Stenographisches Protokoll

115. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 19. September 2002

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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115. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 19. September 2002

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 19. September 2002: 9.05 – 22.44 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärungen des Bundeskanzlers und der Vizekanzlerin gemäß § 19 Abs. 2 GOG zum Thema: "Die Bilanz der Bundesregierung"

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2002 – HWG 2002 erlassen wird und das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Bundesfinanzgesetz 2002, das Umweltförderungsgesetz, das Altlastensanierungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bundesabgabenordnung geändert werden

3. Punkt: Bericht und


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Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Konkursordnung geändert wird, ein Bundesgesetz, mit dem eine Gerichtgebührenbefreiung im Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe gewährt wird, eingeführt wird, das Glückspielgesetz und das Wasserrechtsgesetz geändert werden

4. Punkt: Bericht betreffend den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 2000

5. Punkt: Sammelbericht über die Petitionen Nr. 21, 26, 35 bis 91, 94 und 95 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 23, 25 und 26

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Inhalt

Nationalrat

Einberufung der ordentlichen Tagung 2002/2003 22

Personalien

Verhinderung 22

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Ausschussberichte 1285 und 1286 d. B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung 22

Antrag der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend

Aufklärung der Vorwürfe möglicher Geldflüsse und Manipulationen des Vergabeverfahrens im Zuge der Beschaffung von Kampfflugzeugen für das österreichische Bundesheer seit April 2001;

Aufklärung von Einflussnahmen auf Entscheidungsträger und Spitzenrepräsentanten der Regierungsparteien – insbesondere auch durch Drohungen – im gegenständlichen Vergabeverfahren;

Aufklärung des Vorwurfs der Verfolgung von "wirtschaftlichen Interessen" von politischen Parteien und persönlichen Interessen von Regierungsmitgliedern im Zuge der gegenständlichen Vergabe;

Aufklärung darüber, ob es im Zusammenhang mit diesem Sachverhalt – bedingt durch die Verfolgung "wirtschaftlicher (Eigen-)interessen" oder Manipulationen durch Entscheidungsträger im Vergabeverfahren – zu Nachteilen für die österreichischen SteuerzahlerInnen gekommen ist;

Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit den genannten Sachverhalten

gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 212

Bekanntgabe 39

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 39

Antrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den Vorgängen im Zusammenhang mit der so genannten Abfangjäger-Nachbeschaffung gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 216

Bekanntgabe 47

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 48

Gemeinsame Debatte über diese beiden Anträge:

Redner:

Mag. Andrea Kuntzl 217

Mag. Werner Kogler 219

Mag. Kurt Gaßner 220

Ernst Fink 221

Wolfgang Jung 222

Ablehnung der beiden Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses 223

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 40

Unterbrechung der Sitzung 76

Verlangen der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Edith Haller auf Erteilung eines Ordnungsrufes 148, 148


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Aktuelle Stunde (27.)

Thema: "Das Scheitern der auf Vorschlag von Bundeskanzler Schüssel eingesetzten schwarz-blauen Bundesregierung"

Redner:

Dr. Alexander Van der Bellen 23

Staatssekretär Franz Morak 25

Mag. Maria Kubitschek 27

Dr. Gottfried Feurstein 28

Dr. Martin Graf 30

Dr. Eva Glawischnig 31

Gabriele Heinisch-Hosek 33

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 34

Dr. Helene Partik-Pablé 35

Karl Öllinger 37

Ausschüsse

Zuweisungen 39

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Abfangjäger-Beschaffungsstopp (750/A) (E) 106

Begründung: Dr. Peter Pilz 107

Bundesminister Herbert Scheibner 111

Debatte:

Mag. Werner Kogler 114

Dr. Josef Cap 117

Walter Murauer 120

Wolfgang Jung 122

Dr. Peter Pilz (tatsächliche Berichtigung) 124

Dr. Evelin Lichtenberger 124

Stefan Prähauser 126

Dr. Harald Ofner 127

Katharina Pfeffer 129

Mag. Beate Hartinger 130

Heinz Gradwohl 131

Dr. Peter Pilz 132

Bundesminister Herbert Scheibner 134

Karl Öllinger 135

Entschließungsantrag  der  Abgeordneten  Dr. Josef Cap,  Kolleginnen und Kollegen betreffend endgültiges Aus für die Kampfflugzeuge – Ablehnung 119, 136

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 750/A (E) 136

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Erklärungen des Bundeskanzlers und der Vizekanzlerin gemäß § 19 Abs. 2 GOG zum Thema: "Die Bilanz der Bundesregierung" 40


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Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel 41

Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer 48

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung 41

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1277 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2002 – HWG 2002 erlassen wird und das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Bundesfinanzgesetz 2002, das Umweltförderungsgesetz, das Altlastensanierungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bundesabgabenordnung geändert werden (1285 d. B.) 41

3. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Konkursordnung geändert wird, ein Bundesgesetz, mit dem eine Gerichtgebührenbefreiung im Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe gewährt wird, eingeführt wird, das Glückspielgesetz und das Wasserrechtsgesetz geändert werden (1286 d. B.) 41

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer 50

Dr. Andreas Khol 53

Dr. Alexander Van der Bellen 56

Mag. Karl Schweitzer 60

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 63

Bundesminister Ing. Mathias Reichhold 66

Dr. Josef Cap 69

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 71

Dr. Eva Glawischnig 74

Theresia Zierler 77

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 79

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 82

Friedrich Verzetnitsch 85

Georg Schwarzenberger 88

Karl Öllinger 89

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer 91

Mag. Reinhard Firlinger 95

Doris Bures 96

Dr. Michael Spindelegger 98

Dr. Evelin Lichtenberger 99

Hermann Böhacker 100

Peter Schieder 136

Jakob Auer 137

Dr. Kurt Grünewald 139

Wolfgang Jung 141

Mag. Kurt Gaßner 143

Erwin Hornek 144

Mag. Terezija Stoisits 146

Edith Haller 148

Mag. Ulrike Sima 149

Dr. Gottfried Feurstein 151

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) 153

Dieter Brosz 153

Robert Egghart 155

Heidrun Silhavy 156


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Robert Wenitsch 160

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 161

Dr. Alois Pumberger 164

Mag. Barbara Prammer 165

Dr. Brigitte Povysil 167

Dr. Ilse Mertel 168

Gabriele Heinisch-Hosek 170

Rudolf Parnigoni 171

Anton Gaál 173

Dr. Peter Wittmann 174

Helmut Dietachmayr 176

DDr. Erwin Niederwieser 179

Ing. Kurt Gartlehner 180

Dkfm. Dr. Hannes Bauer 181

Karl Öllinger 183

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1285 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Gleichbehandlung bei der Wiederaufbauhilfe nach der Jahrhundertflut (E 157) 188

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1285 und 1286 d. B. 183

4. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Tätigkeitsbericht (III-124 und Zu III-124 d. B.) des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 2000 (1221 d. B.) 189

Redner:

Dr. Günther Kräuter 189

Wolfgang Großruck 191

Mag. Werner Kogler 193

Mag. Beate Hartinger 197

Mag. Eduard Mainoni 198

Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler 199

Dr. Brigitte Povysil 201

Kenntnisnahme des Berichtes 202

5. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 21, 26, 35 bis 91, 94 und 95 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 23, 25 und 26 (1249 d. B.) 202

Redner:

Theresia Haidlmayr 202

Mag. Gisela Wurm 205

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 207

Hermann Reindl 208

Ing. Wilhelm Weinmeier 209

Heidrun Silhavy 210

Anton Heinzl 211

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften der EU über gentechnisch veränderte Organismen (GVO) – Ablehnung 207, 212

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 212


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Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 38

1278: Musterschutzgesetz-Novelle 2002

1280: Kundmachungsreformgesetz 2003

1288: Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz geändert wird

Berichte 39

III-168: Bericht gemäß § 30 Atomhaftungsgesetz 1999 über die Entwicklung der internationalen Haftungsinstrumente für Atomschäden, insbesondere über das Ausmaß der auf internationaler Ebene zur Verfügung stehenden Entschädigungsbeträge; Bundesregierung

III-169: Bericht über die öffentlichen Finanzen 2001; BM f. Finanzen

III-170: Bericht gemäß § 44 UVP-G 2000 über die Vollziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

III-172: Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 2001 (Grüner Bericht 2001); Bundesregierung

III-173: Bericht über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2003 gemäß § 9 LWG; Bundesregierung

Anträge der Abgeordneten

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Abfangjäger-Beschaffungsstopp (750/A) (E)

Dr. Josef Cap, Mag. Karl Schweitzer, Dr. Andreas Khol, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXI. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird (751/A)

Hermann Böhacker, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Behinderteneinstellungsgesetz sowie das Versicherungssteuergesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Gewährung einer Bundeszuwendung an den Verband der Volksdeutschen Landsmannschaften Österreichs (VLÖ-G) errichtet wird (752/A)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz zur Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz (753/A)

Hermann Böhacker, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Behinderteneinstellungsgesetz sowie das Versicherungssteuergesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über die Gewährung einer Bundeszuwendung an den Verband der Volksdeutschen Landsmannschaften Österreichs (VLÖ-G) sowie ein Bundesgesetz, mit dem


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durch die Republik Österreich Garantien gegenüber dem Internationalen Olympischen Comitee (IOC) für die Durchführung der Olympischen Winterspiele 2010 übernommen werden, errichtet werden (754/A)

Anfragen der Abgeordneten


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Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend "Sicherheitsgewerbe Berufsdetektive und Bewachungsgewerbe – gesetzliche Regelungen" (4295/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend "Sicherheitsgewerbe Berufsdetektive und Bewachungsgewerbe – gesetzliche Regelungen" (4296/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Sicherheitsgewerbe Berufsdetektive und Bewachungsgewerbe – gesetzliche Regelungen" (4297/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend "Eintragungsgebühr nach Tarifpost 9 GGG" (4298/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend "Ladungen ohne Zustellnachweis" (4299/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Beschäftigungen im Personenbeförderungsgewerbe in Österreich" (4300/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend "Inverkehrbringen von Produkten Rechtsvereinheitlichung" (4301/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend "Inverkehrbringen von Produkten Rechtsvereinheitlichung" (4302/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend "Inverkehrbringen von Produkten Rechtsvereinheitlichung" (4303/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend "Inverkehrbringen von Produkten Rechtsvereinheitlichung" (4304/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Inverkehrbringen von Produkten Rechtsvereinheitlichung" (4305/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend "Inverkehrbringen von Produkten Rechtsvereinheitlichung" (4306/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend "Inverkehrbringen von Produkten Rechtsvereinheitlichung" (4307/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend "Inverkehrbringen von Produkten Rechtsvereinheitlichung" (4308/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend "Inverkehrbringen von Produkten Rechtsvereinheitlichung" (4309/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Inverkehrbringen von Produkten Rechtsvereinheitlichung" (4310/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Inverkehrbringen von Produkten Rechtsvereinheitlichung" (4311/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend "Inverkehrbringen von Produkten Rechtsvereinheitlichung" (4312/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Einrichtung einer nationalen Fußballinformationsstelle" (4313/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend erste Erfahrung mit dem "Bildungsfreibetrag" (4314/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Grenzüberschreitender Taxiverkehr und ,Schlepperei‘" (4315/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Grenzüberschreitender Taxiverkehr und ,Schlepperei‘" (4316/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Taxigewerbe" (4317/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend "Taxigewerbe" (4318/J)

Ludmilla Parfuss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Koralmbahn (4319/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Staats-, Würdigungs- und Förderungspreise, Ehrenzeichen und Berufstitel (4320/J)


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115. Sitzung / Seite 9

Helmut Dietachmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Liquidation der Förderstellen des Bundes für Erwachsenenbildung (4321/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend budgetäre und personelle Situation der Bundessozialämter (4322/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Entwurf zur Urheberrechtsgesetz-Novelle 2002 (4323/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend unbefriedigende Beantwortung der Anfrage Nr. 4076/J betreffend Einsparungen von LehrerInnen für die Integration von behinderten SchülerInnen (4324/J)

Helmut Dietachmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuer auf Kilometergeld (4325/J)

Helmut Dietachmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Chip-Card-Chaos (4326/J)

Helmut Dietachmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Rechtsextreme planten Bürgerkrieg (4327/J)

Helmut Dietachmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Sparpaket für die ÖBB (4328/J)

Helmut Dietachmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Sparpaket für die ÖBB (4329/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Besetzung eines Bezirksschulinspektors für Klagenfurt (4330/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Taxigewerbe und Sicherheit" (4331/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zustimmung zu einem bundeseinheitlichen Tierschutzrecht (4332/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Behindertendiskriminierung (4333/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend FPÖ-Schmutzwäsche bzw. "Unterhalt nach Unterhosen-Test" (4334/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Test der ÖBB Euro-City (4335/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Nickel in Euromünzen (4336/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Nickel in Euromünzen (4337/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Gesundheitsgefährdung durch Partikel aus Dieseltreibstoff (4338/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Situation der Kinderkrankenpflege in Österreich (4339/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Spendenverdoppelung bei der ORF-Spendengala zu Gunsten der Hochwasseropfer (4340/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Spendenverdoppelung bei der ORF-Spendengala zu Gunsten der Hochwasseropfer (4341/J)


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115. Sitzung / Seite 10

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Staatszielbestimmung zum Minderheitenschutz (Art. 8 Abs. 2 B-VG) (4342/J)


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115. Sitzung / Seite 11

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Staatszielbestimmung zum Minderheitenschutz (Art. 8 Abs. 2 B-VG) (4343/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Staatszielbestimmung zum Minderheitenschutz (Art. 8 Abs. 2 B-VG) (4344/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Staatszielbestimmung zum Minderheitenschutz (Art. 8 Abs. 2 B-VG) (4345/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Staatszielbestimmung zum Minderheitenschutz (Art. 8 Abs. 2 B-VG) (4346/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Staatszielbestimmung zum Minderheitenschutz (Art. 8 Abs. 2 B-VG) (4347/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend ÖIAG – VA Tech im Zusammenhang mit dem geplanten Ilisu-Staudamm-Projekt (4348/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend MenschenrechtskoordinatorIn im Bundeskanzleramt (4349/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend MenschenrechtskoordinatorIn im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten (4350/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend MenschenrechtskoordinatorIn im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (4351/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend MenschenrechtskoordinatorIn im Bundesministerium für Finanzen (4352/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend MenschenrechtskoordinatorIn im Bundesministerium für Inneres (4353/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend MenschenrechtskoordinatorIn im Bundesministerium für Justiz (4354/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend MenschenrechtskoordinatorIn im Bundesministerium für Landesverteidigung (4355/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend MenschenrechtskoordinatorIn im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (4356/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend MenschenrechtskoordinatorIn im Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport (4357/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend MenschenrechtskoordinatorIn im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen (4358/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend MenschenrechtskoordinatorIn m Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (4359/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend MenschenrechtskoordinatorIn im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (4360/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend MinisterInnenbüros (4361/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend MinisterInnenbüros (4362/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend MinisterInnenbüros (4363/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend MinisterInnenbüros (4364/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend MinisterInnenbüros (4365/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend MinisterInnenbüros (4366/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend MinisterInnenbüros (4367/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend MinisterInnenbüros (4368/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend MinisterInnenbüros (4369/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend MinisterInnenbüros (4370/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend MinisterInnenbüros (4371/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend MinisterInnenbüros (4372/J)


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115. Sitzung / Seite 12

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (4373/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (4374/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (4375/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (4376/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (4377/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (4378/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (4379/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (4380/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (4381/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (4382/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (4383/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (4384/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (4385/J)

Mag. Gerhard Hetzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend dokumentierbare Effekte der Studienbeiträge (4386/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Kormoranproblematik in Österreich (4387/J)

*****

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmung zur Gleichstellung von behinderten Menschen (29/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler, Kolleginnen und Kollegen (4041/AB  zu 4073/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr, Kolleginnen und Kollegen (4042/AB zu 4153/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
115. Sitzung / Seite 13

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4043/AB zu 4213/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen (4044/AB zu 4082/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidl mayr, Kolleginnen und Kollegen (4045/AB zu 4137/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Eduard Mainoni, Kolleginnen und Kollegen (4046/AB zu 4202/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4047/AB zu 4087/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4048/AB zu 4096/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
115. Sitzung / Seite 14

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4049/AB zu 4145/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Kolleginnen und Kollegen (4050/AB zu 4207/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (4051/AB zu 4237/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4052/AB zu 4245/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4053/AB zu 4086/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (4054/AB zu 4132/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4055/AB zu 4134/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (4056/AB zu 4172/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4057/AB zu 4225/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen (4058/AB zu 4156/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4059/AB zu 4095/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (4060/AB zu 4241/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4061/AB zu 4214/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (4062/AB zu 4139/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen (4063/AB zu 4085/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Achatz, Kolleginnen und Kollegen (4064/AB zu 4083/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4065/AB zu 4101/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4066/AB zu 4102/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4067/AB zu 4099/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4068/AB zu 4104/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4069/AB zu 4181/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4070/AB zu 4218/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (4071/AB zu 4232/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (4072/AB zu 4089/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss, Kolleginnen und Kollegen (4073/AB zu 4091/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4074/AB zu 4094/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (4075/AB zu 4112/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen (4076/AB zu 4157/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4077/AB zu 4171/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (4078/AB zu 4174/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (4079/AB zu 4114/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
115. Sitzung / Seite 15

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4080/AB zu 4135/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4081/AB zu 4193/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (4082/AB zu 4196/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4083/AB zu 4106/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4084/AB zu 4126/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4085/AB zu 4179/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4086/AB zu 4138/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (4087/AB zu 4240/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (4088/AB zu 4108/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4089/AB zu 4217/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (4090/AB zu 4200/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Kolleginnen und Kollegen (4091/AB zu 4208/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4092/AB zu 4098/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4093/AB zu 4097/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (4094/AB zu 4111/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4095/AB zu 4136/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4096/AB zu 4149/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (4097/AB zu 4150/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
115. Sitzung / Seite 16

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen (4098/AB zu 4164/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4099/AB zu 4178/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4100/AB zu 4198/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Kolleginnen und Kollegen (4101/AB zu 4205/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Kolleginnen und Kollegen (Zu 4101/AB zu 4205/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Kolleginnen und Kollegen (4102/AB zu 4211/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4103/AB zu 4223/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung, Kolleginnen und Kollegen (4104/AB zu 4226/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung, Kolleginnen und Kollegen (4105/AB zu 4228/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (4106/AB zu 4248/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (4107/AB zu 4088/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4108/AB zu 4125/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (4109/AB zu 4128/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (4110/AB zu 4129/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (4111/AB zu 4163/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen (4112/AB zu 4165/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (4113/AB zu 4170/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Kolleginnen und Kollegen (4114/AB zu 4090/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4115/AB zu 4105/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
115. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (4116/AB zu 4113/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (4117/AB zu 4116/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4118/AB zu 4176/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (4119/AB zu 4215/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4120/AB zu 4216/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Kolleginnen und Kollegen (4121/AB zu 4209/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4122/AB zu 4219/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung, Kolleginnen und Kollegen (4123/AB zu 4227/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Rüdiger Schender, Kolleginnen und Kollegen (4124/AB zu 4229/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (4125/AB zu 4110/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr, Kolleginnen und Kollegen (4126/AB zu 4122/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen (4127/AB zu 4124/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (4128/AB zu 4169/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4129/AB zu 4130/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4130/AB zu 4148/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Inge Jäger, Kolleginnen und Kollegen (4131/AB zu 4191/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen (4132/AB zu 4242/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (4133/AB zu 4109/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen (4134/AB zu 4158/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
115. Sitzung / Seite 18

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (4135/AB zu 4162/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen (4136/AB zu 4168/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (4137/AB zu 4175/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (4138/AB zu 4117/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4139/AB zu 4185/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen auf die Anfrage der Abgeordneten Inge Jäger, Kolleginnen und Kollegen (4140/AB zu 4192/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4141/AB zu 4127/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (4142/AB zu 4140/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4143/AB zu 4142/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4144/AB zu 4147/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4145/AB zu 4186/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4146/AB zu 4189/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4147/AB zu 4221/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4148/AB zu 4246/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (4149/AB zu 4107/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4150/AB zu 4146/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr, Kolleginnen und Kollegen (4151/AB zu 4123/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
115. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (4152/AB zu 4203/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (4153/AB zu 4239/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4154/AB zu 4249/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (4155/AB zu 4251/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (4156/AB zu 4121/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4157/AB zu 4133/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (4158/AB zu 4141/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Ludmilla Parfuss, Kolleginnen und Kollegen (4159/AB zu 4194/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen (4160/AB zu 4152/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (4161/AB zu 4118/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (4162/AB zu 4119/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen (4163/AB zu 4144/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4164/AB zu 4166/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4165/AB zu 4201/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4166/AB zu 4243/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (4167/AB zu 4120/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (4168/AB zu 4131/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (4169/AB zu 4143/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
115. Sitzung / Seite 20

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (4170/AB zu 4160/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (4171/AB zu 4173/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (4172/AB zu 4180/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Kolleginnen und Kollegen (4173/AB zu 4210/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4174/AB zu 4244/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4175/AB zu 4250/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4176/AB zu 4184/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen (4177/AB zu 4159/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4178/AB zu 4177/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4179/AB zu 4182/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4180/AB zu 4183/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Maria Kubitschek, Kolleginnen und Kollegen (4181/AB zu 4199/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Kolleginnen und Kollegen (4182/AB zu 4204/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Kolleginnen und Kollegen (4183/AB zu 4206/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (4184/AB zu 4231/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4185/AB zu 4224/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen (4186/AB zu 4235/J)


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
115. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4187/AB zu 4188/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (4188/AB zu 4197/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (4189/AB zu 4161/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (4190/AB zu 4247/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (4191/AB zu 4195/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (4192/AB zu 4212/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4193/AB zu 4222/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (4194/AB zu 4233/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (4195/AB zu 4234/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4196/AB zu 4167/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (Zu 4196/AB zu 4167/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4197/AB zu 4187/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (4198/AB zu 4220/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (4199/AB zu 4236/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (4200/AB zu 4230/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4201/AB zu 4270/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (28/ABPR zu 28/JPR)

 


Nationalrat, XXI.GP
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115. Sitzung / Seite 22

Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie alle nach der Sommerpause sehr herzlich begrüßen zur 115. Sitzung des Nationalrates, die ich hiemit als eröffnet erkläre, und bitte Sie, die Plätze einzunehmen.

Einberufung der ordentlichen Tagung 2002/2003

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Herr Bundespräsident hat mit Entschließung vom 30. August 2002 nach Artikel 28 Abs. 1 der Bundesverfassung den Nationalrat für den 16. September 2002 zur ordentlichen Tagung 2002/2003 der XXI. Gesetzgebungsperiode einberufen.

Die Amtlichen Protokolle der beiden letzten Sitzungen, der 113. und 114. Sitzung, sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch geblieben; damit gelten die Amtlichen Protokolle als genehmigt.

Für die heutige Sitzung als verhindert gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

Präsident Dr. Heinz Fischer: Um die Punkte 2 und 3 der Tagesordnung der heutigen Sitzung in Verhandlung nehmen zu können, ist es erforderlich, einen Beschluss auf Abstandnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist des Ausschussberichtes zu fassen.

Bei den Punkten 2 und 3 handelt es sich um

den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage betreffend das Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz und verschiedene Nebengesetze (1285 der Beilagen) sowie

den Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Konkursordnung und andere Rechtsvorschriften geändert werden (1286 der Beilagen).

Wir stimmen nun ab über die Abstandnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, dass wir auf diese Frist verzichten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, dass der Nationalrat diesen Beschluss einstimmig gefasst hat, sodass wir die Punkte 2 und 3 tatsächlich in Verhandlung nehmen können.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

"Das Scheitern der auf Vorschlag von Bundeskanzler Schüssel eingesetzten
schwarz-blauen Bundesregierung"

Der Herr Bundeskanzler wird in der Aktuellen Stunde, wie mir mitgeteilt wurde, von Herrn Staatssekretär Morak vertreten. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)


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115. Sitzung / Seite 23

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Herr Abgeordneter, Sie haben eine Redezeit von 10 Minuten. – Bitte.

9.08

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beginnen diese Nationalratssitzung mit einer Aktuellen Stunde – und nichts ist natürlich aktueller als die Regierungskrise, die seit einigen Wochen andauert, der schließliche Zusammenbruch dieser Bundesregierung aus FPÖ und ÖVP und die Neuwahlen, die voraussichtlich mit einem Vier-Parteien-Beschluss morgen herbeigeführt werden.

Warum Neuwahlen? – Niemand anderer als Kollege Westenthaler von der FPÖ hat das klar auf den Punkt gebracht: Diese Bundesregierung hat keine sichere Mehrheit mehr im Parlament. Kollege Westenthaler ist zurückgetreten, weil er die Mehrheit in der FPÖ nicht mehr garantieren konnte.

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es in Österreich nach 1945 schon eine derartige Regierungskrise gegeben hat. (Abg. Dr. Martin Graf: Kurzzeitig!) Auch ÖVP und SPÖ haben sich massive Redeschlachten, Zwistigkeiten, Streitigkeiten geliefert (Abg. Dr. Martin Graf: Weil er so jung im Parlament ist!), aber dass eine Regierungspartei wie die FPÖ derart implodiert, das hat es noch nicht gegeben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir werden in diesen beiden Tagen ausführlich Gelegenheit haben, Bilanz zu ziehen, das Gute und das Schlechte der letzten zweieinhalb Jahre zu diskutieren. Ich möchte vorweg sagen, dass ich nicht die Absicht habe, diese Bundesregierung sozusagen zum Hort des Bösen hochzustilisieren. Nein! Wir haben in den vergangenen zweieinhalb Jahren eine Menge von Gesetzen einstimmig beschlossen – es müssen Dutzende gewesen sein –, und nicht jedes dieser Gesetze wird wohl Unfug gewesen sein. Nein, darunter sind einige, deren Beschlussfassung höchst an der Zeit war und zu denen alle vier Parteien dieses Hohen Hauses, wie ich glaube, stehen, wie zum Beispiel die längst fällige Zwangsarbeiterentschädigung, die Restitutionsmaßnahmen, die schon vor Jahrzehnten hätten beschlossen werden sollen. Es ist, denke ich, das Verdienst dieses Hohen Hauses, diese Gesetze zumindest jetzt einstimmig beschlossen zu haben.

Ich möchte also fair sein: Es gibt auch Positives. Es gibt aber ebenfalls sehr viel, das in diesen zweieinhalb Jahren liegen gelassen wurde, bezüglich dessen wir in diesen zweieinhalb Jahren von Blau-Schwarz Zeit, zu viel Zeit, verloren haben – zum Beispiel in der Bildungs- und in der Forschungspolitik. Ich kann mich gut daran erinnern, dass es hier im Hohen Hause einstimmige Meinung war, dass die F & E-Quote, die Ausgaben für Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen, auf internationalen Standard, zumindest auf OECD-Durchschnitt angehoben werden muss.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, das ist nicht geschehen. Österreich ist nicht gerade der Träger der roten Laterne, aber es ist nach wie vor weit rückständig im Bereich der Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Das Gleiche gilt auch für die Bildung – vom Kindergarten bis zur Universität, insbesondere auch im großen Bereich der Erwachsenenbildung, des so genannten lebenslangen Lernens. Auf diesem Gebiet haben Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, Zeit verschlafen! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Maier. )

Auch in anderen wichtigen Punkten, zum Beispiel im Bereich der Energiepolitik, ist so gut wie nichts weitergegangen. Innerhalb des gleichen Zeitraumes hat es seinerzeit zum Beispiel Japan geschafft, internationaler Marktführer im Bereich der Luftreinhaltetechnik zu werden. Dänemark hat es geschafft, internationaler Marktführer im Bereich der Windkraft zu werden. Österreich hätte die Chance gehabt – es hat sie vielleicht immer noch –, internationaler Marktführer im Bereich der Biomasse und anderer erneuerbarer Energieträger zu werden, aber ÖVP und FPÖ haben das verschlafen.

Ich möchte das nicht der Reihe nach durchgehen, es ist ärgerlich genug, dass zwei Jahre nach dem "Weisen-Bericht", in dem Justizminister Böhmdorfer auf das Heftigste kritisiert worden ist,


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dieser Justizminister immer noch im Amt ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Heute und morgen besonders aktuell ist aber, dass es diese Bundesregierung versäumt hat, die Abschwächung der internationalen Konjunkturlage rechtzeitig wahrzunehmen, sodass wir heute gezwungen sind, in einem Ho-ruck-Verfahren Maßnahmen zu beschließen, allerdings zu spät zu beschließen.

Ich erinnere mich genau daran – Herr Kollege Böhacker von der FPÖ, weil Sie mich so zweifelnd anschauen, möchte ich Sie darauf hinweisen –, dass ich genau vor einem Jahr hier gestanden bin und Ihnen ein Titelblatt des "Economist", Ausgabe vom August 2001, vorgehalten habe, wo die Abschwächung der internationalen Konjunkturlage, eine weltweite Rezession ganz klar und deutlich vorausgesehen wurde. Von Ihrer Seite, von der FPÖ, haben wir genauso wie von der ÖVP nur gehört: Das ist nicht der Fall! Nein, schon gar nicht in Österreich. Das wird nicht geschehen!

Wir haben ein Jahr verloren, um beispielsweise im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik gegenzusteuern. (Abg. Böhacker: Da haben Sie viel verschlafen!) Sie haben es verschlafen, Herr Kollege Böhacker, nicht die Opposition. Wir haben ein Jahr lang vor dieser Entwicklung gewarnt – leider fruchtlos. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wir sind nun in einer interessanten Situation: Es gibt drei Minister, die angeblich zurückgetreten sind – oder auch nicht. Frau Vizekanzlerin Riess-Passer hat ihren Rücktritt erklärt, ich frage mich aber mittlerweile: Rücktritt wovon? Sie ist als Parteiobfrau zurückgetreten, okay, das haben wir hier im Nationalrat nicht weiter zu kommentieren. (Abg. Mag. Schweitzer: So ist es!) Sie ist meiner Erinnerung nach auch als Vizekanzlerin zurückgetreten, wird aber wieder hier auf der Regierungsbank sitzen.

Wir haben mindestens drei Minister, die ihren Rücktritt erklärt haben – gleichzeitig aber auch nicht. Sie werden wieder hier auf der Regierungsbank sitzen. (Abg. Mag. Schweitzer: Deshalb gibt es ja keine Regierungskrise, wie Sie das behaupten!) Finanzminister Grasser hat seinen Rücktritt erklärt. Er verwendet das offenbar als Argument dafür, dass er für das Jahr 2003 kein Budget vorlegt. ÖVP und FPÖ waren offensichtlich nicht imstande, ein Budget so vorzubereiten, dass der Fahrplan für 2003 eingehalten werden kann. Der Rücktritt von Grasser wird als Ausrede dafür benützt, dass nicht einmal ein Budgetentwurf vorgelegt wird. Was ist das: ein Finanzminister, der zurückgetreten ist, aber gleichzeitig auch nicht? Ich bin mir sicher, dass er heute und morgen wieder hier auf der Regierungsbank erscheinen wird.

Das Gleiche gilt für Minister Reichhold. Auch alle diese Minister beherrschen offenbar das Haider-Karussell: Bin schon weg! Bin schon wieder da! Bin schon weg! Bin schon wieder da! (Abg. Wochesländer: Was hätten Sie sonst zu reden?) Diese drei Minister, aber nicht nur diese, beherrschen das perfekt.

Was ist mit unserem Bundeskanzler, Herrn Dr. Schüssel? – Herr Dr. Schüssel (Ruf bei den Freiheitlichen: Schweigt!) ist bei diesem Karussell noch perfekter! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Er war nämlich nie dort, gleichzeitig ist er aber da.

Bundeskanzler Schüssel hat es perfekt verstanden, uns weiszumachen, dass er in den rot-schwarzen Regierungen seit 1986 nie dabei war und daher auch mit der Budgetlage nichts zu tun haben kann. Bundeskanzler Schüssel distanziert sich eben jetzt, wie soll ich sagen, einigermaßen erfolgreich davon (Abg. Mag. Schweitzer: Wo sind die Hauptverantwortlichen dafür? Wo sind die Hauptverantwortlichen dafür?) – das sollte Ihnen von der FPÖ zu denken geben! –, dass er vor zweieinhalb Jahren eine blau-schwarze Regierung gebildet hat. Jetzt plötzlich will er damit gar nichts zu tun haben und geriert sich als Hort der Stabilität im Chaos. – Meine Damen und Herren! Das ist aber keine Kunst! Verglichen mit der FPÖ sind die anderen drei Parlamentsparteien ein Hort der Stabilität. Das ist nun wirklich keine Kunst! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren! Zur Glaubwürdigkeit dieser Bundesregierung und des Herrn Dr. Schüssel (das Rednermikrophon beginnt laut zu rauschen): Abgesehen davon, dass uns weisgemacht wurde, es müssten unbedingt 24 Eurofighter sein – dann genügten 18, vielleicht auch 12, vielleicht 6, vielleicht gar keiner, Herr Dipl.-Ing. Prinzhorn –, hat man uns auch weisgemacht, eine Volksabstimmung über die Eurofighter sei rechtlich unmöglich. (Abg. Mag. Schweitzer: Bei der Rede versagt das Mikrophon! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Ich bin an diesem Lärm unschuldig. Es muss die Klimaanlage oder sonst etwas sein. (Abg. Mag. Schweitzer: Die Mikrophone wollen das nicht übertragen!)

Eine Volksabstimmung über die Eurofighter sei, hat man uns erklärt, rechtlich unmöglich. Das war eine glatte Unwahrheit, die Sie uns Monate hindurch erzählt haben. Selbstverständlich ist sie rechtlich möglich. Zufällig sind wir am gleichen Tag, an dem Minister Scheibner erklärt hat, er brauche ein Gesetz, abgesichert durch ein Rechtsgutachten von Professor Heinz Mayer, zu dem Schluss gekommen: Ja, selbstverständlich braucht diese Beschaffung ein Gesetz, nämlich nach Bundeshaushaltsrecht, und darüber könnte man ohne weiteres eine Volksabstimmung durchführen.

In dieser Hinsicht haben Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, uns Monate hindurch glatt die Unwahrheit gesagt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ob das mit Absicht oder aus Schlamperei geschah, das lassen wir dahingestellt. Für Regierungsparteien war das trotzdem ein starkes Stück. Ich habe wieder etwas dazugelernt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Wir haben ein kleines Problem mit der Lautsprecheranlage. Die Haustechnik versucht, das rasch in den Griff zu bekommen. Wir haben insofern Glück, als der nächste Redner nach der Geschäftsordnung von der Regierungsbank aus spricht. Ich denke, dieses Mikrophon wird funktionieren.

Herr Staatssekretär Morak, Sie haben nicht mehr als 10 Minuten, aber auch nicht viel weniger, damit in der Zwischenzeit das Mikrophon repariert werden kann. (Heiterkeit.) – Herr Staatssekretär Morak, bitte.

9.19

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! (Abg. Böhacker: Die Regierung funktioniert!) Herr Professor Van der Bellen, Sie müssen mir zu einem Satz in der Pause noch etwas erklären, Sie müssen mir sagen, was Sie mit dem Satz: Wenn man nie dort ist, dann ist man immer da! gemeint haben. Sie haben darin einen Gegensatz gesehen, und das müssen Sie mir erklären. Ich bin auf diese Ihre Erklärung sehr gespannt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wie Sie wissen, wird der Herr Bundeskanzler nach der Aktuellen Stunde eine Erklärung an den Nationalrat abgeben, einen Rechenschaftsbericht über zweieinhalb Jahre Bundesregierung. Ich bedanke mich bei der Opposition ausdrücklich dafür, dass sie mir Gelegenheit gibt, ebenfalls zur Arbeit dieser Bundesregierung Stellung zu nehmen.

Im Gegensatz zu den Ausführungen der Opposition, meine Damen und Herren, in welchen diese aus durchaus nahe liegenden Gründen darzustellen versucht, warum alles nicht ginge, hat diese Regierung nämlich einen Reformstau aufgearbeitet und im Reformschwung Maßnahmen gesetzt, die dieses Land nachhaltig geprägt haben und prägen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Meine Damen und Herren! Ich werde deshalb sehr zuversichtlich sein, wenn wir in wenigen Wochen an die Wählerinnen und Wähler herantreten werden.

Ich darf einige wesentliche Errungenschaften – Sie werden sie heute noch oft hören; und ich bedanke mich noch einmal für diese Gelegenheit, meine Damen und Herren von der Opposition –, die diese Bundesregierung in diesem Land erreicht hat, anführen.


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Das Kinderbetreuungsgeld: Bereits in diesem Sommer sind im Vergleich zum letzten Jahr 20 000 Familien zusätzlich in den Genuss von Kindergeld gekommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die "Abfertigung neu": Nicht nur einige wenige, sondern 3,1 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommen in den Genuss eines Abfertigungsanspruches. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Dazu kommt die Möglichkeit für den Aufbau einer echten Zusatzpension.

Die Familienhospizkarenz: Europaweit liegt erstmals eine durchdachte Lösung für eine humane Alternative gegen das inhumane Konzept einer Sterbehilfe vor. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin ganz anderer Meinung als Sie, Herr Universitätsprofessor: Wir haben natürlich auch eine Bildungsoffensive gesetzt und die Universitätsreform durchgeführt. (Zwischenruf des Abg. Heinzl. ) Jeder siebente Euro in diesem Land geht in die Bildung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dankenswerterweise haben Sie ja ein gutes Haar an der Bundesregierung gelassen, nämlich die Lösung des lang anstehenden Problems der Zwangsarbeiter und Sklavenarbeit und der Restitutionen.

Last but not least möchte ich darauf verweisen, dass diese Bundesregierung dieses Land durch die Mediengesetze, die hier im Hohen Haus beschlossen wurden, in eine Medienzukunft geführt hat, die es nun gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich gebe zu, dass wir im Sozial- und Gesundheitsbereich noch Reformbedarf haben. (Abg. Parnigoni: Jetzt weiß ich, warum Peter Westenthaler zurückgetreten ist!) Aber auch Sie von der Opposition müssen, wenn Sie sich auf den Oppositionsbänken einen Funken Objektivität bewahrt haben, zugeben, dass der Reformstau, der im Februar 2000 über diesem Land lag, von dieser Bundesregierung nachhaltig aufgearbeitet worden ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Diese Bundesregierung hat eine gute Bilanz vorzuweisen, und wir können daher mit einem klaren Konzept vor die Wählerinnen und Wähler treten. Die Wählerinnen und Wähler werden entscheiden, wem sie ihre Stimme geben, wem sie zutrauen, in diesem Land etwas zu verändern, wem sie zutrauen, in diesem Land die Reformen voranzutreiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. )

Diese Bundesregierung hat ihre Handlungsfähigkeit gerade in kritischen Situationen unter Beweis gestellt (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer ); ich sage Ihnen das zum ich weiß nicht wievielten Mal. Ich erinnere an die absurden Sanktionen der EU zu Beginn dieser Regierungsperiode, an die Handlungen, die diese Bundesregierung zum 11. September gesetzt hat, und daran, was sie auf Grund der Hochwasserkatastrophe des letzten Sommers getan hat. (Abg. Gaál: Gar nichts! – Abg. Eder: Gar nichts hat sie getan!)

Meine Damen und Herren! Die Maßnahmen, die diese Bundesregierung gesetzt hat, wurden in Deutschland zwei Tage, nachdem Wolfgang Schüssel und diese Bundesregierung diese Maßnahmen gesetzt hatten, abgekupfert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dass diese Bundesregierung weiterhin handlungsfähig ist und bis zum 24. November handlungsfähig bleibt, das hat sie gerade durch das dem Nationalrat heute zur Beratung und zur Beschlussfassung vorliegende Konjunkturpaket bewiesen. Nicht umsonst hat eine große österreichische Zeitung gesagt, es handle sich dabei um eine große Kraftanstrengung der Sozialpartner einerseits und der Bundesregierung andererseits. Mit 600 Millionen € wird es gelingen, den Arbeitsmarkt wieder flott zu bekommen (Abg. Öllinger: Welche Zeitung?) und die Unternehmer zu entlasten. Mit 100 Millionen € für den Rat für Forschung und Entwicklung wird die


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Investition in die Zukunft vorangetrieben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Welche Zeitung war das?)

Meine Damen und Herren! Ich darf zusammenfassend Folgendes sagen: In den letzten zweieinhalb Jahren ging es darum und bis zum letzten Tag dieser Bundesregierung geht es darum, Reformen zu setzen, die richtigen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt zu treffen (Abg. Parnigoni: Warum wählen wir dann eigentlich?) und das Gesetz des Handelns in der Hand zu behalten. Dafür ist diese Bundesregierung, die gesamte Bundesregierung, unter Führung dieses Bundeskanzlers angetreten. (Abg. Parnigoni: Wozu die Wahl, wenn alles bestens ist?)

Meine Damen und Herren! Ich darf noch einen unverdächtigen Zeugen zitieren, nämlich die "Frankfurter Allgemeine" vom letzten Montag, also vom 16. September 2002: "Wer durch Beharrlichkeit und Nervenstärke am Ballhausplatz Führungskraft bewies, ..., der muß den Vergleich nicht scheuen." – Zitatende. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich bin daher zuversichtlich, dass jener Reformschwung, der diese Bundesregierung vorangetrieben hat, zur Messlatte und zur Maxime der nächsten Bundesregierung sowie zur Arbeitsgrundlage dieses Hohen Hauses werden wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller Redner in dieser Debatte mit 5 Minuten begrenzt ist.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Kubitschek. – Bitte.

9.26

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär Morak hat eine wirklich schöne Rede gehalten. Das Problem ist nur ... (Demonstrativer Beifall und Bravo-Rufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Darf ich vielleicht weiterreden? – Danke für den Applaus.

Das Problem dabei ist nur, meine Damen und Herren, dass diese Rede mit der Realität in Österreich nicht das Allergeringste zu tun hat. (Beifall bei der SPÖ.) Ich denke, Realitätsverweigerung ist sicher nicht das, was man sich von einer verantwortungsvollen Regierung erwartet. Schön reden, Herr Morak, als alleiniges Programm einer Regierung ist mit Sicherheit zu wenig, um ein Land erfolgreich regieren zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man einmal jede Schönfärberei weglässt und sich die nüchternen Daten und Fakten anschaut (Abg. Böhacker  – da das laute Rauschen des Rednermikrophons neuerlich eingesetzt hat –: Wir können Sie leider nicht hören!), die die Wirtschaftsforscher über dieses Land vorlegen, muss man sagen: Die Realität in Österreich sieht wirklich ganz anders aus!

Die Realität, meine Damen und Herren, sieht nämlich folgendermaßen aus: Wir haben heute in Österreich die katastrophalste Situation auf dem Arbeitsmarkt seit dem Zweiten Weltkrieg. (Abg. Böhacker: Das ist ja ein Unsinn, was Sie da erklären! Wir haben 400 000 Arbeitslose gehabt, und in Deutschland sind es über 4 Millionen bei einer rot-grünen Regierung!) Wir bekamen vor einem Monat, Herr Kollege, im August, die Arbeitsmarktdaten vorgelegt, laut derer wir einen wirklich traurigen Rekord erreicht haben: die höchste Zahl an Arbeitslosen seit dem Jahre 1945. Sie können sich das gerne anschauen, die Wirtschaftsforscher haben das vielfach bestätigt, und auch das AMS wird Ihnen diese Daten vorlegen. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Das, meine Damen und Herren, ist allerdings noch nicht alles, obwohl allein die Situation auf dem Arbeitsmarkt eine Bankrotterklärung für jede Regierung sein müsste. (Abg. Böhacker: Immer krankjammern, aber überhaupt keine Konzepte!)

Meine Damen und Herren! Hinsichtlich der Einkommensentwicklung ist es dieser Bundesregierung gelungen, Österreich binnen drei Jahren vom ersten Platz an die letzte Stelle der Euro


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päischen Union zurückfallen zu lassen. Beim Wirtschaftswachstum war Österreich noch vor drei Jahren im europäischen Spitzenfeld, unter der Führung von Herrn Bundeskanzler Schüssel sind wir zum Schlusslicht in der Europäischen Union geworden. Letztendlich hat es diese Bundesregierung geschafft, uns entgegen allen Versprechungen die höchste Steuerquote seit dem Jahre 1945 "aufzudrücken". Ich denke daher, meine Damen und Herren, man kann die Bilanz mit Schönreden nicht mehr wegreden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Kubitschek! Sie sind das Opfer einer technischen Störung. Ich schlage vor, dass Sie Ihre Rede am Berichterstatterpult fortsetzen. Sie haben noch 2:40 Minuten, ich lasse Sie also noch 3 Minuten sprechen.

Wir werden so lange das Berichterstatterpult verwenden, bis der Fehler behoben ist. Ich kann wirklich nichts dafür, unsere Techniker bemühen sich. (Abg. Dr. Khol: Das ist der Zustand, wie die Redner früher geredet haben! Das war früher immer so! – Abg. Parnigoni: In der Regierung Schüssel funktioniert gar nichts mehr! – Abg. Mag. Schweitzer: Aber da ist der Fischer zuständig!)

Bitte setzen Sie fort, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (fortsetzend): Diese Bilanz, meine Damen und Herren, kann man nicht mehr schönreden. Realitätsverweigerung ist kein taugliches Rezept gegen eine Rezession, und Untätigkeit ist mit Sicherheit nicht das richtige Programm zur Bekämpfung der höchsten Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich glaube, deutlicher kann man eine Bankrotterklärung nicht mehr abgeben, daher gebe ich dieser Bundesregierung in einem Punkt wirklich recht: Neuwahlen sind tatsächlich das einzige Mittel, das dieses Desaster beenden kann! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

An dieser Einschätzung ändert auch das von Herrn Staatssekretär Morak vorhin erwähnte Konjunktur-Notpaket nichts mehr, das die Regierung offenbar in einem Akt der Verzweiflung angesichts furchterregender Wahlprognosen geschnürt hat. (Widerspruch und ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Eine Regierung, die drei Jahre lang die Konjunktur mit einer Nulldefizitpolitik abgewürgt hat, eine Regierung, die drei Jahre lang die höchste Arbeitslosigkeit in der Zweiten Republik ignoriert hat und sich dann am allerletzten Tag ihres Bestehens mit einem Konjunktur- und Beschäftigungspaket schmücken will, hat wirklich jeden Anspruch auf Glaubwürdigkeit und Seriosität verloren. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wirklich verantwortungsbewusstes Handeln im Sinne einer wachstums- und beschäftigungsorientierten Politik muss man von einer Regierung vom ersten Tag an erwarten können. Am letzten Tag ist es dafür jedenfalls mit Sicherheit zu spät.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes und die Beschäftigungssituation in Österreich sind der Regierung Schüssel ganz offensichtlich nicht mehr wert als ein Wahlzuckerl. Daher bin ich sehr froh, dass Sie den Menschen in unserem Land jetzt endlich wirklich die Gelegenheit und die Möglichkeit geben, diese Regierung Schüssel abzuwählen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster Redner zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Redezeit: 5 Minuten. – Herr Abgeordneter! Ich bitte Sie, ebenfalls das Berichterstatter-Rednerpult zu verwenden.

9.32

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich bedauere es sehr, dass immer wieder versucht wird, mit nicht korrekten Wirtschaftsdaten den Eindruck zu vermitteln, in Österreich laufe es schlecht. Ihrer Behauptung,


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die Arbeitslosigkeit sei ein Problem, stimmen wir zu, aber wir möchten gleichzeitig darauf hinweisen, dass wir in Österreich eine der niedrigsten Arbeitslosenraten in ganz Europa haben, und das sollte man auch zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf Ihnen auch sagen: Heute noch werden wir Maßnahmen beschließen, die dazu dienen sollen, den Lehrlingen zu helfen, einen Arbeitsplatz zu bekommen, und die Jugendlichen in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Das ist unser Programm, und das werden wir heute noch beschließen und mit Ihnen, meine Damen und Herren, auch beraten. Das ist uns ein ganz wichtiges Anliegen und soll helfen, die Arbeitsmarktsituation zu bewältigen.

Meine Damen und Herren! Die Wende der österreichischen Politik, von der wir sprechen und von der auch meine Vorredner gesprochen haben, ist erfolgt und war erfolgreich. Wir können das beweisen. Die Wende, die im Jahre 2000 eingeleitet worden ist, war erfolgreich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Wende der österreichischen Politik war auch notwendig. Ich zitiere in diesem Zusammenhang aus der heutigen Ausgabe der Zeitung "Die Presse" einen der schärfsten Kritiker der Regierungspolitik im Jahre 2000, und zwar den ehemaligen Rektor Professor Rudolf Burger. Er stellte fest: "... war die Koalition, die Schüssel eingegangen ist, die einzig richtige Politik, ..." Weiters sagte er: "... ich kann sagen, das war das einzig richtige in der Situation und es hat für das Land – aus meiner Sicht – äußerst erfreuliche Konsequenzen gebracht." (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das sagte nicht jemand, der uns loben will. Das war nicht jemand, der uns je Lob gezollt hat, sondern es war jemand, der uns im Februar 2000 auf das Heftigste kritisiert hat. Heute sagt er, Gott sei Dank sind ÖVP und FPÖ diesen Weg gemeinsam gegangen und haben eine Veränderung der österreichischen Politik bewirkt, und er steht dazu.

Meine Damen und Herren! Entscheidend war die Sanierung des Staatshaushaltes, und diese Sanierung ist gelungen. (Ruf bei der SPÖ: Das ist falsch!) Die Sanierung ist gelungen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bund, Länder und Gemeinden haben zusammengewirkt, um Österreichs Staatsdefizit auf null herunterzusetzen. (Ruf bei der SPÖ: Das ist falsch!) Das ist nicht falsch! Für das Jahr 2001 – Sie werden den Rechnungsabschluss noch erhalten – ist die Sanierung nachweislich darstellbar. Wenn wir im Jahre 2002 wieder mehr ausgeben, dann geschieht das im Interesse der Hochwassergeschädigten und im Interesse jener Menschen, die auf Österreichs Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz suchen. Ich frage Sie: Wollen Sie dagegen sein? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte heute auch sagen: Wir sollten für das Verständnis, das wir bei vielen Österreichern und Österreicherinnen für unseren Weg der gemeinsamen Wendepolitik gefunden haben, ein Wort des Dankes sagen.

Ich möchte allen danken, die uns unterstützt haben, die unsere Politik mitgetragen haben, die mitgewirkt haben, dass wir diese Veränderung herbeiführen konnten – und das waren sehr viele. Dazu gehörten in der letzten Phase auch die Sozialpartner. Ich möchte ganz klar sagen: Es war ein großes Verdienst der Sozialpartner, dass sie in den letzten Tagen, und zwar alle Sozialpartner, gesagt haben: Wir müssen gemeinsam versuchen, die Arbeitsmarktpolitik zu verändern – gemeinsam mit der Regierung, gemeinsam mit Bundeskanzler Schüssel, gemeinsam mit Vizekanzlerin Riess-Passer! Wir haben viel erreicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es wurde vom Herrn Staatssekretär schon erwähnt, welche vielen wichtigen Veränderungen herbeigeführt worden sind. Alle Regierungen vor 1999 haben sich immer wieder bemüht, dass Arbeiter in unserem Staat die gleichen Rechte bekommen wie Angestellte. Heute haben die Arbeiter weitestgehend die gleichen Rechte wie Angestellte. Zum Beispiel haben die Arbeiter im Krankheitsfall die gleiche Entgeltfortzahlung wie Angestellte, und ab 1. Jänner 2003 wird es für alle Dienstnehmer eine einzige Pensionsversicherung geben. Es soll in diesen Bereichen keine


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Unterschiede mehr zwischen Arbeitern und Angestellten geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (fortsetzend): Die politische Wende, die eingeleitet worden ist, bietet uns die Möglichkeit, den rot-weiß-roten Weg, den wir begonnen haben, fortzusetzen. Ich lade alle ein, an diesem rot-weiß-roten Weg mitzuwirken und dazu beizutragen, dass wir ihn fortsetzen können – zum Wohle der Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. (Abg. Dr. Martin Graf begibt sich zum Rednerpult, obwohl nicht klar ist, dass der technische Schaden behoben ist.) Wollen Sie es probieren? (Abg. Dr. Martin Graf: Ja!) – Bitte.

9.38

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es funktioniert das Mikrophon anscheinend wieder? – Diese Aktuelle Stunde, einbegleitet vom angeblich wahren Oppositionschef, Herrn Professor Van der Bellen, ist wiederum ein Beispiel dafür, wie in Wirklichkeit SPÖ und Grüne die letzten drei Jahre verbracht haben. Ich muss sagen: Eigentlich jämmerlich, denn es war nicht viel da.

Meine Damen und Herren! Der Erstredner bestimmt die Richtung der Debatte, und Sie, Herr Professor Van der Bellen, haben als Erstredner gesprochen und haben die Debatte mit der Bildungs- und Forschungspolitik eingeleitet, und da müssen Sie letztlich einen Bauchfleck zur Kenntnis nehmen. (Abg. Eder: Die Koalition ist gescheitert!)

Herr Professor Van der Bellen! Sie haben vergessen, dass diese Regierung erstmalig einen Rat für Forschungs- und Technologieentwicklung eingesetzt hat, der eine von parteipolitischen Interessen unabhängige gesamtösterreichische Forschungsstrategie vorgibt. Das ist ein Verdienst dieser Bundesregierung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben eine Universitätsreform hinter uns, die international, aber auch national, nicht nur gelobt wird, sondern bereits Vorbildcharakter hat. Das müssen Sie so zur Kenntnis nehmen! (Die technische Störung am Rednermikrophon tritt wieder auf.) Herr Präsident! Ich werde auch das andere Mikrophon nehmen. (Der Redner begibt sich zum Berichterstatter-Pult. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Selbstverständlich amüsiert das die Opposition, insbesondere die SPÖ-Abgeordneten, und sie versuchen, sogar dieses technische Missgeschick dieser Regierung durch Zwischenrufe anzudichten, vergessen aber ganz, dass der Herr dieses Hohen Hauses ein sozialistischer Präsident ist. Das ist in Wirklichkeit die Situation, in der Sie stecken! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Kollege Gusenbauer hat schon Recht gehabt, als er vor zwei Jahren gesagt hat, dass seine Fraktion gedrittelt sei, dass ein Drittel davon gute Abgeordnete in seinen Reihen darstellen würde, ein Drittel es nicht schaffen werde, gut zu werden, und ein Drittel sogar nicht resozialisierbar sei. – Das sind die Originalworte vom Kollegen Gusenbauer, nicht meine, aber ich kann mich dieser seiner Meinung schon bald anschließen.

Herr Professor Van der Bellen! Die Reform der Privatuniversitäten, mit der wir endlich einmal ein modernes Studienrecht verwirklicht und auch eine Titelbereinigungsgeschichte durchgeführt haben – übrigens einstimmig in diesem Hohen Hause –, ist durch diese Bundesregierung gemacht worden.

Die Studienrechtsreform an den Fachhochschulen und an den Universitäten ist letztendlich mit der Zustimmung aller Studierenden in diesem Hohen Haus beschlossen worden. Doch Sie haben sich diesbezüglich verweigert. Diese Regierung hat diese Maßnahme umgesetzt.


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Mit der Fachhochschul-Studiengesetz-Novelle – auch einstimmig in diesem Hohen Hause beschlossen – haben wir die Fachhochschulen letztendlich richtungweisend verändert.

Wir haben erstmalig in dieser Legislaturperiode die beiden wichtigsten Forschungsförderfonds für Wissenschaft und für die wirtschaftnahe Forschung ausreichend dotiert. In den letzten Jahren sozialistischer Kanzlerschaft und sozialistischer Finanzminister gab es weniger finanzielle Mittel – und zwar ging das bis hin zu Nullbudgetierungen – für diese Forschungsinstrumente als derzeit. Das vergessen Sie in Ihrer Analyse anzuführen! Diese Bundesregierung hat Jahr für Jahr 2,8 Milliarden Schilling an Forschungsfördergeldern für diese beiden Fonds zur Verfügung gestellt, und erstmals war dadurch die Forschungsförderung in unserem Land gesichert. Ich hoffe, dass das in Zukunft weiterhin der Fall sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Forschungspolitik war dieser Bundesregierung immer ein großes Anliegen, Herr Professor Van der Bellen. So haben wir – auch mit Ihnen gemeinsam – Forschungspolitik in diesem Land zum Thema gemacht, weil wir der Meinung sind, dass Forschungspolitik Arbeitsplatzbeschaffungspolitik von morgen ist. Das wissen auch Sie. In diesem Land wird erstmalig seit drei Jahren umfangreich und ausführlich über Forschungspolitik, Forschungsförderpolitik und Forschungsinvestitionspolitik gesprochen, und die Gelder dafür werden effizient verteilt.

30 Jahre SPÖ-Regierung haben uns einen Schuldenberg von 2 700 Milliarden Schilling hinterlassen. Auf Grund Ihrer verfehlten Budgetpolitik mussten wir 100 Milliarden Schilling pro Jahr an Zinsen aufbringen. Das macht täglich 150 Millionen Schilling aus, die wir an Zinsen auf Grund des Schuldendesasters, das ein sozialistischer Finanzminister und ein sozialistischer Kanzler dieser Bundesregierung hinterlassen haben, zu zahlen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Professor Van der Bellen! Wenn Sie schon das Thema vorgeben, dann suchen Sie sich für den Wahlkampf und für die Zukunft Themen aus, bei welchen Sie reüssieren können. Bildungspolitik, Forschungspolitik, Politik für Universitäten und Schulen oder Forschungsförderungspolitik sind das falsche Thema, das wissen Sie, aber Sie haben offensichtlich kein besseres. Mir ist nicht bange vor dem kommenden Wahlgang! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig zu Wort. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.44

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das laute Platzen, das Gedröhne, mit dem diese Bundesregierung gescheitert ist, verdeckt etwas den Blick auf die Verantwortung, verdeckt den Blick auf den Umstand, wer die Verantwortung für die Politik der letzen zweieinhalb Jahre trägt und wer auch die Verantwortung dafür trägt, dass es so weit kommen konnte. Ich meine die Verantwortung für zweieinhalb Jahre Rückschritt in wesentlichen Fragen, in Demokratie- und Menschenrechtsfragen, für Rückschritt bei der sozialen Gerechtigkeit, bei der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Es sind große Versäumnisse, was wichtige Zukunftsfragen betrifft, wie zum Beispiel innovative Wirtschaftspolitik, Umwelt- und Energiepolitik, festzustellen. Schlussendlich scheiterten Sie nach zweieinhalb Jahren auch an den selbst gesetzten Zielen, wie zum Beispiel am Nulldefizit. Wir haben in Österreich die höchste Steuer- und Abgabenquote der Zweiten Republik, eine Abgabenlast, die sich gewaschen hat. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wer trägt dafür die Verantwortung? – Das ist mehr eine rhetorische Frage, denn es ist wiederum derjenige, der nicht da ist, der schweigt, der dazu nichts sagt, nämlich Bundeskanzler Schüssel, der mit einem gebrochenen Wahlversprechen an die Macht gekommen ist. Ich erinnere an die Worte: Wenn die ÖVP Dritter wird, gehen wir in Opposition! Um als drittstärkste Partei den Kanzler stellen zu können, hat Bundeskanzler Schüssel nicht nur ein zentrales Wahlversprechen gebrochen, sondern auch zentrale Werte der ÖVP aufgegeben. Der wohl schwerwiegendste Verstoß und die wohl schwerwiegendste Aufgabe von Werten ist meiner Meinung nach die Aufgabe der Gegnerschaft zu rechtsnationalistischen politischen


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Strömungen, das Schweigen bei ganz essentiellen gesellschaftspolitischen Fragen, "dröhnendes", "lautes" Schweigen, wo man eine Antwort, eine Stellungnahme eines Menschen mit Prinzipien erwartet hätte. (Beifall bei den Grünen.)

Mit einer ÖVP vor der Kanzlerschaft Schüssel gab es noch positive Ansatzpunkte: eine christliche AusländerInnenpolitik, eine christliche Sozialpolitik, auch einige Übereinstimmung in der Umweltpolitik, aber dieser Schüssel-Khol-Kurs ist mit seinem strammen Rechtsruck wohl etwas, das jegliche Gemeinsamkeit und jegliche Kooperation für die Zukunft sehr in Frage stellt. Das Infragestellen von wirtschaftspolitischer Vernunft, wirtschaftliche Vernunft über Bord zu werfen, um ausländerfeindlicher Stimmung nachzugeben: Das alles zeugt nur von einem einzigen Standpunkt, nämlich der Standpunktlosigkeit! (Beifall bei den Grünen.)

Es war von Anfang an ein unehrliches Projekt. Statt die FPÖ zu zähmen, statt in irgendeiner Form eine ordentliche ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé ) – ich komme darauf gleich zurück –, anstatt das Versprechen einzulösen, die FPÖ zu zähmen, ist vom Stil und vom Inhalt her Österreich mehr nach rechts gerückt. Selbst die eigenen Ziele wurden nicht erreicht. Ich habe es schon erwähnt: zum Beispiel das Nulldefizit. Was wurde aus dem Nulldefizit? – Wir haben jetzt die höchste Steuer- und Abgabenquote der Zweiten Republik, eine immense Steuerbelastung, und noch dazu ist die größte Verschwendungsaktion der Zweiten Republik geplant, nämlich der Abfangjägerkauf, der immer noch nicht endgültig abgesagt ist.

Was wurde aus der Entpolitisierung? Was wurde aus der Beseitigung von parteipolitischen Einflüssen auf staatliche Institutionen? Was wurde aus all diesen Vorgaben und aus all diesen Versprechen?

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Affäre Gaugg, an den Postenschacher bei der Umfärbung der ÖIAG-Aufsichtsräte, an ein ORF-Gesetz, bei welchem niemand von Entpolitisierung sprechen kann, sondern welches das Gegenteil bewirkt hat.

Meine Damen und Herren! Jede Fortsetzung dieses Experiments wäre verantwortungslos (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie leben in einer anderen Welt, glaube ich!), und das Verantwortungsloseste, das beim Bundeskanzler Schüssel jetzt wieder aktuell zum Ausdruck gekommen ist, ist, dass er dieses Experiment fortsetzen möchte. Schüssel möchte das blau-schwarze Experiment, möchte dieses Chaos fortsetzen, und das lehnen wir massiv ab. Ich glaube, das tun auch die Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei den Grünen.)

Die vermeintliche Gelassenheit, die von Kommentatoren als "Gelassenheit" bezeichnet wurde, und das Schweigen bei massiven Angriffen auf den Rechtsstaat, auf Personen, die den Rechtsstaat verkörpern – ich erinnere an den Angriff auf den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes Adamovich –, sind nichts anderes als Prinzipienlosigkeit, für die man sich entscheidet, um an der Macht zu bleiben. Das ist der große Vorwurf, den wir gegen diesen Bundeskanzler erheben: nämlich diese große Verantwortungslosigkeit eines Bundeskanzlers, der zweieinhalb Jahre unser Land nicht nach vorne geführt hat, sondern ein Stück zurück, nämlich in das 19. Jahrhundert. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe, glaube ich, schon keine Redezeit mehr!

Jeder, der heute versucht, zu rechtfertigen, dass es in dieser Zeit Reformen gegeben hat, kann den Blick nicht wenden von den großen Linien dieser Bundesregierung. Sie war im Grundzug autoritär (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), in vielen Bereichen wurden demokratische Grundfragen in Frage gestellt, vor allem frauenpolitische Fragen wurden völlig ... (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! Redezeit!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (fortsetzend): Es wurden vor allem frauenpolitische Gleichheitsfragen massiv geringgeschätzt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Einführung einer "Männerabteilung". Es gab erstmals einen "Männer-Minister" als Frauenminister. Viele


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wesentliche Fragen wurden ... (Abg. Dr. Khol  – auf die Redezeit Bezug nehmend –: Herr Präsident! Das geht wirklich nicht!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Kollegin! Die Redezeit gilt für alle Abgeordneten! (Abg. Dr. Khol: Auch für die Frau Glawischnig!)

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (fortsetzend): Dieses Experiment darf nicht weitergehen! (Beifall bei den Grünen.)

9.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek ist die nächste Rednerin. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Heinisch-Hosek geht festen Schrittes zum Rednerpult. – Oh-Rufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol  – in Richtung der Abg. Heinisch-Hosek –: Waren Sie beim Bundesheer, Frau Kollegin? – Abg. Heinisch-Hosek  – beim Rednerpult angelangt –: Hier oben sind Ihre Zwischenrufe nicht so deutlich zu hören, und das ist gut so! – Beifall bei der SPÖ.)

9.50

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich blicke heute auf eine fast leere Regierungsbank hinunter, und derjenige, dem diese Fragestunde gewidmet ist (Abg. Böhacker: Das ist keine Fragestunde, das ist eine Aktuelle Stunde!), nämlich der Herr Bundeskanzler, ist nicht anwesend, er hat es vorgezogen, sich vertreten zu lassen. Das sagt auch etwas darüber aus, dass dieses Projekt gescheitert ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Letztendlich fragen sich so wie ich viele Österreicherinnen und Österreicher: Woran ist eigentlich diese Regierung gescheitert? – Die Antwort liegt klar auf der Hand: Es gab einen Pakt zwischen zwei Männern, und dieser Pakt war ein Pakt der Macht, und dieser Pakt ist nun zu Ende, denn dieses Projekt ist gescheitert.

Es hat gestern Herr Reichhold in der "ZiB 2" gesagt, die FPÖ sei in die Regierung gerufen worden. Da frage ich Sie: Wer hat denn gerufen? (Abg. Böhacker: Die Wähler!) Hat nicht der Herr Bundeskanzler Schüssel gerufen, der als Dritter eigentlich in Opposition gehen wollte? Hat nicht Herr Schüssel einen Pakt mit Haider geschlossen, um dieses Projekt einzuleiten, bei dem wir heute vor einem Scherbenhaufen stehen? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Frage, die uns alle interessiert, vor allem die Österreicherinnen und Österreicher, lautet: (Abg. Böhacker: Wie geht es Klima?) Für wen haben Sie zweieinhalb Jahre gearbeitet, meine Damen und Herren? Haben Sie für die Menschen gearbeitet, oder ging es Ihnen um die Ausübung der Macht in diesen zweieinhalb Jahren? – Ich behaupte, es war Letzteres. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte Fairness walten lassen, meine Damen und Herren, und sagen: Wir haben vielen der in den letzten zweieinhalb Jahren beschlossenen Gesetzesmaterien zugestimmt, denn es befanden sich Gesetze darunter, die für die Menschen waren, die für die Bevölkerung waren, die wir daher mittragen konnten. (Abg. Böhacker: Da schau her!) Aber meine Redezeit würde nicht ausreichen, um aufzuzählen, was Sie, meine Damen und Herren, alles Schlechtes in diesen zweieinhalb Jahren beschlossen haben. Ich frage Sie: Was haben die Leute draußen von den Ambulanzgebühren, wenn Sie, weil keine Fachärzte da sind, in die Ambulanz gehen müssen? Warum müssen sie dann Ambulanzgebühren zahlen? (Abg. Jung: Weil Sie uns so viele Schulden hinterlassen haben!)  – Wir sagen: Weg mit den Ambulanzgebühren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Was haben die jungen Leute von den Studiengebühren? Welch positiven Effekt haben junge Menschen von einer Einstiegsprämie, die sie zu bezahlen haben, um überhaupt studieren zu können? Wir müssen doch für alle jungen Menschen in unserem Land gleiche Voraussetzungen schaffen (Abg. Böhacker: Haben wir!), alle jungen Menschen sollen doch diese fairen Chancen erhalten. Sie haben es mit Ihrer Position unfair gemacht. (Beifall bei der SPÖ.)


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Was haben Unfallrentnerinnen und Unfallrentner von der Unfallrentenbesteuerung, welchen positiven Effekt haben sie davon, außer dass Ihnen 30 oder noch mehr Prozent pro Monat von einer Rente, die sie auf Grund eines Arbeitsunfalles und aus anderen Gründen in Anspruch nehmen können, weggenommen werden?

Ich könnte noch weitere Beispiele nennen für die meiner Meinung nach tiefen Einschnitte in der Sozialpolitik, für die tiefen Einschnitte in der Gesundheitspolitik und für die tiefen Einschnitte in der Bildungspolitik.

Für wen und für was geschah dies, meine Damen und Herren? Für ein Nulldefizit, das uns Ende 2002 (Abg. Mag. Schweitzer: "Wofür" heißt das!) – Herr Schweitzer, hören Sie gut zu! – um 8 Milliarden € mehr Schulden bringen wird als 1999. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zu den wirklich heiklen und schlimmsten Problemen gehört das Problem, das entsteht, wenn junge Menschen keine Arbeit finden. Ich lebe in einem Wahlkreis – Mödling, Wien Umgebung ist mein Wahlkreis –, wo wir dieses Problem noch nie hatten, wo es immer eine gute Beschäftigungssituation gab. Dort stehen wir jetzt genauso vor diesem Problem. (Abg. Jung: Warum ist die Arbeitslosigkeit gerade in Wien so hoch?) Es sind nicht nur 33 000 junge Leute, die jetzt allein dastehen und keine Arbeit haben, sondern da sind Familien dabei. Auch die Großeltern kommen und fragen: Können Sie uns nicht helfen, dass unser Enkerl eine Lehrstelle bekommt? Aber ich muss ihnen sagen: Ich kann nicht, weil die öffentliche Hand, die Bundesregierung die Gelder für diese Leute nicht freigibt! – Das ist eine Politik des falschen Weges, meine Damen und Herren, denn junge Menschen brauchen faire Chancen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ihre Politik, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, war nicht von A bis Z schlecht. Das möchte ich zum Abschluss betonen. Aber vor allem dann, wenn ich den Buchstaben "S" hernehme, fallen mir einige Punkte ein, die zu kritisieren sind, wie zum Beispiel (Abg. Dr. Martin Graf: Sozialdemokratie!) schlechte Sozialpolitik – denken Sie an die Unfallrentenbesteuerung! – oder schlechte Bildungspolitik.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (fortsetzend): Dem setzen wir das "G" entgegen: Wir sind für gerechte Sozialpolitik! Wir sind (Ruf bei den Freiheitlichen: Gusenbauer!) für gerechte Bildungspolitik! Wir sind für Gusenbauer – jawohl! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Warum?)

9.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mühlbachler. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

9.56

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, die gröbste Fehleinschätzung der Grünen in Bezug auf die jüngsten politischen Ereignisse liegt wohl darin, die Beendigung der schwarz-blauen Regierungskoalition als Scheitern des Bundeskanzlers erklären zu wollen. Der Grundtenor der vielen Bürgerinnen und Bürger, mit denen ich in den letzten Tagen Kontakt gehabt habe, ist ein ganz anderer.

Erstens: Bundeskanzler Dr. Schüssel hat recht daran getan, das Störfeuer aus dem Süden nicht länger hinzunehmen und dem Souverän Wähler die Richtungsentscheidung für Österreich zu übertragen.

Zweitens: Die Regierung unter Bundeskanzler Dr. Schüssel hat gut gearbeitet. Unser Österreich verlangt dringend die Fortsetzung dieses Reformwerkes.

Drittens: Dr. Schüssel muss wieder Kanzler werden! (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bevölkerung weiß, dass in den letzten zweieinhalb Jahren eine Wende mit Dr. Schüssel am Steuerruder unseres Staates gelungen ist, die eine Fortsetzung verlangt. Scheitern verbinden die Menschen in unserem Lande mit enttäuschten Erwartungen, mit Reformverweigerung, mit Mangel an Umsetzungskraft und Handlungskompetenz.

Glauben Sie wirklich, dass die jungen Mütter und Väter in unserem Lande in der Einführung des Kindergeldes ein Scheitern in der Sozialpolitik dieser Regierung unter Bundeskanzler Schüssel und Sozialminister Haupt erkennen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ambulanzgebühr, Studiengebühr und Unfallrentenbesteuerung machen geradezu 10 Prozent des Familienbetreuungsgeldes aus. Wissen Sie eigentlich, was Sie sagen, wenn Sie meinen, die Sozialpolitik wäre danebengegangen? Wir haben gute Sozialpolitik betrieben, und die Fakten beweisen dies: Im ersten Halbjahr 2002 sind die Geburten bereits um 1,84 Prozent gestiegen. Das sind Fakten, die eine erfolgreiche Politik begleiten. (Beifall bei der ÖVP.)

Glauben Sie wirklich, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Bevölkerung im Pakt für Jugendbeschäftigung und Ausbildung ein Scheitern der Regierung Dr. Schüssel erkennt? – 600 Millionen € werden zur Verfügung gestellt, um mehr als 5 000 Jugendlichen ein zusätzliches Lehr- und Ausbildungsangebot unterbreiten zu können.

Herr Dr. Gusenbauer! Ihr Inseratenversprechen "In Lehrstellen investieren statt in Abfangjäger" war bereits während des Druckvorganges überholt! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bevölkerung weiß, dass die Budgetpolitik unter Bundeskanzler Dr. Schüssel und Finanzminister Mag. Grasser eine Fortsetzung verlangt.

Herr Parteivorsitzender Dr. Gusenbauer! Glauben Sie wirklich, die österreichische Bevölkerung nimmt Ihnen ab, Hochwasserentschädigung, Steuerreform, Wirtschaftskonjunkturankurbelungspaket und Nulldefizit wären miteinander vereinbar?

Die Österreicher wissen ganz genau, dass diese Bundesregierung unter Bundeskanzler Dr. Schüssel mit einem Hochwasserentschädigungs- und Konjunkturbelebungspaket in der Größenordnung von 1 700 Millionen € Großartiges leistet und dass deshalb die Steuerreform um ein Jahr verschoben werden muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Dr. Gusenbauer, selbst wenn Sie die Grünen ins Boot mit hineinnehmen – beispielsweise mit der Realisierung der Versprechungen des Herrn Abgeordneten Öllinger, die Witwenpension zu streichen, die Wohnbauförderungsbeiträge für Häuslbauer zu streichen, oder auch des Versprechens von Herrn Professor Van der Bellen, nämlich pro Liter Treibstoff zukünftig um 13 Cent mehr zu verlangen –, werden Sie Ihr Versprechen nicht einhalten können!

Ich meine, dass diese Regierung unter Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel beste Arbeit geleistet hat, und hoffe aus tiefstem Herzen, dass das österreichische Volk nach der Wahl eine Entscheidung für Rot-Weiß-Rot, für eine Wende für Österreich treffen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.01

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Hier sind ja schon etliche Vorwürfe auf die Regierung heruntergeprasselt, und dazu möchte ich auch Stellung nehmen.

Herr Van der Bellen, Sie haben kritisiert, dass einige Mitglieder der Regierung zurückgetreten, aber trotzdem im Amt verblieben sind. – Sie sind deshalb im Amt geblieben, damit nicht das ein


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tritt, was Sie sagen, dass es gäbe, nämlich eine Regierungskrise. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Die freiheitlichen Regierungsmitglieder machen eine verantwortungsvolle Politik und werden ihre Ämter ordnungsgemäß übergeben. Es wird nicht das eintreten, was es gegeben hat, als diese schwarz-blaue Regierung angetreten ist, dass beispielsweise im Finanzministerium die Telefonleitungen herausgerissen wurden (Abg. Edlinger: Blödsinn!) und keine ordnungsgemäße Übergabe stattgefunden hat! Das wird es jetzt nicht geben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Van der Bellen, Sie haben weiters, und zwar am Schluss Ihrer Rede, gesagt, Sie seien lernfähig. – Und ich appelliere daher an diese Ihre Lernfähigkeit: Nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis oder verinnerlichen Sie, dass diese Regierung durch wirtschaftspolitische Maßnahmen das verhindert hat, was es jetzt in Deutschland gibt, nämlich eine katastrophale Rezession. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Sie, Herr Abgeordneter Van der Bellen, behaupten weiters, es wären zu spät Maßnahmen gegen die Abschwächung der Konjunktur getroffen worden. – Das ist absolut unrichtig! Sie haben offensichtlich nicht aufgepasst – um beim Lernbegriff zu bleiben –, welche konjunktur- und budgetpolitischen Maßnahmen in den letzten Monaten getroffen worden sind, denn sonst könnten Sie das nicht behaupten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Österreich liegt diesbezüglich international viel besser als andere EU-Staaten. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Jugendarbeitslosigkeit ist in Gesamteuropa ziemlich hoch, das gebe ich zu – jene Österreichs liegt dabei jedoch an der zweitniedrigsten Stelle aller europäischen Staaten, weil bei uns eben etwas getan wurde, um die Beschäftigung Jugendlicher zu fördern.

Aber, Herr Van der Bellen, da ich schon bei Ihren Ausführungen bin: Lernen Sie doch bitte auch, dass die Wähler bei uns besser aufgehoben sind als bei Ihnen! (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Sie brauchen daher nicht in unserem Reservoir zu fischen, denn unsere Wähler werden sicherlich nicht auf Ihre Ideen hereinfallen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die übrigen Angriffe auf die Regierung sind wir ja schon gewohnt. Bereits zu Beginn dieser Regierung haben SPÖ und Grüne gezeigt, welche Einstellung sie zu dieser Regierung und auch zu Österreich haben. Sie von Rot und insbesondere auch von Grün haben Demonstrationen gegen diese Bundesregierung initiiert. Sie haben nicht geschlossen mit uns gegen die Sanktionen angekämpft, sondern haben sich dadurch "ausgezeichnet", dass Sie die Sanktionen sogar noch befürwortet haben, Herr Van der Bellen!

Sie, Herr Van der Bellen, und Herr Gusenbauer, der ins Ausland gereist ist und mit sozialistischen Vertretern die Sanktionen sogar noch zu vertiefen versucht hat, haben sich damit gegen Österreich gestellt, meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot und Grün! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf bei den Grünen.)

Zum Vorwurf einer Kollegin, es sei absurd, mit einem Nulldefizit auf die Abschwächung der Konjunktur zu antworten. – Ja wir hätten doch gerne mit einem Deficit-spending geantwortet, wenn die Kassen nicht leer gewesen wären. Der Herr sozialistische Finanzminister Edlinger – er hat sich bei mir im Übrigen noch immer nicht für seinen wirklich blamablen Zwischenruf entschuldigt – hat ein Defizit hinterlassen, das 2 Billionen Schilling betragen hat (Zwischenrufe bei der SPÖ), und bei einem solchen Defizit gab es ganz einfach keinen Spielraum! Es gab keine Möglichkeit, weiterhin Geld auszugeben, sondern Herr Finanzminister Grasser musste einen rigorosen Sparkurs einschlagen. Nehmen Sie das doch bitte einmal zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wie sich eine SPÖ-Finanzpolitik darstellt, das sehen wir ja auch in Wien; da wird sie ja verwirklicht: Eine ganze Reihe von Belastungen prasselt seit der absoluten Machtergreifung der Sozialisten in Wien auf die Bevölkerung nieder. In diesem Zusammenhang seien nur angeführt: eine


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neue Wiener Stromsteuer, die Wiener Müllsteuer, Mietenerhöhungen im sozialen Wohnneubau, Erhöhung der Tarife bei den Wiener Linien, Erhöhung der Kindergartengebühren und so weiter und so fort. Ich könnte diese Aufzählung noch minutenlang fortsetzen, wenn ich nicht eine beschränkte Redezeit zur Verfügung hätte. (Abg. Böhacker: Ja, so ist es in Wien ...!)

Diese FPÖ/ÖVP-Bundesregierung (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) hat einen verantwortlichen Sparkurs in Österreich eingeführt – und das war dringend notwendig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Diese Regierung hat eine Wende in der Schuldenpolitik gebracht und damit den Grundstein gelegt für eine gesunde Entwicklung, für eine Perspektive für die Jugend und für eine Absicherung der älteren Menschen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Die Witwenpensionen will Öllinger abschaffen, den Familienlastenausgleichsfonds ausräumen! Der unsoziale Grüne! Haschisch-Freigabe ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

10.07

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema dieser Aktuellen Stunde lautet: "Das Scheitern der auf Vorschlag von Bundeskanzler Schüssel eingesetzten schwarz-blauen Bundesregierung". Und nichts könnte besser die Antwort darauf illustrieren als eben das Fehlen des Herrn Bundeskanzlers jetzt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Bundeskanzler, der sich dann, wenn es eine Abrechnung gibt, davor drückt! Ein Bundeskanzler, der sich dann, wenn er dem Parlament Rede und Antwort stehen sollte, verschweigt! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Er spricht gerne, das wissen wir – und das steht in einem gewissen Widerspruch zu seinem Schweigen. Der Herr Bundeskanzler spricht gerne dort, wo er glaubt, das Zepter in der Hand zu haben – nur, meine Damen und Herren: In der Bundesregierung und mit dieser Regierung hatte der Bundeskanzler das Zepter nicht in der Hand! Und das ist das Scheitern des Herrn Bundeskanzlers Schüssel! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie, Herr Abgeordneter Mühlbachler, hier behaupten, Schüssel habe das "Störfeuer aus dem Süden" beendet, dann täuschen Sie sich gewaltig! Sie wissen doch ganz genau: Es war die Frau Vizekanzlerin, die das nicht mehr ausgehalten hat, was sich in ihrer eigenen Partei abgespielt hat! Und die Frau Vizekanzlerin hat durch ihren Rücktritt letztendlich das Scheitern dieser Bundesregierung bewirkt – während der Herr Schüssel noch immer mit dem Herrn Haider telefoniert hat über Steuerreform hin, Steuerreform her! Herr Schüssel hätte doch bis zum Schluss weitergemacht, wenn nicht innerhalb der Freiheitlichen Partei das ganze Werkl zusammengebrochen wäre! So schaut’s doch aus! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist schwierig, jetzt in diesen wenigen Minuten das Scheitern auch des Bundeskanzlers darzustellen (Abg. Großruck: Das könnten Sie auch in zehn Stunden nicht!), auch dieser Person den nötigen Respekt zu erweisen, einem Bundeskanzler eben. Egal, was man in diese Person noch alles hineininterpretieren wird, denn er hat – was wir kritisiert haben – sein Amt eben so ausgeübt. Begonnen hat er es jedenfalls mit einem gebrochenen Wahlversprechen! Und das vergisst man nicht so schnell, und das ist auch nicht zu vergessen, denn wenn man ein Wahlversprechen bricht, dann hat man zumindest zu erklären, warum man das tut. – Aber selbst das hat er nicht gemacht; auch in dieser Frage hat Schüssel geschwiegen!


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Ich hätte mir einen Bundeskanzler gewünscht, der sich in diesen zweieinhalb Jahren dieser Bundesregierung in der Frage der unsäglichen Bemerkungen eines Herrn Kabas, eines Herrn Stadler, eines Herrn Windholz und eines Herrn Haider nicht verschwiegen hätte!

Ich hätte mir einen Bundeskanzler gewünscht, der sich nicht verschwiegen hätte, als der Verfassungsgerichtshof in seiner Gesamtheit und im Besonderen der Präsident als ein Haufen von Korruptionisten attackiert wurde! – Da hätte ein Bundeskanzler – ganz egal, wie man sonst zu ihm steht – sehr klare und deutliche Worte finden müssen.

Meine persönliche Enttäuschung zum Abschied dieser Bundesregierung war – es war ja fast schon der Abschied –, als wir hier im Parlament die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers in der Causa Stadler diskutiert haben, wobei Stadler ja in den folgenden Monaten sein unseliges Spiel weitergetrieben hat. Das war eine Erklärung, bei der ich mir gedacht habe: Da wäre es für einen Bundeskanzler möglich, Brücken zu bauen, Brücken innerhalb der demokratischen Parteien, und klar zu erklären, worum es geht: dass man eben bei jenen unsäglichen Äußerungen des Herrn Stadler nicht dabei ist, dass man diese ablehnt und klar zurückweist.

Was aber hat Bundeskanzler Schüssel gemacht? – Er hat über 1945 gesprochen, und er hat dann die nächsten Jahre noch erwähnt, jedoch kein einziges Mal den Namen Ewald Stadler auch nur ausgesprochen. (Ruf bei der ÖVP: Warum sollte er? Es war doch klar, worum es ging ...!) Bundeskanzler Schüssel hat mit keiner einzigen Bemerkung zu erkennen gegeben, dass wir hier eine Debatte über eine konkrete Person geführt haben! (Abg. Dr. Khol: Redezeit!) Und nichts illustriert das Scheitern des Bundeskanzlers Schüssel besser als diese Debatte (neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP), weil diese so unerträglich kläglich von einem Bundeskanzler geführt wurde, der doch in bestimmten Situationen nichts anderes als klare Worte sprechen sollte! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich kann damit die Aktuelle Stunde für beendet erklären.

(Es folgen technische Mitteilungen im Zusammenhang mit einer defekten Mikrophonanlage.)

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände darf ich auf eine schriftliche Mitteilung verweisen, die im Sitzungssaal verteilt wurde.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 4295/J bis 4313/J;

2. Anfragebeantwortungen: 4041/AB bis 4201/AB,

Beilagen zu den Anfragebeantwortungen: Zu 4101/AB und Zu 4196/AB,

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 28/ABPR;

3. Regierungsvorlagen:

Musterschutzgesetz-Novelle 2002 (1278 der Beilagen),

Kundmachungsreformgesetz 2003 (1280 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz geändert wird (1288 der Beilagen).


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115. Sitzung / Seite 39

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Finanzausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die öffentlichen Finanzen 2001 (III-169 der Beilagen);

Justizausschuss:

Bericht der Bundesregierung gemäß § 30 Atomhaftungsgesetz 1999 über die Entwicklung der internationalen Haftungsinstrumente für Atomschäden, insbesondere über das Ausmaß der auf internationaler Ebene zur Verfügung stehenden Entschädigungsbeträge (III-168 der Beilagen);

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bericht der Bundesregierung über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 2001 (Grüner Bericht 2001) (III-172 der Beilagen),

Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2003 gemäß § 9 LWG (III-173 der Beilagen);

Umweltausschuss:

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gemäß § 44 UVP-G 2000 über die Vollziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung (III-170 der Beilagen).

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, dass der Klub der Grünen nach § 74a der Geschäftsordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt hat, den Selbständigen Antrag 750/A (E) der Abgeordneten Dr. Pilz und Fraktion betreffend Abfangjäger-Beschaffungsstopp dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen, die Sie ja alle kennen, wird dieser Dringliche Antrag um 15 Uhr zum Aufruf gelangen.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters hat Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl nach § 33 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Vorwürfe möglicher Geldflüsse und Manipulationen beim Vergabeverfahren im Zuge der Beschaffung von Kampfflugzeugen für das österreichische Bundesheer sowie weiterer Vorwürfe und zur Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit dem vorstehend genannten Sachverhalt einzusetzen.

Es liegt das Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen. Diese Debatte wird, weil wir ja einen Dringlichen Antrag behandeln, nach Erledigung der Tagesordnung anberaumt werden.

*****


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115. Sitzung / Seite 40

Ich darf bekannt geben, dass mir das Verlangen vorliegt, über den 1. Punkt der Tagesordnung – das sind die Erklärungen des Bundeskanzlers und der Frau Vizekanzlerin – sogleich eine Debatte durchzuführen.

Dieses Verlangen stützt sich auf § 81 der Geschäftsordnung, und es ist diesem Rechnung zu tragen, weil es von mehr als fünf Abgeordneten unterzeichnet ist.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 3 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden.

Gibt es einen Einwand gegen die Zusammenfassung der Punkte 1 bis 3? – Dies ist nicht der Fall, daher werden wir so vorgehen.

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, dass wir in der Präsidialkonferenz Konsens über folgende Vorgangsweise erzielt haben: Für die heutige Sitzung wird eine Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden" vorgeschlagen. Daraus ergeben sich folgende Redezeiten: SPÖ 176 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 131 Minuten, Grüne 104 Minuten.

Weiters wurden folgende darüber hinausgehende Vereinbarungen für die Zeit bis 15 Uhr erarbeitet: Es folgt nunmehr im Rahmen des Punktes 1 der heutigen Tagesordnung eine Erklärung des Herrn Bundeskanzlers mit einer Redezeit von 25 Minuten; danach eine Erklärung der Frau Vizekanzlerin mit ebenfalls 25 Minuten, dann eine Rednerrunde von viermal 15 Minuten, danach zwei Wortmeldungen von Regierungsmitgliedern à 15 Minuten, eine Rednerrunde à 10 Minuten, eine weitere Rednerrunde zu je 8 Minuten und zwei Wortmeldungen von Regierungsmitgliedern à 10 Minuten; schließlich eine Rednerrunde von je 5 Minuten.

Die dann allenfalls noch verbleibende Zeit bis 15 Uhr wird vom Vorsitz führenden Präsidenten zu gleichen Teilen auf die Fraktionen aufgeteilt werden.

Vereinbart wurde auch, in der Debatte bis 15 Uhr zu tatsächlichen Berichtigungen das Wort nicht zu erteilen.

Es besteht die Absicht, die Sitzung von 13 Uhr bis 13.15 Uhr zu unterbrechen; vielleicht kommt uns das heute für die Reparatur der Verstärkeranlage zugute.

Über diese Vorschläge hat das Hohe Haus zu befinden.

Ich frage daher: Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das einstimmig so beschlossen.

1. Punkt

Erklärungen des Bundeskanzlers und der Vizekanzlerin gemäß § 19 Abs. 2 GOG zum Thema: "Die Bilanz der Bundesregierung"

2. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1277 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz


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115. Sitzung / Seite 41

2002 – HWG 2002 erlassen wird und das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Bundesfinanzgesetz 2002, das Umweltförderungsgesetz, das Altlastensanierungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bundesabgabenordnung geändert werden (1285 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Konkursordnung geändert wird, ein Bundesgesetz, mit dem eine Gerichtgebührenbefreiung im Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe gewährt wird, eingeführt wird, das Glückspielgesetz und das Wasserrechtsgesetz geändert werden (1286 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den zusammengefassten Punkten 1 bis 3 der Tagesordnung.

Ich darf dem Herrn Bundeskanzler das Wort erteilen. Redezeit: 25 Minuten. – Bitte.

10.18

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Eigentlich wäre die Bilanz dieser Bundesregierung nach einer vollen Legislaturperiode erst in einem Jahr fällig gewesen, aber nachdem die Frau Vizekanzler – gemeinsam mit Karl-Heinz Grasser und Peter Westenthaler – am 8. September erklärt hat, unter diesen Umständen nicht mehr weiterarbeiten und die Umsetzung des Regierungsprogramms angesichts massiver Vertrauensverluste in der eigenen Partei nicht mehr garantieren zu können, werden wir heute diese Bilanz gemeinsam abgeben, diese vor dem Hohen Hause und der österreichischen Öffentlichkeit rechtfertigen.

An dieser Stelle möchte ich ein aufrichtiges Dankeschön vor allem der Frau Vizekanzlerin und ihrem Team sagen, aber auch den beiden Fraktionsvorsitzenden Andreas Khol und Peter Westenthaler Respekt und Anerkennung für die ausgezeichnete Zusammenarbeit zollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich meine, dass vor allem auch die Art und Weise, wie dieser Schritt gesetzt wurde, bei vielen Menschen außerhalb des festgelegten politischen Spektrums Respekt und Anerkennung gefunden hat; das zeigen ja auch viele Reaktionen in diesen Tagen.

Ich möchte an dieser Stelle meinem gesamten Team von ÖVP und FPÖ in der Bundesregierung Dank sagen, denn als wir im Februar 2000 – vor fast 1 000 Tagen – das gemeinsame Projekt begonnen haben, unter massivstem Druck von innen und außen, war die Situation ganz anders als heute. Wir haben in wenigen Tagen eine neue, geradezu revolutionäre Kompetenzverteilung vorgelegt: ein Ministerium für Wirtschaft und Arbeit, ein umfassendes Bildungsressort, zum ersten Mal in der Geschichte ein umfassendes Infrastrukturministerium, ein Lebensressort, in dem alle Umweltbereiche und Lebensbereiche integriert sind.

Am Anfang gab es massives Mobbing im Ausland und auch im Inland, aber diese Bundesregierung hat sich als krisenfest erwiesen, was wichtig war und ist für das Eigenprofil dieses Landes – jetzt und in der Zukunft, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Manche, die damals mitgeheult oder einfach auch mitgetan haben – vielleicht sogar mitinitiiert haben –, werden heute die Situation doch etwas anders sehen und sich in einer ruhigen Minute auch überlegen, ob ihre damalige Haltung richtig gewesen ist.

Danken möchte ich in diesem Zusammenhang besonders unserer Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, die diesen Sanktionen innerhalb von sieben Monaten gemeinsam mit mir durch Beharrlichkeit, durch Anstand, aber auch durch Härte und Charme ein Ende bereitet hat.

Wir haben in dieser Zeit vieles erreicht, gerade was das innen- wie auch außenpolitische Profil anlangt:


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115. Sitzung / Seite 42

In diesen Tagen wird die österreichische Idee, einen EU-Katastrophenfonds mit 1 Milliarde € für Großschadensfälle einzurichten, Wirklichkeit.

Im Zusammenhang mit Temelín haben wir die Diskussion darüber in Gang gebracht, nukleare Sicherheitsstandards für ganz Europa zu erreichen.

Wir haben sichergestellt – auch im Vertrag von Nizza –, dass die Bewahrung heimischer Ressourcen, etwa unserer Wasserreserven, ausschließlich in unserem Einflussbereich liegt.

Im Bereich EU-Erweiterung haben wir den Weg gewiesen, wie man eine konkrete Lösung erreichen kann: mit siebenjährigen Übergangsfristen.

Wir haben wesentliche Besuche absolviert, egal, ob nach Russland, China – morgen – oder in die USA.

Wir haben in Wien eine gemeinsame Initiative – wiederum Benita Ferrero-Waldner und ich – gesetzt und erreicht, dass der Irak die ersten politischen Gespräche mit Kofi Annan geführt hat, die hoffentlich jetzt mit den Waffeninspektoren in Wien am UNO-Standort fortgesetzt werden. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) – Meine Damen und Herren, Sie können ruhig lächeln. Sie beweisen nur, dass Sie keine Ahnung von Außenpolitik haben, wenn Sie diese Dinge nicht ernst nehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen ganz offen: Mir ist diese Frage – Krieg im Irak oder Frieden für die Welt – wichtiger als irgendein kleinkariertes parteipolitisches Denken! Das möchte ich hier ausdrücklich festhalten! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und dass Kofi Annan auf Drängen von Benita Ferrero-Waldner den UNO-Standort in Wien gesichert und gestärkt hat, vorige Woche auf meine Einladung die Weltethik endformuliert hat, die dann publiziert wurde, zeigt, dass Österreich in diesen zweieinhalb Jahren seinen Platz in der Welt gefunden und behauptet hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Europa ist unser Schicksal, ist unsere Herausforderung, ist aber auch unsere historische Chance: die Wiedervereinigung Europas, über die die Verhandlungen in wenigen Wochen abgeschlossen sein werden, vielleicht sogar mit zehn Kandidaten. Und vergessen Sie nicht: Von diesen zehn waren fünf Länder immerhin mit uns in einem gemeinsamen Geschichtsverbund, in einem gemeinsamen Staatenverbund. Daher ist es wichtig und notwendig, diese historische Chance klug zu nützen – so, wie wir das bisher bewiesen haben.

Die Bundesregierung wird diesen Weg auch konsequent weitergehen – bis zum letzten Tag –, und wir wissen uns mit der Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher – das zeigt heute eine Umfrage –, mit zwei Dritteln aller jungen Menschen einig dahin gehend, dass wir diese Chance auch für unser Land und seine Menschen nützen müssen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Kern unserer gemeinsamen Regierungsarbeit war und ist ein verantwortungsvoller Umgang mit den Steuergeldern. In guten Zeiten war und ist das Programm, keine neuen Schulden mehr zu machen, ein Programm, das von 80 Prozent der Bevölkerung mitgetragen wurde. Dafür wurden auch Opfer erbracht. Wir konnten im vorigen Jahr – zum ersten Mal seit 30 Jahren – als Gesamtstaat einen Überschuss im Budget erwirtschaften; trotz sich bereits verschlechternder Konjunktur.

Überlegen Sie bitte einmal, wie die Ausgangslage war: Das letzte Defizit eines sozialistischen Finanzministers lag bei unserem Regierungsantritt bei etwa 2,5 Prozent, das Defizit drohte über 3 Prozent hinauszuwachsen. Daher setzten wir harte Gegenmaßnahmen – und Gott sei Dank konnten wir das Anwachsen des Defizits verhindern! An dieser Stelle ist unserem jungen Finanzminister Karl-Heinz Grasser und seinem Staatssekretär Alfred Finz ein großes Dankeschön dafür zu sagen, dass wir im vorigen Jahr ein Nulldefizit erreicht haben. – Danke, Karl-Heinz und Alfred! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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115. Sitzung / Seite 43

Verabschieden Sie sich schon wieder davon? Noch im März wollte Alfred Gusenbauer das Nulldefizit in die Verfassung schreiben – aber heute soll schon wieder alles anders sein? Also, wie hätten Sie’s denn gern? (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

2002 ist die Situation anders, das muss objektiv zugegeben werden. Wir haben und hatten eine massive Naturkatastrophe – ein Hochwasser ungeheuren Ausmaßes –, und wir haben einen internationalen Konjunktureinbruch zu verzeichnen, den wir dank unserer Sparanstrengungen jetzt erstklassig bewältigen können. Wir werden heuer ein Defizit von etwa 1,3 Prozent haben, nächstes Jahr etwa 1 Prozent, aber wir rutschen damit nicht in die Gefahr, wie etwa Deutschland oder Portugal oder andere, die Stabilitätskriterien unserer gemeinsamen Währung, die uns allen wichtig sein müssen und die im Interesse unserer Bürger liegen, zu verletzen.

Daher: Dieser Kurs war und ist richtig. Er ist flexibel genug, um auf die Bedürfnisse der österreichischen Bevölkerung, der Konjunktur und der Arbeitsplätze einzugehen. Aber das Ziel, in guten Zeiten keine neuen Schulden zu machen, muss bleiben – ganz gleich, unter welcher Regierung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben uns die Lösung einiger lang anstehender, großer Probleme vorgenommen, auf die es keine einfachen, kurzen Antworten gibt, wie etwa im Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung. Ich halte dieses Thema für das Lebens- und Schicksalsthema für die nächsten Jahre und Jahrzehnte: eine deutlich steigende Lebenserwartung – Gott sei Dank! – und leider rasant sinkende Geburtenraten. Auf Sicht hätte das das gefährdet, was wir an sozialer Sicherheit bewahren wollen, was Arbeitsmarktbildung und Qualität einer Gesellschaft letztlich ausmachen.

Wir haben gemeinsam, Susanne Riess-Passer und ich, ein ganzheitliches Konzept gegen diese Entwicklung gesetzt, zum ersten Mal eine aktive, wirkliche Familienpolitik mit dem Kindergeld, sodass sich Mütter und Väter drei Jahre lang frei entscheiden können, ihre Zeit bei ihren Kindern zu verbringen – und dies mit einer beruflichen Tätigkeit in Verbindung bringen können. Allein diese Maßnahme hat bereits im ersten Halbjahr einen positiven Geburtenzuwachs von immerhin 650 Geburten gebracht. Schon deswegen, wegen dieser 650 jungen Menschen mehr, hat sich diese sozialpolitische Maßnahme mehr als bewährt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben aber auch den Mut gehabt, endlich nicht nur die Rhetorik sprechen zu lassen, sondern durch Taten das Frühpensionsalter an das gesetzliche anzugleichen: 18 Monate. Und siehe da: Innerhalb weniger Jahre gab es 18 000 Frühpensionisten weniger!

Und wir haben auch – drittens – durch eine sozial kontrollierte Zuwanderung ein ganzheitliches Konzept entwickelt, wie man Integration mit konkreten Sprachkenntnissen in einer friedlichen, leistungsstarken und sozial verträglichen Art und Weise unterbringen kann.

Ich möchte an dieser Stelle für diese sozialen Maßstäbe Herbert Haupt und seinem Gesundheitsstaatssekretär Reinhart Waneck meinen herzlichen Dank und meinen Respekt aussprechen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und weil wir diese Maßnahmen gesetzt und dieses Konzept umgesetzt haben, können wir auch heuer, genau so, wie es das Gesetz vorsieht, den älteren Menschen, den Pensionisten, die längst verdiente Anhebung ihrer Pensionen ermöglichen (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), genau so, wie das jede Regierung machen müsste. – Ich hoffe nicht, dass Sie (in Richtung SPÖ) plötzlich aus wahlpolitischen Gründen den älteren Menschen eine solche Erhöhung ihrer Pension nicht gönnen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Neuerliche ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Neben der Konsolidierung des Budgets haben wir aber auch enorme sozialpolitische Schwerpunkte gesetzt: mit der Behinderten-Milliarde, mit der Angleichung der Krankenversicherung der Arbeiter an die der Angestellten, mit dem Jahrhundertprojekt der Familienhospizkarenz, mit dem Kindergeld an Stelle des Karenzgeldes. Überlegen Sie einmal: Heute sind 120 000 junge Menschen Bezieher von Kindergeld; zu Ihrer Zeit waren es 80 000, die Karenzgeld bezogen haben.


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115. Sitzung / Seite 44

40 000 Menschen profitieren von diesem sozialpolitischen Schwerpunkt. Das ist bedeutsam und wichtig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mit der "Abfertigung neu" haben wir eine ganz wesentliche sozialpolitische Weichenstellung vorgenommen. Bisher bekam ja nur ein Drittel der Arbeitnehmer im Laufe des gesamten Arbeitslebens jemals eine Abfertigung. Seit Juli dieses Jahres hat jeder Arbeitnehmer Österreichs einen Anspruch auf diese neue Mitarbeitervorsorge, und wir haben im Rahmen unseres Konjunkturprogramms diese Vorsorge jetzt auf alle Österreicher ausgedehnt.

Meine Damen und Herren! Damit machen wir Ernst mit einem umfassenden Konzept einer staatlichen Grundversorgung, einer betrieblichen Vorsorge und attraktiven Incentives für Eigenvorsorge. – Keine Rhetorik, sondern Taten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und wir haben auch sozialpolitisch, aber auch gesellschaftspolitisch, vergangenheitspolitisch einen ganz wichtigen Schwerpunkt gesetzt, nämlich im Bereich der Vergangenheitsbewältigung. Jahrzehntelang wurden eine faire Entschädigung für NS-Zwangsarbeiter und die Restitution von der politischen Tagesordnung verdrängt. Wir haben gemeinsam mit Maria Schaumayer und Ernst Sucharipa eine Lösung dieser Fragen international und mit den Opferverbänden ausverhandelt und mit der Auszahlung der Gelder rasch begonnen.

Auch die Rückgabe der Kunstgüter wird konsequent weiterverfolgt.

Für die österreichischen Kriegsgefangenen – auch das ist ein Stück unserer Vergangenheitsbewältigung – haben wir eine späte Entschädigung geschaffen.

Diese Anstrengungen haben wir unternommen, weil wir wissen, dass die Zukunft nur der gewinnen kann, der seine Vergangenheit ehrlich bewältigt. Und dafür haben wir auch international Anerkennung gefunden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Jeder siebente Euro, der im Budget zur Verfügung steht, wird heute für Bildung ausgegeben. Der Unterschied zwischen den Budgets in den drei Jahren der letzten sozialdemokratisch geführten Regierung und unseren drei Budgets, die wir verantworten, ist spektakulär: In den drei Jahren, die Sie zu verantworten haben, betrug das Budget 21,3 Milliarden €. Liesl Gehrer hat, wofür ihr wirklich großer Dank gebührt, diese Budgets auf 23,6 Milliarden € angehoben – eine Steigerung um fast 2,5 Milliarden € oder 11 Prozent. – Danke, Liesl Gehrer, für diesen großartigen Einsatz im Interesse unserer Jungen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es wurden die Universitäten reformiert: Sie haben mehr Eigenständigkeit, mehr Eigenverantwortung, sie sind wahrhaftig in die Freiheit für Forschung und Lehre entlassen. Die Studienbeiträge kommen entgegen Ihrer Propaganda ab 2004 ausschließlich den Universitäten zugute; jetzt ist noch ein Teil für die Stipendienerhöhung gebunden.

Die Zahl der Fachhochschulanfänger hat sich verdoppelt. Die Zahl der Studentinnen und Studenten an Fachhochschulen hat sich von 1999 bis heute von 9 000 auf 18 000 verdoppelt. Berufsbildende Schulen werden heute von 25 000 mehr Schülern als im Jahre 1995 besucht. 5 000 Jugendliche können heute ihren Hauptschulabschluss, den sie versäumt haben, nachmachen. 6 000 Jugendliche arbeiten an der Berufsreifeprüfung. – Das ist ein Bildungsrekord, den es in diesem Land noch nie gegeben hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es haben sich aber auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stark verbessert. Wir haben in den zweieinhalb Jahren fünf wichtige Mitbewerber, fünf andere Industrieländer in den diversen Ranglisten überholt. Wir haben eine neue, eine moderne Gewerbeordnung, die uns immerhin einen Gründerrekord – 20 000 waren es im letzten Jahr eines sozialistischen Kanzlers, heute, unter unserer Führung, sind es 30 000 – beschert hat.

Wir haben auch einen Tourismusrekord erzielt – historisch noch nie da gewesen!


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115. Sitzung / Seite 45

Durch erfolgreiche Privatisierungen hat die ÖIAG zwei Drittel ihrer Schulden bereits zurückgezahlt – sogar etwas mehr als zwei Drittel. Alle Firmen werfen heute Dividenden ab – im Jahre 1993 hat keine einzige ÖIAG-Firma Dividenden abgeworfen.

Liberalisierungen bei Gas, bei Strom, bei Telefonie haben wertvolle Kostensenkungen für Betriebe und Kunden gebracht.

Das Handelsbilanzdefizit – unter einem sozialistischen Kanzler noch 5 Milliarden € pro Jahr – ist heuer im ersten Halbjahr beinahe verschwunden, und es ist durch die Infrastrukturoffensive – da muss man Mathias Reichhold sehr danken, der hier die Schwerpunkte nach seinen Vorgängern gut gesetzt hat – immerhin 1 Milliarde € mehr für die Infrastruktur – Schiene und Straße – vorhanden als in den drei vorangegangenen Jahren, die ein sozialistischer Kanzler zu verantworten hatte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Martin Bartenstein und seine Staatssekretärin Mares Rossmann haben für die Wirtschaft enorme Akzente gesetzt, sodass wir heute wirklich besser dastehen als zu jeder anderen Zeit.

Meine Damen und Herren! Die Sicherheit ist für uns ein Thema, das wir im Unterschied zur Opposition nicht gering achten. Die Ereignisse des 11. September haben uns gezeigt, dass man mit dem hohen Gut der Sicherheit nicht sorglos umgehen darf. Wir haben damals schon mit einem umfassenden Sicherheitspaket reagiert: Sicherheitspolizeigesetz, Lauschangriff, Rasterfahndung verlängert, zentrales Bundeskriminalamt, Gefahrenforschung eingerichtet, neues Gerät für das Bundesheer, Hubschrauber – von Ihnen von der SPÖ immer wieder als "Kampfhubschrauber" denunziert. Diese Hubschrauber kommen Gott sei Dank in einigen Wochen, und hätten wir bei der Hochwasserkatastrophe diese starken Hubschrauber gehabt, dann hätte man damit in der halben Zeit jene Rettungen durchführen können, die mühsam, aber dennoch höchst erfolgreich Innenministerium und Bundesheer geschafft haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Justizressort hat gemeinsam mit dem Innenministerium eine ganze Reihe von Maßnahmen vorgelegt und auf europäischer Ebene umgesetzt. Bei vielen Themen war die Sozialdemokratische Partei dagegen, und ich sage Ihnen sehr offen: Sicherheitspolitik darf kein Feld für billigen Populismus sein! Die Österreicher erwarten sich von Regierungsparteien, dass sie gerade mit dem zentralen Thema der Sicherheit nicht leichtfertig umgehen. Das gilt natürlich auch für die notwendige Infrastruktur bei Polizei, Gendarmerie und Bundesheer.

Dass wir mit dieser Politik richtig liegen, zeigt uns ein Sicherheitsvergleich: In Deutschland entfallen auf 100 000 Einwohner 644 Delikte pro Monat, in Österreich 540. Damit liegt Österreich sogar besser als die Schweiz. Wir sind da wirklich im Spitzenfeld, Österreich ist eines der sichersten Länder. 86 Prozent der Österreicher sagen, dass sie sich sicher fühlen.

Mein Dank daher an Dieter Böhmdorfer, an Ernst Strasser, an Herbert Scheibner für diese konkreten Maßnahmen im Bereich der Sicherheit, die wir in diesen Jahren gemeinsam setzen durften! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ein ständiges In-Frage-Stellen von wichtigen Institutionen, des Bundesheeres als Ganzes oder der Luftraumüberwachung, führt zu einem schwachen, zu einem schutzlosen Staat, einem Staat, der die vitalen Interessen seiner Bürger nicht mehr sichern kann. Wir dürfen daher auch in schwierigen Zeiten Investitionen in die Sicherheit nicht in Frage stellen.

Wir haben den Ankauf von Abfangjägern auf Eis gelegt, denn es wäre nicht fair, dass diese Regierung, die ja ohnehin die Zustimmung des Parlaments bräuchte, eine Entscheidung trifft, die meiner Meinung nach die nächste Regierung treffen soll. Aber eines sage ich Ihnen auch wieder sehr deutlich: Lassen Sie auch da die Parteipolitik aus dem Spiel! Frühere sozialdemokratische Vorsitzende und Kanzler haben dies weit verantwortungsvoller gehandhabt als frühere Jungsozialistenführer wie Cap oder Gusenbauer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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115. Sitzung / Seite 46

Meine Damen und Herren! Mir geht es darum, dass wir in den Lebensfragen unseres Staates die Freiheit unserer Entscheidung wahren. Vieles ist anders geworden als früher, das stimmt, aber es ist immer mit unserer Zustimmung geschehen, und so soll es auch weiter bleiben. Wenn wir die Luftraumsicherung endgültig aufgeben, dann sollten wir dies bewusst tun – und nicht eines Tages aufwachen mit dem erloschenen Anspruch auf Unabhängigkeit und Autonomie. Aus Nachlässigkeit und Gedankenlosigkeit darf die Souveränität Österreichs in diesem Bereich nicht einfach geopfert werden. Das mag nicht populär sein, aber es ist Staatspolitik, und da ist auch die Wirtschaft gefordert, zu zeigen, wie die Qualität der Gegengeschäfte aussieht, die letztlich Tausende Arbeitsplätze bringen könnte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Hochwasser- und Wiederaufbauhilfe steht heute auf der Tagesordnung. Wir haben gemeinsam mit den Ländern durch Direkthilfe und durch steuerliche Incentives ungefähr 2 Milliarden € zur Verfügung gestellt. 50 000 Helfer, professionelle oder freiwillige Helfer, Hunderttausende Spender und 5 Millionen Steuerzahler stehen heute hier zusammen, um gemeinsam etwas zu bewegen.

Das ist die solidarische Mitte, für die ich etwa als Christdemokrat (Abg. Schwemlein: Mein Gott!) und viele andere aus anderen ideologischen oder gesellschaftspolitischen Gründen stehen. Hier hat die österreichische Solidarität ein österreichisches, sehr konkretes und sehr sympathisches Gesicht gezeigt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir stellen dafür andere, auch wünschenswerte Anliegen zurück. Die Entlastung aller hat Nachrang gegenüber der Entlastung der Opfer. Meine Damen und Herren! Wer die Tränen, wer die Verzweiflung der betroffenen 200 000 Opfer erlebt hat – so wie etwa die Frau Vizekanzlerin und ich oder auch Minister, die vor Ort waren und nicht auf Urlaub –, verspricht eben nicht nur konkrete Soforthilfe angesichts der Flut, sondern hält auch sein Versprechen, wenn das Wasser zurückgeht und die Medien vielleicht andere Schlagzeilen haben. Daher bitte ich Sie heute um einen möglichst einvernehmlichen Beschluss für diese notwendige Hilfe und um entsprechende Priorität für die Hochwasseropfer. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das zweite wichtige Thema, das heute und morgen auf der Tagesordnung steht, ist die Konjunkturbelebung. Die Wirtschaftsforscher haben im Herbst des vergangenen Jahres eine zu optimistische Erwartung gehabt – auch ich, ich gebe das offen zu, und ich befinde mich da in Gesellschaft von vielen europäischen Wirtschaftspolitikern. Der Arbeitsmarkt zeigt uns heute ein merkwürdiges Doppelgesicht: Auf der einen Seite haben wir Rekordbeschäftigung – 40 000 Menschen mehr haben heute Arbeitsplätze als etwa im August 1999 –, aber wir haben auch fast 20 000 Arbeitslose mehr. 199 000 Arbeitslose hatten wir im August zu beklagen, und jeder Einzelne davon ist zu viel.

Der Hartz-Report, von uns sehr genau studiert, zeigt, dass die durchschnittliche Arbeitsvermittlung in Deutschland 33 Wochen dauert, in Österreich nicht einmal 15 Wochen. Die Reform des Arbeitsmarktservice war also ein großer Erfolg! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Bundesanstalt für Arbeit ist eine Behörde, hat 90 000 Beamte, und nur 10 Prozent davon sind in der konkreten Arbeitsvermittlung tätig. In Österreich ist es genau umgekehrt: Wir haben nur ein Zwanzigstel, nämlich 4 500, davon sind aber 90 Prozent mit der Vermittlung von Arbeit beschäftigt. Österreich ist immer noch das drittbeste Land im Hinblick auf die Arbeitsplatzqualität, die Zahl der Arbeitsplätze, die niedrige Arbeitslosenrate und sogar das zweitbeste im Hinblick auf die Jugendbeschäftigung.

Aber wir können mehr – und wir müssen besser werden, getreu unserem Leitspruch: Sozial ist, was Arbeit schafft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In diesem Zusammenhang haben wir Ihnen zwei Konjunkturpakete vorgelegt, eines im Jänner und eines heute; im Jänner eines mit einem Volumen von 800 Millionen €, heute eines mit 600 Millionen €. Schwerpunkt ist die Betreuung junger Menschen. Ziel ist es, jedem Jugend


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115. Sitzung / Seite 47

lichen einen Schulplatz, eine Lehrstelle oder einen Lehrgang zu verschaffen. Für 3 000 junge Menschen bis 19 Jahre gibt es ein Auffangnetz, ebenso für 5 000 Jugendliche zwischen 19 und 24 Jahren. 2 000 sollen in Pflegeberufen neu ausgebildet werden. Jeder Lehrling wird dem Betrieb mit einem Bonus von 1 000 € pro Jahr abgegolten, bei Mangelberufen ist der Betrag sogar deutlich höher.

Unser gemeinsames Ziel mit den Sozialpartnern ist es, den Anteil der jungen Menschen am jeweiligen Jahrgang mit 40 Prozent im dualen System zu stabilisieren.

Die Heimfahrtbeihilfen für Internatsschüler werden eingeführt.

Es gibt eine Investitionsprämie von 10 Prozent, wenn die Investitionen über dem Schnitt der letzten drei Jahre liegen.

Es gibt Weiterbildungsfreibeträge, Forschungsfreibeträge, und bezüglich Biomasse und vieler anderer Dinge, für die etwa Willi Molterer steht, möchte ich diesem für seine Umweltarbeit, die ganz besonders wichtig war, herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundeskanzler! Ich muss auf die Redezeit aufmerksam machen!

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel (fortsetzend): Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich möchte auch den Sozialpartnern nachhaltig dafür danken, dass sie bei zwei ganz wichtigen, bedeutsamen Reformen mitgearbeitet und sich wesentlich eingebracht haben, nämlich bei der betrieblichen Mitarbeitervorsorge und jetzt beim Pakt für Jugend, Beschäftigung und Bildung.

Ich hätte Ihnen heute noch gerne einen Konsens über die Ortstafeln präsentiert. Ich bin stolz, einen solchen vorige Woche fast zum Greifen nahe gehabt zu haben. Wir hatten eine Verdoppelung der Zahl zweisprachiger Ortstafeln im Konsens mit allen Kärntner Parteien, im Konsens mit allen Bundesparteien, mit den Heimatverbänden ausverhandelt. (Rufe bei der SPÖ: Redezeit!)

Meine Damen und Herren! Ich bin sicher, dass Minister nach mir auf die zwei Minuten verzichten werden, in denen ich Ihnen hier eine Gesamtbilanz präsentiere. Ich glaube nämlich, dass es wichtig ist, dies der österreichischen Öffentlichkeit zu sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ. – Abg. Nürnberger: Was soll das? Es gibt eine Vereinbarung! – Abg. Schwemlein: Unglaublich!)

Wir haben auch im Bereich der Volksgruppenarbeit, im Bereich der Kultur- und der Medienarbeit viel erreicht. Ich möchte dafür auch Franz Morak ein herzliches Dankeschön sagen; er soll hier nicht vergessen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ob Anfang 2000 oder Ende 2002: Österreich war, ist und bleibt ein starkes Land, eine sichere Heimat, ein anerkannter Partner im Herzen Europas. Es gibt keinen Grund für Krisengeschrei. Wir können auf die Kraft unserer Menschen, die Begabung unserer Jungen, die Stärke unserer Wirtschaft und die Qualität der österreichischen Demokratie vertrauen.

Der Wähler ist am Wort. Wir haben unsere Arbeit getan. (Lebhafter Beifall und Bravo-Rufe bei der ÖVP. – Beifall bei den Freiheitlichen. – Die Abgeordneten der ÖVP und Abgeordnete der Freiheitlichen erheben sich von ihren Plätzen und spenden stehend Beifall.)

10.46

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich in der Rednerliste fortsetze, gebe ich bekannt, dass mir nunmehr auch ein Antrag der Abgeordneten Kogler, Pilz auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Vorgänge im Zusammenhang mit der so genannten Ab


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115. Sitzung / Seite 48

fangjäger-Nachbeschaffung, insbesondere zur Untersuchung der Rechtmäßigkeit der Ankäufe et cetera, vorliegt.

Meine Damen und Herren! Die Einbringung von Anträgen auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen steht jeder Fraktion im Rahmen der Bestimmungen der Geschäftsordnung frei. Wir haben aber manchmal eine konsensuale Praxis dahin gehend entwickelt, dass wir, wenn zwei Anträge zum gleichen oder zu einem sehr verwandten Thema vorliegen, so vorgehen, dass jeder Antrag vom Antragsteller nach den Bestimmungen des § 33 begründet wird und dann eine gemeinsame Debatte durchgeführt wird, wenn die Antragsteller zustimmen.

Ich bin davon informiert worden, dass sowohl Herr Kollege Van der Bellen als auch Herr Kollege Dr. Gusenbauer dieser Praxis zustimmen. Wir werden daher so vorgehen: Jede Fraktion begründet den Antrag, und dann kommt wieder eine Redner-Runde von je 5 Minuten.

*****

Zum Wort gelangt nunmehr die Frau Vizekanzlerin. – Bitte, Frau Vizekanzlerin.

10.48

Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport Vizekanzler Dr. Susanne Riess-Passer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Österreich geht durch stürmische Zeiten, und sosehr uns alle in diesen Tagen in unterschiedlichster Weise die politischen Stürme beschäftigen, so wenig dürfen wir vergessen (Abg. Reheis: Sie sind verantwortlich für die stürmischen Zeiten!), dass wir alle – Regierung und Parlament – in dieser Zeit auch eine Verantwortung wahrzunehmen haben, die noch viel wichtiger ist, nämlich die Bewältigung der Folgen der größten Katastrophe, die dieses Land in der Zweiten Republik heimgesucht hat.

Als wir uns vor zirka vier Wochen hier in diesem Haus in einer Sondersitzung mit der Jahrhundertflut und ihren Konsequenzen auseinander gesetzt haben, habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass unsere Aufgabe nicht beendet sein darf, wenn das Hochwasser wieder aus den Schlagzeilen und aus den Medienberichten verschwunden sein wird.

Auch wenn die Flüsse jetzt wieder ihren geregelten Lauf fließen, sind die Folgen des Hochwassers in den betroffenen Gebieten noch immer allgegenwärtig. Viele Häuser sind noch immer oder sogar für immer unbewohnbar. Viele Wände sind noch nicht getrocknet, Straßen und Brücken müssen wieder in Stand gesetzt werden, Betriebe müssen wieder produktionsfähig gemacht werden, und vor allem müssen die Menschen in den Hochwassergebieten die Gewissheit haben, dass sie auch dann, wenn Kameras und Medien verschwunden sind, nicht in Vergessenheit geraten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben gemeinsam mit den Bundesländern alles darangesetzt, dass rasch und unbürokratisch Hilfe geleistet wird. Wir haben mit einem sehr umfassenden Paket die Voraussetzungen für den erfolgreichen Wiederaufbau in den betroffenen Regionen geschaffen.

Dabei ist vor allem der Bevölkerung Dank zu sagen, die in einer noch nie da gewesenen Spendenbereitschaft Hilfe geleistet hat. Es ist aber nicht nur den Spendern zu danken, sondern auch den Helfern vor Ort, den Mitarbeitern des Roten Kreuzes, der Feuerwehr, der Gendarmerie, des Bundesheeres und den vielen Freiwilligen, die in diesen Tagen aus allen Teilen Österreichs zu Hilfe geeilt sind und für die Menschen vor Ort eine große Unterstützung waren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Für mich persönlich war es ein sehr schönes Gefühl, am Ende meiner politischen Tätigkeit erlebt zu haben, dass Österreich in schweren Zeiten zusammensteht, dass dieses Land die Kraft hat, Krisen zu überstehen, und dass diese Katastrophe das Beste in uns allen zum Vorschein gebracht hat: die Nächstenliebe, die Nachbarschaftshilfe und den Mut, nicht aufzugeben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Der Herr Präsident hat mir freundlicherweise gestattet, zum Abschied einige persönliche Worte an Sie zu richten. Ich durfte 15 sehr spannende und wechselvolle Jahre in diesem Haus erleben, die mich von der Referententätigkeit im Klub bis auf die Regierungsbank geführt haben. Ich habe in all dieser Zeit immer versucht, das zu tun, was in der Politik das Schwierigste ist, nämlich zu er mitteln und zu ver mitteln, wo die Grenze verläuft zwischen Pragmatismus und Opportunismus, zwischen Freiheit und Autorität, zwischen Interessen und Idealen, zwischen Bewahren und Verwandeln. Dafür gibt es keine allgemeinen Regeln oder Richtlinien, sondern das ist etwas, was immer wieder von Fall zu Fall neu durchdacht werden muss und was jeder von uns in der Politik auch ganz individuell für sich selbst erspüren muss. Das ist für jeden, der in der Politik tätig ist, auch immer eine Gratwanderung – insbesondere jetzt in Zeiten eines beginnenden Wahlkampfes –, aber das ist gleichzeitig auch unsere Bewährungsprobe vor dem Wähler und letztlich auch vor der Geschichte.

Ich möchte zum Schluss die Gelegenheit wahrnehmen, etwas zu tun, was im politischen Alltag meistens nicht und meistens eben nur bei Abschieden zum Zuge kommt, was aber trotzdem wichtig und mir ein persönliches Anliegen ist, nämlich danke zu sagen, wo ein Danke gebührt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bei meinen Regierungskollegen habe ich das schon getan, und zwar nicht nur für die kollegiale und wirklich sehr konstruktive Zusammenarbeit in diesen zweieinhalb Jahren, sondern auch dafür, dass wir gemeinsam dieses Land Österreich ein schönes Stück vorwärts gebracht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bei meiner Fraktion, bei vielen, die mich viele Jahre lang begleitet haben, vor allem aber bei Klubobmann Peter Westenthaler, der im wahrsten Sinne des Wortes 15 Jahre lang mit mir durch dick und dünn gegangen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte mich bedanken bei den Kollegen der Österreichischen Volkspartei und vor allem bei Klubobmann Andreas Khol, der ein wetterfester Weggefährte auf dem Marsch durch die Wüste gewesen ist. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte mich aber auch – und ich hoffe, Sie erschrecken nicht – bei der Opposition bedanken, zum Ersten deswegen, weil Regieren ohne Opposition eine ziemlich langweilige Angelegenheit wäre (Heiterkeit), und zum Zweiten, weil Sie sicherlich auch eine Herausforderung für mich gewesen sind. Ich hätte Ihnen vielleicht aus meiner langjährigen Oppositionserfahrung den einen oder anderen Tipp geben können, aber Sie haben mich auch so ganz gut auf Trab gehalten. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Mein ganz besonderer und aufrichtiger Dank gilt meinen Mitarbeitern im Kabinett und in meinem Ressort, die es mir ermöglicht haben, für die Verwaltung in Österreich, für den öffentlichen Dienst und für den Sport in diesem Land neue Weichen zu stellen. Ohne sie alle, ohne ihr Engagement, ohne ihren übergroßen Einsatz und ohne ihre Freude an der Arbeit wäre mir das nicht möglich gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte mich auch sehr herzlich bei den Mitarbeitern des Parlaments bedanken, insbesondere bei den Mitarbeitern des Stenographischen Dienstes, die mit mir gemeinsam den einen oder anderen Geschwindigkeitsrekord gebrochen haben.

Ganz besonders danke ich jenen vielen Menschen, die mir in den letzten Wochen geschrieben haben, die mich angerufen haben, die mich angesprochen und mir ihre Unterstützung und ihr Verständnis bekundet haben. Es war ganz wichtig, das Vertrauen der Menschen zu haben, und zwar nicht nur in der aktiven Tätigkeit, sondern auch dann, wenn man sich verabschieden muss. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Mein politischer Weg geht jetzt zu Ende. Da ist natürlich ein wenig Wehmut dabei – das ist überhaupt keine Frage –, aber auch sehr viel Dankbarkeit für das, was bleiben wird: manche Freundschaft, die sich erhalten wird, viele schöne Erinnerungen, die Gewissheit, aus Fehlern


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gelernt zu haben, auch die eine oder andere menschliche Enttäuschung und jede Menge Lebenserfahrung.

Ich habe immer mit großer Freude Politik gemacht, weil es eine wirklich ganz große Auszeichnung ist, für unser schönes Land Österreich arbeiten zu dürfen.

Ich wünsche Ihnen allen persönlich alles Gute. Ich wünsche Ihnen allen, dass Sie sich diese Freude am Gestalten der Zukunft unseres Landes erhalten. Sie werden mir fehlen. Leben Sie wohl! (Lang anhaltender, stehend dargebrachter Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP, Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie Beifall von der Regierungsbank.)

10.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Sehr geehrte Frau Vizekanzlerin! Ich will jetzt nicht die Frage aufwerfen, ob ich Ihnen auch den einen oder anderen Tipp hätte geben können, aber ich möchte Ihnen ebenfalls für Ihre Arbeit danken und wünsche Ihnen persönlich alles Gute. (Allgemeiner Beifall.)

Wir haben zwei weitere Verhandlungsgegenstände vor uns, die berichterstattungsfähig wären. Es liegt mir aber kein Wunsch auf Berichterstattung vor.

Daher können wir unmittelbar in die Debatte eingehen.

Der erste Redner ist als Kontraredner Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Die Redezeit beträgt 15 Minuten. Wir haben vereinbart, dass wir aus Sicherheitsgründen bis Mittag das Berichterstattermikrophon verwenden. – Bitte.

10.57

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte damit beginnen, Frau Vizekanzlerin, dass ich Ihnen gerne sagen möchte, dass wir die einen oder anderen politischen Auseinandersetzungen geführt haben; wir hatten aber auch gute Verhandlungen und Gespräche. Die persönliche Wertschätzung war immer vorhanden, auch wenn wir politisch unterschiedlicher Meinung waren. Ich möchte Ihnen namens meiner Fraktion für die Arbeit, die wir gemeinsam erledigen konnten, herzlich danken und wünsche Ihnen für Ihre persönliche Zukunft alles erdenklich Gute. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundeskanzler hat die Bilanz seiner Regierung präsentiert. Eine solche Bilanz soll Anlass geben, eine faire Bewertung durchzuführen, weil das letztendlich ja auch die Ausgangsposition für die Wahlentscheidung ist, die die Österreicherinnen und Österreicher am 24. November zu treffen haben. Es ist richtig, dass wir uns in den letzten zweieinhalb Jahren im Parlament gemeinsam auf eine Reihe von Sachmaterien und Reformen haben einigen können – egal, ob das die Zwangsarbeiterentschädigung war, die Neuordnung des Kapitalmarktes oder Fragen wie die "Abfertigung neu" und anderes. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich stehe überhaupt nicht an zu sagen, dass dort, wo wir uns in den vergangenen zweieinhalb Jahren geeinigt haben, wichtige Reformen für Österreich zustande gebracht wurden und dass zu diesem Teil der Bilanz, die der Bundeskanzler abgegeben hat, auch die sozialdemokratische Fraktion steht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol. )

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man aber dem Bundeskanzler zugehört hat, hat man manchmal den Eindruck gewonnen, er habe ein wenig die Tuchfühlung mit der österreichischen Realität verloren (Zwischenrufe bei der ÖVP – Abg. Dr. Khol: Das sagt der Gusenbauer!), denn das, was er uns über die wirtschaftliche und soziale Situation in unserem Land erzählt hat, sehen viele in Österreich, vor allem jene, die davon betroffen sind, völlig anders.

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie sagen, dass die Wirtschaftspolitik so gut war (Zwischenruf des Abg. Großruck ), dann sage ich Ihnen, dass die Industriellenvereinigung Ihnen Folgendes aus


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gerichtet hat: Die Wirtschaft hat der Regierung einen Wechsel ausgestellt, aber sie hat ihn nicht eingelöst. – Das ist wahrlich kein Kompliment für Ihre Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie haben des Öfteren auf Vergleiche mit der Vergangenheit verwiesen, und Sie haben sich manchmal auf 1993 und 1995 bezogen. Wieso haben Sie nicht einen wirklich fairen Vergleich gezogen? – Sie sind im Jahre 2000 Bundeskanzler geworden und sind es bis jetzt. Wieso ziehen Sie nicht einen Vergleich zwischen der Situation bei Ihrem Amtsantritt und der heutigen Situation? – Dieser sähe in vielen Bereichen anders aus.

In den letzten zweieinhalb Jahren ist die Arbeitslosigkeit im europäischen Durchschnitt gesunken, in Österreich ist die Arbeitslosigkeit leider gestiegen. In den vergangenen zweieinhalb Jahren sind die Steuern im europäischen Durchschnitt gesunken, in Österreich sind die Steuern leider gestiegen. Und seit zwei Tagen wissen wir, dass der Wirtschaftsmotor in Österreich langsamer läuft als im europäischen Schnitt.

Herr Bundeskanzler! Angesichts dieser Tatsachen gibt es keinen Grund dafür, auch nur in irgendeine Art von Selbstbelobigungen zu verfallen (Abg. Dr. Trinkl: Das machen eh die anderen!), sondern Sie müssen zur Kenntnis nehmen, vor welcher Situation unser Land steht und welche Probleme wir in Zukunft zu bewältigen haben; und diese sind in der Tat nicht klein. (Beifall bei der SPÖ.)

Da Sie sich so sehr auf die Schuldenfrage kapriziert haben, muss ich Ihnen schon Folgendes sagen: Zu Jahresende 2002 wird der Schuldenstand der Republik Österreich nach den Auskünften aus dem Finanzministerium um 8 Milliarden € höher sein als zum Zeitpunkt Ihres Amtsantritts. (Ah-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Trinkl: Edlingers Zinsen sind das!)

Von einer Zukunft ohne Schulden ist bei Ihrer Finanzpolitik keine Rede mehr. Bezüglich Ihres Verweises auf ein einmaliges Nulldefizit, das weder im Jahr 2002 noch im Jahr 2003 gehalten werden kann, sage ich Ihnen ganz offen: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. – Sie machen neue Schulden – auch ohne die Hochwasserkatastrophe, auf die Sie sich nun ausreden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie machen neue Schulden, obwohl wir die höchsten Steuern zahlen und obwohl es eine enorme Belastungspolitik für viele Menschen in unserem Land gegeben hat. Der Kernpunkt dessen ist ein zentraler Fehler Ihrer Wirtschaftspolitik. Man kann einen ausgeglichenen staatlichen Haushalt nur dann erreichen, wenn es gelingt, die Arbeitslosigkeit zu senken. Mit steigender Arbeitslosigkeit werden alle staatlichen Haushalte gesprengt. Daher ist die beste Politik für einen ausgeglichenen Haushalt Beschäftigung schaffen, Arbeitslosigkeit reduzieren und die Wirtschaft ankurbeln. Und genau das ist unsere Aufgabe, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Wie kurbelt man?)

Sie haben heute hier gesagt, Sie haben sich vor einem Jahr geirrt, Sie haben die Wirtschaftsprognosen zu positiv eingeschätzt. – Herr Bundeskanzler! Ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie alle, die Sie im vergangenen Jahr vor der drohenden Rezession und vor einem Anstieg der Arbeitslosigkeit gewarnt haben, in das Eck der Schlechtmacher und Vaterlandsverräter gerückt haben.

Jetzt, da die gesamte Misere nicht mehr zu leugnen ist, weil wir in Österreich leider nahezu 200 000 Arbeitslose haben – mehr als 30 000 Jugendliche sind arbeitslos – und im Winter unter Umständen 300 000 Arbeitslose haben werden, und weil Sie offensichtlich den Eindruck haben, dass es am 24. November um Ihren eigenen Job geht, entdecken Sie auf einmal, dass auch die Jobs der anderen Österreicherinnen und Österreicher gefährdet sind. (Abg. Dr. Fekter: Das schmerzt Sie sehr, dass man etwas Gutes tut!) Das ist etwas zu spät, Herr Bundeskanzler, denn wir hätten uns Zigtausende Arbeitslose ersparen können. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Reden Sie mit den Leuten! Ich habe vor drei Tagen das Jugend-AMS in Wien, in der Neubaugasse, besucht. Ich empfehle jedem, dort einmal hinzugehen. Dort stehen junge Leute


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Schlange, nicht nur um Lehrplätze, sondern sie sind bereit, jede Arbeit anzunehmen, damit sie den Einstieg ins Leben schaffen können. (Abg. Dr. Trinkl: Wer ist der Landeshauptmann ...?)

Das erste Mal in der Geschichte Österreichs gibt es so etwas wie eine massive Jugendarbeitslosigkeit. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Ihre Zwischenrufe schaffen keinen einzigen Arbeitsplatz für die Jugend. Sie vertun die Chancen für die Jugend, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steibl.  – Abg. Dr. Fekter: In Wien ist der Bürgermeister Häupl!)

Reden wir über die Chancen! Reden wir darüber, was auch die Bilanz Ihrer Regierung ist! Die Unterschiede zwischen Ärmeren und Reicheren in Österreich sind in den letzten zweieinhalb Jahren größer geworden, der breite Mittelstand dazwischen stagniert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Haben Sie jemals versucht, jenen Fehler einzubekennen, den zum Beispiel die Frau Vizekanzlerin einbekannt hat? – Ich habe es von ihr sehr anständig gefunden, als sie in einem Interview gesagt hat, der größte Fehler, den sie gemacht hat, sei jener gewesen, zuzustimmen, dass die Unfallrenten in Österreich besteuert werden, denn das sei soziale Kälte. – Dieser Lernschritt geht Ihnen, Herr Bundeskanzler, noch deutlich ab. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Sie reden von großartigen Reformen. Sehen wir uns doch das Gesundheitssystem an! Die Hauptreform im Gesundheitssystem bestand darin, dass Sie versucht haben, die Funktionäre in den verantwortlichen Organisationen auszutauschen. Es ging also um Posten.

Das Zweite, was Sie gemacht haben, war, die Ambulanzgebühr einzuführen – eine Regelung, an der nun seit Monaten herumgedoktert wird, weil es berechtigte Einwände von Seiten des Verfassungsgerichtshofes gibt und weil diese Ambulanzgebühr in der Praxis nicht funktioniert. Sie bringt nicht mehr Geld für das Gesundheitssystem, sie bringt nur mehr Verwaltungsaufwand und verärgert mit Recht die Kranken und die Patienten in unserem Land. Das Beste wäre, diese Ambulanzgebühr zu beseitigen, denn sie hat nichts gebracht! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich halte den Gesundheitsbereich für einen der wesentlichsten Bereiche, weil es eben um die Gesundheit und damit um die Grundchance der österreichischen Bevölkerung geht. Über die Gesundheit wird entschieden, welche Lebenschancen und welche Lebensqualität vorhanden sind.

Gerade im Gesundheitsbereich haben Sie leider nichts weitergebracht. Daher ist es überhaupt kein Wunder, dass in der dieswöchigen Ausgabe des "Ärztemagazins" unter dem Titel "Reformstau nach der Wende" resümiert wird: Für das Gesundheitswesen könnte sich das vorzeitige Ende von Schwarz-Blau deshalb noch als Segen erweisen. – Zitatende.

Dieser Bemerkung und Zusammenfassung ist nichts hinzuzufügen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, dass Österreich viel für die Bildungspolitik ausgibt. Es stellt sich aber die Frage, wieso bei hohen Ausgaben für die Bildungspolitik gleichzeitig der Zugang zur Bildung für wesentliche Teile der Bevölkerung eingeschränkt werden muss.

Herr Bundeskanzler! Wenn wir einen Blick nach vorne werfen, dann stellt sich die Frage überhaupt anders: Wieso ist Österreich, das vergleichsweise am meisten für die Bildung ausgibt, in der viel gepriesenen PISA-Studie nur auf Platz zehn? – Unser Anspruch muss doch sein, wenn wir mit Recht so viel in die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen investieren, dass wir in Europa nicht auf Platz zehn, sondern auf Platz eins liegen sollten. Das muss unsere Zielsetzung sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die letzten Wochen haben gezeigt, dass die Regierung, die schwarz-blaue Koalition in einem Chaos geendet hat – in einem Chaos, das letztendlich jeden Tag von den Launen des Kärntner Landeshauptmannes abhängig war und das dazu geführt hat, dass in Österreich seit Wochen


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nicht mehr regiert wird. Wie wäre es sonst zu erklären, dass der Herr Finanzminister nicht dazu imstande ist, dem Nationalrat einen Budgetentwurf zuzuleiten? Kann er keinen zuleiten, weil er mit der Arbeit nicht fertig geworden ist, oder will er keinen zuleiten, weil offensichtlich die Schulden im Jahre 2003 noch bedeutend höher sein werden als im Jahre 2002?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist keine verantwortungsvolle Politik, wenn man die Legislaturperiode vorzeitig zu Ende gehen lässt, nicht einmal einen Vorschlag für das Budget in das Hohe Haus zu bringen. Herr Finanzminister! Mehr Verantwortungsbewusstsein hätte ich Ihnen – offen gestanden – schon zugetraut. (Beifall bei der SPÖ.)

Nachdem diese Regierung im Chaos geendet hat und völlig führungslos war, was letztlich zu ihrer Auflösung geführt hat, stellen sich alle in Österreich die Frage, ob daraus Konsequenzen für die Zukunft gezogen werden. (Abg. Rauch-Kallat: Das glaubt Ihnen doch niemand!) Die Konsequenz, die der Herr Bundeskanzler für die Zukunft zieht, ist, dass er sagt, er will am 24. November mit genau der gleichen Koalition weitermachen. Das heißt, er will Österreich weiterhin dieser Art von Chaos, wie wir es in den letzten Wochen erlebt haben, aussetzen, er will eine künftige österreichische Regierung weiterhin den Launen des Kärntner Landeshauptmannes aussetzen und er will wahrscheinlich weiterhin jene Art von sozialer Kälte an den Tag legen, die die letzten zweieinhalb Jahre gekennzeichnet hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rauch-Kallat: Sie sagen bewusst die Unwahrheit!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was Österreich für die Zukunft braucht, sind Chancen statt Chaos und Hoffnung statt Streit (Abg. Rauch-Kallat: Darum ÖVP!), Einheit statt Unfrieden und Verantwortung statt Machtgier. (Abg. Murauer: Wählt die Österreichische Volkspartei!) Die österreichische Bevölkerung wird ihre Entscheidung treffen. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall des Abg. Dr. Grünewald.  – Abg. Dr. Gusenbauer begibt sich zur Regierungsbank und reicht Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer die Hand.)

11.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

11.13

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Zuerst ein Wort zu Alfred Gusenbauer. In der dieswöchigen Ausgabe des Magazins "Der Spiegel" erschien ein Artikel mit dem Titel "Im Hagel der Häme". Ich zitiere:

"Die einen schreiben über ,Gusi‘, er verströme das Karma eines spätsowjetischen Kaderleiters; ...". (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Hat "Der Spiegel" Recht? (Rufe bei der ÖVP: Ja! – Ruf bei den Grünen: Das ist unter Ihrem Niveau! – Ruf bei der SPÖ: Das war schwach!)

Meine Damen und Herren! Nun zur Bilanz der Bundesregierung: Die Bilanz der Bundesregierung ist eindrucksvoll. Die Bilanz der Bundesregierung zeigt, dass hier zweieinhalb Jahre sehr hart gearbeitet wurde. (Abg. Gaál: So etwas sagt ein Christdemokrat!) Die Bilanz der Bundesregierung zeigt, dass nach der Wende im Februar des Jahres 2000 beachtliche Strecken Weges zurückgelegt wurden, dass unsere Heimat weitergekommen ist. Wir danken der Bundesregierung dafür. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Österreich ist in diesen Jahren international stärker geworden, es hat den Sturm der Sanktionen bestanden – Sanktionen, die von sozialdemokratischen Politikern im Rahmen der Sozialistischen Internationale mitgetragen und mitverantwortet wurden (Abg. Dr. Trinkl – in Richtung SPÖ –: Schämen Sie sich!), Sanktionen, die Sie über unser Land gebracht haben und wofür sich weder der unglückselige Viktor Klima noch seine Nachfolger je bei diesem Land entschuldigt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber wir haben den Sturm bestanden, wir sind nicht in die Knie gegangen. Im Gegenteil! Wir haben erhobenen Hauptes international unser Recht eingefordert; weil wir Mitglied der Europäi


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schen Union und dort vollberechtigt sind, konnten wir all diese Angriffe auf unser Land abwehren. Mittlerweile weiß jedermann: Das war ein schwerer Fehler der Sozialistischen Internationale. Das war ein schwerer Fehler, den wir korrigieren konnten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir sind aber auch im Land selbst stärker geworden. Es ist eine Verlebendigung des demokratischen Prozesses in unserem Land festzustellen. Der so genannte politische Diskurs ist besser geworden, offener, transparenter. (Ruf bei der SPÖ: "Speed kills"!) Früher hat es immer sehr viel Konsens gegeben. Das ist gut, aber ein kluger Mann hat einmal gesagt: Die Österreicher kennen schon den Kompromiss, bevor sie überhaupt den Konflikt sehen. – Das war manchmal ein wenig voreilig. Ich glaube, es ist gut, dass die Dinge ausgesprochen werden.

Ich denke, es ist gut, dass Philosophen wie beispielsweise Robert Menasse oder Rudolf Burger öffentlich sagen: Wir hatten zwar keine Freude mit dieser Regierung, aber das politische System ist besser geworden. Diese Regierung war notwendig. – Ich glaube, das ist richtig. Diese Regierung war notwendig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben auch die Sozialpartnerschaft aus ihrer Erstarrung einer zu tiefen Verflechtung mit der Parteipolitik lösen können. Der Bundeskanzler hat schon darauf hingewiesen, dass die Sozialpartnerschaft – neu belebt von beispielsweise Christoph Leitl, dem Präsidenten der Wirtschaftskammer Österreich, mit ÖGB-Präsident Verzetnitsch, mit Rudolf Schwarzböck, dem Vorsitzenden der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, und auch mit AK-Präsident Tumpel – in vielen Fragen genau das getan hat, was wir von einer Sozialpartnerschaft erwarten, nämlich auf Grund von Interessenlagen Problemlösungen entwickeln und diese in das Parlament bringen. Dort werden sie diskutiert, dort werden sie beraten, dort wird der gemeinwohlorientierte Kompromiss gesucht. Das ist ein gutes Zusammenarbeiten. Diese österreichische Sozialpartnerschaft hat ihre großen Verdienste, und ich möchte sie ausdrücklich würdigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Österreich ist aber auch sozial gerechter geworden. Der Bundeskanzler hat auf unsere Familienoffensive hingewiesen. Es gibt 40 000 Frauen mehr, die das Kindergeld erhalten. Die Behinderten bekommen 1 Milliarde Schilling, 72 Millionen €, für mehr Behindertenarbeitsplätze. (Abg. Haidlmayr: Stimmt nicht!) Das Pflegegeld für Behinderte wird ab dem ersten Lebensjahr ausbezahlt. Das sind doch alles Dinge, die unglaublich fortschrittlich sind, mit denen wir gerecht gerade besonders Bedürftigen, Menschen an der Armutsgrenze die Hilfe der Gemeinschaft angedeihen haben lassen – Hilfe, die ihnen zusteht und auf die wir auch stolz sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Österreich ist auch familienfreundlicher geworden. Darauf bin ich besonders stolz. Der Mut zum Kind ist wieder im Wachsen. Wir haben – ich hoffe, das hält an – den Trend geknickt: Es gibt wieder mehr Familien, die sich zum Schönsten, das es gibt, nämlich zu Kindern entschließen können, weil wir die Lebensbedingungen geändert haben (Abg. Öllinger: Wo denn?), weil wir es den jungen Frauen ermöglichen, die Arbeit im Haus, die Arbeit in der Familie dann zu leisten, wenn sie sie dort leisten wollen, und auch im Beruf bleiben zu können. Das heißt, ein modernes Familienbild mit vielen Optionen ist jetzt möglich – und darauf bin ich besonders stolz. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Bilanz hat aber auch gezeigt und gerechtfertigt, warum wir die Wichtigkeiten und die Zielsetzungen in unserer Regierungsarbeit ändern mussten. Wir mussten unser festes Vorhaben, eine Steuerreform, eine steuerliche Entlastung durchzuführen, unter dem Druck der Verhältnisse hintanstellen und für ein Jahr verschieben. Es war nicht unsere Schuld, dass die Schleusen geöffnet wurden und Österreich im Hochwasser fast ertrank – ein Hochwasser, wie es seit 1 000 Jahren nicht gemessen wurde. Seit man an der Donau den Pegel misst, seit dem Jahre 1050, hat es noch nie ein solches Hochwasser gegeben. Ja hat denn da nicht jeder Verständnis dafür, dass wir alle Kraft darauf verwenden, die großen Schäden, die weite Teile unserer Heimat umfassen, zu beheben?! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Zehntausende Menschen haben kein Dach über dem Kopf gehabt. Die Menschen waren verzweifelt. Unternehmer haben uns angerufen und gesagt: Wir brauchen keine schönen Worte! Wenn nicht in kürzester Zeit die Garantien da sind, dann schließe ich meine Papierfabrik. Dann gibt es die Kleinkraftwerke nicht mehr. Dann wandern wir mit unseren Arbeitsplätzen irgendwo anders hin. – Da waren nicht Worte gefragt, sondern Handlungen. 300 000 Mitbürgerinnen und Mitbürger waren betroffen. Ich bin froh, dass die Bundesregierung diesbezüglich beispielgebend, großartig geschlossen, schnell gehandelt hat. Es war ein schönes Erlebnis für uns. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben gestern zu einer Klubklausur Vertreter der Landeshauptleute eingeladen. Der Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreter hat uns das Gleiche gesagt wie der zuständige Landesrat Sepp Plank in Niederösterreich und im Namen von Oberösterreich unser Freund und Bürgermeister Jakob Auer: Die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Gemeinden, Freiwilligen Feuerwehren, Rettungsdiensten und den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes hat so gut funktioniert wie überhaupt noch nie. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Stellen Sie sich vor, die Landespolitiker haben sogar das Finanzministerium gelobt! Das ist mir in 30 Jahren Politik noch nie untergekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Man hat gesagt, so flexibel, so schnell und so gut habe das noch nie funktioniert.

Gestern hat man uns Folgendes mitgeteilt: 300 Millionen € Schaden in Salzburg, 3 Milliarden € Schaden in Oberösterreich und 3 Milliarden € Schaden in Niederösterreich. Aber 90 Prozent der Schadensmeldungen sind bereits geprüft und der Großteil davon akontiert. Das heißt, die Leute haben sofort Bargeld in die Hand bekommen und damit die Zusicherung: Es geht weiter. Die Gemeinschaft hilft uns, wir stehen nicht allein da! Das Dach über dem Kopf wird gebaut, die Maschinen kommen wieder. – Diese Zuversicht, die man dadurch gegeben hat, hat das gute alte lateinische Sprichwort "Bis dat, qui cito dat" – "Wer schnell gibt, gibt doppelt" – unter Beweis gestellt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben mit Befriedigung gehört, dass durchschnittlich 50 Prozent der Schadenssummen vergütet werden und in manchen Bereichen sogar mehr.

Was mich besonders bewegt hat, meine Damen und Herren – gestatten Sie mir diese persönliche Bemerkung –, war die Aktion "Licht ins Dunkel" im ORF, bei der eine ganze Reihe von Politikern, beispielsweise Madeleine Petrovic, Peter Westenthaler, Herr Gusenbauer – ich glaube, Sie waren auch dort –, anwesend waren. Wir haben dort am Telefon Spenden von der Bevölkerung entgegengenommen. Und da kam wirklich das biblische Scherflein der Witwe zum Tragen. Es haben vor allem Pensionisten und ganz junge Leute angerufen. Eine junge Anruferin hat ihr Taschengeld in der Höhe von 5 € gespendet. Eine Mindestrentnerin hat 100 € hergegeben. Ich habe gefragt: Gnädige Frau, meinen Sie wirklich 100 €, nicht 100 S? – Nein, 100 €! Diese Solidarität der Menschen von überall her hat wirklich überzeugt. Es ist schön, Österreicher zu sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir beschließen also heute dieses Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz. Wir haben im Nationalrat, in den Ausschüssen eine Reihe von guten Änderungen erarbeitet, und ich bin sicher, dass das Gesetz einstimmig beschlossen wird.

Die zweite große Priorität, meine Damen und Herren, betrifft die Beschäftigung und die Beseitigung der Jugendarbeitslosigkeit. Wir sind hinsichtlich der Jugendbeschäftigung immer noch ein führendes Land in Europa: Wir haben die zweitniedrigste Rate bei der Jugendarbeitslosigkeit. Trotzdem ist jeder Jugendliche ohne Arbeit ein Arbeitsloser zu viel.

Ich bedanke mich bei den Sozialpartnern und bei der Bundesregierung dafür, dass – ich war selbst dabei – in fünfstündiger Arbeit am Dienstag dieses Paket geschnürt wurde. Herr Präsident Verzetnitsch und Herr Präsident Leitl sind dann gekommen, und man hat beraten und gefeilt. Und dann stand ein Paket. – Herr Kollege Gusenbauer! Ich darf Ihnen sagen, ich finde es


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nicht fair, dass Sie das nicht anerkennen, denn wir haben dieses Paket – für 5 000 Lehrlinge mehr, für Forschung, für einen Investitionsfreibetrag und für die Ankurbelung der Bauwirtschaft – im Einvernehmen mit den Sozialpartnern geschnürt. Sie haben erst einen Tag später eine Studientagung dazu gemacht. Wir haben Gesetzentwürfe ins Haus geschickt, und Sie haben noch beraten. Das hätten Sie anerkennen können, dass die Bundesregierung da sehr schnell und sehr gut gearbeitet hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bin auch davon überzeugt, dass Sie heute diesem Paket zustimmen werden, denn es ist immer gut, dabei zu sein, wenn die Wirtschaft angekurbelt wird, wenn Lehrlinge eine Hoffnung bekommen, wenn Schülerinnen und Schüler sehen, die Republik tut etwas für sie, damit jeder von ihnen einen Arbeitsplatz, einen Ausbildungsplatz oder einen Lehrgangsplatz bekommt. Das ist wichtig! Es ist auch wichtig – und das sage ich als Tiroler Abgeordneter –, dass endlich auch die Familien eine Vergütung bekommen, wenn ihre Kinder in Internaten, in Heimen, weg vom Wohnort der Familie zur Schule gehen. Was sehr stark ins Gewicht fällt, ist, ob man am Wochenende nach Hause fahren kann, beispielsweise vom Werkschulheim im Felbertal nach Lienz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Es gibt viele Familien, die dankbar sind, dass wir endlich diese 21 Millionen €, die das im Jahr kostet, aufbringen. Das war eine Ungerechtigkeit, und ich bin froh, dass diese beseitigt wurde.

Wir haben natürlich eine Reihe von Ankurbelungsmaßnahmen und Investitionsprämien für die Wirtschaft geschaffen. Aber besonders freut es mich, dass endlich auch die Tätigkeit der ausbildenden Firmen und Unternehmer gewürdigt wird, indem sie für jeden Lehrling, den sie ausbilden, 1 000 € im Jahr als Prämie bekommen. Das ist wichtig. Damit wird die Lehr- und Unterrichtstätigkeit vieler Unternehmer im Interesse der jungen Menschen anerkannt. Und dafür sage ich danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Wir haben noch lange nicht alle Reformprojekte abgeschlossen, und ich hoffe, dass wir alle diese Reformprojekte, die der Bundeskanzler hier angeschnitten hat, weitertragen.

Ich möchte mich jetzt hier von diesem Rednerpult aus als Klubobmann einer der beiden Fraktionen, die diese Arbeit getragen haben, einmal bei meinem Kollegen Peter Westenthaler bedanken. Wir haben gemeinsam getragen, gezogen und gehalten. Ich danke dir dafür, Peter Westenthaler! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte mich auch bei Susanne Riess-Passer und ihrem Team bedanken, denn ihre Arbeit war nicht immer einfach. Wir haben viele Sträuße gefochten und um die Sache gerungen, aber am Ende sind gute Lösungen herausgekommen. Susanne, herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. – Bitte.

11.30

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mit einer persönlichen Bemerkung zur Vizekanzlerin, Frau Riess-Passer, beginnen.

Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir uns anlässlich des Anti-Euro-Volksbegehrens der FPÖ kennen gelernt. Ich habe das Volksbegehren für einen Unfug gehalten, aber es war immer ein Vergnügen, bei diesen Diskussionen mit Frau Riess-Passer zusammenzukrachen. Wir hatten mehrere Podiumsdiskussionen miteinander, und ich habe kein Hehl von meinem Eindruck gemacht: Frau Riess-Passer hatte Argumente. Sie hatte Argumente, bei denen es sich lohnte, darum zu streiten, wie diese im Gesamtkontext zu gewichten sind. – Ich sage dazu: Diese deutschen Universitätsprofessoren, die Sie damals zur Unterstützung eingeflogen haben, hätten Sie lassen können, die hatten nämlich keine Argumente. Ich kann es mir leisten, das zu


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sagen. (Abg. Dr. Khol: Wann war das?) – Das war vor vier oder fünf Jahren. (Abg. Auer: Das ist oft so bei Professoren! – Allgemeine Heiterkeit.)

Seit jener Zeit bringe ich – ungeachtet aller politischen Divergenzen – Frau Riess-Passer Wertschätzung entgegen. Ich habe das auch einmal schriftlich festgehalten, und zwar in einem Artikel für ein Handbuch von Herrn Khol – so kompliziert sind manchmal die politischen Verhältnisse in Österreich.

Frau Riess-Passer ist aber letztlich an einem Misstrauensvotum der Funktionärsbasis der FPÖ gescheitert, und wenn ich Sie, Frau Riess-Passer, heute richtig verstanden habe, haben Sie Ihren endgültigen Abschied aus der Politik erklärt. In gewisser Weise tut mir das Leid. Ich habe gern mit Ihnen gestritten. Wir waren selten einer Meinung, aber das ändert an meiner Wertschätzung nichts.

Die FPÖ-Basis – "Basis" sollte man, glaube ich, gar nicht sagen –, eine gewisse Funktionärsschicht der FPÖ hat Frau Riess-Passer, Herrn Grasser und so weiter das Misstrauen erklärt, und daran ist letztlich diese Bundesregierung gescheitert, sodass wir Ende November neu zu wählen haben werden.

Meine Damen und Herren! Ich möchte kurz zu einigen Fragen der Außenpolitik und der Innenpolitik Stellung nehmen, die von Bundeskanzler Schüssel gestreift wurden. In der Außenpolitik, namentlich in der Frage der EU-Erweiterung, hat die ÖVP keineswegs, so finde ich, jene Führungsrolle gespielt, die sie angesichts der historischen Bedeutung dieses Projektes hätte spielen müssen und sollen. Wir alle wissen, dass die Frage der EU-Erweiterung von Anfang an eine Art Sollbruchstelle in der Koalition zwischen Volkspartei und Freiheitlichen war. Kollege Khol hat neulich in einem Zeitungsinterview selbst zugegeben, dass das Anti-Tschechien-Volksbegehren, initiiert von wichtigen FPÖ-Landesorganisationen, haarscharf an einer Regierungskrise vorbeigeschrammt ist.

Ich halte es auch für kein besonderes Verdienst, wenn sich die ÖVP rühmt – ob zu Recht oder zu Unrecht, das lassen wir einmal dahingestellt –, siebenjährige Übergangsfristen im Bereich der Liberalisierung des Arbeitsmarktes vereinbart zu haben. Ich halte das für eine überzogene Maßnahme und jedenfalls für eine, die zu unseren gutnachbarlichen Beziehungen zu den Beitrittswerbern, zu den neu beitretenden Staaten nichts beigetragen hat. (Zwischenruf des Abg. Kiss. ) Wir, die Grünen, haben uns lange mit den Botschaftern der Beitrittswerber in Wien unterhalten und andere Kontakte gepflogen. Der Eindruck, den diese Frist in diesen Ländern hinterlassen hat, war eindeutig, Herr Kollege Kiss! (Abg. Kiss: Es müssen nicht sieben Jahre sein!)

Ich hätte mir mehr Leadership erwartet, mehr Leadership von einem Bundeskanzler, einer Partei, der Volkspartei, die sich früher einmal Europapartei genannt hat. In der Frage der EU-Erweiterung haben Sie sich von den Freiheitlichen anstecken lassen, in Bezug auf Zögerlichkeit, Betulichkeit, verzögernde Maßnahmen. – Herr Kollege Khol schüttelt das Haupt. Ich erinnere Sie nur daran: Kommissar Fischler legt unserer Überzeugung nach vernünftige Vorschläge zur Agrarreform innerhalb der erweiterten Union vor. Was tut die ÖVP? – Sie ist dagegen. (Abg. Dr. Khol: Nein, wir diskutieren!)

Minister Grasser hat in Brüssel nichts anderes zu tun, als im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung um Groschen und Cents zu feilschen. Ich halte das für eine provinzielle Haltung, eine kleinkarierte Haltung. (Beifall bei den Grünen.) Natürlich muss ein Finanzminister auf den Schilling, auf den Euro schauen, aber für dieses Projekt, Herr Finanzminister Grasser, für die EU-Erweiterung muss man schon ein bisschen mehr Weitblick und Größe zeigen, als in dem zum Ausdruck kam, was Sie zuletzt in Brüssel vertreten haben. Wo war da Leadership des Bundeskanzlers, wo war da die Führungsrolle der ÖVP?

Möglicherweise – das ist ein positiver Aspekt des Platzens der Regierung – wird die Ratifizierung der EU-Erweiterung nun erleichtert, aber nur dann, Herr Kollege Khol, wenn die ÖVP nicht wieder mit der Haider-FPÖ liebäugelt, falls diese nach den Wahlen überhaupt noch existiert.


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Auffallend absent in den Erklärungen von Herrn Dr. Khol und von Herrn Dr. Schüssel war die Frage des Parteienproporzes. Das ist eine wichtige Frage der Innenpolitik, die Österreich seit Jahrzehnten belastet, und es wundert mich auch gar nicht, dass Sie darüber kein Wort verloren haben. In den alten rot-schwarzen Tagen war es klar: Die einen fragten immer: Ist das einer von uns?, und die anderen fragten: Ist das eine von euch? – Nach dem rot-schwarzen Muster wurden die wichtigsten Posten im Bereich der öffentlichen Verwaltung, im Bereich der staatsnahen Institutionen besetzt. – "Neu regieren" hieß nichts anderes, als den rot-schwarzen Proporz durch den schwarz-blauen zu ersetzen. Nichts anderes war es. Brüderlich haben sich Freiheitliche und Volkspartei die – unter Anführungszeichen – "frei werdenden" Posten, die den Sozialdemokraten zugerechneten Posten aufgeteilt. Die FPÖ hat auf diese Weise endgültig ihren Ruf ruiniert, den sie früher einmal hatte, nämlich gegen den Parteienproporz, gegen den Postenschacher aufzutreten. Die Affäre Gaugg ist, so glaube ich, im Gedächtnis der so genannten kleinen Leute unvergessen. Gaugg hat diesen Ruf der FPÖ endgültig ruiniert – mit Rückendeckung des Landeshauptmannes von Kärnten, muss man dazusagen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bitte auch alle Wählerinnen und Wähler, sich zu überlegen, was es bedeuten würde, wenn es allenfalls nach den Neuwahlen am 24. November zu einer Neuauflage von Rot-Schwarz kommt. Dieses rot-schwarze Machtkartell im Bereich der öffentlichen Verwaltung, im Bereich der öffentlichen Institutionen kennen wir zur Genüge. Wir, die Grünen, wollen eine Fortsetzung dieses Machtkartells nicht! Die bestqualifizierte Frau, der bestqualifizierte Mann soll den jeweiligen Posten bekommen; der familiäre, parteipolitische Hintergrund interessiert uns nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Zum Wirtschaftsstandort, meine Damen und Herren: Natürlich wird bei Abschiedsreden des Bundeskanzlers und anderer Vertreter der Regierungsparteien beschworen, was nicht alles passiert sei, aber die Fakten liegen auf dem Tisch: Die Arbeitslosigkeit ist die höchste seit Jahren, speziell die Jugendarbeitslosigkeit ist sehr stark angestiegen. Wir treffen heute und morgen im Parlament Notmaßnahmen, deren Wirksamkeit erst später zu beurteilen sein wird. Tatsache ist auch, dass die Langzeitarbeitslosigkeit speziell bei älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ungelöst ist. Es stimmt schon, dass in den meisten Ländern der Europäischen Union die Verhältnisse noch schlechter sind. (Abg. Böhacker: Wesentlich!) – Zum Teil wesentlich schlechter! Aber erklären Sie das, Herr Kollege Böhacker von der FPÖ, einmal den Arbeitslosen! Diese leben nicht woanders, diese leben hier und jetzt! (Abg. Böhacker: Wir handeln ja auch! Wir setzen ja Maßnahmen! Sie reden nur davon!)

Ja, Sie setzen heute Maßnahmen, und Sie haben in den letzten zwei Jahren die Mittel der Arbeitslosenversicherung und damit der aktiven Arbeitsmarktpolitik ausgeräumt, das wissen Sie ebenso gut wie ich. Nicht weniger als 15 Milliarden Schilling wurden damals von den Mitteln der Arbeitsmarktverwaltung in die Pensionen transferiert. Damit haben Sie auch die finanziellen Mittel des AMS verringert. Sie haben zugelassen, dass weniger Qualifizierungsmaßnahmen, weniger Kurse angeboten werden können und dass weder die Jugendlichen noch die älteren Arbeitnehmer eine echte Qualifizierung beziehungsweise Requalifizierung bekommen. Das wissen Sie ebenso gut wie ich. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Sie wissen ebenso gut wie ich, dass wir im Bereich des lebenslangen Lernens, speziell der Requalifikation älterer Frauen und Männer noch in den Kinderschuhen stecken und dass nicht zuletzt die EU-Kommission Österreich, genauer gesagt die Politik der Bundesregierung in diesen Tagen auf das Heftigste kritisiert hat.

Ich glaube, dass Ihnen in diesen Bereichen Ihre Ideologie eine falsche Realität vorgetäuscht hat. Es ist eben nicht mehr so, dass man die Frage der Lehrlingsausbildung und die Frage der Bildung und Weiterbildung von bereits im Beruf befindlichen Menschen den Firmen beziehungsweise dem Markt anvertrauen kann. Das braucht eine gewisse staatliche Organisation und staatliche Unterstützung. Bei den Lehrlingen ist es genauso wie bei den älteren Herrschaften, so sage ich einmal. Und das ist aus guten Gründen so, die ich jetzt nicht näher ausführen kann.


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Der Markt hat sich verändert, die Firmen haben weniger Interesse an der Aus- und Weiterbildung. Sie kaufen sich lieber neue Qualifikationen zu. Das stellt das Arbeitsmarktservice im Hinblick auf die Qualifikation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vor völlig neue Bedingungen, auf die der Staat längst hätte reagieren sollen und müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt noch einen weiteren Punkt, Herr Bundeskanzler beziehungsweise Herr Kollege Khol von der Volkspartei, bei dem sich die ÖVP im Laufe dieser zweieinhalb Jahre leider von einer wirtschaftsfreundlichen, von einer wirtschaftsstandortfreundlichen Politik wegbewegt hat: Das betrifft alle Fragen, die mit dem Umgang mit so genannten Ausländern, oder sagen wir lieber: mit fremdsprachigen Personen, zu tun haben. (Abg. Großruck: Sie haben keine Ahnung!) – Der Kollege von der ÖVP ruft mir zu – ich sage das für die Fernsehzuschauer –, dass ich keine Ahnung hätte. (Abg. Dr. Trinkl: Darum kommen alle Firmen nach Österreich!)

Herr Kollege! Gehen Sie einmal in Gemeinden, in denen es ein Krankenhaus gibt. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Vielleicht gibt es bei Ihnen sogar eines. Fragen Sie einmal nach im Allgemeinen Krankenhaus in der Gemeinde Wien. Gibt es dort einen Mangel an Krankenschwestern, ja oder nein? Gibt es einen Mangel an Altenpflegern, ja oder nein? (Abg. Dr. Trinkl: Das müssen Sie Häupl fragen!) Gibt es einen generellen Mangel an Angebot in diesen Berufen, ja oder nein? Was haben Sie in den letzten Jahren getan, um diesen Mangel zu beseitigen? (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann Ihnen sagen, was Sie getan haben: nichts! Und da sagen Sie mir, dass ich keine Ahnung habe?! (Abg. Dr. Trinkl: Das gilt aber auch für andere!) – Das gilt insbesondere für Sie selbst, Herr Kollege!

Es tut sich noch etwas anderes, und Sie sollten das ebenso wissen wie ich: Das ist die Veränderung der so genannten Alterspyramide in Österreich. Der Anteil der älteren Menschen nimmt zu, der Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung wird im Laufe der nächsten fünf bis zehn Jahre abzunehmen beginnen. – Sogar Kollege Jung von der FPÖ nickt zustimmend.

Herr Kollege Jung! Da wir das wissen, braucht es weitblickende Maßnahmen. Es braucht einen Blick über den Tellerrand der Tagesaktualität hinaus. Wir werden verschiedene Maßnahmen im Bereich des Arbeitsmarktes und der Politik brauchen. Und eine gesteuerte, gezielte Zuwanderung in bestimmten Bereichen wird eine der Maßnahmen sein. (Abg. Jung: Die werden auch älter! Was machen wir dann?)

Wenn Sie sich dem verweigern – Sie haben sich dem verweigert, und die ÖVP hat das zugelassen (Abg. Jung: Was machen Sie mit den älteren Zuwanderern?)  –, dann bauen Sie weiter am Image Österreichs als fremdenfeindliches Land. Das ist sehr bedauerlich und traurig, denn ich glaube nicht, dass Österreich ein fremdenfeindliches Land ist. Sie von der FPÖ schüren dieses Image, das ganz an der Realität vorbeigeht. (Beifall bei den Grünen.) Aber die Gefahr besteht, dass viele Menschen im so genannten Ausland jenseits der EU-Grenzen das glauben.

Abschließend, meine Damen und Herren: Kollege Öllinger hat in seiner Rede heute die Frage Stadler und Schüssel angeschnitten. Zwischenrufe von der ÖVP haben gezeigt, dass Sie bis heute nicht verstanden haben, warum wir uns empören und warum wir uns mehr als wundern, dass sich die ÖVP damals nicht empört hat.

Kollege Stadler – "Kollege" sollte ich nicht sagen –, Volksanwalt Stadler hat die Naziherrschaft (Abg. Mag. Schweitzer: Zeit, Herr Präsident! Zeit!) in Österreich zwischen 1938 und 1945 nicht unterscheiden können von der alliierten Besatzung plus Figl- und Raab-Regierungen, ÖVP-Regierungen in Österreich. Das haben Sie von der ÖVP sich gefallen lassen? Das ist political Leadership? (Beifall bei den Grünen.)


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11.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte.

11.46

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist wichtig, dass man in einer Vorwahlzeit dem Wähler die Möglichkeit gibt, einen Vergleich anzustellen zwischen dem, was diese Bundesregierung an Bilanz vorzuweisen hat, und dem, was vorangegangene, sozialdemokratische Regierungen an Bilanzen aufgewiesen haben.

Morgen werden wir noch einmal die Gelegenheit haben, zu vergleichen und uns die Frage zu stellen, mit welchen Programmen Österreich in die Zukunft gehen soll. Es gibt das Programm, das eine Fortsetzung dessen bedeutet, was jetzt an Bilanz von dieser Bundesregierung vorgelegt wird, oder das rot-grüne Programm, das in Deutschland gerade vorgeführt wird, wo sich ja zeigt, wohin es führt. Wohin es führt, das geht auch aus dem hervor, was von Gusenbauer und Van der Bellen bereits oft genug gesagt worden ist. Das ist ein Programm, das für viele, so hoffe ich, nicht zukunftsfähig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FPÖ hat am 4. Februar nach sehr reiflicher Überlegung Regierungsverantwortung übernommen, und ich muss Ihnen sagen – das muss man vor allem den Österreicherinnen und Österreichern sagen –, die Entscheidung war nicht einfach. Die Entscheidung, in dieser Phase Regierungsverantwortung zu übernehmen, war deshalb nicht einfach, weil es galt, ein extrem schwieriges Erbe anzutreten, weil 30 Jahre ununterbrochene SPÖ-Regierungsbeteiligung bedeuteten, dass es gewaltige Hypotheken auf dem Hause Österreich gab – gewaltige Hypotheken, die abgearbeitet werden mussten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erst der Kassasturz nach Übernahme der Regierungsverantwortung hat gezeigt, wie groß das wahre Ausmaß der Verschuldung Österreichs tatsächlich war. Man muss das der österreichischen Bevölkerung immer wieder in Erinnerung rufen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es waren 123 Milliarden € oder 1 700 Milliarden Schilling! Dazu kamen noch ausgelagerte Schulden bei ASFINAG, ÖBB, SCHIG und so weiter. (Abg. Dr. Glawischnig: Wie viel sind es jetzt?) Das ergab insgesamt eine Summe in der Höhe von 167 Milliarden € oder 2 300 Milliarden Schilling. – Das war das sozialdemokratische Erbe, meine Damen und Herren, das wir trotzdem übernommen haben, weil wir bereit waren und wussten, dass es unsere Pflicht ist, alles für dieses Land zu tun, damit es in eine bessere Zukunft geführt werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich muss Sie an Folgendes erinnern, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie: Damals stand Österreich mit diesem historischen Schuldenstand auch am Pranger der Europäischen Union, am Pranger der OECD und am Pranger des Internationalen Währungsfonds. Die Menschen in Österreich wissen, was dies bedeutet.

Was dies in Zahlen bedeutet, möchte ich einmal noch vor Augen führen und begreifbar machen: Kollege Cap, Sie waren mitverantwortlich dafür, dass dieser Schuldenstand in den vorangegangenen Regierungen angehäuft wurde. 30 Jahre lang haben Sie Tag für Tag 10,4 Millionen € Schulden produziert! 30 Jahre lang jeden einzelnen Tag! Jede Stunde haben Sie Schulden in Höhe von 436 000 €, jede Minute haben Sie Schulden in Höhe von 7 267 € oder rund 100 000 S gemacht, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Alle Österreicher müssen daher jeden Tag mehr als 49 Millionen € an Zinsen und Tilgung bezahlen.

Ich glaube, es ist schon wichtig, dass man den Österreicherinnen und Österreichern sagt, dass, hätte es diese unverantwortliche Politik nicht gegeben, hätten wir dieses Erbe nicht übernommen, jeder österreichische Arbeitnehmer um 500 € oder 7 000 S netto mehr im Monat verdienen könnte. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, die Sie sich so gern als die soziale Partei darstellen! Eine wesentliche Hypothek, die wir von Ihnen übernommen haben, war die Ausgangslage in der Sozialpolitik. Obwohl unter sozialdemokratischen Sozialministern eine Reihe


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von Maßnahmen zur Demontage des Sozialsystems gesetzt wurden, wie zum Beispiel – und das muss man den Leuten in Erinnerung rufen – die Kürzung der Karenzzeiten oder die Kürzung des Pflegegeldes, erwies sich diese Sozialpolitik als Fass ohne Boden. Von sozialer Ausgewogenheit durch die SPÖ-Konsolidierungsmaßnahmen konnte damals keine Rede sein.

So wurde zum Beispiel bei der Energiesteuer, die zum überwiegenden Teil von den Haushalten getragen wird, von Ihrem künftigen Wunschpartner für energieintensive Unternehmen ein Plafond eingezogen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen. – Es wird sich Gott sei Dank nicht ausgehen. – Die Verteilungswirkung war derart, dass sich das negativ auf die unteren Einkommensschichten ausgewirkt hat. Kollege Cap, das war Ihre Sozialpolitik! Sie haben immer die Kleinen beschnitten, auch mit dieser Maßnahme. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ebenso wirkte die Anpassung bei der Normverbrauchsabgabe.

Die Kürzung des Pflegegeldes hat dazu geführt, dass vor allem die älteren Menschen in diesem Lande betroffen waren. Karenzgeld und Geburtenbeihilfe wurden gekürzt, obwohl diese, Kollege Gusenbauer, einen hohen Einkommensanteil gerade bei den ärmeren Haushalten darstellen. Sie haben die ärmeren Haushalte, die Bezieher von kleinen Einkommen mit Ihrer unverantwortlichen Sozialpolitik überdurchschnittlich stark zur Kasse gebeten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Schieder – Sie erinnern sich besonders gut daran –, Sie haben zehn so genannte Pensionsreformen gemacht. Das Ergebnis war, dass das zwar zu einer Kürzung der Pensionen geführt hat, aber das Pensionssystem wurde tatsächlich nicht abgesichert, um für die Anforderungen der Zukunft gerüstet zu sein. Das ist Ihnen gelungen: Sie haben die Pensionen gekürzt, aber das Pensionssystem trotzdem nicht sichern können. All das haben wir von Ihnen übernehmen müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Politik, diese SPÖ-dominierte Politik hat dazu geführt, dass zu Beginn unserer Regierungstätigkeit mehr als eine Million Menschen – mehr als eine Million Menschen! – in Österreichs Haushalten unter der Armutsgrenze lebten. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das zum sozialdemokratischen Erbe.

Die FPÖ-Regierungsmannschaft hat innerhalb kürzester Zeit bewiesen, dass sie der Motor einer Wendepolitik ist, dass die FPÖ notwendig war. Dass ein altes, verkrustetes rot-schwarzes Proporzsystem endlich aufgebrochen wurde, ist dieser Regierungsmannschaft zu verdanken, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dass der Reformstau, der so gewaltig war, endlich beendet wurde, ist dieser Regierungsmannschaft zu verdanken. Ein ambitioniertes Regierungsprogramm, das alle Wahlversprechen beinhaltete, die gegeben worden waren, wurde bis jetzt auf Punkt und Beistrich umgesetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Das hat natürlich auch sehr rasch zur Anerkennung im Ausland geführt. Zum Beispiel war der Bericht der Europäischen Union über den sozialen Bereich nach Antritt und ersten Erfolgen dieser Bundesregierung äußerst positiv. Österreich ist heute von Armut weitaus weniger betroffen als andere europäische Staaten, vor allem auch andere Staaten der Europäischen Union. Die Sozialausgaben tragen zu gerechterer Einkommensverteilung bei. Das Sozialsystem trägt zur Umverteilung jetzt sehr positiv bei, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang, auch wenn schon mehrfach darauf hingewiesen wurde, nochmals die wesentlichsten Meilensteine dieser Bundesregierung erwähnen – Meilensteine, die nur deshalb gesetzt werden konnten, weil es die FPÖ in dieser Bundesregierung gegeben hat und hoffentlich auch in Zukunft geben wird.

Da nenne ich, Herr Kollege Verzetnitsch, die Abfertigung für alle. Sie, Herr Kollege Verzetnitsch, haben, nachdem das Ganze hier realisiert worden war, die Vaterschaft für diese Abfertigung für alle beansprucht. Jetzt müssen Sie sich schon die Frage gefallen lassen, Herr Präsident: Warum waren Sie, als noch Ihre Partei an der Regierung war, gemeinsam mit Ihrer Gewerkschaft nicht in der Lage, diesen Meilenstein umzusetzen? Diese Antwort sind Sie den Men


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schen schuldig. Wenn Sie jetzt, Herr Kollege Verzetnitsch, die Vaterschaft beanspruchen, dann meine ich, das ist geradezu lächerlich. In diesem Kampf um die Vaterschaft sind Sie nicht glaubwürdig! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die FPÖ ist mit der Forderung nach dem Kindergeld in den Wahlkampf gezogen, und zwar gemeinsam mit der ÖVP. Dieses Kinderbetreuungsgeld wurde realisiert, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da hat eine FPÖ-ÖVP-Regierung für soziale Gerechtigkeit gesorgt. Zum ersten Mal werden alle Mütter in diesem Lande gleich behandelt. Seit dieses Kindergeld eingeführt wurde, hat es keine besseren oder schlechteren Mütter mehr gegeben! Jetzt kommen auch Studentinnen, Bäuerinnen und Hausfrauen in den Genuss des Kindergeldes. Das war doch unter einer SPÖ-Regierung nicht möglich! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Österreicher und Österreicherinnen! Diese Fragen muss man sich stellen: Warum hat es eine Sozialdemokratie mit ihrer Gewerkschaft, mit ihrer tollen Sozialpolitik nicht zustande gebracht, so einschneidende Maßnahmen tatsächlich auch umzusetzen? Warum nicht, Herr Kollege Verzetnitsch? Die FPÖ musste Motor dieser Regierung werden, dass all das zustande gekommen ist, wie vieles andere auch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein weiterer Punkt, der in den sozialen Bereich einzuordnen ist, meine sehr geehrten Damen und Herren von der roten Reichshälfte: Seit 1. Jänner 2003 steht für Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr um 7,3 € monatlich mehr zur Verfügung. Diese Bundesregierung hat die Familienbeihilfe erhöht. Sie haben es nicht geschafft, Sie haben immer wieder davon gesprochen, aber nichts getan. Sie waren Weltmeister im Ankündigen, aber schwach im Umsetzen. Diese Regierung war stark im Umsetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es geht weiter über die Behindertenmilliarde, über die "Aktion Fairness". Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie waren die Arbeiterpartei? Sie wollten immer die Arbeiter vertreten, Herr Kollege Verzetnitsch? Wo haben Sie es geschafft? Wo? Die "Aktion Fairness" ist wieder einmal mehr diesem Reformmotor FPÖ zu verdanken. Die Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten stellt daher eine Maßnahme der sozialen Gerechtigkeit dar, die auf die Beteiligung der FPÖ an dieser Regierung zurückzuführen ist. Das ist eine Bilanz, die sich sehen lassen kann! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wo waren denn, Herr Präsident Fischer, Ihre Sozialversicherungsreformen? Wir haben jahrelang, man muss sagen: 30 Jahre lang, darauf gewartet, dass es im Bereich der Sozialversicherungssysteme Reformen gibt. Es hat keine gegeben. Einmal mehr war es diese Bundesregierung, die auch im Bereich der Sozialversicherungen Reformschritte, Reformmaßnahmen gesetzt hat. Es war ebenfalls diese Bundesregierung, die bei der hochnotwendigen Pensionsreform etwas weitergebracht hat.

Ich kann von dieser Stelle aus den Österreichern sagen: Die FPÖ bekennt sich zu einer Stärkung der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen, sodass auch im Rahmen der Pensionsanpassungen durch Einmalzahlungen und durch Fix- und Sockelbeträge die sozial Schwächeren bevorzugt werden. Dazu bekennt sich die FPÖ, und die FPÖ wird, sofern sie die Möglichkeit hat, das auch umsetzen, wie alles, was wir bisher versprochen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Ziel unseres Sozialministers ist es, war es und wird es sein, dass Bezieher von kleineren und mittleren Pensionen begünstigt werden. Nicht Herr Blecha, der immer vorgibt, für die Pensionisten zu verhandeln, wird mehr bekommen, nein, es wird Sockelbeträge geben – und keine prozentuellen Erhöhungen, sodass Herr Blecha Nutznießer jeder Anpassung ist. Das ist mit einer FPÖ nicht zu machen, das kann ich hier und heute sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Familienhospizkarenz ist eine wesentliche Maßnahme dieser Bundesregierung, genauso wie die Aufarbeitung der Vergangenheit. Warum haben Sie es nicht geschafft, die Vergangenheit aufzuarbeiten – Kriegsgefangenenentschädigung und vieles andere auch? Es hat die FPÖ gebraucht, dass die österreichische Vergangenheit ordentlich aufgearbeitet wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir dürfen zu Recht auf diese Bundesregierung und vor allem auch auf die Mitglieder der FPÖ in dieser Bundesregierung stolz sein. Nur mit diesen Mitgliedern war diese Wende möglich, konnte der Staatshaushalt konsolidiert und der Reformstau beendet werden. Alles, was die FPÖ vorher angekündigt hat, wurde umgesetzt. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) Wir können, Herr Präsident, zu Recht stolz sein auf ein Regierungsteam mit einer Mares Rossmann, einem Reinhart Waneck, einem Dieter Böhmdorfer, einem Herbert Scheibner, einem Mathias Reichhold, einem Herbert Haupt und einem Finanzminister Grasser.

Insbesondere bin ich aber stolz auf meine Chefin, auf die Vizekanzlerin dieser Republik, die jede noch so unpopuläre Maßnahme durchgezogen hat, weil sie dies als Notwendigkeit für die Sicherung der Zukunft Österreichs betrachtet hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ist wahre Qualität von Regierungspolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man auch dazu bereit ist, notwendige Maßnahmen, auch wenn sie unpopulär sind, umzusetzen. Dafür bedanke ich mich ganz besonders bei unserer leider scheidenden Vizekanzlerin.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Mathias Reichhold und seiner neuen Mannschaft ist die FPÖ bereit, weiter der Reformmotor für dieses Land zu sein. Wir stehen zur Verfügung. (Unter dem Beifall der Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP überreicht Abg. Mag. Schweitzer der auf der Regierungsbank sitzenden Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer einen rot-weiß-roten Blumenstrauß.)

12.02

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Molterer. – Bitte, Herr Bundesminister.

12.03

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Früher als geplant zieht diese Bundesregierung Bilanz, eine positive Bilanz für Österreich und, ich würde sagen, eine rot-weiß-rote Erfolgsbilanz für unsere Heimat, für unser Österreich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

In diesen Tagen kann selbstverständlich niemand am Schicksal Tausender Mitbürgerinnen und Mitbürger vorbeigehen, die von der größten Katastrophe, die Österreich heimgesucht hat, getroffen und betroffen sind. Viele Tausend Mitbürger haben dieselben Probleme, obwohl die Scheinwerfer verschwunden sind, obwohl sich die Schlagzeilen geändert haben. Und es ist unsere Pflicht, meine Damen und Herren, in diesen Tagen diesen Menschen Hoffnung und Zuversicht mitzugeben, Zuversicht, dass der Wiederaufbau gelingt, dass ihr Lebenswerk, das oft zerstört ist, wieder aufgebaut werden kann. Ich bin gemeinsam mit vielen anderen in diesen Tagen in den Katastrophengebieten unterwegs gewesen und bin es noch immer. Ich kann Ihnen sagen, dass Hoffnung und Zuversicht bei den Menschen deshalb da sind, weil einerseits eine riesige Welle von Solidarität und Hilfsbereitschaft durch Österreich gegangen ist, aber andererseits auch deshalb, weil diese Bundesregierung von der ersten Minute an mit höchster Professionalität geholfen und klargestellt hat: Priorität haben die Hilfe für die Opfer und der Wiederaufbau der zerstörten Gebiete, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das, dieses klare Bild, diese klare Entschlusskraft dieser Bundesregierung gibt den Menschen Hoffnung und Zuversicht. Das ist Leadership, Herr Van der Bellen, was die Menschen brauchen, was den Menschen Hoffnung gibt. Meine Damen und Herren! Wir können das, weil wir in dieser Bundesregierung solide gewirtschaftet haben.


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Herr Kollege Gusenbauer! Wenn Sie heute bedauern, dass Karl-Heinz Grasser kein Budget für 2003 mehr vorgelegt hat, dann muss ich sagen, das ist doch das größte Kompliment an die Leistungskraft dieser Bundesregierung und an Karl-Heinz Grasser. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fischer: Wo ist es?) Sie wissen offensichtlich, bei wem ein Budget in guten Händen ist, Herr Gusenbauer.

Meine Damen und Herren! Kollege Van der Bellen hat interessanterweise kein einziges Wort über die Bilanz im Bereich der Umweltpolitik verloren. Das ist überraschend für einen Fraktionsführer der grünen Fraktion. Und ich meine, dass diese Bundesregierung gerade auch im Umweltbereich eine Erfolgsbilanz vorlegen kann, mit der wir keinen Vergleich zu scheuen brauchen. Wir liegen unter den Top 10 der Welt, meine Damen und Herren, und wir liegen mit an der Spitze in Europa, wenn es um die Nachhaltigkeit geht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben mit dem ökosozialen Konzept und mit der österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie eine ganz wesentliche Zukunftsbasis für dieses Land gelegt. Diese Bundesregierung hat das beschlossen, meine Damen und Herren. Wir haben im Bereich des Klimaschutzes, einer der wesentlichen Zukunftsfragen, Weichen gestellt und etwa das Ökostromgesetz in diesem Haus beschlossen, auch das Road-Pricing für LKW, das vor uns steht (Abg. Eder: Haben Sie klar verhindert!), und die Wohnbauförderung, die umgeschichtet wird, Herr Kollege Eder – es war diese Bundesregierung, die das zustande gebracht hat –, oder etwa jetzt auch die Impulse für die Biomasse, für nachhaltige Entwicklung auch in diesem Zusammenhang.

Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung war es, die einen weiteren Nationalpark eröffnet hat. Noch einen werden wir demnächst eröffnen. Sie sehen, die Anliegen der Umwelt, der Nachhaltigkeit sind für uns ganz zentral für die Zukunftsbewältigung. Und diese Bundesregierung war es, die ein langjähriges Projekt, lange diskutiert, zum Erfolg gebracht hat: die Alpenkonvention, die den Menschen in den alpinen Regionen eine positive Zukunft gibt. Diese ist von uns abgeschlossen und ratifiziert worden. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Wo sind unsere Vorschläge für die Agrarreform?)

Das Wasser ist in guten Händen. Da Wasser eines der wertvollsten Lebensmittel ist, haben wir darauf geschaut. Das Resultat: Wir haben so sauberes Wasser wie nie zuvor. Die Welt beneidet uns darum.

Diese Bundesregierung hat eine Umweltpolitik gemacht mit Hausverstand, die machbar ist, die zum Ziel führt, und die Menschen tragen diese Umweltpolitik.

Meine Damen und Herren! Nukleare Sicherheit – ein zentrales Anliegen dieser Bundesregierung in der Strategie, langfristig den Ausstieg aus der Atomkraftnutzung zustande zu bringen. Und diese Bundesregierung ist auf diesem Weg so weit gekommen wie keine andere zuvor, auf einem schwierigen Weg, auf einem Weg mit Hindernissen. Aber wir haben es geschafft, zu erreichen, dass die nukleare Sicherheit endlich ein Thema auf europäischer Ebene ist. In den nächsten Tagen wird Loyola de Palacio einen Vorschlag auf den Tisch legen, wie nukleare Sicherheitsstandards in Europa verwirklicht werden sollen – eine österreichische Initiative dieser Bundesregierung, die letztendlich die Menschen in Europa sicherer macht. Das ist konkrete Politik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben im Bereich der nuklearen Sicherheit im Zusammenhang mit Temelín in diesem Haus weitgehend Konsens erzielt. Ich bedauere es, dass die SPÖ diesen Konsensweg nicht mitträgt. Dieser Konsensweg stellt für die Bundesregierung eine Verpflichtung dar, darauf zu achten, dass Tschechien alles einhält, wozu es sich verpflichtet hat. Gleichzeitig wird diese Bundesregierung selbstverständlich, so wie uns das Parlament beauftragt hat, die Nullvariante als Option mit der neuen tschechischen Regierung verhandeln. Das ist ganz klar.

Wir haben im Bereich der Lebensmittelsicherheit in dieser Bundesregierung Weichen gestellt, die weit in die Zukunft Sicherheit für die Konsumenten bieten. Und ich bin stolz darauf, meine


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Damen und Herren, dass ich gemeinsam mit Herbert Haupt – danke dafür, Herbert Haupt – in einer perfekten Art und Weise – und das sage ich voller Selbstbewusstsein – die BSE-Krise in Österreich gemanagt, Probleme vom Land und von den Konsumenten fern gehalten und mit der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit langfristige Weichen für die Konsumenten und für die Lebensmittelsicherheit gestellt habe. Danke, Herbert Haupt, für diese Zusammenarbeit. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bedauere es – das sage ich Ihnen offen –, dass die Opposition auf diesem Weg der Sicherheit nicht mitgegangen ist und dagegen gestimmt hat, und zwar gegen mehr Sicherheit für die Konsumenten. Ich verstehe das bis heute nicht.

Meine Damen und Herren! Wir haben in der Landwirtschaft eine Bilanz, die sich sehen lassen kann: Mehr Mittel für das Umweltprogramm, mehr Mittel für die Bergbauernförderung, mehr Mittel für die nachhaltige Entwicklung, fairere Produktionsbedingungen, wenn ich etwa nur an das jüngste Pflanzenschutzmittelgesetz denke, und ein Forstgesetz, das in Richtung Nachhaltigkeit führt. Das Resultat: Die Konsumenten vertrauen den österreichischen Produkten, die die österreichischen Bauern produzieren, und wir haben eine Einkommensentwicklung für die Bauern eingeleitet, die positive Perspektiven hat. Das ist auch mein Zukunftsauftrag: in Europa dafür Sorge zu tragen, dass eine Veränderung in der Agrarpolitik in jene Richtung Platz greift, die wir für die Nachhaltigkeit und für die Bauern brauchen. Das ist mein Ziel, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben – und das ist untrennbar mit dem Namen Susanne Riess-Passer verbunden – in dieser Bundesregierung einen Verwaltungsreformschub zustande gebracht wie keine andere Regierung zuvor, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir haben es für den Bürger einfacher gemacht, wir haben die Wirtschaft entlastet, und wir haben damit dazu beigetragen, dass auch der Staat schlanker werden kann.

Herr Kollege Gusenbauer, Sie haben beispielsweise in Ihrer Rede die "Tuchfühlung" angesprochen. Jetzt frage ich Sie: Wo ist denn Ihre Tuchfühlung mit den Menschen in diesem Land, wenn Sie verlangen, dass die Bezirkshauptmannschaften abgeschafft werden sollen? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das ist das, was die Bürger nämlich brauchen: Service vor Ort, Service im Bezirk, vor der Haustüre – aber nicht ein Abschaffen. Wenn Ihnen nicht mehr einfällt, dann bezweifle ich Ihre Tuchfühlung. Offensichtlich haben Sie das nicht wirklich.

Wir haben eine ganz wesentliche Reform im Bereich der Medien umgesetzt, und ich bin stolz darauf, dass wir heute privates Fernsehen in Österreich haben. Ich bin stolz darauf, dass wir den Privatradios die Fesseln genommen haben, und ich bin stolz darauf, dass wir einen ORF haben, der jetzt in der Lage ist, seinem Objektivitätsgebot wirklich nachzukommen, weil wir mit der Stiftung eine Rechtsform geschaffen haben, die dem ORF tatsächlich Zukunft und Sicherheit gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich verstehe, dass Sie sich bei diesem Thema aufregen. Mich wundert das ja nicht. Ich möchte der Öffentlichkeit nicht vorenthalten, was mir jetzt in die Hände gekommen ist, apropos Umgang mit dem unabhängigen ORF. Hier gibt es ein Schreiben (der Redner zeigt es), das ich im Folgenden zitiere. Es lautet:

"Liebe Genossinnen,

liebe Genossen!

Anbei findet Ihr ein Beschwerdefax an den ORF, welches Ihr bitte mit Euren Daten vervollständigt und an den ORF sendet. Dieses Fax richtet sich gegen die zahlreichen Auftritte des ,Schweigekanzlers‘ Schüssel im ORF. Jedes Fax wird vom Kundendienst registriert und ab einer gewissen Anzahl von Beschwerden von verschiedensten Leuten zum gleichen Thema, wird dies dem Publikums- und Seherrat, der ja über eine SP-Mehrheit verfügt, vorgelegt.

Eine Bitte: Dieses Fax sollen natürlich nur gebührenzahlende (!!!) Seher an den ORF faxen.


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Freundschaft

Zentrale Fraktion

Sozialdemokratischer Gewerkschafter

in der OMV Aktiengesellschaft." – (Ah-Rufe bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist offensichtlich Ihr Umgang mit einem ORF und mit einer ORF-Führung, die sich zur Objektivität verpflichtet. Das, meine Damen und Herren, droht – und das soll man deutlich sagen –, wenn Rot-Grün an die Macht kommt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Menschen in diesem Land erwarten Antworten. Diese Bundesregierung hat Antworten gegeben. Die Menschen erwarten jetzt, dass es rasch Klarheit gibt, dass weiter Stabilität in diesem Lande herrscht und dass dieses Land auch in Zukunft ruhig und sicher von einer verlässlichen Hand geführt wird. Ich freue mich auf dieses Wählervotum. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Ing. Reichhold. – Bitte, Herr Bundesminister.

12.15

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Ing. Mathias Reichhold: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die nächsten Tage werden zeigen, ob die Freiheitlichen dem Land als regierungsfähige Partei erhalten bleiben oder nicht. Viele, die diese Koalition, die diese Linie unterstützt haben, wissen, dass die Freiheitlichen unverzichtbar sind für dieses Land. Deshalb habe ich mich in enger Abstimmung mit der scheidenden Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer entschieden, für ein schwieriges Amt zu kandidieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition! Freuen Sie sich nicht zu früh: Totgesagte leben länger, die leben sehr lange. Und freuen Sie sich nicht zu früh, wir werden Ihnen beweisen, welche Kraft in dieser Bewegung drinnen steckt (Beifall bei den Freiheitlichen), denn diese Regierungsmannschaft hat bewiesen, dass sie in der Lage ist, Reformschwung hineinzubringen, ein verkrustetes System aufzubrechen.

Diese Reformregierung hat es geschafft, viele Veränderungen in diesem Land zum Positiven zu herbeiführen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und diese Regierung hat auch ein Klima in diesem Land erzeugt, das über die rein politische Diskussion hinaus auch international ein Signal gesetzt hat. Sie ist nicht zurückgewichen vor Vernaderung, Heuchelei und Lüge, sondern sie ist ihren Weg gegangen, und zwar sehr erfolgreich gegangen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Freiheitlichen wollen Regierungspartei bleiben, allerdings nicht um jeden Preis. Wir sind nicht der Steigbügelhalter irgendjemandes, darüber muss sich jeder im Klaren sein. Wir brauchen keine Ämter oder Macht (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), wir brauchen auch keine Dienstautos, sondern das, was wir brauchen, ist Stärke, um Reformen auch fortsetzen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Der beste Beweis dieser Regierung und dieser Regierungsmannschaft ist, dass sie auch in der Lage ist, ihre Ideen durchzutragen, dass sie in der Lage ist, ihre Ideen auch umzusetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist ein klares Signal auch an viele, die Hoffnung haben, auch in unserer Bewegung, die jetzt im politischen Warteraum sitzen und vielleicht darauf warten, abgeholt zu werden. Wir wollen ein Team, das glaubwürdig und glaubhaft diesen Reformkurs fortsetzen kann und fortsetzen will, denn es gilt vieles wegzuräumen. 167 Milliarden € – das wurde heute schon gesagt –, 2,3 Billionen Schilling Schulden sind hinterlassen worden. Das sind 50 Millionen €, die jeden Tag zurückgezahlt werden müssen. (Abg. Dr. Pilz:


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400 Delegierte!) Das sind monatlich 7 000 S, die Sie jedem Arbeiter zahlen könnten, wenn Sie Ihre Schuldenpolitik jetzt nicht begleichen und bezahlen müssten.

Noch etwas, meine sehr verehrten Damen und Herren: Diese Regierung hat auch gezeigt, dass sie in der Lage ist (Abg. Dr. Pilz: ... zusammenzubrechen!), diese Budgetpolitik umzusetzen. Mit Karl-Heinz Grasser hat diese Regierung mutige Reformen eingeleitet. (Abg. Dr. Pilz: Kein Budget!) Er hat als junger Minister am Anfang auch nicht das Vertrauen vieler gehabt, aber er hat bewiesen, dass er mit seinem Weg in der Lage ist, Reformen so einzuleiten, dass über die Legislaturperioden hinaus in Österreich ein Stabilisierungskurs gefahren werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es geht nicht so sehr um das Nulldefizit, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenngleich es auch eine wichtige Zielformulierung darstellt, sondern es geht uns um einen Gesinnungswandel, der da lautet: Man kann das Geld nicht in unbegrenzter Form hinauswerfen. Man kann dieses Land nicht in unbegrenzter Form verschulden, weil es letztlich dann wieder alle zahlen werden, auch jene, die es am wenigsten verschulden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurden auch Schritte eingeleitet, die ausgabenseitig entscheidend sind, um die Stabilisierungspolitik in diesem Land fortzusetzen. Die Verwaltungsreform ist ein Kernstück dieser Regierung und dieser freiheitlichen Regierungsaufgabe. Sie ist untrennbar verbunden mit der scheidenden Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer. Es geht dabei nicht darum, den Abbau von Beamten zu beschleunigen, sondern es geht darum, die Verwaltungsabläufe in den Ämtern zu beschleunigen, die Steigerung der Effizienz dieser Verwaltungsabläufe voranzutreiben. Deshalb haben alle Minister die Reorganisation der Ministerien vorangetrieben und auch erfolgreich abgeschlossen.

Eine weitere Altlast, Herr Gusenbauer, die Sie und Ihre Politik dieser Regierung überlassen haben: Thema Armut. Über eine Million Menschen leben an der Armutsgrenze, insbesondere die Familien, insbesondere die Mehrkinderfamilien. Ich kann Ihnen sagen: Ohne die Freiheitlichen und ohne Herbert Haupt wäre es nie möglich gewesen, das Kindergeld einzuführen, das genau diese Armutsgefährdung für die Familien beseitigen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Deshalb stehen wir auch dazu, dass die mittleren und unteren Einkommensschichten steuerlich zu entlasten sind. Jawohl, diese Steuerreform ist wichtig für dieses Land! Sie ist nicht aufgehoben, sie musste nur aufgeschoben werden wegen eines fürchterlichen Ereignisses, das viele Österreicher in Verzweiflung gestürzt hat – wegen der Flutkatastrophe, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Die Steuerreform ist wichtig, um auch wirtschaftspolitische Akzente zu setzen, um die Kaufkraft in diesem Land zu erhöhen. Ich kann Ihnen sagen, diese Freiheitliche Partei wird an diesem Kurs festhalten und diese Steuerreform mit aller Kraft einfordern und auch umsetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Wirtschaftspolitik insgesamt lebt auch von "antizyklischen Investitionen", wie es so schön heißt. Die Regierung hat sich dazu bekannt, auch in die Infrastruktur zu investieren, viele Milliarden bereitzustellen. Bis zum Jahr 2003 sind insgesamt 54 Prozent mehr Mittel für Infrastrukturinvestitionen zur Verfügung gestellt worden: durch Erhöhung des SCHIG-Rahmens und durch die Einführung des LKW-Road-Pricing, das auch die Umsetzung des Generalverkehrsplanes sichern wird, der dringend notwendig ist, um einen modernen Wirtschaftsstandort in Österreich zu sichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der övp.)

Wenn diese Umsetzung nicht so einfach ist, Kollege Gusenbauer, so führt das zu einem Thema, das eine weitere Altlast betrifft, die Sie dieser Regierung hinterlassen haben, nämlich die Verfahren, die teilweise 15 Jahre dauern. Die eisenbahnrechtlichen Verfahren für die Durchsetzung von Projekten dauern in Österreich zwischen zehn und 15 Jahren! Das wissen viele Menschen nicht. Das sind jene Erblasten, mit denen sich diese Regierung herumzuschlagen hat. Ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren: In den wenigen Monaten meiner Amtszeit


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ist es mir gelungen, die Dauer der Verfahren allein im Straßenbau um drei Jahre zu verkürzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der övp.)

Es ist uns auch gelungen, die Anzahl der Verfahren in eisenbahnrechtlichen Bereichen in enger Abstimmung mit den Ländern zu reduzieren. Es werden demnächst Bagatellverfahren nicht mehr genehmigungspflichtig sein. Es wird möglich sein, die Verfahren, die bisher hintereinander stattgefunden haben, in die Umweltverträglichkeitsprüfung hineinzuimplementieren. Wir werden auch die lange Verfahrensdauer verkürzen und damit auch im Schienenbereich einen Beitrag zu einem ökologischen Verkehr leisten können, weil viele dieser Projekte in Zukunft schneller umgesetzt werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der övp.)

All jene, die das nicht wahrhaben wollen, all jene, die das nicht glauben wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren, lade ich gerne ein: Am 2. Oktober wird in Tirol der Spatenstich zur Unterinntal-Trasse mit einem Projektvolumen von mehr als 15 Milliarden Schilling erfolgen. Das ist ein wesentlicher Beitrag für die Lösung der Transitprobleme in Österreich, ein Vorlaufprojekt zum Brenner-Basistunnel.

Somit komme ich zur nächsten Altlast, die Sie dieser Regierung hinterlassen haben. Im Jahre 1994 haben Sie einen Transitvertrag in der Europäischen Union abgeschlossen – ohne eine Auslaufregelung sicherzustellen! Im Jahr 2004 wird es keinen Vertrag mehr geben. Ich sage Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Sie haben im Jahre 1994 Hunderttausende transitgeplagte Anrainer mit dieser Unterschrift verraten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Rechnung wollen wir Ihnen und werden wir Ihnen präsentieren. Das, was wir tun können, ist nur mehr Schadensbegrenzung. Wir versuchen, mit der Europäischen Union in konstruktiven Verhandlungen zu einer Einigung zu kommen. Das wird nicht sehr leicht sein, aber wir werden uns bemühen, und wir haben auch noch Zeit.

Dritter Punkt: Die Freiheitliche Partei und unsere Regierungsmannschaft bekennen sich ganz klar zur Europäischen Union und auch zur EU-Erweiterung unter bestimmten Bedingungen; eine davon ist auch der Verkehr. Dieses Thema ist uns neben vielen anderen – Beneš-Dekrete, Atomkraft, Zuwanderung – ein sehr wichtiges Anliegen.

Wir haben in der Europäischen Union immer klargemacht, dass vor einer europäischen Erweiterung auch die Frage Verkehr einer zufrieden stellenden Lösung zugeführt werden muss. Ich kann Ihnen sagen, Veto ist für uns nie eine Drohung, sondern kann höchstens eine Antwort sein, wenn wir in dieser Frage scheitern. Aber wir werden in dieser Frage nicht scheitern, meine sehr verehrten Damen und Herren, und hart die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher vertreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Deshalb möchte ich zum Schluss kommend eines sagen: Als ich vor wenigen Monaten diese schwierige Aufgabe im Parlament und in der Regierung angetreten habe, habe ich angekündigt, meine Hand auch der Opposition zu reichen. Ich glaube, ich habe in vielen Gesprächen bewiesen, dass ich gute Ideen und konstruktive Beiträge, die von der Opposition kommen, auch in meiner Politik berücksichtige. Ich darf daran erinnern, dass die Hebung der Verkehrssicherheit für alle ein wichtiges Anliegen ist und dass wir bis zum Schluss auch mit den Repräsentanten der Oppositionsparteien so lange verhandelt haben, bis wir zum Beispiel in den Bereichen Mehrphasenführerschein, Drogenkonsum oder auch Road-Pricing zu teilweise einstimmigen Beschlüssen gekommen sind.

Ich kann nur wiederholen, was ich beim Antritt zu meiner Arbeit hier im Hohen Haus und in der Regierung gesagt habe: Ich will auch ein Partner sein für all jene, die gute Ideen einbringen. Ich will ein Partner sein für all jene, die haben wollen, dass es in Zukunft eine Freiheitliche Partei in der Regierung geben wird. Ich möchte auch Partner sein für all jene Menschen in Österreich, die diese Reformpolitik in Österreich fortsetzen werden. Ich kann Ihnen sagen: Diese Handschlagqualität, die ich der Opposition gegenüber bewiesen habe, die ich auch unseren Regierungskollegen gegenüber bewiesen habe, möchte ich auch den Österreicherinnen und Österreichern beweisen. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der övp.)

12.28


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

12.28

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das war jetzt ein erster Versuch einer Parteitagsrede von Minister Reichhold. An den Gesichtszügen des Wolfgang Schüssel habe ich erkannt: Sie muss noch etwas überarbeitet werden. Er hat sich auch schon ein paar Notizen gemacht. Wahrscheinlich wird diese Rede auch überarbeitet werden, denn das ist ja der geplante künftige Koalitionspartner. Herr Bundeskanzler! Sehen Sie sich den Minister gut an – das ist dann auch der von Ihnen geplante künftige Vizekanzler, mit dem Sie dieses Chaos-Projekt fortsetzen wollen!

Ich bin froh darüber, dass das Fernsehen heute zugeschaltet ist (Rufe bei den Freiheitlichen: Wir auch!), damit man sich gleich ein Bild darüber machen kann, was in Zukunft auf uns zukommen wird. (Zwischenruf des Abg. Kiss. ) Mir war ganz klar, dass das heute hier nicht bloß eine Parlamentsdiskussion ... (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Heben Sie sich Ihre Energien für Ihren Chaos-Parteitag in Oberwart auf und machen Sie hier keine unnötigen Zwischenrufe! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Böhacker. )

Mir war vollkommen klar: Das wird heute keine normale Parlamentsdiskussion! Das war mir klar. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Bisher war sie normal!) Ich stehe hier heroben (der Redner spricht vom Pult des Berichterstatters aus, weil das Mikrophon am Rednerpult bereits zu Beginn der Sitzung ausgefallen ist), und ich habe größte Mühe, die einzelnen Mitglieder der Bundesregierung zu erkennen, weil so viel Weihrauch in der Luft ist. (Abg. Rauch-Kallat: Das halten die Sozialisten nicht aus, den Weihrauch!) Diese Selbstbeweihräucherung muss doch einen Grund haben, und diesen wird uns der besonders christlich motivierte Teil dieser Regierung nennen können: Schlechtes Gewissen ist das Motiv für diese Selbstbeweihräucherung. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich habe mir einige Fakten dieser Gesetzgebungsperiode angesehen, weil uns immer vorgeworfen wird, die Opposition sei so fundamental. Von 174 Gesetzen – darunter auch durchaus Positives, so etwa die Entschädigung für die NS-Zwangsarbeiter – haben die beiden Regierungsparteien 70 allein beschlossen. Wir wollen selbstverständlich differenzieren und nicht einfach alles über einen Kamm scheren, aber diese 70 Gesetze, die Sie, ÖVP und FPÖ, im Alleingang beschlossen haben, haben es in sich!

Man muss den Österreicherinnen und Österreichern klarmachen, was da in Wirklichkeit alles beschlossen wurde. Insgesamt gesehen muss man sagen: Das – nämlich diese zweieinhalb Jahre unter dieser Regierung – war die Zeit der höchsten Belastungen, die die Österreicherinnen und Österreicher seit 1945 erdulden mussten. Und damit muss Schluss sein, ist unsere Meinung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mein geschätzter Vorredner meinte, man könne nicht unbegrenzt Geld hinauswerfen. Darauf muss ich ihm antworten: Man soll überhaupt kein Geld hinauswerfen, Herr Minister Reichhold! Nicht: nicht unbegrenzt, sondern: überhaupt keines! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Abfangjäger-Kauf – "Kriegsflugzeug", wie es der gute Finanzminister immer sehr treffend gesagt hat – ist ein Beispiel für Geld-Hinauswerfen. 2 Milliarden € Steuergeld werden vernichtet für nichts und wieder nichts! – Wo ist eigentlich Verteidigungsminister Scheibner? Paraphiert er gerade den Vertrag? Unterschreibt er ihn gerade? Wieso ist er nicht da? Er steht und fällt ja mit diesen Flugzeugen, das scheint sein Lebensinhalt geworden zu sein. Also, wo ist er? Ich befürchte, dass bereits Festlegungen getroffen werden sollen, gegen die man nur protestieren kann. Warten Sie den Wahltag ab, Herr Bundeskanzler! Da wird unter anderem auch darüber entschieden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich habe am Montag letzter Woche die Stellungnahme des Bundeskanzlers sehr genau verfolgt. Er hat so getan, als ob er die Regierungszusammenarbeit aufgekündigt hätte. – Wir alle wissen: Die Regierung ist auf Grund handfester politischer Differenzen zusammengebrochen. Erst als


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ein Teil der FPÖ unsere Forderungen nach einer Steuersenkung und einem Nein zu den Abfangjägern übernommen hat, hat es in dieser Regierung richtig zu brennen begonnen.

Wie schreibt Andreas Koller in den "Salzburger Nachrichten" so schön? – "Aus dem Knittelfelder Hexensabbat nichts gelernt."

Herr Bundeskanzler! Auch wenn Sie mit Minister Reichhold eine neue Regierung bilden wollen, vergessen Sie nicht: Die Mehrheit dieser Partei, der FPÖ, trägt die Verantwortung dafür, dass diese Regierung vorzeitig zu Ende gegangen ist! Teile der FPÖ haben sie beendet – aus politischen Überlegungen, weil sie einen Teil dieses Kurses nicht mehr mittragen wollten – und nicht bloß, wie Sie es darzustellen versuchen, irgendein Irrer aus dem Bärental. Das ist nicht wahr. Es gibt einen politischen Hintergrund dafür, und Sie sollten einbekennen, dass das so ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Wer ist da der Irre? Der Cap oder wer? Unerhört! Das kommt gleich nach dem Edlinger!)

Diese – und das schreibt Andreas Koller vollkommen richtig – 400 Parteitagsdelegierten, die die Mehrheit des FPÖ-Parteitages dargestellt haben, werden bei der nächsten Regierung Schwarz-Blau wieder mit am Regierungstisch sitzen. Das wird das Ergebnis der Fortsetzung dieser Chaos-Regierung sein. – Das sollte verhindert werden, und das kann nur verhindert werden, indem Schwarz plus Blau bei der nächsten Wahl nicht mehr mehr als 50 Prozent der Stimmen bekommen! Das ist ganz entscheidend. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein derartiges Ergebnis sollte aber auch die Quittung dafür sein, dass Sie drei Volksbegehren negieren. Drei Volksbegehren! Sozialstaat, Temelín, Abfangjäger! All das hat für Sie keine Rolle gespielt, als ob es diese Volksbegehren gar nicht gegeben hätte.

Herr Bundeskanzler! Ich habe Ihre Stellungnahme an besagtem Montag in der Direktübertragung im Fernsehen genau verfolgt. Sie haben versucht, so zu tun, als ob Sie der einzige stabile Faktor in der Regierung gewesen wären, als ob Untätigkeit Stabilität bedeuten würde oder Hilflosigkeit ein Ausdruck der ruhigen Kraft sei. – Seien Sie mir nicht bös! Das war eine glänzende schauspielerische Leistung. Ich würde meinen, Sie sollten mit Kollegem Morak einmal den Job tauschen. Im Burgtheater, Kollege Morak, sollten Sie nicht mehr als Schauspieler auftreten, Sie haben einen neuen Meister gefunden: den Bundeskanzler. Er kann am Burgtheater auftreten, er würde Sie wirklich übertreffen. Davon bin ich zutiefst überzeugt. (Beifall bei der SPÖ.)

Das würde allerdings bedeuten, dass Kollege Morak, Staatssekretär Morak, nicht mehr in "König Ottokars Glück und Ende" auftritt. Seine Rolle besser spielen würde er in "Ein treuer Diener seines Herrn". Der Bundeskanzler könnte vielleicht in "König Ottokars Glück und Ende" spielen, vielleicht auch eine andere Rolle in einem Stück übernehmen. (Abg. Dr. Khol: Und du musst im Stück "Wehe dem, der lügt" auftreten!)  – "Wehe dem, der lügt", Herr Klubobmann Khol, wäre auch eine interessante Rolle, die vielleicht noch zu besetzen wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

Oder: der Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage für die Hochwasseropfer – der wir übrigens zustimmen werden, aber nicht dem Abänderungsantrag. Wenn ich mir anschaue, wo da jetzt alle Spardämme brechen, muss ich feststellen, es wäre ein interessantes Rollenfach zum Beispiel in "Der Verschwender" zu belegen. Das Burgtheater wäre für den ganzen Herbst versorgt mit interessanten klassischen Stücken – so wie sie von Ihnen kulturpolitisch immer erwünscht waren –, eben nur mit anderen Schauspielern und Darstellern, die das exzellent könnten, weil sie diese Rollen schon in dieser Regierung eingeübt haben.

"Der Verschwender" wäre ebenfalls ein Stück, das dabei seinen Platz fände. Es ist doch in Wahrheit blanker Zynismus, wenn Sie bei 1 700 Millionen € Schulden noch immer das Hohe Lied vom Nulldefizit singen, noch immer von Altlasten sprechen. Das, was Sie an Lasten für die nächste Regierung hinterlassen, übertrifft alles bisher Dagewesene! Das muss man einmal


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sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Realitätsverweigerer! Josef, du bist peinlich!)

Der Gipfel der Unverfrorenheit in diesem Abänderungsantrag ist, dass Sie über 3 Millionen Schilling (Rufe: Euro! Euro!) für eine Studie über die Rolle der "Roten Armee" von 1945 bis 1955 zur Verfügung stellen wollen – unter dem Motto: Ewald Stadler darf untersuchen, was die "Rote Armee" in Österreich zehn Jahre lang gemacht hat. Das ist Ihnen 3 Millionen Schilling wert? (Rufe: Euro! Euro!) Nur damit Ruhe herrscht, wenn es in die neuen Koalitionsverhandlungen geht? Das ist doch blanker Zynismus, wenn das in einem Abänderungsantrag enthalten und geplant ist. Das muss man einmal sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sollten versuchen – etwas, was Sie uns übrigens andauernd vorhalten, vorwerfen und vorschlagen; jetzt sage ich es Ihnen einmal –, aus der Geschichte, aus den Ereignissen, aus dem gescheiterten Experiment zu lernen. Aber Sie lehnen das ab. Sie wollen diese Chaos-Regierung fortsetzen; jede Ihrer Stellungnahmen geht in diese Richtung, Herr Bundeskanzler!

Andreas Koller in den "Salzburger Nachrichten" sagt: "Aus dem Knittelfelder Hexensabbat nichts gelernt."

Sie sollten das den Österreicherinnen und Österreichern verdeutlichen, und Sie haben es Ihnen heute auch verdeutlicht. Mangelnde Selbstkritik, mangelnde Einsicht, die Darstellung einer Wirklichkeit, die nicht die Wirklichkeit ist – das wird nicht ausreichen, um weiterhin Ihren Job am Ballhausplatz behalten zu können! Das sage ich Ihnen in aller Offenheit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

12.39

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Zu meinem Vorredner Josef Cap möchte ich nur sagen: Seine Rede war für mich eine Kreuzung zwischen politischer Hetzrede und Kabarett. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Herr Kollege Cap, ich glaube, dass diese Rede dem heutigen Anlass, nämlich der Schaffung eines umfassenden Hilfspakets für die Hochwasseropfer, nicht angemessen war. Gestatten Sie mir, das sehr deutlich zu sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich greife einen einzigen Punkt aus Ihrer Rede heraus, und zwar diese Studie im Zusammenhang mit der "Roten Armee", und darf Ihnen dazu Folgendes sagen: Diese Studie zur Geschichtsbewältigung hat unser Bundeskanzler mit Präsident Putin ausgemacht, um einen Beitrag zur Geschichtsbewältigung zu leisten. Sie sollten applaudieren und nicht kritisieren, Herr Kollege Cap! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es hätte eigentlich für mich nicht dieser imponierenden Leistungsbilanz des Bundeskanzlers und der Frau Vizekanzlerin bedurft, um zu wissen: Die politische Wende des Jahres 2000 war richtig und wichtig!

Das Ende der Regierung war ja nicht das Resultat einer gescheiterten Politik, war nicht das Resultat falscher politischer Inhalte, sondern es war letztlich das Werk einiger politischer Rebellen, meine Damen und Herren!

Aber diese Regierung hat Sachkompetenz, Vertrauenswürdigkeit, Glaubwürdigkeit, Durchsetzungsvermögen und Reformkraft bewiesen. Diese Regierung hat vor allem eines bewiesen, meine Damen und Herren – und ich glaube, das schätzen die Bürger unseres Landes sehr –: Diese Regierung hat Nervenstärke bewiesen, diese Regierung ist nicht in die Knie gegangen vor den Sanktionen, ist nicht in die Knie gegangen vor den Demonstrationen auf der Straße und hat sich nicht beeinträchtigen lassen von Zurufen seitens der Gewerkschaft, das Land werde brennen.


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Solch eine Regierung mit Nervenstärke, mit Sachkompetenz ist vertrauenswürdig. Bei solch einer Regierung ist das Land in guten Händen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aber diese Regierung war auch in der Sache unglaublich erfolgreich! Sie war erfolgreich, diese Regierungstätigkeit war gekennzeichnet durch große Reformen in Bereichen, in denen wir in der Tat jahrelang einen Reformrückstau zu verzeichnen hatten. Ich möchte nur drei große Bereiche hervorheben: die Finanzpolitik, die Sozialpolitik, die Bildungspolitik.

Meine Damen und Herren! Es war wichtig für dieses Land, einmal einen Schlussstrich unter eine 30-jährige Schuldenpolitik zu ziehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das Nulldefizit wurde im Jahr 2001 erreicht. Es war nie versprochen, dass jedes Jahr, Jahr für Jahr, unterm Strich genau null Komma null herauskommt. Solch eine Politik wäre ja absurd. Zugesagt war eine stabile Budgetpolitik, die über einen Konjunkturzyklus hinweg einen ausgeglichenen Staatshaushalt gewährleistet. – Das ist neue Politik und nicht ständige Defizitwirtschaft, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweiter großer Bereich: Sozialpolitik. – Meine Damen und Herren! Herr Sozialminister! Ich glaube, die Sozialpolitik dieser Regierung war nicht bloß durch technokratische Verbesserungen gekennzeichnet, sondern sie war eine Politik der menschlichen Wärme. Ich werde einige Beispiele dafür anführen.

Das Kindergeld ist nicht nur ein Geldbetrag. Das Kindergeld ermöglicht den Müttern und Vätern, in den ersten Jahren dem kleinen Kind ihre ganze menschliche Zuneigung zu widmen. Das ist soziale Wärme in der Familien- und in der Sozialpolitik, meine Damen und Herren!

Genauso die Familienhospizkarenz. – Ein Gegenmodell zur unwürdigen Politik der Sterbehilfe, eine Politik der menschlichen Wärme für jene Menschen, die älter sind, die aus dem Leben scheiden und die nicht irgendwo in einem Spitalskammerl abgestellt werden sollen, wie das heute zum Teil noch geschieht – eine Politik der menschlichen Wärme, meine Damen und Herren!

Abfertigung neu, die Zukunftsvorsorge für die gesamte Bevölkerung. (Abg. Öllinger: Mir wird schon ganz warm ums Herz!) Das sind doch Weichenstellungen von historischem Charakter, dass wir eine dritte Säule der Pensionsvorsorge ausbauen, dass zukünftige Generationen eine größere Verlässlichkeit haben, was ihre Altersvorsorge betrifft. Denn wir wissen, der Staat wird nicht in der Lage sein, in 20, 30, 40 Jahren die Altersvorsorge allein zu bewältigen. Uns ist der Durchbruch zu einem neuen Konzept der Altersvorsorge gelungen, basierend nicht auf einer Säule, sondern auf drei Säulen: staatliche Vorsorge, betriebliche Vorsorge und Eigenvorsorge. – Ein bewundernswertes Konzept für die Zukunft, meine Damen und Herren! So stelle ich mir Zukunftspolitik vor. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Oder: der Bereich der Bildungspolitik. Allein die Reform unserer hohen Schulen, wodurch sie die Chance bekommen, wieder zur Weltspitze vorzustoßen; eine Reform nach den Grundsätzen: mehr Eigenverantwortung und weniger Bevormundung, mehr Freiheit und weniger Verordnungen, mehr Leistung und weniger Bürokratie an den Hochschulen – das ist zukunftsträchtige Politik, und das signalisiert die Reformkraft dieser Regierung, meine Damen und Herren!

Zum Abschluss einige Worte zum heutigen Hochwasseropferentschädigungspaket. Ich habe hier schon einmal gesagt, ich habe das Hochwasser selbst tagelang im Kamptal und in der Wachau unmittelbar erlebt. Auch in dieser Situation, die die größte Naturkatastrophe in der Geschichte der Zweiten Republik darstellt, hat diese Regierung Nervenstärke bewiesen. Das Krisenmanagement im Zusammenspiel von Bundesregierung, Ländern, Gemeinden und Zehntausenden Freiwilligen hat hervorragend funktioniert. (Abg. Öllinger: Da kann aber die Regierung nichts dafür!)

Ich habe die emotionale Entwicklung in diesen Tagen aus der Nähe betrachten können, Herr Kollege Öllinger, und ich habe gesehen: Ausschlaggebend dafür, dass Verzweiflung und Pessi


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mismus umgeschlagen haben in Zuversicht und in den Glauben an die Zukunft, war nicht nur die Zusage finanzieller Hilfe, sondern die menschliche Hinwendung. Wichtige Regierungsmitglieder waren vor Ort, wir Mandatare waren vor Ort, während andere ihren Urlaub in Korsika nicht unterbrochen haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Wer war das?)  – Das war Kollege Gusenbauer, Herr Klubobmann! (Abg. Murauer: Gelebte Bürgernähe!)

Meine Damen und Herren! Die Menschen haben ein feines Gespür dafür, ob das Auftritte waren wie jener eines früheren Bundeskanzlers, der uns heute aus Argentinien mitteilt, dass er wie Gott in Frankreich lebt, eines früheren Bundeskanzlers, der "just for show" einmal für eine halbe Stunde die Gummistiefel angezogen und einen Kübel in die Hand genommen hat. Die Menschen haben gespürt, das jetzt ist nicht "just for show", da sind keine Fernsehkameras dabei, da wird den Menschen echt wieder Zuversicht gegeben. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Das ist auch menschliche Politik, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es war auch richtig, Herr Kollege Parnigoni, und wird von einer Mehrheit der Bevölkerung auch mitgetragen, dass wir gesagt haben: In solch einer Situation hat das Wünschenswerte vor dem Notwendigen zurückzutreten. Für diese Regierung und für uns als Mehrheitsfraktionen haben Hochwasserhilfe und Sicherung von Arbeitsplätzen absoluten Vorrang. Eine Steuerreform ist wünschenswert – sie wird ein Jahr später kommen.

Das, was wir heute beschließen, meine Damen und Herren, das Hochwasseropferentschädigungsgesetz, das Konjunkturpaket, das Arbeitsmarktprogramm, hat ein Gesamtvolumen von über 3 Milliarden €, ungefähr 40 Milliarden Schilling. Das ist mehr, als eine erste Etappe der Steuerreform an Kaufkraft hätte bringen können! Eine großartige Leistung zum Abschluss der Arbeit dieser Bundesregierung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es war auch richtig zu sagen: Wenn das die größte Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg ist, dann müssen wir auch das größte Hilfspaket in diesem Land schnüren.

Ich sage noch einmal: Die Menschen wissen, dass sie nicht allein sind. Wenn die Menschen wieder Hoffnung für die Zukunft haben, den Glauben an die Zukunft wieder finden, dann deshalb, weil sie wissen, dass sie nicht allein gelassen sind, dass ihnen finanziell geholfen wird, dass sie aber auch menschliche Zuneigung von uns erhalten. – Das ist, so glaube ich, in der Politik so wichtig. Auch das ist eine Politik der menschlichen Wärme!

Ein Letztes, meine Damen und Herren! Ich habe gesagt: Hochwasseropferhilfe und Arbeitsplätze. – Das, was wir heute als Arbeitsmarktpaket und Konjunkturpaket beschließen, verdient in der Tat den Namen "Vorrang für die Arbeitsplätze". Es ist ein Programm, das von Investitionsanreizen über Anreize in Forschung und Entwicklung bis hin zu Steuerbegünstigungen für Bildungsmaßnahmen umfasst und damit ein Gesamtpaket darstellt, von dem ich sagen kann: Das ist nicht nur ein kurzfristiges Konjunkturprogramm, sondern setzt auch langfristige Impulse zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich. Und vergessen wir nicht, meine Damen und Herren: Wirtschaftsstandort heißt Arbeitsplätze, Wirtschaftsstandort heißt Einkommenschancen, Wirtschaftsstandort heißt soziale Sicherheit. Diese Regierung, diese Parlamentsmehrheit stehen für diese Ziele: Arbeitsplatzsicherheit, Einkommenschancen und soziale Sicherheit!

Zum Abschluss: Ich wünsche diesem Land – und ich hoffe, die Wähler werden so entschei-
den –, dass die künftige Regierung dieselben Kriterien erfüllt wie die jetzige: Sachkompetenz, Glaubwürdigkeit und Reformkraft. Die Reformen müssen weitergehen, aber ich sage auch sehr deutlich: Diese Reformen werden weder mit einer Rebellentruppe noch mit einer Bremsertruppe weitergehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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12.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

12.49

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Kollege Stummvoll, ich hoffe, dass die nächste Regierung die tragenden Eigenschaften, die tragenden Säulen, die diese Regierung geprägt haben, nicht hat: Chaos, Streit, sieben ausgewechselte Minister, ein peinliches Schauspiel bis zum endgültigen Showdown. Ich hoffe, dass sich das in Österreich nicht wiederholt. Von diesem blau-schwarzen Experiment haben wir, glaube ich, in Österreich genug gesehen, wahrlich genug gesehen, und ich hoffe, es wiederholt sich nicht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die Bilanz dieser Bundesregierung jetzt in zehn Minuten abzuhandeln, ist sehr schwierig. Ich möchte mich auf drei Kernbereiche konzentrieren. Der eine ist die schon erwähnte Umwelt- beziehungsweise Landwirtschaftspolitik, der zweite ist die Frage: Wie geht es den Frauen nach diesen zwei Jahren blau-schwarzer Bundesregierung?, und der dritte Kernbereich sind Wirtschaft und Arbeit.

Zum ersten Bereich. Was mich enttäuscht hat, Herr Umweltminister Molterer, ist Folgendes: Sie haben über die Katastrophenhilfe bei der Hochwasserkatastrophe gesprochen. Kollege Stummvoll hat soeben davon gesprochen, wie gut das Krisenmanagement funktioniert hat. – Ich finde es gegenüber den Helferinnen und Helfern nicht fair, das jetzt zu vereinnahmen. Sehr vieles ist ausschließlich auf private Initiative, auf privaten Einsatz und unglaublich viel Unterstützung zurückzuführen. Das kann man jetzt nicht ausschließlich der blau-schwarzen Bundesregierung an das Revers heften. Im Gegenteil: Sie haben sich bis zum heutigen Tag geweigert, für genau diese Helferinnen und Helfer eine Hilfskarenz zu schaffen, nämlich die Möglichkeit, das mit ihrem Beruf zu vereinbaren. Das verstehe ich nicht, und ich glaube, das verstehen auch die Helferinnen und Helfer nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Gut, das Krisenmanagement hat funktioniert, und die Gelder werden hoffentlich bald ausgeschüttet. Was aber überhaupt nicht funktioniert hat, ist, einen Tag weiter zu denken. Wir in Kärnten sagen dazu, man denkt nur "von zwölfe bis z’Mittag" – und genau dieses Gefühl hatte ich jetzt auch: Sie haben überhaupt nicht daran gedacht, wie man zukünftige Katastrophen vermeiden kann, wie man im Klimaschutz viel stärkere Maßnahmen setzen kann als bis jetzt – bis jetzt ist nämlich gar nichts passiert; Österreich ist Schlusslicht in Europa geworden – und wie man angesichts der jahrzehntelangen verfehlten Widmungs-, Siedlungs- und Flussbaupolitik eine Änderung, einen Paradigmenwechsel erreichen kann.

Herr Umweltminister, Sie haben darüber überhaupt kein einziges Wort verloren. Was lernen wir denn aus dieser Katastrophe? Was müssen wir denn anders machen? Ist das alles von Gott gegeben, was da passiert ist? – Mitnichten! Viele Fehler der Vergangenheit müssen jetzt – neben der raschen Hilfe für die Betroffenen – repariert werden. Ich erinnere an die verfehlte Flussbaupolitik, die Begradigungen, die Staustufen, die Zerstörung von Auwäldern, dieser riesigen Landflächen, die für die österreichischen Flüsse verloren gegangen sind.

Wir treten für den Rückbau ein, und wir wollen auch, dass die Flächenversiegelung der Intensivlandwirtschaft zurückgedrängt wird, um Platz für die Flüsse und ihre Überschwemmungen zu schaffen, die eigentlich ganz natürlich auftreten und nicht nur eine Naturkatastrophe sind. Damit muss man rechnen und wirtschaften. (Beifall bei den Grünen.)

Alle Klimaforscher warnen uns seit Jahren. Seit den neunziger Jahren wird gemessen und deutlich belegbar nachgewiesen, dass der Treibhauseffekt mit solchen Fingerzeigen bereits klarmacht, dass wir eine völlig andere Energiepolitik und Umweltpolitik brauchen.

Auch dazu habe ich von Ihnen überhaupt nichts gehört, etwa, dass man daraus irgendwelche Lehren zieht. Im Gegenteil: In den budgetpolitischen Reden des Finanzministers sind die Worte "Umweltschutz" und "Klimaschutz" kein einziges Mal vorgekommen. Sie sind in den vergangenen zweieinhalb Jahren kein einziges Mal bei ihm vorgekommen, und es hat keinen einzigen Groschen zusätzliches Geld für Klimaschutz in Österreich gegeben.

Das zweite große Thema umfasst die Umweltpolitik und Atompolitik. Herr Bundeskanzler, Sie haben sich in dieser Frage, vor allem heute, zum Thema Europa geäußert. Meiner Meinung


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nach wird die Tatenlosigkeit der österreichischen Bundesregierung in dieser Frage nur noch durch das Schönreden übertroffen.

Woche für Woche, Monat für Monat hat die EU-Energie-Kommissarin entsetzliche Vorschläge gemacht. Ich zitiere nur zwei davon: Entwicklungshilfegelder für Atomkraftwerke in Entwicklungsländern sowie neue milliardenschwere Kredite für AKWs in Osteuropa. – Ich habe jegliche Proteststimme in Österreich vermisst. Außer den Grünen und den Umweltorganisationen hat sich sichtlich niemand aufgeregt. Das war die Atompolitik in den letzten Monaten: Zu all den Vorschlägen der Frau Energie-Kommissarin haben Sie nichts gesagt, Herr Umweltminister. (Widerspruch auf der Regierungsbank. – Bundesminister Mag. Molterer: Das sagen Sie wider besseres Wissen! Das ist falsch!)

Zu den europäischen Sicherheitsstandards. Ich warne Sie schon seit Monaten: Wenn das nicht mit einem europäischen Atomausstieg verbunden wird, dann geben Sie den zukünftigen Reaktoren in Europa quasi noch das EU-Sicherheitspickerl. Das ist eine Riesengefahr! Es muss der Atomausstieg, es dürfen nicht die Sicherheitsstandards im Vordergrund stehen!

Atomkonzerne haben bereits nach österreichischen EVUs gegriffen. Die Atomstromimport-Verordnung wurde aufgehoben. Block 2 von Temelín ist in Betrieb gegangen. Das Melker Abkommen ist nicht mehr als eine Luftblase! Es ist im Wesentlichen nichts passiert, und das ist bei einem Thema, das den Österreicherinnen und Österreichern sehr viel wert ist, extrem traurig! (Beifall bei den Grünen.)

Zur Verkehrspolitik: drei Minister! Minister Reichhold ist bereits der dritte Minister in diesem Ressort in den letzten drei Jahren. Wo bleibt denn die Modernisierung der Bahn? Wie lange haben wir auf eine LKW-Maut gewartet? – Drei Minister, drei verlorene Jahre. Die CO2-Bilanz des Verkehrs ist verheerend! Wir steuern auf einen Super-GAU zu, wenn da nicht in irgendeiner Weise ein Paradigmenwechsel kommt.

Insgesamt ist die Umweltbilanz aus meiner Sicht eine sehr traurige. In vielen Bereichen wurden die BürgerInnen entmachtet. Sie dürfen in Verfahren nicht mehr mitreden. Der Bereich Landwirtschaft – Massentierhaltung hat sich massiv verschlechtert. Und was ich überhaupt nicht verstehen kann, Herr Landwirtschaftsminister, ist Folgendes: Warum lehnen Sie eine Agrarreform eines EU-Kommissars ab, der folgende Forderung aufstellt, nämlich einheitliche Umweltstandards für ganz Europa? – Warum Sie das ablehnen, das versteht niemand in ganz Europa, nicht einmal Ihr eigener Parteikollege, Herr Fischler. (Beifall bei den Grünen.) Einheitliche Umweltstandards für ganz Europa – warum denn nicht?!

Zu den Tierschutzstandards. Ich erinnere Sie an das Tierschutz-Volksbegehren, ein extrem trauriges Kapitel. Das liegt mindestens seit 1997 im Ausschuss, und dort geschieht nichts. Ein Volksbegehren, das so viele Leute unterschrieben haben – einheitliche Tierschutzstandards in Österreich –, drei Viertel dieses Nationalrates wollten die Umsetzung, nur die ÖVP wollte es nicht, und die ÖVP hat es bis zum heutigen Tag verhindert. Eine traurige Bilanz! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Das ist nicht das Einzige, was Sie verhindert haben, das stimmt.

Ich möchte zu einem weiteren Bereich kommen, der mir sehr wichtig ist. Wie geht es den Frauen in Österreich nach diesen zweieinhalb Jahren? (Abg. Zierler: Besser!)

Am Wochenende hat es eine sehr harsche Kritik der Europäischen Kommission zur Arbeitslosensituation, zur Beschäftigungspolitik und auch zur Situation der Frau in Österreich gegeben. Diese zweieinhalb Jahre waren eigentlich dadurch gekennzeichnet, dass die Frauenpolitik abgeschafft worden ist. Es ist de facto absolut nichts passiert.

Ein paar Zahlen dazu. Bezüglich Frauen in Führungspositionen hat sich überhaupt nichts verändert. Jede Frau, die sich entscheidet, ein Kind zu bekommen, entscheidet dadurch automatisch, dass sie ihr Leben lang im Durchschnitt monatlich 1 000 S oder 70 € weniger verdient, und zwar ihr ganzes Leben lang. Es ist sogar so, dass in gewissen Branchen, wie zum Beispiel im Putzbereich, Frauen einfach nur wegen ihres Geschlechts weniger verdienen als Männer. Was haben Sie in all diesen Jahren dagegen unternommen? – Absolut nichts! Die Lage hat sich


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sogar noch verschlechtert! Wir sind jetzt bald bei dem Punkt angelangt, an dem Frauen nicht nur ein Drittel weniger verdienen als Männer, sondern 50 Prozent weniger. Und ich verstehe das nicht, das ist eine wirkliche Sauerei, da ist überhaupt nichts geschehen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe.)  – Ich nehme diesen Ausdruck zurück. Aber das ist wirklich ungerecht.

Das Auseinanderdriften der Einkommensschere ist ausschließlich auf die Geschlechterdiskriminierung zurückzuführen, ich betone: ausschließlich!

In diesem Zusammenhang zum Kinderbetreuungsgeld. Das Kindergeld hat natürlich seine Fallen. Wenn man das Kindergeld drei Jahre lang auszahlt, der Kündigungsschutz aber nur zwei Jahre dauert – das ist auch ein Punkt der EU-Kritik daran –, dann nimmt man in Kauf, dass die Frauen aus dem Arbeitsmarkt hinausfallen. Das ist aber vielleicht genau das, was Sie damit auch bezweckt haben.

Warum haben Sie das nicht gleichgeschaltet? Warum haben Sie mit der Zuverdienstgrenze ausgerechnet die gut qualifizierten Frauen schlechter gestellt? Warum behindern Sie Frauen überall, wenn es darum geht, endlich die Gleichstellung in der Gesellschaft, die Gleichstellung, was Verteilung von Vermögen, Einkommen und Macht betrifft, zu erlangen? (Beifall bei den Grünen.)

Der letzte Punkt. Bundeskanzler Schüssel hat es heute schon vorgezeichnet. Als diese Regierung angetreten ist, hat sie eine neue Ministerienordnung geschaffen, sie hat die Umwelt der Landwirtschaft untergeordnet, sie hat das Frauenministerium abgeschafft, und sie hat die Sozialpolitik unter die Wirtschaftspolitik gestellt. Es ist heute schon angeklungen, es gab viele Warnungen in den letzten Monaten. Seit einem Jahr sitzt die Opposition da und sagt: Vorsicht, Vorsicht! Diese euphorischen Prognosen, dieses Schönreden der Wirtschaftsdaten ist gefährlich, wir müssen sofort etwas dagegen unternehmen!

Dass das Konjunkturpaket heute ins Parlament kommt, ist wirklich ein Armutszeugnis für Ihre fehlende Weitsicht. Das Schönreden – wobei nicht zuletzt das Nulldefizit einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat, die Situation noch weitgehend zu verschärfen – war eine falsche Politik. Wir kennen die Zahlen. Die Situation ist extrem besorgniserregend. Seit 1945 waren in Österreich noch nie so viele Menschen arbeitslos wie jetzt. (Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner: Es waren auch noch nie so viele in Arbeit wie jetzt!) Das ist eine traurige Bilanz für diese Bundesregierung, und ich hoffe, dass sich diese Form der Bundesregierung nicht wiederholt. (Beifall bei den Grünen.)

Was wäre notwendig? Wodurch könnte das alles etwas anders aussehen? – Ein paar Punkte von dem, was wir vertreten, von dem, was wir für wichtig und gut halten: Ich glaube, dass im Bereich Energiepolitik, Klimaschutz eine massive Trendwende eingeleitet werden muss, dass im Bereich gesunde Ernährung, Landwirtschaft ein Umdenken erfolgen muss, dass die Abfangjäger nicht angeschafft werden dürfen und dass man in der Frauenpolitik Mut beweisen soll.

Ich hoffe, dass die Wählerinnen und Wähler dieses Angebot am Wahltag letztendlich wahrnehmen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.00

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Meine Damen und Herren! Gemäß einer in der Präsidiale getroffenen Vereinbarung unterbreche ich die Sitzung für 15 Minuten. Wir werden versuchen, inzwischen die Lautsprecheranlage zu reparieren. Sollte dies wenige Minuten länger dauern, werde ich dem stattgeben. Die Fortsetzung der Sitzung wird rechtzeitig eingeläutet werden.

(Die Sitzung wird um 13 Uhr unterbrochen und um 13.20 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Werner Fasslabend (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.


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Ich gebe bekannt, dass versucht wurde, die Anlage zu reparieren. Wir hoffen, dass das gelungen ist. Es ist allerdings noch keine endgültige Reparatur, sodass es passieren kann, dass wir noch einmal den Standort wechseln müssen.

Ich erteile als nächster Rednerin Frau Abgeordneter Zierler das Wort. – Bitte. (Abg. Großruck  – auf weitgehend leere Sitzreihen weisend –: Leere Bänke! Niemand da!)

13.20

Abgeordnete Theresia Zierler (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Zur Geschäftsordnung!)  – Ich glaube, es gibt hier noch eine Wortmeldung ... (Abg. Dr. Fischer: Während einer Rede? Da gibt es keine Wortmeldung! Doch nicht während einer Rede!)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Am Wort ist Frau Abgeordnete Zierler!

Abgeordnete Theresia Zierler (fortsetzend): Was wir heute hier tun, ist, eine Bilanz ziehen: eine Bilanz über die letzten zweieinhalb Jahre, eine Bilanz über Jahre der erfolgreichen Regierungsarbeit, über Jahre der erfolgreichen Regierungspolitik.

Herr Kollege Cap hat gemeint, es fände hier eine Selbstbeweihräucherung statt. – Dazu kann man nur sagen: Da das Thema der heutigen Sitzung die Regierungsbilanz ist, kann es keine Selbstbeweihräucherung sein, sonst müsste das Thema nämlich lauten: "Oppositionspolitik" oder "vergebliche Oppositionspolitik der vergangenen Jahre".

Am 4. Februar 2000 hat die FPÖ Regierungsverantwortung mit dem Ziel übernommen, entscheidende Weichenstellungen für Österreich durchzusetzen – ein Ziel, dessen Verwirklichung uns auch gelungen ist, ein Ziel, das wir erreicht haben (Beifall bei den Freiheitlichen), und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, obwohl die Ausgangslage für diese Reformen auf Grund der vorausgehenden 30 Jahre langen Tätigkeit der SPÖ denkbar schlecht war.

Nach Übernahme der Regierungsverantwortung im Frühjahr 2000 und nach einem Kassasturz musste eine in dieser Größenordnung nicht erwartete Verschuldung des Staatshaushaltes im Ausmaß von 123 Milliarden € – das sind 1,7 Billionen Schilling – zur Kenntnis genommen werden. (Abg. Dr. Fischer: Heute sind es 130!) Rechnet man dann noch die ausgelagerten Schulden dazu, wie beispielsweise bei ASFINAG, ÖBB, SchIG und so weiter, ergibt sich ein Schuldenstand von 167 Milliarden € oder 2,3 Billionen Schilling. (Abg. Dr. Fischer: Heute 175!)

So haben wir im Februar 2000 dieses Land übernommen – mit dieser Schuldenpolitik nach 30 Jahren Sozialdemokratie! (Abg. Dr. Fischer: Jetzt: Noch mehr Schulden!) Die ernüchternden Zahlen sind ein Beweis für verantwortungslose sozialistische Verschwendungspolitik. (Abg. Dr. Khol: Richtig!)

Eines haben die Sozialdemokraten immer bewiesen: Sie haben ein großes sozialistisches Herz, wenn es um Parteiinteressen geht, aber ein ganz, ganz kleines soziales Herz! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.)

Auch im Bereich der Sozialpolitik war die Ausgangslage denkbar schlecht: Obwohl die SPÖ-Sozialminister in den letzten Jahren ihrer Amtstätigkeit eine Reihe von Maßnahmen zur Demontage des Sozialsystems – wie zum Beispiel Kürzung der Karenzzeiten, Kürzung des Pflegegeldes – gesetzt haben, erwies sich diese Schuldenpolitik als Fass ohne Boden, das jedoch keine wirksame Hilfe für diejenigen garantierte, die der besonderen Hilfe tatsächlich bedurften. Von einer sozialen Ausgewogenheit konnte damals keine Rede sein.

Dem gegenüber, meine sehr geehrten Damen und Herren, stehen zweieinhalb Jahre erfolgreiche Regierungspolitik der schwarz-blauen Koalition. Sehr vieles haben wir in dieser Zeit erreicht, ob das die Familienbeihilfenerhöhung ist, die für Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr gilt, ob es die Behinderten-Milliarde ist (Abg. Haidlmayr: Das ist keine Milliarde! 658 Millionen ...!), ob es die "Aktion Fairness" ist, die Abfertigung für alle oder das Kinderbe


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treuungsgeld. Wir haben die Möglichkeit gehabt, Ihnen zu beweisen, dass wir zum einen in Regierungsverantwortung stehen können und dass wir zum anderen das, was wir unseren Wählern versprochen haben, auch wirklich halten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir gingen im Jahre 1999 in den Wahlkampf und haben die Abfertigung für alle und den Kinderscheck versprochen. – Wir haben es durchgesetzt! Mit dem nötigen Willen, mit der nötigen Ausdauer war es möglich, in Österreich eine Sozialpolitik zu machen, die sich viele Österreicherinnen und Österreicher auch in den letzten 30 Jahren gewünscht hätten. Wir haben Ihnen gezeigt, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass das möglich ist.

Wir haben beispielsweise auch eine Justizreform in Österreich umgesetzt. Einige Merkmale dieser Justizreform sind: Stärkung des Opferschutzes, Anzeigepflicht bei Gewalt gegen Frauen und Kinder, härtere Strafen für Drogendealer, "lebenslang" für Kindesmissbrauch mit Todesfolge, gemeinsame Obsorge für Kinder und so weiter – Reformen, die Österreich verändert haben, die Österreich zum Besseren verändert haben!

Was, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, haben Sie dem eigentlich gegenübergestellt? – Erstmals wurde Politik auf der Straße gemacht. Sie haben die Menschen auf die Straße geschickt, Sie haben zu Demonstrationen aufgerufen. Es gab Gewalt auf der Straße, aber es gab auch verbale Gewalt. Ich denke in diesem Zusammenhang nur etwa an einige Aussagen der Kollegen von den Grünen. Zum Thema Joschka Fischer meinte zum Beispiel Herr Van der Bellen, die gewalttätigen Aktionen seien nicht tragisch, das falle ja nur unter die Ausübung des Demonstrationsrechtes.

Stellen wir uns einfach einmal vor, es gäbe in Österreich einen Wandel und wir hätten eine rot-grüne Regierung (die Abgeordneten Großruck und Dr. Khol: Oje, oje!)  – man kann nur hoffen, dass das nie zu Stande kommt, denn man sieht ja in Deutschland, wohin das führt –: Dann hätten wir beispielsweise einen Peter Pilz als Innenminister! – Ich weise in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass es bei den wöchentlichen Demonstrationen, die in Wien gegen die angebliche Intoleranz und autoritären Tendenzen der neuen Regierung abgehalten wurden, ein Transparent gab, auf dem zu lesen war: "Freiheit für Schubhäftlinge, Schubhaft für Freiheitliche". (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist die Politik der Grünen!) – Oder man stelle sich eine Terezija Stoisits als Justizministerin vor – eine Abgeordnete der Grünen, die sagt, dass die Mitglieder der Freiheitlichen Partei bekommen sollten, was ihnen zusteht, nämlich 20 Jahre! – Oder: Der Grün-Mandatar Pirklhuber spricht unter heftigem Applaus von Madeleine Petrovic vom "Schweinestall" Österreich, den man ausmisten müsse.

Diese Gewalt, diese verbale Gewalt findet ihre Fortsetzung natürlich auch bei den Sozialdemokraten. So sagte zum Beispiel Rudolf Kaske: "Wenn einmal dieses Arbeitslosenheer marschiert, dann brennt die Republik." – Oder: Derselbe Herr spricht von den Schlächtern der sozialen Gerechtigkeit. – Oder: Der Abgeordnete zum Nationalrat Gartlehner sprach von einer "wirtschaftsliberalen Taliban-Regierung". Oder: "Österreich ist dabei, seinen Status als zivilisiertes Land zu verlieren" – eine Aussage des Parteivorsitzenden Gusenbauer. (Abg. Öllinger: Sie verbreiten einfach Unwahrheiten! Das stimmt ja nicht! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Öllinger, lesen Sie nach! – Abg. Öllinger  – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Ich habe es hier!)

Wir erinnern uns doch alle an den Beginn dieser Bundesregierung. Wir erinnern uns alle an die Sanktionen, und in diesem Zusammenhang gab es natürlich auch Aktivitäten der Opposition. So sagte zum Beispiel Hannes Swoboda, Maßnahmen gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ seien richtig. (Abg. Öllinger  – neuerlich ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Sie sollten lesen! Da steht es!)  – Oder aber, ebenfalls aus der SPÖ: Die offiziellen Reaktionen in Europa waren im Grundsatz richtig und wichtig. – Das wäre die Politik, die wir in Österreich erleben würden, käme Rot-Grün an die Regierung!

Wie es in Wien unter einer roten Regierung unter einem Herrn Häupl läuft, das wissen wir auch: Am stärksten stieg die Jugendarbeitslosigkeit; die Zahl der Lehrstellensuchenden ist gestiegen; die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist gestiegen und so weiter und so fort. Auch die Zahl der


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arbeitslosen Ausländer ist gestiegen, ebenso die Frauenarbeitslosigkeit. – Die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik der SPÖ Wien ist gescheitert, und ich glaube, das ist ein gutes Beispiel dafür, wie dann die Politik für ganz Österreich ausschauen würde.

Aber so ganz genau weiß man es nicht, denn Herr Gusenbauer ist ja nicht wirklich einig mit sich selbst, wie man feststellen kann, wenn man sich seinen Eiertanz vor Augen führt. So sprach er sich zum Beispiel in mehreren Interviews für die Verankerung des Nulldefizits in der Bundesverfassung aus. Dann aber erklärte er wiederum, dass er in der Frage der Verankerung des Nulldefizits falsch verstanden wurde: Er wolle nicht das Nulldefizit, sondern das weitere Schuldenmachen in die Verfassung schreiben! – Ich könnte Ihnen, was die Widersprüche in den Aussagen des Herrn Gusenbauer betrifft, eine Liste mit unzähligen Beispielen vorlegen. (Abg. Öllinger: Aber die Liste Ihrer Widersprüche ist viel länger!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gezeigt, dass wir Reformen in Österreich umsetzen. Wir haben gezeigt, dass wir auch in hoch brisanten Situationen richtig und schnell reagieren (Abg. Öllinger: Ja, das haben wir gemerkt ...!), ob das im Zusammenhang mit der BSE-Krise in Österreich oder mit der Hochwasserkatastrophe in Österreich war. (Abg. Öllinger: Und die FPÖ-Situation?)

Diese Bundesregierung hat bewiesen, dass sie verantwortungsvoll und zukunftsorientiert für Österreich arbeitet. Die FPÖ hat ihre Versprechen gehalten, vom Kinderscheck bis zur Abfertigung neu. Auch wenn Sie es nicht hören möchten: Wir werden auch in Zukunft das Vertrauen unserer Wähler genießen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Van der Bellen. )

Wir ziehen eine Bilanz über zweieinhalb Jahre erfolgreiche Arbeit für Österreich, für die Menschen in Österreich – mit einer Regierungsmannschaft, der unser aller Dank gebührt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

13.30

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Frau Vizekanzlerin! Meine geschätzten Kollegen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ziel der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik dieser Bundesregierung und Ziel von mir selbst war es, den Standort Österreich zu stärken und Arbeit zu schaffen, denn: Sozial ist, was Arbeit schafft. – Der Herr Bundeskanzler hat das schon angeführt. (Abg. Silhavy: Sie haben die höchste Arbeitslosigkeit geschaffen, Herr Bundesminister! – Abg. Großruck: Geh! Schau nach Deutschland hinaus! Wir haben doch keine Arbeitslosigkeit! Wir haben doch Vollbeschäftigung im Verhältnis zu denen! Im Verhältnis zu denen haben wir Vollbeschäftigung!) Wir wollen in Österreich nicht einem Shareholder Value frönen, sondern wir wollen einen "Jobholder Value" schaffen! Sehr geehrte Frau Abgeordnete, Sie wissen, dass wir die höchste Beschäftigungszahl in der Geschichte der Zweiten Republik verzeichnen können. Auch das ist etwas wert, wenngleich uns die Arbeitslosigkeit natürlich Sorgen macht, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Stärkung des Standortes ist uns gelungen: Wir sind innerhalb von nur vier Jahren an die 13. Stelle innerhalb eines weltweiten Rankings der wettbewerbsstärksten Länder gerückt, wir haben uns um elf Plätze verbessert. Das ist herzeigbar! Dabei halten wir uns an das Prinzip der nachhaltigen Marktwirtschaft, das heißt: Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt. Gleichzeitig wollen wir aber einen Reformweg beschreiten, den wir in den ersten zweieinhalb Jahren sehr erfolgreich beschritten haben und den wir in den nächsten Jahren weiter erfolgreich beschreiten werden, so uns der Wähler am 24. November das Vertrauen gibt.

Ich stehe nicht an, bei dieser Gelegenheit zu sagen, dass wesentliche Teile der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik im Konsens mit der sozialdemokratischen Opposition erfolgt sind – denken Sie etwa an die Energiepolitik! –, aber auch mit der grünen Opposition – ich denke da zum Beispiel an die Hospizkarenz und an die Abfertigung neu. Wichtig ist auch mir – Herr Klubob


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mann Khol, du hast es bereits erwähnt –, dass die Sozialpartnerschaft in den letzten Jahren eine wahrscheinlich relativ größere Rolle, eine wichtigere Rolle gespielt hat als in den Jahren zuvor. Eine Abfertigung neu, eine Mitarbeitervorsorge für alle wäre ohne die Arbeit der Sozialpartnerschaft, ohne den dortigen Konsens wahrscheinlich nicht realisierbar gewesen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Bundesregierung hat unter Bundeskanzler Schüssel mit Finanzminister Grasser die haushaltspolitische Wende durchgesetzt. Nachdem wir die Regierungsverantwortung in einer Situation übernommen hatten, in der wir im budgetären Bereich eine der höchsten Defizitquoten in Europa aufwiesen, ist uns bereits im Jahre 2001 – natürlich auf Grund günstiger Umstände; diese gehören dazu – ein ausgeglichener Haushalt geglückt. Es wurde Schluss gemacht mit neuen Schulden, während in Zeiten sozialdemokratischer Kanzlerschaft und sozialdemokratischer Finanzminister täglich 10 Millionen € an neuen Schulden hinzugekommen sind. (Abg. Marizzi: Wart ihr nicht in der Regierung? – Abg. Eder: Wer war der Vizekanzler?) Zinsen von 7,3 Milliarden € pro Jahr lassen sich nicht von heute auf morgen wegbringen, aber wir arbeiten konsequent daran, diese zu reduzieren.

In Sachen Wirtschaftspolitik haben wir mehr wirtschaftliche Freiheit durchgesetzt. Wir sind von einer im europäischen Vergleich niedrigen Selbständigenquote ausgegangen. Im letzten Jahr waren bereits 27 000 neue Unternehmer zu verzeichnen! Wir geben mit einer maßvollen Liberalisierung im Rahmen der Gewerbeordnung Österreichs Mittelstand neue Chancen, wir geben Österreichs Unternehmen neue Chancen – im Dienste der Konsumenten, weil mehr Qualität und niedrigere Preise die Folge sind.

Wir haben im Bereich der Energiepolitik Strom- und Gasliberalisierungen zustande gebracht, die herzeigbar sind. Eine österreichische Stromlösung harrt nur mehr der Schlussverhandlung durch die zuständigen Vorstände, und gemeinsam mit meinem Kollegen Molterer, aber auch anderen haben wir eine Ökostromregelung umgesetzt, die sehenswert ist.

Gemeinsam mit meinem Kollegen Böhmdorfer habe ich Ihnen eine Vorlage zugemittelt – und es gab ja dann breiten Konsens – für fairere Rahmenbedingungen im Wettbewerb, etwas, was für die Wirtschaft, aber auch für die Konsumenten wichtig ist.

Wir haben sehr viel getan für mehr Forschung und Entwicklung in diesem Land und für mehr Bildung in diesem Lande. Gerade mit dem jüngsten Konjunkturpaket erhöhen wir den Forschungsfreibetrag, meine Damen und Herren, auf 15 respektive 5 Prozent. Ein Bildungsfreibetrag von 20 respektive als Prämie 6 Prozent, die jetzt auch innerbetrieblich verwertet werden können, sorgt dafür, dass Österreichs Forschungsanteil heute bei knapp 2 Prozent liegt und das Ziel von 2,5 Prozent im Jahre 2005 durchaus erreichbar zu sein scheint. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir erreichten das alles, meine sehr verehrten Damen und Herren, in einer Phase, in der uns international der Konjunkturwind ins Gesicht bläst! Österreich ist Konjunkturnehmer. Wir machen aus dem, was wir bekommen, das Beste, aber zu 80 Prozent kommt die Konjunktur aus Europa, aus Deutschland, und wir wissen, dass die frühere Wachstumslokomotive Europas in dieser Beziehung mittlerweile die rote Laterne hält. Wir sind dabei nicht der Versuchung der Opposition erlegen, nachfrageseitig mit Steuergeldern und neuen Schulden sinnlose Strohfeuer zu entzünden. Warnende Beispiele waren uns diesbezüglich Deutschland und Japan.

Wir haben angebotsseitig in Forschung und Entwicklung investiert, und wir haben mit der Energieliberalisierung Österreichs Konsumenten in der Wirtschaft und den Haushalten nicht weniger als 700 Millionen € an Ersparnissen gebracht. Investitionen in Bildung sind strukturpolitisch überhaupt das Beste, was man tun kann.

Das Konjunkturpaket, das in diesen Tagen und Stunden verabschiedet wird, sorgt dafür, dass wir mehr für Jugendbeschäftigung tun. Insgesamt bilden und qualifizieren wir 10 000 junge Menschen entweder als Lehrlinge oder im Sinne einer Nachqualifizierung weiter. (Abg. Silhavy: Kennen Sie den letzten Abänderungsantrag Ihrer Regierungsfraktion?) Danke, Herr Präsident Verzetnitsch, dass das im Konsens mit Ihnen möglich war und ist!


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Wir sind – auch das sei hier nochmals erwähnt – innerhalb der Europäischen Union nach wie vor in einer sehr günstigen Position: in Sachen Jugendbeschäftigung die Zweitbesten, in Sachen Arbeitsmarkt insgesamt die Drittbesten. Dabei stehe ich nicht an zu sagen: Es muss das Ziel jeder österreichischen Bundesregierung bleiben, Vollbeschäftigung anzustreben. Wir waren vor etwas mehr als einem Jahr mit einer Arbeitslosenrate von knapp über drei Prozent fast schon dort. Wir haben uns von diesem Ziel entfernt, aber mit dem nächsten Aufschwung, mit dem nächsten Konjunkturschub werden wir dieses Ziel wieder engagiert anstreben, und ich bin sicher, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass dann Vollbeschäftigung wieder möglich sein wird.

Im Bereich der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik sind aber auch noch weitere Meilensteine gesetzt worden – mein Kollege Haupt wird im Anschluss an mich das Wort ergreifen, sodass ich mich hiezu kurz fassen kann –: Insbesondere im Bereich der Pensionen haben wir sehr viel dafür getan, dass Österreichs Pensionen sicherer wurden, dass es neue Anreize für die Menschen gibt, für ihre Altervorsorge auf unterschiedlichen Wegen vorzusorgen. Denken Sie an die strukturell so wichtige und richtige Anhebung des vorzeitigen Pensionsantrittalters um 18 Monate. Diese Maßnahme war heftig umstritten. Heute wissen wir: Die Erfolge sind da. Erstmals steigt das tatsächliche Pensionsantrittsalter in diesem Land wieder geringfügig an; wir haben einen negativen Trend ins Gute verkehrt.

Die Mitarbeitervorsorge für alle: Der Arbeitnehmer hat die Wahlfreiheit, Herr Präsident Verzetnitsch, während seines Berufslebens davon Gebrauch zu machen oder aber sich damit eine betriebliche Zusatzpension anzusparen. Finanzminister Grasser, ich, die Bundesregierung, das Hohe Haus – wir haben die entsprechenden Anreize gegeben.

Im Sinne einer dritten Säule zur Pension haben Finanzminister Grasser und ich im Zuge des Konjunkturpaketes dem Hohen Haus ein Modell vorgeschlagen, das aus meiner Sicht sehr, sehr bemerkenswert ist: eine Zukunftsvorsorge für alle, in deren Rahmen die öffentliche Hand mit einer jährlichen Prämie von bis zu 180 € das Ansparen einer privaten Pension begünstigt. Ich bin sicher, dass das der erste echte, wirkliche Schritt in Richtung einer dritten Pensionssäule für alle Österreicher sein kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich schließen mit dem Hinweis auf eine Maßnahme, die ein besonderes Anliegen von vielen, wahrscheinlich von allen hier im Hohen Hause war, nämlich die Familienhospizkarenz. Wir haben damit in Europa Neuland beschritten. Wir haben dieses Neuland erfolgreich beschritten, mit einem hohen Maß, wie gesagt, auch an Konsens. Ich bedanke mich bei der Opposition dafür, dass sie hier im Endeffekt dann mitgegangen ist, weil wir – nebst allem Technischen, das wir brauchen, nebst allem Finanziellen – damit auch ein Signal der Menschlichkeit gesetzt haben in Richtung derjenigen Österreicher, die durch die schwersten Wochen und Monate ihres Lebens gehen, wenn sie im Sterben liegende Angehörige zu betreuen haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich in diesem Sinne abschließend feststellen: Die Reformen im Bereich der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik sind aus meiner Sicht höchst bemerkenswert. Es ist ein neues Momentum entstanden, wobei wir selbstverständlich in Sachen Liberalisierung unseres Wirtschaftslebens maßvoll gewesen sind. Wir sind einen durchaus österreichischen Weg gegangen: einen österreichischen Weg, der davon getragen ist und war, im Konsens mit den Sozialpartnern – oft auch im Konsens mit der Opposition – die notwendigen Reformen durchzuführen. Mir ist nicht bange, ja ich bin voller Zuversicht, dass uns auf der Basis dieser Bilanz der letzten zweieinhalb Jahre die Österreicherinnen und Österreicher am 24. November erneut das Vertrauen schenken und den Auftrag geben werden, diesen österreichischen Weg der Reformen fortzuführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen und Bravoruf bei der ÖVP.)

13.39

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.


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13.40

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als zuständiger Bundesminister für Soziales und Generationen möchte ich zu den in der Debatte aufgeworfenen Fragen Stellung nehmen, aber auch über die von mir seit dem 24. Oktober 2000 geleistete Arbeit Rechenschaft ablegen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wenn man den Österreicherinnen und Österreichern einige Zahlen im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe und der nachfolgenden Reparationsphase nachvollziehbar vor Augen führt, dann wird ihnen die Entscheidung am 24. November nicht leicht fallen.

Wir haben in Österreich für etwa 186 000 von dieser Katastrophe Betroffene von Seiten des Bundes und der Länder nach derzeitigem Stand 1,9 Milliarden € aufgebracht. Am letzten Wochenende war die Bilanz von Rot-Grün im Deutschen Bundestag zu sehen, und dort hat man bei 5 Millionen Betroffenen 1 Million € an Bundesmitteln zustande gebracht. Ich glaube daher, dass wir bei den Hochwasseropfern und den Reparationsleistungen in diesem Bereich von Seiten der österreichischen Bundesregierung, aber auch der betroffenen Länder unser Licht durchaus nicht unter den Scheffel stellen müssen. Wir hatten zum Zeitpunkt der Regierungssitzung in der Vorwoche bereits mehr Geld an die Betroffenen ausbezahlt, als die Bundesregierung Vranitzky im Jahr 1991 und die Bundesregierung Klima im Jahr 1995 den Hochwasseropfern damals insgesamt ausgezahlt hat. Die Zahlen sind ja für alle politisch interessierten Österreicherinnen und Österreicher in den jeweiligen Budgets nachvollziehbar.

Ich glaube daher, dass schnelle, dass sofortige Hilfe das Wichtigste ist. Ich darf mich aber auch als Bundesminister dafür bedanken, dass im Zuge dieser Katastrophe Tausende Österreicherinnen und Österreicher in wirklich überzeugender Art und Weise nicht nur in den bekannt guten österreichischen Blaulichtorganisationen – Feuerwehr, Rotes Kreuz und andere Hilfsdienste – freiwillig im Einsatz waren, sondern dass auch die Jungmänner und die Unteroffiziere und Offiziere des österreichischen Bundesheeres dabei Einsatz geleistet und darüber hinaus auch Tausende Österreicherinnen und Österreicher außerhalb der Hilfsdienste freiwillige Arbeit geleistet haben. Ich glaube, dass diese Bereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher in Europa vorbildhaft ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich darf mich aber auch als für den Bereich der Veterinärangelegenheiten zuständiger Bundesminister vor allem dafür herzlichst bedanken, dass meine Anregungen von allen Veterinärdirektionen in allen Bundesländern und von sehr vielen Freiwilligen vor Ort so prompt umgesetzt worden sind, dass zwei Tage nach Absinken des Wasserspiegels in allen betroffenen Bundesländern die Seuchenkommissionen wieder aufgelöst werden konnten und mehr als 290 000 verendete Tiere mit Hilfe von 30 Bundesheerhubschraubern und sehr vielen Freiwilligen, die vor Ort geholfen haben, einer ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt werden konnten. Auf diese Weise konnte eine der mit dieser Hochwassersituation verbundenen Gefahren für die österreichische Landwirtschaft minimiert werden. (Abg. Dr. Khol: Sehr wichtig!) Dafür ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben darüber hinaus in den letzten drei Jahren aber auch im Sozialbereich sehr viel bewegt: Die letzte Pensionsreform und die letzte Pensionsanpassung waren heute bereits mehrfach Gegenstand der Debatte. Ich darf daher nur ergänzend anmerken: Wir haben nicht nur das Pensionsanfallsalter erhöhen können, sondern wir haben auch im Zugang zu den Invaliditätspensionen für eine Gruppe, die mir als Sozialminister besonders am Herzen lag, eine Verbesserung bewirken können, nämlich für die ungelernten Arbeitskräfte ohne Berufsschutz. (Abg. Silhavy: Dafür haben Sie die ... abgeschafft, Herr Minister!) Dort verzeichnen wir eine Zuwachsrate von 38 Prozent, in einer Gruppe, die unter den sozialdemokratisch geführten Regierungen in der Vergangenheit – obwohl Sie immer behauptet haben, Frau Kollegin Silhavy, dass das Ihre besondere Zielgruppe ist – besonders benachteiligt war. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich glaube, den ungelernten Arbeitern und den Hilfsarbeitern ist diese Bundesregierung mehr entgegengekommen als Sie. (Abg. Silhavy: Sie haben eine ganze ... abgeschafft! Fragen Sie diese Gruppe!)


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Ich möchte nichts beschönigen: Ja, wir haben die Besteuerung der Unfallrenten gemäß den Kriterien der Steuergerechtigkeit eingeführt. Wir haben aber auch dort dafür gesorgt, dass jene, die körperlich besonders betroffen sind, nämlich zu mehr als 70 Prozent, ihre Zulagen von 20 auf 50 Prozent erhöht bekommen haben, sodass in diesem Bereich trotz Besteuerung mehr als 2 500 € netto mehr im Sack verblieben sind. (Abg. Haidlmayr: Stimmt nicht! Stimmt nicht! ...!) Wir haben für jene, die sozial schwach sind, ein Refundierungssystem eingeführt. In diesem Zusammenhang habe ich Hunderte Briefe in meinem Ministerium erhalten, in denen anerkannt wurde, dass wir unser Versprechen eingehalten haben, indem eben jene, die diese Steuerleistung als behinderte Menschen aus sozialen Gründen nicht verkraften konnten und denen sie nicht zumutbar war, diese Leistungen wieder entsprechend refundiert bekamen. Wir haben auch bei der Umsetzung dieser Maßnahme die sozialen Dimensionen gewahrt. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Freund. )

Sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition! Sie haben in Ihren Reden auch die Ambulanzgebühren angesprochen. Den Kollegen von der Sozialdemokratie möchte ich den Hinweis darauf nicht ersparen, dass sie 17 Selbstbehalte eingeführt haben, diese Bundesregierung hingegen nur einen einzigen. (Abg. Silhavy: ... dramatisch erhöht!) Sie sagen, Sie werden ihn nach der Wahl wieder aufheben. Ich frage Sie: Woher werden Sie die 760 Millionen Schilling nehmen, die diese Maßnahme nach dem heutigen Stand gebracht hat? Das bedeutet, dass Sie, um in der Krankenversicherung die gleichen Mittel wie heute vorzufinden, jeden Versicherten mit 300 S jährlich belasten müssen, und zwar auch jene, die heute von den Ambulanzgebühren befreit sind. Das bedeutet also, dass Sie alle, deren Einkommen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz liegt, alle, die von den Rezeptgebühren befreit sind, alle Familien mit Kindern, alle Schwangeren, alle, die an chronischen Krankheiten leiden, und auch all jene, die heute auf Grund eines akuten Behandlungsbedarfs von den Ambulanzgebühren befreit sind, belasten müssen. Ich glaube nicht, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, dass die Österreicherinnen und Österreicher, wenn sie nachrechnen, Ihr Modell zur Absicherung des Gesundheitsstandortes Österreich attraktiver finden werden als das Modell dieser Bundesregierung.

Nunmehr zu den Arbeitslosenzahlen: 199 684 Arbeitslose Ende August dieses Jahres sind eindeutig zu viel. Aber man sollte den Österreichern auch sagen, wie die Entwicklung dieser Arbeitslosenzahlen aussah. Im August 1999 waren österreichweit 180 000 ÖsterreicherInnen arbeitslos, in Wien 62 592. – Im August 2000 waren es 155 000 in Österreich, nicht ganz 56 000 in Wien. – Dann kam die Wiener Wahl, und damit kam die Trendwende: In Österreich rund 171 000 Arbeitslose und in Wien rund 62 000 – das waren die Zahlen vom August 2001. Im August 2002: 199 684 Arbeitslose in Österreich, und in Wien 70 345 Arbeitslose. Seit der Wiener Wahl hat es in Wien eine Trendumkehr gegeben. Früher stand die Arbeitslosenzahl in Wien zur Arbeitslosenzahl von ganz Österreich im Verhältnis 1 : 3. Nunmehr aber beträgt der Zuwachs der Arbeitslosigkeit in Wien 66 Prozent der gesamten Zuwachsrate in Österreich! Doch in Wien, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, sind nunmehr seit der Wahl ausschließlich Sie verantwortlich! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie haben mit Ihrer Politik in Wien einen Verstärkungseffekt bei der Arbeitslosigkeit hervorgerufen, und das muss man den Österreicherinnen und Österreichern vor einer Wahl, bevor sie ihre Entscheidung treffen, auch klar sagen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Sie haben kritisiert – auch Sie, Herr Kollege Van der Bellen –, dass das Gesundheitssystem in Österreich von dieser Bundesregierung nicht ordnungsgemäß weitergeführt werde. Herr Kollege Van der Bellen, ich darf Sie darauf hinweisen, dass die Ausbildung von Fachkräften gerade im Krankenpflegebereich in den Bundesländern deutlich besser ist und hier auch eine Ausbildung von Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern stattfindet, die weit über das Landesangebot hinausgeht, dass aber im städtischen Bereich die Bereitschaft, sich für einen Pflegeberuf zu entscheiden, leider im Sinken begriffen ist. Wir haben gerade auch aus diesem Grund, sehr geehrter Herr Kollege Van der Bellen, etwa mit der Slowakei ein Sozialübereinkommen getroffen, weil es sozial nicht fair ist, einem finanzschwächeren Land wie der Slowakei die Ausbildungskosten für die Heil- und Pflegeberufe zuzumuten, um die Ausgebildeten dann im reiche


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ren Österreich und in Wien zu verpflichten. Das ist ein Sozialtransfer, den wir nicht als gerechtfertigt erachten, Herr Kollege Van der Bellen.

Wir wollen einen Sozialtransfer, der sicherstellt, dass wir in Österreich die in den für uns notwendigen Pflegeberufen Tätigen auch wieder unter den Menschen aus dem eigenen Land finden. Wir haben daher Verhandlungen mit den Bundesländern geführt, die laut Übereinkunft aller Bundesländer im Dezember dieses Jahres zum Abschluss gebracht werden sollen und in denen es darum geht, endlich ein gemeinsames Curriculum für die Pflegeberufe, für die Berufe der Altenbetreuer, der Familien- und Behindertenbetreuer zu schaffen und damit die Pfeilstudie in diesem Bereich endlich umzusetzen.

Wir haben in unserem Bereich für drei wichtige Gruppen neue Berufe auf einem hohen Qualitätsniveau geschaffen. Ich darf Sie daran erinnern: Wir haben nach jahrzehntelangem Streit endlich die Regelung betreffend die Rettungssanitäter umsetzen können. Wir haben das Hebammengesetz entscheidend verbessern können. Wir haben auch mit dem Heilmasseurgesetz etwas auf den Weg gebracht, wodurch in der Zukunft gerade in den integrierten Sozialsprengeln für Menschen mit Behinderungen oder nach einem Krankenhausaufenthalt eine neue Möglichkeit der medizinischen Betreuung geschaffen werden wird.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich nie dafür zu haben war, in Österreich eine Mehr-Klassen-Gesundheitspolitik zu machen, aber ich habe alles darangesetzt, dass die Mehr-Klassen-Gesundheitspolitik, die ich bei meinem Amtsantritt vorgefunden habe – nämlich gute Qualität im städtischen Raum und ein deutliches Defizit im ländlichen Raum –, endlich behoben wird! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass ein Drittel aller freien Stellen für niedergelassene Praktiker und niedergelassene Fachärzte in den beiden angeblich so sparsamen Bundesländern Oberösterreich und Vorarlberg nicht besetzt sind. Ich sage auch in aller Klarheit: Diese Nichtbesetzung von Positionen in diesen beiden Bundesländern hat zwar dazu geführt, dass die Sozialversicherungsträger sparsamer gewirtschaftet haben, aber es hat mit Sicherheit nicht dazu geführt, dass der Zugang zu medizinischen Leistungen im ländlichen Bereich gleich gut wie im städtischen Bereich war. Da bitte ich um deutliche Unterstützung! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In diesem Bereich zeigt sich, wenn wir die Sozialausgaben insgesamt ansehen, Folgendes: Wir sind mit 26,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes 1990 gestartet, wir lagen bei 28,5 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt 1998, und wir haben auch mit 30,4 Prozent im Jahr 2001 eine kontinuierliche Steigerung gehabt. Wir haben seitens dieser Bundesregierung keinen Sozialabbau betrieben, sondern wir haben einen Ausbau des Sozialstaates vorgenommen – so, wie es diese Bundesregierung in ihrem Regierungsübereinkommen fixiert hat, und das ist gut so! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Als Meilensteine meines Hauses – wenn man die Wahlplattform 1999 anschaut – wurden Kinderbetreuungsgeld, Abfertigung neu und die Hospizkarenz festgeschrieben. Für mich ist es auch besonders erfreulich, dass im heutigen Paket die von den Sozialdemokraten abgeschaffte Lehrlingsfreifahrt wieder eingeführt wird – ein wichtiger Beitrag gerade für Familien, die ein schlechtes Einkommen haben, damit diese es sich wieder leisten können, Lehrlinge in Ausbildung zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin auch glücklich darüber, dass es im Bereich des Zugangs für behinderte Menschen zu Arztpraxen, öffentlichen Gebäuden und Betrieben zwei Jahre lang möglich sein wird, eine deutliche Förderung zu geben. Sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube, es ist überfällig, auch in Österreich den behinderten Menschen die gleiche Chance einzuräumen, Hotels, Arztpraxen, Apotheken und andere öffentliche Einrichtungen zu erreichen, wie in anderen, vergleichbaren Ländern wie etwa Amerika oder Italien, in denen das schon weiter als hier fortgeschritten ist. (In Richtung SPÖ:) Auch dies war ein Versäumnis Ihrer Zeit!


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Ich glaube daher, wenn die Sozialbilanz fair geprüft wird, brauchen wir Freiheitliche und diese Bundesregierung den 24. November dieses Jahres nicht zu fürchten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Verzetnitsch. – Bitte.

13.53

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzlerin! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich habe an und für sich vorgehabt, eher auf die Punkte einzugehen, die für die Öffentlichkeit wichtig sind, wenn man aber jetzt Herrn Bundesminister Haupt zugehört hat, gewann man den Eindruck, Herr Bundesminister, dass Sie nicht wissen, was die Lehrlingsfreifahrt in Wirklichkeit war und ist, und dass Sie sogar Ihren eigenen Schriftverkehr nicht kennen.

Ich zitiere aus einem Schreiben Ihres Hauses vom 25. Februar: Zur Einführung der Heimfahrtbeihilfe wird auf das derzeitige Regierungsprogramm verwiesen, in welchem diese Leistung für Schülerinnen und Lehrlinge zwar vorgesehen ist, wegen dringlicher budgetärer Ziele zur Zeit aber zurückgestellt ist. – Das ist im Februar von Ihnen geschrieben worden. (Bundesminister Mag. Haupt: Kommt heute – Gott sei Dank!) Was jetzt kommt, ist für die Betroffenen begrüßenswert. Aber klar und deutlich ist auch, dass dahinter in Wirklichkeit Wahlkampfziele stecken – und nichts anderes, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Im Übrigen sage ich gleich dazu – Herr Abgeordneter Khol, Sie haben das Gleiche geschrieben, das füge ich auch hinzu (Abg. Böhacker: Wird er wahrscheinlich dagegen stimmen!) –: Sie hätten es tun können, als die Gewerkschaftsjugend schon vor Jahren mit dieser Forderung aufgetreten ist, aber Sie haben es nicht getan, und jetzt sagen Sie, das sei ein Versäumnis. Sie haben es jetzt in letzter Minute nachgeholt – das sollte man klar und deutlich sagen! (Abg. Haller: Nachdem Sie es abgeschafft haben! Warum haben Sie es abgeschafft?)

Herr Bundesminister Haupt! Fragen Sie Herrn Bundesminister Bartenstein über den Anstieg der Arbeitslosigkeit in Österreich. (Abg. Haller: Warum haben Sie zugestimmt bei der Abschaffung?) Da Sie hier Wien zitieren: Alle westlichen Bundesländer – mit Ausnahme Tirols, sofern ich das richtig im Kopf habe – haben einen höheren Anstieg bei der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen als Wien. (Abg. Haller: Sie haben zugestimmt bei der Abschaffung!) In Wien ist Gott sei Dank eine Trendumkehr bemerkbar. (Abg. Bures  – in Richtung Abg. Haller –: Das hat es gar nicht gegeben!) Aber das nehmen Sie ja nicht zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie schon Wien zitieren, dann vergessen Sie aber nicht, dass gerade durch Maßnahmen dieser Bundesregierung – denken Sie an den ganzen öffentlichen und halb öffentlichen Bereich – die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes zurückgegangen ist. (Abg. Murauer: ... tatsächliche Arbeitslosigkeit in Österreich!) Das hat natürlich auch Auswirkungen. Nehmen Sie also Ihre eigene Politik zum Wertmaßstab, und beschuldigen Sie hier nicht die Landesregierung von Wien, die in dieser Frage überhaupt nicht zuständig ist, einer falschen Arbeitsmarktpolitik! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Abgeordnete Stummvoll hat das wiederholt, was wir schon oft erlebt haben: Die ÖVP tut immer so, als ob sie bisher an den Vorgängerregierungen nie beteiligt gewesen wäre. (Abg. Sophie Bauer: So ist es!) Wenn man sich die heutigen Regierungsberichte anhört, hat man das Gefühl, dass sich das auf die gesamte Regierungsmannschaft ausdehnt: sich nicht daran zu erinnern, wie man Menschen belastet hat! Wir haben in guter Erinnerung, was am 5. Juli 2000 hier in diesem Haus beschlossen wurde: ein großes Konvolut von Belastungsmaßnahmen, die bis heute wirken, und an die wollen Sie sich nicht erinnern! (Der Redner hält eine umfangreiche Broschüre in die Höhe.)

Sie können sich nicht daran erinnern – vielleicht wollen Sie sich auch gar nicht daran erinnern –, dass Sie die Mitversicherung für Frauen gestrichen haben, und zwar mit der zynischen und kalten Bemerkung, sie könnten sich ja um einen Arbeitsplatz bewerben, dann hätten sie dieses


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Problem nicht. (Abg. Dr. Stummvoll: Nein, nein! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ist in Ihren Erläuterungen entsprechend festzustellen. (Abg. Dr. Stummvoll: Keine Polemik!)

Wahrscheinlich können Sie sich auch nicht an die motorbezogene Versicherungssteuer erinnern, die um 51 Prozent gestiegen ist. (Abg. Dr. Stummvoll: O ja! Kann mich erinnern!) In wenigen Monaten werden wir wieder ein neues Pickerl für die Autobahn brauchen, um 50 Prozent erhöht! Aber Sie reden dauernd davon, dass Sie die Menschen nicht belastet haben.

Im Jahr 2000 ist es Ihnen gelungen – Herr Abgeordneter Stummvoll, Sie waren in der alten Regierung noch maßgeblich mit dabei –, dass die Steuerreform der alten Regierung durch die Belastungen dieser Bundesregierung in Wirklichkeit wieder kassiert worden ist. Das soll man in aller Deutlichkeit auch hier entsprechend klarstellen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen. )

Herr Abgeordneter Schweitzer! Sie haben hier in Ihrer Rede die Plafonierung der Energiesteuer angesprochen. Wie ist denn das: Jetzt wird die Plafonierung auf die Dienstleistungsunternehmen ausgedehnt; haben die kleinen Haushalte etwas davon? – Die sind wieder nicht berücksichtigt! Hier wird ein Weg gegangen, der zwar EU-konform entwickelt werden sollte, aber wir sollten nicht sagen, dass das entwickelt ist.

Meine Herren von der Bundesregierung! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ihr Parteivorsitzender ...!) Sie waren dabei, Herr Bundesminister! Sie waren dabei, als wir am Freitag und Dienstag dieser Woche über eine kostenneutrale Regelung gesprochen haben. Jetzt entstehen Kosten für das Budget, und Sie werden darstellen müssen, wie Sie das finanzieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, man kann Herrn Abgeordnetem Schweitzer, weil er so ratlos war, auch Folgendes sagen: Wer war eigentlich schuld daran, dass es keine "Abfertigung neu" gab? – Er braucht nur auf seine rechte Seite zu schauen: Dort sitzt die ÖVP, die die Abfertigungsregelungen in den Jahren 1998 und 1999 nicht möglich gemacht hat. (Abg. Dr. Khol: Geh, bitte! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Jetzt war es erfreulicherweise ein gemeinsamer Beschluss von allen. Sonst hätten wir nämlich eine völlig andere Abfertigungsregelung, wären die Pläne der ÖVP damals realisiert worden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die "Aktion Fairness" ist bereits angesprochen worden. Das ist überhaupt der "Über-Hammer", wenn man sagt, dass man hier eine Gleichstellung gebracht hat. Faktum ist, dass der Lohnfortzahlungszeitraum ausgedehnt worden ist, Faktum ist aber auch, dass es nach wie vor Unterschiede bei den Kündigungsfristen gibt, nach wie vor Unterschiede bei der Dienstverhinderung gibt, nach wie vor Unterschiede bei den Sonderzahlungen gibt. (Abg. Dr. Stummvoll: Bei Krankheit, hat er gesagt, bei Krankheit!) Diese Ihre "Aktion Fairness" haben die Arbeitnehmer selbst und niemand anderer bezahlt! (Abg. Dr. Stummvoll: Gleichstellung bei Krankheit!) 3 Milliarden Schilling für die Unternehmer, und den Arbeitnehmern einzureden, das sei eine "Aktion Fairness" – das ist Unfairness, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Khol, Sie werden verstehen, dass ich besonders aufmerksam bin, wenn es um die Sozialpartnerschaft geht. Aber wenn Sie uns sagen, Sie hätten uns "aus der Umklammerung herausgeholt", dann antworte ich Ihnen darauf: Was Sie sich unter Sozialpartnerschaft vorstellen – "Just in time", immer nur zur Verfügung, aber nie im Wege –, das verstehe ich nicht unter Sozialpartnerschaft! Ich bin sicher, dass sich alle Präsidenten der Sozialpartnerschaft gegen eine solche Beurteilung wehren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden nicht biegsam sein für die Politik. (Abg. Dr. Khol: Das hat niemand von Ihnen verlangt!) Ich bin überzeugt davon, dass die Sozialpartnerschaft unabhängig von wahltaktischen Überlegungen längerfristige Ziele zu verfolgen hat. (Abg. Dr. Khol: Sehr gut!) Sie sind bibelfester als ich, aber Ihr heutiger Spruch kommt einem fast wie ein Judaskuss vor, und auf den kann ich verzichten – das sage ich in aller Deutlichkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)


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115. Sitzung / Seite 87

Zu dem Beschäftigungspakt, den wir in den vergangenen Tagen miteinander beschlossen haben, stehe ich, aber wenn ich mir die Vorlagen ansehe – vor zehn Minuten kam die letzte Vorlage in diesem Zusammenhang –, dann muss ich Ihnen ganz deutlich sagen: So kann es nicht gehen, dass Sie von uns dauernd einfordern: Das haben wir miteinander diskutiert!, und in der Zwischenzeit immer wieder Abänderungen einbringen, die mit dem ausverhandelten Ergebnis weniger zu tun haben!

Nehmen wir uns die Zeit, jene Maßnahmen heute zu beraten und morgen zu beschließen, die tatsächlich mehr Jugendbeschäftigung bringen! Nehmen wir uns die Zeit, dass wir auch älteren Arbeitnehmern eine Antwort auf die Frage geben können, wie sie Arbeitsplätze finden können! Nehmen wir uns die Zeit dafür, dass wir auch in der Weiterbildung entsprechende Klarheit schaffen! Das ist meiner Meinung nach eine Zielsetzung, die es zu vertreten gilt, und nicht Klientelpolitik. Das sage ich klar und deutlich, weil da oder dort beweisbar der Verdacht besteht, dass man noch schnell Dinge hineinpacken will, die man sonst nicht mehr gemacht hätte, stünden nicht Wahlen vor der Tür.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir Sozialdemokraten wollen, ist, der Jugendbeschäftigung eine Chance zu geben. Wir können uns nicht damit zufrieden geben, dass wir nach wie vor einen großen Überhang aus den Vorjahren haben, als Jugendliche keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Es ist ja verwunderlich, dass wir in der alten Koalition mit allen Parteien gemeinsam Jugendbeschäftigung geschaffen haben, mit der die Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist, dann sind die Stiftungen abgebaut worden, und dann ist die Bereitschaft der Unternehmen zurückgegangen, weiter Lehrlinge auszubilden.

Jetzt machen wir ein Notprogramm – gut so, das ist wichtig und notwendig! Aber benützen wir dieses Notprogramm nicht für billige Polemik! Wenn wir zum Beispiel ein gemeinsames Ziel in der Ausbildung definieren – Herr Bundeskanzler, Sie haben das in Ihrer heutigen Rede angesprochen: 40 Prozent –, dann gehen wir damit eigentlich unter die heutige Lehrlingszahl. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: 39 Prozent!)  – 39 Prozent sind es nur in privaten Dienstleistungen. Vergessen Sie aber nicht den öffentlichen Dienst, der auch Lehrlinge ausbildet! (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Die kommen dazu ...!) Vergessen Sie nicht die 5 000 Jugendlichen, die auf eine Ausbildung warten!

Wenn wir Incentives setzen – das waren Ihre eigenen Worte am Dienstag! –, dann sollten wir uns ein ambitioniertes Ziel setzen und uns nicht weniger Lehrlinge, sondern mehr Lehrlinge als Ziel setzen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter, ich bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (fortsetzend): Zum Schluss kommend: Es gibt zum einen ein Infrastrukturprojekt, das wir rasch umsetzen könnten. Es hat zwar schon mehrere Infrastrukturminister gegeben, aber bei Minister Reichhold liegt ein Bauvorhaben betreffend Westbahn, Teilabschnitt Ybbs an der Donau – Amstetten, das nur dann realisiert werden kann, wenn die Unterschrift vorhanden ist. Alles andere ist bereits erledigt. Unterschreiben Sie das noch jetzt, dann gibt es auch dort eine Chance!

Wenn wir jetzt weiters zum Beispiel die steuerlichen Behandlungen bei den Abfertigungsrückstellungen neu behandeln, dann schaffen wir auch Rechtssicherheit für die Betroffenen.

Im Übrigen darf ich Ihnen zur Erinnerung – weil Sie nicht gerne daran erinnert werden – das ganze Konvolut übergeben, Herr Bundeskanzler, damit Sie wissen, was im Jahre 2000 passiert ist. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Der Redner hinterlegt die zuvor präsentierte Broschüre auf der Regierungsbank vor dem zurzeit leeren Sitz des Bundeskanzlers.)


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115. Sitzung / Seite 88

14.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

14.03

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Vizekanzler! Meine sehr geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Nur ein Wort zu meinem Vorredner, Herrn Kollegem Verzetnitsch. – Herr Präsident des Gewerkschaftsbundes! Sie wissen aber schon, dass wir im heurigen Jahr um 40 000 Arbeitsplätze mehr als im Jahre 1999 haben. (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. ) Es darf auch nicht verschwiegen werden, dass in früheren Jahren sehr viele ältere Arbeitslose in Frühpension gegangen sind und dadurch die Statistik verfälscht worden ist. (Abg. Silhavy: ... mit 55!) Diese Leute waren nicht im Arbeitseinsatz, sie sind früher in Pension gegangen. Wir haben jetzt weniger Frühpensionisten, aber wir haben bei den Arbeitslosenraten immerhin noch den Stand von 1999. In der Zwischenzeit war er niedriger, aber wir wissen auch, dass es europaweit und weltweit eine Konjunkturkrise gibt.

Ich möchte nach der Hochwasserkatastrophe – auch wenn sich die Fernsehkameras und die Schlagzeilen in den Zeitungen nicht mehr damit beschäftigen – noch einmal an die Betroffenheit erinnern, weil wir heute ein Paket beschließen, um diesen Opfern zu helfen. Wir hatten leider Verluste von Menschenleben zu verschmerzen. Es gibt Schäden in Milliardenhöhe, zerstörte Felder, beschädigte Wohn- und Betriebsgebäude und eine ruinierte Infrastruktur. Es herrschte große Verzweiflung in der Bevölkerung.

Diese Bestandsaufnahme macht betroffen und lehrt uns eines: Gesellschaft, Wirtschaft und Politik müssen mit den Grenzen umgehen lernen, die uns von der Natur gesetzt werden. Für die betroffenen Geschädigten ist es ein Trost, dass es in Österreich eine sehr große Welle der Solidarität gegeben hat und gibt. Es gibt für die Zukunft der betroffenen Regionen das Signal, dass wir in der Lage sind, diese wieder aufzubauen. Wir lassen die Opfer nicht im Stich!

Das dem Nationalrat vorliegende umfassende Maßnahmenpaket ist richtungweisend. Rasche, unbürokratische Hilfe steht im Vordergrund, um wieder so etwas wie Normalität im Alltag einkehren zu lassen. Besonders begrüßenswert ist das Hilfsprogramm für die Landwirtschaft. Dieses wird es ermöglichen, dass die Bauern wieder wirtschaften und die ursprüngliche Kulturlandschaft wiederherstellen können. Über 25 000 Hektar Kulturlandschaft sind überschwemmt und zum Teil mit Geröll verschüttet worden.

Neben den Mitteln des Katastrophenfonds und den steuerlichen Regelungen gibt es weitere wichtige Maßnahmen für die Landwirtschaft, etwa vorgezogene Auszahlungen von Direktzahlungen, die Vorreihung der Förderanträge betroffener Landwirte, Ratenstundungen bei laufenden Agrarinvestitionskrediten, eine Futterzukaufaktion, um den Ausfall der Futterversorgung auszugleichen, die Stundung der Agrarmarketingbeiträge, die Nutzung von Stilllegungsflächen oder die verbilligte Abgabe von Interventionsgetreide zu Futterzwecken – um nur einige der Maßnahmen zu nennen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! In dieser Sitzung des Nationalrates wird aber auch die Bilanz der Bundesregierung seit dem Jahr 2000 gezogen. Diese Bilanz ist für die Landwirtschaft sehr positiv. Von der Bundesregierung wurden seit dem Jahre 2000 auch wesentliche Entscheidungen für die Bauern getroffen, etwa die Erhöhung des Landwirtschaftsbudgets 2001 bis 2003, um sozusagen jeden Euro von Brüssel abholen zu können, damit wir mit der Kofinanzierung das Umweltprogramm, die Ausgleichszulage und die Investitionsförderungen für die Bauern bestreiten können, aber auch eine Weiterführung des Einheitswertsystems bis zum Jahre 2009.

In der Familienpolitik ist auch für die bäuerlichen Familien ein Meilenstein gesetzt worden. Endlich sind auch die Bäuerinnen als Mütter gleich viel wert wie die Arbeitnehmerinnen als Mütter. Da bestand in der Vergangenheit ein großes Unrecht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es gibt jetzt das Kinderbetreuungsgeld für alle Kinder aus bäuerlichen Familien und ab dem Jahr 2003 – das ist bereits damals mit diesem Paket beschlossen worden – eine Erhöhung der Familienbeihilfe für alle Kinder.

Das Programm für den ländlichen Raum hat uns dazu gebracht, dass wir in der umweltbewussten Landwirtschaft Spitze in ganz Europa geworden sind. (Abg. Gradwohl: Waren!) Es ist die


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Fortsetzung des ÖPUL-Programms beschlossen worden. In dieser Gesetzgebungsperiode ist auch der Sockelbetrag für die Bergbauern eingeführt worden, um den kleinen Bergbauern eine bessere Möglichkeit zu geben.

Es ist auch im jetzigen Strukturprogramm, das heute beziehungsweise morgen beschlossen wird, eine Erhöhung der Biomasseförderungen um 50 Millionen € enthalten. Das ermöglicht es immerhin, baufertige Projekte schnell in Angriff zu nehmen, und dies wird in der nächsten Zeit etwa 1 500 Arbeitskräfte binden. Das bedeutet, es werden auch mit den heutigen Beschlussfassungen wesentliche Maßnahmen ergriffen.

Der Herr Präsident hat mir noch einige persönliche Anmerkungen gestattet, da diese Legislaturperiode meine letzte als Abgeordneter in diesem Hause sein wird und ich doch auf eine lange Zeit dieser Tätigkeit zurückblicken kann. Es sind nur wenige hier, die noch die Zeit der Kreisky-Alleinregierung erlebt haben. Ich habe auch die SPÖ/FPÖ-Koalition von 1983 bis 1986, die SPÖ/ÖVP-Koalition von 1987 bis 1999 und die ÖVP/FPÖ-Koalition von 2000 bis jetzt erlebt. Ich sage dazu ganz offen, dass in diesem Hause die meisten Reformen im Zeitraum der letzten zweieinhalb Jahre durchgeführt worden sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Früher wurde sehr vieles blockiert. Bundeskanzler Dr. Schüssel bin ich dankbar dafür, dass er, als im Jänner 2000 das gemeinsam ausverhandelte Regierungsprogramm im SPÖ-Vorstand keine Mehrheit mehr fand und von der SPÖ abgelehnt wurde, den Mut zu dem Versuch hatte, mit der Freiheitlichen Partei eine Regierung zu bilden. Es wäre eine Katastrophe für die Bauern gewesen, wären wir in dieser Legislaturperiode in Opposition gewesen! Das muss ich allen bäuerlichen Familien sagen.

Insbesondere danke ich Bundeskanzler Schüssel für die Verantwortung für Österreich. Ich danke ihm dafür, dass er immer die Sorgen der Bauern geteilt hat und dass er die Gelegenheit geboten hat, Lösungen auch umzusetzen. Ich danke Bundesminister Molterer für die gute Zusammenarbeit zur Sicherung einer nachhaltigen, ökosozialen, flächendeckenden Landwirtschaft auf Basis von bäuerlichen Familienbetrieben. Ich danke auch meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem ÖVP-Klub für die gute Zusammenarbeit. Ich war immerhin zwölf Jahre lang Klubobmann-Stellvertreter, und die Zusammenarbeit im ÖVP-Klub war wirklich hervorragend. Darüber hinaus danke ich auch den Abgeordneten aller Fraktionen, mit denen wir uns in den Ausschüssen gegenseitige Unterstützung gewährt haben, um den landwirtschaftlichen Anliegen entsprechend zum Durchbruch zu verhelfen.

Schließlich wünsche ich den Österreicherinnen und Österreichern eine gute Zukunft mit einem Bundeskanzler Schüssel. Mit ihm ist Gewähr dafür gegeben, dass es für unser Land in einem geeinten und friedlichen Europa gut weitergehen wird. (Anhaltender, stehend dargebrachter Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger verabschiedet sich mit Handschlag von Bundeskanzler Dr. Schüssel und Vizekanzlerin Dr. Riess-Passer.)

14.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

14.12

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich wünschen auch wir dem Kollegen Schwarzenberger eine sehr schöne Pension – wenn er in Pension geht – und bedanken uns für die Zusammenarbeit. Wir wünschen die Pension und den Abgang selbstverständlich auch noch vielen anderen Abgeordneten und Kollegen von ÖVP und FPÖ. (Abg. Auer: Und dem Öllinger!) Zumindest in der Pension wünschen wir ihnen alles Gute. (Abg. Auer: Öllinger wird ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schwierig, ein derart umfangreiches Paket, wie es uns heute vorliegt, gemeinsam mit einer Bilanz der Bundesregierung zu diskutieren. Auch wenn Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, sich noch so sehr bemühen, die Bilanz herauszusprudeln und abzurechnen, was alles Sie erreicht und was alles Sie durchgesetzt haben – es gibt auch Punkte, bei denen wir durchaus auch als eine sehr kritische und wachsame Opposition mit den Regierungsparteien mitgestimmt haben –, bemisst sich dennoch


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die Bilanz dieser Koalition, Herr Kollege Schwarzenberger, nicht nur daran, wie viele Gesetze und welche Gesetze Sie gemacht haben, sondern sie bemisst sich auch daran, welches Klima, welche Stimmung diese Koalition in diesem Land geschaffen hat. Und da, Herr Kollege Schwarzenberger, fällt die Bilanz negativ aus, und zwar so negativ wie noch unter keiner anderen Bundesregierung! Ich sage Ihnen das – weil Sie die Zeiten der großen Koalition angesprochen haben – auch in dem Wissen um die große Koalition und auch deshalb, weil eine große Koalition Stillstand bedeutet. Auch in Zukunft – wenn es nach dieser Wahl dazu kommt – kommt mit der großen Koalition der Stillstand, das ist keine Frage.

Aber was diese Koalition an Negativem geschaffen hat, war Folgendes: Wie von keiner anderen Bundesregierung wurden bestimmte Gruppen vergessen und ausgegrenzt. Es wurde ein ideologisches Projekt vorgestellt, das damit begonnen hat – daran kann ich mich noch gut erinnern –, dass gleich zu Beginn und zur Brüskierung der Jugend in diesem Land die Internet-Generation vom Kanzler abgekanzelt wurde. Das ist das, was die Jugend als eine der ersten Bemerkungen des Bundeskanzlers über sie gehört hat: die Internet-Generation, die demonstrieren geht und nichts anderes im Kopf hat. – Das war kein guter Start, und diesem schlechten Start – nicht nur in Bezug auf die Jugend – ließen sich viele Beispiele anfügen (Abg. Murauer: Die Aufwiegler übers Internet ...!), auch die großen Themen und die großen Slogans der Bundesregierung.

Nulldefizit: Ich kann mich noch daran erinnern, dass Finanzminister Grasser – er ist jetzt nicht hier – seine Budgetrede mit dem eingängigen Satz begonnen hat: Ein guter Tag beginnt mit einem ausgeglichenen Budget. Ich habe damals erwidert: "Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben!" – Heute ist der Abend dieser Bundesregierung, und heute wäre Bilanz über das Nulldefizit zu ziehen. Eines wissen Sie genauso gut wie ich, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien: dass das Defizit, das wir jetzt haben, mit der Hochwasserkatastrophe nur sehr wenig zu tun hat! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich hätte mir auch in Bezug auf das Katastrophenpaket ein bisschen mehr Mut gewünscht, ein bisschen mehr Bereitschaft, wirklich umfassend Hilfe zu leisten, Wiederaufbau zu leisten, dies mit einem Konjunkturpaket sowie mit mittelfristigen und langfristigen Maßnahmen zu verbinden. Dies kann in dem Bereich doch nur heißen, im Klimaschutz und auch – was den Abgeordneten Schwarzenberger nicht so sehr freuen wird – bei der Wildwasserverbauung andere Wege zu gehen, als sie in der Vergangenheit gegangen wurden. Aber davon ist nichts zu bemerken. Die Regierung schleicht sich aus ihrer Verantwortung zu einem Zeitpunkt, da genau diese Fragen auch für eine innenpolitische Debatte sorgen müssten und genau die Perspektiven etwa im Bereich des Klimaschutzes zu diskutieren wären.

Wo ist die Regierung? Wo ist sie bemerkbar? – Gut, den Augenblick haben Sie bewältigt. Aber die Hilfe, die Sie leisten, die Katastrophenhilfe, die wir heute beschießen, wird nicht ausreichen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, und das wissen Sie genauso gut wie wir! Nur werden Sie dann aus der Verantwortung sein. Vorher aber klopfen Sie sich noch auf die Schulter. Das ist nicht ganz ehrlich, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme zu einem Zweiten – "Speed kills": Das ist auch etwas, das man untrennbar mit dieser Bundesregierung verbindet. Darüber ist schon viel gesagt worden, zum Beispiel "Speed kills quality", das heißt, durch die Geschwindigkeit, durch das Tempo wird die Qualität umgebracht. Ich nenne Ihnen als ein Beispiel dafür – weil wir es heute diskutieren müssen – die Ambulanzgebühren. Diese Regelung reparieren Sie, weil Sie wissen, dass der Verfassungsgerichtshof ein Erkenntnis fällen wird, mit dem die Ambulanzgebühren zumindest teilweise aufgehoben werden. Jetzt reparieren Sie wieder so schlecht, wie Sie das vor zwei Jahren gemacht haben! All die Punkte, die wir damals an den Ambulanzgebühren kritisiert haben, haben sich bestätigt. Aber die Reparatur ist genauso schlecht wie das, was Sie vor zwei Jahren gemacht haben. Und wie machen Sie es? – Überfallsartig, schlecht: das ist "Speed kills", das ist das Motto Ihrer Bundesregierung, das Sie überdauern wird! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Gusenbauer. )


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Ich wünsche mir – egal, welche Bundesregierung es werden wird –, dass eine Regierung anders vor ihre BürgerInnen, aber auch vor die Organisationen in diesem Land tritt. Dass sie Verantwortung übernimmt, ist das eine; aber dass sie den Dialog, das Gespräch sucht und nicht überfallsartig Politik macht, sondern die Auseinandersetzung sucht und auch bereit ist zuzuhören – das ist es, was ich mir wünsche! (Beifall bei den Grünen.)

Dritter Punkt: Meine Damen und Herren! "Neu Regieren" war doch auch so ein Slogan dieser Regierung. Ich zitiere Bundeskanzler Schüssel von Anfang März 2000:

"... wir nehmen die Entpolitisierung ernst, bitterernst. Es wird keine Proporzbestellungen mehr geben."

Herr Bundeskanzler! – Er ist nicht da. – Es wäre schön gewesen, diese Worte direkt an Sie zu richten und Sie vielleicht auch zu einer Antwort zu bewegen. Was ist denn damit, angesichts dessen, was derzeit in den Ministerien stattfindet, angesichts dessen, was Sie im Verfassungsgerichtshof mit der Neubesetzung zweier Posten noch schnell, bevor die Tätigkeit dieser Regierung endet, vorhaben? Was ist denn damit, wenn, wie ich gelesen habe, bei der Brenner Eisenbahn GmbH noch schnell der ehemalige FPÖ-Mandatar Gilbert Trattner untergebracht wird, weil er in der SCHIG keinen Platz mehr hat? – Da die SCHIG aufgelöst wird, wird er noch schnell in die Brenner Eisenbahn GmbH "entsorgt".

Das nennen Sie Entpolitisierung, "bitterernste Entpolitisierung"? Was ist denn mit dem Umstand, dass eine Partei wie die ÖVP, die im Nationalrat 27 Prozent hat, im ORF im Stiftungsrat die absolute Mehrheit hat? (Abg. Zweytick: Redezeit!)

Meine Damen und Herren, vor allem von der ÖVP! Da können Sie doch nicht sagen, dass Sie das, was Sie den Österreicherinnen und Österreichern zweieinhalb Jahre lang zu predigen versucht haben, selbst ernst nehmen.

Zum Schluss noch Folgendes: Bundeskanzler Schüssel sagte – auch im März 2000 –, er glaube, diese Regierung werde dem Land ganz gut tun. Mit dem Beschluss zur vorzeitigen Auflösung des Parlaments und auch dieser Bundesregierung, mit den Rücktritten dieser Bundesregierung, mit all dem, was Sie nicht nur in den letzten Wochen an Schauspiel, auch an Bereitschaft von Seiten der ÖVP, jeden innerhalb der FPÖ zu akzeptieren, sogar einen Herrn Haider – Frau Landeshauptfrau Klasnic hat ja gesagt, jeder ist uns willkommen (Abg. Zweytick: Selbstverständlich! Wir grenzen keinen aus!)  –, demonstriert haben, zeigen Sie nur eines: Die ÖVP ist unter allen Umständen bereit und entschlossen, an der Macht zu bleiben und Posten zu sammeln (Abg. Zweytick: Selbstverständlich! Richtig! Weil es das Beste fürs Land ist!), noch und nöcher, auch wenn damit der soziale Friede und der Zusammenhalt in der Gesellschaft gefährdet ist.

Sie denken nicht an dieses Land. Sie denken, vielleicht einige Parolen im Kopf habend, einzig und allein daran, dass es Ihrer ÖVP gut geht. (Abg. Zweytick: No na!) Und das ist zu wenig für die Zukunft dieses Landes! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. Herr Bundesminister, auf Grund der fraktionellen Redezeit für die Freiheitliche Partei stehen Ihnen maximal 15 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

14.23

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich glaube, es kann uns nicht das Recht genommen werden, dass wir auf das, was wir in den letzten zweieinhalb Jahren für dieses Land im Rahmen dieser Bundesregierung geleistet haben, Bezug nehmen und dass wir das auch in Erinnerung rufen. (Abg. Edlinger  – in Richtung des den Vorsitz führenden Präsidenten Dr. Fasslabend –: Das entspricht nicht der Vereinbarung! Das ist nicht vereinbart!)


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Ich nehme für das Bundesministerium für Justiz ausdrücklich in Anspruch, dass wir gemeinsam mit dem Justizausschuss immer darum bemüht waren, redlich, sachlich und effizient für dieses Land zu arbeiten.

Wir können für uns in Anspruch nehmen, dass auf eine Phase des Stillstandes während der letzten Koalitionsregierungen eine Phase der Dynamik gefolgt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben eine Fülle von Gesetzen, die bisher lediglich angedacht und beredet wurden, zur Entscheidungsreife gebracht. Es wird leicht sein, in der nächsten Legislaturperiode auf diese Vorarbeiten zurückzugreifen.

Wir haben eine wahrhaft stolze Bilanz: Wir haben etwa 150 oder mehr – möglicherweise sogar 200 – Novellen zustande gebracht und zwei völlig neue Gesetze. Das ist – möchte ich betonen – keine Gesetzesflut, vor der wir erschrecken oder vor der wir Scheu haben müssen, sondern das waren notwendige Anpassungen an die moderne Welt, an das 21. Jahrhundert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es sollte auch die Philosophie der nächsten Jahre sein, nicht unbedingt neue Gesetze zu beschließen, nicht unbedingt und um jeden Preis Neues zu schaffen, nicht Anlassgesetzgebung, wie Frau Abgeordnete Dr. Fekter oft gesagt hat, zu pflegen, sondern die Entwicklung zu beobachten und die Gesetze anzupassen.

Wir mussten einen großen Umsetzungsbedarf von EU-Richtlinien erfüllen, haben große Reformen beendet und manche, wie gesagt, neu auf Schienen gebracht. Nach den schrecklichen Ereignissen des 11. September 2001 haben wir neue Bestimmungen gegen den Terrorismus geschaffen, insbesondere jene betreffend Trittbrettfahrer. Das sei auch ein Beispiel dafür, dass die Opposition doch manchmal erfolgreich gebeten werden konnte, mit uns diesen Weg der neuen Gesetzgebung, der Novellierung, zu gehen.

Gerade was die Bestimmung über die Trittbrettfahrer anbelangt, haben wir noch im Justizausschuss scharfen Gegenwind von der Opposition bekommen, aber letztlich hier im Hohen Haus volle Übereinstimmung erzielen können. Ich kann Ihnen sagen, die Quote an Einvernehmlichkeit in dieser zu Ende gehenden Legislaturperiode ist nahezu identisch mit der Quote aus früheren Legislaturperioden. – Das heißt, die Konsensgesinnung im Justizbereich wurde beibehalten und gepflegt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben den Europäischen Haftbefehl umgesetzt beziehungsweise die Voraussetzungen dafür geschaffen. Ich kann Sie alle beruhigen: Wir können und werden ihn in Zukunft so umsetzen, dass Österreicher gegen unseren Willen mit Sicherheit nicht ausgeliefert werden müssen.

Darüber hinaus haben wir gegenüber anderen Ländern, gegenüber allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Recht, mit der Umsetzung weitere fünf Jahre zuzuwarten.

Wo es notwendig war, haben wir im Sexualstrafrecht die Bestimmungen angepasst. Wir haben dort, wo ein Auseinanderklaffen zwischen den Vermögensdelikten und den Sexualdelikten unverkennbar war, nachgeregelt, was nachzuregeln war. Es war unzumutbar, dass Raub mit Todesfolge mit lebenslanger Strafe bedroht war und ist, dass dies aber nicht für die Vergewaltigung und die Kindesmisshandlung mit Todesfolge galt. Hier war es notwendig, die entsprechenden Anpassungen vorzunehmen.

Auch im Drogenbereich, im Suchtmittelbereich, haben wir die notwendigen Schritte gesetzt. Es ist wichtig, dass Drogenbosse, also jene, die nicht süchtig sind, aber süchtig machen und mit Suchtgift handeln, endlich mit lebenslanger Strafe bedroht sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben eine Fülle von Wirtschaftsgesetzen gemacht, das Gewährleistungsrecht umgesetzt, und ich bedanke mich neuerlich bei der Wirtschaft, dass sie dabei mitgegangen ist. Es war eine


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Zumutung und es ist eine Belastungsprobe für die Wirtschaft, wenn die Gewährleistungsfrist von sechs Monaten auf zwei Jahre ausgedehnt wird.

Das Eigenkapitalersatzdarlehen haben wir in einem eigenen Gesetz neu geregelt. – Das war notwendig. Wir haben den Kridatatbestand entrümpelt, wir haben das E-Commerce-Gesetz gemacht und werden das Kaufmannsrecht neu gestalten. Wir haben auch die Tierquälerei nicht vergessen und sind dem diesbezüglichen Anpassungsbedarf entsprechend begegnet.

Etwas, das mir besonders wichtig ist: Wir sind auch im Konsumentenschutz neue Wege gegangen. Es war nicht mehr mit anzusehen, wie die Sozialpartner, die glauben, den Konsumentenschutz für sich gepachtet zu haben, untereinander abgestimmt haben, was Konsumentenschutz sein darf und was nicht. Das geht so nicht weiter. Wir müssen im Verein für Konsumenteninformation eine Öffnung vornehmen. Es muss künftig zulässig sein, dass hier alle gesellschaftlich relevanten Gruppen mitarbeiten, insbesondere die Jugend und die Senioren.

Meine Auseinandersetzung mit den Banken war keine persönliche Entscheidung. Es hat nicht meiner Absicht entsprochen, sondern das war notwendig. Es sind Milliardenbeträge  – gleichgültig, ob man in Schilling oder in Euro rechnet – auf Grund gesetzwidriger Verträge und sittenwidriger Klauseln zu den Banken gewandert oder dort geblieben, auf die sie keinen Anspruch hatten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Österreich dieses Unrecht in Zukunft nicht vollständig beseitigt.

Auch in der Hochwasserfrage haben wir Solidarität gezeigt. Wir haben mit Beratungen bei den Justizwachebeamten begonnen, sind vor Ort gewesen, haben Dienstfreistellungen vorgenommen und einen umfangreichen Arbeitseinsatz der Strafgefangenen forciert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

1 280 Strafgefangene haben mitgearbeitet, 15 000 Arbeitsstunden wurden geleistet, und es ist in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt, dass unsere Strafgefangenen arbeiten müssen und dass auch der Staat die Arbeitsmöglichkeit schaffen muss. Sie haben dies in der Überzeugung getan, dass in Österreich Resozialisierung etwas gilt, sie haben es aktiv getan und werden es auch weiter tun. Bei uns fragen jetzt die Bürgermeister an: Diese werden weiterhin für primitive, einfache Arbeiten die Strafgefangenen heranziehen, und das ist gut so. Hier haben wir ein neues Problembewusstsein und ein neues Betätigungsfeld geschaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei allen, mit denen ich zusammengearbeitet habe, bedanken, insbesondere bei den Justizsprechern, bei Ihnen, Frau Dr. Fekter, bei Harald Ofner, bei Frau Mag. Stoisits und auch, trotz mancher Pressedienste, die ich nicht verstanden habe, bei Kollegem Dr. Jarolim.

Ich bedanke mich auch bei den Konsumentenschutzsprechern. Es war immer ein Klima der Gemeinsamkeit, ein scharfes Klima der Kritik, aber letztlich auch eine Stimmung, in der wir wussten, wir arbeiten für Österreich. Der eine wollte diesen Weg gehen, der andere jenen. Wir haben dieser Gesetzgebungsperiode unseren Weg gegeben und unseren Stempel aufgeprägt; das mag sein, aber das war gut für Österreich.

Die Zustimmung war bei allen Gesetzen, die wir gemacht haben, groß. Wir beobachten die Auswirkungen der Gesetze auch, nachdem sie rechtskräftig wurden: Keines hat sein Ziel verfehlt, alle waren sie richtig und alle sind sie in Ordnung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bedanke mich auch vor allem bei den Beamten des Justizministeriums, bei meinem Kabinett und allen Mitgliedern anderer Kabinette, die mit uns gearbeitet haben. Wer auch immer in dieses Justizministerium kommen wird, er wird ein Klima der Objektivität und der Loyalität der Beamten vorfinden. Das ist wichtig. Ich habe selbst davon profitiert. Ich habe mich gehütet, dieses Klima zu beeinträchtigen. – Im Gegenteil: Ich habe es gefördert! Wer auch immer das Ministerium betritt, er wird seine Freude daran haben, er wird von der ersten Sekunde an arbeiten können, er wird keine herausgezogenen Stecker und keine vernichteten Festplatten finden, er


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wird ein ordentliches Klima vorfinden, so wie es sich für die Republik Österreich und ein Ministerium gehört. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte aber auch von nicht Erreichtem sprechen, und ich freue mich, dass Herr Dr. Gusenbauer hier ist. – Herr Dr. Gusenbauer, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit! Ich schaffe es noch nicht, aber vielleicht gelingt es mir, Ihre Aufmerksamkeit zu erregen.

Da ich ja völlig neu in der Politik war, habe ich es zu Beginn dieser Gesetzgebungsperiode für notwendig befunden – und ich glaube, das war richtig –, mich überall vorzustellen, nachdem ich als Minister angelobt worden war: bei den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes, bei den Landeshauptleuten und so weiter. Natürlich habe ich auch mit den Klubobleuten Vorstellungsgespräche geführt.

Herr Dr. Gusenbauer, bis heute waren Sie es, der mir keinen solchen Gesprächstermin gegeben hat, obwohl ich das immer wieder ins Leben rufen wollte, obwohl ich immer wieder darum gebeten habe, obwohl ich es immer wieder Ihren Kollegen gesagt habe, auch Herrn Präsidenten Dr. Fischer. (Aha-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Eh klar!) Ich finde, das ist ein Relikt, das wir beseitigen sollten. Das ist Ausgrenzung pur, die wir in diesem Land nicht notwendig haben sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Sei froh, dass du nicht reden musst mit ihm! Mit Moskowitern ist es schwer!)

Obwohl Herr Klubobmann Dr. Khol heute sehr richtige Worte dafür gefunden hat, dass sich das Diskussionsklima in diesem Land verbessert hat, haben wir es nicht erreicht, diese Ausgrenzung zu beseitigen, und das ist schade. Wir können das auch nachholen, wenn wir im Wahlkampf sind, Herr Dr. Gusenbauer, das können wir in der nächsten Legislaturperiode machen, gleichgültig, wo wir sitzen, da, dort, oben oder unten oder sonst irgendwo, denn wir sind für dieses Land hier und es ist eine Kulturschande für den Rechtsstaat, dass man Ausgrenzung noch immer betreibt. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Was erwartest du von dem?)

Ich komme aus diesem Grunde auch auf den "Weisen-Bericht" zu sprechen, der gut war für Österreich, der insgesamt ein gutes Zeugnis für Österreich ausgestellt hat. (Abg. Dr. Gusenbauer: Gut für Österreich, schlecht für Böhmdorfer!) Es hat in diesem "Weisen-Bericht" aber auch, wie bekannt, Kritik gegeben, an mir und – interessanterweise – an der österreichischen Gerichtsorganisation. Natürlich wollte ich mich darüber informieren, wie es dazu kommt, dass seitens der "drei Weisen" oder Experten die Auffassung vertreten werden konnte, dass ich, der Justizminister, zum Beispiel an Massenklagen gegen Politiker beteiligt war, obwohl ich keinen einzigen österreichischen Politiker jemals vor oder nach meiner Ministertätigkeit geklagt habe.

Ich habe mich bemüht, die Protokolle zu bekommen, die mit den Gesprächspartnern der drei Experten aufgenommen wurden. Herr Dr. Gusenbauer! Natürlich können diese Protokolle nur freigegeben werden, wenn die Gesprächspartner damit einverstanden sind. Einige davon sind hier im Hause und können Klarheit darüber schaffen, was sie den "drei Weisen" über Österreich gesagt haben. (Rufe bei den Freiheitlichen: Hört, hört!)

Ich sage gar nichts Böses, nichts Schlechtes, ich äußere keine Vermutung, aber es wäre klar und schön, wenn alle, die von den "drei Weisen" vernommen wurden oder mit ihnen gesprochen haben – wie auch immer man das jetzt bezeichnet –, klarstellen würden, dass sie einverstanden sind, dass diese Protokolle, in denen über Österreich, über die österreichische Politik, über den politischen Gegner Aussagen gemacht wurden, freigegeben und öffentlich gemacht werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Das wäre interessant!)

Ich entnehme Ihrem Blick, dass Sie damit einverstanden sind. Einige der Gesprächspartner sind hier im Hohen Hause. Wer sind sie? – Heinz Fischer, Alexander Van der Bellen, Ulrike Lunacek, Karl Öllinger, Fritz Verzetnitsch, Alfred Gusenbauer. (Abg. Dr. Gusenbauer: Wolfgang Schüssel!) Ich bitte Sie alle, stellen Sie klar, was Sie den "drei Weisen" über Österreich gesagt haben, denn dieser Bericht geht um die Welt, er ist wichtig für das Klima und auch für


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das Ende der Ausgrenzung. – Darum ersuche ich Sie dringend. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.36

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte. (Abg. Auer: Da schauen aber ein paar nicht gut aus, da drüben! – Abg. Dr. Gusenbauer: Da fehlen ein paar Namen! – Abg. Mag. Schweitzer: Die sind nicht so wichtig, weil die haben die Wahrheit gesagt! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Mit der Wahrheit nimmt es der Herr Böhmdorfer nicht so genau!)

14.36

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich erlaube mir, nach dem Redebeitrag von Herrn Öllinger wieder auf das Kernthema der heutigen parlamentarischen Auseinandersetzung einzugehen, nämlich auf die Bilanz der Regierung und die Bewältigung der Krise im Zuge des Hochwassers 2002.

Meine Damen und Herren! Auch wenn es von diesem Pult aus von der Opposition gerne anders dargestellt wird: Die Erfolgsbilanz der Bundesregierung und die Erfolgsbilanz der Freiheitlichen in der Bundesregierung kann sich sehen lassen. Herr Öllinger! Es muss erst eine bessere Regierung gefunden werden! Ich bin mir sicher, dass Sie einer solchen besseren Regierung garantiert nie angehören werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Ziemlich schwacher Applaus! – Abg. Dr. Mertel: Ausgrenzung!)

Eine Krise wie die Hochwasserkatastrophe 2002 ist eine echte und wahre Bewährungsprobe für jede Regierung. Sie war es für die österreichische Bundesregierung in besonderem Maß. Damit bin ich bei den Worten "noch nie": Noch nie hat Soforthilfe so schnell eingesetzt wie in diesen Tagen. Noch nie hat man so rasch budgetäre Vorkehrungen dafür getroffen, dass mehr vergütet wurde als in der Vergangenheit üblich. Noch nie hat es Regierungsmitglieder gegeben, Bürgermeister, Landeshauptleute, die so zusammengestanden sind, wie die Beteiligten in dieser Krise. Sie haben gesagt, wir wollen den Leuten helfen, und sie haben es auch umgesetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch nie hat man sich gegenseitig – auch auf Grund des vorbildhaften Verhaltens dieser Bundesregierung – so gegeneinander gestützt, ermutigt, aufgemuntert. (Abg. Dr. Lichtenberger: "Gegeneinander gestützt" ist gut!) Ich glaube, das muss man schon im richtigen Licht sehen. Da kann auch Herr Öllinger nicht herauskommen und sagen, er hätte sich zuerst einmal mit irgendwelchen Konzepten der Wildwasserverbauung beschäftigt. – Das ist alles gut und schön, ist ein langfristig sicher notwendiges Procedere, das da eingeschlagen werden muss. – Nur: Den Leuten hätte das im Nachhinein nicht geholfen. So gesehen bin ich froh darüber, dass Herr Öllinger nicht in die Verlegenheit kam, Krisenminister zu sein; das muss ich schon sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist ja unglaublich!)

Wenn Sie sich dieses Programm ansehen, werden Sie erkennen, dass das eigentliche Katastrophen-Hilfsprogramm der Bundesregierung und das zusätzlich beschlossene Konjunkturbelebungsprogramm durchaus miteinander zu tun haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht doch das eine in das andere über, auch wenn das heute von Herrn Verzetnitsch zu bestreiten versucht wurde.

Vollkommen klar ist – ich habe das bereits im Finanzausschuss gesagt –: Bei einer solchen Krise sind viele Betriebe zum Handkuss gekommen, Betriebe, die heute noch immer Angst haben und nicht genau wissen, ob beziehungsweise wann sie ihre volle Produktion wieder aufnehmen können. Diese Betriebe haben enorme Ausfälle; Wiederbeschaffungszyklen bei maschinellen Anlagen können oft viele Monate betragen. Daher muss man sich, so gut es eben geht, behelfen – das auch mit Hilfe der Bundesregierung, mit diesem großartigen Unterstützungsprogramm, damit die Produktion eben so schnell wie möglich wieder anlaufen kann.


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Meine Damen und Herren! Ich habe das selbst erlebt, am eigenen Leib sozusagen: Anfangs stehen alle Kunden, alle Abnehmer von solch betroffenen Firmen zu diesen Firmen, beweisen den Geschädigten ihre Loyalität, aber irgendwann muss natürlich jede Firma wieder liefern, irgendwann müssen die Leute auch wieder voll arbeiten. Und genau um diese Zeitspanne geht es, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Daher lasse ich auch den Vorwurf nicht gelten, wenn heute der eine oder andere sagt: Warum wurde denn nicht mehr bei persönlichem Hab und Gut direkt abgegolten und Schadensleistungen vergütet?! – Wir müssen die Betriebe retten, wir müssen alles daransetzen, dass beispielsweise im Kamptal, wo ich zu Hause bin, der Tourismus wieder in Gang kommt, denn in eine Region, die devastiert ist, fährt doch niemand! (Abg. Parnigoni: Reinhard, du warst aber auch schon lange nicht mehr in Gars!) – Das sind die nackten Tatsachen, meine Damen und Herren!

Darüber müssen wir diskutieren, und darauf haben wir auch unsere Programme, inklusive Konjunktur-Hilfsprogramme für die Zulieferindustrie, abzustützen und diese darauf auszurichten. Da nützen auch, lieber Kollege Parnigoni, deine Zwischenrufe nichts! (Abg. Parnigoni: Du sollst bei der Wahrheit bleiben, das ist das Problem!) Die Situation ist und bleibt ernst – wie das ja heute schon gesagt wurde –, auch nachdem die Kamerateams aus diesen Orten weg sind! (Zwischenrufe der Abgeordneten Huber und Parnigoni. )

Daher ist es wichtig, hier nicht nur Zwischenrufe zu machen – Zwischenrufe, die ohnehin unqualifiziert sind (Abg. Parnigoni: Die sind sehr qualifiziert!)  –, sondern ein uneingeschränktes Ja zu sagen, Herr Kollege Parnigoni, und zwar zu zwei Programmen: zum Katastrophen-Hilfsprogramm und auch zum Konjunkturbelebungsprogramm, nicht aber dieser Bundesregierung irgendwelche unlauteren Absichten in die Schuhe zu schieben. Das ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum Schluss kommend noch Folgendes: Ich weiß, dass die Frau Vizekanzlerin auch in der Hinsicht, was das Hochwasser betrifft, persönlich betroffen war und ist – und es wahrscheinlich auch in weiterer Zukunft sein wird. (Abg. Parnigoni: Sag schön "auf Wiedersehen"!) Ich habe das selbst miterlebt, als ich mit ihr bei den Opfern war, und ich weiß daher ganz genau, dass das Hochwasser die Situation dieser Menschen von einem Tag auf den anderen ganz, ganz grundsätzlich verändert hat. Daher ist es richtig – und daher schließe ich mich voll dieser Linie an –, dass eben jetzt einmal vieles zurückgestellt und den Leuten geholfen werden muss.

Frau Vizekanzlerin Riess-Passer ist eine erfolgreiche Politikerin in unserem Lande, und die Republik Österreich braucht solche Politikerinnen und Politiker. Persönlich möchte ich der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass es eines Tages ein Comeback für die Frau Vizekanzlerin geben wird. (Abg. Parnigoni: Jetzt kommt es heraus! Was gibt es da für einen Deal im Hintergrund?)

In diesem Sinne: Leb wohl, Frau Vizekanzlerin, liebe Susanne! Mach’s gut! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. – Bitte.

Ich mache darauf aufmerksam, dass für die nächsten vier Redner jeweils 4 Minuten anstatt der ursprünglich vorgesehenen 5 Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.

14.45

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Böhmdorfer, ich bin erstaunt darüber, dass Sie das Gefühl hatten, von der SPÖ nicht gehört worden zu sein. Herr Bundesminister, ich habe mit Ihnen persönlich mehrere Gespräche geführt. (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Heißen Sie Gusenbauer?) Und ich denke daher: Wenn Sie sich allein gefühlt haben, dann deshalb, weil Sie in Ihrer Justizpolitik alle ausgegrenzt haben. (Zwischenruf des Abg. Großruck. ) Sie haben die Richter ausgegrenzt, Sie haben die Staatsanwälte und auch die Experten ausgegrenzt. Und das habe ich Ihnen in unzähligen Gesprächen oft und oft gesagt, Herr Bundesminister Böhmdorfer. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich möchte diese Debatte auch dazu nützen, darüber zu reden, was den Menschen wichtig ist, auch an einem Tag wie diesem, wenn es darum geht, welchen Weg Österreich in Zukunft gehen soll. Sie wollen ja zu Recht, dass wir Problemlösungen anbieten, und Sie wollen zu Recht nicht, dass Chaos herrscht, wie das jetzt leider durch FPÖ und ÖVP der Fall ist.

Der Herr Bundeskanzler ist wieder da, das freut mich sehr. (Abg. Dr. Khol: Er war immer da!) Herr Bundeskanzler, Sie haben über Schwerpunkte Ihrer Regierungspolitik referiert. Sie haben geprahlt mit Ihren "großartigen Leistungen", und Sie haben sich bei Regierungsmitgliedern bedankt. Nach Ihrer Rede, Herr Bundeskanzler, hat mich eine ältere Dame angerufen und hat zu mir gesagt: Bei Herrn Bundeskanzler Schüssel habe ich den Eindruck gehabt, dass er sich nach lauter "danke, danke, danke" am liebsten auch noch bei sich selbst hätte bedanken wollen, weil er sich selbst am wichtigsten ist. – Das ist das Bild, das die Bevölkerung von Ihnen hat, Herr Bundeskanzler Schüssel! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Als Bundeskanzler ist er besonders wichtig für Österreich! – Abg. Großruck: Hat Ihre Schwester angerufen?)

Herr Bundeskanzler! Bestimmte Themen haben Sie überhaupt nicht angeschnitten, so etwa das Thema Gesundheitsversorgung. Wir wissen jedoch, warum Sie über dieses Thema nicht sprechen möchten. Ihre Bilanz in diesem Bereich: ein Zwei-Klassen-Gesundheitssystem. Sozusagen als Symbol dafür steht ja diese völlig unsoziale Ambulanzgebühr, die Sie zu verantworten haben! (Abg. Großruck: Das waren Betriebsräte der ÖMV, die angerufen haben!)

Herr Bundeskanzler, wie schauen denn Ihre "großartigen Leistungen" tatsächlich aus? Herr Dr. Gusenbauer hat ja darauf hingewiesen, was die wirkliche Bilanz dieser Bundesregierung ist: Die Kluft zwischen Armen und Reichen wird immer größer, und mittlerweile droht uns in Österreich auch der Mittelstand abhanden zu kommen.

Wie sehen denn Ihre "großartigen Leistungen" aus, wenn in Österreich 200 000 Menschen keinen Arbeitsplatz finden? Wie schauen denn Ihre "großartigen Leistungen" aus, wenn wir die höchste Steuer- und Abgabenquote der Zweiten Republik haben, was jeder Einzelne tagtäglich zu spüren bekommt? Wie schauen denn Ihre "großartigen Leistungen" aus, Herr Bundeskanzler, wenn in der von Ihnen angekündigten zweiten Auflage von Blau-Schwarz das Erste, was Sie tun würden, der Ankauf von unnötigen und sündteuren Kampfflugzeugen wäre? – Das ist Ihre Bilanz: Ihre "großartigen Leistungen" zerstören den sozialen Zusammenhalt in Österreich!

Wir von der SPÖ hingegen setzen andere Prioritäten, Herr Bundeskanzler. Uns sind nämlich jene Dinge, die den Menschen wichtig sind, wichtig! Und da uns bewusst ist, dass wir uns nicht alles leisten können, konzentrieren wir uns eben auf bestimmte Dinge. So sind wir beispielsweise für eine hochwertige Gesundheitsversorgung, wir wollen Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit setzen sowie die Wirtschaft stärken und die Pensionen sichern.

Wir Sozialdemokraten wollen einen freien Zugang zur Bildung, und zwar unabhängig vom Einkommen, damit eben alle in unserem Land die Möglichkeit haben, eine gute Ausbildung zu bekommen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Da müssen Sie ÖVP wählen, wenn Sie das wollen!)

Herr Bundeskanzler! Gerade diese Anliegen der Menschen haben in den letzten zweieinhalb Jahren – zukünftig würde es bei Ihnen nicht anders sein – bei Ihnen leider kein Gehör gefunden. Es hat keinen Platz bei Ihnen, wie es einem jungen Menschen geht, der beispielsweise keine Lehrstelle findet.

Das Lehrlingsausbildungsangebot des Bundes möchte ich Ihnen gern kurz näher bringen, Herr Bundeskanzler: 48 Lehrstellen im Innenministerium im Jahre 1998 – heute null! Im Sozialministerium im Jahre 1998 16 Lehrstellen – heute null! Im Wirtschaftsministerium im Jahre 1998 19 Lehrstellen – heute null!

Herr Bundeskanzler, Sie geben ein schlechtes Vorbild ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ihre Redezeit ist zu Ende, Frau Abgeordnete!


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Abgeordnete Doris Bures
(fortsetzend): Herr Bundeskanzler! (Abg. Dr. Khol: Dann hat der letzte Redner keine Zeit mehr! – Abg. Mag. Schweitzer: Das geht ja auf Kosten unserer Redezeit!) Wir werden am 24. November Nationalratswahl haben, und es wird eine Entscheidung darüber sein, ob die ehrgeizigen Karriere-Ideen eines Mannes im Mittelpunkt stehen – oder die Interessen der Menschen. Und Letzteres ist uns von der SPÖ wichtig! (Beifall bei der SPÖ.)

14.49

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Spindelegger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

14.50

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Ja, wir treten am 24. November an, um zu vergleichen, meine Damen und Herren. Wir haben gerade gehört, was sich die SPÖ vornimmt, doch wir von der ÖVP stehen für einen anderen Weg. Ich darf Ihnen die Unterschiede anhand der Bilanz der Bundesregierung auch verdeutlichen.

Punkt eins: Wir sind für ein Kinderbetreuungsgeld eingetreten, weil wir wollen, dass es sich jemand aussuchen kann, ob er im Erwerbsprozess stehen oder ob er die Kinderbetreuung zu Hause vornehmen will. Herr Abgeordneter Gusenbauer hat dieses Kinderbetreuungsgeld mit einem Satz geprägt. Er hat gesagt, das Kinderbetreuungsgeld diene dazu, das zweite Champagner-Frühstück der Familien zu finanzieren. Das haben wir nicht vergessen, meine Damen und Herren. (Abg. Dr. Pumberger: Das ist Gusenbauers Welt!) Dieser Zynismus gegenüber der Familienarbeit schlägt dem Fass den Boden aus. Das ist der Unterschied! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir sind als Christlich-Soziale dafür eingetreten, nicht den Weg der Genossen in Belgien, den Weg der Genossen in Holland zu gehen und über Euthanasie zu sprechen. Dieses Wort ist dort gebraucht worden. Wir sind den Weg gegangen, eine Familienhospizkarenz zu schaffen. Wer seine Angehörigen, seine nahen Angehörigen aus dem Leben begleiten will, der kann dazu einen Karenzurlaub beantragen, und zwar innerhalb von drei Tagen. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Hier haben Sie gesagt, Sie seien dafür. Im Europarat, wo meine Kollegin Gatterer für diesen Weg gestanden ist und kritisiert hat, was in Holland und Belgien unter dem Titel "Euthanasie" geschaffen wurde, weil das menschenrechtswidrig ist, haben Sie kein Wort der Unterstützung gefunden. Das ist der Unterschied! Das werden wir uns merken! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Schweitzer. )

Meine Damen und Herren! Wir sind den Weg einer Abfertigung für alle gegangen. Herr Präsident Verzetnitsch hat heute den Eindruck erweckt, als wäre das seine Idee gewesen. Als ÖAAB stehen wir seit zehn Jahren für diese Idee, doch Herr Präsident Verzetnitsch hat uns und dieser Idee mit seinen Sozialpartnern, die von der SPÖ gestellt worden sind, jahrelang eine Abfuhr erteilt. (Abg. Gradwohl: Was Kollege Stummvoll dazu gesagt hat, sage ich Ihnen dann unter vier Augen!) Dass das jetzt gelungen ist – ohne Regierungsbeteiligung der SPÖ, sondern mit der FPÖ –, ist ein Asset dieser Bundesregierung. Es ist ein sozialer Meilenstein für die Arbeitnehmer in ganz Österreich für viele Jahre. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir stehen für diesen Weg. Ich gebe zu, Herr Präsident Verzetnitsch hat die Kurve gekratzt und sich noch auf dieses Thema draufgesetzt. Er hat auch etwas beigetragen, ein paar kleine Punkte dieser ganzen Regelung sind auf ihn zurückzuführen. Ich will seine Leistung nicht schmälern, aber der Unterschied ist klar: Wi


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r stehen für soziale Reformen dort, wo es den Österreicherinnen und Österreichern nützt. Wir hängen nicht an alten Zöpfen, nur weil man immer dagegen war.

Und das hat sich auch in den letzten Tagen wieder gezeigt. Wir stehen jetzt für das Konjunkturpaket in Richtung für mehr Lehrlinge. Jeder, der als Unternehmer in diesem Jahr einen Lehrling einstellt, soll eine Lehrlingsausbildungsprämie erhalten, meine Damen und Herren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die SPÖ spricht davon und hat gestern im Finanzausschuss dagegen gestimmt. Interessant! Der Unterschied ist klar. Der Vergleich macht uns sicher. Die Volkspartei und die FPÖ stehen dafür, dass man mehr Lehrlinge beschäftigt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben gestern im Finanzausschuss den Vorschlag gemacht, eine Investitionszugangsprämie einzuführen. Für jeden, der investiert, soll es eine Prämie geben, damit die Konjunktur angekurbelt wird. Wir stehen dafür. Die SPÖ hat das in der gestrigen Sitzung des Finanzausschusses abgelehnt. Interessant, meine Damen und Herren!

Wir stehen dafür, dass innerbetriebliche Aus- und Fortbildung steuerlich abgesetzt werden kann. Sie haben gestern im Finanzausschuss dagegen gestimmt.

Wir stehen dafür, dass es auch eine prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge für alle gibt. Was heißt das? – Eine Zweitpension für jeden soll möglich sein, meine Damen und Herren. Jeder soll diese Möglichkeit haben, die wir jetzt bei der "Abfertigung neu" für alle Arbeitnehmer geschaffen haben. Die SPÖ war gestern im Finanzausschuss dagegen.

Sie sehen, meine Damen und Herren: Der Vergleich macht Sie sicher.

Am 24. November geht es um die Frage: Wer soll Österreich regieren? – Ein Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der über Jahre erfolgreicher Arbeit, über Erfahrung, über Verantwortung verfügt (Abg. Huber: Man sieht ja, was dabei herauskommt!), oder ein Herausforderer Alfred Gusenbauer? Meine Damen und Herren! Die Österreicher werden eine klare Antwort darauf geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei der ÖVP: Der Vergleich macht sicher!)

14.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

14.55

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Bilanz dieser Bundesregierung ist natürlich unvollständig, wenn man nicht auch über den Verkehrsbereich spricht. Und das bezieht sich nicht nur darauf, dass der neue Herr Verkehrsminister, der letzte im Verkehrsminister-Trio dieser Bundesregierung, nun sozusagen auch innerhalb seiner Partei, zumindest zeitweilig, eine wichtige Position zu erklimmen scheint. Herr Minister Reichhold war kurz im Amt. Er hat diese Zeit aber genützt. Er hat nämlich in dieser Zeit noch mehr versprochen und noch weniger gehalten als alle seine Vorgänger – und in diesem Fall seine Vorgängerin.

Meine Damen und Herren! Ich möchte auf diese Fragen etwas näher eingehen. Stichwort: Transit, Europäische Union.

Herr Minister Reichhold hat in seiner Bilanz von Vier-Parteien-Gesprächen geredet, die er geführt habe, und er hat davon gesprochen, dass er überall Konsens für eine gemeinsame Transithaltung erzielt habe. Meine Damen und Herren! Diese Gespräche haben äußerst selten stattgefunden, und wenn ein Konsens erzielt worden ist, wie zum Beispiel bei den Besprechungen in Tirol zu Gunsten einer echten Transitnachfolgeregelung, dann hat sich der liebe Herr Minister in Tat und Wort nicht daran gehalten. Er hat dieses Versprechen, für eine Eingrenzung der Transitlawine zu sorgen, ganz einfach ignoriert, sobald er am Brüsseler Parkett unterwegs war.

Anders wäre es nämlich nicht zu erklären gewesen, dass keinerlei Möglichkeit mehr zu existieren schien, transitbeschränkende Maßnahmen im Europäischen Parlament unterstützen zu lassen und mit seinen Ministerkollegen Einvernehmen hierüber herzustellen. Diese brachten die gleichen Argumente wie immer: Herr Minister Reichhold hat es nicht für notwendig gefunden, mit seinen ausländischen Kollegen aus dem Süden und aus dem Norden überhaupt Gespräche über eine gemeinsame Lösung zu führen. Deswegen haben wir – und das ist jetzt das Pro


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blem – ein Transitdesaster ersten Ranges auf europäischer Ebene zu erwarten. Das kann sich Herr Minister Reichhold in seine Verkehrsbilanz hineinschreiben. – Leider! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es gab eine gewichtige Mahnung auf europäischer Ebene in Hinsicht Unglaubwürdigkeit der Verkehrspolitik Österreichs, und leider hat die Europäische Union hier Recht. Eine Eindämmung des LKW-Verkehrs zu fordern und gleichzeitig jede Menge Straßen zu bauen und eine Dieselsubvention für LKW zu beschließen, das ist skandalös, das ist Transitförderung. Das ist der Freundschaft der Freiheitlichen mit der Frächterszene – nicht mit den Fahrern! – zuzuschreiben und fördert Verkehr, der die Anrainer in schwere gesundheitliche Probleme bringt.

Meine Damen und Herren! Das ist ein ...

14.58

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke, Frau Abgeordnete. Die Redezeit ist zu Ende. (Abg. Dr. Mertel: Einen Schlusssatz kann jeder sagen! – Abg. Dr. Lichtenberger: Das waren drei und nicht vier Minuten! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte.

14.59

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich darf einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Kollegen zur Regierungsvorlage 1277 der Beilagen einbringen. Ich darf den Herrn Präsidenten ersuchen, diesen Antrag vervielfältigen und verteilen zu lassen. Ich werde diesen Antrag gemäß § 53 Abs. 4 in seinen Kernpunkten kurz erläutern.

Es geht im Wesentlichen darum, dass zur Durchführung behindertengerechter Baumaßnahmen in Betrieben entsprechende Mittel bereitgestellt werden. Es soll bei der Ambulanzgebühr zu weiteren wesentlichen Erleichterungen kommen. Zuwendungen an private Museen sollen im Rahmen des Einkommensteuergesetzes absetzbar werden. Und was mir ganz, ganz wichtig erscheint, ist, dass in Zukunft im Rahmen des § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz auch Zuwendungen in Sachen Behindertensport steuerlich absetzbar sein werden. Angesichts der Bedeutung des Behindertensports in Österreich ist das eine ganz hervorragende und wichtige Maßnahme und die Erfüllung einer langjährigen Forderung der Freiheitlichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei der Lehrlingsprämie soll sichergestellt werden, dass im Jahr 2002 für alle Lehrlinge, auch für jene, die vor dem 1. Jänner 2002 in ein Lehrverhältnis eingetreten sind, entsprechende Lehrlingsprämien in Höhe von 1 000 € pro Jahr bezogen werden können.

Bei der Abfertigungsrückstellung beziehungsweise deren Auflösung soll es bereits im Jahr 2002 möglich sein, die steuerfreie Auflösung auf Eigenkapital oder auf eine steuerfreie Rücklage durchzuführen.

Bei der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge soll im Falle der Auszahlung des Gesamtbetrages nach Ablauf von zehn Jahren nicht die gesamte Prämie zurückbezahlt werden müssen, sondern nur die halbe Prämie.

Ich bitte den Herrn Präsidenten noch einmal, den Antrag vervielfältigen und entsprechend zur Verteilung bringen zu lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der in den Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung beziehungsweise in weiterer Folge zur Abstimmung.


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Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage (1277 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2002 – HWG 2002 erlassen wird und das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Bundesfinanzgesetz 2002, das Umweltförderungsgesetz, das Altlastensanierungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bundesabgabenordnung geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes des Finanzausschusses (1285 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage (1277 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (1285 der Beilagen) wird geändert wie folgt:

1) Im Artikel 3 Z 4 lautet der Einleitungssatz:

"4. Im Artikel V Abs. 1 wird der Punkt nach der Z 21 durch einen Strichpunkt ersetzt und werden als Z 22 bis Z 33 angefügt:"

2) Im Artikel 3 Z 4 wird der Punkt nach der Z 30 durch einen Strichpunkt ersetzt und werden als Z 31 bis 33 neu eingefügt:

"31. beim Voranschlagsansatz 1/11516 bis zu einem Betrag von 0,727 Millionen Euro für einen einmaligen Beitrag zu den Sanierungskosten der Euthanasie-Gedenkstätte Schloss Hartheim, wenn die Bedeckung durch Ausgabeneinsparungen beim Voranschlagsansatz 1/11518 sichergestellt werden kann;

32. beim Voranschlagsansatz 1/63516 bis zu einem Betrag von 21,802 Millionen Euro für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, wenn die Bedeckung durch Ausgabeneinsparungen beim Voranschlagsansatz 1/63527 sichergestellt werden kann;

33. beim Voranschlagsansatz 1/63626 für Maßnahmen nach dem Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz bis zum Ausmaß jenes Betrages, der durch gleich hohe Mehreinnahmen beim Voranschlagsansatz 2/63465 sichergestellt werden kann."

3) Im Artikel 3 Z 5 lautet der Einleitungssatz:

"5. Im Artikel VI Abs. 1 wird der Punkt nach der Z 24 durch einen Strichpunkt ersetzt und werden als Z 25 bis Z 48 angefügt:"

4) Im Artikel 3 Z 5 wird der Punkt nach der Z 47 durch einen Strichpunkt ersetzt und wird als Z 48 neu eingefügt:

"48. beim Voranschlagsansatz 1/15456 bis zu einem Betrag von 3 Millionen Euro für behindertengerechte Baumaßnahmen in Betrieben, wenn die Bedeckung durch Ausgabeneinsparungen und/oder durch Mehreinnahmen sichergestellt werden kann."

5) Im Artikel 6 wird nach Z 1 folgende Z 1a eingefügt:

"1a. § 31 Abs. 5 Z 16b lautet:

"16b. für die Nachsicht vom Behandlungsbeitrag-Ambulanz bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des (der) Versicherten nach § 135a Abs. 3 zweiter und dritter Satz;""


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6) Im Artikel 6 werden nach der Z 3 folgende Z 3a, 3b und 3c eingefügt:

"3a. § 135a Abs. 2 Z 2 lautet:

"2. wenn in medizinischen Notfällen, wegen Lebensgefahr oder aus anderen Gründen eine stationäre Aufnahme erfolgt oder wenn in diesem Zusammenhang eine anderweitige medizinische Versorgung im extramuralen Bereich nicht in Betracht kommt,"

3b. Im § 135a Abs. 2 wird der Punkt am Ende der Z 8 durch einen Beistrich ersetzt; folgende Z 9 wird eingefügt:

"9. wenn Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden erforderlich sind, die außerhalb einer Krankenanstalt in angemessener Entfernung dem Patienten nicht in geeigneter Weise oder nur unzureichend zur Verfügung stehen."

3c. Dem § 135a Abs. 3 wird folgender Satz angefügt:

"Darüber hinaus kann der Versicherungsträger auf Antrag des (der) Versicherten in besonders berücksichtigungswürdigen Einzelfällen, insbesondere bei Behandlung vergleichbar (Abs. 2 Z 7) schwerwiegender und therapieintensiver Krankheiten sowie in Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse, von der Einhebung des Behandlungsbeitrages auf bestimmte Zeit absehen oder einen bereits entrichteten Behandlungsbeitrag rückerstatten.""

7) Im Artikel 6 erhält in Z 5 der bisherige Text des § 603 die Bezeichnung "(1)" und es wird folgender Abs. 2 angefügt:

"(2) § 135a Abs. 2 und 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2002 tritt mit 1. Oktober 2002 in Kraft und ist auf alle anhängigen Fälle, weiters über Antrag des Versicherten auch auf Fälle, in denen der Behandlungsbeitrag-Ambulanz bereits entrichtet wurde, sowie auf Rückerstattungsanträge nach § 135a Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2002, anzuwenden."

8) Im Artikel 7 wird in der Z 1a folgende lit. e angefügt:

"e) § 4 Abs. 4 Z 6 wird wie folgt geändert:

aa) Die lit. b lautet:

"b) Museen

von Körperschaften des öffentlichen Rechts

von anderen Rechtsträgern, wenn diese Museen eine den Museen von Körperschaften des öffentlichen Rechts vergleichbaren öffentlichen Zugang haben und Sammlungsgegenstände zur Schau stellen, die in geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Hinsicht von gesamtösterreichischer Bedeutung sind. Über Aufforderung der Abgabenbehörden ist das Vorliegen der Voraussetzungen durch eine vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur ausgestellte Bescheinigung nachzuweisen,"

bb) Als lit. d wird eingefügt:

"d) Dachverbände von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die die Voraussetzungen der §§ 34ff der Bundesabgabenordnung erfüllen und deren ausschließlicher Zweck die Förderung des Behindertensportes ist."

cc) Der letzte Satz lautet:

"Die letzten vier Sätze der Z 5 sind anzuwenden.""


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115. Sitzung / Seite 103

9) Im Artikel 7 Z 7b wird in § 108f Abs. 2 die Wortfolge "ein Lehrverhältnis nach dem 31. Dezember 2001 beginnt," durch die Wortfolge "ein Lehrverhältnis hat," ersetzt.

10) Im Artikel 7 wird folgende Z 7e eingefügt:

"7e. § 124b Z 68 wird wie folgt geändert:

a) An die Stelle des Datums "1. Jänner 2003" tritt das Datum "1. Jänner 2002".

b) Die lit. a lautet:

"a) Der Gesamtbetrag der Abfertigungsrückstellung kann, soweit nicht die zugrunde liegenden Abfertigungsansprüche ausbezahlt werden, im ersten vor dem 1. Jänner 2003 endenden Wirtschaftsjahr auf das Kapitalkonto oder auf eine als versteuert geltende Rücklage steuerfrei übertragen werden. Erfolgt in diesem Wirtschaftsjahr keine Übertragung, so kann der Gesamtbetrag der am Ende dieses Wirtschaftsjahres bestehenden Abfertigungsrückstellung, soweit nicht die zugrunde liegenden Abfertigungsansprüche ausbezahlt oder an eine MV-Kasse übertragen werden, im folgenden Wirtschaftsjahr auf das Kapitalkonto oder auf eine als versteuert geltende Rücklage steuerfrei übertragen werden. Dies gilt auch, wenn im handelsrechtlichen Jahresabschluss weiterhin eine Rückstellung für Abfertigungen (§ 198 Abs. 8 Z 4 lit. a des Handelsgesetzbuches) gebildet wird.""

11) Artikel 7 Z 7c wird wie folgt geändert:

a) In § 108g Abs. 2 wird der Klammerausdruck "(§ 45 ASVG)" wird durch den Klammerausdruck "(§ 45 Abs. 1 ASVG)" ersetzt. Weiters tritt in § 108g Abs. 5 an die Stelle der Zitierung "§ 108i Z 1" die Zitierung "§ 108i Abs. 1 Z 1" und in § 108h an die Stelle der Zitierung "§ 108i Z 1" die Zitierung "§ 108i Abs. 1 Z 1".

b) § 108g Abs. 5 letzter Satz lautet:

"Ist aus diesem Grund zu Unrecht erstattete Steuer rückzufordern, so reduziert sich der rückzufordernde Betrag auf die Hälfte. Gleichzeitig damit ist eine Nachversteuerung, der auf den Steuerpflichtigen im Rahmen der Zukunftsvorsorgeeinrichtung entfallenden Kapitalerträge mit einem Steuersatz von 6 % des Auszahlungsanspruches vorzunehmen."

c) Im § 108h wird folgender Abs. 3 angefügt:

"(3) Ungeachtet der Bestimmung des Abs. 2 steht die Veranlagung von Zukunftsvorsorgebeiträgen auch anderen Einrichtungen, die die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen, offen."

d) Im § 108i erhält der bisherige Inhalt die Bezeichnung Abs. 1; Folgender Abs. 2 wird angefügt:

"(2) Bei Veranlagungen in Pensionsinvestmentfondsanteile, die die Voraussetzungen des § 108h Abs. 1 erfüllen, sind abweichend von § 23g Abs. 2 InvFG 1993 Verfügungen gemäß Abs. 1 Z 2 und 3 zulässig. Abweichend von § 23g Abs. 2 InvFG 1993 sind Übertragungen von Veranlagungen in Pensionsinvestmentfondsanteile, die die Voraussetzungen des § 108h Abs. 1 nicht erfüllen, in Zukunftsvorsorgeeinrichtungen (§ 108h Abs. 1) bis zum 31. Dezember 2004 zulässig."

12) Artikel 7 Z 8 wird wie folgt geändert:

a) In § 124b Z 74 wird folgender Satz angefügt:

"§ 108a Abs. 1 bis Abs. 4 ist anzuwenden, wenn der Antrag auf Abschluss einer Versicherung, eines unwiderruflichen Auszahlungsplanes gemäß § 108b Abs. 2, auf Widmung des Pensionskassenbeitrages, auf Erwerb des Anteilscheines an einem prämienbegünstigten Investmentfonds oder auf Widmung des Beitrags zur Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung (zusätzliche Pensionsversicherung) vor dem 1. Jänner 2004 gestellt worden ist."


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115. Sitzung / Seite 104

b) Als § 124b Z 76 wird angefügt:

"76. § 108f in der Fassung des Bundesgesetzes BGBL. I Nr. xxxx/2002 ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2002 anzuwenden, und zwar bei Lehrverhältnissen, die am 1. Jänner 2002 oder an einem späteren Zeitpunkt bestanden haben."

13) Artikel 8 wird wie folgt geändert:

a) Z 1a entfällt, die bisherige Z 1b erhält die Bezeichnung 1a.

b) In Artikel 8 Z 2 wird in § 24 Abs. 6 die Wortfolge "sowie § 108f" durch die Wortfolge "sowie § 108f EStG 1988" ersetzt.

Begründung:

Zu Z 2 (BFG):

Für einen einmaligen Beitrag zu den Kosten für die Sanierung der Euthanasie-Gedenkstätte im Schloss Hartheim sind zusätzliche Mittel erforderlich; weiters erfordert die Änderung des § 6 Abs. 4 des Arbeitsmarktpolitikfinanzierungsgesetzes sowie des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes Umschichtungsmöglichkeiten im Bundesfinanzgesetz 2002.

Zu Z 4 (BFG):

Durch die Überschreitungsermächtigung in Artikel VI sollen zusätzliche Budgetmittel im Hinblick auf das herannahende "Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen" zur Durchführung behindertengerechter Baumaßnahmen in Betrieben bereitgestellt werden.

Zu Z 5 bis Z 7 (ASVG):

Der Verfassungsgerichtshof hat am 29. Juni 2002 aus Anlass mehrerer Beschwerden von Patienten, die sich Therapien unterziehen müssen, die nur in entsprechend eingerichteten Krankenhausambulanzen durchgeführt werden, den Beschluss (B 9, 224-225, 614/02) gefasst, § 135a ASVG von Amts wegen auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

In diesem Beschluss hat das Höchstgericht betont, dass es gegen die Bestimmungen über den Behandlungsbeitrag-Ambulanz insofern keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt, als damit ein auf das Gesundheitssystem bezogener Lenkungseffekt zur Entlastung der Krankenhausambulanzen herbeigeführt wird. Weiters sei die Höhe des Behandlungsbeitrages-Ambulanz auch nicht unverhältnismäßig, zumal eine jährliche Obergrenze und eine Reihe von Befreiungsmöglichkeiten aus sozialen Erwägungen vorgesehen sind.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einhebung des Behandlungsbeitrages-Ambulanz bestehen laut Verfassungsgerichtshof aber in jenen Fällen, in denen der gewünschte Lenkungseffekt gar nicht eintreten kann, weil die betreffenden Behandlungsleistungen entweder nur in Krankenhausambulanzen angeboten werden oder entsprechende niedergelassene Ärzte für den Patienten nicht in zumutbarer Erreichbarkeit verfügbar sind. Darüber hinaus hält es der Verfassungsgerichtshof für nicht nachvollziehbar, warum ein Versicherter im Fall eines medizinischen Notfalls bloß dann von der Beitragspflicht ausgenommen ist, wenn unmittelbar eine stationäre Aufnahme erfolgt. Schließlich ist für den Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar, warum Versicherte, die etwa eine Chemotherapie in einer Ambulanz in Anspruch nehmen, von der Beitragspflicht ausgenommen sind, nicht aber auch Versicherte, die an vergleichbar schwerwiegenden und therapieintensiven, nicht bei niedergelassenen Ärzten behandelbaren Krankheiten leiden.

Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll der Versicherte von der Beitragspflicht ausgenommen werden, wenn in medizinischen Notfällen, wegen Lebensgefahr oder aus anderen Gründen eine stationäre Aufnahme erfolgt oder wenn in diesem Zusammenhang eine anderweitige medizinische Versorgung im extramuralen Bereich nicht in Betracht kommt. Zweck der


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Einlieferung in eine Krankenhausambulanz ist nämlich häufig die Abklärung der Frage, ob mit einer ambulanten Behandlung oder nur mittels anschließender stationärer Aufnahme behandelt werden kann. Auch kommt eine anderweitige medizinische Versorgung im extramuralen Bereich auch in jenen Fällen, in denen der Versicherte zunächst ambulant versorgt werden muss, sich aber nach befundmäßiger Abklärung eine stationäre Aufnahme erübrigt (z.B. nach Knochenbrüchen), häufig nicht in Betracht. Außerdem soll in allen jenen Fällen eine Befreiung von der Beitragspflicht erfolgen, wenn Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden erforderlich sind, die außerhalb einer Krankenanstalt in angemessener Entfernung (vom Wohnort) dem Patienten nicht in geeigneter Weise oder nur unzureichend zur Verfügung stehen.

Die Neuregelung soll am 1. Oktober 2002 in Kraft treten und auf alle anhängigen Fälle, weiters über Antrag des Versicherten auch auf Fälle, in denen der Behandlungsbeitrag-Ambulanz bereits entrichtet wurde, sowie auf Rückerstattungsanträge anzuwenden sein. Dadurch soll für jene Behandlungsfälle, die nach der Neuregelung von der Beitragspflicht ausgenommen wären, die Möglichkeit einer Rückerstattung des Behandlungsbeitrages-Ambulanz auf Antrag auch für bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung erfolgte Ambulanzbesuche geschaffen werden.

Zu Z 8 (§ 4 Abs. 4 Z 6 EStG 1988):

Gemäß § 4 Abs. 4 Z 6 lit. b EStG 1988 sind Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen an "Museen von Körperschaften des öffentlichen Rechts" (bis zu einer Höchstgrenze) "jedenfalls Betriebsausgaben". Parallel dazu sind gemäß § 18 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 "Leistungen von Zuwendungen im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 6 EStG 1988, "soweit diese nicht aus dem Betriebsvermögen erfolgen" Sonderausgaben. Nun gibt es Museen, deren Träger nicht Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, die aber in ihrer Bedeutung durchaus mit "öffentlichen" Museen vergleichbar sind. Im Sinne einer Gleichbehandlung sollen Spenden an diese Museen ebenfalls den Betriebsausgaben- bzw. Sonderausgabenabzug vermitteln. Die Konzeption des "neuen" Spendenabzugs ist jener nachgebildet, wie sie bereits für "öffentliche" Museen besteht. Der Begriff "gesamtösterreichische Bedeutung" schränkt die Museen auf jene ein, denen eine Bedeutung wie einem "öffentlichen" Museum zukommt. Da allenfalls Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen, vor allem der Voraussetzung hinsichtlich der Bedeutung, auftreten könnten, wird die Möglichkeit der Ausstellung einer Bescheinigung geschaffen. Diese kann sowohl an das Museum oder Theater erfolgen (das sich sodann generell darauf berufen könnte) als auch an den Spender. Die Bescheinigung könnte auch nur auf Zeit ausgestellt werden. Zu den Kriterien, nach denen eine Bescheinigung auszustellen ist, werden im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen Richtlinien zu erlassen sein.

Im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung des Behindertensportes als ein Mittel zur besseren Bewältigung des Behindertenschicksals sollen Spenden an Dachverbände von Einrichtungen, deren ausschließlicher Zweck die Förderung des Behindertensports ist, steuerlich abzugsfähig sein.

Zu Z 9 und 12 (§ 108f, § 124b Z 76 EStG 1988):

Durch die Änderung wird erreicht, dass die Lehrlingsausbildungsprämie ab 2002 auch bei Lehrverhältnissen zusteht, die vor dem Jahr 2002 begonnen worden sind. Es ist lediglich erforderlich, dass die Lehrverhältnisse bereits am 1.1.2002 – oder zu einem späteren Zeitpunkt – bestanden haben.

Zu Z 10 (124b Z 68 EStG 1988):

Die Abfertigungsrückstellungen sollen einerseits bereits im Jahr 2002 steuerfrei aufgelöst werden können, andererseits soll die steuerfreie Auflösung in zwei Jahren, nämlich in den Jahren 2002 und 2003 möglich sein.

Zu Z 11 und 12 (§§ 108g, 108h, 108i, 124b Z 74 EStG 1988):

Die Änderung des Klammerausdrucks dient der Klarstellung.


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Die Prämie soll im Falle einer Verfügung nach der zehnjährigen Kapitalbindung durch Auszahlung des angesparten Kapitals nur zur Hälfte rückzuerstatten sein. Dies hebt die Attraktivität des neuen Zukunftsvorsorgeprodukts.

Die Ergänzung des § 108h um einen Abs. 3 stellt klar, dass mit Abs. 2 keine Ausschließlichkeitsbestimmung für Mitarbeitervorsorgekassen geschaffen wird. Die Verwaltung von Zukunftsvorsorgebeiträgen wird unter Einhaltung der gesetzlichen Bedingungen des § 108h Abs. 1 insbesondere auch den Rentenversicherungen und den Pensionsinvestmentfonds offen stehen. Anbietern, die auf Grund ordnungspolitischer Bestimmungen in anderen Rechtsnormen diese Voraussetzungen nicht erfüllen können, sind von der Verwaltung ausgeschlossen.

Die bisherige Pensionsvorsorgeregelung des § 108a EStG 1988 soll nach einem Übergangsjahr ab 1. Jänner 2004 auslaufen. Im Bereich der Pensionsinvestmentfonds wird in den Jahren 2003 und 2004 ein "Umstieg" von der bisherigen Pensionsvorsorge auf die neue Zukunftsvorsorge ermöglicht werden.

Zu Z 13 (§ 24 KStG 1988):

Beseitigung eines Redaktionsversehens.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich unterbreche nun die Verhandlung zu den Punkten 1 bis 3, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Abfangjäger-Beschaffungsstopp (750/A) (E)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen damit zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 750/A (E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Während die Bundesregierung die Verschiebung der endgültigen Unterzeichnung des Vertrages mit EADS öffentlich angekündigt hat, verhandeln Vertreter von EADS weiter mit den Vertretern des BMLV. Nach wie vor ist es möglich, dass ein Vorvertrag unterzeichnet oder eine vergleichbare Verpflichtung eingegangen wird, obwohl das Bundeshaushaltsgesetz in § 45 vorsieht, dass für derartige Vorbelastungen der Folgebudgets zwingend eine bundesgesetzliche Ermächtigung einzuholen ist.

Trotz des öffentlich verkündeten Stopps wird der Beschaffungsvorgang fortgesetzt. Damit besteht die Gefahr, dass hinter den Kulissen neue Fakten und gravierende zusätzliche Probleme geschaffen werden:

1. Die Aufwendungen, die EADS im Falle einer Nichtunterzeichnung gegenüber der Republik Österreich geltend machen würde, steigen weiter.

2. Die Unterzeichnung von Vorverträgen oder vergleichbaren Vereinbarungen könnte zusätzliche Verpflichtungen und Belastungen der Republik Österreich schaffen, die durch einen sofortigen Beschaffungsstopp noch verhindert werden können.


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Landesverteidigung wird ersucht,

1. die Verhandlungen mit EADS abzubrechen;

2. den Beschaffungsvorgang für neue Abfangjäger bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung zu unterbrechen;

3. und sicherzustellen, dass bis dahin keine vertraglich verpflichtenden Vereinbarungen mit EADS eingegangen werden.

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieses Antrages unter Verweis auf § 74a GOG iVm § 93 Abs. 2 GOG verlangt.

*****

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Pilz als Antragsteller zur Begründung das Wort. Redezeit maximal 20 Minuten. – Bitte. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

15.02

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! In einer bemerkenswerten Aussendung hat die Salzburger Offiziersgesellschaft festgestellt, ein Radarsystem ohne Abfangjäger sei vergleichbar mit einer Feuerwehr ohne Schlauch. Ich muss heute auf Grund der vorliegenden Fakten feststellen: Beim österreichischen Abfangjägersystem handelt es sich bestenfalls um einen Schlauch, der sich noch seine Feuerwehr suchen muss. (Abg. Jung: Das kommt davon, wenn man von etwas redet, wo man sich nicht auskennt, Herr Kollege!) Ich möchte diese Schlauchfrage jetzt im Detail mit dem Herrn Verteidigungsminister, aber auch mit Ihnen, meine Damen und Herren von den Noch-Regierungsparteien, diskutieren.

Bleiben wir bei den Fakten! Bis vor wenigen Tagen waren wir der Meinung, es handle sich um eine ungeheure Verschwendung, für die es gewisse sicherheitspolitische Argumente gebe. Ihr Argument, Herr Verteidigungsminister, hat gelautet: Okay, für die Neutralität und ihre Wahrung brauchen wir keine Abfangjäger, aber wir brauchen sie zur Wahrung der österreichischen Souveränität.

Wie Sie wissen, waren wir in den letzten Wochen und Monaten bereit, diese Frage sehr, sehr ernsthaft zu diskutieren. (Ironische Heiterkeit des Abg. Jung. ) Jetzt wissen wir auf Grund eines Aktes aus Ihrem Ministerium, dass Luftraumüberwachung in dieser Republik technisch nicht einmal möglich ist. Ich zitiere aus diesem Akt, den ich gestern der Öffentlichkeit vorgestellt habe:

"Das bedeutet, dass ab 1. Jänner 2002 im Primärradarbereich nur mehr eine sehr eingeschränkte Beobachtungs- und de facto keine Führungsfähigkeit mehr besteht."

Was heißt das? – Eine tschechische Mobilfunkfirma hat sich eine Frequenz gekauft und rechtlich in Österreich durchgesetzt, dass das Bundesheer diese Frequenz nicht mehr verwenden darf. Das System Goldhaube besteht aus drei Radarkeulen. Nur wenn alle drei funktionieren, kann ein Flugzeug, das sich selbst nicht zu erkennen gibt, geortet werden. Sie brauchen alle drei, mit zwei geht es nicht.

Jetzt kommt der Einwand des Verteidigungsministers: Aber nein! Wir haben heuer zwei Flugzeuge abgefangen. – Gratuliere, Herr Verteidigungsminister! Das waren Verkehrsmaschinen,


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die das Sekundärradar eingeschaltet hatten, das heißt, dauernd gefunkt haben: Ich bin da, ich fliege dorthin, ich bin so hoch. Dazu braucht man keine Goldhaube. Um das zu wissen, reicht die zivile Luftraumüberwachung. Es geht ja, wie Sie behaupten, um die Fälle, in denen das Sekundärradar ausgeschaltet ist. Und da funktioniert das System nicht mehr.

Wenn Sie mir nicht glauben, vielleicht glauben Sie dem ehemaligen Leiter der Luftabteilung im Verteidigungsministerium, Herrn Brigadier Bernecker, der in einem nicht veröffentlichten Hintergrundgespräch mit "Jane’s Defence Weekly" Folgendes feststellt:

Jetzt fallen die oberen Keulen weg. Das heißt, es entsteht ein riesiger Schweigekegel, wo wir nichts sehen. Das heißt, wir sehen zwar weiterhin bis an die tschechisch-polnische Grenze, aber über Österreich sehen wir nichts oder wenig. – Zitatende.

Das sagt Wort für Wort Brigadier Bernecker, der ehemalige Leiter der Luftabteilung, der Chef der österreichischen Luftwaffe (Abg. Jung: Ehemaliger!) über eine sehr lange Zeit. (Abg. Jung: Mit Recht ehemaliger!) Und Sie, Herr Verteidigungsminister, werden doch wohl nicht die Nerven haben, hier zu sagen: Der Brigadier Bernecker, wer ist das schon? Der kennt sich nicht aus.

Für mich stellt sich eine vollkommen andere Frage: Warum will die Bundesregierung Abfangjäger um 2 bis 3 Milliarden € kaufen, von denen jeder weiß, dass sie nicht eingesetzt werden können, dass die Luftraumüberwachungsvoraussetzungen gar nicht existieren?

Nehmen wir ein privates Beispiel! Ein Blinder erklärt: Ich kaufe mir ein Auto, weil ich jetzt unbedingt Auto fahren will. Da wird man sagen, dass das verkehrssicherheitsmäßig eine sehr, sehr bedenkliche Entscheidung und möglicherweise private Geldverschwendung ist. Um das Beispiel aber der "Eurofighter"-Situation anzupassen, müsste man sagen, dass der Blinde nicht irgendein Auto kauft, sondern er kauft einen Ferrari, denn er sagt: Ich als Blinder möchte mit einem Ferrari fahren. Auf den Einwand, das könne ja nicht funktionieren, kommt die Antwort des Blinden: Das ist meine Entscheidung. Ich bin Experte auf diesem Gebiet.

Und so schaut es bei den "Eurofightern" aus. Sie kaufen für ein blindes System die allerteuersten Abfangjäger, die es derzeit auf dem Markt gibt.

Jetzt stellt sich die Frage: Warum tun Sie das? – Dafür muss es ja irgendwelche Gründe geben. Die Luftraumüberwachung kann es nicht sein, weil die erstens nicht funktioniert und zweitens auch nicht notwendig ist, weil es nicht notwendig ist, von einem fremden Flugzeug, von dem wir wissen, dass es aus einem NATO-Mitgliedstaat kommt, ein 2 bis 3 Milliarden € teures Foto zu machen. Was glauben Sie, wie toll das wirkt, wenn dem üblichen diplomatischen Protest ein Foto des Flugzeuges beigelegt wird? Dann werden die Militärs im Hauptquartier der NATO in Mons sagen: Jessas, ein Foto! Wir dürfen nie wieder den österreichischen Luftraum verletzen, wir sind fotografiert worden.

Das ist Ihre Vorstellung über die Realität der NATO, das ist Ihre Vorstellung von Überflügen über Österreich? Wenn wir zurückfotografieren, dann fliegt niemand mehr in Richtung österreichischer Grenze?! Und dafür sollen wir 2 bis 3 Milliarden € ausgeben? – Ich glaube nicht, dass irgendjemand bereit ist, Ihnen eine derartig unsägliche Argumentation zu unterstellen.

Also: Das System ist es nicht, die Luftraumüberwachung ist es nicht. Was ist es dann? Dritte Antwort: der Selbsterhaltungstrieb. (Abg. Jung: Der Pilz hält schon wieder eine Märchenstunde ab!) Alles, was lebt auf dieser Welt, hat einen Selbsterhaltungstrieb; nicht nur Personen wie zum Beispiel Klubobmänner, sondern auch Organisationen wie zum Beispiel eine Luftwaffe.

Wenn eine Luftwaffe keine Flugzeuge mehr hat, dann ist sie – das weiß nicht nur die Luftwaffe – keine Luftwaffe mehr. Also sagt die Luftwaffe: Damit ich eine Luftwaffe bleiben kann, muss ich Flugzeuge haben. Wenn die alten Flugzeuge nicht mehr fliegen können, sagt die Luftwaffe, brauche ich, damit ich eine Luftwaffe bleiben kann, neue Flugzeuge.

Das verstehe ich vollkommen (Abg. Mag. Mühlbachler: Das bezweifle ich!), nur ist auch noch eine zweite Entscheidung möglich. Wenn es nämlich nicht mehr notwendig ist, dass die Luft


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waffe mit alten oder neuen Flugzeugen fliegt, weil es keinen Feind mehr gibt und wir von lauter Freunden umgeben sind, die uns nicht bedrohen (Abg. Jung: Alle die Freunde sind so dumm, nur der Pilz ist so gescheit!), gibt es auch eine zweite Möglichkeit, nämlich dass man vielleicht keine Luftwaffe braucht.

Aber lassen wir diese Diskussion (Abg. Jung: Ja, das wäre eh besser!), weil eine andere Frage, Herr Abgeordneter Jung, nicht beantwortet wird, und das ist die Frage: Braucht denn die österreichische Luftwaffe, um überleben zu können, gerade die teuersten Flugzeuge? Könnte sie nicht auch mit viel, viel billigeren Flugzeugen weiterarbeiten? Den steirischen Draken-Piloten ist es letztlich egal, ob sie mit "F-16", "Gripen" oder "Eurofightern" fliegen, wenn sie weiterhin fliegen können. (Abg. Murauer: Welches Flugzeug wäre Ihnen denn recht?)

Es muss also andere Gründe geben. Und wenn diese nicht im Militärischen liegen, wenn sie nicht im Selbsterhaltungstrieb der Luftwaffe liegen, dann liegen sie dort, wo sie meistens liegen, wenn es um Rüstungsgeschäfte geht, deren Sinn man sich sonst nicht erklären kann: bei der so genannten wirtschaftlichen Seite.

Jetzt tritt anstelle des Verteidigungsministers der Wirtschaftsminister auf und sagt: Stimmt! Tolle Kompensationsgeschäfte! Unglaubliches Geschäft! Das Zweifache, das Dreifache, das Vierfache. Es wurde schon öfter öffentlich die Überlegung angestellt: 200 bis 300 Abfangjäger, und wir hätten keine Konjunkturprobleme mehr. Wir hätten Vollbeschäftigung, wir hätten einen Überschuss im Staatshaushalt. Diese falsche Bescheidenheit, 24 und dann nur 18 zu kaufen, war vor dem Hintergrund Ihrer Argumentation geradezu vorsätzliche Wirtschafts- und Konjunkturschädigung.

Aber lassen wir dieses makroökonomische Argument weg und wenden wir uns eher den kleineren, detaillierteren Fragen zu. Natürlich waren es nicht Kompensationsgeschäfte. Lesen Sie die heutige Ausgabe der "Kronen Zeitung"! Ich lese sehr selten die "Kronen Zeitung", aber heute habe ich es getan, und in der "Kronen Zeitung" lese ich, dass Magna mit Chrysler die Cherokee-Produktion in Graz abschließt. Ich habe immer geglaubt, das ist das wichtigste Kompensationsgeschäft. Es ist ja auch überall in den Unterlagen über den "Eurofighter" gestanden, dass das ein Kompensationsgeschäft sei. Jetzt ist die Beschaffung gestoppt worden, und Graz bekommt die Cherokee-Produktion. (Abg. Öllinger: Überkompensation!)

"Überkompensation" nennt man das. Richtig, Karl Öllinger. Das ist eine Überkompensation, ohne dass es etwas zu kompensieren gibt. Aber der Begriff ist offensichtlich nicht aus den Wirtschaftswissenschaften entlehnt. Die Überkompensation bezeichnet ja etwas anderes.

Aber kommen wir auf das zurück: Die Volkswirtschaft war es nicht, die Betriebe waren es nicht. Wer kann es gewesen sein, wenn es nicht die Betriebe waren? (Abg. Murauer: Wahrscheinlich Parteienfinanzierung! Ich würde die Parteienfinanzierung anführen!) Hier bietet sich ein neuer Zeuge an. (Heiterkeit.) Hier bietet sich ein neuer Zeuge für einen möglichen Untersuchungsausschuss an. Ja, Herr Kollege Murauer, Sie haben es ausgesprochen, was ich derzeit nur vermuten würde: möglicherweise Parteienfinanzierung. Aber ich würde das niemals mit der Sicherheit behaupten, mit der Sie das als Zwischenruf formuliert haben. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Jung: Ein bisschen ernster könnten Sie das Thema schon nehmen!)

Herr Kollege Murauer! Ich weiß nicht, ob schon etwas gezahlt worden ist, ich weiß nicht, ob schon jemand etwas genommen hat, ich weiß nur, ÖVP- und FPÖ-Politiker müssen das sicherlich besser wissen als wir, weil wir dafür halt zum Glück nicht in Frage kommen. (Abg. Murauer: Wenn Ihnen die Argumente ausgehen, kommen Sie immer mit einem Untersuchungsausschuss! – Abg. Wochesländer: Da sieht man, dass Sie keine Argumente haben!) Wir müssen auch Jörg Haider fragen, wir müssen Ewald Stadler fragen. Es gibt jede Menge wertvoller Zeugen.

Aber es gibt eine große Frage, und diese Frage, Herr Verteidigungsminister, habe ich auch im Nationalen Sicherheitsrat und im Ausschuss an Sie gerichtet: Wie ist es möglich, dass Sie sich


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monatelang gemeinsam mit Ihren führenden Beamten für das schwedische Projekt eingesetzt haben? Stimmt es, dass Ihnen am Abend vor dem entscheidenden Ministerrat telefonisch die neue Parteilinie durchgegeben worden ist? Stimmt es, dass die Linie "Gripen", die bereits zugesagt war, die unter den Militärs vereinbart war, die das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis hatte, die vom Chef der Luftwaffe bis zum Generaltruppeninspektor unterstützt wurde, am Abend vor diesem Ministerrat geändert worden ist? Und stimmt es, dass nicht Sie die Linie geändert haben, sondern dass das Ihre Vorgesetzte getan hat, dass das Ihre damals politisch Vorgesetzten in der Freiheitlichen Partei getan haben?

Auf diese Fragen wollen wir endlich Antworten. Wir wollen Antworten, warum der Finanzminister ein Jahr lang um Nulllösung oder Billigstes kämpft und dann durch sein Taktieren ermöglicht, dass im Verlauf eines einzigen Abends plötzlich die teuerste Lösung gewählt wird. Und ich frage Sie: Hat es da auch ein zweites Treffen der Familie Passer und anderer eben an diesem Abend gegeben, und ist dann mitgeteilt worden, was zu entscheiden ist und welches Projekt gegen alle Expertenmeinungen und gegen die Entscheidungsträger im Verteidigungsministerium zu wählen ist? – Ich weiß, Herr Verteidigungsminister, Sie wollten etwas anderes, aber man kann nicht immer so wollen, wie man will, speziell wenn man Parteisoldat der Freiheitlichen Partei ist. Das ist ein Faktum.

Und jetzt erklärt Jörg Haider, ihn stören die wirtschaftlichen Interessen, ihn störe das Drumherum, vielleicht auch die Aktivitäten der Firma Rumpold, der Lobbying-Firma für EADS.

Jetzt werden Sie möglicherweise aufstehen und sagen: EADS – ein deutsches Paradeunternehmen! Sie verdächtigen eines der besten und angesehensten deutschen Unternehmen der Korruption. – Was heißt, ich verdächtige? In Südafrika, in Pretoria, läuft ein Verfahren. EADS hat versucht, fast die gesamte politische Spitze Südafrikas zu bestechen: mit Mercedes 600 für den Staatspräsidenten, mit einem Gratis-Mercedes für den Fraktionsführer im südafrikanischen Kongress. Das wird ja alles bereits verhandelt. Der Manager steht bereits mit Politikern vor Gericht. EADS besticht Regierungsmitglieder, wenn EADS der Meinung ist, so zum Ziel zu kommen.

Das ist noch kein Beweis für Österreich, aber das sind viele gute Gründe, die überall, wo eine Demokratie funktioniert, wo ein Parlament funktioniert, völlig ausreichen, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu begründen.

Dann gibt es noch etwas Weiteres: Die EADS-Herrschaften sind ja nicht nach Hause gefahren, nachdem der Bundeskanzler erklärt hat, es gebe einen Beschaffungsstopp, weil das plötzlich – das erste Mal in dieser Periode – nicht durchgeführt werden kann, denn mit einer Minderheit im Parlament geht das eben schwer. Was war die Reaktion von EADS auf den Beschaffungsstopp, der vom Bundeskanzler ausgerufen worden ist? – Die Verhandlungen sind mit 40 Mann von EADS im Verteidigungsministerium intensiviert worden. Bis gestern ist über den Preis verhandelt worden.

Herr Bundesminister, ich frage Sie: Gibt es jetzt eine Einigung über den Preis? Welches Angebot haben Ihre Beamten in den letzten Tagen mit EADS über die 18 Stück ausverhandelt? Sind Sie bereit und sind Sie in der Lage, den österreichischen Nationalrat darüber zu informieren? Oder gibt es weiterhin das Doppelspiel: Auf der einen Seite wird gestoppt, wird gesagt, wir machen nichts mehr und so weiter, doch hinter den Türen wird weiterverhandelt, werden immer mehr Verpflichtungen eingegangen, wird EADS einen Vorvertrag fordern und wird versucht, alles, was noch menschen- und politikmöglich ist, zu tun, um eine nächste Regierung zu binden, indem man möglichst viele Fakten schafft und den Ausstieg möglichst teuer macht?

Es stimmt schon, seitdem Sie wissen, dass Sie für diese sehr, sehr teure Anschaffung einen Parlamentsbeschluss brauchen – es war ja bezeichnend, dass das vom Bundeskanzler bis zum Verteidigungsminister bis zu dem Tag des Hinweises durch den Präsidenten des Nationalrates überhaupt niemand wusste und dass Sie geglaubt haben, Sie können das ohne den Nationalrat machen –, seitdem passiert alles Mögliche hinter den Kulissen.


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Deswegen stellen wir heute einen sehr, sehr einfachen Dringlichen Antrag, und dieser Dringliche Antrag lautet:

Die Beschaffung soll unterbrochen werden, und die Verhandlungen mit EADS sollen auf der Stelle abgebrochen werden.

Das Wort des Bundeskanzlers soll ein erstes und letztes Mal in dieser Legislaturperiode gelten. (Abg. Wenitsch: Was heißt denn das?) Ein erstes und letztes Mal soll sich die Bevölkerung darauf verlassen können, dass das, was der Bundeskanzler erklärt, auch der Wahrheit entspricht. (Abg. Wenitsch: Das ist ja unglaublich!) Wir wollen, dass die Verhandlungen jetzt wirklich abgebrochen werden. Wir wollen, dass jetzt keine weiteren Kosten verursacht werden. Wir wollen, dass die österreichische Bevölkerung kein weiteres Mal getäuscht wird. Wir wollen, dass es eine faire Entscheidung über die Abfangjäger gibt.

Weil Sie keine Volksabstimmung wollten und weil insbesondere Sie von der Freiheitlichen Partei sich vor dem Votum der Menschen fürchten – damals, vor einer Volksabstimmung, mit gutem Grund, jetzt, vor Nationalratswahlen, mit noch viel besseren Gründen –, bleibt nur eine Möglichkeit: Die Nationalratswahlen werden zur Volksabstimmung über die Abfangjäger in der Republik Österreich. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Wenitsch: Sie wollten keine!)

Ich persönlich habe keine großen Zweifel, wie diese Volksabstimmung bei der Nationalratswahl ausgehen wird. Heute wollen wir nur eines, nämlich dass der Schaden bis dahin möglichst gering gehalten wird, dass es bis dahin keine neuen Verpflichtungen gibt, dass endlich einmal das Wort des Bundeskanzlers gilt und dass hinter den Kulissen nicht Geschäfte angebahnt werden, von denen vor den Kulissen erklärt wird, dass sie unterbrochen seien und einer späteren Entscheidung vorbehalten blieben. Die letzte Entscheidung – und das stimmt mich optimistisch, Herr Verteidigungsminister, Herr Sicherheitssprecher, Herr Noch-, Herr Ex-Klubobmann – über die Abfangjäger fällt am 24. November. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme zum Gegenstand des Dringlichen Antrages gelangt der Herr Bundesminister für Landesverteidigung im Sinne des § 74a der Geschäftsordnung zu Wort. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.

15.22

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganz überraschend war für mich heute eine Aussage des Herrn Abgeordneten Pilz, nämlich die, dass er in der Vergangenheit bereit gewesen wäre, ernsthaft über die Voraussetzungen und Bedürfnisse der Luftraumüberwachung zu diskutieren. Herr Abgeordneter Pilz! Gelegenheit dazu hätten Sie sehr oft gehabt. Ich hatte nicht den Eindruck, dass Sie oder auch andere – nicht alle – der Opposition Angehörende wirklich Interesse an einer ernsthaften Diskussion über die Voraussetzungen und Notwendigkeiten der Luftraumüberwachung gehabt hätten, nicht heute, nicht gestern und auch nicht vor einigen Monaten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Im Gegenteil: Sie haben keine Gelegenheit ausgelassen, mit der Sicherheit des Landes, mit der völkerrechtlichen Voraussetzung und dem verfassungsrechtlichen Auftrag, die Souveränität Österreichs zu Lande und in der Luft abzusichern, Parteipolitik zu machen. Es ist anscheinend auch Ihr einziges Wahlkampfthema, das Sie den Österreichern präsentieren, dass Sie auf die Abfangjäger verzichten wollen. Wenn das das einzige Thema ist, dann werden Sie das auch gegenüber den Wählern zu verantworten haben. Ich gehe davon aus, dass die "Abstimmung" dann auch entsprechend ausgehen wird, dass man nämlich jenen Fraktionen die Stimme geben wird, die mehr in ihrem Programm stehen haben, als nur dagegen zu sein, dass unsere Souveränität auch in Zukunft auch in der Luft abgesichert werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Und Sie kommen schon wieder mit einfachen, aber leider auch falschen Botschaften, auch wenn Sie aus heeresinternen Akten zitieren, wenn Sie sagen: Durch die Abschaltung einiger Frequenzen der so genannten Beam-Gruppe 3 ist die Luftraumüberwachung nicht mehr möglich.

Zum einen, Herr Abgeordneter Pilz, ist es interessant, dass Sie immer wieder aus heeresinternen Akten zitieren. Das haben wir hier auch schon einmal diskutiert. Jetzt, bei diesem Akt, ist es aber noch interessanter und vielleicht auch noch bedenklicher, Herr Abgeordneter Pilz. Sie haben den ehemaligen Leiter der Luftabteilung zitiert. Sie kennen ihn ja sehr gut, wie ich weiß. Als die ersten Meldungen gekommen sind, dass Sie wieder aus Akten zitieren werden, habe ich angeordnet, dass man mir den Originalakt vorlegt, denn ich möchte mich ja auch darüber informieren, welche Informationen Sie haben. Und man höre und staune: Dieser Originalakt ist verschwunden, Herr Abgeordneter Pilz! (Abg. Ing. Westenthaler: Da schau her! – Abg. Jung: Und den hat der Pilz!) Ein Akt des Verteidigungsministeriums ist im Ministerium nicht mehr auffindbar, verschwunden. (Abg. Parnigoni: Chaos! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Verschwunden, meine Damen und Herren! Aber bei Ihnen ist er angekommen, Herr Abgeordneter Pilz. (Abg. Parnigoni: So ein Chaos!) Sie wissen, dass eine eventuelle Herausgabe von internen Akten durch Beamte des Ministeriums Amtsmissbrauch darstellt. Sie wissen, dass es auch den Tatbestand der Anstiftung zum Amtsmissbrauch gibt und dass auch das strafrechtlich relevant ist. Herr Abgeordneter Pilz! Wir werden selbstverständlich – und das ist keine Drohung, sondern das ist meine Verpflichtung als Verteidigungsminister – eine Untersuchung einleiten, weil bei dieser Routineuntersuchung auch noch zu Tage getreten ist, dass genau aus diesem Bereich, den Sie ansprechen, aus dem Bereich der Luftabteilung nämlich, zwei weitere Akten, Originalakten verschwunden sind. (Abg. Öllinger: Vorsicht, das wird jetzt leicht grenzgängerisch!) Ich bin gespannt, wo diese Akten auftauchen. Das wird vielleicht Grundlage von strafrechtlichen Erhebungen und vielleicht auch von anderen Untersuchungen zu sein haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Nürnberger: Da geht’s zu! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Abgeordneter Pilz! Ich kann Sie aber beruhigen. Wenn Sie schon aus internen Akten zitieren, dann sollten Sie nicht nur eine Meinung eines Abteilungsleiters zitieren. Sie haben ja den Militärs eigentlich immer vorgeworfen, sie wünschten sich alles, was schön, nett und teuer ist. Man hat aber auch die Verantwortung, auf das Notwendige zu reduzieren. (Abg. Öllinger: Da hat er Recht!) Wenn Sie schon die Akten zitieren, hätten Sie sich doch auch noch die Einsichtsbemerkung des höchsten Repräsentanten des österreichischen Bundesheeres, nämlich des Generaltruppeninspektors, organisieren können. Dieser hat nämlich eine klare Antwort auf dieses Begehren des Leiters der Luftabteilung gegeben. Er hat geantwortet, dass es durch die Abschaltung einiger Frequenzen der Beam-Gruppe 3 nur eine unerhebliche Reduzierung der Radardaten gibt.

Das, was Sie gesagt haben, Herr Abgeordneter Pilz, ist nämlich nicht richtig. Es müssen nicht alle drei Radaranlagen funktionieren, um Luftfahrzeuge zu orten, denn es gibt eine Überlappung dieser drei Radarbereiche, weil jedes Radar über der Anlage selbst einen so genannten Schweigekegel hat. Durch die Abschaltung dieser Frequenzen wird der Schweigekegel etwas größer. Es wird jedoch jeder dieser Schweigekegel durch zwei andere Radaranlagen überlappt, und es gibt deshalb selbstverständlich auch weiterhin die Möglichkeit der Luftraumüberwachung. Es war also eine falsche Aussage, die Sie hier im Haus und in der Öffentlichkeit getätigt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie sich wirklich informiert hätten, dann müssten Sie auch wissen, dass es in der Zeit seit diesem Begehren des Leiters der Luftabteilung – und das hätte immerhin 100 Millionen Schilling gekostet, diese zusätzlichen Frequenzen sicherzustellen – eine Beschaffung im österreichischen Bundesheer gegeben hat, das so genannte 3 D-Radar, das in wichtigen Bereichen eine Verbesserung darstellt, und dass wir im Einsatzfall auch über mobile Radaranlagen verfügen. Das Hauptargument, warum man in diese Verbesserung nicht 100 Millionen Schilling investieren kann und soll, ist jedoch gewesen, dass das gesamte System Goldhaube im Jahr 2010


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erneuert werden muss und es deshalb gerade in einer angespannten budgetären Situation nicht zu vertreten gewesen wäre, in diesen Bereich 100 Millionen Schilling zu investieren.

Klar ist aber, meine Damen und Herren, dass das Luftraumüberwachungssystem in Österreich ausgezeichnet funktioniert, dass es sogar gegenüber anderen Ländern wesentlich bessere Möglichkeiten sowohl im Primär- als auch im Sekundärbereich bietet und dass selbst die Vereinigten Staaten, Herr Abgeordneter Pilz, zumindest vor dem 11. September vorigen Jahres, nicht über ein so ausgezeichnetes System der Luftraumüberwachung verfügt haben wie Österreich. Darauf sollten wir stolz sein und es nicht madig machen, Herr Abgeordneter! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Abgesehen davon – das ist aber nur ein Nebenaspekt – wird der Schweigekegel erst in einer Höhe von 12 000 bis 15 000 Metern wirklich wirksam.

Im Hinblick auf den eigentlichen Inhalt Ihres Dringlichen Antrages, Herr Abgeordneter Pilz, kann ich Sie auch beruhigen. Wir werden keine Präjudizien schaffen, wir werden keine Maßnahmen setzen, die zu irgendwelchen weiteren Schadenersatzpflichten führen, Herr Abgeordneter Pilz. Ich sage Ihnen klar und deutlich: Es gibt rechtliche Rahmenbedingungen, und es hat auch noch nie eine Beschaffung in dieser Größenordnung gegeben, auch wenn die Kosten nicht zwischen 2 und 3 Milliarden € liegen werden, wie Sie das hier behauptet haben. Weil es beim österreichischen Bundesheer noch nie ein derartig hohes Beschaffungsvolumen gegeben hat, muss natürlich alles auch rechtlich entsprechend abgesichert und beurteilt werden. Die Beurteilung durch die Experten ist klar: Vor dem Ermächtigungsgesetz, das dieser Nationalrat zu beschließen hat, wird es keine Unterschrift des Verteidigungsministers unter den Beschaffungsakt geben, und deshalb auch kein Präjudiz in irgendeine Richtung. Herr Abgeordneter Pilz, meine Damen und Herren, ich glaube, das ist jetzt wohl klar und deutlich zum Ausdruck gebracht worden.

Dass die Verhandlungen weitergeführt werden, ja werden müssen, das halte ich für selbstverständlich, denn durch die Nationalratswahlen ist ja der Auftrag, den mein Ressort hat und den auch ich als Verteidigungsminister habe, nämlich das Projekt weiterzuführen, nicht außer Kraft gesetzt. Der Nationalrat hat noch in einer seiner letzten Sitzungen den Auftrag bekräftigt, dieses Projekt weiterzuführen – nicht abzuschließen, aber weiterzuführen. Und es liegt in unser aller Interesse, dass wir die Verhandlungen weiterführen, damit wir für die nächste Legislaturperiode ein Verhandlungspaket haben, an das die Firma auch gebunden ist.

Wenn Sie so locker sagen, dass jetzt der Vertrag für die weitere Produktion des Jeep Cherokee in Österreich unterschrieben wird, so ist auch das eine Folge dieser Verhandlungen, auch wenn Sie hier jetzt lachen. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Sie wissen ganz genau, dass vor der Typenentscheidung dieses Projekt bereits "gestorben" war, dass über 1 000 Arbeitsplätze verloren gegangen wären. Erst durch die Entscheidung im Juli dieses Jahres konnte dieser Beschluss zur Abwanderung wieder revidiert werden. Es ist uns auch gelungen, dafür zu sorgen, dass, auch wenn der Vertrag nicht unterschrieben werden kann, trotzdem ein klares Signal gesetzt wird, dass die Arbeitsplätze in Österreich, in Graz, bleiben werden. Sie sollten das loben, Sie sollten die Verhandlungsführung loben, Sie sollten den Erhalt von 1 000 Arbeitsplätzen loben und das nicht lächerlich machen, Herr Abgeordneter Pilz. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es wird nicht mehr, aber auch nicht weniger sein: Wir werden die Verhandlungen weiterführen, und zwar als Gesamtpaket, sowohl auf der militärischen Ebene als auch im Bereich der Kompensationsgeschäfte. Wir haben besonderes Interesse daran, dass die Firma EADS dann auch an ihre Zusagen gebunden ist. Der neue Nationalrat wird in der nächsten Legislaturperiode zu entscheiden haben, ob er ein Finanzierungsgesetz für dieses Projekt beschließt. Ich hoffe im Interesse der Sicherheit Österreichs, dass das der Fall sein wird, dann wird auch der Vertrag zu unterzeichnen und das Projekt abzuschließen sein. Das sind die Fakten, das sind die Tatsachen, meine Damen und Herren.


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115. Sitzung / Seite 114

Ich bin mir sicher: Egal, wer in der nächsten Regierung sein wird, egal, wie der nächste Nationalrat zusammengesetzt sein wird, Sie werden alle vor der Aufgabe stehen, dem gesetzlichen Auftrag zu folgen, die Souveränität Österreichs auch in der Luft abzusichern. Sie können sich jetzt schon die Argumente überlegen, mit denen Sie Ihre Wahlkampfargumente, Ihre Wahlkampfthemen dann ins Gegenteil verkehren, um der Bevölkerung zu erklären, dass das, was etwa die Sozialdemokraten im Jahre 1999 noch als richtig und wichtig erachtet haben, dann zwischenzeitlich in der Opposition als nicht notwendig definiert haben, im Jahre 2003 doch wieder richtig und notwendig ist. Das ist dann Ihr Glaubwürdigkeitsproblem.

Meine Linie war immer gleich, ob ich nun einer Oppositions- oder einer Regierungspartei angehörte, denn ich bin der Überzeugung, dass man mit der Sicherheit des Landes keine parteipolitischen, keine parteitaktischen Spielchen machen soll. In diesem Bereich gilt es, das Notwendige umzusetzen, auch wenn es manchmal tagesaktuell nicht verstanden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister für die Stellungnahme zum Dringlichen Antrag.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Jede Fraktion hat eine Redezeit von 25 Minuten, innerhalb dieser aber keine Wortmeldung länger als 10 Minuten dauern darf.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Es wird mir berichtet, dass Sie wünschen, dass die Uhr auf 8 Minuten gestellt wird. Ist das richtig? (Abg. Mag. Kogler  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Jawohl! – Abg. Öllinger  – in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Scheibner –: Sind Sie jetzt angerufen worden in der Nacht vor dem Ministerrat? Kein Anruf? – Bundesminister Scheibner: Kein Anruf vor dem Ministerrat! – Abg. Nürnberger: Da hat er geschlafen! – Bundesminister Scheibner: Ist das bei der Gewerkschaft so üblich, dass man schläft bei den Sitzungen? – Abg. Jung: Aber sicher nicht im Penthouse, Herr Kollege! Sicher nicht im Penthouse wie die Gewerkschaftsbosse! – Abg. Murauer: Gehen wir es an!)

15.34

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister! Sie haben ja tatsächlich einige Fragen nicht beantwortet. (Abg. Öllinger: Mehrere!) Trotzdem ist der zentrale Inhalt dieses Antrags noch einmal in den Vordergrund zu rücken. Er ist tatsächlich relativ kurz, knapp und einfach gehalten, und das Motiv dafür ist, dass mit dieser Einfachheit weiterer Schaden abgewendet werden kann. Deshalb ist er auch dringlich. Und das Wenige, das Sie beantwortet haben, beweist eigentlich, wie richtig und wichtig dieser Antrag immer noch ist. (Abg. Jung: Was war der Antrag? – Der Redner wendet sich an die Freiheitlichen.)  – Ausgerechnet aus diesen Reihen muss es kommen, dass da irgendjemand etwas nicht versteht! Meditieren Sie einmal über Ihre Parteilinie im Hinblick auf die Abfangjäger und erklären Sie mir das nachher! Dann werden wir uns auch wieder besser verstehen. (Abg. Dr. Martin Graf: Ihr müsst euch das überlegen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ganz wesentlich ist jedenfalls der Punkt, und das ist ja auch in der Ausschreibung – zu Recht, so meine ich – vorgesehen, dass EADS, mit der Sie ja Verhandlungen führen, wie Sie hier gesagt haben, in dieser Phase seit der Typenentscheidung von einem Stadium des Vorvertrages ausgehen kann. Und wenn Sie dann wieder aussteigen oder eine andere Bundesregierung aussteigt, hat EADS natürlich das Recht – oder sie könnten sich zumindest an diese Ausschreibungspassage erinnern –, die bis dahin – und "dahin" ist natürlich entweder gestern, heute oder morgen; besser gestern, aber Sie wollen ja nicht aufhören, Sie beharren ja darauf, weiterzuverhandeln – aufgelaufenen Kosten zurückzufordern. Und diese Aufwendungen steigen selbstverständlich mit jedem weiteren Tag. (Abg. Jung: Tatsache ist doch, dass der Vertrag nicht unterschrieben ist! Oder nicht?)


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115. Sitzung / Seite 115

Nein! Es geht jetzt darum, dass das Versprechen des Bundeskanzlers, sofern man das als solches bezeichnen kann, auch eingehalten wird. (Abg. Murauer: Immer!) In der Öffentlichkeit wird so getan, als ob die Vertragsverhandlungen auch in dem Sinne beendet worden wären, dass die Sache steht. Das ist aber mitnichten der Fall, und der Herr Bundesminister hat das auch bestätigt. Und Sie können heute mit Ihrer Stimme bei diesem Dringlichen Antrag mitentscheiden, ob weiterer Schaden abgewendet wird oder nicht. (Abg. Jung: Das ist kein Schaden! Andernfalls würde ein Schaden entstehen!) Wir werden in Zukunft sehen, was sich auf Grund etwaiger Fehlentscheidungen Ihrerseits noch zusätzlich angehäuft haben wird.

Die Skepsis, die wir an den Tag legen, ist durchaus berechtigt. Wieso sollten wir denn jetzt Ihnen oder im Speziellen dem Bundeskanzler, der da aus taktischen Motiven wieder irgendetwas ausgerufen hat, vertrauen? (Zwischenruf des Abg. Murauer. ) Es war ja genau Ihre Bundesregierung – warten Sie Kollege Murauer, auf Ihre Position komme ich noch zu sprechen –, die noch bis vor kurzem beharrlich die Einsicht verweigert hat, dass es bundesfinanzgesetzliche Regelungen braucht, damit dieses Vorhaben überhaupt umgesetzt werden kann. Geradezu verlacht wurden jene, die gesagt haben: Wir wollen eine Volksabstimmung. Man erwiderte, dass das nicht ginge, weil die bundesgesetzliche Basis dazu fehle. Es sei ja geradezu so, dass es sich um einen reinen Verwaltungsakt handle, und über so etwas, ihr Uninformierten, könne man keine Volksabstimmung abhalten.

Herr Kollege Khol! Sie haben den "Verfassungsbogen" ausgepackt und hier im Haus wieder damit herumgefuchtelt. In Wirklichkeit stellt sich heraus: Die Sache ist ganz anders. Und jetzt sollen wir Vertrauen haben? (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben ja auch bei anderer Gelegenheit bewiesen, dass Sie es mit der Schonung der Steuergelder nicht ernst nehmen, aber all das muss jetzt draußen bleiben.

An dieser Stelle muss ich eine kurze Bemerkung zu Ihrer Antwort an Kollegen Pilz nachholen, Herr Bundesminister. Wenn in Ihrem Haus Akten verschwinden, dann ist es gefährlich für einen Bundesminister, sich – in einem Parlament noch dazu! – hinzustellen und einen Abgeordneten zwar nicht unmittelbar zu bedrohen, aber ihm immerhin indirekt auszurichten, dass das Verschwinden der Akten eben in Ihrem Bundesministerium irgendetwas mit den Abgeordneten, die zur Aufklärung beitragen wollen, zu tun haben könnte. (Abg. Jung: Stimmt das nicht?) Das ist genau genommen unfassbar. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Hier im Parlament wird von der Regierungsbank aus jener Abgeordnete ins Zwielicht gerückt, der zur Aufklärung beiträgt, und das in Verbindung damit gebracht, dass die Chaostage der Bundesregierung in Ihrem Ressort offensichtlich besonders ausgeprägt sind. Warum verschwinden denn dort die Akten? – Da muss es doch Interesse daran geben, dass diese Akten verschwinden! Wenn dann auch noch Dinge drinnen stehen, die dem Bundesheer eigentlich sehr unliebsam sind, dann frage ich mich natürlich, ob man da nicht vielleicht auch andere Vermutungen anstellen könnte. Hier ist aber nicht der Ort, das zu tun. Ich will nur festhalten: Machen Sie dort Ordnung, wenn Sie hier Ordnung einfordern wollen, denn so weit kann es doch noch nicht sein, dass die Abgeordneten dafür verantwortlich gemacht werden, was in Ihrem Ressort vorgeht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Zu spät!)

Mir scheint überhaupt, diese Akten haben das Schicksal des Landeshauptmannes von Kärnten erlitten, denn Sie haben selber gleich wieder für ein weiteres Zitat davon Gebrauch gemacht. Irgendwie war der Akt also auch wieder da, zumindest war er Ihnen so präsent, dass Sie daraus zitieren konnten. Also: Akt weg, Akt da, ganz wie der Herr Landeshauptmann von Kärnten: Bin schon weg, bin wieder da.

Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein: Die einzige wirklich gröbere Aktenverschwindungsaktion der letzten Zeit hat sich offensichtlich in der Parteizentrale der FPÖ abgespielt, um die Spesenritterei des Herrn Landeshauptmannes von Kärnten weiter zu vertuschen. Damit werden Sie sich aber auch an anderer Stelle noch auseinander setzen müssen.


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Kommen wir zur Sache zurück, kommen wir zu den Gegengeschäften – ein Argument, das Sie ja wieder angeboten haben. Schön langsam weiß ich auch nicht mehr, was ein Gegengeschäft wirklich ist, wenn ein Gegengeschäft auch schon abgeschlossen sein kann, obwohl das Grundgeschäft noch nicht abgeschlossen ist. Wieder haben wir nur zwei Interpretationen zur Auswahl: Entweder es stimmt, dass es ein Gegengeschäft ist, wie es sein soll, dann stehen aber Sie im Verdacht, was wir auch vermuten, die Verhandlungen so weitertreiben zu wollen, dass EADS davon ausgehen darf, dass das Geschäft entgegen den Ankündigungen des Bundeskanzlers zustande kommen wird, oder es ist so, dass das Geschäft ohnehin zustande gekommen wäre.

Ich warte noch immer auf die Darstellung im Internet, die Minister Bartenstein angekündigt hat, sie müsste ja schon fertig sein, denn ein Vertrag mit Gegengeschäftsvereinbarung kann ja sinnvollerweise nur Zug um Zug erfolgen. Deshalb ist ja das Geschäft mit dem Jeep in diesem Sinne kein Gegengeschäft. Wenn das aber Zug um Zug vor sich geht und Sie so tun, als näherten sich die anderen Verhandlungsgegenstände sozusagen schon dem Ende, dann müsste man Kollegen Bartenstein daran erinnern, das gesamte Thema ins Internet zu stellen, denn dass er das tut, hat er genau von dieser Stelle aus verkündet.

Die Geschäfte von der Thomson-Vereinbarung hat er noch immer nicht ins Internet gestellt. Das wundert mich auch nicht, denn da gibt es nämlich keine, außer lediglich einem, das identifiziert wurde: die lackierten Telegrafenmasten, die nach Frankreich transferiert wurden – eine Super-"Hightech"-Austauschaktion allererster Güte! Vielleicht finden wir das dann im Internet. (Zwischenruf des Abg. Jung. )

Genau wegen dieser eigenartigen Rolle der Gegengeschäfte in der gesamten Darstellung darf ich noch einmal auf den Herrn Bundeskanzler zurückkommen. Er hat ja den Aufschub des Geschäfts auch damit begründet, dass er über Nacht – von der Aufkündigung der Regierung und der De-facto-Ausrufung der Neuwahlen bis zu jenem Dienstag – eine noch bessere Idee hatte. Er sagte, es wäre toll, wenn eine so genannte Wirtschaftsplattform die Abfangjäger teilfinanzieren oder überhaupt finanzieren könnte. (Abg. Murauer: Gute Idee!)

Eine Superidee, wenn es so wäre! – Peinlich ist nur, dass diese von einem ehemaligen Wirtschaftsminister kommt. Es ist schon fast unerträglich, was hier ungestraft erzählt werden darf. Es ist ja schon das Gegengeschäft an sich, wie die Amerikaner sagen würden, etwas aus dem Bereich der "Voodoo-economics", aber aus nichts noch etwas Doppeltes und Dreifaches herauszaubern zu wollen und eine Finanzierungsplattform anzubieten (Abg. Murauer: Sogar der Herr Gusenbauer ...!), die davon gar nichts weiß – fragen Sie in der Wirtschaftskammer nach! –, das ist wohl ein bisschen überzogen.

Diese Argumente können wirklich nicht überzeugen, nicht bewirken, dass am Tag der Wahl ausgerechnet die Abfangjäger-Frage aus den Wahlmotiven ausgeklammert bleiben soll, wie es sich der Herr Bundeskanzler offensichtlich gedacht hat. (Abg. Murauer: Der neue Koalitionspartner von Ihnen sagt das auch!) Es ist genau das Gegenteil der Fall. Gerade der Ablauf der Abfangjäger-Beschaffung – wir werden heute im Zuge der Beratungen über die Beantragung eines Untersuchungsausschusses noch darüber debattieren, was alles dabei vorgefallen ist –, gerade dieser Vorgang hat ja die blau-schwarzen Chaoswochen, die am Ballhausplatz – also nicht nur in Ihren Reihen – geherrscht haben, in Wirklichkeit sehr perfekt beschrieben. Sich jetzt hinzustellen und das zu einem Non-Thema zu erklären, das wird sicher nicht aufgehen. Dafür werden auch wir sorgen, wenngleich das ohnehin niemand geglaubt hätte.

Es ist also ganz einfach: Auf Wiedersehen zu dieser Schnapsidee und guten Tag im Untersuchungsausschuss!

Der Tag der Wahl wird möglicherweise die Mehrheiten ändern, neue Mehrheiten werden den Abfangjäger-Kauf verhindern. Sie werden sich rechtfertigen müssen für das, was bisher angerichtet wurde, und das, was ab heute weiter angerichtet werden wird, wenn Sie diesen Antrag ablehnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das waren 10 Minuten.


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115. Sitzung / Seite 117

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Maximal 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

15.44

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich möchte gleich einleitend meine Verwunderung darüber zum Ausdruck bringen, mit welcher Coolness der Herr Verteidigungsminister über die Aktenverschwindungskultur in seinem Ministerium berichtet und dann auch noch die Bereitschaft zeigt, uns nicht nur über diesen einen verschwundenen Akt eine ausführliche Information zukommen zu lassen, sondern gleich auch noch ein paar andere Abteilungen aufdeckt, aus denen ebenfalls Akten verschwunden sind. Er hat dann fast mit dem klassischen Satz geendet: Pilz, Pilz, gib mir meine Akten wieder! (Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Das war in etwa die Botschaft, die uns der Verteidigungsminister – wahrscheinlich gebildet durch die altrömische Literatur – hier übersetzt mitgeteilt hat.

Wir sind schon so abgestumpft, wir sitzen hier, hören zu und sagen: Aha, Akten sind verschwunden. Wahrscheinlich sind noch viel mehr Akten verschwunden, vielleicht ist irgendwann einmal das ganze Ministerium nicht mehr an dem Ort, wo es bis jetzt gestanden ist.

Ich bewundere zum Beispiel wirklich die Haltung, die hier so manche von der FPÖ-Fraktion, von der möglicherweise ein Drittel oder gar die Hälfte nach dem 24. November gar nicht mehr da sein wird, an den Tag legen. Sie ertragen das mit einem geradezu buddhistischen Gleichmut, was sich hier an Durcheinander, Chaos und allen möglichen Dingen abspielt. Ich denke, da wird es in den letzten zehn Tagen schwerste meditative Arbeit gegeben haben (Zwischenruf des Abg. Jung ), bei der sich die freiheitlichen Abgeordneten in so genannten Om-Om-Kreisen noch einmal zusammengefunden haben, um überhaupt als Fraktion diesen Raum betreten zu können. Es ist eine wirklich beachtliche Darstellung, mit der wir konfrontiert sind. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Über die fast vatikanische Ruhe des Klubobmannes Khol – einer der Architekten dieser blau-schwarzen Regierung – kann ich mich kaum noch wundern. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. ) Er nimmt das überhaupt hin, als hätte das Fegefeuer in der Zeit der blau-schwarzen Regierung schon begonnen und er sich damit abgefunden.

Dazu muss man aber auch sagen, dass es fast ein Kriminalfall ist, denn man muss bedenken, dass der Landeshauptmann von Kärnten von sich aus in einem Fernsehinterview gesagt hat: Das ist jetzt eine brisante Sache, ich und meine Familie werden bedroht, ich muss mich aus der Bundespolitik zurückziehen!

Ich möchte Sie nur daran erinnern, meine Abgeordneten von der FPÖ, dass es ein Großteil von Ihnen allein ihm auf Grund des Wahlkampfes 1999 zu verdanken hat, dass Sie überhaupt hier herinnen sitzen. Er war der Spitzenkandidat. Das ist also nicht irgendjemand in der FPÖ, und er muss sich jetzt herstellen und das sagen. Er muss sagen: Ich ziehe mich zurück, denn in der Regierung gibt es einige, für die die wirtschaftlichen Interessen wichtiger sind, da tummeln sich die Lobbyisten, die diese Flugzeuge haben wollen, daher gehe ich!

Sie bleiben natürlich noch dabei, Sie haben eine besondere Beziehung dazu. Um Jörg Haider einmal positiv zu zitieren: Haider hat gesagt, Sie seien der Verteidigungsminister, der mit den Präsenzdienern am Abend am liebsten Händchen haltend ins Bett ginge und sie in der Früh am liebsten selbst aufwecken würde. So gerne seien Sie Verteidigungsminister und so hoch sei Ihr Identifikationsgrad. Und das scheint sich dann in Ihren Verhaltensweisen niederzuschlagen. (Zwischenruf des Abg. Jung. )

Wenn Sie schon so gesprächig sind – vielleicht haben wir heute einen Tag erwischt, Herr Verteidigungsminister, an dem Sie Lust zu Offenheit empfinden und diese Lust auch hier ausleben wollen –, muss ich Sie fragen: Was war der wirkliche Grund dafür, dass man sich, obwohl faktisch alle in Ihrem Ministerium für das schwedische Modell waren, letztlich für dieses Kriegsflugzeug, wie es Ihr Finanzminister genannt und dem er dann freudig zugestimmt hat (Abg. Jung: Vielleicht kommt der eine oder andere hinter schwedische Gardinen!), entschieden hat? Ich frage Sie, was letztlich der Grund dafür war und wie es vor sich gegangen ist, dass sich dann alle in der Regierung dafür entschieden haben – wofür sie, so hoffe ich, am 24. November


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den Preis zu bezahlen haben. Das sollten Sie uns nicht verschweigen. Teilen Sie uns doch endlich mit, was da los war!

Ich habe mit Interesse – Herr Abgeordneter Pilz hat das nur gestreift, er hätte es auch zitieren sollen – die Aussage des EADS-Lobbyisten Gernot Rumpold, ehemals Geschäftsführer der FPÖ, im "FORMAT" vom 13. September gelesen. Er ist also nicht irgendjemand, er hat auch Werbekampagnen gemacht und war bisher überhaupt groß im Geschäft – was nach dem 24. November sein wird, weiß ich nicht. Jedenfalls sagte er stöhnend – wahrscheinlich unter der Last des Wissens, das ihn im Zuge dieser gesamten Beschaffung quält –:

"Das ist ja wie in Uganda. Wenn man in Österreich nicht mit dem Geldkoffer auftaucht, klappt gar nichts."

Herr Verteidigungsminister! Da Sie schon so gesprächig sind: Was kann Ihr Freund Gernot Rumpold damit gemeint haben? (Zwischenruf des Abg. Öllinger. ) Sehen wir einmal davon ab, dass dieser Satz im völligen Gegensatz zur Selbstdarstellung der österreichischen Bundesregierung steht. Er sagt, Österreich sei Uganda. Ich weiß nicht, was der Bundeskanzler und die anderen Regierungsmitglieder zu dieser Feststellung zu sagen haben, aber das will ich mal abseits stellen; heißt das, hier ist Bestechung, Korruption im Gange?

Wenn ich nämlich die Aussagen Haiders mit jenen von Gernot Rumpold und dem fast religiösen, sektenhaften Festhalten auch von Ihnen – ohne jetzt Ihnen persönlich etwas vorzuwerfen – an dieser Beschaffung im Allgemeinen und letztlich auch des "Eurofighters" im Speziellen kombiniere, dann wirft sich die Frage auf, ob es da nicht um viel, viel mehr gegangen ist.

Abgeordneter Murauer hat gemeint: Parteienfinanzierung. (Abg. Murauer: Da haben Sie nicht zugehört! Nach Vorstellung von Pilz, habe ich gesagt! Da haben Sie nicht zugehört!) Das ist ihm gleich aufs Erste eingefallen, um sich für den Untersuchungsausschuss anzumelden. Wir haben das mit Interesse vorgemerkt. Sollte es einen geben, sind Sie herzlich eingeladen, auch dort Ihre Gesprächigkeit zu entwickeln. (Abg. Murauer: Ihren Phantasien wollen wir nicht entsprechen!)

Das ist jedenfalls ein Vorwurf, den man in diesem Zusammenhang aufklären sollte. Wir werden daher diesen Untersuchungsausschuss fordern, denn wenn der Nationalrat ernst genommen werden soll, dann ist er auch dazu verpflichtet, diesen Weg zu gehen.

Interessant ist übrigens, wenn man jetzt dieses gesamte Durcheinander bedenkt – Herr Abgeordneter Kukacka sitzt schon ganz depressiv hier (ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Kukacka ), er ist ja auch einer jener, die diese schwarz-blaue Konstruktion begrüßt haben und jetzt vor dem Scherbenhaufen sitzen –, was diese Regierung in den letzten Monaten außer Streit, Intrige, Kabale und all dem – es ist sowieso alles reif für das Burgtheater – zustande brachte: Gaugg und die Abfangjäger, das waren eigentlich die Hauptthemen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. ) Das war das, womit sie sich am meisten beschäftigt hat. Das eine ist die privilegierte Implantierung eines Abgeordneten dieses Hauses, der sich dann selbst zurückgenommen hat, und das andere ist die Geschichte um die Beschaffung der Kriegsflugzeuge, der Abfangjäger. Das wird bleiben, wenn man es genau betrachtet, und nicht die schönen selbstbeweihräuchernden Bilanzen, die man hier heute noch zu präsentieren versucht. Das verdient daher, dass man sich damit jetzt im Rahmen dieses verdienstvollerweise eingebrachten Dringlichen Antrags noch genauer auseinander setzt.

Es kommt natürlich noch ein Aspekt dazu – ich kann mich heute noch daran erinnern, als das beschlossen wurde; abgesehen davon, dass damals schon geschwindelt wurde: Zuerst war von 1,79 Milliarden € die Rede, dann hat die "Presse", wahrlich kein linksextremistisches revolutionäres Organ, aufgedeckt, dass es eigentlich 2,3 bis 2,4 Milliarden € sind. Da ist geschwindelt worden, das hat man zugeben müssen. Dann wurde gesagt: Mit denen kann man nicht nur fliegen, sondern noch mehr! – Gut.

Dann ist das Ganze in der Art weitergegangen, indem man wieder geschwindelt und gesagt hat: Da gibt es enorm viele Kompensationsgeschäfte. Pilz hat eines aufgezeigt, das auch ohne all


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das zustande gekommen ist. Dann hat ein Beamter aus dem Ministerium von Bartenstein gesagt: Damit es nicht schief läuft, haben wir eine Kommission, die genau beobachten muss, was wirklich ein Kompensationsgeschäft ist. – Es gibt also Misstrauen, es wird versucht, einiges hineinzuverpacken.

Es hat sich herausgestellt, dass es sich nicht einmal bei einem Viertel der angekündigten Kompensationsgeschäfte um solche handelt. – Ich habe so etwas von einem Durcheinander, von Schwindel, von unklaren Dingen, von Bestechungs- und Korruptionsvorwürfen hier noch nicht erlebt! Das bleibt Ihrer Regierung vorbehalten, die angetreten ist, "neu zu regieren", eine Wende herbeizuführen. Also das, was herausgekommen ist, war eine Wende in den Gatsch (Heiterkeit bei der SPÖ), das muss ich Ihnen sagen, und sonst gar nichts.

Herr Klubobmann Khol! Wenn Sie das zweite Buch schreiben, dann wäre "Als wir aus der Wüste Gobi nicht mehr herausfanden" vielleicht ein ganz guter Titel. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Ich würde empfehlen, dass Sie sich, da Sie so nett und intellektuell redlich sind, auch wirklich damit befassen. (Abg. Dr. Khol: Erlaubst du mir einen Zwischenruf?) – Gerne. (Abg. Dr. Khol: Wer zuletzt lacht, lacht am besten! – Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Dann treffen wir uns am 24. November am Abend zum gemeinsamen Lachen. (Abg. Dr. Khol: Jawohl!) Du versprichst mir aber, dass du dann mitlachst, auch wenn du nichts zu lachen hast. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch einen Entschließungsantrag betreffend endgültiges Aus für die Kampfflugzeuge einbringen, damit es da keinen Irrtum gibt.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend endgültiges Aus für die Kampfflugzeuge, eingebracht im Zuge der Debatte zur Behandlung des Dringlichen Antrages der Abgeordneten Peter Pilz, Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Abfangjäger-Beschaffungsstopp

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Beschaffungsvorgang für die Kampfflugzeuge sofort abzubrechen und auf den Kauf der Abfangjäger zu verzichten."

*****

Das soll unterstreichen, dass wir ein grundsätzliches Nein zu dieser Anschaffung zu deponieren haben und ein noch stärkeres grundsätzliches Nein gerade auch zu diesen Plänen. (Abg. Murauer: Sie sagen das ein bisschen laut! ... ein bisschen leiser an Ihrer Stelle!) Da gibt es kein Herumzuckeln, kein Herumnuckeln und auch nicht den Verdacht, dass wir das, wenn wir dann in den Verhandlungen sind, so wie 1999 – zumindest und Gott sei Dank mit der Forderung verbunden (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), Anschaffung nur dann, wenn es für das Budget verträglich ist – auf irgendetwas hinbiegen lassen. (Abg. Murauer: Da hat es schon mehr Schwenke bei Ihnen gegeben!) Da gibt es kein Biegen, kein Ruckeln, kein Zuckeln – ein absolutes Nein ist die Linie, damit müssen Sie auch rechnen, und das finde ich richtig und korrekt, auch im Zuge der Ereignisse der letzten Tage und Wochen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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15.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Murauer, Sie sind der Nächste. – Bitte. (Abg. Parnigoni  – in Richtung des Abg. Murauer –: Bitte, erzähl gleich alles, was du weißt, dann tust du dich leichter! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

15.55

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der SPÖ, beruhigen Sie sich, nehmen Sie Ihre Ablehnung der Luftraumsicherung ein bisschen cooler! Die Bürger, die Wähler werden das am 24. November entsprechend beurteilen.

Meine Damen und Herren! Es ist selbstverständlich, dass wir den Dringlichen Antrag ablehnen, weil wir allen Grund haben, dem Wort unseres Herrn Bundeskanzlers und auch dem Wort des Bundesministers Scheibner zu vertrauen (Abg. Dr. Lichtenberger: Welchem Wort?), dass die Beschaffung der Abfangjäger auf Eis gelegt wird. Punktum! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler. )

Das Argument für die Beschaffung der Abfangjäger, einer Ihrer zentralen Wahlkampfslogans, ist weg. Jetzt ist Pilz angetreten, und es wird hier krampfhaft versucht, die Radaranlage kaputtzureden, obwohl er genau weiß, dass sie funktioniert. Aber nein, hier gibt es Schatten, hier gibt es geheime Dinge. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Kollege Cap hat seine linken Detektive ausgeschickt, es geht um Parteienfinanzierung, und Pilz wird ihn dabei unterstützen, weil die Beschaffung von Flugzeugen (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter ), die Luftraumsicherung natürlich mit allen Mitteln schlecht gemacht werden müssen. Es muss alles recht sein, dass der Linkspopulismus hier die Überhand bekommt.

Meine Damen und Herren! Die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher registrieren das.

Der Kanzler hat ein klares, verlässliches Wort gesprochen: Die Sicherheitspolitik hat keinen Platz im Parteienstreit.

Erstens: Die Beschaffung der Abfangjäger wird auf Eis gelegt, und eine neue Regierung wird sich damit zu befassen haben.

Zweitens – und damit zur Wirtschaft, meine Herren Pilz, Cap und Genossen –: Wir wissen, dass international Gegengeschäfte in der Beschaffung eine zentrale Rolle spielen, nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen Ländern. Das sollten Sie, bitte, dazusagen.

Wir sind außerdem bestrebt – der Bundeskanzler hat das ganz deutlich ausgesprochen –, zu erreichen, dass die Wirtschaft mehr eingebunden wird, dass es dafür eine Plattform gibt und dass Forschung und Entwicklung, die dadurch eingebunden werden und zustande kommen, eine besondere Rolle spielen. Bitte, sagen Sie das auch dazu! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Silhavy. )

Drittens: Es muss Schluss gemacht werden mit dem Wettlauf in der Sicherheitspolitik nach dem Motto: Wer bietet weniger? – Ich sage: Schluss mit dem Linkspopulismus in der Sicherheitspolitik! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Jedoch ein klares Bekenntnis dieser Regierung und der Österreichischen Volkspartei zur Landesverteidigung, ein klares Bekenntnis zum Bundesheer und zu einer rot-weiß-roten Sicherheitspolitik!

Meine Damen und Herren! Darin unterscheiden wir uns natürlich von Sozialisten und Grünen. Sie werden es nicht vermuten, sogar Abgeordnete aus Ihren Reihen – Herr Pilz ist jetzt hinausgegangen, den interessiert es weniger –, Herr Pilz und andere, sind gegen das Bundesheer. Herr Kollege Marizzi! Ich sage das Stichwort "Bundesheer light" und so weiter. Immer lighter, immer lighter, und dann haben wir das Marizzi-Bundesheer. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. )

All das kommt von Ihrer Seite. Die Österreicher sollen wissen, dass Sie von einer bestimmten Haltung ausgehen: Es geht Ihnen nicht um Luftraumsicherung, es geht Ihnen nicht um das Bundesheer (Abg. Auer  – in Richtung Opposition –: Das verstehen Sie ja nicht!) und seine Aufgaben und seine Assistenzleistungen. Nein, in letzter Konsequenz wollen Sie das Bundesheer abschaffen! Wir, die Österreichische Volkspartei, stehen jedoch zum Bundesheer und zur Landesverteidigung! (Beifall bei der ÖVP.)


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115. Sitzung / Seite 121

Eine neue Regierung wird ein neues Abkommen verhandeln. (Abg. Marizzi: Danke, Kollege Murauer, danke!)  – Bitte gerne, selbstverständlich, Kollege! Kollege Marizzi ist hier ein besonderer Spezialist. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Kukacka: Und ob der ein Spezialist ist!) Wie in vielen Dingen ist er auch in Verteidigungs- und Verhandlungspolitik ein besonderer Spezialist, muss ich sagen, wenn ich mich ein wenig zurückerinnere. (Abg. Mag. Kukacka: Abhörspezialist!)

Im Rahmen der Vereinbarung einer neuen Koalition wird man auch über Sicherheitspolitik zu befinden haben.

Kollege Cap hat hier heute große Worte gesprochen, indem er den SPÖ-Standpunkt klargelegt hat: Wir von den Sozialisten werden keine Flugzeuge beschaffen, weil wir der Meinung sind, dass dies die unnötigste Anschaffung für die Sicherheit der Österreicher ist. In diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass Kollege Cap und seine Genossen vor zweieinhalb Jahren ein SPÖ/ÖVP-Koalitionspapier unterschrieben haben, in welchem steht, dass die SPÖ selbstverständlich dafür eintreten wird, dass die "Draken" von neuen Fluggeräten abgelöst werden. So schnell ändert sich die Meinung beim Kollegen Cap und seinen Genossen.

Herr Kollege Cap! Deswegen habe ich gemeint, Sie sollten ein wenig leiser sagen und kleiner schreiben: Wir Sozialisten sichern den Luftraum nicht!

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sagen Sie das den Österreichern! Sagen Sie den Österreichern: Wir stellen uns gegen die Verfassung! Wir schauen hinaus und sehen, der Himmel ist blau, mit einigen Wolken, und wir sehen nicht den Feind, den die Regierenden immer sehen möchten, und deswegen ist unser Luftraum nicht interessant, wir brauchen ihn daher nicht abzusichern! Das ist unsere zentrale Botschaft für die nächste Wahl.

Meine Damen und Herren! Bei verantwortlichen und staatstragenden Sozialdemokraten möchte ich nicht nachfragen, was sie zu dieser Haltung, die die jetzigen sozialistischen Vertreter hier deponiert haben, sagen.

Meine Damen und Herren! Zur Frage der Finanzierung möchte ich sagen, dass die Steuerzahler Österreichs jährlich zweimal – nicht einmal! – so viel Geld für die Österreichischen Bundesbahnen ausgeben, nämlich über 50 Milliarden Schilling, so viel, wie die zweimalige Beschaffung von Abfangjägern pro Jahr ausmachen würde.

Wenn ich im Traumbuch des Herrn Gusenbauer blättere, in welchem er all seine Forderungen aufgelistet hat und in welchem steht, was alles ihm einfällt, das er statt der Abfangjäger beschaffen oder kaufen könnte, dann möchte ich sagen: Das alles könnte er mit vier multiplizieren, wenn wir allein die Zinsen für die Schulden, die die SPÖ-Regierungen uns hinterlassen haben, nicht zu zahlen bräuchten. Um 100 Milliarden Schilling, die die Zinsenleistung ausmacht, könnten wir die Wünsche im Traumbuch des Herrn Gusenbauer vervierfachen.

Meine Damen und Herren! Sie haben sich in der vergangenen Legislaturperiode gegen die Sicherheit ausgesprochen, und das in mehrfacher Hinsicht: Sie haben gegen das Sicherheitspolizeigesetz gestimmt. Sie haben sich gegen die Schaffung des Bundeskriminalamtes ausgesprochen. Sie haben gegen das Vermummungsverbot gestimmt. Sie votierten auch gegen das Militärbefugnisgesetz, gegen die Sicherheitsdoktrin und gegen den Optionenbericht. Sie waren also gegen alle notwendigen rechtlichen Grundlagen in der Sicherheitspolitik. So schaut Ihre Sicherheitspolitik aus, meine Damen und Herren!

Aber das werden die Österreicher registrieren, und sie werden eines mit Sicherheit tun: am 24. November für einen Bundeskanzler Schüssel stimmen, weil er der Kanzler der Sicherheit, der Kanzler der Verlässlichkeit in dieser Republik ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Das ist eine Drohung!)


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16.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

16.03

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der seine Gemeindebauvergangenheit (Abg. Dr. Pilz: Gegenwart!) und -wohnung so gern betonende und private Rolex-Sammler Pilz ... (Abg. Dr. Pilz: Tatsächliche Berichtigung! Stimmt nicht!)  – Sie haben das aber auf einer Kanadareise sehr groß erzählt, und ich habe von Ihnen sogar dazugelernt. Dass Sie Ihre Rolex in einem Bankschließfach aufbewahren, das haben Sie dort vor vielen Leuten erzählt und gesagt, dass Ihre Sammlung im Gemeindebau nicht sicher genug sei. Dem galt Ihr Hauptinteresse auf der ganzen Kanadareise, Herr Kollege Pilz. Streiten Sie es nicht ab, dafür gibt es eine Menge Zeugen, auch wenn es Ihnen unangenehm ist, das vor Ihren Kollegen gesagt zu bekommen!

Ich sage das hier ganz bewusst, denn ich habe noch nie eine so untergriffige Rede in diesem Haus gehört, wie Sie sie vorhin gegenüber dem Kollegen Scheibner gehalten haben. Das war wirklich das Allerletzte! Beschuldigungen, An schuldigungen – nicht einmal Beschuldigungen kann man das nennen –, und zwar ohne den Zipfel einer Wahrheit, sind von Ihnen hier abgegeben worden. Das war wirklich das Allerunterste, was ich hier je gehört habe!

Nun aber, Kollege Pilz, zum sachlichen und zum interessanten Bereich. Es ist recht interessant, dass der Herr, den Sie vorhin in Ihrem Bericht erwähnt haben, nicht zum ersten Mal im Zusammenhang mit solchen Sachen auftaucht. Da gab es doch den Fall des Kollegen Marizzi – er ist, glaube ich, soeben hinausgegangen –, in dessen Zusammenhang der Name dieses Herrn aufgetaucht ist. Er ist also kein Uninteressanter, und diese Sache wird noch zu untersuchen sein. – So weit zu diesem Bereich.

Jetzt möchte ich an den Kollegen Gusenbauer eine Frage richten. Er ist leider nicht da, daher ersuche ich Sie, ihm das auszurichten. Aber vielleicht habe ich heute noch die Gelegenheit, ihn selbst zu fragen.

In der letzten Ausgabe von "NEWS" steht wortwörtlich, und zwar in einem Interview mit dem Vizechef von EADS: "NEWS: Hatten Sie auch mit SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer Kontakt? Berger: Ja, das Gespräch war sehr positiv."

"Das Gespräch war sehr positiv", heißt es hier, meine Damen und Herren von der SPÖ! Es wäre schon interessant, zu erfahren, was da Positives zwischen Ihrem Parteivorsitzenden und EADS verhandelt wurde, zumal Sie behaupten, dass Sie absolut kein Interesse an den Abfangjägern hätten. Das wäre eine interessante Antwort, die hier in diesem Hohen Haus noch ausständig ist. Das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der ganze Dringliche Antrag von heute ist eigentlich überflüssig, das alles hat sich längst erledigt. Es gab vom Herrn Bundeskanzler eine Erklärung dazu, und es wurde vom Herrn Verteidigungsminister klargestellt, dass eine Beschaffung in dieser Legislaturperiode gar nicht mehr möglich sei, dass daher auch eine Vertragsunterzeichnung in dieser Zeit nicht erfolgen könne.

Dieser Dringliche Antrag ist daher überflüssig, aber es ist ganz interessant, auf die Sicherheitspolitik der großen Oppositionspartei einzugehen; jene der Grünen kennen wir ja: Das ist im Wesentlichen ein Abschaffen des Bundesheeres.

Es stellt sich wirklich die Frage: Wie schaut die Sicherheitspolitik bei der SPÖ aus, wenn ihre eigene Fraktion der Sozialistischen Gewerkschafter in der Zeitung "Blitzlicht" – ich glaube, in der vorletzten Ausgabe – schreibt: "Es reicht!!! Klares Ja der FSG" – Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter heißt das, Herr Kollege Cap – "zu neuen Abfangjägern."?

Weiters heißt es da – ich zitiere –: "Die Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen in der Landesverteidigung spricht sich für eine rasche Entscheidung für neue Abfangjäger aus. In einer einmaligen Plakat- und Briefaktion haben die roten Personalvertreter schon seit Herbst 2001 ihren Standpunkt klargelegt und alle führenden Politiker zu einem gemeinsamen Weg in der Sicherheitspolitik aufgefordert." (Zwischenruf der Abg. Silhavy. )


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Jetzt haben Sie die andere Plakataktion, in der Sie sich dagegen aussprechen. Ich frage Sie daher: Welche gilt denn bei Ihnen, welche gilt für Ihre Mitglieder? – Das muss ich Sie schon fragen, Frau Kollegin Silhavy!

Ich lese Ihnen weitere Aussagen von Ihren eigenen Gewerkschaftern vor. Ich zitiere:

"Ein Nein zu neuen Abfangjägern bedeutet letztlich die Aufgabe der Souveränität und der Neutralität. Weiters bedeutet dieses Nein auch den Verlust von mehr als 1000 Hochtechnologie-Arbeitsplätzen in der Landesverteidigung und Schließung von Standorten in Krisenregionen."

Weiters sagen Ihnen Ihre eigenen Leute – hören Sie gut zu! –: "In letzter Konsequenz heißt ein Nein zum Abfangjäger auch Nein zum Bundesheer."

Das sagen Ihnen Ihre eigenen Gewerkschafter! Das zeigt den Bankrott Ihrer Sicherheitspolitik.

Schauen Sie sich doch an, wer bei Ihnen reden darf, wenn es um sicherheitspolitische Themen geht! Ist heute einer Ihrer Sicherheitspolitiker hier herausgetreten? Darf einer Ihrer Sicherheitspolitiker hier heraustreten? Wo ist Kollege Schieder? Wo ist Kollege Einem, der sich in profunder Weise damit befasst hat? Wo ist Ihr Wehrsprecher Gaál? (Abg. Gaál hebt die Hand.)  – Ja, Sie sind aber nicht am Rednerpult gewesen. Bisher sind Sie nicht drangekommen. (Ruf bei der SPÖ: Kommt noch!) Vielleicht darf er jetzt noch alibihalber reden, ansonsten scheint er zu jenem Drittel zu gehören, das Kollege Gusenbauer als "nicht mehr resozialisierbar" bezeichnet hat und das in der SPÖ nichts mehr zu tun hat. – So schaut die Situation in Ihrer Partei aus! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es gibt bei Ihnen keine Sicherheitspolitik mehr, denn es gibt bei Ihnen niemanden mehr, der dazu reden kann. Schauen Sie sich das doch an! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es wurde vorhin von den Radarschatten gesprochen. Wo ist denn Ihr Schattenkabinett oder das "Kabinett des Lichts"? Wo ist Ihr Sicherheitssprecher? Wo sind Ihre Konzepte? Sie haben sie nicht! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie haben ein einziges, zu früh gedrucktes Plakat über die Abfangjäger. Mit diesem Plakat glauben Sie einen Wahlkampf gewinnen zu können? Mit diesem Plakat glauben Sie die Österreicher überzeugen zu können? (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Gehen Sie sich doch brausen damit! Damit werden Sie keinen Erfolg haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Schauen Sie sich an, wen Sie außer dem Parteivorsitzenden in den Nationalen Sicherheitsrat entsandt haben? – Die "großartige", gescheiterte Ex-Frauenministerin. Ist das die Ansage Ihrer Sicherheitspolitik? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie ist tatsächlich eine, denn es ist eine deutliche Absage zu dem Bekenntnis, dass Sie eine ernsthafte Politik in diesem Bereich betreiben wollen. Oder Sie haben, was ich eher vermute, einen großen Riss in Ihrer Partei betreffend den sicherheitspolitischen Bereich und haben noch keinen gefunden, der beide Lager abdeckt. Das sind die Fakten bei Ihnen! Das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird Ihnen aber nichts anderes übrig bleiben, als der österreichischen Bevölkerung klare Antworten in sicherheitspolitischen Fragen zu geben. Auch wenn Sie sich noch so aufregen, Herr Kollege Parnigoni: Es ist ein Faktum! Ich sehe es, ich habe den Nerv getroffen, denn sonst würden Sie nicht so rot wie Ihr Hemd werden, Herr Kollege! Das kann ich Ihnen auch sagen. (Abg. Parnigoni: Na geh, bitte! Sie können meinen Nerv nicht treffen!)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie werden, wenn Sie auf europäischer Ebene reüssieren wollen – und das sagen Ihnen Ihre übrigen sozialdemokratischen Parteien in Europa –, nicht ohne eine glaubwürdige Sicherheitspolitik – und dazu gehört im Endeffekt auch die Sicherung des Luftraums – auskommen. Das wissen Sie ganz genau. Deswegen hätten Sie gerne gehabt, dass wir jetzt die Beschaffung getätigt hätten, und dann hätten Sie gesagt: Wir können sie nicht mehr rückgängig machen!, und hätten sich gedacht: Gott sei Dank haben wir sie, damit haben wir das Problem vom Hals! (Abg. Parnigoni: Wieso ist dann der Oberst Gudenus dagegen?!)


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So hätten Sie es gerne, Herr Kollege Parnigoni, aber so läuft die Sache in Wirklichkeit nicht! Das ist der große Unterschied!

Wir Freiheitlichen haben im sicherheitspolitischen Bereich klare Vorstellungen: Wir wollen eine Einbindung in die europäische Sicherheitspolitik – aber nicht so wie Sie! (Abg. Parnigoni: Alle!) Jawohl! Wir wollen eine klare Einbindung in die europäische Sicherheitspolitik, von Ihnen aber gibt es nur Lippenbekenntnisse.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die übrigen europäischen Länder hinnehmen werden, dass sie Geld in Personalkosten investieren, während sich ausgerechnet die Österreicher aus diesem Bereich heraushalten. Das wissen Sie ganz genau! Das ist Ihnen ganz klar! Das wird Ihnen im europäischen Rahmen, im Europaparlament und überall auf europäischer Ebene von Ihren Kollegen gesagt. Das ist zumindest Ihrer Parteiführung – vielleicht sagt sie es nicht weiter – eindeutig klar und bekannt.

Wir Freiheitliche wollen diese Mitarbeit im europäischen Sicherheitssystem mit einer klaren Lastenverteilung. Wir wollen aber genauso den Letztentscheid über den Einsatz österreichischer Soldaten in Österreich behalten.

Es ist klar, dass Sie, weil Ihnen nichts anderes einfällt, hier eine Debatte über das Bundesheer anfachen wollen. Ich glaube aber nicht, dass Sie damit wirklich Erfolg bei der Bevölkerung haben werden. Davon bin ich sogar überzeugt.

Abschließend eine gut gemeinte Warnung oder Mahnung an unseren Koalitionspartner: Es gibt in den Reihen der ÖVP Gedankenspielereien um ein aus dem Bundesministerium für Inneres und dem Bundesministerium für Landesverteidigung gebildetes Sicherheitsministerium. Einige Andeutungen sind in letzter Zeit auch in die Presse gelangt.

Meine Damen und Herren! Diese Arbeitsgruppe im Umfeld des Innenministeriums sollte sich schnell auflösen. Ein solches Ministerium kann nicht im Sinne Österreichs sein. Bitte denken Sie darüber nach und versuchen Sie nicht, mit diesem Gedanken in einen Wahlkampf zu gehen! Es wäre der falsche Weg. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort gemeldet. Ich bitte ihn, die Bestimmungen der Geschäftsordnung genau zu beachten. – Bitte.

16.12

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist vom Abgeordneten Jung hier behauptet worden, ich sei in Besitz einer großen Rolex-Sammlung.

Ich berichtige tatsächlich: Ich besitze keine einzige Rolex! – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Murauer: Dann war das wieder ein Schmäh! Es stimmt auch das nicht! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Herr Abgeordneter Murauer hat sich so hingestellt, dass ich geglaubt habe, er wolle schon wieder reden. (Abg. Murauer: Ich bin bereit, Herr Präsident! Ich hätte noch viel zu sagen!)

16.13

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Genau! Herr Kollege Murauer hätte uns noch viel zu sagen, und dass er das tun wird, darauf hoffen wir auch sehr. Herr Kollege Murauer! Da Sie angekündigt haben, dass Sie uns über Parteienfinanzierungen im Zusammenhang mit den Abfangjägern Auskunft geben könnten, fordere ich Sie auf, noch einmal an das Rednerpult zu treten und das auch zu tun. Legen Sie die Parteienfinanzierungen offen, damit wir erkennen können, was an den Verdächtigungen, die Sie hier in die Welt setzen, dran ist!


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Ich möchte mich nun in meiner Rede in aller Form bei Herrn Bundesminister Scheibner bedanken, denn er hat den Schweigekegel offen gelegt, einen Schweigekegel, der sich aber offensichtlich weniger über der Luftraumüberwachung befindet als vielmehr über dem Ministerium, einen Schweigekegel, der einiges zudeckt, was für jede künftige Regierung mehr als dramatisch werden kann.

Abgesehen davon, dass Herr Minister Scheibner schon davon ausgeht, dass es eine andere Regierung geben wird, und er deswegen offensichtlich noch möglichst viele Bindungen in Richtung "Eurofighter"-Beschaffung herstellen will, ist er aber gar nicht bereit, dazu Auskunft zu geben, wie diese Verhandlungen genau ausschauen und was sie genau bewirken sollen. In sich war das, was der Herr Minister gesagt hat, sehr widersprüchlich. Er sagte: Ja, es werde weiter verhandelt. Das heißt: Sollte es jemals wieder Schwarz-Blau geben, wird es natürlich die "Eurofighter"-Beschaffung in vollem Umfang geben. Das muss man einfach noch einmal klar und deutlich feststellen. Das waren die Worte des Herrn Minister Scheibner.

In seiner Interpretation deutete er ganz klar an, dass es aus seiner Sicht keinen Weg zurück geben sollte. Da ist Herr Kollege Murauer schon zu fragen, welchem Wort er denn jetzt traut. (Abg. Murauer: Das habe ich deutlich gesagt!) Herr Abgeordneter Murauer, Sie haben gesagt, Sie vertrauen dem Bundesminister und dem Bundeskanzler. – Ich sage Ihnen ganz offen: Das ist ein Widerspruch! Sie werden sich schwer tun, beiden zu vertrauen, denn die beiden Herren tätigen ja sehr widersprüchliche Aussagen zu dieser ganzen Frage.

Wir Grüne verlangen einen absoluten Stopp. Jetzt eine Bindung einzugehen, das würde bedeuten, dass jede neue Regierung, die dann das Ministerium zu besetzen hat, unter Umständen vor einem gigantischen Scherbenhaufen steht, vor Bindungen steht, die jetzt nicht offen gelegt werden.

Ich frage Sie: Zu welchem Zweck soll denn weiterverhandelt werden? Damit man ein paar schöne Abendessen gemeinsam mit ein paar Lobbyisten verbringt? Das kann es doch wohl nicht sein. Offensichtlich soll es Festlegungen geben, die man jetzt natürlich noch unter dem Schweigekegel des Ministeriums hält, die dann eine andere oder die gleiche Regierung abzuarbeiten hat.

Das heißt: Es wird da wirklich mit falschen Karten gespielt. Es wird in der Öffentlichkeit etwas anderes dargestellt, als es in Wirklichkeit stattfindet.

Herr Minister! Unser Antrag – und das ist damit klar – war sehr berechtigt. Es darf keine Bindungen – auch keine unter einem Schweigekegel verdeckten – geben, wenn es eine öffentliche Erklärung gibt, dass dieser Abfangjägerkauf – und die Meldungen des Bundesministers, warum gestoppt worden ist, waren ja auch sehr vielfältig – gestoppt worden sei. Eine Bindung durch Weiterverhandeln ist unzulässig. Deswegen sind wir für einen sofortigen Stopp jeglicher Verhandlungen! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie sagen, dass die Luftraumüberwachung so wichtig sei, und wenn Sie der Meinung sind, dass die "Eurofighter" für die Luftraumüberwachung unverzichtbar seien, dann muss ich Ihnen sagen: Da werden zwei Dinge unzulässig vermischt. Wenn die Luftraumüberwachung nur mit "Eurofightern" zu sichern gewesen wäre, dann muss man ja den letzten Regierungen grobe Versäumnisse in der Luftraumüberwachung vorwerfen. (Abg. Murauer: Frau Lichtenberger! Dieser "Scharfblick" tut mir natürlich weh!) Wenn aber die Typendiskussion auf diese Art und Weise geführt worden ist, dann liegt klar auf dem Tisch, was Sie wirklich wollen. Da geht es schon längst nicht mehr um Luftraumüberwachung, sondern um die Beteiligung an einer europäischen Armee, und zwar in einem Bereich, in dem Österreich aus unserer Sicht auf Grund der Neutralität schlicht und ergreifend nichts zu suchen hat. Deswegen verlangen wir einen sofortigen Stopp beziehungsweise einen Ausstieg. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Unter Ihrem Schweigekegel sollten Sie langsam, aber sicher Ordnung schaffen. Sie geben ganz unverlangt die Auskunft, dass Akten verschwinden, und zwar nicht nur einer, sondern zwei, drei, ja schon mehrere. Ich würde Sie ersuchen, in diesem Bereich endlich Klar


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heit zu schaffen, auch darüber Klarheit zu schaffen – und diese Verpflichtung haben Sie auch gegenüber Abgeordneten, die heute gesprochen haben –, dass die Verantwortung für das Verschwinden von Akten bei Ihnen und in Ihrem Ministerium liegt und nicht bei irgendwelchen Abgeordneten liegen kann, die diese Missstände aufdecken. Man kann den Überbringer der schlechten Nachricht nicht prügeln, ohne klarzustellen, um welche Verantwortung es dabei geht.

Herr Minister! Legen Sie offen, was da geschieht und was da geschehen ist, und hören Sie gefälligst auf damit, andere Abgeordnete mehr oder minder offen zu beschuldigen, damit zu tun zu haben! Das haben Redner hier gesagt, das haben Sie hier anklingen lassen. Das ist keinesfalls zu dulden, Herr Minister! (Beifall bei den Grünen.)

Festzuhalten ist: Bei Schwarz-Blau ist der Weg zu Abfangjägern frei. Herr Minister Scheibner bereitet heute schon wesentliche Bindungen vor. Wir Grüne fordern einen sofortigen Stopp des Weiterverhandelns, um größeren Schaden von der Republik und auch von der Verteidigungspolitik abzuwenden. Das kann auf keinen Fall der Schlusspunkt einer Regierungstätigkeit sein.

Herr Minister, beseitigen Sie den Schweigekegel über diesen Verhandlungen! (Abg. Böhacker: Das gefällt ihr, der Schweigekegel!) Legen Sie offen, was auf dem Tisch liegt, und schauen Sie, dass der Schweigekegel über den Parteienfinanzierungen und über den verschwundenen Akten genauso entfernt wird wie die Löcher in der österreichischen Luftraumüberwachung! (Beifall bei den Grünen.)

16.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prähauser. Wunschgemäß wird die Uhr auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

16.21

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister, es muss Ihnen jetzt kalt über den Rücken gelaufen sein, als Ihr Kollege Jung am Rednerpult gestanden ist, denn seine Art der verbalen Auseinandersetzung mit diesem Haus hat eindeutig eines erkennen lassen: den Abschied vom Staatstragenden. Er hat sich von der Regierungsverantwortung hier in einer Art und Weise verabschiedet, die eines Abgeordneten nicht würdig ist. Das möchte ich Ihnen ausdrücklich sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Sprichst du vom Cap?)

Herr Kolleg Murauer! Bevor ich mit meinen eigentlichen Ausführungen beginne, darf ich Ihnen sagen, dass es keinesfalls ein Regierungsübereinkommen mit den Sozialdemokraten gegeben hat, also auch keine verbindliche Zusage für Kampfflugzeuge. Es hat aber tatsächlich Regierungsverhandlungen gegeben. (Abg. Murauer: Wann? In welchem Zeitraum?) – Ich rede von 1999, den letzten Verhandlungen. – Auf Drängen der ÖVP wurden über diese Flugzeuge Verhandlungen geführt, wir haben diesen Absatz hineinreklamiert: nach Maßgabe der budgetären Möglichkeiten. Wenn wir uns heute das Budget vor Augen führen, müssen wir feststellen, dass diese Anschaffungen derzeit sicher nicht möglich wären.

Meine Damen und Herren! Diese Regierung ist angetreten mit einem Schlagwort: Nulldefizit. Ein Nulldefizit ist an sich nichts Schlechtes. Ein Staat, der keine Schulden macht, keine weiteren Schulden mehr macht, hat mehr Möglichkeiten, zu gestalten. Keine Frage, das kann man unterschreiben. (Abg. Jung: Die Gestaltungsmöglichkeiten für Österreich haben Sie ruiniert!) Nur: Die Art und Weise, wie Sie geglaubt haben, ein Nulldefizit zu erreichen, ist abzulehnen. Das hat auch in den Abgrund geführt, wie wir wissen: Wir haben die höchsten Steuern, die wir je in diesem Land hatten. Das Wachstum ist so gering wie noch nie. Wir haben die Ambulanzgebühren et cetera, aber ich möchte hier nicht weitere Dinge anführen, Sie kennen diese nur allzu gut. (Zwischenruf des Abg. Jung. )

Trotzdem, meine Damen und Herren, ist der Schuldenberg um 8 Milliarden € gestiegen. Das sind 100 Milliarden Schilling – jene 100 Milliarden, die man uns gerade zum "Zinsvorwurf" gemacht hat. (Abg. Böhacker: Wie schaut es aus im Verhältnis zum BIP? Ist die Schuldenquote im Verhältnis zum BIP gestiegen oder gesunken?)


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Herr Kollege Böhacker, hören Sie einfach zu! Dann werden Sie vielleicht dazu beitragen können, dass das in Zukunft anders wird.

Meine Damen und Herren! Das Budget ist aus den Fugen geraten (Abg. Böhacker: Kollege Prähauser! Ich hätte mir mehr erwartet von dir! Da hast du mich schwer enttäuscht!), und das Ergebnis ist, dass die Möglichkeit der Gestaltung nicht mehr gegeben ist. Wir haben aber die Chance, den Haushalt gemeinsam zu sanieren. Wir haben die Chance, die Verschuldung in Grenzen zu halten. Verzichten wir auf die Anschaffung dieser teuren Kampfflugzeuge, so haben wir die Möglichkeit, den Haushalt zu sanieren und in andere, für das Bundesheer wesentlich wichtigere Dinge zu investieren.

Ich glaube, es ist falsch, zu meinen, modernstes Kriegsgerät – Abfangjäger, Kampfflugzeuge – würde das Bundesheer moderner machen. Wir müssen die Hebel hier anders ansetzen: Wir müssen die Infrastruktur des Bundesheeres verbessern. Wir müssen die persönliche Sicherheit der Angehörigen des Bundesheeres verbessern und auch die Akzeptanz des Bundesheeres noch vergrößern. Das wäre ein wesentlicher Beitrag, eine wesentliche Investition in die Zukunft. Es würde Geld gespart werden, und die entsprechenden Investitionen könnten in Österreich getätigt werden und kämen somit auch der Wirtschaft zugute.

Ein kleines Beispiel für jene, die es nicht verstehen können: Ein Heustadel mit einem Kupferdach ist noch lange keine Villa. Daher meine ich: Strukturieren wir das Bundesheer von Grund auf, und denken wir dann darüber nach, was es weiter zu tun gilt!

Meine Damen und Herren! Erinnern wir uns: Am Anfang war die Unwahrheit. Es hieß, der dritte Platz würde den Gang in die Opposition bedeuten. Am Ende steht ein Chaos, gibt es einen Scherbenhaufen, und diesen Scherbenhaufen gilt es nun aufzuräumen. "Scherbenhaufen" ist gar keine Erfindung der Opposition. Der designierte Parteiobmann der FPÖ hat das in den Medien selber so bezeichnet.

Hohes Haus! Wenn der Herr Bundeskanzler jetzt anregt, die Sicherheitspolitik aus dem Wahlkampf herauszulassen und nach der Wahl zu entscheiden, so ist das nichts anderes als der Versuch, die Bevölkerung zu täuschen. Er hat nicht den Mut, vor der Wahl zu sagen, was nachher sein wird, sollte er wieder in diese Funktion gelangen.

Ich darf Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Wenn die Sozialdemokraten gewählt werden, wird es zu keinen Kriegsgerät-Käufen kommen! Die Bevölkerung muss das wissen, wir stehen dazu. Ich darf Ihnen aber auch gleichzeitig sagen: Den Mut des Bundeskanzlers zur Wahrheit werden wir in der Weise einfordern, dass wir die Bevölkerung entsprechend informieren werden. Dann wird die Bevölkerung ihren Teil dazu beitragen, dass die Bürde der Verantwortung Herrn Bundeskanzler Schüssel von den Schultern genommen und Alfred Gusenbauer damit beauftragt wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Gusenbauer würde zusammenbrechen unter dieser Last!)

16.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.

16.26

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wahlkampf pur – und wer das noch nicht gewusst haben sollte: Seit es um die Flugzeuge geht, weiß er es!

Zwei Dinge sind dabei nicht uninteressant. Zunächst einmal trifft sich eine gewisse Abneigung gegenüber der Landesverteidigung generell, bei den Grünen wahrscheinlich alle Abgeordneten umfassend, bei den Sozialdemokraten den einen oder anderen, mit der Erkenntnis: Da haben wir vielleicht den Stein der Weisen für den Wahlkampf gefunden! Wenn ein Vertreter der Grünen es hier am Rednerpult ablehnt, Verteidigungs sprecher genannt zu werden, obwohl das ein parlamentarischer Begriff ist, und sagt: Wir sind nicht für die Verteidigung, ich will daher Friedens sprecher heißen!, und man sich seitens dieser Partei anmaßt, mitzureden, wenn es


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um die Verteidigung geht, kann man sich dabei nur seinen Teil denken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Den Sozialdemokraten wurde von meinem Vorredner Wolfgang Jung vorgehalten, dass ihre eigene Gewerkschaftsfraktion in sehr scharfen Worten verlangt habe, man möge doch die Abfangjäger anschaffen, und wer das nicht tue, der lehne in Wirklichkeit die Landesverteidigung überhaupt ab. – Man setzt sich über das hinweg, und daran sieht man, dass man bereit ist, die eigenen Leute Lügen zu strafen.

Man geht ja seitens der Sozialdemokraten in einen Wahlkampf, auf den man nicht vorbereitet ist. Der fällt Ihnen von den Sozialdemokraten ja wie ein Geschenk in den Schoß. Es haben ja andere dafür gesorgt, dass Sie auf einmal als die Kanzler-Partei gehandelt werden, und das hat Sie überrascht. Sie können nicht einmal alte Plakate in diesem Zusammenhang ausgraben, denn nicht einmal diese sind in irgendeiner Weise mehr gültig. Aber Sie haben jetzt einmal die Chance; da ist ihnen ganz Wurscht, was Ihre eigenen Gewerkschafter aus dem Fachbereich dazu gesagt haben. Sie greifen wie ein Ertrinkender nach dem Strohhalm, nach jedem Thema, von dem Sie glauben, dass es Ihnen zu einem Erfolg verhelfen könnte. Ich halte aber die Österreicher für gescheiter, als Sie das offensichtlich annehmen, und ich glaube, dass diese sehr wohl differenzieren können.

Natürlich ist es in einer Demokratie nie ein "Hit", wenn Waffensysteme angeschafft werden sollen. Das war in Österreich schon immer so. Historisch interessierte Menschen unter Ihnen – und ich sehe den einen oder anderen, dem ich glaube, dass er es ist – werden vielleicht die Biographie des Conrad von Hötzendorf gelesen haben, der als österreichischer Generalstabschef schon im Jahre 1908 das erste Mal zurückgetreten ist, weil es – gespenstischerweise in eben diesem Haus – damals in einer auch nicht ruhigen Zeit der Reichsrat abgelehnt hat, diejenigen Ausrüstungsgegenstände, die unbedingt notwendig für das österreichisch-ungarische Heer gewesen wären, anzuschaffen. Das hat nicht nur dazu geführt, dass der Conrad zurückgetreten ist, sondern auch dazu, dass im ersten Kriegsjahr des Ersten Weltkrieges in Galizien praktisch das gesamte damalige österreichische Heer in die Gräber marschiert ist – nicht nur in die Gräben, sondern auch in die Gräber  –, aufgerieben worden ist, weil es im Vergleich zu allen anderen nicht entsprechend ausgerüstet war. – Dann kommen Trauer und Bedauern immer zu spät.

Im Übrigen: Es ist ja jeder ein Illusionist, der glaubt, wir leben heute in einer Welt, in der es nicht irgendwann einmal ungerecht und rund zugehen kann. Man braucht nur Zeitungen zu lesen und den Fernsehapparat aufzudrehen und wird eines Schlechteren belehrt.

Man wird doch auch eines nicht annehmen können: dass unsere Nachbarn und auch jene, die weiter weg angesiedelt sind, auf die Dauer darüber hinwegsehen, dass wir uns über völkerrechtliche und staatsrechtliche Verpflichtungen so locker, wie es manchmal unsere "Heurigen-Art" ist, hinwegsetzen, dass sie völlig übersehen, dass wir unsere völkerrechtliche und staatsrechtliche Verpflichtung ignorieren, zu verteidigen, was unser ist. Dazu gehört auch der Luftraum, soweit er beherrschbar ist, also nicht bis zu den Sternen, aber immerhin so weit, wie man heutzutage fliegen kann.

Es wird uns niemand abnehmen, dass wir das nicht tun, dass wir es einfach ignorieren, ohne dass er sich selber dessen entsinnt, dass er nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet ist, im Interesse seiner eigenen Sicherheit das zu tun, was wir nicht tun, nämlich unseren Luftraum in die Überwachung einzubeziehen, etwas, was wir verabsäumen und vernachlässigen, meine Damen und Herren.

Es wird auch niemand glauben, dass wir uns auf Dauer in einer viel kleiner gewordenen Welt, in der alles internationalisiert und im internationalen Kontext geschieht, dann, wenn die Tuchenten in den Verteidigungsbereichen verteilt werden, noch länger darauf zurückziehen können, dass wir sagen: Wir machen die Betreuung der Militärkapellen, wir stellen die Ordonnanzen in den Offizierkasinos, und wir können auch noch zwei Tragtierstaffeln anbieten, eine in Lienz, eine in Spittal und eine in St. Johann in Tirol! – vielleicht sind es drei, sofern ich mich richtig erinnere –,


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das ist nicht gefährlich, das kostet nicht viel Geld, und das können wir am besten, aber alles, was etwas kostet, alles, wo der Steuerzahler in die Tasche greifen muss, alles, was gefährlich werden könnte, sollen die anderen machen, und wir lassen uns auf Kosten unserer Nachbarn von ihnen auch noch die Sorge um die eigene Sicherheit abnehmen!

Wer das glaubt, der gibt sich einer Illusion hin, und darüber hinaus trägt er dazu bei, dass wir uns lächerlich machen. Jeder, der heute glaubt, dass es genügt, wie im Willy-Forst-Film vor Jahrzehnten mit einer Musikkapelle aufzutreten, die über den Ballhausplatz marschiert, und sonst nichts zur Verteidigung beitragen zu müssen, wird ein böses Erwachen haben. Wer nicht bereit ist, mitzuarbeiten, wer nicht bereit ist, auch mitzuzahlen, wer nicht bereit ist, Pflichten zu erfüllen, der wird sich bald in einer Welt wiederfinden, in der er auch keine Rechte mehr haben wird. – So streng sind die Gebräuche heutzutage, so ist es und nicht anders.

Man neigt in Österreich dazu, die Dinge leicht zu nehmen. Auch ich selber ertappe mich dabei. Man geht Risken ein, indem man sagt: Es wird schon alles gut gehen! Es wird nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird! Verkauft’s mei’ G’wand, i’ fahr’ in’ Himmel!, hat irgendein Heurigendichter einmal zum Besten gegeben. Das haben wir alles ein bisschen in uns, aber das wird uns unsere Umgebung nicht abnehmen.

Wer nach dem 11. September vergangenen Jahres – wir haben bereits den Jahrestag hinter uns – noch immer glaubt, es könne keine Überraschungen auf diesem Sektor geben, wer sagt: Uns bewachen ja sowieso die Nachbarn um ihr Geld, die Slowaken, die Tschechen, die Ungarn, die Slowenen, die Italiener, die Deutschen und die Schweizer, die machen das alles, ohne dass wir die Rechnung dafür auf allen Ebenen präsentiert bekommen!, der ist bitte ein Illusionist, wie er im Buche steht.

Ich gehe aber davon aus, dass die meisten von Ihnen das natürlich ohnehin wissen, aber die Versuchung ist groß, im anlaufenden Wahlkampf auch Dinge anzusprechen, von denen man der Ansicht ist, die gehen "hinein", wie man so schön sagt, und auch wenn wir es besser wissen, müssen wir das nicht verraten, der Wähler wird uns schon darauf hereinfallen.

Der Wähler wird Ihnen nicht darauf hineinfallen, meine Damen und Herren, denn der Wähler neigt dazu, solche Dinge zwar verbal auf die leichte Schulter zu nehmen, aber er durchschaut die Probleme deutlicher, als man es ihm zutraut, und er wird Ihnen die gebührende Antwort erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer. – Bitte.

16.34

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die schwarz-blaue Wende ist am Ende. Das haben wir heute schon des Öfteren gehört. Doch wer, meine Damen und Herren, trägt die Verantwortung? Was glauben Sie, wer? – Ich bin der Meinung: Bundeskanzler Schüssel. (Beifall bei der SPÖ.)

Er hat alle Warnungen in den Wind geschlagen, mit den Freiheitlichen zu koalieren. Er hat damals Scheinverhandlungen mit der SPÖ geführt. Er hat uns getäuscht, damit er sich mit Jörg Haider in das bereits gemachte Koalitionsbett legen konnte.

Was hat uns diese Regierung hinterlassen? – Wochenlang mussten wir uns die Streitereien der Freiheitlichen anhören. Sie haben alles versprochen und alles gebrochen. Wir haben eine Rekordarbeitslosigkeit, eine Wirtschaftsflaute, wir haben die höchste Steuerquote, es wurden Ambulanzgebühren, Studiengebühren und die Unfallrentenbesteuerung eingeführt. Die Ärmsten der Armen wurden zur Kasse gebeten. Es wurden Gräben aufgerissen, die schon längst verschüttet waren und die mich stark an meine Kindheit erinnert haben, als Kinder aus armen Familien aus finanziellen Gründen nicht studieren durften. Auch ich war so ein Kind.

Meine Damen und Herren! Eine der "Spitzenleistungen" dieser Bundesregierung war natürlich die Beschaffung der sündteuren Abfangjäger. Kein Mensch versteht, dass auf der einen Seite


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die Belastungspolitik Einzug hält und auf der anderen Seite Kampfflugzeuge im Wert von mehr als 2 Milliarden € angeschafft werden, noch dazu das teuerste und kampfstärkste Fluggerät! (Beifall bei der SPÖ.)

Durch diese Anschaffung, meine Damen und Herren, werden die Steuerzahler auf Jahrzehnte hinaus mit Milliardenbeträgen belastet. (Abg. Dr. Ofner: Ihr habt ja Übung auf diesem Sektor!) Die SPÖ bekennt sich selbstverständlich zu sinnvollen Investitionen in das österreichische Bundesheer und hat zu keiner Zeit in Zweifel gezogen, dass bestimmte Aufwendungen notwendig sind, um das Heer für seine Aufgaben fit zu machen. Beim Assistenzeinsatz an unseren Ostgrenzen streitet man um die Finanzierung. Dort aber wäre es sinnvoll, weiter zu investieren. (Beifall bei der SPÖ.) Diesen wichtigen Aspekt negieren Sie ganz einfach.

Herr Bundesminister Scheibner! Sie habe ich in den letzten zweieinhalb Jahren durchaus auch schätzen gelernt. Sie waren kooperativ und wussten aus eigener Erfahrung, wie es einem Oppositionspolitiker geht. Sie kennen mein Erlebnis mit den Assistenzsoldaten, als ich sie nicht besuchen durfte. Sie hatten Verständnis dafür, aber beim Abfangjäger-Deal, so glaube ich, wurden auch Sie über den Tisch gezogen.

Wir fordern Sie daher auf, den Beschaffungsvorgang abzubrechen und auf den Kauf der Abfangjäger zu verzichten. Oder können Sie nicht mehr zurück? Was und wer verbirgt sich hinter den Drohungen an Jörg Haiders Familie? Wie viel an Provisionen wurde bereits ausbezahlt?, und so weiter, und so weiter. Es gibt viele offene Fragen, meine Damen und Herren, deren Beantwortung die Menschen sehr interessieren würde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben uns vorhin vorgeworfen, es sei Wahlkampf. Wir, die SPÖ, sind für den Wahlkampf gerüstet, und wir sind auch wieder bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Mit Alfred Gusenbauer und seinem Team wird uns das gelingen. Davon bin ich überzeugt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hartinger. – Bitte. (Abg. Mag. Hartinger  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Herr Präsident, noch immer "Magister"!)

Frau Abgeordnete Mag. Hartinger gelangt zu Wort. – Bitte.

16.38

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Danke, Herr Präsident! – Frau Kollegin Pfeffer! Die schwarz-blaue Wende ist nicht am Ende! Das ist Ihr Wunschtraum, aber das wird nicht passieren. Dafür sorgen sicher die Wähler, das verspreche ich Ihnen.

Meine Damen und Herren! Die Luftraumsicherung ist nicht nur eine völkerrechtliche Notwendigkeit, sondern meiner Meinung nach auch eine politische Verantwortung, die jetzt natürlich die nächste Regierung zu entscheiden haben wird. Abfangjäger wahlpopulistisch zu verwenden und Arbeitsplätzen gegenüberzustellen, das ist für mich eine Aufrechnung, die eigentlich durch nichts zu rechtfertigen ist. Das Doppelspiel der SPÖ, den Wählern zu sagen: Keine Abfangjäger, keine Koalition mit einer Partei, die Abfangjäger kauft!, meine Damen und Herren, durchschaue nicht nur ich, sondern auch der Wähler durchschaut dieses Spiel. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wie kann es sein, dass Ihr früherer Finanzminister Androsch zum politischen Konsens auffordert oder Teile Ihrer Partei – Kollege Jung hat das schon gesagt: sogar Ihre Gewerkschafter – für die Abfangjäger sind und auch Kompensationsgeschäfte wollen? Oder: Wie kann es sein, dass Kollege Gusenbauer Gespräche mit Lieferfirmen führt, wenn Sie gar keine Abfangjäger wollen?

Sie haben gesagt, Sie kaufen keine "Eurofighter". Es kann schon sein, dass Sie keine "Eurofighter" kaufen würden, wenn Sie in der Regierung wären, aber vielleicht leasen Sie welche von Ihrem schwedischen Genossen? Das haben Sie nicht ausgeschlossen, meine Damen und Herren von der SPÖ, und diese Doppelgleisigkeit durchschaut der österreichische Bürger


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sicher, und er wird sich nicht von Ihnen blenden lassen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Sicherheit zum Nulltarif gibt es nicht. Berechnet auf 30 Jahre Nutzungsdauer der Abfangjäger beträgt deren Anschaffung pro Nutzungsjahr im Durchschnitt 60 Millionen €. Allein, wenn man den Zuschuss für die Investitionen in die U-Bahn, der 109 Millionen € pro Jahr beträgt, oder die Investitionen in die ÖBB mit 1 949 Millionen pro Jahr nimmt, sieht man schon, dass dieser Vergleich hinkt.

Wirtschaftlich bringt uns der Ankauf der Abfangjäger doppelt so viel von dem, was sie uns kosten. Sie wissen ganz genau – Kollege Gusenbauer soll sich das hinter die Ohren schreiben –: Arbeitsplätze schafft die Wirtschaft, nicht die Politik und schon gar nicht die SPÖ. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Kogler! Es tut mir vor allem als Steirerin Leid, wenn sich ein steirischer Kollege hier im Rahmen der Gegengeschäfte nicht für Arbeitsplätze ausspricht. Das tut mir als Steirerin Leid, denn Sie wissen, dass dadurch sehr viele Gegengeschäfte in der Steiermark möglich wären.

Ich wünsche mir für Österreich eine verantwortungsvolle Regierung – auch zur Sicherung unseres Luftraumes. Der Wähler wird dies sicher goutieren. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte. (Abg. Dr. Ofner  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Gradwohl –: Ich glaube, du bist der Landwirtschaftssprecher! – Abg. Gradwohl: Darauf komme ich auch noch, Herr Kollege Ofner!)

16.41

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Hartinger und Herr Kollege Jung haben in ihren Redebeiträgen – Frau Kollegin Hartinger hat das gerade vorhin angedeutet – gesagt, die SPÖ wolle ein Doppelspiel betreiben. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Sie ist damit genau dem gleichen Irrtum unterlegen wie Sie, Herr Kollege Jung, als Sie gesagt haben, es gebe eine Spaltung in der SPÖ.

Sie blicken in den Spiegel und nehmen das Maß der eigenen Schuhe. Die Doppelgleisigkeit der FPÖ ist evident. In Kärnten sitzt einer, der sagt: Wir kaufen keine Abfangjäger!; hinter mir sitzt ein Minister, der sagt: Wir kaufen Abfangjäger! – Diese Doppelgleisigkeit ist evident, und der Riss, der durch die Fraktion geht, Herr Kollege Jung, ist heute im Laufe des Tages bereits augenscheinlich geworden, darüber brauchen wir nicht zu reden, das ist Legende. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Was denn?)

Frau Kollegin Hartinger! Wenn Sie sagen, die nächste Regierung solle entscheiden, ob wir Abfangjäger, Kampfjets, Kampfflugzeuge kaufen oder nicht, so ist das richtig. Da das Vertrauen in diese Bundesregierung nicht vorhanden ist ... (Abg. Jung: Jetzt ist der Kollege Gusenbauer da! Er kann uns beantworten, ... EADS ...!)  – Das werde ich Ihnen beantworten, denn bei uns gibt es Kommunikation innerhalb der Fraktion. (Abg. Jung: Waren Sie dabei?) Wir brauchen nicht irgendwelche Sonderparteitage in Knittelfeld, Herr Kollege Jung. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Pilz. )

Wenn Sie, Frau Kollegin Hartinger, gemeint haben, die nächste Regierung solle das entscheiden, so ist das richtig. Wenn Sie dieser Ansicht sind, dann haben Sie die Möglichkeit, entweder dem Antrag der Kolleginnen und Kollegen der Grünen zuzustimmen, denn mit diesem wird das sichergestellt, oder dem Antrag der SPÖ-Fraktion zuzustimmen, denn mit diesem wird das auch sichergestellt. Allerdings geht unser Antrag ein wenig weiter. In diesem wird nämlich klar zu Tage gebracht, dass die SPÖ derartige Dinge nicht ankaufen würde und auch nicht wird – auch in Regierungsverantwortung.


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Herr Kollege Jung! Weil Sie das Magazin "NEWS" und das Gespräch zitieren, das unser Parteivorsitzender beziehungsweise der künftige Bundeskanzler dieser Republik (ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen – Abg. Schwarzenberger: Im Jahre 2020!) mit dem EADS-Vertreter geführt hat, darf ich Ihnen sagen: Sie werden, wenn Sie richtig lesen können, festgestellt haben, dass die Aussage lautete, es habe ein positives Gespräch gegeben. Ich meine, das wohl deswegen, weil Alfred Gusenbauer ein Mensch ist (Abg. Dr. Pumberger: Sagen Sie das möglichst oft!), der freundlich mit den Menschen umgeht und der den Menschen eine faire Chance gibt – nicht so wie Sie, Herr Kollege Jung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Was war denn da so positiv?)

Das Ergebnis dieses Gespräches, Herr Kollege Jung, brauchen Sie nicht 27 Mal zu hinterfragen. Der Entschließungsantrag, der vorhin von uns eingebracht wurde, lautet:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Beschaffungsvorgang für die Kampfflugzeuge sofort abzubrechen und auf den Kauf der Abfangjäger zu verzichten." (Abg. Jung: Darf der Toni Gaál auch etwas dazu sagen?)

Wenn Sie zustimmen, Herr Kollege Jung, dann haben Sie die Sicherheit und die Gewähr, dass diese Dinge nicht kommen. (Abg. Jung: Die haben wir!) Sie, Herr Bundesminister, haben die Sicherheit und die Gewähr, dass genau die Menschen aus meiner Region, die ich beispielsweise hier im Hohen Hause vertrete und die diese Dinge auch nicht wollen (Abg. Jung: Auch Ihre Gewerkschafter? Auch die FSG?), mit Ihnen zufrieden sind. Dann haben Sie vielleicht am 24. November noch einmal eine Chance. Wenn Sie diese Chance nützen wollen, dann müssen Sie diesen Anträgen zustimmen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eines, sehr geehrter Herr Bundesminister, drückt auch die Sitzordnung in diesem Haus aus: Sie sitzen im ersten Stock, ich stehe zu ebener Erde, daher auch die unterschiedliche Auffassung: Wir haben den Kontakt mit den Menschen, wir wollen faire Chancen für die Menschen statt Abfangjäger (Bundesminister Scheibner: Sie sitzen aber höher als ich!) und wir wollen statt Abfangjägern Arbeitsplätze schaffen, und zwar direkt für die Menschen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir wollen keine Voodoo-Geschäfte, Herr Kollege Zweytick, sondern, so wie du es machst, guten Wein, ehrlich produziert und ehrlich verkauft. Genau das wollen wir in der Politik auch!

Zu dieser Ehrlichkeit rufe ich Sie auf: Sie, Herr Kollege Jung, die Damen und Herren Ihrer Fraktion, die Kolleginnen und Kollegen der Österreichischen Volkspartei. (Abg. Jung: Lassen Sie Ihren Wehrsprecher auch einmal etwas sagen!) Wenn Sie den Mut dazu haben und mannhaft auftreten wollen, dann stimmen Sie diesen Anträgen zu!

In Niederösterreich – obwohl ich Steirer bin, hat sich das bis in die Steiermark durchgesprochen – gibt es eine Bauernregel; jetzt bin ich Agrarsprecher, Herr Kollege Ofner. Diese Bauernregel lautet: Wählst den Schüssel, kriegst den Haider. Das Chaos bleibt, das G’scher geht weiter. – Verhindern wir das, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Die grüne Fraktion hat eine Restredezeit von 8 Minuten. Ich bin gebeten worden, die Uhr auf 6 Minuten zu stellen. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Ruf bei der ÖVP: Der neue Innenminister!)

16.47

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt nicht nur von unserer Seite die Forderung, dem Wunsch der Bevölkerung nach einem Stopp dieser Beschaffung nachzukommen, es gibt auch das Versprechen des Bundeskanzlers, es gibt Erklärungen von Vertretern und Vertreterinnen der Freiheitlichen Partei. Sie und wir alle gemeinsam haben gesagt: Ja, jetzt soll gestoppt werden. Ja, jetzt soll nicht weiter hinter verschlossenen Türen verhandelt werden. Ja, die Frage, ob Österreich Abfangjäger kaufen soll und wenn ja


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welche, soll nicht mehr von dieser Regierung verhandelt und entschieden, sondern von einer nächsten Regierung geklärt und letzten Endes hier im Nationalrat entschieden werden.

Unser Dringlicher Antrag, der jetzt zur Abstimmung steht, ist eine klassische Nagelprobe, ob Sie sich an das Versprechen des Bundeskanzlers gebunden fühlen. Wenn Sie diesen Antrag ablehnen, dann unterstützen Sie damit diejenigen im Verteidigungsministerium, die sagen: Trotz der Schüssel-Erklärung wird weiter verhandelt, werden neue Fakten geschaffen und neue Kosten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verursacht.

Genau das wollen wir mit diesem Antrag verhindern. Wenn Sie nicht zustimmen und wenn dieser Antrag in der Minderheit bleibt, dann ist vollkommen klar: FPÖ und ÖVP wollen, dass mit EADS geheim weiter verhandelt und der Kauf noch vor der Nationalratswahl möglichst weit vorangetrieben wird. Da wollen wir heute in diesem Haus ein ganz klares Nein und einen sicheren und festen Riegel dagegen durch einen Mehrheitsbeschluss. – Das zum Ersten. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Zweiten: die Frage des Schweigekegels, die von Eva Lichtenberger bereits angesprochen worden ist. Der Schweigekegel beginnt nicht erst ab 12 000 Meter, sondern im Verteidigungsministerium offensichtlich bereits in Bodenhöhe. Aber in diesem Schweigekegel ist heute ein Fenster aufgegangen. Der Verteidigungsminister hat uns berichtet, dass nicht ein Akt verschwunden ist, sondern offensichtlich mehrere. (Ruf bei den Freiheitlichen: Nicht so viele wie beim ...! – Abg. Schwarzenberger: Wie viele haben Sie?)

Jetzt stellt sich eine erste Frage. Zumindest von diesem einen Akt wissen wir, dass sein Inhalt für die Bundesregierung ausgesprochen unangenehm ist und großes Interesse daran besteht, dass dieser Akt zumindest nicht veröffentlicht wird. Ich gehe noch gar nicht so weit zu sagen, es besteht großes Interesse daran, dass er verschwindet.

Aber wo gibt es Interesse daran, dass er verschwindet? – Doch nicht auf Seiten derer, die ihn veröffentlichen wollen, sondern wenn, dann auf Seiten derer, die nicht wollen, dass irgendjemand erfährt, was in diesem Akt steht. (Abg. Böhacker: Das ist eine schamlose Unterstellung!)

Jetzt frage ich Sie, Herr Verteidigungsminister – und Sie haben immer noch die Möglichkeit, darauf zu antworten (Abg. Böhacker: Eine schamlose Unterstellung!)  –: Was sind denn die anderen Akten? Was ist denn der Inhalt der anderen verschwundenen Akten? Was steht denn da drinnen, was möglicherweise die Befürworter der Abfangjäger belastet? Herr Bundesminister, berichten Sie dem Nationalrat, was der Inhalt der anderen verschwundenen Akten ist! Wir haben das Recht, das hier, jetzt und heute zu erfahren.

Nächster Punkt. (Abg. Mag. Schweitzer: Er hält seine Abschiedsrede!) Das ist das erste Mal, dass diese seltsame Mischung aus Hinweisen, wer mit wem und welche persönlichen und privaten Interessen verfolgt worden sind, und das Verschwinden von Akten eigentlich an etwas erinnern, wovon wir geglaubt haben, dass es in diesem Nationalrat vorbei ist. Das war die Causa "Lucona". Da waren genau diese Dinge in genau dieser Art und Weise und in genau diesen Zusammenhängen auch zu behandeln. Deswegen brauchen wir jetzt diesen Untersuchungsausschuss.

Letzte Information, Herr Bundesminister. Weil wir jetzt wissen, dass in Ihrem Ressort der dringende Verdacht auf Amtsmissbrauch besteht, weil wir wissen, dass nicht ein Akt, sondern mehrere Akte verschwunden sind, werden wir morgen die Staatsanwaltschaft Wien einschalten und in einer Sachverhaltsdarstellung darum ersuchen, diesen Fall des Verdachtes auf Amtsmissbrauch im Verteidigungsministeriums zu klären. Sie, Herr Bundesminister, werden wir selbstverständlich als ersten und wichtigsten Zeugen nominieren. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Zweytick: Das ist ein alter Schmäh!)


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16.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Scheibner. Ich erteile es ihm.

16.52

Bundesminister für Landesverteidigung Herbert Scheibner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Weil hier von unterschiedlichen Aussagen – Bundeskanzler, Verteidigungsminister und anderen Vertretern der Regierungsparteien – in Bezug auf das Abfangjägergeschäft gesprochen worden ist, noch einmal eine Klarstellung. Ich sage es noch einmal klar und deutlich: Auf Grund der Neuwahlen und auf Grund dessen, dass deshalb ein Ermächtigungsgesetz für die Finanzierung des Abfangjägerprojektes nicht mehr möglich ist, ist dieses Projekt auf die nächste Legislaturperiode verschoben. Daher kann auch ich als Verteidigungsminister den Vertrag nicht mehr unterschreiben. Das sage ich hier noch einmal klar und deutlich.

Es ist aber selbstverständlich auch mein Auftrag als Verteidigungsminister, nicht, wie Sie es behauptet haben, vollendete Tatsachen zu schaffen, sondern ein Paket auf den Tisch zu legen, damit der neu gewählte Nationalrat weiß, worüber er überhaupt abstimmt, und damit eine künftige Bundesregierung relativ rasch diese Entscheidungen treffen kann. Es ist auch mein Auftrag, dafür zu sorgen, dass die fragliche Firma an Zusagen gebunden ist, die sie vielleicht jetzt noch macht. Deshalb ist das auch sinnvoll und notwendig.

Ich habe schon gesagt – und auch Entschließungsanträge dieses Hauses gehen in diese Richtung –, dass die Verhandlungen weiter geführt werden. Da wird kein Präjudiz geschaffen, da werden keine zusätzlichen Schadenersatzansprüche oder Ähnliches begründet, sondern das ist eine Selbstverständlichkeit im Wege der Effizienz und Sinnhaftigkeit.

Herr Abgeordneter Pilz, zu Ihren jetzigen Aussagen: Es ist wirklich interessant, dass Sie jetzt nochmals an das Rednerpult getreten sind. Ich habe Ihnen ja nicht vorgeworfen, dass Sie da irgendwie beteiligt wären, sondern ich habe hier meine Rechtsansicht zum Ausdruck gebracht. Ihre Anzeige bei der Staatsanwaltschaft ist gar nicht notwendig – Sie können sie zusätzlich machen –, natürlich werde ich als Ressortleiter dafür sorgen, dass wir überall dort, wo der Verdacht des Amtsmissbrauchs besteht und offenkundig ist, dem auch nachgehen.

Wir haben überhaupt kein Interesse am Verschwinden von irgendwelchen Akten. Herr Abgeordneter Pilz! Natürlich gibt es Kopien davon, aber es ist schon interessant, wenn plötzlich Originale in irgendwelche Kanäle verschwinden. Die Inhalte dieser Akte – einen haben Sie ja jetzt zitiert – sind ja wirklich nicht so, dass man sich davor fürchten müsste (Abg. Dr. Pilz: Was sind das für Akten?), denn bei dem Akt, um den es hier gegangen ist, handelt es sich um Meinungen von Abteilungsleitern. Sie zitieren immer nur die Hälfte, gerade in die Richtung, wie es Ihnen in der politischen Diskussion passt. (Abg. Dr. Pilz: Welche Akten sind das? Welche Akten sind verschwunden, bitte?)  – Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen das noch nachreichen. Ich habe es mir nicht aufgeschrieben, weil es auch nicht von so großer Relevanz ist.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Es ist schon interessant, dass Sie hier Bekenntnisse darüber ablegen, was Sie alles bei der nächsten Wahl machen werden – auch Herr Abgeordneter Gradwohl, der gesagt hat, Sie hätten überhaupt kein Interesse an derartigen Voodoo-Geschäften. Wenn man aber dann mit SPÖ-Bürgermeistern, auch in Ihrer Region, spricht, dann schaut das alles ganz anders aus. Dann ist die Frage – "Der Zerrissene" –: Wer ist stärker: I oder i? Bin ich stärker als SPÖ-Parteipolitiker? Dann muss ich natürlich gegen die Abfangjäger sein, dann muss ich natürlich auch dagegen plakatieren. Bin ich stärker als Bürgermeister, weil ich Verantwortung auch für die Arbeitsplätze in meiner Gemeinde habe? Dann schaut das alles schon wieder ganz anders aus. (Abg. Dr. Trinkl: 1 000 Arbeitsplätze!)

Es ist schon merkwürdig, wenn ich etwa Briefe bekomme, in denen steht, dass Medienberichten zu entnehmen sei, dass im Zuge der Beschaffung von Abfangjägern durch das Verteidigungsministerium umfangreiche Gegengeschäfte vorgesehen sind, etwa in einer Kärntner Stadt. Weiters wir darauf hingewiesen, dass die Stadt Villach in den letzten Jahren ein Wirtschaftsstandort geworden ist, der seine Kompetenzen im Bereich der Mikroelektronik verstärkt ausgebaut hat und man großes Interesse daran habe, etwa im Bereich der Gegengeschäfte an Industrieclustern teilzunehmen.


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So heißt es in diesem Brief: Wir sind überzeugt davon, dass die Stadt Villach mit ihren ansässigen Unternehmen ein interessanter Partner für die Offset-Geschäfte ist (Abg. Großruck: Wer ist der Bürgermeister in Villach?), und wir stehen immer gerne für derartige Kooperationen zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen, Bürgermeister Helmut Manzenreiter. – Zitatende.

Das schreibt Bürgermeister Manzenreiter, der offiziell als Parteipolitiker gegen die Abfangjäger ist – ich glaube, dass er auch das Volksbegehren unterschrieben hat, wie er gesagt hat –, der aber als Bürgermeister natürlich sieht, dass es hier Tausende Arbeitsplätze gibt. Und da sind Sie natürlich wieder dafür, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Abg. Mag. Schweitzer – in Richtung SPÖ –: Peinlich und verlogen wie immer!)

Eine klare Linie schaut anders aus; deshalb wissen wir auch, dass Sie nach den Wahlen – und das sollten Sie auch ehrlich sagen – auch diese Linie wieder ändern werden, so, wie Sie Ihre Linie ja nach den letzten Wahlen schon geändert haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Josef, das schaut wieder mal nicht gut aus! Peinlich wie immer!)

16.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Restredezeit der grünen Fraktion beträgt 3 Minuten. – Bitte.

16.57

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Wenn Sie in Ihrer Erklärung sagen, das Verschwinden der restlichen Akten sei eigentlich nicht erheblich – das sei unerheblich, haben Sie betont –, dann frage ich mich (Abg. Böhacker: Der Inhalt, nicht das ...!) Folgendes:

Erstens: Warum bringen Sie das Verschwinden Ihrer Akten von sich aus – und nicht das Verschwinden eines einzigen Aktes – als Gegenstand in die Debatte ein und verbinden das außerdem mit dem Verdacht, dass hier Amtmissbrauch und auch Anstiftung zum Amtsmissbrauch geschehen sei, gerichtet an die Adresse eines Abgeordneten – so als ob Kollege Pilz der berühmte Fassadenkletterer von Wien wäre, der nichts anderes zu tun hat, als tagtäglich im Landesverteidigungsministerium, in dem offensichtlich alle Türen offen stehen, von Akt zu Akt zu stöbern und sich bei Gelegenheit und nach Möglichkeit einen Akt mitzunehmen?

Herr Bundesminister! Diese Ihre Aussage lässt einiges auf die Zustände in Ihrem Ministerium schließen, nichts anderes. – So viel zu diesem Faktum. (Beifall bei den Grünen.)

Zweitens: Wenn Sie uns hier erklären, noch einmal erklären, es sei ohnehin alles unterbrochen, es werde nur weiterverhandelt, dann steht das in unmittelbarem und eklatantem Widerspruch zu dem, was uns Politiker – nicht nur einer Regierungspartei, nämlich der ÖVP, vom Bundeskanzler angefangen abwärts, sondern auch aus den Reihen der FPÖ – zuvor über Wochen zu vermitteln versucht haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Worum geht es? Ist der Beschaffungsvorgang unterbrochen? Gibt es neue Karten nach den Wahlen? Wird bei den Wahlen über die Abfangjäger entschieden: ja oder nein? Oder wollen Sie weiter verhandeln? Wollen Sie das Geschäft so weit vorbereiten, dass jede Regierung nach den Wahlen an diese Vorbereitungen gebunden ist und nicht mehr aus kann, oder wollen Sie das, was Sie in den letzten Wochen gesagt und den Wählerinnen und Wählern versprochen haben, Realität werden lassen?

Gilt das Wort des Bundeskanzlers oder gilt es nicht? – Wenn Sie diesem Antrag jetzt nicht zustimmen, dann gilt offensichtlich das Wort des Bundeskanzlers auch in dieser Frage nicht. (Beifall bei den Grünen.)

17.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist daher geschlossen.


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Wir gelangen zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 750/A (E) der Abgeordneten Dr. Pilz und Fraktion betreffend Abfangjäger-Beschaffungsstopp.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag betreffend Abfangjäger-Beschaffungsstopp eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist daher abgelehnt .

Es liegt ein zweiter Antrag vor, nämlich der Entschließungsantrag des Abgeordneten Dr. Cap und Fraktion betreffend endgültiges Aus für Kampfflugzeuge.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag Dr. Cap beitreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich setze die Verhandlung über die Tagesordnungspunkte 1 bis 3 fort.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schieder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

17.02

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat sich in seiner Erklärung auch mit der österreichischen Außenpolitik und mit dem internationalen Ansehen Österreichs beschäftigt. Er hat viele lobende Worte für seine Arbeit und die der Außenministerin gefunden. Eigentlich hat er nur gelobt, alles für gut befunden und lediglich Positives gesehen.

Dem üblichen politischen Ritual folgend müsste ich nun alles als schlecht verdammen. Ich tue es nicht, weil es weder der Wahrheit noch unserem Stil entspricht. (Abg. Mag. Schweitzer  – Beifall spendend –: Ihrem Stil!) Ja, es hat auch Positives gegeben. Die Sicherung des UNO-Standortes Wien ist ein Beispiel dafür, und auch die Lösung der Restitutionsfrage, die einvernehmlich von allen Parteien getragen wurde, hat im Ausland aufhorchen lassen und positive Reaktionen gebracht. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich stehe auch nicht an zu sagen, dass viele Kontakte, auch viele Reisen außenpolitischer Natur durchaus richtig und wichtig waren, und zwar nicht nur der Regierung, auch des Herrn Bundespräsidenten, des Parlamentspräsidenten und auch von Abgeordneten dieses Hauses. Aber objektiverweise – auch das muss man anführen – muss man sagen, es hat leider auch viel Negatives in der Außenpolitik gegeben.

Es hat Reisen gegeben, die zwar nicht von der Bundesregierung durchgeführt wurden, die aber von ihr nicht in den Griff zu bekommen waren oder die sie nicht in den Griff bekommen wollte – zum Beispiel des Kärntner Landeshauptmannes –, die außenpolitisch für unser Land höchst problematisch waren. Es hat ein unkoordiniertes Auftreten der Bundesregierung gegeben, eine Sicherheitspolitik des alten Stils, eine Verminderung unseres Gewichtes in der Europäischen Union, Probleme mit den Nachbarländern, fehlendes globales Engagement und eine Instrumentalisierung von außenpolitischen Fragen für die Innenpolitik. Wir als Opposition, aber auch die kleinere Oppositionspartei haben sehr oft betont, dass wir eine Bereitschaft zu gemeinsamem Vorgehen zeigen. Ich selbst habe das hier zweimal, nämlich im Rahmen der Nachbarschaftsfrage und bei der Strategischen Partnerschaft, deutlich geäußert. Diese Bereitschaft zu einem gemeinsamen Vorgehen, zu einem Konsens aller vier Parteien dieses Hauses ist von der Bundesregierung, vom Bundeskanzler nicht angenommen worden.

Kollege Khol würde wahrscheinlich wieder sagen: Ja, wir konnten das nicht tun, weil wir dann Kompromisse hätten schließen müssen, die wir nicht schließen wollten. – Nein, hier ging es nicht um Kompromisse, um Bedingungen der Opposition! Ich glaube, der wahre Grund, warum es in diesen zweieinhalb Jahren so oft zu keinem gemeinsamen Vorgehen in der Außenpolitik


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gekommen ist, war, dass sich der Bundeskanzler, die Außenministerin, sagen wir, die ÖVP nicht traute, etwas mit anderen zu vereinbaren und sich öffentlich zu binden, weil sie die Sorge hatte, wenn der Koalitionspartner FPÖ kommt und die nächste Kapriole schlägt, dass sie sich dann nicht mehr um des lieben Koalitionsfriedens willen sofort mitdrehen und auf diese neue Haltung eingehen kann, wenn es eine Vier-Parteien-Lösung gibt. Dies, so glaube ich, war der wahre Grund, warum unser Angebot zur Zusammenarbeit sehr oft nicht angenommen wurde. Und es ist schlecht, dass Koalitionsüberlegungen als wichtiger, als bedeutender eingeschätzt wurden als eine gemeinsame Arbeit für unsere Republik im Ausland. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frau Außenministerin wird, so glaube ich, in wenigen Tagen ein Buch vorstellen – ich weiß nicht, ob es ein aktuelles Buch ist oder Memoiren sind. Wenn sie diese Frage behandelt, wird sie vielleicht das, was sie zwischen den Zeilen sehr oft gesagt hat, deutlich sagen, und zwar ungefähr so: Ich folgte den koalitionspolitischen Notwendigkeiten und nicht meinen eigenen außenpolitischen Trieben. – Das gilt aber sicherlich nur als Erklärung, das kann keinesfalls eine Entschuldigung sein, denn im Interesse des Landes hätte man sich anders verhalten müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch in Punkten, bei denen es nicht notwendig war, dass sie auf die FPÖ Rücksicht nahm, haben der Bundeskanzler und sie sehr oft eine falsche Politik eingeschlagen. Ich erinnere an den Feldzug gegen die Neutralität, der erst aufgegeben wurde, als man sie als Feigenblatt für die Kampfflugzeugbeschaffung brauchte, oder an das krampfhafte Bemühen, doch in die NATO hineinzukommen, obwohl alle Zeichen in Europa schon in Richtung europäische Lösung weisen.

Meine Damen und Herren! Vieles ließe sich anführen. Ja, es hat positive Maßnahmen gegeben, aber in der Summe waren diese zweieinhalb Jahre keine glückliche Zeit für unser Land in Europa und in der Welt. Unser Land hat sich eine andere Außenpolitik verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

17.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

17.08

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schieder, ich bin kein außenpolitisch erfahrener Mensch, wie Sie einer sind, und möchte mich auf diesem Feld auch gar nicht betätigen, weil jeder für seinen Bereich, mit dem er sich beschäftigt, auch dementsprechend Zeit aufwenden und auch eine gewisse Erfahrung haben muss. Aber eines darf ich Ihnen schon sagen: In diesen zweieinhalb Jahren wäre Österreich, vor allem am Beginn dieser Legislaturperiode, außenpolitisch sicher noch besser dagestanden, wenn Sie, die SPÖ, zu diesem Österreich gestanden wären. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Herr Kollege! Am besten wäre es dagestanden, wenn es diese Regierung nicht gegeben hätte! – Abg. Dietachmayr: Zu Österreich sind wir immer gestanden!)

Meine Damen und Herren! Noch etwas sei klargestellt: Van der Bellen meinte heute, Japan sei ein positives Beispiel, und zitierte Forschungsquote und andere Bereiche. Japan ist für mich kein positives Beispiel. Ich habe mir die wirtschaftlichen Zahlen und Fakten über Japan besorgt. Japan hat ein BIP-Wachstum in der Höhe von 0,1 Prozent, also ein Minuswachstum, Österreich hingegen hat ein Plus von 1,2 Prozent. Das viel gepriesene Deutschland, dessen politischer Farbenlehre Sie hier nachhängen, weist 0,7 Prozent BIP-Wachstum aus.

Meine Damen und Herren! Zweiter Punkt: Japan weist eine Verschuldungsrate von 139,8 Prozent des BIP auf, also mehr als die doppelte Verschuldungsquote Österreichs. Das ist kein gutes Beispiel, das sei auch Herrn Klubobmann Van der Bellen ausgerichtet, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Dem Herrn Professor!)

Meine Damen und Herren! Drittens: Wenn ich mir die Wachstumserwartung in diesem so viel gepriesenen Land Japan oder in der Bundesrepublik Deutschland, deren politische Farbenlehre Sie so begrüßen, oder die Arbeitslosenzahlen ansehe, dann muss ich sagen, wir haben Gott sei


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Dank in Österreich auf Grund hervorragender politischer Rahmenbedingungen, auf Grund ausgezeichnet wirtschaftender Betriebe, auch Staatsbetriebe, und auf Grund hervorragender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter andere Zustände. Diese Länder, die von Ihnen manches Mal als Beispiel zitiert werden, können nur träumen von derartigen Fakten und Zahlen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Interessant war heute die Haltung zur Sicherheitspolitik, zur Luftraumüberwachung. Ich möchte Ihnen nicht vorhalten, was ehemalige SPÖ-Bundeskanzler (Abg. Murauer: Sehr interessant!), andere wichtige Funktionäre, bestimmende Leute in Ihrer Partei klar ausgesagt haben. Was Sie heute von sich gegeben haben, dazu kann ich nur sagen, Sie sind politische "Umfahrungskünstler" geworden. Sie wollen die Wahlen umfahren und dann sozusagen wieder klein beigeben, dass man unter Umständen vielleicht doch zu dem stehen würde. Meine Damen und Herren! Das ist beschämend, mehr sage ich nicht dazu.

Faktum ist: Diese Bilanz der Bundesregierung kann sich sehen lassen, vor allem wenn man sich anhand eines internationalen Rankings ansieht, in welchen Bereichen sich Österreich befindet. Hinzu kommt, dass die ÖIAG-Betriebe heute keine Defizitbetriebe mehr sind, sondern Herzeigebetriebe mit positiven Ergebnissen.

Wir brauchen uns in Österreich für unsere nachhaltige Landwirtschaftspolitik, für unsere herzeigbare Umweltpolitik gar nicht zu schämen. Es gibt kein Land, das derartige Maßnahmen betreffend die Wasservorsorge aufweisen kann, denn alle wollen das österreichische Wasser, nur manchmal wird so getan, als ob sein Zustand katastrophal wäre. Es fasziniert mich ein wenig, dass alle von katastrophalen Zuständen reden, aber das Ausland genau dieses Wasser möchte (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber ), das offensichtlich schon so kontaminiert ist, lieber Herr Kollege Pirklhuber! Alle möchten dieses Wasser kaufen, möchten es besitzen, möchten es haben – dank der Vorsorgepolitik unseres Umweltministers, dank einer nachhaltigen Bewirtschaftung durch die österreichische Landwirtschaft, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich braucht auch keinen Vergleich zu scheuen hinsichtlich der Katastrophenhilfe. Wenn ich der Katastrophenhilfe in Deutschland, das bekannterweise rot-grün regiert wird, die österreichische Hilfe gegenüberstelle, dann muss ich sagen, auch diesbezüglich müssen wir uns absolut nicht schämen. Vergegenwärtigen Sie sich die Schäden in Deutschland und in Österreich, und schauen Sie sich an, welche Hilfe Deutschland anbietet und welche Hilfe Österreich anbietet! In Österreich kommt man immerhin mit direkter und indirekter Hilfe auf über 2 Milliarden €.

Meine Damen und Herren! Da hat der Bund rasch geholfen, rasch reagiert und dementsprechende Maßnahmen gesetzt. Aber auch die Bundesländer waren diesbezüglich Krisenmanager. Ich danke auch von dieser Stelle aus – das sage ich schon einmal voller Stolz – dem Landeshauptmann von Oberösterreich, Dr. Josef Pühringer, der das hervorragend gemacht hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich verkenne überhaupt nicht und betone, dass Bund, Land, Bezirkshauptmannschaften und viele andere Bereiche hervorragend zusammengearbeitet haben. Hervorragend zusammengearbeitet haben die Gemeinden mit den Bürgermeistern, die vor Ort wissen, wo es problematisch ist. Vor allem jene Gemeinden, die die Katastrophenhilfspläne umgesetzt haben, haben Hervorragendes geleistet.

Meine Damen und Herren! Ein Punkt, der mich besonders beschäftigt – ich habe dies auch in der Sondersitzung gesagt –, ist, dass gerade durch das Aufschwemmen der Ölheizungen, der Öltanks gewaltige Umweltschäden an Böden, Hausgärten und Wiesen durch Kontaminierung passiert sind. Natürlich wäre es am besten, wenn ausschließlich nachwachsende Energie die Heizungsform gerade in diesen Gebieten wäre, damit dies nicht mehr passieren kann. Aber wichtig ist auch zu erkennen, dass dies nicht überall umsetzbar ist, zumindest nicht in nächster Zeit. Es wäre daher wichtig, entsprechende Befestigungen auch seitens der Baubehörden – ich habe diesen Wunsch auch an Landeshauptmann-Stellvertreter Hiesl herangetragen – vorzuschreiben, um das sicherzustellen. Das wird umgesetzt, hat er gesagt. Das weißt auch du,


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lieber Kollege Gaßner, weil soweit ich weiß, bist du gar nicht so weit von ihm entfernt, aber das steht auch dir offen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner. ) – Ich meine nicht politisch, ich meine persönlich. Du musst nicht immer sofort alles politisch sehen.

Meine Damen und Herren! Es gäbe auch noch eine Möglichkeit: In der 34. Sitzung der Altlastenkommission wurde ein Projekt zur Förderung der Phytosanierung einstimmig beschlossen. Dieses Projekt ist sehr interessant, und dafür danke ich allen Mitgliedern der Altlastenkommission. Das Projekt, das derzeit Forschungszwecken dient, sieht so aus, dass bei kontaminierten Böden (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen) – ich komme schon zum Schluss, Herr Präsident – nicht der Humus, der gewachsene Boden abgetragen wird, sondern eine Sanierung des Bodens durch das Setzen spezieller Pflanzen möglich wird. Ich glaube, wir sollten dieses Projekt, das sehenswert ist und wissenschaftlich von der BOKU in Wien begleitet wird – auch in der Stadtgemeinde Wien hat es bereits ein kleineres Projekt gegeben –, unterstützen, weil es eine wichtige Maßnahme wäre, um insgesamt die Hochwasserschäden zu beheben.

Aber grundsätzlich sage ich das, was ich bereits bei der Sondersitzung formuliert habe: Die Österreicherinnen und Österreicher können an dieses Land glauben! Die Hochwasserhilfe der Bundesregierung und das Konjunkturpaket haben dies bewiesen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.17

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

17.17

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich glaube, es ist uns allen klar: Niemand macht in seinem Leben alles richtig und alles falsch. So etwas könnte auch für die Bundesregierung angedacht werden, und darüber könnte man diskutieren. (Abg. Auer: Auch für die Opposition!) – Auch für die Opposition, natürlich.

Was mich aber stutzig macht, ist dieses Selbstbewusstsein, das Sie hier zur Schau stellen, wo Bundeskanzler Schüssel quasi entdeckt, dass er nicht mehr Schüssel heißt, sondern sein Name Hase ist, der von nichts weiß, der alles gut gemacht hat, der die Wende herbeigeführt hat und der Österreich bewegt hat. Schaut man aber auf die politische Landkarte, so liegt Österreich immer noch am selben Breitengrad, und von Bewegung ist zumindest in die Richtung, wie ich und wir es uns vorstellen, relativ wenig zu sehen. Man kann sich auch am Absatz wenden, man kann sich in die Vergangenheit zurückwenden, man kann sich nach rechts wenden, aber all das hat für mich wenig Zukunft.

Wenn aber die Bundesregierung nach wie vor behauptet, dass ihr Regierungsweg von Meilensteinen, von Jahrhundertgesetzen, von großartigen Erfolgen geradezu übersät ist, dann, meine ich, wird das zu einer Selbsteinschätzung, die man in der Politik in irgendeinem Maße sicher braucht, die ich aber überzogen finde. Und damit komme ich schon fast zu einem gesundheitspolitischen Problem und zu einem Sachproblem, das ich an den Ambulanzgebühren erörtern möchte.

Das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen hat an alle Ärztinnen und Ärzte Österreichs ein Schreiben versandt, aus dem ich Ihnen die ersten Zeilen zitieren möchte. Darin steht geschrieben: Die Diskussion der letzten Tage über die Einführung des Behandlungsbeitrages an Ambulanzen war durch wenig Sachkenntnis, aber durch sehr viel Polemik und destruktive Kritik gekennzeichnet. – Darüber sollten wir uns unterhalten, und zwar nicht über die Sachkenntnis der Kritiker, die werde ich Ihnen hier darlegen, sondern über die Sachkenntnis jener, die etwas verteidigen, obwohl es da nur dürftig etwas zu verteidigen gibt.

Was wollte man? – Man wollte durch die Ambulanzgebühren einerseits Steuerungs- und Lenkungseffekte erreichen und andererseits die Kassen entlasten. Ich erkläre Ihnen, dass beides nicht oder nur im marginalsten Umfang geschehen ist. (Beifall bei den Grünen.)


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Die Regierung glaubt die Wahrheit für sich gepachtet zu haben. Die Wahrheit heißt aber auch, klare Daten und Fakten auf den Tisch zu legen. Geschieht dies nicht – das Gegenteil von Wahrheit heißt Lüge, dieses Wort darf man hier nicht gebrauchen –, dann muss ich sagen, dass man mit der Wahrheit locker umgeht, um jetzt einem Ordnungsruf zu entgehen.

Schauen wir uns an, wie ernst es die Gesundheitspolitik mit dieser Wahrheit genommen hat, wie oft die Wahrheit verschwiegen und verdreht wurde und wie oft Khol mit seiner Bemerkung, "die Wahrheit ist nur eine Tochter der Zeit", Recht hat, wobei hier ein fast schon frauenfeindlicher Satz geprägt wurde, denn auch Söhne können der Wahrheit der Zeit sozusagen zugetan sein. Vielleicht meinte er aber nur die Regierungszeit.

Jetzt schauen wir uns einmal an, was Sickl ganz am Anfang ihrer relativ kurzen Karriere gesagt hat. Ich zitiere wieder aus dem Budgetausschuss des Parlaments: Eine Untersuchung über die Steuerungseffekte einzelner Selbstbehalte liegt nicht vor. – Na prima! Ich setze mir ein Ziel. Es liegt zwar keine Untersuchung vor, ob diese Maßnahmen zu diesem Ziel hinführen, aber ich setze diese Maßnahmen, egal, was herauskommt, egal, wie viele Patientinnen und Patienten dadurch ungerecht behandelt, belastet und verunsichert werden. Das verstehe ich nicht unter verantwortungsvoller Politik.

Es ist weiter auch nicht der Wahrheit entsprechend, dass die Behandlungsfälle im stationären Bereich, wie hier von der Regierungsbank aus gesagt wurde, teilweise drei- bis viermal so teuer sind wie in der niedergelassenen Praxis. Auch das erkläre ich Ihnen gerne nochmals. Sie sollten als Wirtschaftspartei ÖVP, so bezeichnen Sie sich ja gelegentlich, zumindest rechnen können.

Ein Behandlungsfall im klinischen Bereich, in der Ambulanz, ist bereits dann gegeben, wenn eine Patientin die Ambulanz betritt. Diese kann die Ambulanz im Jahr viermal, einmal, zehnmal aufsuchen, da gilt der Behandlungsfall gerechnet über ein Jahr, in der niedergelassenen Praxis allerdings nur vierteljährlich. Jetzt können Sie sich natürlich vorstellen, dass da andere Zahlen herauskommen.

Und noch etwas: Es werden Leute, die hier zuhören, ja erfahren haben, dass in einer Ambulanz nicht nur die Leistung eines Arztes angeboten wird, da kommen noch Konsiliarärzte dazu: Röntgen, Labor, Ultraschall, Computertomographie, wenn es notwendig ist. In der freien Praxis wird das an Leistungen angeboten per Überweisungen an Laborärzte, an RöntgenologInnen et cetera pp. Das wurde alles nicht mitgerechnet.

So stellen Sie Ihre Begründung dafür auf, warum etwas billiger und das andere teurer ist. Das halte ich schlichtweg für nicht stark begründet, ich würde sogar sagen, für schwach und falsch.

Wenn Khol wieder auf etwas wetten will – er hat ja gewettet, wie lange die Bundesregierung hält; das hat sich im Fernsehen angehört wie eine Gourmetsendung: sechs Flaschen guten Rotweins, Cuvée, im Holzfass gereift –, dann soll er mit uns jetzt diese Wette eingehen, wer hier Recht hat: die Gesundheitspolitik der Bundesregierung oder wir? Wir werden aber mehr als sechs Flaschen verlangen, nämlich welche für jeden unserer Abgeordneten. (Beifall bei den Grünen.)

Dann noch etwas: Sie haben auch Entbürokratisierung und Verwaltungsreform versprochen. Wenn hier die Menschen auf der Galerie hören, welche bürokratischen Hürden diese Ambulanzgebühren gebracht haben, dass 59 Datensatzfelder ausgefüllt werden müssen, um zu richtigen Entscheidungen zu kommen, und satte 32 Seiten an Erläuterungen auf dem Verordnungsweg erlassen wurden, dann können Sie sich vorstellen, dass man in einer Ambulanz ohne Rechtsanwalt, ohne PatientenanwältIn, ohne Geographen und Landvermesser – ich werde Ihnen erklären, warum – keine Entscheidung mehr treffen kann, denn von der Gebühr ausgenommen werden Patienten, wenn in angemessener Entfernung ihres Wohnortes gewisse Leistungen nicht angeboten werden können. Wer überprüft das? Welche ÄrztIn, Krankenschwester wird die Landkarte von Oberösterreich, des Burgenlandes aufschlagen und im Branchenverzeichnis nachschauen, wie viele Kilometer vom Wohnort der PatientIn jemand entfernt ist?


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Man hat es auch nicht verstanden, Notfälle zu definieren. Man muss nichts zahlen, wenn Lebensgefahr vorliegt. Das, finde ich, ist eine großartige soziale Errungenschaft. Ich hätte das als selbstverständlich empfunden. Sie wissen aber auch, dass in jedem Erste-Hilfe-Kurs gelehrt wird, dass man bei einer Patientin oder einem Patienten, ob Raucher oder Nichtraucher, ob übergewichtig oder nicht, ob Bewegungsarmut oder nicht, bei brennendem Brustschmerz an einen Herzinfarkt denken müsste und diese/dieser auf eiligstem Weg das Krankenhaus aufsuchen sollte, weil Lebensgefahr bestehen könnte. Dort stellt sich heraus, er hat etwas anderes, einen Bandscheibenvorfall in der Brustwirbelsäule et cetera pp. Man schickt ihn heim. Er hat das Richtige gemacht, aber er zahlt volle Länge!

Finden Sie es nach wie vor richtig, dass Kranke, wenn sie Vernünftiges tun, wenn sie von verantwortungsvollen ÄrztInnen, die nicht mehr weiter wissen, in eine stationäre Einrichtung geschickt werden, dafür zahlen müssen? Sie sollten dazu wissen, dass Leute aus dem untersten Einkommensdrittel öfter krank werden. Das heißt, diese werden in erster Linie zur Kasse gebeten. Das halte ich für keine Errungenschaft im Gesundheitswesen.

Das Einzige, was diese Neuwahlen neben Verunsicherung und Chaos an Positivem bringen, ist eine gewisse Erleichterung. Und wenn hier immer gedroht wird, der Wähler werde die Rechnung präsentieren, dann meine ich, da können Sie nur Selbstgespräche geführt haben. – Danke vielmals. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

17.26

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kollege Schieder hat einige Anwürfe vorgebracht – und ist dann verschwunden. Es ist also leider nicht möglich, mit ihm seriös zu diskutieren. Aber ich glaube, das war bedauerlicherweise auch gar nicht seine Absicht. Es gäbe da nämlich eine ganze Menge zu diskutieren und viel Aufklärungsbedürfnis über Dinge, die auch jetzt wieder im Europarat vor sich gehen. Daher zurück zur österreichischen Realität.

Nach der Regelung der Hochwasserhilfe, die wir ja Gott sei Dank noch rechtzeitig und relativ einig über die Bühne bringen, ist die Osterweiterung sicherlich das aktuelle Thema der nächsten Zeit – ein Schritt, der grundsätzlich von uns begrüßt wird, auch wenn man immer versucht, uns anderes in die Schuhe zu schieben, der aber mit Augenmaß und ohne Zeitdruck und ohne schädliche Hast erfolgen sollte.

Wir Freiheitlichen bekennen uns zur Europäischen Union, sehen diese aber nicht als Selbstzweck, sozusagen als politisches Credo, das nicht hinterfragt werden darf, an, sondern als ein Instrument, das die österreichischen Interessen bestmöglich wahren soll. Dazu müssen wir diese unsere Interessen aber auch ausdrücklich und entschlossen, wenn es sein muss, artikulieren und argumentieren und, wenn es wirklich sein muss, alle – ich sage bewusst: alle – uns rechtlich zur Verfügung stehenden Mittel und Möglichkeiten nützen.

In der EU sind die Jasager als brave Vorzugsschüler und auch als Zahler zwar beliebt, aber ein Durchsetzen der eigenen Interessen erfolgt durch andere Staaten, nötigenfalls auch mit Härte. Dänemark, Irland sind typische Beispiele dafür. An ihnen sollten wir uns ausrichten.

In den bisherigen Verhandlungen ist es uns ja jedenfalls in dieser Regierung gelungen, österreichische Interessen weitgehend zu wahren. Das große Problem der Arbeitsmigration ist durch die ausgehandelte Sieben-Jahres-Frist zumindest weitgehend entschärft, es ist noch nicht ganz gelöst.

Wenn in der Grundausrichtung der Wirtschaftspolitik keine Änderung eintritt, wandern die Arbeitsplätze eben immer an den Rand, an die Peripherie des gemeinsamen Wirtschaftsraumes. Die Zentralen, die Firmensitze bleiben in Frankfurt, Paris und London, und dazwischen sind die LKW und der Transit. Hier müssen wir umdenken, denn sonst werden wir wirklich zur


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Transitstrecke und zum Alpenzoo verkümmern. Dieser Entwicklung können wir nur durch eine entsprechende Verkehrspolitik im Sinne der wahren Kosten entgegenwirken.

Die Transitfrage wird eine ganz entscheidende Frage der EU-Erweiterung sein, die vorher gelöst werden muss. Ich sehe gerade unseren Verkehrsminister Mathias Reichhold als den richtigen Mann an, um das für Österreich bestmöglich zu tun.

Eine weitere Frage, die vor der Erweiterung gelöst werden muss, ist jene der institutionellen Reform der Gemeinschaft, die heute schon viel zu bürokratisch und kompliziert geworden ist, um gut zu funktionieren. Eine Erweiterung um weitere zehn Staaten kann auf Dauer nur zu einem Kollaps führen. Die Union hat zu gehen begonnen, ist ins Laufen geraten und droht nun zu stolpern, wenn das Erweiterungstempo nicht der Realität angepasst und zu sehr forciert wird.

Dieser falsche Druck kommt vor allem aus der Kommission, und zwar ohne wirklich demokratische Legitimation, denn es handelt sich bei ihnen um nichts anderes als um erste Beamte und nicht um einen Ministerrat der Union, wie sie sich selbst verstehen.

Um dieses Verständnis durchzusetzen, zögern die Kommission oder einzelne Mitglieder auch nicht, sich in interne Angelegenheiten verschiedener Länder, vor allem der kleineren Staaten – bei den großen trauen sie sich ja nicht –, einzumischen, und versuchen, Druck auszuüben, jetzt auf Irland wegen der offenen Abstimmung über die Nizza-Verträge. Und auch Österreich steht auf der Mahnungsliste des Herrn Verheugen – das war gestern in den "Salzburger Nachrichten" zu lesen –, er versucht, auf uns Druck auszuüben.

Was hat er gesagt? – Das Platzen der österreichischen Regierung und die vorgezogenen Neuwahlen sind für die Beitrittsverhandlungen hilfreich. – Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen! Hier mischt sich ein Beamter der Europäischen Union in innerösterreichische Fragen ein, kein Politiker, sondern ein Beamter der Europäischen Union.

Ich sage Ihnen Folgendes, Frau Kollegin Lunacek, weil Sie so schauen: Kein Staat mit Selbstachtung – egal, welche Partei es betroffen hätte – außerhalb Österreichs hätte sich das gefallen lassen! Alle Parteien hätten sich unisono eine derartige Haltung verbeten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und da wundert man sich, wenn gewisse europakritische Stimmen in Österreich auftreten, wenn niemand diesen Herrn in die Schranken weist.

Gleichzeitig teilt er uns auch mit – seine politische Herkunft ist ja bekannt –, welche Regierung er gerne hätte. Gut. Die österreichische Bevölkerung ist nicht der Herr Verheugen. Er hat allerdings in einem Recht: Er hat klar erkannt, welche Partei seinen ungebremsten Erweiterungsbemühungen, die auch die Türkei einschließen, entgegensteht: Es sind wir Freiheitlichen und nur wir Freiheitlichen, die sich den Wahlaussagen in diesem Fall unbedingt verpflichtet sehen.

Wir haben in der Regierungsvereinbarung unser Bekenntnis zur Osterweiterung eindeutig unterschrieben, und das steht. (Abg. Mag. Lunacek: Aber nicht gehandelt!) Aber wir haben nie unterschrieben, Frau Kollegin Lunacek, dass dies ohne Bedingungen und ohne Wenn und Aber geschehen wird. Dazu wird uns niemand bekommen. Diese Bedingungen liegen alle klar auf dem Tisch. Es ist dies die Frage des Transits, es ist die vernünftige Lösung der AKW-Frage, die Sie sich ja angeblich so auf Ihre Fahnen geheftet haben, aber wenn es darauf ankommt, kneifen Sie in dieser Sache, gerade Sie von den Grünen. Es wird ja in Österreich mittlerweile nicht einmal gezählt, der wievielte Störfall in Tschechien inzwischen passiert ist. Frau Kollegin Lunacek, das sollten gerade Sie wissen. (Abg. Mag. Lunacek: Klar wird das gezählt!)

Nach der AKW-Problematik sind es auch die Frage der inneren Reform der EU, die Frage der Finanzierung – es wird uns auch vorenthalten, dass jeder Österreicher mindestens ungefähr 250 € beim ersten Schritt der Osterweiterung wird zahlen müssen – und nicht zuletzt auch die Frage der Aufhebung – und das sei deutlich gesagt – der menschenrechtswidrigen Beneš-Dekrete.


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Wir Freiheitlichen haben auch intern – das hat man auch draußen sehr deutlich gemerkt, das sei nicht beschönigt – nicht zuletzt sehr intensiv über diese Fragen diskutiert und gerungen. Aber wir haben einen gemeinsamen Weg gefunden, und der heißt, wir halten unsere Wahlversprechen. Und wer in Österreich will, dass die österreichischen Interessen in diesen vitalen Fragen ohne Wenn und Aber vertreten werden, der sollte das berücksichtigen. Es gibt bei uns keinen Politiker, der in diesen Fragen noch ein Ass im Ärmel hat. Wir spielen oder, besser gesagt, wir arbeiten offen und nicht mit gezinkten Karten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.33

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

17.33

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Es war so bezeichnend, wie mein Vorredner einleitend gemeint hat, wir haben jetzt die Hochwasserhilfe so schnell über die Bühne gebracht. Er hat sich dann sehr ausführlich mit vielen anderen Dingen beschäftigt. – Genau das ist es. Offensichtlich haben Sie bereits die Betroffenheit, in der sich die Menschen in den Katastrophengebieten befinden, vergessen. Offensichtlich haben Sie bereits vergessen, wie es ihnen geht. Eine Frau hat mir diese Woche erzählt, wir wissen nicht mehr, wie es weitergeht, es ist alles kaputt. Einer noch relativ jungen Pensionistenfamilie, die jetzt etwas gespart hätte, ist alles "weggeschwommen".

Und wir? – Wir verpacken dies in einer stundenlangen Diskussion, in der wir uns die Lobhudeleien der Regierungsparteien über die ach so gut gelungene Wende, die jetzt am Ende ist, anhören, und verstecken darin noch schnell ein paar Milliarden – ein paar sind es gar nicht – für die Hochwasserhilfe.

Minister Molterer hat – in heutigen Medienberichten ist es zu lesen – geschätzt, dass ein Gesamtschaden in Höhe von zirka 5 bis 7 Milliarden € in Österreich zu verzeichnen ist. Es wäre interessant, wie man zu dieser Summe kommt. Bartenstein ergänzte, 500 Millionen davon seien betriebliche Schäden. Ich kann mir das nicht vorstellen, wenn ich weiß, dass eine einzige Firma in Schwertberg bereits 200 Millionen Schilling Schaden hat. Aber bitte, dies sind die offiziellen Zahlen und Daten, die da genannt werden.

Diesen ungeheuren Schadenssummen steht die von der Regierung heute behauptete Entschädigung von 2 Milliarden € gegenüber. Es ist nicht ganz fix, der Bundeskanzler spricht von 2 Milliarden €, Herr Bundesminister Haupt meint, es wären nur 1,9 Milliarden €. Ich glaube, dass beide Zahlen nicht erreicht werden, und es ist durch nichts belegt, wie sie zu dieser Rechnung kommen. Aber nehmen wir das einmal an. Wenn man das hochrechnet, meine sehr geehrten Damen und Herren, Gesamtschadenssumme und Regierungsentschädigung, die hier heute beschlossen werden soll, dann sind wir bei nicht einmal 30 Prozent der tatsächlich notwendigen Entschädigungen. Und das ist genau das, was die Menschen fühlen beziehungsweise jetzt zum Teil auch schon sehen. Sie bekommen nicht mehr als diese 30 Prozent, und sie wissen nicht, wie es weitergehen soll, genau so, wie es mir die Frau erzählt hat.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eigentlich ein Almosen. Die Leute, die von dieser Flut betroffen waren, können auf Grund dieser geringen Entschädigung nicht mehr so weiterleben wie vor der Flut. Und daher heißt unsere ganz deutliche Forderung: hundertprozentige Entschädigung! (Beifall bei der SPÖ. – Staatssekretär Dr. Finz: Das hat es ja noch nie gegeben!)  – Wenn es das auch noch nie gegeben hat, Herr Staatssekretär, ist das noch keine Begründung. Wie hat heute Minister Molterer gesagt? – Wir liegen unter den Top Ten. Österreich gehört also zu den zehn reichsten Staaten der Welt. Und es ist nicht so viel Solidarität bei uns gegeben, dass gewährleistet wird, dass die Leute wieder so leben können wie vor dem Unglück. Das ist eine Schande, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese offensichtlich so dürftige Hochwasserhilfe hat die Regierung auch sehr genau erkannt und hat in einer Fülle von Abänderungsanträgen dieses Thema hier heute versteckt. Bezeichnenderweise – und das ist schon sehr interessant – hat ein Minister dieser Regierung, Bundesminister Böhmdorfer, die gerechte Verteilung der Katastrophenfondsmittel durch die ÖVP, sagt


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er wörtlich, in Zweifel gezogen und hat dies in Form einer Protokollanmerkung im Ministerratsprotokoll festgehalten. Und trotzdem, sagte dann Böhmdorfer in der "Pressestunde", zögert die ÖVP jetzt interessanterweise bei der Umsetzung, nämlich bei der Umsetzung der gerechten Verteilung der Mittel. Das wird die Betroffenen sehr wundern, denen Sie scheinbar so viel Mitgefühl entgegenbringen.

Die Welle der Solidarität – das wurde heute schon ein paar Mal angeschnitten – ist hervorragend. Die Spenden waren enorm, meine Damen und Herren. Nur wie sie verteilt werden, das, glaube ich, sollten wir uns in Zukunft wirklich genauer überlegen, denn es ist wirklich eigenartig, wenn bei der Soforthilfe Geld ausgeteilt wird und die Organisationen um die Wette laufen, aber im Nachhinein, bei den weiteren Schritten die Geschädigten wieder ein Formular und noch ein Formular ausfüllen müssen, wieder Rede und Antwort stehen müssen, ob denn der Schaden die Summe rechtfertigt. Das haben sich diese Leute nicht verdient. Da muss ein besserer Weg gefunden werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Was mir in der Diskussion zur Gänze fehlt, sind Denkansätze, wie es mit dem präventiven, vorausschauenden Hochwasserschutz weitergehen soll. Da gibt es überhaupt keinen Ansatz. Es ist aber notwendig, Hochwasserschutz zu bauen, zu installieren, wenn wir nicht riskieren wollen, dass ganze Regionen und Gemeinden absterben, wenn die Betriebe abwandern, wenn die Leute wegziehen, nur weil es einfach nicht mehr möglich ist, die Betriebe in diesen Hochwasserregionen zu halten.

Wo sind die Aktivitäten, meine Damen und Herren, hinsichtlich der EU? Warum haben Sie unseren Antrag, dass die nicht strukturgeförderten Gemeinden jetzt vorübergehend Strukturförderung erhalten sollen, abgelehnt? – Das ist nicht die wahre Hilfe, die sich die Menschen erwartet haben!

Was macht die abdankende Regierung? – Sie versteckt diese für die Existenz von 200 000 Menschen sehr bedeutenden Probleme in diversen Abänderungsanträgen und glaubt, sich so über die viel zu geringe Dotierung der Entschädigung hinwegschwindeln zu können. Die Hochwasseropfer verdienen es, dass wir uns mit den Sorgen und den Nöten losgelöst von allen anderen Problemen beschäftigen. Aber das haben Sie mit Ihrer Mehrheit heute verhindert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eigentlich eine Beleidigung für die Betroffenen, dass sie jetzt für die gescheiterte Budgetpolitik der schwarz-blauen Regierung herhalten müssen.

Wenn es nicht gelingt, diese Leute wirklich zu entschädigen, wenn es nicht gelingt, diesen Leuten wirklich zu helfen, dann frage ich mich: Was haben sich die Regierungsvertreter dabei gedacht, als sie mit fein geputzten Gummistiefeln die Leute besucht haben? (Beifall bei der SPÖ.) Das sehen die Leute genau so. Wenn jetzt nicht tatsächlich Hilfe kommt, dann waren das leere Versprechungen. – Ich fürchte, es sind leere Versprechungen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

17.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

17.40

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzter Bürgermeisterkollege! Ihre Forderung nach 100 Prozent Entschädigung für die Hochwasseropfer in Ehren, ich erinnere Sie allerdings daran, dass in den letzten Jahrzehnten sozialistischer Regierung lediglich die Mehrwertsteuer rückvergütet wurde, nämlich 20 Prozent. Im Gegenzug dazu sieht diese Regelung ganz anders aus. Ich werde sie Ihnen in der Folge gerne im Detail erklären.

Geschätzte Damen und Herren! Im August dieses Jahres gab es ein Hochwasserereignis, wie es seit Menschengedenken nicht erinnerlich ist. An der Donau spricht man von einem Jahrhunderthochwasser, am Kamp von einem Jahrtausendereignis. Binnen kürzester Zeit kam es zu


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Niederschlägen, die 30 bis 50 Prozent der gesamten Jahresniederschlagsmenge ausmachten, und das innerhalb von Stunden. Selbst in meiner Heimatgemeinde, die an der europäischen Hauptwasserscheide liegt, musste Katastrophenvorwarnung gegeben werden, weil sich ein Bach, der normalerweise ein romantisches, einige Meter breites Bächlein ist, zu einem reißenden Strom entwickelt hat.

In der Folge wurden ganze Talböden überflutet. Alles, was sich diesen Wassermassen in den Weg stellte, wurde einfach weggespült. Binnen kürzester Zeit wurde bekannt, dass Fischteiche brechen, Straßen weggespült werden, Brücken eingestürzt sind. Aber genau so, wie die Wassermassen angeschwollen sind, ist auch der Wille der Bevölkerung, sich dieser Herausforderung zu stellen, gestiegen, "angeschwollen". Was ich als Bürgermeister und Einsatzleiter im Zuge dieser Katastrophentage erlebt habe, ist in Bezug auf Solidarität und Hilfsbereitschaft unüberbietbar. Menschen, die sich in der Vergangenheit Briefe nur über den Anwalt zugestellt haben, haben Schulter an Schulter Sandsäcke gefüllt. Junge Menschen, die mir gegenüber erwähnt haben, sie hätten auf die Gesellschaft "keinen Bock", haben diese schweren Sandsäcke stundenlang zu den richtigen Stellen geschleppt.

Feuerwehrmänner und freiwillige Helfer waren rund um die Uhr mit Retten, Bergen und Helfen beschäftigt. Manche von ihnen haben sich in 48 Stunden nur drei, vier Stunden Schlaf gegönnt, schlicht und einfach Übermenschliches geleistet. Dieser Tatsache ist es auch zu verdanken, dass viele Dinge im letzten Augenblick verhindert wurden und somit noch wesentlich größere Schäden abgewendet wurden.

Nachdem die Wassermassen langsam gewichen waren, kamen die Schäden zum Vorschein. Die Schadenserhebungskommissionen der Gemeinden – daran erinnere ich Sie, Herr Kollege – haben diese in einer fairen Form als Grundlage für Entschädigungen bewertet. Allein in Niederösterreich sind bis jetzt mehr als 9 000 Schadensmeldungen von Privaten und Firmen eingegangen.

Tragische Einzelschicksale wurden bekannt: alte Menschen, deren Häuser weggespült wurden und die allein die Kraft zum Wiederaufbau nicht mehr aufbringen können; junge Familien, deren Häuser nicht mehr bewohnbar sind, die alten Schulden jedoch noch darauf lasten; oder der Fall eines jungen Mannes, der nach einem Motorradunfall im Vorjahr an den Rollstuhl gefesselt ist und dessen generalrenoviertes Haus durch die Kamp-Fluten verwüstet wurde. Angesichts solcher Umstände ist jedem vernünftig denkenden Menschen voll bewusst und klar, dass Hochwasserhilfe oberste Priorität hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Krisenmanagement zur Bewältigung der Naturkatastrophe hat hervorragend funktioniert. Es waren nicht nur die Einsatzkräfte von Feuerwehr, Bundesheer und Rotem Kreuz und viele andere Hilfsorganisationen raschest vor Ort, sondern auch die finanzielle Unterstützung hat gewirkt. Binnen kürzester Zeit wurden von den über 9 000 Schadensfällen in Niederösterreich über 8 200 abgewickelt und bereits auch akontiert. (Abg. Mag. Gaßner: Wie viel Prozent haben sie bekommen?) Der Fördersatz hat bei der Akontierung bereits so viel ausgemacht, wie in der Vergangenheit Ihrer Regierungszeit 100 Prozent ausgemacht haben. Das ist der gravierende Unterschied.

Sie wissen genau, dass es in Einzelfällen Fördersätze gibt, die weit über 50 Prozent hinausgehen, und Sie wissen genau, dass es unseren Medien und speziell der Bevölkerung zu verdanken ist, die sich zu einer solidarischen Gemeinschaft vereinigt und eine Spendenaktion auf die Beine gestellt haben, wie das Österreich noch nie gesehen hat – ich behaupte, wie das die Welt noch nie gesehen hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Solidarität der Regierung ist gefragt!) Die Solidarität der Bevölkerung zu den Geschädigten ist in höchstem Maße gegeben, geschätzter Herr Kollege. (Abg. Mag. Gaßner: Der Bevölkerung ja, der Regierung nein!)

Ich sage ein herzliches Dankeschön all jenen, die auf Bundesebene verantwortlich waren; allen voran unserem Bundeskanzler, auch für sein enormes Engagement auf EU-Ebene, in Bezug auf den Europäischen Katastrophenfonds. Ich sage ein Dankeschön unserem Minister Willi


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Molterer und der gesamten Landesebene. Aber mein besonderer Dank gilt meinen Feuerwehrkameraden, die bis zum Umfallen gearbeitet haben, allen freiwilligen Helfern, den Fachleuten der BH und dem Roten Kreuz.

In Zukunft werden wir erkennen müssen: Das war ein Fingerzeig der Natur. Wir werden akzeptieren müssen, dass im Zuge der Raumordnungsprogramme dem Wasser mehr Raum gegeben werden muss. Wir dürfen bei der Energiepolitik in Bezug auf alternative Energien keinen Schritt zurückgehen. Da können Sie sich auf mich verlassen.

Aber eines muss uns allen sonnenklar sein: Ein derartiges Ereignis ist mit Regeln und Normen nicht verhinderbar. Das Hochwasser am Kamp, ein berechnetes Hochwasser mit 200 Kubikmetern pro Sekunde, hat in Spitzenzeiten tatsächlich 800 Kubikmeter pro Sekunde ausgemacht. Das ist nicht kalkulierbar, das ist nicht bewältigbar. Dessen müssen wir uns auch bewusst sein. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

17.47

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär Finz! Herr Staatssekretär Morak! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Vormittag, als der Herr Bundeskanzler zu uns gesprochen hat, anschließend Herr Minister Böhmdorfer – nicht Herr Bundesminister Strasser, was mir aufgefallen ist –, habe ich als Reaktion auf deren Ausführungen selbstverständlich einige Überlegungen angestellt. Jetzt sind die beiden Herren Staatssekretäre da und sind das, was sie eigentlich seit zweieinhalb Jahren hier im Parlament im Wesentlichen immer waren, nämlich Botschaftsüberbringer.

In einigen Fällen habe ich durchaus den Eindruck gehabt, dass Herr Staatssekretär Morak zumindest versucht hat, dem Herrn Bundeskanzler die Botschaften zu überbringen. Es ist eine andere Frage, ob der Bundeskanzler bereit war, sie aufzunehmen und zu verstehen. – Herr Staatssekretär, heute haben Sie wieder diese Aufgabe. Ähnliches gilt selbstverständlich auch für Herrn Staatssekretär Finz.

Ich möchte aber, bevor ich auf die Bilanz dieser Bundesregierung eingehe, noch einige Worte zum zweiten Thema dieses Tages sagen. Wir diskutieren ja einiges unter einem, darunter auch die Hochwasserhilfe. Die Betroffenheit und der Beistand jener, die nicht unmittelbar Geschädigte des Hochwassers waren – beispielsweise in meinem Heimatbundesland; auch an Wien ist der große Schaden vorübergegangen, es hat viel Schaden gegeben, aber nicht den erwarteten Schaden –, haben alle Politikerinnen und Politiker im Speziellen, aber alle Menschen in diesem Land nachdenklich gemacht.

Ohne jetzt eine Kennerin besonders detaillierter finanzpolitischer und steuerpolitischer Vorgänge und Maßnahmen zu sein – einiges habe ich im Laufe der Zeit aber auch mitbekommen –, sage ich: Bei allem, was im Zusammenhang mit der Hochwasserhilfe als Beistand für die Betroffenen beschlossen wird, ist es eine Frage der Vernunft, die Zustimmung zu geben. Das hat meiner Ansicht nach die Opposition schon in der Sondersitzung im August und auch heute wieder ganz klar und deutlich ausgesprochen.

Meine Damen und Herren! Das, was ich für wirklich unerträglich halte, ist, mit welcher Dreistheit man versucht, aus dem Elend und aus der Not der Menschen – in einer Situation, die dazu verpflichtet, nicht nur moralisch, sondern auch politisch, den Menschen beizustehen – Kapital in ganz anderen Politikbereichen zu schlagen. Das wird auch morgen noch zur Sprache kommen.

Das ist die Brücke zu Herrn Staatssekretär Morak. Sie wissen, Kolleginnen und Kollegen, bei der Bilanz interessiert mich als Minderheitensprecherin und als Angehörige einer Volksgruppe immer, was hier vorgebracht wird, was so Großartiges geschehen ist. Der Herr Bundeskanzler hat das heute Vormittag in seiner Bilanz extra erwähnt. Er hat erwähnt, dass die Slowenen


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seiner Erpressung im Zusammenhang mit den Ortstafeln nicht zugestimmt haben, und hat das bedauert.

Das muss hier einmal ausgesprochen werden, was es bedeutet, wenn der Bundeskanzler davon spricht, er habe ihnen bei der Umsetzung – und nur er ist zur Umsetzung verpflichtet, nicht Slowenen-Verbände – eines Höchstgerichts-Erkenntnisses, nämlich der Umsetzung der Einhaltung der österreichischen Bundesverfassung, sprich Artikel 7 Staatsvertrag, ein Angebot gemacht, das sie ausgeschlagen haben. Wie hat er gesagt? Sie waren 5 Millimeter vor der Einigung.

Sie mussten dieses Angebot ausschlagen. Wenn jemand – und jetzt verwende ich wieder dieses Wort – die Dreistheit hat, zu sagen: Ihr bekommt 148 Ortstafeln, müsst dafür aber mit Buch und Siegel und Vertrag darauf verzichten, jemals wieder verfassungsmäßig gewährleistete Rechte bei Gerichten einzuklagen!, was, bitte, ist das? Was ist das? – Man kann sagen, das ist Erpressung, man kann sagen, hier ist einer, der die Macht hat gegenüber anderen. Minderheiten kennzeichnen sich ja schon durch das Wort "Minderheit", sie sind immer in der Minderheit und haben nicht die Fähigkeit, ihre Interessen so durchzusetzen wie die Macht.

Und dann erzählt er uns heute hier: Die haben die Hand zum Konsens ausgeschlagen!? – Genau das, meine Damen und Herren, ist ein Beispiel in dieser verräterischen Bilanz. Er hat nämlich nicht gesagt, dass in seiner Ära die Volksgruppenförderung geringer geworden ist, geringer auch im Vergleich zu jener Zeit, als er auch mit in der Regierung war, obwohl er jetzt so tut, als wüsste er nichts davon. Das hat er nicht gesagt.

Er hat nicht gesagt, dass es das mehrsprachige offene Radio im Burgenland nicht mehr gibt, seit diese Bundesregierung im Amt ist. Er hat nicht dazugesagt, dass "Radio dva" in Kärnten mit Jahresende eingestellt wird, weil die Bundesregierung nicht willens ist, in diesem Bereich weiter zu unterstützen.

Er hat nicht gesagt, was wir jetzt nach einem guten Jahr Erfahrung wissen, dass die Staatszielbestimmung über die kulturelle Vielfalt in diesem Land in den Augen von Bundeskanzler Schüssel sozusagen reine Makulatur ist. Damals hat er sie für den "Weisenbericht" gebraucht, damit dort etwas Positives drinsteht. Aber es hat sich keine einzige Maßnahme daran geknüpft, die man unmittelbar aus dieser neuen Staatszielbestimmung ableiten könnte.

Das ist seine Bilanz, eine verschwiegene Bilanz und die Bilanz dessen, was nicht passiert ist.

Es ist Schaden angerichtet worden, der aber – und das ist meine Hoffnung – wieder gutzumachen ist, allerdings nicht von einem Bundeskanzler Schüssel, das kann ich Ihnen sagen, denn dieser hat in den letzten zweieinhalb Jahren bewiesen, dass er diesen Willen nicht hat. Er hat den Willen zum Schaden, aber nicht zur Wiedergutmachung.

Ein Letztes, nicht zum Herrn Bundeskanzler, sondern zu Herrn Minister Böhmdorfer. Wenn hier heute jemand seine Bilanz legt, dessen Hauptaussage bei Amtsantritt jene war, dass er die Idee, oppositionelle Politiker, die Kritik an Regierung und Regierungsmaßnahmen üben, in den Häfen zu bringen, für verfolgenswert hält, soll man da wirklich glauben, dass irgendetwas an dessen Arbeit auch nur in Ansätzen erfolgreich sein kann?

Ein Minister, zu dem die Standesvertretungen aus allen Justizberufen ein gestörtes Verhältnis in der Kommunikation – das ist jetzt noch die harmloseste Formulierung – haben, wagt es, von einer erfolgreichen Bilanz zu sprechen!? – Ja, er hat eine erfolgreiche Bilanz, nämlich bei der autoritären Wende: mehr Häfen, mehr Strafe, mehr Angst und weniger Schutz für die österreichische Bevölkerung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Allerletztes, denn meine Redezeit ist knapp. – Über Folgendes bin ich auch froh: Die Amtszeit eines Bundesministers, nämlich des Herrn Bundesministers Strasser, hat wirklich Früchte getragen – dahin gehend, dass er überhaupt und immer noch im Amt ist –: Der liberale Lack ist wirklich ab! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wie er sich damals vor zweieinhalb Jahren hier als neuer Minister präsentiert hat, dazu muss ich sagen, so oft wie ihn


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habe ich noch keinen Minister das Wort "NGO" in den Mund nehmen gehört. Was ist das Resultat? – Noch nie waren so viele Asylwerber in Österreich obdachlos, auf der Straße, unversorgt wie heute! Noch nie in der Geschichte! Noch nie hat es eine so indifferente – um das jetzt sozusagen so positiv wie möglich auszudrücken – Stimmung gegenüber Asylwerbern und Fremden gegeben wie jetzt! Noch nie wurde ein Versprechen – und jetzt zum dritten Mal – so dreist gebrochen wie das Versprechen von Minister Strasser in Richtung Harmonisierung von Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung! Nichts davon wurde umgesetzt – aber das nennt man heute Bilanz!

Ja, es ist eine Bilanz, aber es ist eine tiefschwarze – im wahrsten Sinn des Wortes – Bilanz, die diese Bundesregierung gelegt hat. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

17.56

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Kollegin Stoisits hat mehrmals in ihrer Rede davon gesprochen, dass der Herr Bundeskanzler "erpresst" hätte; sie hat von "Erpressung" seitens des Bundeskanzlers gesprochen.

Nicht nur, dass die Wortwahl total daneben war, ist das auch die Unterstellung einer Straftat. Ich meine, das ist eine Ungeheuerlichkeit, für die sich Frau Kollegin Stoisits nicht nur entschuldigen sollte, sondern für die ihr auch ein Ordnungsruf gebührt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich werde mir das Protokoll kommen lassen, Frau Abgeordnete, und dann entscheiden.

Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Haller. – Bitte.

17.57

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte seitens der Freiheitlichen diesen Antrag meiner Kollegin Fekter unterstützen. (Rufe bei den Grünen: Antrag? Ha, ha, ha!) Mir persönlich ist es einmal so ergangen, dass ich wegen des Ausdrucks einer Nötigung, die alle hier im Hohen Haus gesehen haben, einen Ordnungsruf bekommen habe. Ich bitte Sie wirklich, Herr Präsident, im Protokoll genau nachzulesen und dann Ihre Entscheidungen zu treffen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der övp.)

17.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich schaue mir die Protokolle immer genau an, Frau Abgeordnete, und ich werde das auch in diesem Fall tun!

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haller. 7 Minuten. – Bitte.

17.57

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Unsere scheidende Vizekanzlerin hat heute gesagt, dass in den letzten zweieinhalb Jahren Österreich ein gutes Stück vorwärts gegangen ist. Kanzler Schüssel hat mit vielen anderen meiner Vorredner eine sehr positive Erfolgsbilanz gelegt.

Ich weiß schon, dass das in den Augen der Opposition anders ausschaut. No na net! Eines muss uns aber die Opposition schon auch zugestehen: dass diese Erfolgsbilanz in einem wirtschaftlich sehr schwierigen Umfeld erzielt wurde, dass sich derzeit in allen führenden Wirtschaftsnationen die Konjunktur abschwächt und nicht die österreichische Regierung an dieser Abschwächung schuld ist.


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Natürlich hat die Opposition auch geflissentlich verschwiegen, dass Österreich trotzdem weitaus bessere Wirtschaftsdaten hat als zum Beispiel unser größter Wirtschaftspartner, unser Nachbarstaat Deutschland unter rot-grüner Regierung. Man anerkennt seitens der Oppositionsparteien auch nicht, dass bei uns das Handling der Hochwasserkatastrophe und auch das Handling der Hochwasserentschädigungen hervorragend und auch viel besser funktioniert als im rot-grün regierten Nachbarstaat.

Es wurde viel gearbeitet, das ist klar, und es wurde viel weitergebracht. Wo gehobelt wird, fallen auch Späne, auch das ist ein Faktum. Ich als Familiensprecherin bin aber besonders zufrieden damit, dass es uns gerade im Bereich der Familienpolitik in diesen zweieinhalb Jahren gelungen ist, sehr viele freiheitliche Intentionen zu verwirklichen. Das Programm, das umgesetzt worden ist, ist lang, von A bis Z, und füllt eine ganze Seite.

Wenn Mathias Reichhold heute gesagt hat, wir Freiheitlichen sind in der Lage, unsere Ideen umzusetzen, so betrifft das natürlich die Vergangenheit – und soll natürlich auch die Zukunft betreffen.

Eines hat sich wie ein roter, nein eigentlich wie ein blauer Faden durch die Erfolgsbilanz, die heute vorgelegt wurde, gezogen, und zwar das Kinderbetreuungsgeld. Dieses trägt die Handschrift von uns Freiheitlichen. Das Kinderbetreuungsgeld resultiert ja aus dem Kinderbetreuungsscheck, und ich bin sehr froh darüber, dass sich unser Koalitionspartner ÖVP bereits im Koalitionsabkommen davon überzeugen ließ, dass das der richtige Ansatz für die Familienpolitik ist – und dass das auch finanzierbar ist. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Feurstein. )

Froh bin ich auch darüber, dass es bereits jetzt – trotz Unkenrufen der Opposition – über 40 000 Anträge hiezu gibt, etwas, was doch den Erfolg dieser Maßnahme bestätigt.

Ich glaube, es ist vor allem hier im Hohen Haus bekannt, dass ich als Familiensprecherin der Freiheitlichen – und das seit über zehn Jahren – für diese familienpolitische Leistung, die früher nur eine Versicherungsleistung war, gekämpft habe. Das ist eine familienpolitische Leistung, die in Zukunft – und sie tut es bereits jetzt – den österreichischen Familien, den Eltern und vor allem den Kindern, und diese sind ja die Zukunft Österreichs, zugute kommen wird.

Ich bin aber auch sehr zufrieden in Bezug auf einen Punkt, und dieser ist heute noch ein bisschen zu wenig über die Bühne gekommen. Jedenfalls bin ich sehr froh darüber, dass trotz der hohen Inanspruchnahme des Kinderbetreuungsgeldes, und zwar durch die äußerst kluge Kalkulation von Sozialminister Haupt, die Heimfahrtbeihilfe für Internatsschüler wieder eingeführt werden kann – eine Maßnahme, die mit den Sparpaketen der rot-schwarzen Koalition abgeschafft wurde, zu der sich aber bei der Behandlung des Familien-Volksbegehrens alle vier Parteien bekannt haben. Neugierig bin ich, ob die Oppositionspartei SPÖ dem auch zustimmen wird.

Ich gehe jedenfalls ruhigen Mutes – nicht ganz freiwillig, aber ruhigen Mutes – in Richtung Neuwahlen, denn als Familiensprecherin der Freiheitlichen kann ich ganz im Sinne von Mathias Reichhold sagen: Wir Freiheitlichen haben Österreich verändert, und wir werden versuchen, das auch in Zukunft zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

18.03

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Sima. – Bitte.

18.03

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Herren auf der Regierungsbank! Obwohl es eine nüchterne Bilanz ist, die ich hier für den Umweltbereich ziehen muss, freut es mich natürlich sehr, Herr Bundesminister Molterer, dass Sie eigens wegen meiner Rede jetzt noch einmal ins Hohe Haus gekommen sind! (Heiterkeit.) Entgegen den schönen Worten, die wir heute Vormittag von Ihnen gehört haben, sehe ich leider sehr


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wenig Fortschritte im Umweltbereich, und es gibt auch nüchterne Zahlen, die das Gegenteil von dem belegen, was Sie heute Vormittag gesagt haben.

Ich möchte jetzt kurz auf ein paar Themen eingehen, zum Beispiel auf den Klimaschutz, der durch die Hochwasserkatastrophe traurige Aktualität gewonnen hat.

Die Emissionen in Österreich sind seit 1990 um 2,6 Prozent gestiegen. Wir haben also nicht einmal eine Trendwende in irgendeinem Bereich geschafft. Und es gibt auch kein Geld für den Klimaschutz: Ihr Ressort hat ausgerechnet, dass wir jährlich 87 Millionen € bräuchten, um die wichtigsten Maßnahmen im Klimaschutzbereich zu finanzieren, damit wir das Ziel auch wirklich erreichen. Aber dieses Geld ist nicht vorhanden! Alles, was vorhanden ist, ist ein Stufenplan, wie man bis zum Jahre 2008 die finanziellen Mittel irgendwie aufstellen will, aber all das ist sehr ungewiss und wird von den einzelnen Budgetverhandlungen abhängen.

Es gibt kein Geld, und wenn nicht die einzelnen Bundesländer da initiativ würden, wie beispielsweise Wien, aber auch Salzburg und Oberösterreich, würden wir in diesem Bereich noch viel stärker hinterherhinken.

Das ist umso tragischer, als es wieder neue Studien in diesem Bereich gibt – mir ist natürlich bewusst, dass Österreich da sicherlich nicht allein die Verantwortung trägt –, so zum Beispiel eine Studie von "Nature", die am 31. Jänner 2002 publiziert wurde und aus der klar hervorgeht, dass man wegen der Klimaerwärmung einfach mit viel mehr extremen Wettersituationen wie zum Beispiel Hochwasser rechnen muss, dass es im 21. Jahrhundert eine drei- bis fünffach höhere Wahrscheinlichkeit gibt, dass es zu solchen extremen Wettersituationen kommt. – Wenn das kein Alarmzeichen, kein Warnzeichen für uns ist, natürlich auch für die Bundesregierung, da endlich tätig zu werden, Geld hiefür aufzuwenden und Maßnahmen zu setzen, dann weiß ich wirklich nicht, was noch alles passieren muss.

Ein weiteres Beispiel, das ich nennen möchte, weil es doch sehr stark die umweltpolitische Diskussion der letzten drei Jahre geprägt hat, ist Temelín. Das ist doch ein einziges Desaster für diese schwarz-blaue Bundesregierung gewesen! Gerade heute hat die tschechische Atomaufsichtsbehörde gesagt, dass sie keinerlei Intentionen hegt, irgendwelche sicherheitsrelevanten Maßnahmen in Temelín zu setzen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Molterer. ) – Frau Dipl.-Ing. Dana Drabova hat aber sehr maßgeblich darauf einzuwirken, weil sie auch maßgeblich in die Erstellung dieses Berichts involviert ist, wie Sie wissen, eben dieses Berichts, der im Schüssel-Zeman-Pakt vereinbart wurde, der von Ihnen und dem Bundeskanzler als "großer und bahnbrechender Erfolg" in diesem Bereich gefeiert wurde.

Was ist heute davon übrig? – Nichts! Es ist keine einzige Maßnahme in Temelín gesetzt worden, keine einzige Sicherheitsaufrüstung! Auch Ihr Veto-Volksbegehren hat überhaupt nichts gebracht, außer dass das Gesprächsklima mit dem Nachbarn Tschechien zusammengehaut wurde. Es ist also einfach nichts geschehen – außer dass in Temelín 38 Pannen passiert sind und der Block II vom Netz genommen worden ist.

Das ist doch eine sehr traurige und sehr deprimierende Bilanz Ihrer Umweltpolitik in diesem Bereich! (Abg. Dr. Pumberger: Das haben ja Sie bewirkt!) Wie Sie wissen, Herr Pumberger, waren wir in Opposition, und Sie waren in der Regierung – auch wenn Sie sich jetzt vielleicht nicht mehr so gerne daran erinnern möchten, aber immerhin hätten Sie vielleicht ein bisschen etwas tun können! Schieben Sie doch jetzt nicht uns die Schuld in die Schuhe dafür, dass nichts weitergegangen ist! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Pumberger: Was haben Sie gemacht? Nichts!)

Herr Kollege, was haben Sie eigentlich gemacht – außer einem Veto-Volksbegehren, das völlig kontraproduktiv war?! Das möchte ich Sie schon fragen. Ich würde natürlich an Ihrer Stelle auch versuchen, die Verantwortung abzuschieben. (Abg. Ing. Westenthaler betritt den Sitzungssaal und nimmt Platz.) – Ja, Herr Kollege Westenthaler und seine Zwischenrufe werden mir fehlen, das sehe ich schon. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist aber lieb!)  – Das ist nett, nicht wahr? (Abg. Dr. Mertel: Der ist nett!)


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Auch im Bereich der Abfallpolitik kann man leider keine besonders positive Bilanz ziehen. Der Mehrweganteil hat sich massiv verringert – aber alles, was Ihnen, Herr Umweltminister, dazu eingefallen ist, war, eine freiwillige Vereinbarung mit der Wirtschaft zu treffen, als die Quote im Mehrwegbereich nicht erfüllt wurde! Und das ist halt ein bissel zu wenig!

Weiters anführen möchte ich den Verkauf der Bundesforste zum Stopfen von Budgetlöchern. – Die Liste der Negativbilanzen im Umweltbereich ließe sich wirklich sehr lange fortführen, und ich bin eigentlich sehr froh darüber, dass die Karten jetzt neu gemischt werden und dieses blau-schwarze Experiment jetzt endlich beendet wird.

Was mich ehrlich gesagt ein bissel erschreckt, ist die Ansage von Bundeskanzler Schüssel, dass er nach den Wahlen vorhat, genau dort weiterzumachen, wo er jetzt aufgehört hat. – Das kann doch hoffentlich nicht Ihr Ernst sein! (Zwischenruf des Abg. Donabauer. ) Wie Sie mit dieser fast schon umweltpolitischen Drohung Wähler gewinnen wollen, ist mir auch ein Rätsel, aber Sie werden die Antwort am Wahltag erhalten; dessen bin ich mir sicher. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Freuen Sie sich nicht zu früh! – Abg. Dr. Pumberger: Da haben aber nicht viele geklatscht, Frau Sima!)

18.08

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

18.08

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Man kann es drehen und wenden, wie man will, und noch so viel darüber diskutieren. Frau Abgeordnete Sima! Es war ein mutiger Schritt, der damals im Februar 2000 (Abg. Mag. Posch: Das stimmt!) von Wolfgang Schüssel und Susanne Riess-Passer gesetzt worden ist, um eine gemeinsame Regierung in Österreich zu bilden, mit einem Regierungsprogramm, das allgemeine Anerkennung gefunden hat. Ich wiederhole, meine Damen und Herren von der SPÖ: Wir sind dankbar dafür, dass viele Österreicherinnen und Österreicher heute sagen: Es war eine gute Zeit!, denn diese Zeit hat eine ganze Reihe von Markenzeichen, zum Beispiel: das Ende der Verschuldung (Abg. Edler: Wo denn?!), der Abbau der Verschuldung, die "Abfertigung neu", eine Abfertigung für alle Arbeitnehmer – ein Markenzeichen, um das Sie von der SPÖ sich jahrelang bemüht haben. Es ist Ihnen nie gelungen, das zu verwirklichen.

Oder: das Kinderbetreuungsgeld, das heute schon einige Male erwähnt worden ist, für alle Mütter und Väter, nicht nur für ganz bestimmte, sondern für alle. Oder: sechs Monate Karenz für Pflegende, die schwer Erkrankte betreuen. – Alles Leistungen, die bisher keine Regierung in dieser Form geschafft hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir können auf den Erfolg dieser zweieinhalb Jahre wirklich stolz zurückblicken. Das tun auch viele andere, auch Experten, Fachleute, Journalisten. Sie müssen nur die Zeitungen immer wieder lesen. (Ruf bei der SPÖ: Welche?)

Auch heute beschließen wir Notwendiges, etwa für die Menschen, die vom Hochwasser geschädigt worden sind, für die jungen Leute, für die Lehrlinge, für junge Menschen, die einen Arbeitsplatz suchen. (Abg. Edler: Zu spät!)  – Es ist nicht zu spät! Wir haben immer erst im Herbst diese Maßnahmen beschlossen.

Heute wird auch etwas ganz Neues beschlossen, und zwar betreffend Vorsorge im Alter, meine Damen und Herren: ein zweites und drittes Bein für die Altersvorsorge, eine Maßnahme, die weit in die nächsten Jahre hineinwirken wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Vor 27 Jahren, im Jahre 1975, habe ich hier meine erste Rede gehalten; damals habe ich mich mit der Behindertenpolitik auseinander gesetzt. Wenn ich zurückblicke, so muss ich sagen, dass gerade in der Behindertenpolitik Großartiges geleistet wurde. – Heute beschließen wir wieder eine Verbesserung, und zwar dahin gehend, dass es zu verbesserten Bedingungen für behinderte Menschen am Arbeitsplatz kommt, dass zusätzliche Mittel


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verfügbar gemacht werden, damit auch behinderte Menschen ins Arbeitsleben zurückkehren können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein zweites wichtiges Anliegen war die Vorsorge im Alter. Einige Pensionsreformen wurden hier in den vergangenen Jahren beschlossen: mit Ihnen von der SPÖ und jetzt auch mit der FPÖ. Das waren gute Reformen – das ist heute bereits gesagt worden –, und heute erfolgt wieder ein Schritt in die richtige Richtung, indem wir die zweite und dritte Säule der Altersvorsorge maßgeblich ausbauen.

Das dritte und für mich immer wichtige Anliegen betraf die Familien. Meilensteine der Familienpolitik waren sicherlich die Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei der Pensionszuerkennung und jetzt das Kinderbetreuungsgeld, dessen Einführung wir vor wenigen Monaten hier beschlossen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das tragende Prinzip aller sozialpolitischen Maßnahmen ist natürlich primär die Solidarität. Genauso wichtig, meine Damen und Herren, ist aber die Subsidiarität – und ich zitiere hier meinen Lehrmeister, zu dem ich immer wieder zurückblenden möchte und von dem ich mir sozusagen Anregungen geholt habe, nämlich Nell-Breuning. Wichtig ist auch die Eigenverantwortung, dass der Einzelne eben das leistet, was er leisten kann. Das ist, wie ich meine, ein ganz wichtiger Punkt für die Weiterentwicklung der Sozialpolitik.

Weil wir von der ÖVP auf diese Subsidiarität, weil wir auf die Eigenverantwortung des Menschen immer wieder großes Gewicht gelegt haben, war es so, dass wir nicht immer einer Meinung mit Ihnen von der SPÖ waren. Es gab harte Auseinandersetzungen, gerade in der Zeit der SPÖ/ÖVP-Regierung. Dennoch meine ich, dass wir auch damals gute Kompromisse gefunden haben. – Jetzt, da neben uns eben auch von der FPÖ die Subsidiarität, die Eigenverantwortung als genauso wichtig erachtet wird, konnten wir wichtige sozialpolitische Leistungen in den vergangenen zweieinhalb Jahren beschließen und auch durchsetzen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie auch mich danken: Danken möchte ich den Mitgliedern und Mitarbeitern meines Klubs, in dem ich eine wirklich schöne Zeit erleben durfte, eine wunderbare Zeit, möchte ich ohne Übertreibung sagen, denn ich war in diesem Klub wirklich beheimatet, und ich wurde von meinem Klubobmann Andreas Khol immer wieder mit großen Aufgaben betraut; seitens des Klubs wurde mir immer wieder Verantwortung übertragen. Es war schön, für meinen Klub zu arbeiten. Vielen Dank allen Mitgliedern meines Klubs! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Genau das gleiche positive Verhältnis und eine ebenso positive Zusammenarbeit hatte ich mit den Mitgliedern dieser Bundesregierung. Es war Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der mich immer wieder gebeten hat, zu verhandeln und im Sinne unserer Gesinnungsgemeinschaft sozialpolitische Maßnahmen so auszuverhandeln, wie das eben unserem Grundsatzprogramm entspricht. Dir, lieber Wolfgang, herzlichen Dank für dieses große Vertrauen, das du in mich gesetzt hast – und herzlichen Dank allen Ministern, mit denen ich zusammenarbeiten durfte! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ganz besonders danken möchte ich auch allen Mitgliedern des Sozialausschusses. Es war das ein Team, eine Gemeinschaft, in der man in einer Art und Weise zusammenarbeiten konnte, wie das vermutlich nicht in allen Ausschüssen der Fall ist. Dieses Dankeschön gilt selbstverständlich auch den Ausschussmitgliedern von FPÖ, SPÖ und den Grünen. Im Sozialausschuss haben wir uns immer verstanden, auch wenn es manchmal harte Auseinandersetzungen gegeben hat, mit Frau Abgeordneter Silhavy und insbesondere mit Herrn Abgeordnetem Öllinger. Aber trotz aller Auseinandersetzungen gab es dort eine faire Zusammenarbeit.

Vielfach erfuhr ich wertvolle Dienste von den Bediensteten dieses Hauses, von den Mitarbeitern meines Klubs sowie jenen der Parlamentsdirektion. Ich weiß, dass ich die Mitarbeiter der Parlamentsdirektion oft auf eine harte Probe gestellt habe, wenn ich mit Schülerinnen und Schülern durch das Parlament gezogen bin und die Hausordnung immer wieder verletzt habe. (Heiter


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keit.) Herzlichen Dank für Ihr Verständnis; wir haben uns immer wieder gefunden und versöhnt, auch wenn es da und dort Fehler und Übertretungen meinerseits gegeben hat. Auch allen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parlamentsdirektion sei herzlicher Dank gesagt!

Ich meine, es zählt zum Wichtigsten, den Kontakt zur Jugend zu pflegen und diesen bei jeder sich bietenden Gelegenheit aufzunehmen, dass wir versuchen, mit den jungen Menschen in Kontakt zu kommen beziehungsweise im Gespräch zu bleiben. Und dazu eignet sich natürlich nichts so sehr wie Besuche hier im Parlament, bei denen man den jungen Menschen erklären kann, wie man zusammenarbeiten und gemeinsame Lösungen finden kann.

Ein Anliegen ist es mir aber auch, den Sozialministern zu danken: Es waren sechs Sozialminister, mit denen ich hier zusammenarbeiten durfte (Abg. Schwarzenberger: Ein hoher Verschleiß! – weitere Zwischenrufe und Heiterkeit), Sozialminister, zu denen es immer ein faires Verhältnis gab, und das, wie gesagt, auch bei unterschiedlichen Meinungen und Standpunkten. (Abg. Dr. Khol: Hesoun, Hums, Hostasch!)  – Ja, ich darf deren Namen anführen: Es waren dies die Minister Hesoun, Hums, Geppert, Hostasch, Elisabeth Sickl und zuletzt Herbert Haupt. Besonders Herbert Haupt hatte mitunter schwere Zeiten mit mir, dennoch war das, wie ich meine, eine wertvolle Zeit. (Heiterkeit.) Da denke ich jetzt vor allem an die letzte Abstimmung, die natürlich kein Misstrauensvotum gegenüber Herbert Haupt darstellte, sondern – im Gegenteil – das sollte ein Bekennen zu meiner Heimat Vorarlberg, zu den Vorarlbergerinnen und Vorarlbergern sein.

Von dieser Stelle aus möchte ich auch allen meinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Vorarlberg danken, die mir bei acht Wahlen immer großes Vertrauen geschenkt haben. Es war und ist für mich wirklich eine große Ehre, hier als Vorarlberger Abgeordneter, als Vertreter meines Bundeslandes tätig sein zu dürfen. Es war das für mich eine wertvolle Zeit, und ich sage nochmals: Ich bin dankbar dafür!

Wenn ich jetzt aus dem Nationalrat ausscheide, so einfach deshalb, weil ich meine, dass jüngere Personen meinen Wahlkreis vertreten sollen. Es soll jetzt die Jugend kommen; ich bin lang genug hier gewesen. Ich glaube, es ist richtig, wenn junge Leute kommen. Ich werde nunmehr in meinen eigentlichen Beruf als Statistiker des Landes Vorarlberg zurückkehren. Jedenfalls hoffe ich, dass ich dort noch eine gewisse Zeit arbeiten kann.

Ich möchte mich nun von Ihnen allen, meine sehr verehrten Damen und Herren, verabschieden mit einem Gruß aus dem Bregenzerwald: Pfüat Gott! Das heißt: Behüt’ euch Gott! (Anhaltender allgemeiner Beifall, von den Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen stehend dargebracht.)

18.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol zu Wort gemeldet. § 58 der Geschäftsordnung ist Ihnen ja bekannt, Herr Abgeordneter. – Bitte.

18.20

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Ich berichtige Herrn Abgeordneten Dr. Feurstein in seiner Aussage, es war schön, für den Klub zu arbeiten. – Richtig ist, dass Herr Abgeordneter Dr. Feurstein großartige Arbeit für die Republik geleistet hat und wir ihm alle zu danken haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

18.20

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Auf zwei Dinge möchte ich eingehen, die in dieser Debatte angesprochen wurden: auf der einen Seite das Hochwasserpaket, dem die Grünen ihre Zustimmung geben werden, wobei ich in diesem Zusammenhang aber doch zumindest auf zwei


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Dinge ein besonderes Augenmerk richten möchte. Das eine ist die Tatsache, dass die nunmehr abgesagte Steuerreform immer in einer Dimension von in etwa 2 Milliarden Schilling angedacht war (Abg. Böhacker: Die ist nicht abgesagt worden! Sie ist verschoben worden!), was nicht wirklich dem entspricht, was an Hochwasserhilfe geleistet wird. Insofern ist eine Gegenüberstellung dessen, was eingespart wird, und dessen, was ausgegeben wird, nicht ganz gerechtfertigt.

Aber das ist momentan gar nicht der wichtigste Punkt. Da ich als niederösterreichischer Abgeordneter in letzter Zeit gerade auch im Waldviertel relativ viel unterwegs war und dort auch mit vielen Leuten gesprochen habe, glaube ich, dass es im Zusammenhang mit dieser Hochwasserkatastrophe Punkte gibt – nicht, was die Nachbearbeitung oder die Aufarbeitung der Katastrophe betrifft, sondern das, was vorher passiert ist –, die einer genaueren Analyse bedürfen. Gerade im Kamptal mussten die betroffenen Menschen feststellen – sie haben uns das immer wieder geschildert –, dass sie angesichts der Schnelligkeit der Ereignisse beziehungsweise auch in der Phase zwischen dem Zeitpunkt, zu dem klar geworden ist, dass es zu einer Katastrophe kommen wird, und dem Zeitpunkt ihres Eintreffens eigentlich sehr wenig an Informationen bekommen haben. So gab es beispielsweise bei der ersten Flutwelle im Kamptal im gesamten Kamptal keine Sirenen, die davor gewarnt haben. Interessanterweise hat das eine Woche später dann funktioniert. Allerdings war dann der große Schaden schon eingetreten. Viele der dortigen Betroffenen haben gesagt, dass, wenn sie – gerade unten, wo es ziemlich stark zugegangen ist, in Schönberg beispielsweise – diese fünf Stunden zur Verfügung gehabt hätten, diese Zeit zumindest ausgereicht hätte, um relativ viel von dem, was dann kaputtgegangen ist, noch zu retten. Ich denke daher, dass man auch überlegen sollte, welche Schritte im Bereich der Vorwarnung zu setzen sind, um diese zu verbessern.

Die Maßnahmen, die jetzt gesetzt werden, sind notwendig. Sie sind finanziell nicht ausreichend, und sie sind wahrscheinlich – oder, besser gesagt, mit Sicherheit – im Bereich dessen, was an ökologischen Maßnahmen notwendig ist, in ihrem momentanen Umfang nicht ausreichend. Da wird in Zukunft einiges notwendig sein.

Ich wollte zweitens zu dem, was auch der Bundeskanzler heute schon mehrmals angesprochen hat, Stellung nehmen, nämlich zur Bilanz der Bundesregierung. Als Musterbeispiel einer erfolgreichen Bilanz wurde von den Rednern der Regierungsparteien wiederholt die Bildungspolitik genannt. Um diese Darstellung ein wenig zu korrigieren, möchte ich im Folgenden einige Zahlen und Daten nennen.

Richtig ist, dass jeder siebente Steuerschilling für Bildung ausgegeben wird. Das war auch in der Vergangenheit so. Richtig ist aber auch, dass der Vergleichswert Österreichs, nämlich der OECD-Wert, seit Jahren – und mit dieser Bundesregierung umso mehr – rückläufig ist und dass wir am Ende dieser Bundesregierung vor einer Bilanz stehen, wonach Österreich im internationalen Vergleich eindeutig weniger ausgibt als andere Länder. Während in vielen europäischen Ländern investiert worden ist, ist in Österreich zurückgenommen worden. Das bedeutet, dass Österreich, hätten wir uns im OECD-Schnitt bewegt, jetzt um 1 Milliarde Schilling mehr für Bildung investieren müsste, als es tatsächlich investiert. – Diese Bilanz ist kein Ruhmesblatt, ganz im Gegenteil: Das ist die Bilanz von drei Jahren Bildungsabbau und auf keinen Fall dessen, was Sie hier als große Bildungsoffensive bezeichnen! (Beifall bei den Grünen.)

Diese Zahlen allein sind es ja nicht. Man braucht sich nur anzusehen, was das heißt. Schauen Sie sich einmal die Situation in den Schulen an: Die steigenden Klassenschülerzahlen sind ja mittlerweile wahrscheinlich fast allen Abgeordneten hier in diesem Haus bekannt. Sie sind Gegenstand von vielen Briefen, die wir bekommen haben. Weitere Auswirkungen sind die nicht mehr erfolgenden Sprachgruppenteilungen, die Streichung von Zusatzangeboten in den Schulen, die steigenden Zahlen von Abweisungen an den Schulen, aber auch all das, was in der Erwachsenenbildung eingespart wird und gestrichen worden ist.

Ich kann dazu nur sagen: Wir werden diese Diskussion nach der Wahl weiterführen. Die Ansage der Grünen ist eine andere. Sie lautet: In Bildung ist zu investieren! – Ich nehme Ihnen Ihre Vorgangsweise in diesem Bereich auch etwas übel. Wenn Sie sich dazu bekannt hätten, zu sagen: Okay, wir haben eingespart, denn uns war es wichtiger, ein Nulldefizit zu bekommen, als


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in Bildung zu investieren!, dann wäre das wenigstens ehrlich gewesen. Aber das Spiel zu spielen, auf der einen Seite einzusparen und auf der anderen Seite klarmachen zu wollen: Wir haben ohnedies nichts eingespart, wir haben investiert!, das funktioniert nicht, und das werden wir den Menschen im Hinblick auf die kommenden Wahlen ebenso wie danach auch klarmachen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.25

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Egghart. – Bitte.

18.25

Abgeordneter Robert Egghart (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, die Regierungsbilanz der letzten zweieinhalb Jahre kann sich wirklich sehen lassen. Bis Ende September 2002 ist es in der gegenwärtigen Legislaturperiode gelungen, wesentliche Punkte des Regierungsprogramms zu erfüllen und insbesondere eine ganze Reihe von wichtigen Vorhaben umzusetzen. Diese Erfolge konnten in einem äußerst schwierigen wirtschaftlichen Umfeld – da sich die Konjunktur in allen führenden Industrienationen deutlich abgeschwächt hat – erzielt werden. Trotz der international schwierigen Wirtschaftslage konnte sich Österreich behaupten und weist zum Teil wesentlich bessere Wirtschaftsdaten auf als etwa unser größter Handelspartner Deutschland.

Darüber hinaus stellt die Hochwasserkatastrophe ganz Österreich vor eine sehr harte Probe und erfordert Sofortmaßnahmen, die mittels des Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetzes von der Regierungskoalition gesetzt werden.

Aus der Fülle der parlamentarischen Initiativen sind vor allem folgende Beispiele einer Erfolgsbilanz anzuführen: die "Abfertigung neu", eine Abfertigung, die auch bei Selbstkündigung zum Tragen kommt; eine nach Jahren endlich erreichte Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten. Auch in der Anti-Atom-Politik Österreichs sind entscheidende Schritte gesetzt worden, wie unter anderem die konsequente Fortführung der österreichischen Anti-Atom-Politik auf europäischer Ebene, ein Drei-Parteien-Antrag betreffend die weitere Vorgangsweise auf europäischer Ebene, dem neben der Österreichischen Volkspartei und den Freiheitlichen auch die Grünen zugestimmt haben.

Im Anlagenrecht, das für die österreichische Wirtschaft besonders wesentlich ist, gab es deutliche Beschleunigungen und eine Entbürokratisierung von Genehmigungsverfahren nach dem so genannten One-Stop-Shop-Prinzip. Das fördert natürlich die Wettbewerbsfähigkeit und bringt enorme Einsparungen.

Auch in anderen Bereichen, speziell im Arbeitnehmerschutz, sind uns größere Erfolge gelungen. Denken Sie nur etwa an die diversen Verfahrensvereinfachungen. Auch bei der Ausländerbeschäftigung ist für das Jahr 2002 erstmals eine deutliche Absenkung der Niederlassungsquote erreicht worden.

Im Beschaffungswesen konnte im Rahmen der Entbürokratisierung des Bundes eine Bundesbeschaffungsorganisation errichtet werden.

Im Bildungsbereich wurde eine Erweiterung der Schulautonomie auf Basis von Verhaltensvereinbarungen und schulpartnerschaftlichem Zusammenwirken erreicht. Der Übertritt von der Polytechnischen Schule ohne Aufnahmsprüfung in die AHS ist für uns ein besonders wichtiger Teil der neuen Bildungspolitik, da dadurch größere Chancen geschaffen werden können. Es hat auch zu einer Aufwertung der Hauptschulen geführt, die lange Zeit hindurch doch eher "am Boden gelegen" sind.

Durch Bundesminister Haupt konnte auch im Zusammenhang mit der Bekämpfung von BSE eine ganz entscheidende Sicherheit für die österreichischen Konsumenten geschaffen werden. Es gab auch dauerhafte Regelungen für Finanzierungen, die durch die BSE-Krise erforderlich wurden. Wichtig war auch die Verlängerung des Verbots der Verfütterung von Tiermehl.


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Im Vorjahr ist vor allem auch die Erreichung des Nulldefizits gelungen. Es wurden also, nachdem diese Bundesregierung bei ihrem Antritt ein Defizit in der Größenordnung von 2 200 Milliarden Schilling übernommen hatte, im Jahre 2001 keine weiteren Schulden gemacht, was natürlich zu einem größeren Spielraum für die Sicherung von Vollbeschäftigung und die Steigerung von Wohlstand geführt hat – Anliegen, die auch weiterhin zu verfolgen sein werden.

Im Sicherheitsbereich dürfen wir vor allem darauf hinweisen, dass es gelungen ist, den verpflichtenden Bluttest bei Verdacht auf Drogeneinnahme einzuführen.

Wir haben in letzter Zeit speziell auch das neue Jugendprogramm in Angriff genommen, was sehr wichtig ist. Gerade der Jugend sollen für die Zukunft größere Chancen gegeben werden.

Bei den Familienbeihilfen konnten beträchtliche Steigerungen erreicht werden.

Im Bereiche der Finanzmarktaufsicht war es sehr notwendig, endlich einmal Einigkeit und Klarheit zu schaffen, was den Ablauf im Bereich der Kontrollorgane betrifft.

Auch die Gewerbeordnung wurde entstaubt, Hindernisse wurden beseitigt, wodurch es jetzt einen leichteren Zugang zum selbständigen Unternehmertum gibt.

Die Hochwasserentschädigung wurde heute schon mehrmals angesprochen, und ich finde, sie ist ein besonders wichtiger Solidaritätsbeitrag. Abgeordnetem Gaßner, den ich besonders schätze, möchte ich aber doch einen gewissen Populismus nachsagen, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass eine hundertprozentige Wiedergutmachung für diese Schäden geleistet werden kann. Es würde dies auch eine gewisse Ungerechtigkeit bedeuten, denn wo hört man dann eigentlich auf? Wir müssten dann auch zurückgehen in die Jahre davor, in denen genauso Häuser zerstört wurden und ganze Existenzen verloren gegangen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden auch in der Zukunft darüber nachdenken müssen, wie man mit den Bebauungsplänen, für die in erster Linie die Bürgermeister zuständig sind, umgeht, und auch die Landesregierungen wird man nicht aus ihrer Verantwortung für die Raumordnungspläne entlassen können.

Ich glaube, diese Bundesregierung kann ein sehr solides Sozialprogramm vorlegen. Ich möchte dies abschließend dadurch beweisen, dass ich Ihnen zum Vergleich vor Augen führe, welche sozialen Prioritäten der Chef der großen Oppositionspartei, Dr. Gusenbauer, an den Tag legt. Ich darf hiezu das Stenographische Protokoll vom 31. Jänner 2002 wortwörtlich zitieren:

"Kommen wir aber zu den Realitäten, die unser Land nun seit zwei Jahren charakterisieren, und diese Realitäten sind kein besonders guter Ausweis für die schwarz-blaue Bundesregierung. ... – Den Champagner können sich immer weniger Österreicher und Österreicherinnen leisten." – Das sind die Prioritäten, die die Sozialisten setzen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

18.32

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Dr. Feurstein, ich möchte Ihnen vom Rednerpult aus offiziell persönlich alles Gute für Ihre weitere Zukunft wünschen, vor allem aber Gesundheit. Ich denke, das wünscht sich jeder von uns. Ich muss aber auch sagen: Ich sehe der zukünftigen Gesundheitspolitik auch zuversichtlich entgegen, weil ich davon überzeugt bin, dass die künftige Gesundheitspolitik von einer anderen Regierung, nämlich einer sozialdemokratischen Regierung, gestaltet werden wird. (Ruf bei den Freiheitlichen: Eine gefährliche Drohung!) Damit brauchen Sie dann weniger Angst zu haben vor Maßnahmen wie den Ambulanzgebühren, die Sie nun schon zum dritten Mal "reparieren" müssen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln bedauerlicherweise hier einerseits die Bilanz dieser Bundesregierung und auf der anderen Seite zugleich ein Hochwasseropferentschädigungs-Gesetz, das Sie aber unseriöserweise auch wieder mit anderen Maßnahmen verquickt haben. Das Chaos in dieser Bundesregierung setzt sich also offensichtlich vom ersten bis zum letzten Tag fort und findet somit auch in diesen letzten zwei Plenartagen, die sich hier abzeichnen, ein unrühmliches Ende.

Meine Damen und Herren! Sie haben alle Sparmaßnahmen, jeglichen Abbau in der Sozialpolitik damit begründet, dass Sie gesagt haben, Sie bauen die Schulden ab, denn die Österreicherinnen und Österreicher dürfen nicht so stark belastet werden. Was aber ist der Erfolg und was ist die Bilanz dieser Bundesregierung? (Abg. Dr. Pumberger: So viel Redezeit haben Sie gar nicht, dass Sie das alles aufzählen können!)  – Die höchste Abgabenquote aller Zeiten; Schulden und ein Defizit, obwohl Sie eigentlich vorher versprochen haben, ein solches nicht zu haben. Aber im Gegenteil: Sie werden das veranschlagte Budget um 1,7 Milliarden € überschreiten, etwas, das noch keine Bundesregierung seit 1945 zusammengebracht hat! Dieses unrühmliche Ergebnis dürfen Sie sich auf Ihre Fahnen heften.

Meine Damen und Herren! Auch wenn der Herr Bundeskanzler sich heute dessen gerühmt hat, dass das Pensionsalter angehoben wurde: Faktisch haben Sie eine ganze Pensionsform abgeschafft! Faktisch haben Sie im öffentlichen Dienst die gewaltigste Frühpensionierungswelle eingeführt, und zwar ab 55. In Wahrheit haben Sie mehr Menschen in die Arbeitslosigkeit gedrängt denn je.

Und auch das, was Sie als Ihre großen Erfolge verkaufen, dürften nicht so große Erfolge sein. Man nehme als Beispiel nur etwa die "Aktion Fairness", die Angleichung von Arbeitern und Angestellten: Auf der einen Seite haben sich die Arbeitnehmer diese selbst bezahlt, auf der anderen Seite hat es keine Gleichstellung bei den Kündigungsfristen gegeben. Und Sie haben jetzt, im letzten Abdruck, nachdem Sie auch den Entgeltfortzahlungsfonds ausgeräumt haben – beziehungsweise ihn abgeschafft haben, um es richtig zu sagen, Herr Kollege Feurstein –, in dieses so genannte Paket eine Regelung aufgenommen, wonach sich Unternehmer mit weniger als 51 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das, was Sie ihnen auf der einen Seite ersparen, weil sie die Beiträge nicht mehr leisten müssen, teilweise über die Unfallversicherung ersetzen lassen können. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner. ) Über die Unfallversicherung, Herr Dr. Mitterlehner – wo wir seit Jahren über mehr Präventionsmaßnahmen reden, wo wir über mehr betriebliche Gesundheitspolitik reden, wo es uns darum geht, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger gesund arbeiten können! Dafür geben Sie die Mittel nicht her! Aber wenn es darum geht, Unternehmerförderung zu betreiben, dann haben wir auf einmal die Mittel – siehe da! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber es gibt noch weitere unrühmliche Beispiele für die Bilanz dieser Bundesregierung. Herr Bundesminister Haupt war diesbezüglich überhaupt Spitzenreiter mit der "fabelhaften" Einstellung seiner Mitarbeiterin im Ministerium. Da gab es große Diskussionen, und es wurden uns Ungeheuerlichkeiten unterstellt, weil diese Dame ja angeblich Akademikerin sei. Es hat sich alles als Schall und Rauch herausgestellt. Es hat sich herausgestellt, dass nichts davon stimmt, sondern einfach hohe Gehälter gezahlt worden sind, um Ihren Parteifreunden einen Gefallen zu tun.

Auf die Geschichte Gaugg brauche ich nicht näher einzugehen, das ist Ihnen wohl allen noch ein Begriff. Aber ich denke, auch die Bevölkerung wird sich das merken. Zum Fall Gaugg hat der Herr Bundeskanzler, der "Stabilitätsfaktor dieser Regierung", auch nichts gesagt. Er hat dazu genauso geschwiegen wie zu allen anderen skandalösen Vorkommnissen, die es auch personell gegeben hat.

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch auf einen Punkt eingehen. Die Ambulanzgebühren habe ich schon kurz angeschnitten, und genau diese Ambulanzgebühren sind wieder ein Zeichen dafür, wie Sie Politik machen: Sie haben alle Argumente in den Wind geschlagen. Ihnen war es völlig egal, wie es den Menschen geht. Sie haben sich gegenüber diesen Argumenten taub gestellt. Sie sind das erste Mal drübergefahren und haben beschlossen; Sie


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mussten ein zweites Mal beschließen; und Sie müssen heute schon wieder reparieren. – Das ist die Bilanz Ihrer Regierungspolitik, nämlich ein Chaos, ein Drüberfahren, ein Nicht-Hören, um dann schließlich und endlich von höheren Instanzen gezwungen zu werden, eine Änderung vorzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Zum Bericht des Finanzausschusses 1285 der Beilagen bringe ich einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch, Heidrun Silhavy ein, den ich in den Kernpunkten erläutere. Er wird schriftlich verteilt werden.

Der Kernpunkt dieses Antrages ist, dass wir zum Beispiel genau diese Regelung im § 253b, die ich bereits angesprochen habe, so nicht haben wollen und dass es für uns inakzeptabel ist, dass Sie zuerst einen Krankenversicherungsbeitrag für Lehrlinge ab dem 3. Lehrjahr einführen wollten, den Sie nun wieder gestrichen haben. Dafür ist jetzt vorgesehen, dass sich die Unternehmer den UV-Beitrag über die Unfallversicherung finanzieren können. Damit kommt es in diesem Bereich das zweite Mal zu einer Schröpfaktion!

Wir wollen auch eine Änderung im Zusammenhang mit der Lehrlingsausbildungsprämie: Damit es wirklich ein Anreiz ist, Lehrlinge zu beschäftigen, sollen Dienstgeber, die Lehrlinge nach dem 31. Dezember dieses Jahres beschäftigen, diese Prämie bekommen – anstatt dass, wie es in Ihrem Abänderungsantrag vorgesehen ist, überhaupt jeder, der Lehrlinge ausbildet, in Zukunft diese Prämie bekommt. Wo ist da der Anreiz?, frage ich Sie. Es ist wieder etwas, was man offensichtlich der Wirtschaft aus wahltaktischen Gründen zugute kommen lässt (demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Mitterlehner ), wobei die ÖVP sich offensichtlich wieder gegenüber den Freiheitlichen durchgesetzt hat, weil es offensichtlich ganz darum geht, ihre Klientel sozusagen zu beruhigen und vielleicht doch positiv für die Wahl zu stimmen.

Last not least wollen wir eine Investitionsprämie für behindertengerechte Einbauten.

Wie gesagt, unser Antrag wird schriftlich verteilt werden. Sie können ja zeigen, ob Sie lernfähig sind, und diesem Antrag dann zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sie haben heute zurückgeblickt. Viele von Ihnen blicken weit über die Regierungsperiode zurück, weil sie sich vor der Verantwortung drücken, die sie in den letzten zweieinhalb Jahren gehabt haben. – Wir wollen keinen Blick zurück, wir blicken in die Zukunft. Wir setzen moderne, wichtige Prioritäten, Prioritäten für die Menschen, nämlich Arbeit schaffen, Wachstum fördern, moderne Gesundheitsversorgung und für alle sichere Personen, Pensionen gewährleisten. (Abg. Dr. Pumberger: "Personen"?!)

Herr Dr. Pumberger, wenn Sie sich lustig machen, so ist das Ihre Sache. Ich finde, Sie sollten sich da besser in Ihrer eigenen Partei umsehen, falls man sich dort überhaupt noch über etwas lustig machen kann, und Sie sollten sich einmal die Frage stellen, wie ernst Sie eigentlich noch zu nehmen sind.

Meine Damen und Herren! Wir wollen eine ernsthafte Politik betreiben, eine Politik den Menschen zuliebe, die den Menschen in unserer wunderschönen Heimat zugute kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

18.39

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von der Abgeordneten Silhavy eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Verzetnitsch, Silhavy, Genossinnen und Genossen ist ausreichend unterstützt, wurde in seinen Kernpunkten erläutert und steht mit in Verhandlung.

Gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung ist er an alle Abgeordneten verteilt worden und wird auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt.


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Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Verzetnitsch, Heidrun Silhavy und KollegInnen zum Bericht des Finanzausschusses 1285 der Beilagen über die Regierungsvorlage: betreffend Bundesgesetz, mit dem ein Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2002 – HWG 2002 erlassen wird und das Katastrophenfondsgesetz 1996, das Bundesfinanzgesetz 2002, das Umweltförderungsgesetz, das Altlastensanierungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988 und die Bundesabgabenordnung geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

1. Artikel 6 Z 2 bis 5 entfallen.

2. Artikel 7 Z 7b lautet:

"7b. Als § 108f samt Überschrift wird eingefügt.

Lehrlingsausbildungsprämie

§ 108f. (1) Eine Lehrlingsausbildungsprämie kann unter folgenden Voraussetzungen der Abs. 2 bis 4 beansprucht werden:

(2) Einem Steuerpflichtigen, der mit einem Lehrling (§ 1 des Berufsausbildungsgesetzes) ein Lehrverhältnis nach dem 31. Dezember 2001 beginnt, steht zum Ende jedes Lehrjahres eine Lehrlingsausbildungsprämie in der Höhe von 1.000 Euro zu. Bei Absolvierung der Lehrabschlussprüfung vor Vollendung eines vollen Lehrjahres steht die Lehrausbildungsprämie in voller Höhe zu. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die Lehrlingsprämie für Lehrlinge, die in sogenannten Mangelberufen tätig sind, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit nach Anhörung des Verwaltungsrates des Arbeitsmarktservice Österreich durch Verordnung auf bis zu 2.000 Euro zu erhöhen.

(3) Für Lehrjahre, für die ein Lehrlingsfreibetrag gemäß § 124b Z 31 geltend gemacht wird, steht keine Lehrlingsausbildungsprämie zu. Für Lehrlinge im Sinne des § 2 Abs. 4 des land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes und des § 63 des Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetzes gelten die vorstehenden Bestimmungen sinngemäß.

(4) Die Prämie kann nur in einem der Steuererklärung (§§ 42, 43) des betreffenden Jahres angeschlossenen Verzeichnis geltend gemacht werden. Das Verzeichnis gilt als Abgabenerklärung. Die sich aus dem Verzeichnis ergebende Prämie ist auf dem Abgabenkonto gut zu schreiben, es sei denn, es ist ein Bescheid gemäß § 201 zu erlassen. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung des Verzeichnisses zurück. Die Prämie gilt als Abgabe vom Einkommen im Sinne der Bundesabgabenordnung und des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes. Auf die Gutschrift sind jene Bestimmungen der Bundesabgabenordnung anzuwenden, die für wiederkehrend zu erhebende, selbst zu berechnende Abgaben gelten. Die Prämie ist zu Lasten des Aufkommens an veranlagter Einkommensteuer zu berücksichtigen.

(5) Diese Bestimmung gilt bis zum 31.12.2005. Die Auswirkungen dieser Regelung auf das Lehrstellenangebot sind laufend zu evaluieren."

3. Artikel 7 Z 7d lautet:

"7d. Nach § 108i wird folgender § 108j samt Überschrift angefügt:


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Investitionsprämie für behindertengerechte Einbauten

(1) Für bauliche Maßnahmen, die der Erleichterung des Zugangs von behinderten Kunden bzw. behinderten Arbeitnehmern zu Geschäftsräumlichkeiten von Unternehmen dienen, kann eine Prämie in der Höhe in der Höhe von 15 % des Herstellungsaufwandes geltend gemacht werden werden.

(2) § 108c Abs. 3 bis 6 gelten sinngemäß."

4. Artikel 7 Z 7d. erhält die Bezeichnung 7e.

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wenitsch. – Bitte.

18.40

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor man eine Bilanz über die Zeit dieser neuen Bundesregierung zieht, ist es sicherlich wichtig, auch einen Rückblick zu machen. (Abg. Parnigoni: Ja, blicken Sie!) Was war, bitte, im Februar 2000, Kollege Parnigoni, wie hat das damals ausgesehen, wie war die Ausgangslage im Februar 2000?

30 Jahre sozialistische Kanzlerschaft, 30 Jahre sozialistische Finanzminister bescherten Österreich einen sagenhaften Schuldenstand von 2 300 Milliarden Schilling! Trotz des Zinsendienstes dieser Republik in einem Ausmaß von 110 Milliarden Schilling jährlich hat es diese Regierung geschafft, mehr oder weniger eine gewisse Stabilität, was die Finanzpolitik in Österreich betrifft, herbeizuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Sie können nicht lesen!)

Aber trotz der enormen Belastungen, die diese neue Regierung, diese neue Koalition hier in Österreich hat übernehmen müssen, scheute der sozialistische Parteivorsitzende nicht davor zurück, weiter Öl ins Feuer zu gießen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein sagenhaftes Champagner-Frühstück, bei dem Sanktionen für Österreich verhängt wurden, haben dem Wirtschaftsstandort Österreich auf Jahre hinaus schweren Schaden zugefügt! Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Bundesregierung brauchte schon mehr als ein oder zwei Jahre, um diesen Schaden hier in Österreich etwas einzugrenzen und zu minimieren.

Wenn man weiter nachschaut, wie die Bilanz ist, gibt es für mich einige Schwerpunkte. Ein Meilenstein war für mich (Ruf bei den Grünen: Hendl füttern!)  – obwohl gerade die Sozialistische Partei mehr oder weniger 30 Jahre davon gesprochen hat – die Gleichstellung der Angestellten und der Arbeiter (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch ), meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Fata Morgana, der die Sozialistische Partei anscheinend jahrzehntelang trotz sozialistischer Alleinregierungen nachgelaufen ist. Man braucht sich also nicht immer auf den Koalitionspartner auszureden. Sie waren lange genug in einer Alleinregierung und haben diesen für Österreichs Arbeiter wichtigen Schritt nicht gemacht.

Meine Damen und Herren! Ebenfalls ein zentrales Versprechen der Freiheitlichen, nämlich die Einführung des Kindergeldes, wurde von Sozialminister Herbert Haupt umgesetzt. Auch das ist für mich ein Meilenstein, der dieser Regierung in den letzten drei Jahren gelungen ist. (Abg. Dr. Cap: Wir haben doch ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kindergeld für alle – Kindergeld für die Arbeiterin, Kindergeld für die Angestellte, Kindergeld für die Gewerbetreibenden, Kindergeld für die Bäuerinnen, Kindergeld für die Studenten und Kindergeld für die Hausfrauen. Ich frage mich nur, Herr Dr. Cap: Warum haben Sie dieses nicht schon längst verwirklicht? – Niemand hat Sie aufgehalten. Im Nachhinein immer alles besser zu wissen ist leicht. (Abg. Dr. Cap  – in Richtung Freiheitliche deutend –: Warum applaudieren die nicht? – Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Diese Bundesregierung steht für sozialen Frieden in dieser Republik. Wir haben auch Gleichstellung geschaffen: Wir haben die Frauen gleichgestellt, wir machen keine Unterschiede unter den Frauengruppen, und wir machen keinen Unterschied zwischen Arbeitern und Angestellten! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Warum applaudieren nur fünf? Nur fünf haben applaudiert!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich war einer der größten Schritte die "Abfertigung neu", wovon alle Arbeiterinnen und Arbeiter in Zukunft profitieren werden. (Abg. Dr. Cap: Waren Sie auch in Knittelfeld?) Ein ganz gewaltiger Schritt! – Herr Dr. Cap! Anstatt Ihren linken Philosophien nachzulaufen, die sowieso schon lange überholt sind – die 68er-Zeit werden Sie in diesem Jahrhundert wahrscheinlich nicht mehr erleben –, wäre es für Sie vielleicht besser gewesen, hier Sozialpolitik für die Menschen zu machen, Sozialpolitik für Österreich zu machen. Das wäre besser gewesen, anstatt Ihren versponnenen Zielen der 68er ewig nachzuhängen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotz einer mehr als schwierigen Ausgangsposition, die diese Wende-Regierung vorgefunden hat, können wir alles in allem eine positive Bilanz ziehen. Ich möchte auch auf meinen Berufsstand, den Bauernstand in Österreich, noch etwas eingehen. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ein leidgeplagter Berufsstand. Kollege Pirklhuber, das weißt du wohl, nehme ich an, weil du ja auch mehr oder weniger diesem Berufsstand entsprungen bist. Ich möchte sagen, dass hier in Österreich zumindest in den letzten drei Jahren, seit die Freiheitliche Partei in dieser Regierung hat mitsprechen können, einiges geschehen ist. Abgesehen vom Kindergeld für die Bäuerinnen – was ein Meilenstein ist, das habe ich bereits angeschnitten – ist auch Folgendes geschehen: Wir haben versucht, im Wettbewerb die österreichischen Bauern mit den anderen europäischen Bauern gleichzustellen. Es ist nicht leicht gewesen, es waren hier sehr viele Versäumnisse aufzuholen.

Es ist nicht alles gelungen, das gebe ich zu. In der Frage des Agrardiesels ist es – ich sage das mit Wehmut – nicht gelungen, Kollege Pirklhuber, dem Bauernstand diese notwendige Hilfe zu geben. Aber seien wir doch ehrlich: Wenn wir diese 110 Milliarden Schilling an Zinsen jährlich, die diese sozialistischen Vorgängerregierungen angerichtet haben, nicht gehabt hätten (Abg. Mag. Posch: Der Schüssel-Ditz-Kurs!), dann hätte unser Finanzminister einen Finanzspielraum in einer Bandbreite vorgefunden, von der jeder Finanzminister auf der ganzen Welt nur träumen könnte. (Abg. Gaál: Das war der Schüssel-Ditz-Kurs!) Das ist leider nicht gelungen. Sozialistische Vorgängerregierungen haben uns diese Freude nicht vergönnt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Aber trotzdem bin ich zuversichtlich, dass die Österreicherinnen und Österreicher bei der kommenden Wahl die gute Arbeit, die die Freiheitlichen in der Regierung gemeinsam mit der ÖVP geleistet haben, anerkennen werden. Ich sage es Ihnen ganz offen und ehrlich: Ich bin überzeugt davon – und ich fürchte mich vor Wahlen nicht –, wir brauchen uns trotz Ihrer Unkenrufe und obwohl wir sehr viele Medien gegen uns haben, obwohl die ganze linke Reichshälfte gegen die Freiheitlichen ist, vor Wahlen nicht zu fürchten. Wir können den Österreicherinnen und Österreichern erhobenen Hauptes gegenübertreten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.47

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Das war aber nicht ...! – Abg. Dr. Martin Graf: Der Pepi Edler wird auch rausgewählt!)

18.47

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Nur eines zum Kollegen Wenitsch: Sie haben hier von sozialem Frieden gesprochen. Diese Regierung ist sicher nicht dafür gestanden, und noch weniger Ihre Fraktion! Ich würde Sie wirklich bitten, schauen Sie sich in den Spiegel, schauen Sie, dass Sie in den nächsten Wochen Ihre Probleme irgendwie lösen, aber verschonen Sie die Österreicherinnen und Österreicher mit Ihren Konzepten! (Beifall bei den Grünen


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und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Böhacker: Das ist Aufgabe des Reichhold! Nehmen Sie das zur Kenntnis!)

Aber nun zu Ihnen, Herr Bundesminister Molterer! Sie haben heute eine Bilanz vorgelegt, die unter anderem ... (Abg. Dr. Martin Graf: Gerade Sie, der Österreich als "Saustall" bezeichnet hat, brauchen da nichts zu reden!)  – Kollege Graf, Sie wissen, dass Ihr Bundesminister Haupt genau davon sprach, dass dieser Schweinestall Österreich auszumisten ist im Bereich der Tierarzneimittel. Das haben Sie im Dezember 2001 gehört. (Abg. Dr. Martin Graf: Er hat das differenziert gesagt, Sie undifferenziert!) Ich habe ganz genau im Zusammenhang mit dem österreichischen Schweineskandal davon gesprochen, Kollege Graf, Sie wissen es! (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ, Freiheitlichen und Grünen.)

Ich werde jetzt trotzdem auf die Umweltbilanz dieser Bundesregierung eingehen. Der Herr Bundesminister hat heute von Umweltpolitik mit Hausverstand gesprochen, die zum Ziel führt. Herr Bundesminister, das sollten wir uns in Ruhe auf der Zunge zergehen lassen! Da sollten wir einmal prüfen, was wirklich umgesetzt worden ist.

Sie haben am Anfang dieser Regierungsperiode davon gesprochen, dass die Zusammenlegung des Umweltressorts mit der Landwirtschaft wesentliche Synergieeffekte bringt. (Bundesminister Mag. Molterer: Das stimmt!) Herr Bundesminister, wenn man sich die Ergebnisse im Detail anschaut, dann muss ich diese Argumentation als gescheitert bezeichnen!

Wenn wir uns anschauen, was Sie im Bereich der Umweltpolitik, zum Beispiel im Landwirtschaftssektor, gefordert haben und was Sie umgesetzt haben, sehen wir, dass Sie die Umweltverträglichkeitsprüfungsschwellen für Massentierhaltung hinaufgesetzt haben. Das ist eine Tatsache. Sie haben das Wasserrechtsgesetz in Bezug auf die Ausnahmegenehmigungen – die Grenze von 3,5 GVE in diesem Gesetz – nicht geändert. Das ist weit über der GVE-Grenze des österreichischen Umweltprogramms. Sie haben die EU-Nitratrichtlinie erst umgesetzt, als eine Klagsandrohung der EU-Kommission bevorstand. Sie haben kein Abstockungsprogramm für Massentierhaltung in Österreich umgesetzt. (Bundesminister Mag. Molterer: Weil wir sie nicht haben!) Sie haben keine besonderen Akzente im Bereich der Futtermittel gesetzt, zum Beispiel ein Verbot von vorbeugendem Antibiotikaeinsatz in Futtermittelmischungen. Da haben Sie in Österreich keine Maßnahmen durchgeführt, Herr Bundesminister. Das ist das Ergebnis Ihrer Arbeit als Umweltminister im Agrarbereich.

Nur eine Nebenbemerkung: Auch für den Agrardiesel sind Sie gestanden, der ja aus Kyoto-Überlegungen, unter dem Gesichtspunkt von Klimaschutz völlig kontraproduktiv ist, weil dies die nachhaltigen Rohstoffe und die Erzeugung von Biodiesel durch Bauern selbst benachteiligen würde. Sie haben sich auch für die Verbilligung von Betriebsmitteln eingesetzt – ebenfalls ein Faktor, der zu mehr Produktivität, zu mehr Produktion und nicht zu mehr Umwelt führen würde.

Aber ich möchte auch auf einen Sektor eingehen, der auf Grund der Hochwasserkatastrophe sehr aktuell ist, nämlich auf den Bereich der Wasserwirtschaft, insbesondere der Siedlungswasserwirtschaft. Auch hiefür sind Sie seit Jahren zuständig. Wir wissen, inzwischen haben wir einen Anschlussgrad von 85 Prozent, Herr Bundesminister (Bundesminister Mag. Molterer: 86!)  – 86 Prozent, sagen Sie, auch in Ordnung! –, aber immer noch geht das Hauptgewicht der Dotierung in den Kanalbau, in die zentrale Ableitung von Abwässern, die im Falle der Hochwässer massive Probleme verursacht hat.

Herr Bundesminister! Viele, viele Bürgerinnen und Bürger waren durch den Kanal vom Hochwasser betroffen, das Hochwasser kam über den Kanal in ihre Häuser. Das sollten Sie auch einmal bedenken. Seit Jahren fordern wir die Überarbeitung der technischen Richtlinien, um endlich dezentrale Lösungen zu fördern, dezentrale kleinere Anlagen, die den Wasserhaushalt im Gebiet, in der Region belassen und die Abwässer nicht über 50, 60 Kilometer in zentrale Anlagen ableiten. – So weit zum Wasser.

Aber was sind Ihre Erfolge im Bereich der Agrarpolitik? – Herr Bundesminister, das ist sicherlich Ihre alte Kernkompetenz. Da muss ich als Punkt eins konstatieren: Bergbauern-Milliarde – ja,


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das ist ein richtiger Schritt gewesen. Auch die Bäuerinnenkarenz ist sicherlich ein wichtiger Aspekt im Kontext der sozialen Leistungen für die Bauernschaft.

Aber zum Bereich Umweltprogramm, Herr Bundesminister (Bundesminister Mag. Molterer: ... Milliarde mehr!), muss ich Ihnen Folgendes sagen: Im Bereich Umweltprogramm ist die Zielgenauigkeit, von der Sie immer gesprochen haben, nicht erreicht worden. So haben Sie weder die Gentechnikfreiheit als eine Bedingung in das Umweltprogramm integriert, noch haben Sie besonders zielgenau ökologische Maßnahmen prioritär behandelt. In Ihrer Regierungsperiode ist der Biolandbau eindeutig zurückgegangen. Zum Beispiel sind die Grünlandprämien im Biolandbau niedriger als die Ackerprämien, dadurch kam es zu einem massiven Rückgang der biologischen Bewirtschaftung in den Jahren 1999 und 2000. (Bundesminister Mag. Molterer: Und seither steigt es wieder!) Wir haben jetzt wieder eine Zunahme, das weiß ich.

Herr Bundesminister! In vielen Bereichen haben Sie keine konsistente Politik vollzogen. Sie sind irgendwo zwischen Deregulierungsstrategien und Nachhaltigkeitsrhetorik hin und her geschwankt. Auch das ist, glaube ich, verursacht durch diese aus unserer Sicht nicht korrekte und nicht gelungene Kombination von Umwelt und Landwirtschaft. Wir haben das immer wieder kritisiert. (Abg. Zweytick: Wo wart denn ihr in den letzten zweieinhalb Jahren?)

Beispiel Ernährungsagentur. Herr Bundesminister, Sie haben von einer großen Lösung, einer tollen Sache gesprochen. Die Ausgliederung: nein, die Bündelung der Kräfte: ja! Sie kennen unsere Stellungnahme dazu. Wir waren immer für ein Bundesamt, für eine Lebensmittelkontrolle in öffentlich-rechtlicher Hand, die mittelfristig tatsächlich nicht unter dem Einfluss der Industrie stehen wird und die unabhängig bleibt. (Bundesminister Mag. Molterer: Das ist ja das Bundesamt!) Das Bundesamt ist nur eine kleine Facette in ihrem Spiel, aber nicht wirklich die große Lösung.

Beispiel Bundesforste-Deal. Ich erinnere Sie nur daran, dass Sie den Deal "Seen gegen Wald" vollzogen haben. Sie haben am Anfang 2 Milliarden Schilling erlösen wollen, 800 Millionen sind übrig geblieben, indem der Bund an sich selbst Seen verkauft, sie quasi hin und her geschoben hat. Am Ende sind 10 000 Hektar Wald verkauft worden.

Beispiel Forstgesetz. Sie haben dazu beigetragen, dass die Rodungsbewilligung massiv erleichtert wurde, bis zu 1 000 Quadratmetern als Einstiegsangebot an Interessenten und Bodenspekulanten.

Vor allem, Herr Bundesminister: Welche Qualitätsoffensiven haben Sie wirklich durchgezogen? Wo sind Sie erfolgreich gewesen? Im Bereich der Gütesiegel? – Ich sage, die Agrarmarkt Austria ist nach wie vor eine Institution in Ihrem Bereich, die aus unserer Sicht ineffizient und vor allem in der Qualitätsorientierung nicht konsistent agiert. Die Direktvermarkter haben Sie belastet. Auch die österreichische Milch-Lösung – das war Ihr eigener Anspruch, Sie wollten eine österreichische Milch-Lösung erreichen – haben Sie nicht erreicht.

In Ihrer Periode hat sich seit 1995 das Bauernsterben beschleunigt. Jährlich sind es 2,3 Prozent der Bauern, die aufhören, das ist Realität.

Sie wollen auch keine Agrarwende, Herr Bundesminister! Sie haben in den letzten eineinhalb Jahren immer wieder gesagt: Wir wollen keine Agrarwende!, und Sie sind auch gegen den Plan von EU-Kommissar Fischler, der ganz klar die Umweltorientierung der Agrarpolitik voranstellt, der ganz klar Obergrenzen für Förderungen einführen wird (Bundesminister Mag. Molterer: Dafür sind wir auch!) und der auch ganz klar sagt, dass die Gelder der Landwirtschaft nicht verloren gehen, weil sie in der ländlichen Entwicklung eingesetzt werden können. Dazu haben Sie uns bis heute kein Positionspapier vorgelegt. Sie haben sich, im Unterschied zu EU-Kommissar Fischler, keiner Diskussion dazu gestellt. (Abg. Zweytick: Stimmt ja nicht! Ist ja nicht richtig! Im Ausschuss ist darüber diskutiert worden!) Ich glaube, dass es notwendig gewesen wäre, hier ein eigenes Strategiepapier vorzulegen. (Abg. Zweytick: Warum bleiben Sie nicht bei der Wahrheit?)


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Wir Grüne wollen diese Agrarwende im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten und der Bäuerinnen und Bauern. Wir wollen, dass der biologische Landbau eine Vorreiterrolle in der Landwirtschaft einnimmt und dass Österreich im Bereich des Biolandbaus zu einem Weltmarktführer wird. Dafür werden wir in diesem bevorstehenden Wahlkampf kämpfen. (Abg. Auer: Grüne Inkompetenz pur!) Sie werden sehen, die Bürgerinnen und Bürger werden uns Recht geben! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Zweytick: Da musst du irgendwo in der Karibik gewesen sein, da warst du nicht da in den letzten zweieinhalb Jahren!)

18.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

18.56

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die nun scheidende Bundesregierung hat gerade im Gesundheits- und Sozialbereich hervorragende Leistungen vollbracht. Ich möchte bei der Gelegenheit auch meinen Dank an den Sozialsprecher der ÖVP richten, der wirklich eine sehr gute Zusammenarbeit innerhalb der Koalition ermöglicht hat und der immer auch mit der Opposition – als wir noch in Opposition waren, aber auch, seit die SPÖ in Opposition war und ist – eine Gesprächsbasis gesucht und oft auch gefunden hat. Herzlichen Dank, lieber Herr Kollege, und alles Gute für Ihren politischen Ruhestand! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine Rednerin nach mir wird die Frau Familien- und Frauenministerin außer Dienst Prammer sein. Wer an die Ära Prammer zurückdenkt und scharf nachdenkt (Abg. Parnigoni: Eine erfolgreiche Zeit!), wird trotzdem keinen Erfolg auffinden, denn bei dem Namen Prammer und bei Familien- und Frauenpolitik wird man nichts finden, was da gemeinsam ist. Aber wenn Sie, Frau Prammer, Familienpolitik, Frauenpolitik und Sozialpolitik mit dem Namen Haupt verbinden, dann fallen sogar Ihnen viele Sachen ein. Zum Beispiel ist die Erhöhung der Familienbeihilfe eine Sache, die Haupt gemacht hat. Bei Prammer jedoch fällt mir nichts ein. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Fällt mir einiges ein!)

Die Familienhospizkarenz ist eine Leistung dieser Regierung; bei Prammer fällt mir auch dazu nichts ein. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Familienhospizkarenz ist wirklich eine hervorragende Leistung. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir ermöglichen den Damen, den Frauen, den Müttern, den Pflegenden, bei todkranken Menschen zu Hause zu bleiben, ohne dass sie gekündigt werden, bei voller sozialer Absicherung. (Abg. Dr. Jarolim: ... an Haupt denken! Da fällt uns gleich was ein!) Die SPÖ war 30 Jahre federführend in der Sozialpolitik; bei Prammer fällt mir nichts mehr ein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben auch in der Drogenpolitik – was gerade für die Familien und für unsere Jugend wichtig ist – eine schärfere Gangart eingeführt. Wir haben härtere Strafen für Drogendealer eingeführt, bis zu Lebenslang bei wirklich schweren Vergehen. Die Drogenbekämpfung unter Prammer ist nicht in die Geschichte eingegangen. (Abg. Mag. Schender: Drogenliberalisierung wollen sie! Das ist wahr!)

Wir haben das Kinderbetreuungsgeld eingeführt, 436 € pro Monat. Das ist wirklich eine hervorragende Sache, niemand in der Republik bestreitet das! Prammer hat diese Schritte nicht gesetzt.

Wir haben das Pflegegeld insofern verbessert, als es das Pflegegeld jetzt ab der Geburt gibt. Frau Prammer hat das nicht gemacht. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich könnte diese Liste noch und noch fortsetzen. Sozialpolitik, Familienpolitik, Seniorenpolitik, Jugendpolitik, Drogenpolitik – das ist eine Politik, die die Handschrift dieser Koalitionsregierung trägt und in die Geschichte eingehen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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115. Sitzung / Seite 165

Zu guter Letzt reparieren wir heute, weil es noch einer Verbesserung bedarf, auch die Ambulanzgebühren-Regelung. Ich sage, wenn wir keinen Schuldenberg hinterlassen bekommen hätten und wenn auch wir den Weg der Beitragserhöhungen bei den Krankenkassen beschritten hätten, dann wäre die Ambulanzgebühr wahrscheinlich nicht notwendig gewesen. Wir haben aber keine einzige Beitragserhöhung durchgeführt – was die SPÖ in laufender Serie gemacht hat! (Abg. Dr. Mertel: Fünfzig!)

Wir haben die Ambulanzgebühr so eingeführt, dass sie sozial Schwache nicht trifft. Die SPÖ hat ohne Härteklausel und ohne Ausnahmen eine Ambulanzgebühr für zwei Millionen Österreicher immer schon gehabt, das muss man auch einmal sagen. (Abg. Dr. Mertel: Da hat der Verfassungsgerichtshof ...!) Unsere Ambulanzgebühr hat alle Menschen ausgenommen, die sozial bedürftig sind, und nicht nur aus finanziellen Gründen. Wir haben auch Ausnahmen geschaffen, die aus Krankheitsgründen gelten. Menschen, die eine schwere, oft todbringende Krankheit haben, Menschen, die Dialysepatienten sind, Menschen, die Chemotherapien unterzogen werden – jene Menschen haben wir auch ausgenommen!

Jetzt machen wir noch eine weitere Verbesserung insofern, als all jene, die in der unmittelbaren Umgebung keinen Facharzt haben und wirklich in die Ambulanz gehen müssen, weil sie keine andere Möglichkeit haben, von der Ambulanzgebühr befreit sind. Auch all jene, die im Zuge eines Ambulanzbesuches unmittelbar nachher oder später einmal im Rahmen dieser Erkrankung, die sie in die Ambulanz geführt hat, stationär aufgenommen werden, brauchen keine Ambulanzgebühr zu bezahlen. So haben wir noch viele Erleichterungen drinnen. Übrig bleibt bei dieser Ambulanzgebühr jetzt wirklich rein der Lenkungseffekt. Es ist keine Geldeintreibungsmaßnahme, sondern ein reiner Lenkungseffekt, der auch schon nachgewiesen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieser Lenkungseffekt ist schon eingetreten. Wir haben wesentlich kürzere Wartezeiten in der Großstadt Wien zum Beispiel im AKH. Wir haben für jene Patienten, die wirklich die Ambulanz brauchen, kürzere Wartezeiten. Die Dienst habenden Ärzte können jetzt mehr Zeit für die Patienten aufwenden, die wirklich die Spitalsambulanz brauchen, weil unnötige Fälle, die bei gleicher Qualität, aber mit geringeren Kosten im niedergelassenen Bereich behandelt werden können, jetzt nicht mehr in die Ambulanz gehen, da sie sich die Ambulanzgebühr ersparen wollen. Das ist auch der Sinn und Zweck dieser Gebühr gewesen. Darum halte ich fest, dass die Ambulanzgebühr nur noch eine Lenkungsmaßnahme ist und für alle anderen eine Gebühr darstellt, die für sie gar nicht zutrifft. (Beifall des Abg. Mag. Schender. )

In diesem Sinne bin ich sehr froh, dass wir diese Regulierung heute noch beschließen. Es soll für die Patienten in Zukunft hoffentlich – ganz gleich, wie nach dieser Wahl die Konstellation aussehen wird – zu keinen Belastungen in Form von Beitragserhöhungen kommen, wie sie die SPÖ schon wieder plant. Die Patienten können mit dieser Struktur, die sie von uns vorfinden, ausreichend behandelt werden und hoch qualitativ behandelt werden. Wir sind weiterhin an der Weltspitze, was die Gesundheitsleistungen betrifft. So soll es bleiben, auch wenn die SPÖ nach dieser Regierung – hoffentlich nicht! – an die Regierung kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer. – Bitte. (Abg. Parnigoni: Pum-Pum-Pumberger!)

19.03

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Abgeordneter Pumberger, ich bedanke mich herzlich für das Lob, das Sie mir hier ausgesprochen haben. Ja, es ist wahr, ich wäre nie und nimmer für eine derart unsoziale Frauen- und Familienpolitik gestanden! Das bin ich in der Vergangenheit nicht, das tue ich jetzt nicht, und das werde ich auch in Zukunft nicht tun. Danke, dass Sie mir das hier dermaßen und dementsprechend bestätigt haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Regierung hat zweieinhalb Jahre lang bewiesen, dass sie keinen Wert auf Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen legt. Frauenpolitik ist durch zweieinhalb Jahre – und


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heute haben wir es wieder ganz, ganz deutlich gesehen – zum Randthema in der Politik verkommen. Alles, was gemacht wurde, ist, Frauen in zwei Gruppen zu teilen: in die bösen und die guten. Aber nicht einmal diejenigen, die Sie für die guten halten, nämlich diejenigen, die ohne Eigenständigkeit, ohne Berufstätigkeit und ohne die Möglichkeit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie dastehen, haben Sie unterstützt, auch diese haben Sie im Regen stehen lassen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frauen werden es Ihnen nicht vergessen. Die Liste ist lang, und ich kann hier unmöglich alles erwähnen, was Sie in diesen zweieinhalb Jahren gegen die Frauen gemacht haben. Nur ein paar Beispiele: Ich erinnere an die Pensionsreform, an die Anhebung des Antrittsalters. Da läuft noch ein Verfahren beim Verfassungsgerichtshof, da haben Sie – und ich bin mir ganz sicher – Verfassungsgesetze gebrochen. Wir haben den Frauen zugesichert, dass bis zum Jahr 2019 keine Anhebung stattfinden wird. Sie haben das gemacht, obwohl die Frauen darauf vertraut haben, dass hier in den nächsten Jahren keine Einschränkungen für sie kommen werden.

Zweitens: Sie haben die Hinterbliebenenpensionen gekürzt, ohne dass Sie parallel dazu eine eigenständige Alterssicherung geschaffen hätten. Das werden ganz besonders die berufstätigen Frauen spüren, die in Pension gehen und die in Pension gehen wollen, und sie spüren es auch schon unmittelbar.

Sie haben auch ein Schummelpaket beim Kindergeld gemacht. Sie behaupten, dass es da plötzlich wesentlich bessere Regelungen im Zusammenhang mit den Pensionen gibt. Ja wo denn? – Sie haben nicht einen Schilling, nicht einen Euro zusätzlich zu den Kindererziehungszeiten in Anrechnung gebracht! Das wäre notwendig gewesen! Das ist nicht unter Ihrer Regierung geschehen, sondern das haben wir schon vorher gemacht, als wir noch mit Verantwortung getragen haben.

Ein weiterer Punkt ist mir ganz besonders wichtig, weil er deutlich zum Ausdruck bringt, wie Sie die Frauen sehen und wie Sie die Menschen sehen. Es geht um die Streichung der beitragsfreien Mitversicherung in der Krankenversicherung. Das ist ein unglaublicher Affront den Menschen gegenüber, ich habe das schon mehrfach auch hier im Parlament gesagt. Ich erinnere Sie noch einmal an jenen 70-jährigen Mann und jene 75-jährige Frau, die ich hier schon einmal geschildert habe und die sagen: Wieso werden wir nur deswegen bestraft, weil wir nicht in der Lage waren, selbst Kinder zu bekommen? Sie strafen jene und meinen, gerecht zu sein, aber das ist ein großer Irrtum! Die Rechnung wird ohnedies schnell und bald präsentiert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch in der Bildungspolitik gäbe es eine sehr lange Liste: davon, dass Sie den Frauen in den Universitäten den Aufstieg abgeschnitten haben, davon, dass durch die Studiengebühren Frauen und Mädchen wesentlich schwerer zum Studieren kommen werden, und vieles andere mehr.

Ich erinnere an die Einführung einer so genannten gemeinsamen Obsorge, wovon die ersten Opfer – ich kann es nicht anders nennen – bereits existieren, weil Frauen plötzlich vor der Situation stehen, durch dieses Gesetz derart unter Druck zu kommen, dass sie entweder auf den Unterhalt oder auf diese so genannte gemeinsame Obsorge oder alleinige Obsorge verzichten. Damit ziehen sie wieder einmal den Kürzeren. Da ist es ganz besonders dramatisch, weil hier die Leidtragenden noch dazu zuallererst die Kinder sind, meine Damen und Herren!

Sie haben den Frauenprojekten den Boden unter den Füßen weggezogen. Auch hier haben Sie ganz klar unterschieden, wer die für Sie so genannten Guten und die für Sie so genannten Bösen sind. Denjenigen, die kritisch sind, die fortschrittlich sind und die die Rechte der Frauen einfordern, haben Sie den Boden entzogen, denen haben Sie das Geld weggenommen. Auch das ist eine Realität, auch dafür werden Sie die Rechnung präsentiert bekommen.

Es ist so vieles nicht geschehen und liegen geblieben. Es müsste schon dringend eine Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes im Parlament beschlossen sein. Hier sind wir säumig bei der


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Anpassung an EU-Recht, nicht einmal das europäische Recht hat hier Eingang gefunden. Sie waren nicht in der Lage, ein entsprechendes Gesetz vorzulegen. Sie haben eine ganz winzige Novelle gemacht, damit Sie einer freiheitlichen Frau einen Posten als Vorsitzende einer Gleichbehandlungskommission zukommen lassen können.

Meine Damen und Herren! Das alles – das werden wir den Frauen in Österreich versichern – werden wir korrigieren, wo es zu korrigieren gilt. Wir werden dort ansetzen, wo Frauen Unterstützung wollen und dringend Unterstützung brauchen, um auf Eigenständigkeit, auf Berufstätigkeit setzen zu können und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie leben zu können.

Wir brauchen Kinderbetreuungseinrichtungen, und zwar sehr schnell. Die Kinderbetreuungseinrichtungen sind der Schlüssel zur Berufstätigkeit, der Schlüssel zur Eigenständigkeit. Sie haben diesem Bereich zweimal 600 Millionen Schilling weggenommen. Wir hatten in zwei Jahren immerhin 30 000 Betreuungsplätze geschaffen. Rechnen Sie das hoch, wenn Sie in diesen zweieinhalb Jahren das Geld nicht gestrichen hätten, wie viele Betreuungsplätze es in der Zwischenzeit schon wieder geben würde, wie viele Frauen schon wieder berufstätig sein könnten und wie viel weniger an Arbeitslosigkeit bei den Frauen gerade dadurch existieren würde. Unabhängig davon bedeutet ja die Schaffung von Betreuungsplätzen gleichzeitig auch die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Wir wollen und fordern eine Qualifizierungsoffensive für Frauen. Frauen brauchen eine zweite Chance. Gerade jetzt in Zeiten der steigenden Arbeitslosigkeit müssen wir auf eines ganz besonders aufpassen: nicht auf die Frauen zu vergessen. Sie werden schon wieder die "Reservearmee". Sie werden schon wieder zurückgedrängt. Sie werden schon wieder in den Graubereich abgeschoben, hinaus aus der Statistik und vor allen Dingen hinaus aus den Fördersystemen. Das können wir uns in diesem Österreich nicht leisten. Wir brauchen jede einzelne Frau, jeden einzelnen Mann als Erwerbstätige, denn damit ist unser Solidarsystem gesichert – und nur so, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. )

Das heißt, die große Herausforderung der Zukunft wird es sein, wie wir es schaffen, jungen Frauen die Möglichkeit zu geben, in Berufsfelder vorzudringen, in denen sie bislang nicht so sehr beheimatet sind, und, wenn sie nach der Familienphase in den Beruf zurückkehren wollen, ihre Eigenständigkeit, ihre neue berufliche Orientierung zu finden. Gute, neue Qualifizierung muss uns auch etwas wert sein, denn damit investieren wir in die Zukunft, damit investieren wir in ein gutes und sicheres Österreich.

Diese Chancen brauchen die Frauen, und diese Chancen kriegen sie ganz sicher nicht mit Schwarz-Blau, diese Chancen kriegen sie mit der SPÖ, mit Alfred Gusenbauer. (Beifall bei der SPÖ.)

19.11

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte. (Abg. Mag. Schweitzer: Was kriegen wir mit Gusenbauer? – Abg. Böhacker: Neue Schulden! – Abg. Mag. Schweitzer: Ich habe Sie nicht verstanden! – Abg. Mag. Prammer: Da hätten Sie besser aufpassen müssen!)

19.12

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Eine langjährige Forderung meiner Fraktion und ein lang gehegter Wunsch meinerseits geht heute mit der Änderung des Einkommensteuergesetzes in Erfüllung. Österreich ist Kulturland. Kultur und Kunst sind Teil unserer österreichischen Identität, und Kunstsponsoring ist das Antriebsmittel schlechthin für eine floride Kunstszene.

Es war uns immer wichtig, Kunst nicht nur für einen elitären Zirkel, sondern für jedermann zugänglich zu machen. Wenn dieser Jedermann nun aktiv Kunst sammelt, dann ist er – vor allem, wenn er dazu noch mehr motiviert wird – naturgemäß auch wesentlich mehr damit identifiziert. Mit der Änderung dieses Einkommensteuergesetzes ist es nun zum ersten Mal wirklich möglich, nicht nur Spenden, die man an öffentliche Museen gibt, steuerlich geltend zu machen, sondern


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115. Sitzung / Seite 168

auch Spenden an private Museen steuerlich geltend machen zu können. Voraussetzung dafür ist – und das ist ganz wichtig –, dass die Qualitätskriterien für öffentliche Museen die gleichen sind wie für private. Um dies zu gewährleisten, muss ein Einvernehmen zwischen dem Bundesministerium für Kultur, Wissenschaft und Forschung und dem Bundesministerium für Finanzen hergestellt werden.

Meine Damen und Herren! Das ist ein kleiner, aber sehr wichtiger Schritt dieser Bundesregierung für eine weitere Form des Kunstsponsorings, und es ist ein wichtiger Schritt für die Förderung unseres Kulturlandes Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.13

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

19.14

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Hohes Haus! Wenn ich die Vorgänge und die Äußerungen, die in den letzten Stunden gefallen sind, registriere und Revue passieren lasse, dann fällt mir nur ein Wort ein: teilweise Persönlichkeitsspaltung. Es ist auch möglich, dass es an mir liegt, aber es ist verwunderlich, was geäußert wird und was getan wird. (Abg. Dr. Pumberger: Herr Präsident! Das geht doch nicht! "Persönlichkeitsspaltung" bedeutet nichts anderes als Schizophrenie!)

Ich kann nur eines feststellen: Statt Bescheidenheit und Besinnung angesichts des Desasters der Schüssel-Haider-Politik erfahren wir von Herrn Bundeskanzler Schüssel, dass er diese Regierung mit dieser FPÖ/ÖVP-Politik auch in Zukunft weiterwursteln lassen will. (Abg. Böhacker: Zum Wohle Österreichs!) Und das, meine Damen und Herren, ist für die Menschen in Österreich Besorgnis erregend.

Herr Kollege Feurstein! Ich wünsche Ihnen persönlich auch alles Gute ad multos annos, aber Ihre Einschätzung ist falsch. Das war kein mutiger Schritt von Bundeskanzler Schüssel, es war ein leichtfertiger Schritt, eine Koalition mit der Freiheitlichen Partei einzugehen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Und wenn Sie dann noch die Beurteilung abgeben, die Schulden wurden abgebaut, so ist auch das falsch. 8 Milliarden € an Schulden sind mehr vorhanden, und wenn Sie sich das Paket anschauen, das heute noch zusätzlich beschlossen wird, dann ist klar, dass die Schulden ins Unermessliche wachsen.

Wenn ich zudem feststelle, wie sich das Klima verändert hat und dass sich ein Klubobmann Khol nicht zu schade ist und sich nicht zu niveaulos vorkommt, mir in den Couloirs halblaut gehässige Bemerkungen hinzuwerfen, dann fällt mir nur die Amanda Klachl in der "Kleinen Zeitung" ein, die sagt: "Seit Khol gesagt hat, dass die Regierung durch die Wüste marschiert, sehe ich den Begriff ,Karawane des Grauens‘ ganz anders." – Ich lasse Ihnen das gerne zukommen, Herr Khol.

Heute werden Notprogramme beschlossen, doch diese Notprogramme sind eigentlich Wahlversprechen, Wahlzuckerln, um die tiefen Einschnitte abzuschwächen, die in den letzten zweieinhalb Jahren ins soziale Netz gemacht wurden. Aber ich möchte nicht alles in Grund und Boden kritisieren, was die Regierung gemacht hat (Abg. Böhacker: Bisher haben Sie nichts anderes gemacht!), doch es ist offensichtlich, dass nur dann etwas weitergebracht worden ist, wenn die Regierung die Opposition eingebunden hat, wenn sie auf deren Anregungen und Konzepte Rücksicht genommen und sie aufgenommen hat. Das trifft zum Beispiel bei der Familienhospizkarenz zu, wobei Sie dort – das möchte ich schon anmerken – nur einen halben Schritt gemacht haben.

In der Bilanz, die der Kanzler heute gezogen hat, hat die Familienpolitik eine wichtige Rolle gespielt. Er hat von den Familienparteien gesprochen. Aber Sie sind von einer guten Basis ausgegangen, denn im internationalen Vergleich war Österreich in der Familienpolitik immer an der Spitze – dank demokratischer Bundeskanzler, dank demokratischer Finanzminister. (Abg. Dr. Stummvoll: Dank der ÖVP!) Ich weiß nicht, ob die ÖVP dabei war, denn in Ihren Wortmeldungen tun Sie ja so, als ob Sie seit 1986 nicht mit in der Regierung gewesen wären. Wir


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haben ein hohes Geldleistungsniveau – das sagen alle Experten –, aber ein niedriges Dienstleistungsniveau. Und das ist das Stichwort. Ich zitiere Gumpinger. Er steht, glaube ich, der ÖVP sehr nahe und ist der Präsident des Österreichischen Familienbundes. Er sagte am 18. September: "Mindestens 100 000 Kinderbetreuungsplätze für Kinder von sechs bis 15 Jahren fehlen in Österreich", und so weiter und so fort.

Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung gesagt – natürlich wohltönender als ich –:

"Natürlich weiß ich, dass Geld allein nicht ausreicht ..., ein Kind zu erziehen. Es müssen auch die vielfältigsten Angebote für die Kinderbetreuung zur Verfügung stehen." Und dazu werde die Bundesregierung ihren Beitrag leisten. – Das hat der Bundeskanzler hier vor dem Nationalrat gesagt. – Aber wie alles galt auch das in dem Augenblick, in dem er es sagte, fast schon nicht mehr. Denn was hat die Regierung gemacht, als sie angetreten ist? Sie hat die Kindergarten-Milliarde gestrichen. Und was machen Sie, obwohl Sie wissen, dass 100 000 Betreuungsplätze für Kinder fehlen? Sie wollen Kampfflugzeuge kaufen, anstatt in die Zukunft unseres Landes und in die Kinder zu investieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein Punkt, ein weiteres Beispiel, wie Sie die Interessen der Familien unterlaufen und was Sie mit dem Geld machen, das für Familien bestimmt ist, ist der Familientopf, der Familienlastenausgleichsfonds. Ich lese im "Kurier" vom 17. September 2002: "Der Familientopf rutscht ins Minus." Untertitel: "Vor allem durch das Kindergeld werden im Jahr 2004 Schulden gemacht."

Die vorläufige Prognose für das Jahr 2003 lautet: Der FLAF wird im Plus sein. 2003! Schauen Sie einmal genauer hin, dann werden Sie feststellen, dass bereits heute der so genannte Reservefonds, also das Familiensilber, für die Bezahlung des Kindergeldes herangezogen wird. 2004 sind die Reserven bereits verbraucht, und rund 38 Millionen € fehlen. Das heißt, Sie machen Familienpolitik auf Pump.

Sie von der ÖVP haben nichts gelernt aus Zeiten, als der FLAF defizitär war. Die ÖVP war dabei, als der FLAF defizitär war und wir Leistungen zurücknehmen mussten. Es waren nämlich ÖVP-Familienminister und -ministerinnen, die das getan haben, tun mussten, und trotzdem haben Sie nichts dazugelernt. Wir von der SPÖ haben etwas daraus gelernt. Wir sind daher nur bereit, jene Maßnahmen zu setzen, die auch leistbar sind.

Der Refrain Ihres Eigenlobes ist das schon erwähnte Kinderbetreuungsgeld, das Sie eingeführt haben. Das sagte der Herr Morak heute in der Aktuellen Stunde, die Frau Haller, der Herr Bundeskanzler. In jedem Interview kommt dieses Wort vor: Kinderbetreuungsgeld. Ich sage gleich vorweg, denn ich bin ja nicht blind gegenüber den gesellschaftlichen Realitäten: Natürlich gibt es einige Gruppen, für die das Kinderbetreuungsgeld Verbesserungen gebracht hat, selbstverständlich für Hausfrauen, für Bäuerinnen, für geringfügig Beschäftigte und so weiter und so fort (Abg. Haller: Was ist daran falsch?), aber es gibt auch eklatante Nachteile, und die muss man aufzeigen. Es gibt vor allem Nachteile für die große Gruppe der berufstätigen Frauen (Abg. Haller: Na geh!), und auf diese schwerwiegenden Mängel möchte ich aufmerksam machen. (Abg. Dr. Ofner: Sie werden es eh wieder abschaffen!)

Herr Minister Reichhold hat heute gesagt, das Kinderbetreuungsgeld ist ein Armutsbekämpfungsmittel, es dient der Armutsbekämpfung. Im Gegenteil! Mehrkinderfamilien haben ein Minus zu verzeichnen! Eine Familie mit drei Kindern verliert im ersten Jahr 386 € im Vergleich zur Karenzregelung. Das Kinderbetreuungsgeld ist nicht existenzsichernd. Vor allem Alleinerzieherinnen können nicht davon leben. Es ist auch keine Motivation für Väter, sich der Familienarbeit und der Kinderbetreuung zu widmen (Abg. Dr. Ofner: Sie werden es wieder abschaffen! Im Nu werden Sie es wieder abschaffen!), vielmehr haben Väter – und das wird auch erst bewusst werden – gar keinen Anspruch auf Karenzurlaub und keinen Kündigungsschutz, wenn sie sich nach dem zweiten Geburtstag des Kindes der Kinderarbeit widmen wollten. Überdies gilt der Kündigungsschutz nach zwei Jahren nicht mehr. Wegen dieser Nichtübereinstimmung der Geldleistung, also des Kinderbetreuungsgeldes, und der arbeitsrechtlichen Bestimmungen


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115. Sitzung / Seite 170

herrscht auch größte Verwirrung, da nämlich der Kündigungsschutz nur zwei Jahre besteht. Die Frauen kommen in den letzten Monaten immer häufiger darauf, in welche Fallstricke sie sich mit diesem Gesetz verwickeln können.

Meine Damen und Herren von der FPÖ/ÖVP-Koalition! Sie hinterlassen enorme Belastungen für die Bevölkerung und ein politisches Chaos. 200 000 Menschen sind arbeitslos. Mehr als 30 000 Jugendliche stehen ohne Job da, dreißigmal haben Sie die Steuern erhöht. Das angepeilte Nulldefizit haben Sie nicht erreicht. Ein hoher Schuldenstand wird hinterlassen, und den Familienfonds haben Sie bis zum letzten Cent ausgeräumt. Eine "schöne" Bilanz! Die Wählerinnen und Wähler werden das zu würdigen wissen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

19.23

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Bundesminister! Damit es Ihnen vielleicht noch ein wenig unangenehmer wird, wiederhole ich auch einiges, ziehe ich auch Bilanz. (Abg. Dr. Ofner: Um die Tageszeit kann es nicht mehr unangenehm werden, höchstens fad!) Das kann nicht fad werden, Herr Abgeordneter Ofner. Hören Sie mir zu! (Abg. Dr. Ofner: Um die Tageszeit ist alles schon gesagt!)

Richtig. Sie haben 174 Gesetze – viele gemeinsam mit uns – beschlossen. 70 Gesetze haben Sie ganz alleine beschlossen, und viele von den 70 Gesetzen sind einfach so, dass sie für die Menschen Belastungen darstellen. (Abg. Böhacker: Jetzt wird es langweilig, denn das ist heute schon dreimal gesagt worden!) Und wieder betrifft es den Gesundheitsbereich, wieder den Bildungsbereich und wieder die Bildungspolitik, um nur drei wichtige Bereiche zu nennen. Ich beziehe mich in meinem Redebeitrag jetzt auf die Sicht der Kinder und Jugendlichen, weil ich Kinder- und Jugendsprecherin bin. Vielleicht wird es dann nicht so fad, vielleicht wollen Sie mir dann doch zuhören. (Abg. Böhacker: Wie viele Kinder haben Sie denn?)

Lassen Sie mich nur einige Beispiele herausgreifen, etwa – Frau Kollegin Prammer hat es bereits angedeutet – die gemeinsame Obsorge in Bezug auf die Frauen, wo es schon Opfer gibt. Haben Sie sich auch je die Frage gestellt, wie es, wenn sich zwei streiten, dem Dritten geht, wie es dem Kind dabei geht, wenn sich zwei nicht auf gemeinsame Obsorge einigen können, wie der Spielball dazwischen, nämlich das Kind, sich fühlen muss, wenn ständig Kränkungen und Interessenkonflikte da sind?

Oder haben Sie sich je gefragt, was Ihr Ersatzparagraph 207b für den Gott sei Dank abgeschafften § 209 StGB an Diskriminierungen für junge homosexuelle und heterosexuelle Liebespaare bringen kann? Sie haben sich das sicher nicht gefragt. Sie schützen den Schutz vor, kriminalisieren aber in Wahrheit!

Oder ein anderes Beispiel: Haben Sie sich je gefragt, was die Schließung des Jugendgerichtshofes für einige junge Menschen, die in diesem Land auf die schiefe Bahn geraten sind, an Verschlechterungen bedeutet hätte? Vielleicht haben wir jetzt die Chance, dass diese Schließung nicht durchgezogen wird, weil wir ja Neuwahlen haben. Das ist ein Glück.

Oder haben Sie sich je gefragt, meine Damen und Herren, was Ihre beschlossenen Verhaltensvereinbarungen schon an negativen Auswirkungen für Schülerinnen und Schüler, an Repressionen für Schülerinnen und Schüler mit sich gebracht haben? Auch hier kennen wir eine Reihe von wirklich negativen Beispielen, für die Sie sich schämen sollten.

Oder haben Sie sich je gefragt – jetzt komme ich zum Kernpunkt; man kann das gar nicht oft genug wiederholen, so wichtig ist es –, ob Sie für die fast 33 000 jungen Menschen, die ohne Arbeitsplatz dastehen, die Verantwortung übernehmen wollen? Sie haben sie nämlich nicht übernommen. Und das ist wirklich eine Bilanz, meine Damen und Herren, die sich nicht sehen lassen kann. Bei den jungen Menschen zwischen 15 und 25 Jahren sind es 33 000 an der Zahl, die ohne Job dastehen. Für diese Gruppe haben Sie notwendige Gesetze entweder gar nicht


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115. Sitzung / Seite 171

beschlossen, Sie haben notwendige Gesetze liegen gelassen, oder Sie haben, wissend, dass in gewissen Bereichen die Situation eskalieren wird, nichts unternommen.

Es waren fast null Maßnahmen zu einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, die Sie im Vorjahr gesetzt haben. Das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz wurde viel zu spät und mit viel zu geringen Mitteln beschlossen. Aber jetzt plötzlich, da der Herr Bundeskanzler um seinen eigenen Job bangt, meine Damen und Herren, jetzt plötzlich interessieren er und der Rest der Bundesregierung sich für die Jobs der Menschen. Herr Bundesminister Bartenstein – er war heute kurz da – hat vor zwei Jahren schon jedem Jugendlichen einen Ausbildungsplatz garantiert. Es ist nichts davon übrig geblieben. 33 000 junge Menschen ohne Job sind die Bilanz. Diese Garantie war nichts wert. Gerade heute hat er wieder formuliert, sein Ziel sei es, Arbeit zu schaffen. Aber das Ziel ist verfehlt! Es sind sehr viele junge Leute ohne Arbeit, obwohl Sie genug Möglichkeiten gehabt hätten, Ihre Verantwortung für eine Arbeitsmarktpolitik für alle Menschen in diesem Land wahrzunehmen.

Nicht nur wir Sozialdemokraten, auch die Sozialpartner weisen seit zwei Jahren auf diese Situation hin, besonders auf die steigende Jugendarbeitslosigkeit. Abgesehen davon, dass es auch eine Bürgerinitiative im Parlament gibt, ist einfach nichts passiert. Erfolgreiche Stiftungen wurden abgeschafft, die Milliarden aus der Arbeitslosenversicherung wurden abgeschöpft für den Mediengag "Nulldefizit", das es ohnehin nicht gibt. Plus 8 Milliarden € neue Schulden, meine Damen und Herren!

Wir können dem ein Zehn-Punkte-Programm für Lehrlingsbeschäftigung entgegensetzen. Sie sollten es studieren, Sie sollten sich dieses Programm anschauen. Wir haben darin kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen vorgesehen, die wirklich faire Chancen für alle Menschen, vor allem die jungen in diesem Land bieten. (Beifall bei der SPÖ.)

19.27

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

19.28

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte vorerst zum Problem des Hochwassers kurz Stellung nehmen. Ich komme aus dem Waldviertel, aus Gmünd. Bei uns hat es sehr, sehr schlimme Situationen gegeben. Gerade meine Stadt ist massiv betroffen gewesen, und ich möchte sagen, dass die Bevölkerung, die Blaulichtorganisationen, das Bundesheer, die Exekutive wirklich eine gute Zusammenarbeit gepflogen haben, dass ein hervorragender Einsatz da war. Man konnte den Menschen wirklich in der ersten Stunde helfen.

Ich selbst war persönlich mit meinem Haus nicht davon betroffen, und ich bin daher etwas verwundert, dass ich nunmehr einen Brief des Herrn Bundeskanzlers bekommen habe, der mir schreibt, was für eine Katastrophe meine Gemeinde heimgesucht hat, und mich dann auffordert, sollte ich noch nicht um finanzielle Hilfe angesucht haben, dann möge ich mich dort- oder dahin wenden.

Ich habe weiters einen Prospekt bekommen, in dem mir die ganze schlimme Situation von der Bundesregierung noch einmal vor Augen geführt wird. (Abg. Großruck: Hervorragend ist das! So etwas hat es schon lange nicht mehr gegeben!) Und das, meine Damen und Herren, halte ich wirklich für einen bösen Versuch, diese wirklich schwere Hochwasserkatastrophe für einen Propagandazug zu missbrauchen. Das, meine Damen und Herren, ist wirklich eine Angelegenheit, die man nur verurteilen kann. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Staatssekretär Morak. )

Vor allem, Herr Staatssekretär, ist es ja so, dass sowieso in jeden dieser Haushalte die Gemeindevertretung, die Schadenskommission kommt und alles ganz genau aufnimmt. Daher ist es nicht notwendig gewesen, dass die Bundesregierung – vor allem auch an Menschen, die nicht von der Katastrophe betroffen sind – ihre Propagandabriefe ausschickt. Und das ist es, was zu verurteilen ist.


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Wir debattieren heute die Bilanz der Bundesregierung. Phasenweise hat man schon sehr das Gefühl gehabt, dass die Lobhudelei und die Arroganz beinahe ein Maß des Unerträglichen erreicht haben. Abgeordneter Stummvoll, der gerade versucht, das Lokal zu verlassen (Abg. Dr. Stummvoll: Es war nur ein Versuch!), hat in den letzten zweieinhalb Jahren gemeint: Das ist die neue Politik. – Das war dein Ausspruch. Und da, muss ich sagen, haben wir als Waldviertler wirklich große Sorge, denn das ist wirklich sehr bedenklich, wenn ich nur daran denke, dass in meinem Bezirk allein im August die Arbeitslosenrate um 25 Prozent gestiegen ist. Wenn das die neue Politik ist, die uns beglücken soll, dann kann ich nur sagen: Auf die können wir wirklich verzichten!

Wir haben Jugendarbeitslosigkeit und Abwanderung in einem enormen Ausmaß zu verzeichnen. Die gesamte Region ist von dieser neuen Politik alles andere als gut behandelt worden. Ein Belastungspaket enormen Ausmaßes ist über uns hereingebrochen, vor allem über die Arbeitnehmer, über die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen, die gerade in diesen peripheren Räumen zu Hause sind. Ich brauche das ja nicht alles aufzuzählen: Ambulanzgebühren, Unfallrentenbesteuerung, Energieabgabe, Rezeptgebührerhöhung, Versicherungssteuer, Autobahnpickerl, Steuererhöhungen, Gebührenerhöhungen in rasendem Ausmaß. Mehr als 100 Milliarden Schilling haben Sie den Arbeitnehmern und Beziehern kleinerer und mittlerer Einkommen aus der Tasche gezogen.

Wenn der Slogan dieser neuen Politik "Zukunft ohne Schulden" nur irgendeinen Funken an Wahrheitsgehalt hat, dann weiß ich nicht, was damit gemeint ist. Kollege Wenitsch hat hier etwas davon erzählt, dass es keine Schulden gibt, dass es nicht mehr Schulden gibt. (Abg. Jung: Das hat er nicht gesagt!) Ich kann Ihnen nur sagen, meine Damen und Herren: Ende 1999 gab es 127,5 Milliarden € Schulden, Ende 2002 sind es 135,6 Milliarden €; das sind immerhin um 8,1 Milliarden mehr. (Abg. Dr. Mertel: Ohne das, was heute beschlossen werden soll!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch etwas dazu sagen: Abgeordneter Stummvoll hat gemeint, diese Regierung habe Sachkompetenz bewiesen. Da darf ich Sie nur mit einem kurzen Blick ins Innenministerium führen und auf ein Beispiel verweisen: die völlige Fehleinschätzung dieser Regierung und vor allem von Minister Strasser, der gemeint hat, dass man mit weniger Exekutive mehr Sicherheit bieten kann. Dass das völlig daneben ist, zeigt sich ja jetzt bei den Überlegungen zum Budget 2003. Im Koalitionsübereinkommen haben Sie festgeschrieben, dass 3 000 Beamtinnen und Beamte im Exekutivdienst abgebaut werden müssen. In den Jahren 2000 bis 2002 haben Sie 1 712 abgebaut (Zwischenruf des Abg. Jung ), und der Finanzminister, Kollege Jung, hat jetzt weitere 1 350 verlangt. Und dann hat es im Gebälk zu krachen begonnen, weil nämlich der Innenminister endlich – drei Jahre später – erkannt hat, dass er sich verschätzt hat, dass das zusammenbricht, dass er nicht in der Lage ist, die Sicherheit in diesem Lande zu gewährleisten, wenn er weitere 1 350 Frauen und Männer aus der Exekutive abzieht.

Also hier zeigen sich Ihre chaotische Politik, Ihre Fehleinschätzung und die Tatsache, dass Sie in Wirklichkeit nichts zusammengebracht haben. Und auch das ist ein Grund dafür, dass diese Regierung geplatzt ist. (Abg. Jung: Schauen Sie einmal in Ihre eigenen Reihen! Die hören Ihnen ja nicht einmal zu!)

Meine Damen und Herren! In Wirklichkeit haben Sie den hohen Sicherheitsstandard in diesem Land gefährlich bedroht. Wir haben eine derartige Fülle von Strafdelikten wie niemals zuvor, die Aufklärungsrate ist massiv abgesunken, und dafür hat diese Regierung die Verantwortung zu übernehmen. (Abg. Großruck: Lies die Kriminalstatistik!) Deswegen muss man sagen, dass die Menschen heute Sorge haben müssen, lieber Kollege Großruck, weil nicht einmal mehr 25 Prozent der Delikte von Diebstahl, Raub, Sachbeschädigung aufgeklärt werden. (Abg. Großruck: Lies doch die Kriminalstatistik!) Ich hoffe, dass Ihnen das nicht passiert, denn dann werden Sie auch ein Betroffener sein, ein Opfer, das vor dem Problem steht, dass die Aufklärung dieses Deliktes nicht erfolgt. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren! Kollege Stummvoll hat gemeint, Nervenstärke habe diese Regierung bewiesen. Nervenstärke hat sie in einem einzigen Fall bewiesen, nämlich in dem Fall, bei dem es darum gegangen ist, den Postenschacher entsprechend zu betreiben, etwa in der Absetzung des sehr verdienten Gendarmeriegenerals Strohmeyer. Da haben Sie Nervenstärke bewiesen. Nervenstärke beweist der Innenminister auch, wenn es darum geht, in seinem Kabinett jemanden zum Major zu befördern, der in keinster Weise die Voraussetzungen erfüllt, sondern der ganz einfach per Weisung eine derartige Beförderung bekommt.

Das ist Ihre Politik. Das ist das, was Sie in Wirklichkeit in den zweieinhalb Jahren getan haben. (Abg. Jung: Sie haben auch interveniert, Herr Kollege! Sie haben für Ihre eigenen Klubmitarbeiter interveniert!) Sie haben eine Politik betrieben, die nicht zum Wohle der Menschen war. Wir hingegen, meine Damen und Herren, stehen für eine Politik, die dazu führt, dass es faire Chancen für die Menschen in allen Regionen dieser Republik gibt. Daher werden die Wähler am 24. November das Richtige tun. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Lach nicht zu früh!)

19.35

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte.

19.35

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn ich mir die Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers von heute Vormittag in Erinnerung rufe, so darf ich schon feststellen, dass Sie von der Bundesregierung Gefahr laufen, den letzten Rest von Glaubwürdigkeit auch im Bereich der Sicherheitspolitik zu verlieren, wenn Sie weiterhin an dieser Beschaffung – der Bundeskanzler hat es heute auch gesagt –, an dieser teuren Fehlentscheidung, Kampfflugzeuge zu kaufen, festhalten.

Sie wissen so gut wie ich, dass es diesen Flieger nicht gibt, dass Sie nicht den bekommen, den Sie bestellt haben, weil er nicht fertig ist, nicht serienreif ist. Außerdem – ich darf es noch einmal wiederholen – steht diese Beschaffung in krassem Widerspruch zu den Ausschreibungskriterien, zu den Vormerkrichtlinien, weil Muss-Forderungen ganz einfach nicht erfüllt werden. Und das ist meiner Ansicht nach eine schwere Missachtung der Sorgfaltspflicht durch die Bundesregierung, meine Damen und Herren.

Gerade dieser beabsichtigte Abfangjägerkauf bestätigt, dass es eine Kontinuität der verfehlten Beschaffungspolitik gibt. Damit wird klar das Chaos im Beschaffungswesen des Bundesheeres weiter fortgesetzt, und damit wird auch die Richtungslosigkeit Ihrer Verteidigungspolitik dokumentiert. Beschaffungen ins Blitzblaue hinein, meine Damen und Herren, werden wir nicht zustimmen, werden wir nicht akzeptieren. Seit Jahren verlangen wir transparente und nachvollziehbare Investitionspläne, eine klare Prioritätenreihung. Wir verlangen eine nachvollziehbare Grundsatzplanung. All das – das werden Sie mir bestätigen – fehlt.

Uns geht es um Einsatzeffizienz, uns geht es um Wirtschaftlichkeit und klare Verantwortlichkeiten. Eine Politik, die auf der einen Seite vom Nulldefizit spricht, alles dem Nulldefizit unterordnet und auf der anderen Seite Schulden, enorme Schulden in die Zukunft macht, ist unseriös, meine Damen und Herren, und wird von uns entschieden abgelehnt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir bekennen uns zu diesem Bundesheer, meine Damen und Herren. Daher wollen wir und verlangen wir immer wieder, dass der Schutz und die Sicherheit des Soldaten erhöht wird. Dafür wird es jedoch in Zukunft natürlich kein Geld geben. Die Hochwasserkatastrophe zeigt in brutaler Offenheit die materiellen Schwachstellen des österreichischen Bundesheeres auf, die der Öffentlichkeit natürlich verheimlicht worden sind. Gerade im Bereich der Katastrophenhilfe und des Zivilschutzes fehlt es dem österreichischen Bundesheer an ausreichendem Pioniergerät. Zurzeit gibt es kaum eine einzige LKW-taugliche Brücke, die für den Katastrophenfall zur Verfügung steht. Das gibt es alles nicht; und ich könnte hier Beispiel an Beispiel reihen.

All diese dringend erforderlichen Beschaffungen werden auch in Zukunft nicht möglich sein, weil alles dem einzigen Posten, nämlich diesem sündteuren Kampfjetkauf, untergeordnet werden


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würde, so es zu dieser Beschaffung kommt. Damit würde auch das Heeresbudget auf Jahre hinaus ausgehöhlt werden. Und das, meine Damen und Herren, werden wir sehr wohl zu verhindern wissen.

Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung setzt auch in diesem Bereich die falschen Prioritäten. Wir haben ganz andere Schwerpunktsetzungen als Sie, meine Damen und Herren. Wir gehen ja von einem umfassenden Sicherheitsbegriff aus, der weit über den militärischen Bereich hinausgeht. Dazu zählen für uns der sichere Arbeitsplatz, die sicheren Pensionen, das sichere Gesundheitswesen, der sichere Studienplatz ohne Studiengebühren, die sicheren Lehrstellen. Ich erinnere nur an die Initiativen unseres Parteivorsitzenden Gusenbauer in diesem Bereich.

Wir, meine Damen und Herren, stehen für eine effiziente und glaubwürdige Politik für alle Österreicherinnen und Österreicher. Ihre Politik, gemessen am Beispiel dieser milliardenschweren Beschaffung von Kampfflugzeugen, bedeutet nichts anderes als enorme Schulden in die Zukunft, für die Sie nicht die Verantwortung übernehmen. Daher wird das zu Recht von 75 Prozent und sogar mehr der österreichischen Bevölkerung abgelehnt. Die Bevölkerung hat dafür kein Verständnis. Das brauchen wir nicht in Europa und schon gar nicht in Österreich, meine Damen und Herren. (Abg. Wenitsch: Übernehmen Sie die Verantwortung für die Draken? Übernehmen Sie die?) Daher ein entschiedenes Nein zu dieser Ihrer Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

19.40

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

19.40

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Bilanz dieser Bundesregierung: Wenn man eine Bilanz zu ziehen hat, dann sollte man von Anfang an beleuchten, wie diese Bundesregierung zustande gekommen ist.

Zunächst wurde in einer sehr trickreichen Ansage behauptet, dass die ÖVP, wenn sie Dritte wird, in Opposition geht. – Letztlich ist sie mit diesem Trick dann sogar ins Kanzleramt gekommen! Und diese trickreiche Politik, die eigentlich wenig mit Staatsverantwortung zu tun hat, hat sich dann in vielen Entscheidungen des Bundeskanzlers fortgesetzt, und im Wesentlichen hat er diese Chaosregierung mit Durchwurschteln über zweieinhalb Jahre am Leben gehalten.

Normalerweise dauert eine Legislaturperiode vier Jahre, diese Regierung hat nur ganze zweieinhalb Jahre gehalten! Seit einem Jahr wird nur mehr weitergewurschtelt, diese Chaosregierung taumelt von einer Schwierigkeit in die andere und von einem Problem ins andere. Ich erwähne in diesem Zusammenhang zum Beispiel das Temelín-Problem. Damals war es schon an der Kippe zur Auflösung dieser Regierung. – Regierungsfähigkeit hat diese Regierung nicht bewiesen, und eigentlich war es immer wieder nur den Tricks des Bundeskanzlers zu verdanken, dass ein Weiterwurschteln möglich war.

Einer dieser Tricks ist natürlich auch die Ansage der Anschaffung der Abfangjäger, denn die Behauptung des Bundeskanzlers, dass diese Anschaffung auf Eis gelegt wird, bezieht sich nur auf diese Legislaturperiode! Liebe Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Diese Legislaturperiode wird de facto übermorgen beendet. Ich weiß schon, dass sie formell erst später endet, aber dann gibt es keine Beschlüsse mehr! Das heißt also: In Wirklichkeit kann er sich in spätestens eineinhalb Monaten wieder an einem äußerst dubiosen Beschaffungsvorgang mit äußerst dubiosen Begleiterscheinungen beteiligen. Die trickreiche und wirklich chaotische Vorgangsweise findet dann wahrscheinlich ihre Verlängerung, weil ja alles darauf vorbereitet wird.

Die FPÖ tut mir in diesem ganzen Spiel ein bisschen Leid, denn die hatten intern gewisse Probleme. Der Kanzler sieht seine Chance, die FPÖ sozusagen auf gut Wienerisch abzug’schirren und mit einer geschwächten FPÖ wieder eine Koalition zu machen, in der er sie dann noch besser über den Tisch ziehen kann als jetzt. Dieser Trickreichtum des Kanzlers und die


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chaotische Vorgangsweise während seiner Kanzlerschaft bleiben als bezeichnendes Bild! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jung. )

Manche behaupten, dass er im kleinen Kreis schon behauptet – so trickreich ist er mittlerweile! –, dass er, wenn er Erster wird, in Opposition geht. Aber das ist noch nicht verifiziert, das wird ihm dann aber vielleicht einmal wirklich blühen, wenn er sich sozusagen selbst überdribbelt. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Mag. Molterer: Nein, Schüssel wird Erster!) Das werden wir zu verhindern wissen! Schüssel kann nie Erster werden, das ist ganz klar, weil er nur Zweiter hinter uns wird! Aber selbst wenn ihm das gelingt, wird er sich selbst überdribbeln. (Abg. Jung: Warum machen Sie sich denn solche Sorgen?)

Chaos und Inkompetenz in Führungsangelegenheiten – als "Chaos-Kanzler" wird er in die Geschichte eingehen. Leider wird er eine geschwächte FPÖ – wie man heute in vorauseilendem Gehorsam gehört hat – wieder in eine Koalition zwingen, weil der Duft der Macht für manche in der FPÖ nicht mehr wegzudenken ist, und bei 14 bis 15 Prozent wird er dann ein leichtes Spiel haben. (Abg. Jung: Sie sind aber sehr pessimistisch!) Die Hälfte von Ihnen wird nach der Wahl nicht mehr da sein. (Abg. Jung: Das werden wir sehen!) Ich weiß nicht, wie es Ihnen gehen wird, Herr Abgeordneter Jung, vielleicht werden Sie auch nicht mehr da sein! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jung. )

Alles dreht sich, alles bewegt sich. Machen Sie noch Ihre Zwischenrufe, wer weiß, wie lange Sie sie noch machen können! Wenn Ihnen das Spaß macht, dann toben Sie sich in diesen zwei Tagen noch aus, weil ja zu befürchten ist, dass Sie in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr da sein werden, weil Sie auf die Hälfte verdichtet werden!

Was war noch ein Markenzeichen dieser Regierung? – Fangen wir einmal an zu denken! (Abg. Jung: Das wäre eine gute Idee!) Es ist nämlich sehr, sehr schwierig, überhaupt irgendetwas Konkretes bei dieser Regierung zu finden. (Abg. Jung: Fangen Sie an zu denken! – Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) Denken Sie etwa an das Infrastrukturministerium: Dort haben die Minister durchschnittlich siebeneinhalb Monate regiert! Und lassen wir uns die Namen noch einmal auf der Zunge zergehen: Krüger war sechs Wochen Minister. Es gab eine desaströse Sozialministerin namens Sickl. Oder denken Sie an Minister Schmid und Ministerin Forstinger im Infrastrukturministerium! – Das war doch das pure Chaos, liebe Abgeordneten! (Abg. Jung: Wie hat er geheißen? Salcher oder so?) Das hat nichts mit Regieren zu tun gehabt! (Abg. Dr. Ofner: Staribacher!) Das war doch nur ein Weiterwurschteln von einer Führungsschwäche zur anderen! Und denken Sie letztlich an die permanenten Zwischenrufe des einfachen Parteimitgliedes! Aber auch dazu hat der Bundeskanzler immer wieder geschwiegen.

Staatsmann war er keiner. Er war praktisch der Unterhalter einer chaotischen Truppe, die in Wirklichkeit kaum etwas hervorgebracht hat. Ein, zwei Entscheidungen waren durchaus dabei, die man erwähnen kann. Diese sind aber heute schon erwähnt worden, und es ist müßig, diese so oft aufzuzeigen, denn in zweieinhalb Jahren müssen doch zwei Entscheidungen auch gut sein. So viel kann ja nicht einmal diese Regierung falsch machen. – Im Grunde genommen ist das ein Bild der Traurigkeit. (Abg. Jung: Was ist ein Bild der Traurigkeit?) Der Bundeskanzler dieser Regierung ist vergleichbar mit dem Ritter von der traurigen Gestalt, der letztendlich den Kampf gegen die Windmühlen der Inkompetenz manch seiner Kollegen verloren hat. (Abg. Jung: Man muss es dann schon wortwörtlich im Protokoll nachlesen, was Sie für einen Blödsinn reden!)

Noch etwas möchte ich erwähnen, was auch auffällig ist: Es wurde auf alle Fälle eine unglaublich brutale Machtausübung in puncto Personalpolitik betrieben. Durch einfachgesetzliche Regelungen wurden Wahlergebnisse verdreht, siehe Hauptverband. Ich erinnere nur an Sallmutter, Ditz, Streicher, Bammer, Rehulka und Draxler. Es waren übrigens recht erfolgreiche Manager, die abgesetzt wurden. Da hat man 200 Millionen an Abfertigungen in den Sand gesetzt wie nichts. (Abg. Jung: Wer hat denn vorher die Verträge ausgehandelt?) Und abgelöst wurden sie durch Manager, die bei weitem nicht so gut waren.


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Ich erinnere im Zusammenhang mit den ÖVP-Ministerien nur an General Strohmeyer und an die Entmachtung des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit Buxbaum, und ich erinnere an die ungustiösen Vorgänge bei der Besetzung der Position der ORF-Generaldirektorin. Da hat sich wirklich viel abgespielt, etwa als Schüssel Westenthaler über den Tisch gezogen hat. Da waren einige Machtspielchen und Intrigen dahinter! – Das ist ein bezeichnendes Bild dieser Regierung! (Zwischenruf des Abg. Großruck. )

Wenn man Ihnen den Spiegel vorhält, dann wird es wirklich peinlich! Ich kann mir das vorstellen! Würden die Dinge jetzt so auf mich einprasseln, dann wäre mir das auch peinlich. – Man könnte jetzt einen zweieinhalb Stunden langen Vortrag über dieses Zerrbild einer Regierung halten, aber ich glaube, man sollte es jetzt dabei belassen.

Die Verwaltungsreform hat sich auf das Zusperren von Gerichten, Gendarmerieposten und Postämtern beschränkt. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Das waren die einzigen Verwaltungsreformmaßnahmen, die Sie umgesetzt haben! (Zwischenruf des Abg. Donabauer. )

Die Umsetzung der Verwaltungsreform im Bereich der Aufwertung des zweistufigen Instanzenzuges kann man grundsätzlich begrüßen. Das wäre eine gute Entscheidung, aber man hat sich dann selbst den Erfolg genommen, weil man die reformatorische Entscheidung dann nicht mit eingeführt hat. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jung. ) Leider ist das Stückwerk geblieben!

Ganz zum Schluss möchte ich Sie im Zusammenhang mit der Ausübung Ihrer Politik noch an die Geschichte Gaugg erinnern. Wie wollen Sie denn das entschuldigen? Das war ein peinliches Schauspiel, wie es nicht mehr überbietbar ist! (Abg. Mag. Mainoni: Denken Sie an die Geschichte Leikam!) Das hat Ihre Politik geprägt!

In Wirklichkeit haben Sie sich selbst disqualifiziert, und die ÖVP hat nur darauf gewartet, den günstigsten Zeitpunkt des Absprunges zu schaffen, wo sie sicher sein kann, dass sie die FPÖ in eine Position bringt, in der diese als sichere Verliererin aus dieser Wahl hervorgeht, nur ein Minimum an Prozenten halten kann und dann sozusagen klein beigebend und unter dem Teppich hereinkriechend in diese Regierung kommen will. (Zwischenruf des Abg. Mag. Mainoni. )

Das ist letztlich ein Bild, das es, wie ich glaube, nicht geben sollte. (Zwischenruf des Abg. Staffaneller. ) Diese Wahl bedeutet die Entscheidung zwischen Abfangjägern oder Geld für Arbeitsplätze, zwischen Abfangjägern oder der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Es ist dies eine Wahl zwischen Chaos einerseits oder Stabilität und internationalem Ansehen einer Regierung andererseits. Es ist dies eine Wahl zwischen Machtgier eines einzelnen Politikers oder Einsatz für die Bevölkerung dieses Landes. (Beifall bei der SPÖ.)

19.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

19.50

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Ich kann mir schon vorstellen, dass es für Sie nicht sehr angenehm ist, hier einige Stunden lang all das zu hören (Abg. Dr. Khol: Es war sehr angenehm!), was Sie in den letzten zweieinhalb Jahren an Regierungspolitik gemacht haben, die auch von der Bevölkerung überwiegend so gesehen wird, wie wir sie heute darstellen. (Abg. Dr. Khol: Herr Kollege Dietachmayr! Unsere Bilanz kann sich sehen lassen!) Es ist halt einmal so, dass keine bessere Bilanz zu ziehen ist, und eigentlich ist ein Großteil der Bevölkerung direkt froh, dass es Neuwahlen gibt, damit diesem Spuk hier endlich ein Ende gesetzt wird! (Abg. Dr. Khol: Bis jetzt haben Sie uns nicht verunsichert!)

Es wurden schon sehr viele Beispiele genannt, ich möchte nur ein paar anführen. – Stichwort Demokratie: Sie sind unter dem Titel "Neu regieren" angetreten. Und was war das dann? – Sie betrieben und betreiben eine reine Konfliktpolitik! Sie umgehen Begutachtungsrechte. Sie verweigern den Dialog mit Kritikern und der Opposition. Die Sozialpartnerschaft wurde ausgehöhlt,


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und aus Partnern wurden Bittsteller! (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Ich darf Sie daran erinnern, dass die FPÖ im Vorfeld der ÖGB-Urabstimmung ganz offen angezweifelt hat, dass Gewerkschaften überhaupt noch zeitgemäß seien. Die Wende ging von der Konsens- zur Konfliktdemokratie. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) In der Zusammensetzung Blau-Schwarz ist Ihnen das auch gelungen.

Stichwort Zivildiener: Die Zivildiener standen von Anfang an auf der Abschussliste dieser Bundesregierung, obwohl gerade die Zivildiener besonders wertvolle Arbeit für die Gesellschaft leisten, ohne deren Hilfe viele Sozialdienste gar nicht aufrechterhalten werden könnten. – Als Erstes wurde den Zivildienern die Entschädigung gekürzt, sodass sie vom Taggeld nicht einmal mehr den notwendigsten Lebensunterhalt decken konnten. Auf Betreiben der SPÖ hat der Verfassungsgerichtshof diese Regelung wieder aufgehoben. Daraufhin hat die Bundesregierung wieder eine schikanöse Regelung beschlossen, indem sie es dem Belieben der Einrichtung überließ, welche Verpflegung sie den Zivildienern gewährt. Diese Regelung wird nun wiederum vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpft.

Zur Aushöhlung des ländlichen Raums: Es sind dafür schon genügend Beispiele genannt worden. Ich darf an die Ära Kreisky erinnern: Damals war es Ziel von Bundeskanzler Kreisky und der Sozialdemokratie, eine erfolgreiche Politik für die Menschen auf dem Land umzusetzen. Ich erinnere an die umfangreichen Maßnahmen zum Wegebau, an die Elektrifizierung, an die flächendeckende Errichtung von Telefonanschlüssen, aber auch an gesellschaftspolitische Maßnahmen wie die Schülerfreifahrt, die Schulbuchaktion und die Bemühungen, die Arbeits- und Lebensbedingungen für die Menschen auf dem Land zu verbessern.

Was machen Sie? – Sie schließen Postämter, Gerichte und Gendarmerieposten, und mit diesem Schließungsplan gehen natürlich auch andere Einrichtungen verloren, die für die Infrastruktur und für die Menschen im ländlichen Raum sehr wichtig sind.

Treffsicherheit haben Sie immer gepredigt, was ist aber herausgekommen? – Es ist schon erwähnt worden: Der Wegfall der beitragsfreien Mitversicherung für kinderlose Ehepartner wird 100 000 Menschen, und zwar fast ausschließlich Frauen, treffen; mehr als 100 000 Personen trifft die Unfallrentenbesteuerung. Auf die anderen Verschlechterungen bei der Arbeitslosenunterstützung möchte ich jetzt nicht im Detail eingehen.

Mehrmals haben Redner der Regierungsparteien von der Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten gesprochen. – Auch das ist eine Mogelpackung! Es gibt keine Änderung bei Kündigungsfristen und Terminen. Auch in Zukunft gelten Kündigungsfrist und Quartal nicht für Arbeiter. Es gibt keine Gleichstellung bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Arbeiter haben Anspruch auf sechs Wochen im Kalenderjahr, Angestellte je Krankheitsfall. Und es gibt auch keine Gleichstellung bei wichtigen persönlichen Verhinderungsgründen.

Weitere Themen wären die Ambulanzgebühren und so weiter. Ich möchte nicht alles noch einmal im Detail aufzählen, sondern nenne nur ein Stichwort: Senioren. – Als Seniorensprecher unserer Fraktion muss ich sagen, dass gerade die großen Verlierer dieser Doppelmühle die Pensionisten sind: Pensionsalter rauf – Pensionshöhe runter. So sind Sie mit unseren älteren Mitbürgern umgegangen! Sie haben in Ihrer Regierungserklärung – daran muss ich Sie erinnern – festgehalten, dass sich die Pensionsanpassung zukünftig an der Wertsicherung zu orientieren habe. So gesehen ist es glatter Wortbruch, was Sie mit den Pensionistinnen und Pensionisten gemacht haben! Es ist dies eine Missachtung der Rechte und Leistungen der älteren Generation!

Einen Initiativantrag betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Sicherung der Pensionen haben Sie abgelehnt. Sie haben Horrorszenarien erstellt und verbreitet. Die gesetzliche umlagenfinanzierte Pensionsversicherung wird langfristig als unfinanzierbar hingestellt. Um Gespenster an die Wand zu malen und um Privatversicherung und Kapitaldeckungsverfahren schmackhafter zu machen, schreckt man auch vor gefälschten Prognosen nicht zurück. Was ist das Ergebnis dieser Politik? – Sie haben die Pensionisten verunsichert, die um die Erhaltung der Kaufkraft ihrer Pensionen bangen. Sie haben die heute Erwerbstätigen verunsichert, die


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eine stark geminderte Pension befürchten müssen, und Sie haben vor allem die Jugend insofern verunsichert, als die Jungen nicht mehr sicher sein können, ob sie überhaupt noch einmal in den Genuss einer staatlichen Pension kommen werden. Eine der zentralen Herausforderungen einer künftigen Regierung wird daher die Wiedergewinnung des Vertrauens in die gesetzliche Pensionsversicherung sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sie haben auch – wenn ich das kurz erwähnen darf – ein Bundesgesetz über Altenheime abgelehnt.

Es ist mir ein besonderes Anliegen, auch noch eine langjährige Forderung, die mit den Feuerwehren in Zusammenhang steht, kurz zu erwähnen. Gerade in den letzten Wochen und Monaten haben diese freiwilligen Helfer sehr viel für die Gesellschaft geleistet. Sie haben jedoch die kostenlose Hepatitis-B-Impfung in mehrfachen Diskussionen und Anträgen immer wieder abgelehnt und haben sich dann mit einem Entschließungsantrag herausgewurschtelt, indem Sie die Kompetenz mehr oder minder den Ländern zugeschoben haben, obwohl Sie genau wissen, dass nur eine einzige Änderung im ASVG notwendig wäre. Und das ASVG ist eben ein Bundesgesetz, daher können Sie nicht den Ländern den Ball zuspielen.

Es wäre notwendig, die Feuerwehrleute in die Berufskrankheitenliste aufzunehmen, dann würde die Unfallversicherung diese Impfung kostenlos durchführen. Ich darf an eine APA-Meldung von heute erinnern, mit welcher wieder die Ersthelfer gesucht werden: Ein Unfallopfer war an Hepatitis C erkrankt, und da Ansteckungsgefahr besteht, sollen sich die beiden Helfer umgehend melden. – Sie sehen also, wie aktuell diese Situation ist.

Meine Damen und Herren! Es wird dies heute meine letzte Rede von diesem Pult aus sein, weil ich nach dieser Gesetzgebungsperiode aus dem Parlament ausscheiden werde. Daher möchte ich auch den Dank an alle Mitarbeiter der Parlamentsdirektion richten, die das Funktionieren des nicht immer einfachen Geschehens hier in diesem Hohen Haus überhaupt ermöglichen. Dasselbe gilt natürlich auch für alle Beschäftigten meines Klubs.

In den beinahe zwölf Jahren meiner Abgeordnetentätigkeit habe ich viel Erfahrung und auch viele neue Freunde gewonnen. Dennoch möchte ich im Gegensatz zu einigen anderen Rednern, die heute das letzte Mal hier waren, ein paar kritische Dinge anmerken. Vor allem möchte ich aufzeigen, dass sich das Verhalten insgesamt, der Umgang miteinander und vor allem die Sprache zwischen den Regierungsparteien und der Opposition in einer Art und Weise verschlechtert haben, dass man sich wirklich fragen muss: Was kommt nach der Verrohung der Sprache? Was ist der nächste Schritt?

Die Untergriffe und persönlichen Verunglimpfungen haben in einem Ausmaß zugenommen, dass sogar der Herr Bundespräsident in seiner Ansprache am vergangenen Sonntag in Linz mehr Anstand und Respekt in der Politik einforderte. (Zwischenruf des Abg. Großruck. ) Beispiele gibt es genug. Ich könnte Ihnen eine sehr lange Reihe von Beispielen anführen. Ein Beispiel für die Überheblichkeit möchte ich kurz erwähnen. Ein Bundesminister erwiderte auf die Worterteilung des Vorsitzenden im Ausschuss: Ich spreche erst, wenn die ORF-Kamera läuft. Oder: Ein ÖVP-Abgeordneter aus dem Burgenland beginnt seine Wortmeldungen grundsätzlich mit Verunglimpfungen von Abgeordneten der Oppositionspartei. Oder: Eine FPÖ-Abgeordnete wollte mich in einer parlamentarischen Anfrage an den Innenminister allen Ernstes in Verbindung mit Drogendealern bringen.

Solche Dinge vergisst man nicht! Anstand und Respekt sollten trotz unterschiedlicher politischer Auffassungen in diesem Hause nicht verloren gehen! (Beifall bei der SPÖ.) Meine Damen und Herren! Gewalt beginnt nämlich beim Wort.

Daher wünsche ich dem kommenden Nationalrat wieder mehr Fairness und eine bessere Politik für unser wunderschönes Österreich. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.00


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115. Sitzung / Seite 179

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. – Bitte.

20.00

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Ich bin froh, dass noch jemand von der Regierung da ist, wenn auch niemand, der sich in Bildungsfragen als zuständig erklären könnte, aber das zeigt wohl, wie ernst Sie die Bildung insgesamt genommen haben: Das entspricht ungefähr der jetzigen Vertretung auf der Regierungsbank. (Abg. Dr. Khol: Das ist unerhört!)

Der Herr Bundeskanzler hat heute das, was für Schule, für die Universitäten, für die Forschung passiert ist, in höchsten Tönen gelobt. Ich denke, keine Regierung kann alles falsch machen und keine Opposition alles richtig oder umgekehrt. Natürlich waren da auch Dinge dabei, die wir mitgetragen haben und die auch durchaus Anerkennung verdienen. Kollege Graf hat etwa auf die Entwicklung bei den Fachhochschulen verwiesen. Insgesamt teile ich jedoch, speziell was die Schule anlangt, schon die Ansicht, die im "Standard" vom Dienstag vertreten wurde: "Viel Lärm um wenig Schulpolitik".

Ich möchte es kurz machen. Es gab vor allem Versäumnisse. Beispielsweise kann man nicht darüber hinwegsehen, dass Frau Bundesministerin Gehrer es verstanden hat, die Fortführung der Integration behinderter Kinder nach der achten Schulstufe zu blockieren. (Abg. Großruck: Das ist falsch!) Das ist ein Unrecht, das Sie dieser Gruppe antun! Die Verantwortung dafür müssen Sie selbst tragen, und das müssen Sie diesen Menschen erst einmal erklären. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn man nämlich sagt, nach der achten Schulstufe suchen wir nicht mehr die beste Lösung für das Kind, sondern da gibt es nur mehr die polytechnische Schule und nicht das, was wir etwa in den Fachschulen haben ... (Abg. Großruck: Das ist falsch!)  – Das ist richtig, Kollege Großruck, und das weißt du genau! (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. ) Wenn man nicht auch auf andere Schultypen zurückgreifen kann, dann diskriminiert man die Schwächsten in unserer Gesellschaft. Und es ist typisch für diese Regierung, dass ausgerechnet immer auf den Schwächsten herumgetrampelt wurde. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie haben es verstanden, die Gruppen auseinander zu dividieren. Ich nehme die Lehrer als Beispiel. Ich habe letzte Woche mit einer sehr engagierten Volksschullehrerin und Direktorin ein Gespräch gehabt, und sie hat gesagt: Ich bin jetzt 30 Jahre im Schuldienst, aber so schlecht war die Stimmung an unseren Schulen überhaupt noch nie.

Da brauchen Sie sich nicht zu wundern, Herr Kollege Morak, wenn etwa der heimliche Regierungschef Dr. Haider, der er ja jahrelang gewesen ist, von "parasitären Elementen im Schuldienst" spricht. Das wurde einfach so hingenommen! Und da wundern Sie sich, wenn die Stimmung an den Schulen schlecht ist und sich ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Regierung schlecht vertreten fühlen? – Es war dieses Auseinanderdividieren, das Sie mit Ihrer Politik praktiziert haben, um Gruppen schlecht machen zu können, und das hat diesem Land absolut nicht gut getan.

Sie haben dieses Auseinanderdividieren auch bei der Hochschulpolitik praktiziert, Herr Kollege Graf. Es ist nicht so, dass mit dem Universitätsgesetz 2002 alle glücklich und zufrieden sind. Es sind vielleicht 10 Prozent, wie wir von den Umfragen wissen. (Abg. Jung: In der "Süddeutschen" wurde das Gesetz als vorbildhaftes Europamodell gelobt!)  – Das ist doch ein Schmäh, Kollege Jung! Sie wissen von der Hochschulpolitik zu wenig. Ich mische mich bei Ihren Militärangelegenheiten auch nicht ein, und es wäre gut, wenn Sie das umgekehrt genauso hielten. (Beifall bei der SPÖ.)

Niemand hat das als Vorbild genommen. Sie haben einfach die Gruppen auseinander dividiert, und Sie haben im Bildungsbereich vor allen Dingen eines getan: Sie haben Bildung zur Ware gemacht. Das Prinzip, dass ein Staat, dass eine Republik, dass eine Gesellschaft der Jugend


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die bestmögliche Ausbildung anbietet, haben Sie dadurch durchbrochen, dass Sie gesagt haben, es muss dafür bezahlt werden. Und ich sage mit aller Deutlichkeit, wer diesmal am 24. November die Österreichische Volkspartei wählt, der wählt nach den Studiengebühren auch das Schulgeld, denn das steht als Nächstes auf Ihrer Speisekarte. (Zwischenruf des Abg. Amon. )

Bei der Erwachsenenbildung haben Sie die Mittel von 300 Millionen Schilling auf 150 Millionen Schilling gekürzt, und die Frau Bundesministerin war dabei, die Förderungsstellen für Erwachsenenbildung entgegen dem gesetzlichen Auftrag aufzulösen. Damit werden die Bundesstellen für Erwachsenenbildung, obwohl sie im Gesetz als Auftrag an den Bund verankert sind, aufgelöst. Das zeigt, wie Sie mit der Erwachsenenbildung umgehen.

Ein Letztes: Wohl das Schlimmste, was eine Regierung der Jugend antun kann, ist die Jugendarbeitslosigkeit, der Umstand, dass jemand, der eine sehr gute Ausbildung hat – sei es eine Lehre, sei es ein Studium, sei das eine Facharbeiter-Ausbildung oder eine berufsbildende Schule –, dann ohne Arbeitsplatz dasteht. (Zwischenruf des Abg. Mag. Mainoni. ) Aber die Steigerung der Jugendarbeitslosigkeit, lieber Kollege, haben schon Sie zu verantworten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Staffaneller. )

Ich frage die Damen und Herren auf der Regierungsbank: Stimmt es etwa nicht, dass Sie bei Ihren Posteneinsparungsprogrammen im öffentlichen Dienst auch die Lehrlingsstellen in den Ministerien und in den Bundesdienststellen gestrichen haben? Sind das nicht genau jene Lehrstellen, bei welchen Sie alle höchstpersönlich zu verantworten haben, dass es sie nicht mehr gibt?

Sie entwerfen großartig ein Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit, während Sie zur gleichen Zeit im Ministerium sitzen und sagen, diese Lehrstelle wird gestrichen und jene Lehrstelle wird gestrichen. Da habe ich Beweise dafür, Kollege Zweytick! Das ist leider die Wahrheit, und es wird Zeit, dass diese Republik wieder eine Regierung, dass dieser Nationalrat wieder eine Mehrheit bekommt, die die Menschen nicht mehr gegeneinander ausspielt. Wir brauchen eine Regierung, die öffentlich auch zu ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern steht, eine Regierung, die den Sparkurs bei der Bildung beendet. Wir wollen eine Gesellschaft des Zusammenhalts und eine Gesellschaft mit fairen Chancen für alle! (Beifall bei der SPÖ.)

20.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

20.08

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich möchte mich eingangs mit dem ebenfalls zur Debatte stehenden Thema Hochwasser beschäftigen, weil ich aus einer Region komme, die sehr stark von diesem Hochwasser betroffen war, und wir warten natürlich alle sehnsüchtig auf die gesetzlichen Maßnahmen, die zu einer Abhilfe des Problems führen und einen Neubeginn ermöglichen.

Es gibt ganz unterschiedliche Betroffene, von den Mietern bis zu den Hausbesitzern, bis zu Firmen, Forschungseinrichtungen, Museen und Fachhochschulen. So war es zumindest bei uns in Steyr. Das geht wirklich quer durch, und in sehr vielen Fällen ist es eine existentielle Frage, wie die Entschädigungsfrage letztendlich gelöst wird.

Ich glaube, dass die Behandlung der zeitlichen Frage einerseits, aber auch die Höhe der Entschädigung andererseits entscheidende Punkte dafür sein werden, wie es in diesen hochwassergeschädigten Gebieten wirtschaftlich weitergeht. Außerdem werden wir uns auch mit dem Umstand befassen müssen, dass sich nach einer Evaluierungsphase herausstellte, dass es Privilegierte bei der Behandlung dieser Hochwasserschäden und sogar Missbrauch bei den Spenden und Hilfsorganisationen gab.


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Es ist daher vernünftig, dass in diesem Gesetz niedergeschrieben ist, dass es eine Beschwerdemöglichkeit für die Hochwasseropfer über die Volksanwaltschaft gibt, wenn diese sich ungerecht behandelt fühlen. Ich glaube, das wird auch dazu beitragen, dass diese Probleme objektiv und sachkundig aufgearbeitet werden können.

Es ist sicherlich auch notwendig, die Ursachen zu erforschen. Wir wissen, dass die E-Wirtschaft in den letzten Jahren massiv aufgerüstet hat. Die Hochwasserprognosen auf Grund der Niederschläge sind inzwischen sehr präzise.

Allerdings waren, wie wir wissen, die Wettervorhersagen an diesem Tag absolut falsch. Die prognostizierten Niederschlagsmengen waren sogar desaströs falsch, und so ist es zu dieser wirklich schwierigen Situation gekommen.

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Reisen der Minister, des Kanzlers und der Vizekanzlerin in diese Hochwassergebiete nur mehr fraktionell durchgeführt wurden, was für mich eigentlich überraschend war und wodurch mir erstmals wirklich bewusst wurde, dass das Ende dieser Regierung offensichtlich nicht mehr weit ist. Es ist jeder mit seinem eigenen Hubschrauber, mit dem eigenen Taxi gekommen und hat bestenfalls noch einen Parteifreund aus seinem Bundesland mit dabei gehabt. Das hat mich etwas irritiert, aber man hat daran schon gemerkt, dass es mit dieser Bundesregierung zu Ende geht.

Es war eben ein Kämpfen um mediale Minuten und Sekunden. Journalisten wurden informiert, in zehn, fünfzehn Minuten sollten sie an einem bestimmten Ort sein, denn dort spreche der Bundeskanzler an einer dramatischen Stelle. Er wurde dort kurz ausgesetzt, und etwa zehn Minuten später fand schon der nächste Termin im nächsten Bundesland statt.

Meine Damen und Herren! Ich meine, dass in erster Linie all jenen zu danken ist, die es wirklich ernst gemeint haben. Es hat sehr viele davon gegeben: Helfer im Rot-Kreuz-Bereich, bei den Freiwilligen Feuerwehren, und natürlich hat auch das österreichische Bundesheer in bewährter Weise gerade auch in Steyr ausgezeichnete Hilfe geleistet. Das muss gesagt werden.

Sehr viele Private sind zum Teil aus ganz Österreich angereist und wollten mithelfen. Auch Städte haben sich beteiligt: Die Stadt Villach hat zum Beispiel einen ganzen Zug Freiwilliger Feuerwehr samt Equipment nach Steyr gebracht und geholfen. – Ein herzliches Dankeschön all jenen, die mitgeholfen haben, das Problem so schnell wie möglich zu lösen!

Die zweieinhalb Jahre Regierungsdesaster wurden ja von meinen Vorrednern bereits sehr ausgiebig beleuchtet. Ich will mich damit nicht mehr näher beschäftigen, glaube aber, einen zweckdienlichen Hinweis zu liefern, wenn ich nochmals an die Volksweisheit des Jahres 2002 erinnere, wie Kollege Heinz Gradwohl heute gesagt hat: "Wählt’s den Schüssel, kriegt’s den Haider – das Chaos bleibt, das G’scher geht weiter." (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. – Bitte.

20.13

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine geschätzten Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Ich meine, dass die Bilanz gezogen wurde und dass wir sehr klar dargelegt haben, dass es Zeit ist, die Wende von der Wende nicht nur einzuleiten, sondern auch zu vollziehen.

Ich glaube aber auch, dass es hier gar nicht so sehr um einzelne Maßnahmen geht, die wir teilweise auch mitgetragen haben, weil sie richtige Maßnahmen waren – auch bis zum Schluss mitgetragen haben. Wenn auch manchmal gesagt wurde, dass eine Fundamentalopposition betrieben wurde, möchte ich betonen, das war nicht der Fall. Wir haben sehr genau unterschieden, wo wir im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher mitgehen können und wo das eben nicht möglich ist.


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Das werden wir auch heute bis zum Schluss beweisen, und zwar dadurch, dass wir bei dem vorliegenden Konjunkturpaket letztlich jenen Teilen sehr gerne zustimmen werden, die dazu angetan sind, die dringenden Probleme zu lösen, aber dort, wo mehr hineingepackt wird als notwendig, einfach sagen, das ist nicht die Sache der letzten Plenarsitzung.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich meine allerdings auch – ich habe das im Finanzausschuss wiederholt zum Ausdruck gebracht –, dass es in Anbetracht des Mitgefühls und der ungemein großen Solidarität, die die Österreicherinnen und Österreicher mit den Hochwassergeschädigten bewiesen haben, schade ist, dass sich diese Stimmung nicht in vollem Ausmaß auf das Parlament übertragen hat, nämlich in der Weise, dass man außer Streit stellt, dass alles, was für das Hochwasser relevant ist, sozusagen als eigenes Paket eingebracht wird, das auch einstimmig vom Nationalrat verabschiedet werden kann. – Nein, man hat es in einem großen Paket verpackt.

Ich habe wiederholt darauf hingewiesen, dass diese Trennung notwendig wäre, weil ja hier wirklich die Entschädigung im Vordergrund stehen und ein einfaches Programm verfolgt werden sollte, nämlich den Hochwassergeschädigten zunächst einmal das zu ersetzen, was sie verloren haben. Das ist ein ganz wichtiger Ansatz, denn es nützt überhaupt nichts, wenn man ihnen nur einen Teil ersetzt und sie den anderen Teil als Rucksack an Belastungen mitnehmen und sich in eine neue Verschuldung hineinbegeben müssen.

Ich halte es für sehr wichtig, dass man erstens im Privatbereich von einer vollen Entschädigung ausgeht und dass man zweitens im Unternehmensbereich auch den Firmen entsprechende Mittel zur Verfügung stellt, damit sie neuerlich Investitionen tätigen können, nachdem sie für das, was verloren wurde, entschädigt wurden.

Das bedeutet meiner Meinung nach, dass damit letztlich auch ein positiver Struktureffekt erreicht werden kann. Es könnte damit durchaus die Produktivität gesteigert werden, weil man mit diesen Investitionen eben auch strukturelle Verbesserungen erreicht.

Zum Dritten halte ich, der ich lange Zeit für Hochwasserschutzfragen zuständig war, auch Präventivmaßnahmen für sehr wichtig. Wasser – das weiß jeder – braucht Raum. Daher brauchen wir Maßnahmen, um Raum zu geben, aber auch Maßnahmen, die wirklich schützen. Ad-hoc-Methoden nützen da nichts.

Nehmen wir einmal die Gemeinde Wien als Beispiel: Nach 30 Jahren hat sich der Wiener Hochwasserschutz ganz hervorragend bewährt. Wir alle wissen, wie umstritten er war – nicht von unserer Seite! Er wurde angegriffen, es wurde kritisiert, was daran alles falsch sei. – 30 Jahre später hat sich das alles bewährt, und man hat sich nicht nur das Leid, sondern auch ein Vielfaches an Kosten, die mit einem Hochwasserschaden verbunden sind, erspart.

Ich meine, dass es darum geht, langfristige Konzepte zu entwickeln. Wir haben in der Sondersitzung eine ganze Reihe von Vorschlägen eingebracht, die ich jetzt nicht wiederholen möchte. Ich verstehe nämlich nicht, dass man zum Beispiel den Präventivhochwasserschutz nicht in ausreichendem Maße in ein langfristiges Konzept, das letztlich auch in ein Raumordnungskonzept zu münden hat, einbindet und mit diskutiert.

Wir haben auch Finanzierungsvorschläge eingebracht. Die Finanzierung kann durchaus auch im Rahmen einer Anleihe stattfinden, die dazu dient, die Reparatur der Schäden, den Wiederaufbau und die Präventivmaßnahmen zu finanzieren.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich denke, dass es wirklich nicht um einzelne Maßnahmen geht, die einmal so und einmal anders beurteilt werden, sondern worum es am 24. November geht, ist die Frage, ob wir die Spaltung der Gesellschaft in Österreich weiter betreiben wollen oder ob durch Gerechtigkeit wieder Harmonie in der Gesellschaft hergestellt werden soll. Die Österreicherinnen und Österreicher werden wohl wissen, was sie wollen, nämlich eine Gesellschaft, in der sich jeder darauf verlassen kann, dass ihm, wenn er in Not gerät, geholfen wird, und in der sich auch jeder auf die Solidarität der Gemeinschaft verlassen kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.17


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

20.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz das Abstimmungsverhalten der Grünen klären, weil es in der Debatte sehr schwierig war, unsere Kritikpunkte an einzelnen Bestimmungen überhaupt durchzubringen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das interessiert aber niemanden! – Abg. Wenitsch: Machen Sie das mit Ihrem Klub aus! Doch nicht im Plenum!) – Können Sie das nachher machen, Kollege Wenitsch? Lassen Sie mich nur schnell ausreden.

Es ist symptomatisch für den Ablauf des ganzen heutigen Tages, dass die Bilanz der Bundesregierung mit der Hochwasserkatastrophe und sehr vielen anderen Bestimmungen, die nichts mit Konjunktur zu tun haben, und solchen, die ein bisschen mit Konjunktur zu tun haben, vermischt war.

Man kann parlamentarisch eigentlich nicht so diskutieren. Man kann parlamentarisch auch nicht so vorgehen, wie das die Regierung in diesem Fall gemacht hat, nämlich die Katastrophenhilfe mit Bestimmungen zu verknüpfen, die mit der Katastrophe überhaupt nichts zu tun haben – außer der Tatsache, dass Sie versuchen, eine Katastrophe auf dem Arbeitsmarkt, die sich anbahnt, aber eigentlich noch keine Katastrophe ist, sondern eine schlimme Situation, mit teilweise katastrophalen Maßnahmen zu kompensieren. – Insofern gibt es einen Zusammenhang. Das alleine wird jedoch nicht für eine gute Behandlung ausreichen. Das ist das Problem.

Man kann jetzt entweder zu dem Ergebnis kommen, das Glas ist halb voll, oder, das Glas ist halb leer. Also: Was wiegt mehr? – Es sind in diesem Konvolut von Gesetzesbestimmungen solche enthalten, die unsere absolute Ablehnung verdienen, weil sie weder mit der Konjunktur noch mit der Katastrophe etwas zu tun haben. Das Gesetz über die Zukunftsvorsorge ist schlicht eine Katastrophe. So etwas dem Nationalrat ohne eigenständige Debatte zumuten zu wollen, in ein Katastrophenpaket hineinschmuggeln zu wollen, ist eigentlich unzulässig.

Die Antwort auf diese Vorgangsweise erhalten Sie nicht heute in der Debatte. Wir haben uns dazu entschlossen, in zweiter Lesung viele der Bestimmungen – dazu gehört die Zukunftsvorsorge und auch einige andere – abzulehnen. Wir stimmen in dritter Lesung deshalb zu (Abg. Dr. Khol: Haben wir gewusst!), weil wir die Katastrophenmaßnahmen für so überwiegend halten. (Abg. Dr. Khol: Ja, ja! Weil ihr Populisten seid!)  – Herr Kollege Khol! Die Vorgangsweise, Maßnahmen bezüglich der Katastrophe und damit nicht zusammenhängende Maßnahmen in einem zu bringen, die ist wirklich katastrophal. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.21

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, und ich mache gleich darauf aufmerksam, dass es ein sehr komplexer Abstimmungsvorgang sein wird. Ich bitte daher auch durchgehend um entsprechende Aufmerksamkeit.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1285 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Frau Abgeordneten Mag. Kubitschek vor.


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Ich werde zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen sowie dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – und zwar der Systematik des Gesetzentwurfes entsprechend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung von Artikel 1 und 2 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung von Artikel 3 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle eine Mehrheit für den Antrag fest.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung von Artikel 4 und 5 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Jene Abgeordneten, die dafür sind, ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung von Artikel 6 Ziffer 1 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer Ziffer 1a in Artikel 6 eingebracht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Entfall des Artikels 6 Ziffer 2 eingebracht.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Artikel 6 Ziffer 2 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Entfall des Artikels 6 Ziffer 3 eingebracht.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Artikel 6 Ziffer 3 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Jene Abgeordneten, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


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Die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer Ziffer 3a in Artikel 6 eingebracht.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Ich stelle eine Mehrheit dafür fest.

Die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag auf Einfügung einer Ziffer 3b in Artikel 6 eingebracht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag auf Einfügung einer Ziffer 3c in Artikel 6 eingebracht.

Ich ersuche bei Zustimmung um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend den Entfall von Artikel 6 Ziffer 4 eingebracht.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Jene Abgeordneten, die dafür eintreten, ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle eine Mehrheit und damit die Annahme fest.

Die Abgeordneten Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend den Entfall von Artikel 6 Ziffer 5 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 7 Ziffer 1 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung von Artikel 7 Ziffer 1a des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatzantrages der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung von Artikel 7 Ziffer 1b des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.


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115. Sitzung / Seite 186

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle neuerlich die einstimmige Annahme fest.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung von Artikel 7 Ziffer 2 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 7 Ziffer 3 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die einstimmige Annahme.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung von Artikel 7 Ziffer 3a des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung von Artikel 7 Ziffer 3b des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung von Artikel 7 Ziffer 3c des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 7 Ziffer 3d des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle eine Mehrheit und damit die Annahme fest.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 7 Ziffer 3e des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Jene Abgeordneten, die dafür sind, ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 7 Ziffer 4 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 7 Ziffer 5 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung von Artikel 7 Ziffer 6 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.


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115. Sitzung / Seite 187

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle neuerlich eine einstimmige Annahme fest.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung von Artikel 7 Ziffer 6a des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung von Artikel 7 Ziffer 6b des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 7 Ziffer 7 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung von Artikel 7 Ziffer 7a des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 7 Ziffer 7b eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 7 Ziffer 7b eingebracht.

Wer dafür ist, den ersuche ich um entsprechendes Zeichen. – Ich stelle eine Mehrheit und damit die Annahme fest.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die restlichen Teile des Artikels 7 Ziffer 7b in der Fassung des Ausschussberichtes.

Bei Zustimmung ersuche ich um bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 7 Ziffer 7c des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag auf Einfügung einer neuen Ziffer 7d und Änderung der bisherigen Ziffernbezeichnung "7d" in "Artikel 7" eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.


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115. Sitzung / Seite 188

Wir kommen nun zur Abstimmung von Artikel 7 Ziffer 7d des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer Ziffer 7e in Artikel 7 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle eine Mehrheit und damit die Annahme fest.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 8 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle eine Mehrheit und damit die Annahme fest.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 9 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Das bedeutet, dass der Gesetzentwurf somit auch in dritter Lesung angenommen ist. (Abg. Dr. Khol: Na bitte, es geht ja! Haben wir gut gemacht! – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1285 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. Ich stelle die einstimmige Annahme fest. (E 157.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1286 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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115. Sitzung / Seite 189

4. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Tätigkeitsbericht (III-124 und Zu III-124 der Beilagen) des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 2000 (1221 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen unmittelbar in die Debatte ein.

Als erster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

20.38

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Wenn man dem zukünftigen Ex-Kanzler Dr. Schüssel (ironische Heiterkeit bei der ÖVP) heute bei der Bilanz der Regierung zugehört hat, dann hat man gute Magennerven gebraucht, denn es gehört einiges dazu, dieses Desaster als Verlässlichkeit darzustellen und dieses Chaos als Verantwortung. In Wahrheit ist die Bilanz dieser Regierung mehr als erbärmlich! (Beifall bei der SPÖ. – Unruhe im Saal.)

Aber auch der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes gibt Gelegenheit, Bilanz zu ziehen, nämlich über die Kontrollmoral dieser Regierung, über das Kontrollwesen im Parlament. Und auch da dreht es einem den Magen um.

Was zum Beispiel die Ausschusstagungen betrifft: Hat sich etwa der Finanzminister oder der Wirtschaftsminister der Diskussion über die ÖIAG gestellt, bei der es um mehr als 100 000 Arbeitsplätze, um unfassbare Privilegien und um den Ausverkauf heimischer Werte geht? – Nein, der Finanzminister hat Herrn Staatssekretär Finz geschickt. Selbst hat er auf den Malediven oder sonst irgendwo Urlaub gemacht und ist untergetaucht. Der Finanzminister ist überhaupt ein antizyklischer Urlaubsfreak: Wenn Ausschusssitzungen stattfinden, ist er auf Urlaub, aber vor dem Sommer hat er gesagt, es ist unfassbar, dass sich die Politik in den Urlaub verabschiedet. – Von den Strapazen dieser Anwürfe hat er sich dann ein paar Tage später in einem Fünf-Sterne-Bungalow auf Kreta erholt. – So viel zum Finanzminister.

Und der Herr Wirtschaftsminister? Wenn es um den Ausverkauf der österreichischen Industrie geht, wo ist da der österreichische Wirtschaftsminister? – Na ja, er hat die Frau Staatssekretärin geschickt – nicht gerade eine ÖIAG-Expertin, das muss man schon sagen, sie wird eher als Skandalmitwisserin in Graz hin und wieder genannt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Rechnungshof hat geprüft, hat gewarnt, hat Konzepte eingefordert. Herr Präsident Fiedler, vielen herzlichen Dank namens der SPÖ-Fraktion. Sie haben sich wirklich wie ein Sisyphus bemüht – gemeinsam mit Ihren Damen und Herren vom Rechnungshof –, um in der Sache ÖIAG das Böseste zu verhindern. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Finanzminister dagegen hat einfach via Fernsehen ausgerichtet, dass das Unternehmen demnächst total zerstört wird. Meine Damen und Herren! Es ist eine bittere Ironie, dass genau jene Partei, die mit dumpfer Ausländerfeindlichkeit im Trüben nach Stimmen fischt, dann mit Repräsentanten wie Prinzhorn und Grasser österreichische Kernunternehmen, ja selbst Grund und Boden verkauft und verscherbelt, und zwar an das Ausland. Dafür werden sich so manche ehemalige FPÖ-Wähler herzlich bedanken.

Und die Handlanger werden fürstlich entlohnt, meine Damen und Herren. Herr Klubobmann Khol! Vorstände, die 10 Millionen Schilling für das Zerstören von österreichischen Strukturen kassieren und dann noch eine Mietzinsbeihilfe  – ich wiederhole: eine Mietzinsbeihilfe! – in Höhe von 50 000 S im Monat zusätzlich kassieren, das ist blanker Zynismus! (Beifall bei der SPÖ.)


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Und das gleich 14 Mal! Dazu merkt auch der Rechnungshof an: Man kann im Jahr nur zwölf Monate wohnen. (Abg. Dr. Jarolim, in Richtung des soeben den Saal verlassenden Abg. Dr. Khol: Dem Herrn Khol ist das offenbar Wurscht!)  – Völlig!

Dazu kommen noch Aktienoptionen für die Spitzenmanager, Pensionen nach fünf Jahren, Abfertigungsmillionen und – was den Wähler brennend interessieren wird, meine Damen und Herren –: Die "Vertreter der kleinen Leute" haben die Aufsichtsratsspesen in den letzten zweieinhalb Jahren um das 19-Fache hinaufgeschnalzt! (Staatssekretär Dr. Finz: Welcher Rechnungshofbericht ist das, Herr Abgeordneter?)  – Herr Staatssekretär, ich komme gleich auf Sie zu sprechen.

Auch den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses haben die Minister peinlich gemieden, etwa Haupt, Spitzenkandidat der FPÖ, oder auch nicht, oder gemeinsam mit jemand anderem. Er hat parlamentarisch geantwortet, Frau Fabel, die falsche Magistra, habe 109 000 S verdient. – Wahr ist – und das wissen wir auf Grund eines Gerichtsverfahrens –, dass es 270 000 S monatlich waren. Hier fehlt noch immer die Entschuldigung. (Abg. Dr. Jarolim: Aber wer sagt die Wahrheit?)

Und wo war der Karrierestart der falschen Magistra Fabel? – Mag. Ute Fabel, Nebenstelle 2207, Auskunftsvermerk, Referent Landeshauptmann-Stellvertreter Mathias Reichhold. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das fängt ja gut an und setzt sich fort mit Frau Forstinger; Sie kennen das alles.

Und wer hat den Vorsitz im "kleinen Untersuchungsausschuss" geführt? – Eine Ikone der Parteibuchwirtschaft und des Postenschachers: Reinhart Gaugg. – Da braucht man auch gute Magennerven.

Ich möchte jetzt gar nicht Minister Böhmdorfer erwähnen, der auch ordentlich zulangt: 100 000 S monatlich hat er sich ausbedungen von seinem Büro. Mit Klagen gegen Regierungskritiker kann man eben trefflich verdienen. Oder etwa Staatssekretär Waneck, der gleich bei drei Ordinationen mitschneidet. Gesunde Geschäfte! Natürlich ist er motiviert, Ambulanzgebühren einzuführen. Das treibt ja die Menschen dann in die Inkassostelle "Privatordination Staatssekretär Waneck". Und die ÖVP hat das geduldet, hat das gefördert, hat hier mitgespielt, hat das beschlossen und hat das auch zu verantworten. (Abg. Dr. Krüger: Unlogisch!)

Herr Dr. Krüger! Zu den öffentlichen Kassierern der FPÖ passt Ihr Ehren-Parteiobmann als Symbol natürlich hervorragend. Sie kennen doch Ihren Ehren-Parteiobmann, Alexander Götz, der nicht nur 7,7 Millionen Schilling auf Kosten der Steuerzahler eingeklagt hat, sondern kürzlich noch einmal 190 000 €. Der Kommentar dazu: Unersättlich! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zum Abschluss – ich bleibe bei Ihnen, meine Damen und Herren von der FPÖ –: Es gibt einen Kassierer, der selbst Götz übertrifft, nämlich den Kärntner Landeshauptmann. Meine Damen und Herren von der FPÖ! Wissen Sie noch, was er Ihnen im "Morgenjournal" am 15. Februar 2000 ausgerichtet hat? (Zwischenruf der Abg. Mag. Hartinger. ) Frau Kollegin Hartinger! Herr Dr. Haider hat Ihnen ausgerichtet, er bleibe bei den 60 000 S, bei dieser Regelung. Er mache das nicht wie Herr Grasser, der auf 66 000 S geht. Und was ist die Wahrheit? – 700 000 S monatlich hat Herr Dr. Haider an Spesen verbraten! Er hat sich geradezu im Luxus gewälzt. Das ist die Wahrheit! Das hat direkt eine orientalische Dimension. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die FPÖ sollte sich schämen für ihre Spitzenrepräsentanten. (Abg. Mag. Hartinger: Das gilt für Sie!) Und die ÖVP sollte sich dafür schämen, dass sie weiterhin mit solchen Leuten unter einer Decke stecken will und das dann noch als Verantwortung für Österreich verkauft. Aber die Wählerin und der Wähler werden Ihnen die Rechnung präsentieren. (Beifall bei der SPÖ.)

20.44


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Großruck –: Jetzt kommt der Vierzeiler! – Abg. Großruck: Der kommt, aber erst am Schluss!)

20.44

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretär! Herr Staatssekretär! Herr Rechnungshofpräsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich nehme an, Sie haben alle den Rechnungshofbericht vom Anfang bis zum Ende gelesen. Daher werden Sie bei der Rede des Herrn Kräuter festgestellt haben, dass er mit keinem Wort auf diesen Rechnungshofbericht eingegangen ist, der jetzt eigentlich diskutiert hätte werden sollen. Er hat mit keinem Wort erwähnt, was wirklich drinnen gestanden ist. (Abg. Dr. Kräuter: ÖIAG!)

Herr Kollege Kräuter, ich verstehe schon, warum Sie hier nicht im Detail darauf eingegangen sind. Das wäre nämlich kein Ruhmesblatt für die SPÖ gewesen. Ich werde auf ein Detail zurückkommen, und damit werde ich Ihnen den Spiegel vor die Nase halten.

Meine Damen und Herren! Herr Präsident Dr. Fiedler! Als Fraktionsführer der Österreichischen Volkspartei erlaube ich mir aber zunächst einmal, einen herzlichen Dank an den Rechnungshof auszusprechen, an Ihre Beamten und an Sie selbst, auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren, auch wenn wir verschiedene Sichtweisen und ab und zu auch Meinungsverschiedenheiten gehabt haben. Es führen bekanntlich viele Wege nach Rom. Ich meine jedoch, wir können alle sagen, dass der Rechnungshof eine hervorragende Arbeit auch für dieses Haus, für das Parlament geleistet hat.

Ich bedanke mich auch sehr herzlich bei meinen Fraktionsmitgliedern im Rechnungshofausschuss, welche tagelang gesessen sind und diskutiert haben, sich stundenlang vorbereitet und Recherchen durchgeführt haben. Ein herzliches Dankeschön für diese konstruktive Mitarbeit!

Meine Damen und Herren! Wir haben heute Vormittag das Vergnügen gehabt, die Erfolgsbilanz der Regierung Schüssel/Riess-Passer, die letzten zweieinhalb Jahre Revue passieren zu lassen. (Abg. Mag. Kogler: Masochist!) Kinderbetreuungsgeld, Angestellten/Arbeiter-Angleichung, "Abfertigung neu", Hospizkarenz, keine Neuverschuldung, Universitätsreform, Reform der Gewerbeordnung, Restitutionszahlungen, Kriegsopferentschädigungen – man könnte diese Liste noch beliebig lang fortsetzen. Es ist – Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, Herr Kogler – eine Erfolgsbilanz, die sich sehen lassen kann. (Abg. Dr. Van der Bellen: Sagt das der Rechnungshof?)

Der Rechnungshofbericht, auf den ich jetzt einmal im Generellen eingehen möchte, sieht die Dinge natürlich von einer anderen Seite. Im Wesentlichen hat der Rechnungshof nämlich nicht die letzten zweieinhalb Jahre bewertet. Es liegt in der Natur der Sache, dass Dinge bewertet worden sind, die weitaus länger zurückliegen.

Meine Damen und Herren! Ich bringe den Untersuchungsausschuss "Euroteam" in Erinnerung, der zutage gebracht hat, dass Millionen irgendwohin verschwunden sind, und bei dessen Verhandlungen sich sogar herausgestellt hat, dass ein Kollege aus dem Hohen Haus, Herr Jarolim, dort beratend mitgetan hat. Das ist Gegenstand des Rechnungshofberichts gewesen.

Oder auch die Flugreisen des Herrn Vranitzky, die mit deutschen Geldern bezahlt worden sind. Zuerst ist abgestritten worden, dass er geflogen ist, und erst als wir das nachgewiesen haben, hat er es auch zugegeben.

Ich erinnere auch an den Rechnungshofbericht über die Flughafen Wien AG, der gewaltige Unstimmigkeiten, gewaltige Fehleinschätzungen und gewaltige Verfehlungen bei der Auftragsvergabe bei gewissen Bauten aufgedeckt hat. Dies alles geschah unter sozialistischer Verantwortung. Unter der neuen Führung ist das dann natürlich im Zuge der Ausgliederung korrigiert und verbessert worden.


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Oder: Ich erinnere an die Post AG, wo es Fehlinvestitionen bei den Verteilerzentren gegeben hat – wie der Rechnungshof feststellt, nicht ich –, wo in die falsche Richtung investiert worden ist, wo die EU-Erweiterung nicht zur Kenntnis genommen worden ist, wo die Privatisierung der Post nicht zur Kenntnis genommen worden ist, wo noch Verträge abgeschlossen worden sind, die in keinem Verhältnis zu dem gestanden sind, was eigentlich bezahlt werden sollte. – Das, meine Damen und Herren, steht im Rechnungshofbericht. Da kann man schon verstehen, warum der Herr Kräuter nicht darauf eingegangen ist.

Ich gehe konkret auf die Artothek ein. Das ist jene Stelle im Bund, die Bilder von Künstlern ankauft. Meine Damen und Herren! Seit 50 Jahren gibt es die Artothek, und in dieser Artothek gibt es laut Aufzeichnungen 25 000 Exponate. Als der Herr Staatssekretär für Kunst, Morak, diese Stelle übernommen hat, hat sich herausgestellt, dass es hier zu großen Verfehlungen gekommen ist. Man ist draufgekommen, dass 7 000 Exponate ausgeliehen waren. Das ist in Ordnung. Aber weitere 10 600 Exponate waren ebenfalls weg! 6 200 schienen zwar auf Karteikarten oder in Verzeichnissen auf, mussten aber erst gesucht werden, und bei 2 200 ist überhaupt fraglich, wo sie sind. Und das bei einem Abteilungsleiter und vier Mitarbeitern!

Ich werde Ihnen jetzt etwas vorrechnen: Wenn in 50 Jahren 25 000 Exponate angekauft worden sind, dann sind das im Jahr 500. Es handelt sich also um 500 Ankäufe im Jahr. Wenn wir das auf einen Tag umlegen – und ich unterstelle jetzt 250 Arbeitstage –, dann sind das pro Tag zwei Ankäufe.

Jetzt begebe ich mich aus dem Bereich gesicherter Zahlen heraus und nehme an, dass vielleicht auch zwei Exponate pro Tag verliehen worden sind – es kommen also noch zwei weitere Arbeitsvorgänge hinzu –, und vielleicht sind auch noch zwei Exponate zurückgebracht worden, dann sind es sechs. Meine Damen und Herren! Nach statistischen Berechnungen kann es maximal sechs Bewegungen pro Tag gegeben haben. Und das bei einem Abteilungsleiter und vier Mitarbeitern!

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen eines: Jede Pfarrbibliothek in Österreich, die ehrenamtlich geführt wird, organisiert ihren Buchverleih und ihr Management besser, als das der eine Abteilungsleiter und die vier Mitarbeiter unter sozialistischer Aufsicht, unter sozialistischer Verantwortung getan haben. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Meine Damen und Herren! Hören Sie zu, wie man sich verantwortet hat. Der ORF hat dieses Thema natürlich auch aufgegriffen. In dem Zusammenhang wurde die damals verantwortliche Ministerin Hawlicek interviewt. Vorausschicken möchte ich noch, dass der Rechnungshof bereits im Jahre 1986 die Artothek geprüft und auf diese Missstände hingewiesen hat, dass aber nichts geschehen ist, sondern, wie der Rechnungshof in seinem jüngsten Bericht feststellt, es sich sogar noch verschlechtert hat, es noch chaotischer zugegangen ist. Frau Ministerin Hawlicek hat auf die Frage, ob sie in diesem Punkt keine Schlamperei sehe, geantwortet – O-Ton ORF –:

Schlamperei – ich meine, was ist das Wort "Schlamperei"? Ich persönlich bin auch schlampig, was meinen Haushalt oder andere Sachen betrifft, aber ich finde immer alles, zum Beispiel Unterlagen. Ich habe jetzt auch die Kunstberichte aus den letzten Jahren gefunden. Aber ich finde, es ist besser, man verwendet die Zeit, um besten Kontakt mit den Künstlerinnen und Künstlern zu haben, als dass da jetzt genau jedes Blatterl registriert wird. – Zitatende.

Ja, meine Damen und Herren, wenn man mit einer solchen Einstellung die Verantwortung für ein derartiges Ressort übernimmt – und diese Einstellung ist symptomatisch für das, was in den letzten Jahren passiert ist –, dann darf es einen nicht wundern, wenn der Rechnungshof mit diesen Machenschaften derart hart ins Gericht geht. Und so könnte man die Liste natürlich fortsetzen.

Meine Damen und Herren! Es steht natürlich nicht im Rechnungshofbericht, was noch alles passiert ist. Es steht nichts über die Sanktionen drinnen, nichts über das Verhalten des Herrn Gusenbauer, der champagnisierend mit dem französischen Außenminister Vedrine zusammen


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gesessen ist und auf die Sanktionen angestoßen hat, es steht nichts über die Demonstrationen drinnen, auf denen Rot und Grün mit Gewaltbereiten mitmarschiert sind. Es steht nicht drinnen, dass Herr Gusenbauer die Bezirkshauptmannschaften schließen will, es steht nicht drinnen, dass Rot-Grün oder Grün für die Freigabe von Cannabis und ähnlichen Rauschgiften ist und dass der Benzinpreis angehoben werden soll.

Ja, meine Damen und Herren, das müssen wir heute in dieser Diskussion der Bevölkerung mitteilen, damit Ihre Schalmeientöne auf der einen Seite und Ihre Kritik auf der anderen nicht so stehen bleiben! Die Österreicher müssen wissen, was auf sie zukommt, wenn sie sich entschließen sollten, was sie wahrscheinlich nicht tun werden, Rot-Grün zu wählen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Die Abgeordneten Dr. Lichtenberger und Brosz: Großruck! Großruck!)

Wir stehen also vor der Entscheidung zweier wichtiger Fragen: Liebe Österreicherinnen und Österreicher, wollt ihr Rot-Grün oder wollt ihr weiterhin die erfolgreiche Politik eines Wolfgang Schüssel? (Abg. Dr. Jarolim: Nein!) Wollt ihr – und diese Frage sollte jeder für sich beantworten – Gusenbauer oder wollt ihr Schüssel? Der Vergleich macht Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sicher! (Beifall und Bravo-Rufe bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. )

Ja, lieber Herr Jarolim, ich habe zu Hause bei der Direktwahl zwei Drittel der Stimmen bekommen, gegen zwei Gegenkandidaten. Ich habe direkt kandidiert, ich weiß, was das ist, und ich scheue nicht davor zurück.

Meine Damen und Herren! Ich schließe wie immer mit einem Vierzeiler, darf diesen aber einmal nicht an die Damen und Herren der Opposition richten, sondern an die Österreicherinnen oder Österreicher, nicht als Bundespräsident – das würde ich mir niemals anmaßen –, aber ich spreche jetzt zumindest auch für das Protokoll. (Abg. Schieder: Ja, dann gehen Sie hinaus, wenn Sie zu uns nicht sprechen wollen! – Zwischenruf des Abg. Kiss. )  – Lieber Pauli, hör zu!

Wenn bei Schwarz die Kreuzerln stehen,

wird es weiter aufwärts gehen.

Stehen sie bei Rot und Grün,

dann wird Österreich was blühen!

Liebe Österreicher! Das kommt auf uns zu. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Sie sollten zum Kunstbericht sprechen! – Abg. Dr. Lichtenberger: Sie sollten in Hexametern sprechen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

20.55

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Ich erlaube mir, aus gegebenem Anlass darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen über das Verbleiben bei der Sache nicht zu extensiv ausgelegt werden sollten.

Bitte sehr, Herr Abgeordneter Kogler.

20.55

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofs! Mitglieder der Bundesregierung! Es ist jetzt etwas schwierig, an die Ausführungen des Kollegen Großruck anzuknüpfen. Ich bitte um Nachsicht. Andererseits darf ich bei einer derart exzessiven Auslegung des inhaltlichen Zusammenhangs auch für mich in Anspruch nehmen, ein paar Punkte zu streifen, die vielleicht nicht unbedingt in den hier vorliegenden Rechnungshofberichten – es sind ja zwei; es ist der Tätigkeitsbericht samt Nachtrag – unmittelbar ihren Niederschlag finden. Aber es sind ja alle Ministerien tangiert, sodass man schon ein wenig weiter ausholen darf.

Zunächst möchte auch ich meinen Dank aussprechen an den Herrn Präsidenten des Rechnungshofes und an die Mitarbeiter, die ja zum Teil auch heute wieder hier anwesend sind, und zwar für mehrerlei: für die Arbeit im Ausschuss, aber auch für die Hintergrundberatung, die man


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als Abgeordneter erhält oder speziell ich als Ausschussvorsitzender dort immer wieder erfahren habe.

Aus der Erfahrung heraus, dass es mir einmal gelungen ist, einen Sonderbericht hier im Haus durchzusetzen, möchte ich auch dafür danken, wie hiebei die Absprachen funktioniert haben. Ich bin nach wie vor von diesem Unternehmen, wenn Sie so wollen, oder von der Behörde Rechnungshof zutiefst beeindruckt, der ja auch ein Organ des Nationalrates ist, besonders davon, wie dort mit einer letztlich doch beschränkten Anzahl von Mitarbeitern die sehr weit reichende und auch sehr tief schürfende Kontrollarbeit zum Nutzen aller Bürgerinnen und Bürger betrieben wird. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das erleichtert letztlich auch die Arbeit der Abgeordneten hier, also unsere, denn einer unserer Aufträge als Parlamentarier ist ja die Kontrolle der Exekutive. Leider vergessen das manche im Wechselspiel zwischen Regierung und Opposition, sodass Regierungsabgeordnete immer meinen, nur verteidigen zu müssen, was die Regierung macht, und die Opposition allenfalls, wenn man mir das jetzt vorwerfen will, immer nur kritisiert.

Diesen Vorwurf weise ich natürlich zurück. Speziell in Österreich gibt es aber diese Tradition, und es wird völlig übersehen, dass eigentlich der Nationalrat und somit auch der einzelne Abgeordnete diesen Auftrag der Kontrolle hat. Dafür wäre und ist ja auch der Rechnungshof ein hervorragendes Hilfsorgan, wenn Sie diesen Ausdruck erlauben, Herr Präsident Dr. Fiedler.

Deshalb meine ich auch – um diesen Bogen jetzt nach zweieinhalb Jahren abgekürzter Legislaturperiode ein wenig weiter zu spannen –, was die Kontrollarbeit dieser zweieinhalb Jahre betrifft, damit beginnen zu dürfen, dass Einsparungen im Personalbereich des Rechnungshofes, womit man schon beginnen wollte, so ziemlich das Ungeschickteste sind, was man machen kann. Es ist in dieser Dramatik ja auch nicht passiert, aber es sind dafür jedes Mal ein gewisses Ringen und ein Druck notwendig.

Es wäre schön, wenn man sich einmal darauf verständigen könnte – vielleicht auch in einer solchen Situation, in der man nicht weiß, wie die neuen Mehrheiten aussehen werden –, dass mit diesem Unterfangen einmal Schluss gemacht wird, denn es ist nämlich auch im Hinblick auf den Staatshaushalt eine zutiefst unökonomische Herangehensweise.

Ich bin der Meinung, dass kaum irgendwo der Grenznutzen einer zusätzlichen Postenbesetzung – für den Budgetsaldo gesprochen – so nützlich wäre wie hier, denn überbesetzt ist der Rechnungshof sicherlich nicht. Jede weitere Stelle kann die Kontrollarbeit nur verbessern. Das gilt für die praktische Arbeit und natürlich auch für die Zukunft, für die prophylaktische Wirkung – und darin besteht ja der größte Nutzen dieser Institution –, die dadurch längerfristig betrachtet auch noch erhöht werden könnte.

Deshalb bin ich dieser Meinung, und es würde mich interessieren, falls noch Redner von anderen Fraktionen hier am Rednerpult zu diesen Berichten Stellung nehmen, was sie dazu sagen. Das wäre doch der richtige Moment, diese Sache außer Streit zu stellen. Dann hätten wir diesen Augenblick für etwas Sinnvolles genützt. Ich bin gespannt!

Inhaltlich haben sich in den letzten zweieinhalb Jahren ein paar Dinge besonders herauskristallisiert. Ich darf mit einem beginnen, wovon der Rechnungshof eigentlich entlastet werden sollte. Auch dazu würde mich die Meinung der anderen Fraktionen beim Auslaufen der Legislaturperiode wirklich interessieren.

Wir haben doch – und das sind gesetzliche Bestimmungen, zum Teil verfassungsgesetzliche Bestimmungen – verankert, dass die Offenlegung der Einkommen in staatsnahen Institutionen – ich formuliere das jetzt etwas salopp – durchgeführt werden soll, und zwar abgewickelt durch den Rechnungshof.

Ich muss gemeinsam mit dem Präsidenten feststellen, dass es effizienter wäre, wenn das andere Institutionen wie etwa die Statistik Austria übernehmen könnten. Das wäre wahrscheinlich unter dem Strich das Bessere, was übrigens nichts daran ändert, dass wir die Ausführung


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und Erfüllung dieses Gesetzes für gescheit halten, und damit bin ich schon beim nächsten Punkt, den ich heute erwähnen will.

Es ist meines Erachtens schon ein bedenklicher Vorgang, der sich in dieser Legislaturperiode zugetragen hat, wenn sich bestimmte Institutionen, wie etwa – ich muss wieder dieses Beispiel erwähnen, denn dort ist es besonders drastisch – die Wirtschaftskammer, weigern, diesen gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen.

Ich erwähne diese Kammer deshalb, weil sie keine staatsnahe Firma wie XY ist. Ich habe ja noch eine gewisse Einsicht, wenn der ORF dagegen Bedenken anmeldet, weil sonst seine Top-Manager-Gehälter mit jenen anderer Firmen verglichen werden könnten, die nicht so transparent sind, und weil etwa Privatsender in das Gehaltsschema Einsicht nehmen könnten. Dieses Argument hat zumindest eine gewisse Basis, das will ich nicht abstreiten.

Was allerdings die Wirtschaftskammer betrifft, sehe ich das nun wirklich nicht ein, denn die Idee des Gesetzes war ja gerade, dass alle Institutionen, die so ähnlich funktionieren oder ähnliche Aufgaben übernehmen, wie sie politische Parteien oder politische Entscheidungsträger nun einmal innehaben, auch entsprechend gleichgestellt werden. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Jeder Abgeordnete, jedes Regierungsmitglied muss – unter Anführungszeichen – "erdulden", dass sein Einkommen bekannt ist, und das ist auch richtig so. Daher haben wir auch in den Gesetzen, die anlässlich der Bezügepyramide gemacht wurden, dieses ganze Konvolut mit verankert. Doch was stellt sich heraus? – Allen voran reitet die Wirtschaftskammer gegen dieses Verfassungsgesetz, sie hat Einspruch erhoben, und will partout die Gehälter nicht veröffentlichen.

Ich mahne das deshalb ein, weil die ÖVP, namentlich Klubobmann Khol, an dieser Stelle hier sonst immer – ich habe das heute schon einmal erwähnt – den Verfassungsbogen auspackt, wenn es ihr gerade passt. Mittlerweile ist er ja offensichtlich ohnehin schon zum Bumerang geworden. (Abg. Kopf: Wir sind ein Rechtsstaat!)

Wir sind in einem Rechtsstaat, das stimmt. Ich habe ja auch gesagt, dass hier Berufungen eingelegt worden sind. Das ist richtig. Ich habe mich aber nicht weiter in dieses Thema vertieft, und dieser Zwischenruf wird Sie auch nicht retten, Herr Kollege Kopf, weil trotzdem, trotz dieses Einspruchs Rechtslage ist, dass das veröffentlicht werden müsste. Das war ja der Inhalt unseres Disputs. Ich will aber die Kolleginnen und Kollegen nicht weiter damit langweilen.

Es gibt selbstverständlich das Recht, zum Europäischen Gerichtshof zu gehen, Menschenrechtsbedenken anzumelden und was weiß ich alles, wenn es auch eigenartig anmutet, dabei gleich die Menschenrechte zu strapazieren. Diese wären besser bei anderen Dingen ins Spiel gebracht worden. Aber bitte, das war ja auch schon bei Rot-Schwarz das Problem.

Allein: Das geltende Recht und die geltende Verfassung sehen die Offenlegung trotzdem vor, und diese Aktionen haben keine aufschiebende Wirkung. Dennoch tut man so, als ob das jetzt speziell – und ich bleibe dabei – die Wirtschaftskammer nichts anginge, und das geht eben nicht. Insofern ist es immer gut, wenn wir solche Debatten führen, denn dadurch wird das Ganze wenigstens teilöffentlich.

Ich darf die "Euroteam"-Affäre überspringen. Sie ist ja vom Kollegen Öllinger und anderen von den Grünen schon während der letzte Legislaturperiode entsprechend aufgedeckt worden. Sie hat aber in dieser Periode sehr viel nach sich gezogen, unter anderem einen sehr gehaltvollen Rechnungshofbericht.

An dieser Stelle möchte ich aber auf die wirklich sehr kritisierenswerten Punkte dieser Legislaturperiode zu sprechen kommen, und zwar auf die Vorgänge in den Ministerbüros. Ich will jetzt nicht auf die Argumente eingehen, die dazu immer ausgetauscht werden, sondern nur auf einen bestimmten Sachverhalt hinweisen.


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Minister haben sich ständig geweigert, vor den zuständigen untersuchenden Unterausschüssen zu erscheinen, und zwar letztlich mit Unterstützung der Mehrheit, weil sie diese Ladungsanträge nicht entsprechend unterstützt hat. Ein Herr Haupt, eine Frau Forstinger und ein Herr Bartenstein haben sich überhaupt geweigert, zu den Vorgängen in einem Untersuchungsausschuss auszusagen. – Ich finde das angesichts der öffentlich nicht widerlegten Vorwurfslage abenteuerlich! Das muss man sich einmal trauen! Es wäre ja schon längst nahezu eine Entlastung für die betroffenen Minister gewesen, aber es wurde mit Mehrheit verweigert, dass sie dazu aussagen.

Bei Frau Forstinger hat man ja richtig taktiert. Man hat das solange verweigert, bis sie dann letztendlich "vertschüsst" wurde, wie das im Jargon der "F" heißt. Trotzdem werden Sie es erleben, dass wir diese Causa noch einmal aufrollen. Ich habe den Sonderbericht bereits erwähnt. Er kann jetzt so nicht mehr vorgelegt werden; vielleicht in der nächsten Periode. Sollte er noch in dieser Periode vorgelegt werden, werde ich auf eine Wiedervorlage hoffen dürfen. Jedenfalls werden genau die Ressorts von Bartenstein, Haupt, Forstinger respektive Reichhold noch entsprechend untersucht.

Ich meine nur, die Vorgangsweise, dass sich Minister dem Nationalrat in dieser Art und Weise verweigern, wird uns langfristig nicht gut tun, und das sollten alle überdenken, auch etwaige neue Mehrheiten. Das ist schon richtig. Aber das bleibt erwähnenswert, und das wird auch diese Periode kennzeichnen, die wir jetzt eben abschließen, dass sich Minister in einer geradezu verwerflichen Art und Weise einer Erklärung gegenüber dem Parlament entzogen haben.

Wundern darf es einen nicht – ich schaue gerade die FPÖ an –, wenn man die Vorgänge in der Partei selbst betrachtet. Der Fall Gaugg ist ja nicht nur einer des reinen Postenschachers. Es wurde ja selbst noch sein Abgang unter Missbrauch von staatlichen Einrichtungen inszeniert. MinisteriumsmitarbeiterInnen waren damit beschäftigt, Kreditkarten des Herrn Gaugg irgendwo in ein Reisebüro zu bringen, damit er schnell einen Flug in die USA gebucht bekommt. Ist das der Job von Ministeriumsmitarbeitern? – Ich finde, nein.

Hätte die FPÖ das als Partei gemacht, dann wäre das in Ordnung gewesen. Man soll niemanden fallen lassen, und man soll jedem seinen raschen Urlaub gönnen, wenn er ihn braucht. Ich frage mich nur, warum nicht die Parteizentrale in Kärnten diesen Job übernommen hat. Die sind doch sogar bis nach Bagdad vorgedrungen, da wären sie bis Florida wohl auch noch gekommen!

Es kennzeichnet die Zustände in den Ministerien, dass da überhaupt kein Unterschied mehr gemacht wurde. Wieso ist Herr Gaugg nach all dem, was vorgefallen ist, auch noch bei seiner Urlaubsreise ein Versorgungsfall für die Bundesregierung gewesen? – Dies sei nur festgestellt, um sozusagen auch noch den Abschluss dieser ganzen Causa zu erwähnen.

Das ist Ihre Herangehensweise. Sie haben letztlich in vielen Bereichen gar keinen Unterschied mehr erkannt zwischen Partei und Regierung, Partei und Staat. Da fängt nämlich das Problem an, das wir jetzt diskutieren. Genau dort! Diesbezüglich sollten Sie einmal in sich gehen, beziehungsweise wird sich das vielleicht für viele von Ihnen schon erübrigen. Aber was in diesem Punkt die Partei des "kleinen Mannes", der "Anständigen und Tüchtigen" – Kollege Pilz hat einmal gesagt, der Abgängigen und Flüchtigen –, vielleicht auch der ... Nein, lassen wir das jetzt, das würde zu weit führen.

Ich wollte nur noch einmal das "FORMAT" hervorholen, denn es ist im Übrigen völlig unwidersprochen geblieben, Frau Kollegin Hartinger, was darin darüber steht, welche Spesen in Ihrer Partei zum Beispiel an "das einfache Parteimitglied" ausgezahlt werden. Ich sage Ihnen eines: Wenn Sie alle einfachen Parteimitglieder so behandeln würden, nämlich mit 8,8 Millionen Schilling, die zugegeben wurden – das "FORMAT" schreibt ja von 20 Millionen Schilling, aber 8,8 Millionen Schilling wurden gleich einmal prophylaktisch zugegeben –, dann hätten Sie schöne Einnahmen vorzuweisen, aber das würde mich allenfalls zum nächsten Thema führen: Die Offenlegung der Parteifinanzen halte ich für ein Gebot der Stunde.


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115. Sitzung / Seite 197

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Kollege Kogler, das ist jetzt kein Geschäftsordnungsproblem, aber die freiwillige Redezeit ist jetzt bereits um 100 Prozent überschritten! (Heiterkeit bei den Grünen.) Ich sehe an den Mienen Ihrer Fraktionskollegen, dass die nicht böse sind, wenn ich Sie darauf aufmerksam mache. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Sehen Sie, so lösen wir die Probleme in unserer Fraktion: Manche machen ein Mienenspiel, und der andere spielt nicht mit; das müssen sie sonst auch öfter aushalten.

Ich halte es für wesentlich, dass die Parteifinanzen offen gelegt werden. Das ist ein Vorhaben auf einem Gebiet, das eigentlich per Gesetz korrigiert gehörte. Das ist in dieser Legislaturperiode nicht gelungen, obwohl es etliche Anläufe dazu gegeben hat, aber vielleicht schaut das in der nächsten Legislaturperiode etwas anders aus.

Gläserne Parteikassen, das hätte uns auch in Bereichen, die uns heute noch beschäftigen werden, nämlich beim Einsetzen des Untersuchungsausschusses in Sachen Abfangjäger auch sehr weitergeholfen. Möglicherweise würden wir bei der Thomson-Affäre der Vergangenheit und in Zukunft bei der Affäre der Beschaffung von Abfangjägern, die sich jetzt abzeichnet, schneller zum Ziel kommen und auch dazu beitragen, bestimmte Korruptionsvorwürfe erst gar nicht entstehen zu lassen. Falls doch etwas schief läuft, könnte man es besser recherchieren. Deshalb bin ich auch völlig zuversichtlich, dass sich einsichtige neue Mehrheiten diesem Problem anders stellen werden als Ihr Zudeck-Kartell. (Beifall bei den Grünen.)

21.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hartinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

21.10

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren Staatssekretäre! Herr Rechnungshofpräsident! Herr Kollege Kogler, Sie haben gut begonnen, aber schlecht geendet. Ich wollte mich eigentlich für Ihre Vorsitzführung im Ausschuss bedanken, aber jetzt bin ich schwer am Überlegen, ob ich das tun soll oder nicht. (Abg. Dr. Lichtenberger: Nehmen Sie sich ein Herz, Frau Kollegin!)  – Das tue ich gerade, Frau Kollegin. Ich bedanke mich trotzdem für seine Vorsitzführung.

Ich bedanke mich aber nicht nur bei meinen Kollegen, sondern vor allem auch beim Herrn Rechnungshofpräsidenten und stellvertretend auch bei seinen Mitarbeitern für die wirklich umfassenden Tätigkeitsberichte, aber auch für die umfassende Arbeit, die in dieser Legislaturperiode für den Nationalrat und für die Bevölkerung geleistet wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kräuter: Für die Kontrolle müssen Sie sich bei mir auch bedanken!)

Sie wissen, dass ich Kontrolle für sehr, sehr wichtig halte. Ich hatte selbst einmal eine Kontrollfunktion inne, und im Gegensatz zu Ihnen weiß ich, wovon ich rede, Herr Kollege Kräuter! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Präsident! Es tut mir wirklich Leid, dass es nicht gelungen ist, durchzusetzen, dass den Einkommensbericht nicht mehr der Rechnungshof machen muss, weil seine Ressourcen damit gebunden sind, sondern dass das die Statistik Austria macht. Sie wissen, dass ich mich darum bemüht habe, und ich hoffe, dass die nächste Regierung das umsetzt. Ich werde mich jedenfalls für meine Fraktion, egal, ob ich in einer Funktion bin oder nicht, sehr dafür einsetzen, dass das geschieht.

Weiters möchte ich noch zum Thema Ausgliederungen – ich weiß, dass das eines Ihrer Lieblingsthemen ist – sprechen. Die Vorteile von Ausgliederungen können aus meiner Sicht nicht generell beurteilt werden, weil die Aufgabenstellungen der einzelnen Dienststellen zu vielfältig sind. Es ist daher – ich glaube, in diesem Punkt verstehen wir uns – in jedem Fall unbedingt eine exakte Überprüfung betreffend die optimale Rechtsform anzustellen, und es sind alle organisatorischen Möglichkeiten in Betracht zu ziehen.


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Grundsätzlich sollte meiner Meinung nach auf die Beispiele gelungener Ausgliederungen, welche auch in Ihren Berichten evaluiert wurden, verwiesen werden, wie etwa auf die Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste oder der Tiergarten Schönbrunn GesmbH. Diese Ausgliederungen sind wirklich als positive Beispiele zu bezeichnen.

Ich persönlich bin, und auch meine Fraktion ist eine Verfechterin der Ausgliederungen. Allerdings muss man genaue Rahmenbedingungen abstecken, und ich hoffe, dass Sie, Herr Präsident Dr. Fiedler, Ausgliederungen in nächster Zeit auch in dieser Richtung beurteilen werden. – Ich möchte mich abschließend noch recht herzlich bedanken! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Redezeitbeschränkung: voraussichtlich 3 Minuten. – Bitte.

21.13

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Hinter diesem Rechnungshofbericht, hinter diesem blauen Buch über das Tätigkeitsverwaltungsjahr 2000 verbirgt sich sehr wohl auch ein handfester Skandal, und dieser handfeste Skandal hat auch eine politische Farbe.

Die politische Farbe ist Rot, und es ist bedauerlich, dass nur einige wenige Abgeordneten der Sozialdemokraten jetzt hier sind. (Zwischenruf des Abg. Eder. ) Es geht um den Skandal betreffend die Sicherheitskontrollen am Flughafen Wien. (Zwischenruf der Abg. Huber. ) Frau Kollegin, hören Sie mir zu! Ich freue mich, dass Sie jetzt munter geworden sind!

Es handelt sich um einen Skandal mit folgenden Beteiligten: dem Bundesministerium für Inneres, den dort ausschreibenden Stellen, der Flughafen Wien AG und der Vienna International Airport Security, kurz VIAS genannt.

Was ist geschehen? – Im Jahre 1993 erfolgte die Ausschreibung für die Sicherheitskontrollen am Flughafen Wien. Ausschreibende Stelle war das Bundesministerium für Inneres. Den Zuschlag erhielt aber nicht der Billigst- und Bestbieter – der Bestbieter war nämlich unter Druck gesetzt worden, sein Angebot zurückzuziehen –, sondern die wesentlich teurere VIAS, die 100-Prozent-Tochter der Flughafen Wien AG. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter. )

Jetzt muss man aber wissen, dass der Geschäftsführer der VIAS ein ehemaliger Mitarbeiter des Bundesministeriums für Inneres ist, man muss wissen, dass im Aufsichtsrat der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit Sika, Bundesministerium für Inneres, saß und dass im Aufsichtsrat dieses Unternehmens auch Dr. Günter Bögl, ehemaliger Polizeidirektor von Wien, saß.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weiters saß auch Herr Dr. Manfred Matzka, seinerzeit Sektionschef des Bundesministeriums für Inneres, im Aufsichtsrat dieses Unternehmens. Die ausschreibende Stelle ist das BMI, und wesentliche Mitglieder des Bundesministeriums für Inneres sitzen im Aufsichtsrat jenes Unternehmens, das Bestbieter geworden ist.

Herr Rechnungshofpräsident Fiedler hat im Rechnungshofausschuss sehr wohl auf diese Personalunion hingewiesen und wörtlich gesagt: Wenn ich höre, dass Mitarbeiter des BMI auch im Aufsichtsrat von VIAS sitzen, dann muss ich sagen: Das ist, gelinde gesagt, nicht optimal und lässt die seinerzeitige Vergabe beziehungsweise die Nichtausschreibung in neuem Licht erscheinen.

Meine Damen und Herren! Der Skandal ist damit aber nicht beendet, sondern geht weiter. Im Jahre 1998 werden vom Bundesministerium für Inneres auch die Sicherheitskontrollen für die Flughäfen Linz und Graz ausgeschrieben. Es ist dieselbe ausschreibende Stelle, und es sind dieselben Leistungen. – Ergebnis: Private Sicherheitsunternehmen werden Bestbieter und verlangen rund 50 Prozent, also nur die Hälfte von dem, was die VIAS am Flughafen Wien verlangt. – Spätestens dann hätte das Bundesministerium für Inneres doch reagieren müssen,


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etwa mit einer Neuausschreibung beziehungsweise Preisanpassungen für den Flughafen Wien. Es ist aber nichts geschehen.

Im Jahre 2001 erfolgt schließlich die Ausschreibung für den Flughafen Salzburg. Wieder ist die ausschreibende Stelle dieselbe, und wieder erhält ein privates Sicherheitsunternehmen, das 50 Prozent billiger ist, den Zuschlag. Aber wieder werden für den Flughafen Wien die Sicherheitskontrollen nicht neu ausgeschrieben. Das ist doch sehr bemerkenswert!

Der Rechnungshof vertritt in seinem Bericht die Auffassung, dass die Durchführung der Sicherheitskontrollen auf dem Flughafen Wien neu ausgeschrieben werden müsste. Wörtlich heißt es: Ein Einsparungspotential von bis zu 70 Millionen Schilling im Jahr ist zu lukrieren.

Das Bundesministerium für Inneres, die ausschreibende Stelle, hat somit bisher um 500 Millionen Schilling zu viel bezahlt. Es ist jedoch nichts geschehen. Die Argumentation war letztlich, dass der Sicherheitskontinuität der Vorzug zu geben ist. Das ist eine wirklich hanebüchene Argumentation!

Man kann die Dinge auf den Punkt bringen: Das Bundesministerium für Inneres lässt sich vom Flughafen Wien erpressen. Das ist die Wahrheit! Dieser Skandal hat eben eine politische Farbe, und diese politische Farbe ist Rot.

Sehr geehrte Damen! Hohes Haus! Ich hoffe nur, dass der neue Bundesminister für Inneres nicht rot sein wird und dass dieser Skandal ein Ende findet! Ansonsten werde ich eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermitteln. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Präsident des Rechnungshofes. Ich erteile es ihm.

21.18

Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Als der Rechnungshofausschuss vor dem Sommer dieses Jahres den Tätigkeitsbericht über das Jahr 2000 behandelt hat, war zumindest für den Rechnungshof nicht absehbar, dass relativ bald Wahlen vor der Türe stehen würden und der Nationalrat sich auflöst.

Diese Auflösung des Nationalrates hat auch gewisse Auswirkungen auf die Tätigkeit des Rechnungshofes, und zwar insofern, als er in dieser Legislaturperiode diesem Nationalrat keine Prüfungsbilanz der Regierung vorlegen kann.

Der Rechnungshof als Organ des Nationalrates sieht sich verpflichtet, die Regierung zu prüfen und vor allem zu prüfen, ob die Zielvorgaben, die sich diese Regierung für diese Legislaturperiode gesetzt hat, auch eingehalten wurden.

Das kann nun angesichts der vorzeitigen Auflösung nur zu einem Teil geschehen, und zwar deshalb nur zu einem Teil, weil wir uns vorgenommen haben, im nächsten Jahr – und nach planmäßigem Verlauf dieser Legislaturperiode wäre das nächste Jahr noch überwiegend in eine Zeit gefallen, in der dieser Nationalrat getagt hätte – gewisse Prüfungen vorzunehmen, die unserer Meinung nach von grundsätzlicher Bedeutung sind.

Dessen ungeachtet haben wir aber auch im heute in Verhandlung stehenden Tätigkeitsbericht über das Verwaltungsjahr 2000 einige grundlegende Aussagen getroffen und auch die Prüfung einiger grundlegender Zielvorgaben dieser Bundesregierung behandelt. Darunter befinden sich unter anderem die Auswirkungen der Verwaltungsreform und im Besonderen die Frage, inwieweit Ausgliederungen in diesem Zusammenhang zweckmäßig sind und welche Gesichtspunkte man im Zusammenhang mit Ausgliederungen zu beachten hat.

Ich darf diesbezüglich auf die Aussage meiner Vorrednerin, Frau Abgeordneter Hartinger, verweisen. Ich bin völlig mit ihr einer Meinung, dass man keine generelle Aussage treffen kann,


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dass Ausgliederungen grundsätzlich schlecht oder grundsätzlich richtig sind. Vielmehr hat man in jedem Einzelfall eine sorgfältige Prüfung vorzunehmen, und der Rechnungshof hat auch sehr klare Kriterien aufgestellt, was man im Zuge von Ausgliederungen zu beachten hat, um letztlich Erfolg zu haben.

Wir haben in dieser Legislaturperiode eine ganze Fülle von Ausgliederungen geprüft. Wir haben sowohl gute als auch schlechte Beispiele anführen können. Gute Beispiele sind beispielsweise die Tiergarten Schönbrunn GesmbH beziehungsweise auch das Schloss Schönbrunn.

Es gab aber auch schlechte Beispiele. In diesem Zusammenhang darf ich ganz besonders die Ausgliederung des Bahnwesens in Österreich erwähnen und auch darauf verweisen, dass das Problem, das mit dem Bahnwesen zusammenhängt, und die Belastungen für das Budget noch lange nicht ausgeräumt sind. Welche Regierung auch immer in der künftigen Legislaturperiode das Sagen haben wird, sie wird sich dieses Problems ganz besonders anzunehmen haben.

Der Rechnungshof hat festgestellt, dass die Zuwendungen aus dem Budget für das Bahnwesen in den verschiedenen Erscheinungsformen der Ausgliederung – es ist ja nicht mehr nur eine einzige Gesellschaft ÖBB im eigentlichen Sinne vorhanden, sondern es gibt eine ganze Reihe von Gesellschaften in diesem Zusammenhang – im Jahr 2000 rund 51 Milliarden Schilling betragen haben und dass diese Zuwendungen im Jahre 2001 sogar auf 59 Milliarden Schilling gestiegen sind. Hier ist nach Meinung des Rechnungshofes dringendster Handlungsbedarf gegeben! Wir haben dies in unserem Bericht schonungslos aufgezeigt, und ich glaube, man sollte daraus die nötigen Konsequenzen ziehen.

Wir konnten im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform vieles, was diese Regierung gemacht hat, bewerten und in unsere Berichte einfließen lassen. Allerdings konnten wir nicht mehr die Frage klären, ob mit den Maßnahmen, die im Rahmen der Verwaltungsreform von der Regierung getroffen worden sind, auch jene Effekte erzielt werden konnten, die sich die Regierung vorgenommen hat. Wir werden dies in der nächsten Legislaturperiode nachzuholen haben, können aber bedauerlicherweise diesem Nationalrat darüber keinen Bericht mehr vorlegen.

Das trifft in gleicher Weise auch auf die Frage zu, wie es um die Staatsschulden und um das gesamtstaatliche Defizit steht. Wir haben uns vorgenommen, zu Beginn des nächsten Jahres eine Prüfung zu beginnen, die dieser Frage nachgehen soll. Wir werden diese Prüfung vornehmen, aber wir werden das Ergebnis dieser Prüfung in dieser Legislaturperiode verständlicherweise nicht mehr vorlegen können.

Hohes Haus! Ungeachtet der Auflösung des Nationalrates hat der Rechnungshof, der von Legislaturperioden und von Regierungsbildungen unabhängig ist, seine Arbeit fortzusetzen, und ich kann Ihnen garantieren, dass wir trotz der Auflösung des Nationalrates unsere Arbeit unbeirrt fortsetzen werden. Wir werden, was es an Berichten zu liefern gibt, abzuliefern haben, und klarerweise werden wir unsere Prüfungstätigkeit danach auszurichten haben, welche Notwendigkeiten bestehen, Prüfungen vorzunehmen, und zwar unabhängig von der Zusammensetzung der Regierungen und unabhängig von Legislaturperioden.

Bedauerlicherweise kann auch eine weitere Materie in dieser Legislaturperiode nicht mehr behandelt werden, nämlich das Rechnungshof-Dienstgesetz. Ich habe bisher angenommen, dass das Rechnungshof-Dienstgesetz auf Grund der positiven Reaktionen aller Fraktionen noch im Laufe dieser Legislaturperiode zur Behandlung kommen und es auch zur positiven Beschlussfassung in diesem Hause kommen würde. Das kann nun gleichfalls nicht geschehen. Aber angesichts der bereits erwähnten zustimmenden Haltung, die mir von allen Fraktionen signalisiert wurde, bin ich durchaus optimistisch, dass die nächste Legislaturperiode dem Rechnungshof und vor allem seinen Bediensteten, die heute wieder gelobt wurden, dann doch jenes Gesetz bringen wird, das sich seine Bediensteten verdient haben.

Ich darf nochmals in Erinnerung rufen: Dieses Rechnungshof-Dienstgesetz, das im Entwurf ausgefeilt vorliegt und im Rechnungshof selbst erarbeitet wurde, ist leistungsgerecht, einfach und modern und könnte geradezu zum Vorbild für andere Dienstrechte im öffentlichen Dienst ge


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macht werden. Ich darf daher an Sie appellieren, dass in der nächsten Legislaturperiode diesem Anliegen der Bediensteten des Rechnungshofes Rechnung getragen werden möge!

Ich darf mich letztlich für die Unterstützung, die der Rechnungshof in dieser Legislaturperiode durch alle Fraktionen erfahren hat, bedanken. Ich bedanke mich vor allem bei den Mitgliedern des Rechnungshofausschusses und danke für die sehr konstruktive Mitarbeit und Diskussion, die es in diesem Ausschuss gegeben hat. Ich bin der Überzeugung, dass die bereits von Vorrednern erwähnten, vielstündigen Diskussionen auch einiges dazu beigetragen haben, dass das Verständnis der Abgeordneten für den Rechnungshof größer geworden ist. Das kann sich der Rechnungshof auch für die nächste Legislaturperiode nur wünschen.

Ich danke nochmals für diese gute Zusammenarbeit und für die Unterstützung. Ich bin davon überzeugt, dass der Nationalrat auch in der nächsten Legislaturperiode diese positive Einstellung zum Rechnungshof beibehalten wird. Der Rechnungshof wird von sich aus – das kann ich Ihnen versichern – diese positive Haltung gleichfalls zum Ausdruck bringen. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

21.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Präsident Dr. Fiedler! Nachdem Sie sich beim Nationalrat und bei allen Fraktionen bedankt haben, möchte ich diesen Dank an Sie und an die Mitarbeiter des Rechnungshofes gerne zurückgeben. Danke vielmals! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte.

21.27

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Vieles nimmt heute und morgen ein Ende, so auch die unendliche Geschichte der Artothek und die unendliche Geschichte des Bilderschwunds in dieser Republik.

Die Artothek wurde 1945 gegründet, und ihr oblag und obliegt die Sammlung, die Verwaltung und die Betreuung der Kunstwerke, die in Form eines Kunstförderungsankaufes von der Republik angeschafft und an die Bundesdienststellen im In- und Ausland verliehen wurden.

Meine Damen und Herren! Die Artothek untersteht der Abteilung Kunstsektion BKA, und sie wurde natürlich aus Steuergeldern finanziert. Trotz mehrmaliger Aufforderungen durch den Rechnungshof war es aber den politisch Verantwortlichen bis zum Antritt dieser Bundesregierung nicht möglich, ihrer Verpflichtung zur Verwaltung, zur Betreuung und zum für die Steuerzahler dieser Republik treuhänderischen Verleih nachzukommen.

Was ist geschehen? – Von einem Drittel der Bilder war unklar, wer sie überhaupt hat! Vielfach wusste man nicht, wo sie sich befinden. Obskure Rückholaktionen wurden gestartet. Man suchte sie etwa im Büro des Ministers Steyrer oder im Büro des Liberalen Forums, das es schon lange gar nicht mehr gab! Die Zweigstellen führten überhaupt ein völlig unkontrolliertes Eigenleben!

Seit 1945 erwarb die Artothek insgesamt 25 000 Kunstwerke mit einem jährlichen Budget von zirka 7,7 Millionen Schilling. Es wurde nicht ausreichend inventarisiert, es wurde nicht ausreichend und kontrolliert verliehen, und sogar die Unterbringung dieser Kunstschätze war mangelhaft. Sie wurden in ihrer Qualität gefährdet! Meine Damen und Herren! So wurde jahrelang mit dem kulturellen Eigentum dieser Republik, mit diesen Kulturgütern und auch mit dem Geld der Steuerzahler ein verantwortungsloser Umgang betrieben.

Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung hat nun die Artothek privatisiert. Sie wurde mit 1. Oktober der Gesellschaft zur Förderung der Digitalisierung des Kulturguts übergeben. Es wurde ein international gängiges EDV-System installiert, und es wurde ein internationales Inventarisierungsprogramm für Museen, das bereits im Kunsthistorischen Museum und auch in anderen Museen erprobt wurde, zum Einsatz gebracht. Die Verleihtätigkeit wurde computergestützt verbessert, und eine Neuausstattung der Räumlichkeiten wurde in Angriff genommen.


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Damit hat diese Bundesregierung beziehungsweise hat Herr Staatssekretär Morak Missstände beseitigt, die jahrzehntelang unter anderen Regierungen geherrscht haben, und es kommt nun endlich zu einer klaren und transparenten Verwaltung der Kunstwerke unseres Landes. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es wurde in den vergangenen zweieinhalb Jahren viel bewegt, und ich appelliere an alle Fraktionen – wie auch immer der Wähler entscheiden wird –, die eingeleiteten Reformen nicht aus parteipolitischen Erwägungen zu zerstören, sondern sie gemeinsam für unseren Staat Österreich und für unsere Bevölkerung fortzuführen! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist zum 4. Punkt der Tagesordnung niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich diese Debatte.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme von III-124 und Zu III-124 der Beilagen stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Die Kenntnisnahme erfolgt daher mit Stimmenmehrheit.

5. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 21, 26, 35 bis 91, 94 und 95 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 23, 25 und 26 (1249 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Ein Vorschlag auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Daher gehen wir sogleich in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 12 Minuten. – Bitte.

21.33

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Gäste, die uns heute noch zuhören! Wir haben als letzten Tagesordnungspunkt den Sammelbericht für Petitionen und Bürgerinitiativen, und vorerst möchte ich mich gleich bei den Mitarbeitern des Hauses bedanken, die diesen Bericht, in dem wirklich jeder Einzelne nachlesen kann, was mit einer Bürgerinitiative beziehungsweise Petition geschehen ist, sehr gut aufbereitet haben. Die Dokumentation dieses Berichtes ist wirklich sehr, sehr gut.

Ich würde mir wünschen, dass die Arbeit im Ausschuss, wo wir die Interessen der BürgerInnen zu vertreten haben, auch so gut wäre! Dem ist aber leider nicht so. Im heute vorliegenden Sammelbericht werden insgesamt 15 Petitionen und Bürgerinitiativen behandelt. Doch Sie werden es nicht für möglich halten: Zwei Drittel davon wurden einfach nur zur Kenntnis genommen! Das heißt, die Bürgerinnen und Bürger haben sich zwar bemüht, ihre Interessen dem Nationalrat vorzubringen, aber das Ergebnis war, dass die Regierungsparteien einen Teil davon mehr oder weniger schubladisiert haben, und es war nicht einmal möglich, diese Anliegen an die zuständigen Fachausschüsse weiterzuleiten.

Das ist wirklich eine traurige Bilanz, die erwähnt werden muss, da wir im Nationalrat doch die Verpflichtung haben, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger wahrzunehmen und nicht nur zur Kenntnis zu nehmen. Eine Kenntnisnahme ist eindeutig zu wenig!


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Trotzdem möchte ich alle Menschen, die immer wieder die Arbeit auf sich nehmen, eine Bürgerinitiative einzubringen – weil sie ganz einfach ihrem Unmut Ausdruck verleihen wollen, weil sie nicht zufrieden sind mit manchem, was in diesem Land geschieht –, ermutigen, das auch in Zukunft zu tun, denn ich weiß aus meiner eigenen Erfahrung, aus der Situation behinderter Menschen, dass nur diejenigen, die immer wieder aufzeigen, wo es Schwächen im System gibt, auch wirklich eine Chance haben, dass sich etwas verändert, auch wenn es oft lange dauert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu schweigen bedeutet zuzustimmen, und Zustimmung allein kann Probleme in unserem Land nicht lösen! Es ist wirklich sinnvoll, an seinen Forderungen dran zu bleiben und wirklich aufzuzeigen, wo die Ungerechtigkeiten liegen.

Wogegen sich die Bürgerinnen und Bürger wehren, zeigt zum Beispiel die Bürgerinitiative Nr. 26. Soweit ich in Erinnerung habe, ist sie im Februar oder März eingebracht worden. Es ist dies die Bürgerinitiative "Unverzügliche Neuwahlen." Wir haben sie im Ausschuss behandelt, und es hat sich eine mittlere Katastrophe angebahnt. Von den Vertretern der Regierungsparteien wurde nämlich gesagt: Das kommt überhaupt nicht in Frage! Wo sind wir denn?! Wir leben in einer Demokratie! Wir wollen nichts damit zu tun haben!, und es wurde daher von dieser Bürgerinitiative mit den Stimmen der ÖVP und der FPÖ Abstand genommen. Das heißt, sie wurde nicht einmal diskutiert. – Aber die zeitliche Entwicklung ist manchmal schneller, und heute, da wir diese Bürgerinitiative besprechen, hat sich deren Forderung erfüllt, sie hat sich inzwischen von selbst erledigt. Es gibt Neuwahlen!

Ich danke allen, die eine Bürgerinitiative einbringen, dafür, dass sie nicht aufgeben, dass sie hinter ihren Forderungen stehen und das auch immer wieder laut sagen, dafür, dass sie sich nicht zurückziehen und sagen: Es ändert sich eh nichts, lassen wir es bleiben! – Ihre Arbeit hat einen Sinn, und jeder hat das Recht und soll die Chance nützen, für seine Forderungen aufzustehen und zu kämpfen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Bürgerinitiative Nr. 26 ist eine – eine der wenigen –, die sich positiv erledigt hat. In allen anderen Bereichen sieht es viel, viel schlechter aus. Ich möchte nur einige wenige nennen, zum Beispiel die Petition betreffend die Aufnahme bisher nicht genannter Opfergruppen in das Opferfürsorgegesetz. Wie lange kämpfen wir Grünen schon dafür, dass wegen Homosexualität verfolgte und zwangssterilisierte Menschen auch im Opferfürsorgegesetz Berücksichtigung finden und endlich als Opfer anerkannt werden! Bis heute ist nichts geschehen, und zwar immer mit der Begründung, dass es ohnehin keine Überlebenden in dieser Opfergruppe mehr gibt.

Es mag schon zutreffen, dass diese Menschen die diesbezügliche Anerkennung nicht mehr erleben, aber ich glaube, wir sind es ihnen schuldig, dass sie als Opfer anerkannt werden. Es geht hier nur um einen symbolischen Akt, aber man ist nicht bereit, diesen symbolischen Akt für diese Opfergruppen zu setzen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist sehr traurig, denn ich meine, es ist schön langsam an der Zeit, dass man akzeptiert, dass es noch immer Opfergruppen gibt, die nicht anerkannt sind. Meine Damen und Herren! Diese Anerkennung würde unter dem Strich nicht einen einzigen Euro kosten, sondern hätte nur Symbolkraft, aber selbst diese Symbolkraft wird verweigert.

Ich meine, dass sich diesbezüglich in der nächsten Legislaturperiode wirklich etwas ändern muss. So dürfen wir mit unseren Opfern nicht umgehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eine der Bürgerinitiativen betraf auch die Gleichstellung für Zivildiener. Seit es diese Bundesregierung gibt, geht es den Zivildienern schlechter denn je. Nicht nur, dass die Dauer des Zivildienstes auf zwölf Monate verlängert wurde, sondern es wurden auch die finanziellen Ressourcen für die Zivildiener, die ohnehin immer sehr, sehr gering waren, um mehr als 60 Prozent gekürzt.

Heute können nur mehr diejenigen Zivildienst leisten, die das Glück haben, eine Familie oder einen Bekanntenkreis zu haben, der sie in dieser Zeit, in der sie den Dienst an der Gemeinschaft leisten, finanziell unterstützt.


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Ich denke, wer zu Recht will – und dazu gehöre auch ich –, dass Zivildiener ihre Arbeit auch weiterhin gut machen können, der muss auch bereit sein, den Zivildienern nicht nur Pflichten aufzuerlegen, sondern ihnen auch Rechte zu geben. Eines dieser Rechte ist, dass sie zumindest auch anständig essen dürfen. – Das ist nicht mehr sichergestellt, denn um umgerechnet 46 S pro Tag kann sich kein Mensch in dieser Republik mehr ernähren und gleichzeitig seine Wohnung heizen, die Wäsche waschen und Toiletteartikel kaufen. Das ist nicht möglich. (Abg. Gatterer: Wie ist das dann bei den Soldaten?)

Deshalb, weil wir die Zivildiener so notwendig brauchen – ohne sie würde das soziale Netz zusammenbrechen! –, müssen wir bereit sein, ihnen diese Anerkennung, die sie verdienen, auch zu geben, das heißt, eine ordentliche Entlohnung, mit der sie auch ihre Lebenskosten bestreiten können, damit sie sich nicht in Schulden stürzen müssen, nur weil sie die Bereitschaft zeigen, Dienst an der Gesellschaft zu leisten. Daran gehört schleunigst etwas geändert.

Ich habe zu diesem Thema mit Minister Strasser einige Kämpfe ausgetragen. (Abg. Parnigoni: Das war sinnlos!) Ich hatte immer gehofft, als ehemaliger Zivildiener würde er irgendwann wieder an seine eigene Zivildienstzeit zurückdenken, aber das war eine falsche Hoffnung. (Abg. Parnigoni: Ja!) Minister Strasser hat diese Zeit ausgeblendet aus seinem Leben. Wie die Situation der Zivildiener jetzt aussieht und wie es den Zivildienern jetzt geht, ist nicht mehr sein Problem, obwohl er dafür verantwortlich ist. Die Situation der Zivildiener muss sich verbessern, denn ohne Zivildiener würden wir in dieser Republik schlecht ausschauen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Eine Petition, die mir auch noch sehr wichtig ist – sie wurde von Frau Partik-Pablé und mir eingebracht –, trägt den Titel "Nein zur Biomedizin-Konvention des Europarates". Ich bin stolz auf diese Petition, denn 1996 waren es die Grünen – und ausschließlich diese –, die diese Biomedizin-Konvention und deren Inhalt in die Medien und an die Öffentlichkeit gebracht haben und sie dadurch plötzlich auf eine Ebene hieven konnten, auf der man in Österreich darüber diskutieren musste.

Wer sich mit der Biomedizin-Konvention auseinander setzt, der weiß, dass darin Passagen enthalten sind, die eine Bedrohung für viele Menschen in Österreich darstellen. Es steht zum Beispiel drinnen, dass einwilligungsunfähige Personen für medizinische Zwecke herangezogen werden können, ohne dass es zu ihrem eigenen Nutzen ist und selbst dann, wenn es ein Risiko für den Betroffenen ist. Das heißt, geistig behinderte Menschen, alte, demenzkranke Menschen sowie Menschen im Koma würden nach dieser Konvention als – nennen wir es einmal – "Versuchskaninchen" der Medizin herhalten müssen. Das darf nicht passieren.

Es gibt zwar in Österreich derzeit noch Gesetze, die einen höheren Standard sicherstellen, aber wenn Österreich die Biomedizin-Konvention des Europarates ratifiziert hätte, dann wären diese österreichischen Standards im Interesse der Wissenschaft sehr schnell nach unten gerutscht. Wenn es um die Medizin und um die Wissenschaft geht, steckt immer sehr viel Geld dahinter. Deshalb wünschen sich die behinderten Menschen in Österreich, dass es, bevor Österreich die Biomedizin-Konvention ratifiziert, eine Verfassungsbestimmung geben muss, die sicherstellt, dass an einwilligungsunfähigen Personen keine Versuche gemacht werden dürfen. Erst dann, wenn diese Standards sichergestellt sind, kann man über eine Ratifizierung diskutieren.

Wir behinderten Menschen haben es geschafft, dieses Thema ins Parlament zu bringen. Es gab ein Hearing im Petitionsausschuss. So wie man sich das vor drei, vier Jahren – bis letztes Jahr – noch vorgestellt hat, nämlich das irgendwann noch schnell ins Parlament zu bringen, zu ratifizieren und weg damit, das ist nicht gelungen. Da haben sich die Betroffenen auf die Räder und auf die Füße gestellt und für ihre Rechte gekämpft. Darauf bin ich wahnsinnig stolz! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

66 000 Unterschriften haben wir gesammelt, als Einzelpersonen! Ich glaube, dieser Erfolg kann sich sehen lassen. Deshalb noch einmal: Jeder soll die Chance nützen, für seine Rechte zu kämpfen. Wer nicht kämpft, der akzeptiert. Aber man soll nicht akzeptieren, wenn man anderer Meinung ist oder wenn man zu einer jener Gruppen gehört, die in unserer Gesellschaft


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noch nicht gleichgestellt sind. Gleichstellung ist das Wichtigste. Jeder Mensch soll hier in diesem Parlament die Möglichkeit haben, seine Meinung kundzutun.

Wir Abgeordneten haben die Pflicht, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu vertreten. Diesem Auftrag muss auch der Petitionsausschuss in Zukunft wieder nachkommen. Wir werden dem Sammelbericht aus folgendem Grund nicht zustimmen: Wir nehmen die Art und Weise, wie die Arbeit im Petitionsausschuss verlaufen ist, nämlich dass zwei Drittel der Bürgerinitiativen und Petitionen einfach schubladisiert wurden, nicht zur Kenntnis. Wir lehnen den Bericht ab, weil wir mit der inhaltlichen Aufarbeitung dieser Bürgerinitiativen nicht zufrieden sind. (Beifall bei den Grünen.)

21.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Wurm. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

21.48

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich heute, da diese Legislaturperiode vorzeitig zu Ende geht, über die Arbeit des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen kurz Resümee ziehen.

Beginnen möchte ich mit dem Positiven: Es ist einiges gelungen, das wir im Ausschuss mit Konsens beschließen konnten. Wir haben eine parlamentarische Enquete zur Mobilfunk-Petition veranstaltet; die Unterlagen liegen auf. Es kamen hervorragende Experten und Expertinnen aus ganz Europa zu Wort. Leid tut mir, dass die versprochene Grenzwerteverordnung des damaligen Bundesministers für Verkehr, Dipl.-Ing. Schmid, noch nicht in Geltung ist, aber wir haben eine Unterlage, mit der die nächste Regierung entsprechend arbeiten kann.

Dass nämlich bezüglich dieser Mobilfunk-Problematik etwas passieren muss, ist wohl inzwischen allen klar geworden. Hier besteht Handlungsbedarf. Wir vom Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen haben im Bereich unserer Möglichkeiten unser Bestes getan.

Als Nächstes möchte ich Folgendes berichten: Wir haben in unserem Ausschuss versucht, beispielgebend zu den Bürgern und Bürgerinnen zu gehen, und haben – alle Fraktionen gemeinsam – in Mittersill Schüler und Schülerinnen einer Handelsakademie besucht, die in vorbildlicher Weise ein Projekt vorgestellt haben, das die Verkehrssicherheit der schwächsten Teilnehmer und Teilnehmerinnen am Verkehr verbessern sollte. Das waren die so genannten "Verzerrten Zebrastreifen", die dann im Verkehrsausschuss behandelt wurden.

Außerdem haben wir den Abgeordneten, Ihnen allen hier, die Möglichkeit gegeben, Ihren Blutzuckergehalt zu bestimmen, und damit auf die Problematik jener aufmerksam gemacht, die an Diabetes leiden, und das ist eine sehr große Gruppe. Sie waren sehr dankbar, und es ist in dieser Frage einiges weitergegangen und letztlich im Gesundheitsausschuss behandelt worden.

Was schließlich noch gemeinsam beschlossen werden konnte – es wurde schon von Kollegin Haidlmayr erwähnt –, war das Hearing zur Petition "Nein zur Biomedizin-Konvention des Europarates". Ich denke, da gibt es Ergebnisse, die man auswerten kann. Herr Dr. Stormann, Leitender Staatsanwalt im Justizministerium, hat die entsprechenden gesetzlichen Möglichkeiten aufgezeigt: Es gibt für uns in Österreich mit der nötigen Vorarbeit die Möglichkeit, nach entsprechender Gesetzgebung hier im Nationalrat diese Konvention zu ratifizieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich meinen Kolleginnen und Kollegen, Herrn Dr. Kurzmann, Frau Abgeordneter Haidlmayr und vor allem meiner Kollegin Edeltraud Gatterer herzlich danken für ihre Bemühungen, für die Zusammenarbeit, und vor allem dir, Edeltraud, die du auch immer dafür gesorgt hast, dass etwas weitergeht und dass dieser Ausschuss im Sinne der Bürgerinnen und Bürger rege und tätig ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

So viel zu den positiven Punkten. Es hat aber auch einiges gegeben, das mich gekränkt hat, weil ich gedacht hatte, dass sich die Bürgerinnen und Bürger, die ihre Anliegen vertreten und


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damit voller Hoffnung an das Parlament herantreten, mehr Aufmerksamkeit, mehr Diskussion zu diesen Themen verdient hätten. Ich möchte hier drei Bereiche besonders erwähnen, weil es dazu vermehrt Petitionen und Bürgerinitiativen gegeben hat:

Das waren Petitionen und Bürgerinitiativen zur Neutralität und zur Friedenspolitik, unzählige Bürgerinitiativen und Petitionen zur Bildungspolitik und – auch in diesem Sammelbericht enthalten – unzählige Petitionen gegen verschiedene infrastrukturelle Maßnahmen im ländlichen Raum wie Schließungen und Ausdünnung.

Dafür wurde im Petitionsausschuss nicht, so wie ich es mir wünschen würde, entsprechend breiter Raum zur Diskussion geboten. Es wurde vieles immer wieder vertagt, wie zum Beispiel bei den Petitionen zu den Postämtern. Die Postämter, von denen hier die Rede ist, sind zum Großteil schon geschlossen. Post-Partner konnten teilweise gefunden werden, aber in den Gemeinden, die sich das nicht so leisten können, die nicht so finanzkräftig sind, war das eben nicht möglich.

Lassen Sie mich als ein Beispiel für viele die Gemeinde Schönwies erwähnen. Das ist eine Gemeinde im Tiroler Oberland, deren Postamt noch zwei Gemeinden zu versorgen hat, nämlich Mils bei Imst und Imsterberg. Da ist es so, dass die Gemeinde, der Gemeinderat und der Bürgermeister Dr. Wolfgang Rundl versucht haben, zu verhandeln, um eine Einigung, eine Lösung für diese Gemeinde zu finden. Es war aber nicht möglich.

Ich möchte Ihnen das mit einem Briefwechsel illustrieren, den das Gemeindeamt Schönwies beziehungsweise Dr. Wolfgang Rundl mit der Österreichischen Post AG geführt hat. Im Punkt zwei des Schreibens wird erwähnt:

"Der von der Österreichischen Post AG ausgearbeitete Entwurf eines Post-Partnervertrages beinhaltet ausschließlich einseitige Belastungen der Gemeinden und werden ohne Entgelt lediglich Pflichten und Kosten auf die Gemeinden und die Gemeindebediensteten übertragen. Die Gemeinden als Vertragspartner haben keinerlei Möglichkeit zur Einflussnahme auf den Vertragsinhalt." – Hier wird auch noch auf die Stellungnahme des Österreichischen Gemeindebundes verwiesen.

Weiters führt der Herr Bürgermeister Rundl aus, dass die Einrichtung dieses Post-Partnervertrages der Gemeinde 18 000 € pro Jahr kosten würde. Das übersteigt die finanziellen Möglichkeiten dieser kleinen Gemeinde Schönwies. Wenn man verantwortungsvoll mit dem Budget einer Gemeinde umgeht, dann ist so eine Ausgabe nicht möglich. Faktum ist, dieses Postamt gibt es nicht mehr. Es musste geschlossen werden, und diese Versorgung ist leider nicht mehr da.

Dann führt der Bürgermeister weiter aus und beklagt, dass damit vor allem ältere und finanzschwächere BürgerInnen benachteiligt werden und davon betroffen sind und dass darauf "die Österreichische Post AG während der gesamten Gespräche – nur um solche und nicht um Verhandlungen hat es sich laut Erklärung der Österreichischen Post AG von Beginn an gehandelt – nie eingegangen" sei.

Es war also in Wirklichkeit ein Diktat, es konnte von Seiten der Gemeinden gar nicht verhandelt werden. Das ist aber anders angekündigt und versprochen worden! Die Situation ist jetzt so, dass es in vielen Gemeinden und Orten keine Postämter mehr gibt. Der derzeitige Postverkehr verläuft auch nicht so, wie man es sich wünschen würde. Ich hoffe, dass die Schwächen, die in diesem System jetzt noch vorhanden sind, ausgeglichen werden können.

Was auch im Zusammenhang mit diesen Schließungen, mit diesem "Kahlschlag", wie man es oft bezeichnet hat, im ländlichen Raum immer wieder zu beklagen war, waren die Schließungen von Gendarmerieposten und von Nebenbahnen.

Stolz bin ich darauf, dass es uns gelungen ist, dass zum Beispiel die Polizeiwachstube in der Reichenau – schade, dass Herr Abgeordneter Kiss jetzt nicht da ist – nicht geschlossen wird


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und dass ein Teilerfolg beim Wachzimmer am Bahnhof in Innsbruck erreicht werden konnte. – So viel zu diesen Anliegen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Abschluss möchte ich noch Folgendes sagen: Wenn durch Diskussionsverweigerung in verschiedenen Bereichen, durch Vertagung und – ich möchte es drastisch formulieren – durch Drüberfahren die Anliegen der Bürger und Bürgerinnen nicht ernst genommen und ignoriert werden, dann werden die Bürger und Bürgerinnen sich das merken. Am 24. November ist voraussichtlich Wahltag. Da wird es dann die größte Bürgerinitiative in dieser Republik geben, und – wie sehr viele Kolleginnen und Kollegen immer wieder gesagt haben –: Wahltag ist Zahltag! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. Ich stelle fest, dass die grüne Fraktion noch eine Redezeit von 3 Minuten hat. – Bitte.

21.57

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch einmal in aller Kürze zu den erfolgreichen Bürgerinitiativen, zum Beispiel zur Bürgerinitiative für Neuwahlen. Man sollte hier schon zur Kenntnis nehmen, dass diese Bürgerinitiative den richtigen Blick für die politische Realität gehabt hat. Sie hat zum Ausdruck gebracht, dass mehr als 30 Prozent der Bevölkerung schon seit längerer Zeit Neuwahlen fordern, und diese sind inzwischen Realität geworden. Sie sind also sozusagen von der Realität eingeholt worden. – Ein schönes Ergebnis der Bemühungen. Ich gratuliere dazu im Namen der Grünen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Großruck. )

Eine zweite sehr erfolgreiche Petition möchte ich kurz herausgreifen: die Petition der grünen Bäuerinnen und Bauern zu gentechnikfreiem Saatgut, "Nulltoleranz für Gentech-Saatgut – Gentechnikfreies Österreich". Diese Petition ist eingebracht und inzwischen durch die Saatgut-Gentechnik-Verordnung in Österreich auch schon teilweise umgesetzt worden.

Bemerkenswert ist, dass Bundesminister Molterer heute bei seiner Bilanz kein Wort darüber verloren hat. Offensichtlich ist er auch der Auffassung, dass ein Anteil am Zustandekommen dieser Verordnung doch auch diesem Hohen Haus zukommt, weil wir hier im Parlament dieses Problem immer sehr intensiv und ausführlich diskutiert haben.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch einen Entschließungsantrag einbringen, weil es in den nächsten Wochen und Monaten zu wichtigen Fragestellungen und Diskussionen auf europäischer Ebene kommen wird. Im Agrarministerrat, der am 16. und 17. Oktober stattfinden wird, wird das Thema Gentechnik auf der Agenda sein. Es ist auch überfällig, die Freisetzungsrichtlinien in Österreich umzusetzen. Das hat Herr Bundesminister Haupt nicht mehr geschafft.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Glawischnig, Dipl.-Ing. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, sich im Rahmen der EU dafür einzusetzen, dass zum Schutz der menschlichen Gesundheit, der Umwelt und der Ökosysteme das Moratorium für die Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen aufrecht bleibt,

solange nicht ein dem Vorsorgeprinzip entsprechendes, kohärentes Regelungssystem geschaffen und geeignete administrative, legislative und regulative Maßnahmen getroffen werden hinsichtlich der Überwachung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von GVO (gentechnisch veränderten Organismen),


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solange nicht für die Schäden im Zusammenhang mit der Freisetzung von GVOs die Hersteller haftbar gemacht werden und diese Haftung in den einschlägigen Richtlinien, Verordnungen und Gesetzen vor der Freisetzung von GVOs verankert ist,

solange nicht das Koexistenz-Problem zwischen Betrieben, die GVO anwenden, und solchen, die gentechnikfrei produzieren wollen, gelöst ist,

solange nicht sichergestellt ist, dass für nicht gentechnisch verändertes Saatgut grundsätzlich keine Verunreinigung mit GVOs zugelassen wird (wobei als Grenzwert lediglich die derzeit technische mögliche Nachweisgrenze von 0,1 Prozent festzusetzen ist),

solange nicht sichergestellt ist, dass jedes Produkt in dem GVO- beziehungsweise GV-Material nachgewiesen wurde, einer obligatorischen Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung unterliegt und der betreffende GVO über eine Zulassung gemäß den geltenden EU-Regelungen verfügt.

Ferner wird die österreichische Bundesregierung ersucht, die strenge österreichische Regelung in der Saatgut-Gentechnik-Verordnung auf EU-Ebene in Form eines Erfahrungsberichtes bekannt zu machen und aktiv einzubringen.

*****

Herr Präsident, ich danke Ihnen für die Geduld. (Beifall bei den Grünen.)

22.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber verlesen hat, ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reindl. Er erhält das Wort.

22.02

Abgeordneter Hermann Reindl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich befasse mich ganz kurz mit den Petitionen für die Erhaltung von diversen Postämtern, vorwiegend im Raume Niederösterreich. Dazu etwas Grundsätzliches: Die Ausgliederung der Post erfolgte im Jahre 1996. (Abg. Mag. Prammer: Ausgliederung gibt es schon lange!) Wer hat 1996 Regierungsverantwortung getragen und dies beschlossen? – Es war eine SPÖ/ÖVP-Regierung. Rot und Schwarz haben damals das Sagen gehabt, und wir Freiheitlichen haben schon damals vor den Folgen gewarnt.

Meine Damen und Herren! Die Schließung diverser Postämter ist vollzogen, sie ist abgeschlossen, da ist nichts mehr rückgängig zu machen. Der Fairness wegen betrachte ich die Schließungen auch vom wirtschaftlichen Standpunkt aus. Ein kurzes Beispiel: eine Gemeinde mit rund 1 600 Einwohnern, Jahresumsatz am Postamt 436 000 S, jährliche Kosten für dieses Postamt rund 866 000 S. Das ergibt jährlich ein Minus von rund 430 000 S.

Interessant ist auch die Tätigkeit des Postamtleiters. Wenn man einen Jahresschnitt von 250 Arbeitstagen rechnet, dann fällt alle zehn Tage ein Telegramm an, täglich ein Fax, nur jeden vierten Tag wird ein Brief abgegeben und jeden zweiten Tag ein Paket.

Hohes Haus! In den betreffenden Petitionen, von SPÖ-Abgeordneten eingebracht, wird von tiefen Einschnitten in die ländliche Infrastruktur gesprochen. Man sehe darin einen massiven Anschlag auf die Lebensqualität in den ländlichen Regionen, heißt es dort. (Abg. Dietachmayr: So ist es!) – Das hätten Sie aber schon früher wissen müssen, wenn Sie sagen, das ist so, nämlich schon 1996! Hinterher, Herr Kollege, ist es zu spät. (Abg. Heinzl: 4,5 Milliarden! Was ist mit den 4,5 Milliarden?) Ich habe es eingangs schon erwähnt. Wir Freiheitlichen haben 1996 vor diesem Schritt gewarnt, Herr Kollege. (Abg. Heinzl: 4,5 Milliarden! – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer. )

Herr Kollege! Ich sage Ihnen auch dazu: Als Sie die Postämter ausgegliedert haben, haben Sie ihnen noch rund 100 Milliarden Schilling Schulden als Rucksack mitgegeben. – Das zu Ihrer


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Information, wenn Sie das vergessen haben, Herr Kollege von der SPÖ. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Reden Sie nicht von den Schulden! Jeden Tag 144 Millionen Schilling Schulden haben Sie in 30 Jahren SPÖ-Regierung gemacht – 30 Jahre durchgehend SPÖ-Kanzler, 30 Jahre durchgehend SPÖ-Finanzminister, 30 Jahre SPÖ-Innenminister et cetera. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Sieben Minister habt’s ihr verbraucht!) Sie haben jeden Tag, 30 Jahre hindurch, 144 Millionen Schilling Schulden gemacht, ansonsten wäre dieser riesige, gigantische Schuldenberg von 2 200 Milliarden Schilling nicht zustande gekommen, Herr Kollege Kummerer.

Damit in Zukunft keine derartigen unüberlegten Schritte mehr passieren, wird es notwendig sein, auch nach dieser nächsten Nationalratswahl eine starke freiheitliche Fraktion hier in diesem Hohen Haus zu haben, die auch Regierungsverantwortung trägt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

22.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Weinmeier. – Bitte.

22.05

Abgeordneter Ing. Wilhelm Weinmeier (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie schon gesagt wurde, betrifft eine Vielzahl der vorliegenden Petitionen dieses Geschäftsstellen-Konzept der Poststruktur. (Zwischenrufe der Abgeordneten Binder und Heinzl. ) Herr Kollege Heinzl, der hier so lautstark zwischenruft, ist ja beim Schreiben von Petitionen immer sehr fleißig und versucht, auf populistische Weise die Verantwortung für diese Postamtschließungen der Regierung in die Schuhe zu schieben.

Herr Kollege Heinzl, ich habe zwar wenig Hoffnung – auch wenn Sie da am Computer sitzen –, dass Sie das noch in dieser Legislaturperiode begreifen werden, aber ich versuche es trotzdem noch einmal (Abg. Heinzl: Ich habe auch wenig Hoffnung für Sie!): Die Post haben Sie, Ihre Minister, 1996 aus der Bundesverwaltung ausgegliedert. Das ist ein bisschen schwer zu verstehen, aber die Post ist jetzt eine AG. Versuchen wir es trotzdem, vielleicht gemeinsam, vielleicht gelingt es, dass Sie das verstehen. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Kennen Sie den Begriff "Universaldienstverordnung"?) – Dazu komme ich gleich.

Die Post ist daher nicht mehr Bestandteil der Hoheitsverwaltung. Das ist ein bisschen schwer zu verstehen, aber versuchen wir es trotzdem. (Abg. Mag. Gaßner: Wenn Sie es verstehen ...!) Die Postamtschließungen sind daher eine Folge der SPÖ-Politik – wie mein Kollege vorher gesagt hat, haben wir davor gewarnt – und sind nunmehr eine rein unternehmerische Entscheidung in der Verantwortung des Postvorstandes.

Herr Kollege Heinzl! Das Bundesministerium für Verkehr, Infrastruktur und Technologie ist bei der Post nur mehr Regulierungsbehörde  – vielleicht ist das auch ein bisschen schwer verständlich – und hat kein Weisungsrecht mehr. Vielleicht können Sie das noch in dieser Legislaturperiode zur Kenntnis nehmen.

Während Sie Petitionen anfertigen, Herr Abgeordneter Heinzl, haben die freiheitlichen Verkehrsminister sehr wohl reagiert und gehandelt und dafür gesorgt, dass kein Postamt geschlossen wurde, ohne entsprechende Ersatzmaßnahmen einzuleiten, wie zum Beispiel Postpartner oder Landzusteller oder Ähnliches zu finden. (Abg. Mag. Wurm: Ein Blödsinn! – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer. )

Herr Kollege Heinzl, während Sie nächtens Ihre Verleumdungsplakate im ganzen Bezirk aufstellen, haben wir in dieser Frage gehandelt und eine Vereinbarung mit dem Postvorstand abgeschlossen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Heinzl: Das tut Ihnen weh, gell?) Wir haben ihm eine Vereinbarung abgerungen. Es war natürlich nur eine freiwillige Vereinbarung seitens des Postvorstandes, und zwar dahin gehend, dass kein Postamt geschlossen wird, ohne dass vorher mit dem zuständigen Bürgermeister Einvernehmen hergestellt wird. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Sie sind so ahnungslos!)


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Meine Damen und Herren! Die Versorgung der Bevölkerung durch Postdienstleistungen wurde durch die Universaldienstverordnung sichergestellt. Vielleicht lesen Sie diese einmal, Herr Kollege Heinzl. Man kann sie von diesem Computer, vor dem Sie da immer so angestrengt sitzen, auch herunterladen. Vielleicht lesen Sie sie oder laden sie sich herunter. Darin steht eindeutig, ein Postamt darf nur geschlossen werden, wenn die Erbringung des Universaldienstes durch eine Postgeschäftsstelle oder durch Landzusteller – in Klammern: (mobiles Postamt) – gewährleistet ist.

Das ist das, was unsere Minister gemacht haben, und damit haben unsere Minister vorgesorgt, dass es zu keiner Einschränkung des Universaldienstes für die Bevölkerung kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es gibt bei der Post aber schon einen Punkt, an dem ich Kritik üben möchte, und zwar das neue Logistik-Konzept der Post, das seit kurzem seine negativen Wirkungen zeigt. Es hat sehr viele Nachteile für die Postkunden gebracht und ist offenbar in einer Stadt namens Schilda entwickelt worden. Dazu zwei Beispiele:

Ein Brief nach Linz, der früher um 18 Uhr in St. Pölten am Hauptpostamt aufgegeben wurde, war zirka um 21 Uhr schon in Linz und wurde am nächsten Tag spätestens bis 9 Uhr zugestellt. Jetzt ist es so: Wenn ein Brief um 18 Uhr am Hauptpostamt in der Landeshauptstadt aufgegeben wird, dann geht er am nächsten Tag in der Früh – nicht mehr am selben Tag – nach Wien, dann von Wien nach Linz und wird dann vielleicht, wenn man Glück hat, am übernächsten Tag zu Mittag zugestellt.

Ein weiteres, noch krasseres Beispiel für diesen "Brief-Kreisverkehr" und "Brieftourismus" in Österreich: Ein Brief nach Prinzersdorf, der in St. Pölten, also fünf Kilometer entfernt, um 18 Uhr aufgegeben wird, beginnt auch am nächsten Tag in der Früh seine Tour nach Wien – bisher ist er sofort übernommen worden –, kommt am Abend wieder zurück nach St. Pölten – das war ein interessanter Ausflug für den Brief –, und am nächsten Tag, also wieder einen Tag später als bisher üblich, wird er vielleicht, wenn man Glück hat, bis zu Mittag zugestellt. (Abg. Parnigoni: Reichhold heißt der Minister!)

Meine Damen und Herren! Dieses Logistikkonzept der Post ist ein Nachteil für die Bevölkerung, ein Schildbürgerstreich, und sollte daher raschest korrigiert werden. (Abg. Parnigoni: So wie zweieinhalb Jahre blau-schwarze Regierung!)

Meine Kollegen von der SPÖ! Herr Kollege Heinzl! Ihr Klagelied gegen die Postamtsschließungen kommt um sechs Jahre zu spät. Damals hätten Sie dieses Klagelied gegen Ihre Minister anstimmen sollen. Unsere Minister haben vorbildlich und bürgerfreundlich gehandelt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

22.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Silhavy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

22.11

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich melde mich zur Petition Nr. 87 zu Wort. Es geht um die Aufnahme bisher nicht genannter Opfergruppen in das Opferfürsorgegesetz. Inhaltlich hat Kollegin Haidlmayr in ihrem Debattenbeitrag bereits darauf Bezug genommen. Ich melde mich dennoch, um auch der Enttäuschung der Initiatoren dieser Petition vor allem über die Haltung der Österreichischen Volkspartei Rechnung zu tragen. Die ÖVP hat nämlich sowohl im Sozialausschuss als auch den Initiatoren gegenüber kundgetan, man würde dieses Anliegen im Petitionsausschuss so behandeln, dass man den Wünschen eventuell doch nachkäme. In den Antworten hieß es dann, es habe sich ja niemand gemeldet, und das, obwohl derzeit gar keine Ansprüche bestehen.

Ich denke, das ist keine gute Art, mit Menschen und Gruppierungen umzugehen, die an dieses Haus eine Petition richten. Man sollte besser gleich ehrlich sagen: Das wollen wir nicht, weil wir


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diese Gruppen ausgrenzen wollen, weil wir wollen, dass diese Gruppen auch weiterhin schlechter gestellt sind.

Ich möchte noch einmal betonen: Ich möchte wirklich darum ersuchen, dass in Zukunft mit Petitionen anders umgegangen wird, und mich nichtsdestoweniger beim KZ-Verband und beim Bund Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer für diese Initiative sehr herzlich bedanken, denn ich bin davon überzeugt, dass es dabei um mehr geht. Es geht um ein Signal, wie die Gesellschaft mit bestimmten gesellschaftlichen Gruppen in Österreich umgeht und welchen Wert sie in unserem Staat haben sollten, nämlich den gleichen Wert wie alle anderen Gruppen.

Was Sie in diesem Zusammenhang getan haben, entspricht absolut nicht dieser Grundhaltung. Ich denke, die Initiatoren, aber auch die betroffenen Gruppen, auch wenn das zum Teil historisch schon sehr weit zurückliegt, haben eine andere Behandlung in diesem Haus verdient. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

22.13

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Weinmeier, da ich fest davon überzeugt bin, dass die Rede, die Sie vor wenigen Minuten gehalten haben, Ihre Abschiedsrede in diesem Hohen Haus war, sei Ihnen – zumindest aus meiner Sicht – einiges von dem Unsinn verziehen, den Sie hier verzapft haben. (Heftiger Widerspruch bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, und vor allem Sie, Herr Abgeordneter Weinmeier und Herr Abgeordneter Reindl! Haben Sie denn vergessen, dass hier auf der Regierungsbank eine Frau Minister Forstinger gesessen ist? Sie hat versprochen, dass kein Postamt in Österreich ohne die Zustimmung der Bürgermeister, ohne die Zustimmung der Landeshauptleute geschlossen wird.

Ich frage Sie: Kennen Sie einen Bürgermeister oder einen Landeshauptmann, der zugestimmt hätte, dass ein Postamt geschlossen wird? – Ich kenne keinen! (Abg. Dr. Mertel: Keiner!) Vielleicht nennen Sie mir einen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Reindl! Herr Abgeordneter Weinmeier! Haben Sie denn ein so schwaches Kurzzeitgedächtnis, dass Sie vergessen haben, dass Ihr Finanzminister Grasser – der zurückgetreten ist, aber sich noch immer oder schon wieder im Amt befindet – der gelben Post 4,5 Milliarden Schilling weggenommen hat, damit er sein Pseudo-Nulldefizit zusammenbringt? Haben Sie denn das schon vergessen, sehr geehrte Herren von der FPÖ?!

Haben Sie vergessen, dass hier auf der Regierungsbank in der kurzen Zeit, die Sie von der blauen Seite dieses Hauses in der Regierung waren, alle 7,5 Monate ein neuer Infrastrukturminister gesessen ist, die allesamt behauptet haben, dass in Österreich kein Postamt geschlossen wird? Haben Sie das schon vergessen? – Tatsache ist: 650 Postämter wurden geschlossen. Eine infrastrukturelle Ausdünnung des ländlichen Raumes ist durchgeführt worden, Zigtausende Arbeitsplätze sind verloren gegangen, und Zigtausende Menschen haben ihre Arbeit verloren.

Herr Abgeordneter Weinmeier! Ich frage Sie als Abgeordneter des Wahlkreises Niederösterreich Mitte: Wo haben Sie denn Ihre Stimme erhoben, als das Logistikpostamt in St. Pölten geschlossen wurde, als 70 Arbeitsplätze verloren gegangen sind? – Heute beklagen Sie hier wehleidig, dass ein Brief ein bisschen länger unterwegs ist als früher. Das ist doch ganz klar, wenn ganze Abteilungen und sogar Briefumverteilungsämter geschlossen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren von Blau-Schwarz! Vor allem Ihnen, Herr Abgeordneter Weinmeier, sei ins Stammbuch geschrieben: In 66 Tagen haben wir die Nationalratswahl, und ich bin


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der festen Überzeugung: Sie werden die Rechnung präsentiert bekommen! (Beifall und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

22.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher schließe ich die Debatte.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, wir gelangen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 1249 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag des Ausschusses zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Der Antrag auf Kenntnisnahme wird vom Nationalrat mit Stimmenmehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften der EU über gentechnisch veränderte Organismen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Damit ist die Tagesordnung der heutigen Sitzung erledigt.

Kurze Debatte über Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Aufklärung der Vorwürfe möglicher Geldflüsse und Manipulationen im Vergabeverfahren im Zuge der Beschaffung von Kampfflugzeugen für das österreichische Bundesheer und gleichzeitig zur Verhandlung über den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen zur Untersuchung von Vorgängen im Zusammenhang mit der so genannten Abfangjäger-Nachbeschaffung.

Die Anträge sind inzwischen an alle Mitglieder des Hohen Hauses verteilt worden.

Die Anträge haben folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Mag. Gaßner, Kolleginnen und Kollegen gemäss § 33 GOG betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis S: 5, F: 4, V: 4 und G: 1 einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Aufklärung der Vorwürfe möglicher Geldflüsse und Manipulationen des Vergabeverfahrens im Zuge der Beschaffung von Kampfflugzeugen für das österreichische Bundesheer seit April 2001;

Aufklärung von Einflussnahmen auf Entscheidungsträger und Spitzenrepräsentanten der Regierungsparteien – insbesondere auch durch Drohungen – im gegenständlichen Vergabeverfahren;

Aufklärung des Vorwurfs der Verfolgung von "wirtschaftlichen Interessen" von politischen Parteien und persönlichen Interessen von Regierungsmitgliedern im Zuge der gegenständlichen Vergabe;


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Aufklärung darüber, ob es im Zusammenhang mit diesem Sachverhalt – bedingt durch die Verfolgung "wirtschaftlicher (Eigen-)interessen" oder Manipulationen durch Entscheidungsträger im Vergabeverfahren – zu Nachteilen für die österreichischen SteuerzahlerInnen gekommen ist;

Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit den genannten Sachverhalten.

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten des Bundeskanzleramtes, des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Landesverteidigung, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit und anderer Bundeseinrichtungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten überprüfen.

Begründung:

Nach einem offenen Korruptionsvorwurf von Landeshauptmann Dr. Haider gegen FP-Regierungsmitglieder, durch den Ankauf von Abfangjägern bzw. einer bestimmten Type von Abfangjägern "wirtschaftliche Interessen" zu verfolgen und damit die "FPÖ in ihrer politischen Handlungsfähigkeit offenkundig zu lähmen", steht der größte staatliche Beschaffungsvorgang der 2. Republik im Kreuzfeuer der Kritik in- und ausländischer Medien.

Haider begründete seinen Rückzug von einer neuerlichen Kandidatur für den FPÖ-Vorsitz mit der Drohung eines unbekannten Mannes, der ihn vor einem Klagenfurter Lokal mit den Worten angesprochen habe: "Herr Dr. Haider, behindern Sie den Kauf der Abfangjäger nicht und passen Sie auf Ihre Familie auf" und behauptete, dass Bundesminister Herbert Haupt, nachdem dieser in einem Interview die Meinung vertreten habe, dass der Abfangjägerkauf nicht durchgeführt werden solle, von einem hochrangigen Beamten angerufen wurde und dieser mitteilte, dass wenn "das nicht korrigiert wird, würde der Minister eine Paraphierung des Vertrages in den nächsten Tagen vornehmen, um deutlich zu machen, dass das Geschäft zustande kommt."

Neben diesen massiven Vorwürfen durch Dr. Haider untermauern zahlreiche Fakten den Verdacht von Unregelmäßigkeiten und Manipulationen im Rahmen der größten staatlichen Investition der 2. Republik:

Der Rechnungshof kritisiert die äußerst hohe Vorbelastung im Landesverteidigungsbudget. Die Vorgangsweise der Bundesregierung, die eine Beschaffung in extremer Kostenhöhe vornimmt, ohne einen plausiblen Finanzierungsplan zu erarbeiten, ist verantwortungslos. Es gibt diesbezüglich keine Beschlüsse des Nationalrates, die eine solche budgetäre Belastung genehmigen. Allein der Ankauf des Kriegsgerätes wird 2 Milliarden Euro an Kosten verursachen, völlig unklar ist, mit welchen Folgekosten für Wartung, Instandhaltung und Betrieb zu rechnen ist.

Noch am 24. April 2002 stellt der Beschaffungsexperte im Verteidigungsministerium, Herbert Wagner, fest, dass "das europäische Eurofighter-Konsortium mangels einer Zwischenlösung im ersten Angebot eigentlich aus dem Wettbewerb ausgeschieden werden müsste".

Eine Einsichtsbemerkung des Leiters der Gruppe Feldzeug-/Luftzeugwesen im BMLV vom 25. Juni 2002 lautet wie folgt: "Zufolge der festgestellten annähernden Gleichwertigkeit der Angebote und der gegebenen Erfüllung der Anforderungen für die Luftraumüberwachung in Österreich wird vorgeschlagen, dem Produkt mit den geringeren Anschaffungs- und Betriebskosten, also dem Gripen von Saab/Bae, den Vorzug zu geben".

Dieser Einsichtsbemerkung schlossen sich der Leiter der Beschaffungsabteilung und der Generaltruppeninspektor in vollem Umfange an.


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115. Sitzung / Seite 214

Finanzminister Karl-Heinz Grasser lehnte noch am 25. 6. 2002 den Ankauf von (wörtlich) Kriegsgerät ab, beugte sich aber den Spitzen der Regierung und der Parlamentsklubs mit den Worten "ich versuche daher, die beste einer nicht so guten Lösung mit auszuarbeiten". Die "beste einer nicht so guten Lösung" bestand in der Entscheidung für den Abfangjäger "Eurofighter", das teuerste und bisher kaum in Verwendung stehende Kriegsgerät.

"Tatsächlich ist es dem EADS-Konsortium bisher nicht gelungen, auch nur einen Flieger außerhalb der Partnerländer Großbritannien, Deutschland, Italien und Spanien zu verkaufe – abgesehen von einer handvoll Eurofighter an Österreich (eine überraschende Entscheidung, die wohl nicht aus verteidigungspolitischen Gründen getroffen wurde)", berichtet Star-Kolumnist Matthew Parris in der Londoner "Times" vom 13. Juli 2002.

Das durch die Bundesregierung präferierte Kriegsgerät vom Typ "Eurofighter" ist die kostenintensivste Variante im Vergleich zu allen anderen Mitbietern.

Der PR-Auftrag in Höhe von kolportierten 850.000 Euro des EADS-Konsortiums wurde großteils vom Werbeunternehmen des Ex-FPÖ-Geschäftsführer Gernot Rumpold und dessen Frau durchgeführt. Dieser stellte gegenüber der Öffentlichkeit klar, dass "wenn man in Österreich nicht mit einem Geldkoffer auftauche, gar nichts klappe", und verglich die österreichischen Strukturen mit jenen von Uganda.

Begründet wurde die Entscheidung für den Eurofighter Typhoon mit dem vom EADS-Konsortium angebotenen Gegengeschäften, wobei diesbezüglich festgehalten werden muss, dass von den angekündigten 90 Projekten erst 18 Projekte konkretisiert werden konnten. Unklar ist hiebei, ob diese Geschäfte überhaupt vom Eurofighter-Ankauf abhängig sind. Während die Bieter in Inseraten Details ihrer Kompensationsgeschäfte beworben haben bzw. die Kompensationsgeschäfte der Mitbewerber kritisierten, erstatteten die verantwortlichen Bundesminister dem National- und Bundesrat in unakzeptabler Berufung auf Amtsverschwiegenheit und Geschäftsgeheimnisse keinerlei entsprechenden Informationen. Auch eine von Wirtschaftsminister Bartenstein angekündigte Auflistung der Gegengeschäfte wurde bisher nicht publiziert.

Das durch die Gegengeschäfte meistbegünstigte Unternehmen, der Magna-Konzern, war der frühere Arbeitgeber von Finanzminister Karl-Heinz Grasser, diesem ist auch ein Rückkehrrecht zu seinem früheren Arbeitgeber eingeräumt. Auch wurde bekannt, dass sich der Ehegatte von Vizekanzlerin Riess-Passer, Michael Passer, in Vertragsverhandlungen über einen Konsulentenvertrag mit dem Magna-Konzern befindet.

Am 12. 7. 2002 erstattete ein unbekannter Anzeiger eine Sachverhaltsdarstellung betreffend Beschaffungsvorgang "Abfangjäger" an die Staatsanwaltschaft Wien. Der Anzeiger äußert den dringenden Verdacht der organisierten Wirtschaftskriminalität und verweist "auf im Ministerium vorliegende Dokumente". Derzeit ist eine Prüfung dieser Sachverhaltsdarstellung, die von einem Gesamtschaden für die Republik von 640 Millionen Euro ausgeht, durch die StA anhängig.

Auffällig an dem Beschaffungsvorgang ist auch, dass die Typenentscheidung immer wieder aus nicht transparenten Gründen verschoben wurde. Bekannt wurde jedoch, dass es wie bei der Beschaffung von Radargeräten der Firma Thomson zur Intervention gekommen ist. Bisher blieb die Tatsache unbestritten, dass der CSU-Kanzlerkandidat Stoiber sich an Bundeskanzler Schüssel gewandt hat, um für das Produkt Eurofighter zu intervenieren.

Die Achse bayrische CSU und ÖVP war auch Gegenstand einiger Untersuchungsausschussanträge betreffend eventueller Zahlungen von "nützlichen Aufwendungen" im Zusammenhang mit der Beschaffung von militärischem Gerät, die jedoch bisher von der FPÖ/ÖVP-Mehrheit abgelehnt wurden.

Dem damaligen Wirtschaftsminister und heutigen Bundeskanzler Dr. Schüssel wird in diesem Zusammenhang die Anbahnung des Lieferauftrages über Radaranlagen durch die Firma Thomson samt einer entsprechenden Vorreihung vorgeworfen. Schüssel, der auch die maßgeblichen Entscheidungen hinsichtlich des Eurofighterankaufs traf, wurde von Thomson Lobbyist


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115. Sitzung / Seite 215

Karl-Heinz Schreiber als Zeuge in einem Rechtsstreit mit dem Unternehmen Thomson vor einem Schweizer Gericht beantragt. Bei dieser Causa handelt es sich um eine Forderung Schreibers gegen Thomson in Höhe von 1,25 Millionen Schweizer Franken (10 Millionen Schilling), gewidmet als Vermittlungsprovision aus der Beschaffung von Radargeräten für die Republik Österreich im Auftragswert von 1,3 Milliarden Schilling. Das Verfahren ist noch anhängig.

Im Terminkalender Schreibers findet sich auch eine Notiz mit dem Wortlaut "Wiesheu wg. Schüssel S 100 T30 M25 K25", ein ähnliches Kürzel "LK 1" wurde durch die deutschen Steuerbehörden als Vermerk über eine Zahlung von 1 Million DM an CDU-Schatzmeister Walter Leisler Kiep entschlüsselt. NEWS berichtet in seiner Ausgabe am 16. Mai 2002, dass schon am 6. August 1994 Schreiber in seinem Kalender folgende Eintragung notierte: "Schüssel ÖVP o.k., Ericson 200 %, Schweden, Thomson 270 %, Frankreich, österreichisches Wirtschaftsministerium." Damit wusste Schreiber fast drei Wochen vor Vorlage des nachgebesserten Angebotes durch die Firma Thomson, wie dieses Angebot aussehen wird.

Zur Erinnerung: Die Erhöhung dieses Kompensationsangebotes war für den damaligen Wirtschaftsminister Dr. Schüssel ausschlaggebend, dem nachgereihten Anbieter Thomson schließlich den Zuschlag zu geben. In diesem Zusammenhang bekommt der Eintrag Schreibers "Schüssel ÖVP o.k." eine neue Bedeutung: scheinbar dürfte in Vorgesprächen die Erhöhung des Kompensationsangebotes auf 270 % durch Thomson vereinbart und eine positive Erledigung durch Schüssel oder seine Beauftragten in Aussicht gestellt worden sein.

Im Zuge der konsularischen Vernehmung von Schreiber durch den Untersuchungsausschuss "Parteispenden" des Deutschen Bundestages am 14. 5. 2002 hielt Schreiber fest: "Es ging um diese Radarsysteme. Thomson war mir natürlich nicht ganz unbekannt, weil ja bekannt ist, wie in Frankreich Parteienfinanzierung gemacht wird. Das war uns nicht bekannt. Als dieser Herr Merck (Anmerkung: Vertreter von Thomson) über einen Bekannten aus Lugano zu mir kam, hat er gesagt, er habe in Österreich Probleme mit Schüssel, er komme nicht an den heran, es gehe um die Firma Ericsson aus Schweden, die schon mit Kompensationen begonnen hätten ..." Laut Schreiber kündigte der Thomson-Vertreter an, er wolle 280 % Kompensation anbieten. Tatsächlich besserte Thomson sein Angebot in einem Brief an Schüssel Ende August 1994 auf 270 % nach.

Schreiber erklärte gegenüber dem deutschen Untersuchungsausschuss: "Schüssel war offenbar sehr interessiert an der Geschichte. Ich glaube, schon am nächsten Tag hat sein Büro angerufen und Herrn Merck einen Termin gegeben".

Gerade vor dem Hintergrund dieser massiven Vorwürfe gegen Bundeskanzler Schüssel, der auch am Vergabeprozess und der Entscheidung für den Eurofighter maßgeblich beteiligt war sowie der der StA Wien vorliegenden Sachverhaltsdarstellung und den Aussagen von LH Haider und EADS-Werber Rumpold, ist die Prüfung des Vergabeverfahrens und der Vergabeentscheidung hinsichtlich des Ankaufes von Abfangjägern durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss unumgänglich.

Durch den Rechnungshof wurde bisher ausschließlich die Ausschreibung des Abfangjägerankaufes geprüft, auch diese Prüfungsergebnisse wurden dem Parlament nicht zur Verfügung gestellt. Mögliche Parteienfinanzierungen bzw. Geldflüsse ("wirtschaftliche Interessen") außerhalb des Ausschreibungsprozesses wurden seitens des Rechnungshofes nicht überprüft.

Auch erscheint die Prüfung von Zuwendungen und die Bedienung "wirtschaftlicher Interessen" durch den Rechnungshof nicht überprüfbar.

Aus all den obig genannten Fakten und Begründungen ist die sofortige Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und ein Stopp der laufenden Abfangjägerbeschaffung geboten. Der Beschaffungsvorgang der Abfangjäger erinnert fatal an die Vorgänge bei der Thomson-Beschaffung: Intransparenz, unüberprüfbare Kompensationsangebote und völlige Unklarheit über die


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Kosten der Beschaffung und der laufenden Wartung sowie massive Vorwürfe hinsichtlich "wirtschaftlicher Interessen" einzelner Personen und Parteien.

Unter einem verlangen die unterzeichneten Abgeordneten gemäss § 33 Abs. 2 GOG die Abhaltung einer kurzen Debatte über diesen Antrag.

*****

Antrag

der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäss § 33 GOG zu den Vorgängen im Zusammenhang mit der sogenannten Abfangjäger-Nachbeschaffung

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt:

1. Untersuchung der Rechtmäßigkeit aller Abläufe und Entscheidungen innerhalb des Beschaffungsvorganges betreffend die sogenannte Abfangjäger-Nachbeschaffung

2. Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebungen von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten der angeführten Bundesministerien, bzw. Parteien, Organisationen, Firmen, im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten überprüfen.

Dabei sind insbesondere folgende VerantwortungsträgerInnen und Institutionen besonders in die Überprüfung einzubinden:

Involvierung und Verantwortung von Bundeskanzler Dr. Schüssel, Vizekanzlerin Riess-Passer und den Bundesministern für Finanzen (Grasser), Wirtschaft (Bartenstein) und Landesverteidigung (Scheibner), deren Kabinette und der von ihnen geleiteten Ministerien im Zuge des gesamten Beschaffungsvorganges zur Anschaffung der Kampfflugzeuge;

Involvierung der Landeshauptleute im Rahmen des gesamten Beschaffungsvorganges, insbesondere im Zusammenhang mit den sogenannten Kompensationsgeschäften;

Involvierung der politischen Parteien in Österreich;

Involvierung von parteinahen Organisationen und Vorfeldorganisationen;

Involvierung von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung;

Involvierung von parteinahen Firmen, insbesondere die von EADS beauftragte PR-Agentur für das Eurofighter-Lobbying "100% Comunications", und deren Geschäftsführung;

Involvierung von Unternehmen, die von den angeblichen Kompensationsgeschäften profitieren.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis: 5 SPÖ, 4 FPÖ, 4 ÖVP, 1 Grüne einzusetzen.

Begründung:

Am 2. Juli 2002 hat die Bundesregierung eine Typenentscheidung zum Ankauf von Abfangjägern bekannt gegeben. Rund um die Entscheidung, mit dem Konsortium EADS in Vertragsverhandlungen zu treten, sind zahlreiche Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Beschaffungsvorgang bekannt geworden.


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Unter anderem im Zuge der Konflikte innerhalb der Regierungspartei FPÖ und der Bundesregierung selbst hat sich der Verdacht erhärtet, dass wesentliche Abläufe und einzelne Entscheidungen innerhalb des bisherigen Beschaffungsvorganges nicht nach den gesetzlichen und vergaberechtlichen Bestimmungen durchgeführt werden. Es wurden gegen mehrere Mitglieder der Bundesregierung öffentlich und medial schwerwiegende Verdächtigungen erhoben.

"Da in den letzten Tagen für mich klar wurde, dass die wirtschaftlichen Interessen mit der Abfangjägeranschaffung die FPÖ in ihrer politischen Handlungsfähigkeit offenkundig lähmt ..." so Landeshauptmann Dr. Jörg Haider (14. 9. 2002, Kärntner FPÖ-Pressedienst)

So hat Frau Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer wesentliche Vertreter ihrer Partei zur Abgabe einer schriftlichen Erklärung angehalten, die besagt, dass keiner auf welche Weise immer vom Ankauf neuer Jets profitieren soll (profil 30/02; Seite 18)

Oder der ehemalige FPÖ-Generalsekretär und jetzige EADS-Lobbyist Gernot Rumpold: "Das ist ja wie in Uganda. Wenn man in Österreich nicht mit dem Geldkoffer auftaucht, klappt gar nichts" (Format 38/02; Seite 46)

In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag (GOG § 33 (2)) verlangt.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wie ich in einem früheren Teil unserer Sitzung, nämlich am Vormittag, festgestellt habe, besteht Einvernehmen mit den Fraktionen, unpräjudiziell eine gemeinsame Debatte über beide Anträge durchzuführen.

Es wird zunächst der Antragstellerin des erstgenannten Antrags, Frau Abgeordneter Kuntzl, das Wort zur Begründung erteilt, und zwar im Ausmaß von 10 Minuten. Dann erhält der Abgeordnete Kogler das Wort zur Begründung seines Antrags. Und dann hat jede Fraktion das Recht, einen Redner mit einer Redezeit von jeweils 5 Minuten zu stellen.

Zu Wort gelangt daher Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

22.19

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frage der Anschaffung der Abfangjäger hat uns schon heute Nachmittag sehr intensiv beschäftigt. Es geht darum, dass die Bundesregierung beschlossen hat, sündteure Kriegsgeräte anzuschaffen, die zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung ablehnen und für überflüssig halten. (Ruf bei der ÖVP: Woher wissen Sie das?)

Was uns jetzt beschäftigt, ist die Frage, welche parlamentarischen Schritte man setzen muss, um die vielen offenen Fragen, die im Zuge der Beschaffung aufgetaucht sind, zu klären. Daher auch unser Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Die vielen offenen Fragen sind schnell aufgelistet. Sie beginnen bereits bei der Beschaffung, bei der Typenwahl, wobei alle Experten beim Militär beziehungsweise im Landesverteidigungsministerium, die sich auskennen, einer völlig anderen Typenwahl den Vorzug gegeben hätten.

Bundesminister Grasser, der sich als Finanzminister ja lange gegen den Ankauf dieser Abfangjäger ausgesprochen hat, hat dann, als er umgefallen ist, gesagt, er werde versuchen, "die beste einer nicht so guten Lösung" zu finden. Und was ist herausgekommen? – Die "beste dieser nicht so guten Lösung" ist die teuerste Lösung geworden. Offen bleibt die Frage: Warum findet Bundesminister Grasser, dies sei die beste Lösung, und welche Interessen stehen dahinter? – Das wäre die erste Frage, die es zu klären gilt.

Aufhorchen ließ der ehemalige Geschäftsführer der Freiheitlichen Partei, Herr Rumpold, seines Zeichens Lobbyist der Firma EADS, mit der Bemerkung: Wenn man in Österreich nicht mit einem Geldkoffer auftaucht, dann klappt gar nichts!


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Wir denken, da wäre die Frage zu klären: Welche Erfahrungen hat dieser Mann gemacht? Wo und bei welchen Geschäften hat dieser Mann diese Erfahrungen gemacht? – Herr Rumpold sollte einmal Gelegenheit erhalten, darüber Auskunft zu geben.

In der Folge sind Medienberichte aufgetaucht, in denen zu lesen war, dass es bei einzelnen Regierungsmitgliedern zu plötzlichem Wohlstand gekommen ist, worin von außergewöhnlich guten Verträgen für Verwandte von Regierungsmitgliedern die Rede war, und in denen immer wieder von vermuteten Geldflüssen zu lesen war.

Es gibt Geldflüsse, die sehr offen sind, aber auch entsprechend eigenwillig. Zum Beispiel gibt es eine Initiative von EADS, die Inserate der steirischen Landeshauptfrau Klasnic unterstützt. Welche Inserate sind für diese Firma, die militärische Geräte verkauft, so interessant? – Sie unterstützen eine Aktion zur Steigerung der seit Jahrzehnten sinkenden steirischen Fruchtbarkeitsrate! – Ja, es mag wohl totaler Zufall sein, dass Landeshauptfrau Klasnic zu den Befürwortern dieses Abfangjägerkaufs zählt.

Neben diesen offenen Geldflüssen, die sehr eigenwillig anmuten, sollten wir uns jedoch auch die Frage stellen, von welchen verdeckten Geldflüssen die Darstellungen der Zeitungen handeln. Sie sind von größerem Interesse, und damit sollte sich ein Untersuchungsausschuss auseinander setzen.

Vor wenigen Tagen erreichte uns alle, vor allem Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, eine düstere Erklärung des Kärntner Landeshauptmanns, in der er einmal mehr seinen Rückzug aus der Bundespolitik bekundete, und dies mit der Begründung, wirtschaftliche Interessen im Zusammenhang mit der Abfangjägerbeschaffung würden die FPÖ in ihrer Handlungsfähigkeit offensichtlich lähmen. – Was er mit "lähmen" meint, das verstehe ich sehr gut, gerade auch dann, wenn man Sie von den Freiheitlichen den heutigen Tag über beobachtet hat.

Für uns ist allerdings von größerem Interesse: Was meint der Kärntner Landeshauptmann mit den behaupteten wirtschaftlichen Interessen? Welche wirtschaftlichen Interessen meint er da, wessen wirtschaftliche Interessen, und vor allem: In welchem Zusammenhang stehen sie mit der Beschaffung der Abfangjäger? Er fühlte sich dann in diesem Zusammenhang auch noch bedroht. Es gibt hiezu behördliche Ermittlungen, die hoffentlich ehebaldigst klären werden, was da vorgefallen ist.

Heute hat uns der Verteidigungsminister sehr offenherzig erklärt, dass aus seinem Ministerium Akten verschwunden sind. Auch dieser Frage müsste man nachgehen: Welche Akten? Wer hat sie entfernt, und warum? Was war in diesen Akten zu finden? Und wem war das unangenehm, was in diesen Akten zu finden war?

Meine Damen und Herren! Heute haben Sie Anträgen nicht zustimmen können, haben Sie Anträge niedergestimmt, die nichts anderes bewirkt hätten, als die Erklärung, die der Herr Bundeskanzler abgegeben hat – nämlich die Beschaffung der Abfangjäger bis zum Wahltag zu stoppen –, auch vom Parlament beschließen zu lassen.

Offensichtlich gibt es ganz massive Interessen, Fakten zu schaffen, Fakten bereits vor der Wahl zu schaffen, die diese Erklärung eigentlich belanglos werden lassen und die eine künftige Regierung an die Entscheidung für diesen Kauf binden. Nach den Wahlen wird es wahrscheinlich andere Mehrheiten geben, die andere Entscheidungen treffen, und Sie sind wild entschlossen, für diesen Tag vorzusorgen. Es stellt sich wieder einmal die Frage: Warum?

Sie sehen, sehr geehrte Damen und Herren, es stellen sich viele Fragen, deren Klärung von öffentlichem Interesse wäre. Was ist in den letzten Wochen, in den letzten Monaten im Zusammenhang mit dem Ankauf der Abfangjäger geschehen? – Nicht nur für die Öffentlichkeit an sich ist diese Frage interessant, meiner Meinung nach ist sie vor allem für eine der hier im Hause vertretenen Parteien interessant, nämlich vor allem für Sie, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei. Immerhin ist an der Frage der Anschaffung der Abfangjäger Ihre Partei in den letzten Wochen so gut wie zerbröselt.


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Ich kann es mir nicht anders vorstellen, als dass Sie sich permanent die Frage stellen müssen: Wie konnte das nur passieren? Warum waren die Fronten auf einmal so verhärtet, und warum konnte keine Einigung gefunden werden? – Auch Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen, geben wir mit diesem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der in diesen Fragen Klarheit bringen soll, die Chance, diese Fragen, die Sie sicher quälen – und das verstehe ich; das müssen quälende Fragen für eine Partei sein –, diese quälenden Fragen also zu beantworten. Stimmen Sie zu, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

22.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es erhält nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Kogler die Gelegenheit, seinen Antrag zu begründen. Redezeit ebenfalls 10 Minuten. – Bitte.

22.27

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Materie ist ja eine durchaus ähnliche, daher auch die Verdachtsmomente und die möglichen Beweislagen. Einen Aspekt der Äußerungen der Kollegin Kuntzl möchte ich noch aufgreifen. Einen Verdienst hat dieser Vorgang um die Abfangjägerbeschaffung ja: Der Spuk dieser blau-schwarzen Bundesregierung ist dadurch vorzeitig beendet worden. Das sollte man einmal positiv erwähnen. Und jetzt geht es noch darum, den noch größeren Schaden, der mit diesem Beschaffungsvorgang droht, zu verhindern. Dazu kann auch die – im Übrigen sofortige – Einsetzung eines Untersuchungsausschusses dienen. Warum?

Ich will mich gar nicht lange bei der Zurechnungsfähigkeit des Herrn Landeshauptmannes von Kärnten aufhalten; manche stellen die ja in Zweifel, ich tue das nicht an dieser Stelle. (Abg. Neudeck: Was heißt "an dieser Stelle"?) Wenn er sagt, dass die FPÖ – aber nicht nur die FPÖ; er meint ja in Wirklichkeit, und das merkt man, wenn man den Satz weiter liest, die Minister, mithin die halbe Bundesregierung! – in ihrer Handlungsfähigkeit wegen wirtschaftlicher Interessen gelähmt ist, was glauben Sie, was da in jedem anderen Land in Europa los wäre, wenn ein Landeshauptmann diese Anschuldigungen erhebt? Außer Frau Riess-Passer, die sich in einem persönlichen Zusammenhang angegriffen gefühlt hat, hat es ja nicht einmal jemand von der Bundesregierung der Mühe wert gefunden, ein Dementi anzubringen oder etwa Klagsdrohungen zu erheben. Überhaut nicht, mitnichten! Dieser Vorgang wird also offensichtlich als völlig normal betrachtet. (Abg. Dr. Krüger: Presseaussendung! – Zwischenruf des Abg. Murauer. )

Damit erhebt sich die Frage, was von der FPÖ und der Bundesregierung als normal betrachtet wird. Führen Sie das auf irgendeinen besonderen Zustand des Herrn Landeshauptmannes Haider zurück, dann haben Sie dort ein Handlungsdefizit. Führen Sie das aber auf keine besonderen Zustände des Herrn Landeshauptmannes von Kärnten zurück, dann haben sie hier ein enormes Handlungsdefizit, und dann kann nur ein Untersuchungsausschuss die Folge sein, und zwar hier und jetzt.

Aus dieser Sicht ist deshalb auch das Tagungsende, das beschlossen werden soll, völlig abzulehnen, weil ein solcher Untersuchungsausschuss für die mehr oder weniger beschuldigten Minister die einzige Möglichkeit wäre – neben Gerichten, die aber nicht so schnell sein können –, noch vor der Wahl unter Wahrheitspflicht auszusagen. Schon allein um diesen Verdacht von vornherein wegzuwischen, sollten Sie hier zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist doch das zentrale Argument! Es ist ja der Aussage des Herrn Landeshauptmannes Haider nichts mehr hinzuzufügen. Es braucht eigentlich nur mehr die Untersuchung. Er hat Ihnen den Untersuchungsausschuss quasi an den Hals gehetzt, und wenn es jetzt nicht gelingt, weil Sie sich uneinsichtig zeigen, dann wird es halt künftig gelingen. Neue Mehrheiten werden ja nicht nur die Abfangjägerbeschaffung umdrehen, sie werden ja auch durch einen dann einzusetzenden Untersuchungsausschuss die Wahrheit ans Licht bringen. (Abg. Wittauer: Hochmut kommt vor dem Fall!)

Schauen Sie, aus der größten Verschwendung der Republiksgeschichte droht die größte Schiebung der Republiksgeschichte zu werden. Jeder Tag, den Sie noch zuwarten, verschlimmert die Sache. Aber Ihre Verantwortung auch für Ihr jetziges Verhalten wird dann umso größer sein.


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Überlegen Sie es sich! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Sie waren schon überzeugender! – Zwischenruf des Abg. Dr. Martin Graf. )

22.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Jede Fraktion hat je einen Redner mit einer Redezeit von 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaßner. – Bitte.

22.31

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die nunmehr sehr deutlich ausgeführten, sehr eigenartigen Vorgänge rund um die Beschaffung dieser Abfangjäger fordern einen Untersuchungsausschuss förmlich heraus. Mich hat die Aussage des Kärntner Landeshauptmannes sehr stutzig gemacht, der da gemeint hat, ein hoher Ministerialbeamter ... (Abg. Mag. Schweitzer: Wer? – Abg. Dr. Khol: Er ist der Bürgermeister von Schwertberg! – Abg. Mag. Schweitzer: Nein, der Beamte! – Abg. Dr. Khol: Das hat er nicht gesagt! ) – Darf ich reden, Herr Klubobmann? – Khol heißt der, glaube ich.

Ein hoher Ministerialbeamter hätte Herrn Bundesminister Haupt mehr oder weniger dazu genötigt, seine kritische Bemerkung zu den Abfangjägerbeschaffungen zurückzunehmen. (Abg. Neudeck: Das sind jetzt "Grimms Märchen"!)  – Wenn Ihr Landeshauptmann Haider ein Märchenerzähler ist, dann ist das Ihr Problem! (Abg. Neudeck: Das hat er ja nicht gesagt!)  – Das hat er gesagt! (Beifall bei der SPÖ.)

Mir ist dazu eine Geschichte im Zusammenhang mit dem Hochwasser eingefallen, das heute schon ein paar Mal erwähnt wurde: Da hat es einen Besuch des Herrn Bundesministers Scheibner gegeben, der die hervorragende Arbeit des Bundesheeres visitiert hat. (Abg. Mag. Schweitzer: Wo war das?) Vor diesem Besuch hat mich ein hoher Offizier darauf angesprochen, dass ich gesagt habe, wenn wir uns Abfangjäger leisten können, dann können wir uns auch eine hundertprozentige Entschädigung leisten.

Er hat mich also darauf angesprochen und gesagt: Bitte, Herr Bürgermeister, sagen Sie das nicht mehr, es wird schon darüber geredet, dass das Bundesheer vom Katastropheneinsatz in Schwertberg abgezogen wird. (Die Abgeordneten Jung und Wittauer: Frechheit!)  – Unter diesem Aspekt ist die erwähnte Drohung sehr, sehr eigenartig, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Wer war das? Nennen Sie den Namen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Den Namen werde ich Ihnen nennen, wenn Sie dem Untersuchungsausschuss zustimmen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Der Kärntner Landeshauptmann hat im "Report" vom 17. September auf die Frage, wie der nächste FPÖ-Obmann sein sollte, gemeint – ich zitiere –: Er sollte vor allem nicht anfällig sein für Verlockungen. – Zitatende. Ein wenig später in der Sendung hat er noch gemeint – ich zitiere –: Gott sei Dank bin ich das nicht, das ist aber auch gleichzeitig mein Problem. – Zitatende.

Da taucht für mich die Frage auf: Wer ist anfällig für Verlockungen? Wer hat damit kein Problem? – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist schon sehr untersuchungswürdig, würde ich meinen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es hat eigentlich noch niemand von den Damen und Herren der ÖVP dazu Stellung genommen, dass der Herr Bundeskanzler vom CSU-Kanzlerkandidaten Schröder aufgefordert wurde ... (Abg. Dr. Khol: Stoiber!)  – Pardon: von Stoiber aufgefordert wurde, im Sinne des Abfangjägerkaufs zu intervenieren. Bitte, was hat der CSU-Kanzlerkandidat für ein Interesse daran? (Abg. Dr. Khol: Ein haltloses Gerücht!)  – Winken Sie mir, Herr Abgeordneter Schweitzer? – Danke. (Abg. Dr. Martin Graf: Das wollen Sie also untersuchen?)


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Was hat der für ein Interesse daran, dass wir die "Eurofighter" kaufen? Erklären Sie mir das! (Ruf bei der SPÖ: Da gibt es Süßigkeiten! – Heftiger Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben wieder dieselbe Situation! Der Name Schüssel scheint damals – 1994, Radaranlagen, Thomson – in einem sehr eigenartigen Zusammenhang auf, nämlich im Kalender des Herrn Schreiber, wo es heißt – Anfang August 1994 war das –: "Schüssel ÖVP ok". – Drei Wochen später waren diese Radaranlagen gekauft. Scheint jetzt vielleicht auch wieder in irgendeinem Kalender eines Waffenlobbyisten "Schüssel ÖVP ok" auf, wenn die "Eurofighter" gekauft werden? (Abg. Dr. Martin Graf: Der Schwertberger ...!)

Wir werden sehen. Wenn Sie allerdings wollen, dass der Noch-Bundeskanzler dieser Republik von jedem Verdacht freigewaschen wird, dann, meine Damen und Herren, müssen Sie unserem Untersuchungsantrag zustimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

22.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fink. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

22.36

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Nachdem Kollege Gaßner zitiert hat, darf auch ich zitieren. Kollege Gradwohl hat heute einmal gesagt: "Schauen Sie sich in den Spiegel!" – Ich würde sagen: Lesen Sie den "Spiegel"! (Beifall bei der ÖVP.)

"Spiegel" Nr. 38/2002 – ich zitiere –: "Die Erfolgschancen der österreichischen Linken seien zuletzt am größten gewesen, wenn die SPÖ gar nichts tut und Gusenbauer schweigt." – In diesem Fall wäre es besser gewesen, Sie hätten geschwiegen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja nicht das erste Mal, dass es diesen Antrag auf einen Untersuchungsausschuss gibt. Welche Gegenstände untersucht werden sollen, das zeigt sich in der Begründung der Grünen, und ich frage mich wirklich: Besteht diese Republik nur aus Gaunern? Wenn ich sehe, was da alles untersucht werden soll – ich darf das etwas auflisten.

Es heißt da: die Involvierung und Verantwortung von Bundeskanzler Dr. Schüssel, die Involvierung von Vizekanzlerin Riess-Passer, die Involvierung von Bundesminister Grasser, die Involvierung von Wirtschaftsminister Bartenstein, Minister Scheibner und deren Kabinetten. – Das heißt, sämtliche Menschen, die nur irgendwo mit der Beschaffung in Berührung kommen, werden von Ihnen der Gaunerei verdächtigt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das geht zu weit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Oder auch die Involvierung der Landeshauptleute – da gilt genau dasselbe –, die Involvierung der politischen Parteien. Ich meine, da sind Sie doch auch dabei. (Abg. Mag. Kogler: Jawohl!) – Sehr gut, das meine ich auch. Die Involvierung der politischen Organisationen und Vorfeldorganisationen, die Involvierung von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung, die Involvierung von parteinahen Firmen – was sind eigentlich parteinahe Firmen? – und die Involvierung von Unternehmungen.

Das heißt, es ist ganz Österreich dabei. (Heiterkeit.) Ich sage Ihnen eines, meine sehr geehrten Damen und Herren – und das ist ein oststeirischer Spruch –: Wer andere mit Dreck bewirft, kann selber nicht ganz sauber sein. – So reden wir, und ich denke, dass das auch in dieser Frage stimmt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die SPÖ argumentiert mit Schreiber, auch bekannt als eine Person, die "sehr, sehr glaubwürdig" ist. (Ironische Heiterkeit der Abg. Dr. Partik-Pablé. ) Das ist nämlich ein Mensch, dem niemand mehr glaubt! Schreiber ist nicht ernst zu nehmen.


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Tatsache ist – und dafür ist Bundeskanzler Dr. Schüssel verantwortlich –, dass es uns oder dem Herrn Bundeskanzler gelungen ist, sehr viele Kompensationsgeschäfte zu erreichen. Diese Dinge hat es in dieser Republik noch nicht gegeben. (Abg. Mag. Kogler: Ja genau, das ist auch unsere Meinung!) Das hat es noch nicht gegeben, dass wir so viele Kompensationsgeschäfte erreicht haben. (Abg. Mag. Kogler: Welche denn?) Ich danke dem Herrn Bundeskanzler. (Beifall bei der ÖVP.)

Und Sie wollen die persönliche Integrität des Bundeskanzlers in Frage stellen? (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. ) Das ist eine Selbstverständlichkeit, Sie haben ja keine anderen Argumente mehr. Sie haben Angst vor dem 24. November, darum schütten Sie die Menschen an, alle, die in der Regierung waren, die ausgezeichnete Arbeit geleistet haben. Sie verunglimpfen, das ist alles! (Abg. Mag. Kogler: Sagen Sie das doch dem Haider!) Sie treten bereits im Burgtheater auf.

Sie machen mit der Sicherheit des Landes Politik. Die Sicherheit für die österreichische Bevölkerung ist Ihnen von der Opposition nichts mehr wert. Die Leistung des österreichischen Bundesheeres ist Ihnen nichts mehr wert, und die Arbeitsplätze beim österreichischen Bundesheer sind Ihnen auch nichts wert. (Zwischenrufe der Abgeordneten Eder und Dr. Kräuter. )

Wir, die Österreichische Volkspartei, und diese Bundesregierung stehen für Sicherheit, und wir stehen zu diesem Bundesheer und zu den Bediensteten dieses Bundesheers. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Bediensteten der Gendarmerie, der Polizei und des Bundesheeres und allen anderen, die für die Sicherheit dieses Staates verantwortlich sind! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird Sie wahrscheinlich nicht verwundern: Die ÖVP stimmt diesem Antrag nicht zu! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. Er hat das Wort.

22.41

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wer von den Rednern zur Sicherheitspolitik bei der SPÖ jetzt Schattenminister im "Kabinett des Lichts" des Kollegen Gusenbauer ist! (Zwischenruf des Abg. Murauer. ) Vielleicht kann er uns das jetzt selbst sagen.

Da er jetzt anwesend ist, kann er uns vielleicht auch selbst authentisch erklären, wie der Verlauf dieses positiven Gesprächs mit dem EADS-Chef war. Das würde uns brennend interessieren! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Herr Kollege Parnigoni, ich verstehe, dass Sie nicht wissen, was Sie jetzt mit Ihren Plakaten anfangen sollen, die Sie etwas voreilig gedruckt haben. Und ich verstehe auch Ihre Nervosität, weil Sie offenbar kein anderes Thema haben, das Ihnen jetzt zwischen den Fingern zerrinnt! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Lassen Sie sich aber sagen: Nur ein Gulasch wird besser, wenn man es aufwärmt! Ihre Vorwürfe aber, die Sie heute zum x-ten Mal unbelegt wiederholen, werden diese Behauptungen nicht wahr machen! Unsinn wird durch Wiederholung nicht wahrer.

Der Kauf ist nicht erfolgt, der Kauf wird in dieser Legislaturperiode nicht erfolgen, das ist klar. Man kann einen nicht erfolgten Kauf auch nicht untersuchen. In der Vorbereitung ist allerdings schon eine hervorragende Begleitung durch den Rechnungshof erfolgt. – Damit wäre zu diesem Thema eigentlich alles gesagt.

Die Wortmeldung des Kollegen Gaßner hat mich jedoch dazu bewogen, noch etwas dazu zu sagen. Herr Kollege, ich habe nicht geglaubt, dass der Redebeitrag des Kollegen Pilz im Niveau noch zu unterbieten ist! Aber die Unterstellung, dass der Einsatz des Bundesheeres, der bei


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diesem Hochwasser wirklich hervorragend war, nach parteipolitischen Gesichtspunkten erfolgt ist, ist wirklich ungeheuerlich! Ich kann Ihnen versprechen, dass wir diese Aussage von Ihnen auch im Bundesheer und in der österreichischen Bevölkerung verbreiten werden.

Das Bundesheer hat sich diese ungeheuerliche Unterstellung – um kein anderes Wort zu wählen – nicht verdient! Auch kein anderer roter Bürgermeisterkollege hat sich zu einer solchen Aussage verstiegen. Schämen Sie sich, Herr Kollege Gaßner! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kuntzl und Fraktion auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Thema Abfangjäger.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Als Nächstes lasse ich über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kogler und Fraktion auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Thema Abfangjäger abstimmen.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, dass der Antrag nicht die Mehrheit gefunden hat.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf noch bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 750/A bis 754/A eingebracht wurden.

Weiters sind die Anfragen 4314/J bis 4387/J eingelangt.

Es ist auch eine Anfrage der Frau Abgeordneten Haidlmayr an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen gewidmet ist, berufe ich für heute, 22.45 Uhr, also im unmittelbaren Anschluss an diese Sitzung, ein.

Die 115. Sitzung des Nationalrates ist damit geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.44 Uhr