kann mit den Sozialdemokraten in Tirol, weil sie wahrscheinlich fair miteinander um­gehen, die Österreichische Volkspartei kann mit den Grünen in Oberösterreich und die Österreichische Volkspartei kann mit den Freiheitlichen im Bund. – Auf eine gute Zu­kunft für unsere Republik! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­li­chen.)

14.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Bundesminister Mag. Grasser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.14

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Kollegen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe den Eindruck, Herr Abgeordneter Gusenbauer, da Sie da einen polemischen Einwand machen, dass die So­zial­demokratie mit einem besonderen Kurzzeitgedächtnis in diese Debatte hinein­gegangen ist, denn Sie haben 30 Jahre lang gezeigt, was Sie in der Finanzpolitik zu­sam­menbringen. (Abg. Heinzl: Sie haben Ihre Aktien auch vergessen!)

Sie dürften vergessen haben, dass Sie es waren, die uns einen Sanierungsfall über­lassen haben. Ihre Bilanz heißt: Sie haben uns Schulden in der Höhe von 133 Milliar­den € hinterlassen, Sie haben uns eine jährliche Zinsbelastung in der Höhe von 6,6 Mil­liarden € hinterlassen. 6 600 Millionen € müssen die Steuerzahler alleine an Zin­sen bezahlen! (Abg. Gaál: ... Ihr Sanierungsfall!) Sie haben uns außerbudgetäre Schul­den in der Höhe von 19,5 Milliarden € hinterlassen. – Das ist die Bilanz, die Sie zu ver­antworten haben.

Diese Koalition ist – ganz im Unterschied dazu – angetreten, um mit ganzer Kraft für Österreich zu arbeiten. Und es hat sich ausgezahlt, meine Damen und Herren! (Abg. Parnigoni: Wieso sind Sie noch nicht zurückgetreten?)

Wir haben folgende Position Österreichs in der Welt, was die Wettbewerbsfähigkeit be­trifft, übernommen: Im Jahr 1999 waren wir die Nummer 18, das achtzehntwett­be­werbs­fähigste Land der Welt. Im Jahr 2002 waren wir bereits die Nummer 13. – Also von 18 auf 13 nach vor.

Was den Institutional Investor betrifft, was die Kreditwürdigkeit eines Landes angeht, waren wir die Nummer 16. Wir sind heute die Nummer 10. Was die EU-Struktur­indi­katoren angeht, ist zu sagen: Wir sind das fünftbeste Land der Europäischen Union.

Das heißt, meine Damen und Herren: Es hat sich ausgezahlt für Österreich, und zwar nachweisbar. Die Daten und Fakten zeigen es. Das ist ein großer Erfolg dieser Bundesregierung in der Finanz- und Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie haben Defizite von 3 Prozent, 4 Prozent, selbst noch von 5 Prozent in den neunziger Jahren gemacht. (Abg. Parnigoni: Sie haben Aktien geschaufelt!) Wir haben 2001 das erste Mal seit mehr als 30 Jahren einen Überschuss von 0,3 Prozent erwirtschaftet. (Abg. Dr. Cap: Was haben Sie zu verbergen?) Wir haben eine Wende in der Finanzpolitik geschafft. Sie haben uns darauf gesagt, das werde ein Einmal-Ereignis sein, das sei nur über die Einnahmen­seite geschafft worden, wir würden das nicht noch einmal zusammenbringen.

Meine Damen und Herren! Im Jahr 2002 hatten wir ein ganz kleines Defizit von 0,1 Pro­zent, das heißt, praktisch zweimal hintereinander einen ausgeglichenen Haus­halt.


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Wir haben es auch geschafft, die Abgabenquote, die Steuerbelastung, deutlich zu redu­zieren. Sie haben uns eine Abgabenquote von 44,6 Prozent hinterlassen. (Zwi­schen­ruf des Abg. Dr. Gusenbauer.) Die Abgabenquote ist bereits im letzten Jahr, 2002, auf 43,9 Prozent zurückgegangen, sie wird im nächsten Jahr das Ausmaß von 43,6 Prozent haben. (Abg. Dr. Cap: Wie geht es Ihren Aktien?) Das letzte Mal hatte Österreich eine so niedrige Abgabenquote im Jahr 1995. Diese Bundesregierung hat es also geschafft, die Abgabenbelastung für die Bevölkerung um 1 Prozent des Brutto­inlandsprodukts, also um mehr als 2 Milliarden €, zu reduzieren. Und wir sind stolz darauf!

Wir haben die erste Etappe der Steuerreform bereits beschlossen. Sie tritt am 1. Jän­ner nächsten Jahres in Kraft. All das senkt die Steuern und Abgaben. Das ist der richtige Weg für Österreich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben gegen, wir haben für diese Reform gestimmt, dass Jahres-Brutto­einkom­men bis 14 500 € ab dem 1. Jänner nächsten Jahres in Österreich steuerfrei gestellt werden. Wir haben dafür gestimmt, dass die kleinen und mittleren Einkommen damit deutlich entlastet werden. Bis zu 580 € im Jahr werden der Bevölkerung mehr in der Brieftasche verbleiben. Das heißt, von 5,9 Millionen steuerpflichtigen Österreicherinnen und Österreichern werden ab dem nächsten Jahr 2,4 Millionen keine Steuern mehr zahlen. 40 Prozent der Steuerpflichtigen zahlen ab dem nächsten Jahr keine Steuern mehr. Daran sieht man, wie hoch die soziale Gerechtigkeit unseres Steuersystems ist: Uns ist es wichtig, die kleinen und mittleren Einkommen zu entlasten.

Wir haben es geschafft, dass es bis zu 100 000 € Gewinn, falls er im Unternehmen bleibt, ein Halbsatz-Verfahren gibt, also den halben Steuersatz. Das ist wichtig, damit Eigenkapital aufgebaut werden kann.

Meine Vorgänger im Amt des Finanzministers hatten die „Kreativität“, eine 13. Um­satzsteuervorauszahlung einzuführen. Sie haben damit die Wirtschaft belastet und haben sich einen Kredit in der Höhe von 1,7 Milliarden € geben lassen. Wir haben gesagt: Auch in Österreich hat das Jahr nur zwölf Monate. Daher: Diese Geldbeschaf­fungs­aktion gibt es nicht mehr, wir haben die 13. Umsatzsteuervorauszahlung abge­schafft. (Abg. Parnigoni: Sie haben das auch selbst steuerschonend ...!)

Meine Damen und Herren! Stimmen Sie der nächsten Etappe der Steuerreform zu, der großen Entlastung mit 2,5 Milliarden €, die wir erarbeiten werden, die wir in den nächsten Monaten präsentieren werden! Daran wird die Bevölkerung erkennen, dass es unsere Priorität ist, Steuern und Abgaben zu senken und gleichzeitig eine stabilitäts­orientierte Fiskalpolitik zu betreiben. Wir wissen: Entlastung und Leistungsorientierung sind wichtig für das Wachstum, für den Standort, für die Beschäftigung und für die Existenzabsicherung.

Wir sind keine Insel der Seligen, aber wir sind ein sicherer Hafen. Wir haben ein gutes Fundament geschaffen. Das Konjunkturbelebungspaket 3, die nächste Etappe der Steu­er­reform, wird einen ganz wichtigen Wachstumsimpuls, einen wichtigen Beschäfti­gungsimpuls für Österreich bringen. Stimmen Sie diesem richtigen Weg für Österreich zu! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner. – Abg. Parnigoni: Das ist eine gefährliche Drohung!)

14.20

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.20

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Menschlich, Herr Bundeskanzler, ist es ja schon fast rührend, wenn Sie sich


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34. Sitzung / Seite 103

zum jetzt zurückgetretenen Vizekanzler setzen, um ihn Ihrer Solidarität zu versichern. Menschlich ist das okay, aber politisch, Herr Bundeskanzler, müssen Sie sich genau so wie die ÖVP insgesamt in der Bundesregierung fragen, ob Sie an dem Schicksal des Herrn Haupt nicht auch Mitverantwortung tragen.

Waren es nicht Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP innerhalb der Bundesregierung, die sich beispielsweise, als Herr Vizekanzler Haupt die undank­bare und von ihm bei weitem nicht geliebte Aufgabe übernommen hat, den Hauptver­band zu demontieren, in die erste Reihe fußfrei gesetzt und gesagt haben, das schau­en wir uns jetzt an, ob der Herr Vizekanzler das schafft. Er hat es nicht geschafft.

Jetzt sind wir in einem Stadium, meine sehr geehrten Damen und Herren, in dem man sich die Frage stellen muss: Wird es nicht langsam etwas zu eng? – Jetzt sitzen Sie heute schon wieder da und machen eine Regierungserklärung. (Abg. Scheibner: Seid froh, dass ihr diskutieren könnt!) Jetzt kommen die Regierungserklärungen und die Stel­lung­nahmen der Bundesregierung fast schon in einer Taktrate von einem Monat, in denen Sie sich zu den nächsten Vorhaben der Regierung immer neu erklären müssen. Es fällt Ihnen nichts ein als wieder der Verweis: Das Kindergeld haben wir für Öster­reich geschaffen – und jetzt nehmen wir uns vieles vor.

Aber wo sind die Antworten bezüglich Pensionsreform? Wo sind die Antworten be­züglich Steuerreform? (Abg. Dr. Cap: Null!) Wo sind die Antworten, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren von der ÖVP, bezüglich der Frage Gesundheitsreform? (Abg. Dr. Cap: Nullen!)

Dazu könnte man noch viele Beispiele anführen. Ich muss feststellen, ich hätte mir dies­bezüglich schon etwas mehr Klarheit gewünscht und nicht eine weitere Ankün­digung, dass Sie das jetzt angehen wollten.

Was – darauf wurde schon hingewiesen – haben Sie in den letzten Tagen und Wochen im Bereich Arbeitslosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit getan? – Ich kann nichts entdecken. Es gibt keine vorwärts gerichteten Programme. 26 000 junge Menschen unter 25 Jah­ren sind ohne Beschäftigung. Wo sind die Konzepte? – Ein um das andere Mal ver­weisen Sie darauf, dass es in anderen Ländern noch schlechter ist. Das kann es doch nicht gewesen sein!

Es wird eng, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn etwa Herr Ex-Vizekanzler Haupt erklärt, er übergebe die Stafette. Herr Bundesminister Haupt! Sie haben ver­gessen zu erklären, wie viele Stafettenläufer von Seiten der FPÖ noch an diesem Sta­fet­tenlauf teilnehmen werden? Wer wird der Nächste nach Hubert Gorbach? Wer ist der nächste Vizekanzler, meine sehr geehrten Damen und Herren? (Abg. Dr. Cap: Karl Schweitzer!) Das hätte uns interessiert. Wie lange soll dieses Spiel weiter betrieben werden?

Es wird aber auch in anderer Hinsicht eng, meine sehr geehrten Damen und Herren, nämlich dort, wo es um die persönliche Glaubwürdigkeit von Regierungsmitgliedern geht. Darum freut es mich, dass ich jetzt die Gelegenheit habe, mit dem Herrn Finanz­minister einige Worte zu wechseln. Ich habe vor dem Sommer eine Pressekonferenz gemacht und darauf hingewiesen, dass entweder Grasser oder Finz die Unwahrheit sagt. Ich habe darauf hingewiesen, dass wir bessere Regelungen zur Unvereinbarkeit in Österreich brauchen. Die Antwort darauf war eine Klage des Herrn Finanzministers. Herr Finanzminister! Das werden wir uns noch anschauen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.25

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



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34. Sitzung / Seite 104

14.25

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Ich möchte als erster Kärntner Abgeordneter, der heute spricht, dem Kärntner Vizekanzler, der er ja war, sehr herzlich danken dafür, dass er die Freiheitliche Partei in einer schwierigen Zeit geführt hat, dass er die Freiheitliche Partei in der Regierung in einer schwierigen Zeit geführt hat und dass er bewiesen hat, dass Kärntner Abgeordnete wissen, wofür sie stehen, dass Kärntner Abgeordnete wissen, was gut für das Land ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Wofür? – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig.)

Ich möchte aber auch die Zeit dafür nutzen – Frau Dr. Glawischnig, zu Ihnen komme ich noch –, meinen Unmut – Abscheu darf man, so glaube ich, nicht sagen –, meinen großen Unmut darüber zu äußern, dass das, was heute hier in diesem Haus passiert ist, eigentlich sehr traurig war. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Abscheu ist erlaubt!) Es ist der neue Vizekanzler Hubert Gorbach ernannt geworden. Er ist ins Amt berufen worden. Es wurde ihm gratuliert. Die Koalitionsparteien haben applaudiert. Von der Opposition hat es niemand wert gefunden, zu applaudieren. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Es sind wenig später dankende Worte an den Vizekanzler gerichtet worden. Niemand – ich betone: niemand! – hat es wert gefunden, zu applaudieren. (Abg. Scheibner: Von der Opposition!) Und abschließend – das ist wirklich traurig – hat sich der Herr Vizekanzler hier im Hohen Haus bei allen Abgeord­neten für die Zusammenarbeit und für die Mitarbeit bedankt. Wissen Sie, was beschä­mend ist? – Ein einziger Abgeordneter der SPÖ hat geklatscht. Das ist beschämend für dieses Haus, beschämend für die Republik und beschämend für die Bürgerinnen und Bürger, die zusehen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Die haben keine Manieren!)

Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen ist momentan nicht anwesend, aber er hat heute einen „berauschenden“ Kärntner Wahlkampf geführt. Es war wirklich interessant, hier zu sitzen und zuzuhören. Ich muss sagen, ich bin genauso froh wie mein Klubobmann, dass Herr Klubobmann Van der Bellen wieder genesen ist. Ich wünsche ihm eine lange Ge­sundheit, weil er eine Bereicherung für dieses Hohe Haus und sicherlich eine wich­tige Persönlichkeit ist.

Ich bin da gesessen und habe mir gedacht, ich werde ihm eine Zigarette offerieren, denn vielleicht ist er deswegen so grantig, weil er zu rauchen aufgehört hat. Da jedoch Rauchen der Gesundheit schadet, habe ich das unterlassen, weil wir ihn ja lange gesund unter uns haben wollen. (Abg. Öllinger: Was wollen Sie uns damit sagen?)

Aber man sollte ihm schon ins Stammbuch schreiben, dass die Kärntner Grünen, von denen er in solch lobenden Worten gesprochen hat, bei weitem nicht dort sind, wo sie hingehören. Meine geschätzten Damen und Herren! Ich habe mir die Ergebnisse der Kärntner Grünen in den letzten 14 Jahren angeschaut. (Zwischenruf der Abg. Dr. Gla­wischnig.) Der Gipfel waren 3,9 Prozent. Es gibt im Internet die aktuellsten Termine der Grünen in Kärnten. Das Interessante ist, es gibt nur einen einzigen Termin. (Abg. Öl­linger: Ich glaube, Sie fürchten sich!) Wenn man sich dann die Pressemel­dungen der Kärntner Grünen anschaut, so bemerkt man, dass die aktuellste Presse­meldung drei Wochen alt ist, und die drittälteste stammt vom Juli dieses Jahres.

Ich glaube, Frau Dr. Glawischnig, sowohl Sie als auch Herr Dr. Van der Bellen sollten, wenn Sie schon Wahlkampf für Kärnten betreiben, diesen in Kärnten machen, denn meiner Meinung nach haben es Ihre grünen Kärntner Freunde dringend nötig. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Kommt noch! Keine Angst!) – Ich freue mich darauf!


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Abschließend: Wenn man in die APA, in die Zeitungen, schaut, dann kann man einen Tag nach Abschluss der schwarz-grünen Regierung in Oberösterreich lesen – ich zitiere –: Das schwarz-grüne Arbeitsabkommen stößt bei den Grünen auf heftigen Wi­derstand. Die Linzer Bezirksorganisation fordert eine Urabstimmung. Sie drohen mit dem Auszug aus der Parteizentrale. (Abg. Öllinger: Passen Sie auf Ihr Herz auf!)

Meine geschätzten Damen und Herren! Einen Tag schwarz-grüne Regierung – und die Grünen liegen im Argen. Da lobe ich mir doch meine freiheitliche Regierungs­mann­schaft und meine freiheitlichen Freunde, denn wir werden es Ihnen zeigen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.29

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abge­ordneter Broukal zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.29

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Einen schönen Nachmittag, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass Sie guter Stimmung sind.

Herr Abgeordneter Neugebauer! Ich bin eines jener „roten Gfrießer“, die der Herr Prä­sident seinerzeit aus dem ORF entfernt haben wollte und habe daher über grobe Worte in der Politik eine eigene und auch sehr persönliche Anschauung. Ich finde sie immer deplatziert. Sollte Sie das, was Sie heute zitiert haben, beleidigt haben, dann entschul­dige ich mich im Namen des Kollegen Ackerl oder zumindest im Namen meiner Person und vieler anderer. (Abg. Dr. Khol: Weiß er etwas davon?)

Aber ich bitte Sie nur, Folgendes zu sehen: Wir alle sitzen hier in einem Glashaus, und wir alle sollten nicht mit Steinen werfen, sondern schauen, dass wir das Glashaus so gut es geht verlassen. (Abg. Wittauer: Das hat man im letzten Ausschuss gesehen!)

Ich möchte heute zum Thema „Eisenbahn“ sprechen, weil der Herr Vizekanzler auch als Vizekanzler noch Verkehrsminister bleiben will.

Herr Vizekanzler Gorbach! Sie üben seit Monaten auf die 50 000 Eisenbahnerinnen und Eisenbahner in diesem Land einen beispiellosen Druck aus – aber nicht nur auf sie, auch auf ihre Ehepartner und auf ihre Kinder. Sie vernadern diese Menschen, Sie versorgen die Zeitungen mit Halbwahrheiten, und Sie tun so, als ob man nur einige Vergünstigungen, welche die Eisenbahner vielleicht haben mögen, wegnehmen müss­te, und schon wäre bei der Bahn alles in Ordnung.

Ich möchte von dieser Stelle aus sagen: Wir, die Nationalratsabgeordneten der SPÖ, stehen zu den Eisenbahnern, wir stehen zum Unternehmen, und wir stehen zu ihren Familien! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie, Herr Vizekanzler, sprechen bei den Eisenbahnern von erworbenem Unrecht. Er­worbenes Unrecht! Das ist in diesem Land noch nie 50 000 Menschen und ihren Familien gesagt worden. Es ist beleidigend, es ist zynisch, und – was für mich noch schwerer wiegt – es ist falsch!

Sie sind zumindest für meine Verhältnisse – ich bin schon fast sechzig – ein junger Mann, und daher wissen Sie vielleicht nicht, wie die Bundesbahn vor Jahren die Eisen­bahner angeworben hat, die Sie heute vernadern. (Abg. Mag. Mainoni: Es vernadert niemand! – Der Redner stellt eine große ÖBB-Tafel auf das Rednerpult.) Ich zeige zunächst Ihnen, und am Schluss dem Herrn Vizekanzler, gerne dieses Inserat der Österreichischen Bundesbahnen aus den achtziger Jahren mit folgendem Titel: „Seine Zukunft ist gesichert. Vati ist bei der Bahn.“


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Im Text heißt es: „Schüler, Maturanten, Arbeiter, Angestellte, Handwerker, Techniker, Ingenieure, wir bilden euch aus. Schulen euch ein. Schulen euch um. Sorgt dafür, dass eure Familien sorglos leben können. Heute wie auch in Zukunft.“

Mit diesen Versprechungen hat man Menschen vor 20 Jahren zur Bundesbahn ge­bracht, und Sie bezeichnen das heute als erworbenes Unrecht! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie sagen heute diesen Menschen, ihren Frauen und Kindern: Wir brauchen euch nicht mehr! (Abg. Kopf: Auf dass die Welt stehen bleibt!) Wir bilden euch nicht aus! Wir schulen euch nicht um! Wir schieben euch ab! Wir haben einen Weg gefunden, euch zu kündigen! Wir sind nicht bereit, uns an das zu halten, was euch die Bahn vor 20 Jahren versprochen hat.

Herr Gorbach, ich fordere Sie auf: Kehren Sie um auf diesem Weg, stehen Sie zu dem Wort, das die Bahn und die Republik Österreich diesen Eisenbahnern gegeben hat! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zwischen den Jahren 1993 und 2001 hat die Bahn investiert, rationalisiert und 16 000 Arbeitsplätze abgebaut. Seit 1995 sind neu eingestellte Eisenbahner ASVG-Angestellte wie Millionen andere Arbeitnehmer auch. In diesen Jahren ist die Bahn mit Zustim­mung der Eisenbahnergewerkschaft intern umgekrempelt worden, ist moderner gewor­den, und die Leistung der Mitarbeiter ist gestiegen.

Warum gehen Sie heute nicht genau so vor? Warum sagen Sie nicht dem Unter­nehmen ÖBB, Ihrem Generaldirektor Vorm Walde: Setz dich hin mit der Eisenbahner­gewerkschaft, du hast ein halbes Jahr Zeit! Wir wollen Ergebnisse sehen, aber wie diese Ergebnisse aussehen, das macht euch am besten intern aus, denn ihr kennt euch intern besser aus als wir von außen!

Stattdessen haben Sie einen pragmatisierten Universitätsprofessor, der nichts Besse­res zu tun hat, als Wege zu suchen, wie man Menschen, denen Unkündbarkeit und lebenslängliche Anstellung versprochen wurde, diese dann im Alter von 40 und 50 Jah­ren noch wegnehmen kann.

Wir bitten Sie, auch im Interesse Österreichs und der Bahn, um so wenig Störung wie möglich, das muss Ihr Ziel sein. Alles andere ist eine Gefahr für die Bahn, nützt nur der Straßenlobby. Österreich braucht die Bahn, die Eisenbahner brauchen unsere Hilfe! Ihre Experimente brauchen sie nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

14.34

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Haubner. – Bitte.

 


14.34

Staatssekretärin im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren im Nationalrat! Ich be­daure es, dass Herr Nationalratsabgeordneter Broukal im Zusammenhang mit den ÖBB aus dem Zug der Fairness ausgestiegen ist (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), denn er behauptet Dinge, die einerseits aus der Vergangenheit stammen und ande­rerseits nicht stimmen.

Der Herr Vizekanzler und Infrastrukturminister hat nie die Mitarbeiter und ihre Familien angegriffen, hat nie dahin gehend argumentiert, dass den Mitarbeiterinnen und Mitar­beitern und ihren Familien Nachteile entstehen, sondern er hat immer nur das System angegriffen. (Abg. Scheibner: Und die Privilegien!) Und damit haben Sie, meine Da­men und Herren, ein Problem, denn Sie haben jahrzehntelang dieses System gefördert


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und in diesem System gelebt, das letztendlich zu Dingen geführt hat, die wir in der Re­gierung, also Freiheitliche und ÖVP, reparieren müssen. (Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist bei der Pension und bei vielen anderen Sachen auch so. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Broukal: Wer hat Unrecht erworben? Wer?)

Meine Damen und Herren! Wir haben in den vergangenen Tagen mit der Neuaufteilung verschiedener Funktionen im freiheitlichen Regierungsteam für Emotionen gesorgt, und ich freue mich, dass gerade die Damen und Herren der Opposition so starken Anteil nehmen an der FPÖ und sich fragen, ob es der FPÖ gut geht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich kann Ihnen versichern, dem freiheitlichen Regierungsteam geht es gut, denn wir müssen uns nicht ständig unserer Solidarität versichern, sondern wir haben Solidarität untereinander, und wir leben diese Solidarität mit dem Bundesminister für Soziales Herbert Haupt, mit Infrastrukturminister Hubert Gorbach, der jetzt Vizekanzler ist, mit Justizminister Böhmdorfer und mit den beiden Staatssekretären Karl Schweitzer und Reinhart Waneck.

Wir brauchen unsere ganze Kraft nicht für gegenseitige Bezeugungen von Solidarität, sondern wir setzen unsere Kraft für dieses Land und für Österreich ein. Dazu sind wir da! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen: Die bisherige gute Arbeit im Sozial­minis­terium – und ich schätze die Zusammenarbeit, die ich als Staatssekretärin in diesem Ministerium mit meinem Minister Herbert Haupt gepflegt habe – wird weiter­gehen. Diese gute Zusammenarbeit hat wirklich jene Dinge in den Mittelpunkt gestellt, die für die Menschen im Land notwendig sind. Das heißt einmal, Familien leistbar und lebbar zu machen. Wir gestalten eine Generationenpolitik, die nicht die einen gegen die an­deren ausspielt, sondern die letztendlich die Maßnahmen so setzt, dass Familien, dass Generationen auch nachhaltig leben und sicher sein können.

Wir arbeiten und stärken die Kinderrechte, die Rechte für die Jungen und die Kinder. Die Kinderrechte in die Verfassung aufzunehmen, ist, so glaube ich, ein gemeinsamer Wunsch und ein gemeinsamer Wille dieses Hauses. Wir Freiheitlichen in dieser Regierung setzen dazu den ersten Schritt.

Wir kümmern uns auch darum, dass die älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger im Alter nicht nur bestmöglich versorgt sind, sondern selbstbestimmt ihren Lebensabend ver­bringen können. Da haben wir das Problem der Hochbetagten, die besonders unserer Pflege und unserer Fürsorge bedürfen.

Wir wissen auch, dass das Familiennetzwerk ein ganz wichtiges Netzwerk in der zukünftigen Pflege ist, und das werden und müssen wir weiter stärken, denn wenn die Familien nicht mehr funktionieren, dann geht es auch unseren älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern nicht mehr gut.

Worauf wir auch sehr großes Augenmerk legen, ist, dass Konsumentinnen und Konsu­menten zu ihrem Recht kommen. Meine Damen und Herren! Ich meine damit auch die erfolgreiche Zinsenrückholung von den Banken seitens des Konsumentenschutz­minis­teriums gemeinsam mit dem VKI für jene Kunden, denen zwischen 1992 und 1997 zu viel an Zinsen verrechnet wurde, und das sind nicht die großen Kreditnehmer, das sind nicht die großen Unternehmer, sondern das sind Tausende kleine Privatkredite, die in Auftrag gegeben wurden und für die in dieser Zeit zu viel verrechnet wurde. Wir haben es geschafft, dass es jetzt zumindest einmal mit einem großen Verband zu einer Ver­einbarung kommt, dass diese Kunden ganz unbürokratisch 70 Prozent dessen zurück bekommen, was ihnen vorenthalten wurde.


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Das, meine Damen und Herren, ist Regierungspolitik, das ist nachhaltige Regierungs­politik, und das ist nachhaltige Arbeit für die Menschen in Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Daher ersuche ich die Damen und Herren von der Opposition, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir Politik für die Menschen mit Herz und Verstand machen, dass wir unsere ganze Kraft für dieses Land einsetzen und dass wir zu unserem Wort stehen und uns mit Vernaderungspolitik und Ähnlichem nicht abgeben, wie meine Vorredner argumentiert haben.

Wir setzen all unsere Kräfte ein, und ich bin optimistisch und positiv, dass die nächsten Schritte für dieses Land wirklich gute sein werden. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.40

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Marek. – Bitte.

 


14.40

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Was passiert, wenn Rot regiert, meine Damen und Herren? – Ein Blick nach Wien: Der Vergleich macht uns sicher! (Abg. Dr. Cap: Die Brille!)

Thema Wirtschaft: Wien hatte 2001 als einziges Bundesland eine Rezession zu ver­zeichnen. Die Wiener SPÖ-Alleinregierung hat es damit geschafft, Wien zum Schluss­licht unter allen Bundesländern zu machen. Die Arbeitsmarktdaten sind katastrophal. (Abg. Dr. Cap: Wer sagt das?) Auch hier ist Wien anders – im negativen Sinn. Seit 1985 hat sich die Arbeitslosigkeit in Wien mehr als verdoppelt, und auch sonst kann Wien mit der Bundesentwicklung nur mühsam – wenn überhaupt – Schritt halten.

Während bundesweit die Zahlen der unselbstständig Erwerbstätigen (Abg. Dr. Gusen­bauer: Toll sind!) ständig neue Rekorde erreichen, hatte Wien im Jahr 2002 nicht ein­mal den Beschäftigtenstand von 1965. Österreichweit konnte hier ein Zuwachs von über 35 Prozent verzeichnet werden. Wirklich ein tolles Renommee! Hut ab!

Wien hatte im vergangenen Jahr mit 9 Prozent die höchste Arbeitslosenquote, das sind über 2 Prozent mehr als der Durchschnittswert in Gesamtösterreich. Zwei Drittel aller Langzeitarbeitslosen befinden sich in Wien, und auch die Dauer der Arbeitslosigkeit ist in Wien beispielhaft schlecht. Im Jahr 2002 waren es durchschnittlich 154 Tage, während es in Tirol 67 und im Österreich-Durchschnitt 102 Tage waren. (Abg. Krainer: Bundeskompetenz! – Zwischenruf der Abg. Mag. Lapp.)

Zur Lehrlingssituation: In Wien kommen auf eine Lehrstelle 7,7 Lehrstellensuchende, österreichweit sind es 2,6. Wien hat wirklich ein Herz für die Jugend! (Abg. Krainer: Bundeskompetenz!) Die Gebühren sind in Wien seit 2001 explodiert, zum Beispiel Müllabfuhr und Fahrpreise für öffentliche Verkehrsmittel. Die Preise für Kinderbetreu­ung sind in Wien am höchsten von ganz Österreich. (Abg. Mag. Lapp: Soziale Staf­felung!) Wien hat es sogar geschafft, durch die Einführung einer so genannten Strom­steuer die Liberalisierung und die damit verbundenen Preissenkungen für die Konsu­menten einfach zu boykottieren. (Abg. Mag. Lapp: Bla bla bla!)

Auch der Sozialabbau in Wien ist einzigartig, wo auf dem Rücken der Ärmsten gespart wird. Besonders die Heuchelei von Häupl und Laska finde ich dabei absolut uner­träglich, wenn ihnen nichts anderes einfällt, als immer wieder reflexartig auf den Bund zu zeigen. Von Lainz möchte ich dabei gar nicht erst reden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Lapp: Ja, weil da kennen Sie sich nicht aus!)


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34. Sitzung / Seite 109

Förderungen werden in Wien ideologisch motiviert vergeben. (Abg. Dr. Cap: Stimmt nicht!) Der zuständigen Stadträtin Laska war es nicht einmal zu blöd, den so ge­nannten Warenkorb – eine ohnehin nicht allzu hohe Förderung für Schulen – für die konfessionellen Privatschulen von heute auf morgen einfach zu streichen. (Abg. Mag. Lapp: Der Warenkorb ist ...! – Abg. Dr. Glawischnig: Sind wir im Wiener Ge­meinderat?)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Bevor Sie jetzt wieder von Eliten sprechen, darf ich Sie darauf hinweisen, dass dort viele Kinder einfacher Familien hingehen. All das zeigt die Ideenlosigkeit der Wiener SPÖ beim Finden von echten Lösungen. Wirk­lich kreativ ist die SPÖ aber beim Finden von Ausreden, wer denn für all die Miss­stände in Wien zuständig und verantwortlich ist. (Abg. Mag. Mainoni: Genau!)

Meine Damen und Herren! Die Verantwortung dafür trägt jedoch einzig und allein die SPÖ in Wien, und das lässt sich auch durch noch so viele Plakatkampagnen nicht leugnen.

Meine Damen und Herren! Die SPÖ versucht immer wieder krampfhaft, den Eindruck zu erwecken, als ob alle Probleme in Österreich erst in den letzten Jahren entstanden seien. Tatsache ist aber, dass diese Bundesregierung seit dem Jahr 2000 damit be­schäftigt ist, das, was Sie über Jahrzehnte hinweg verschleppt haben, in Angriff zu nehmen und Reformen durchzusetzen. Und das werden wir auch in den nächsten Jahren, zusammen mit der FPÖ, für die Menschen in diesem Land und für Österreich weiter tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.44

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

 


14.45

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren heute eine Regierungsumbildung, die – ganz klar und ganz offen (Abg. Dr. Cap: Keine war! – Heiterkeit bei der SPÖ) – die falsche ist. Die Regierungs­um­bil­dung, die eigentlich notwendig gewesen wäre, hätte anders ausgesehen. (Abg. Mag. Mainoni: Sie hätten lieber Grüne auf der Regierungsbank, so gesehen ist es falsch!) In erster Linie sitzt noch immer jemand auf dieser Regierungsbank, der schon seit längerer Zeit überaus rücktrittsreif ist, nämlich Herr Finanzminister Grasser. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Mainoni: Die Basis wird euch in Oberösterreich einen Baum aufstellen!)

Er sitzt bequem auf seinem Aktienpaket und verrechnet sich das eine um das andere Mal. Vor allem wenn es um Nullen oder Kommastellen geht, hat er gröbere Schwie­rigkeiten, was für einen Finanzminister schon ein größeres Problem darstellt, weil er es als solcher mit doch eher wichtigen Zahlen zu tun hat.

Die zweite Regierungsumbildung, die wir heute zu beobachten haben, ist ja eine, die in Wirklichkeit im Hintergrund stattfindet. Da Gorbach als Vizekanzler in erster Linie in Kärnten antichambrieren wird müssen, um den Zusammenhalt der Reste seiner Partei zu garantieren, wird das überaus wichtige Verkehrsressort nun ein ganz anderer Mann führen, und dieser Mann gehört natürlich der ÖVP an.

Nun hätte ich damit zunächst nicht so große Probleme, wüsste ich nicht, dass dieser Mann kein Verkehrspolitiker, sondern ein reiner Parteipolitiker ist, der all seine ver­kehrs­politischen Entscheidungen – und das hat Kukacka des Langen und Breiten be­wiesen – in erster Linie aus einer parteipolitischen Rationalität heraus trifft. (Abg. Mag. Mainoni: Ich habe das doch gerade erzählt und gesagt, dass dieser Mann Praxiserfahrung hat!)


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34. Sitzung / Seite 110

Ihm geht es nicht um die Zukunft der Bahn, vor allem nicht der Bahnkunden und schon gar nicht der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner, ihm geht es um die Zerschlagung von Strukturen, die er als „rote Strukturen“ interpretiert. Das ist sein Hauptziel. Das ist keine Bahnpolitik, sondern Parteipolitik, die in dieser Art in diesem zukunftsweisenden Ressort überhaupt nichts zu suchen hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ellmauer: 3 Milliarden Bundeszuschuss!)

Gorbach wird aber durch die nun oft notwendigen Reisen nach Kärnten andere wich­tige Reisen nicht machen können, die im Moment mehr als dringlich wären, nämlich Reisen nach Brüssel. Wir stehen am Vorabend des Auslaufens des Transitvertrages. Es gibt keinerlei Nachfolgeregelung, Österreich hat hier nichts in der Hand, und derjenige, der angekündigt hat, dass er diesen Transitvertrag retten wird, wird in erster Linie mit dem Kärntner Landeshauptmann über Koralmbahn oder Drautalbundesstraße (Vizekanzler Gorbach: Auch wichtig!) diskutieren müssen. Die wichtigen, zukunfts­wei­senden und notwendigen Projekte in Sachen Erweiterung der Europäischen Union oder Rettung Österreichs vor dem Transitdesaster werden wahrscheinlich untergehen, den Weg alles Irdischen gehen, weil dieser Verkehrsminister keine Zeit mehr haben wird, sich um die wichtigen Fragen der Republik zu kümmern.

In noch einem Punkt werden seine Kapazitäten auch enorm fehlen: Es wird von einer Investitionsoffensive geredet. Das ist aber aus der Sicht des Verkehrsministers – er hat es deutlich gesagt – eine reine Asphaltinitiative. Es wird nicht darüber geredet, dass die Europäische Union auch Projekte von Wissenschaft und Forschung von den Län­dern haben will, denn das, meine Damen und Herren, wäre ein Zukunftsweg. Darüber redet in dieser Bundesregierung kein Mensch. Das interessiert offensichtlich nieman­den, genauso wenig wie das drohende Transitdesaster auf den alpinen Strecken und auf den Verbindungsstrecken zu den Beitrittsländern. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen.)

14.49

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.49

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Ich weiß nicht, warum die Grünen klatschen. Das, was da gesagt worden ist, haben wir schon sehr oft gehört. Hubert Gorbach wird seine Aufgabe wahrnehmen. Er hat das in der Vergangenheit bewiesen und wird es auch in der Zukunft beweisen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es grenzt schon an Lächerlichkeit, wenn sich die Damen und Herren der Opposition ausschließlich mit der Freiheitlichen Partei und deren Führung beschäftigen. Ich sage Ihnen: Die Freiheitliche Partei wird ihre Angelegenheiten innerhalb der Freiheitlichen Partei regeln und selbst bestimmen und braucht keine Zurufe von den Grünen, die in Oberösterreich, wo sie in die Landesregierung gegangen sind, nicht einmal am ersten Tag fähig sind, Verantwortung wahrzunehmen. Die sollten sich gefälligst zurückhalten! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Da redet der Richtige!)

Für Österreich ist es gut, dass Herbert Haupt weiterhin Sozialminister bleibt und in die­sem Bereich die hervorragende Arbeit der Vergangenheit fortführt. Damit ist eine Garantie für die Zukunft gerade in diesem Bereich gegeben.

Mit Hubert Gorbach haben wir einen neuen Vizekanzler. Ich habe deine Rede, Hubert, mit Aufmerksamkeit verfolgt, und ich glaube dir. Du bist derjenige, der mit uns Frei­heitlichen das Beste für Österreich will und es auch umsetzen wird. Die Zielsetzungen von uns Freiheitlichen sind auch deine, und wenn du davon sprichst, dass du in dieser


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Regierung exzellente Rahmenbedingungen für das Land schaffen willst, dann glaube ich dir, denn als Infrastrukturminister und Verkehrsminister hast du es in der Vergan­gen­heit bewiesen.

Wir Freiheitlichen sind seit dem Jahre 2000 der Reformmotor dieser Regierung (Abg. Gradwohl: Der stottert aber ein bisschen!), und eine Garantie dafür, dass der Wirt­schaftsstandort Österreich gesichert ist und ausgebaut wird, sodass wir uns – und das betrifft auch die ÖBB – im internationalen Wettbewerb behaupten können. Es wird von der Opposition immer polemisiert und alles schlecht gemacht. Die Zielsetzung ist, dass es besser wird und dass die Arbeitnehmer der ÖBB auch in Zukunft ihre Arbeit behalten, und nicht, dass diese ÖBB in den Graben gefahren wird. (Abg. Gaál: Wissen Sie, was in dem Reformpapier steht?)

Wir schauen auf die Familien. Wir haben das in der Vergangenheit mit dem Kindergeld bewiesen. Wir schauen auf die Kranken und auf die Alten. Wir beweisen es tagtäglich mit unserer Politik, und wir werden diese Politik weiterhin umsetzen. (Abg. Gaál: Ken­nen Sie das Reformpapier? – Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.) Ich sage Ihnen auch: Ich bin dankbar dafür, dass Kanzler Schüssel Hubert Gorbach viel Erfolg für die nächsten Jahre gewünscht hat. Wir wissen, dass er Erfolg hat. Für uns ist das aber auch die Garantie dafür, dass die Opposition – Rot-Grün, dieses Chaos – nicht in die Regierung kommt. Lernen Sie einmal, Ihre Oppositionsarbeit richtig zu machen, dann können wir einmal andenken, was es bedeutet, Regierungsarbeit zu machen. (Abg. Dr. Wittmann: Schau dir das Wahlergebnis in Tirol an!) 30 Jahre lang haben Sie eine falsche Politik betrieben, und bis heute haben Sie nicht daraus gelernt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Wittmann: Kennen Sie das ÖBB-Papier?)

Ich möchte nicht wie in Deutschland ein rot-grünes Chaos auf der Tagesordnung haben, wo die Menschen in der Vergangenheitspolitik jeden Tag neu bestraft werden. (Abg. Dr. Glawischnig: Schauen Sie einmal nach Tirol!) Ich möchte mich den Worten von Hubert anschließen: Dieses Österreich braucht die Freiheitlichen (Abg. Nürn­ber­ger: Immer weniger!), denn wir waren es, die hergegangen sind, dieses Land mit Re­for­men in eine positive Zukunft zu führen. (Abg. Dr. Rada: Sie sind nicht wählbar! – Abg. Reheis: Die Wähler haben euch verlassen!)

Es ist immer schwierig, Reformen durchzuführen und den Menschen diese begreifbar zu machen, aber wir werden es diesen Menschen beweisen, und sie werden begreifen, dass diese Regierung ihre Verantwortung für eine positive Zukunft für Österreich wahr­nimmt. (Abg. Reheis: Das ist die Wahrheit! Ihr habt keine Wähler mehr!) Für uns Freiheitliche hat immer gezählt: Österreich zuerst! Diesem Grundsatz werden wir treu bleiben. (Abg. Dr. Jarolim: Gibt es das auch auf Video?)

Wir Freiheitlichen werden diese Regierung auf alle Fälle unterstützen, wir brauchen auch keine Ratschläge von Rot-Grün. Wir werden keinerlei Misstrauensanträge oder Untersuchungsausschüsse unterstützen und bis 2006 durchregieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Wittmann: Diese Rede erklärt das Wahlergeb­nis in Tirol!)

14.54

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Krainer zu Wort gemeldet.

Ich ersuche Sie, mit der Wiedergabe der Behauptung zu beginnen, die Sie zu berich­tigen wünschen. – Bitte.

 


14.54

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Kollegin Marek hat in einer beispiellosen Schlechtmachung von Wien soeben behauptet (Wider-


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spruch bei der ÖVP – Abg. Prinz: Wahrheit!), dass Wien die höchsten Gebühren bei Kindergartenplätzen hätte.

Ich berichtige tatsächlich: Wien hat für sozial Schwache die allerniedrigsten Gebüh­ren für Kindergartenplätze, nämlich null €. (Beifall bei der SPÖ. – Empörter Wider­spruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Das ist falsch!)

Für Durchschnittsverdiener ist der Tarif durchschnittlich, und für Spitzenverdiener ist er hoch, weil die Tarife nämlich sozial gestaffelt sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das stimmt überhaupt nicht! Da gibt es Bundesländer, wo es für sozial Schwache gratis ist!)

14.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte die Damen und Herren, Platz zu nehmen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Finanzen gemäß Artikel 74 Absatz 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Absatz 2 der zitierten Ver­fas­sungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

3. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrnehmungsbericht (III-29 d.B.) des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes (229 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Wahrnehmungsbericht (III-13 d.B.) des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes (231 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.56

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Rechnungshof kritisiert massiv die Werbeausgaben der Bundesregierung, und das zu Recht (Abg. Hornek: Das ist unrichtig!), denn wozu teure Inserate für eine Bun­desregierung schalten, die nur von 6 Prozent der Bevölkerung akzeptiert wird? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hornek: Der Edlinger hat um 40 Prozent mehr gebraucht!)


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Meine Damen und Herren! Wie hält es eigentlich der Finanzminister? Ist er ein Vorbild? Ein Vorbild an Sparsamkeit? Ein Vorbild an Rechtschaffenheit? Ein Vorbild an Ge­setzestreue? Und ganz grundsätzlich: Was kann er? (Abg. Mag. Wurm: Fesch ist er!) Was kann er nicht? Was leistet dieser Finanzminister? Was leistet er sich? Was kann er also nicht? (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Er kann nicht rechnen und zusammenzählen. Zum Beispiel sein nicht gemeldetes Aktienbündel: Da hat er sich um die „Kleinigkeit“ von 51 000 € verzählt, der Herr „Kleinstaktionär“.

Er kann auch nicht immer „plus“ und „minus“ auseinander halten. Wir erinnern uns alle mit Schaudern an die Budgetrede, die Herr Präsident Khol so brillant gefunden hat.

Und: Er hat Schwierigkeiten beim Ausfüllen von Formularen, das muss auch gesagt werden.

Was kann er dagegen gut, der Herr Finanzminister? – Er kann sehr gut für Eigen­werbung Steuergeld beim Fenster hinausschmeißen, zum Beispiel für ein Inserat in der „Financial Times“, um schlappe 812 000 S seinerzeit.

Was kann er noch gut? – Er kann sehr gut schlechte Berater beschäftigen. Um sage und schreibe 27 Millionen € kann das dieser Finanzminister, meine Damen und Herren!

Und er kann sehr gut eine Roadshow veranstalten, um 2,2 Millionen €.

Aber, meine Damen und Herren, die FPÖ hat ja ursprünglich zugesagt, sie werde all das untersuchen, und wir können ja optimistisch sein, was den Untersuchungs­aus­schuss-Antrag betrifft.

Im Rechnungshofausschuss hat Staatssekretär Morak seine bescheidene Schauspiel­kunst eingesetzt und sich ungemein darüber aufgeregt, dass die Werbeausgaben der vorvorigen Regierung, nämlich der Regierung Klima, so hoch waren. – Herr Staats­sekretär Morak! Ich sage präventiv dazu: Das haben SPÖ und ÖVP beschlossen. Die SPÖ und die ÖVP haben da geworben, und es sind natürlich die Gesichter der ÖVP-Politiker mitbeworben worden.

Was kann die Konsequenz sein, wenn man etwas als schlecht empfindet? – Dann kann man es ja nicht noch ärger weitertreiben! Das ist doch der Punkt. Natürlich ist Regierungswerbung auch früher betrieben worden, aber, meine Damen und Herren, eine Verhöhnung der Bevölkerung per Inserat, das hat es vorher nie gegeben! (Der Red­ner hält eine Tafel in die Höhe, auf der ein Inserat mit dem Titel „Unfallrenten ab 1.1.2004 steuerfrei“ und Fotos von Bundesminister Mag. Haupt und Staatssekretärin Haubner zu sehen ist.)

Wenn man sich vor Augen führt, dass sich hier Parteivorsitzender Herbert Haupt und die Parteichefin Ursula Haubner – oder was halt gerade tagesaktuell sein mag – per In­serat dafür loben lassen, dass sie ein Versprechen eingelöst und die Unfallrenten­be­steuerung aufgehoben hätten, dann ist das das Letzte, meine Damen und Herren!

Wie Sie wissen hat die blau-schwarze Bundesregierung ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Wir sind jetzt um 15 Uhr angelangt. Ich unterbreche daher Ihre Rede, um die verlangte Behandlung einer Dringlichen An­frage gemäß der Geschäftsordnung aufrufen zu können. (Abg. Dr. Kräuter: Ich möchte nur den Satz zu Ende ...!)

Sie können den Satz beenden, und dann rufe ich die Dringliche Anfrage auf.

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (fortsetzend): Richtig ist, dass die blau-schwarze Regierung das eingeführt hat und dass die SPÖ das erfolgreich bekämpft hat. Dass


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sich auf Kosten der Steuerzahler Haupt und Haubner jetzt in öffentlichen Zeitungen dafür loben, das ist wirklich das Letzte, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Kräuter! Wünschen Sie nach der Dringlichen noch weiter das Wort? (Abg. Dr. Kräuter: Es gibt noch viel zu sagen zum Zustand dieser Regierung!) Ja oder nein? (Abg. Dr. Kräuter: ... viel zu sagen!) Ja? (Abg. Dr. Kräuter: Ja! ...!) – Dein Wort soll sein: ja, ja – nein, nein.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aktien, Treuhänder und Verfassungsbruch (913/J)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 913/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Der Finanzminister hat schon am Beginn seiner Amtszeit mit der Leermeldung an den Unvereinbarkeitsausschuss die Verfassung gebrochen. Jetzt hat er mit dreieinhalb Jahren Verspätung seinen aktuellen Bestand an Aktien gemeldet. Seiner Meldepflicht über alle Aktien, die er seit seiner Angelobung besessen hat, ist er bis heute nicht nachgekommen. Damit bricht er weiter die Verfassung.

Über andere Bestandteile seines Vermögens hat er bis heute nichts gesagt. Daher richten die unterfertigten Abgeordneten an den Finanzminister folgende

Anfrage:

1. Die Beteiligung an Unternehmen kann zur Beeinflussung der Amtsführung eines Mitglieds der Bundesregierung führen. Daher sieht das Unvereinbarkeitsgesetz eine unbeschränkte Meldepflicht solcher Beteiligungen vor. Warum haben Sie dem Unvereinbarkeitsausschuss bis heute nicht alle Beteiligungen an Unternehmen, die sie während Ihrer Zeit als Finanzminister besessen haben, gemeldet?

2. Welche Beteiligungen an Unternehmen haben Sie im einzelnen zu Beginn Ihrer Tätigkeit als Finanzminister besessen?

3. Welche Beteiligungen an Unternehmen haben Sie im einzelnen während Ihrer Tätigkeit als Finanzminister erworben?

4. Welche Beteiligungen an Unternehmen haben Sie im einzelnen während Ihrer Tätig­keit als Finanzminister veräußert?

5. Wie hoch war der Wert Ihrer Aktien zum Zeitpunkt des Entstehens der Meldepflicht im einzelnen?

6. Wann werden Sie dem Unvereinbarkeitsausschuss endlich alle Beteiligungen an Unternehmen, die sie während Ihrer Zeit als Finanzminister besessen haben, melden?

7. Zu Ihrer Rechtfertigung haben Sie behauptet, in Bezug auf die Verpflichtung, Ihre Anteile an Unternehmen zu melden, „falsch beraten“ worden zu sein. Wer hat Sie falsch beraten?


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8. Das Unvereinbarkeitsgesetz verpflichtet im § 3a Regierungsmitglieder, ihr Eigentum an Immobilien dem Präsidenten des Rechnungshofs zu melden. Welchen Besitz an Immobilien haben Sie gemeldet?

9. Welchen Besitz an Immobilien haben Sie nicht gemeldet?

10. An welchen Stiftungen sind Sie beteiligt?

11. An welchen Fonds halten Sie Anteile?

12. Welche Treuhänder halten für Sie Vermögenswerte?

13. Hält bzw. hielt Treuhänder Stephan Medwed für Sie Aktien bzw. andere Vermö­gens­werte oder Anteile?

14. Wenn ja, welche und in welcher Höhe?

15. Hält bzw. hielt der Vaduzer Treuhänder Michael Feichtinger für Sie Aktien bzw. andere Vermögenswerte oder Anteile?

16. Wenn ja, welche und in welcher Höhe?

17. Welche Besprechungen haben zwischen Michael Feichtinger, Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp und Ihnen wann und wo stattgefunden?

18. Was war der Zweck dieser Besprechungen?

19. Warum haben Sie zur Besprechung mit dem Chef von Daimler Chrysler und damit dem Eigentümervertreter von EADS Ihren Treuhänder beigezogen?

20. Wie und wodurch konnte Sie der Vertreter von Daimler-Chrysler/EADS von den Vorzügen des Eurofighter überzeugen?

21. Haben Sie als Finanzminister Aufträge an Firmen vergeben, an denen Sie beteiligt waren oder sind?

22. Haben Sie Anteile an FirstInEx oder deren Mutterfirma Yline besessen?

23. Haben Sie als Finanzminister Aufträge an FirstInEx vergeben?

24. Wenn ja, welche, wann und zu welchem Preis?

25. War das Anbot von FirstInEx in jedem Fall das billigste?

26. Wenn nein, in welchem Fall war es nicht das billigste?

27. Hat FirstInEx für das Bundesministerium für Finanzen und für Ihre private Website mit Ihrem Wissen an der Erstellung der Websites teilgenommen?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf § 93 Abs. 2 GOG verlangt.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Pilz als erstem Fra­gesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.01

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An dieser Stelle habe ich bei den Finanzminister-Dringlichen bis jetzt auch immer gesagt: „Herr Bundeskanzler!“ Zum ersten Mal kann ich den Herrn Bundeskanzler bei einer Anfrage an den Finanzminister im Zusammenhang mit den verschiedenen Vorkomm­nissen rund um seine Person und rund um seine Amtsführung nicht begrüßen. Das


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wird nach dieser missglückten Regierungsbildung sicherlich sachliche und persönliche Gründe haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte unsere Dringliche Anfrage wie folgt begründen:

Das Unvereinbarkeitsgesetz ist vom österreichischen Nationalrat aus einem sehr, sehr einfachen Grund genau so entworfen und beschlossen worden und nicht anders: weil man wissen muss, was einem Politiker oder einer Politikerin gehört, damit man weiß, wem eventuell ein Politiker oder eine Politikerin gehört. Das ist die entscheidende Frage, die zur Meldepflicht im Unvereinbarkeitsgesetz geführt hat und die insbeson­de­re Regierungsmitglieder verpflichtet, ganz penibel auszufüllen, nicht, ob sie irgendwo ein Unternehmen dominieren – denn das ist normalerweise öffentlich hinlänglich be­kannt –, sondern ob sie irgendein Interesse am besonderen Wohlergehen eines Unter­nehmens haben.

Es hängt vom persönlichen Reichtum – vermute ich einmal – ab, ob jemand ab einer Aktie, ab hundert, ab tausend oder ab viel mehr Aktien erst dieses persönliche Inter­esse versteht.

Zur Sicherheit nimmt der Gesetzgeber an, dass jeder Aktienbesitz ein derartiges Inter­esse begründen kann, und zwingt deswegen zur Meldung – und zwingt deswegen auch einen Bundeskanzler und einen Finanzminister.

Wir sind immer davon ausgegangen, dass diese Meldungen ordnungsgemäß erfolgt sind. Wir hatten auch keinen Grund anzunehmen, dass es hier zu Unregelmäßigkeiten oder vielleicht sogar ungesetzlichen Handlungen durch Regierungsmitglieder gekom­men ist. Erst als es den Hinweis gegeben hat, dass der Finanzminister mit YLine-Aktien besonders bemerkenswerte Aktien besessen hat, hat sich die Frage gestellt, ob er das dem Nationalrat ordnungsgemäß gemeldet hat. Die Antwort kennen wir inzwi­schen: Nein, er hat es nicht getan. (Rufe bei der SPÖ: Rücktritt! – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Und jetzt wieder die Frage: Warum hat er das nicht getan? – Er sagt – zumindest war das bisher seine Stellungnahme –: Ich bin schlecht beraten worden. Ich habe schlechte Berater gehabt. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Finanzminister! Wissen Sie, wie „kompliziert“ der § 3a des Unvereinbarkeits­gesetzes ist? – Es gibt wenige Gesetzesstellen, die so einfach und so klar zu lesen sind! Das sind Gesetzesstellen, die man jedem des Lesens Fähigen in dieser Republik und anderswo zumuten kann. Da steht nämlich ganz einfach drinnen: Alle Beteili­gungen an Unternehmen sind dem Ausschuss zu melden. – Punkt. Das ist alles, was drinnen steht.

Jetzt frage ich Sie nur zwischendurch, Herr Finanzminister: Sind das die Berater, die Sie auch in Ihrer sonstigen Ressortführung beraten? Sind das die Berater, die Sie auch bei der Steuerreform beraten? Beim Nulldefizit? Bei der Voest-Privatisierung? Beim Bundesimmobilienverkauf? (Rufe bei der SPÖ: Eurofighter!) Und vielleicht bei der Eurofighter- – und das Gericht sagt mir, ich darf es sagen – -Schiebung?

Sind das diese Berater? – Dann gibt es zum ersten Mal einen Hinweis darauf, warum an der Spitze dieses Ressorts so viel falsch entschieden wird: Es sind die schlechten Berater!

Nur: Was ist das für ein Minister, der keine Konsequenzen daraus zieht, der sagt: Ich habe besonders schlechte Berater; die sind nicht einmal in der Lage, einen Absatz eines einfachen Gesetzes ordnungsgemäß zu lesen, aber mit denen privatisiere und


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verkaufe ich jetzt weiter die Bundesimmobilien!? (Abg. Öllinger: Er zieht ja Konse­quenzen: noch mehr Berater!)

Das ist die Frage, auf die Karl Öllinger zu Recht hinweist. Ist Ihre Antwort darauf: noch mehr Beratungsverträge? Noch mehr Beratungsverträge an befreundete Firmen? Noch mehr Beratungsverträge an Firmen, die dann bei Gelegenheit öffentlich erklären und bestätigen, dass steuerlich alles in Ordnung sei, obwohl alle Experten sagen, dass genau das Gegenteil der Fall ist? Ist das dann wieder der Weg? Und ist das die Kon­se­quenz?

Ich komme zurück auf den Anlassfall. – Herr Finanzminister! Wir haben Grund zur An­nahme, dass Sie nach wie vor das Unvereinbarkeitsgesetz nicht beachten und die österreichische Bundesverfassung weiter verletzen. Der Grund ist ganz einfach: Sie sind nicht nur verpflichtet, Ihr aktuelles Portefeuille zu melden. Sie sind nicht nur verpflichtet zu melden, was Sie jetzt gerade haben. Sie sind verpflichtet, dem öster­reichischen Nationalrat zu melden, was Sie gehabt haben, was Sie besessen haben, was Sie erworben haben und was Sie veräußert haben seit Beginn Ihrer Funktion als Bundesminister für Finanzen dieser Republik. – Nach wie vor sind Sie dieser Melde­pflicht nicht nachgekommen.

Nach wie vor halten Sie wesentliche Teile, zumindest Ihres ehemaligen Aktienbesitzes, geheim – und jetzt stellt sich die Frage: warum? –, weil in Ihrer aktuellen Meldung – und das könnte eine Erklärung sein – etwa YLine nicht drinnen steht und weil mög­licherweise andere Aktien auch nicht drinnen stehen, die für Sie ein wesentlich größeres politisches Problem begründen können, als es irgendwelche kanadischen oder südamerikanischen Bergbauaktien sind. Da können Sie schon argumentieren, dass der Einfluss des österreichischen Finanzministers auf den kanadischen Bergbau vernachlässigbar klein ist. Sie können aber nicht argumentieren, dass der Einfluss des österreichischen Finanzministers auf die Auftragsvergabe des Finanzministeriums an Firmen, an denen der Finanzminister Anteile besitzt, verschwindend gering ist. Da handelt es sich um den entscheidenden Einfluss.

Da gibt es etwa die Firma FirstInEx, und da gibt es auch andere Firmen, und da gibt es YLine, und da gibt es Gutachter, und da gibt es nahe stehende sonstige Firmen, Wirtschaftsprüfer, und, und, und. Und da stellt sich die Frage, ob nicht das, was Ihnen gehört oder gehört hat, Interesse begründet hat an dem, was Sie tun, was Sie vergeben und was Sie entscheiden.

Wenn Sie heute sagen: Nein, ich habe YLine rechtzeitig verkauft!, dann stellen sich zwei Fragen:

Erstens: Was war „rechtzeitig“? – Es gab nämlich eine einzige Bank, der Sie bei allen Beratungen vertrauen, und das ist die Bank Lehman Brothers. Egal ob Veräußerung der Bundesimmobilien oder sonst etwas: Immer müssen Lehman Brothers beraten. Lehman Brothers haben gesagt: Kauft YLine! – Finanzminister Grasser war einer der wenigen, die den Rat von Lehman Brothers in den Wind geschlagen haben und zu einem der letztmöglichen günstigen Zeitpunkte verkauft haben.

Das Zweite ist: Sie wissen, Herr Bundesminister, dass es sich bei YLine um den größten Fall mit Verdacht auf schweren und gewerbsmäßigen Betrug im Internet-Bereich in der Geschichte dieser Republik handelt.

Jetzt schreibt „profil“ in seiner jüngsten Ausgabe, es soll am Mittwoch im Finanzminis­terium zu einem bemerkenswerten Sechs-Augen-Gespräch gekommen sein. Angeb­liche Teilnehmer: Grasser, Böhm sowie Grassers Kabinettchef Matthias Winkler.

Wer Winkler ist, wissen wir, wer Grasser ist, wissen wir auch. Wer Böhm ist, wissen zumindest Sie, Herr Finanzminister, sehr gut: Herr Böhm war der ehemalige Chef von


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YLine, und gegen ihn laufen in erster Linie die gerichtlichen Vorerhebungen in dieser Causa.

Hat es dieses Treffen gegeben? – Sie haben dem nicht öffentlich widersprochen. – Und wenn ja: Wozu? Wozu genau vor einer Woche? Und warum, wie „profil“ weiter berichtet, passiert dann Folgendes?

Am Donnerstag, also einen Tag später jedenfalls, rief Grassers Sprecherin Petra Bergauer in der „profil“-Redaktion an und machte sich erbötig, ein geheimes Treffen mit Böhm zu arrangieren. Ihre Pressesprecherin, Herr Finanzminister, bietet „profil“ ein geheimes Treffen mit dem Hauptbetrugsverdächtigen in der Causa YLine an? Wozu vermitteln Sie? Was vermitteln Sie? Und welches Interesse haben Sie, damit „profil“ die Causa Böhm und YLine möglicherweise aus einer anderen Perspektive sieht?

Und wenn die andere Perspektive die des Verdächtigen Böhm ist, warum setzen Sie sich für diese Perspektive ein und mobilisieren Ihre Pressesprecherin, um diese Sichtweise „profil“ nahe zu bringen? Stimmt das? Oder stimmt das nicht? Und wenn es stimmt, Herr Finanzminister, dann haben Sie auch in diesem Punkt Erklärungsbedarf, weil das dann der nächste Hinweis darauf ist, dass die Causa YLine auch für Sie persönlich und politisch längst nicht abgeschlossen ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Und dann fragt man sich weiter: Sind es nur diese Firmen? Ist es nur die Meldepflicht? Gibt es bei der Meldepflicht noch mehr? Haben Sie dem Rechnungshof ordentlich und ordnungsgemäß möglichen Immobilienbesitz gemeldet? Haben Sie die Öffentlichkeit und den Nationalrat über Anteile an Fonds oder Stiftungen informiert? Und haben Sie den Nationalrat informiert über Ihre Nähe zu bestimmten Treuhändern? Und haben Sie die Frage beantwortet, ob vielleicht Treuhänder in bestimmten Bereichen für Sie tätig werden?

Haben Sie endlich – und da schließt sich ein bestimmter Bogen – beantwortet, was Ihr persönliches Interesse ist, das Sie dazu gebracht hat, die Vergabe der Eurofighter – und das ist nach wie vor die größte Investition der Republik Österreich – zumindest zwei Mal in äußerst problematischer Art und Weise zu beeinflussen und zu mani­pulieren – erstens bei der Beeinflussung der Ausschreibung, zweitens bei der Beein­flus­sung der Vergabe?

Wir haben immer gefragt: Warum hat sich hier der Finanzminister so engagiert? Wa­rum hat der Finanzminister so vehement für das teuerste Flugzeug gekämpft? Warum hat der Finanzminister den Chef von EADS, der Flugzeugherstellerfirma, getroffen? Warum hat der Finanzminister wiederholt den Chef der Mutter Daimler-Chrysler getrof­fen? Ist der Finanzminister zuständig für militärische Luftfahrtindustrie? Ist der Finanz­minister zuständig für internationale Automobilindustrie? Warum trifft er sich mit diesen Herren, für die normalerweise sachlich entweder der Bundeskanzler oder der Wirt­schafts­minister oder der Verkehrsminister zuständig wären? – Vielleicht noch andere, aber mit Sicherheit nicht der Finanzminister, wenn er nicht bereit ist, die Frage der Steuerbelastung oder der steuerlichen Verpflichtung dieser Unternehmen zu diskutie­ren, und das sollte doch normalerweise eher ein Fall fürs Finanzamt und nicht für den Ressortchef sein.

Also: Warum hat es diese Treffen gegeben? Und welche Rolle haben Treuhänder ge­spielt? Und welche Rolle spielt der Treuhänder Michael Feichtinger in Vaduz, einer der größten Treuhänder Liechtensteins? Und welche Rolle spielt der Grasser-Freund Feich­tinger auf allen Yachturlauben, bei den berühmten Philharmoniker-Essen im Fi­nanz­ministerium und möglicherweise auch bei Treffen mit Daimler-Chrysler-Chef Schrempp und anderen? Gibt es da wirtschaftliche Verbindungen neben den engen


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freundschaftlichen Verbindungen? Was läuft hier? Und wie ist das Interesse an der Eurofighter-Entscheidung begründet?

Das sind Fragen, Herr Finanzminister, die Sie bis heute nicht beantworten konnten. (Abg. Murauer: Sie wünschen sich Antworten, die es nicht gibt!) Sie konnten nicht beantworten, warum etwa im Vorwort des Rechnungshof-Rohberichtes, den der Vertei­digungsminister irrtümlich so stolz präsentiert hat, drinsteht, dass eigentlich entschei­dend für die Vergabe nicht das Votum des Verteidigungsministers, sondern jenes des Fi­nanzministers war. Woher kommt dieses unglaubliche Interesse, genau dieses Flug­zeug zu kaufen? Und können Sie uns über diese Hintergründe heute genauer Auskunft geben?

Wir versuchen es jedenfalls mit diesen Fragen und gehen davon aus, dass Sie zumin­dest heute einen Versuch machen werden, einen Teil dieser Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sie können nachschauen, wo Sie wollen, Sie können untersuchen, was Sie wollen: Das Erstaunliche beim System Grasser ist, dass Sie, egal wo Sie mit einer Recherche beginnen, nach kürzester Zeit etwas finden. Ich wäre nicht so leicht auf die Idee gekommen, dass schon die einfache Nachfrage nach Vorträgen nach einer wirklich sehr kurzen Recherche zum begründeten Verdacht führt, dass hier die Steuerpflicht verletzt worden ist, und zum begründeten Verdacht führt, dass sich der Finanzminister gegen Geld selbst als Referent anbietet.

Ich hätte nicht geglaubt, dass die einfache Nachfrage der SPÖ im Rahmen einer Dring­lichen Anfrage dazu führt, dass man erfährt, dass eine Interessenvertretung per­sönliche Einrichtungen, eine persönliche Website des Finanzministers finanziert.

Ich hätte nicht geglaubt, dass es so einfach ist, egal wo man sucht, immer wieder auf Unvereinbarkeiten, auf Ungereimtheiten, auf problematische Zustände und manchmal auch auf Hinweise auf gesetzwidriges Vorgehen zu stoßen.

Und deswegen lohnt es sich, nicht nur über Einzelfälle zu sprechen und nicht nur Einzelfälle zu untersuchen, sondern zu untersuchen, was eigentlich das System Gras­ser ist, diese Friends Economy, und wie sich eigentlich ein System wie das System von Karl-Heinz Grasser mit seinen verschiedenen Freundesgruppen unter Duldung durch die beiden Regierungsparteien in dieser Republik so ungehemmt entwickeln konnte.

Es lohnt sich, nachzufragen, wie so leichtfertig von einem Finanzminister an Freunde Aufsichtsratsposten, Vorstandsposten, Untersuchungsaufträge, Beratungsverträge, Gestaltungsaufträge und, und, und vergeben werden konnten.

Es lohnt sich, nachzufragen, warum hier die Kontrolle innerhalb des Ressorts und im Rahmen der Bundesregierung überhaupt nicht mehr funktioniert hat.

Es lohnt sich, nachzuforschen, warum – und ich kenne keinen ähnlichen Fall, trotz vieler Skandale in der Vergangenheit! – es einen Ressortchef gibt, der offensichtlich davon überzeugt ist, in jeder Hinsicht über den österreichischen Gesetzen und den Zuständigkeiten des österreichischen Parlaments zu stehen.

Es lohnt sich, nachzufragen, warum Sie der Meinung sind, dass unsere Fragen nicht das ureigenste Interesse und die Aufgabe der Opposition sind, sondern die Beläs­tigung eines Finanzministers, der das Parlament für ein Theater hält und es öffentlich als solches bezeichnet hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Deshalb verstehe ich Sie, meine Damen und Herren – insbesondere von der Frei­heitlichen Partei – nicht. Warum hindern Sie den Nationalrat an einer so wichtigen Aufgabe, nämlich gerade in solchen Situationen zu kontrollieren, zu schauen: Was ist passiert, was kann man noch verhindern, was kann man in Ordnung bringen, wer muss


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auch politisch zur Verantwortung gezogen werden, wie kann man in Zukunft Ähnliches verhindern? Warum hindern Sie den Nationalrat an einer seiner wichtigsten kontrol­lierenden Aufgaben? Warum sind Sie nach wie vor nicht bereit, einem Untersuchungs­ausschuss zuzustimmen? Wenn Sie noch lange nicht zustimmen, wird die Freiheitliche Partei so schmelzen, dass sie in Zukunft in solchen Fragen nicht mehr mehrheits­bildend sein wird. Tun Sie es rechtzeitig! Schauen Sie, dass Sie einen Rest von politi­scher Kompetenz in diesem Haus aufrechterhalten. Stimmen Sie diesem Untersu­chungs­ausschuss zu! Lassen Sie das Parlament endlich arbeiten!

Herr Abgeordneter Scheibner! Wir haben oft gemeinsam für Untersuchungsaus­schüs­se argumentiert. In letzter Zeit erklären Sie öffentlich – und ich verstehe das nicht –, eine Regierungspartei könne das ja anders klären, sie brauche keinen Untersuchungs­ausschuss. (Abg. Scheibner: Nein, den Misstrauensantrag!) Sie haben das auch beim Untersuchungsausschuss gesagt!

Das ist ein wichtiger Punkt, Herr Abgeordneter Scheibner, denn das heißt, solange das ein Mehrheitsrecht ist, kann es gar keinen Untersuchungsausschuss geben. (Abg. Scheib­ner: Wenn was daliegt, dann stimmen wir dafür! Es liegt schon etwas da, aber nicht für einen Untersuchungsausschuss!)

Ich komme zum Schluss. – Herr Bundesminister! Sie sind falsch beraten worden. Sie haben bei Ihrem eigenen Aktienbesitz falsch berechnet, sogar um den Faktor tausend. Sie haben viele Male – nicht einmal, sondern mehrmals! – den Nationalrat falsch infor­miert. Wir haben wiederholt begründet, warum wir Sie für dieses Amt für äußerst un­geeignet halten. Wir hoffen, dass Sie zumindest heute einige der vorliegenden Fragen korrekt beantworten.

Ich sage Ihnen aber zum Schluss eines dazu, unabhängig davon: Mit einer ÖBB-Re­form, einer Postreform und insbesondere einem drohenden Billigverkauf der Bundes­im­mobilien an ganz bestimmte Interessengruppen in Sichtweite geht es für uns nicht nur darum, diese Fragen zu klären – das ist unsere erste wichtige Aufgabe –, sondern auch darum, weiteren Schaden von dieser Republik abzuwenden. Und das geht nur dann, wenn der Finanzminister nicht mehr Karl-Heinz Grasser heißt! – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, Sie haben im Zuge Ihrer Einleitung ein Wort, das den Ausdruck „Schiebung“ et cetera enthielt, in den Mund genommen. Der Klubobmann der ÖVP hat hiefür einen Ordnungsruf angeregt. Ich werde das Pro­tokoll herbeischaffen lassen und, sobald ich es habe, darüber befinden.

Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Herr Bundesminister, Sie sind am Wort.

 


15.21

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeord­ne­ten! Ich darf und muss – nicht zum ersten Mal, leider Gottes – auch heute die mehrfach infamen und unwahren Unterstellungen und Vorwürfe des Herrn Abgeordneten Pilz in aller Deutlichkeit zurückweisen. (Abg. Schieder: „Infam“?! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Minister! „Infam“ ist kein Wort, das wir hier verwen­den, auch nicht von der Regierungsbank aus!

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Ich ziehe es gerne zurück: Dann darf ich die unrichtigen und unwahren Unterstellungen und Vor-


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wür­fe in aller Deutlichkeit zurückweisen. Ich darf Ihnen sagen, Herr Abgeordneter Pilz: Wenn man seriöse Sacharbeit zu 100 Prozent durch Polemik und durch Zynismus ersetzt, dann bleibt von Ihrer Glaubwürdigkeit genau null übrig! Es ist eigentlich schade für einen Abgeordneten, wenn er jeden Wettbewerb der Ideen, wenn er jede Kon­frontation in der Sache aufgegeben hat.

Was den zweiten Punkt betrifft, nämlich die Meldung an den Unvereinbarkeits­aus­schuss, so ist es mir ein Anliegen, das Hohe Haus darüber zu informieren, wie sich das zugetragen hat und warum es zu dieser Nichtmeldung beziehungsweise Fehlmeldung gekommen ist. (Abg. Öllinger: Mehrmalig!) Ich beantworte damit auch gleichzeitig die Frage 7 Ihrer Dringlichen Anfrage.

Ich habe damals den Fragebogen bekommen. Ich habe mich mit den Mitarbeitern meines Hauses zusammengesetzt, habe diesen Fragebogen ausgefüllt und bin zu dem Punkt gekommen, wo es heißt „Anteilsrechte an Unternehmen“. Ich habe damals klar dargestellt, welche Aktien ich an welchen Unternehmen habe – alles Positionen, wie Sie mittlerweile wissen, in einer Größenordnung zwischen 0,6 Prozent Anteil am jeweiligen Unternehmen und 0,00-irgendwas Prozent. Es handelt sich also um sehr kleine Anteile an Unternehmen.

Die Auskunft, die ich dann bekommen habe, war, dass ich diese Anteile nicht melden müsste, weil man von Seiten der Mitarbeiter meines Hauses (Abg. Dr. Kräuter: Von wem genau? Wer hat Sie beraten?) in Bezug auf § 3 des Unvereinbarkeitsgesetzes die Rechtsauffassung vertreten hat, dass er in eine Richtung abzielen würde, dass nur der Besitz jener Anteile zu melden ist, der eine bestimmte Höhe überschreitet (Abg. Öl­linger: Stimmt ja nicht!) und dadurch die Einflussnahme auf ein Unternehmen ermög­licht. Das wurde mir gesagt.

Ich will Ihnen nur erklären, wie es passiert ist. – Ich darf Ihnen sagen, mir ist das plausibel erschienen, weil „Unvereinbarkeitsgesetz“ schon von der Semantik her bedeutet: Wann kann etwas unvereinbar mit der Verantwortung und der Position eines Finanzministers sein? Wenn Sie weiter im § 3 des Unvereinbarkeitsgesetzes lesen (Abg. Öllinger: 3a!), dann wissen Sie, dass dort auch geregelt ist: Wenn ein Regie­rungsmitglied an einem Unternehmen beteiligt ist und diese Beteiligung an dem Unter­nehmen kleiner als 25 Prozent ist, dann darf zum Beispiel dieses Unternehmen, an dem beispielsweise das Regierungsmitglied mit bis zu 24 Prozent beteiligt sein könnte, bei öffentlichen Aufträgen und bei der Vergabe solcher Aufträge nicht diskriminiert wer­den.

Das heißt, der Gesetzgeber hat offensichtlich – schließe ich – eine Grenze bei 25 Pro­zent gezogen insofern, als Einflussnahme auf ein Unternehmen als Bevorzugung beurteilt wird.

Wie auch immer, meine Damen und Herren: Ich nehme selbstverständlich zur Kennt­nis, dass es eine falsche Rechtsauffassung war, die ich hier in finaler Verantwortung ausgelegt habe. Ich betone Ihnen gegenüber aber in aller Deutlichkeit: Ich wollte über­haupt nichts verheimlichen, ganz im Gegenteil. Sie wissen, es gibt eine zweite Mel­dung im Sinne des Unvereinbarkeitsgesetzes, die wir an den Präsidenten des Rech­nungshofes zu übergeben haben, was das Vermögen des jeweiligen Regierungsmit­gliedes betrifft.

Ich möchte auch an dieser Stelle noch einmal sagen: Die Meldung meines Kapital­ver­mögens hat selbstverständlich auch wertmäßig alle meine Aktien beinhaltet. Das heißt, das Kapitalvermögen, das ich dem Rechnungshofpräsidenten bekannt gegeben habe, hat selbstverständlich auch diese Aktien wertmäßig beinhaltet.


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Außerdem lege ich Wert auf die Feststellung, dass ich alle Aktien offen gelegt habe, dass ich die Meldung an den Unvereinbarkeitsausschuss nachgeholt habe, dass es letzten Freitag, wie Sie wissen, diese Sitzung des Unvereinbarkeitsausschusses ge­geben hat. Dort hat man mein Aktienportefeuille zur Kenntnis genommen und damit sehr klar bestätigt, dass es keine Unvereinbarkeit dieser Aktien mit meiner Ver­antwortung als Finanzminister gibt. Darauf lege ich Wert, meine Damen und Herren, dass ich inhaltlich, was das Unvereinbarkeitsgesetz betrifft, die Vorgaben dieses Ge­setzes stets eingehalten habe. Das ist aus meiner Sicht das wirklich Entscheidende! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Schließlich, meine Damen und Herren, gestatten Sie ein offenes Wort:

„Ich bin dafür, dass man die Funktion eines Regierungsmitglieds nicht mit Schikanen versieht, die den Kreis jener Personen, die sich für diese Position zur Verfügung stellen, so einschränken, wie es für die res publica nicht nützlich sein kann.“

Niemand Geringerer als unser Präsident Heinz Fischer hat das gesagt, wie Sie wahr­scheinlich wissen, nämlich im Jahre 1991. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Damals hat es einen vergleichbaren Fall gegeben. (Abg. Dr. Ja­rolim: Sie sollten seriös bleiben!) Die Vorgangsweise, die damals von einem Regie­rungsmitglied gewählt worden ist, nämlich eine Nachmeldung von Beteiligungen vorzu­nehmen und eine Erklärung vor dem Nationalrat abzugeben, „hält Präsident Fischer für richtig“, wird er zitiert. „Er gehe mit einem Vertrauensvorschuss an“ diese Frage „heran.“

Zur Wertigkeit dieser ganzen Thematik: Ja, es war ein Formalfehler (Abg. Öllinger: Nein, kein Formalfehler!), aber ich lege Wert darauf: Der Inhalt des Gesetzes, die Substanz des Gesetzes wurde selbstverständlich immer eingehalten.

Meine Damen und Herren! Was die Fragen im Einzelnen betrifft, so möchte ich vor­ausschicken, dass ich die Fragen nach meinen Vermögensverhältnissen in den Schrei­ben an den Vorsitzenden des parlamentarischen Unvereinbarkeitsausschusses des Na­tional­rates beantwortet habe, beziehungsweise sind Ihnen ja auch, zumindest den Teilnehmern dieses Ausschusses, die Ergebnisse der vertraulichen Beratungen – eigentlich sollten sie vertraulich sein – dieses Ausschusses am 17. Oktober 2003 be­kannt. Sie wissen daher auch, dass es diese Unvereinbarkeit, wie ich bereits gesagt habe, nicht gegeben hat, zu keinem Zeitpunkt!

Ich möchte vorausschicken, dass ich Fragen nach meinen persönlichen Vermö­gens­verhältnissen und danach, mit welchen Personen ich privat Umgang pflege, nicht be­antworten werde, weil sie meine persönlichen Verhältnisse betreffen und weil sie daher grundsätzlich dem § 90 des Geschäftsordnungsgesetzes nicht unterliegen, dieser da­her nicht anwendbar ist.

Was die Fragen, die ich nicht beantworte, betrifft, möchte ich hinzufügen, dass ich mich selbstverständlich an alle gesetzlich vorgesehenen Meldepflichten voll und ganz halte, sowohl was den Unvereinbarkeitsausschuss auf der einen Seite als auch den Präsi­denten des Rechnungshofes auf der anderen Seite betrifft.

Zu den Fragen 1 bis 4:

Hiezu darf ich auf meine Schreiben an den Vorsitzenden des Unvereinbarkeits­aus­schusses vom Oktober dieses Jahres und auf das Ergebnis der Beratungen dieses Ausschusses vom 17. Oktober 2003 verweisen. Daher nochmals auch im Sinne dieser vier Fragen: Es lag und liegt in keinem einzigen Fall eine Unvereinbarkeit mit meiner Funktion als Finanzminister vor. (Abg. Dr. Pilz: Sie haben nichts gemeldet!) Im Übrigen sind diese Beteiligungen wertmäßig auch in den laufenden Meldungen an den Prä-


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sidenten des Rechnungshofes enthalten. (Abg. Dr. Pilz: Ein Bekenntnis zur Gesetzes­verletzung!)

Was die Fragen 5 und 6 betrifft, habe ich alle Beteiligungen im Sinne des Unverein­barkeitsgesetzes dem dafür zuständigen Unvereinbarkeitsausschuss mit den Schrei­ben vom Oktober 2003 gemeldet. Dieser Unvereinbarkeitsausschuss, in dem auch Vertreter der Oppositionsparteien vertreten sind, hat meine Meldung, wie Sie wissen, zur Kenntnis genommen.

Die Frage 7 habe ich bereits in meiner Einleitung beantwortet.

Was die Fragen 8 und 9 betrifft, möchte ich sagen: Auch diese Fragen unterliegen, Herr Abgeordneter, wie Sie wahrscheinlich wissen, nicht dem parlamentarischen Inter­pellationsrecht. Ich verweise nochmals auf meine Meldungen gemäß § 3a Unverein­bar­keitsgesetz an den Herrn Präsidenten des Rechnungshofes und gemäß § 3a Unvereinbarkeitsgesetz, was den Ausschuss betrifft.

Ich darf Ihnen darüber hinaus sagen, Herr Abgeordneter: Selbstverständlich habe ich meinen gesamten Immobilienbesitz dem Präsidenten des Rechnungshofes gemeldet.

Was die Frage 10 betrifft, so möchte ich ausführen, dass man an einer Stiftung – im Gegensatz zu Ihrer Fragestellung; schauen Sie sich das Gesetz an! – nicht beteiligt sein kann, sondern man kann im Sinne des Gesetzes bei einer Stiftung nur entweder Stifter sein oder als Begünstigter auftreten. (Abg. Dr. Puswald: Wortklauberei!) Ich habe keine derartige Funktion. Im Übrigen unterliegt auch diese Frage nicht dem Fra­ge­recht gemäß § 90 Geschäftsordnungsgesetz. (Abg. Dr. Pilz: Warum geben Sie dann eine Antwort?) Weil ich mir gedacht habe, ich will Ihnen einmal etwas Gutes tun, Herr Abgeordneter, und Ihre Neugier befriedigen, weil ich überhaupt nichts zu verbergen habe. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was die Frage 11 betrifft, verweise ich auf meine Meldungen an den Vorsitzenden des Unvereinbarkeitsausschusses sowie auf meine Meldung an den Herrn Präsidenten des Rechnungshofes.

Was die Fragen 12 bis 16 betrifft, so sind dies Fragen nach Umständen meiner pri­vaten Lebensführung und sind daher ebenso vom Fragerecht nach § 90 GOG-NR nicht umfasst. – Ich sage Ihnen aber auch hier, Herr Abgeordneter, dass keine Ver­mögenswerte oder Anteile von mir über einen Vaduzer Treuhänder oder über einen anderen gehalten werden. Ich habe keinen Treuhänder zur Verwaltung meines priva­ten Vermögens; leider ist es nicht groß genug dafür!

Was die Frage betreffend Rechtsanwalt Dr. Medwed betrifft, möchte ich Ihnen eine Klarstellung von Dr. Medwed selbst vorlesen, die dieser an das Magazin „NEWS“ geschickt hat. Ich lese Ihnen den entscheidenden Punkt vor. Dr. Medwed schreibt an Herrn Kuch, einen Journalisten von „NEWS“:

Ich habe für Herrn Minister Grasser niemals Aktien oder sonstige Wertpapiere gehalten: weder direkt noch indirekt. Ich habe Minister Grasser bis zum heutigen Zeitpunkt auch nicht anwaltlich vertreten. – So die maßgebliche Aussage von Dr. Medwed.

Was die Fragen 17 bis 20 betrifft, muss ich Ihnen ehrlich sagen: In den Fragestellun­gen, die Sie in dieser Anfrage verarbeitet haben, wird mit einem derartigen Ausmaß an ungeheuerlichen Unterstellungen und Unwahrheiten gearbeitet, sodass ich das auf das Schärfste zurückweise.

Und wenn ich mir die Frage 19 anschaue, die ich da jetzt spezifisch meine, in der es heißt – ich zitiere –: „Warum haben Sie zur Besprechung mit dem Chef von Daimler Chrysler und damit dem Eigentümervertreter von EADS Ihren Treuhänder


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beigezogen?“, kann ich dazu nur sagen: Verzeihen Sie, ich habe den Eindruck, Sie lesen zu viele Kriminalromane. Wie der Schelm denkt, so ist er offensichtlich.

Zur Beantwortung selbst: Erstens haben Sie die Unwahrheit unterstellt, weil es nie ein Dreiertreffen zwischen Michael Feichtinger, Jürgen Schrempp und mir gegeben hat, wie Sie das in Frage 17 unterstellen. Zweitens habe ich, wie ich bereits in Beant­wortung der Fragen 12 bis 16 ausgedrückt habe, keinen Treuhänder. Drittens sagen Sie die Unwahrheit auch insofern, als ich zu einer Besprechung mit Schrempp selbst­verständlich keinen Treuhänder beigezogen habe. Viertens, was die Aussagen zur Eu­ro­fighter-Entscheidung betrifft: Ich verweise nochmals auf eine Vielzahl von Beantwor­tun­gen von Dringlichen Anfragen, und zwar sowohl durch den Bundesminister für Landesverteidigung als auch durch mich selbst, in dieser Angelegenheit.

Herr Abgeordneter Pilz, ich ersuche Sie, dass Sie eine objektive Entscheidung in der Frage Eurofighter zur Kenntnis nehmen, eine Entscheidung, die auf der Grundlage eines nachvollziehbaren, transparenten, klaren und gesetzlichen Vergabeverfahrens zustande gekommen ist, eine Entscheidung, die mittlerweile, wie Sie wissen – auch auf Ihre Anregung hin –, durch ein unabhängiges Organ dieses Hauses, des Parlaments, nämlich durch den Rechnungshof, geprüft worden ist, eine Entscheidung, die in ihrer Summe bestätigt worden ist, wodurch Ihre Angriffe auf objektiver Basis entkräftet wurden! (Abg. Gradwohl: Das ist unrichtig, was Sie hier behaupten!)

Ich kann Sie nur dringend darum ersuchen: Unterlassen Sie in Hinkunft derartige Unterstellungen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Im Übrigen, Herr Abgeordneter Pilz, habe ich Ihnen bereits an anderer Stelle, und zwar bei einer anderen Dringlichen Anfrage – man entwickelt ja eine gewisse Routine mit all diesen Dringlichen Anfragen –, gesagt: Egal, ob ich jetzt den Herrn Vorstands­vorsit­zenden von Daimler-Chrysler Schrempp oder den Herrn Vorstandsvorsitzenden von Mercedes Jürgen Hubbert, von Porsche den Herrn Vorstandsvorsitzenden Wendelin Wiedeking treffe, ob ich Verantwortliche von Audi oder von Opel wie etwa den Herrn Vorstandsvorsitzenden Carl-Peter Forster oder viele andere nationale und interna­tiona­le Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Industrie treffe, so tue ich das im Interesse un­seres Landes, im Interesse des Wirtschaftsstandortes Österreich, im Interesse von In­vestitionen und im Interesse der Beschäftigten unseres Landes. Das, Herr Abgeord­neter Pilz, werde ich mir von Ihnen weder kriminalisieren noch verbieten lassen! Das ist gut für Österreich, was diesbezüglich an Treffen stattfindet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was die Fragen 21 bis 26 betrifft, möchte ich festhalten, dass ich als Finanzminister per­sönlich überhaupt keine externen Aufträge vergebe, sondern derartige Aufträge nach den im Bundesvergabegesetz vorgesehenen Verfahren von meinem Hause ver­geben werden. Natürlich bin ich Letztverantwortlicher, keine Frage.

Sie haben die YLine-Aktien angeführt. Ich habe vom 15. November 1999 bis zum 22. De­zember 2000 295 Stück YLine-Aktien besessen; damals ein Wert von rund 150 000 S beim Kauf, 210 000 S beim Verkauf.

Wenn Sie sich das anschauen, Herr Abgeordneter, und nur ein kleines Maß an Ob­jektivität versuchen, dann müssen Sie sagen – und das ist ja gar nicht positiv für mich als Finanzminister –: Ich habe diese Aktien wirklich zu einem Zeitpunkt verkauft, wo man sie eigentlich nicht verkauft, denn ich bin diese ganze Kursentwicklung sozusagen rauf- und dann auch wieder runtergefahren. Ich habe diese Aktien also zu einem möglichst schlechten Zeitpunkt verkauft, war außerdem ein wirklich unbedeutender Klein­aktionär und hatte mit diesem Unternehmen – im Gegensatz zu manchen Abge­ord­neten dieses Hauses – nichts zu tun.


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Was den Relaunch der Website des Bundesministeriums für Finanzen betrifft: Wir haben eine Vergabe gemacht, nach einem zweistufigen Verfahren nach dem Bun­desvergabegesetz. Es wurde die Firma FirstInEx mit einem solchen Auftrag betraut. Ich betone: Ich war nie an der Firma FirstInEx beteiligt, und ich stelle Ihnen die formelle Auftragsvergabe dar, damit Sie sehen, nach welch strengen Vergabevorschriften Auftragsvergaben im Bundesministerium für Finanzen erfolgen.

Wir haben die Vergabe nach einem zweistufigen Verfahren nach dem Bundes­ver­gabegesetz gemacht. Es hat zuerst eine öffentliche Erkundung des Bewerberkreises stattgefunden. Nach einem Auswahlverfahren anhand allgemeiner und spezieller Aus­wahl- und Eignungskriterien sollten jene Agenturen zur Angebotslegung eingeladen werden, die auf Grund ihrer Größe und Spezialisierung im Bereich Multimedia und Web-Gestaltung ausreichend Erfahrung mit vergleichbaren Internetprojekten vorweisen können und somit die notwendigen Kapazitäten und Qualifikationen für die Neukon­zeption und Neugestaltung der Website des Bundesministeriums für Finanzen auf­bringen konnten.

Sodann hat es eine Bekanntmachung gegeben im Supplement zum „Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften“; das war am 14. August 2000. Die Veröffentlichung in der „Wiener Zeitung“ hat am 21. August 2000 stattgefunden. Bis zum Endtermin 20. September 2000 hatten 15 Bewerber ihr Interesse bekundet.

Zweitens sind dann bei der Evaluierung der vorgelegten Bewerbungsunterlagen die Mitglieder der Kommission zur Ansicht gekommen, dass zur Sicherstellung eines möglichst breiten Wettbewerbs, damit man eben das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bekommt, zehn Bewerber zur Erstellung eines Angebots eingeladen werden. Zehn Firmen haben daher die Ausschreibungsunterlagen erhalten; neun Anbieter haben die Angebote fristgerecht vorgelegt.

Am 24. November 2000, und zwar um 10.30 Uhr, erfolgte eine kommissionelle Öffnung dieser Angebote. Am selben Tag erfolgte die Präsentation der Angebote vor einer fünfköpfigen Kommission des Bundesministeriums für Finanzen. Von den Mitgliedern der Kommission wurden diese einzelnen Angebote evaluiert, anhand der in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Kriterien bewertet, und im Zuge der Evaluierung beschloss die Kommission dann auch, vom Vorbehalt, nämlich nur Teilleistungen zu vergeben, Gebrauch zu machen. Es wurde zu einem Pauschalpreis vergeben. Der Bestbieter war, wie ich bereits gesagt habe, auf Grund der nach einem Punktesystem – sehr transparent, sehr objektiv, in einer strengen Kommission – erfolgten Bewertungen die Firma FirstInEx Internet Services AG. Der Auftrag hatte das stolze Volumen von 59 000 €.

Zur Frage 27:

Hinsichtlich meines Hauses verweise ich auf meine Beantwortung zu den Fragen 21 bis 26. – Was die Homepage des Vereins der New Economy anlangt, verweise ich auf die Vielzahl von Anfragebeantwortungen, in denen ich festgehalten habe, dass ich weder Mitglied des Vereins bin noch sonst eine Funktion innehabe, weshalb dieser Teil der Frage auch nicht dem Fragerecht gemäß § 90 GOG unterliegt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend: Frau Abgeordnete Helene Partik-Pablé hat einmal zu dieser Serie von Dringlichen Anfragen, zu dieser Hetzjagd auf meine Person, wie sie sich für mich darstellt, gesagt beziehungsweise dies so interpretiert, dass die Kritik die Steuer ist, die der Neid dem Talent auferlegt. (Abg. Dr. Jarolim: Bleiben Sie bitte am Boden! – Abg. Dr. Kräuter: Peinlich!)

Ich habe bereits einmal für Herrn Abgeordneten Cap Giacomo Casanova zitiert. – Ich darf ein Zitat von Giacomo Casanova auch Ihnen widmen, Herr Abgeordneter Pilz.


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Casanova sagte, die Tochter des Neides ist die Verleumdung. (Abg. Gaál: Halten Sie sich an die Gesetze, dann passiert Ihnen das nicht!) Sie machen offensichtlich nichts anderes als das, was zum Beispiel der Politologe Filzmaier den Sozialdemokraten empfohlen hat, nämlich dass man ein negative campaigning machen soll – und Filz­maier hat damit nichts anderes gemeint als: Man soll beliebte Persönlichkeiten des politischen Gegners systematisch diskreditieren.

Und ich sage Ihnen, genau das ist die Methode: ganz bewusste Diskreditierung, ganz bewusste Kriminalisierung. Sie haben mehrfach Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft gemacht. Sie schütten an, Sie machen schlecht.

Ich sage Ihnen: Nichts davon ist wahr! Ich hatte einen Formalfehler gemacht, eine Nicht­meldung; dieser ist mittlerweile korrigiert. (Abg. Öllinger: Ein Verfassungsgesetz haben Sie nicht eingehalten!) Sonst habe ich mir überhaupt nichts vorzuwerfen!

Ich sage Ihnen: Keine Ihrer Verleumdungen hat mit der Wahrheit irgendetwas zu tun, und ich werde dieser Vernaderungskampagne ganz sicherlich auch nicht weichen.

Ganz im Gegenteil, meine Damen und Herren: Wir arbeiten mit aller Kraft für Öster­reich, wir treffen Entscheidungen, wir lösen Probleme, wir sichern die Zukunft. Messen Sie uns an den Leistungen!

Heute Vormittag wurde folgender Vergleich angestellt: Deutschland: null Wachstum, Rekordarbeitslosigkeit, Rekorddefizit. Österreich: Wachstum liegt um 50 Prozent über dem Wachstum des Durchschnitts der Europäischen Union, stabile Staatsfinanzen, sin­kende Steuern und Abgaben. – Das ist eine Leistung, die sich sehen lassen kann, und daran wird die Bevölkerung den Finanzminister messen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Van der Bellen zu Wort gemeldet.

 


15.41

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Als ich mich zu Wort gemeldet habe, wusste ich noch gar nicht, dass ich mehrere Anlässe habe, mich zur Geschäftsordnung zu Wort zu melden.

Erster Punkt: Für mich ist es neu, dass ein Bundesminister von der Regierungsbank aus einen Abgeordneten eines strafbaren Verhaltens beschuldigt. Verleumdung ist ein strafrechtlich relevantes Verhalten. Ich werde mich informieren, ob Sie, wenn Sie hier von der Regierungsbank aus sprechen, der Immunität eines Abgeordneten unterliegen. Wenn nicht, dann werden wir uns mit dieser Sache juristisch entsprechend auseinan­der zu setzen haben.

Ich kann nur wiederholen, Herr Finanzminister: Dieses Ihr Verhalten – ganz egal, ob wir jetzt inhaltlich einer Meinung sind oder nicht –, diese Wortwahl einem Abgeord­neten dieses Hauses gegenüber ist unerträglich. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zweitens, Herr Präsident – und das war der ursprüngliche Grund meiner Wortmel­dung –: Ich weiß jetzt nicht, wie ich mit folgendem Problem umgehen soll, und ich denke, wir werden das in der Präsidiale zu behandeln haben: Wenn ich richtig gehört habe, dann hat der Finanzminister hier unter anderem unter mehrfacher Berufung auf § 90 GOG zu den Fragen 2 bis 6 behauptet, diese dem Ausschuss gegenüber beantwortet zu haben. – Meines Wissens hat er diese Fragen dem Unvereinbarkeits­ausschuss gegenüber nicht behandelt. Er hat dort zwar eine Vermögenserklärung abgegeben ...

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, wenn Sie sich zur Geschäftsbe­handlung zu Wort melden, dann haben Sie einen Antrag zu stellen. Ich würde bitten, dass Sie einen Antrag stellen. Allgemeine Ausführungen zur Rede erfolgen in Wortmel­dungen am Rednerpult. – Bitte. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Mit dem Herrn Pilz soll er sich auseinandersetzen!)

 


Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Okay, mein Kollege Kogler wird sicher noch weiter darauf eingehen. Es wundert mich, Herr Präsident, dass Sie es anscheinend für kein Problem halten (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sind das Problem!), wenn ein Finanzminister hier möglicherweise offensichtlich die Unwahrheit spricht, nämlich was sein Verhalten im Ausschuss betrifft, und uns das Gegenteil von dem erklärt, was Wahrheit ist. (Beifall bei den Grünen.)

15.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Van der Bellen! Ich habe das Thema und den Gegenstand der Untersuchungsausschüsse, die heute von den Sozialde­mo­kraten und von den Grünen beantragt wurden, sehr einlässlich geprüft. Es ist mir natürlich klar, dass Sie die Absicht hatten, hier im Plenum die Fragen der Un­verein­barkeit zur Sprache zu bringen.

Die Angelegenheiten der Unvereinbarkeit sind kein Gegenstand der Vollziehung, kein Gegenstand der staatlichen Verwaltung, sondern Gegenstände des Parlaments, das über die Unvereinbarkeit wacht, und daher nicht Gegenstand eines Untersuchungs­aus­schus­ses.

Ihre Klubdirektoren haben Sie gut beraten, die Anträge sind so formuliert.

Was die Fragen betrifft, so hätte ich heute Früh schon die Möglichkeit gehabt, weil sie nämlich fast ausschließlich auf Dinge gerichtet sind, die nicht dem Fragerecht unter­liegen – und hier interpretiere ich § 90 der Geschäftsordnung so, wie das herrschende Praxis ist –, zu sagen, ich lasse dieses und dieses und dieses nicht zu.

Der Herr Finanzminister hat in seiner Anfragebeantwortung die Geschäftsordnung in­ter­pretiert. Ich stelle fest, dass ich diese Interpretation teile.

Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Schieder.

 


15.44

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Selbst wenn man Ihrer Auffassung folgt, dass all diese Fragen betreffend die Erfüllung des Unvereinbarkeitsgesetzes hier nicht zu debattieren oder zu beantwor­ten sind, stellt sich doch erstens die Frage, ob es erlaubt ist, von der Regierungsbank aus zu sagen, man hätte einem Ausschuss des Parlaments etwas vorgelegt, wenn es nicht stimmt, dass all das tatsächlich diesem Ausschuss vorgelegt worden ist. (Abg. Scheibner: Woher wissen Sie das alles?) Von meinen Kollegen. (Abg. Scheibner: Das unterliegt der Vertraulichkeit!) Nein, die Tatsache, ob etwas vorgelegt wurde oder nicht, unterliegt nicht der Vertraulichkeit. Der Inhalt dessen unterliegt der Vertrau­lichkeit! Ich habe über die Tatsache gesprochen. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Schieder, ich würde Sie bitten, dass Sie auch die Geschäftsordnung beachten und einen Antrag stellen.

 


Abgeordneter Peter Schieder (fortsetzend): Herr Präsident! Ich stelle den Antrag, dass Sie hinsichtlich der Fragen 17 bis 20, die klarerweise dem Fragerecht und der Beantwortungspflicht unterliegen, und 21 bis 27, die auch nicht zur Gänze beantwortet worden sind – der Finanzminister hat zum Beispiel gesagt, er gebe keine Aufträge, sondern das mache das Finanzministerium, aber es wurde nicht darüber gesprochen,


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welche Aufträge –, den Finanzminister auffordern, diese Fragen zu beantworten. (Bei­fall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Scheib­ner.

 


15.46

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Prä­si­dent! Meine Damen und Herren! Ich stelle jetzt wirklich geschäftsordnungsmäßig den Antrag, dass sich die Präsidiale in ihrer nächsten Sitzung noch einmal – und ich sage, anscheinend wird das leider notwendig sein – mit der Frage der Handhabung der Vertraulichkeit der im Unvereinbarkeitsausschuss getätigten Angaben, Diskussionen und Beschlüsse befasst. Wie wir sehen, berufen sich hier sogar Redner darauf, dass sie von Kollegen, anscheinend von Mitgliedern dieses Ausschusses, über Inhalte aus diesem Ausschuss informiert worden sind. (Abg. Schieder: Nicht über Inhalte! Über die Tatsache, ob er dem Ausschuss berichtet hat! Nicht über Inhalte!)

Also wenn Sie diese Dringliche Anfrage gelesen haben, dann müssen Sie erkannt haben, dass es hier nicht nur darum geht, ob etwas gemeldet worden ist oder nicht, sondern auch um Inhalte. Daher ist es notwendig, dass wir über diese Vertraulichkeit noch einmal in der Präsidiale befinden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

15.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Molterer.

 


15.47

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Ich schließe mich dem Antrag des Kollegen Scheibner, dass wir das in der nächsten Präsidiale behandeln sollen, an. Ich halte aber fest:

Erstens: Die Unvereinbarkeitsfrage ist keine Frage der Vollziehung, sondern aus­schließlich eine Frage des Parlaments. (Zwischenruf des Abg. Schieder.)

Zweitens, Herr Kollege Schieder: Ich erinnere an die letzte Präsidiale, in der wir ganz klar festgehalten haben, dass für alle Fraktionen die Vertraulichkeit gilt. Meine, unsere Fraktion hält sich daran – offensichtlicht tun das nicht alle!

Drittens: Es gilt selbstverständlich § 90 der Geschäftsordnung.

Und viertens: Ich verweise auf § 91 der Geschäftsordnung, wonach es selbstver­ständ­lich dem Minister obliegt, eine Frage nicht zu beantworten, dann aber auch zu begrün­den, weshalb er das nicht tut. Insofern ist es vollkommen korrekt, wie Karl-Heinz Gras­ser hier geantwortet hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nachdem sich jetzt entsprechend unserer Praxis alle Klubobleute einmal zu Wort gemeldet haben, stelle ich zum Antrag des Herrn Abge­ordneten Schieder fest, dass dies kein Antrag zur Geschäftsbehandlung ist, wie er unserer Geschäftsordnung entspricht. (Abg. Dr. Fischer – auf Abg. Scheibner wei­send –: Das war ein Antrag?)

Ich darf noch einmal sagen – Sie waren nicht da, Herr Präsident Fischer –: Das war kein Antrag! Es wurde die Frage der Beantwortung der einzelnen Fragen durch den Minister releviert. Der Minister hat darauf hingewiesen, dass er nach § 90 der Ge­schäftsordnung nur verpflichtet sei, zu Fragen der Vollziehung Stellung zu nehmen. Ich


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habe diese Interpretation geteilt, die dem Präsidenten in Wahrung der Geschäfts­ord­nung obliegt, und habe Herrn Abgeordnetem Schieder das Wort erteilt.

Dieser hat einen Antrag gestellt, der ausschließlich die Vollziehung des Unverein­bar­keits­gesetzes betrifft (Abg. Schieder: Nein!) und die Zulassung dieser Fragen durch mich sowie die Aufforderung an mich, dafür zu sorgen, dass der Minister sie beant­wortet. (Abg. Schieder: Nein!) – Nun, welchen Antrag haben Sie gestellt?

 


15.49

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe beantragt, dass, wenn Sie sagen, er muss Fragen im Hinblick auf das Unvereinbarkeitsgesetz nicht beantworten, er zumindest jene Fragen beantworten muss, die die Vollziehung des Bundes betreffen. Und das sind die Fragen 17 folgende, aber auch diese hat er nicht zur Gänze beantwortet. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zweitens, Herr Präsident, würde ich gerne jenen Passus in der Geschäftsordnung sehen, auf den Sie sich bezogen haben, als Sie gesagt haben, man darf sich nur dann zur Geschäftsbehandlung zu Wort melden, wenn man einen Antrag stellt. Dieser Pas­sus ist mir nicht bekannt, vielleicht können Sie ihn mir einmal zeigen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.49

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich werde erstens der Anregung der Herren Abgeord­neten Scheibner und Molterer folgen und diese ganze Angelegenheit in der nächsten Präsidiale wieder zur Sprache bringen.

Zweitens, Herr Abgeordneter Schieder: Ich habe die Beantwortung der Fragen durch Minister Grasser sorgfältig verfolgt. Er hat alle Fragen von 1 bis 27 angesprochen. Ob er sie beantwortet hat und Sie mit dieser Antwort zufrieden sind, ist eine andere Sache. Das ist nicht Gegenstand der Geschäftsbehandlung.

Schlussendlich zur Frage, weshalb man zur Geschäftsbehandlung nur dann sprechen kann, wenn man einen Antrag stellt: Wir haben in der Präsidiale die Praxis festgelegt, dass wir eine Wortmeldung jeder Fraktion zulassen und dann die Debatte darüber schließen. Das ist die Praxis. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist ein Skandal, Herr Präsident!)

*****

Wir kommen jetzt zur Debatte über die Dringliche Anfrage, und ich erteile Herrn Ab­geordnetem Mag. Kogler das Wort. Redezeit: 10 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


15.51

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Wieso es „Geschäftsordnung“ heißt, wenn es möglich ist, eine derar­tige Unordnung hineinzubringen, ist auch aufklärungsbedürftig.

Herr Präsident! Ich möchte darauf hinweisen – so viel sei mir schon gestattet –, dass die Kollegen Scheibner und Molterer darauf verwiesen haben, dass sich die Präsidiale mit irgendetwas befassen möge. Erstens ist dieser Hinweis schon einmal gekommen, und zweitens ist das auch kein Antrag zur Geschäftsordnung im Sinne des Geschäfts­ordnungsgesetzes. Somit hätte der betreffende Hinweis auch in diesem Fall Platz grei­fen können.

Aber beschäftigen wir uns vielleicht einfach damit, was der Herr Finanzminister gesagt und was er nicht gesagt hat, ohne in der Tat die Geschäftsordnung zu verletzen.


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Es ist schon interessant, dass die Anregung – Antrag hin oder her – des Kollegen Schieder nicht weiterverfolgt wird. Diese hat nämlich mit Unvereinbarkeit oder Verein­barkeit überhaupt nichts zu tun, denn er bezog sich auf die Fragen 17 bis 20, und darin geht es um Treffen des Herrn Finanzministers mit bestimmten Managern (Rufe bei der ÖVP: Er hat sie beantwortet!) – nein, nicht alle! –, von denen er selbst sagt, dass er solche Leute hauptsächlich deshalb trifft, weil das zu seinen Amtspflichten gehört. Trotzdem ist das nicht Gegenstand der Vollziehung? – Ich bitte um Aufklärung! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Bundesminister Mag. Grasser: Ich habe sie beant­wortet!) Aber nicht alle! (Bundesminister Mag. Grasser: Na freilich!) Sie haben in Be­zug auf Fragen ähnlichen Zusammenhangs teilweise darauf verwiesen, das sei Ihre Privatangelegenheit.

Wie dem auch sei, ich habe wirklich Verständnis für Sie, Herr Finanzminister. Wir erin­nern uns an die Anfragenserie von Mai, Juni, Juli, die Sie hier schon leidvoll bedauert haben. Aber Sie sind tatsächlich von einem kleineren Problem zielsicher in das nächst­größere gesprungen – genau auf Grund dieser Anfragen-Serie. Auch damals ging es um Treffen, nicht mit Herrn Vorstandsvorsitzendem Schrempp von Daimler-Chrysler, nein, sondern mit Herrn Bischoff.

Auf eine Anfrage des Kollegen Pilz haben Sie geantwortet, diese Art von Treffen habe es nicht gegeben. Ein paar Tage später hat „NEWS“ aufgedeckt – und Sie haben das bis heute nicht dementiert –, dass Sie in diesem fraglichen Zeitraum Herrn Bischoff, seines Zeichens wichtiges Aufsichtsratsmitglied bei EADS, sehr wohl getroffen haben. Er ist sogar zu Ihnen ins Ministerium gefahren. Ein paar Tage vorher haben Sie gesagt, dieses Treffen habe es nicht gegeben. – Das ist doch sehr interessant! (Bundes­minis­ter Mag. Grasser: Habe ich nicht gesagt!) Haben Sie schon gesagt! Lesen Sie die Protokolle nach! Das hat Sie ja in dieses immer größere Schlamassel geführt!

Ich verstehe mittlerweile Ihre Zurückhaltung – wenigstens in diesem Punkt sind Sie ganz offensichtlich besser beraten worden –, trotzdem, wohlgemerkt, haben Sie hier nicht in allen Punkten richtig Auskunft gegeben, und darauf wollen wir uns jetzt kon­zentrieren.

Zunächst, damit wir es nicht vergessen, noch einmal zu dem erwähnten Treffen Gras­ser-Winkler-Böhm. Es hat erst vor kurzem stattgefunden, aber Sie haben überhaupt nichts dazu gesagt. (Bundesminister Mag. Grasser: Hat es nicht gegeben!) – Hat es auch nicht gegeben, gut! „profil“ ist aber meines Wissens noch nicht dementiert worden. Wenn doch, so habe ich es überhört, dann täte es mir Leid. Aber wir werden dieser Sache ebenso wie einigen anderen auch nachgehen. Immerhin hat das schon sehr oft dazu beigetragen, dass dann tatsächlich die Wahrheit ans Licht gekommen ist. Aber ich nehme Ihren Widerspruch einmal zur Kenntnis, es tut mir Leid, wenn ich das Dementi überhört habe.

Aber das ändert wiederum nichts daran, dass die Art und Weise, wie Sie hier mit dem Unvereinbarkeitsgesetz umgehen, nicht duldbar ist. Es ist nicht so, dass man einfach zur Tagesordnung übergehen und sagen kann, es sei nur ein Formfehler begangen worden, der Inhalt des Gesetzes sei immer eingehalten worden. Das Wesen dieses Unvereinbarkeitsgesetzes ist – und das ist immanent! –, dass es bestimmte Transpa­renz­gebote – wenn auch dann wieder vertraulich abgegrenzte – vorschreibt, sonst wäre es ja überhaupt ein Gesetz für das Christkind. Es ist immanenter Inhalt des Ge­set­zes, dass bestimmte Meldepflichten eingehalten werden, weil nämlich das Gesetz ansonsten seine Wirkung gar nicht entfalten kann.

Sie können sich nicht hierher stellen und von einem kleinen Formfehler reden, Herr Bundesminister, wenn diese doch sehr einfache Bestimmung ganz offensichtlich, und zwar lange Zeit hindurch – dem möchte ich mich jetzt einmal widmen: lange Zeit hin-


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durch! –, nicht eingehalten wurde. Eine so genannte Leermeldung zu einem bestimm­ten Zeitpunkt ist eine Sache, aber das Nicht-Ändern dieser Meldung ist ein andauern­der verfassungsbrecherischer Zustand, möchte ich fast sagen!

Jetzt kommen wir zu den Fragen 1 bis 6, die bereits als sehr heikel moniert wurden. Ich gehe nur darauf ein, was Sie hier gesagt haben, das dürfte offensichtlich zulässiger­weise Gegenstand der Debatte gewesen sein. Herr Bundesminister! Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, und auch schon die Kollegen hier im Haus, dass Sie hier den Eindruck erwecken, dass eine Meldung zum Zeitpunkt x – irgendein Oktober, ich habe mir Ihre Meldung im Ausschuss gar nicht angesehen, ich sage es Ihnen ganz ehrlich – alles saniert, was vorher vorgefallen ist. – Das Gegenteil ist selbstverständlich richtig!

Das Interesse des Kollegen Pilz hat sich offensichtlich darauf gerichtet, welche Aktien oder – wie es einfacherweise im Gesetz heißt – sonstige Anteilsrechte oder Eigentü­mer­schaft von Anteilsrechten Sie zu jenem Zeitpunkt gehabt haben, zu dem Sie gesetzlich schon verpflichtet gewesen wären, es zu melden. Und da besteht ein Rie­sen­unterschied, was im Übrigen auch den Herrn Bundeskanzler betrifft, aber dieses Fenster lassen wir heute noch zu; es reicht die Zeit nicht. Es hilft nichts, wenn man am soundsovielten Oktober sagt: Ich habe jetzt keine Aktien mehr beziehungsweise ich habe diese und jene Aktien! Der Versuch der wirklichen Sanierung dieses, wie Sie sagen, Formfehlers, wie wir sagen, Verfassungsbruchs ist nie ehrlich unternommen worden. Das soll den Abgeordneten hier, die genauso betroffen gewesen sind von dieser Falschinformation, wie auch der Öffentlichkeit mitgeteilt werden. Das muss festgehalten werden! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Vielleicht gibt es ja auch einen Grund dafür, dass in der Sache selbst nicht weiter aufgeklärt wird. Bleiben wir kurz bei YLine. Sie haben ja im Unterschied zum Herrn Bundeskanzler immerhin eine Nachmeldung – wie Sie das nennen – fabriziert, was wieder einmal über die Öffentlichkeit geschah, worin Sie eben einen bestimmten Zu­stand zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgezeigt haben. Aber das hat nichts damit zu tun, was damals war. Wenn Sie hier jetzt erklären wollen, dass Sie sich betreffend YLine eigentlich selbst ein schlechtes Finanzzeugnis ausstellen, so hält sich mein Bedauern in Grenzen. Sie sind nämlich einer der weniger als 1 Prozent glücklichen Aktieninhaber von YLine, die immerhin noch einen erkennbaren, ja gar nicht so geringen Gewinn schlagen konnten. Von der weiteren Kursentwicklung haben Sie nicht gesprochen; die meisten, ja eine große Anzahl dieser Aktieninhaber sind in den Keller gefahren, bis die Aktie plötzlich nur mehr 1 € wert war.

Jetzt ist es natürlich von Interesse, wieso gerade Sie als Finanzminister ein paar Tage, bevor dieser Abschwung in Gang gekommen ist, noch mit Gewinn abgestoßen haben. Das ist die Frage und sonst gar nichts! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zum Thema FirstInEx. Es ist vielleicht nicht der größte Vergabeauftrag, die Homepage des Finanzministeriums, wohlgemerkt, dieser Firma zu überantworten, aber dabei wird es wirklich heikel, denn da geht es genau um jene Punkte, auf die das Unverein­barkeitsgesetz – und zwar sinnvollerweise – abzielt. Es geht genau um diese Punkte. Möglicherweise sind die New Economy, der Verein und die zugehörige Homepage eine Privatsache – obwohl Sie doch deshalb steuerbefreit worden sind, weil das angeblich zum öffentlichen Amt gehört. Sei’s drum, mit den Widersprüchen werden wir uns später wieder beschäftigen. Aber ein Auftrag des Finanzministeriums ist ein Auftrag des Finanz­ministeriums – und Sie sind mittelbar an dieser Firma beteiligt gewesen! Das kön­nen Sie nicht wegwischen.

Wenn Sie jetzt sagen, das sei der Bestbieter gewesen, dann halte ich Ihnen entgegen, dass Ihnen der Rechnungshof in vielen Bereichen nachgewiesen hat, dass Sie nicht


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immer den Bestbieter genommen haben. Als Sie dabei ertappt wurden, haben Sie wieder ein Gutachterkarussell in Gang gesetzt – auf Steuerzahlerkosten! –, um den Rech­nungshof zu widerlegen. Das ist unglaublich, meine Herren und Damen! Ein Gutachten, das gegen die Vergabevorschriften bestellt wurde, ein weiteres Gutachten, das den Rechnungshof widerlegen soll – wo soll denn das noch hinführen? Das ganze Ressort wird in einer einzigen Gutachtertätigkeit aufgehen, und dann sind Sie immer noch so schlecht beraten?! – Also tauschen Sie sich selbst aus oder zumindest Ihre Mitarbeiter, entschließen Sie sich nur zu irgendetwas! (Beifall bei den Grünen.)

Da wir schon das Treffen mit Herrn Bischoff erwähnt haben, so ist es schon sehr ver­dächtig, wenn Sie bestimmte Dreierkonstellationen jetzt wieder abstreiten, unter anderem eine mit Herrn Feichtinger, Treuhänder in Vaduz. Wir werden jedenfalls der Sache nachgehen. Allerdings ist es noch kein Beweis, dass Sie hier sagen: Es war nicht so! Oft hat sich nämlich später herausgestellt, dass es dann doch so war. Also: Abwarten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Letzter Punkt: Eurofighter. Angesichts von Aktenvermerken des Verteidigungsminis­teriums, aus denen nicht nur die Intervention des Finanzministeriums – Ihres Ka­binetts, des Herrn Christl – eindeutig hervorgehen, sondern in denen etwa, um nur ein Schmankerl zu nennen, auch erwähnt wird, dass Grasser am 13. Juli zu EADS fliegt und das BMF eine Woche später – im Jahre 2001, ein Jahr vor dem Hochwasser! – moniert, dass die 18-Stück-Variante kommen und die Ausschreibungsfrist gefälligst auf 18. Jänner 2002 verlängert werden soll – was dann im Übrigen auch passiert ist –, angesichts solcher Umstände wundern Sie sich, wenn Sie sich in diesem Zusam­menhang Fragen gefallen lassen müssen? Sie wollen wirklich bestreiten, dass das ein berechtigter Fragenkomplex ist?

Was haben all diese Treffen mit diesen Managern mit den Vorgangsweisen und Ein­fluss­nahmen des Finanzministeriums zu tun? Auch wenn Sie das nicht aufklären, irgend­wann wird es sich aufklären! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. 10 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


16.01

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Geschätzte Herren Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist unbestritten und war auch nachzuempfinden, dass die Oppositions­parteien mit dem Ergebnis der Nationalratswahlen 2002 keine besondere Freude hatten. Analysen der SPÖ haben offenbar ergeben, dass einer der Erfolgsfaktoren im Wahlkampf speziell der ÖVP die Nominierung von Karl-Heinz Grasser zum auch künf­tigen Finanzminister war. Es gibt sogar eine Analyse innerhalb der SPÖ, die besagt, dass es ein Fehler gewesen sei, Karl-Heinz Grasser im Wahlkampf nicht persönlich zu attackieren.

Ich will jetzt gar nicht den Charakter bewerten, den man haben muss, um so etwas festzustellen (Abg. Dr. Fasslabend: Das ist unerhört!), aber der Ärger über diesen vermeintlichen Fehler muss schon riesengroß sein – auch heute noch! –, sonst wäre es für mich nicht erklärbar, dass man gegen einen amtierenden Bundesminister eine derartige Schmutzkübelkampagne fährt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Sie folgen hier offenbar einem aus Amerika bekannten Konzept, nämlich dem so genannten dirty campaigning, also Schmutzkübelkampagnen zu fahren, nach dem Motto: „Man bewerfe eine angesehene, erfolgreiche Persön-


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lichkeit, des gegnerischen Lagers offenbar, so lange mit Schmutz (Abg. Gaál: Das ist ein Verfassungsbruch! – Abg. Dr. Wittmann: Ist das so normal, was da passiert?), bis sie tatsächlich schmutzig ist, zeige dann mit dem Finger auf sie und rufe: Jö schau, ist der schmutzig!“ – Ich gebe Ihnen in Ihrer Analyse Recht: Karl-Heinz Grasser war und ist ein erfolgreicher Finanzminister. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Zwei Nulldefizite, zwei Jahresabschlüsse ohne Neuverschuldung – so etwas haben wir seit vielen Jahren nicht mehr gekannt! (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Abgaben­quote!) Gleiches gilt für die inzwischen wieder auf das Niveau von 1995 gesunkene Steuer- und Abgabenquote, die Durchführung der bereits beschlossenen ersten Etappe der Steuerreform, und zwar für Kleinstverdiener bis zu 14 500 € ebenso wie für die Unternehmen, für den Wirtschaftsstandort eine Halbierung der Besteuerung auf nicht entnommene Gewinne und einer Abschaffung der 13. Umsatz­steuervoraus­zah­lung. Jetzt bereitet der Minister den zweiten Teil der wohl größten Steuerreform aller Zeiten in diesem Land vor – zur Standortsicherung, durch Senkung unserer Steuern.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Es gibt, glaube ich, noch einen Grund dafür, warum Sie unseren Finanzminister so anschütten: Sie wollen natürlich von der Vergangenheit ablenken. Sie wollen davon ablenken, was alles sozialdemokratische Finanzminister dieses Landes in der Vergangenheit verursacht haben. Was war denn die große Überschrift über der Finanzpolitik der sozialdemokratischen Finanzminister? (Rufe bei der ÖVP: Schuldenpolitik!) – Schulden! Aber Schulden sind Zukunfts­ver­brauch, Schulden erzeugen Zinsbelastungen, welche uns wiederum den Handlungs­spielraum für Zukunftsinvestitionen nehmen. Man könnte diese Liste leicht fortsetzen: Verstaatlichten-Debakel während der SPÖ-Regierungsverantwortung, „Konsum“-Pleite in Ihrem Verantwortungsbereich.

Meine Damen und Herren! Die Experten sind sich längst darüber einig und haben geurteilt: Die SPÖ war mit dieser Politik auf dem Irrweg, Karl-Heinz Grasser ist mit seiner Politik auf dem richtigen Weg! (Beifall bei der ÖVP.)

Und es gibt noch einen weiteren Grund für diese Schmutzkübelkampagne, ganz nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ – Lieber Kollege Matznetter, du schaffst es, medial sehr viel an heißer Luft zu erzeugen. Diese Luft, heiß, wie sie ist, steigt auf und verursacht tatsächlich Aufmerksamkeit. Das gibt dir ein Mäntelchen von Wirtschaftskompetenz. In der Tat, du zeigst wirklich wirtschaftliche Kompetenz, nämlich bei der Verfolgung und Verquickung privater Geschäftsinteressen mit den geschäftlichen Interessen der Partei (Oh-Rufe bei der ÖVP), und das in einem recht undurchsichtigen Geflecht, das noch mit Insiderwissen optimiert wird und ... (Abg. Dr. Puswald: Ist das der Versuch ...?) – Nein, das ist nur eine Feststellung von Tatsachen! Dieses wirtschaftliche SPÖ-Netz­werk ist in weiten Teilen ein Matznetter-Netzwerk (Aha-Rufe bei der ÖVP), wenngleich der rote Faden, der sich da durchzieht, nicht auf den ersten Blick erkennbar ist.

Herr Kollege Pilz! Wir wissen ja, Kollege Matznetter hat den Jahresabschluss bei YLine gemacht. Ich nehme doch wohl nicht an – ich halte das ausdrücklich fest! –, dass Sie mit dem Hinweis auf einen Betrugsfall gemeint haben, Kollege Matznetter hätte etwas damit zu tun. Ich sage ausdrücklich, ich nehme das nicht an. (Abg. Dr. Matznetter: Das muss der Herr Kollege Amon vor Gericht verantworten!)

Meine Damen und Herren! Österreichs Finanzpolitik unter Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist eine Finanzpolitik der Stabilität und der Standortsicherung. Und wer es noch immer nicht glauben will, der mache den Vergleich mit Deutschland! (Abg. Dr. Kräuter: Fällt dir nichts anderes ein?) Budgetdaten: Um vieles besser! Export­quote: Um vieles besser! Arbeitsmarktsituation: Um vieles besser! Wachstum in Öster-


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reich: Um vieles besser als in Deutschland. Inflationsrate: Um vieles besser als in Deutschland!

Ich wandle einen Spruch von Edmund Stoiber ab, der gesagt hat: Die Österreicher sind nicht besser als die Deutschen – aber sie haben den besseren Finanzminister! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.08

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


16.08

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Finanzen! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Als Mastermind der YLine-Desaster und des roten Netzwerkes – wie es die ÖVP zumindest darzustellen hofft – nütze ich zwei Sekunden zur Klarstellung für diejenigen, die nicht einmal im Firmenbuch nachschauen können: Eine Firma YLine gibt es erst seit 1999. Es wird jedem Kollegen schwer fallen, für diese 1998 einen Abschluss zu machen. (Abg. Scheibner: Habt ihr jetzt gearbeitet für diese Firma oder nicht?)

Aber vielleicht gehen wir einmal zu den Kernproblemen. Kollege Kopf hat uns die Frage der Wirtschaftsperformance gestellt. Na, da bin ich gleich fertig! (Abg. Dr. Spin­delegger: Abschluss gemacht oder nicht?) Kollege Molterer sagt, wir sollen nicht irgendwelche Daten suchen. Wir gehen in die Statistik Austria und stellen fest: Wir sind mit dem heutigen Tag, 12.58 Uhr, laut Tabelle 16.1, im Jahre 2003 an viertletzter Stelle beim Wirtschaftswachstum, 2004 an letzter Stelle. Das ist die Performance von Karl-Heinz Grasser! (Beifall bei der SPÖ. – Der Redner übergibt dem auf der Regie­rungsbank sitzenden Bundesminister Mag. Grasser schriftliche Unterlagen.)

Ich komme aber jetzt wirklich zum Kern des heutigen Tages. Das eigentlich Ent­scheidende ist: Der Herr Finanzminister gibt uns hier in der Beantwortung von An­fragen Leermeldungen ab, dieselbe Art von Leermeldungen, wie er sie zu seinem Ak­tienbesitz gemacht hat (Ruf bei der ÖVP: Habt ihr nicht aufgepasst, oder was?), und hofft, dass auf diesem Wege die Aufklärung der aufklärungswürdigen Umstände nicht erfolgt.

Es kommt die nächste unbeantwortete Frage: Herr Mag. Grasser ist nicht das erste Mal in einer Funktion, die dem Unvereinbarkeitsgesetz unterliegt. Wie war denn das als stellvertretender Kärntner Landeshauptmann? Auch da gilt das Unvereinbarkeits­ge­setz. (Abg. Mag. Molterer: Dafür ist bekanntlich das Parlament zuständig, oder wie?) Wurde schon damals die Beratung von Dritten vorgenommen? Haben Sie damals alles ordentlich erklärt? Ich weiß es nicht. (Abg. Mag. Molterer: ... das Parlament zustän­dig!)

Meine nächste Frage lautet: Ist es Aufgabe der von den Steuerzahlern bezahlten Be­amten, die persönlichen Erklärungen in der Privatsache Karl-Heinz Grasser auszu­füllen? Aber es war ja anders, er hat uns heute gesagt, er hätte es zuerst brav selbst ausgefüllt, dann musste er es wieder entfernen, weil er von diesen anders beraten worden sei. Haben die Beamten Ihres Hauses Ihre Erklärungen abgeändert, Herr Bun­desminister? (Bundesminister Mag. Grasser: Habe ich nie gesagt!) – Ich hoffe nicht, dass das der Fall ist. Jedenfalls: Bekannt gegeben wurde es nicht. (Abg. Dr. Fassl­abend: Jetzt tun wir nicht schon wieder ...! Ein bisschen mehr Fairness! – Abg. Mag. Molterer: Nicht Fairness! Mehr Korrektheit!)

Damit kommen wir zum dritten Problemkreis, und ich möchte alles aufzählen, denn die stillschweigende Unterstellung ist, dass hier ein planmäßiges Campaigning gegen Grasser gemacht worden sei. Erinnern wir uns! Als Kollege Scheibner eine Auswahl


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der Flieger vornehmen hat lassen, lautete das Ergebnis nicht auf EADS-Eurofighter, sondern auf ein anderes Flugzeug. (Abg. Scheibner: Das ist ja nicht wahr!) Wir haben inzwischen festgestellt – und das war im Frühjahr dieses Jahres –, dass unter in­tensiver Mitwirkung des Mag. Grasser am 2. Juli eine andere Entscheidung getroffen wurde. (Ruf bei der ÖVP: Alte Hüte!)

Das wäre noch kein Problem, wenn nicht aus den Anfragebeantwortungen eben dieses Ministers hervorgegangen wäre, dass es sehr wohl Treffen diverser Natur gegeben hat. Er ist uns bis heute den Inhalt dieser Gespräche schuldig geblieben. Obwohl die Frage danach durch § 90 GOG zweifelsohne gedeckt ist, hat er sie nicht beantwortet. (Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Nun kommen wir zu den nächsten Punkten: War es so, dass die Grünen oder die SPÖ in Erfüllung eines Ratschlags eines Masterminds den Herrn Finanzminister böswillig in die Falle gelockt haben, sodass er uns hier in diesem Haus, von diesem Platz aus, plötzlich erzählt, meine Homepage ist privat und von Sponsoren bezahlt? (Abg. Mag. Wurm: Mehr privat, weniger Staat!) Er hat doch die Fragestellungen selbst aus­gelöst. (Abg. Dr. Fasslabend: Weil er ehrlich ist!) Er hat doch selbst, in dieser etwas hochnäsigen Art: Schaut her, wie gut ich bin, die Bilder meiner Homepage finanzieren mir sogar Sponsoren!, damit begonnen, den Faden aufzurollen.

Er war es, der das Thema hier hereingebracht hat, nicht wir. Wir haben nur die Fragen gestellt, die daran anzuschließen sind. Und jede Beantwortung führt zu neuen Fragen. Heute sagt er, belehrt er den Kollegen Pilz, dass man an einer Stiftung nicht beteiligt sein kann – das stimmt schon! –, führt selbst aus, man könne Begünstigter sein oder Stifter, und sagt uns dann: Ich hatte keine dieser beiden Funktionen. – Auf jener Home­page jedoch, bezahlt mit den 2,4 Millionen Schilling von der Industriellenvereinigung, war ein Foto, auf dem uns der glückliche Herr Finanzminister die Stiftungsurkunde zeigt. Wie kann denn das richtig sein? Er unterschreibt als Stifter eine Stiftungsurkunde und erklärt uns hier an dieser Stelle – belehrend, nach dem Motto: Ich muss ja nicht, das ist keine Angelegenheit der Vollziehung! –: Ich bin nicht Stifter!

Was wurde denn jenen Leuten gesagt, die in den Fonds eingezahlt – ich weiß schon: ohne Aufforderung in den Fonds eingezahlt haben? Zum Fonds sagt er uns: Ich habe mit keinem Fonds etwas zu schaffen! – Wohin haben die Leute gezahlt? Wem ist das Konto beim Notar Dr. Weißmann zuzurechnen? Herrn Matthias Winkler? Wem ist das zuzurechnen?

Wieso werden klare Fragen wie jene von Dr. Pilz, ob Herr Feichtinger an einem Ge­spräch mit Herrn Schrempp teilgenommen hat, in einer verwaschenen Art beantwortet wie: Ich habe nie mit einem Treuhänder daran teilgenommen?

Warum ist die Frage: Gab es ein Treffen, bei dem Herr Feichtinger, Herr Schrempp und Herr Mag. Grasser anwesend waren? noch offen? Das ist doch kein Geheimnis! Er soll sagen: Ja, es gab das Treffen! oder: Nein, es gab das Treffen nicht! Über den Inhalt wird das Parlament und alle anderen eine Aufklärung erwarten.

Und ich will bei dieser Gelegenheit ein paar Dinge ... (Abg. Mag. Molterer: Wie oft haben sich denn Sie schon mit den YLine ... getroffen, Herr Matznetter? Wie ist Ihre YLine-Connection?) – Um diese Dinge auch noch, ganz nebenbei, anzuführen: Mir ist schon klar, warum mich die ÖVP in öffentlichen Aussendungen als den Verant­wort­lichen der Pleite sieht: Wenn man die Lohnverrechnung für diese Dienstnehmer macht, Dienstnehmer, die ja aus ÖVP-Sicht ein unnötiger Kostenfaktor sind, dann ist man, wenn diese auch noch einen Lohn bekommen, natürlich verantwortlich für die Pleite. Ich weiß schon: Sie wollen Löhne kürzen, Sie wollen die Leute hinausschmeißen. Wir haben diesbezüglich keine Interessen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: So weit reicht das rote Netzwerk?)


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Ich komme, da die Redezeit schon zu Ende geht, zum wichtigsten Punkt. (Zwi­schen­rufe bei der ÖVP.) Meine Damen und Herren von der FPÖ! Wenn Kollege Strutz von Ihnen einen U-Ausschuss fordert, so stimmen Sie heute zu! Wenn der Minister nichts zu verbergen hat, können wir einen Untersuchungsausschuss machen. Wenn der Ob­mann der Salzburger FPÖ den Rücktritt von Grasser fordert, sollten Sie das hier auch tun! (Abg. Jakob Auer: Wie hoch war Ihre Gage?) Kollege Walch hat gesagt: Wenn das alles stimmt, nämlich dass er Aktien nicht gemeldet hat, dann muss man über­legen, ob Grasser noch tragbar ist! – Sie haben Recht, Herr Kollege Walch. (Zwi­schen­ruf des Abg. Scheibner.)

In diesem Sinne und auch in Verteidigung dieses Hauses: Überlegen Sie sich, ob es sinnvoll ist, hier mit Treueschwüren mitzumachen!

Zum Thema dirty campaigning empfehle ich Ihnen, das „profil“ zu lesen, in dem die Mitarbeiterin des Herrn Grasser versucht, gegen mich Schmutzkampagnen zu machen und Treffen mit dem Herrn Böhm zu veranstalten. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das sagt genug aus. Es kommt direkt aus dem Büro von Herrn Mag. Grasser. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Neudeck. 10 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Großruck: ... ein richtiger Sympathieträger!)

 


16.16

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Dringliche Anfrage der Grünen dient lediglich der Fortsetzung einer Menschenhatz, die meiner Meinung nach unwürdig ist. Ich betone, dass die Vorgangsweise der Nichtmeldung des Aktienbesitzes sicher nicht unsere Zustimmung findet; das wird jeder verstehen. Aber so eindeutig dürfte die Regelung nicht gewesen sein, da ja auch andere Regierungs­mitglieder Aktienbesitz in kleinem Ausmaß nicht gemeldet haben. (Abg. Dr. Wittmann: Sie wissen aber schon, dass der Finanzminister Verfassungsbestimmungen missach­tet! Das wissen Sie schon?!)

Herr Bundesminister Grasser hat heute mehrfach gesagt – und das hat keiner Ihrer Redner aufgegriffen –: Sie wollen nur skandalisieren. Er hat gesagt, dass er sein Ge­samtvermögen dem Rechnungshofpräsidenten gemeldet hat, darin waren seine Aktien enthalten. Das zeigt durchaus, dass das eine Interpretationssache war, er aber keinen Wert verschweigen wollte. (Abg. Dr. Wittmann: Sie wissen, was Ihnen passiert, wenn Sie ein Gesetz verletzen?) – Kollege! Es ist immer eine Frage ... (Abg. Dr. Wittmann: Sie wissen das schon?!) – Ja, dann muss man aber auch die Regelung so treffen, dass derjenige, der sie einzuhalten hat, weiß, worum es geht. Und das wissen mehrere nicht, nicht nur er.

Es bedarf daher weder eines Untersuchungsausschusses noch dieser Dringlichen An­fragen, denn wir haben gleich, nachdem diese Frage auf den Tisch gekommen ist, reagiert, es wurden die Aktien gemeldet. (Abg. Dr. Wittmann: Wenn jemand als Minis­ter die Verfassungsbestimmungen nicht beachtet!) Und diese Aktien sind alle in einer Größenordnung, durch die es keinerlei Einfluss auf irgendein Unternehmen geben konnte.

Wenn wir dem, was Kollege Pilz gesagt hat, folgen, nämlich dass im Falle einer Beteili­gung an einer Firma in einer Größenordnung der dritten Kommastelle die Auftrags­vergabe zu bedenken ist, dann frage ich mich, ob dann die Mitarbeiter eines Ministe­riums nicht mehr mit einer privatisierten AUA fliegen dürfen, nur weil der Minister fünf


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Aktien der AUA besitzt. Das kann doch nicht der Sinn dieser gesetzlichen Regelung sein. Es geht im Unvereinbarkeitsteil vielmehr sicher darum, dass er keine wesent­lichen Beteiligungen hat.

Jetzt aber ist alles gemeldet. Der Bundesminister hat auch gesagt, dass er dem Rech­nungshofpräsidenten seinen Vermögensstand gemeldet hat und darin seien die Aktien enthalten gewesen. Es ist ja auch interessant, dass derartige Meldungen vom Rech­nungshofpräsidenten noch nie an die Öffentlichkeit gelangt sind. Ich glaube daher, dass in Zukunft auch dieser Teil der Meldungen beim Rechnungshofpräsidenten ange­siedelt werden soll, denn wenn mit diesen Meldungen und mit der Vertraulichkeit im Ausschuss so umgegangen wird wie hier im Unvereinbarkeitsausschuss, dann wird sich jeder überlegen, dort etwas zu melden, weil die Hatz, die hier betrieben wird, men­schenverachtend ist und meiner Meinung nach dem Sinn dieses Gesetzes nicht entspricht. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

Als Mitglied des Unvereinbarkeitsausschusses möchte ich die Anregung aufgreifen, neue und eindeutige Richtlinien dafür zu erarbeiten sowie ein Meldeformular zu ent­wickeln, das auch leicht verständlich ist. Ich muss nämlich ganz ehrlich sagen, auch ich habe bei der einen oder anderen Passage nicht gewusst, was gemeint ist, denn da wird auf irgendwelche Paragraphen Bezug genommen wie etwa in der Formulierung: Bekommen Sie Bezüge von einer Organisation, die gemäß Paragraph sowieso der Prüfung ... unterliegt? Man könnte doch gleich schreiben, dass es um diese und jene Unternehmen und um diese und jene Organisationen geht! So viele sind es ja nicht. Ich weiß nicht, warum man immer alles so formulieren muss, dass man lange suchen muss.

Es ist ja Gott sei Dank so, dass die Finanzpolitik des Finanzministers für Österreich wesentlich erfolgreicher als sein persönlicher Aktienkauf ist. In der „Kronen Zeitung“ – und es wird ja gerade von den Kollegen von der SPÖ immer so gerne die Zeitung zitiert – vom 14. Oktober steht:

„Reich ist er mit diesen Papieren auf keinen Fall geworden, Verluste sind wahr­schein­licher, ...“ – So ein Fachmann.

Die Grünen haben die Jagdsaison gegen Karl-Heinz Grasser mit Hilfe der SPÖ eröff­net, ohne Fakten und ohne Inhalte. Eine lückenlose Aufstellung – das hat Karl-Heinz Grasser schon gesagt – wurde von ihm am 13. Oktober 2003 an den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses weitergeleitet, und es sind darin alle Aktien enthalten. Die Meldung erfolgte verspätet – auch das hat der Herr Finanzminister schon gesagt –, da es in seiner Umgebung, in seinem Kabinett eine andere Interpretation dieses Textes gegeben hat. (Abg. Silhavy: Na geh, das Kabinett ist schuld! Das ist ein Witz!)

Man fragt sich irgendwann einmal: Wenn man Fachleute von außen hinzuzieht, ist es nicht recht, und wenn man sich nur auf das Ministerium konzentriert, ist es der Op­position anscheinend auch nicht recht. (Abg. Silhavy: Das ist die allerletztklassige Ar­gumentation, die Sie führen!) Meine Damen und Herren, er hat mit seiner Meldung nach­gewiesen, dass seine Aktienbeteiligung im zweiten oder dritten Komma­stellenbe­reich hinter der Null liegt, somit also keine Unvereinbarkeit gegeben ist.

Werte Kollegen von Rot und Grün! Lassen Sie die Kirche im Dorf und verwenden Sie Ihre Energie anders! Wenn ich dem Kollegen Matznetter dabei zuschaue, wie akribisch er das vorbereitet, dann würde ich sagen: Es ist gescheiter, wenn man sich mit unseren Konzepten, den Konzepten dieser schwarz-blauen Regierung, auseinander setzt und versucht, dort konstruktiv mitzuarbeiten, sich aber nicht irgendwo einsperrt und danach sucht, ob man noch irgendwo eine Laus findet, mit der man ein Regie­rungsmitglied quälen kann. Arbeiten Sie mit an der Steuerreform, an neuen Asyl­ge-


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setzen und an der Gesundheitsreform! Auch in Opposition ist es nicht verboten, kreativ, konstruktiv und inhaltlich für unser Land zu arbeiten.

Zu den Fragen eine persönliche Anmerkung; die Fragen sind in einer solchen Art und Weise gestaltet, dass ich sage: Wann haben Sie sich wo mit wem warum getroffen? – Wenn man dann hört, der Minister hat sich nicht in der Zusammensetzung oder überhaupt nicht getroffen, erwähne ich: Ich bin 1958 aus einem System geflohen – aus der DDR –, in dem derartige Fragen zur Tagesordnung gehörten. (Zwischenruf der Abg. Sburny.) Ich hoffe, sie werden in Österreich nicht zur Tagesordnung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.23

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minis­ter! Meine Damen und Herren! Eines wird hier auf jeden Fall klar, Herr Minister: Sie haben gegen ein Verfassungsgesetz verstoßen! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist kein Formalfehler, das ist ein klarer Gesetzesverstoß. Da hilft es nichts, wenn Sie darauf hinweisen, dass Sie es dem Rechnungshof gemeldet haben. Das ist nicht die Sache; das haben Sie gemacht, und wir kreiden Ihnen auch gar nicht an, dass Sie da Verfehlungen begangen hätten. Nein, Sie kneifen dort, wo es um die Hauptsache geht. Die Hauptsache ist: Sie haben das Unvereinbarkeitsgesetz nicht eingehalten, Sie haben dagegen verstoßen, und dieses steht im Verfassungsrang. Herr Minister, das ist wirklich auch ein Verstoß gegen die Grundlagen der Republik! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ganz konkret ist dieser Verstoß ein Stück Ihrer laufenden etwas unkorrekten Verhält­nisse, etwas unkorrekten Vorgangsweisen, etwas unkorrekten Auslegungen von Geset­zen. Wir haben jetzt bereits eine Art Grasser’sche Kaskade – zur Abwechslung einmal KK, eine richtige Grasser’sche Kaskade. Angefangen hat es mit Ihrer Home­page, die Fortsetzung waren Ihre Honorare, jetzt kommen Ihre Aktien samt dem Unver­einbarkeitsausschuss. Im Hintergrund gibt es eine gewisse KHG-Gemeinde, die sich auch immer wieder in die Bereiche einmischt, die Ihnen oft angekreidet werden.

Herr Minister! Meiner Meinung nach ist auch eine Unvereinbarkeit gegeben, wenn man Freunde wie Herrn Ernst Karl Plech in maßgebliche Aufsichtsräte wie jene der Bun­desimmobiliengesellschaft, der Bundeswohnbaugesellschaft und der WAG hineinsetzt, obwohl da ein eindeutiger Interessenkonflikt in der Person dieses Herrn Plech gegeben sein muss: auf der einen Seite Vertreter der Republik-Interessen in den Aufsichtsräten, auf der anderen Seite Inhaber einer Immobilienfirma, die sehr wohl Bescheid weiß über die Vorgänge auf dem Markt, wobei Herr Plech auf Grund seiner Aufsichtsrats­posi­tionen natürlich Informationsvorsprünge hat.

Solche Vorgänge, solche Besetzungen nehmen Sie vor! Ich habe mich extra erkundigt: Das wird auch im Rechnungshof nicht ganz so einfach „gegessen“, wie Sie sich das vorstellen. Es wird auch im Rechnungshof noch einer genaueren Untersuchung zugeführt werden, inwieweit diese Dinge nicht entsprechend den Usancen sind.

Aber zurück zu dem Hauptvorwurf, Herr Minister, dass Sie sozusagen ein sehr salop­pes Verhältnis – um es noch charmant auszudrücken – zu Gesetzesvorlagen oder zu gesetzlichen Rahmenbedingungen haben. Jeder von uns muss seine Steuererklärung machen – Sie verschanzen sich hinter Vereinen, die vielleicht steuerpflichtig sind oder auch nicht, Sie verschanzen sich hinter Gutachten, die in Deutschland erstellt worden sind. Dann nehmen Sie noch den armen Herrn Staatssekretär, der Ihnen die Stange


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für solche Gutachter-Ausdeutungen halten muss, die wirklich windelweich und schwind­lig von vorn bis hinten sind. Ehrlich gesagt, ich als Staatssekretär Finz hätte Ihnen schon längst den Sessel vor die Tür gestellt! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Finanzminister! Sie brauchen sich nicht zu fürchten, da gibt es keine Schmutz­kübel-Kampagne. Sie brauchen nur ganz konkret auch die internationalen Medien zu lesen, Sie brauchen sich nur einmal wirklich ganz seriös Rede und Antwort stehend im Rechnungshofausschuss zu bewegen. Aber im Rechnungshofausschuss akzeptieren Sie in keiner Weise die Kritik des Rechnungshofes, sondern legen ein Gutachten auf den Tisch und wollen mit diesem Ihrem privaten Gutachten beziehungsweise ministe­riellen Gutachten praktisch Republik-Gutachten, Rechnungshof-Gutachten aushebeln. Ich meine, das ist doch impertinent zum Quadrat, Herr Minister!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete, „impertinent“ ist auch nicht die feine englische Art! (Abg. Mag. Mainoni: So eine Unkultur darf nicht einreißen! – Zwischen­rufe bei den Grünen.)

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Ich sage nur, der Vorgang ist imper­tinent zum Quadrat. Das ist vielleicht auf Grund meiner Emotionen etwas scharf ge­zeichnet, aber manchmal hat man auch das Recht auf Emotionen. Ich bitte um Gnade, Herr Präsident. (Heiterkeit.)

Zurück zum internationalen Bereich: Ich habe heute Vormittag schon einmal darauf hingewiesen, dass Sie in der seriösen internationalen Presse jetzt wirklich schlecht beleumundet sind, Herr Minister. „Lichtfigur als Trickbetrüger“ titelt die „Süddeutsche Zeitung“ – ich habe es schon einmal gesagt –, Untertitel: „Der österreichische Finanz­minister hat abgewirtschaftet“. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nein, das ist die „Süd­deutsche Zeitung“. – Die Beweisführung beziehungsweise die Argumentation, die hier angeführt wird, zeigt es eindeutig: Internetseite, Selbstdarstellung, Aktiengeschäfte, YLine et cetera.

Mit diesen Vorgangsweisen, mit Ihrem sozusagen etwas schlechten Verhältnis zu ge­wis­sen Gesetzeslagen bringen Sie nicht nur sich persönlich in Misskredit, damit schädigen Sie nicht nur nachhaltig Ihren Ruf, sondern es überträgt sich diese Schä­digung auch auf den Ruf der Republik Österreich. Das ist es, was mich besonders empört, weil es die Österreicherinnen und Österreicher nicht verdient haben, einen Finanzminister zu haben, der – ich zitiere wieder – „zuerst das Schoßkind des Kanzlers war und jetzt eine Hypothek ist“. – Bitte, das ist ein Zitat!

Herr Minister! Ich glaube, es wird Zeit, dass Sie selbst einmal für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eintreten. Dann besteht für Sie die letzte Chance zur Weißwaschung der Weste, auf der öfter auch „KHG“ zu lesen ist. Nehmen Sie die Chance wahr, Herr Minister, seien Sie sozusagen Manns genug und schauen Sie, dass Sie wirklich einmal alle Ihre Dinge ganz konkret offen legen und sich da nicht herumschwindeln mit Sachen, die überhaupt nicht stimmen und bei denen die Rede von Verfassungsgesetzen und nicht von Rechnungshofberichten ist! Hier haben Sie sich bei Ihrer Antwort auf unsere Dringliche Anfrage leider selbst ein Armutszeugnis ausgestellt, vor allem mit den Nicht-Antworten, Herr Minister! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


16.30

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dieser


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Dringlichen der Grünen möchte ich zunächst bemerken, dass es mir Leid tut, dass Dr. Matznetter im Augenblick nicht im Plenarsaal ist. (Abg. Dr. Stummvoll: Wer weiß, warum!) Ich glaube, es wird ihn interessieren, was ich hier sage; vielmehr wird es die Öffentlichkeit interessieren, was ich sage. Aber Dr. Matznetter ist ein viel beschäftigter Mann, ich werde in der Folge noch darauf eingehen.

Zunächst möchte ich bemerken, dass ich es eigentlich schade finde, dass sich die Grünen hier vor den Karren der SPÖ spannen lassen. (Ruf bei den Grünen: Das ist aber unsere Dringliche!) Es ist eigentlich eine Kampagne gegen den Finanzminister im Gang, die ihren Ursprung bereits vor der Nationalratswahl genommen hat, als die SPÖ – mein Kollege Karlheinz Kopf hat das ja heute schon zitiert; ich hatte bei anderer Gelegenheit bereits die Möglichkeit, darauf einzugehen – eine Geheimstudie in Auftrag gegeben hat, in der es wörtlich hieß, dass es Ziel sein muss, etwa Finanzminister Karl-Heinz Grasser nachhaltig politisch zu desavouieren. (Abg. Dr. Wittmann: Das hat er eh selber gemacht!) Nach der Wahl hat es dann in einer anderen Studie geheißen, dass es ein schwerer Fehler war, genau das nicht zu tun, und dass das letztlich auch möglicherweise wahlentscheidend war (Abg. Dr. Wittmann: Verschwörungstheorie!), sodass sich die SPÖ nunmehr auf dem zweiten Platz hinter der ÖVP befindet. (Abg. Dr. Wittmann: Ihre Verschwörungstheorie!)

Sie lassen sich nicht auf einen Wettbewerb der Ideen ein – was traurig ist –, sondern Sie betreiben hier ein Spiel der Gräuelpropaganda und der Diffamierung. Aber selbst wenn man das der Oppositionspartei zubilligt, muss man sich doch anschauen, wer die Speerspitzen einer solchen Kampagne sind. Damit bin ich bei Herrn SPÖ-Ab­geordneten Dr. Christoph Matznetter.

Zunächst möchte ich Ihnen sagen – warum er jetzt wahrscheinlich nicht da ist (Ruf bei der ÖVP: Sich versteckt!), da er eben, wie gesagt, ein viel beschäftigter Mann ist –, welche Funktionen Herr Dr. Christoph Matznetter alle ausübt. (Abg. Dr. Stummvoll: Welche?) Er ist Aufsichtsrat der Firma MERKUR Unternehmensbeteiligung, Vermö­gens­verwaltung und Finanzierungsvermittlung GmbH – an der im Übrigen auch die SPÖ relativ stark beteiligt ist –, er ist Gesellschafter der Firma Matznetter Steuer­bera­tungsgesellschaft m.b.H., er ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma STAN­DARD Wirtschaftsprüfungsges.m.b.H., er ist Vorstand der PYROR Privatstiftung, er ist Vorstand der Roma Privatstiftung, er ist Aufsichtsrat der Nord-Süd-Institut für Entwick­lungs­zusammenarbeit-Gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, er ist Aufsichtsrat der Firma Prom Ocean Werbeartikel AG, und er ist Geschäftsführer der MERKUR-TREUHAND Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsges.m.b.H. (Abg. Broukal: ... Kollegen haben noch einen Beruf! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich könnte jetzt noch eine sehr lange Liste darüber vortragen, was Herr Dr. Matznetter schon vorher ... (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.) – Das Klatschen wird Ihnen gleich vergehen, wenn Sie noch einen Augenblick Geduld haben. (Beifall bei der ÖVP.) Hier wurde ja das Verhalten des Herrn Bundesministers für Finanzen im Zusam­menhang mit der YLine-Affäre sehr scharf kritisiert. In diesem Kontext ist doch darauf hinzuweisen, wie tief SPÖ-Budgetsprecher Matznetter in diese so genannte YLine-Affäre verwickelt ist. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Das ist belegt durch ein Gutachten von Dr. Thomas Keppert in dem Strafverfahren im Zusammenhang mit der YLine, dem die Jahresabschlüsse 1998 bis 2000 zugrunde liegen.

Im Jahresabschluss 1998, der von der Vorläuferfirma der YLine ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) – Ja, Sie haben mich richtig verstanden. Das freut mich, dass meine Stimme bis in die letzte Reihe verstanden wird. (Heiterkeit bei der ÖVP.) – Der Jahresabschluss 1998 der YLine-Vorläuferfirma wurde also von der MERKUR-TREU­HAND Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsges.m.b.H erstellt. Herr Matznetter ist einer der vier Geschäftsführer dieser Gesellschaft und persönlich mit Herrn Böhm, dem


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Gründer der YLine, bestens bekannt. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Denn Böhms Schwester Ursula hat in der MERKUR gearbeitet und die beiden zusammengebracht. (Neuerliche Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Die in der Gründungsversammlung vom 2. April 1998 – und da wird es jetzt wirklich interessant – beschlossene Prüfung des Jahresabschlusses 1998 durch die STAN­DARD Wirtschaftsprüfungsges.m.b.H. wurde erst nachträglich wegen Befangenheit abgelehnt, weil Herr Matznetter nicht nur in der MERKUR, sondern auch in der STANDARD Geschäftsführer ist. (Abg. Kopf: Aber probiert hat er es!) Er hätte damit sich selbst geprüft, meine Damen und Herren! (Oh-Rufe bei der ÖVP.) – So viel zur korrekten Vorgangsweise des Herrn Dr. Matznetter.

Meine Damen und Herren! Im Punkt 2.1.5, „Die Jahresabschlüsse der YLine Internet Business Services AG“, kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass die MERKUR an verschiedenen Quartalsabschlüssen der YLine mitgewirkt hat

Im Punkt 2.1.6, „Die Finanzbuchhaltung der YLine Internet Business Services AG“, kommt das Gutachten zu dem Schluss – das ist immer bestritten worden –, dass die Lohnverrechnung von der MERKUR-TREUHAND durchgeführt wurde, und zwar ohne zeitliche Beschränkung, das heißt vom Anfang bis zum Ende. (Abg. Broukal: Was hat das mit der Anfrage zu tun?) Und dort – das ist der letzte Punkt, den ich zitieren möchte – kommt das Gutachten auch zu dem Schluss, dass die MERKUR-TREUHAND mit Herrn Matznetter als Geschäftsführer der „steuerliche Vertreter der YLine“ war, und zwar auch ohne zeitliche Einschränkung, vom Anfang bis zum Ende. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Jetzt wird es besonders interessant, denn Herr Matznetter kaufte auch noch aus der Konkursmasse der YLine kräftig ein. (Abg. Dr. Stummvoll: Das gibt’s ja nicht!) Der SPÖ-Abgeordnete hat offenbar gewartet, bis die Firma YLine in Konkurs gegangen ist, und hat dann mit Hilfe seines Firmen-Netzwerkes den Unternehmensbereich „dvo“ aus der Konkursmasse gekauft.

Was besonders gescheit ist: Er veröffentlicht das selbst auf seiner eigenen Firmen-Homepage, meine Damen und Herren! (Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Broukal: Weil er, im Gegensatz zu Herrn Grasser, nichts zu verbergen hat!)

Es ist also, mit einem Wort, sehr klar zu sehen, dass hier in Wirklichkeit ein großes Ablenkungsmanöver in Gange ist, dass man von eigenem Fehlverhalten ablenken will und hier eigentlich versucht, den Finanzminister zum Sündenbock zu machen. (Abg. Broukal: ... Fehlverhalten gibt!) Das weisen wir deutlich und scharf zurück. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Abschließend, meine Damen und Herren, weil Herr Dr. Matznetter begehrt, dass ich aus meiner Presseaussendung etwas zurücknehme: Ich habe ihn als „Mastermind“ hinter der ganzen YLine-Problematik bezeichnet. Ich habe darüber nachgedacht. Ich muss das wirklich in aller Deutlichkeit und ganz offen zurücknehmen: Der Begriff „Mas­termind“ ist zu positiv besetzt! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Frei­heit­lichen.)

16.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puswald. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Meine Damen und Herren! Hören Sie dem Redner zu!

 


16.38

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Präsident, herzlichen Dank für die Einleitung und auch für die Aufforderung! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär!


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Hohes Haus! Es ist wirklich interessant, wenn man von Herrschaften, die offenbar nicht über ausreichende Informationen, möglicherweise auch nicht über ausreichende Bildung verfügen, Herr Kollege Amon (Zwischenrufe bei der ÖVP), von Ablenkungs­ma­nö­vern hört. Das Einzige, was ich Ihrem Redebeitrag entnehmen kann, ist Folgendes: Erstens, lieber Christoph Matznetter – ich hoffe, du kannst mich hören –, ich bin stolz auf dich. Was du neben deiner Abgeordnetentätigkeit alles schaffst, ich gratuliere dir und bewundere dich! (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Ab­geordneten von ÖVP und SPÖ.)

Das Zweite, Herr Kollege Amon und auch Herr Kollege Kopf: Sie haben leider offenbar nicht das mindeste Rechtsverständnis, geschweige denn Rechtskenntnisse. Erstens rate ich Ihnen, was die Unvereinbarkeit betrifft, einen Unterschied zwischen einem Re­gierungsamt und einem Abgeordneten zu machen. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt – das scheint mir noch viel wichtiger zu sein – ist der Punkt, in dem das „Ablenkungsmanöver“, Herr Kollege Amon, schon in sich zusammenbricht. Gegen die YLine und die sonstigen Machenschaften sind Strafverfahren beziehungsweise Voruntersuchungen anhängig. (Abg. Amon: Das ist bei einem Abgeordneten aber auch problematisch!)

Herr Kollege, ich tue mir da schwer, wissen Sie, die Lautsprecher funktionieren tadellos, und Sie reden hier dazwischen. Sie können auch gerne dazwischen fragen, ich sage nur den Satz schnell fertig, wenn Sie einverstanden sind. – Da sind Straf­verfahren anhängig, gegen den Kollegen Matznetter meines Wissens nicht.

Jetzt bitte Ihre Zwischenfrage, ich harre voller Interesse. (Abg. Amon: Insider-Wissen ist, glaube ich, auch bei einem Abgeordneten problematisch, oder nicht?) – Herr Kolle­ge, ich stimme Ihnen zu, was es für furchtbare Dinge in der Juristerei gibt. Ich helfe Ihnen aber auch gerne auf die Sprünge. Fragen Sie einen Rechtskundigen, machen Sie eine Strafanzeige gegen Kollegen Matznetter, ich ersuche Sie darum – ich denke, ich sage das auch in seinem Namen –, und er wird auch von der Staatsanwaltschaft weißgewaschen werden.

Aber zurück zum Thema, um das es eigentlich geht. Der Finanzminister, Abgeordneter Kopf und Abgeordneter Amon drücken Krokodilstränen und sagen, es gibt ein dirty campaigning gegen eine beliebte Persönlichkeit. (Zwischenbemerkung von Bundes­minister Mag. Grasser.) – Negative campaigning, Herr Finanzminister, ich danke Ihnen.

Herr Finanzminister! Ich möchte aber auch eine persönliche Anmerkung machen, weil sie mir am Herzen liegt. Diese beliebte Persönlichkeit, die Sie selbst angesprochen haben, habe ich vor vielen Jahren in Kärnten, im Warmbaderhof kennen gelernt. Der damalige Noch-nicht-Finanzminister hat einen Vortrag gehalten, und ich muss ganz ehrlich sagen, ich war begeistert: ein junger Mensch, der Sachverstand hat, der sympathisch ist, der bodenständig ist, der wirklich wie ein richtiger Mensch auftritt und nicht wie ein Politiker. Ich stehe nicht an, das zu sagen. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber umso mehr – und das möchte ich auch betonen – tut es mir weh, wenn ich sehe, welche Entwicklung dieser Mensch genommen hat, wenn ich sehe, was ich seit Dezember 2002 persönlich in diesem Hause miterleben muss und was sich eigentlich nicht treffender charakterisieren lässt als durch die „Kurier“-Karikatur, die ich in der Vorwoche sehen und lesen durfte, die den Herrn Finanzminister, so attraktiv er auch sein mag, sehr unattraktiv darstellt, nämlich aufgeblasen wie ein Luftballon, wie er abgehoben im Weltraum schwebt und offenbar jede Bodenhaftung verloren hat. Das ist aber nicht das Ergebnis eines dirty campaigning oder negativ campaigning, sondern


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das ist Ergebnis dessen, dass der Herr Finanzminister sich sukzessive selbst zur Ziel­scheibe der öffentlichen Kritik gemacht hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Er selbst war derjenige, der uns alle, die wir völlig naiv waren und ihn wie die kleinen Kinder mit großen Augen beobachtet und gehört haben, als er uns von seiner Home­page erzählt hat, erst auf die Fährte gebracht hat. Er selbst hat uns mit der Nase darauf gestoßen und nicht nur uns, sondern auch die Medien. Und die Medien und nicht die böse Opposition sind es, die etwa in der letzten Ausgabe des „profil“ von „schlam­perten Verhältnissen des Herrn Finanzministers“ sprechen. Er stehe in Ver­dacht und so weiter und so fort. Am Mittwoch werde möglicherweise ein Untersu­chungs­ausschuss beschlossen werden.

Oder etwa „FORMAT“, das unseren gemeinsamen sportlichen Ambitionen entspre­chend von „Grassers letztem Abschlag“ spricht.

Meine Damen und Herren von der einen Regierungspartei! Noch etwas Interessantes scheint mit in diesem „FORMAT“ zu stehen, nämlich, dass zuletzt im Büro des Herrn Finanzministers in der Himmelpfortgasse ein Krisenmanagement tagte und der Herr Minister immer wieder während dieser fünf Stunden seine neuen Parteifreunde in der ÖVP – wie es heißt – um fernmündliche verbale Unterstützungsgesten aufforderte. Doch er bekam sie nicht! Weder bei einem Telefonat mit ÖVP-Klubchef Wil­helm Molterer, das, wie Zuhörer berichten, mit deutlich erhöhter Stimme geführt worden sein soll, noch hat – ich zitiere das „FORMAT“, Sie erlauben, dass ich das tue – sich sonst jemand hinter ihn gestellt, auch nicht der Herr Bundeskanzler, son­dern – so formuliert „FORMAT“ – kein ranghoher ÖVP-Politiker wollte ihn vertei­digen.

Wenn ich heute angesichts dessen, dass auch die FPÖ in den Bundesländern lauthals den Rücktritt des Finanzministers fordert, erkennen muss, wie Sie unisono diesen wunderbaren Menschen verteidigen, dann kann das offenbar nur Schützenhilfe in einer verzweifelten Situation sein, und darum beneide ich Sie nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Um das Bild abzurunden, sage ich Ihnen: Der Herr Finanzminister ist in guter Gesell­schaft mit dem Herrn Bundeskanzler, der es mit seinen Aktien auch nicht so genau nimmt. Es heißt in der Zeitungen: Schüssels schlampiger Aktienbesitz. – Wie schlam­pig, das wird sich auch noch herausstellen. Zuerst sagt er ein bisschen Aktien, dann sind es ausländische Aktien, dann sind es keine österreichischen Aktien und in Wirk­lich­keit gibt er eine Leermeldung beim Unvereinbarkeitsausschuss ab.

Dazu kommt als Letztes noch Herr Präsident Khol, der als eigentlicher Hüter der Verfassung in diesem Hause agieren müsste, der angesichts eines Verstoßes gegen ein Verfassungsgesetz, und ein solches ist das Unvereinbarkeitsgesetz, insbesondere die §§ 3 und 3a, von einem Formalfehler spricht. Der Präsident dieses Parlaments spricht von einem Formalfehler, wenn ein Verfassungsgesetz verletzt wird! Das ist ein Sittenbild, das wirklich nicht mehr erträglich ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich kann nur sagen, diese Sittenschilderung ließe sich noch lange fortsetzen, aber der Herr Präsident wird das dadurch verhindern, dass er so wie heute bei der Wortmeldung zur Geschäftsordnung der Herren Kollegen von welcher Fraktion auch immer jedenfalls nur Anträge zulässt, während er Klubobmann Molterer lange Ausführungen gestattet. Das ist eine Vorsitzführung eines Präsidenten, wie ich sie mir nicht wünsche. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. Re­dezeit: 5 Minuten. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.) – Meine Geduld hat Ursache, Herr Posch.

 



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16.45

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Präsident Khol hat heute in diesem unglaub­lichen Kuddelmuddel und Durcheinander, bei dem es offenbar nicht mehr viel Durch­blick gegeben hat, zur Frage, ob jetzt der Herr Finanzminister gewisse Fragen beant­worten muss oder nicht, gesagt, das Parlament wache über die Unvereinbarkeit. Und genau das hätten wir gerne. Wir hätten gerne, dass das Parlament über die Un­vereinbarkeit wacht. Aber was kommt von Ihnen auf der Regierungsseite? – Von Ihnen kommt „Menschenhatz“ – von Kollegem Neudeck –, „Verleumdung“ – von Minister Grasser – und das Harmloseste war noch „Schmutzkübelkampagne“ – von Kollegem Kopf. Das alles in Richtung Opposition, die versucht, Vorgänge aufzudecken, die absolut zum Schaden der Republik sind.

Herr Kollege Neudeck schreckt nicht einmal davor zurück, ein Bespitzelungssystem, das es gegen Privatpersonen gegeben hat und teilweise, und zwar nicht nur in der DDR, gibt, mit der Kontrollarbeit der Opposition zu vergleichen. Mit den Kontroll­aufgaben, die die Opposition hier wahrnimmt, vergleichen Sie ein privates Bespitze­lungssystem! Das finde ich wirklich unter jeder Kritik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es zeigt sich auch einmal mehr, dass Sie offenbar privat und Funktion nicht aus­einander halten können, aber das sind wir beinahe schon gewöhnt. In den Fragen EADS, Homepage und jetzt eben auch von Aktienbesitz zeigt sich immer wieder, dass Herr Minister Grasser nicht wirklich in der Lage ist, einerseits zwischen privat und Funktion zu unterscheiden und andererseits gewisse Unvereinbarkeiten wahrzuneh­men. Aus meiner Sicht ist das für einen Minister absolut untragbar. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zurück noch einmal zur Aussage des Herrn Präsidenten Khol: Das Parlament wacht über die Unvereinbarkeit. – Wie tut denn das Parlament das? Das Parlament tut das – oder sollte das wenigstens tun – mittels eines Ausschusses, des Unvereinbarkeits­ausschusses, in dem es aber derzeit offenbar gang und gäbe ist, dass Regierungs­mitglieder zumindest schlampig – und das ist wirklich ein harmloser Ausdruck – mit dem Unvereinbarkeitsgesetz umgehen. Verantwortlich für diesen Ausschuss ist der Ausschussvorsitzende, Abgeordneter Schultes von der ÖVP. Man darf sich schon fra­gen, wie es zustande kommen kann, dass offenbar über Monate oder Jahre hinweg ein derartiger Umgang mit dem Unvereinbarkeitsgesetz in diesem Ausschuss möglich ist, dem ein Mitglied der ÖVP vorsteht.

Verfassungsrechtler Heinz Mayer meint, die Handhabung des Gesetzes in diesem Ausschuss sei eine Katastrophe. – Zitat Verfassungsrechtler Mayer. – Er nimmt quasi den Finanzminister in Schutz, indem er sagt: Wenn das dort schon seit Jahren üblich ist, muss man sich ja fragen, ob das wirklich so schlimm ist. Aber dass das Gesetz so gehandhabt wird, ist eine Katastrophe und das ist tatsächlich eine Angelegenheit der Regierungsfraktionen, die das offensichtlich seit Jahren zulassen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist eine Katastrophe, wie diese Regierung mit dem Gesetz umgeht, und das ne­gative Aushängeschild in dieser Beziehung unter dem Schutz und auch mit Unter­stützung der ÖVP ist Herr Minister Grasser. In diesem Sinne wäre es einfach sehr schön, wenn dieses negative Aushängeschild einfach abmontiert werden würde. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.49

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 



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16.50

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Finanzminister Grasser und andere Regierungsmitglieder ha­ben einen Verfassungsbruch begangen, wie wir heute schon ein paar Mal gehört ha­ben. Was passiert normalerweise mit Regierungsmitgliedern auf der ganzen Welt, die die Verfassung brechen? – Es werden Konsequenzen gezogen bis hin zum Rücktritt. Was passiert aber in Österreich? Wie reagiert diese Regierung? – Man zieht sich auf ein Delikt zurück und nennt es Formalfehler. Es gibt ein paar wehleidige Rund­um­schläge, es wird von Menschenhatz gesprochen, aber in Wirklichkeit ist es nur ein „Formalfehler“.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, was Sie hier machen, ist Verharmlosung. Ich frage mich nur: Was sind Sie für ein Vorbild für die Bevölkerung? Nämlich gar keines!

Was mich jedoch ganz besonders ärgert, ist der Umgang mit der Aufgabe des parla­mentarischen Unvereinbarkeitsausschusses beziehungsweise diese Missachtung der parlamentarischen Arbeit an sich. Der springende Punkt ist nämlich meiner Meinung nach der, ob Sie es selber entscheiden, also die Mitglieder dieser Regierung, ob etwas mit einem Minister-, Ministerinnenamt, Staatssekretär-, Staatssekretärinnenamt verein­bar ist oder ob das Aufgabe des Unvereinbarkeitsausschusses ist, das zu entscheiden. Ich denke, es ist Aufgabe des Ausschusses, das zu entscheiden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Um jedoch diese Entscheidung treffen zu können, muss zunächst einmal alles ge­meldet werden. Und diese Ausrede, die wir jetzt immer wieder hören und auch heute wieder von Herrn Minister Grasser gehört haben, dass ohnehin alles in Ordnung wäre, weil doch durch die Nachmeldungen ersichtlich würde, dass keine Unvereinbarkeit vorliegt, gilt einfach nicht. Es wäre nämlich genau dasselbe, wenn ein Autofahrer, wenn er in eine Verkehrskontrolle gerät, auf die Frage, ob er etwas getrunken hat, mit Nein antwortet, obwohl das gar nicht stimmt, weil er ohnehin der Meinung ist, keine 0,5 Promille erreicht zu haben.

Ich sehe in diesem Fall eine Drei-Stufen-Verfehlung Minister Grassers, und zwar nur in diesem Fall, denn es gibt ja mehrere Fälle, wie wir heute bereits mehrfach gehört haben.

Erste Verfehlung: die Nichtmeldung der Aktien unmittelbar nach Amtsantritt nach der letzten Nationalratswahl. Aber vielleicht gehörten Sie ja auch zu den Vertretern und Vertreterinnen der Regierung, die der Meinung waren, dass der Fragebogen, den sie erhalten haben, zu kompliziert wäre. Ich möchte Ihnen die einschlägige Frage dazu vorlesen. Hier steht: „Steht ein Unternehmen in Ihrem Eigentum, oder sind Sie Eigen­tümer von Anteilsrechten an einer Gesellschaft oder sonstiger Anteilsrechte an einem Unternehmen?“ Und dann gilt es nur, Ja oder Nein anzukreuzen. Ich frage mich wirk­lich, was daran kompliziert ist.

Frau Ministerin Rauch-Kallat hat ja relativ blauäugig zugegeben, dass sie nicht wusste, dass es sich bei Anteilsrechten unter anderem um Aktien handelt. Ich frage mich allerdings, wenn sie das nicht weiß, ob Frau Ministerin Rauch-Kallat wusste, als sie dem Verkauf der Voest zugestimmt hat, was sie da verkauft hat. Wusste sie und wussten auch die anderen Regierungsmitglieder, was ihr Regierungsbeschluss zu diesem Thema aussagte?

Zweite Verfehlung: das Abschieben der Schuld auf die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Finanzministerium – heute wieder gehört – und auch auf die Berater. Ich denke: Warum so viel Geld für Beratungen ausgeben, wenn die Beratung dann ohnehin falsch ist? Gänzlich abzulehnen ist aber, dass Sie Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die


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Schuld geben, so wie Sie das heute wieder getan haben. Zuerst nehmen Sie die Arbeit dieser Beamten und Beamtinnen nicht ernst oder Sie nehmen sie nicht an, lagern die Arbeiten aus, und jetzt denunzieren Sie sie, dass Sie falsch beraten wurden. Das ist wirklich ein starkes Stück, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ.)

Dritter Punkt: die Grasser’schen Grundrechnungsarten oder: „Der Minister nimmt es mit den Kommastellen nicht ganz so ernst!“ oder: „Was scheren mich ein paar Nullen?“ Zur Erinnerung: Zuerst hatten wir den kleinen Irrtum mit der Anzahl von Nullen; 0,015 statt 0,000015 bei der Angabe bezüglich Ihrer YLine-Aktien. Aber das ist wohl kein Wunder, wenn man den ganzen Tag mit so vielen Nullen zu tun hat, dann spielt nämlich die eine oder andere Null keine Rolle mehr. Aber auch die Addition bezie­hungsweise die Multiplikation Ihrer Aktien läuft nicht problemlos, hat sie doch einen satten Wertunterschied von 51 568,36 € ergeben zwischen dem, was Sie der APA angegeben haben und was tatsächlich herauskommt, wenn man es berechnet.

Im Übrigen: Das sind über 700 000 S. Aber was soll es! „Was kostet die Welt?“ ist Ihre Devise. Apropos Umrechnung: 1 € sind 13,7603 S. Herr Minister, ich konnte dem dieswöchigen „profil“ entnehmen, dass Sie bei einem Vortrag vor einer Schulklasse bei der „GEWINN“-Messe mit den Kommastellen Schwierigkeiten hatten, womit wir wieder beim Thema wären.

Ja, das ist eine lange Liste von Verfehlungen, die dazukommen, und ich denke, Herr Minister, es handelt sich dabei nicht um Kavaliersdelikte, es sind keine kleinlichen österreichischen Streitereien, wie Sie bei einem Finanzministertreffen angegeben haben. Ich meine, Sie sollten auch nicht so handeln, wie Sie es erst am Sonntag wieder im Radio gesagt haben: Wenn man etwas ausgefressen hat, versucht man zu bezirzen. – Nein, Herr Minister, es geht um mehr: Erlösen Sie uns endlich und vor allem die Bevölkerung, halten Sie uns und die Bevölkerung nicht länger am Schmäh und ziehen Sie endlich die Konsequenzen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Jaro­lim. Redezeit: 5 Minuten. Restredezeit der SPÖ: 3 Minuten! – Bitte.

 


16.55

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Es ist ein desaströses Bild, das sich hier heute im Laufe dieser Debatte geboten hat bezüglich des Verständnisses, wie man mit den Geschicken des Staates umgeht.

Herr Präsident Khol! Ich darf vielleicht zu Beginn appellieren: Bei allem Verständnis für die Schwierigkeiten, die Sie vielleicht mit der unparteilicher Waltung Ihres Amtes hier im Haus haben, aber ich darf Sie doch ersuchen, und zwar wirklich im Interesse des Gesamten, wenn Sie den Vorsitz führen und wenn es sich um massive, offenbar parteipolitische Auseinandersetzungen handelt, zu versuchen, doch wenigstens ein Quäntchen Objektivität walten zu lassen, denn das, was wir heute hier erlebt haben, war, und das muss ich sagen, wirklich skandalös. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Ich könnte Ihnen ebenso wie Herrn Abgeordneten Puswald für diese Kritik an der Vorsitzführung einen Ordnungsruf ertei­len. Das tue ich nicht. Ich halte mich hier an das Vorbild von Heinz Fischer, der seinerzeit bei ähnlichen Kritiken von Seiten der Freiheitlichen die Dinge ebenfalls sehr ruhig hingenommen hat.


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Ich sage Ihnen nur, dass so, wie ich heute die Geschäftsordnung interpretiert habe und wie die Gestaltung der Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung war, die von der Präsidialkonferenz geübte übliche Praxis ist.

Sie sind am Wort und bekommen 1 Minute Redezeit mehr. (Abg. Mag. Posch: Da sind Sie aber gut beraten!)

 


Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. Ich darf Sie ersuchen, das wirklich nicht in erster Linie nur als Kritik aufzufassen, sondern es ist, meine ich, ein Appell, weil es nicht so sein sollte, dass wir uns derartige Debatten in der Form in Zukunft leisten. Es ist hauptsächlich ein Appell. Ich denke auch, die Dinge sind zu wertvoll und zu wichtig, als dass wir sie hier jetzt mit einem kleinen Sidestep erledigen könnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist ein desaströses Gesamtbild. Herr Bundesminister! Wenn Sie sich heute als junges, sympathisches Talent darstellen, so mag das dahin­gestellt bleiben. Es gibt sicherlich viele Personen, die sagen, er ist jung, er ist sym­pathisch, aber das ist hier nicht der Punkt. Es geht darum, mit welcher Sachkom­petenz, mit welcher Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit Sie Ihr Amt ausüben. Sie sagen, man lässt den Wettbewerb der Ideen nicht zu, sodass sich die Sachkompetenzen wirklich aneinander messen könnten.

Ich darf Ihnen entgegenhalten: Wir haben hier letzte Woche völlig klare Beweise vor­gelegt, die Sie selbst provoziert haben, indem Sie zur Überprüfung – und das muss man sich ja wirklich auf der Zunge zergehen lassen – der Richtigkeit Ihres Vorgehens – Sie hatten bekanntlich das Problem mit diesem Verein „New Economy“, der mit 175 000 € dotiert eine Homepage mit durchaus berührenden Szenen aus dem Leben des Herrn Finanzministers erstellt hat – eine Kommission unter Leitung des Herrn Staats­sekretärs Finz eingesetzt haben. Diese Kommission hat nun ein Ergebnis geliefert, meine Damen und Herren, das Österreich, das die Beamten des Finanz­ministeriums international zum Gespött macht.

Herr Staatssekretär, es ist beschämend! Entweder sind Sie dazu gezwungen worden, oder Sie lassen offensichtlich wirklich jegliche Kompetenz vermissen. In beiden Fällen wür­de ich meinen, dass es sich gut machen würde, wenn Sie gemeinsam mit dem Finanzminister Ihren Rücktritt anbieten würden, weil das für dieses Land unzumutbar ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Staatssekretär! Sie haben sich in Ihrem Bericht dazu verstiegen, zu sagen, es gibt internationale Experten, Steuerrechtsexperten in Deutschland, die meinen, es gebe keine Schenkungssteuer, und daher wäre entgegen allen anderen Gepflogenheiten in diesem Land in diesem Fall keine Schenkungssteuer bezahlt worden.

Ich darf Ihnen einmal vorlesen, was die Experten, die Sie zitieren, auf einen Brief hin, den wir an diese Experten gerichtet haben, weil wir nicht glauben konnten, dass es wirklich so sein kann, dass das deren Sachkompetenz ist, geantwortet haben. Wir haben die Antwort von Dieter Gebel, das ist der Vizepräsident des Finanzgerichtes und Herausgeber einer der großen deutschen Schenkungssteuerkommentare.

Er sagt hier eindeutig: In dem dargestellten Fall „kommt danach eine steuerbare Zu­wendung auf beiden Ebenen“ – nämlich sowohl beim Verein als auch bei der Indus­triellenvereinigung – „in Betracht. Zu den von Prof. Dr. Doralt angesprochenen Preis­ver­leihungen verweise ich“ zum Kommentar. – Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie hier gesagt haben!

Es gibt auch eine weitere Stellungnahme von Dr. Dorazil. Er ist der Guru zum Steuerrecht in Österreich, und er sagt: „Ich teile darin die Meinungen Professor Doralts


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und Dr. Fellners“ – die Sie missdeutend auch noch als Ihre Meinung dargestellt ha­ben – „in deren kritischer Stellungnahme zur Presseerklärung ...“

Es gibt auch noch eine Stellungnahme von Kapp, Ebeling & Partner. Herr Ebeling ist ebenfalls einer der großen Herausgeber von Kommentaren zu Schenkungen. Er sagt – das muss man auf der Zunge zergehen lassen –: „Die bisher von der österreichischen Finanzverwaltung vertretene Auffassung würde geradezu zu missbräuchlichen Gestal­tun­gen herausfordern, wenn eine Vielzahl von Personen (zum Beispiel politische An­hän­ger) einen Kandidaten über die gesetzlich geregelten Spenden hinaus steuerfrei fördern will.“ – Wollen Sie es noch klarer haben? (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Sie haben gesagt, dass Sie Sachkompetenz wollen, Herr Minister! Sie haben gesagt, dass die Ideen hier in einen Wettbewerb treten sollen! Sie haben gesagt, Herr Staatssekretär, dass diese Personen die Rechtsstellung des Fi­nanz­ministers und Ihres Modells als richtig bewiesen hätten! – Wir lesen hier Dinge, die eindeutig sind. Wir lesen hier Dinge, die in jedem anderen Land logischerweise dazu führen würden, was wir alle von Ihnen und vom Minister erwarten, nämlich Ihren Rücktritt! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.02

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die restliche Redezeit der grünen Fraktion beträgt 5 Minuten, und auf 5 Minuten stelle ich daher die Uhr. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.02

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Amon! Bei allem Verständnis dafür, dass Entlastungsoffensiven durch eine Regierungspartei manchmal notwendig sind, möchte ich Sie um Folgendes bitten: Erklären Sie uns doch den Sinn Ihrer Entlastungsoffensive!

Sie werden doch nicht allen Ernstes behaupten wollen, dass es sich bei dem Versuch unserer Seite, die Vorwürfe gegen den Finanzminister hier dokumentieren und untersuchen zu lassen, um ein Ablenkungsmanöver davon handelt, dass der eigentli­che Vorfall im Zusammenhang mit Herrn Matznetter, den Sie in einer kruden Argumen­tation zu beweisen versucht haben, schon vor Jahren stattgefunden hat!

Ihrer Argumentation folgend ist der Finanzminister mit seinen wissentlichen oder un­wis­sentlichen Ablenkungsversuchen, indem er eine entweder private oder öffentliche Homepage einrichtet, indem er Gelder von der Industriellenvereinigung nimmt und sie nicht versteuert und indem er sich zahlreicher anderer Verstöße wissentlich oder un­wissentlich schuldig gemacht hat, offenbar ein Komplize des Herrn Matznetter! (Zwi­schenruf des Abg. Amon.) Wissen Sie, wohin Sie sich verstiegen haben? Wissen Sie das wirklich, Herr Kollege Amon? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amon.) – Macht nichts, Herr Kollege Amon! Macht nichts! Beim nächsten Mal wird es besser! (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Folgendes hätte ich gerne noch gewusst: Herr Finanzminister, Sie haben uns heute erklärt, dass das Treffen zwischen Grasser, Winkler und Böhm, so wie es in der Zeit­schrift „profil“ beschrieben wurde, nicht stattgefunden hat. Sie haben das erklärt und so getan, als ob Sie schon vorher dementiert hätten, dass dieses Treffen stattgefunden hat. – Meines Wissens haben Sie das nicht dementiert!

Mein Kollege Kogler hat Sie darauf hingewiesen, dass Sie schon einmal ein Treffen dementiert haben, nämlich das mit Herrn Bischoff am 23. April 2002. Heute erklären Sie, dass Sie nie ein Treffen mit Herrn Bischoff, dem EADS-Aufsichtsratsvorsitzenden,


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dementiert haben. – Ich lese Ihnen jetzt vor, was Sie in Beantwortung der Dringlichen Anfrage am 17. Juni 2003 wörtlich gesagt haben:

„Ich habe den Herrn Aufsichtsratsvorsitzenden Bischoff in Sachen Abfangjäger das erste Mal im Juni 2001 getroffen, das zweite Mal im März 2003.“

Damit haben Sie das Treffen vom 23. April 2002, das Sie später zugeben mussten, wis­sentlich verschwiegen! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser.) Herr Finanzminister, Sie können mir doch nicht erklären, dass Sie sich zwischendrin mit Herrn Bischoff, dem EADS-Aufsichtsratsvorsitzenden, getroffen und über Ihre Auto­vorlieben gesprochen haben! Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein, Herr Finanz­minister! (Beifall bei den Grünen.)

Ich hätte gerne gewusst, um das in aller Klarheit – die der Sozialminister sonst immer einfordert – von Ihnen noch einmal zu hören: Hat es ein Treffen oder irgendeine Absprache zwischen Grasser, Winkler und Böhm gegeben? Hat es von Seiten Ihrer Ihnen unterstellten Mitarbeiter Versuche gegeben, mit der Zeitschrift „profil“ Kontakt aufzunehmen, um ein derartiges Treffen zu vermitteln: ja oder nein? – Das sind Fra­gen, die Sie beantworten sollten!

Letzter Punkt: Wissen Sie, Herr Bundesminister, was mich an Ihrer heutigen Stellung­nahme sehr stark irritiert hat? – Dass Sie nämlich irgendwann einmal, als es um § 3 beziehungsweise § 3a des Unvereinbarkeitsgesetzes ging, davon gesprochen haben, dass Beteiligungen unter 25 Prozent eine nicht diskriminierende Wirkung haben. Das bezieht sich auf den § 3, ich merke dazu aber an, dass wir hier nicht über § 3, sondern über § 3a diskutieren! Sie kommen mit einer Rechtfertigung zu § 3 und sprechen im Zu­sammenhang mit § 3, der tatsächlich Beteiligungen über 25 Prozent an sehr strenge Sanktionen koppelt, im Hinblick auf Beteiligungen unter 25 Prozent von einer nicht diskriminierenden Wirkung diese Gesetzes. – Das heißt, Sie meinen, dass das Gesetz, Beteiligungen von Ministern diskriminiert, wenn sie über 25 Prozent gehen. (Bundes­minister Mag. Grasser: Das stimmt nicht!) Herr Bundesminister, ich halte diese Bestimmung noch für viel zu milde!

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Diese Bestimmung ist meines Erachtens noch viel zu milde, weil sie tatsächlich nicht vor diesen Unvereinbarkeiten, die uns immer wieder zu schaffen machen, schützt. Dass Sie aber hier § 3 und § 3a ver­wechseln und dann noch von Diskriminierung und Nichtdiskriminierung sprechen, das ist ein starkes Stück! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.08

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haubner. Ge­wünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.08

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Jetzt haben wir das ganze „tolle“ Programm an Anschuldigungen von der SPÖ und den Grünen gehört. – Ich habe hier eine APA-Meldung in Händen, in der es unter dem Titel „Unvereinbarkeit: SPÖ-Landesrat meldet nachträglich Aktienbesitz“ (ironische Heiter­keit und Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen) unter anderem heißt:

Nachdem die SPÖ in den vergangenen Tagen den ungemeldeten Aktienbesitz von Re­gie­rungs­mitgliedern heftig kritisiert hatte, meldete jetzt ein SPÖ-Landesregierungs­mitglied aus Salzburg seinen Aktienbesitz nach.“ (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Na geh!)


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Weiter heißt es in dieser Meldung: „Der Unvereinbarkeitsausschuss des Salzburger Landtags beschäftigte sich heute, Mittwoch, mit einer Meldung von Landesrat Othmar Raus ... Im Zuge dieser Diskussion sei er draufgekommen, dass von ihm die Meldung fehle, was er sofort nachgeholt habe. Er habe das einfach vergessen.“ (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Wie werden Ihre Spitzen in Wien und Salz­burg und etwa Frau Burgstaller damit umgehen? Was fordern Sie für Salzburg und Herrn Landesrat Raus? Wir warten auf Ihre Antwort! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.09

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich diese Debatte.

Anträge wurden keine gestellt.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 711/AB

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun als Nächstes zu der Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit der Ordnungszahl 711/AB. Die erwähnte ... (Lebhafte Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Ich setze fort: Die erwähnte Anfragebeantwortung ist verteilt worden, sodass sich de­ren Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

In der Debatte, die jetzt zu führen sein wird, kann jede Fraktion einen Redner mit einer Redezeit von 5 Minuten nominieren. Der Erstredner und Begründer erhält 10 Minuten Redezeit. Ein Regierungsmitglied, das Stellung nehmen will, soll ebenfalls eine Re­dezeit von 10 Minuten nicht überschreiten.

Als Begründerin gelangt Frau Abgeordnete Beate Schasching zu Wort. Redezeit, wie gerade gesagt, 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.10

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! 55 Prozent aller Eltern wünschen es sich für ihr Kind und nur 5,8 Prozent aller Kinder haben es tatsächlich, nämlich einen Platz in einer Ganztagsschule.

Sehr geehrte Damen und Herren! Um das herauszufinden, habe ich schon vor einigen Monaten eine Anfrage an die Frau Bundesministerin Gehrer gerichtet, welche genau dieses Thema zum Inhalt hatte, und ich habe am 10. September eine Anfrage­beant­wortung erhalten, die meiner Meinung nach mehr als unzureichend und voller Lücken war.

Sehr geehrte Damen und Herren! Damit wurde mir und uns als Fraktion einmal mehr gesagt, dass die Frau Bundesministerin Gehrer die Verantwortung für die Pflicht­schu­len ablehnt. Sie lehnt es ab, diesbezüglich genaue Zahlen und Fakten auf den Tisch zu legen, denn sie liefert zwar eine Beantwortung für den Bereich des Bundes, verweigert uns aber in diesem Zusammenhang jede genaue Zahl.

Frau Bundesministerin! Das ist meiner Auffassung nach eine Verweigerung von Bil­dungs­verantwortung, und das weise ich wirklich aufs Schärfste zurück! (Beifall bei der SPÖ.)


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Für mich ist allerdings die Tatsache besonders verwunderlich, dass 14 Tage später, nämlich am 24. September, wir alle gemeinsam, also auch wir von Seiten der SPÖ, eine Entschließung eingebracht und dieser geschlossen zugestimmt haben, die zum Inhalt hatte, dass – und das möchte ich jetzt vorlesen – der Nationalrat die Ankün­digung der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur begrüßt, bis zum Jahr 2006 das freiwillige Nachmittagsangebot für Schüler um 10 000 Betreuungsplätze zu erweitern, und ersucht, möglichst rasch eine österreichweite Bedarfserhebung für schulische Nachmittagsbetreuung durchzuführen. (Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Wir nähern uns wieder je­nem Geräuschpegel, der am Beginn der Sitzung zu einer Ermahnung geführt hat. Ich bitte Sie um ein bisschen Konzentration!

Am Wort ist die Rednerin! – Bitte, Frau Kollegin. (Weitere Rufe und Gegenrufe zwi­schen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Am Wort ist Frau Abgeordnete Schasching!

 


Abgeordnete Beate Schasching (fortsetzend): Danke Herr Präsident. – Was mich in diesem Zusammenhang ganz besonders erstaunt, das ist der Umstand, dass jetzt plötzlich eine Bedarfserhebung betreffend 10 000 Plätze für die Nachmittagsbetreuung in den Schulen durchgeführt wird. Wir stimmen dem zu beziehungsweise haben dem zugestimmt! Ich frage mich allerdings, wer diese Bedarfserhebung jetzt durchführen soll. Die Frau Bundesministerin hat sich nämlich vor 14 Tagen geweigert, eine aus­sage­kräftige Zahl zu nennen, beziehungsweise gesagt, dass sie nicht kompetent sei, uns hier Auskunft zu geben.

Frau Bundesministerin! Bitte schön, wer soll denn das machen? Wie lange wissen Sie denn schon, dass in diesem Bereich ein Bedarf besteht? Ist es nicht schon seit langem allerhöchste Zeit, in diesem Bereich tätig zu werden? Es ist nämlich von uns nicht erst vorgestern erfunden worden, dass in diesem Bereich Bedarf gegeben ist. Ganz im Gegenteil! Wie lange wollen wir da überhaupt noch zuschauen? Wie lange wollen Sie überhaupt noch zuschauen, bis wir diesem Bedarf an Nachmittagsbetreuungsplätzen in Schulen und, so wie wir meinen, ganztägig geführten Schulen in Österreich endlich entsprechen können?

Frau Bundesministerin! Ich frage Sie daher: Was ist in der ÖVP mit dieser Debatte los? In der steirischen ÖVP konnten wir nämlich in der letzten Zeit sehr wohl sehr vernünftig und, wie ich meine, auch ideologiefrei debattieren. Ich bin auch sehr froh über die Debatten mit dem Landesgeschäftsführer der steirischen ÖVP Dr. Andreas Schnider, der sehr vernünftig und klar sagte, dass ein pädagogisches Grundkonzept ausgear­bei­tet werden müsse, welches genau festlegt, wie Kinder in der Schule den ganzen Tag optimal betreut werden.

Frau Bundesministerin! Bitte beenden Sie einmal das Chaos innerhalb der ÖVP in Sachen Debatte um die Schule! Setzen Sie sich, bitte, mit diesen vernünftigen Men­schen zusammen, damit wir gemeinsam zu dem Entschluss kommen können, diesem positiven Konzept der ganztägigen Schule – und zwar der Ganztagsschule mit einem pädagogischen Grundkonzept – zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bestehe darauf, dass diese Form der Schule, die wir uns als Sozialdemokraten wirklich schon seit langer Zeit vorstellen und sehr wünschen, auch ideologiefrei geführt wird. Es geht nämlich in diesem Zusammenhang um die Qualität von Bildung und Ausbildung. Es geht darum, dass wir auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen, insbesondere auf die Bedürfnisse der Kinder, die den ganzen Tag in der Schule verbringen sollen und auch wollen, aber auch auf die Bedürfnisse der berufstätigen


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Eltern und vieler alleinerziehender Mütter, die ihre Kinder am Nachmittag sicher und gut betreut wissen wollen. (Abg. Dr. Fekter: Die Zwangstagsschule!) Frau Kollegin, reden Sie mit den Kollegen in der ÖPV in der Steiermark! Diese haben nämlich schon gesagt, dass es ein alter Zopf der ÖVP ist, dazu immer „Zwangstagsschule“ zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Wir wünschen uns, dass es endlich eine konzeptive Arbeit im Bildungsministerium im Sinne der Menschen und vor allem im Sinne der Kinder gibt und nicht nur immer der Sparstift angesetzt wird. Wir wollen die pädagogische Qualität sichern, was eine Abkehr von den kleinen Bildungseinheiten in 50-Minuten-Portionen und eine Hinwendung zu projektorientiertem, über den Tag verteiltem Lernen bedeutet, Kinder sollen gefördert und gestützt werden. Die Lehrer sollen sich mit Kindern beschäftigen, die besondere Bedürfnisse, aber auch besondere Talente haben. Das soll über den ganzen Tag gehen, und das funktioniert wunderbar!

Wenn Lehrer mit Kindern einen ganzen Tag arbeiten können, dann entsteht auch ein wesentlich positiveres Lernklima, in welchem soziale Kompetenz, Teamfähigkeit, De­mokratiebewusstsein und Demokratiefähigkeit geschult, erlernt und erarbeitet werden kann. Auf diese Weise wird ein Klima geschaffen, das sowohl zum Nutzen der Kinder als auch zum Nutzen der Lehrer und somit sehr wohl zum Nutzen unserer Gesellschaft ist, Frau Bundesministerin! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich spreche hier aber auch als Mutter von Pflichtschulkindern, die sich sehr wohl auch Gedanken darüber machen muss, wie ihre Kinder am Nachmittag betreut werden können. Ich würde mir wünschen, dass meine Kinder die Chance hätten, in einer Ganztagsschule den ganzen Tag mit pädagogisch geschultem Personal zu verbringen und alle Ressourcen einer Schule zu nutzen. Es sollten dies optimal eingerichtete Schulen mit Zugang zu Computern, zur Schulbibliothek, zu einem ausgebauten Turn­saal und allen Freizeiteinrichtungen sein, die man sich nur wünschen kann, in welchen die Kinder den Tag gemeinsam mit ihren Freunden verbringen können. Das ergibt näm­lich ein wunderbares soziales Umfeld und positive Lernerfolge.

Unser Familienleben am Abend wäre schulbelastungsfrei, denn die Kinder hätten dann die Schule in der Schule gelassen und das Familienleben könnte am Abend statt­finden. Es muss dann nicht noch nachgearbeitet, erarbeitet und erklärt werden, denn die Lehrer haben diese Arbeit ja in der Schule positiv erledigt. Das wäre der Wunsch einer Mutter und vieler, vieler Eltern, denn das wünschen sich, wie wir wissen, 55 Pro­zent.

Frau Bundesministerin! In Anbetracht dessen meine ich, dass es an der Zeit ist, diese Chancengleichheit in Österreich herzustellen! Wohlhabende Eltern haben schon immer gewusst, dass sie, wenn sie ihre Kinder in Privatschulen schicken, die den ganzen Tag offen haben, den Kindern einen sehr guten Start in das Leben ermöglichen, weil dort alle Ressourcen für sie kaufbar sind. Ich möchte, dass diese Art von Schule für alle österreichischen Kinder möglich ist und dass sich das alle leisten können, denn unsere Kinder sind uns das wert! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher möchte ich Sie alle dazu auffordern, unseren Anträgen, die wir diesbezüglich einbringen, zuzustimmen! Wir wünschen uns den Ausbau von Ganztagsschulen in den nächsten zehn Jahren auf mindestens 100 000 Plätze.

Wir sind nicht so zukunftsgläubig, dass wir meinen, es wären gleich 100 Prozent mög­lich, aber ich wünsche mir, dass 50 Prozent aller Schulen als Ganztagsschulen geführt werden. Das würde sowohl die Wahlfreiheit sicherstellen, die Sie ja immer fordern, und gleichzeitig allen österreichischen Kindern die gleichen Chancen geben. Stimmen Sie diesen Anträgen zu und entziehen Sie sich nicht noch länger der Verantwortung für


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das gesamte Bildungssystem, Frau Bundesministerin! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

17.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Gehrer zur Abgabe einer Stellungnahme, die nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung 10 Minuten nicht überschreiten soll. – Bitte, Frau Ministerin.

 


17.20

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident, Hohes Haus! Ich stelle erstens fest, dass wir die Anfragen nach unserem Wissensstand gewissenhaft beantwortet haben. Wir haben die tatsächlichen Zahlen der Bundesschulen und haben die Länder dann gebeten, uns nach Schulanfang et­waige Zahlen dazu zu nennen, wie es bei ihnen jetzt ausschaut. Das Datenmaterial wird aber bedeutend größer werden, wenn es das Bildungsdokumentationsgesetz gibt, und ich werde sehr froh sein, wenn ich dann auf Grund dieses Gesetzes auch alle Daten aller Pflichtschulen aus allen Bundesländern zur Verfügung habe.

Zweitens: Ich finde es eigenartig, dass Sie sich in der SPÖ-Fraktion nicht daran erin­nern, dass Sie vor einigen Jahren ein sehr fortschrittliches Gesetz beschlossen haben. Darin steht:

„Ganztägige Schulformen sind in einen Unterrichtsteil und einen Betreuungsteil geglie­dert. Diese können in getrennter oder verschränkter Abfolge geführt werden. Für die Führung einer Klasse mit verschränkter Abfolge des Unterrichts- und des Betreuungs­teiles ist erforderlich, dass alle Schüler einer Klasse am Betreuungsteil während der ganzen Woche angemeldet sind sowie dass die Erziehungsberechtigten von mindes­tens zwei Dritteln der betroffenen Schüler und mindestens zwei Drittel der betroffenen Lehrer zustimmen.“

Das heißt: Wir haben die gesetzliche Grundlage, dass mit Beschluss durch Eltern und Lehrer die Ganztagsschule, wie Sie es sich wünschen, eingeführt werden kann. Sie kann an jedem Ort in dieser Art und Weise umgesetzt werden.

Des Weiteren heißt es in diesem Gesetz:

„Bei getrennter Abfolge dürfen die Schüler für den Betreuungsteil in klassenüber­greifenden Gruppen zusammengefasst werden; der Betreuungsteil darf auch an einzel­nen Nachmittagen der Woche in Anspruch genommen werden.

Die Festlegung der Standorte öffentlicher ganztägiger Schulformen erfolgt unter Be­dacht­nahme auf den Bedarf durch die Schulbehörde erster Instanz.“ – Zitatende.

Das heißt: Es ist die gesetzliche Grundlage für jede Variation von Nachmittags­ange­boten gegeben. Es kann an jedem Standort gemacht werden, und es braucht keine zen­trale Verordnung von oben, die bestimmt, in jener Stadt und an jenem Ort müsse es gemacht werden. (Abg. Schieder: Wenn zwei Drittel dafür sind!) – Ich glaube, es ist wichtig, dass die Eltern mehrheitlich dafür sind, wenn man die ganze Klasse dazu verpflichte, den ganzen Tag in der Schule zu bleiben. (Abg. Schieder: Das ist mehr als die Mehrheit!) – Das Gesetz haben Sie beschlossen! (Abg. Schieder: Ja, aber es ist mehr als die Mehrheit!)

Ich sage ihnen: Es gibt Eltern, die wollen das nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.) Es gibt Eltern, die wollen, dass ihre Kinder in den Sport­club oder in die Musikschule gehen, und es gibt auch Eltern, die den Kindern am Nach­mittag Ressourcen zur Verfügung stellen, damit die Kinder in einem Bereich in ihrem Grätzl aufgehoben sind, wo sie auch Freunde haben. Es gibt Eltern, die wollen nicht,


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dass ihre Kinder den ganzen Tag in der Schule sind. (Abg. Dr. Jarolim: Sie wollen das nicht verstehen!)

Ich sage ganz deutlich: Die Frage der Betreuung und der Angebote für die Kinder ist keine ideologische Frage, sondern eine Frage der Notwendigkeit. Kinder brauchen unsere liebevolle Fürsorge, unsere Liebe und unsere Betreuung. Entweder ist das Elternhaus dazu imstande, ihnen das zu geben, oder es muss, wenn das nicht möglich ist, dem Bedarf entsprechend das Angebot vor Ort geschaffen werden. Dafür setze ich mich ein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es gibt für Kinder im Volksschulalter zahlreiche verschiedene Modelle. Es gibt die Mög­lichkeit, dass die Kinder in einer Tagesbetreuung der Gemeinde untergebracht sind. Es gibt die Möglichkeit der Tagesmutter. Es gibt auch die Möglichkeit, an der Schule Ganztagsbetreuung anzubieten. Wir werden für den Pflichtschulbereich sehr genau erheben, wo derzeit die Angebote stehen, und ich werde in den Gemeinden, in den Kommunen alle ermuntern und die Herren Bürgermeister bitten, zu fragen, ob wir ein neues oder zusätzliches Angebot brauchen. Ich garantiere, dass ich die dafür vorge­sehenen Ressourcen für die zusätzlichen Angebote zur Verfügung stellen werde.

Wenn es bis 2006 etwa 10 000 Plätze mehr sind, werden es ungefähr 9 Millionen € an zusätzlichen Ressourcen vom Bund aus sein, die wir zur Verfügung stellen werden. Ich meine, es ist gut und richtig, dass Länder, Gemeinden und der Bund gemeinsam den Bedarf vor Ort erheben. Der Bund stellt die Ressourcen, die im Gesetz vorgesehen sind, zur Verfügung, die Gemeinde organisiert das Mittagessen und zusätzliche Be­treu­ungsmöglichkeiten, und die Eltern leisten dafür einen Beitrag, der in sozialen Fällen auch nach unten gestaffelt werden kann.

Meine Damen und Herren! Mir ist es ganz wichtig, zu sagen: Das Wohl der Kinder ist unser wichtigstes Anliegen! Die Betreuungsangebote, die notwendig sind, sollen ge­schaffen werden. Dafür werde ich die Ressourcen zur Verfügung stellen. Wir wollen den Eltern aber die Wahlfreiheit lassen, ob sie am Nachmittag in der schulfreien Zeit ihre Kinder selber betreuen wollen oder ob sie ein Angebot dafür in Anspruch nehmen wollen.

Ich halte nichts von der Auffassung, dass Schule und Elternhaus vollkommen getrennt sein müssen, ich halte nichts vom schulfreien Elternhaus. Ich meine, Schulpartner müssen gemeinsam dafür sorgen, dass die Kinder die beste Betreuung haben, und Eltern, Schule, Gemeinde und Öffentlichkeit müssen diese Angebote miteinander schaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.26

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Abgeordnete Dr. Bri­nek. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.26

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! (Abg. Lentsch – in Richtung von Vizekanzler Gor­bach –: „Herr Vizekanzler!“ – Sie ist es noch nicht gewohnt! – Vizekanzler Gorbach: Ich auch nicht!) Das Interesse bei der die Anfrage stellenden Partei ist gering. Ich füge ein paar Ergänzungen dem hinzu, was Sie, liebe Frau Bundesministerin, gesagt haben, und betone, dass für die ÖVP die Nachmittagsbetreuung kein ideologisches Thema ist.

Es geht um die Wahlmöglichkeit, die die Eltern haben sollten, und es geht um die Wahlmöglichkeit, die auch Schülerinnen und Schüler und vor allem Lehrerinnen und Lehrer haben sollten. (Zwischenruf der Abg. Mag. Lunacek.) Das Schulorganisa­tions­gesetz bietet die beste Basis dafür.


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Ich möchte auch noch in Erinnerung rufen, dass neben den angekündigten vermehrten Nachmittagsbetreuungsstellen – angekündigt durch die Frau Bundesministerin, unter­stützt durch einen Entschließungsantrag hier im Parlament ... (Abg. Dr. Jarolim: Aber nur angekündigt! Das ist das Problem!) – Nein, Sie haben nicht zugehört, Herr Ja­rolim! Sie haben wieder einmal nicht aufgepasst. Es werden 10 000 Betreuungs­plät­ze geschaffen, und es wird jetzt schon in den höheren Schulen – zum Beispiel in den AHS – in mehr als der Hälfte der Gymnasien eine Nachmittagsbetreuung angeboten.

Wogegen ich aber ganz sicher auftrete, ist die Hypothese, dass einzig und allein in einer Ganztagsschule pädagogische Qualität angeboten werde. Das stimmt nicht! Diese Behauptung ist unhaltbar. Das ist zwar eine Form, in welcher man Qualität an­bieten kann, aber auch die verschränkte Form, wie sie die Tagesheimschule bietet, kann zu höchster pädagogischer Qualität führen. Machen Sie also nicht eine Schulform schlecht, wenn es nicht gerechtfertigt ist! (Beifall bei der ÖVP.)

Ihre Hypothese stimmt also nicht!

Was auch noch wichtig ist: In verschiedenen Zeiten und Regionen haben Kinder und Eltern unterschiedliche Bedürfnisse. Was etwa für ein Kinderbetreuungsangebot in Nie­derösterreich, beispielsweise in Frauendorf an der Schmida, passt, muss nicht für Kin­der und Eltern in Wien/Favoriten passen.

Übrigens habe ich gehört, dass in Neulengbach bei den Kindern von Frau Kollegin Schasching die Verhältnisse besonders gut sind: 70 Millionen Schilling wurden in der letzten Zeit in Turnsaal, Schule und Kindergarten investiert. Ich glaube, dass das ein herzeigbarer Weg und ein gutes Modell ist.

Ich gehe davon aus, dass wir in Zukunft sehr viel Phantasie in die Nachmittags­be­treuung werden investieren müssen (Abg. Dr. Jarolim: Wenn Sie sie haben! Das ist das Problem!) und dass in Kooperation mit den örtlichen Vereinen und mit den Verbänden unter Nutzung freier Raum- und Personalressourcen – etwa in den Kin­dergärten, in den Musikheimen und so weiter – Kinderbetreuungs-Einrichtungszentren oder -Cluster, wie immer Sie es nennen, geschaffen werden.

Ich bin sicher, dass die Bürgermeister, die Gemeinden, die Landesschulräte volle Akti­vität entwickeln werden, weil sie Interesse daran haben, dass junge Familien mit ihren Kindern in den Gemeinden bleiben und nicht weggehen, damit das Leben in den Ge­meinden nicht verarmt.

Worauf ich noch eingehen möchte, das ist der Hinweis der Kollegin Schasching, dass ein positives Lernklima gefordert sei. Dazu darf ich sagen: Ja, das fordern wir auch, aber das muss eben nicht nur in den ganztägigen Schulformen gewährleistet sein, sondern auch in einer zum Beispiel die Aggression stark reduzierenden Form des Wechsels von Schule beziehungsweise Lehrpersonen am Vormittag und freizeit­päda­gogischer Betreuung am Nachmittag. Also auch da lässt sich die These, das Lernklima sei nur in ganztägigen Schulformen gut, nicht aufrecht erhalten.

Ich gehe davon aus, dass wir in Zukunft, wenn es um das praktische Gelingen geht, gemeinsam an einem Strang ziehen werden. Die Frau Bundesministerin hat es gesagt, und es ist Ziel dieser Bundesregierung, die Erwerbstätigkeit von Frauen zu steigern. Das heißt: Es sind kindgerechte Betreuungsnagebote zu schaffen, und es ist gleich­zeitig das Recht auf Teilzeit bis zum Eintritt der Kinder in die Schule zu fordern.

Da braucht es auch eine neue Kultur der Kooperation in den Betrieben. Es kann nicht heißen, man erwartet vom jeweils anderen Partner, dass er ein kinder- und familien­gerechtes Modell der Arbeitszeit hinlegt und sich zum Beispiel alle Teilzeitbeschäftigen wünschen, nur am Vormittag zu arbeiten.


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Das wird es nicht geben, sondern es ist auch eine neue Kultur der Arbeit und der Or­ganisation von Arbeit nötig, etwa dass man nicht mehr durchgehend am Arbeitsplatz anwesend sein muss. Da sind wir alle miteinander gefordert, um ein Gesamtpaket für Erwerbstätigkeit, Familienglück und Nachmittagsbetreuung auf pädagogisch hohem Niveau zu erreichen.

Noch ein kleines Aperçu für den Herrn Kollegen Jan Krainer, weil er zum beim letzten Tagesordnungspunkt gesagt hat, es stimme nicht, dass in Wien die Kinderbetreu­ungs­gebühren am höchsten wären. – Ich zitiere aus ÖSTAT, Mikrozensus 2002 (Abg. Krai­ner: Soziale Staffelung!): „In Wien ist die Betreuung mit durchschnittlich 150 € pro Monat am teuersten.“ – Die Betreuung mit Mittagessen kostet in Wien im Schnitt 184 €, dann folgt Tirol, dann die Steiermark, dann Kärnten, und ganz zuletzt folgt dann Vorarlberg. (Abg. Dr. Jarolim: Es handelt sich um eine soziale Staffelung!) – Soziale Staffelung gibt es auch in anderen Ländern. Ich zitiere ÖSTAT, also das ist keine in irgendwelchen Kaderschmieden erzeugte Unterlage, sondern ... (Abg. Dr. Jarolim: Das ist Missbrauch von Datenmaterial! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glocken­zeichen.) Das ist kein Missbrauch, sondern das Resümee aus der Bearbeitung aller zur Verfügung stehenden Faktoren und Fakten. Ich wünschte mir auch, dass in Wien das letzte Kindergartenjahr kostenlos ist, denn ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

 


Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (fortsetzend): ... Integration muss sein, und Nach­mittagsbetreuung wird verbessert werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Freiheitlichen.)

17.31

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwie­ser. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.32

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Geschätzte Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Herr Bundes... Herr Vizekanzler – Entschuldigung! (Abg. Brosz: Das kann morgen schon wieder anders sein! – Heiterkeit.) Ich möchte mich zunächst doch mit Ihrer Anfragebeantwortung beschäftigen. Man zitiert ja eine Ministerin nicht leichtfertig hier ins Hohe Haus, sondern wirklich nur dann, wenn eine Anfragebeantwortung absolut ungenügend ist.

Frau Bundesministerin! Sie halten uns vor, wir würden reine Behauptungen ohne sachlichen Hintergrund in unsere Anfrage hineinschreiben, etwa PISA stelle keine Grundlage für Systemvergleiche dar; wir würden daraus Schlüsse ziehen, die unzu­lässig sind. – Das einmal zum Ersten.

Ich hätte alle PISA-Studien mitnehmen können, habe hier aber nur die letzte, die Sie selbst zitieren. Das Inhaltsverzeichnis würde Ihnen schon sagen: Diese PISA-Studie ist voll von Systemvergleichen! Das ist ja der Sinn dieser PISA-Studie: nicht nur die Qua­lität und den Stand in den einzelnen Ländern festzustellen, sondern auch zu fragen, warum das so ist und was die Gründe sind. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich darf einen Satz zitieren – jeder nimmt sich wahrscheinlich seine Seite heraus –:

„In Ländern wie Belgien, Deutschland, den Niederlanden und Österreich unterstützt das Schulsystem mit seiner starken Gliederung in verschiedene Bildungsgänge den so­zialen Segregationseffekt.“ – „Unterstützt“ klingt positiv, in Wirklichkeit ist damit aber gemeint, dass unser Schulsystem mit der starken Gliederung verstärkt, dass die so­ziale Herkunft für die Kinder nach wie vor wesentlich ist. Das ist etwas, was wir im Sinne von Chancengleichheit für alle Kinder abbauen müssen. Diese Systemvergleiche


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müssen wir ziehen, und auch die Konsequenzen daraus. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) 

Zum Zweiten: Sie sagen, Frau Bundesministerin, die Pflichtschulen stünden nicht in Ihrer Kompetenz. – Ich habe mir gedacht, ich lese nicht recht! Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur ist oberste Schulaufsichtsbehörde. Die Landes­schulräte, die Bezirksschulräte sind Ihre Behörden, und Sie sind dafür verantwortlich, bis hinein in die Volksschulen. Sie zahlen ja auch die ganztägigen Formen, die Lehrer, die am Nachmittag unterrichten. Sie geben von Ihrem Budget das Geld aus, sagen aber, es gehe Sie nichts an, Sie wüssten nicht, wie viel das ist und für wie viele Personen? – Da kann man nur sagen: Das ist ja nicht zu fassen! (Abg. Dr. Jarolim: Unglaublich ist das!)

Wieso ist es möglich, dass das Unterrichtsministerium eine Menge Geld ausgibt, aber nicht weiß, wohin und für welche Schulen und zu welchem Zweck? – Das ist eine schlechte Führung eines Ressorts, als etwas anderes kann man das nicht bezeichnen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Nürnberger: Das ist blöd, wenn die Bil­dungsministerin nichts weiß!)

Jetzt noch einmal zur Frage Ganztagsschule und ganztägige Betreuung: Sie haben als ehrgeiziges Ziel erwähnt – und da haben Sie unsere volle Unterstützung, denn ich glaube, dem kann sich niemand in diesem Haus verwehren! –, unser Schulsystem zu einem der besten zu machen. Das will jedes Land, und das ist eine Verpflichtung ge­genüber der Zukunft und gegenüber der Jugend.

Dann müssen wir aber doch einfach sehen, dass der Vorteil – und zwar der päda­gogische Vorteil hinsichtlich der Qualität des Unterrichts – eines ganztägigen Schul­systems nicht darin besteht, dass man einfach sagt, man hängt am Nachmittag mehr Betreuungsteile dran, sondern darin, dass man in einem pädagogisch sinnvollen Ablauf Unterrichtsteile verschieden gliedern, Freizeitteile einbauen und für die Kinder eine Schule als Lebens-, Lern- und Erfahrungsraum gestalten kann. Das macht dann die Qualität einer neuen Schule aus, für die wir eintreten und in Bezug auf die wir uns ver­ständigen sollten.

Ich teile Ihre Meinung, die Sie im letzten Absatz äußern, dass man bedarfsgerecht vor­gehen muss, dass man mit den Leuten reden muss, aber wir müssen auch Über­zeugungsarbeit für das leisten, von dem wir wissen, dass es das beste Schulsystem, das Beste für unsere Kinder wäre.

Frau Bundesministerin! Sie haben bei dieser Zukunftskommission den Titel von Hart­mut von Hentigs Buch „Die Schule neu denken“ verwendet. Es ist ein guter Titel, sie sollten aber auch noch den Satz dazunehmen, den Hartmut von Hentig genau zu diesen PISA-Studien schreibt: „Unter den Maßnahmen, auf die sich die Kultusminister geeinigt haben ...“ – auf Grund von PISA – „... ist darum sicher die Vermehrung von Ganztagsschulen die wichtigste.“ – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.36

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des das Rednerpult verlas­senden Abg. Dr. Niederwieser –: Du hast es wieder ins richtige Licht gerückt! – Abg. Dr. Brinek: Wir haben unseren Hentig selbst gelesen! – Abg. Dr. Jarolim: Das glaube ich nicht! – Abg. Dr. Brinek: Früher als Sie!)

 


17.37

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Bundesministerin! Vorweg, Herr Kollege Niederwieser: Ich glaube, das Beste für unse­re Kinder ist sicher nicht die verpflichtende Ganztagsschule! (Abg. Dr. Jarolim: Ich


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glaube, Sie kennen sich nicht aus!) Es gibt jedoch sicher noch Gelegenheit, das aus­giebig miteinander zu diskutieren.

Wir Freiheitliche sagen aber ganz klar (Abg. Parnigoni: Ganz klar? – Abg. Dr. Kräu­ter: In aller Klarheit!): Wir stehen zu einer freiwilligen Ganztagsbetreuung, und das ist schon ein wesentlicher Unterschied dazu, auch zu wollen, dass die Kinder ganztags zwangsunterrichtet werden, dass sie um 7 Uhr oder halb 7 Uhr Früh außer Haus gehen und um 19 Uhr nach Hause kommen – und das von Montag bis Freitag oder von Mon­tag bis Samstag. Ist das das Österreich, ist das die Zukunft für unsere Kinder, die auch Sie sich vorstellen? – Ich kann es mir nicht vorstellen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Sburny: Wissen Sie, was Ganztagsschule ist?)

Wir stehen aber dazu, dass selbstverständlich die Angebote vorhanden sein müssen, und deshalb gab es auch den Entschließungsantrag, dass bis 2006 weitere 10 000 Plätze dafür verfügbar sein werden.

Jetzt geht es natürlich um die Frage, wie das finanzierbar ist, und ich sage auch, es muss leistbar sein. – Da bin ich ganz Ihrer Meinung: Wenn eine Nachmittagsbetreuung 185 € im Monat kostet, dann ist das vielfach nicht leistbar. Deshalb sollten wir uns Gedanken darüber machen – und zwar rasch! –, wie man eine Ganztagsbetreuung sicherstellen kann, die letzten Endes auch leistbar ist. Das ist ja der Punkt: Letztlich dreht es sich dann ums Geld.

Frau Bundesministerin, Sie beziehen sich auf das Schulorganisationsgesetz. – Das müssen wir noch ausdiskutieren. Ich meine auch, es ist zu wenig, und es ist ein Schritt, der so nicht zustande kommen wird. Ich bin wirklich pessimistisch, dass sich Lehrer, Eltern und der Schulgemeinschaftsausschuss auf eine Ganztagsbetreuung einigen – vielleicht in einigen Fällen, aber in vielen Fällen nicht. Um diese 10 000 weiteren Plätze sicherstellen zu können, werden wir neue Wege beschreiten müssen.

Ich weiß schon, das steht nicht im Regierungsübereinkommen, aber es hat uns die Zeit schneller eingeholt, als wir geglaubt haben. Das geht uns wohl allen so. Es war erkennbar, dass in diese Richtung etwas passieren muss, aber es hat keiner richtig eingeschätzt, wie rasant uns dieses Thema eigentlich einholen würde, nämlich auch auf Grund einer veränderten Arbeitswelt. Auch die Arbeitswelt hat sich dermaßen rasant verändert und mittlerweile durchaus auch das Bewusstsein der Eltern, die ihre Kinder nicht mehr alleine daheim vor dem Fernseher sitzen lassen wollen.

Wenn man sich die heutige „Kronen Zeitung“ ansieht, so kann man darin lesen: „Kin­der-Sprache wird schlechter“. Da ist schon etwas dran. Die Kinder kommen von der Schule nach Hause, sitzen am Nachmittag, vielfach alleine, zwei bis drei Stunden vor dem Fernseher. Die Nachbarin schaut vielleicht vorbei. Wir kennen alle diese Fälle. Das ist ein Problem.

Dass die Kinder dann vielfach keinen grammatikalisch richtigen Satz mehr sprechen können, das ist auch ein Problem. Sie sprechen teilweise bereits abgekürzt die Fern­seh­sprache. Von jenen, die im Lehrunterricht tätig sind – mir geht es als Bildungs­sprecherin so; ich bin jetzt mit vielen Lehrern unterwegs, fast wie in meiner Schulzeit, oft die einzige Nichtlehrerin, aber das macht diese Position umso interessanter –, höre ich immer wieder, was ich auch von meinen Kindern, vor allem von der Jüngeren, gehört habe. Etwa den Satz: Kann ich ein Joghurt? Statt: Kann ich bitte ein Joghurt haben? Kann ich ein Joghurt? Kann ich eine Schokolade? Sie werden das kennen. Das ist so eine gängige Redewendung unter Kindern. Sie kriegen das Prädikat nicht rüber. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es muss eine gemeinsame Bemühung beziehungsweise Anstrengung sein, doch über die Änderung des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes nachzudenken, vor allem da­rü-


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ber, den Topf C neu zu definieren. Wir werden ihn neu definieren müssen. Ich glaube, dass das der einzige Ansatz sein wird, und das wird uns auch gelingen.

Wir sind da in guter Gesellschaft, seit gestern nämlich, seit der Klausur der CSU in Deutschland. Auch Edmund Stoiber wird in Zukunft die Lehrer an zwei Tagen pro Woche nach der Mittagspause zu Förderunterricht und Kinderbetreuung verpflichten. Bayern und Österreich haben oft schon eine gemeinsame Vorgangsweise gewählt, wir haben eine ähnliche Mentalität. Wir befinden uns also durchaus in guter Gesellschaft.

Ich bin mir sicher, dass es uns, werte Frau Bundesminister, in konstruktiven Gesprä­chen gelingen wird, eine gemeinsame Lösung zu finden, damit wir diese 10 000 Plätze bis 2006 schaffen können. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

17.42

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. Redezeit: 5 Minuten.

Kollege Jarolim hat jetzt, glaube ich, sein Zwischenrufkontingent bis 18 Uhr ausge­schöpft. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Sehr charmant war das!) – Bitte, Kollege Brosz.

 


17.43

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Die Anfra­gebeantwortung enthält einige interessante Vermerke. Der erste, den ich gefun­den habe, ist, dass Sie behaupten, die Diskussionsteilnehmer im Unterrichtsaus­schuss, und dort auch die Experten, hätten behauptet, dass Fragen der Organisation keinen Einfluss haben. Ich möchte Sie nur an Herrn Dr. Haider – also wieder einer; da gibt es schon mehrere, aber das ist der von der PISA-Studie – erinnern. Der hat, glaube ich, sinngemäß Folgendes gesagt: Wenn man sich die Organisation ansieht, dass Sechsjährige über fünf Stunden in Blöcken mit fünf Minuten Pause, wenn über­haupt, in der Klasse sitzen, dann muss man sagen: Angesichts dieser Lernorganisation muss man sich eigentlich aufs Hirn greifen! – Das ist wohl eine andere Aussage als die, die Sie hier in Ihrer Anfragebeantwortung tätigen.

Punkt zwei ist etwas, was ich schon nicht mehr hören kann, und zwar verweisen Sie, Frau Bundesministerin, wenn Sie die PisA-Studie zitieren, darauf, dass es in Öster­reich zwischen dem familiären Wohlstand und der Schülerleistung wenig Zusam­men­hang gäbe. Da kann ich Ihnen nur empfehlen, sich Seite 238 der PisA-Studie anzu­sehen. Ich versuche, noch einmal zu erklären, was man hier darzustellen versucht hat, abgesehen von dem Zitat:

„Österreich und Deutschland sind Länder, in denen vom durchschnittlichen wirtschaft­lichen, sozialen und kulturellen Status der Schulen ein erheblicher Einfluss auf die Schülerleistungen ausgeht.“ – Das ist einmal eine ziemlich eindeutige Aussage.

Da gibt es das Beispiel eines fiktiven Schülers in Österreich. Zwei Wege werden dar­gestellt. Das eine Beispiel: Wir haben zwei Schüler, die aus der gleichen sozialen Schicht kommen. Durchschnitt. Der eine Schüler geht in eine Schule in einem sozial wohl situierten Umfeld, im höchsten Viertel, der andere Schüler geht in eine Schule im untersten Viertel, also bei 25 Prozent. Gleiches soziales Umfeld. Der Unterschied bei dieser Schulstruktur bewirkt, dass ein Leistungsunterschied von 59 Punkten zu er­warten ist, das sind eineinhalb Leistungskategorien.

Das andere Beispiel: Wir haben zwei Schüler, die aus einer, sozial gewichtet, sehr un­terschiedlichen Lage kommen. Die gehen in die gleiche Schule, und da gibt es kaum einen Unterschied.


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Was heißt denn das? – Überlegen wir uns einmal: Welche Schüler gehen denn in wohl situierte Schulen und welche in weniger wohl situierte Schulen? Genau das Bild ist es: Das hängt von der Wohngegend ab. Das hängt davon ab, wo man hineinkommt. Der Punkt ist: Das ist drastisch in Österreich. Aber Sie weigern sich seit Jahren, das irgendwie wahrzunehmen und nehmen dann noch ein Zitat – das im Übrigen auch noch logisch ist; das ist nämlich die Folge davon –: Es kommt darauf an, in welche Schulen man geht. Davon hängt die Chance ab. Es ist dann weniger wichtig, ob ich aus einer besonders guten familiären Situation komme oder nicht, sondern es ist wichtig, in welche Schule ich komme. Das prägt in Österreich.

Schauen Sie Skandinavien an. Da sagt Ihnen Dr. Schleicher, Sie können in Finnland Ihr Kind in jede Schule schicken, die Bildungschancen werden gleich sein. Das ist es, wohin wir wollen. Wir wollen nicht, dass die sozialen Verhältnisse dermaßen aus­schlag­gebend sind, was die Schulen betrifft, wie das in Österreich nach wie vor der Fall ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nächster Punkt: Ganztagsschulen. Da gibt es durchaus ein bisschen eine Differenz zur SPÖ. Ich meine, ich verstehe den pragmatischen Ansatz. Mit dieser Bildungsministerin wird der Wechsel in ein Ganztagsschulsystem schwer möglich sein. So weit ver­ständigen wir uns schon.

Kollegin Rossmann redet etwas von einer Unterrichtszeit von 7 bis 19 Uhr, und dann darf man dazwischen irgendetwas machen. Das erinnert mehr an ein Gefängnis mit Freigehzeiten, wenn man 15 Stunden am Tag für die Schule unterwegs ist. Das hat mit einem Ganztagsschulmodell, wie wir es verstehen, eigentlich nicht wirklich etwas zu tun. Der Punkt ist ja, dass es darum geht, nicht nur zu betreuen, sondern päda­gogische Reformen durchzusetzen.

Das habe ich nach wie vor nicht verstanden, wie das in Ihrem Modell aussehen soll. Der eine Teil bleibt bis zu Mittag in der Schule – da ändert sich überhaupt nichts; nach wie vor gibt es da 50-Minuten-Blöcke, ohne jeden Zusammenhang –, dann gibt es einen Teil, der bleibt in der Schule. Dort gibt es offenbar keinen Fernseher, deswegen geht es den Schülern besser, wie Kollegin Rossmann gemeint hat. Der andere Teil geht also heim zum Fernsehen.

Das ist nicht das, wovon wir reden. Wir reden davon, dass es über den Tag verteilt an­dere Unterrichtsmöglichkeiten geben soll. Wir reden im Übrigen davon, dass damit Erholungsphasen, Lernphasen, Projektunterricht, also all das, was man in Skandi­na­vien ja schon sehen kann, wenn man in Schulen hineingeht, auch in Österreich er­möglicht wird.

Wenn Sie dann die Wahlmöglichkeit anführen, dann sage ich Ihnen nur eines – und das ist auch unsere Differenz zur SPÖ –: Wenn das Modell verwirklicht würde, 50 Pro­zent Ganztagsschulen, 50 Prozent bleiben so, wie es jetzt ist, dann ist meine Befürch­tung, dass die soziale Schere um einiges auseinander gehen würde. Wenn man das als Zwischenschritt versteht und sagt: Okay, es geht momentan nicht anders!, dann können wir uns da schon verständigen, aber das darf nicht der Endpunkt sein. Wenn es darum geht, ein sozial gerechtes Schulsystem zustande zu bringen, dann muss diese pädagogische Möglichkeit – der Förderunterricht, die sozialen Verhältnisse – für alle Schülerinnen und Schüler gelten, weil wahrscheinlich klar ist, dass Ganztags­schulen in erster Linie wieder oder stärker – sagen wir einmal so – von Kindern in An­spruch genommen werden, die aus einer sozial höheren Schicht kommen. Das Phä­nomen kennen wir, vor allem wenn es dabei auch um Bezahlung geht.


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Daher ist das als Zwischenschritt okay, als Zielvorstellung, glaube ich, dass ein Ganz­tagsschulsystem, das auf die soziale Segregation verzichtet, der Weg der Zukunft ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.48

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Es haben alle vier Fraktionen zu diesem Thema Stel­lung genommen. Daher schließe ich die Debatte.

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kehren zurück zur Tagesordnung, und zwar zu den Punkten 3 und 4 betreffend Rechnungshof.

Am Wort vor Beginn der Dringlichen Anfrage war Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Er kommt daher zum Wort, um seine Rede fortzusetzen. Die restliche freiwillige Redezeit beträgt 5 Minuten. „Freiwillig“ betone ich.

 


17.49

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist jetzt eine ein bisschen unglückliche Situation, da der Präsident des Rech­nungs­hofes und auch zumindest einmal zuständige Staatssekretäre nicht anwesend sind, aber ich glaube, ich könnte mich ja zunächst – sozusagen zum Aufwärmen – ein biss­chen mit der FPÖ beschäftigen.

Ich habe Ihnen vorhin im ersten Teil meiner Rede ein unglaubliches Inserat darge­bo­ten, in dem sich im Zusammenhang mit der Unfallrentenbesteuerung Haupt und Haub­ner auf Steuerzahlerkosten loben lassen, dass sie da irgendetwas gemacht hätten; meine Kollegin Lapp wird auf diesen Fall noch eingehen.

Aber was hat die FPÖ, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, in der letzten Zeit sonst noch beworben: Sickel? Schmid? Forstinger? Man findet es ungeheuerlich, wenn man sich – ganz aktuell – vor Augen führt, dass Forstinger, die Exministerin, das blaue Urgestein, in der ÖBB wieder zusteigt und da mitfährt und kassiert. Oder Reich­hold?

Meine Damen und Herren! Sie haben auf jeden Fall einen wirklich klaren – ich sage das in aller Klarheit – Beweis erbracht, dass Sie über kein regierungsfähiges Personal verfügen. Was Sie heute hier als „Regierung neu“ vorgegaukelt haben, ist an Lächer­lichkeit nicht zu überbieten, das ist nur mehr ein jämmerliches Schauspiel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Rechnungshof kritisiert in seinem Be­richt III-29 der Beilagen die Werbeausgaben insgesamt und fordert einen Reform ein. Ich bin überzeugt, es wird dem Herrn Rechnungshofpräsidenten Fiedler bestellt wer­den, dass er sich zu diesem Thema äußern möge. Die FPÖ hat – Frau Bleckmann war es, glaube ich – am 21. Juni gesagt: Selbstverständlich, okay, das machen wir, so wie das Fiedler will! – was von solchen Ankündigungen zu halten ist, das ist bekannt –, und die ÖVP – es ist gut, dass immerhin Sie da sind, sehr geehrte Frau Ministerin – hat ge­sagt: Daran haben wir kein Interesse!

Also was die Regierungswerbung betrifft, da kann Präsident Fiedler sagen, was immer er will, das interessiert sie nicht. Die Regierung hat sich sogar zu der Äußerung ver­stiegen: Wir machen das ohnehin so, wie es der Rechnungshof will! – Das geschieht trotz der Kritik des Rechnungshofes und der Forderung nach einer Reform. Ich meine: Das ist auch ein unglaublicher Vorgang!

Die Forderungen der SPÖ, meine Damen und Herren ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Kräuter, eine Sekunde!


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Ich möchte mich nur auf diesem Weg vergewissern, dass die Parlamentsdirektion den Herrn Präsidenten des Rechnungshofes verständigt hat, dass die Debatte jetzt wei­tergeht. Ich habe das nicht überprüft. Wenn das nicht erfolgt ist, bitte ich, das zu tun.

Bitte, Herr Abgeordneter, setzen Sie fort!

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Ich kann Ihnen die Forderungen der SPÖ präsentieren, meine Damen und Herren. Selbst­ver­ständlich sind die Empfehlungen des Rechnungshofes umzusetzen, und es sind Richt­linien vorzulegen, wie Regierungswerbung auszuschauen hat. Überhaupt meine ich, unter Inseraten sollte generell stehen: Das bezahlt der Steuerzahler, die Steuerzahlerin der Republik Österreich!, und nicht irgendetwas anderes. Dann werden Sie sich so manches Inserat noch gut überlegen.

Meine Damen und Herren! Ich beobachte Inserate natürlich generell (Abg. Mag. Mol­terer: Welche?), um Sie möglichst oft zu erwischen und Ihnen dann auf die Finger klopfen zu können (Abg. Mag. Molterer: Welche? Bestellte Inserate?), und da sehe ich ein Inserat „KHG“. Der Minister, Herr Molterer, hat sich am Sonntag noch so gefreut über die Marke „KHG“ und darüber, dass er Anstecker und Autogrammkarten hat. Da sehe ich „KHG“ (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe), aber, ein bisschen schockiert, sehe ich auf einmal eine Ratte. (Abg. Mag. Molterer: Wieso schockiert, Kräuter? Das ist Ihr Job!) „KHG“, „Direktanlage“, „Wertpapieranleger“.

Meine Damen und Herren! Ich finde, das gehört sich eigentlich nicht, dass man mit der Marke „KHG“ und einer Ratte Werbung für Wertpapiere und Aktien macht. Ich lehne das ab! Aber nachdenken sollten Sie schon darüber, meine Damen und Herren von der ÖVP!

Was muss passiert sein, wenn sich Werbestrategen hinsetzen und sagen: KHG, Ratte und Aktien, das wäre eigentlich ganz gut für ein aktuelles Inserat! Wie muss es da um die Reputation und um die Glaubwürdigkeit eines Finanzministers bestellt sein, wenn solche Inserate geschaltet werden? Herr Molterer, schauen Sie sich das in aller Ruhe an! (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Ich glaube, tiefer geht es nicht Frau Kollegin. Ich lehne das zutiefst ab!

Ist eine negative Steigerung möglich? – Ich fürchte ja, meine Damen und Herren. Staatssekretär Finz liebäugelt nämlich mit dem Amt des Rechnungshofpräsidenten. (Staatssekretär Dr. Finz: Das ist ungeheuerlich!) Er sagt jetzt, das sei ungeheuerlich. Ich weiß aus vielen Quellen, dass das der Republik Österreich droht. Aber, meine Da­men und Herren, ein Rechnungshofpräsident, für den es im Zusammenhang mit der Steuercausa Grasser schallendes Gelächter unter den Journalisten in Österreich ge­geben hat, ist undenkbar.

Meine Damen und Herren! Ich fordere Sie auf – alle Fraktionen; das gilt für die ÖVP, für die FPÖ und auch für die Grünen –, heute hier ganz klar Stellung zu beziehen, dass so etwas nicht möglich ist. Das muss heute ausgeschlossen werden, und es wäre sehr hilfreich, Herr Staatssekretär Finz, wenn auch Sie selbst das tun würden, denn das kann nicht sein, nämlich, dass sich die Regierung hier ein Jahr später mit dem eigenen Personal zu kontrollieren beginnt. Sollten Sie das nicht tun und sich hier nicht ganz klar dazu äußern, meine Damen und Herren, dann steuern Sie einem neuen demo­kratie­politischen Abgrund entgegen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.54

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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17.54

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Rechnungshofpräsident Fied­ler ist momentan nicht anwesend, aber ich darf ihm von dieser Stelle aus im Namen der ÖVP-Fraktion – wir hatten in der letzten Zeit eine intensive Ausschusstätigkeit – für die konstruktive, offene, faire, aber auch kritische Zusammenarbeit danken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Im Bundesministeriengesetz 1986 ist geregelt, wie die einzelnen Ministerien ihre Infor­mations- und Öffentlichkeitsarbeit durchzuführen haben, doch es bleibt dabei offen, in welcher Form und in welcher Vielfalt und Aufmachung dies dezidiert und konkret ge­macht werden sollte.

Ich habe Kollegen Kräuter heute zugehört und stellte fest, dass er, wenn er das Wort „Werbung“ und das Wort „Öffentlichkeit“ definieren muss, selbst unsicher ist und nicht weiß, was in welche Kategorie einzustufen ist. Der Rechnungshof hat hierzu einige An­regungen gemacht, das stimmt, aber wir müssen uns in der politischen Arbeit auch die Grundsatzfrage stellen: Wie viel Öffentlichkeit braucht es, da doch unsere Bürger heute von Werbung und Information überhäuft werden? Da ist es oft schwierig, subjektive Wahrnehmungen mit objektiven Notwendigkeiten zu vergleichen.

Der Rechnungshof hat im Wahrnehmungsbericht III-29 der Beilagen die ausgewählten Werbemaßnahmen des Bundesministeriums für Sicherheit und Generationen des Jahres 2000 und 2001 geprüft und dabei in Kurzform folgende Mängel aufgezeigt: Es gibt derzeit fehlende Richtlinien, welche die Öffentlichkeitsarbeit regeln und koor­dinie­ren. Es gab eine Aufsplitterung in sieben Sektionen und eine Abteilung. Es gibt – zuge­gebenermaßen – eine mangelnde Deklaration, und es gab eine ungleiche Verteilung des Werbebudgets. Es wurden 56 Prozent des Anteils des Werbebudgets für Kärnten und für die Steiermark eingesetzt, welche nur 22 Prozent der Bevölkerung reflektieren. Also der Aufteilungsschlüssel ist auch ein Maß, welches vom Rechnungshof aufgezeigt wurde.

Meine Damen und Herren! Im Jahre 2000 wurden 0,56 Millionen € eingesetzt, im Jah­re 2001 waren es 2,45 Millionen €. Dies ist damit begründet, dass es eine Info­kam­pagne zum Kinderbetreuungsgeld gegeben hat. Dies ist der Hauptanteil dessen, was hier für Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben wurde. Ich behaupte, dass diese Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit sehr wohl berechtigt ist. Sie ist eine Investition in die Zukunft. Das Kinderbetreuungsgeld ist ein Meilenstein, und es ist ja wichtig, dass auch positive Dinge, welche von dieser Regierung umgesetzt werden, nach außen getragen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Kinderbetreuungsgeld wurde vor dessen Einführung massiv kritisiert. Niemand könnte es heute verantworten, es abzuschaffen oder zu kürzen. Nein, wir haben den Auftrag, die Familien und gerade die Kinder noch stärker zu fördern. Diesbezüglich sind wir uns in der Zwischenzeit – das geht aus einigen Wortspenden hervor, die ich heute vernommen habe – ja wohl einig, und ich habe gehört, dass das Kinder­betreu­ungsgeld nach Ansicht der SPÖ sogar angehoben werden sollte. Also es spricht alles dafür.

Mir sei es aber auch erlaubt, hier einen Gegensatz zu bringen und die Frage zustellen: Was ist, wenn die Gewerkschaft um das Geld ihrer Mitglieder – welches ich nicht ver­antworten muss – ganze Zeitungen mit Werbeanzeigen besetzt, Abgeordnete in Zei­tungs­anzeigen persönlich angreift, Plakate abdrucken lässt und Werbeanzeigen schal­tet? Ist das alles normal? Wie viel ist gerade gut genug? Ich glaube, das derzeitige Bud­get für Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit ist nicht in der Lage, den Anzeigen­kam­pagnen der Gewerkschaft noch irgendwie entgegenzutreten.


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Der Rechnungshof hat also geprüft, er hat analysiert und hat Verbesserungsvorschläge gemacht. Es gibt vier konkrete Vorschläge, welche von uns durchaus begrüßt werden, welche ernst genommen werden, welche dazu beitragen, die Effizienz zu verbessern. (Abg. Mag. Gaßner: Das ist seine Aufgabe!) Ja, der Rechnungshof hat seine Aufgabe, er soll kritisieren, er soll anregen, er macht Vorschläge, und wir werden uns auch be­mühen, diese umzusetzen.

Die Info- und Werbemaßnahmen sollten zentral gesteuert werden. Das heißt, wir soll­ten Synergien nutzen, das heißt, es sollten alle Ministerien gemeinsam Maßnahmen setzen. Es kann aber auch sein, dass darunter die Flexibilität und die Aktualität der Werbung und der Öffentlichkeitsarbeit leiden.

Als zweite Empfehlung wurde klar festgestellt, dass Werbemaßnahmen besser und deutlicher deklariert und gekennzeichnet werden müssen. Diesen Auftrag sollten wir erfüllen.

Die dritte Maßnahme ist die Gleichmäßigkeit der Verteilung der Mittel auf die Bun­des­länder.

Die vierte Maßnahme: Es soll generelle Richtlinien für alle Info- und Werbemaßnah­men geben. Und der Rechnungshof wünscht sich hier, dass die Informations- und Werbemaßnahmen koordiniert und damit zweckmäßiger durchgeführt werden.

Fazit aus diesem Rechnungshofbericht ist, dass wir Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit für politische Themen brauchen, um unsere Botschaft auch an den Bürger zu bringen. Fazit ist auch, dass der Rechnungshof seine Vorschläge klar dargestellt hat und wir den Auftrag haben, hier Verbesserungen vorzunehmen. Mir ist jedoch lieber, wenn Geld in Öffentlichkeitsarbeit und Werbung und in Positivkampagnen gesteckt wird als in Zinsen für alte Schulden. Unsere Politik wird es uns auch in Zukunft erlauben, für gute Arbeit Werbung und Öffentlichkeitsarbeit zu machen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

18.01

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kogler. – Bitte.

 


18.01

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Im Wesentlichen wollte ich auch auf die von meinem Vorredner angeschnittenen Bereiche eingehen – der Herr Präsident, dessen Zusammenarbeit mit uns schon gelobt wurde, ist ja leider noch nicht da – und dann auch auf die Frage der Werbemaßnahmen seitens der Regierenden – ich füge gleich hinzu: seitens der jeweils Regierenden; da kann man ja ruhig so darü­ber reden – und noch kurz auf einen weiteren Bereich.

Aber zum Ersten ist es, glaube ich, schon bemerkenswert und soll zumindest einmal für das Protokoll festgehalten werden, was sich neulich in den Beratungen im Rech­nungshofausschuss zugetragen hat.

Ich erwähne noch einmal – und auch für den Präsidenten des Rechnungshofes, wenn Sie so wollen –, dass wir es dort erleben mussten, dass eine massive Kritik des Rech­nungshofes an Vorgängen im Bereich des Finanzministeriums dadurch hätte entkräftet werden sollen, dass ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben wurde – aber nicht nur ein so genanntes Gutachten an die typischen Gutachtensabnehmer des Herrn Finanz­ministers, sondern es hat sich herausgestellt, dass das eigentlich ein Auftragswerk zur unmittelbaren Gegenäußerung war. Das heißt, der Gutachter hat ein schönes Deck­blatt geschrieben, auf dem er schreibt: Vereinbarungsgemäß liefern wir Ihnen, nämlich dem Finanzministerium, die Gegenäußerung zu Bericht ... – und so weiter –, und zwar im Speziellen zu 8.1. des Rechnungshofberichtes – und so weiter – bis 13-irgendwas des Rechnungshofberichtes.


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Meine Damen und Herren! Da hört sich ja der Spaß, denke ich, wirklich auf! Noch einmal: Ein Gutachter bekommt einen Auftrag, um irgendjemanden zu begutachten, der dann in einem Ausschreibeverfahren bestellt werden soll, das noch dazu nicht lupenrein war – und das ist noch eine vorsichtige Formulierung, denn der Rech­nungshof hat diesen Ausschreibevorgang in Grund und Boden geschrieben. Und um diese Kritik zu widerlegen, wird ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben – wieder auf Kosten der Steuerzahler!

Das gehört abgestellt! Ich darf den Herrn Präsidenten des Rechnungshofes – sinn­gemäß zumindest – zitieren, der zumindest zu dem Zeitpunkt, als der Herr Finanz­minister neben mir mit diesem so genannten Gutachten gewachelt hat, nicht einmal Kenntnis davon hatte und der auf diese Vorgangsweise hin gemeint hat, dass das ja nur dazu führen kann, dass man, wenn diese Vorgangsweise goutiert werden würde, sinnvollerweise den Rechnungshof abschafft, denn – und jetzt wörtlich – das käme immerhin billiger. – Also das muss dem Plenum gesagt werden, das kann nicht un­gesagt bleiben, und wir werden uns das im Ausschuss – und ich habe da eigentlich Unterstützung von allen Fraktionen verspürt, muss ich sagen – nicht gefallen lassen!

Herr Staatssekretär, der Sie ja auch hohe Verdienste im Rechnungshof hatten und jetzt eben im Finanzministerium sind, bitte nehmen Sie diese Botschaft mit, beherzigen Sie das dort, denn sonst werden wir hier herinnen noch viele Wickel haben!

Zur Sache selbst: Die Werbemaßnahmen der Regierung gehören, so wie sie auch hier ins Auge springen, in den Bereich der klassischen Kontrolltätigkeit. Ich will mich jetzt gar nicht lange mit der Frage aufhalten, wer da die Guten und wer die Bösen sind, aber eine Sache stellt der Rechnungshof ganz klar heraus: Um diese schwierige Frage bes­ser „handlen“ zu können, wäre es sinnvoll, Richtlinien zu erlassen.

Der Rechnungshof schlägt ja sogar ein kleines Sieben-Punkte-Programm vor – wenn ich es nur in meinen Unterlagen finden würde!; so muss ich es jetzt auswendig re­zitieren –, nämlich unter anderem den Punkt 5, wo es zum Beispiel darum geht, dass der Sachinhalt der Information vor den werbenden tritt. Das ist ohnedies an sich schon eine schwierige Frage, aber immerhin ein Ansatz. Das heißt, der Rechnungshof er­kennt, dass sehr oft der Sachinhalt überhaupt nicht Gegenstand dieser Bewerbung ist. Da stellt sich schon die Frage, ob die einzige Grundlage, die es für diese Dinge über­haupt gibt, nämlich das Bundesministeriengesetz, das ja dem Bundeskanzleramt unter anderem auch die Öffentlichkeitsarbeit, wenn man so will, der Bundesregierung im Wesentlichen anheim stellt, meinen kann, dass man in Wahrheit Parteiwerbung macht.

Wenn Sie nicht willens sind, das abzugrenzen, so wie das Bundeskanzleramt – da können Sie jetzt nichts dafür, Herr Staatssekretär – in seiner Antwort dem Rech­nungs­hof ausrichten lässt, die Befolgung oder auch nur die Herausgabe solcher Richtlinien würde die – ich zitiere wörtlich – notwendige Flexibilität gefährden, dann kann ich nur sagen: Gratuliere! Eine schöne Flexibilität, wo am Schluss der Übung stehen soll, dass man zwischen Parteiwerbung und Regierungswerbung – jedenfalls aber auf Kosten der Steuerzahler – nicht mehr unterscheiden können soll!

So geht es sicher nicht! Wie kommt der Steuerzahler, die Steuerzahlerin dazu, qua­drat­meterweise – wenn man alle über das Jahr zusammenzählt – Bilder von Köpfen der Bundesregierung in Inseraten zu bezahlen? Wozu? Da bin ich ja gestraft in Kärn­ten und in der Steiermark, weil vorher moniert worden ist, dass dort 26 Prozent oder wie viel des Anteils des Werbebudgets eingesetzt werden, obwohl nur 22 Prozent der Bevölkerung darauf entfallen! Wie kommt mein Wahlkreis dazu, dass er sich auf Steuerzahlerkosten, auf seine Kosten dauernd besonders hervorgekehrte Lichtbilder von Regierungsmitgliedern anschauen muss? (Beifall bei den Grünen.)


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Das ist auch eine Frage der spezifischen Unvereinbarkeit. Und weil wir schon in die­sem Wahlkreis sind: Ich muss sagen, in der Steiermark hat man ... (Abg. Steibl: Ich bin nur gespannt, was der Herr Anschober in Oberösterreich macht!) – Frau Kollegin Steibl, besser werden wir es natürlich machen, mit Ihrer Mithilfe – und wenn Sie sich quer legen, dann werden wir das hier auch noch zur Debatte bringen! Na selbstver­ständlich! Wenn Sie sich quer legen, werden wir das hier zur Debatte bringen! Was haben Sie denn erwartet? (Beifall bei den Grünen. – Heiterkeit des Abg. Neudeck.)

Aber kommen wir auf die Steiermark zurück, damit Sie wieder mehr Gefallen an der Sa­che finden. In der Steiermark hat ja die Regierung ähnliche Probleme gehabt, aber die sind immerhin so weit gekommen, dass sie eine Selbstbindung versucht haben. Die haben gesagt, es ist zumindest der Vorgang unstatthaft, dass auf Kosten von Steuer­geldern, nämlich jenen der SteirerInnen, die Bilder der Regierungsmitglieder mehr Platz einnehmen als der Text.

Wenigstens dazu könnte man sich hier durchringen! Ich sage nur: Es kann ja schlauere Richtlinien geben als solche, aber was ich nicht akzeptiere, ist, dass das Bundes­kanzler­amt dem nunmehr eingetroffenen Herrn Präsidenten des Rechnungshofes ausrichtet: Diese Empfehlung ist eigentlich so ziemlich „für die Fisch’“, denn dann können wir nicht mehr tun, was wir wollen. Das ist nämlich der Kern dieser Aussage, und da hört sich, wie gesagt, der Spaß auf!

Ich sage jetzt noch ein Letztes (Abg. Steibl: Gott sei Dank!), weil unsere Fraktion heute auch das Thema Forschungsförderung aufgreifen will und wird, nämlich dass wir hier nicht unbedingt in jeder Passage mit der Berichtslage des Rechnungshofes kon­form gehen. Ich füge nur – jetzt, wo der Präsident da ist – hinzu: Trotzdem danke für all die intensiven Arbeiten! Man kann ja auch einmal das eine oder andere anders sehen. Wir wollen jedenfalls die Gelegenheit nutzen, weil ja sonst sehr wenig Möglichkeit besteht – was ja bezeichnend ist –, hier im Plenum auch noch über die Forschungs- und Technologieförderung in Österreich zu sprechen. Dazu ist dieser Bericht ein guter Anlass. Auch dafür gebührt Dank! (Beifall bei den Grünen.)

18.08

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. Frei­wil­lige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.09

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident des Nationalrates! Herr Rechnungshofpräsident! Herr Staatssekretär! Es ist interessant, dass es bei den Verhandlungen im Rechnungshofausschuss immer dann sehr sachlich und konsensual vor sich geht, wenn es bei Prüfungen von irgendwelchen dem Bund gehörenden oder mehrheitlich gehörenden Gesellschaften oder von Ministerien oder anderen Organisa­tionen nicht darum geht, jemandem etwas anzuhängen. Dort, wo es in erster Linie da­rum geht, die schon in der Dringlichen angesprochene Menschenhatz weiter zu trei­ben, und das Hinausstellen einer Person im Vordergrund steht, wird es extrem un­sachlich und ist eine Prüfungszusammenarbeit sicher schwer möglich.

Daher auch mein besonderer Dank an den Rechnungshofpräsidenten und seine Mitar­beiter, die in allen Angelegenheiten in einer zwar sehr kritischen, aber gleichmäßig kritischen Weise vorgehen und dabei oft auch die Tatsache berücksichtigen, dass sie im Nachhinein prüfen und man eben ein Jahr oder ein halbes Jahr oder zwei Jahre später da oder dort gescheiter ist, als derjenige es war, der etwas ad hoc entscheiden musste oder eine Entwicklung nicht so vorausgesehen hat, wie sie sich dann vielleicht ergeben hat.


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Ich finde es nur ein bisschen unwürdig, wenn Kollege Kräuter – im Rechnungs­hofaus­schuss „Kräutler“ genannt (Abg. Mag. Lapp: Ha, ha, ha!) – jetzt fordert, dass man irgendjemanden von einer Funktion ausschließt. Ich habe nicht gewusst, ob Staats­sekretär Finz großes Interesse hat und in den Rechnungshof zurück will oder den Präsidenten beerben will, aber hier jetzt zu verlangen, dass alle Fraktionen sagen, er darf es auf keinen Fall werden, das geht zu weit. Wenn gesetzliche Rahmen­bedin­gun­gen das ermöglichen, dann wird das auch eine Möglichkeit sein. Ich möchte ihm jetzt nicht schaden, indem ich sage, er soll es werden, aber jemanden von vornherein aus­zuschließen, das wirkt schon so ein bisschen wie Sippenhaftung: Weil er im Grasser-Ministerium war, darf er irgendetwas nicht werden! – Das halte ich nicht wirklich für einen positiven Ansatz, aber es ist wahrscheinlich die Art und Weise, wie Sie ver­suchen wollen, Ihre Performance zu verbessern. Es wird Ihnen aber bei der kritischen Bevölkerung auch in dieser Art und Weise nicht gelingen.

Ich darf noch kurz zwei, drei Themen aufs Tapet bringen. Die Prüfung der Bundes­pen­sionskasse hat ergeben, dass sich dort das Eigenkapital in den letzten Jahren ver­ringert hat. Es wurde uns von den Vorständen mitgeteilt, dass diese Verringerung des Eigenkapitals darauf zurückzuführen ist, dass sie natürlich derzeit noch weniger Ein­zahlungen haben und dass sie jetzt auch Rückstellungen für die Verwaltungskosten der Auszahlung bilden müssen, weil die späteren Pensions- und Rentenempfänger mit diesen Verwaltungskosten nicht belastet werden dürfen. Inwieweit diese Regelung sinnvoll und nicht vielleicht zu überdenken ist und ob die Rücklage jetzt in der richtigen Höhe gebildet wird, könnte man sicher noch andiskutieren. Es ist uns hinsichtlich der Pensionskasse vom Vorstand auch gesagt worden, dass für das Jahr 2003 eine ausgeglichene Bilanz zu erwarten ist und für 2004 Gewinne möglich sind.

Ein interessanter Themenbereich waren noch die erhöhten Familienbeihilfen. Da hat sich ergeben, dass anscheinend – ob jetzt gewollt oder ungewollt – durch falsch aus­ge­füllte Formulare wesentlich überhöhte Beträge ausbezahlt wurden. Es wurde jetzt zugesichert, dass man erstens vermehrt Kontrollen vornehmen wird und zweitens das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen in das neue Verfahren eingeschaltet wird, um zu prüfen, ob die ärztlichen Gutachten in der vorliegenden Form glaubwürdig sind.

Ein bisschen ein Schuss ins Knie ist, glaube ich, passiert, als man die Werbungskosten der Regierungen der letzten Jahre einmal verglichen hat und dann feststellen musste, dass seitens des Bundeskanzleramts für das Jahr 2002 ein Betrag von 2,8 Millionen € für Informations- und Werbemaßnahmen ausgegeben wurde und 1998 10,3 Mil­lio­nen €. Kollege Kräuter hat heute nicht gesagt, dass das falsch sei – also es dürfte so sein –, er hat nur gesagt, da könne man nichts machen, denn es sei ja die ÖVP damals dabei gewesen. – Das haben Sie, Kollege Kräuter, heute am Beginn Ihrer Rede ge­sagt, als Sie mit diesem schönen Plakat hier gestanden sind; Sie können es ja im Protokoll nachlesen.

Ich glaube schon, dass man da sagen muss, es ist jeder immer für seinen Bereich zu­ständig, und dass man sich da nicht auf den jeweiligen Koalitionspartner ausreden kann. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

 


18.15

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Neudeck, ich glaube, es gibt in diesem Haus seit einiger Zeit Übereinstimmung darüber, dass man davon Abstand nimmt,


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Eigennamen zu verunglimpfen und sie hier so ein bisschen in einem blöden Licht dar­zustellen. Ich würde Sie bitten, sich daran zu halten. – Zum einen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Ich war es ja nicht! Das war ja der Rechnungshofausschuss!)

Zum Zweiten: Herr Kollege Kräuter hat sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Ausgaben damals durchaus hoch waren und zu kritisieren sind, dass sie aber von ÖVP und SPÖ gemeinsam getätigt wurden. Sie sind aber absolut kein Grund, zu ent­schuldigen, dass man jetzt wieder genauso viel Geld hinausschmeißt! Das ist doch lä­cherlich, oder? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Weniger! Weniger! 20 Pro­zent ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Rechnungshof hat sich ausgewählte Wer­bemaßnahmen der Bundesregierung genauer angeschaut, und er hat auch eine Werbemaßnahme des Bundeskanzleramtes seiner Kontrolle unterzogen. Diese Wer­bemaßnahme heißt: „Österreich neu regieren – Zukunft ohne Schulden“ – ein span­nender Titel!

Zunächst hat der Rechnungshof gerade bei diesem Projekt kritisiert, dass es keine be­glei­tende Kontrolle gibt, dass es keine Dokumentation gibt, dass es keine Evaluierung gibt. Es handelt sich dabei immerhin um 4 Millionen €. – Etwas Selbstverständliches, würde man heute meinen, dass man solche Dinge einrichtet!

Aber wenn ich dann noch die sieben Punkte der generellen Regelungen betrachte, dann würde ich meinen, dass da ein achter Punkt dazugehört, und genau bei dieser Wer­bemaßnahme kann man das sehr schön zeigen: „Österreich neu regieren“, das stimmt ja noch, denn wir haben alle paar Monate eine neue Regierung, okay, das mag so sein, aber „Zukunft ohne Schulden“ stimmt zumindest von 2000 bis 2003 gesehen nicht! (Zwischenruf bei der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Das sind noch die Zinsen von den alten Schulden!) Und daher sollte man wirklich klar festlegen, dass es wahre Infor­mationen sein müssen, die man weitergibt. – Jedes Jahr sind die Schulden mehr ge­worden, Herr Kollege! (Abg. Dr. Stummvoll: Das sind keine neuen Schulden! Das sind Zinsen der alten Schulden!) Nein, das sind neue Schulden! (Weiterer Ruf bei der ÖVP: Das sind Zinsen der alten Schulden!)

Eine weitere interessante Tatsache habe ich gefunden: Bei diesen Regelungen, die der Rechnungshof vorschlägt, meint das BKA in seiner Stellungnahme, sie hielten sich an bundesdeutsche Leitsätze. – Wenn ich mich an die Aussagen von heute Vormittag erinnere, wonach dort der Teufel regiert, frage ich mich: Wieso hält sich da plötzlich das Bundeskanzleramt wieder an bundesdeutsche Leitsätze? – Interessanterweise gibt es also auch dort noch nachvollziehbare und nachahmbare Tatsachen, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren.

Noch etwas Spannendes habe ich dann in diesem Rechnungshofbericht gefunden. Da ging es darum, gemeinsame Einkäufe auch im Bereich der Dienstleistungen öffentliche Information, Öffentlichkeitsarbeit zu tätigen, und da fand ich, dass der Herr Finanz­minister eine Verordnung dazu erlassen muss, dass diese öffentlichen Dienstleis­tun­gen auch gemeinsam eingekauft werden können. Das hat er angeblich getan.

Ich frage mich aber: Hat der Herr Finanzminister auch nur eine einzige Maßnahme über diese Bundesbeschaffungsagentur eingekauft? – Ich glaube nein, denn sonst wä­re es nicht möglich, dass der Herr Finanzminister von Februar 2000 bis heute 27 Mil­lionen € dafür ausgibt, dass er sich selbst darstellt und für sich Reklame macht. Würde er das über die Beschaffungsagentur tun, dann wäre das nicht mehr so leicht, und vor allem – wie ein anderer Rechnungshofbericht klar darstellt – wäre es nicht mehr möglich, die Vergabegesetze einfach zu umgehen und seine Freunde, seine Begüns­tig­ten mit Aufträgen zu bedenken.


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So, meine Damen und Herren, sollte man mit dem öffentlichen Geld nicht umgehen, und vor allem in der Werbung nicht, denn es gibt da eine ganz interessante Erkenntnis der Werbewirtschaft, die nämlich besagt, dass, wenn das Produkt schlecht ist, à la longue gesehen der Werbeaufwand umsonst ist. – Danke schön, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Sburny.)

18.19

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Tamandl. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

 


18.19

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich möchte mich auf die Bundespensionskasse AG beziehen und ein bisschen genauer darauf eingehen.

Der Rechnungshof überprüfte im Mai und Juni 2002 die Gebarung der 1999 gegrün­deten Bundespensionskasse AG. Er stellte unter anderem fest, dass das noch unter einem SPÖ-Finanzminister durchgeführte Ausschreibungsverfahren mangelhaft war, weil ein möglicher Bewerber der Ausschreibung nicht entnehmen konnte, dass die Vor­standstätigkeit nebenberuflich ausgeübt werden sollte.

Die Aufnahme der Pensionskassengeschäfte erfolgte demnach mit Zeitverlust erst im Oktober 2000. Für die Veranlagungs- und Risikogemeinschaft wurde mit einer vorsich­ti­gen Veranlagungsstrategie ein jährlicher Durchschnittsertrag von 3,75 Prozent erwirt­schaftet. In einem Performancevergleich mit der Oesterreichischen Kontrollbank ist das über dem Durchschnitt der Pensionskassen.

Leider wurde aber weder der im Geschäftsplan vorgesehene rechnungsmäßige Über­schuss von 7,5 Prozent noch der Rechnungszinsfuß von 5,5 Prozent erreicht. Das ur­sprüng­liche Grundkapital der BPK von 400 000 € wurde zur Gänze von der Republik Österreich übernommen. Durch den im Jahr 2001 erwirtschafteten Fehlbetrag – Kolle­ge Neudeck hat es schon gesagt – von rund 54 000 € wurde das Eigenkapital auf rund 346 000 € reduziert. Dieser Fehlbetrag wiederum resultierte daraus, dass im Jahr 2001 37 Prozent der Veranlagungserträge als Vermögensverwaltungskosten verrechnet wur­den.

Im Übrigen ist auf Geschäftsjahre nach dem 31. Dezember 2000 die Verwaltungskos­ten­rückstellungsverordnung anzuwenden. Diese auf einem so genannten Stückkosten­modell beruhende Verordnung erforderte eine höhere Dotierung der Verwaltungs­kos­ten­rückstellung, was wiederum das Fremdkapital zum Stichtag 2001 erheblich erhöhte.

Nach dem Geschäftsplan der BPK erfolgte die Bildung dieser Rückstellung auf Basis der Verwaltungskosten nach Pensionsbeginn von 60 € pro Person und laufenden Pen­sionsjahr. Zum Bilanzstichtag 2001 betrug der Soll-Stand dieser Rückstellung laut Ge­schäftsplan rund 565 000 €, während der Ist-Stand bei weniger als der Hälfte lag, so­dass entsprechend der Verordnung diese Unterdeckung längstens binnen zehn Jahren auszugleichen ist.

Nach Auffassung des Rechnungshofes wird die Bildung dieser Rückstellung die Ergeb­nisse wegen der hohen Zahl der Anwartschaftsberechtigten – Ende 2001 immerhin 37 000 Leute – in den nächsten Jahren besonders belasten. Wenn aber die tatsäch­lichen Verwaltungskosten bei der Pensionsauszahlung erheblich unter den im Ge­schäfts­plan enthaltenen 60 € pro Person liegen sollten, müsste die Pensionskasse um­gehend an die Finanzmarktaufsichtsbehörde herantreten, um den Geschäftsplan ent­sprechend anzupassen.


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Das BMF schloss sich auch dieser Auffassung des Rechnungshofes an. Gerade bei der noch nicht im Leistungsbereich tätigen BPK ist es erforderlich, den gewählten Stückkostensatz in regelmäßigen Abständen auf Angemessenheit zu überprüfen. Die Bundespensionskasse gab also bekannt, sie habe bereits mit der zuständigen Behörde Kontakt aufgenommen und werde einen Änderungsantrag einbringen.

Laut Fachverband der Pensionskassen waren per Ende 2002 insgesamt rund 344 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einen Pensionskassenvertrag eingebunden. Das entspricht wiederum einem Wachstum von mehr als 8 Prozent gegenüber dem Be­richtsjahr 2001. Die Bundespensionskasse hat ein Gesamtveranlagungsvolumen von insgesamt 18,7 Millionen €, also mehr als 20 Prozent davon stammen aus freiwilli­gen Dienstnehmerbeiträgen. Das ist äußerst erfreulich.

Die jährlichen Gesamtbeträge sind mittlerweile auf zirka 7 Millionen € angewachsen. Aber auch die Leistungen, die auf Grund des kurzen Zeitraumes nur aus Abfindungs­be­trägen bestehen, können sich durchaus sehen lassen. Es sind immerhin fast 700 Per­so­nen gewesen, die 253 000 € erhalten haben.

Die Ergebnisentwicklung zeichnet sich bereits positiv ab – das hat auch Kollege Neu­deck schon erwähnt –, sodass im Jahr 2003 ein Überschuss von rund 50 Millionen € zu erwarten ist. (Beifall bei der ÖVP.)

18.24

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Kollegin Sburny. Gleiche Rede­zeit, aber freiwillig. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.24

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Rechnungshofprä­si­dent! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich beziehe mich auf jenen Teil im Rech­nungs­hofbericht, der sich mit den Forschungsangelegenheiten beschäftigt. Der Rechnungs­hof­bericht beschäftigt sich mit Höhe und Entwicklung der Forschungsausgaben im Vergleich zu den Zielvorgaben der Regierung beziehungsweise der Regierungen der letzten Jahre sowie mit der Struktur der österreichischen Förderlandschaft.

In diesem Zusammenhang wird festgestellt, dass die Forschungsquote, also der Anteil der Forschungsausgaben am BIP, zwischen 1995 und 2001 von 1,57 auf 1,91 Prozent des BIP gestiegen ist. Das war eine relativ große Steigerung, die auch notwendig war, weil sich Österreich im absoluten Schlussfeld bei den Forschungsförderungen befun­den hat. Seit 1999 allerdings – das ist bei dieser Zusammenfassung von 1995 bis 2001 schon fast nicht mehr ersichtlich – gibt es bereits eine dramatische Abflachung dieser Steigerung, das heißt, das Wachstum der Forschungsausgaben geht seitdem drama­tisch zurück. In den Jahren 1999 und 2000 zum Beispiel ist es überhaupt gleich ge­blieben, dann ein wenig stärker gestiegen.

Das Ziel der derzeitigen Bundesregierung ist laut ihrem Regierungsvorhaben, die For­schungsquote, wie es in der EU geplant ist, auf 2,5 Prozent bis 2006 und 3 Prozent bis 2010 zu heben. Allerdings ist das – und das geht auch aus diesem Rechnungs­hofbe­richt hervor – auf diese Art und Weise nicht machbar. Man sieht das bereits im Jahr 2002, als die Ziele der Regierung schon nicht mehr erreicht wurden: 1,95 Prozent waren angestrebt. In der letzten Sitzung des Finanzausschusses haben wir festgestellt, 1,94 Prozent wurden erreicht. Man ist also bereits 2002 unter den Erwartungen geblieben und das, was das Wifo im Mai 2003 auf Grund der Budgetvorgaben be­rechnet hat, ist, dass man bis 2006 nicht einmal an die 2 Prozent herankommen wird.

Das wird im Rechnungshofbericht dargestellt, das ist auch aus den Budgetzahlen weiter verfolgbar. Die Empfehlungen, die der Rechnungshof gibt, nämlich dass es eine Forschungsstrategie geben soll, wurden zwar mit dem Rat für Technologieentwicklung


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in Angriff genommen; es gibt auch eine Menge guter Empfehlungen, das Problem ist nur, dass nichts davon umgesetzt wird. Deswegen schaut die Forschungsquote auch derzeit so aus, wie sie aussieht.

Ein Punkt in diesen Empfehlungen ist die Frage der Struktur im Förderungsbereich in Österreich. Die Förderungsstruktur ist viel zu stark zersplittert. Da rede ich jetzt nicht von den zwei großen Fonds, vom FFF, also dem Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft, und vom FWF, dem Wissenschaftsfonds, sondern von den über hundert sonstigen Förderstellen, die in Österreich bestehen und wo es zum Teil sehr geringe Fördermittel gibt.

Das ist insofern ein Problem, da es nämlich nicht nur um die Quote geht, also um die Höhe der Mittel, sondern auch um eine Hebelwirkung: Wie wirken sich gewisse Mittel, die in diesen Bereich investiert werden, zum Beispiel auf das Wirtschaftswachstum beziehungsweise auf Maßnahmen aus?

Da zeigt sich, dass Österreich durch die Struktur der Klein- und Mittelbetriebe, das heißt durch eine sehr hohe Zahl von Klein- und Mittelbetrieben, in der Forschungs­förderung insofern ein Problem hat, als diese auch größere Mittel zum Teil nicht aufnehmen können. Ein Vorschlag, der lautet, dass diese zersplitterte Forschungs­land­schaft einmal ein wenig zusammengefasst wird, würde auch den KMUs in dieser Sache nützen, wenn man eine neue Struktur herstellt. Es ist einfach so, dass diese Hebelwirkung nicht zum Tragen kommt, wenn zu wenige Mittel in zu kleine Aktivitäten hineingebuttert werden. Das Ausmaß liegt dann nur mehr bei eins zu eins oder sogar darunter, wobei auch die Hebelwirkung eine sehr viel größere sein könnte.

Es gibt noch einige andere Maßnahmen, die empfohlen werden und die meines Er­achtens von der Regierung nicht so aufgenommen beziehungsweise umgesetzt wer­den. Ein wesentlicher Punkt ist eine mittel- bis langfristige Finanzplanung für die Fonds, die einfach alle für notwendig halten. Das Problem dabei ist, dass auch die Fonds nur dann eine langfristige Planung machen können, wenn sie eine langfristige Zusicherung für ihre Budgets bekommen. Diese bekommen sie jedoch nicht, weil nämlich die Budgets so sind, wie sie sind: Die Forschungsmittel werden nur über ein Jahr vergeben. Die Fonds müssen derzeit eher damit rechnen, dass jederzeit irgend­etwas gekürzt werden kann, als dass sie mit einer gewissen Planungssicherheit rech­nen können.

Da geht eigentlich die Empfehlung des Rechnungshofes, die an die Fonds geht, an die Regierung zurück, nämlich den Fonds diesbezüglich auch Planungssicherheit zu ge­währ­leisten.

Ein letzter Punkt: Eine internationale Evaluierung wird gefordert, das ist in Umsetzung be­griffen. Seit Anfang des Jahres werden zumindest die großen Fonds evaluiert, was wir für sinnvoll halten, auch wenn da sehr viel Geld, 400 000 €, hineingeht. Das, was wir allerdings nicht für sinnvoll halten, ist, dass umstrukturiert wird, bevor der erste Zwi­schenbericht dieser Evaluierung vorhanden ist. Dieser sollte im Oktober heraus­kom­men, wir haben ihn noch nicht. Die Frage ist: Was macht man mit einer Evaluierung um 400 000 €, wenn in der Zwischenzeit schon heftig umgestaltet wird? – Das ist aus unserer Sicht mehr Verschwendung als Verwendung von Steuergeld.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass es unerträglich ist, wenn von Abgeordneten der Re­gierungsfraktionen die Kontrollarbeit der Opposition mit Begriffen wie „Menschen­hatz“ versehen wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.30

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. Gleiche Redezeit. – Bitte.

 



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34. Sitzung / Seite 172

18.31

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Hohes Haus! Ich beziehe mich auf den Teil „Ausgewählte Werbemaßnahmen der Bundesregierung“. Da das Bundeskanzleramt gemäß Bundesministeriengesetz die Öffentlichkeit über die Arbeit der Bundesregierung zu informieren hat, gibt es auch immer diese Werbemaßnahmen, die dann wieder von der Opposition kritisiert werden. Ich selbst habe in einer Aussendung gemeint, man müsse sich die Richtlinien, sofern es welche gibt, anschauen und man könne überlegen, welche zu machen. (Abg. Mag. Kogler: Es gibt ja keine! Das steht ja im Bericht, dass es keine gibt!) – Man kann sich ja überlegen, welche zu machen.

Wenn ich mir anschaue, wie die Richtlinien ausschauen, die die SPÖ vielleicht einmal gemacht hat, wenn ich mir allein die Zahlen anschaue, dass das Bundeskanzleramt im Jahr 2002 2,8 Millionen € ausgegeben hat, im Jahr 1998 allerdings 10,3 Millionen € ausgegeben wurden – das war nämlich die Zeit unter SPÖ-Regierungsführung –, dann bin ich froh, dass wir nicht diese Richtlinien haben, die die SPÖ damals hatte. Diese müssen ja furchtbar gewesen sein, weil alles hinausgehaut wurde, um möglichst viele Informationen herauszugeben.

Man hat sich jetzt doch sehr zurückgenommen. Insofern sind die Richtlinien vielleicht gar nicht notwendig, wenn man schon viel weniger ausgibt, als es eben im Jahr 1998 der Fall war. Schauen Sie sich die Vergleichszahlen an! Diese sprechen für sich sel­ber.

Jeder, der im Rechnungshofausschuss war, hat ja gehört, dass die empfohlenen Grundsätze des Rechnungshofes ohnehin eingehalten werden. Das betrifft eben auch diese Maßnahmen. (Abg. Dr. Kräuter: Wer sagt das?) – Lieber Kollege! Das hat der Herr Staatssekretär gesagt. Glauben Sie dem Staatssekretär nicht, oder wie ist das? (Abg. Dr. Kräuter: Kein Wort!) – Sie glauben kein Wort? Das ist halt der Unterschied.

Das ist auch das Problem in der Beurteilung, dass einfach Werbemaßnahmen von der Opposition anders beurteilt werden als von der Regierung. (Abg. Mag. Kogler: Dann zahlen Sie es selber!) Der Herr Staatssekretär hat aber auch gesagt, dass der zentrale Medieneinkauf über die Bundesbeschaffungs GmbH derzeit geprüft wird. Wenn die Prüfungsergebnisse vorliegen, wird man sich diese auch genauer ansehen müssen.

Wenn ich mir noch einmal die Vergleichsdaten anschaue: 10,3 Millionen € im Jahr 1998 stehen 2,8 Millionen € im Jahr 2002 gegenüber, dann braucht man, so meine ich, diese Richtlinien nicht. Diese Richtlinien, die im Jahr 1998 von der SPÖ-Regierung angewandt wurden, waren sicherlich schlechter als die Selbstbeschränkung, die es in der jetzigen Regierung gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.33

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Reheis. – Bitte, lieber Kollege, Sie haben das Wort.

 


18.33

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Danke, sehr geehrter Herr Präsident. – Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Liebe KollegInnen! Wenn man sich anschaut, was in der Vergangenheit an Werbeausgaben getätigt wurde, dann muss man sich das differenzierter anschauen, als sich hier nur herzustellen und die Vergangenheit aufzurechnen. Tatsache ist, dass Sie hier und heute nicht bereit sind, Richtlinien mitzugestalten und mitzuorganisieren, damit der Rechnungshof diese Kritik in Zukunft nicht mehr anbringen muss. Der Rechnungshof stellt nämlich fest, dass die Grenzen der zulässigen und der unzulässigen Finanzierung von Öffentlichkeitsarbeit beziehungsweise Informationsarbeit erreicht sind, wenn der Sachinhalt eindeutig hinter die werbende Form zurücktritt.


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Weiter sagt der Rechnungshof, die Öffentlichkeitsarbeit sollte den Eindruck einer wer­benden Einflussnahme zu Gunsten einer Partei vermeiden.

Das Gegenteil passiert! Es passiert nämlich, dass aufwendige Inserate und Einschal­tungen in allen Medien mit unwahrem Inhalt erscheinen; zum Beispiel „Österreich neu regieren“, „Zukunft ohne Schulden“ – eine Zukunft ohne Schulden mit dieser Regierung gibt es gar nicht; das beweisen Sie ja ständig – bis hin zu der unwahren Behauptung „Unfallrenten steuerfrei“. Dafür müssen Ihre teuren Werbemaßnahmen herhalten, um den Wählerinnen und Wählern ein stark geschöntes Bild dieser eigentlich untätigen Regierung zu vermitteln. Es ist kein Wunder, dass der Rechnungshof dies in seinen Berichten aufdeckt.

Was wollen Sie verdecken? – Das fragt nicht eine Oppositionspartei, sondern steht in einem Bericht im „WirtschaftsBlatt“, in dem es darum geht, was Sie eigentlich nicht ge­macht haben. Ich zitiere: Was Schwarz-Blau seit Monaten abliefert, mag die Kaba­rettisten ernähren, Politik schaut anders aus. Die Liste der liegen gebliebenen Re­formen, unvollendeten Vorhaben, nie angegangenen Projekte ist lang. – Zitatende.

Dafür brauchen Sie umso größere Inserate und Werbemaßnahmen. Sie scheuen sich nämlich nicht, in diesen Inseraten die Unwahrheit zu sagen, sagen aber den Wähle­rinnen und Wählern nicht, dass sich das Kabinett Schüssel II, diese schwarz-blaue Regierung, bereits in den letzten Zügen befindet und dass Schüssel und Grasser einen falschen ... (Abg. Mag. Kogler: Das wäre eigentlich ein Superinserat!) – Ja, das wäre ein Superinserat und hätte natürlich auch den entsprechenden Wahrheitsgehalt. – Aber Sie bestätigen in den entsprechenden Inseraten auch nicht, dass Sie einen falschen Budgetkurs fortsetzen. Sie sagen nicht, dass die Bevölkerung stets weiter belastet und die Kaufkraft geschwächt wird, dass Sie Schulden machen, anstatt strukturelle Re­formen durchzuführen. Sie setzen auch 2003 und 2004 keine Impulse für die Wirt­schaft. Außer Budgetkosmetik und teuren Werbemaßnahmen hat in dieser Regierung nichts Gestalt. Daher ist diese Bundesregierung säumig und untätig.

Zum Abschluss noch ein Zitat von Christoph Kotanko in seinem Kommentar vom 11. Oktober im „Kurier“ unter dem Titel „Schallende Ohrfeige für die Regierung“: 

„Wie dilettantisch Schwarz-Blau arbeitet, zeigt eine Gesamt-Statistik: Im vergangenen Jahr prüfte der Verfassungsgerichtshof 62 Gesetze, nur 19 hielten der Prüfung stand. 43 Gesetze wurden zumindest teilweise aufgehoben. Das bedeutet, dass 70 Prozent der geprüften Gesetze nicht oder nicht in allen Teilen verfassungskonform waren. Eine Schande für eine Regierung, die geschworen hatte, alles anders, besser zu machen.“

Mit diesem Befund, meine Damen und Herren von der schwarz-blauen Regierung, nützen weder teure Inserate noch überhebliches oder unehrliches Selbstlob. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

18.37

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als Nächste Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte.

 


18.38

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Reheis! Jede Politik muss beworben werden. Das ist eine Tatsache, die eigentlich jedem, der sich nur in irgendeiner Form mit Politik beschäftigt, bewusst sein sollte. (Abg. Reheis: Aber mit der Wahrheit!) Je besser eine Politik ist, umso intensiver muss sie beworben werden (ironische Heiterkeit bei der SPÖ) beziehungsweise umso intensiver muss man darüber informieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Umso teurer!)


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Wenn die Bürger beziehungsweise die Menschen zu wenig informiert werden, wenn sie zu wenig wissen, dann werden sie zu Recht skeptisch sein. (Abg. Mag. Kogler: „Zukunft ohne Schulden“, das ist ein völliger Unsinn!) Wir sehen es ja immer wieder: Bei allen Reformen, die wir in der letzten Zeit gemacht haben, war die Forderung der Bevölkerung da, die Regierung müsse noch mehr informieren, die Regierung müsse klarmachen, worum es geht. (Abg. Öllinger: Nein! Die halten sich schon die Ohren zu, wenn sie etwas von der Regierung hören!)

Bei den Pensionen hat diese Diskussion in Wirklichkeit Jahre, ja man kann fast sagen, Jahrzehnte gedauert. Hätten wir vor 20 Jahren diese so genannte Pensions­sicherungs­reform gemacht, als sie schon notwendig war, dann würden wir uns heute die Dis­kussion und das Werbebudget dazu ersparen. Aber die SPÖ-Bundeskanzler haben ja immer gemeint: keine Pensionsdiskussion vor Wahlen. Und die Wahlen kamen halt immer wieder sehr schnell, nämlich alle vier Jahre. (Ruf bei der SPÖ: Kürzer!) Da hat es auch ein Pensionistenbrief im Jahr 1995 getan, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, in der Zwischenzeit ist die Botschaft durch, jetzt weiß jeder Österreicher be­ziehungsweise jede Österreicherin, dass wir unsere Pensionen umgestalten müssen, damit dieses System, dieses gute System in Zukunft hält. (Beifall bei der ÖVP.)

Bei der Voest-Debatte war es das Gleiche: Es gibt in Wahrheit keinen Grund, warum der Staat Stahl erzeugen soll. – Das ist ein Ausspruch, der auch Ihnen bekannt sein sollte, denn Ihr Bundesvorsitzender hat ihn unter anderem getätigt. Aus diesem Grun­de musste oder sollte privatisiert werden, und darüber waren sich auch alle Ver­antwortlichen einig. Allerdings muss man das auch jenen Menschen erklären, die nicht täglich Aktien kaufen und keine Finanzexperten sind. (Abg. Reheis: Wie Grasser!) Wir haben die Menschen aufgeklärt, Sie haben Ihnen mit Parolen Angst gemacht, dass ei­nem die Haare zu Berge stehen. Ich denke nur an den Ausspruch: Diese böse Bundes­regierung möchte die Voest den Russen verkaufen. Das sagt sehr viel aus, geschätzte Damen und Herren!

Daher muss die Politik informieren, das ist eine Bringschuld von uns und keine Hol­schuld der Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Dann sollten Sie richtig informieren und nicht falsch!) Wir tun es! Sie machen Angst. Wir informieren richtig.

Ich finde die Verdächtigungen der Opposition einmalig. Sie unterstellen der Bundes­re­gierung, dass wir angeblich einseitig informieren. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Hören Sie mir zu! Sie unterstellen uns, dass wir in Wahrheit Parteipropaganda ma­chen, anstatt sachlich aufzuklären. Da wird sogar der Rechnungshof bemüht, obwohl die Dinge sehr klar und sehr transparent auf dem Tisch liegen.

Geschätzte Damen und Herren von der Opposition! Sie haben natürlich Ihre Rechte, und das ist gut so, denn wir leben in einer Demokratie. Aber die Regierung hat auch ihre Möglichkeiten, und dass die Regierung ihre Arbeit so darstellt, wie sie diese sieht, und nicht so darstellt, wie das die Opposition sieht, das darf Sie doch wirklich nicht überraschen. (Abg. Mag. Kogler: Es geht doch um Steuergeld!) Wenn ich mich an Ihre SPÖ-Kanzler erinnere, beginnend bei Kreisky bis über Vranitzky und Klima, dann muss ich sagen, waren sie alle nicht gerade Waisenknaben, was den Verkauf ihrer Politik betrifft. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Es geht um wichtige Informationen der Bevölkerung!)

Da mussten sogar die so genannten Spin-Doktoren aus Amerika kommen ... (Abg. Mag. Kogler: Dazu bekommen Sie doch Parteiförderung für die Parteiwerbung! Kennen Sie den Unterschied nicht ...?) O ja, wir kennen ihn sehr wohl, nur Sie können das nicht unterscheiden, weil Sie noch nie in der Regierung waren! (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich finde die beiden Zahlen so herrlich, die meine Kollegen von der FPÖ gebracht haben. Ich finde sie so großartig, dass ich sie wiederholen muss. Es geht um das Aus­gabenbudget des Bundeskanzleramtes für die Öffentlichkeitsarbeit in den Jahren 1998 und 2002. Diese beiden Zahlen sprechen eine deutliche Sprache zugunsten unseres jetzigen Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel, denn im Jahre 1998 gab es bei Gott keinen ÖVP-Bundeskanzler, und da machten die Ausgaben für das Werbebudget – meine Kollegen haben es schon gesagt – über 10 Millionen € aus, während es im Vorjahr über 2 Millionen € waren.

Ich denke, wenn man im Glashaus sitzt, sollte man nicht mit Steinen werfen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.43

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grüne­wald. – Bitte.

 


18.43

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Prä­sident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Respekt und Dank für die Arbeit des Rechnungshofes, aber ich frage: Wem nützt sie, wenn niemand darauf reagiert? Erich Kästner schrieb einmal, wenn ich mich recht entsinne: Der Weg der Welt ist wellig, es ist wohl wieder eine Ohrfeige fällig. – Diese Ohrfeigen bekommt die Bildung und be­kommen die Universitäten, und ich werde Ihnen erklären, warum, und befinde mich zumindest in diesem zweiten Teil wohl in Übereinstimmung mit dem Rechnungshof.

Der Rechnungshof stellt in seinem Wahrnehmungsbericht die Forschungsorganisation und -struktur in Österreich dar und bekrittelt primär die Kompetenzzersplitterung. Jetzt rede ich gar nicht von den unterschiedlichen Förderungseinrichtungen, sondern ich rede von den drei Ministerien – wenn Sie das Finanzministerium dazunehmen, sind es vier Ministerien –, die sich um die Agenden der Forschung kümmern sollten und sollen. Da sieht man, dass zwischen den Ressorts Wirtschaft und Arbeit, Finanzressort, Wis­senschaftsressort eigentlich keine Mechanismen einer Abstimmung darüber existieren, wie Forschung in Österreich organisiert, wie sie nachhaltig finanziert werden soll und welche Strategien in der Forschung zu verfolgen sind.

Gegründet wurde allerdings – das klingt gut – ein Lenkungsausschuss, nur stellt der Rechnungshof treffenderweise, aber nicht überraschenderweise fest, dass es darüber keine Protokolle gibt. Wir werden sehen, ob sich da etwas ändert.

Der Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes ist – Öllinger hält ihn in der Hand – in einem schönen blauen Buch gebunden, die Titelseite präsentiert den Bundesadler – sehr hehr –, aber wer sich nicht an Kritiken, Vorschläge und Analysen gebunden fühlt, das ist die Bundesregierung. Sie haben seit fast Jahrzehnten den Missbrauch ärztlicher Privathonorare im Sektor der Universitäten und im öffentlichen Bereich kritisiert – getan hat sich nichts! Sie haben kritisiert, dass keine Forschungskoordination zwischen den Ministerien stattfindet – getan hat sich nichts! Das heißt, all das, was in diesem Buch steht, ist eigentlich relativ unverbindlich, und der tapfere, stolze Bundesadler wird eigentlich so von der Bundesregierung zu einem harmlosen Kanarienvogel reduziert, wenn man nicht endlich einmal (Abg. Dr. Stummvoll: Na, na!) – na sicher, Herr Stummvoll! – diese Kritik ernst nimmt und in einen Dialog eintritt, damit sich etwas tut.

Sogar Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung fangen schon an, in das Konzert einzustimmen, dass in der Forschung etwas nicht stimmen könne. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie sagen, dass der Bundesadler ein Kanarienvogel ist!) – Als ob, habe ich gesagt. Sie sollten den Konjunktiv gelernt haben. Wir befinden uns ja jetzt in der Bildungsdebatte. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)


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Was ich weiter kritisiere, ist, dass man dort mutig ist, wo trotz des Gefasels oder des Gesprächs über Autonomie immer wieder politischer Einfluss durchklingt. Wer wurde von der Bundesregierung in den Rat entsandt, der im wahrsten Sinne des Wortes die Universitäten regiert? Wenn man sich das anschaut, sind knappe 50 Prozent Leute, die bei der Nationalratswahl im Personenkomitee Schüssel waren. Ich frage Sie: Ist das noch Zufall? – Ein kleiner Rest kommt aus schlagenden Verbindungen, aber sich ge­genseitig zu schlagen und Schnitte im Gesicht zuzufügen ist auch noch nicht das Kriterium der Intelligenz, das jemanden befähigt, eine Uni zu beraten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dazu, was die Regierung immer ankündigt, und zu der unendlichen Diskrepanz zwi­schen dem, was vage in den Mund genommen wird, und dem, was dann real fehlt, muss ich schon etwas aus meinen Beobachtungen der letzten Monate auch dem Publi­kum sagen: Fast jedes Plenum wird nun mit irgendeiner Regierungserklärung begon­nen. Man stellt ein Herbstprogramm vor, es werden das Winterprogramm, das Früh­jahrs- und das Sommerprogramm folgen. Da es nur vier Jahreszeiten gibt und man dadurch eigentlich nicht pausenlos die Regierung und ihre Arbeit beschönigen und erklären kann, sucht man zur Abwechslung einen neuen Vizekanzler, und damit hat man dann die fünfte Jahreszeit durch ihn repräsentiert. (Abg. Reheis: Faschingspro­gramm!)

Ich frage mich wirklich: Die Neugründung der Medizinuniversität Innsbruck kostet – allein die Neuinstallierung – über 1 Million € an zusätzlichen Verwaltungskosten ad hoc. Eine Arbeitsgruppe der Rektorenkonferenz hat aber über 4 Millionen € pro Jahr Mehrkosten errechnet, wenn diese beiden früher geeinten Universitäten nun getrennt laufen sollen. Der Rechnungshof weiß, dass Innsbruck noch immer keinen Rektor hat, und ich könnte Ihnen durchaus ausführen, warum nicht. In einer morgigen Demon­stration aller Beteiligten und aller Verantwortlichen der Universität in Innsbruck wird Gehrer des Rechtsbruches bezichtigt. Ich mache das jetzt hier nicht, kann aber sagen, sie hat nicht nach dem Recht gehandelt. Das noch mit Mehrkosten zu verbinden ist ein akrobatischer Akt, der mit Turnen viel, mit Wissenschaft und Forschung allerdings sehr wenig zu tun hat. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.49

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Prinz ist als Nächster am Wort. – Bitte.

 


18.49

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Herr Rechnungshofpräsident! Geschätzte Damen und Herren! Forschung ist die wichtigste Investition in die Zukunft. Auch der Rechnungshof hat sich mit diesem Thema befasst, und ich darf an dieser Stelle, Herr Präsident des Rechnungshofes, die Dankesworte von Hermann Gahr – Sie haben aus verständlichen Gründen zu Beginn noch nicht anwesend sein können – für die gute und konstruktive Zusammenarbeit in den Ausschusssitzungen wiederholen.

Die Prüfung der Forschungsagenden im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und den anderen damit befassten Ministerien hat mich in unserem Ziel, die Quote für Forschung und Entwicklung auf 2,5 Prozent bis zum Jahr 2005 an­zu­heben, bestärkt. Schon jetzt haben wir viel dafür getan. Der Rechnungshof sieht Ver­besserungsmöglichkeiten und spricht berechtigte Anregungen aus, würdigt aber auch die Bemühungen, die bisher dafür geschehen sind.

So wurde zum Beispiel der Anteil der Bruttoinlandsausgaben für Forschung und Ent­wicklung in den Jahren 1995 bis 2001 um 49 Prozent auf 4 Milliarden € erhöht. Die An­regungen des Rechnungshofes sind eine wertvolle Hilfe, um Forschung und Ent-


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wicklung effizienter zu gestalten. Wir haben uns vorgenommen, unser Land auf die Heraus­forderungen der kommenden Jahre entsprechend vorzubereiten. Mit einer um­fas­senden Kooperation und mit Hilfe der Bevölkerung wird das auch gelingen. Der Rechnungshof leistet in diesem Zusammenhang wertvolle Arbeit, denn er hilft mit, bestehende Doppelgleisigkeiten auszuräumen und die Zusammenarbeit zu vertiefen. Und natürlich wird an der Umsetzung der Anregungen auch entsprechend gearbeitet.

Zwei Beispiele dazu: Der Rechnungshof hat eine weitgehende Zusammenarbeit der mit forschungsspezifischen Aufgaben betrauten Ministerien empfohlen, weiters die Ver­tiefung der Zusammenarbeit im Bereich der Forschung mit den Bundesländern. Beide Anregungen sind bereits aufgenommen, und es wird intensiv daran gearbeitet, das umzusetzen.

Wir haben schon viel erreicht, aber ein großes Stück Weg liegt noch vor uns, und die­sen Weg erfolgreich zu gehen wird uns unter der kompetenten Führung unserer Bun­desregierung auch gelingen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Schön gesagt!) – Herr Kollege Öllinger, es ist nicht mein Problem, wenn Sie mit einer kompetenten Bun­desregierung nicht können, darüber müssen Sie selbst nachdenken. (Abg. Dr. Lichten­berger: Wo haben Sie eine kompetente Bundesregierung gefunden? Bitte sagen Sie mir die Adresse!)

Meine Damen und Herren! Es sind schon einige Male Zahlen angesprochen worden. Kollege Kräuter hat die Ausgaben des Bundeskanzleramtes, der Regierung kritisiert; Kollege Gaßner ist auf derselben Schiene unterwegs gewesen. Ich möchte aber doch einen Zahlenvergleich bringen, der noch etwas weiter geht, als bereits angesprochen wurde, nämlich den Vergleich der Ausgaben unter einem ÖVP-Bundeskanzler und einem SPÖ-Bundeskanzler. Die Werbemaßnahmen des Bundeskanzleramtes betru­gen im Jahr 2002 2,8 Millionen €. 2001 machten sie inklusive Euro-Einführung, was natürlich zusätzlich Kosten verursacht hat, 5,27 Millionen aus und 2 000 3,87 Mil­lionen €. Im Vergleich dazu kosteten die Werbemaßnahmen von Bundeskanzler Kli­ma – es ist eigentlich auf Grund der Nationalratswahl am 3. Oktober nur ein halbes Jahr zu werten – im Jahr 1999 5,24 Millionen €. Im Jahr 1998 machten die Kosten ohne Ausgaben für die Werbung, die Österreich auf Grund des Vorsitzes in der EU im zweiten Halbjahr hatte, sage und schreibe 10,3 Millionen € aus. Vielleicht sollten einige in diesem Hause den Balken im eigenen Auge sehen, bevor sie über den Splitter im Auge des anderen diskutieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Wittmann: Die meisten Ausgaben hat Schüssel gehabt, da hast du Recht!)

18.53

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


18.53

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur parlamentarischen Demokratie gehört es, dass Parteien natürlich ihre Arbeit, ihre Ideen bewerben. Dazu haben wir in diesem Haus auch die Parteienförderung beschlossen, die das allen gleichzeitig ermöglichen soll.

Nicht nachvollziehbar ist aber, dass die Regierung mit ihrer Mehrheit die Belastungen für die Bevölkerung immer mehr erhöht und gleichzeitig aber ungeniert Geld für Par­teienwerbung und Lobhudelei ausgibt. Dass es sich um Parteienwerbung handelt, möchte ich anhand des Beispiels des noch nicht existierenden Gesundheitsplanes aufzeigen.

Zwei Tage vor der letzten Nationalratswahl ist als Beilage der „Kronen Zeitung“ eine Werbung erschienen, und zwar der österreichische Gesundheitsplan. Es handelt sich


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hier um eine Werbeeinschaltung, die allen Leserinnen und Lesern zugegangen ist, um eine reine Jubelbroschüre für die Regierungsparteien, in der an sich keine sachlichen Inhalte zu finden sind, aber dafür die Gesundheitspolitik der Vorregierung angeprangert wird. Gesundheitsstaatssekretär Waneck tritt in dieser Broschüre nicht als wahlwerben­der Funktionär auf, sondern in seiner Funktion als Gesundheitsstaatssekretär. Diese Maßnahmen wurden natürlich auch vom Sozialministerium finanziert.

Dass es sich um Werbung handelt, ist klar nachvollziehbar, denn darin steht, die Bundesregierung hat nun erstmals einen Gesundheitsplan erarbeitet. Ich habe dann mehrere Anfragen gestellt und auch unterschiedliche Aussagen dazu bekommen. Bun­desminister Haupt hat im Juni dieses Jahres gesagt: Mit 1. Oktober dieses Jahres wird dieser Gesundheitsplan in Kraft treten. Frau Bundesministerin Rauch-Kallat hat jüngst gesagt, eine Präsentation des Gesundheitsplanes sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar.

Diese Wahlwerbung für die Regierung hat den Steuerzahler insgesamt 137 000 € – das sind 1,9 Millionen Schilling – gekostet. Den Plan gibt es bis heute nicht. Das zeigt ganz klar das Versagen der Bundesregierung auf. Das ist ein Beispiel von vielen, bei denen die Kriterien des Rechnungshofes nicht anwendbar sind, bei denen die Regierung versucht, fehlende Inhalte und ihr Versagen in ein besseres Licht zu stellen, und es ist auch ein Beispiel, das bestätigt, dass die Bewerbung nicht einmal halbwegs den Tatsachen entspricht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die x-te Regierungsumbildung wird an den mangelnden Inhalten und an der Konzeptlosigkeit der Bundesregierung nichts ändern. Eine wirkliche Veränderung ist angesagt, die aber nur über eine neue Regierung erfolgen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

18.56

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ledolter. Die Uhr ist auf 4 Minuten gestellt. – Bitte.

 


18.56

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Herr Nationalratspräsident! Herr Präsident des Rechnungshofs! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Dass kritisch-sachliche Berichte des Rechnungshofes ein willkommener Anlass für die Opposition sind, sich hier im Hohen Haus zu inszenieren, ist ein legi­times Recht. Dass die Opposition – das hat sie heute den ganzen Tag immer wieder unter Beweis gestellt – die Auseinandersetzung auf der sachlichen Ebene scheut, weil die Regierung, wie von meinem Vorvorredner schon erwähnt wurde, sehr kompetent und fundiert agiert, ist auch aktenkundig und nachvollziehbar, weil ganz einfach die besseren Ideen fehlen, weil der Reformschwung nicht vorhanden ist und weil es natürlich einfacher ist, Personen anzuschütten und Kampagnen zu fahren, als sich mit Positivem zu inszenieren.

Meine Damen und Herren! Als absoluten Tiefpunkt empfinde ich es aber, wenn einem verdienten langjährigen Beamten und Mitarbeiter des Rechnungshofes, der nunmehr in seiner ruhigen, sachlichen und kompetenten Art die Arbeit als Staatssekretär in der Bundesregierung macht, nämlich Dr. Alfred Finz, die Qualifikation in Abrede gestellt wird für eine Position, die er nachweislich nicht angestrebt hat und für die es derzeit keinen Entscheidungs- und Handlungsbedarf gibt. Das finde ich in einer Art und Weise beschämend, dass mir beinahe die Worte fehlen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Murauer.) – Vom Rechnungshofpräsidenten ist keine Rede. Wir haben einen agierenden und sehr verlässlichen Rechnungshofpräsidenten, daher sind Spekula­tionen, die in die Welt gesetzt werden, ohne korrekten und fundierten Hintergrund.


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Aber zurück zum Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes, zur IT-gestützten Ver­waltung im Bundesheer. Das ist eine Materie, die der Rechnungshof in bewusst kons­truktiver Art und Weise im Jahre 2001 bearbeitet hat und wozu es Ergänzungen in den Monaten Mai und Oktober des Jahres 2002 gegeben hat. Vorauszuschicken ist, dass sich da zwei Bereiche unterscheiden lassen, nämlich der Bereich der Versorgungs­güter, die Feld- und Luftzeugmaterie, die Ausrüstungsgegenstände für die Truppe, die bereits seit den siebziger Jahren EDV-unterstützt verwaltet werden, und der Bereich der Wirtschaftsgüter, sozusagen die personelle Logistik, Verpflegung, Bekleidung, Un­ter­künfte et cetera bis hin zum Sprit, zum Sport- und Alpingerät. Wert: 37 Millionen €, 30 000 Artikel. Auf Grund der Vielzahl hat es natürlich Maßnahmen gegeben, die im Laufe der Zeit aber einen veritablen Rückschlag erlitten haben, vor allem anlässlich der Kooperation mit der Nato im Rahmen der „Partnerschaft für den Frieden“, als plötzlich andere Kriterien im Hinblick auf die Kompatibilität der beiden Systeme angelegt werden mussten.

Um es auf den Punkt zu bringen: Ressorteigene Software wurde ausgearbeitet. Es hat mit der Lagersoftware bereits große Fortschritte gegeben. Und ich höre aus dem Ressort des Ministers Platter, der wieder einen neuen Anlauf genommen hat, dass es keine Frage ist, dass die kompetenten, konstruktiven Anregungen des Rechnungs­hofes aufgegriffen und umgesetzt werden, nämlich die Materialstammdaten aller Wirt­schaftsgüter zu erheben, als Resultat daraus dann die Auslastung des Wirtschafts­per­sonals – immerhin rund 3 300 Kadermitglieder und 1 000 Grundwehrdiener – zu prü­fen, und selbstverständlich soll auch ein Projektcontroller im Haus bestellt werden. Insgesamt ein Modell, wie in konstruktiver Art und Weise die Weiterentwicklung eines wirklich interessanten Aufgabenbereiches bewältigt werden kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.01

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

 


19.01

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man Herrn Staatssekretär Finz beim Bericht des Rechnungshofes so still vor sich hin leiden sieht (ironische Heiterkeit des Staatssekretärs Dr. Finz sowie bei der ÖVP), dann hat man manchmal den Eindruck, seine von der ÖVP so hoch gelobte Kom­petenz kann sich in dieser seiner Funktion nicht so gut entfalten wie zu Zeiten, als er im Rechnungshof tätig war. (Abg. Dr. Stummvoll: Fröhlicher kann man nicht drein­schauen als der Staatssekretär! – Abg. Faul: Die Körpersprache kann man nicht verleugnen!)

Zweitens eine Anmerkung zu den Ausführungen der Kollegin Lentsch. Frau Kollegin Lentsch, wenn Sie uns hier das Leid und das bittere Los der Regierungsparteien so exemplarisch veranschaulichen, indem Sie Beispiele dafür anführen, wie dringend not­wendig es ist, dass die Bundesregierung noch mehr Werbung macht, weil das, was dieser vermehrten Werbung zugrunde liegt, nämlich die Hinterlassenschaft und die bit­te­re Arbeit ist, die die Bundesregierung zu bewältigen hat, weil Reformen schon 20 Jahre lang nicht gemacht wurden – und das ist ja bereits eine gefährliche Drohung, denn wenn sie 20 Jahre lang nicht gemacht wurden, dann ist das Leid dieser Bun­desregierung noch größer und daher der Werbeaufwand umso höher! –, wenn Sie all das so herbeibeschwören, so kann das trotzdem nicht rechtfertigen – und nichts kann das rechfertigen! –, dass diese Bundesregierung, vor allem einzelne Mitglieder dieser Bun­desregierung in einem Ausmaß unverantwortlich mit den Geldern für Information umgehen und diese tatsächlich missbräuchlich für Werbung verwenden, wie es bisher noch kaum gesehen wurde. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)


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Wir haben als Oppositionspartei schon verschiedenste Schattierungen von Koalitionen erlebt, aber das, was sich in den letzten Jahren abgespielt hat, ist einzigartig. Ich brin­ge Ihnen ein Beispiel: Unfallrente. Es wird die Besteuerung der Unfallrente eingeführt – Jahr 2000, 2001. Dann gibt es ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, durch das die Unfallrentenbesteuerung aufgehoben wird. Was macht die Bundesregierung, der Herr Sozialminister? – Obwohl er als Sozialminister diese Unfallrentenbesteuerung im­mer von hier aus vertreten hat – zwar nicht mit Überzeugung, aber doch –, macht er als Sozialminister ein Inserat, in dem er gemeinsam mit der Staatssekretärin sagt: Wir lösen unser Versprechen ein und heben die Unfallrentenbesteuerung auf! – Habe ich ein derartiges Versprechen jemals von der Bundesregierung gehört? (Abg. Mag. Kog­ler: Eingeführt haben sie es!) Gibt es dafür eine Grundlage, gibt es einen Beschluss des Nationalrates, die Unfallrentenbesteuerung aufzuheben? Das hätten wir ja gerne gehabt, wir haben es eingefordert, aber Sie und die Bundesregierung haben es ver­weigert. Und dann stellt sich Bundesminister Haupt mit seiner Staatssekretärin, die ihm jetzt in der Parteifunktion beigegeben oder „übergegeben“ ist, hin und sagt: Wir lösen ein Versprechen ein! – Welches Versprechen hat die Bundesregierung eingelöst? Die Unfallrentenbesteuerung aufzuheben? – Nein, die Bundesregierung hat sie eingeführt, aber nicht aufgehoben! Trotzdem, das steht im Inserat. Und da sagen Sie uns in die­sem Haus, all das sei rechtens und okay?

Nächster Punkt zu diesem einen Inserat (Abg. Mag. Kogler: Mit Steuergeldern!): Ers­tens: Die Unfallrentenbesteuerung wurde vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Zweitens: Sie wurde für die Jahre 2001 und 2002 rückwirkend aufgehoben, für das Jahr 2003 nicht, ab dem Jahr 2004 schon wieder. Das heißt, die Information des So­zialministers ist auch noch sachlich unrichtig, sie hat eine Lücke, die man sich in der Funktion eines Ministers nicht erlauben kann. Es ist falsch, mit dieser Desinformation an die Wählerinnen und Wähler oder an die Bürgerinnen und Bürger heranzutreten und dann noch zu sagen: Wir Ärmsten, die Leute sind so uninformiert, aber das ist nicht unsere Schuld, und daher müssen wir noch mehr Geld ausgeben!

Ich sehe schon den Zeitpunkt kommen, zu dem der Sozialminister, gerade weil er falsch informiert hat, vielleicht vom nächsten Sozialminister dann abgelöst, wieder eine Unfallrentenbesteuerungsauflösungs-Versprechenskampagne machen wird. Aber was interessiert das die Bürgerinnen und Bürger, und wie, glauben Sie, ist das zu rechtfertigen? – Vom Gesetz her keineswegs, sondern allein von Ihrer Bereitschaft als Regierungsmehrheit, derartige Vorgangsweisen eines Ministers einfach zu dulden: Wir schauen nicht hin!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Ihr Rezept: Wir schauen nicht hin, wir nehmen das hin, wir sind so arm, aber so unbedankt, und trotzdem machen wir weiter wie bisher, nämlich nicht hinzuschauen!, das kennen wir, und für dieses Rezept werden Sie mit Sicherheit noch eine Rechnung präsentiert be­kommen, wenn schon nicht vom Rechnungshof, der es kraft seiner Funktion nicht kann – er kann nur Berichte erstellen –, so doch von den Wählerinnen und Wählern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.07

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Faul. – Bitte.

 


19.07

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Prä­sident des Rechnungshofes! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn auch der Prüfbericht des Rechnungshofes betreffend Bundespensionskassen nicht unbedingt den großen Zündstoff beinhaltet, so zeigen die Gebarung und vor allem die Perfor-


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mance dieser staatlichen Bundespensionskasse doch ganz deutlich die Nachteile einer privaten – in diesem Fall staatlichen – Versicherung auf, die als Grundlage eine veran­lagungsorientierte Beitragsdeponierung hat.

Wie auch bei den Pensionskassen für uns Abgeordnete beispielsweise oder – wie erst kürzlich aufgezeigt – bei den Pensionskassen der ORF-Bediensteten liegen die Er­träge, die aus den Veranlagungen an den Börsen erzielt werden, weit unter den ver­sprochenen und vor allem unter den erwarteten Erträgen. Für mich stellt sich damit die Kernfrage: Kann man in Zeiten wie diesen, in denen die Börse weltweit so großen Schwankungen unterworfen ist, die Lebensabendsicherung von Millionen Österrei­chern den Schwankungen von Börsen unterwerfen? Kann man Menschen, die ihr Le­ben lang gut und vor allem hart gearbeitet haben, zumuten, dass sie ihre vermeint­lichen Erträge, die sie aus Veranlagungen in die von den Regierungsparteien gewollten zweiten und dritten Säulen erwarten, plötzlich dahinschwinden sehen, weil auch beste und auf Veranlagung spezialisierte Institute auf so große und auf Lebensplanung aus­gerichtete Zeiträume nicht reagieren können? Kann man den Menschen in Österreich zumuten, dass sie beispielsweise wie viele Menschen in Amerika um ihre gesamten Erträge umfallen, weil hoch dotierte Firmen mit betrügerischen Bilanzen ihre Perfor­mances an den Börsen so hoch halten und letztlich wie Kartenhäuser zusam­men­fallen? Denken Sie dabei an die Enron-Pleite und die Konkurse anderer Großfirmen.

Letztlich waren viele Menschen davon betroffen, beispielhaft nenne ich die Pen­sions­kasse der Lehrer, die nur noch 40 Prozent der erwarteten Pensionen aus den Erträgen lukrieren können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren der Regierungsparteien! Weil Sie so gerne nach Deutschland schauen und auf Deutschland verweisen – wir haben das heute oft genug gehört –, hören Sie sich an, was CDU- und CSU-Politiker über die Pen­sions­sicherungen in der zweiten und dritten Säule in Deutschland sagen. Ich habe erst gestern Norbert Blüm gehört, der sagt: Es kann ja wohl nicht sein, dass Schicksale von Millionen Menschen an der Börse gehandelt werden und auf Gedeih und Verderb den Zufallsgewinnen oder den Verlusten ausgesetzt sind, die die globale Wirtschaft an den Börsen derzeit erzeugt!

In unserem Land, meine ich, wird es wohl so sein müssen, dass in einem für uns berechenbaren Umlageverfahren die jüngere Generation für die Alterssicherung der älteren Generation aufkommt und sich der Staat, die Republik Österreich, auch dazu bekennt, einen Beitrag zur Alterssicherung zu leisten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.10

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kaipel. – Bitte.

 


19.10

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Hohes Haus! Die Grabreden der Regierungs­redner des heutigen Vormittags haben einmal mehr und in geradezu beeindruckender Weise das Chaos in dieser Regierung, das ein nicht enden wollendes ist, aufgezeigt. Kontinuität gibt es bestenfalls bei den gebrochenen Wahlversprechen. Seit vier Jahren sind Sie nunmehr mit inneren Problemen beschäftigt und finden dabei keine Zeit, sich den Problemen des Landes zu widmen. Über die „Qualität“ Ihrer Arbeit hat ja sehr eindrucksvoll und wiederholt der Verfassungsgerichtshof entschieden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, es ist sehr traurig, dass Sie nach vier Jahren noch immer nicht begriffen haben, dass aus schlechter Arbeit auch


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durch noch so teure Werbung keine gute wird. 35 Millionen € haben Sie in dieser kurzen Zeit für Werbemaßnahmen ausgegeben, 23 000 € pro Tag (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim); das ist jener Betrag, den ein Arbeiter für schwere Arbeit in einem ganzen Jahr verdient – und das geben Sie Tag um Tag für Werbung aus!

Großmeister in der Verschwendung ist zweifellos der Herr Finanzminister; er leistet sich die teuersten Berater. – Umso peinlicher ist es, dass er gerade dann, wenn seine eigenen Verfehlungen aufgedeckt werden, nichts anderes weiß, als zu sagen, er sei falsch beraten worden.

Der Herr Sozialminister steht diesbezüglich dem Herrn Finanzminister um nichts nach: Während Kranken und Schwachen die Lebensgrundlage zunehmend entzogen wird, leistet man sich Ausgaben von beinahe 10 Millionen € für Werbemaßnahmen – und zudem wächst im Umfeld des Sozialministers ein Privilegiensumpf, der seinesgleichen sucht.

Zu den Werbeausgaben im Kanzleramt – das wurde ja schon angesprochen –, mit der Kampagne „Zukunft ohne neue Schulden“: Tatsache ist, dass die neuen Schulden in dieser kurzen Zeit um mehr als 12 Milliarden € gestiegen sind und dass auch die Kampagne-Kosten von über 1,6 Millionen € durch neue Schulden finanziert wurden.

Der Rechnungshof schlägt eine klare Regelung zur Verhinderung dieser Verschwen­dungspolitik vor. Und was ist die Reaktion des Herrn Bundeskanzlers darauf? – Brau­chen wir nicht!

Da der Klubobmann der ÖVP heute Vormittag hier von diesem Pult aus gemeint hat, andere würden uns um diese Bundesregierung beneiden, sage ich diesen anderen: Ihr könnt sie haben! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

19.13

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


19.13

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! (Die Rednerin stellt eine Tafel in Richtung ÖVP auf das Rednerpult. – Abg. Grillitsch: Das habe ich schon gesehen! – Die sehen aber nicht alle!) Von einem meiner Vorredner ist gesagt worden: Eine Botschaft muss an die Bürgerinnen und Bürger gebracht werden! – Ich habe hier eine Botschaft mit, die an die Bürgerinnen und Bürger gebracht wurde, die man nur so umschreiben kann, dass es da offensichtlich einen „kreativen“ Umgang mit der Wahrheit gab, und zwar im Zu­sammenhang mit der Inseratenkampagne zur Unfallrentenbesteuerung.

Bei der Unfallrentenbesteuerung ist es so, dass die blau-schwarze Regierung, das Ka­binett Schüssel I, diese für die Jahre 2001 und 2002 eingeführt hat, dass der Verfas­sungsgerichtshof dann diese Unfallrentenbesteuerung aufgehoben hat – hier (auf die Tafel zeigend) aber steht, das hätte diese Regierung gemacht. – Also solche „Bot­schaften“ brauchen die Bürgerinnen und Bürger sicherlich nicht! (Abg. Neudeck: Da sieht man, wie die Werbung wirkt ...!)

Daran erinnert werden muss, dass die rund 110 000 Unfallrentnerinnen und Unfall­rentner in unserem Lande durch diese Besteuerung der Unfallrenten Einbußen von ei­nem Drittel ihres Einkommens erlitten haben. Diese 110 000 Menschen haben mit ei­nem Beitrag von 172,5 Millionen € ins Budget, in die „Grasser-Kassa“ eingezahlt, ohne davon auch nur einen Cent oder Euro zu sehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Solche „Botschaften“, verquickt mit einer Politik, die fern der Realität der Menschen ist, die fern von jenen Einstellungen und Haltungen ist,


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wonach zum Beispiel behinderte Menschen in unserer Gesellschaft gestützt und geför­dert gehören, sind vehement abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es steht hier in diesem Inserat, dass es der Regierung gelungen sei, für 2004 diese Be­steuerung zu streichen, dass es aber – man höre und staune! – für 2003 diese Besteuerung wieder gibt. – Also auch da zeigt sich der Dilettantismus dieser Re­gierung: Diese Besteuerung wurde nämlich durch den Verfassungsgerichtshof für die Jahre 2001 und 2002 aufgehoben. Im Jahre 2003 zahlen die Unfallrentnerinnen und Unfallrentner wieder ins Budget – und 2004 wird es dann wieder aufgehoben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Rechnungshof hat in sehr vielen Berichten und Darstellungen gezeigt, dass es sehr wesentlich und wichtig ist, sich immer genau an Vorgaben, an Themen, an Richtlinien zu halten. – Bei solch hohen Ausgaben für Wer­bung, für die von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern 23 000 € pro Tag hineinge­buttert werden müssen, können die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler nur sagen: Gute Nacht, Regierung! (Beifall bei der SPÖ.)

19.16

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


19.16

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staats­sekre­tär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Deutlich über 4 Millionen € an Aus­gaben für Inserate, Werbung, Propaganda – und das in nur einem einzigen Res­sort; verursacht vom „Sparefroh der Nation“, von Karl-Heinz Grasser, dem Bun­des­minister für Finanzen!

Einige Details, einige wenige Schmankerln aus dieser wohl endlos langen Liste an möglichen Freundschaftsdiensten möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Auch wenn Sie das vielleicht nicht hören wollen – ich widme diese Zahlen ganz besonders den Kolle­ginnen und Kollegen von der FPÖ, die 23 Stunden 59 Minuten am Tag immer mit sehr scharfer Zunge formulieren und in der letzten Minute dann immer den großen Beißkorb umgehängt bekommen und plötzlich ganz ruhig werden (Zwischenruf des Abg. Wattaul) –:

163 000 € für eine PR-Kampagne, um die eigenen Leistungen besser darstellen zu können – Herr Finanzminister, das hat nicht wirklich geholfen, wie wir wissen!

145 000 € für den allseits bekannten wendigen und redseligen Pensionsexperten der Nation Dr. Bernd Marin – einen näheren Kommentar dazu möchte ich mir ersparen! (Ruf bei der ÖVP: Sozialdemokrat!)

326 000 € für Informationen zum Nulldefizit, einem virtuellen „Ereignis“, das es in Wirk­lichkeit nie gegeben, das nie stattgefunden hat – das ist eigentlich ein starkes Stück!

508 000 € für die Kampagne „Wir sichern die Pensionen!“ – Eigentlich sollte es heißen: „Wir rauben Ihnen die Zukunft!“ – und dafür sind 500 000 € viel zu viel! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Über 4 Millionen € verpulvert, um sich selbst darzustellen, um den Menschen Aktivität und seriöse Politik vorzugaukeln – und wer weiß, ob das schon das Ende der Fahnenstange von der Geldverschwendung war. Untersucht ge­hören diese dubiosen Geldgeschenke allemal!

Ich möchte mir nun erlauben, einige Sätze zur erheiternden Aufgeregtheit des Abge­ordneten Neugebauer – ich weiß gar nicht, ob er jetzt hier ist – zu sagen, und zwar zu angeblichen „verbalen Attacken“ im oberösterreichischen Wahlkampf, den ich übrigens leibhaftig und selbst miterlebt habe. Ich erinnere nur an Folgendes: „Haschisch in den


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Trafiken“, „unkontrollierte Sterbehilfe“, „Halbierung der Familienbeihilfe“, „3 € für den Li­ter Benzin“ – für dieses rot-grüne Schreckgespenst wurde im letzten Nationalrats­wahlkampf alles Mögliche an Lügen strapaziert. Aber ist ja kein Problem, ist doch allseits bekannt: Am Wochenende gibt es ja die Möglichkeit zur Beichte!

Von einem „Saubartl“-Wahlkampf hat Herr Landeshauptmann Pühringer gesprochen. (Abg. Dr. Fekter: War es! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Ja, das hat Herr Landeshauptmann Pühringer gesagt! Sie werden das doch wohl noch wissen! Und seine holprigen Versuche, diesen Ausspruch mit oberösterreichischen Fabeln und Le­genden zu umschreiben, waren doch eine ein wenig schwache Angelegenheit. Aber man sagt ja immer: Seid nicht wehleidig, Sozialdemokraten, das müsst ihr aushalten!

Abschließend kann ich sagen: Wer austeilt, muss auch einstecken können!, und das müsste doch gerade Kollege Neugebauer am besten wissen! (Beifall bei der SPÖ.)

19.19

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Puswald. – Bitte.

 


19.20

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! (Zwischenruf des Abg. Wattaul.) – Lieber Freund, ich grüße dich!

Damit man uns nicht wieder vorwirft, wir würden dirty campaigning betreiben, darf ich Ihnen die Medien zitieren, die ja bekanntlich nicht ausschließlich in böser roter Hand sind. Da gibt es Schlagzeilen zu den Rechnungshofberichten, die lauten:

„Rechnungshof kritisiert schwarz-blaue Personalauswahl“, „Unterlagen der Personal­berater vernichtet bzw. verschwunden“, „ÖBB: Nur eines der drei bestellten Vor­stands­mitglieder ausreichend qualifiziert“, „Vertragsklausel fehlt“, „Ungereimtheiten bei Post­bus AG“, „Kostenintensive ,Umfärbelung’ bei der Asfinag“, „Neues Vorstandsmitglied ohne schriftlichen Vertrag“.

Und dann vielleicht noch die Headline aus der „Presse“: „Verstaatlichte: Spesenritters teure Entpolitisierung“. – Dort wird dann darauf hingewiesen, dass der Rechnungshof zu Recht – und wir haben das auch im Ausschuss ausführlich diskutiert – die Um­gehung von Normen unter anderem und insbesondere durch den Herrn Finanzminister kritisiert, der sich zwar selbst auf die Fahnen heftet, es werde ja alles so wunderbar ausgeschrieben und nach allen Vergaberichtlinien vorgegangen, aber dann vergisst man eben während des Vorganges, dass man sich selbst diese Pflicht auferlegt hat, und das kostet dann Millionen und Abermillionen.

Aber nicht nur, dass hier einfache gesetzliche Normen verletzt werden, es geht ja noch weiter: Auch das Verfassungsrecht ist offenbar nicht unbedingt das Liebkind dieser unglückseligen schwarz-blauen Koalition. (Abg. Scheibner: Vorsicht!) Blau-schwarzen Koalition, wenn Sie möchten, Herr Klubobmann. (Abg. Scheibner: Glückseligen!) Unglückseligen!

Wenn vorhin die Abgeordneten Neudeck und Ledolter zumindest nicht widersprochen haben, dass man sich einen Staatssekretär Finz als zukünftigen Rechnungshof­präsi­denten vorstellen kann, dann möchte ich diesen Herrschaften und auch den anderen Mitgliedern dieser Fraktionen ans Herz legen: Bitte, studieren Sie die Bundes­verfas­sung, denn das wäre der nächste verfassungswidrige Akt, den Sie vorhaben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Apropos Verfassungswidrigkeiten: Die gehören ja offenbar ohnedies schon zum täg­lichen Programm dieser Regierung. Ich wurde jüngst von Frau Abgeordneter Dr. Fekter


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kritisiert, weil ich von Husch-Pfusch-Gesetzen gesprochen habe. Zwei Tage später schreiben das alle Medien und verweisen darauf, dass von 62 geprüften Gesetzen 43 Gesetze – mehr als zwei Drittel! – verfassungswidrig sind. Na gratuliere, meine Damen und Herren, auch zu Ihrem Justizminister!

Um gleich bei den Verfassungswidrigkeiten zu bleiben: Dass der Herr Finanzminister das Verfassungsgesetz im Hinblick auf die Unvereinbarkeit nicht so ernst nimmt, ist eines. Aber dass mir im Unterausschuss Herr Kollege Tancsits, als ich auf die Ver­fassung hinweise, vorwirft, ich glorifiziere die Verfassung – ja, schlimmer kann man sich in einem Rechtsstaat wohl nicht mehr disqualifizieren, als wenn man jemandem, der sich auf die Verfassung beruft, eine Glorifizierung derselben vorwirft! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

In dieses Bild passt dann auch der Herr Bundeskanzler, denn was macht er? – Er macht wie immer, in bewährter Manier, nichts. Er sitzt das aus – frei nach: Sitting Bull of Austria. – Wobei ich korrigiere: Von einem Bullen ist weit und breit nichts zu sehen. Dazu tut er zu wenig. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schönpass. – Bitte.

 


19.23

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Dieser Regierung ist bekanntlich in man­chen Bereichen nichts zu teuer, koste es, was es wolle. Sie gibt Steuergelder für die teuersten Kampfjets, die es auf dem Markt gibt, aus, obwohl diese mit gravierenden Mängeln behaftet sind, wie zuletzt vom deutschen Rechnungshof bestätigt. (Abg. Scheibner: Mein Gott! Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?) Sie gibt Millionen Euro für Berater aus, die in vielen Fällen gegen Vorschriften des Vergabegesetzes lukrative Aufträge erhielten; Millionen Euro für Werbeagenturen, die entweder Regie­rungspropaganda verbreiten oder den Finanzminister – Marke KHG – vermarkten.

Einen wichtigen Auftrag haben Sie leider nicht vergeben: einen Auftrag an jemanden, der einigen Regierungsmitgliedern erklärt, was Rechtsstaatlichkeit und gesetzes­kon­formes Verhalten bedeutet.

Diese Verschwendungen sind allgemein bekannt. Weniger bekannt, aber erfreulicher­weise vom Rechnungshof aufgezeigt sind Mängel, die sich im internen Ablauf des Finanzministeriums bei der Vergabe der Familienbeihilfe finden. Einige Beispiele: Es gibt bei der Abwicklung des Familienbeihilfeverfahrens nicht einmal ein Personal­infor­mationssystem, mit dem halbwegs aussagekräftige Daten gewonnen werden können. Jede Firma oder Institution, die eine Kostenrechnung führt, weiß, wie unverzichtbar dieses Instrument ist. Der Finanzminister kann offenbar darauf verzichten.

Zweitens: Obwohl die Medien in letzter Zeit intensiv über Betrugsfälle berichteten, in die Beamte des Finanzamtes verwickelt waren, nahm das Bundesministerium für Fi­nanzen überhaupt keine Besuche bei Beihilfestellen vor. Vielmehr empfahl es den Fi­nanzlandesdirektionen, von Inspektionen Abstand zu nehmen!

Drittens: Besonders markant, weil sie ein bezeichnendes Licht auf den Widerspruch zwischen Selbstdarstellung und Realität werfen, sind Eingabefehler, die bei der Er­fas­sung von Anträgen auf Familienbeihilfe erfolgt sind. Da rühmt sich die Regierung, eine moderne Verwaltung zustande gebracht zu haben, Finanz Online wird als das Gelbe vom Ei propagiert, E-Government ist in aller Munde – und dann stellt sich heraus, dass


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man nicht einmal in der Lage ist, einfache Kontrollmechanismen in die Erfassungs­formulare einzubauen.

Meine Damen und Herren! Die Liste der Mängel und Fehler innerhalb des Verant­wor­tungsbereiches des Finanzministers ist lang und lässt sich im Rechnungshofbericht nachlesen. Man gewinnt den Eindruck, dass am falschen Ort gespart wird. Funk­tionie­rende interne Abläufe, die sowohl den Bürgerinnen und Bürgern als auch den Bediens­teten nützen, haben offenbar keine Priorität. Der Widerspruch zwischen PR-Schein und bürgerferner Realität im Grasser-Ressort ist offenkundig. (Beifall bei der SPÖ.)

Den vorliegenden Rechnungshofbericht, für dessen ausgezeichnete Ausarbeitung ich Herrn Präsidenten Fiedler und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danke, nimmt die SPÖ nicht zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

19.27

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


19.27

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Der Abgeordnete Puswald hat mich als Verfassungs­sprecher meiner Fraktion mit seinen Ausführungen herausgefordert, weil er der Re­gierung einen etwas flapsigen Umgang, wenn ich frei interpretieren darf, mit der Ver­fassung bei der Gesetzgebung vorgeworfen hat. (Abg. Mag. Wurm: Der Herr Tancsits!)

Abgeordneter Puswald, du bist noch nicht lange hier im Hohen Haus und hast nicht jene Zeit miterlebt, als es bei der Gesetzeswerdung und Gesetzesverabschiedung noch einen ganz anderen Umgang mit der österreichischen Bundesverfassung ge­geben hat. Da hat es nämlich eine Zweidrittelmehrheit im Hohen Haus gegeben, wobei deine Fraktion den Bundeskanzler gestellt hat, und da hat man es sich sehr einfach gemacht: Man hat jede Bestimmung, von der man befürchtete, dass sie mög­li­cherweise der verfassungsgerichtlichen Kontrolle nicht standhält, ganz einfach mit Zweidrittelmehrheit in Verfassungsrang erhoben und so wieder und wieder mit diesem Missbrauch – ich sage wirklich bewusst Missbrauch – der Verfassungsbestimmung jede Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof verhindert.

Und trotzdem, Kollege Puswald, hat es im Jahr 2000 prozentuell die meisten Kritik­punkte des Verfassungsgerichtshofes an der Gesetzgebung gegeben, und das war noch die Gesetzgebung der alten Koalition mit Zweidrittelmehrheit.

Wir gehen einen anderen Weg. Selbstverständlich versucht der Gesetzgeber, mög­lichst seine Ideen, seine Initiativen in ein Gesetz zu kleiden. Selbstverständlich wird man hier die Expertise von Fachleuten heranziehen, aber wir haben es heute schon einmal gehört: Da gibt es eben eine Meinung und eine entgegengesetzte Meinung. Aber das ist ja der Sinn der Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes: dass er nach­vollziehend überprüft, ob eben die Bundesverfassung und die verfassungsrechtlichen Grundprinzipien eingehalten worden sind. Wenn nicht, dann wird der Verfas­sungs­gerichtshof den Auftrag geben, das zu reparieren, und wenn ja, dann ist eben das Ge­setz in Bestand.

Das ist Rechtsstaat, Kollege Puswald, der Gott sei Dank jetzt, unter dieser Koalition, auch tatsächlich zu 100 Prozent verwirklicht wird – und nicht so wie in der Zeit, als deine Partei die Regierung gestellt hat und man durch Missbrauch der Verfas­sungs­bestimmung genau dieses rechtsstaatliche Prinzip, die Kontrolle durch die Höchst­gerichte, ausgeschaltet hat.


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Diese Kritik, glaube ich, ist völlig fehl am Platz. Wir stehen zu unseren Gesetzen, und wir stehen auch zur Kontrolle dieser Gesetze durch den Verfassungsgerichtshof. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.30

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den Wahr­nehmungsbericht (III-29 der Beilagen) des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­spre­chendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den Wahrneh­mungsbericht des Rechnungshofes (III-13 der Beilagen) über Teilgebiete der Ge­barung des Bundes zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Es ist dies mehrheitlich angenommen.

5. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (203 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird (245 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (204 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Seilbahnen erlassen wird (Seilbahn­gesetz 2003 – SeilbG 2003) und mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird (246 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

 


19.32

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wie schon öfter in diesem Hause kommen wir wieder zur abendlichen Verkehrs­de­batte. Diese Debatte spielt sich ja meist in den Abendstunden ab und wird dann entsprechend lustig.

Ich möchte zum ersten Punkt, nämlich zur Promillegrenze für die Schifffahrt am Bo­densee, im Anschluss an die Debatte im Verkehrsausschuss nur eine Kleinigkeit an­merken. Derzeit ist die Promillegrenze mit 0,8 Promille für alle geregelt, die Fahr­zeuge auf dem Bodensee lenken. Wir Grüne stehen jederzeit für eine Initiative zur Verfügung, diese Grenze auf 0,5 Promille zu senken. Die 0,8 Promille ergeben sich daraus, dass es sich hier um internationale Verpflichtungen handelt und dieses Gesetz offensichtlich im Ministerium so gut abgelagert wurde wie ein gutes Steak – allerdings, so glaube ich, aber auch schon fast verfault ist, so wie ein gutes Steak, das zu lange gelegen ist.


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Es wäre durchaus interessant und auch notwendig, die Grenze auf 0,5 Promille zu senken. Für die Berufsfahrer gibt es ohnehin die 0,1-Promille-Grenze, und das ist auch richtig und notwendig, denn der Bodensee – so hat mir meine Kollegin berichtet – ist auch ein Brennpunkt von Unfällen auf dem Wasser. Was noch ein ungelöstes Problem ist, ist die Kontrolle, und zwar die Form, in der sie stattfinden soll.

Der zentrale Punkt für mich in diesen beiden zusammengezogenen Verkehrsanträgen ist allerdings das neue Seilbahngesetz. Meine Damen und Herren! Dieses Seilbahn­gesetz ist die Umsetzung einer von Seiten der Europäischen Union bestehenden Ver­pflichtung, Sicherheitsstandards für Seilbahnanlagen zu treffen, die nicht im Eisen­bahngesetz mitgeregelt werden, so wie das bisher der Fall war.

Es ist im Grunde positiv, dass wir hier ein eigenes, konzentriertes Gesetzeswerk schaffen, aber es wäre noch positiver gewesen, wenn man auf den schrecklichen, grässlichen Unfall von Kaprun angemessen reagiert und strengere Überprüfungs­inter­valle für Seilbahnanlagen eingeführt hätte.

Meine Damen und Herren! Man begnügt sich in diesem Gesetz mit einem fünfjährigen Überprüfungsintervall, und das halte ich gelinde gesagt für skandalös. Wir hätten auf Grund dieses traurigen Unfalles natürlich die Verpflichtung, strengere Kontrollen vor­zunehmen.

Das ist aber leider noch nicht alles. Es fehlt außerdem an kontrollierendem Personal. Es steht sogar in der Regierungsvorlage explizit drinnen, dass für diejenigen, die die Kontrolle vorzunehmen haben, viel zu wenig personelle Kapazitäten vorliegen. Das hat uns auch motiviert, eine ablehnende Stellungnahme zu diesem Gesetz zu erstatten.

Für mich gibt es aber noch einen weiteren Punkt. Die Neufassung der Regelungen für Seilbahnanlagen in einem eigenen Gesetz hätte die Chance geboten, endlich ein paar uralte, gänzlich veraltete Bestimmungen herauszunehmen. Ich nenne zwei davon: Seil­bahnunternehmen werden, was verschiedenste Rechte betrifft, vergleichbar mit dem Eisenbahnwesen geregelt. Das ist auf Grund der Entstehungsgeschichte zwar ver­ständlich, aber nicht mehr zeitgemäß, meine Damen und Herren.

Man kann heute – und das bitte ich Sie, sich auf der Zunge zergehen zu lassen! – für eine Seilbahnanlage ebenso enteignen wie für eine Eisenbahn. Bei einer Eisenbahn kann man über eine Enteignung, auch wenn ich sie nicht für sinnvoll halte, eventuell noch diskutieren, wenn jemand sozusagen aus Bestemm, aus persönlichem Interesse eine Bahntrasse blockiert. Aber für eine Seilbahn, die in Österreich nicht öffentliche Mobilitätszwecke erfüllt, sondern ausschließlich in Gewinnabsicht als touristische Anlage zum Vergnügen der Menschen errichtet ist, kann man heutzutage in einem modernen Gemeinwesen nicht mehr enteignen, meine Damen und Herren. Das geht nicht! (Beifall bei den Grünen.) Das haben Sie aber in diesem Gesetz wiederum festgeschrieben.

Die Seilbahnunternehmen, in Tirol im Volksmund treffend „Liftkaiser“ genannt, werden privilegiert bis zum Gehtnichtmehr. Sie müssen sich nur dann, wenn UVP-Pflicht, also Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht vorliegt, entsprechend mit den Fragen der Um­welt auseinander setzen. Nachbarrechte werden den „Liftkaisern“ aus dem Weg ge­räumt wie nichts, und das ist inakzeptabel!

Wenn ich das mit anderen baulichen Anlagen, die in Österreich errichtet werden, ver­gleiche, muss ich sagen: Das ist eine unzulässige Privilegierung, die auch der auch in diesem Hause hinreichend abgefeierten Alpenkonvention widerspricht, denn dort ist die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Umweltschutz und der alpinen Erfordernisse, der Berücksichtigung der sensiblen alpinen Natur festgeschrieben.


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Wir alle haben uns über diese Alpenkonvention gefreut, einschließlich der ÖVP und sogar mancher aus der FPÖ. Trotzdem haben Sie in diesem Gesetz die Alpen­kon­vention außen vor gelassen.

Weitere Privilegierungen sind, dass zum Beispiel keine Rücksichtnahme auf Gefahren­zonenpläne vorgeschrieben ist, etwas, wozu jeder Häuslbauer bei der Errichtung einer Stützmauer verpflichtet ist, was aber für einen Seilbahnunternehmer offensichtlich über­haupt nicht gilt.

Meine Damen und Herren! Ich kann diesem Gesetz nicht zustimmen, denn es bedeutet eine unzulässige Privilegierung einer Machtclique, die in unseren Tälern herrscht – und die sich, so wie jede Staatsbürgerin und jeder Staatsbürger, dem normalen Rechtszug zu unterwerfen hat! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.38

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Regler. – Bitte.

 


19.38

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Wir haben heute zwei Vorlagen im Verkehrsbereich zu be­schließen. Zur Novelle zum Schifffahrtsgesetz möchte ich nur so viel sagen: Sie ist not­wendig, damit die Alkoholbestimmungen des Schifffahrtsgesetzes auch auf dem Bo­densee, auf dem ein anderes, ein internationales Regime herrscht, vollzogen werden können, zum Beispiel durch Sicherungsmaßnahmen bei Alkoholbeeinträchtigung von Schiffsführern oder Abnahme des Befähigungsausweises.

Hohes Haus! Das wichtige, große Gesetz, das wir heute beschließen, ist das Seil­bahngesetz. Das ist aus meiner Sicht ein wirklich epochales Gesetz, und ich hatte mir eigentlich erwartet, dass es diesbezüglich Einstimmigkeit gibt. Dass die Grünen nicht zustimmen, ist aber nicht weiter verwunderlich, da sind wir ja einiges gewohnt.

Frau Dr. Lichtenberger! Ich bin sicher auch sehr sensibel, was die Alpen angeht. Ich denke etwa daran, wie viele Drei- und Viertausender ich mit Skiern und Fellen im Winter bestiegen habe und wie ich als Bub im Treppenschritt die Himmelhofwiese hinaufgestiegen und dann hinuntergefahren bin. Ich kenne also den sanften Tou­rismus. Aber heute ist es eben unheimlich wichtig, dass für den Tourismus Aufstiegs­hilfen zur Verfügung gestellt werden.

Warum die SPÖ nicht zustimmt, der man doch eine gewisse Wirtschaftskompetenz zuerkennen muss, ist mir allerdings unverständlich.

Bisher waren die Seilbahnen im Eisenbahngesetz geregelt. Sie sind auch Eisenbahnen im technischen Sinn, weil sie spurgebunden fahren. Wir Bauingenieure sprechen hier von Bahnen besonderer Bauart, das ist der technische Ausdruck. Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, jetzt doch ein eigenes Gesetz für die Seilbahnen zu erlassen, in das sicherlich wichtige Bestimmungen des Eisenbahngesetzes übernommen werden; zum Beispiel gilt auch das Eisenbahnenteignungsgesetz, das ja ausjudiziert ist, wo man wirklich Rechtssicherheit hat, weiterhin.

Der Anlass für dieses eigene Gesetz ist die EU-Seilbahnrichtlinie, für die unter öster­reichischer Präsidentschaft im ersten Halbjahr 1998 ein gemeinsamer Standpunkt erzielt werden konnte. Ich habe das damals als einen der größten Erfolge der öster­reichischen Präsidentschaft angesehen, und zwar deshalb, weil es uns gegen den Widerstand von Staaten wie England oder Frankreich gelungen ist, unsere Sicher­heitsbestimmungen im Seilbahnwesen für ganz Europa auszuweiten. Außerdem haben es durch einheitliches Recht unsere Seilbahnbauer, unsere Seilbahnindustrie wie die


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Firma Doppelmayr viel leichter, in die anderen Staaten zu exportieren. Wir haben also hier wirklich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr schwierig bei diesem Gesetz war die Kompetenzlage. Und zwar ist es um zwei Punkte gegangen, die nun gegenüber dem bisherigen Eisenbahngesetz beziehungs­weise der Gewerbeordnung anders sind. Das Erste ist die Kompetenz für die kup­pel­baren Sesselbahnen. Es gibt in Österreich 242 solche kuppelbaren Sesselbahnen. Sie unterscheiden sich in der Technik nicht von den kuppelbaren Kabinenseilbahnen. Die Länder waren aber trotzdem der Meinung, dass sie die Kompetenz übernehmen sollten. In langen Verhandlungen wurde ein aus meiner Sicht und auch aus der Sicht der Wirtschaft sehr guter Kompromiss gefunden: Hinsichtlich Konzessionen und Bau­genehmigung bleibt die Kompetenz beim Verkehrsministerium; hinsichtlich Betriebs­bewilligung, also wenn die Bahn einmal gebaut ist, dass der Betrieb aufgenommen werden kann, und hinsichtlich der Überwachung liegt die Kompetenz beim Landes­hauptmann, wobei der Landeshauptmann dann, wenn er im Land nicht entsprechende Beamte, die das abwickeln können, zur Verfügung hat, selbstverständlich auch be­sonders zertifizierte Stellen zur Überprüfung einsetzen kann.

Der zweite Kompetenzbereich sind die Schlepplifte. Wir haben in Österreich 2 300 Schlepplifte. Hier wandert die Kompetenz, die bisher bei den Bezirkshaupt­mann­schaften lag, ebenfalls zum Landeshauptmann. Sie unterliegen nun dem Verfahren, das für Seilbahnen generell gilt. Wie gesagt, eine sehr, sehr gute Lösung.

Ich möchte noch erwähnen, dass in Österreich im Jahr 550 Millionen Personen von den Seilbahnen befördert werden. Das sind genauso viele Personen, wie alle Kraft­fahrlinien in Österreich pro Jahr befördern, und – passen Sie gut auf! – dreimal so viel, wie die gesamten ÖBB in einem Jahr befördern. Daran sieht man die unvorstellbar große wirtschaftliche Bedeutung der Seilbahnen.

Ich glaube, um Frau Dr. Lichtenberger anzusprechen, um die Alpenkonvention und das dazugehörige Tourismusprotokoll müssen wir uns nicht sorgen, auch um die Umwelt nicht. Es bleiben die Umweltgesetze der Länder zu beachten, und auch die Alpen­konvention mit ihrem entsprechenden Protokoll ist als internationaler Vertrag zu be­achten. Der Sitz kommt ja nach Innsbruck, also wird dort die Behörde sicher besonders darüber wachen.

So bleibt mir als Letztes nur über, mich herzlich zu bedanken. Ich möchte mich beim Herrn Bundesminister und beim Herrn Staatssekretär für die wirklich ausgereifte und nach langen, langen Diskussionen einvernehmlich erzielte Vorlage sehr herzlich be­danken, auch bei den Beamten des Ressorts, besonders bei Ministerialrat Dr. Küh­schelm, der eine positive und kompetente Anlaufstelle war und das Ganze zu einem guten Ende gebracht hat, sodass ich heute nur mehr sagen kann: Hohes Haus, ich bitte um die Zustimmung! (Beifall bei der ÖVP.)

19.44

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Binder. – Bitte.

 


19.45

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich mit der Änderung des Schifffahrtsgesetzes be­schäftigen, denn dadurch wird die Bodensee-Schifffahrts-Ordnung, wo nun die Grenz­werte für das Steuern von Wasserfahrzeugen unter Alkoholeinwirkung festgesetzt wer­den, vollzogen, und das Schifffahrtsgesetz wird ausdrücklich auf den Bodensee aus­gedehnt. Nach In-Kraft-Treten kann in Zukunft die Bundesgendarmerie mit Alkomaten Routinekontrollen vornehmen. Ich hoffe nur, dass genügend Personal zur Verfügung


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steht. Im Bereich der Schifffahrt ist das Lenken mit bis zu 0,8 Promille Alkohol im Blut möglich, im Rahmen der gewerblichen Schifffahrt nur mit bis zu 0,1 Promille.

Meine Damen und Herren! Eine Anregung von mir im Ausschuss war – und ich gebe da Frau Kollegin Lichtenberger Recht –, auch darüber nachzudenken, dass die Pro­millegrenze, so wie sie im Straßenverkehr Gültigkeit hat, auch im Schifffahrtsbereich auf 0,5 herabgesetzt wird, denn ich meine, dass dies eine Möglichkeit ist, mehr Sicher­heit zu gewährleisten – Sicherheit für die Benützer der unterschiedlichsten Verkehrs­mittel, sei es das Auto, sei es das Schiff, sei es die Bahn. 3,5 Millionen Menschen wur­den im Jahr 2001 allein am Wasser befördert. Diese erhöhte Sicherheit würde na­türlich allen Verkehrsteilnehmern zugute kommen.

Meine Damen und Herren! Es gibt eine neue Unterlage über einen traurigen Rekord, der vor allem den Bodensee betrifft. Es wird in diesem Bericht festgestellt, dass seit 17 Jahren noch nie so viele Unfälle passiert sind wie im Jahr 2002. Insgesamt waren 199 Menschen an Unfällen beteiligt, acht Menschen wurden dabei getötet. Die häu­figsten Unfallursachen sind mangelnde Sorgfalt, technische Mängel und schlechte Seemannschaft auf den Segel- und Motorbooten und Leichtsinn.

Meine Damen und Herren! Sicherheit ist ein wesentlicher Aspekt im öffentlichen Ver­kehr, und wer sich alkoholisiert hinter das Steuerrad oder hinter ein Lenkrad setzt, handelt verantwortungslos und nimmt in Kauf, dass er sich selbst und vor allen Dingen andere gefährdet. Die Unfallgefahr steigt rapide mit der Promillehöhe. Vor allem sind vielfach Unschuldige betroffen.

Sicherheit hat einen großen Stellenwert und muss diesen haben. Wir stimmen deshalb dieser Vorlage zu.

Ein letzter Hinweis, Herr Staatssekretär: Bei den vorliegenden Entwürfen zur ÖBB-Reform sollte auch der Sicherheitsaspekt ein großer und wesentlicher Punkt sein. Ich denke, die vorliegenden Entwürfe deuten auf nichts Gutes hin, eher auf eine Zer­schlagung und Zerstückelung der Österreichischen Bundesbahnen, und das auf Kos­ten der Sicherheit. Und das lehnen wir Sozialdemokraten auf jeden Fall ab! (Beifall bei der SPÖ.)

19.48

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wattaul. – Bitte.

 


19.48

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Das Bodensee-Schifffahrtsgesetz ist deshalb notwendig geworden, weil der Bodensee ein internationales Gewässer ist; für österreichisches Gewässer, für Donau und Bin­nenseen, hat dieses Gesetz schon seit 1996 Gültigkeit. Wie schon erwähnt, gilt die Promillegrenze von 0,8 für private, von 0,1 für die gewerbliche Schifffahrt. Diese Vor­lage dient auch der Rechtssicherheit, und ich glaube, das ist gut so – sie ist ja auch im Ausschuss einstimmig angenommen worden.

Zum Seilbahngesetz. Ich halte wirklich nichts davon, Frau Lichtenberger, wenn hier schon wieder ein Feindbild geschaffen wird. Sie sprachen – wie haben Sie das genannt? – von den so genannten Liftkaisern. Aus meiner Sicht – und ich habe mich auch bei den Ländern erkundigt – ist damit wirklich jeder zufrieden. Im Wesentlichen werden hier Bundes- und Länderzuständigkeiten geordnet. Auch sehr wichtig ist – wir haben das im Ausschuss erfahren –, dass das Arbeitsinspektorat an der Entstehung dieses Gesetzes aktiv beteiligt war. Ich glaube, das ist auch sehr positiv. Insgesamt kann man sagen, dass das ein ausgewogenes Gesetz ist.


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Vielleicht noch ein Satz zum Thema Umwelt. Ich weiß nicht, Frau Lichtenberger, haben Sie vergessen, dass es „Natura 2000“ gibt? Darin wird ganz genau geregelt, dass eben keine neuen Anlagen mehr gebaut werden dürfen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Sie kennen „Natura 2000“ nicht, Herr Kollege!) Da jetzt ein Feindbild zu schaffen, das ist nicht in Ordnung. Bei den Liftgesellschaften – meistens sind es ja Gesellschaften – ist es ja nicht eine Person, die sich da bereichert, es sind meistens Gemeinden beteiligt, die sich in Fremdenverkehrsverbünden zusammenschließen und dort für den Frem­den­verkehr, für unsere Wirtschaft tätig sind. Und dass man die jetzt quasi als Kapi­talmacher oder „Liftkaiser“ hinstellt, das sehe ich wirklich nicht ein. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Stadler. – Bitte.

 


19.51

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekre­tär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die EU-Seilbahnrichtlinie macht, wie wir das ja bereits von Vorrednern gehört haben, eine Umsetzung in na­tionales Recht notwendig – und aus diesem Grund war auch das Seilbahngesetz not­wendig.

Als Tiroler Abgeordnete möchte ich mich nun auf die Rede meiner Kollegin Lichten­berger beziehen. Frau Kollegin Lichtenberger, Sie kritisieren, dass der Schutz der Umwelt und der Nachbarschutz nicht gegeben seien. Sie, Frau Abgeordnete Lichten­berger, waren einmal die für Umwelt zuständige Landesrätin in unserem Bundesland Tirol, aber offensichtlich haben Sie vergessen, mit welcher Sorgfalt Anlagen in Tirol bewilligt werden, dass nicht nur früher, vor dem neuen Seilbahngesetz, das Eisen­bahngesetz dafür zuständig war, sondern dass es eine Reihe von Verfahren gibt, um den Bau einer Seilbahn- und Liftanlage überhaupt zu genehmigen, so zum Beispiel naturschutzrechtliche Verhandlungen, Rodungsbewilligungen, UVP und dergleichen – und das im gesamten Widmungsverfahren; es gibt also nur Sonderwidmungen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja, eben!) Haben Sie, Frau Abgeordnete Lichtenberger, das alles vergessen?

Und was mich noch mehr stört, ist, dass Sie als Tirolerin sagen, dass das Nach­barschaftsrecht verletzt werde, obwohl wir alle wissen, dass es, wenn ein Lift gebaut wird, nicht nur nachbarschaftliche, sondern auch regionale Zusammenschlüsse und Abkommen gibt. Kein einziger Nachbar hat sich noch beschwert, wenn ein Lift gebaut wird! (Abg. Dr. Lichtenberger: Weil er es gar nicht kann!) Ganz im Gegenteil: Jeder weiß, dass es wirtschaftlichen Erfolg bedeutet, wenn man in der Nachbarschaft eine Liftanlage hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Folgendes muss man, glaube ich, ganz klar festhalten: In den entlegenen Talschaften, wie wir sie in vielen Bundesländern, so auch in Tirol, haben, ist ein Wirtschaften nur mit dem Tourismus möglich. Und dazu sind eben Aufstiegshilfen notwendig. Ich glaube, dass Sie, Frau Kollegin Lichtenberger, den Menschen nichts Gutes tun, wenn Sie diese Kritik üben, weil die Menschen wissen, dass Arbeitsplätze vor Ort ein Wirtschaften im Tal bedeuten, und die Menschen wissen auch, dass ein Weiterführen der Land­wirt­schaft in den Talschaften nur möglich ist, wenn eben ein Arbeitsplatz vor Ort gegeben ist – und das verhindert auch ein größeres Auspendeln aus den Talschaften. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dazu, dass Sie von der Opposition kritisieren, dass das Enteignungsrecht mitge­nom­men wurde: Im Zuge eines Liftprojektes gibt es kein einziges Verfahren, bei dem eine Enteignung durchgeführt worden ist. Im Gegenteil: Zwischen Grundeigentümern und


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Seilbahnbetreibern herrscht gutes Einvernehmen – und auch die Umwelt wird weit besser betreut, weil es Entschädigungszahlungen gibt. Viele Pistenbereiche sind Alm­bereiche.

Ich lade Sie ein, meine Damen und Herren, einmal eine Almwanderung zu machen – und dann werden Sie merken, dass die Almen gut bewirtschaftet und gepflegt werden. Sie von der Opposition malen Szenarien, die jeglicher Grundlage entbehren – und das stört mich! (Beifall bei der ÖVP.)

Weil auch gesagt wurde, dass der öffentliche Verkehr in Wintersportorten gefördert wer­den muss, darf ich auf Folgendes hinweisen: Es gibt nicht nur den öffentlichen Verkehr, sondern auch einen Wanderbusverkehr, einen Skibusverkehr, meistens zu Gratistarifen für alle. Das ist öffentlich, damit darf jeder fahren, es darf jeder auf einem Lift sitzen, jeder in einen Skibus beziehungsweise in einen Wanderbus einsteigen. Das heißt, durch die Finanzierung der Gemeinden, der Tourismusverbände und der Seil­bahnbetreiber haben wir einen besseren öffentlichen Verkehr in den ländlichen Regionen – und nicht das Gegenteil ist der Fall! (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kollegin Lichtenberger, ich würde Sie einfach bitten, zu bedenken, wenn Sie das nächste Mal als Tirolerin eine solche Stellungnahme abgeben, dass Sie mit Ihrer Kritik nicht die Seilbahnbetreiber treffen, sondern die Menschen in den Talschaften und in den Regionen, die sich redlich darum bemühen, und zwar unter Berücksichtigung der Umwelt, weil diese ja ihre Zukunft ist, mit den Ressourcen der Landwirtschaft dieses Landes zu arbeiten und zu wirtschaften. Und ich glaube, das ist gut so – und das wird unsere Zukunft sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hoscher. – Bitte. (Abg. Wittauer: Der schaut aber nicht so über­zeugt aus! – Abg. Mag. Hoscher – auf dem Weg zum Rednerpult –: Abwarten!)

 


19.55

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte kurz einige Worte zum Seilbahngesetz verlieren – und vielleicht zur Überraschung einiger Anwesender: Ich hät­te diesem Gesetz sehr gerne zugestimmt, weil ich glaube, dass es richtig und wichtig ist, für die Seilbahnwirtschaft ein eigenes Gesetz zu schaffen, und das nach so langer Zeit. Das ist durchaus etwas Sinnvolles. Es hat vorher funktioniert und mag jetzt besser funktionieren. Kollegin Fleckl wird aber dann noch ausführen, warum wir aus Sicherheitsaspekten dem leider derzeit noch nicht zustimmen können, weil eben gewisse Detailaspekte unserer Ansicht nach nicht ausreichend berücksichtigt sind.

Ich möchte mich aber durchaus den Ausführungen meiner Vorrednerin, der Kollegin Stadler, anschließen, was die Seilbahnwirtschaft anlangt. Der Applaus der ÖVP hat mir gezeigt, dass mein Antrag bezüglich der Erschließung von Skigebieten, der derzeit im Wirtschaftsausschuss liegt, dann ja wohl auch Ihre Zustimmung finden wird. Diesen können wir dann ja gemeinsam, vielleicht im November, behandeln und dem zustim­men, sodass es da wirklich zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Ökonomie und Ökologie kommt, eben auch im Hinblick auf die Alpenkonvention, ist es doch so, dass durchaus sinnvolle und sanfte Erweiterungen von Skigebieten manchmal doch sehr verzögert werden, vielleicht auch unnötigerweise verzögert werden.

Man muss schon auch erkennen und dazusagen: Wenn es eine wirklich ausgewogene Be­handlung zwischen Ökonomie und Ökologie gibt, so ist dies eben sehr, sehr wichtig gerade auch für den Wintertourismus. Und ein Wintertourismus ist ohne Leistungen der Seilbahnwirtschaft nicht denkbar. Die Seilbahnen sind ja nicht nur die, die die Land-


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schaft verschandeln, indem da irgendwelche Träger aufgestellt werden, sondern in Wirklichkeit auch diejenigen, die die Skipisten bewirtschaften – und wesentlich mehr Leistungen übernehmen als bloße Beförderungsleistungen. Und daher verdienen sie auch unser besonderes Augenmerk.

Nur zur Größenordnung, damit alle wissen, wovon wir hier reden: Es geht um rund 3 200 Seilbahnanlagen, um rund 23 000 Hektar Pistenflächen, die zu bewirtschaften sind. Dahinter stehen 250 Seilbahnunternehmen mit all ihren Arbeitnehmern, und da­hinter stecken weiters Umsätze in Höhe von nahezu 1 Milliarde €, die da getätigt wer­den.

Dazu noch ein kleines Detail: Mehr als 30 Prozent aller europäischen Wintersportler nützen österreichische Seilbahnen. Das ist, wie ich meine, ein sehr großer Erfolg auch dieses Wirtschaftszweiges. Wir dürfen allerdings nicht so tun, als gäbe es keine Probleme in diesem Bereich, als wären die Seilbahnunternehmen sozusagen alle hochweis, würden ökonomisch hervorragend funktionieren. – Dem ist nicht so!

Allein im Jahre 2003 werden die Seilbahnunternehmen rund 530 Millionen € inves­tieren, das ist mehr als die Hälfte des Umsatzes. Und sie tun das nicht nur singulär in diesem Jahr, sondern haben bereits im vergangenen Jahrzehnt sehr viel investiert: in Beschneiungsanlagen, in Komfort, in Sicherheit – und sie haben daraus nicht uner­hebliche Probleme, denn wir müssen auch sehen, dass die laufenden Kosten in der Seilbahnwirtschaft enorm steigen. Auf der einen Seite sind das hohe Personalkosten, weil moderne Anlagen in diesem Bereich personalintensiver sind und nicht Personal einsparen – Gott sei Dank! –, und zum Zweiten sind es zum Beispiel Nacht­betriebs­zeiten bei Beschneiungsanlagen, welche die Kosten in die Höhe treiben.

Das heißt, es gibt eine Schere zwischen enormen Kostenaufwendungen im laufenden Betrieb und bei den Investitionen und auf der anderen Seite nicht wirklich besonders stei­gerbaren Umsätzen. Es wird in Komfort investiert, das liefert jedoch nicht unbedingt mehr Gäste, sondern diese werden dann lediglich bequemer transportiert. Das heißt, wir haben es in den letzten Jahren in diesem Bereich – und da sind die Bundes­regierung sowie die betroffenen Regionen aufgerufen, etwas zu tun – mit eklatant sinkenden Eigenkapitalquoten zu tun.

Sehr viele Unternehmen in der Seilbahnwirtschaft verwenden inzwischen ihr gesamtes Jahresergebnis für den Zinsendienst, was beispielsweise in der Schweiz dazu geführt hat, dass dort bei den Seilbahnunternehmen etliche Investitionen auch in die Sicher­heit, in den Komfort, Modernisierungsinvestitionen et cetera nicht mehr durchgeführt werden können, obwohl die Schweizer – im Unterschied zu Österreich – ihre Seilbahn­unternehmen massiv durch Förderungen von Bundesseite unterstützen. Die Probleme haben sie aber letztendlich nicht ganz gelöst.

Zu den Vorschlägen, die manchmal bezüglich Seilbahnwirtschaft kommen: Na sollen sie halt an die Börse gehen, wie das ja auch amerikanische Seilbahnunternehmen getan haben!, ist zu sagen: Bei der Struktur der heimischen Unternehmen ist dieser Weg nicht gangbar. Das heißt, es bleibt ein Weg, den man gehen könnte, ja den man gehen muss, nämlich zunehmende Kooperationen und Zusammenschlüsse dieser Un­ternehmen. Experten schätzen, dass es zu einer 30-prozentigen Kosteneinsparung kom­men könnte. Da sind aber sowohl die Bundesregierung aufgerufen, etwas zu tun – auch Herr Staatssekretär Kukacka –, um eben in diesem Bereich einen Dialog zu fin­den, als auch die Regionen, die sich dessen bewusst werden sollten, welche Bedeu­tung die Seilbahngesellschaften, die Liftgesellschaften für die Region haben. Ganze Re­gionen würden – um das ein bisschen dramatisch auszudrücken – aussterben, zu­mindest in Bezug auf den Wintertourismus, wenn dieser Wirtschaftszweig nicht ge­geben wäre.


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Daher muss man hier verstärktes Augenmerk darauf legen, zu optimalen Betriebs­größen zu kommen. Das wird öffentlicher Förderungen bedürfen – aber nicht nur –, ins­besondere auch immaterieller Unterstützung, um die Regionen zusammenzubringen und zu erklären, wie man Kooperationen eingehen könnte, wie man besser arbeiten könnte.

Beispielsweise der Stillstand der Bahn in Weißsee in Salzburg hat die dramatischen Auswirkungen aufgezeigt: Bereits im ersten Jahr waren 25 Prozent Nächtigungs­ein­bußen zu verzeichnen. (Ruf bei der ÖVP: Redezeit!) – Das ist eine freiwillige Rede­zeitbeschränkung. Wenn Ihnen die Wirtschaft nicht am Herzen liegt, Kollege Maier, so kann ich nichts dafür, das ist bezeichnend für Sie. (Beifall bei der SPÖ.) Nächtigungs­einbußen von 25 Prozent in Weißsee, wie gesagt, während die umliegenden Regionen einen Anstieg bei den Nächtigungen verzeichnen konnten.

Das heißt, wir müssen optimale Betriebsgrößen in diesem Bereich erreichen. Dazu bedarf es auch der Koordinierungsfunktion des Staatssekretärs beziehungsweise des Ministers, der leider nicht anwesend ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.01

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.01

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Endlich wurde das Bundesgesetz über die Schifffahrt geändert, damit auch der Bodensee eine gesetzliche Regelung bezüglich Grenzwerte für Alkohol­ein­wirkung erhält.

Mit der Einführung von Grenzwerten, das betrifft vor allem das Führen von Wasser­kraftfahrzeugen, aber auch die gewerbsmäßige Schifffahrt unter Alkoholeinwirkung mit 0,8 beziehungsweise 0,1 Promille, wurde eine Gesetzeslücke geschlossen. Damit wird mehr Sicherheit erzeugt. Die zuständige Schifffahrtspolizei kann auf Grund dieser Ge­setzesänderung Alkoholkontrollen per Alkomat oder per Blutabnahme durchführen.

Dieses Gesetz findet ausdrücklich die Zustimmung von uns Freiheitlichen.

Zum Seilbahngesetz. – Herr Abgeordneter Hoscher, ich gebe Ihnen schon Recht: Die wirtschaftlichen Faktoren gerade bei den Seilbahnen sind ein wesentlicher Grundsatz. Man sollte ausführlich darüber diskutieren, aber heute steht das Seilbahngesetz zur De­batte. Im Zusammenhang mit der Seilbahnrichtlinie hat gerade Österreich eine Vor­reiterrolle gespielt, und mit der Änderung des Bundesgesetzes über die Seilbahnen wird diese Richtlinie umgesetzt.

Zielsetzung ist die Schaffung einheitlicher Sicherheitsniveaus für alle Seilbahnen, inklusive Schlepplifte, eine Verwaltungsvereinfachung von Verfahrensabläufen und auch eine Schaffung genehmigungsfreier Tatbestände sowie – und das ist wichtig – eine genaue Definition dessen, was im Verantwortungsbereich der Hersteller und Be­treiber von Seilbahnen liegt.

In diesem Gesetz werden auch die bis heute 242 kuppelbaren Sesselbahnen in die Kompetenz der Länder übergeben. Das war eine Forderung der Länder, und ich meine, diesen Forderungen nicht nur nachzugeben, sondern sie auch umzusetzen, war ein wichtiger Teil dieses Seilbahngesetzes.

Bereich Naturschutz – gerade Frau Abgeordnete Lichtenberger müsste das wissen –: Naturschutz ist Länderkompetenz. Dort werden diese Verfahren abgewickelt, dort werden die Richtlinien erstellt. Wir haben sehr viele Diskussionen in Tirol, aber we­sentlicher Faktor für Tirol und auch für andere Bundesländer ist: Die Wertschöpfung im


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Tourismus ist sehr, sehr wichtig. Ich denke, gerade für diese Wertschöpfung im touristischen Bereich ist ein Seilbahngesetz, das Sicherheit bietet, das eine Qualität bietet und weitaus besser ist als früher, eine gute Voraussetzung, um den Tourismus weiter zu fördern.

Dieses Gesetz wird mehr Sicherheit bringen, obwohl die Nachbarrechte von der Op­position kritisiert werden, was ich nicht verstehe. Frau Abgeordnete Lichtenberger müsste wissen, dass das im Eisenbahngesetz verankert ist. Das Seilbahngesetz hat eben mit dem Eisenbahngesetz zu tun, da müsste man es herausnehmen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ist getrennt worden!) – Nein! Das heißt, die Grundlage des Eisen­bahnrechtes ist damit auch geändert worden, und deshalb ist diese Rechtsgebung natürlich auch gegeben. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja, aber es ist getrennt worden!)

Frau Abgeordnete Stadler hat bereits erwähnt, dass es noch nie ein Enteig­nungs­verfahren gegeben hat. Ich verstehe daher die Kritik nicht, dass dieses Gesetz jetzt massenhaft zu Enteignungen führen soll. – Überhaupt nicht, es hat auch vorher keine gegeben, denn gerade für den Bereich Tourismus arbeiten die Gemeinden zusammen, arbeiten die Grundbesitzer zusammen, weil dort Geld verdient wird.

Tirol braucht den Tourismus. Wenn man weiß, dass Tirol heute mehr Nächtigungen hat als Griechenland, dann ... (Abg. Dr. Lichtenberger: Was hat das miteinander zu tun?) – Das ist ein wesentlicher Teil! Angesichts dieser Tatsache kann man nämlich nicht verallgemeinern und immer wieder versuchen, die Seilbahnkaiser, die Seilbahn­besitzer zu geißeln. Außerdem sind die Gemeinden zum größten Teil Mitfinanzierer, Mitteilhaber. Aber ich gebe Ihnen schon Recht, bei Einzelnen, die sehr viele Freiräume haben, sollte man schon nachschauen. Aber die Masse der Seilbahnbesitzer ist nicht so, das muss man einmal zur Kenntnis nehmen.

Ich glaube nicht, dass jetzt dieses Gefährdungspotential für den Naturschutz und für Enteignungen gegeben ist. Diesbezüglich wird sich nicht viel ändern. Es wundert mich, dass Sie diesem Seilbahngesetz nicht zustimmen, weil es nämlich weitaus besser ist als das bisher gültige, ob das jetzt den Brandschutz betrifft oder auch die Über­prü­fungen. Wir haben jetzt Überprüfungen in Fünf-Jahres-Abständen festgelegt – zu­sätzlich zu denen, die die Seilbahnen selbst durchführen müssen.

Ich erinnere mich noch daran, dass Sie im Ausschuss kritisiert haben, dass diese Überprüfungen externe Sachverständige machen. Ich muss sagen: Einen aus­gebil­deten Sachverständigen, auch wenn er extern ist, akzeptiere ich. – Oder haben es die Sozialdemokraten kritisiert? Irgendwoher ist die Kritik gekommen. – Ich finde das gut. Man sollte das anhand einer klaren Grundlage machen, und wenn diese Grundlage erfüllt wird – und mit diesem Seilbahngesetz wird sie erfüllt! –, wird mehr Sicherheit gegeben sein.

Wir haben am Beispiel Kaprun gesehen, wie wichtig das ist. Ich denke, dass dieses Gesetz ein gutes Gesetz ist, und wir befürworten es. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Ab­geordneter Böhm zu Wort. – Bitte.

 


20.06

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Werte Kollegen und Kolleginnen! Auch ich darf zum Thema Bodensee-Schifffahrtsgesetz Stellung nehmen, ein bisschen ausholen und über den Wassersport und die wirtschaftliche Bedeutung des Bodensees sprechen.


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Der Wassersport hat eine große wirtschaftliche Bedeutung. Die Wassersportler bilden in vielen Gebieten des Tourismus eine wesentliche Säule des wirtschaftlichen Grund­einkommens, da das Konsumverhalten im Vergleich zur Anzahl dieser Gruppe ein beachtliches Ausmaß einnimmt.

In Gesamtösterreich wird um den heimischen Gast geworben, und in der Gruppe der Wassersportler findet der Tourismus eine stabile Gruppe. Am Beispiel des Bodensees kann diese Behauptung klar dargestellt werden: Am Bodensee sind 30 000 Liegeplätze registriert, insgesamt gibt es 55 000 registrierte Boote. Es kann somit eine Anzahl von zirka 70 000 Personen als Basis herangezogen werden, die regelmäßig Jachtsport am Bodensee betreiben und somit die Wirtschaft und das Jachtwesen ankurbeln. – Wie mir ein großer österreichischer Jachtbootbauer unter vorgehaltener Hand mitgeteilt hat, werden derzeit die größten und teuersten und schönsten Jachten von Gewerk­schafts­mitgliedern geordert.

Zirka 290 Betriebe sind in Österreich ausschließlich in den Bereichen Bootsbau, Service, Boothandel und Charter tätig. Die gleiche Anzahl von Betrieben betreiben Segel- und Motorbootschulen. Im Durchschnitt beträgt die Anzahl der Beschäftigten pro Betrieb sechs Personen. Die gleiche Struktur ist in der Schweiz und im süd­deutschen Raum vorzufinden.

Diese Betriebe sind meistens in Gebieten angesiedelt, wo der Tourismus die wirt­schaftliche Haupteinnahmequelle darstellt. Eine Verschärfung der touristischen Rah­menbedingungen wirkt sich somit umgehend auf diese Betriebe aus. Die genauen wirtschaftlichen Einflüsse werden derzeit von der Uni in Tübingen untersucht. Die Ergebnisse werden im Herbst 2004 präsentiert.

Durch die anstehende Änderung des Schifffahrtsgesetzes soll nun klargestellt werden, dass jene Bestimmung der Bodensee-Schifffahrtsordnung, die Grenzwerte für das Füh­ren von Wasserfahrzeugen unter Alkoholeinwirkung festsetzt, auch vollzogen werden kann. In diesem Sinn werden der örtliche Geltungsbereich und der Geltungsbereich der einschlägigen Passagen des Schifffahrtsgesetzes ausdrücklich auf den Bodensee ausgedehnt.

Seit 1. Jänner 2003 gilt, wie schon erwähnt, die Reglementierung von 0,8 Promille Al­kohol. Eine Problematik allerdings gibt es dabei, Frau Kollegin Binder und Frau Kol­legin Lichtenberger: Wenn Sie bei einer Alkoholkontrolle auf dem Schiff unter 0,8 Pro­mille liegen, haben Sie noch einmal Glück gehabt. Verlassen Sie jedoch das Schiff, gehen an die Mole und zum Auto, braucht der Polizist nicht noch einmal zu kon­trollieren. Ab dem Zeitpunkt, zu dem Sie den Schlüssel in die Hand nehmen und in das Auto steigen, unterliegen Sie der StVO, und es gilt die 0,5-Promille-Grenze.

Zu den Unfällen. – Frau Kollegin Binder hat die Zahl 199 für das Jahr 2002 genannt. Es war ein außerordentliches Jahr, da an einem besonderen Tag außerordentliche Fall­winde am Bodensee stattgefunden haben und es zu einigen Unfällen, auch mit Ver­letzungen, gekommen ist. Mir wurde bekannt, dass drei Todesopfer zu beklagen sind.

Im Allgemeinen den Verwaltungsaufwand einer entsprechend verschärften Prüfungs­ermächtigung anzupassen, ist zwar verständlich, aber man muss sehr sorgfältig in dieser Causa vorgehen, damit man der touristischen Wirtschaft keinen großen Scha­den zufügt.

Und wie immer: Eine Handbreit unter dem Kiel, wo immer Sie sind! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.10

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fleckl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



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34. Sitzung / Seite 198

20.10

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme Bezug auf das Seil­bahngesetz 2003 und auf die Änderung des Eisenbahngesetzes 1957. Neben einzelnen Aspekten gibt es zu viele Unsicherheitsfaktoren, sodass wir diese Geset­zesvorlage ablehnen müssen.

Ich lebe selbst in einem Schigebiet, und mir ist daher die Situation für die Liftbetreiber in unserem Gebiet bestens bekannt: Die Anforderungen an die Liftbetreiber werden, um konkurrenzfähiger sein zu können, immer höher. In Beschneiungsanlagen und Pistengeräte wird zuerst investiert, um den Gast zufrieden zu stellen, Investitionen in die Sicherheit sind jedoch in den meisten Fällen nicht sichtbar, für den Gast nicht messbar – und werden in den meisten Fällen zuletzt vorgenommen.

Die vorgesehene Strafe von maximal 10 000 €, wenn er den Sicherheitsverpflichtungen nicht nachkommt, wird einen großen Seilbahnbetreiber nicht wirklich empfindlich treffen, was von Ihrem Amtskollegen, Herr Staatssekretär, ja auch im Zuge der Be­gut­achtung bemerkt worden ist.

All das wird sich durch dieses Gesetz nicht ändern. Darüber hinaus schafft das vor­liegende Gesetzeswerk durch zusätzliche genehmigungsfreie Tatbestände neue Unsi­cherheiten – und wirkt in keinster Weise präventiv, um schwere Unfälle, wie sie ja in der Vergangenheit geschehen sind, vermeiden zu können. Gerade jenes tragische Un­glück, das sich im Jahre 2001 in Kaprun ereignet hat, sollte uns doch aufzeigen, was ein Brand in einer Seilbahn anrichten kann. Anstatt jedoch eine jährliche Überprüfung der Brandschutzmaßnahmen vorzuschreiben, bleibt es bei einer Überprüfung lediglich alle fünf Jahre!

Glauben Sie, dass das der richtige Weg ist, Herr Staatssekretär Kukacka, Vorfälle wie in Kaprun zu vermeiden?! Ist es das, was Sie daraus gelernt haben?! Sinnvoll zum Beispiel wäre eine verpflichtende Einführung von Notfallplanungen und Notfallübungen gewesen; das hätte in der Vergangenheit vieles erleichtert. Doch auch danach kann man in dieser Gesetzesvorlage lange suchen! So frage ich Sie, Herr Staatssekretär Kukacka, noch einmal: Haben Sie Kaprun oder das Nassfeld vergessen?

Der Hauptgrund dafür, dass wir diese Gesetzesvorlage ablehnen, ist die Tatsache, dass betriebliche Kontrollen auch noch nach dem neuen Gesetz vorwiegend von externen Sachverständigen durchgeführt werden sollen, wie das in der Vergangenheit ja schon der Fall war. Es besteht die Gefahr, dass sich Liftbetreiber mit privaten Sach­verständigen „arrangieren“ – und dem stehen wir sehr skeptisch gegenüber. Das Ri­siko ist einfach zu groß, und deshalb können wir diese Gesetzesvorlage nur ablehnen.

Wäre es nicht sinnvoller gewesen, die Seilbahnbehörde höher zu dotieren, anstatt wich­tige Aufgabenbereiche, die doch der Sicherheit in unserem Lande dienen, aus­zulagern? Immerhin wurden im Jahre 2002 in Österreich sage und schreibe 550 Mil­lionen Menschen auf 900 Seilbahnen und rund 2 300 Schleppliften transportiert. Und die Tendenz ist, wie wir alle wissen, steigend.

Sicherheit in Österreich ist Ihnen von ÖVP und FPÖ seit dem Jahre 2000 offensichtlich nur mehr sehr wenig wert – außer wenn es Ihnen um den sündteuren Ankauf von Abfangjägern geht; da wird Sicherheit plötzlich groß geschrieben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Noch können Sie gegen diese Gesetzesvorlage stim­men. – Falls Sie es nicht tun, dann denken Sie daran: Der nächste Winter kommt bestimmt, und beim nächsten Schiurlaub erinnern Sie sich bitte an den heutigen Beschluss! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.14

 



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34. Sitzung / Seite 199

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Staatssekretär Mag. Kukacka zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


20.14

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Nur ganz kurz zum Thema Schifffahrtsgesetz. Wie Sie wissen, schaffen wir nunmehr – und das ist ein sehr positiver Schritt – die Voraussetzungen dafür, dass auch auf dem Bodensee die Alkohol-Promille-Grenze entsprechend exekutiert werden kann. Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass Sie die 0,5-Promille-Grenze auch in diesem Bereich fordern, Sie wissen jedoch, dass wir im Bereich der Bodensee-Schifffahrt im Rahmen der Bo­densee-Schifffahrtsordnung darauf angewiesen sind, dass alle drei angrenzenden Länder zu einer einheitlichen Beschlussfassung in dieser Frage kommen. In der Schweiz herrscht bekanntlich nach wie vor die 0,8-Promille-Grenze, und die Schweiz hat sich jedenfalls bisher geweigert, einer entsprechenden Absenkung auf 0,5 Promille zuzustimmen. – So schaut also die Situation aus.

Wie gesagt: Wir schaffen zumindest die Voraussetzung dafür, dass jetzt die 0,8-Pro­mille-Grenze entsprechend effizient überprüft werden kann. Für Absenkungen sind wir durchaus zu haben – und sind auch der Meinung, dass diesbezüglich in Österreich weitgehend einheitlich vorgegangen werden soll, aber nochmals: Wir sind da auf die Zustimmung der Schweiz angewiesen, und eine solche liegt derzeit noch nicht vor.

Im Zusammenhang mit dem Thema Seilbahnwirtschaft haben ja bereits einige Vor­rednerinnen und Vorredner – so Kollege Regler, Kollegin Stadler, Kollege Hoscher – auf die Bedeutung der Seilbahnwirtschaft hingewiesen, und diese ist tatsächlich in Österreich ganz besonders groß. Und auch aus diesem Grund ist dieses Gesetz ein wichtiger Schritt nach vor. Es enthält gemäß den Vorgaben der EU-Seilbahnrichtlinie die modernsten Sicherheitsbestimmungen, verschärft den Sicherheitsgedanken – dies im Gegensatz zu dem, was Frau Fleckl hier behauptet hat.

Gleichzeitig wird dieses Gesetz jedoch auch Verfahrenserleichterungen, und zwar ohne Einbuße der Sicherheit, mit sich bringen, etwas, was ich hier ganz klar und eindeutig festhalten möchte.

Es stimmt auch nicht, dass das Gesetz Privilegien für so genannte Liftkaiser zemen­tiert. Das ist unrichtig! Nach der bisherigen Rechtslage vorhandene Rechte für Seil­bahnbesitzer und Seilbahnen werden sogar beschnitten, meine Damen und Herren! Die Pflichten für Seilbahnunternehmen werden eindeutig verschärft: Verpflichtung, nach dem Stand der Technik entsprechend zu erneuern, Verschärfung der Über­prü­fungsverpflichtungen hinsichtlich Brandschutz, Einbeziehung der Schlepplifte in die Seil­bahnüberprüfungsverordnung et cetera. – Lauter Einschränkungen der Rechte und Vermehrung der Pflichten für Seilbahnunternehmer. Also genau das, was Sie fordern, wird durch dieses Gesetz entsprechend umgesetzt.

Im Übrigen bleiben auch die Nachbarrechte – so, wie bisher – vollinhaltlich gewahrt, und es haben natürlich auch Grundeigentümer und Anrainer Parteistellung.

Was die Enteignungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Seilbahnen betrifft, halte ich fest, dass wir es da mit dem Eisenbahnrecht zu tun haben – und dass das eben der gän­gigen Rechtslage entspricht. Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass in der Praxis solche Enteignungen bisher gar nicht notwendig waren, aber die Möglichkeit, solche Enteignungen durchzuführen, ist angesichts der Bedeutung der öster­reichi­schen Seilbahnwirtschaft und des Tourismus voll gerechtfertigt. Seilbahnen sind Eck­pfeiler der österreichischen Tourismuswirtschaft, und deshalb müssen wir dies­bezüg­lich auf diese Rücksicht nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Tatsache ist auch, meine Damen und Herren, dass natürlich der Umweltschutz voll berücksichtigt wurde: Die Prüfung der Natur- und Landschaftsschutzinteressen erfolgt im Konzessionsverfahren; das wird im Gesetz ausdrücklich angeführt. Wo notwendig, wird selbstverständlich ein UVP-Verfahren durchgeführt; rechtskräftige Natur-, Land­schafts- und Umweltschutzgenehmigungen sind Voraussetzung für den Bau einer Seilbahn.

Da Sie von der Opposition sagen, dass die Alpenkonvention im Gesetz nicht aus­drücklich festgehalten ist, stelle ich klar, dass das Landesangelegenheit ist, meine Damen und Herren! Die Berücksichtigung der Alpenschutz-Konvention ist Sache der Länder: im Rahmen ihrer Naturschutzgesetze und ihrer Umweltverfahren. Da muss und soll natürlich auch die Alpenkonvention entsprechend berücksichtigt werden, und die Länder sind aufgefordert, die entsprechenden Bestimmungen auch in ihre Natur­schutzgesetze zu übernehmen.

Meine Damen und Herren! Uns trifft der Vorwurf, dass wir angeblich keine Lehren aus Kaprun gezogen hätten. – Diesen Vorwurf möchte ich wirklich klar und eindeutig zurückweisen!

Unabhängig von diesem Gesetz mit seinen verschärften Sicherheitsanalysen, mit seinen Brandschutzvorschriften haben wir nämlich im Ministerium seit der Katastrophe von Kaprun umfassende Maßnahmen gesetzt: Wir haben sämtliche Standseilbahnen durch Expertenkommissionen überprüfen lassen; wir haben sämtliche Heizgeräte ein­zeln überprüfen lassen; wir haben Brandschutzübungen durchführen lassen; wir haben Ergänzungsmaßnahmen für Tunnelstandseilbahnen gesetzt, Löschanlagen gefordert, Video-Überwachungen vorgeschrieben, Brandmelder in den Fahrbetriebsmitteln instal­lieren lassen. Und: Wir haben eigene umfassende Brandschutzrichtlinien für Seil­bah­nen durch die entsprechenden Landesstellen für Brandverhütung ausarbeiten lassen.

Meine Damen und Herren! Wir haben also tatsächlich alle Voraussetzungen dafür geschaffen, damit sich solch bedauerliche Katastrophen wie in Kaprun in Zukunft nicht mehr ereignen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.21

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Brader. – Bitte.

 


20.21

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wie schon gesagt: Bei der heute zu beschließenden Änderung des § 1, Abs. 4 Schifffahrtsgesetz handelt es sich um eine längst fällige Maßnahme, eine Maßnahme, die auch verständlich ist, wenn man bedenkt, dass es auf dem Bodensee 55 000 kennzeichnungspflichtige Fahrzeuge gibt. Diese Zahl macht auch einen Vergleich mit dem Straßenverkehr zulässig. Ich denke, dass das Gefah­renpotential auf dem See vielleicht sogar noch höher einzuschätzen ist, bedenkt man etwa das Risiko, unter Alkoholeinfluss Wassersportler oder Schwimmer zu übersehen. Aber auch die Passagiere eines alkoholisierten Lenkers sind durchaus gefährdet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist deshalb von großer Bedeutung, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen ein zielgerichtetes Vorgehen der Exekutive decken. Ich meine dabei die Kontrollen bei Verdacht auf Beeinträchtigung durch Alkohol sowie eine entsprechende Sanktionierung bei Überschreitung. Ein mögliches Einschreiten wei­ter­hin auf schwer wiegende Fälle oder dann, wenn Gefahr in Verzug ist, zu be­schränken, wie es die momentane Gesetzeslage vorsieht, wäre nicht zu verantworten und wohl auch nicht im Sinne des Erfinders.


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Es wurden Grenzwerte eingeführt. 0,8 Promille sind ein Kompromiss, der jetzt einmal notwendig ist. Wenn es eine Einigung mit den Nachbarländern gibt, dann ist auch eine Anpassung an die Straßenverkehrswerte möglich.

Ich bitte daher um Beratung und Beschlussfassung und gebe diesem Vorschlag gerne die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zweytick zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


20.23

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Vorredner zum Schifffahrtsgesetz haben schon sehr ausführlich berichtet, daher vielleicht nur noch einige Anmerkungen.

Es ist sehr bedeutend und sehr wichtig, dass es durch dieses Übereinkommen zwi­schen der Schweiz, Österreich und vor allem der Bundesrepublik Deutschland endlich zu Alkoholkontrollen auf dem Bodensee kommt. Dennoch würde ich diese 0,8-Promille-Grenze nicht, wie es Vorredner gemacht haben, kritisieren, denn es ist einmal ein großer Fortschritt, dass man überhaupt kontrolliert. Auch glaube ich, dass, vor allem weil die Schweizer im Straßenverkehr immer noch die 0,8-Promille-Grenze haben, hier ein Vergleich zwischen Asphalt und Wasser gerechtfertigt ist. Diese 0,5-Promille-Re­gelung der StVO gründet sich auf die verminderte Reaktionsfähigkeit, die wiederum gerade beim Lenken eines Bootes oder eines Schiffes zu Wasser eine ganz andere ist als im Auto auf Straßenasphalt. (Abg. Binder: Das schaue ich mir an!) Deshalb ist die­ser Kompromiss meiner Ansicht nach verständlich und ertragbar, ich sehe da keinen zusätzlichen Handlungsbedarf, auch weil, wie Sie selber, Frau Kollegin Binder, richtig gesagt haben, diese vielen Unfälle heuer in erster Linie auf technische Gebrechen der Boote zurückzuführen sind und nicht auf alkoholisierte – ich sage in diesem Fall nicht Lenker, sondern alkoholisierte Kapitäne. Und man kann auch nicht die Unfälle vor 17 Jahren mit jenen 1995 und heute vergleichen, da die Schifffahrt enorm zuge­nommen hat. Das ist ein Faktum.

Ich denke, mit dieser Regelung ist künftig für sehr viel Sicherheit gesorgt, vor allem aber sind Kontrollmöglichkeiten gegeben. Es ist eine Präventiv-Maßnahme, die sich sehr viele Freizeitkapitäne zu Herzen nehmen werden – wenn nicht, kann man we­nigs­ten kontrollieren. Das hat es bisher nicht gegeben, das ist ein deutlicher Fortschritt!

Auch ich bitte um Ihre Zustimmung, Frau Kollegin. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.25

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, Platz zu nehmen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­neh­me.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 203 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.


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Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Seilbahngesetz 2003 erlassen wird und das Eisenbahngesetz 1957 geän­dert wird, samt Titel und Eingang in 204 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem gegenständlichen Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies in dritter Lesung ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

7. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (46 d.B.): Proto­koll vom 3. Juni 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 (Protokoll 1999) samt Erklärung der Republik Österreich (247 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Debattenredner hat sich Herr Abgeordneter Miedl zu Wort gemeldet. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


20.27

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sollten das Übereinkommen über internationale Eisenbahnverkehrsvorschriften COTIF aus dem Jahr 1980 überarbeiten und das 1983 ratifizierte Abkommen auf den neuesten Stand bringen.

Worum geht es dabei? – Es geht im Wesentlichen darum, dass das Wettbewerbsrecht der EU in Hinkunft auch für das Eisenbahnrecht gelten soll. Dabei geht es um ein paar Fragen wie die technische Harmonisierung, wo also verbindliche technische Normen eingeführt werden; es geht um einheitliche Rechtsvorschriften im technischen Zulas­sungsbereich, zum Beispiel im Bereich der Verwendung von Eisenbahngarnituren und -wagen. Es geht darum, dass die Infrastruktur sozusagen gleichgesetzt wird.

Meine Damen und Herren! Dieses Abkommen, das Österreich neu ratifizieren wird, weist auch darauf hin, wie notwendig in Wirklichkeit die Reform der ÖBB ist. (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.) – Nein, Frau Kollegin! Das haben Sie schon das letzte Mal gesagt. Es ist notwendig! Es kommen internationalen Standards auf uns zu, das heißt, neben dem Tatbestand der Liberalisierung der Schiene haben wir darüber hinaus einen internationalen Druck, einen generellen Standard im Eisenbahnrecht ein­zuführen, und da darf die ÖBB nicht säumig sein! Das wissen Sie ganz genau, und das ist auch eine Begründung dafür, dass die ÖBB ihren Zustand, den Zustand ihres Unter­nehmens, auf höchstes Niveau bringen muss.

Meine Damen und Herren! Ich bin bei Gott keiner, der leichtfertig Dinge sagt, die man dann schwer zurücknehmen kann, aber ich verstehe nicht, wie in aller Welt die SPÖ


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gegen Leistungsverträge zwischen dem Bund und den ÖBB sein kann. Wer kann da­gegen sein, wenn diese Regierung das Vorhaben konkretisiert, Unternehmens­struk­turen zu modernisieren? Was in aller Welt ist, bitte, Verbotenes dabei, wenn man das Dienst­recht der ÖBBler und selbstverständlich auch das Pensionsrecht an vergleich­bare Unternehmen anpassen will? Das ist die Herausforderung dieser Zeit! Es wäre grob fahrlässig, würden wir da nicht unsere politische Verantwortung wahrnehmen. Was in aller Welt spricht also gegen einen Wandel der Unternehmenskultur bei den ÖBB?

Ich erzähle Ihnen eine ganz kurze Geschichte: Vor zirka einer Woche bin ich am Bahn­hofsvorplatz von Graz gestanden und habe für die ÖBB-Reform im positiven Sinne Werbung gemacht. Plötzlich kommt ein mir nicht bekannter Mann des Weges und versucht, mich des in etwa 6 000 Quadratmeter großen Vorplatzes zum Bahnhof zu verweisen. Er wollte uns von dort weg haben und hat – auf gut Deutsch – gesagt: Putzt euch!

Auf meine Frage, wer der Herr denn sei, hat mir dieser geantwortet, er sei der Be­triebsrat der ÖBB in Graz! (Abg. Dr. Niederwieser: Das muss ja nicht stimmen, was du da erzählst!)

Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich vor: Ich bin dort gestanden – es gab keinen Stand, sondern wir haben über unser Vorhaben, die ÖBB zu reformieren, informiert –, und dann kommt der Betriebsrat und sagt: Putzt euch! Auf meine Frage, wer er denn sei, hat er zugegeben, dass er der Betriebsrat ist. Ich habe ihn gefragt, ob er der Eigentümervertreter ist. Darauf hat er gesagt, das nicht, aber wenn ich nicht gehe, dann holt er die Polizei.

Er ist dann gegangen, die Polizei ist nicht gekommen, dafür aber ein anderer Mann, auch von den ÖBB. Er war etwas freundlicher, hat sich als Liegenschaftsvertreter aus­gewiesen und gesagt: Bitte schön, ich fordere Sie auf, von da wegzugehen! – Welches Dienstleistungsunternehmen kann heute in dieser Art und Weise einen Vertreter der Republik des Weges verweisen? Das ist undenkbar, meine Damen und Herren! Allein dieses Verhalten spricht für eine Änderung der Strukturen innerhalb der ÖBB.

Meine Damen und Herren! Was wollen wir mit den ÖBB erreichen? (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Wenn Sie das für richtig halten, so ist das Ihr gutes Recht. Ich persönlich glaube allerdings, Herr Kollege, dass das unmöglich der richtige Weg sein kann, wie sich ÖBB-Vertreter verhalten sollten. (Abg. Schieder: Versuchen Sie das einmal in einer Kaserne!) – Herr Kollege, das kann unmöglich der Weg sein! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Mainoni.)

Meine Damen und Herren! Wir haben natürlich Ziele und haben sie auch formuliert: Wir wollen den Marktanteil im Warenverkehr und im Personenverkehr der ÖBB steigern. Wir wollen das hohe Sicherheitsniveau halten. Wir wollen die Kundenzufriedenheit evaluieren. Wir wollen einen im Vergleich zum internationalen Schienenverkehr hohen Standard in Sachen Pünktlichkeit erreichen. Wir wollen die Produktivität in der Per­sonen- und Güterbeförderung steigern, weiter steigern, das ist unbedingt notwendig. Wir wollen die Bahnhöfe modern und sauberer machen. Wir wollen die Reform des Dienstrechtes der ÖBB-Mitarbeiter.

All das sind Dinge, die wir verpflichtet sind zu tun und in Anbetracht derer ich mich frage, meine Damen und Herren, ob das die SPÖ als sozusagen Partner der ÖBB-Vertreter nicht schon längst hätte in Angriff nehmen müssen, meinte sie es mit den ÖBB und dem Schicksal der ÖBB wirklich so ernst, wie sie immer vorgibt und wir glauben sollen.


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Meine Damen und Herren! Uns ist es ernst mit dem Unternehmen ÖBB! Wir müssen etwas tun, damit die ÖBB auf internationalen Standard kommen. Wir brauchen die Mit­arbeiter der ÖBB. Die Regierung und das Parlament sind aufgefordert, zu handeln. Wir werden es tun! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.33

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Eder zu Wort. – Bitte.

 


20.33

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf gleich an die Ausführungen des Kollegen Miedl an­schließen. Natürlich ist uns das Schicksal der Österreichischen Bundesbahnen sehr ernst und sehr viel wert. Daher möchte ich heute von diesem Rednerpult aus an den Bundesminister, vertreten durch den Herrn Staatssekretär, appellieren, dass es klar sein muss, dass, wenn die Entwürfe, so wie sie jetzt seitens der Regierung aus­ge­arbeitet wurden, durch den Ministerrat gehen, dann sind nicht die Eisenbahner an irgendwelchen daraus entstehenden Folgen schuld, sondern diejenigen, die diesen Entwurf in den Ministerrat bringen und mit Gewalt hier durchdrücken wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir, meine Damen und Herren, wir von der SPÖ bieten Zusammenarbeit an. Wir bieten aber keine Zusammenarbeit an, die damit endet, dass die Österreichischen Bundes­bahnen zerschlagen werden. Das kann nicht die Zusammenarbeit sein, die wir meinen.

Kollege Miedl, Sie haben soeben erzählt, dass Sie als Mitglied des Parlaments vom Bahnhof vertrieben worden seien. Es gibt auch andere Aussendungen, zum Beispiel von der Unternehmensführung der Bundesbahn; einer APA-Meldung vom 16. Oktober 2003 kann ich entnehmen: „Unternehmensführung begrüßt ÖVP-Aktionstag“.

Weiters steht darin: „Es freut uns, wenn die Kunden von unserem Eigentümer verwöhnt werden.“ – Da sind nämlich ein paar Kipferln verteilt worden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wer ist denn der Eigentümer der Österreichischen Bun­desbahnen? – Die ÖVP, wie das die bereits eingeschüchterte Unternehmensfüh­rung schreibt, oder sind das nicht doch immer noch die Österreicherinnen und Österreicher? Man muss da schon einmal klar zwischen einer politischen Aktion auf Bahnhöfen und der Eigentümerfunktion trennen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine weitere APA-Aussendung – man braucht nur dauernd Aussendungen zu lesen und hat gleich eine wunderbare Rede –: „Für FCG-Chef Klein ist Dienstrechts-Eingriff ,Wahnsinn“ – Der ist aber bitte kein Sozialdemokrat, der ist bei der FCG, der Fraktion Christlicher Gewerkschafter. (Rufe bei der ÖVP: Ihr wolltet ihn eh nicht wählen!) – Vielleicht hat er sich am Gewerk­schaftstag schwer getan, Herr Stummvoll, aber hier steht klar und deutlich: „Dienst­rechts-Eingriff ,Wahnsinn

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sagen doch gar nicht, dass man über das Dienstrecht nicht reden soll. Wir sagen, wir sollten über das Dienstrecht reden. Wir sagen aber, man soll die Gespräche dort führen, wo sie hingehören, nämlich zwischen Betriebsrat, Gewerkschaft und Unternehmensführung. Herr Staatssekretär Kukacka, Sie wären gut beraten, noch einmal einen Versuch zu starten und diese aufzufordern, ein Dienstrecht einmal vor Ort zu verhandeln, innerhalb einer Frist von 6 oder von 12 Monaten. Wenn bei dieser Verhandlung in etwa das herauskommt, was sich der Eigentümer vorstellt, dann würde das, glaube ich, viel Dampf aus der ganzen Ange­legenheit ablassen und Österreich würde vielleicht nicht in jene schwierige Situation


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hineingeraten, die man langsam auf das Land zukommen sieht. (Beifall bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Ich habe hier Unterlagen vom Verkehrsclub Österreich, aus denen hervorgeht, dass im gesamten Begutachtungsverfahren bisher kein einziges positives Echo der Vorschläge, die bisher eingebracht wurden, zu verzeichnen war. Darin steht auch, die geplant ÖBB-Reform ziele am Thema der Verbesserung des Gesamtsystems Bahn vorbei, LKW- und PKW-Verkehr würden weiterhin ungebremst zunehmen! – Das stammt immerhin von Leuten, die von Verkehrspolitik etwas verstehen.

Aus einer Broschüre der ÖBB, also direkt von der Bahn, von Herrn Generaldirektor Vorm Walde: „Bahn wirkt“ – Bahn wirkt in der Form, dass erstmals seit der Er­öff­nungs­bilanz 1994 ein positives Finanzergebnis von über 200 000 € erzielt wurde, dass der Güterverkehr enorm zugenommen hat, dass der Personenverkehr enorm zugenom­men hat und dass bei einer Umfrage 75 Prozent der Menschen mit der Bahn in Öster­reich sehr einverstanden und zufrieden sind. – Das sind aber die Konsumenten, die­jenigen, die die Bahn nutzen.

Der Vorstand hat hier also scheinbar eine andere Meinung als zwei Mitglieder der Bundesregierung, auch das sollte einmal geklärt werden. Und diese beiden Mitglieder der Bundesregierung haben untereinander wiederum unterschiedliche Meinungen, an­de­re Meinungen, als so manche hier vermuten würden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir vorgenommen, auch noch ein paar Bemerkungen in Richtung EU-Richtlinie zu machen. Natürlich wird ein Wett­bewerb auf uns zukommen, natürlich wird der Wettbewerb auch im Güterverkehr we­sentlich schärfer werden. Aber dann darf man doch nicht in den Entwürfen, die jetzt vor­liegen, der Bahn unternehmerische Grundlagen entziehen, in der Hoffnung, dass das die privaten Spediteure und Frächter durchführen!

Und natürlich müssen wir gemeinsam – und da biete ich noch einmal die Zu­sam­menarbeit an – den in den nächsten zehn Jahren auf uns zukommenden Güter­ver­kehrszuwachs von der Straße weg und hin auf die Schiene bekommen. Aber dazu bedarf es hochmotivierter Mitarbeiter. Dazu bedarf es auch einer rechtlichen Grund­lage, die das ermöglicht.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Entwicklung des Transport­vo­lumens von Straße und Schiene schaut folgendermaßen aus (der Redner hält eine Graphik in die Höhe): Das ist ein Blatt aus der Europäischen Union. Wir Politiker – und da nehme ich mich gar nicht aus – sprechen immer davon, den Schwerverkehr und den Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern und die Straße zu entlasten. Fakt aber ist, dass bisher der Straßenverkehr, das ist der graue Teil, immer mehr zunimmt, der rote Teil aber, der den Verkehr auf der Bahn darstellt, immer mehr abnimmt. – Darüber müssten wir diskutieren, darüber sollten wir uns den Kopf zerbrechen, nämlich wirklich einmal eine Verlagerung weg von der Straße hin zur Schiene zustande zu bringen.

Das derzeitige Konzept sieht diesbezüglich leider nichts vor. Wenn ich mir das, was bisher von dieser Reform bekannt ist, ansehe, dann gibt es darin keinerlei strate­gisches Unternehmenskonzept – kann ja auch nicht sein, denn das Ganze ist ein recht­licher Rahmen. Aber das Unternehmen selber, seine Vorstände haben mir gesagt, dass dieser rechtliche Rahmen so gestaltet ist, dass sie innerhalb der Unternehmung praktisch kaum mehr Gestaltungsmöglichkeiten haben. Aber das gibt es doch bei kei­nem anderen Unternehmen auf der Welt, dass man Gesetze so macht, dass man in­nerhalb des Unternehmens in Zukunft nicht mehr unternehmerisch handeln und den­ken darf!


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Da gibt es auch diese Holding-Struktur mit zunächst drei Leitgesellschaften, aber dann ist blitzartig eine vierte dazugekommen, nämlich eine vierte Aktiengesellschaft, wobei die Infrastrukturgesellschaft auf einmal geteilt wurde in eine Infrastruktur-Neubau und in eine Infrastruktur-Betrieb. Wenn man sich diese Teilung genauer anschaut, dann merkt man, dass in die eine – nämlich die Neubau-Infrastrukturgesellschaft – das gesamte Vermögen der Bahn hineinkommt; hingegen kann die Infrastruktur-Betrieb, die eigentlich der Betreiber des Ganzen ist, die das Ganze – das Logistik-System, den Transport – zu bewältigen hat, nicht einmal eine Eröffnungsbilanz legen, weil da überhaupt kein Vermögen drinsteckt.

Wenn man in die Tiefe geht und sich das näher anschaut, dann sieht man, es wird schon sehr stark personenbezogen aufgezogen. Da gibt es dann anscheinend den einen oder anderen, den man gerne als Vorstand installieren möchte, da gibt es eben den einen oder anderen, an den man dort, wenn er werken kann, entsprechend auch das Vermögen verteilen kann. Da redet man davon, dass Kraftwerke verkauft werden sollen, dass Grundstücke verkauft werden sollen. Da ist dann alles drinnen. Und wie immer das dann läuft, muss man sich näher anschauen.

Aber wir werden ja noch genug Gelegenheit haben, diese Debatte zu führen. Ich darf daher noch einmal ersuchen, Herr Staatssekretär – und Herr Bundesminister, der nicht da ist –, dass wir aus wirtschaftspolitischen, aus standortpolitischen, aber auch aus arbeitsmarktpolitischen Gründen wirklich gemeinsam versuchen sollten, das Projekt Bahn so zu lösen, dass der Wirtschaftsstandort Österreich gesichert bleibt, dass aber auch das Unternehmen gesichert bleibt und dass auch die Beschäftigten weiterhin eine ordentliche Beschäftigung haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abge­ordneter Wattaul zu Wort. – Bitte.

 


20.41

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Übereinkommen COTIF ist natürlich ein weiterer positiver Schritt für die Liberalisierung der Eisenbahn insgesamt. Positiv ist zu erwähnen, dass es da hauptsächlich um Gefahrengut-Transporte geht und dass dadurch die Sicherheit für Österreich verbessert wird.

Technisch einheitliche Vorschriften, gesetzlich einheitliche Vorschriften, sozialrechtlich einheitliche Vorschriften werden wir in Zukunft brauchen, damit die ÖBB auf dem neuen, liberalisierten Markt überhaupt agieren können. Die Infrastruktur Schiene ist in Zukunft bei der Schienen-Liberalisierung im Wettbewerb wirklich so zu gestalten, wie es heute schon in der LKW-Branche der Fall ist. Man kann doch nicht glauben, dass man in Österreich Insellösungen machen kann, dass man Sozialvorschriften hat, die nicht europaweit gelten, und dass man eigene technische Vorschriften macht. Dann kann man im internationalen Spiel nicht mitspielen – das muss jedem klar sein!

Was mir auch sehr wichtig ist – ich habe mir das aufgeschrieben –: Parteipolitisch auf dem Rücken der ÖBB zu taktieren, ist absolut fehl am Platz! Bitte hören Sie damit auf! Wenn es der österreichischen Regierung und dem Vorstand der ÖBB nicht gelingt, den Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte standzuhalten, dann wird die Gefahr bestehen, dass es der ÖBB genauso geht, wie es dem Post-Paketdienst gegangen ist. Sie wissen, wo die heute sind! (Abg. Parnigoni: Dort, wo ihr sie hingebracht habt!)

Ein verantwortlicher Politiker wie Herr Gorbach hat das natürlich erkannt, und er wird alles daransetzen, dass die ÖBB ein modernes Dienstleistungsunternehmen sind, mit


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motivierten Mitarbeitern, mit zufriedenen Kunden, und wirtschaftlich schlussendlich so strukturiert sind, dass jeder Österreicher stolz auf die ÖBB ist.

Vielleicht noch ein Wort, weil du vom Entwurf gesprochen hast: Ich bin nicht sehr erfreut über Herrn Vorm Walde. Dieser Herr ist jetzt zwei Jahre ÖBB-Generaldirektor (Abg. Eder: Das war Forstinger!), er ist dabei gewesen, als dieser Entwurf entstanden ist, und er hat sich auch immer darüber beschwert, dass die gesetzlichen Rahmen­bedingungen der ÖBB nicht gegeben sind, dass er nichts umstrukturieren kann. (Abg. Eder: Das war Forstinger, da kann der Herr Staatssekretär nichts dafür!) Jetzt kommt der Entwurf, an dem er mitgearbeitet hat, heraus, und dann sagt er: Jetzt müssen wir uns das einmal anschauen, und dann werden wir weitersehen; vielleicht bringen wir einen eigenen Vorschlag.

Ich sage das jetzt hier als Steuerzahler: Ich fühle mich veräppelt – auf Deutsch – von diesem Herrn Vorm Walde. (Abg. Eder: Man sagt dazu „frotzeln“!) Für mich persönlich ist dieser Herr schon lange rücktrittsreif. (Abg. Broukal: Darf ich dazu klatschen? – Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Broukal.)

20.44

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Ab­geordnete Dr. Lichtenberger zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 


20.44

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses heute zu unterzeichnende internationale Abkommen ist letzten Endes schon längst überfällig. Es liegt schon längst im Ministerium herum und hat, glaube ich, auf einigen Seiten schon Schimmel angesetzt. Ich hoffe, dass dieser Schimmel jetzt be­seitigt wird und man in die Umsetzungsphase kommt, sofern nicht ohnehin die Be­stimmungen schon zum größten Teil umgesetzt sind, weil Österreich in Wirklichkeit nur in ganz geringem Ausmaß der Adressat dieser COTIF-Bestimmungen ist, da unsere Vorschriften dem ja im Wesentlichen schon entsprechen.

Aber eines fällt mir natürlich auf: In der letzten Parlamentssitzung wurde dieses COTIF-Abkommen für eine Fristsetzung auf die Tagesordnung gesetzt – nämlich von der ei­ge­nen Regierungsfraktion –, um eine Debatte, garniert mit Eisenbahnerbeschimp­fun­gen über die ÖBB respektive die ÖBB-Reform, in diesem Zusammenhang abzuführen.

Herr Kollege Miedl! Eines muss, glaube ich, jedem Kenner und jeder Kennerin der Materie klar sein: Diese ÖBB-Reform, die Sie planen, hat mit der internationalen Ver­einheitlichung von Bestimmungen im Eisenbahnwesen nichts zu tun! Das kann jegliche Struktur der ÖBB umsetzen, die Trennung von Infrastruktur und Betrieb ist dafür nicht der relevante Maßstab, meine Damen und Herren! Da geht es zum Beispiel um Ge­fahrengut-Bestimmungen. Es geht dabei um etwas ganz anderes, nämlich darum, wie und auf welche Art Gefahrgut auf der Bahn befördert werden kann. Da geht es um Sicherheitsbestimmungen, um Anpassungen im grenzüberschreitenden Verkehr. Da geht es nicht um die ÖBB-Reform! (Ruf bei der ÖVP: Da geht es schon um eine Reform!)

Herr Kollege Miedl, mir kommt das so vor wie eine alte Geschichte in der Schule. Da wird in Biologie die kleine Marie über die Mücke geprüft; sie hat sich allerdings nur auf den Elefanten vorbereitet, geht dann hinaus und sagt: Die Mücke ist wesentlich kleiner als der Elefant, der Elefant hingegen – und so weiter, und so fort – ist groß, er ist ein Tier, das hauptsächlich in Afrika und Indien lebt, und so weiter. Genauso kommen Sie mir in Ihrem Debattenbeitrag vor. Sie sprechen nicht zum internationalen Eisenbahn-Abkommen, sondern sagen: Und weil unsere wunderschöne ÖBB-Reform dafür not­wendig ist, reden wir jetzt eine Runde über die ÖBB-Reform, die die BahnkundInnen –


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nämlich das, was Sie planen – so notwendig brauchen wie einen Kropf. Diese Reform wird ihnen nämlich nur Streckeneinstellungen und Ähnliches bringen.

Ich wünsche mir eine moderne ÖBB; ich benütze sie sehr oft, bin auf sie angewiesen und will sie auch haben. Ich will eine tüchtige ÖBB, die auch Güter übernehmen kann – das gilt auch für die Neubau-Strecken. Aber ich brauche dazu nicht eine Holding mit haufenweise neuen Vorstandsposten, für die man dann sparen muss. Für diese vielen neuen Vorstände und Posterln und Posten, die wiederum hauptsächlich ÖVP- und FPÖ-Mitgliedern zugute kommen sollen, muss man nämlich dann beim Personal spa­ren, und dazu muss man eben Nebenbahnen einstellen und wichtige Leistungen aus dem Bahnangebot herausnehmen.

Das, meine Damen und Herren, ist leider die Reform, die die Regierungsparteien in diesem Zusammenhang meinen, denn was bisher an die Öffentlichkeit gekommen ist, wird keine Bahnkundin und keinen Bahnkunden zu der Hoffnung verleiten, dass es auf der Bahn zu einer weiteren Verbesserung der Serviceleistungen kommt.

Meine Damen und Herren! Legen Sie doch Ihre Motive offen und tun Sie nicht so, als hätten Sie wirklich das Wohl der Bahnkunden im Auge! Davon sind Sie mit Ihren Vor­schlägen Lichtjahre entfernt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

20.49

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kainz. – Bitte.

 


20.49

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Die heutigen Erklärungen des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Vizekanzlers haben die neuen Schwerpunkte der österreichischen Bundesre­gierung skizziert. Der Bogen spannt sich hier von der Gesundheitsreform bis hin zu Forschungsinitiativen – klare Zeichen und Ziele dieser Bundesregierung und dieser Koalition. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der richtige Weg für Öster­reich! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt reden wir über das internationale Eisen­bahn-Abkommen COTIF, das am 9. Mai 1980 abgeschlossen und 1983 von Österreich ratifiziert wurde, einen Staatsvertrag mit unmittelbarer Anwendbarkeit auch auf den innerstaatlichen Bereich. Mit dieser Neufassung des Übereinkommens im Protokoll von 1999 werden aber auch eisenbahntransportrechtliche und über diesen Bereich hinaus­reichende Fragen erfasst und geklärt. Insbesondere die staatlichen Rechtsgrundlagen für Eisenbahnfahrzeuge im internationalen Einsatz sind hier geregelt.

Dieses Übereinkommen ist aber auch Basis für eine Effizienzsteigerung der Öster­reichischen Bundesbahnen gerade in der internationalen Zusammenarbeit auf dem Eisenbahnsektor. Die internationale Zusammenarbeit ist heute wichtiger denn je. Wir stehen vor der Erweiterung der Europäischen Union, Österreich rückt in das Herz Eu­ropas, und Niederösterreich wird vom Grenzland zum Kernland.

Ich gratuliere daher an dieser Stelle sehr herzlich dem Herrn Vizekanzler und vor allem auch Herrn Staatssekretär Kukacka, dass es gelungen ist, sechs transeuropäische Projekte in der Europäischen Union für unser Heimatland Österreich genehmigt zu be­kommen. Ich gratuliere auch und besonders unserem Heimatland Niederösterreich, hier allen voran unserem Landeshauptmann Dr. Pröll, dass drei dieser Projekte in Nie­derösterreich umgesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit diesem Übereinkommen wird aber nicht nur die internationale Zusammenarbeit auf dem Eisenbahnsektor geregelt und intensiviert, sondern es ist dies durchaus auch ein Schritt in die Richtung, dass die ÖBB sozusagen noch „eurofiter“ wird und uns die


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ÖBB-Reform zukünftig als zweiter und wichtiger Schritt ins Haus steht, weil die Libe­ralisierung des Marktes auch für die Österreichischen Bundesbahnen ein wichtiger Schritt in das größere Europa sein wird.

Ich erwarte mir daher eine sehr sachliche Diskussion für das große Projekt ÖBB-Re­form. Ich erwarte mir aber auch eine sachliche Diskussion der Eisenbahner­gewerk­schafter, sodass hier nicht Streikdrohungen im Raum stehen, was zu Lasten unserer Pendler geht, die vor allem vom südlichen Niederösterreich aus tagtäglich in die Bun­deshauptstadt Wien pendeln, wobei die Bundesbahn für viele eine vernünftige Alter­native darstellt.

Ich glaube, mit dem heutigen Beschluss beginnen wir damit, die Österreichischen Bun­desbahnen auf ein modernes, internationales Gleis zu stellen. Mit dem Beschluss der Bundesbahnreform hat diese Bundesbahn dann auch grünes Licht für die Umwandlung in ein modernes Unternehmen, zum Wohle auch ihrer Mitarbeiter, vor allem aber zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger, die die Bundesbahn als Dienstleister, aber auch als Verkehrsinfrastruktureinrichtung nutzen wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

20.52

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Heinzl zu Wort. – Bitte.

 


20.53

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sek­retär! Hohes Haus! Das Protokoll über die Änderung des Übereinkommens betref­fend den internationalen Eisenbahnverkehr stellt, wie heute schon mehrmals dargelegt wur­de, einen weiteren Schritt zur Normierung des internationalen Eisenbahnsystems dar.

Bei der ursprünglichen Konzeption der noch heute bestehenden Eisenbahnsysteme wa­ren eher militärisch-taktische Vorstellungen bestimmend. Das hat in einer fast un­übersehbaren Zahl von Kombinationen von Spurweiten, Abmessungen von Fahrzeu­gen und Stromversorgungssystemen geendet. Heute ist es wichtig – da sind wir alle einer Meinung –, dass das Verkehrssystem Eisenbahn auf einen einheitlichen tech­ni­schen Standard zu bringen ist, damit internationaler Eisenbahnverkehr ohne techni­sche Schranken möglich wird. Anders, sehr geehrte Damen und Herren, ist die Bewäl­tigung der vielen vor uns stehenden Aufgaben, beispielsweise der steigenden Per­so­nen- und Güterverkehrsleistungen bei gleichzeitiger Reduktion von Treibhausgas-Emissionen, gar nicht möglich.

Die ÖBB hat eine gute Ausgangsposition im Wettbewerb mit anderen Eisenbahnen. In allen aktuellen Vergleichen schneidet die ÖBB als eine der kostengünstigsten Bahnen Europas ab. Die Effizienz der ÖBB ist nicht nur durch den sozialen Frieden und die konsequente Infrastrukturpolitik seit dem Zweiten Weltkrieg, sondern auch durch die in den neunziger Jahren vorgenommenen strategischen Ausrichtungen der ÖBB möglich geworden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich wäre es die Aufgabe des Herrn Vize­kanzlers Gorbach, im Sinne der österreichischen Volkswirtschaft diese vorteilhafte Wettbewerbsposition zielgerecht auszubauen. Eigentlich wäre es die Aufgabe von Herrn Gorbach, diese Chancen zu nutzen, wie ein klug handelnder Unternehmer dies auch tun würde.

Leider, sehr geehrte Damen und Herren, haben Sie auf der Regierungsbank Sitzende mittlerweile vielfach bewiesen, dass Eigenschaften wie „unternehmerisch effizient“ und „zukunftsweisend“ auf Sie nicht zutreffen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Das sagt uns jetzt ein Sozialdemokrat – das haben wir noch notwendig!)


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Sehr geehrte Damen und Herren! Anstatt die vorteilhafte Wettbewerbsposition der ÖBB zu nutzen, versuchen Sie das britische Katastrophenkonzept der Zerschlagung und der Privatisierung. (Abg. Wittauer: Ist ja ein Blödsinn!) Und als Draufgabe setzen Sie, Herr Kukacka, und Ihre Regierungskollegen den sozialen Frieden wiederholt aufs Spiel. Die aktuelle Diskussion über das Eisenbahnerdienstrecht wird ausgerechnet von Ihnen, Herr Verkehrsstaatssekretär Kukacka, geführt, der Sie – das ist mittlerweile schon bekannt – seit Ihrem ersten Tag als Staatssekretär, dem 28. Februar 2003, einen Pensionsanspruch von 13 134 €, vierzehn Mal im Jahr, haben. (Abg. Wittauer: Wenn ihr im Glashaus sitzt, sollt ihr nicht mit Steinen werfen ...!) Das, Herr Kukacka, ist pro Monat weit mehr, als ein durchschnittlicher Eisenbahnerpensionist oder ASVG-Pensionist im ganzen Jahr bekommt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Was hat der Herr Klima? Was hat ...? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Hetzkampagne der Regierung aus ÖVP und FPÖ gegen die Mitarbeiter der ÖBB ist unerträglich und verwerflich. Sie gehen hass­erfüllt gegen die Eisenbahner und gegen deren soziale Rechte vor! Ausgearbeitet wer­den diese Grauslichkeiten gegen die Eisenbahner von Leuten, die von der Wirtschafts­kammer, der Landwirtschaftskammer, der Industriellenvereinigung entsendet werden und im Rahmen bestens und gut dotierter Sonderarbeitsverhältnisse in den Ministerien arbeiten. Oder sie sind Universitätsprofessoren wie ein Herr Mazal, der auf Grund des für ihn geltenden Dienstrechtes mit 100 Prozent seines Letztbezuges – und das ist kein geringer Bezug! – in Pension gehen wird. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Nach der Post, der Austria Tabak und der Voest wird jetzt auch bei der ÖBB heftigst „herumgeschüsselt“. Zum Beispiel werden ÖBB-Immobilien verscherbelt an so genannte – und ich betone: so genannte – Bestbieter, die oft die besten Freunde von Ihnen, von Schwarz und Blau, sind.

Unter dem Motto „Schwarz-Blau im Allgemeinen, und Gorbach im Besonderen“ zum Thema ÖBB-neu kann man kurz zusammenfassen: Verteuern, verbonzen, verschleu­dern und verschlechtern, sehr geehrte Damen und Herren! (Ruf bei der ÖVP: Da kann man nichts mehr „verschlechtern“!)

Wenn man Herrn Abgeordneten Wattaul zuhört, einem bekannten LKW- und Frächter-Lobbyisten, dann weiß man sofort und genau, in welcher Gefahr sich die Österrei­chi­schen Bundesbahnen in Regierungshänden befinden, denn was nützen schon neue technische Standards und internationale Normierungsübereinkommen, wenn die be­stehende Struktur bei uns mutwillig zerschlagen wird!

Ich sage Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien: „Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen!“ – Sie werden die Tragweite dieses Ausspruches am Ende des Tages vielleicht – diese Hoffnung habe ich – doch noch verstehen! (Beifall bei der SPÖ.)

20.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das war Matthäus 26.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


20.59

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Jetzt gehe ich auf das Gesetz gar nicht ein, weil es grundsätzlich Konsensmaterie ist. Wir alle wissen, dass wir dem zustimmen. Vier Jahre lang haben wir gewartet, jetzt ist es endlich da. Die Voraussetzungen sind bei den Bundesbahnen gegeben, die ande­ren müssen nachziehen. Ein gutes Abkommen, und wir alle werden zustimmen!


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Abgeordneter Broukal hat vor kurzem gesagt: Wir alle sitzen im Glashaus, und da sollte man nicht mit Steinen werfen! – Wenn ich Abgeordnetem Heinzl zuhöre, so ist das, muss ich sagen, für mich eine Katastrophe: Er redet von „Bonzenwirtschaft“, „Par­teibuchwirtschaft“ und so weiter. (Abg. Heinzl: So ist es!) – Das habt ihr doch in Rein­kultur betrieben! Da aber hier zu sagen, wir würden das Gleiche machen, ist doch wohl lächerlich!

Wenn ich mir die ganze Gewerkschaftspartie da ansehe, die dann noch über Unter­nehmen redet, muss ich sagen: Von Unternehmen habt ihr überhaupt keine Ahnung! Da ist doch kein einziger dabei, der vielleicht erfolgreicher wäre wie manch andere auf dieser Seite. (Der Redner deutet auf die rechte Seite des Sitzungssaales. – Zwi­schen­ruf des Abg. Gradwohl.) Wir wissen, was wir tun, wir wissen, wie wir etwas refor­mieren, und wir wissen, wie wir mit diesem Privilegienstadel fertig werden. (Abg. Nürn­berger: Das glaubst du ja wohl selbst nicht!) Ich muss sagen: Dass ein roter Abge­ordneter vom Rednerpult aus dieser Regierung in diesem Zusammenhang Vorwürfe macht, das ist wirklich enttäuschend!

Ich weiß nicht: Habt ihr die Reden ausgepackt, welche die Freiheitlichen vor fünf oder sechs Jahren hier gehalten haben – oder habt ihr sie abgeschrieben? Die Vorwürfe, die Sie heute gebracht haben, betraf das, was sie in Reinkultur selbst gemacht haben. Die einzigen Sorgen, die Sie bei den ÖBB haben, ist Angst um Ihre Positionen, Angst um Ihr Klientel, Angst um Ihre Mitglieder in der Gewerkschaft! (Abg. Heinzl: Es geht um die soziale Umweltversuchung!) Hin und wieder höre ich ein positives Signal von sozialdemokratischer Seite, dass wir doch auch – da muss ich Abgeordnetem Eder recht geben – das Dienstrecht besprechen sollten und dass wir über solche Dinge in Ruhe miteinander reden sollten. Aber dann gehen Sie heraus und machen wiederum das Gleiche: Sie machen alles von vornherein schlecht, es kommen von vornherein wieder diese Art von Kampfansagen, die wir auf der Straße von euch ohnehin gewohnt sind. (Abg. Heinzl: Die Wahrheit können Sie nicht vertragen!)

All dem erteilten wir und diese Regierung eine Absage. Diese Regierung, Hubert Gor­bach und Staatssekretär Kukacka als auch wir im Nationalrat werden alles tun, um die ÖBB auf einen guten Weg zu bringen, auf einen Zukunftsweg zu bringen, damit deren Mitarbeiter auch in zehn, 20, 30 Jahren ihren Platz haben und in Österreich ihr Geld verdienen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist nunmehr Herr Abgeordneter Glaser mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 4 Minuten gemeldet. – Bitte.

 


21.02

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Geschätzte Damen und Herren! Die Eisenbahnwelt in Österreich entwickelt sich – Gott sei Dank; oder sagen wir besser: hoffentlich! – ständig weiter, und dem­gemäß müssen sich natürlich auch die internationalen Übereinkommen, welche die Grenzüberschreitung der Eisenbahnen regeln, ebenfalls weiterentwickeln.

Wir hier im Parlament haben jedenfalls heute diese Übereinkommen zur Kenntnis zu nehmen, damit die gesetzgebenden Bestimmungen aus diesen Übereinkommen auch tatsächlich wirksam werden können. – Ich glaube, zu den Übereinkommen als solchen wurde schon genug gesagt. Sie sind wichtig, aber noch wichtiger – und damit komme ich zu dem Thema, das, wie ich glaube, die Österreicherinnen und Österreicher sicher­lich und auch uns am meisten interessiert: die ÖBB-Reform. Ich glaube, dass das wirklich ein zentrales Thema der nächsten Wochen und Monate sein wird.


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Da mich Herr Abgeordneter Broukal gerade so interessiert anschaut, möchte ich auf seine Attacke in der vergangenen Sitzung des Verkehrsausschussees, und zwar ge­genüber Herrn Staatssekretär Kukacka, zu sprechen kommen: Abgeordneter Broukal ist im Ausschuss mit, wie ich glaube, wirklich sehr sonderbaren Vorwürfen und fal­schen Behauptungen ins Feld gezogen und musste sich letztlich beweisen lassen, dass er mit falschen Behauptungen argumentiert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass es wichtig wäre, hier die Emotionen ein bisschen heraus zu nehmen und doch auch bei der Sachlichkeit zu bleiben. Darum bitte ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ und auch von den Grünen, denn ich meine, dass wir nur so eine Reform zustande bringen können, die letztlich Not und uns allen gut tut!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, es geht uns nicht, wie Sie immer wieder behaupten, um eine Zerschlagung der ÖBB. Ganz im Gegenteil! Und ich glaube, wir alle wollen eine bessere Bahn. (Abg. Gradwohl: Herr Kukacka auch?) Ich als Burgenländer möchte jetzt für alle Grenzgebiete sagen: Wir brauchen auch mehr Bahn, denn das, was wir an grenzüberschreitenden Bahnübergängen oder Bahn­geleisen zurzeit haben, ist sehr, sehr dürftig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte an einem Beispiel aus dem Bur­genland erklären, was ich meine, und ich möchte in diesem Zusammenhang die ver­schiedenen Strukturen aufzeigen.

Wir haben, wenn es gut geht, im mittleren und südlichen Burgenland insgesamt gerade etwa 50 Bahnkilometer. Es sind dies im Bezirk Jennersdorf eine Strecke von 15 Kilo­metern und die Verbindungsstrecke Graz – Budapest, und zwar ohne irgend welche Bahnschranken et cetera. Im Bezirk Güssing gibt es seit 80 Jahren keinen Bahn­kilometer; im Bezirk Oberwart gibt es eine Stichbahn von 20 Kilometern und im Bezirk Oberpullendorf eine von 20 Kilometern. Wir alle zahlen aber natürlich an den Defiziten der Bundesbahn kräftig mit.

Im nördlichen Burgenland zum Beispiel haben wir die private Raab–Ödenburger–Eben­furter-Eisenbahn. Bei dieser Raaber-Bahn versteht man es vorzüglich, den Bedarf der Pendler aus dem Neusiedler Bezirk und teilweise auch aus Eisenstadt zu decken. (Abg. Gaál: Seewinkel!) Dieses Bahnunternehmen hat aber zum Beispiel auch ein Übereinkommen mit dem Hamburger Hafen und wickelt den Containerverkehr privat­wirt­schaftlich ab. Diese Bahn besorgt von Wels nach Ödenburg die „rollende Land­straße“ und hilft der Wirtschaft viele Ökopunkte sparen. Mit einem Wort: Es ist dies ein Bahn mit modernen, flexiblen Strukturen; man ist in diesem Unternehmen ideenreich und hat es auch verstanden, die Unterstützung des Landes zu bekommen.

Ich glaube, dass genau hier der Unterschied liegt – im Burgenland sehen wir das ja ge­radezu klassische Beispiel dafür –: Mit neuen Ideen, neuen Strukturen und einer neuen Philosophie kann eine Bahn profitabel und vernünftig geführt werden. Darum geht es uns, und dieser Aufgabe müssen wir uns unterziehen! Ich darf Sie bitten und einladen, dass wir diesen Weg zu gehen versuchen! Dann werden auch diese internationalen Übereinkommen, die wir heute beschließen, einen Sinn haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Abgeordnete Bayr. Wunschgemäß 5 Minuten Redezeit. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


21.07

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Staat ist für die Infrastruktur eines Landes verantwortlich, und


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der Staat hat dafür zu sorgen, dass die Infrastruktur dem Wirtschaftsstandort Öster­reich genügt. Das betrifft die Schiene genauso wie die Straße, mit dem Unterschied jedoch, dass die Schiene wesentlich billiger ist als die Straße. Es werden 4,4 Milliar­den € an Zuschüssen für die ÖBB kolportiert, für die Straße sind es übrigens 14,6 Mil­liarden €.

Aber lassen Sie mich diese 4,4 Milliarden für die ÖBB näher betrachten. – 2,4 Mil­liarden € sind für die Infrastruktur Neu-Investition, die Infrastrukturerhaltung und für den Betrieb bestimmt. Das ist kein Geschenk des Staates an die ÖBB, sondern der Staat kommt da einer gesetzlichen Verpflichtung nach. All jenen, die das nicht glauben können, empfehle ich sehr die Lektüre des § 2 Bundesbahngesetz.

Weiters gibt es 1,3 Milliarden € an Pensionszuschüssen. Es wird ja immer so getan, als wäre es eine „ÖBB-Spezialität“, dass es staatliche Pensionszuschüsse gibt. Auch das ist nicht der Fall! Es ist etwas total Übliches, dass es staatliche Pensionszuschüsse gibt, und im Übrigen ist beispielsweise der Prozentsatz der staatlichen Zuschüsse bei der Pensionsversicherung der Gewerbetreibenden oder der Bauern wesentlich höher als jener bei den ÖBB.

Schließlich gibt es noch 0,7 Milliarden € an so genannten gemeinwirtschaftlichen Leis­tungen. Auch das sind keine Subventionen für die ÖBB, sondern das ist einfach die Abgeltung von Leistungen, die der Staat will und die er sich auch etwas kosten lässt, wie zum Beispiel spezielle Tarife für SchülerInnen, PensionistInnen und PendlerInnen.

Die ÖBB stellen auch eine wirkliche Alternative im Umweltschutz dar. Im Güterverkehr ist die Bahn zum Beispiel mit 13,21 Gramm CO2 pro Tonnenkilometer das klima­ver­träglichste Verkehrsmittel überhaupt. Auch im Personenverkehr ist die Bahn ziemlich konkurrenzlos. Ein PKW stößt pro Personenkilometer zehnmal mehr CO2 aus als die Bahn, und die Stickoxidemissionen sind bei Benzin-PKW viermal und bei Diesel-PKW sogar fünfmal höher als bei der Bahn.

Aber anstatt diese Vorteile der Bahn zu nützen, zerstört diese Bundesregierung die ÖBB: Sie filetiert diese – und verteilt die lukrativen Filets an Regierungsgünstlinge! (Beifall bei der SPÖ.)

Unsere Bundesbahnen sollen nachhaltig und mutwillig zerstört werden – und damit schadet diese Regierung ganz bewusst der Umwelt und dem Erreichen des Kyoto-Zieles. (Zwischenruf des Abg. Ellmauer.) Sie alle wissen, dass wir gerade im Ver­kehrsbereich von unserem Minus von 13 Prozent CO2-Äquivalent, das wir erreichen sollen, meilenweit entfernt sind! Und mit dieser Politik werden wir diesem Ziel auch nicht näher kommen!

Diese Regierung schadet ganz bewusst einer sinnvollen Verlagerung der Verkehre von der Straße hin zur Schiene. Sie schadet den Pendlerinnen und Pendlern, die auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen sind, schadet speziell den Frauen, die wesentlich seltener über einen PKW verfügen als Männer. Diese Bundesregierung schadet dem ländlichen Raum, der in Zukunft wesentlich schlechter erschlossen sein wird, schadet dem Nahverkehr und auch der Leistbarkeit der öffentlichen Verkehre. Es wird kolpor­tiert, dass die Preise und die Tarife um bis zu 30 Prozent steigen könnten.

Diese Regierung schadet auch der Sicherheit des öffentlichen Verkehrs, denn wenn die Infrastruktur AG in Zukunft wirklich von Finanzministers Gnaden abhängig sein wird, dann kann ich nur hoffen, dass Herr Minister Grasser mit der Sicherheit der Fahr­gäste wesentlich sorgfältiger umgeht als mit der Bekanntgabe seiner Aktienvermögen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was ist wirklich bei dieser „Bahn-Reform“ geschehen?– Die ÖBB werden verteuert, verbonzt, verschleudert und verschlechtert!


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Ursprünglich habe ich mich sehr gefreut über den Letter of Intent, der betreffend den Bahnhof Wien unterschrieben wurde. Ich denke, dass das ein wichtiger Schritt für den TEN-Knoten, ein wichtiger Schritt für den Wirtschaftsstandort und auch für den Komfort der Fahrgäste ist. Aber wenn ich mir jetzt anschaue, was rund um die ÖBB alles geplant ist, dann fürchte ich, dass wir zwar um 2012 einen Bahnhof Europa-Mitte, aber keine leistungsfähige Bahn mehr haben werden, die dann noch fährt. Wir werden kein funktionierendes Schieneninfrastrukturnetz mehr haben, und wir werden keine Bahn­gäste haben. Und all das nur deswegen, weil Vizekanzler Gorbach in seiner „Ne­ben­funktion“ als Verkehrsminister die österreichische Verkehrsinfrastruktur zerstört!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Verkehrspolitik in diesem Land sind die Weichen ganz eindeutig falsch gestellt! (Beifall bei der SPÖ.)

21.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Josef Broukal zu Wort gemeldet.

Ich erinnere ihn an die Bestimmungen der Geschäftsordnung: Sie beginnen mit dem zu berichtigenden Sachverhalt, welchem der richtige Sachverhalt gegenüberzustellen ist. Es geht um Fakten und nicht um Werturteile. 2 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


21.13

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Glaser hat gemeint, ich hätte mir in einer Sitzung des Verkehrsaus­schusses beweisen lassen müssen, dass ich mit falschen Behauptungen operiere. – Das ist unwahr!

Wahr ist vielmehr, dass während der Sitzung des Verkehrsausschusses eine Meldung des ÖVP-Pressedienstes vorgelegt wurde, welche die Urheberschaft dieser Meldung Herrn Staatssekretär Kukacka zugeordnet hat. (Staatssekretär Mag. Kukacka: Das war nicht der ÖVP-Pressedienst, das war die APA!)

Ich konnte mich aber im Laufe dieser Sitzung davon überzeugen, dass diese Meldung ohne Wissen des Herrn Staatssekretärs verfasst und ohne sein Einverständnis mit seinem Namen in Beziehung gebracht wurde. Ich habe mich beim Herrn Staats­sekretär dafür entschuldigt, und bitte Sie, das auch zur Kenntnis zu nehmen!

Es ist jedenfalls nicht richtig, dass ich mit einer falschen Behauptung operiert hätte. Vielmehr schrieb der ÖVP Pressedienst falsche Urheber auf seine Aussendungen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.13

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bis auf den letzten Satz war alles ganz geschäfts­ord­nungsgemäß.

Zu Wort gelangt nunmehr Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte.

 


21.14

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Broukal, ich möchte mich nicht in diese Debatte der Abgeordneten einmischen, aber: Das, was Sie jetzt gesagt haben, war leider nicht ganz richtig! Es hat sich nicht um eine Aussendung des ÖVP-Pressedienstes gehandelt, sondern um eine Aussendung der APA, die mir etwas Falsches zugeschrieben hat. Die APA hat diese Berichtigung hinaus gegeben – und nicht der ÖVP Pressedienst. (Abg. Dr. Lichtenberger: Nach heftigen Interventionen!) Das möchte ich in diesem Zusammenhang klar und eindeutig festhalten. – Aber das nur nebenbei, meine Damen und Herren.


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Ich möchte mich ganz kurz noch zu einigen Punkten der Bahnreform zu Wort melden, weil ich doch den Eindruck habe, dass einige Kollegen von den Sozialdemokraten hier tatsächlich Realitätsverweigerung betreiben, meine Damen und Herren. Eine solche Realitätsverweigerung konnte ich bei Alfred Gusenbauer Gott sei Dank nicht feststellen, denn er hat zum Beispiel bereits in einem „Sommergespräch“ im Sep­tem­ber dieses Jahres gesagt: Ich, Alfred Gusenbauer, bin absolut für eine Verän­derung der Bahn, weil ich glaube, dass es erstens ein besseres Service in Österreich für die Bahnkunden geben muss und dass wir zweitens mehr Effizienz bei der Bahn brau­chen.

Meine Damen und Herren! Das ist es, was auch diese österreichische Bundes­regie­rung realisieren und umsetzen will! Damit treten wir auch sozusagen in die Fußstapfen sozialdemokratischer Verkehrsminister. Schon die Minister Streicher, Klima und Einem wollten die Bahn reformieren. Es ist ihnen aber nicht gelungen, und wenn es Ansätze gegeben hat, dann waren diese nur halbherzig. Und die Gegner waren nicht bei der Opposition und auch nicht beim damaligen Koalitionspartner ÖVP, sondern bei der Eisen­bahnergewerkschaft, die verhindert hat, dass es zu umfassenden Reformen bei der Bahn gekommen ist, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Mainoni: Das ist interessant!) Das ist die Wahrheit, und das lässt sich auch anhand verschiedener Dokumente und Protokolle nachweisen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das, was diese Regierung will, wissen Sie alle doch so gut wie ich: Es ist dies sicherlich nicht die Zerschlagung der Bahn! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kum­merer.) Wir wollen die Bahn neu strukturieren und organisieren, weil es zum einen betriebswirtschaftlich sinnvoll und notwendig ist und alle Managementgrundsätze dies verlangen und weil auf der anderen Seite die Europäische Union in ihren Bahnricht­linien davon ausgeht, dass sich die Bahn in Zukunft dem Wettbewerb stellen und des­halb insgesamt neu aufgestellt werden muss. (Abg. Gradwohl: Das Problem dabei ist, dass Sie, wenn Sie so weiter tun, nichts mehr zum Aufstellen haben werden!) Das ist doch eine Tatsache, der wir uns stellen müssen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Im Großteil der europäischen Staaten in der Europäischen Union sind die Reformen, die wir jetzt vor uns haben, schon längst vollzogen. Im Großteil der europäischen Staa­ten gibt es entweder bereits überhaupt eine Trennung zwischen Güter- und Personen­verkehr auf der einen Seite und dem Infrastrukturbereich auf der anderen Seite. Da gibt es schon völlig unterschiedliche Unternehmen, die diese Geschäfte besorgen! Und in vielen anderen Staaten gibt es Holdingunternehmen – so, wie wir das planen. In nur mehr ganz wenigen Staaten gibt es noch das integrierte Bahnunternehmen, so, wie es die ÖBB sind. Und in all diesen Unternehmen denkt man auch schon längst an Än­derungen, weil solche notwendig und sinnvoll sind, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn Sie kritisieren, dass wir Eingriffe beim Dienstrecht vornehmen, dann sage ich: Es ist weder die Volkspartei noch die Regierung noch die Freiheitliche Partei, die hier et­was fordert. Vielmehr ist es der Rechnungshof, der in vielen Berichten auf die Mängel und Defizite der Bahn hinweist und von der Regierung immer schon gefordert hat, dass endlich Konsequenzen daraus gezogen werden. Diese Regierung ist jedoch die erste, die versucht, daraus tatsächlich Konsequenzen zu ziehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gaál: Das stimmt doch nicht!)

Der Rechnungshof hat das Pensionsantrittsalter kritisiert. Diesfalls muss man natürlich auch in das Dienstrecht eingreifen. Das Pensionsantrittsalter wurde massiv kritisiert. Ferner hat der Rechnungshof ganz massiv die Entgeltfortzahlung, die es derzeit bei der Bahn gibt, kritisiert. Er hat massiv das derzeitige Biennalsystem der ÖBB kritisiert.


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Er hat ganz massiv den hohen Stand an Krankenständen kritisiert, die überdurch­schnittlich, doppelt und dreimal so hoch sind wie in privaten Unternehmen. Und der Rechnungshof hat die Sonderurlaube kritisiert.

All das, meine Damen und Herren, wollen wir reformieren. Wir vollziehen also nur das, was uns der Rechnungshof in vielen Berichten vorschreibt und von uns im Interesse der Steuerzahler und im Interesse einer wirtschaftlich gesunden Bahn fordert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir nehmen also die Äußerungen von Alfred Gusenbauer gerne auf, ersuchen ihn aber, sich auch bei der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion und bei der SPÖ-Eisenbahnergewerkschaft dafür einzusetzen, dass sie diesen Veränderungen auch tatsächlich zustimmen, weil sie sinnvoll und notwendig sind. (Abg. Gradwohl: Da müsst ihr aber einmal reden mit ihnen!)

Ich fordere Sie auf, ich ersuche Sie, sich nicht länger immer nur als Bewahrer eines unhaltbaren Status quo aufzuspielen, sondern gemeinsam mit uns zu versuchen, eine sinnvolle Reform zustande zu bringen. (Abg. Gradwohl: Wollen Sie eine sinnvolle Re­form? Dann treten Sie in Verhandlungen ein!) – Wir sind dazu bereit! (Abg. Gradwohl: Das ist ja völlig unrichtig!) Wir sind zu Gesprächen bereit, und ich ersuche Sie, hier auch jene, die eben unbedingt und auf alle Fälle den derzeitigen Zustand beibehalten wollen, zu überzeugen, dass das keine Perspektive für die Zukunft hat, sondern, dass im Interesse des Verkehrsträgers Bahn, im Interesse des österreichischen Verkehrs­systems umfassende Neuerungen notwendig sind. Ich ersuche Sie, dabei mitzuwirken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Begeben Sie sich in die Wirklichkeit der Verhandlungen! – Abg. Nürnberger: Was wollt Ihr da verhandeln mit denen?)

21.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. 3 Minuten Wunschredezeit. – Herr Abgeordneter, à vous!

 


21.21

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Unser Vizekanzler, Infrastrukturminister Gorbach, hat ja heute Vormittag schon darauf aufmerksam gemacht, dass die ÖBB-Reform notwendig ist, und es ist ja auch durch die Ausführungen hier unbestritten, dass Herr Gusenbauer und Sie von der SPÖ genauso wie die Grünen dasselbe sagen. (Abg. Eder: Der ist un­voreingenommen! Das sind wir auch!) Diese ÖBB-Reform erfordert Mut, Mut auch deshalb – darüber müssen wir uns auch im Klaren sein –, weil diese Reform nicht überall populär ist. Wir von den Regierungsparteien gehen dieses Reformprojekt offen, behutsam, aber auch zügig an.

Warum gehen wir es zügig an? (Abg. Eder: Weil es Züge sind!) Was ist die Ausgangs­lage? – Die Ausgangslage ist, dass der Infrastrukturbereich der ÖBB per Ende 2003 eine Verschuldung von 10 Milliarden € hat. Die Ausgangslage ist, dass der Einfluss der Gewerkschaft auch im operativen Bereich mit keinem anderen Unternehmen zu ver­gleichen ist. – Das ist halt auch Realität.

Ausgangslage ist weiters, dass die ÖBB mit der jetzigen Struktur international nicht wettbewerbsfähig sind. Leider Gottes ist noch etwas Ausgangssituation und Ausgangs­lage: dass die Gewerkschaft sehr gegen diese Reform ist und natürlich dadurch auch einen Verlust an Einflussnahme erwartet. (Abg. Gradwohl: Wir sind gegen diese Re­form, nicht gegen eine Reform!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Behauptungen, die heute Vormittag auf­gestellt wurden, dass uns die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖBB samt ihren


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Angehörigen egal wären, stimmen einfach nicht. Sie sind uns überhaupt nicht egal, sondern – im Gegenteil! – sehr wichtig, mindestens so wichtig wie die anderer Unter­nehmen, die ebenfalls Reformen unterzogen werden.

Ich gebe aber jetzt Folgendes zu bedenken: Im morgigen „Kurier“ wird in einem Artikel zum Thema „Sanktus mit Vorbehalt für die ÖBB-Reform“ unter anderem berichtet, dass der Güterverkehr bereits gestört ist und erste Firmen auf die Straße wechseln. – Das sollte der Gewerkschaft zu denken geben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Eder: Dem Minister muss das jetzt zu denken geben, nicht der Gewerkschaft! Nicht die Verantwortung der Gewerkschaft geben! Die Verantwortung haben die Her­ren von oben, nicht die Belegschaft!)

Wortwörtlich steht hier: „Die Industrie braucht beim Transport verlässliche Partner. Seit Wochenbeginn rollen verstärkt LKW über die Autobahnen.“ Die sind früher mit der Bahn transportiert worden. Insbesondere die Chemie verlagert Teile ihrer Tonnagen bereits auf die Straße. (Abg. Eder: Warum?) – Ja, das sage ich Ihnen, warum: „Die Aufträge sind Just-in-time-Geschäfte. Verspätungen sind da nicht drinnen.“ – Das heißt: der Markt ist sehr sensibel (Abg. Eder: Daher vorsichtig umgehen damit! Be­hutsam!), und wir müssen wirklich aufpassen, dass der gute Ruf und die Leistung der Österreichischen Bundesbahnen nicht dadurch geschmälert wird, dass die Gewerk­schaft hier den Bogen überspannt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Eder: Aber warum, bitte?)

21.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.24

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum einen freue ich mich, dass wir heute das Übereinkommen über die technische Angleichung im europäischen Rahmen be­schließen, weil diese technischen Vereinheitlichungen für einen funktionierenden trans­europäischen Schienenverkehr von ganz zentraler Bedeutung sind.

Es war nämlich tatsächlich so, dass früher durch technische Unterschiede, die jetzt immer weniger werden – heute um noch einen Schritt weniger –, die Züge nicht von einem Land ins andere fahren konnten. Es gibt aber nach wie vor auch andere Gründe und Ursachen, die einen europäischen Schienenverkehr, wie wir ihn uns – sowohl aus Umweltschutz- als auch aus wirtschaftlichen Gründen – alle wünschen, verhindern und erschweren. Einige dieser Gründe hängen ganz eng mit der überfälligen Reform der ÖBB zusammen.

Ich möchte ein Beispiel nennen: In den unterschiedlichen europäischen Ländern gibt es nach wie vor unterschiedliche Vorschriften, was die Signaltechnik und auch die Aus­bildung und die Anforderungen an die Ausbildung der Lokführer betrifft. Es wäre aus meiner Sicht höchst an der Zeit, auch die Ausbildung der Lokführer aus dem Unter­nehmen der Österreichischen Bundesbahnen herauszunehmen, weil ein Mitarbeiter bei dem bereits vorher genannten, doch sehr angenehmen Dienstrecht sehr selten wo­an­dershin wechselt, und ohne, dass wir auch extern ausgebildete Lokführer haben, können wir private Bahnbetriebsgesellschaften, die wir zusätzlich zu einer starken ÖBB auch brauchen, gar nicht bekommen. Das ist ein sehr großes Problem, und ich möchte anregen, dass auch darauf weiteres Augenmerk gelegt wird.

Es ist auch sehr wichtig, vor gewissen Dingen nicht die Augen zu verschließen: Ich ha­be in meiner Tätigkeit von einem sehr hohen Vertreter der österreichischen Bundes­bahnen anlässlich dessen, dass in der Brenner Eisenbahngesellschaft ein Zeiterfas-


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sungs­system installiert wurde, folgenden Witz gehört. Dieser hohe Vertreter hat wort­wörtlich gesagt – als Scherz –:

Na heast, das können wir bei uns nicht machen, denn das brauchen wir nicht schwarz auf weiß! Wir machen jetzt einmal ein Drehkreuz und zwei Spuren in der Elisabeth­straße: eine Spur für die, die später kommen, damit sie nicht zusammenstoßen mit denen, die früher gehen.

Das ist zwar nur ein Scherz (Zwischenruf des Abg. Dr. Bauer), aber es ist für einige Be­reiche im Betrieb der ÖBB, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, durchaus exem­plarisch zu sehen, wiewohl es dort auch wirkliche Workaholics und exzellente Mitar­beiter gibt. Selbstverständlich würde es jedes Management jedes Unternehmens – und da ist auch den Bemühungen von Draxler und auch dem jetzigen Management durchaus Anerkennung zu zollen – nahe legen, solche Missstände abzustellen.

Dazu kam es aber jeweils nicht im erforderlichen Ausmaß, weil die Gewerkschaft mit politischer Unterstützung – so ein „Wir-trauen-uns-nicht“ zu SPÖ-Zeiten – sinnvolle Reformen, die ein Überleben der ÖBB im europäischen Konzert der Bahnen als eine der fittesten in Zukunft erst möglich machen, verhindert hat. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bauer.) Eigentlich gehe ich davon aus, dass uns all diejenigen – auch Minister Einem, die Kollegen Eder und Parnigoni –, die etwas mehr Einblick haben, zustimmen werden, wenn wir jetzt diese sehr schwierige Aufgabe angehen und Sie es, da es Ihnen innerparteilich große Schwierigkeiten bereitet, nicht so sehr machen müssen.

Ich hoffe also auf Ihre zumindest stillschweigende Zustimmung zu diesen Reformen und auf eine gute, sachliche Zusammenarbeit, um aus den ÖBB ein fittes europäisches Eisenbahnunternehmen machen zu können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzter in dieser Debatte zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marizzi. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.28

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Lichtenberger hat darauf hingewiesen, dass die COTIF-Regelung natürlich überhaupt nichts mit der Bahnreform zu tun hat.

Natürlich wollen wir eine Internationalisierung, natürlich wollen wir eine technische Evaluierung, und natürlich wollen wir die österreichische Eisenbahn europafit machen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei diesen Reformen geht es immerhin um 48 000 Menschen, die man doch mit einbinden sollte, denn diese 48 000 Menschen sollten ja eigentlich diese Reform mittragen.

Ich möchte das an zwei Beispielen festmachen. Herr Staatssekretär Kukacka, Sie ken­nen sicherlich das Urteil vom Ennstal, von diesem Lokführer: 14 Stunden mit kurzen Unterbrechungen im Führerstand verursacht er einen schweren Unfall. – Familie ka­putt, Existenz kaputt. 14 Stunden! Und dann haben wir Millionen von Überstunden, und auf einmal haben wir um 6 000 Eisenbahner zu viel, meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt frage ich mich ... (Staatssekretär Mag. Kukacka: Weil wir nur bei den Lokführern zu viele haben!) Ja, ja, Herr Staatssekretär! Ich weiß Ihre Argumente zu schätzen, aber Sie sind in diesem Fall falsch! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär! Man kann nicht am Anfang einer Reform sagen, 6 000 sind zu viel, wir geben euch in eine Personalholding – und tschüss!

Herr Staatssekretär, das zweite Beispiel: Glauben Sie, dass es richtig ist, wenn solche Karten – Herr Kollege Miedl, vielleicht haben Sie die nicht ausgeteilt! – mit dem ÖVP-


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Impressum an den Bahnhöfen ausgeteilt werden?! (Der Redner hält eine Karte in die Höhe, auf der ein blau-weißes Bahnhofsschild im Stil der ÖBB mit der Aufschrift „Pri­vilegienbahnhof“ zu sehen ist.) Da ist zu lesen, welche Privilegien diese Eisenbahner angeblich, was sie verdienen, wie viel sie eigentlich an Krankenständen haben, et cetera. – Und genau diese 48 000 Menschen wollen Sie dann gewinnen und dazu bringen, bei dieser Reform mitzuziehen? (Zwischenruf des Abg. Schöls.) Ich weiß schon, die christlichen Gewerkschafter in der Eisenbahn haben sich in Nieder­öster­reich geweigert, diese Karten auszuteilen. – Das ist doch umso schlimmer für Sie! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich will jetzt gar nicht die Medien zitieren. „Presse“: Volldampf in die Krise. Eilzug in die Ungewissheit. „Salzburger Nachrichten“: Die Reform ruft nach einer nächsten. „Kurier“: Verschiebebahnhof.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Machen Sie diese Reform mit den Men­schen, die dort beschäftigt sind – und nicht gegen die Menschen! Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Ab­schluss des vorliegenden Staatsvertrages, dessen Artikel 35 Abs. 3 und 4 verfas­sungs­ändernd sind, in 46 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Da das alles verfassungsändernde Bestimmungen sind, stelle ich im Sinne des § 82 Abs. 2 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dass wir die­sem Staatsvertrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

8. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Stadtmagistrats Innsbruck (II-STR-02104/2003) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Klaus Wittauer (216 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Es liegt hiezu keine Wortmeldung vor.

Wir gelangen daher sofort zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, Fol­gendes zu beschließen:

In Behandlung des Ersuchens des Stadtmagistrats Innsbruck vom 2. September 2003 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Klaus Wittauer wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusam­menhang zwischen den verfahrensgegenständlichen Handlungen und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten Wittauer besteht, und daher wird einer behördlichen Ver­folgung des Abgeordneten zum Nationalrat Klaus Wittauer nicht zugestimmt.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

9. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Straßenverkehrsordnung (StVO 1960) geändert wird (141/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält als Erste die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Sie hat sich für 3 Minuten zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.34

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich freue mich außerordentlich, Ihnen heute diesen Antrag präsentieren zu können. Es geht dabei um eine Änderung in der Straßenverkehrsordnung, durch die für mehr Sicherheit gesorgt werden soll – vor allem für mehr Sicherheit für behinderte Menschen im Verkehr – und durch die auch einige Maßnahmen für die Mobilität im 21. Jahrhundert vorgenommen werden.

Wir haben diesen Antrag mit betroffenen Menschen und Verbänden verhandelt und ge­meinsam eingebracht. Ich möchte mich hier auch speziell bei Herrn Wolf­gang Kremser vom Österreichischen Blinden- und Sehbehindertenverband und den vielen anderen mittätigen und engagierten Menschen bedanken.

Es ist zum Beispiel noch so, dass wir in der Straßenverkehrsordnung einen Para­graphen haben, dass gehörlose Menschen sich kennzeichnen sollten, damit sie im Verkehr besser wahrgenommen werden. – Auch da ist eine gesetzliche Änderung sehr wichtig und notwendig.

Blinde Menschen und schwer fehlsichtige Menschen müssen auf den Straßen sehr viele Parcours durchwandern. Die Schilder, die manchmal viel zu niedrig hängen, zwin­gen blinde Menschen dazu, dass sie in Slalomläufen über die Gehsteige unserer Städte gehen müssen.

In diesem Antrag sind weiters Vorbeifahrverbote bei öffentlichen Verkehrsmitteln enthalten. Auch das ist ein wesentlicher Punkt: Wenn Menschen aus Bussen, Straßenbahnen und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln aussteigen, sollen sie nicht von vorbeifahrenden Autos oder LKW gerammt werden. Eine verbesserte Wahrnehm­barkeit von Straßenverkehrszeichen ist auch ein wesentlicher Aspekt, vor allem für blinde und fehlsichtige Menschen, denn Straßenverkehrszeichen müssen so ange­bracht werden, dass sie einerseits gesehen werden können, aber andererseits kein Hindernis darstellen.

Eine weitere wichtige Maßnahme, die wir vorschlagen, ist die verbesserte Wahrnehm­barkeit von Ampelsignalen, damit auch da die Integration im Verkehr und auf städti­schen Straßen und Wegen gewährleistet werden kann.

Sehr wesentlich und wichtig ist die Verringerung der Gefährdung von Fußgängern durch Radfahrer auf den Fußgängerflächen. Auch hiezu haben wir einen Punkt ein­gebracht, der dazu dienen soll, dass für alle Menschen, die sich im Verkehr und auf den öffentlichen Straßen bewegen, mehr Sicherheit gewährleistet ist. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

21.37


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34. Sitzung / Seite 221

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl, der sich für 4 Minuten zum Rednerpult begibt. – Bitte.

21.37

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Lapp hat ein Vorhaben angesprochen, die Straßenverkehrsordnung zu diskutieren und da vor allem Verkehrssicherheitsmaßnahmen einzubauen.

Frau Kollegin, ich habe mir diese Sache sehr genau angeschaut. Die Vorschläge haben Hand und Fuß. Es gibt da einige Dinge, über die man wirklich reden sollte, und zwar rasch.

Das, was ich als Verkehrssprecher meiner Fraktion anrege, ist, dass wir nicht einzelne Teile herausnehmen, sondern dass wir die Straßenverkehrsordnung im nächsten Jahr als Gesamtgesetzeswerk neu überdenken und reformieren.

Ich sage Ihnen dazu, was wir da andenken. – Das ist durchaus ernst gemeint, weil die Maßnahmen, die Sie vorschlagen, tatsächlich Dinge sind, die wir ernsthaft in Angriff nehmen sollten. Die Straßenverkehrsordnung sollte eigentlich Spielregeln für alle Ver­kehrsteilnehmer beinhalten. Tatsächlich hat sich die Straßenverkehrsordnung aus dem Jahre 1960 entwickelt und ist zu einem Stückwerk geworden. Darin sind Verkehrs­vorschriften für Verkehrsteilnehmer und behördliche Vorschriften genauso wie Strafbe­stim­mungen enthalten.

Das, wofür wir plädieren, ist eine Neuschreibung der Straßenverkehrsordnung als Ge­samtes: kein Stückwerk, sondern Spielregeln für Verkehrsteilnehmer, die aus einem Guss sind. Und da geht es im Wesentlichen auch um die Verkehrssicherheit, vor allem benachteiligter Teilnehmer am Straßenverkehrsgeschehen. Daher plädieren wir dafür – ich habe es Ihrem Verkehrssprecher, dem Kollegen Eder, bereits mitgeteilt –, dass wir nachdenken, was wir alles in diesem neuen Gesetzeswerk, in dieser neuen Straßen­verkehrsordnung mit enthalten haben wollen.

Nach unserem Dafürhalten sollte das ein sehr knappes, den notwenigsten Bedürf­nis­sen und den Verkehrssicherheitsbedürfnissen angepasstes Gesetzeswerk sein, das kurz gefasst ist und die wesentlichsten Inhalte enthält. Außerdem sollte es leicht ver­ständlich und in einer klaren Sprache formuliert sein. Es gehören einige Dinge ge­strichen, aber auch einige neue Punkte hinein.

In diesem Zusammenhang verweise auf ein paar KFG-Bestimmungen, die sich zurzeit noch im KFG befinden – zum Beispiel die Beförderung von Personen –, die nach meinem Dafürhalten in die Straßenverkehrsordnung gehören.

Ich biete daher an, Frau Kollegin, überfraktionell in einer Art Brainstorming nachzuden­ken und nach einem solchen Nachdenkprozess gemeinsam die Straßenverkehrs­ordnung neu zu schreiben. Mein aktiver Beitrag im Sinne der Verkehrssicherheit und der Beitrag der ÖVP ist jedenfalls sichergestellt. Ich freue mich auf die Zusam­menarbeit mit Ihnen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

21.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wattaul. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


21.41

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Im Wesentlichen sind das Maßnahmen für behinderte Personen und Maßnahmen für Fuß-


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gänger. Mir ist bekannt, dass im Verkehrsministerium darüber nachgedacht und schon an einer Durchforstung der Straßenverkehrsordnung gearbeitet wird.

Ich glaube auch, dass es in diesem Antrag einige Punkte gibt, die man wirklich aufneh­men muss, insbesondere diese Dinge, was behinderte Menschen betrifft, meine aber, dass das auch noch in Begutachtung in die Länder gehen sollte. Ich glaube aber, wir sind da ohnehin einer Meinung, und wir werden im Verkehrsausschuss noch darüber reden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger für 4 Minuten zu Wort. – Bitte.

 


21.41

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag enthält sehr, sehr viele Anliegen ge­rade in Sachen Verkehrssicherheit, die die Grünen schon lange forcieren, und wir wer­den das natürlich unterstützen. Diese Unterstützung, wie sie auch die Kollegen Miedl und Wattaul angekündigt haben, werden Sie, so glaube ich, auch dringend brauchen, denn mir ist bekannt – und meine Informationen sind da sicherlich nicht die schlech­testen –, dass gerade innerhalb Wiens bei den Wiener Linien gegen einige dieser Bestim­mungen heftigster Widerstand herrscht. Da geht es ja auch um die Benüt­zungspflicht für Radwege und Ähnliches, also um Dinge, die in Wien selbst nicht ganz unkontrovers sind.

Aber ich halte das für zukunftsweisend, denn Folgendes muss schon festgestellt wer­den: Wir haben derzeit eine extreme Verwahrlosung der Sitten, was das Verhältnis zwi­schen Autofahrern und Fußgängern betrifft. Im Klartext: Autofahrer werden immer ag­gressiver, Schutzwege werden immer weniger respektiert. Gerade in diesem Bereich muss Vorsorge getroffen werden, vor allem auch dann, wenn zunehmend ältere Men­schen im Straßenraum unterwegs sind, wenn auch Kinder immer weniger auf die hochkomplexe Straßenverkehrsordnung vorbereitet werden können, eben wegen dieser Komplexität.

Ich stehe Ihren Vorschlägen sehr positiv gegenüber, insbesondere was die Bestim­mungen für bestimmte Gruppen von Behinderten, aber auch was das Vorbeifahren an Haltestellen und ähnliche Dinge betrifft. Ich glaube, darüber können wir eine sachliche Diskussion führen, und ich wäre sehr zufrieden, wenn wir ein Maximum dessen und auch noch einige ergänzende Bestimmungen zur Sicherheit durchbringen könnten. (Beifall bei den Grünen.)

21.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin hiezu ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Sie wünscht, 4 Minuten zu sprechen. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


21.44

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Antrag stellt auf jeden Fall einen gu­ten Ansatz dar, um gerade für mobilitätsbeeinträchtigte Menschen Lösungen zu finden, die es wieder ermöglichen, dass man auch als gehbehinderte oder als sinnesbe­hin­derte Person am Straßenverkehr teilnehmen kann.

Die Situation jetzt ist ziemlich gefährlich. Abgesehen von den Schutzwegen, wo man überhaupt nicht gesehen wird, wenn man im Rollstuhl sitzt, weil man nämlich auto­ma­tisch kleiner ist als ein Fußgänger, bis hin zu der Tatsache, dass RollstuhlfahrerInnen dann, wenn es keine Gehsteigabschrägung gibt, auf der Straße fahren müssen, was sie eigentlich nicht dürften – da können sie sich nur entweder ungesetzlich verhalten


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oder müssen zu Hause bleiben –, gibt es unwahrscheinlich viele Punkte, die geregelt werden müssen.

Wenn jetzt schon die Straßenverkehrsordnung geändert werden soll, wie es ja Herr Miedl angekündigt hat, und man diese Bereiche mit einarbeiten möchte, dann würde ich vorschlagen, dass man im Verkehrsministerium einen Arbeitskreis einrichtet, der wirklich die Betroffenen an einem Tisch sitzen lässt, damit diese jene Richtlinien, die sie brauchen, dort auch einbringen können. Es darf nicht so sein, dass wieder die nicht behinderten Menschen sagen, was für uns wichtig und gut ist. Das können wir sehr wohl selbst, und wir wollen es auch selbst tun.

Ich möchte jetzt nur ein einziges Beispiel anführen, damit Sie sehen, wie gefährlich wir derzeit im Straßenverkehr unterwegs sind. Die Beschilderungen neben den Straßen – egal, ob das Halte- oder Parkverbottafeln oder Zusatztafeln sind, et cetera – sind so angebracht, dass sehbehinderte und blinde Menschen ungebremst in diese Schilder hineinlaufen, denn die sind so niedrig, dass man dann einfach mit dem Kopf direkt gegen das Schild stößt. Das stellt natürlich auch eine große Verletzungsgefahr dar, die bis heute offensichtlich noch niemand erkannt hat.

Weiters: die Absicherungen von Baustellen. Auch das ist ein Problem, das nach wie vor völlig ungelöst ist. Meistens ist nur so ein dehnbares rot-weißes Band um eine Baustelle herumgewickelt. Wenn aber da jemand mit einem Blindenstock hingeht, dann kommt er mit dem Blindenstock automatisch unter dieses Band, und wenn er den nächsten Schritt macht, dann ist er unter Umständen vier Meter in der Grube drinnen. Und dass er vier Meter in der Grube drinnen ist, ist nicht nur eine Wahrscheinlichkeit, sondern das haben wir ja alles schon erlebt. Ein Bekannter von mir ist vor kurzem vier Meter tief in eine Baugrube abgestürzt, weil eben diese Baustelle nur mit einem Band gesichert war, das sofort nachgegeben hat – und er war weg!

Da gibt es noch unzählige Dinge, die verändert werden müssen. Es müssen auch vermehrt akustische Ampeln errichtet werden, damit eben blinde Menschen wissen, ob sie rot oder grün haben, denn jetzt müssen sie sich automatisch nur auf ihr Gehör verlassen. Das ist in diesem Fall manchmal zu wenig, oder das Gehör ist einfach nicht so ausgeprägt, um wirklich sicherstellen zu können, ob jemand grün oder rot hat.

Ich ersuche Sie: Machen Sie eine Arbeitsgruppe im Verkehrsministerium, damit die Straßenverkehrsordnung so angepasst wird, dass auch Menschen mit Behinderung die Chance haben, geschützt am öffentlichen Verkehr teilzunehmen. Vor allem bezüglich der Situation auf Radwegen, auf Gehsteigen et cetera gibt es auch großen Handlungs­bedarf. Das kann ich Ihnen heute nicht mehr erzählen, weil meine Redezeit zu Ende geht, aber ich denke, da werden Sie noch einiges erfahren und einige Wunder erleben, was uns tagtäglich passiert. Setzen Sie eine solche Arbeitsgruppe ein, wenn Sie tat­sächlich vorhaben, die Situation zu verbessern! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 141/A dem Verkehrsausschuss zu.

10. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Antidiskriminierungsgesetz (146/A)

 



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34. Sitzung / Seite 224

Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 10. Punkt der Tages­ordnung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Die Redezeit beträgt wunschgemäß 4 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


21.48

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecer, poštovane dame i gos­podo! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die grüne Fraktion hat nach langer Vorbereitungszeit den Antrag für ein Antidiskri­minie­rungsgesetz im Parlament eingebracht, einen Antrag, der auf eine Initiative der öster­reichischen Bundesregierung im Jahre 1998 zurückgeht, das ja das „Jahr der Men­schenrechte“ gewesen ist. In diesem Jahr hat die österreichische Bundesregierung – damals noch unter Bundeskanzler Klima – den österreichischen nichtstaatlichen Orga­ni­sationen, sozusagen einem Dachverband, Mittel zur Verfügung gestellt, um einen Entwurf für ein Antidiskriminierungsgesetz – das war der Arbeitstitel – zu erstellen.

Zahlreiche Stunden, sehr, sehr viele Stunden haben ehrenamtliche MitarbeiterInnen von NGOs damit verbracht, in Fokus-Gruppen zu arbeiten, wirklich ganz viel Arbeit wurde investiert, um gemeinsam mit dem Boltzmann-Institut für Menschenrechte einen Entwurf zu erstellen, der, von den in der Antirassismusarbeit, in der Menschen­rechts­arbeit tätigen nichtstaatlichen Organisationen in Österreich akkordiert, der Öffent­lichkeit vorgelegt wurde. – Das war vor zweieinhalb Jahren.

Zwei Jahre lang hat sich die Opposition – also die Regierungspartei SPÖ, die dann in die Oppositionsrolle gekommen ist, gemeinsam mit den Grünen oder die Grünen ge­meinsam mit der SPÖ – in der vergangenen Legislaturperiode bemüht, eine Enquete-Kommission zum Thema Antidiskriminierung im Parlament zu installieren – und das nicht allein ob der Begeisterung über das Ergebnis des „Jahres der Menschenrechte“, sondern weil inzwischen auf EU-Ebene ganz schön ordentlich etwas weitergegangen ist – im Gegensatz zur offiziellen Ebene in Österreich.

Zwei Richtlinien hat die Europäische Union in der Zwischenzeit – ich spreche jetzt von vor zwei Jahren, nicht von heute – erlassen. Eine Richtlinie, nämlich die Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, stammt aus dem Jahre 2000 und sollte eigentlich seit 19. Ju­li 2003 in Österreich umgesetzt sein. Seit 19. Juli 2003! Das liegt schon einige Monate zurück. Um es ein bisschen österreichisch zu sagen: Die österreichische Bundesregie­rung hat in den letzten Jahren kein Ohrwaschel grührt, um diesem Auftrag der Euro­päischen Union, diese Richtlinie innerstaatlich umzusetzen, gerecht zu werden.

Erst als es sozusagen schon fünf nach zwölf war, ist ein Begutachtungsentwurf erstellt worden, und dieser Begutachtungsentwurf hat auch die zweite Richtlinie zum Thema „Anti­rassismusarbeit“ – ich verwende das jetzt als Übertitel – gleich mitbehandelt, nämlich die Richtlinie, die am 2. Dezember 2003, also in ein bisschen mehr als einem Monat, schon umgesetzt sein soll in Österreich, die Richtlinie zur Festlegung eines all­gemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Da geht es um die Bekämpfung der mittelbaren und ummittelbaren Diskrimi­nierung auf Grund der Religion, der Weltanschauung, von Behinderung, des Alters, der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf.

Was hat die österreichische Bundesregierung – entgegen den Plänen, die es schon seit 1998 gegeben hat und die jetzt sozusagen in den Initiativantrag, den die grüne Fraktion eingebracht hat, gemündet sind – betreffend Antidiskriminierungsgesetz in Österreich gemacht? – Sie hat den Entwurf eines Gleichbehandlungsgesetzes in Be­gutachtung geschickt, zu dem man eigentlich nur sagen kann: Das ist der untaugliche Versuch der Verknüpfung vielfältigster Materien. Sie habe gehört, was ich eben vorhin


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aufgezählt habe; eine Wiederholung erspare ich mir. Das reicht von der Frauen­för­derung über die Arbeitswelt, von der Gleichstellung von Homosexuellen bis hin zu Ant­irassismus, Diskriminierung von AusländerInnen. Alles wurde in einem Gesetz zusam­mengemanscht.

Inzwischen ist die Begutachtungsfrist abgelaufen. 55 Institutionen haben eine negative Stellungnahme dazu abgegeben. Die Palette jener in die Begutachtung einbezogenen Institutionen, die sich negativ geäußert haben, reicht vom Rechnungshof über den Hauptverband der Sozialversicherung, von „ai“ – ich zähle jetzt nicht alle Menschen­rechtsorganisationen auf – bis hin zur Frauenministerin selbst, die auch höchst unzu­frieden ist mit dem Entwurf.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Sparen wir uns einen gut Teil der Dis­kussion über diesen Begutachtungsentwurf und setzen wir diesen Entwurf zum Anti­diskriminierungsgesetz, der akkordiert ist mit der Zivilgesellschaft, aber auch akkordiert ist mit zahlreichen Institutionen – es ist ja nicht so, dass das nur NGOs wären – um. Oder sagen wir es anders: Beginnen wir, über diesen Entwurf eines Antidiskri­minie­rungsgesetzes, das wir eingebracht haben, zu diskutieren, damit endlich die Ver­säumnisse, die durch die Nichtinstallierung einer Enquete-Kommission entstanden sind, jetzt in einer gebündelten und konzentrierten Diskussion aufgeholt werden kön­nen. Dann könnte Österreich in Bezug auf Antirassismus und Antidiskriminie­rungs­arbeit vielleicht sogar einmal, europäisch gesehen, die Nase vorn haben.

Wenn dem nicht so sein sollte – was auch zu befürchten ist –, dann sind wir auch auf diesem Gebiet europäisches Schlusslicht, und dazu – das muss ich Ihnen als Men­schenrechtssprecherin der Grünen sagen – habe ich wahrlich keine Lust. – Danke. Laku noć! (Beifall bei den Grünen.)

21.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. 4 Minuten Redezeit. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


21.55

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Fragen der Menschenrechte, der Antidiskriminie­rung und der Gleichbehandlung eignen sich nicht, um daraus parteipolitisches Kapital zu sagen, Frau Kollegin Stoisits. Ich möchte daher die erste Lesung über den Entwurf der Grünen zum Antidiskriminierungsgesetz nutzen, um auch hier noch einmal manche Dinge klarzustellen, die im medienöffentlichen Getümmel oft nicht richtig kommuniziert wurden.

Die Europäische Union hat im Jahre 2000 zwei Antidiskriminierungsrichtlinien be­schlossen. Die Rahmenrichtlinie zur Gleichbehandlung dient der Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung im Beruf; diese soll bis zu Anfang Dezember 2003 umgesetzt werden. Die Gleichbehandlungsrichtlinie hin­sichtlich der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zur Beschäf­tigung, zur Berufsausbildung, zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeits­be­dingungen soll bis Oktober 2005 in nationales Recht umgesetzt werden. Beides sind Gesetzesmaterien, die direkt Gleichbehandlungsfragen betreffen.

Die dritte Richtlinie, die Antirassismusrichtlinie zur Anwendung des Gleichbe­hand­lungs­grundsatzes ohne Unterschied der ethnischen Herkunft und Rasse, hätte bis zum 19. Juli dieses Jahres in nationales Recht umgesetzt werden sollen. Anfang Juli gab es jedoch eine Sitzung des Menschenrechtsausschusses, dem ja Frau Stoisits als Vorsit­zende angehört, und da gab es einen Konsens über die Vertagung, weil eine Regie­rungsvorlage bereits in Arbeit war und die von der EU vorgeschlagene Antidiskriminie-


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34. Sitzung / Seite 226

rungsrichtlinie in einem umgesetzt werden sollte. Das hat uns auch die EU-Kommis­sion bereits empfohlen, und es macht das ja auch Sinn.

Wenn wir ständig, insbesondere auch hier im Hohen Hause, darüber diskutieren, die Ge­setzesflut einzudämmen und Gesetze leichter verständlich, somit auch leichter voll­ziehbar zu machen, dann sollten wir uns das, gerade auch was diese Gesetzesmaterie betrifft, zu Herzen nehmen.

Ich bin daher überzeugt davon, dass es besser ist, ein neues Gleichbehand­lungsge­setz, das sowohl alle drei EU-Richtlinien beinhaltet als auch darüber hinaus noch Rah­menbedingungen für die Gleichbehandlung, für die Antidiskriminierung im Arbeits- wie im Sozialbereich, in der Bildung und im Zugang zu Gütern und Dienstleistungen fest­legt, zu beschließen – als eben drei verschiedene Gesetze.

Das neue Gleichbehandlungsgesetz, das nach der Begutachtungsphase unter Einar­bei­tung der Stellungnahme am 11. November den Ministerrat passieren soll, wird neben den Rahmenbedingungen zur Gleichbehandlung auch Maßnahmen zur Rechts­durchsetzung von Schadenersatzregelungen einführen. Damit haben Diskriminierungs­opfer die Möglichkeit, per Gericht Anspruch auf Ersatz von materiellen wie immate­riel­len Schäden zu stellen.

Zudem sieht das Gleichbehandlungsgesetz eine Aufwertung der Kompetenzen der Gleichbehandlungskommissionen sowie der Nichtregierungsorganisationen vor; sie sollen mehr Möglichkeiten bei der Beratung und Begleitung im Verfahren bekommen.

Der Antidiskriminierungsgesetzesvorschlag der Grünen beinhaltet in vielen Bereichen Punkte, die auch in das Gleichbehandlungsgesetz Eingang finden werden. Dennoch bin ich nach wie vor der persönlichen Überzeugung, dass ein neues Gleichbehand­lungs­gesetz die Aspekte der Antidiskriminierung, der Gleichbehandlung umfassender und vor allem übersichtlicher gestalten kann – und wird. Ich bin daher zuversichtlich, dass das Gleichbehandlungsgesetz nach dem Beschluss im Ministerrat und nach der parlamentarischen Behandlung und Beschlussfassung zu Beginn nächsten Jahres in Kraft treten kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


21.59

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die öster­reichische Bundesverfassung kennt zwar einige verfassungsrechtliche Grundlagen ge­gen Antidiskriminierung, trotzdem sind diese nur schlecht ausgebildet, weshalb im Jah­re 1998 – das hat meine Vorrednerin schon gesagt – nicht nur ein Antrag auf Einsetzung einer Enquete-Kommission gestellt wurde, sondern sich auch eine Reihe von NGOs gefunden hat, um gemeinsam einen Entwurf für eine Antidiskriminierungs­gesetz zu erarbeiten. Diese Initiative hat im Jahre 2000 sogar den „Bruno-Kreisky-Menschenrechtspreis“ für ihre Leistung erhalten; es waren dies „helping hands“, es war das „SOS-Mitmensch“, die Initiative „Selbstbestimmt Leben“, die Initiative „Minder­hei­ten“, das Ludwig-Bolzmann-Institut für Menschenrechte, amnesty international, die „Homo­sexuellen Initiative Wien“ und zahlreiche andere –, um den Opfern von rassis­tischer und minderheitenfeindlicher Diskriminierung die Möglichkeit zu geben, sich selbst durch rechtsstaatliche Mittel gegen Benachteiligungen zur Wehr zu setzen.

Leider sind diese Bemühungen bisher nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Wir haben jetzt, wie gesagt, vom Ministerium verspätet einen Entwurf bekommen, mit dem diese EU-Richtlinien umgesetzt werden sollen, wobei für uns klar ist, dass die Vorgangs­weise des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, einerseits das Gleich-


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behandlungsgesetz zu novellieren, gleichzeitig aber einzelne Gruppen auszunehmen, abgelehnt wird; dass wir ein eigenes Gleichstellungsgesetz wollen, das Grundlagen für eine Geschlechtergleichstellungspolitik bietet; dass wir die Umsetzung dieser drei EU-Richtlinien in einem eigenen Antidiskriminierungsgesetz fordern; und dass wir eine eigene Ombudsstelle wollen, die der Volksanwaltschaft nachgebildet ist oder bei der Volksanwaltschaft angesiedelt ist, dem Parlament unterstellt ist und wirksamer als die heutige Gleichbehandlungskommission agieren kann.

Mit dem vorliegenden Entwurf hat die Regierung in Wirklichkeit nur die Richtlinien ab­geschrieben und sie national bei einigen Gesetzespassagen adaptiert. Etliche wichtige Punkte fehlen einfach, wie etwa das Vertretungsrecht beziehungsweise das Verbands­klagerecht für NGOs. Auch positive Maßnahmen fehlen: Präventivmaßnahmen gegen Diskriminierung, Regelungen zum sozialen Dialog, Regelungen zum Dialog mit den NGOs. Es fehlen klare Definitionen für fast alle relevanten Begriffe, was für die Vollzie­hung aber unumgänglich ist. Es fehlt, wie gesagt, die eigene Ombudsstelle, und es ist ein geradezu lächerlich niedriger Strafrahmen für Übertretungen vorgesehen, nämlich in der Regel 360 €. Das ist geradezu lächerlich.

Daher sind wir mit dieser Vorgangsweise nicht einverstanden. Wir fordern ein eigenes Antidiskriminierungsgesetz. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

22.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin hiezu ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Abgeordnete.

 


22.02

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Antrag der grünen Fraktion hat sich meiner Meinung nach völlig überholt, da ja die beiden EU-Antidiskriminierungsrichtlinien auf Punkt und Beistrich in diesem neuen Gleichbehandlungsgesetz umgesetzt werden. Wie Sie alle wissen, war die Begutachtungsfrist Ende September zu Ende. Es ist daran gedacht, dass das Gesetz Anfang nächsten Jahres in Kraft tritt, wobei sicher noch die einen oder anderen Ein­wendungen in dieses Gleichbehandlungsgesetz eingearbeitet werden.

Ich finde es von großem Vorteil, dass die Diskriminierungstatbestände in einem Ge­setz zusammengefasst werden, da mehr Übersichtlichkeit, mehr Rechtsklarheit gege­ben ist.

Was ich besonders gut finde, ist, dass vorhandene Anlaufstellen genutzt werden kön­nen, die sich besonders in den Gleichbehandlungsanwaltschaften oder in den Gleich­be­handlungskommissionen wiederfinden. Gerade diese Gleichbehandlungsanwalt­schaften leisten ja ausgezeichnete Arbeit, die auch im letzten Gleichbehand­lungsaus­schuss von allen Fraktionen festgestellt wurde. Die Gleichbehandlungsanwaltschaften sind über ganz Österreich verteilt; es müssen nicht neue Institutionen eingerichtet wer­den. Gerade Sozialminister Haupt hat eine wirkliche Regionalisierung der Gleichbe­­handlungsanwaltschaften durchgeführt, und zwar hat er in Graz, in Klagenfurt und auch jetzt noch in Linz Gleichbehandlungsanwaltschaften neu errichtet.

Die Regierungsparteien sind in Sachen Antidiskriminierungsrichtlinien sicher nicht säu­mig gewesen. Ich finde es einfach als eine überflüssige Fleißaufgabe der grünen Fraktion, dass sie hier einen eigenen Antrag stellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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34. Sitzung / Seite 228

Ich weise den Antrag 146/A dem Ausschuss für Menschenrechte zu.

11. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Futtermittelgesetz geändert wird (150/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 11. Punkt der Tagesord­nung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Johann Maier. Er hat sich dankenswerterweise für eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 3 Minuten zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


22.04

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzesantrag soll im Bereich Fut­termittel mehr Sicherheit für Bauern und Konsumenten, aber auch für die Wirtschaft schaffen. Warum dieser Antrag? – Dieser Antrag ist aus unserer Sicht notwendig, weil Art. 10 der Lebensmittel-Basisverordnung, der bereits in Kraft getreten ist – ich möchte das ausdrücklich betonen –, Lebensmittel und Futtermittel gleichsetzt.

Art. 10 – ich möchte diesen hier wirklich zitieren – sieht eine Information der Öffent­lich­keit vor:

Besteht ein hinreichender Verdacht, dass ein Lebensmittel oder Futtermittel ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier mit sich bringen kann, so unternehmen die Be­hörden unbeschadet der geltenden nationalen oder Gemeinschaftsbestimmungen über den Zugang zu Dokumenten je nach Art, Schwere und Ausmaß des Risikos geeignete Schritte, um die Öffentlichkeit über die Art des Gesundheitsrisikos aufzu­klären. Dabei sind möglichst umfassend das Lebensmittel oder Futtermittel oder die Art des Lebensmittels oder Futtermittels, das möglicherweise damit verbundene Risiko und die Maßnahmen anzugeben, die getroffen wurden oder getroffen werden, um dem Risiko vorzubeugen, es zu begrenzen oder auszuschalten. – Zitatende.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das österreichische Futtermittelgesetz ent­spricht dieser europäischen Vorgabe nicht. Für die Vollziehung des Futtermittelge­set­zes ist ausschließlich der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft zuständig.

Warum bringen wir diesen Antrag wieder? (Abg. Scheibner: Das ist wirklich die Fra­ge!) – In dieser Hinsicht gibt es einige Fälle aus der Vergangenheit, die auch hier dis­kutiert werden sollten. Wir hatten in Salzburg Lasalocid-Fälle. Im März 2003 wurden Proben genommen und Lasalocid festgestellt. Lasalocid ist als Futtermittel für den Ein­satz bei Legehühnern ausdrücklich verboten. Nun, was ist passiert? – Betriebe muss­ten gesperrt werden.

Ich zitiere jetzt aus einer Anfragebeantwortung von Frau Bundesministerin Rauch-Kallat:

Der Einkommensverlust der Bauern hängt von der Dauer der Sperre und somit der Zahl der nicht vermarktungsfähigen Eier ab. Man kann mit einem Verlust von 0,1 € je Ei rechnen. Dazu kommen noch Entsorgungskosten. Insgesamt war der Verlust zum Beispiel bei einem Betrieb in etwa bei 10 000 €. – Zitatende.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier wurde es unterlassen, Bauern recht­zeitig über dieses Risiko zu informieren. Diese Bauern – es betraf insgesamt acht Be­triebe – hatten einen enormen Verlust. Wir Sozialdemokraten glauben, dass im Sinne der Landwirtschaft, der Konsumenten, aber auch des Handels diese öffentliche Warn­pflicht im Futtermittelgesetz vorgeschrieben werden soll.

Ich darf Sie daher einladen, unserem Antrag zu folgen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber.)

22.08

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Preineder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


22.08

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Kollegen Maier und Gradwohl haben einen Antrag auf Abänderung des Futtermittel­ge­set­zes gestellt. In der Präambel steht, dass sie mehr Sicherheit für Lebensmittel – und das beginnt bei den Futtermitteln – verlangen. Hier sind wir seitens der Landwirtschaft mit im Boot und mit einverstanden.

Es gibt klarerweise gewisse Auffassungsunterschiede über die Form der Umsetzung. Sie fordern seitens des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft eine bessere Information der Öffentlichkeit. (Abg. Mag. Johann Maier: Das ist vorgeschrieben!) Aber bitte keine Panikmache – ich glaube, das ist ein sehr sensibler Bereich, und da sollte man auch dementsprechend vorgehen! (Abg. Mag. Johann Maier: Die europäische Verordnung ...!)

Sie fordern die Erstellung eines Probeplans für Futtermittel sowie die Einrichtung eines Informationszentrums und einer Dokumentationsstelle. Sie fordern, dass dieses Gesetz vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen zu vollziehen ist (Abg. Mag. Jo­hann Maier: Nein!), teilweise – das steht im Antrag drin, bitte nachzulesen – seitens des Bundesministeriums für Justiz und Finanzen. Die Frage ist jetzt: Wer soll wirklich zuständig sein? Wer hat wirklich die Kompetenz? – Genau die Kompetenzfrage sollten wir klären, denn Futtermittel und Nahrungsmittel sind eine Querschnittsmaterie und da­her kompetenzübergreifend.

Sie von den Oppositionsparteien haben auch gesagt, es sollten geeignete Schritte ge­setzt werden. – Dieses Problem ist bereits von der vorigen Bundesregierung gelöst worden, nämlich durch die Schaffung der ausgelagerten Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Eigentümer dieser Agentur sind jeweils zur Hälfte das Bundes­ministerium für Land- und Forstwirtschaft sowie das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen. Die Ziele, die sich diese Agentur gesetzt hat, können wir unterstreichen, auch die Grundsätze. Ich glaube, diese Agentur hat seitens der Europäischen Kom­mis­sion und ihres Kommissars auch entsprechendes Lob erhalten.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, der Antrag ist von gestern. Öster­reichische Nahrungsmittel sind sicher und von guter Qualität. – Und: Für das morgige Frühstück wünsche ich Ihnen guten Appetit! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heit­lichen.)

22.10

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu uns. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Der Antrag des Kollegen Maier klingt einerseits


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interessant, andererseits birgt er natürlich auch ein gewisses Risiko in sich; mein Vorredner hat es bereits gesagt.

Ich glaube, man kann davon ausgehen, dass die österreichischen Bauern und Bäuerin­nen gute Produkte erzeugen, man kann davon ausgehen, dass sie sicherlich qualitativ hochwertige Lebensmittel erzeugen, aber – und da bin ich jetzt auch bei Herrn Kollegen Maier – es ist sicherlich so, dass ein Optimum an Sicherheit, sei sie auch noch so plakativ angewandt, für die bäuerliche Bevölkerung von Vorteil ist.

Es ist sicherlich auch so, dass eine Nachvollziehbarkeit der Futtermittel in der heutigen Zeit eine sehr wichtige Aufgabe ist: Wir haben in den letzten Jahren sehr viele Skan­dale erlebt, woran in den meisten Fällen – und das möchte ich betonen –, ja ich möchte fast sagen, in allen Fällen die herkömmliche Landwirtschaft unbeteiligt war. Es waren meistens irgendwelche großindustriellen Betriebe, die mit Landwirtschaft nicht unbedingt viel zu tun haben.

Deshalb werden wir uns den Antrag, der ja dem Ausschuss zugewiesen wird, sehr genau anschauen. Wir werden uns sehr gut überlegen, was wir damit machen werden, und so gesehen damit ein Ende herbeiführen, was wahrscheinlich die Ängste der Bau­ern, aber auch die Ängste des Konsumentenschützers beseitigt und eine gute Lösung für Österreich zustande bringt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirkl­huber zu uns. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Mol­terer: Pirklhuber schlägt Scheuch in der Kürze!)

 


22.12

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Herren! Der vorliegende Initiativantrag der Kollegen Maier und Gradwohl behandelt eine ganz wesentliche und zentrale Materie des Konsumentenschutzes und der Lebensmittel­sicher­heit. Das ist gerade in Zeiten von Unsicherheit und einer entsprechenden Erwar­tungshaltung der KonsumentInnen, aber auch der Bäuerinnen und Bauern, die sich zu Recht erwarten, dass sie von der Futtermittelindustrie über Futtermittel-Qualitäts­proble­me informiert werden und rechtzeitig davon erfahren, eine gute Lösung und ein guter Ansatz.

Die Informationspflicht, die hier vorgesehen wird, ist generell eine Notwendigkeit, mei­ne Damen und Herren. Daher ist das ein richtiger Ansatz, abgesehen davon, dass ja diese Informationspflicht in der entsprechenden EU-Verordnung ohnehin vorgesehen ist. Die Umsetzung ist also richtig.

Auch Kollegem Preineder möchte ich als Bio-Bauer – Sie sind ja auch Bio-Bauer – ehrlich ins Stammbuch schreiben wollen: Der Antrag ist alles andere als von gestern! (Abg. Preineder: Von vorgestern!) Er ist zukunftsweisend, er zeigt in die richtige Rich­tung. Gerade Sie als Bio-Bauer sollten das hier auch wirklich ernst nehmen und sich genau damit auseinandersetzen. Das ist, glaube ich, ganz entscheidend. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! In Bezug auf die Zuständigkeit ist es sehr zweckmäßig, hier das Gesundheitsressort mit einzubinden, weil Lebensmittelsicherheit eine zentrale Quer­schnittsmaterie ist, die gerade für den Gesundheitsbereich essenziell ist. Das Vier-Augen-Prinzip ist gerade hier wichtig, Kollege Preineder. In der Vollziehung und Durchführung, der Futtermittel-Analytik und der Futtermittel-Beprobung wird ja das Landwirtschafts-Ministerium weiter federführend sein.

Ich denke, dass wir im Ausschuss noch ausführlich darüber diskutieren können. Ich würde auch anraten, im Zweifelsfall Experten beizuziehen, statt den Antrag kurzfristig


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sozusagen als vorgestrig abzuqualifizieren, weil die Materie zu wichtig ist, als dass Sie diese einfach nur parteipolitisch vom Tisch wischen sollten. Gerade auch im Interesse der Bäuerinnen und Bauern, Kollege Preineder, Kollege Scheuch, wäre es an der Zeit, diesen sehr guten Vorschlag ausführlich zu diskutieren und im Ausschuss auch positiv zu erledigen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Er spricht wunschgemäß 3 Minuten zu uns. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


22.15

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Es ist von den Regierungsparteien wieder einmal – zwar nicht direkt, aber unterschwellig – so gekommen, dass das Ganze als Angriff auf die Bauern dargestellt wird. – Aber dem ist beileibe nicht so! Im Gegenteil: Ich bin davon überzeugt, dass die Bauernschaft durch die Informationspflicht, die hier gefordert wird, wesentliche Vorteile hat.

Kollege Scheuch hat es angesprochen, die Skandale sind ja noch in jüngster Er­innerung. Es ist bei diesen Skandalen nicht um Panikmache, sondern um eine Ge­fährdung der Bevölkerung gegangen. Es ist daher mehr als notwendig, hier Maßnah­men zu setzen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir könnten uns doch zumindest in dem Punkt einig sein, dass heute die Kette Futtermittel – Lebensmittel – Konsument nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Es steht das Tiermehl bei BSE und bei Creutzfeld-Jakob außer Diskussion. Ich glaube daher, dass dieser Antrag sehr wohl seine Berechtigung hat, durch EU-Recht nicht nur gedeckt, sondern gefordert wird und in Österreich umgesetzt werden kann. – Soweit die Theorie.

Zur Praxis hoffe ich nur, dass dieser Antrag, wenn er in den Ausschuss kommt, auch bald auf die Tagesordnung kommt und im Ausschuss behandelt wird – und dass dann nicht wieder der große Auftritt des Kollegen Schultes kommt: „Ich stelle den Antrag, zu vertagen“, und der Antrag geht in die Schublade, wie wir es leider gerade in Ihrem Ausschuss, Herr Vorsitzender, sehr oft gesehen haben. (Abg. Grillitsch: Was haben Sie gesehen?)

Ich ersuche Sie eindringlich: Nehmen Sie diesen Antrag ernst und behandeln Sie ihn! (Beifall bei der SPÖ.)

22.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 150/A dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zu.

Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung ist erschöpft. (Abg. Mag. Mainoni: Die Abgeordneten auch!) Allerdings stehen noch zwei Beschlüsse aus.

Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Anträge der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen beziehungsweise Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungs­aus­schusses (Abg. Scheibner: Wo ist der Dr. Pilz?) betreffend Untersuchung der Vor­würfe gegenüber Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser beziehungs-


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wei­se Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen hinsichtlich des Verstoßes gegen das Unvereinbarkeitsgesetz, des Vollzugs verschiedener Geset­ze und anderer Angelegenheiten.

Da diese Anträge inzwischen an alle Abgeordneten verteilt wurden, braucht eine Ver­lesung durch den Schriftführer nicht zu erfolgen.

Die Anträge haben folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses gemäß § 33 GOG; Ausschuss zur Untersuchung der Vorwürfe gegenüber BM für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser

Begründung:

Karl Heinz Grasser hat

1. als Finanzminister während des Abfangjäger-Vergabeverfahrens dieses so be­einflusst, dass das teuerste Produkt gegen die Empfehlung des Verteidigungsministers zugunsten einer ihm nahestehenden Interessensgruppe den Zuschlag erhielt;

2. als Finanzminister über den Verein zur „Förderung der New Economy“ Gelder der Industriellenvereinigung besorgen lassen und Mitarbeiter seines Kabinetts während deren Dienstzeit seine Website gestalten lassen;

3. als Finanzminister an eine Firma Aufträge vergeben, die an der Erstellung der Website beteiligt ist;

4. als Finanzminister zugelassen, dass durch Vortäuschung der Gemeinnützigkeit durch den Verein, der www.karlheinzgrasser.at betreibt, Steuern nicht bezahlt wurden;

5. als Finanzminister Freunde, denen er privat und geschäftlich verbunden ist, auf Steuerkosten im eigenen Ministerium bewirtet und philharmonisch unterhalten;

6. als Finanzminister unterlassen, seine Anteile an Unternehmen dem Nationalrat zu melden und damit das Unvereinbarkeitsgesetz verletzt;

7. als Finanzminister darüber dem Nationalrat in der Beantwortung dreier Dringlicher Anfragen in zahlreichen Punkten keine oder unwahre Auskünfte gegeben.

Dort, wo der Verdacht auf gerichtlich strafbare Handlungen besteht, sind bereits ge­richt­liche Vorerhebungen eingeleitet. Davon unabhängig ist die politische Verant­wor­tung zu klären. Diese Aufgabe kommt nach der Bundesverfassung dem Nationalrat zu.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den

Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgender Gegenstände einen Untersuchungsausschuss einzu­set­zen:

Untersuchung der Rechtmäßigkeit aller Abläufe und Entscheidungen innerhalb des Beschaffungsvorganges betreffend die Eurofighter-Kampfjets, insbesondere im Verant­wortungsbereich des Bundesministers für Finanzen, Mag. Karl-Heinz Grasser,

Politische Verantwortlichkeit für die steuerliche Beurteilung der Home-Page und Ho­norare für KHG,


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Politische Verantwortlichkeit für die Verwendung von MitarbeiterInnen des BMF für pri­vate Zwecke,

Vergabe von Beratungsaufträgen im Bereich des BMF an Firmen, wie Lehman Bro­thers, Ernst & Young, Matrix GmbH, Hochegger u.a.,

Organisations- und Personalführungsmängel im Bereich des BMF, die zur falschen Beratung des Bundesministers im Umgang mit den Bestimmungen des Unvereinbar­keitsgesetzes führten,

Politische Einflussnahme beim Verkauf von im Bundeseigentum befindlichen Im­mo­bilien

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsaus­schuss im Verhältnis: 10 ÖVP, 8 SPÖ, 2 FPÖ, 2 Grüne einzusetzen.

In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****

Antrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Cap, Dr. Kräuter und KollegInnen gemäß § 33 GOG betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis V: 5, S: 4, F: 1 und G: 1 einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Aufklärung über die Gebarung des Bundesministers für Finanzen hinsichtlich

des Verstoßes gegen das Unvereinbarkeitsgesetz und damit möglicherweise verbun­dener Einflussnahmen,

des Vollzuges des Stellenbesetzungsgesetzes samt Vertragsschablonenverordnung,

des Vollzuges des ÖIAG-Gesetzes und aller anderen damit in Zusammenhang stehen­den Gesetzen seit 4. 2. 2000,

der Vergabe von Berater- und Werbeaufträge seit 4. 2. 2000,

des Bezuges von Honoraren als Vortragender entgegen dem Berufsverbot samt der entsprechenden Steuerfolgen,

der Erstellung einer Homepage (www.karlheinzgrasser.at) sowie Steuerfolgen der Fi­nan­zierung dieses Mediums samt Prüfung dieses Sachverhaltes durch das BMF unter der Leitung von Staatssekretär Dr. Finz

des geplanten Verkaufes der 5 Bundeswohnbaugesellschaften und

des Ankaufes von Abfangjägern der Marke Eurofighter Typhoon unter besonderer Berücksichtigung der Einhaltung des gewählten Vergabeverfahrens sowie vertraglicher Beziehungen zwischen dem Finanzminister und Magna International.

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Aus­künften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten des Bun­desministeriums für Finanzen, anderer Bundeseinrichtungen und der ÖIAG im Zusam-


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34. Sitzung / Seite 234

menhang mit dem Untersuchungsgegenstand alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeit überprüfen.

Begründung:

Die Amtszeit von Finanzminister Mag. Grasser ist geprägt von der Verschwendung von Steuergeldern für externe Berater, dem unprofessionellen Abverkauf von Bundes­vermögen und regelmäßigen Verstößen gegen geltendes Recht. War es in der ersten Legislaturperiode von Schwarz-Blau möglich, dass inhaltliche Versagen des Finanz­ministers mit extrem teuren Maßnahmen der Persönlichkeitswerbung zu übertünchen, so wurde spätestens mit der Aufdeckung der Steuermalversationen rund um die Homepage des Finanzministers das System Grasser enttarnt: Immer wieder tauchen die selben Unternehmen auf den Honorarlisten des Finanzministers auf, Grassers per­sönliche Freunde profitieren von seinem Ministeramt und bestehende Gesetze werden bewusst gebrochen.

Unvereinbarkeitsgesetz

Durch Finanzminister Grasser wurden seit Amtsantritt keine beziehungsweise unrich­tige Meldungen gegenüber dem Unvereinbarkeitsausschuss hinsichtlich seiner Unter­nehmensbeteiligungen gelegt. Der Finanzminister verschwieg neben internationalen Aktien auch Anteile an der in Konkurs befindlichen Internetfirma Y-line AG. Nach wie vor ist die Höhe des Aktienbesitzes von Grasser an der Y-line AG unbekannt. Ein Rechts­anwalt, der nach Medienberichten die Aktientransaktion für Grasser durchge­führt hat, beruft sich, befragt über eine indirekte Tätigkeit für Grasser als Treuhänder, auf die anwaltliche Schweigepflicht.

Besonders interessant ist diesbezüglich der Umstand, dass die Schwester dieses Rechtsanwaltes, als Assistentin des Vorstandes der Y-line-Tochter FirstInEx arbeitete. Finanzminister Grasser ist ein Schulfreund dieses Vorstandes, Mag. Dieter Jandl, und Taufpate dessen Sohnes. BM Grasser steht in reger Geschäftsbeziehung mit der FirstInEx: Mit 24. November 2000 vergab das BMF an die Y-line-Tochter einen 50 000-Euro-Auftrag für den Relaunch der Ministeriumshomepage. Durch den Grasser-Verein „zur Förderung der New Economy“ wurde ein Betrag von 110 000 € an die FirstInEx überwiesen, dieser Zahlung steht eine Gegenleistung in Form der Sicherung der Domain www.karlheinzgrasser.com, die nie verwendet wurde, gegenüber.

Offen bleibt daher die Frage, für welche Leistungen der Grasser-Verein 110 000 € an die Y-line-Tochter FirstInEx überwiesen hat.

Interessant erscheint vor dem Hintergrund dieses Geschäftes der Umstand, dass die FPÖ als Schuldner der Y-line AG im Konkursverfahren aufgetaucht ist und die ent­sprechende Forderung von 1,5 Millionen € auf rund 400 000 € reduziert wurde. Es ist nicht auszuschließen, dass es sich bei dieser Zahlung an die FirstInEx um ein Scheingeschäft handelte und dadurch Gläubigerinteressen im Y-line-Konkurs wesent­lich beeinträchtigt wurden.

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen Ex-Y-line-Vorstand Mag. Böhm wegen des Verdachtes auf schweren Betrug und Bilanzfälschung. Im Zuge dieser Gerichts­verfahren tauchen wiederum bekannte Namen auf: Lehman & Brothers Bankhaus AG, die die Y-line-Papiere bis kurz vor der Insolvenz als Anlage empfohlen hatten, und die Steuerberatungskanzlei Ernst & Young, denen Manipulationen hinsichtlich der Y-line-Bilanz vorgeworfen werden. Beide Unternehmen erhielten von Minister Grasser Aufträ­ge zur Beratung des Bundesministeriums für Finanzen.

Stellenbesetzungsgesetz samt Vertragsschablonenverordnung


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Eine von der SPÖ beantragte Rechnungshof-Sonderprüfung hinsichtlich der Bestellung und Abberufung von Aufsichtsräten und Vorständen der ÖIAG sowie die damit in Zusammenhang stehende Vertragsgestaltung ergab massive Gesetzesverstöße bei der Dotierung von Vorstandsgehältern und Aufsichtsratsentschädigungen in Unterneh­men der staatsnahen Wirtschaft. Bei den ÖIAG-Vorstandsverträgen wurde bewusst gegen das Stellenbesetzungsgesetz 1998 und die Verordnung der Bundesregierung betreffend Vertragsschablonen verstoßen. Dabei wurde ein Antiprivilegiengesetz, in Kenntnis der negativen Folgen für den Steuerzahler, bewusst durch den Vorstand, den Aufsichtsrat und den Eigentümer, vertreten durch Finanzminister Grasser, missachtet. Seit 13. 9. 2002 ist diese Kritik des Rechnungshofes an der Vertragsgestaltung für ÖIAG-Vorstände und -Aufsichtsräte öffentlich bekannt. Durch den zuständigen Finanz­minister wurden jedoch seither keine entsprechenden Maßnahmen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes durchgeführt. Noch Mitte August 2003 wurde „Lob“ vom Rechnungshof für diese rechtswidrigen Verträge eingefordert. Bei der bezeichneten Vorgangsweise handelt es sich klar um einen Bruch der bestehenden Gesetze, um politische Günstlinge mit Jobs zu versorgen, dadurch ist ein Schaden von rund 6,1 Millionen € entstanden.

ÖIAG-Gesetz

Die Veräußerung der Bundesanteile an der ÖIAG ist ökonomisch in keiner Form be­gründbar. Das ÖIAG-Gesetz gebietet, bei Privatisierungen die Interessen der jewei­ligen Beteiligungsgesellschaft, der ÖIAG sowie die Interessen des Bundes ins­beson­dere im Hinblick auf die Bedienung der Schulden der ÖIAG angemessen zu berück­sichtigen (§ 7 ÖIAG-Gesetz 2000).

Mittels der Budgetbegleitgesetzgebung wurde im § 7 Abs. 4 ÖIAG-Gesetz ein Zielkata­log für die Privatisierungsvorhaben eingefügt, der wie folgt lautet: Die Privatisierungen sollen zu einer möglichst hohen Wertsteigerung der Unternehmen führen und dadurch auch langfristig sichere Arbeitsplätze in Österreich schaffen beziehungsweise erhalten, möglichst hohe Erlöse für den Eigentümer bringen, die Entscheidungszentralen und die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten der zu privatisierenden Unternehmen wenn möglich in Österreich halten und den österreichischen Kapitalmarkt berücksichtigen. Durch eine Totalprivatisierung mittels Anteilsverkauf über die Börse wird keine einzige Anforderung dieses Gesetzes erfüllt. Finanzminister Grasser, der mit dem Vollzug des ÖIAG-Gesetzes betraut ist, ist durch diesen Verstoß gegen die Bestimmungen des ÖIAG-Gesetzes seiner gesetzlichen Vollzugspflicht nicht nachgekommen – eine Vorgangsweise, die erheblichen Schaden für die Republik Österreich nach sich ziehen wird. Im Falle der Voest-Alpine AG liegt der Erlös des Abverkaufes sogar unter dem Wert der Eigenmittel. Damit wurde bewusst gegen die Zielsetzung der Erlösoptimie­rung im ÖIAG-Gesetz verstoßen.

Auch ist die Rolle des Finanzministers in kolportierten Geheimabsprachen (Projekt „Minerva“), die den Zweck hatten, den Börsenmechanismus außer Kraft zu setzen, höchst bedenklich und unbedingt zu prüfen.

Berater und Werbeaufträge

Durch den Bundesminister für Finanzen wurden seit 4. 2. 2000 mehr als 27 Millionen € für Selbstdarstellung und Reklame verschleudert. Bei dieser Summe handelt es sich um die höchsten Ausgaben für externe Dienstleister – veranlasst durch ein einziges Res­sort – seit 1945. Nicht nur für Reklame, sondern vor allem für die Auslagerung von ressortinternen Aufgaben an externe Berater wurde Steuergeld in exorbitanter Höhe ver­schwendet. Viele Indizien und einzelne Aufträge deuten klar darauf hin, dass durch diesen intensiven Einsatz von Beratern vor allem einem Zweck gedient wird: der Per­sönlichkeitswerbung von Finanzminister Grasser. Diese erreichte ihren Höhepunkt in


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ei­ner ganzseitigen Einschaltung samt Foto des Ministers in der Financial Times am 30. 11. 2001 und einer als KMU-Dialog getarnten Imagekampagne des Finanzminis­ters.

Die bereits mehrmals in Dringlichen Anfragen dokumentierten Aufträge zeigen klar, dass verschiedene natürliche und juristische Personen zu ähnlichen Themen be­schäf­tigt wurden. Auch erscheint die Heranziehung von privaten Auftragnehmern für Ge­setzesvorbereitungen – neben der enormen Kostenhöhe – als höchst bedenklich. Trotz Rechnungshofkritik an den kostenintensiven und ergebnisarmen Vergaben an externe Berater und für Werbekampagnen ohne Informationscharakter werden durch Finanz­minister Grasser auch im Jahr 2003 vermehrt entsprechende Aufträge ver­ge­ben.

Honorare

Finanzminister Grasser vereinbarte für Vorträge Honorarzahlungen entweder direkt an seine Person oder an eine sogenannte „KHG-Stiftung“. Eine entsprechende Stiftung war im Zeitpunkt der Zahlung dieser Honorare nicht existent und ist bis heute nicht im Fir­menbuch eingetragen. Ähnlich gelagerte Fälle wurden durch die Finanzbehörden klar als steuerbare Einkünfte erkannt, durch Finanzminister Grasser wurden dies­be­züglich aber keine Steuern abgeführt. Unklar bleibt die Existenz einer entsprechen­den Stiftung sowie, ob Grasser dieses Einkommen in seiner Funktion als Minister ver­langt hat. Unbekannt ist auch, wohin von Grasser eingenommenen Beträge geflossen sind.

Homepage

In der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage der SPÖ führte Finanzminister Grasser aus, dass seine private Homepage nicht mit Steuergeldern, sondern über Sponsoren fi­nan­ziert wurde, diese Aussage trat die Affäre rund um den Verein zur Förderung der New Economy los. Bis jetzt konnte nicht exakt geklärt werden, welche natürlichen be­ziehungsweise juristischen Personen an diesen Verein Spendenzahlungen erbrach­ten und wohin diese Mittel – höchstwahrscheinlich mehr als 200 000 € – wirklich ge­flossen sind. Ein Gefälligkeitsgutachten, erstellt von einer Kommission unter der Leitung von Staatssekretär Finz, kam – unter der Heranziehung veralteter deutscher Literatur – lediglich zu einem Reinwaschungsversuch hinsichtlich der Spende der Indus­triellen­vereinigung. Die Anzahl und Identität aller Spender sowie daraus resultie­rende steuer­rechtliche Konsequenzen wurden bisher durch den Finanzminister ver­schwiegen.

Bundeswohnbaugesellschaften

Allein für die Vorberatung des bisher völlig fehlgeschlagenen Projektes der Privatisie­rung von 5 Bundeswohnbaugesellschaften wurden durch Finanzminister Grasser 10,9 Millionen € für Beratungskosten an externe Berater verschleudert, darunter Rechtsanwälte, Universitätsprofessoren und die Lehman & Brothers Bankhaus AG, an die exakt 10,3 Millionen € an Beratungssalär gingen.

Auffällig an der Leistung von Lehman & Brothers ist vor allem, dass diese in ihren Be­wertungen nicht einmal die offensichtlich anhängigen Verfahren hinsichtlich der Fest­stellung des Gemeinnützigkeitsstatus eines Unternehmens in ihre Bewertungs­über­le­gun­gen einbezogen haben. Durch das beauftragte Unternehmen wurden alle 5 Bun­des­wohnbaugesellschaften als „gewerbliche Bauträger“ feilgeboten. Nunmehr steht fest, dass zumindest eine Gesellschaft nach wie vor den Status einer gemein­nüt­zigen Wohnbaugesellschaft nach dem WGG beibehalten hat – ein Irrtum, der einer­seits die Bewertung aller Unternehmen, andererseits das gesamte Verkaufsverfahren völ­lig in Frage stellt. Der Finanzminister trägt diesbezüglich die volle Verantwortung für die Kos­ten des fehlgeschlagenen Verkaufsverfahrens, das nur einem Zweck dienen soll­te: dem Abverkauf von Bundesvermögen unabhängig von einer entsprechenden Erlös­optimierung.


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Abfangjäger

Finanzminister Karlheinz Grasser lehnte noch am 25. 6. 2002 den Ankauf von (wört­lich) Kriegsgerät ab, sprach sich aber am 2. Juli 2002 für die „beste einer nicht so gu­ten Lösung“ aus. Diese bestand in der Entscheidung, für den Abfangjäger „Euro­fighter-Typhoon“, das teuerste und bisher nur als Prototyp in Verwendung stehende Kriegs­gerät. Das durch entsprechende Gegengeschäfte meistbegünstigte Unter­nehmen, der Magna-Konzern, war der frühere Arbeitgeber von Finanzminister Karl­heinz Grasser, diesem ist auch ein Rückkehrrecht zu seinem früheren Arbeitgeber eingeräumt.

Nach dem Bekanntwerden von groben Mängeln des Produktes „Eurofighter“, die so weit gehen, dass ein Einsatz dieses Gerätes überhaupt zweifelhaft ist und eine zwi­schenzeitige Anmietung von Abfangjägern ab 2005 unmöglich erscheint, ist neben Fra­gen hinsichtlich bestehender Rücktrittsmöglichkeiten beziehungsweise Schaden­ersatz­folgen auch die Frage der Verantwortlichkeit für diese Typenentscheidung zu prüfen.

Aus all den genannten Fakten und Problemstellungen ist die sofortige Einsetzung eines Untersuchungsausschusses unerlässlich.

Unter einem verlangen die unterzeichneten Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 GOG die Abhaltung einer kurzen Debatte über diesen Antrag.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Einhelligkeit wurde darüber erzielt, die Debatte über die beiden Anträge gemeinsam durchzuführen.

Im Sinne des § 57a der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser Debatte 5 Minuten, wobei die beiden Erstredner – von der grünen Fraktion und von den Sozial­demokraten – zur Begründung ihres jeweiligen Antrags eine Redezeit von jeweils 10 Minuten haben. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern, sind aber angesichts der leeren Regierungsbank auch gar nicht zu erwarten. (Heiterkeit.)

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. 10 Minuten beträgt Ihre Re­dezeit. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


22.18

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Da­men und Herren! Es ist schon lustig: Im „Kurier“ und im Teletext des ORF ist ja nach­zulesen, was die Regierungsfraktionen in einer halben Stunde getan haben wer­den, nämlich: den Antrag auf Untersuchung werden sie abgelehnt haben. Ich fürchte – und darum werde ich mich recht kurz fassen –, dass ich Sie nicht werde überzeugen kön­nen (Zwischenrufe bei der ÖVP), Frau Kollegin Fekter, aber ich werde Ihnen ganz kurz einen Spiegel vorhalten. (Abg. Mag. Mainoni: ... selbst einen Spiegel vorhalten!)

Einiges muss man nicht untersuchen, das steht ja fest, was den Finanzminister betrifft: Er hat Probleme beim Zusammenzählen, bei den Kommastellen – Sie kennen das alles, Kollege Scheibner –, bei Aktien macht er just das Falsche – das war ja heute wirklich tragisch-komisch (Abg. Dr. Fekter: Und was ist mit dem Landesrat?) –, For­mulare kann er nicht ausfüllen, dazu braucht er Berater, mit Plus-Minus hat er so seine Sorgen, und vieles mehr. Das alles ist klar, Kollege Grillitsch, das brauchen wir nicht zu untersuchen. (Abg. Grillitsch: Und der Herr Raus?)

Aber ohne Untersuchung ist vieles nicht klar, und das sollten Sie sich genauer an­schauen („Raus“-Rufe bei der ÖVP): Abfangjäger, Verkauf der Bundeswohnungen, die Homepage-Sache, die Honorare, ÖIAG und vieles mehr.


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34. Sitzung / Seite 238

Meine Damen und Herren! Zum Verhalten der FPÖ lohnt es sich, noch ein bisschen etwas zu sagen. Sie haben Ihr Schema bestätigt: Draußen laut plärren, hier herinnen kleinlaut abstimmen und dann stumm die Presse ertragen. – Das ist Ihre Methode. (Abg. Scheibner: Sagen Sie etwas zu Ihrem Landesrat! Wollen Sie dort auch einen Untersuchungsausschuss?) – Ich komme gleich zu Ihnen, Herr Scheibner.

Ganz besonders ausgezeichnet hat sich ja Kollege Scheuch, der gesagt hat: Im End­ef­fekt wird der Finanzminister gut daran tun, diese Sache zu bereinigen, denn an­sonsten muss womöglich Herr Staatssekretär Finz wieder Persil kaufen gehen, um sozusagen die Weste des Herrn Minister wieder rein zu waschen. (Abg. Grillitsch: Raus! Raus!)

Herr Scheuch! Wie Sie es zustande bringen, heute hier nicht mitzustimmen, ist mir un­erklärlich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Herr Kollege Kräuter! Ich sage nur Raus!)

Strutz, ein FPÖ-Politiker aus Kärnten, sagt: Die FPÖ sollte einen Untersuchungs­aus­schuss nicht verhindern, sollte die Opposition diesen beantragen. – Das tun wir somit. Meine Damen und Herren von der FPÖ, Sie sollten diesen nicht verhindern!

Jörg Haider – nicht gerade unbedeutend in Ihrer Partei – sagt: Ein Untersuchungs­ausschuss ist natürlich eine Möglichkeit, denn unsere Mandatare wollen Aufklärung.

Herr Klubobmann Scheibner, Sie haben sich heute bis auf die Knochen blamiert, als Sie hier irgendetwas von sich gegeben haben, nämlich Ihre Rechtsstaat-Thesen zur Kontrolle. Faktum ist, dass Sie jegliche Kontrolle verhindern! (Abg. Scheibner – der nicht zu sehen ist, da drei Personen mit dem Rücken zum Redner vor seinem Platz stehen –: Da haben Sie nicht zugehört!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Scheibner! Man sieht Sie überhaupt nicht, da drei Leute vor Ihrem Platz stehen. Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir das nicht wollen. Dem Redner den Rücken in der Art zuzuwenden, ist nicht höflich!

Am Wort ist der Redner.

 


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (fortsetzend): Herr bis auf die Knochen blamierter Klubobmann Scheibner von der FPÖ: Sie haben heute irgendwelche Rechtsstaat-The­sen, irgendwelche Kontrollthesen von sich gegeben. Vergessen Sie das! Ihre Partei verhindert jegliche Kontrolle. Und die Öffentlichkeit weiß das längst. (Abg. Scheibner: Was sind das für Thesen ...? Sie haben nicht zugehört! Wie immer! Zuhören können Sie nicht!)

Sie, Herr Scheibner, und alle anderen FPÖ-Abgeordneten werden also diesen Unter­suchungsausschuss ablehnen. Wollen Sie wirklich die Kontrolle Herrn Finz überlassen, meine Damen und Herren? – Das einzig Positive, wenn Finz in Österreich kontrolliert, ist ein gewisser Unterhaltungswert für Journalisten. Diese müssen nämlich schallend lachen, wenn Finz irgendetwas kontrolliert. (Beifall bei der SPÖ.)

22.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Antrag der Grünen auf Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses begründet Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Seine Redezeit be­trägt ebenfalls 10 Minuten. – Bitte. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Am Wort ist der Redner. Ich bitte, das allgemeine Gemurmel einzustellen!

 


22.23

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Danke, Herr Präsident. (Abg. Dr. Fekter: Aber bitte neue Fakten!)

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
34. Sitzung / Seite 239

Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Fekter, das gilt auch für Sie! (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Die Aufgeregtheit steigt. (Abg. Dr. Fekter: Zwischenrufe sind doch erlaubt, Herr Präsident!) Es könnte uns ja eigent­lich viel besser gehen, wenn Sie bedauern, dass Sie mich hier reden hören müssen. (Rufe bei der ÖVP: Nein!)

Ich sage Ihnen: „Wer nicht hören will, muss fühlen!“, heißt es an sich. Das ist einmal richtig. Aber noch richtiger ist in diesem Fall: Wer nicht fühlt, muss hören – nämlich Sie. Warum? – Weil es – das ist durchaus ernst – schon längst alle, die noch irgendwo ein demokratisch kontrollorientiertes Gewissen aufbringen können, in dieser Republik spüren: ein Gewissen, das man eigentlich kraft seines Mandates mitbringen sollte.

Schauen Sie nicht so angespannt, Herr Kollege Tancsits! Das werden Sie noch nach­lesen müssen. Dann wird es Ihnen nicht mehr so gut gehen; aber vielleicht sind Sie deshalb schon so angespannt.

Jedenfalls: Wer nicht hören will, muss fühlen. Und umgekehrt stimmt es jetzt noch mehr, weil ja schon längst das, was Sie hier nicht mehr hören wollen, mehr als ausreichend ist, um mehrere Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Aber Sie wollen einfach nicht! Mit den Hintergründen und den diversen „Verwehungen“ vom Wörther­see wollen wir uns hier nicht weiter aufhalten. Längst wäre schon eine Mehrheit hier im Nationalrat für diesen Untersuchungsausschuss. Man braucht ja nur die öffentlichen Meinungen der frei gewählten Abgeordneten zusammenzuzählen. Dass sie dann im letzten Moment nicht gar so frei sein können, ist ja dem Regierungsübereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ zuzuschreiben.

Ich bedanke mich beim Kollegen Dolinschek dafür, dass er so offene Worte nach sei­ner vorwöchigen Erklärung gefunden hat, dass nicht nur der Finanzminister rück­tritts­reif sei – dann wäre ja der Untersuchungsausschuss erst Recht schon längst ge­recht­fertigt –, sondern er auch gesagt hat, eigentlich wäre das seine Meinung, aber er kön­ne jetzt nicht anders.

Das sind eben die Zustände in Österreich. Ich verstehe das auch, nur: Es besteht we­der Grund zur besonderen Aufgeregtheit, noch besteht ein besonderer Grund zur Heiterkeit. Das ist einfach mittendrin und todernst. Sie werden sich für Ihr ständiges Abwiegeln in dieser Sache noch einmal verantworten müssen.

Gerade vorhin haben Sie sich darüber beschwert, dass Sie ohnedies schon alles gehört hätten. Ich sage Ihnen: All das, was bis jetzt in der Liste gegen den Finanz­minister vorgebracht wurde, würde für mehrere Untersuchungsausschüsse reichen. Wenn Sie wollen, rufe ich Ihnen ein paar Dinge in Erinnerung, um Ihnen anschließend ein Dokument – es hat ohnehin nur eineinhalb Seiten – voll zu Gehör zu bringen. Sie haben das herausgefordert. Dann steht es wenigstens einmal im Protokoll. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Hören Sie nur zu! Die Frage der Beraterverträge, die Sie hier so abtun, ist deshalb keine Kleinigkeit, weil man sich ja angesichts der teuersten Beratungskosten, die sich eine Bundesregierung jemals geleistet hat, schon die Frage stellen muss, wie dieses Ergebnis zustande kommt. Allein das ist schon interessant an dem Untersu­chungs­gegenstand, mit welchen Leuten und Beratern man sich auf Kosten der Steuerzahler sozusagen eindeckt, was dann dazu führt, dass man nicht einmal die richtigen Spalten im Formular findet, wo man seine Aktien eintragen muss. Wenn man dann auf frischer Tat ertappt wird, findet man noch den kurzen Weg zu „profil“. Für diese Spalte im Formular hat es aber nicht gereicht.


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34. Sitzung / Seite 240

Aber es gibt ja noch wesentlich ernstere Dinge. Es gibt zum Beispiel den Umstand – das betrifft nicht nur den Finanzminister alleine –, dass sich ganz offensichtlich ein steuerpflichtiger Bürger, der sich mittlerweile „KHG“ nennt, de facto selbst – was sonst bitte ist Finz als Grassers Weisungsgebundener?; da kann er dreimal erklären, das sei nicht so gewesen – von der Steuer befreit.

In Österreich gilt offensichtlich die Finanzverfassung derart: Alle zahlen Steuer, nur Karl-Heinzi nicht! Möglicherweise ist auch das schon im Verfassungsrang. Das wäre auch interessant zu klären. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheibner: ... die SPÖ zugestimmt ...!)

Die Wege dorthin waren ohnedies bieder. Da Sie schon wieder so erheitert sind: Die Vortäuschung der Gemeinnützigkeit dieses Vereins war das Erste. Der Vereinszweck beginnt mit Karl-Heinz Grasser, und zwar folgendermaßen: Karl-Heinz Grasser hat der New Economy hervorragende Dienste geleistet. – Das ist der Satz zum Vereinszweck.

Mittlerweile haben wir die Sache so weit verallgemeinert, dass mein Kollege Peter Pilz soeben den Verein „Friends Economy“ angemeldet hat. Sein Mitarbeiter ist sozusagen der Präsident dieses Vereins. Die Vereinsanschrift ist seine Wohnung. Man wird schauen, wie dieses Verfassungsgesetz zur Befreiung des Herrn Finanzministers von seiner offenkundigen Steuerpflicht Anwendung findet. Wir werden das auf diese Art und Weise überprüfen, weil Sie es ja jetzt offensichtlich ein bisschen heiterer haben wollen.

Aber ich komme zu einem anderen Ernst der Sache. Ich habe es Ihnen angekündigt: Wenn wir uns auf die Eurofighter-Überlegungen einlassen und darauf, was da alles nicht zusammenpasst, so sollten Sie zur Kenntnis nehmen, was ich Ihnen jetzt chro­nologisch zum Vortrag bringe. (Abg. Scheibner: Nicht mehr viel Zeit!) – Das reicht leicht. (Unruhe im Saal.)

Kollege Scheibner! Das Ministerium, das das betrifft, ist ja Ihr ehemaliges. Das sind Aktenvermerke aus dem Verteidigungsministerium. Da wird etwa am ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der allgemeine Geräuschpegel ist wieder zu hoch! Meine Damen und Herren, bitte etwas ruhiger!

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Am 3. Juli wird das Bundesministerium für Landesverteidigung beziehungsweise das Bundes­ministerium für Finanzen darüber informiert, dass das Verfahren ins Laufen kommt.

Sieben Tage später, am 10. Juli, fordert Hillingrathner vom Finanzministerium alle Infos vom BMLV an. (Abg. Scheibner: Welches Jahr?) – 2001, habe ich Ihnen gesagt.

13. Juli: Grasser fliegt zu EADS.

20. Juli: Der Bundesministerium für Finanzen moniert damals bei Ihnen, Herr Kollege Scheibner, Sie sollten berücksichtigen, dass die Angebotsfrist zu kurz ist. – Sie haben dann auch nachgegeben; diese Frist wurde verlängert. Damals hat das Finanzminis­terium schon 18 Flugzeuge nicht nur ins Spiel gebracht, sondern offensiv gefordert. (Abg. Scheibner: Sie wissen auch, was unsere Antwort darauf war?!)

Ihre Antwort darauf war ein Willkommensgruß, denn wenn das Hochwasser ein Jahr später nicht gewesen wäre, hätten Sie einen anderen Schmäh erfunden. Sie wissen ganz genau, dass EADS niemals in der Lage war, zu Ihrem vorgegebenen Preis 24 Abfangjäger zu liefern. Darin liegt der Skandal begründet! Halten Sie sich zurück! Es wird ja vielleicht bei anderer Gelegenheit eine Stellungnahme diesbezüglich geben. (Abg. Scheibner: Das brauchen Sie mir nicht vorzuschreiben, wann ich mich zurück­halte! Das ist wohl meine Sache! Nicht so oberlehrerhaft!) – Na schon, das ist in Ihrem Interesse, bevor Sie jetzt zu Protokoll geben, dass Sie damals von all dem nichts


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34. Sitzung / Seite 241

gewusst haben wollen. Das wird auf Sie zurückfallen, das wollte ich Ihnen nur mit auf den Weg geben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Mainoni: Nur Schall und Rauch! Sonst gar nichts!)

Am 12. September 2001 kommt die Zahlungsvariante neun Jahre ins Spiel. Dann wur­de immer so getan, als ob das nicht besonders wesentlich wäre. Aus der Aus­schrei­bung ist diese Sache in der Betonung, wie sie nachher zur Anwendung gekommen ist, nicht zum Vorschein gekommen.

Faktum ist, dass auf Intervention des Finanzministeriums diese Zahlungsvariante ge­wählt wurde, was dazu geführt hat – das wissen Sie ganz genau –, dass diese (Abg. Scheibner: Zwei Jahre später!) – das war ein Jahr später! – einzige Entscheidung, die überhaupt nichts mit der militärtechnischen Bewertung oder der Bewertung bezüglich Gegengeschäfte oder auch nur mit irgendetwas zu tun hatte, den Ausschlag gegeben hat.

Nicht Ihr damaliges Ressort hat entschieden, dass der Eurofighter angeblicher Bestbie­ter war, sondern das Ressort des Finanzministers hat das mit dieser Intervention – Zahlungsvariante neun Jahre – getan. (Abg. Scheibner: Das sagt der Rechnungshof!) Das wissen Sie ganz genau.

Deshalb haben Sie auch in jenen Tagen noch herausverhandelt, dass die offenkun­di­gen Mehrkosten – darum geht es, das ist der größte Schaden, der für die Republik je­mals durch eine Rüstungsbeschaffung entstanden ist; und da rede ich nur von den Mehr­kosten und nicht von den Grundkosten dieser Beschaffung – der Finanzminister zu übernehmen hat. Das war Ihr Erfolg. Seis drum, bezahlen tut es trotzdem der Steuerzahler.

Und was war des Finanzministers Interesse? Warum musste das teuerste Gerät ge­kauft werden? Warum? (Abg. Dr. Stummvoll: Weil es das Beste ist!) – Das ist überhaupt nicht das Beste, da werden wir uns noch länger darüber unterhalten! Das Ding ist ja bis jetzt nicht einmal in der Lage, die technischen Kriterien zu erfüllen!

Im Übrigen weise ich Sie darauf hin, dass die Ausschreibung allein deshalb schon in Ihrer Bewertung gebogen worden ist, weil die technischen Zertifikate, die angeblich bewertet worden sind, bis heute nicht vorliegen, Herr Molterer – egal, ob Sie es hören wollen oder nicht. Diese liegen nicht vor! (Abg. Mag. Molterer: Bei der Technik glaube ich Ihnen nichts!)

Das wird Ihnen nichts helfen. Ich habe nur Aktenvermerke vorgelesen, die letztlich im Umfeld und im Kabinett des Herrn Ex-Verteidigungsministers Scheibner angefertigt wurden, wenn Sie mir schon nichts glauben wollen.

Aber insgesamt – das fasse ich zusammen – ist zu sagen: Die Beweise und die Ver­dachts­momente sind derart erdrückend (ironische Heiterkeit des Abg. Scheibner), dass kein Mensch mehr versteht, warum Sie dieser Sache nicht zustimmen. Das kön­nen Sie nur mehr aus der politischen Verflechtung von Schwarz und Blau her erklären, und zwar deshalb, weil die Mehrheit, die Sie vor einem Jahr erreicht haben, für beide Par­teien im Moment völlig unerreichbar wäre. Für Ihre Fraktion (in Richtung Frei­heitliche) sind 10 Prozent schon viel zu viel (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist auch e­twas!), von 42 Prozent (in Richtung ÖVP) brauchen wir nicht zu reden. Das bindet Sie noch aneinander.

Deshalb darf kein Untersuchungsausschuss zustande kommen, obwohl die KollegIn­nen Ihrer Fraktion, Herr Scheibner, eigentlich dafür wären. Und das ist das Tragische, dass hier gegen den Willen der freien Mandatare vorgegangen wird! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.33

 



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34. Sitzung / Seite 242

Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Großruck zu uns. Frei gewählte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


22.33

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Eigentlich wollte ich die Hauptantragsteller, Herrn Gusenbauer und Herrn Pilz, etwas fragen, aber sie sind beide nicht hier. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Deshalb kann ich die Frage nur allgemein stellen. Wissen Sie, meine Damen und Herren von der Op­position, die wie vielte Dringliche Anfrage Sie heute in Sachen Karl-Heinz Grasser gestellt haben, den wie vielten Untersuchungsausschuss Sie heute in Sachen Karl-Heinz Grasser fordern und den wie vielten Misstrauensantrag Sie heute eingebracht haben? –Sie werden es wahrscheinlich nicht wissen, Sie werden wahrscheinlich nur sagen können, es waren sehr viele. (Zwischenruf der Abg. Sburny.)

Jawohl, meine Damen und Herren, es waren sehr viele. Sie haben hier eine Inflation von Anträgen auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen und von Dringlichen Anfragen. Sie wissen, was „Inflation“ heißt: „Entwertung“. (Abg. Mandak: Stimmen Sie einmal zu!) Sie entwerten also das strengste Instrumentarium der parlamentarischen Kontrolle durch Ihre permanenten Anträge. Und Sie wissen, dass es zu nichts führt. Das wollte ich Ihnen sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Groteskeste ist aber, wenn man sich den Antrag der Grünen anschaut. Folgen Sie nur kurz meinen Worten! Sie fordern einen Ausschuss zur Untersuchung der Vorwürfe gegen Karl-Heinz Grasser. – Sie wollen also die Vorwürfe untersuchen. Sie wollen die Vorwürfe, die Sie an Herrn Karl-Heinz Grasser machen, untersuchen, meine Damen und Herren! (Heiterkeit bei der ÖVP.) Das ist schon das Groteskeste und das Eigen­artigste, was ich jemals gehört habe. Entweder haben Sie den Antrag wirklich so formuliert, wie Sie ihn glauben formuliert zu haben, nämlich ohnehin nicht ehrlich ge­meint, oder Ihnen ist wirklich ein Fehler passiert. Wenn Sie die Vorwürfe untersuchen wollen, dann gehen Sie in Ihre eigene Fraktion und reden Sie einmal darüber. Dann können Sie die Vorwürfe, die Sie machen, untersuchen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aber warum kommen diese Vorwürfe? – Es gibt zwei Gründe, das wissen wir. Der eine Grund ist die erfolgreiche Wirtschaftspolitik, die diese Regierung unter Wolfgang Schüssel mit Karl-Heinz Grasser macht. Wir haben heute Vormittag die Zahlen und Fakten gehört: Unsere Inflationsrate liegt unter jener von Deutschland, unsere Arbeits­losenquote ist sensationell niedrig, das Bruttoinlandsproduktwachstum ist doppelt so hoch, dreifach so hoch wie in Deutschland, das Budgetdefizit in Österreich ist das geringste. Das sind die Zahlen und Fakten, die Sie von der Opposition natürlich nicht hören wollen, weil (Abg. Öllinger: Weil sie nicht stimmen!) Sie gerne dramatisieren und damit dem Finanzminister durch Ihre Aktivitäten den Erfolg mies machen wollen.

Der zweite Grund ist Grassers Beliebtheit. Ich trete auch hier wieder den Beweis an. Kollege Walch hat es schon einmal gebracht, aber man muss es immer wieder brin­gen: Die SPÖ muss wegen Korruptionsvorwürfen 30 000 € Schadenersatz zahlen. Im September 2002 hat die SPÖ in einer Massensendung an 2 000 Empfänger auf ihrer Website die Behauptung verbreitet, die FPÖ-Regierungsmitglieder würden für die Kampfflieger-Entscheidung belohnt werden. Daraufhin wurde geklagt und die SPÖ rechtswirksam und rechtskräftig zu einer Zahlung von 30 000 € verurteilt, meine Damen und Herren. – Das sind die Tatsachen!

So schauen Ihre Vorwürfe aus: Wenn sie einklagbar sind, wenn Sie sie nicht unter dem Titel der Immunität machen, dann werden Sie Schadenersatzzahlungen leisten, denn alles, was Sie bisher gebracht haben, ist an den Haaren herbeigezogen.


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34. Sitzung / Seite 243

Die unverdächtigste Bestätigung kommt aus dem Rechnungshof. Ich darf noch einmal aus dem Kurzbericht zitieren, was den Eurofighter anlangt:

Die Bewertungskommission empfahl mehrheitlich, 4 : 1, den Auftrag an die Firma Eu­rofighter zu vergeben. Als Bestbieter wurde das Kampfflugzeug Eurofighter zu Recht ermittelt. – Zitatende.

Wo kommen Ihre Vorwürfe her? Was soll da gelaufen sein?

Dann kommt der Rechnungshof zu seinem Endergebnis:

„Bei seinen Erhebungen konnte der RH keinen Hinweis auf eine Manipulation der Bewertungsergebnisse und eine damit verbundene Geschenkannahme feststellen. Im Rahmen der Vergabeempfehlung bis zur Information an den Minister konnte eine versuchte Einflussnahme zugunsten des Produkts der Firma SAAB nicht ausge­schlossen werden. Dies hatte jedoch keinen Einfluss auf die Entscheidung der Typen­wahl. Die mit diesem Fall befasste Staatsanwaltschaft Wien legte das Verfahren gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurück.“ – Zitatende. (Abg. Brosz: Ein Vierzeiler bitte!)

Auch gerichtliche Verfahren haben nichts bestätigt. Ihre Vorwürfe sind haltlos, deshalb gibt es auch keinen Untersuchungsausschuss. Sie verlangen diesen, weil Sie den Finanzminister anschütten wollen, um ihn schlecht zu machen, weil er der beliebteste Finanzminister ist, den wir jemals hatten. Und das passt Ihnen nicht. (Abg. Öllinger: Das Gstanzl bitte! Den Vierzeiler!)

Deshalb zum Schluss den Vierzeiler, der Ihre Politik hier genau demonstriert (Abg. Mag. Posch: Bitte nicht!):

Misstrauen, untersuchen, fragen

und nichts als Unwahrheiten sagen.

Permanent mit Dreck einreiben,

es wird schon etwas hängen bleiben.

(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Der ist schon alt!)

22.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Trunk zu uns. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.38

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Herr Präsident! Kollegen und Kolleginnen! In aller Kürze zum Kollegen Großruck (Ruf bei der ÖVP: Ein guter Mann!): Wenn Sie nichts zu verstecken und zu verbergen haben, dann hält Sie niemand davon ab, und zwar im eigenen Interesse, einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen, damit end­lich Licht ins Dunkel kommt. Die Tatsachen sind aber andere. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Erster Punkt. Nicht nur beim Kollegen Großruck, sondern auch anlässlich der Dring­lichen Anfrage war insbesondere von den Rednern der ÖVP ununterbrochen die Rede von „Verunglimpfung“, „Menschenhatz“ oder „Skandalisierung“ durch SPÖ und Grüne gegenüber dem Finanzminister. (Abg. Mag. Molterer: Genau! Richtig!) – Sie nicken berechtigt, Sie wissen, worum es sich handelt, Herr Klubobmann der ÖVP.

Das ist eine klassische Täter-Opfer-Umkehrung, und dieses Spiel werden Sie nicht weiterspielen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Es klat­schen aber wenige!)


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34. Sitzung / Seite 244

Zweiter Punkt. Dazu fällt mir Watzlawick ein: Nichtkommunikation ist auch eine Form der Kommunikation. (Unruhe im Saal.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich würde Sie bitten, wirklich der Rednerin zuzuhören und nicht diesen riesigen Geräuschpegel zu verursachen! Man kann nichts mehr hören!

Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (fortsetzend): Danke, ich wehre mich schon selbst, Herr Präsident, aber trotzdem: liebenswürdig von Ihnen.

Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ! Sie schweigen und Sie mauern hier! Draußen gegenüber von Medienvertretern geben sich allerdings einige von Ihnen und andere ziemlich redselig. (Abg. Neudeck: Einige und andere?) Jemand meinte, wenn man nichts zu verheimlichen hat, dann kann man sich problemlos einem Untersu­chungsausschuss stellen, und wenn man doch etwas zu verheimlichen hat, sollte man ohnehin die Konsequenzen ziehen. Das ist einmalig und erstmalig. – Diese Auffassung des Mentors des derzeitigen Finanzministers Jörg Haider teile ich vollinhaltlich. (Abg. Neudeck: Jörg Haider ist Finanzminister?)

Grasser möge zurücktreten, Herr Klubobmann der ÖVP, fordert der Salzburger FPÖ-Obmann Karl Schnell. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) Gleiches tut auch der Kärnt­ner Landesparteiobmann der FPÖ, Martin Strutz. Für rücktrittsreif erklärt auch – ich nenne ihn ganz einfach den Diener zu vieler Herren – Uwe Scheuch den Finanz­minister. Sigisbert Dolinschek assistierte, indem er meinte: Für mich wird die Sache für den Finanzminister immer enger, wir werden ihn nicht länger halten können!, so Dolinschek im Radio, und zwar im „Mittagsjournal“.

Selbst Bucher kann sich dazu aufschwingen, verbal zu sagen: Ich werde mit Grasser reden, und wenn es sein muss, kann ich mir auch vorstellen, einem Untersu­chungs­ausschuss zuzustimmen. – Herr Kollege, Ihr Schweigen ist langatmig!

Zur Vervollständigung möchte ich eine weitere Anmerkung Jörg Haiders bringen, der meinte: Es muss ja – diesmal meinte er wohl den Bundeskanzler – im Interesse der Koalition sein, diese Vorwürfe nicht im Raum stehen zu lassen. Und auch diese Auffassung teile ich ausnahmsweise.

Der stellvertretende Kärntner Landesparteiobmann der FPÖ Uwe Scheuch meint am 13. Oktober – er spricht übrigens über sich –: Scheuch ist sicherlich der Letzte, der für den Verbleib von Karl-Heinz Grasser in der Regierung kämpfen würde. – Zitatende.

Jetzt sage ich Ihnen, Herr Kollege Scheuch, was wir von Ihnen verlangen. (Abg. Scheibner: Sie kennen sich gut aus in der FPÖ!) Wir verlangen nicht, dass Sie kämpfen, wir verlangen nur ein Mindestmaß, ein bisschen Rückgrat und ein bisschen Übereinstimmung zwischen dem, was Sie vor Medienvertretern äußern, und der Art und Weise, wie Sie hier agieren wie Sie handeln und wie Sie nicht zustimmen. Das ist das Einzige, was wir von Ihnen verlangen, und zwar berechtigt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Bitten dürfen Sie, verlangen nicht!)

Diese wenigen Zitate wollte ich bringen, und so viel sei zur „Menschenhatz“ der Opposition gegenüber dem Finanzminister gesagt. Ich denke, das ist somit klar gestellt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Mein Verlangen hält sich in Grenzen!)

Aber auch das lange Schweigen meiner Kollegin Scheucher aus Kärnten hat einen Grund. Auch sie wird diesem Untersuchungsausschuss nicht zustimmen, und zwar deshalb, weil der Grasser Freund Dr. Dieter Jandl junior  einer der Chefs einer YLine-Tochterfirma ist. Und dieser Dr. Dieter Jandl junior ist Sohn des Klagenfurter ÖVP-Stadtrates Dr. Dieter Jandl. Und dieser ÖVP Stadtrat ist gleichzeitig auch der ÖVP-


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34. Sitzung / Seite 245

Parteiobmann von Frau Kollegin Scheucher. – Das ist der zweite Aspekt und die zweite Begründung, warum Sie nicht zustimmen werden.

Frau Kollegin Scheucher und Kolleginnen und Kollegen der FPÖ! Es wird Ihnen ganz sicher noch das Lachen vergehen, denn wir werden uns nicht behindern lassen, weiter zu recherchieren und ans Tageslicht zu befördern, wo die Grasser-Connection Jandl und Medwed auch in Kärnten, in Klagenfurt umtriebig war. (Abg. Scheibner: Jetzt ist Schluss!)

Letzter Punkt, der für Sie alle gilt: Schweigen bedeutet auch, sich mitschuldig zu machen. Das gilt auch für Sie, Frau Kollegin Scheucher und Kompagnon Scheuch. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

22.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Wortmeldung: Herr Abgeordneter Neudeck. Er beschränkt sich auf 2 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


22.44

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die beiden vorliegenden Anträge der Abgeordneten Gusenbauer, Cap, Kräuter und Genossen sowie Pilz, Kogler, Freundinnen und Freunde beinhalten interessante Fragen, die auch uns interessieren. (Demonstrativer Beifall bei Abge­ordneten der SPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Dann stimmt zu!)

Aber wenn Sie sich die Antworten auf Fragen, die bereits im Rahmen von Anfrage­beantwortungen, Dringliche Anfragen gestellt wurden und die auf dem Tisch liegen, anschauen, dann werden Sie bemerken, dass es nichts zu untersuchen gibt. Es gibt lediglich etwas zu werten, und das tun wir hier schon seit langem. Außerdem muss ich Ihnen sagen: Die Show von Kogler und vor allen Dingen zuletzt von Trunk hat mir gezeigt, dass es nicht um Inhalte geht, dass es nicht um Aufklärung geht, sondern es geht ihnen ums Anschütten. Scheuch, Scheucher, am Scheuchesten – das ist für Sie wichtig für Kärnten. Da geht es doch um die Kärntner Wahlen.

Kollegin Trunk sagt: Dort, wo nichts zu verheimlichen ist, kann man einem Untersu­chungsausschuss zustimmen. Dann haben wir ja nur mehr Arbeit, weil wir überall dort, wo nichts verheimlicht wird, untersuchen. Dort, wo alles auf dem Tisch liegt, wollen wir untersuchen. Untersuchen müssen Sie dort (Zwischenruf des Abg. Gaál) – da ist kein Sessel, ich kann mich nicht hinsetzen, Kollege Gaál –, wo etwas verheimlicht wird. Dort muss man untersuchen!

In diesem Fall liegt alles auf dem Tisch. Daher wird meine Fraktion diesen Anträgen nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu Ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsaus­schus­ses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu Ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


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34. Sitzung / Seite 246

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 236/A bis 245/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 913/J bis 962/J eingelangt.

Verlangen im Sinne des § 99 (2) GOG

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters gebe ich bekannt, dass im Zusammenhang mit dem Selbständigen Antrag 240/A auf Durchführung eines besonderen Aktes der Ge­barungsprüfung durch den Rechnungshof, und zwar betreffend die Gebarung des Bundesministeriums für Inneres sowie die Gebarung aller damit befassten Ressorts und Dienststellen hinsichtlich des Vorganges der Ausschreibung, Vergabe, Abwicklung und Errichtung des bundesweiten Behördenfunknetzes ADONIS (Austrian Digital Ope­rating Network for Integrated Services) seit 4. Feber 2000 bis zur Aufkündigung der Vertragsvereinbarungen durch das Unternehmen Mastertalk, unter besonderer Berück­sichtigung der Vergabe des Projektmanagements an das Unternehmen Austroconsult (sowie deren Subauftragnehmer) ein Verlangen von 20 Abgeordneten im Sinn des § 99 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellt wurde.

Da die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, ist diese Gebarungsüberprüfung auch ohne Beschluss des Nationalrates durchzuführen.

*****

Die nächste Sitzung berufe ich für morgen, Donnerstag, den 23. Oktober um 10 Uhr ein.

Ich erinnere alle an die Dürer-Ausstellung morgen in der Albertina.

Die Tagesordnung für morgen ist verteilt. Die Sitzung wird durch eine Fragestunde eingeleitet.

Nunmehr bitte ich zur Krönung dieses Tages alle Hauptausschussmitglieder zur Abhal­tung einer Hauptausschuss-Sitzung in das Lokal VI.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.49 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien