Stenographisches Protokoll

27. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 8. Juli 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


 

Stenographisches Protokoll

27. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                           Dienstag, 8. Juli 2003

Dauer der Sitzung

Dienstag, 8. Juli 2003: 9.00 – 22.48 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 erlassen wird und die Gewerbeordnung 1994, das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertags-Be­triebszeitengesetz geändert werden

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Bäckereiarbei­ter/innengesetz 1996 geändert werden

3. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Musterschutzgesetz 1990 geändert wird (Musterschutzgesetz-Novelle 2003)

5. Punkt: Vorbehalt der Republik Österreich zu Anhang III des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen

6. Punkt: Bericht über den Antrag 170/A der Abgeordneten Wolfgang Großruck, Doris Bures, Detlev Neudeck, Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz betreffend Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften

8. Punkt: Bundesgesetz über österreichische Beiträge zu internationalen Finanzinstitu­tionen (IFI-Beitragsgesetz 2003)

9. Punkt: Übereinkommen über die Errichtung des Joint Vienna Institute

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Immobilienfonds (Immobi­lien-Investmentfondsgesetz – ImmoInvFG) erlassen und mit dem das Bankwesenge­setz, das Investmentfondsgesetz 1993, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapierauf­sichtsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Pensionskassengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden

11. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philip­pinen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen


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27. Sitzung / Seite 2

12. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

13. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Großen Sozialisti­schen Libysch-Arabischen Volks-Dschamahirija über die Förderung und den Schutz von Investitionen

14. Punkt: Abkommen zwischen Österreich und Belize auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

15. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Marokko zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen

16. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

17. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhin­derung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen samt Protokoll

18. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Islamischen Republik Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

19. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan über gegenseitige Amtshilfe und Zusammen­arbeit in Zollsachen

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Wasser­bautenförderungsgesetz 1985 geändert werden sowie das Hydrografiegesetz aufgeho­ben wird, und Bericht über den

Entschließungsantrag 160/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ökologischen Hochwasserschutz und über den

Entschließungsantrag 161/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der österreichischen Wasserressourcen und über den

Antrag 40/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2002, das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Bundesluftreinhaltegesetz 2002 geändert werden (Gesetz über den Nachbarschafts- und Umweltschutz bei landwirtschaftlichen Anla­gen 2003), und über den

Entschließungsantrag 137/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringend erforderliche Maßnahmen zur Verbesserung der Nitratbe­lastung des Grundwassers in Österreich

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novelle 2003)

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Futtermittelgesetz 1999 und das Qualitätsklas­sengesetz geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2003)

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz – LLDG 1985 geändert wird


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27. Sitzung / Seite 3

24. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Steiermark zur Errichtung und zum Betrieb eines Nationalparks Gesäuse

25. Punkt: Übereinkommen zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein samt Note

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1999 geändert wird

*****

Inhalt

Personalien

Ordnungsruf ................................................................................................................. 123

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schussberichtes 192 d. B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung ...................................................................................... 38

Antrag der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 19/A der Abge­ordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert und ein generel­les Nachtfahrverbot für LKW über 7,5 t in Österreich eingeführt wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 19. September 2003 zu setzen ................................................................ 40

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 40

Redner:

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................................... 161

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 164

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 165

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 167

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 168

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 170

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 40

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Josef Cap betreffend beleidigende Äuße­rung des Bundesministers für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................................. 125

Antrag auf Durchführung einer geheimen Abstimmung – Ablehnung ...............  190, 190

Aktuelle Stunde (6.)

Thema: „Wachstumsstrategien für Österreich“ ...................................................... 20

Redner:

Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................................................ 20

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 23

Wolfgang Großruck ..................................................................................................... 26

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 28

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 30

Michaela Sburny ........................................................................................................... 31


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27. Sitzung / Seite 4

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 32

Mag. Dietmar Hoscher ................................................................................................. 33

Mares Rossmann ......................................................................................................... 35

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 36

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 20

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 39

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ergebnisse des Agrarministerrates der Europäischen Union in Luxemburg am 26. Juni 2003 (175/A) (E)                    125

Begründung: Fritz Grillitsch ....................................................................................... 127

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ...................................................................... 130

Debatte:

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 134

Dr. Caspar Einem ....................................................................................................... 136

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (tatsächliche Berichtigung) ................................................. 138

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 138

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber ................................................................................. 141

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 143

Heinz Gradwohl .......................................................................................................... 146

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 147

Notburga Schiefermair .............................................................................................. 150

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 151

Georg Keuschnigg ..................................................................................................... 153

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 155

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ...................................................................... 155

Gabriele Binder .......................................................................................................... 157

Christian Faul ............................................................................................................. 158

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 159

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kol­leginnen und Kollegen betreffend nationale Umsetzung der EU-Agrarreform – Ab­lehnung ...................  148, 161

Annahme des Selbständigen Entschließungsantrages 175/A (E) der Abgeordne­ten Fritz Grillitsch, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Ergebnisse des Agrarministerrates der Europäischen Union in Luxemburg am 26. Juni 2003 (E 11) ...................................... 161

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (80 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 erlassen wird und die Gewerbeordnung 1994, das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz geändert werden (170 d. B.) ....... 40

Redner:

Mag. Hans Moser ......................................................................................................... 41

Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................................................ 42


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27. Sitzung / Seite 5

Michaela Sburny ........................................................................................................... 44

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 46

Heidrun Silhavy ............................................................................................................ 48

Ridi Steibl ...................................................................................................................... 50

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 51

Mares Rossmann ......................................................................................................... 54

Renate Csörgits ............................................................................................................ 55

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 56

Johannes Schweisgut ................................................................................................. 58

Karl Öllinger .................................................................................................................. 60

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 61

Bettina Stadlbauer ....................................................................................................... 63

Konrad Steindl .............................................................................................................. 64

Sabine Mandak ............................................................................................................. 65

Maximilian Walch ......................................................................................................... 66

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ............................................................................................. 67

Erika Scharer ................................................................................................................ 68

Mag. Melitta Trunk ....................................................................................................... 69

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 70

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Dr. Reinhold Mitterlehner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die rasche Um­setzung der RL des Europäischen Parlaments und des Rates über Versiche­rungsvermittlung 2002/92/EG – Annahme (E 10) ..................  47, 72

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend arbeitsrechtliche und sonstige flankierende Maßnahmen – Ablehnung ..................  49, 72

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 71

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (109 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Bundes­gesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996 geändert werden (171 d. B.)                    72

3. Punkt: Bericht und Antrag des Wirtschaftsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird (172 d. B.) ................................... 72

Redner:

Mag. Dr. Josef Trinkl .................................................................................................... 73

Mag. Christine Lapp ..................................................................................................... 74

Mares Rossmann ......................................................................................................... 77

Dieter Brosz .................................................................................................................. 78

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 79

Franz Riepl .................................................................................................................... 80

Maximilian Walch ......................................................................................................... 82

Dr. Franz-Joseph Huainigg ......................................................................................... 83

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................... 84

Ulrike Königsberger-Ludwig ...................................................................................... 85

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................... 86

Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................................................. 87

Annahme der beiden Gesetzentwürfe ............................................................................ 88


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27. Sitzung / Seite 6

4. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (65 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Musterschutzgesetz 1990 geändert wird (Mus­terschutzgesetz-Novelle 2003) (169 d. B.)         ............................................................................................................................... 90

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher ................................................................................................. 90

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 94

Michaela Sburny ........................................................................................................... 94

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 95

5. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (35 d. B.): Vorbehalt der Republik Österreich zu Anhang III des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (168 d. B.) ................................................................... 95

Redner:

Ing. Kurt Gartlehner ..................................................................................................... 96

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 96

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 97

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................... 98

6. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 170/A der Abgeord­neten Wolfgang Großruck, Doris Bures, Detlev Neudeck, Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungs­gemeinnützigkeitsgesetz geändert wird (192 d. B.) ...................... 99

Redner:

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................... 99

Doris Bures ................................................................................................................. 100

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 101

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 101

Matthias Ellmauer ...................................................................................................... 102

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 103

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ..................................................................................... 104

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 104

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (78 d. B.): Bundesgesetz betreffend Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften (136 d. B.) ....................................... 105

Redner:

Doris Bures ................................................................................................................. 105

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 106

Kurt Eder (tatsächliche Berichtigungen) ............................................................  107, 179

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 108

Josef Bucher ............................................................................................................... 111

Kurt Eder ..................................................................................................................... 112

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 115

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 117

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .....................................  123, 170, 176, 182

Dr. Christian Puswald (tatsächliche Berichtigung) ................................................... 176

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 177

Karl Öllinger ................................................................................................................ 179

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 182

Jakob Auer .................................................................................................................. 183

Dietmar Keck .............................................................................................................. 185


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27. Sitzung / Seite 7

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 186

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 188

Dr. Helene Partik-Pablé (tatsächliche Berichtigung) ................................................. 189

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterführung der erfolgreichen Privatisierungsmaßnahmen durch die österreichische Bundesregie­rung – Annahme (E 12) .........................................  116, 190

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Ver­trauens gegenüber dem Bundesminister für Finanzen gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung ........  122, 190

Entschließungsantrag der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Absicherung des Industriestandortes Österreich durch Verbleib der ÖIAG als Kernaktionär – Ablehnung            185, 191

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 190

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (79 d. B.): Bundesgesetz über österreichische Beiträge zu internationalen Finanzinstitutio­nen (IFI-Beitragsgesetz 2003) (137 d. B.)    ............................................................................................................................. 191

9. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (88 d. B.): Übereinkommen über die Errichtung des Joint Vienna Institute (138 d. B.) .......................................................... 191

Redner:

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 192

Josef Bucher ............................................................................................................... 192

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 193

Annahme des Gesetzentwurfes in 79 d. B. ................................................................. 195

Genehmigung des Staatsvertrages in 88 d. B. ............................................................ 195

10. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (97 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Immobilienfonds (Immobi­lien-Investmentfondsgesetz – ImmoInvFG) erlassen und mit dem das Bank­wesengesetz, das Investmentfondsgesetz 1993, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Pen­sionskassengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Einkommen­steuergesetz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden (139 d. B.) .................................... 195

Redner:

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 195

Peter Marizzi ............................................................................................................... 196

Josef Bucher ............................................................................................................... 197

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 198

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 198

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 199

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 200

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 200


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27. Sitzung / Seite 8

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (34 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philip­pinen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (140 d. B.) ................................................................................................ 201

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (36 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (141 d. B.) ................................................................................................ 201

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (37 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Großen Sozialisti­schen Libysch-Arabischen Volks-Dschamahirija über die Förderung und den Schutz von Investitionen (142 d. B.) ............................................. 201

Genehmigung der  drei Staatsverträge ........................................................................ 201

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (45 d. B.): Abkommen zwischen Österreich und Belize auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (143 d. B.) ............................................................................................................................. 202

15. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (82 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Marokko zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumge­hung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen (144 d. B.)                202

16. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (87 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung der Republik Armenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (145 d. B.) ................................................................................................................................. 202

17. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (89 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung des Staates Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhin­derung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen samt Proto­koll (146 d. B.) ................................................................................................................................. 202

18. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (92 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung der Islamischen Republik Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (147 d. B.)      ............................................................................................................................. 202

Redner:

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 202

Genehmigung der fünf Staatsverträge ......................................................................... 203

19. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (95 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung der Republik Aserbaidschan über gegenseitige Amtshilfe und Zusammen­arbeit in Zollsachen (148 d. B.) ........................................... 204

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 204


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27. Sitzung / Seite 9

20. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (121 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Wasser­bautenförderungsgesetz 1985 geändert werden sowie das Hydrografiegesetz aufgehoben wird, und über den

Entschließungsantrag 160/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Ökologischen Hochwasserschutz und über den

Entschließungsantrag 161/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Schutz der österreichischen Wasserressourcen und über den

Antrag 40/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsge­setz 2002, das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Bundesluftreinhaltege­setz 2002 geändert werden (Gesetz über den Nachbarschafts- und Umwelt­schutz bei landwirtschaftlichen Anlagen 2003), und über den

Entschließungsantrag 137/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kollegin­nen und Kollegen betreffend dringend erforderliche Maßnahmen zur Verbesse­rung der Nitratbelastung des Grundwassers in Österreich (166 d. B.) ..................................................................................................................... 204

Redner:

Mag. Ulrike Sima ........................................................................................................ 205

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 207

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................. 207

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 210

Anton Heinzl ............................................................................................................... 213

Matthias Ellmauer ...................................................................................................... 214

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 215

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 216

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 217

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ...................................................................... 218

Franz Glaser ................................................................................................................ 219

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber ................................................................................. 220

Dipl.-Ing. Elke Achleitner (tatsächliche Berichtigung) ............................................... 222

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 222

Karl Dobnigg ............................................................................................................... 223

Erwin Hornek .............................................................................................................. 224

Georg Oberhaidinger ................................................................................................. 225

Hermann Gahr ............................................................................................................ 226

Franz Eßl ..................................................................................................................... 227

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 228

Entschließungsantrag der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend einen dringend erforderlichen Vorstoß des Bundes für eine grenzüberschreitende UVP nach der Espoo-Konvention für mit potenziell gewäs­serbelastenden Folgen behaftete Großprojekte am österreichisch-tschechischen Grenzübergang Kleinhaugsdorf/Hate – Ablehnung .............................................  209, 230

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Klaus Wittauer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Schutz der österreichischen Wasserressourcen durch effizienten Planungseinsatz – Annahme (E 13) ...................................................................................................................  212, 230

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 229


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
27. Sitzung / Seite 10

21. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (74 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novelle 2003) (167 d. B.) ........... 230

Redner:

Walter Schopf ............................................................................................................. 230

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 231

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................. 233

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 233

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 234

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (117 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzge­setz 1995, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Futtermittel­gesetz 1999 und das Qualitätsklassengesetz geändert werden (Agrarrechtsände­rungsgesetz 2003) (157 d. B.) ......................................................... 234

Redner:

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................  235, 244

Karl Freund ................................................................................................................. 235

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ..................................................................................... 236

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 238

Georg Keuschnigg ..................................................................................................... 239

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ...................................................................... 239

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 240

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 241

Ing. Josef Winkler ....................................................................................................... 243

Heinz Gradwohl .......................................................................................................... 244

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 245

23. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (131 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirt­schaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz – LLDG 1985 geändert wird (159 d. B.) .............................................................................................. 246

Redner:

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 246

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 247

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 248

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (83 d. B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Steiermark zur Errichtung und zum Betrieb eines National­parks Gesäuse (156 d. B.) ........................................................ 248

Redner:

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 249

Christian Faul ............................................................................................................. 250

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 250

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................. 251

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ..................................................................................... 252

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 253


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27. Sitzung / Seite 11

Gemeinsame Beratung über

25. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (43 d. B.): Übereinkommen zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein samt Note (90 d. B.)          ............................................................................................................................. 253

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (122 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1999 geändert wird (158 d. B.) .................. 253

Redner:

Anna Höllerer .............................................................................................................. 253

Heinz Gradwohl .......................................................................................................... 254

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 255

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber ................................................................................. 256

Johannes Zweytick .................................................................................................... 256

Genehmigung des Staatsvertrages in 43 d. B. ............................................................ 257

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG............................................ 257

Annahme des Gesetzentwurfes in 122 d. B. ............................................................... 257

Eingebracht wurden

Bürgerinitiativen .......................................................................................................... 39

Bürgerinitiative betreffend Rückstellung des Ausbaus der Schnellstraße S1 (Ab­schnitt B8, Angerner Straße bis zur B7, Brünner Straße) und Neuplanung dieses Abschnitts mit Neubewertung der untersuchten Varianten auf der Grundlage der von der Gemeinde Wien vorgelegten neuen Daten (SUPer NOW) (Ordnungs­nummer 6)

Bürgerinitiative betreffend „Änderung des Österreichischen Generalverkehrspla­nes“ (Ordnungsnummer 7)

Gesetzesantrag des Bundesrates ............................................................................ 39

135: Gesetzesantrag der Bundesräte Prof. Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Unver­einbarkeiten für oberste Organe und sonstige öffentliche Funktionäre geändert wird

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 39

129: Zusatzprotokoll zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenz­überschreitende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften oder Behör­den

133: Übereinkunft über die Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit

134: Protokoll zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüber­schreitende Luftverunreinigung betreffend Schwermetalle

176: Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch zur Umsetzung der Fair Value-Richtlinie geändert wird (Fair Value-Bewertungsgesetz-FVBG)


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27. Sitzung / Seite 12

Bericht ........................................................................................................................... 39

III-40: Budgetprogramm für die Jahre 2003-2006; Bundesregierung

Anträge der Abgeordneten

Fritz Grillitsch, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ergeb­nisse des Agrarministerrates der Europäischen Union in Luxemburg am 26. Juni 2003 (175/A) (E)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend: „Der Jugend faire Chancen für die Zukunft eröffnen“ (176/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Qualitäts­kontrolle in Krankenanstalten (177/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines gesamt­österreichischen Qualitätssicherungsplans sowie Schaffung einer bundesweiten Quali­tätskontrolle (178/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Missstände im Bereich des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (179/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volkszählungsgesetz 1950 geändert wird (180/A)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Gewährleistung einer gentechnikfreien Landwirtschaft und Saatgutproduktion in Öster­reich (181/A) (E)

Friedrich Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Schwarzunternehmerbekämpfungsgesetz erlassen wird und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitskräfteüber­lassungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Bundesvergabege­setz 2000, das Fremdengesetz 1997, die Gewerbeordnung 1994, das Firmenbuchge­setz, die Bundesabgabenordnung, das GmbH-Gesetz, das Strafgesetzbuch, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (182/A)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Bun­desrahmengesetzes für die Fischerei durch den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft [(47/A) (E)] [(Zu 47/A) (E)]

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Steuerschulden von Unternehmen in Österreich (30.6.2003)“ (577/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Meldeverpflichtung nach der „Verpackungsverordnung – Großabfallstellen“ (578/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Freunderlwirtschaft und Verschwendung im Umfeld des Finanzministers (579/J)


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27. Sitzung / Seite 13

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Revision der pharmazeutischen Gesetzgebung (Arznei­mittel) insbesondere in Bezug auf Öffentlichkeitswerbung (2001/83/EG)“ (580/J)

Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Einsatz von Black Hawk-Hubschraubern bei Waldbränden (581/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend WTO-Ministerkonferenz September 2003 (582/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die laufenden Verhandlungen über das Dienstleistungsabkom­men der WTO (GATS) (583/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend EU-Verfassung und gemeinsame Handelspolitik (584/J)

Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Missstände im Asylantenheim, Redtenbachergasse 82-84, 1170 Wien (585/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Auswirkungen der Umsetzung der Regierungsvorlage 80 d. B. (586/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Kinderbetreuungsgeld versus Karenzgeld (587/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Anfragebeantwortung 270/AB, XXII GP (588/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Kinderbetreuungsgeld versus Karenzgeld (589/J)


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27. Sitzung / Seite 14

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Einstellung von Lehrlingen im BMWA (590/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend die Einstellung von Lehrlingen im BMBWK (591/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angele­genheiten betreffend die Einstellung von Lehrlingen im BMAA (592/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Einstellung von Lehrlingen im BMVIT (593/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Einstellung von Lehrlingen im BMLF (594/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Einstellung von Lehrlingen im BMLV (595/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Einstellung von Lehrlingen im BMJ (596/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend die Einstellung von Lehrlingen im BMGF (597/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die Einstellung von Lehrlingen im BMSG (598/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Einstel­lung von Lehrlingen im Bundeskanzleramt (599/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Einstellung von Lehrlingen im BMI (600/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Einstellung von Lehrlingen im BMF (601/J)

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verkehrsinfrastrukturprojekte in Kärn­ten und in der Steiermark (602/J)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend geplante Reformen des Finanzministeriums (603/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Werbeaussendung des Staatssekretärs Dr. Waneck für Basenpulver Dr. Auer vom 14. Mai 2003 (604/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Beratung bei Privatisierung des Österreichischen Bundes­verlages ÖBV (605/J)


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27. Sitzung / Seite 15

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Privatisierung des Österreichischen Bundesverlages (ÖBV) (606/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Reorganisation der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (607/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Medikamentenrückstände in Hühnereiern (608/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Medikamentenrückstände in Hühnereiern (609/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Linux im Amt (610/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die Bewerbung eines als Medika­ment nicht zugelassenen Produkts mit gesundheitsbezogenen Angaben durch ein Mit­glied der Bundesregierung (611/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend den Ankauf von Werbe- und Spon­soringartikel durch das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (612/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die Verhandlungen um eine bundes­einheitliche Rahmengesetzgebung bzw. Vereinbarung bei der Sozialhilfe (613/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die Ankündigung der Zusammenfüh­rung von Notstandshilfe und Sozialhilfe im Regierungsprogramm sowie die drohende Umsetzung dieser Absicht (614/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Ankündigung der Zusammenführung von Notstandshilfe und Sozialhilfe im Regierungsprogramm sowie die drohende Umsetzung dieser Absicht (615/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die Umstellung der Soft- und Hard­ware im Bereich des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (616/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Gesundheitsgefährdung durch Konsumation von Hühnerfleisch (617/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Linux im Amt (618/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ahndung von Vergehen gegen das Lebensmittelrecht (619/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Linux im Amt (620/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Reorganisation der Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit (621/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Anti-Korruptions-Konvention der UNO bzw. OECD (622/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Ange­legenheiten betreffend Anti-Korruptions-Konvention der UNO bzw. OECD (623/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Beratung bei Privatisierung des Österreichischen Bundesverlages ÖBV (624/J)

Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Nutzung der Rüstlöschfahrzeuge für den Siebergtunnel (625/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Rückforderungen der Telekom Austria an den Bund (626/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Finanzskandal im Reitsport?“ (627/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Tauernautobahn LKW-Verkehr: Kontrollstelle Kuchl“ (628/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Mittel für Salzburger Schulbauten“ (629/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Jugendliche Heiminsas-


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27. Sitzung / Seite 16

sen als Hilfsarbeiter ohne Sozialversicherung-Anrechnung von Arbeitzeiten gemäß § 225 ASVG nach der Pensionsreform 2003“ (630/J)

Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Neubesetzung der Planstelle eines Bezirksschul­inspektors für den Schulbezirk Linz-Land (631/J)

Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend den „Kauf von Eurofighter“ (632/J)

*****

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betref­fend Ruhe- und Versorgungsbezüge nach dem Bezügegesetz (4/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (337/AB zu 321/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (338/AB zu 348/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (339/AB zu 325/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (340/AB zu 371/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen (341/AB zu 376/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (342/AB zu 351/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (343/AB zu 425/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolle­ginnen und Kollegen (344/AB zu 365/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen (345/AB zu 323/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen (346/AB zu 328/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (347/AB zu 368/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (348/AB zu 381/J)


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27. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (349/AB zu 322/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (350/AB zu 329/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (351/AB zu 364/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Freund, Kolleginnen und Kollegen (352/AB zu 377/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (353/AB zu 324/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (354/AB zu 331/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Prä­hauser, Kolleginnen und Kollegen (355/AB zu 332/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (356/AB zu 343/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (357/AB zu 362/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kolle­gen (358/AB zu 344/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kolle­gen (359/AB zu 346/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (360/AB zu 358/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (361/AB zu 347/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen (362/AB zu 439/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (363/AB zu 363/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (364/AB zu 372/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen (365/AB zu 336/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (366/AB zu 357/J)


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27. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Franz, Kolleginnen und Kollegen (367/AB zu 335/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (368/AB zu 340/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (369/AB zu 356/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (370/AB zu 448/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kollegin­nen und Kollegen (371/AB zu 342/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen (372/AB zu 353/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (373/AB zu 359/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (374/AB zu 334/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen (375/AB zu 345/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (376/AB zu 354/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (377/AB zu 370/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (378/AB zu 367/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (379/AB zu 378/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (380/AB zu 385/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (381/AB zu 386/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ferdinand Maier, Kolleginnen und Kollegen (382/AB zu 390/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolle­ginnen und Kollegen (383/AB zu 366/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (384/AB zu 361/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (385/AB zu 360/J)


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27. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (386/AB zu 391/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Witt­mann, Kolleginnen und Kollegen (387/AB zu 477/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen (388/AB zu 373/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen (389/AB zu 375/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (390/AB zu 393/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (391/AB zu 382/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (392/AB zu 388/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (393/AB zu 384/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (394/AB zu 437/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (395/AB zu 436/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (396/AB zu 395/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen (349/AB zu 322/J) (Zu 349/AB zu 322/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (350/AB zu 329/J) (Zu 350/AB zu 329/J)



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27. Sitzung / Seite 20

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, die Plätze ein­zunehmen.

Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie alle sehr herzlich zu dieser Sitzungswoche des Nationalrates.

Das Amtliche Protokoll der 24. Sitzung vom 17. Juni 2003 sowie die am 18. Juni 2003 nicht verlesenen Teile der Amtlichen Protokolle der 25. und 26. Sitzung sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzler­amt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitglie­dern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser wird durch den Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz vertreten.

Aktuelle Stunde

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Wachstumsstrategien für Österreich“

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. Er spricht 10 Minuten zu uns, entsprechend der Geschäftsordnung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.02

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die konjunkturelle weltwirtschaft­liche Lage ist, wie sie ist. Die Wachstumsprognosen sind nicht erfreulich, die Wirt­schaftsforschungsinstitute reduzieren sämtliche Prognosen im Verlauf von zwei bis drei Monaten. Daran können wir als kleine, aber international stark verflochtene Volkswirt­schaft nichts ändern.

Die Möglichkeiten der EU sind beschränkt. Man hat sich bemüht, mit Zinssenkungen belebende Effekte zu erzielen. Es werden aber die wirklichen Möglichkeiten eher im Bereich der Europäischen Investitionsbank liegen, wenn es darum geht, Infrastruktur­projekte entsprechend zu forcieren.

Den nationalen Handlungsspielraum, meine Damen und Herren, sehen die Ökonomen begrenzt. Erich Streissler hat – offensichtlich ein wenig scherzhaft – auf die Frage: Was kann Österreich im Konjunkturbereich an wirtschaftspolitischen und konjunktur-


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politischen Maßnahmen setzen? gemeint: Nichts! Der Staat kann allerdings für gute Stimmung sorgen. Und genau das ist es: Wir brauchen diese gute Stimmung. Wie Sie wissen, ist Wirtschaft die Vorwegnahme von Erwartungshaltungen. Wirtschaft ist ab­hängig von der Stimmung, von der Psychologie.

Das impliziert eine Auseinandersetzung mit der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes, aber auch mit der aktiven Konjunktur- und Strukturpolitik in unserem Land mit unseren Möglichkeiten. Natürlich ist das nicht nur eine Aufgabe der Regierung, sondern auch eine Aufgabe der Opposition, und natürlich ist es so, dass die Opposition kritisch sein muss. (Unruhe im Saal.)

Aber ich sehe schon ein Problem, wenn der Herr Budgetsprecher der Sozialdemokra­ten, Herr Matznetter, bei jeder Gelegenheit – zuletzt in der Sendung „Offen gesagt“ – versucht, die österreichische Position schlechter darzustellen, als sie ist. Er nennt als Beispiele den ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich würde Sie bitten, die all­gemeinen Gespräche etwas zu dämpfen. Man kann den Redner kaum hören. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (fortsetzend): Herr Dr. Matznetter nennt als Beispiel immer den Pro-Kopf-Produktionswert, die internationalen Wachstumsraten und die Verschuldungsquote von 67,8 Prozent. Im Wesentlichen halten diese Behaup­tungen einer genaueren Auseinandersetzung allerdings nicht stand.

Wenn Sie gestern zufälligerweise den Bericht von Herrn Dr. Kausel – meines Wissens ein Sozialdemokrat, das tut aber nichts zur Sache – gelesen haben, dann werden Sie nämlich gesehen haben, dass er in der „Wiener Zeitung“ geschrieben hat: „Generell gibt es nicht das geringste Indiz für Positionseinbußen Österreichs im EU- und OECD-Raum.“

Genau diesen Beweis kann man auch führen, wenn man sich die Fakten anschaut, beispielsweise Wirtschaftswachstum. Im Bereich Wirtschaftswachstum sollten Sie sehen, dass wir international mit drei Ländern verflochten sind, nämlich Deutschland, Italien und der Schweiz, und dort mehr als 50 Prozent unserer Außenhandelsbeziehun­gen haben. Richtig ist es daher, dass Sie einen Vergleich der Wachstumsraten mit die­sen drei Ländern machen. Im Vergleich mit allen drei Ländern liegen wir besser. Das heißt, wir haben ausgezeichnete Wachstumsraten und sind natürlich abhängig von den Konjunkturentwicklungen in diesen Ländern.

Zum Zweiten, meine Damen und Herren: Wir haben eine positive Leistungsbilanz. Einige Redner der Sozialdemokraten versuchen das immer so darzustellen, als wäre das konjunkturpolitisch erlitten. – Ganz genau das Gegenteil ist der Fall! Wir haben das konjunkturpolitisch nicht erlitten, sondern durch Exportanstrengung erreicht. Wir haben in den letzten zwei Jahren im OECD-Bereich unsere Exporte um 14 Prozent, den Marktanteilen entsprechend, ausgeweitet. Wir hatten einen Zuwachs an Exporten im Jahr 2002 um 4,1 Prozent. Damit sind wir in einer Zeit, die ausgesprochen schwierig ist, Export-Europameister. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben den Export nicht nur sehr stark in den bestehenden EU-Raum ausgerichtet, sondern auch in den Bereich der künftigen Beitrittskandidaten der Erweiterungsländer. Dort allein gibt es Steigerungsraten von 7,9 Prozent. Das ist insofern ausgesprochen positiv, als es eine Emanzipationsstrategie ist, die damit gefahren wird, was nichts anderes heißt, als dass es seitens der Bundesregierung richtig ist, dass wir in der EU die große Chance im Hinblick auf Wachstum und Beschäftigung sehen und da entspre­chend aktiv werden.


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Zweites Beispiel: der Arbeitsmarkt. Meine Damen und Herren! In Österreich wird viel kritisiert, dass wir eine Arbeitslosenrate von 4,3 Prozentpunkten haben. Vergleichen Sie das mit dem Jahr 1998! Da hatten wir 4,5 Prozent Arbeitslosenrate trotz besserer Konjunktur. Das heißt, wir sind strukturell im Arbeitsmarkt richtig gelegen und liegen jetzt richtig, weil sich auch die entsprechende Vermittlungsdauer gesenkt hat. Daher ist zu erwarten, zieht die Konjunktur an, werden wir auch im Arbeitsbereich entspre­chende Steigerungsraten haben und die Arbeitslosigkeit wird relativ rasch zurück­gehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die richtige Strategie in diesem Bereich ist nicht, mit Be­schäftigungsprogrammen zu agieren, sondern mit weiterer Deregulierung. Da haben wir noch einiges vor uns. Ich möchte hier nur die Zumutbarkeitsbestimmungen nennen, aber auch den Missbrauch, den wir in vielen Bereichen sehen, den wir aber bis jetzt dauernd ignorieren. Meines Erachtens ist es notwendig, dass wir den Missbrauch ab­stellen, ohne dass wir pauschal andere Arbeitslose verdächtigen – eine schwierige, aber wichtige Aufgabe. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum Dritten gibt es den Bereich Forschung und Entwicklung, meiner Ansicht nach ein Schlüsselfaktor. Da geht es nicht um Geld allein – 600 Millionen € sind viel –, sondern es geht auch um Strukturen. Wir werden da demnächst einen nationalen Fonds haben. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass man den Forschungsfreibetrag entsprechend auf Auftragsforschung oder auf den Bereich der Kreativwirtschaft ausweitet. Da be­stehen entsprechende Steigerungsraten.

Meine Damen und Herren! Schließlich und endlich hängt Forschung immer vom Pro­jekt ab. Sie können Forschung nicht irgendwo im neutralen Bereich definieren und ent­wickeln, sondern immer nur am Projekt. Daher werden die Gegengeschäfte, eine Milli­arde € im nächsten Jahr schon, ein Multiplikator sein, ein nachfrageorientierter Multipli­kator, den wir dringend für Arbeitsplätze brauchen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Meine Damen und Herren! Damit bin ich auch schon bei der Auseinandersetzung mit der Politik, wie sie die Opposition in letzter Zeit geführt hat. Wer Steuerreform auf Ver­schuldungsbasis, wer Beschäftigungsprogramme, Umschulungskurse und Stiftungen, wer atypische Beschäftigte und neue Selbständige zu Arbeitnehmern machen will, wer strukturelle Arbeitslosigkeit mit Investitionsförderung bekämpft, wer das Gesundheits­system ausschließlich solidarisch finanzieren will, wer meint, dass der Staat der bessere Unternehmer ist, der bietet keine Problemlösungen, der behauptet lediglich, dass er an Symptomen ansetzt, behandelt die Krankheit aber nicht und sehnt sich de facto nach einem Betäubungsmittel.

Was wir brauchen, meine Damen und Herren, ist Vertrauen, Optimismus, aktive Strate­gie statt alter Rezepte. Zum Umbau des Staates gibt es allerdings keine Alternative.

Damit komme ich zu einem auch für Oberösterreich ganz wichtigen Part, nämlich zur Frage, wie es mit der Verstaatlichten weitergehen soll. In letzter Zeit ist eine Diskussion nach dem Motto entstanden: Ist der Staat eigentlich der richtige, ist der Staat ein guter Eigentümer?

Meine Damen und Herren! Meines Erachtens gibt es gute Gründe zu sagen, der Staat ist kein guter Eigentümer. Wir leben in einer Zeit internationaler Verflechtung, da brauchen wir keinen öffentlichen Eigentümer mehr, wenn es darum geht, Produktion zu sichern. (Zwischenruf der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

Wir sehen beim Kapitalmarkt, wir sind unterkapitalisiert. Der Staat, die öffentliche Hand hat sich als bremsend erwiesen, wenn es um Kapitalerhöhungen gegangen ist.


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Damit, meine Damen und Herren, bin ich auch schon beim Punkt: Herr Nürnberger und andere – er ist momentan nicht hier – glauben immer wieder, sie können einen Zick­zackkurs fahren, zurück zu Programmen alter Zeit im Verstaatlichtenbereich. (Zwi­schenruf der Abg. Silhavy.) Was haben Sie dort erreicht, wenn Sie jetzt sagen, wir wollen keine Verschleuderung von öffentlichen Mitteln, wir wollen keine Arbeitsplatz­vernichtungspolitik? – Genau diese haben Sie aber gemacht, wenn Sie geglaubt haben, Sie könnten mit derartigen Strategien, dass der öffentliche Eigentümer Be­schäftigung sichert, überleben.

In der Verstaatlichten haben wir über 100 Milliarden Schilling an Zuschüssen gezahlt und dann 50 000 Arbeitsplätze abgebaut. – Das kann doch nicht die Beschäftigungs­politik sein, die Sie meinen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Unsozial wirkt, was sich als ineffizient erweist. Und da lesen Sie bitte die Rechnungs­hofberichte über die Jahre 1995 bis 1999, die sich mehr oder weniger mit Privatisierun­gen auseinander setzen. Was sehen Sie dort? – Dort sehen Sie, dass Staatsvermögen verschleudert wurde. Ich sage Ihnen nur ein Beispiel: Verkauf der so genannten Firma VOEST-Alpine Bergtechnik. Es gab dort einen Buchwert von 145 Millionen Schilling. Es wurde ein Verkaufswert von 200 bis 500 Millionen Schilling geschätzt. Die ÖIAG hat den Buchwert auf einen Schilling abgewertet und bezahlte zur Verlustabdeckung 489 Millionen Schilling, um den Verkaufspreis von einem Schilling zu lukrieren. – Meine Damen und Herren! Das ist eine tolle, eine effiziente Politik! (Abg. Dr. Fekter: Ver­schleudert! Das ist sozialistische Wirtschaftspolitik!)

Und wissen Sie, was noch dazu kommt? Sie sagen immer, der Finanzminister habe Beratungshonorare verbraucht, ohne auszuschreiben. Damals wurde nicht ausge­schrieben, und es wurden 230 Millionen alleine für Beratungshonorare verbraucht, ohne die nötige Effizienz zu haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Unglaublich! – Abg. Dr. Fasslabend: Gibt es ja nicht!)

Daher, meine Damen und Herren, wenn wir wirklich effizient wirtschaften wollen, wenn wir sozial wirtschaften wollen, dann brauchen wir eine Privatisierungspolitik, wie sie ge­macht wird, ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz bitte!

 


Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (fortsetzend): ... auch in Richtung Ober­österreich, Privatisierung und österreichische Sperrminorität. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.13

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. Ihre Ausführungen sollen 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


9.13

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Herr Kollege Gorbach! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Abgeordneter Mitterlehner hat schon ausgeführt, die Weltwirtschaftslage ist keine einfache: Konjunkturschwäche, Wachstumsflaute überall. Wenn ich Sie daran erinnern darf, dass uns das Wifo im Juni des Jahres 2002 für das Jahr 2003 noch ein Wachs­tum von 2,8 Prozent vorhergesagt hat, im Juni 2003 die Wachstumsprognose für die­ses Jahr aber auf 0,7 Prozent gesenkt hat – also 2,1 Prozent weniger, als es vor einem Jahr noch hätten sein sollen oder können –, dann wissen Sie, die Wirtschafts- und Finanzpolitik ist vor erhebliche Herausforderungen gestellt.

Die Euro-Zone hat ein Wachstum von gerade noch 1 Prozent. Betreffend Deutschland: Wer weiß, ob überhaupt noch irgendeine Zahl hinter der Null stehen wird. Dazu die


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Analyse des Kollegen Mitterlehner: Österreich ist Konjunkturnehmer. Unsere Spiel­räume sind begrenzt, aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das heißt nicht, dass wir diese Spielräume nicht nützen wollen, können und werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich zeigt gerade in diesen Tagen, dass es auch in schwierigen Umfeldern möglich ist, seine Standortattraktivität zu ver­bessern. Es wurde gestern von unserer Notenbank berichtet, dass im ersten Quartal die Investitionen, die von Ausländern nach Österreich, in österreichische Standorte geflossen sind, gegenüber dem Vorjahr von 0,7 Milliarden € auf 1,2 Milliarden € zuge­nommen haben – ein durchaus positiver Aspekt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Im Lissabon-Prozess, diesem Benchmarking innerhalb Europas, haben wir uns im letzten Jahr immerhin auf Platz 5 verbessert, während wir im Jahr davor noch auf Platz 8 lagen. Aber ich sage ganz offen, wir sind erst dann zufrieden, wenn wir einen Stockerlplatz haben, wenn wir zu den drei Besten in Europa gehören, was unsere Wettbewerbsfähigkeit anbelangt.

Da Herr Abgeordneter Mitterlehner den Arbeitsmarkt angesprochen hat und ich als Arbeitsminister natürlich Sorgen habe, wenn die Arbeitslosigkeit binnen Jahresfrist um 4,8 Prozent steigt, 200 000 Arbeitslose im Juni, möchte ich sagen – und das gehört auch dazu, um beide Seiten der Medaille zu beleuchten –: Wir sind erstmals nach Jah­ren in Sachen Jugendarbeitslosigkeit wiederum das Land Europas, das die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit hat. Wir sind das Land Europas, das insgesamt die drittnied­rigste Arbeitslosigkeit aufweist, das sei an dieser Stelle auch angemerkt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme zum Arbeitsmarkt noch etwas später. Lassen Sie mich jetzt zu den Spielräumen kommen, die es gibt und die wir nützen wollen! Ich sehe Spielräume vor allem in drei Bereichen: zum Ersten darin, Wachstumsbremsen zu lösen. Dort, wo in Österreich Wachstumsbremsen da sind, wo wir zum Beispiel in Sachen Ladenöffnung Schlusslicht in Europa sind, beschließen wir jetzt ein modernes Ladenöffnungsgesetz, das es den Österreichern ab August ermög­lichen wird, bis 21 Uhr einzukaufen, das es Österreichs Kaufleuten ermöglichen wird, wenn sie wollen, bis 21 Uhr offen zu halten.

Zweiter wichtiger Aspekt: Österreich wird gerade in den nächsten Wochen einmal mehr der Versuchung widerstehen müssen, Konjunktur mit Schulden erzwingen zu wollen (Beifall bei der ÖVP): Deficit Spending, Austro-Keynesianismus, das Zurückgreifen auf alte Rezepte. Völlig falsch! Man sieht in Japan, wohin das geführt oder nicht geführt hat, man sieht es in Deutschland. Da wird also der Verzicht, dieser Versuchung zu widerstehen, ein sehr großer sein.

Demand side politics, das heißt, nachfrageseitig zu stimulieren, funktioniert leider nicht. Wir wollen supply-seitig vorgehen, angebotsorientierte Wirtschafts- und Finanzpolitik betreiben.

Da gilt es, konsequent den Weg fortzusetzen, den diese Regierung Schüssel-Haupt eingeschlagen hat, eine Politik, die zum Beispiel die Bildungsaufwendungen anhebt. Aus meiner Sicht als Wirtschaftsminister ist es die wichtigste Infrastruktur- und Wirt­schaftspolitik überhaupt, weiter in die Bildungspolitik zu investieren. Wir investieren zurzeit 8,3 Milliarden € pro Jahr – gegenüber dem Jahr 1998 mit damals 7 Milliarden € eine bemerkenswerte Steigerung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Oder, weil der Innovationsminister und Infrastrukturminister neben mir sitzt: Es ist wichtig, dass wir in Richtung 2,5 Prozent F & E-Quote gehen. Es ist wichtig, dass wir


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600 Millionen € mehr investieren in Forschung und Entwicklung. Es ist wichtig, dass wir eine Forschungs- und Technologiestiftung mit neuen Mitteln, mit fresh money etablie­ren. Wir werden im Herbst weiter darüber berichten. Und es ist wichtig, dass wir in Sachen Infrastruktur, Verkehr und Straße enorme Erfolge gerade in Brüssel erzielen. Ich gratuliere dir, sehr geehrter Herr Minister, herzlich. Es ist wichtig, dass wir dort aktiv sind und mehr tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn unser Arbeitsmarkt flexibler ist als anderswo – 1,5 Millionen Österreicher wechseln pro Jahr ihren Job –, so ist doch wichtig, dass wir in Sachen Arbeitsmarktpolitik stärker auf das achten, was heraus­kommt, also eine outputorientierte Arbeitsmarktpolitik betreiben. Wir wissen jetzt, was wir investieren, es ist mehr als in der Vergangenheit, aber stärker als bisher, weil wir auf Qualität achten. Wir achten darauf, dass die Arbeitsmarktmittel wirklich zu mehr Jobs, zu besserer Vermittlung führen.

Wir werden die Jugendbeschäftigungsoffensive, die wir gemeinsam beschlossen haben, fortsetzen, und es wird möglich sein, dass jeder Jugendliche, der eine Lehr­stelle sucht, zumindest einen Lehrgangsplatz erhält. Das ist es, was Bundeskanzler Schüssel und ich versprochen haben, und das wird auch in Zukunft eingehalten werden. Da gratuliere ich der Wirtschaft (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen) und danke ihr dafür, dass sie in schwierigen Zeiten, im ersten Halbjahr dieses Jahres um 1,6 Prozent mehr Lehrverträge abgeschlossen hat als im Vergleichs­zeitraum des Vorjahres.

Aber es sei hier schon kritisch angemerkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es in Österreich nicht nachvollziehbare regionale Differenzen gibt. Wenn die Jugendarbeitsmarktstatistik Wien plus 5 600 Arbeitslose aufzeigt – das sind 60 Prozent und mehr des Gesamtanstiegs in Österreich –, so ist das nicht erklärbar, ebenso wie es erfreulich ist und auf eine gute Wirtschafts- und Finanzpolitik regionaler Art hinweist, wenn man in Oberösterreich, nicht weit weg von Wien, minus 1 200 Arbeitslose im Juni verbuchen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Dieser Unterschied, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist allemal bemerkenswert.

Abgeordneter Mitterlehner hat das Thema Privatisierung angesprochen. Lassen wir uns hier von kurzfristigen Entwicklungen nicht irritieren! Die Privatisierung der ÖIAG, sehr geehrter Herr Präsident Verzetnitsch, ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte in der Zweiten Republik. Innerhalb weniger Jahre weitgehend im Konsens zu privatisieren und den Schuldenstand der ÖIAG von 6,3 auf 2 Milliarden € zu reduzieren und damit die Eigenfinanzierungskraft herzustellen ist eine Erfolgsgeschichte, die wir uns in diesem schwierigen Umfeld der letzten Wochen nicht zerreden lassen sollten. Es wird möglich sein, die VOEST in einer Art und Weise zu privatisieren, dass erstens ein österreichischer Kernaktionär sichergestellt ist und dass zum Zweiten die Stand-alone-Lösung eines der stärksten Stahlkonzerne der Welt und Europas sichergestellt bleibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich warne davor, in die Polemik dieser Tage einzusteigen, die da lautet: Lassen wir die VOEST beim Staat! – Das ist nicht gut für das Unternehmen, das will der Vorstand nicht, und das wollen auch die Mitarbeiter nicht. (Abg. Wimmer: Wer sagt Ihnen das?!) Und, sehr geehrter Herr Dr. Gusenbauer, das wollten auch Sie nicht! Wir beide haben in einem Streitgespräch für den „trend“ im November letzten Jahres – das war noch vor den Wahlen, das gebe ich zu – dieses Thema diskutiert. Damals sagten Sie, Herr Dr. Gusenbauer, im Originalton – und das haben Sie autorisiert, Sie haben das tatsächlich so gesagt –:


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Bei Produktionsunternehmen gibt es keine guten Gründe für staatliches Eigentum. Ich bin aber dafür, dass es einen österreichischen Kernaktionär gibt, der durchaus auch privat sein kann. – Zitatende. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Herr Dr. Gusenbauer, ich bin ganz bei Ihnen – und wir waren ja auch damals einer Meinung. Ich bin noch immer derselben Meinung, ich hoffe, Sie haben Ihre Meinung seit damals auch nicht geändert, weil sie an sich eine vernünftige ist. – Der Staat als Unternehmer sollte ausgedient haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich bei den wirtschaftspoliti­schen Prinzipien noch eines nennen, weil es wichtig ist, und zwar dann, wenn es dar­um geht, der Versuchung zu widerstehen, mit neuen Schulden eine Konjunktur herbei­reden zu wollen, die dann ohnehin nicht kommt: Wir wollen und werden in diesem schwierigen Umfeld den Kurs der Budgetkonsolidierung fortsetzen. Ja, wir haben ein Budget vorgelegt – und es ist so, dass es für das Jahr 2003 ein Defizit von 1,3 Prozent zeigt, während die gesamte Europäische Union diesbezüglich bei 2,3 Prozent liegt. Im Jahre 2004 wird es auf 0,7 Prozent abgesenkt werden, während die Europäische Union im Durchschnitt 2,2 Prozent aufweisen wird.

Wir werden natürlich die Steuerreform des Jahres 2004 auch so erreichen, wie das geplant ist – und in Addition zu den Konjunkturpaketen 1 und 2 des letzten Jahres wird das insgesamt einen Entlastungseffekt im Jahre 2006 von nicht weniger als 1,3 Milliar­den € bringen. Aber jetzt zu sagen, bloß weil jemand anderswo, der viel, viel größere Probleme hat, plötzlich eine Steuerreform ohne Gegenfinanzierung vorziehen will: Ziehen wir auch schnell die Steuerreform vor!, das halte ich für einen falschen Weg, denn das wäre ein Weg zurück in die Vergangenheit, nämlich auf Schulden und auf Pump eine Steuerreform zu finanzieren.

Sehr wohl aber bin ich der Meinung, dass wir in den nächsten Wochen zur Stärkung des Standortes auch und gerade der Wirtschaft die richtigen Signale geben sollten. Sehr wohl bin ich der Meinung, dass die Wirtschaft und die potenziellen Investoren bald einmal wissen sollten, was im Jahre 2005 auf sie zukommt, und: Wie schaut es in Österreich mit dem Unternehmens- und damit Körperschaftssteuersatz aus? Wird es möglich sein, diesen auf 31 Prozent und mittelfristig vielleicht noch tiefer zu senken? – Ich bin jedenfalls der Auffassung, das ist zwingend.

Wie halten wir es in Österreich mit dem Spitzensteuersatz, wenn rundherum anderes verfügt wird und dieser zurückgeht? – Das Signal, was im Jahre 2005 geschehen soll, sollten wir möglichst bald definieren, aber ein Vorziehen der Steuerreform auf Pump im Sinne von Schulden, diesen Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren, sollten wir nicht gehen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

9.23

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Großruck. Redezeit: 5 Minuten, so wie alle anderen Teilnehmer an der Diskussion, einschließlich der Regierungsmitglieder. – Bitte.

 


9.23

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Herr Wirtschafts­minister Dr. Bartenstein hat eindrucksvoll gezeigt, wohin in Österreich der Weg in Rich­tung erfolgreiche Wirtschaftspolitik führen wird – und das ist ja auch im Regierungspro­gramm nachzulesen.

Zur Technologie- und Forschungsoffensive: In den Jahren 2004 und 2005 wird es die größte Steuerreform geben, die es in Österreich überhaupt jemals gegeben hat, und


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zwar mit einer Entlastung von 3 Milliarden € beziehungsweise rund 40 Milliarden Schil­ling.

Weiters: Die Lohnkosten für ältere Arbeitnehmer werden gesenkt, meine Damen und Herren, und die niedrigen Einkommen von 14 500 € beziehungsweise 200 000 S im Jahr werden völlig steuerfrei gestellt. 200 000 Österreicherinnen und Österreicher wer­den davon profitieren! Das ist Wirtschaftspolitik und Entlastung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bei Betrieben wird für nicht entnommene Gewinne – eine alte Forderung! – der halbe Steuersatz verrechnet werden. Um Vergleiche über das Budgetdefizit anzustellen: Deutschland 3,7 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, Frankreich 3 Pro­zent, Italien 2,3 Prozent – und Österreich 0,6 Prozent. In Österreich ein Sechstel an Budgetdefizit im Vergleich zu Deutschland! Das sind Zahlen, die sich sehen lassen können! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wie es geht – das ist ja heute schon erwähnt worden –, beweist das Bundesland Oberösterreich mit Landeshauptmann Dr. Pühringer an der Spitze: Da wird eine Politik mit Erfolgsgarantie gemacht. Oberösterreich ist sozusagen vielfacher Staatsmeister, und zwar in verschiedenen Belangen. (Abg. Dr. Fischer: Weltmeister! – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) – Hören Sie zu, und dann argumen­tieren Sie!

Oberösterreich ist sozusagen Staatsmeister, was die Arbeitslosenpolitik anlangt. In Oberösterreich ist die Arbeitslosenrate im Juni dieses Jahres um 5,7 Prozent gesun­ken. Wir haben praktisch Vollbeschäftigung: mit einer Arbeitslosenquote von lediglich 3,5 Prozent. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Vergleich macht uns sicher (Abg. Dr. Fekter: Und mit dem roten Wien?), denn in Wien liegt die Arbeitslosenquote bei 8,9 Prozent, das ist mehr als doppelt so hoch wie in Oberösterreich. (Abg. Dr. Fekter in Richtung SPÖ –: Da könnt ihr was lernen!)

Das, meine Damen und Herren, ist zurückzuführen – das sage ich ganz deutlich – auf eine Arbeitsmarktpolitik in Oberösterreich, bei der auch die Arbeitsmarktverwaltung, die ausgegliedert worden ist, aktiv mittut: mit dem Landeschef Dr. Obrovsky, aber auch mit den Bezirksstellen, die bereit und bemüht sind, aus der Umklammerung der SPÖ her­auszukommen und endlich einmal wirtschaftsorientiert und arbeitslosenvermittlungs­orientiert zu arbeiten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn.)

Um auch auf das Beispiel meines Heimatbezirkes Grieskirchen zu verweisen: Das Arbeitsmarktservice Grieskirchen (Abg. Dr. Fischer: Grieskirchen ist Weltmeister!) war das Erste, das das ISO-Zertifikat erhielt, es ist ein Arbeitsmarktservice, das die Koope­ration mit den Gemeinden, mit der Wirtschaft, mit den Behörden sucht und bei dem in nur fünf Jahren die Verweildauer von Arbeitslosen von 109 Tagen auf 75 Tage redu­ziert werden konnte. Wir hatten im Bezirk Grieskirchen, und zwar im Juni, eine Arbeits­losenquote von lediglich 2,9 Prozent. (Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fischer: Weltmeister!) Das ist praktisch Vollbeschäftigung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Oberösterreich ist auch Staatsmeister, was die Lehrlingsausbildung, was die Lehrlings­beschäftigung anlangt. (Abg. Dr. Fischer: Weltmeister!) Von 540 000 Beschäftigten sind 23 000 Lehrlinge.

Oberösterreich ist auch Staatsmeister im Schaffen von Arbeitsplätzen. (Abg. Dr. Fi­scher: Weltmeister!) Täglich werden in Oberösterreich 28 neue Arbeitsplätze geschaf­fen! Das sind in 100 Tagen 2 800 Arbeitsplätze! (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Oberösterreich ist auch „Exportkaiser“: Ein Viertel des Gesamtexportes kommt aus Oberösterreich. (Abg. Dr. Fischer: Weltmeister! – Abg. Schieder: Olympiasieger!)

Oberösterreich ist Staatsmeister in der öffentlichen Verwaltung. (Abg. Dr. Fischer: Weltmeister! – Abg. Schieder: Olympiasieger!) Im Durchschnitt gibt es in Österreich 2,7 Verwaltungsbeamte pro 1 000 Einwohner; in Wien 4,5 – in Oberösterreich hin­gegen nur 1,7 pro 1 000 Einwohner. (Beifall bei der ÖVP.)

Oberösterreich ist weiters Staatsmeister in der Forschung und Entwicklung mit 20 neuen Technologiezentren, 660 neuen Betrieben und 3 400 Arbeitsplätzen.

Oberösterreich ist auch Staatsmeister, was die Sozialausgaben anlangt, meine Damen und Herren. Und da schließt sich der Kreis: Man kann den Sozialstaat nur dann erhal­ten, wenn auch die wirtschaftlichen Parameter passen. (Beifall bei der ÖVP. – Iro­nische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die Sozialausgaben in Oberösterreich haben sich von 1995 auf 2003 vervierfacht, während sich alle anderen Ausgaben verdoppelt haben. Zuerst muss die Wirtschaft in Ordnung sein – dann können wir uns die Staatsausgaben leisten. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) – Herr Präsident, ich komme schon zu meinem Schluss-Vierzeiler.

9.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das war der Schlusssatz, danke!

(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Großruck.)

Die Lyrik bei nächster Gelegenheit, Herr Abgeordneter!

Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.29

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundes­minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Zweck der heutigen Übung ist durch die Rede des Abgeordneten Großruck offensichtlich geworden. Bis kurz vor dem 31. März hat die ÖVP bei jeder Rede im Parlament erklärt, die absolut Besten in Öster­reich seien natürlich die Niederösterreicher. Und jeder hat sich die Frage gestellt: Wie­so sind es gerade die Niederösterreicher? – Antwort: Weil sie Landtagswahl hatten!

Jetzt sind die Wahlen vorbei, und es werden von der ÖVP sofort die Oberösterreicher zu Weltmeistern erklärt. Ich frage mich nur, ob sich die Tiroler Abgeordneten der ÖVP hier von ihrer Fraktion nicht etwas schlecht behandelt fühlen, da Sie offensichtlich nicht beide gleichzeitig zu den Besten erklären können. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dieser Art von Darstellung lassen sich natürlich die anstehenden Probleme nicht lösen. Herr Minister Bartenstein! Wenn Sie die Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit loben, dann muss ich Ihnen sagen, als zuständiger Minister sollten Sie sich eher Sorgen darüber machen, dass in den letzten drei Jahren die Zahl der jugendlichen Arbeitslosen von 24 000 auf über 34 000 junge Menschen angestiegen ist und dass von der so genannten Beschäftigungsgarantie und Ausbildungsgarantie für Lehrlinge außer leeren Versprechungen leider nichts übrig geblieben ist.

Dass Ihnen auch heute nichts anderes einfällt, als die alten Versprechungen zu wieder­holen, ohne eine einzige konkrete Maßnahme zu nennen, heißt nichts anderes, als dass Sie die Initiativelosigkeit auf diesem Sektor zum Schaden der Jugendlichen in unserem Land fortsetzen wollen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Eine weitere Angelegenheit sollten Sie uns bei Gelegenheit erklären, Herr Minister. Sie haben hier wortreich eine Suada gehalten und gesagt: Steuerreform auf Pump, das kommt nicht in Frage! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich ersuche Sie, einen Blick in das Regierungsprogramm der schwarz-blauen Koalition zu werfen. Dort kann man feststellen, dass im Jahr 2005, also in dem Jahr, in dem die so genannte größte Steuerreform aller Zeiten geplant ist, das Budgetdefizit um sage und schreibe 2 Milliarden € erhöht werden wird.

Herr Minister, ich frage Sie: Was ist das anderes, als auf Pump und Schulden eine Steuerreform zu machen, wenn Sie selbst in Ihrem Regierungsprogramm planen, im Jahr der Steuerreform die Staatsverschuldung um 2 Milliarden € zu erhöhen? – Erzäh­len Sie also dem Parlament keine Unwahrheiten, sondern legen Sie Maßnahmen vor, mit denen eine Steuerreform finanzierbar ist! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Zum dritten Punkt, zur Frage des öffentlichen Eigentums an Unternehmungen. Es ist in der Tat richtig, dass es bei Industrieunternehmungen nicht unbedingt eine systemische Begründung dafür gibt, dass es öffentliches Eigentum geben muss. Die Geschichte Österreichs hat zu einer relativ großen verstaatlichten Industrie geführt, und es ist – wie Sie richtig gesagt haben – in den letzten Jahren eine Teilprivatisierung durchge­führt worden, die in weiten Bereichen höchst erfolgreich war. Wenn man sich gerade die VOEST-Alpine anschaut, dann stellt man fest, das ist heute der einzige gewinnbrin­gende Stahlkonzern in Europa, mit einer gemischten Produktionsstruktur und einer ge­mischten Eigentumsstruktur.

Ich bin der Meinung, man muss an diese Frage nicht dogmatisch herangehen und auf einem Entweder-oder bestehen, in diesem Zusammenhang sei entweder mehr Staat besser oder mehr Privateigentum. Ich würde sagen: Schauen wir uns an, wie die Ent­wicklungsstrategien aussehen, die die VOEST-Alpine, ihr Vorstand, ihre Leitung für die nächsten Jahre vorgelegt haben!

Jeder, der sich damit beschäftigt, weiß, dass die VOEST-Alpine als hochaktiver Kon­zern ein Investitionsprogramm von 2 Milliarden € begonnen hat, dass sich mit diesem Investitionsprogramm nach allen Prognosen der Unternehmens- und Aktienwert in den nächsten Jahren verdoppeln wird und dass die Führung der VOEST-Alpine am aller­liebsten hätte, dass die bestehende Eigentumsstruktur bis zum Ende dieses Investi­tionsprogramms aufrecht bleibt und man dann darüber diskutiert, wie eine künftige Eigentumsstruktur aussehen sollte. (Abg. Mag. Molterer: Das stimmt nicht! Das stimmt einfach nicht! Struzl sagt das Gegenteil! Jeder sagt das Gegenteil!)

Jetzt, zur Unzeit, die VOEST-Alpine zu verkaufen ist eine Verschleuderung von öffentli­chem Eigentum und keine wirkliche Industriepolitik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Das stimmt nicht! Generaldirektor Struzl sagt das Gegenteil!)

Noch etwas müssen Sie uns erklären: Wenn Sie diese Woche versuchen, die österrei­chische Telekom an die Schweizer Swisscom zu verkaufen und das mit den Worten begleiten ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter!

 


Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (fortsetzend): ..., dass der Staat kein guter Eigentümer sei, dann frage ich Sie: Soll der Schweizer Staat ein besserer Eigentümer sein als der österreichische Staat? (Beifall bei der SPÖ.)

9.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr als nächster Redner Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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9.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir vernehmen in dieser Zeit häufig, dass sich die Weltwirtschaftssituation als sehr schwierig darstellt. Gerade deshalb ist es, wie ich meine, ein Erfordernis, hier Überlegungen anzustellen, wie die Wachstumschancen für Österreich verbessert werden können und was man von Seiten der Politik dazu beitragen kann.

Der Ist-Stand ist nicht sehr befriedigend. Wir wissen, dass das reale Wirtschaftswachs­tum, die prognostizierte Zunahme des BIP, von September 2002 bis März 2003 von 2,2 auf 1,1 Prozent abgenommen hat. Auch die Prognosen für das Jahr 2004 sind nicht wirklich rosig und wurden ständig revidiert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich einen Vergleich mit Deutschland anstelle, dann tue ich das nicht, weil es dort eine rot-grüne Regierung gibt und um aufzuzeigen, wie schlecht diese arbeitet, sondern weil Deutschland als unser wichtigster Außenhan­delspartner natürlich einen sehr starken Einfluss auf die wirtschaftliche Situation in Österreich hat.

Es ist bekannt, dass ein Minimalwachstum in einer Größenordnung von 2,5 Prozent erforderlich ist, um Arbeitsplätze zu sichern oder neu zu schaffen. Diese Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt veranlassen natürlich dazu, einen Vergleich anzustellen, und das wurde bereits getan.

Die Arbeitslosensituation in Österreich ist zugegebenermaßen alles andere als befriedi­gend, denn jeder Arbeitslose ist ein Arbeitsloser zu viel. Nichtsdestotrotz müssen wir in dieser Situation einen internationalen Vergleich anstellen. Dabei, so meine ich, wird auch die Opposition einsehen müssen, dass wir in Österreich die bestmögliche Arbeits­marktpolitik betreiben, sonst würden sich unsere diesbezüglichen Zahlen im internatio­nalen Vergleich nicht so günstig darstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Molterer.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Welche nationalpolitischen Maßnahmen kann man treffen, um die Situation zu verbessern? – Ich denke, dass schon in den vergangenen beiden Jahren, die ebenfalls nicht einfach gewesen sind, eine ganze Menge an Maß­nahmen getroffen worden ist.

Es wurden beispielsweise im Bereich der verstaatlichten Industrie erhebliche Schul­denbeträge und damit Zinszahlungen reduziert. Es hat Liberalisierungsschritte gege­ben, und zwar über das erforderliche Maß hinaus, das uns seitens der EU gleichsam vorgegeben wurde. Ich denke beispielsweise an die Strom- und Gasliberalisierung, die dazu geführt hat, dass diese Energieträger in Österreich nun billiger zu nutzen sind. Auch der Verwaltungsaufwand ist reduziert worden. Gerade angesichts schlechter Konjunkturdaten sind entsprechende Impulse zu setzen.

Schon in der Vergangenheit sind die Konjunkturpakete 1 und 2 als Maßnahme gesetzt worden. Glücklicherweise, sehr geehrte Damen und Herren, ist es so, dass in den Jah­ren 2001 und 2002 die Exportsteigerung dazu beigetragen hat, dass wir ein positives Wirtschaftswachstum verzeichnen konnten. Das heißt, die Steigerung des Exportan­teils in Österreich hat maßgeblich zu diesem Erfolg, zu dieser Verbesserung der Situa­tion beigetragen.

Welche Maßnahmen stehen nun bevor? – Im Jahr 2004 beispielsweise die Reduktion des Steuersatzes für nicht entnommene Gewinne. Jetzt können Sie sagen, diese Maß­nahme ist nicht das allein glückselig Machende. Ich glaube aber, gerade in diesem Ein­kommensbereich ist das ebenso wie die Steuerfreistellung für Einkommen bis zu einem Bruttobezug von 14 500 € eine Maßnahme, die der direkten Nachfrage im Inland


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zugute kommt, und eine positive Inlandsnachfrage ist entscheidend für das Wirt­schaftswachstum. (Das rote Lämpchen auf dem Rednerpult blinkt. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ich komme zum Schluss: Wir wissen, dass Gegengeschäfte, die Steigerung der F & E-Quote und eine positive Grundeinstellung maßgeblich sind für die wirtschaftliche Ent­wicklung dieses Landes, und ich ersuche Sie, Ihren Beitrag dazu zu leisten und nicht nur alles krankzureden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. Rede­zeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


9.41

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Angesichts des Themas dieser Aktuellen Stunde – „Wachstumsstrategien für Österreich“ – habe ich mir gedacht, es gibt ja mitt­lerweile doch ein Problembewusstsein seitens der Regierung in der Form, dass hier etwas getan werden muss. Das wäre durchaus erfreulich, wenn Sie das erkennen, aber das, was Sie dazu bis jetzt ausgeführt haben, deutet überhaupt nicht darauf hin, dass Ihnen etwa klar ist, dass das, was Sie zum Beispiel im Budget beschlossen haben, überhaupt nicht dem entspricht, was man Wachstumsstrategie nennen könnte. (Beifall bei den Grünen.)

Es heißt hier immer wieder, dass wir national einen sehr geringen Spielraum haben, was die Konjunktur betrifft. Das ist natürlich richtig, aber Ihnen ist es „gelungen“, diesen geringen Spielraum nur im negativen Sinn zu nutzen. Es ist Ihnen im Gegensatz zu anderen Ländern in der EU gelungen, den Spielraum so zu nutzen, dass Sie das, was in Österreich noch an Kaufkraft, an Belebung da war, endgültig abgewürgt haben. Wir haben einen absoluten Kaufkraftverlust auf Grund der Maßnahmen, die Sie durch das Budget und die Budgetbegleitgesetze gesetzt haben! (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt natürlich eine Möglichkeit, diese Kaufkraft anzukurbeln. Es ist immer wieder strittig, wie schnell, wie groß eine Steuerentlastung sein soll, aber Sie sagen, dass eine Steuerentlastung die Kaufkraft ankurbelt; sonst würden Sie eine solche ja wohl nicht machen. Der Punkt ist: Wie schnell soll das geschehen? – Unsere Meinung war und ist nach wie vor, dass das lieber früher als später geschehen soll und in einem solchen Ausmaß, dass die Entlastungen die Belastungen tatsächlich überschreiten. Das ist momentan aber sehr fraglich bei den Belastungen, die Sie beschlossen haben.

In einem ganz konkreten Bereich, der auch aus Ihrer Sicht tatsächlich für das Wirt­schaftswachstum notwendig ist, kommen Sie über Allgemeinplätze nicht hinaus. So hat auch heute wieder etwa Herr Kollege Mitterlehner behauptet, im Bereich Forschung, Entwicklung und Bildung gebe es einen Fortschritt, und das sei tatsächlich wachstums­relevant. Die EU hat beschlossen, 3 Prozent des BIP ist das Ziel für die EU-Staaten im Bereich Forschung und Entwicklung. Sie von der Regierung haben sich selber 2,5 Pro­zent vorgenommen, aber von diesem Ziel sind Sie meilenweit entfernt! Es ist nicht einmal der Hauch eines Versuchs zu spüren, dass Sie dorthin gelangen wollen. Sie haben sich zwar für das Jahr 2003 vorgenommen, den Anteil des BIP auf 2,01 Prozent zu steigern und bis 2006 auf 2,5 Prozent zu kommen, aber es fehlen Ihnen mindestens 600, wenn nicht 800 Millionen €, um dieses Ziel zu erreichen. Und dieses Geld ist nirgends, absolut nirgends in Sicht! (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite Punkt im Bereich Forschung und Entwicklung – es geht ja schließlich nicht nur um die Finanzen – ist die Frage der Humanressourcen. Die Regierung schreibt in ihrem Forschungs- und Technologiebericht 2003, dass die Humanressourcen ein


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wesentlicher Indikator dafür sind, wie es mit der wissensbasierten Wirtschaft aussieht. Diese Ressourcen sind beileibe nicht so, wie sie sein sollten, ja sie liegen nicht einmal im EU-Schnitt.

Wenn Sie sich das Verhältnis von Forschern und Forscherinnen im Vergleich zur Erwerbsbevölkerung ansehen, erkennen Sie, dass dieses in Österreich beschämend niedrig ist. Wir kommen nicht einmal auf fünf Forscher und Forscherinnen pro 100 000 Erwerbstätige. Das ist unter dem EU-Durchschnitt, der bei 5,4 liegt, ist aber auch weit unter dem Anteil, den zum Beispiel Schweden oder Finnland haben, die zwi­schen neun und sogar 16 liegen.

Das heißt, da gibt es tatsächlich ein Defizit, und da werden Sie einmal konkrete Maß­nahmen dahin gehend auf den Tisch legen müssen, wie Sie den Anteil von Forschern und Forscherinnen in Österreich zu erhöhen gedenken. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)

In diesem Zusammenhang noch ein „Detail“, das auch nicht ganz untypisch ist: Der An­teil der Forscherinnen im Forschungspotenzial liegt EU-weit zwischen 19 und 43 Pro­zent. Und Sie dürfen raten, wo Österreich liegt. – Richtig! Bei 19 Prozent. Österreich ist also absolutes Schlusslicht, was den Anteil der Forscherinnen im Forschungspotenzial betrifft. Und auch da sind keinerlei Maßnahmen festzustellen, die daran etwas ändern würden. (Abg. Lentsch: Warum?) Warum? – So gehen Sie mit den Humanressourcen in Österreich um, auch mit den Ressourcen der Frauen! Sie werden doch nicht be­haupten wollen, dass die Frauen die schlechteren Forscherinnen sind! (Beifall bei den Grünen.)

Das heißt, Sie werden sich einmal anschauen müssen, wo diese „gläserne Decke“ ist. Dazu gibt es ausreichend Untersuchungen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzei­chen.)

Mein Schlusssatz: Was wir brauchen, sind nicht Ankündigungen, leere Worte und Lip­penbekenntnisse, sondern Maßnahmen, konkrete Maßnahmen, mit Zahlen belegt, wo Sie zeigen, wie Sie das Wachstum in Bereichen wie Forschung und Technologie an­kurbeln wollen. (Beifall bei den Grünen.)

9.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


9.47

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Es ist heute schon ein paar Mal gesagt worden: Wir können uns nicht von einer internationalen Entwicklung abkoppeln! Aber es gibt den berühmten kleinen Unterschied, und den sieht man zum Beispiel zwischen Deutschland und Österreich, wie ich finde, sehr deutlich: den Unterschied, wie die Re­gierung eines kleinen Landes, das auf Erfolgskurs fährt, im Gegensatz zu jener eines großen Landes, das auch psychologisch irgendwie erstarrt, als Mutmacher und als Motor fungieren kann. Und diesen kleinen Unterschied in der Regierungsarbeit haben wir zum Vorteil unseres Landes genützt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wie groß der kleine Unterschied tatsächlich ist, ist sehr stark spürbar gerade in den westlichen Bundesländern, die an Deutschland grenzen. Wir waren am Wochenende am Walchsee schwimmen, einem kleinen See, direkt an der Grenze zu Bayern, und kamen dort mit jungen Leuten, quasi am Badetuch nebenan, zu reden. Davon waren zwei arbeitslos – sie hatten in München gerade ihren Job verloren – und haben uns gleich gefragt: Wo könnten wir uns denn bewerben? Wir überlegen uns: Salzburg?


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Wien? Wir kommen nach Innsbruck, sagten sie, ein Freund von uns ist schon dort, und dort gibt es Arbeitsplätze.

Ich habe gefragt: Und in München? Das ist ja eigentlich eine große Stadt! – Da haben sie gesagt: aussichtslos, hoffnungslos!

Da wurde für mich deutlich spürbar, dass wir die geringste Jugendarbeitslosigkeit und in Summe eine viel, viel geringere Arbeitslosigkeit haben, obwohl wir uns eigentlich als kleines Land viel schwerer tun müssten. Eine gute Regierungspolitik macht es also, auch psychologisch, möglich, besser zu sein als andere. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist auch der Grund dafür, warum Forschung und Entwicklung nicht nur Schlag­worte sind. Wir müssen den jungen Menschen in Österreich das Gefühl geben: Wir schaffen das, wir packen das an; und wir haben das dafür notwendige Rüstzeug!

Wir wissen, dass in ganz Europa, egal, in welchem Land, Arbeitsplatzzuwächse nur in kleinen und mittleren Unternehmen möglich sind, die entweder technologienahe agie­ren, mit innovativen Produkten, oder nahe am Menschen sind, mit Dienstleistungen, die genau dort erbracht werden müssen, wo derjenige, der diese Dienstleistungen be­nötigt, auch lebt. Wenn es also nur in diesen Bereichen Wachstum gibt, das sich auch in Form von Arbeitsplätzen niederschlägt, muss uns klar sein, dass es nicht nur darauf ankommt, so viel Geld wie möglich in Forschung und Entwicklung zu stecken. Das tun wir ohnehin!

Wie sieht es tatsächlich aus? – Die Forschungsquote in Österreich – und das würde ich gerne einmal auch von Ihnen hören! – ist heute so hoch wie nie zuvor (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), mit dem Ziel, bis 2006 2,5 Prozent des Bruttoinlands­produktes zu erreichen. Das werden wir schaffen – und das europäische Ziel: 3 Pro­zent bis 2010, Frau Sburny, erreichen wir auch.

Aber wir müssen diese Mittel dort einsetzen, wo sie auch dem Durchschnittsbürger nüt­zen. Wir müssen diese Mittel für Forschung und Entwicklung auch in den kleinen und mittleren Unternehmen einsetzen, und ich glaube, gerade dort haben wir erfolgreich den Hebel angesetzt. (Abg. Mag. Kogler: ... die PR-Verträge des Herrn Finanzminis­ters!)

Wir haben zum Beispiel in Tirol, in einem Land mit einer ausgezeichneten Universität, insgesamt neun Kompetenzzentren gegründet, zur Hälfte mit Mitteln des Bundes – vielen Dank, Herr Bundesminister! – und zur Hälfte mit Mitteln des Landes – auch eine Kraftanstrengung des Landes Tirol, des Landeshauptmannes, des Wirtschaftslandes­rates. In diesen Kompetenzzentren werden die großartigen Erkenntnisse unserer Stär­kefelder – die Uni überhaupt, die exzellente Medizinische Fakultät unserer Universität – gemeinsam mit den wichtigen Unternehmen in unserem Land eingebracht, es wird ge­meinsam geforscht und gearbeitet, damit neue Unternehmen, neues Wachstum, neue Arbeitsplätze – auch dezentral, in den Ländern, in Tirol beispielsweise – entstehen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. Redezeit: 5 Minuten. (Das Läuten eines Handys ist zu hören.) – Ich höre da ein Handy läuten. Welches ist es? – Kein Handy. Gut. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.52

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, die vernünftigste Wachstums­strategie für Österreich wäre die Unterstützung der Lissabon-Strategie der EU – es


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wurde bereits erwähnt –, also der Strategie, die die EU bis 2010 zum dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt machen soll, mit vier Bereichen, die im Mittelpunkt stehen:

Erstens: ein dauerhaftes Wachstum von durchschnittlich 3 Prozent bis 2010;

zweitens: mehr und bessere Arbeitsplätze;

drittens: höherer sozialer Zusammenhalt;

und viertens: Nachhaltigkeit des wirtschaftlichen Handelns. (Abg. Großruck: Die So­zialisten in Deutschland zeigen, wie’s geht!)

Dahinter steckt die Erkenntnis, dass das bisherige einseitige Festhalten an den Maas­tricht-Kriterien die Wirtschaftskrise, die unzweifelhaft vorhanden ist, nicht verhindern konnte. Ich glaube, wenn schon die EU-Kommission und auch der Rat von ihrer neo­liberalen Haltung etwas abweichen, dann wäre auch die österreichische Bundesregie­rung gut beraten, dies ebenfalls zu tun und es nicht nur bei Lippenbekenntnissen zu belassen, wie sie etwa im Wirtschaftsbericht enthalten sind. In Wirklichkeit ist es die Bundesregierung, die auf die alten Rezepte setzt, nämlich auf Deregulierung und Privatisierung im Sinne von Verkauf von Unternehmen und Unternehmensanteilen und auch auf Sozialabbau unter dem Deckmantel der Finanzierung der sozialen Systeme. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Zentrum einer sinnvollen Wirtschaftspolitik im Geiste des Lissabon-Prozesses steht aber die Beschäftigungspolitik. Und wenn die EU zu Recht verstärkt Maßnahmen im Bereich der Ausbildung und Qualifizierung fordert, das heißt, höhere Investitionen in diesem Bereich, ist dazu zu sagen, dass es das nicht gratis gibt. Das kostet etwas, und das belastet kurzfristig die öffentlichen Haushalte. Das gibt es nicht nur zum Nulltarif und schon gar nicht zum Nulldefizit-Tarif.

Das heißt, die öffentlichen Finanzen müssen wesentlich mehr beschäftigungs- und wachstumsorientiert eingesetzt werden. Das erfordert unter anderem eine klare Tren­nung von laufenden Budgetausgaben und investiven Budgetausgaben in diesem Be­reich. Das bedeutet aber auch eine deutliche Verschiebung der Steuerbelastung von Arbeit zu Kapital, aber nicht im Sinne von flächendeckenden Lohnnebenkostensenkun­gen. Lohnnebenkostensenkungen mögen in gewissen Segmenten des Arbeitsmarktes Sinn machen, etwa bei älteren Arbeitnehmern, aber sie machen keinen Sinn, wenn sie flächendeckend eingesetzt werden – das wissen wir aus der Ökonomie –, weil sie dann hauptsächlich Mitnahmeeffekte produzieren, aber keine neuen Arbeitsplätze schaffen.

Im Bereich der Lohnsteuern etwa hat die EU selbst angeführt, dass, wenn Senkungen der Lohnsteuern vorgenommen werden, diese im unteren Einkommensdrittel erfolgen sollen. Das ist nicht nur eine sozial gerechtfertigte Umverteilungsmaßnahme, sondern hilft natürlich auch der Wirtschaft, weil hier die inländischen Konsumquoten deutlich höher sind als in anderen Einkommensbereichen.

Die Zeit reicht leider nicht aus, um das gesamte Spektrum der Lissabon-Strategie hier im Detail zu besprechen, aber es ergeben sich doch auch für Österreich einige wesent­liche Eckpunkte, wie ich meine. Was wir im Rahmen dieser Strategie brauchen, sind geringere Steuern für kleine Einkommen (Abg. Mag. Molterer: Warum haben Sie dann die Steuerreform abgelehnt?), eine höhere Besteuerung von Kapital und eine geringere Besteuerung von Arbeit, einen höheren sozialer Zusammenhalt, verstärkte öffentliche Investitionen in Ausbildung, Qualifikation, aber auch in Infrastruktur. Wir brauchen weiters europaweite Innovationsnetze und Forschungskooperativen, wir brauchen eine Konzentration der Makroökonomie letztlich auf Beschäftigung und Wachstum. Wir brauchen einen verbesserten Zugang zu den neuen Medien für alle, und wir brauchen auch eine Lehrlingsoffensive. – Ich hoffe, Herr Bundesminister Bartenstein, dass Sie


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die Aufnahme der 57 Lehrlinge für die ÖBB bereits unterschrieben haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was wir derzeit haben – im Unterschied zu dem, was wir tatsächlich für die Wachs­tumsstrategie brauchen würden –, sind angekündigte Senkungen der Körperschafts­steuer und flächendeckende Lohnnebenkostensenkungen, die keine neuen Arbeits­plätze schaffen werden. Es sind zusätzliche Belastungen angekündigt, wie Selbstbe­halte, die sich auch auf kleine Einkommen auswirken. Es wurde eine sozial unausge­wogene Pensionsreform beschlossen, es findet ein Kaputtsparen der öffentlichen Haushalte statt, es gibt Unternehmens-Sparmodelle für wenige statt Risikokapitalfonds für KMUs, eine nationale Zersplitterung der Forschungsagenden, eine Tabuisierung der Maastricht-Kriterien und damit des Neoliberalismus und gesponserte Homepages für Minister. – All dies, meine Damen und Herren, wird kein zusätzliches Wachstum schaffen! (Beifall bei der SPÖ.)

9.56

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


9.56

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Bun­desminister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich denke, es ist uns allen bewusst, dass auch wir Österreicher nicht mehr auf einer Insel der Seligen leben. Auch wir sind von der weltweiten Wirtschaftsentwicklung abhängig, speziell von der Konjunkturlage in Deutschland. Hier kann man durchaus festhalten: Während in Deutschland eine rot-grüne Regierung für Stillstand, höchstes Budgetdefizit und Sozialabbau steht, haben wir in Österreich das Budget konsolidiert (Abg. Parnigoni: Falsch!) – auch wenn Sie es nicht hören wollen –, gleichzeitig aber auch die Kaufkraft gestärkt, Wachstumsimpulse gesetzt und die niedrigsten Einkommen entlastet. Das haben Sie in den letzten 30 Jah­ren verabsäumt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Das ist ja alles falsch, was Sie da sagen!)

Mit zwei Konjunkturbelebungspaketen haben wir einerseits die Unternehmungsgrün­dungen erleichtert und mit der Lehrlingsförderung mit 1 000 € pro Lehrling erstmals auch den Unternehmern die Möglichkeit gegeben, vom Staat Geld zu erhalten und damit die Lehrlingsausbildung annähernd an eine Schülerausbildung heranzuführen. (Abg. Parnigoni: Über 30 000 Lehrlinge sind arbeitslos! Ein Wahnsinn!)

Aber eines unserer zentralen Wahlversprechen war das Kindergeld, und hier schreiben wir wirklich eine Erfolgsstory. Wenn die Frau Staatssekretärin und der Herr Vizekanzler unlängst das hunderttausendste „Kindergeld-Baby“ geehrt haben und die entsprechen­den Regelungen für Mehrlingsgeburten beschlossen wurden, dann sage ich: Erstens ist es ein Kaufkraftschub mit mehr als 300 Millionen €, und zweitens möchte ich rück­blickend betonen, dass die Erfolgsstory des Kindergeldes von Kärnten ausgegangen ist. Ich erinnere mich noch sehr gut an diese Debatte auch in Kärnten, wo von Seiten der Medien und von Rot und Schwarz das Kindergeld lächerlich gemacht wurde und von Seiten der damaligen Regierung sämtliche Beschlüsse blockiert wurden. Erst als der Kärntner Landeshauptmann gesagt hat: Jetzt machen wir eine Volksbefragung!, waren plötzlich Beschlüsse möglich. Man sieht: Gewisse Dinge brauchen eben länger.

Ich denke in diesem Zusammenhang aber auch an die Lehrlingsfreifahrten, denn auch diese sind von Kärnten ausgegangen. Unser Vizekanzler und Sozialminister Herbert Haupt hat endlich österreichweit die Lehrlingsfreifahrt ermöglicht, auch wenn Sie das nicht hören wollen. Auch das ist Ihr Versäumnis seit mehr als 30 Jahren, ein Versäum­nis der Sozialdemokratie. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Das war der Bartenstein!)


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Aber wir sind auch lernfähig. Im Zuge der Pensionssicherungsdebatte ist nämlich völlig untergegangen, dass wir auch die Ambulanzgebühren abgeschafft haben. (Abg. Sil­havy: Das darf ja nicht wahr sein!) Wir, die ÖVP und die FPÖ, haben das getan, und ich frage die Sozialdemokraten und die Grünen: Warum haben Sie nicht mitgestimmt bei der Abschaffung der Ambulanzgebühren? (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Ich frage Sie aber auch: Warum haben Sie im Zuge dieser Beschlüsse gegen die Steuerreform gestimmt – auch eines der zentralen Wahlversprechen seitens der Frei­heitlichen –, nämlich im ersten Schritt die untersten Einkommen zu entlasten?

Und wenn Sie auch die Zahlen nicht hören wollen ... (Abg. Parnigoni telefoniert mit einem Handy.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Parnigoni! Im Plenum ist Telefonier­beschränkung!

Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Mares Rossmann (fortsetzend): ... Arbeitnehmer, die entlastet werden, davon allein 350 000 Alleinverdiener und AlleinerzieherInnen und – das freut mich ganz besonders – 730 000 Pensionisten, die wirklich jeden Cent brauchen. Und diese werden mit diesem ersten Schritt der Steuerreform entlastet.

Ich sage das durchaus sehr emotional: Wir Freiheitlichen, allen voran der Kärntner Landeshauptmann, haben das voriges Jahr um diese Zeit vehement gefordert. Weder der Koalitionspartner noch der Finanzminister war davon überzeugt, dass das eine Kaufkraftstärkung bedeutet und dass das voriges Jahr um diese Zeit hätte kommen sollen.

Ich sage aber auch: Ich bin froh, dass es wenigstens jetzt geschieht, dass das jetzt be­schlossen worden ist und dass es jetzt diese Entlastung gibt.

Wenn wir weiter über einen zweiten Schritt der Steuerreform debattieren, dann sage ich: Es muss legitim sein, unter Umständen die eine oder andere Maßnahme früher an­zudenken, nämlich in Richtung weiterer Entlastung vor allem der Bürokratie und hin zu einem einfacheren Steuersystem. – Das war immer unsere Forderung. Wir haben immer festgeschrieben, dass es nicht nur um Entlastung geht, sondern auch um Ver­einfachung, das heißt, es geht in Richtung eines einfachen zentralen Steuersystems.

Wir werden mit dem Koalitionspartner wirklich intensiv darüber verhandeln, was da noch zu machen ist – vielleicht eine Entlastung in dem einen oder anderen Bereich vor 2005. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner dazu ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Redezeit: 5 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. (Abg. Mag. Molterer: Kogler heute staatstragend!)

 


10.02

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Großruck ist nicht mehr zu seiner Lyrik gekommen, die am Schluss seiner Reden obligat folgt. Oberösterreich-Wahlkampf war es trotzdem, aber ich mache ihm das gar nicht zum Vorwurf, denn das machen alle Fraktionen hier in gewisser Regelmäßigkeit.

Das, was ich Ihnen zum Vorwurf mache, ist, dass es offensichtlich zu Ihrer Wahlkampf­strategie gehört, dass Sie von der ÖVP mit daran arbeiten, dass sich der Herr Finanz­minister im Parlament nicht mehr verantworten muss für den Pallawatsch, den er in


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den letzten Monaten angerichtet hat. (Beifall bei den Grünen.) Das ist schon relevant für Oberösterreich. Wir werden gleich darauf zurückkommen.

Lassen wir die Homepage, lassen wir alles, was folgt, aber reden wir über Standort­politik – das hat ja gerade in Ihrer Diktion sehr viel mit Wachstumspolitik zu tun –, denn da wird wie selten zuvor Schaden angerichtet bei den Verstaatlichten-Anteilen, die es noch gibt, und damit eigentlich beim Unternehmen voestalpine.

Niemand Geringerer als der Finanzminister hat sich via Privatisierungsauftrag und mit Zustimmung der ÖVP in der Regierung das Hineinregieren in den Konzern vermutlich wider Aktienrecht absichern lassen – ich habe das mit. Das ist für Sie Standortpolitik, Wachstumspolitik? Das ist eine gescheite Entwicklung für die voest? – Das ist unfass­bar, das hat es unter den, wie Sie sagen würden, Roten nie gegeben, nämlich eine derart ungenierte Intervention. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wohin führte das im Jahr 2002? – Es wird ja auf diese Art und Weise nicht nur in das Unternehmen hineinregiert, sondern vor allem sind auch trotz aller Beteuerungen der Entpolitisierung – Kollege Prinzhorn, Sie schmunzeln jetzt wissend – die Aufsichtsräte immer wieder politisch motiviert hineingesetzt und ausgetauscht worden.

Im Jahr 2002 kam Herr Wolf in den Aufsichtsrat der ÖIAG. Bitte, wozu? Es ist doch er­kennbar, dass da eine klare Interessenkollision vorliegt. Der Herr Finanzminister hat – das wurde nicht dementiert – interveniert für diese Vorgänge; das ist unglaublich. Das nennen Sie „Depolitisierung“, Herr Präsident Prinzhorn? Entspricht das Ihrer Vorstel­lung? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Welcher Schaden Oberösterreich droht, ist ja in den Medien hinlänglich dargestellt wor­den. Diese Art von Übernahme hat nur ein Interesse – das mag so sein im Kapitalis­mus; ich will ja hier nicht Herrn Stronach oder Herrn Wolf große Vorwürfe machen, denn es ist das Versagen der Regierungspolitik, das dahinter steht –: das Herausneh­men des automotiven Teils. Und das ist deshalb sehr problematisch, glaube ich, ge­rade für Linz, weil Linz und die voestalpine in dieser Division einen Vorsprung gegen­über MAGNA haben: Sie sind technologisch besser, sie bauen bessere Karosserien. Deshalb ist es tatsächlich für den Standort Oberösterreich, wenn Sie so wollen, Herr Klubobmann Molterer, bedrohlich. Und dagegen sollte man etwas unternehmen, wenn man ständig mit solchen Fahnen wie Sie anlässlich dieser Aktuellen Stunde herum­marschiert.

Aber Sie ziehen es vor, den Herrn Finanzminister mit Hilfe aller möglichen Tricks vor dem Parlament sozusagen zu verstecken, ihn fern zu halten. Er war jetzt zehn Tage in Bali mit Herrn Christl, da war offensichtlich noch eine kleine Schuldigkeit offen, morgen und übermorgen ist er in Berlin beim ECOFIN oder wo, obwohl er sonst sehr selten zum ECOFIN geht; das passt vorne und hinten nicht zusammen. Das ist eine Wahl­kampfstrategie, mit der Sie nicht weit kommen werden.

Sie sollten in dieser Woche noch einem Antrag zustimmen, dass der „kleine“ Unter­suchungsausschuss im Parlament über den Sommer tagen kann. Vielleicht hat der Herr Finanzminister zwischendurch einmal Zeit zu kommen, dann können wir auch die Oberösterreich-Probleme diskutieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollege Großruck, ich möchte Ihre Rede nicht auf diese Art und Weise übergehen, denn Sie haben auch Zahlen gebracht, nämlich betreffend die Jugendarbeitslosigkeit in Oberösterreich. Aber wie das in Wahlkämpfen so ist: Je näher der Wahltag rückt, umso genauer muss man sich die Statistiken anschauen.


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Es ist genau das geschehen, was bundesweit auch passiert: Gerade im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit werden die Statistiken zum Teil dadurch kaschiert, dass immer mehr in Schulungen geschickt werden. Ich vergleiche Juni 2001 und Juni 2003: Da gibt es einen massiven Anstieg der Zahl arbeitsloser Jugendlicher, die in Schulungen sind. Ich sage nicht, dass das schlecht ist, es ist noch viel besser, als wenn sie – wie Sie sagen würden – auf der Straße sind. Aber das ist keine Bekämpfung der Jugend­arbeitslosigkeit, als welche Sie sie hier ausgeben wollen. Die Jugendarbeitslosigkeit ist in Oberösterreich genauso gestiegen wie sonst auch. Hören Sie auf mit den Märchen, und machen Sie sich mit Ihren Tiroler und Kärntner Freunden aus, wer jetzt Staats­meister ist – die haben auch bald Wahlkampf! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Der Widersprüche nicht genug. Der Herr Bundesminister ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, Herr Abgeordneter!

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Herr Präsident! In diesem Fall muss ich auf Sie zurückkommen: Wenn wir schon so weit sind, dass die Eurofighter ein zent­rales industriepolitisches Projekt sind, dann gute Nacht Wachstumspolitik! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Um Punkt 6 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzusehen.

Dabei handelt es sich um den Bericht des Bautenausschusses über den Antrag der Abgeordneten Großruck, Bures, Neudeck, Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz ge­ändert wird.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Auflagefrist die Zu­stimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenom­men. Es ist auch die erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben.

Einlauf und Zuweisungen

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 577/J bis 585/J.

2. Anfragebeantwortungen: 337/AB bis 396/AB.

3. Initiativanträge: Zurückziehung: 47/A (E).


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4. Gesetzesanträge des Bundesrates:

Gesetzesantrag der Bundesräte Prof. Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Unvereinbarkeiten für oberste Organe und sonstige öffentliche Funktionäre geändert wird (135 der Beilagen).

5. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch zur Umsetzung der Fair Value-Richt­linie geändert wird (Fair Value-Bewertungsgesetz-FVBG) (176 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 6 betreffend Rückstellung des Ausbaus der Schnellstraße S1 (Ab­schnitt B8, Angerner Straße bis zur B7, Brünner Straße) und Neuplanung dieses Ab­schnitts mit Neubewertung der untersuchten Varianten auf der Grundlage der von der Gemeinde Wien vorgelegten neuen Daten (SUPer NOW),

Bürgerinitiative Nr. 7 betreffend „Änderung des Österreichischen Generalverkehrspla­nes“.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Zusatzprotokoll zum Europäischen Rahmenübereinkommen über die grenzüberschrei­tende Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften oder Behörden (129 der Bei­lagen);

Landesverteidigungsausschuss:

Übereinkunft über die Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienst­pflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit (133 der Beilagen);

Umweltausschuss:

Protokoll zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend Schwermetalle (134 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Budgetausschuss:

Budgetprogramm der Bundesregierung für die Jahre 2003-2006 (III-40 der Beilagen).

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Abgeordneten Grillitsch, Dipl.-Ing. Scheuch, Kolle­ginnen und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 175/A (E) der Abge-


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ordneten Grillitsch, Dipl.-Ing. Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ergeb­nisse des Agrarministerrates der Europäischen Union in Luxemburg am 26. Juni 2003 dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt wer­den.

Fristsetzungsantrag

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich mit, dass vor Eingang in die Tagesord­nung Abgeordnete Dr. Lichtenberger beantragt hat, dem Verkehrsausschuss zur Be­richterstattung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert und ein generelles Nachtfahrverbot für LKW über 7,5 Tonnen in Österreich eingeführt werden wird, eine Frist bis 19. September 2003 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte erfol­gen.

Behandlung der Tagesordnung

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 und 3, 8 und 9, 11 bis 13, 14 bis 18, 25 und 26 der Tagesordnung jeweils zusammenzufas­sen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen daher in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 157,5 Minuten, Freiheitliche 108 Minuten sowie Grüne 117 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

1. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (80 der Beila­gen): Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 2003 erlassen wird und die Gewerbeordnung 1994, das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz geändert werden (170 der Beilagen)

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Abgeordneter Mag. Hans Moser. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 5 Minuten ein. – Herr Abgeordneter, wir hören Ihnen zu.

 


10.11

Abgeordneter Mag. Hans Moser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Nachdem wir heute bereits eine so „großartige“ wirtschaftspolitische Diskussion erlebt haben, bei der festgestellt wurde, dass Österreich im absoluten Spitzenfeld zu finden sei, möchte ich die Diskussion auf den Boden der Realität zurückbringen, denn seit dem Jahr 2000, seit es eine blau-schwarze Regierung gibt, geht die Entwicklung in Österreich in Richtung eines wirtschaftspolitischen Desasters.

Das kann man auch heute wieder feststellen, wenn hier ein Öffnungszeitengesetz vor­gelegt wird, in das man wieder zahlreiche Ziele verpackt: Stärkung des Wirtschafts­standortes, Vermeidung von Kaufkraftabflüssen, Schaffung von Arbeitsplätzen und so weiter.

Jetzt möchte ich hier die Frage stellen: Welcher Zusammenhang besteht eigentlich zwischen Öffnungszeitengesetz, Wirtschaftswachstum und Schaffung von Arbeitsplät­zen? – Herr Minister Bartenstein, Sie selbst haben – er ist jetzt leider nicht anwesend – in einer Anfragebeantwortung diesen Zusammenhang nicht erklären können.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Herr Minister sitzt hinter Ihnen, Herr Kollege!

 


Abgeordneter Mag. Hans Moser (fortsetzend): Verzeihung, er ist in der Zwischenzeit aufgetaucht. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ich war nicht weg! – Heiterkeit.) Ich habe dich nicht gesehen, du warst irgendwo dort hinten.

Der Herr Minister schreibt selbst in der Anfragebeantwortung: „Die erwartete Schaffung zusätzlicher Voll- und Teilzeitarbeitsplätze sowie die erwartete Umsatzsteigerung können zahlenmäßig nicht abgeschätzt werden, da sie von zahlreichen ungewissen Faktoren (wie insbesondere Konjunktur, tatsächliche Öffnungszeiten, Konsumverhal­ten) abhängig sind.“ – Also es gibt keine klare Antwort, die den Wirkungszusammen­hang erklären würde.

Sehr wohl gibt es aber eine Erklärung, wenn man sich eine Statistik anschaut, die in einer anderen Anfragebeantwortung angeführt ist, und zwar hinsichtlich der Entwick­lung der Arbeitsplätze zwischen 1996 und 1998. Die Zahl der Teilzeitarbeitsplätze hat nach der ersten Liberalisierung um 25 000 oder 26 Prozent zugenommen und jene der Vollzeitarbeitsplätze um 18 000 beziehungsweise 5 Prozent abgenommen. Also ein ganz klarer Befund, dass kein Zusammenhang zwischen diesen beiden Bereichen be­steht! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister, Sie bekommen für Ihre Politik aber auch aus Ihren eigenen Kreisen keine Zustimmung. Ich möchte Sie fragen: Stimmen Sie die Vorgangsweise mit Ihren Kollegen nicht ab?

Es gibt dazu zwei Befunde: Der erste ist ein ÖAAB-Antrag im Rahmen des Bundes­arbeitskammertages am 18. Juni in Dornbirn, in dem Sie die Kollegen auffordern, von diesem Gesetz Abstand zu nehmen.

Aber viel interessanter ist noch ein Brief von Landeshauptmann Pühringer an die Katholische Diözese Linz, in dem dieser schreibt: Es gibt kein landespolitisches In­teresse an der Ausweitung der Ladenöffnungszeiten, ganz im Gegenteil, ich verstehe mich als Schützer der Klein- und Mittelbetriebe, die bei total liberalisierten Ladenöff-


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nungszeiten den großen Konzernen ausgeliefert werden. Auch deren Lebensqualität wird dadurch kaputt gemacht.

Besonders interessant ist der letzte Satz, in dem Landeshauptmann Pühringer auffor­dert:

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diese Position auch Ihren Leserinnen und Lesern mitteilen könnten. – Zitatende.

Man kann ganz deutlich feststellen: Es gibt hier einen klaren Widerstand auch von Ihrer Seite, Herr Minister. Nehmen Sie diese Position entsprechend zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Öffnungszeitengesetz stellt sich bei näherer Begutachtung als weiterer Frontalangriff gegen die 600 000 direkt und indirekt betroffenen Handelsangestellten und -arbeiter heraus.

Dieses Gesetz ist auch ein Frontalangriff gegen Zigtausende Klein- und Mittelunterneh­men. Wenn Sie dieses Gesetz implementieren, Herr Minister, frage ich Sie: Was machen Sie dann eigentlich gegen das Sterben von Klein- und Mittelbetrieben im Han­delsbereich? Was machen Sie gegen die bedrohte Nahversorgung? Was machen Sie gegen die dramatische Zunahme der Konzentration?

Wir Sozialdemokraten sind die Anwälte des sozialen Ausgleichs und des fairen Wett­bewerbs. Das Öffnungszeitengesetz 2003 enthält nichts von beidem. Daher werden wir gegen dieses Gesetz stimmen.

Wir werden gegen dieses Gesetz stimmen, weil es auf dem Rücken von 600 000 schlecht bezahlten ArbeitnehmerInnen ausgetragen wird.

Wir werden gegen dieses Gesetz stimmen, weil es zu einer weiteren Verschlechterung der Nahversorgung und der Situation der Klein- und Mittelbetriebe führen wird.

Wir werden gegen dieses Gesetz stimmen, weil es in krassem Widerspruch zu den Be­kenntnissen, die Sie in Ihrem Koalitionsabkommen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf abgelegt haben, steht.

Herr Minister, machen Sie Politik für den Wirtschaftsstandort Österreich! Legen Sie die Patenschaft für die Konzerne Österreichs ab! Machen Sie Standortpolitik, und küm­mern Sie sich um Österreich! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. Redezeit: wunschgemäß 7 Minuten. – Bitte.

 


10.17

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Moser, ich glaube, Ihr Blickfeld war nicht nur im Zusammenhang mit dem Herrn Minister eingeschränkt, sondern auch was die volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten und Auswirkungen der Ladenöffnungszeiten anlangt. Denn das, was Sie gesagt haben, entspricht eigentlich keiner modernen volks­wirtschaftlichen Einstellung, sondern einer Einstellung wie vor 30 Jahren. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es war immer so: Wir haben in letzter Zeit x Novellen ge­habt zur Gewerbeordnung, zur Ladenöffnung, aber kaum eine andere Materie löst der­artige Emotionen, derartige Diskussionen aus wie dieses Thema. Warum? – Weil be­stimmte Tätigkeiten, bestimmte Gewohnheiten verändert werden.


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Es gibt natürlich – das muss ich zugeben – Betriebe, Klein- und Mittelbetriebe, die sagen, dass wir keine Änderung brauchen. Es gibt Arbeitnehmer, die sagen, dass wir das nicht brauchen. Es gibt aber auch Konsumenten, die sagen, dass wir keine Ände­rung brauchen, dass die bestehenden Ladenöffnungszeiten ausreichen. (Abg. Silhavy: Das hat der Herr Leitl auch gesagt!) Den Härtegrad der Meinungen sollten Sie sich je­doch anschauen, und der Härtegrad der Meinungen ist ein veränderbarer.

Wenn Sie vor ein paar Jahren, etwa 1997, die Menschen betreffend die Samstag-Nachmittag-Öffnung gefragt haben, dann war der Großteil der Konsumenten der Mei­nung: Das brauchen wir nicht! Dasselbe bei den Unternehmern. Wenn Sie jedoch heute fragen: Würden Sie das wieder abschaffen?, bekommen Sie eine große Mehr­heit dafür, dass das nicht abgeschafft werden soll.

Das heißt: In der Form sind Einstellungen, Anspruch und Wirklichkeit zwei paar Schuhe. Sie sehen das auch, wenn Sie RegioPlan-Untersuchungen hernehmen – Sie kennen sie vermutlich; sie gefallen Ihnen nur nicht! Es ist ganz interessant, was da feststellbar ist, was aus bereits durchgeführten Änderungen von Ladenöffnungszeiten ableitbar ist.

Die Unternehmen sind gefragt worden: Was stellen Sie fest? Erhöhten Umsatz? – 24 Prozent sagen ja. Erhöhte Kundenfrequenz? – 29 Prozent ja. Verlagerung der Kun­denfrequenz: 94 Prozent. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Es gibt natürlich auch, was Sie angesprochen haben, die Erhöhung der Teilzeitarbeits­kräftequote und auf der anderen Seite nur eine maßvolle Steigerung, was die Vollzeit­arbeitsplätze anlangt.

Jetzt muss ich Sie fragen, Herr Kollege: Was spricht eigentlich dagegen, dass es mehr Teilzeitarbeit gibt? – Das ist eine Verbesserung des Angebotes, die den Arbeitskräften individuell zugute kommt – nichts Negatives! (Beifall bei der ÖVP.)

Was auch wir nicht unterstützen: Wir wollen keine KAPOVAZ, die so genannte kapazi­tätsorientierte variable Arbeitszeit, wo der Unternehmer anruft und sagt: Kommen Sie arbeiten! – Das wollen wir nicht! Aber eine entsprechend hohe Anzahl von Teilzeit­arbeitskräften ist eigentlich ein Kennzeichen für eine moderne Volkswirtschaft. Dieses Kennzeichen für eine moderne Volkswirtschaft sollten wir eigentlich in einem höheren Ausmaß erfüllen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Frau Silhavy, wenn man eine Regelung bei der Ladenöffnungszeit so darstellt, als wäre diese ausschließlich gegen die Arbeitnehmer gerichtet, dann frage ich Sie: Was tun denn andere Länder im europäischen Vergleich? Ich gebe zu, die große Kaufkraftver­änderung wird sich nicht ergeben. Aber Sie werden das Problem haben, wenn Sie nichts gegen die restriktive Ladenöffnungszeit unternehmen, dass Sie möglicherweise Kaufkraft verlieren, und diese Situation haben wir an den Grenzen zu den Erweite­rungsländern vor uns, denn die haben die Geschäfte bis 22 Uhr am Abend geöffnet, die haben auch am Sonntag geöffnet. Das heißt, es ist im Sinne des Standortes not­wendig, hier entsprechend zu reagieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wie reagiert der Gesetzgeber? – Er reagiert nicht so, wie Sie das immer sagen: ein­fach vorschreiben und so weiter, sondern er reagiert maßgeschneidert. Maßgeschnei­dert warum? – Der Landeshauptmann kann in einem bestehenden Rahmen von 5 bis 21 Uhr beziehungsweise 5 bis 18 Uhr einschränken, und er kann auch die Zeit von 66 Stunden ausweiten, und das unter Einbeziehung der Arbeitnehmer und unter Einbe­ziehung der Arbeitgeber und der Interessenvertretungen. Das heißt, wir haben hier meines Erachtens ein Instrument, eine Regelung auf Vorrat. So mancher Landeshaupt­mann, der heute glaubt, das brauchen wir nicht, dafür gibt es keinen Bedarf, wird in einem Jahr unter dem Einfluss der Fakten anders reden, der wird in einem Jahr anders


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reden, wenn er merkt, dass der Druck auch von den Erweiterungsstaaten gegeben ist. Er muss auch sehen, dass in anderen Ländern genau diese Regelungen schon längst bestehen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Zur Gesamtarbeitszeit. Sie und andere haben im Ausschuss gesagt: Um 5 Uhr in der Früh muss die arme Arbeitnehmerin bereits im Betrieb stehen und durchgehend da sein. Die entsprechenden Verkehrsmöglichkeiten sind nicht gegeben, und die notwen­digen Kindergartenplätze sind nicht vorhanden. Das ist jetzt die Situation.

Rechnen Sie um: Wenn man offen hält, dann kommt man bei dem Rahmen auf insge­samt maximal 93 Stunden. Manche Betriebe machen vormittags auf, machen das Frühstücksgeschäft, manche Betriebe werden nachmittags aufmachen, wie Studien zeigen. Daher ist durchaus die Möglichkeit gegeben, dass man der familiären Situation gerecht wird.

Meine Damen und Herren! Was wir auch gemacht haben, und ich glaube, das ist systemkonform: Die Landeshauptleute können auf Basis einer Verordnung für längere Öffnungszeiten sorgen, wo es der regionale Bedarf erfordert, wie zum Beispiel auf Flughäfen, Bahnhöfen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Es ist sogar so, dass man in manchen Bereichen wie Bäckereien, Süßwarengeschäften, Blumengeschäften länger als 72 Stunden offen halten möchte, nämlich 75 Stunden, weil dort der Bedarf gegeben ist. Sie werden ja auch wollen, wenn Sie als Besucher in ein Spital gehen, dass Sie dort wenigstens Blumen kaufen können.

Auf der anderen Seite besteht, wenn Sie am Samstag Mitarbeiter beschäftigen wollen, die Notwendigkeit, dass Sie das mit den Kollektivvertragspartnern aushandeln. Das heißt also, da gibt es durchaus Schutz für die Arbeitnehmer.

Selbstverständlich geht es schlussendlich dann auch noch um eines: Es muss natürlich irgendwann auch im Bereich der Öffnungszeiten der Kindergärten, bei den öffentlichen Verkehrsmitteln nachgezogen werden. Das werden Sie in Österreich aber nie auf ein­mal verwirklichen können, weil jeder sagt, nein, das brauchen wir nicht.

Daher ist meine These, unsere These: Wir haben ein ausgesprochen modernes Öff­nungszeitengesetz, das maßgeschneidert auf die Bedingungen, auf die Gegebenheiten der jeweiligen Bundesländer einsetzbar ist. Damit haben wir die Möglichkeit, Probleme zukunftsorientiert zu lösen. Das sollten Sie nicht ablehnen, dem sollten Sie zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. Wunschgemäß ist die Uhr auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


10.24

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die Regierung hat sich für das Öffnungszeitengesetz verschiedene Ziele gesetzt. Kol­lege Moser hat es bereits angesprochen: Kaum etwas davon wird mit diesem Gesetz erfüllt.

Ich möchte als Erstes auf die Ausführungen des Kollegen Mitterlehner eingehen, der von den Arbeitsplätzen gesprochen hat. Das Schlechte an den Teilzeitarbeitsplätzen ist nicht grundsätzlich, dass es sie gibt, sondern das Schlechte ist, dass ein Arbeitsplatz auf drei Personen aufgeteilt wird, und Sie wissen so gut wie ich, dass 70 Prozent der Handelsangestellten Frauen sind, und es ist einfach typisch, dass in diesem Bereich diese Schlechterstellung stattfindet. Sie schaffen keine Arbeitsplätze, sondern Sie teilen Arbeitsplätze auf, was in Zeiten wie diesen extrem schlimm ist, was Pensionsver­sicherung und Kaufkraft betrifft. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Herr Minister Bartenstein! Sie haben das Öffnungszeitengesetz als einen wesentlichen Faktor für die Wachstumsstrategie genannt. Also ich kann das nirgends erkennen, und auch die Autoren aller Studien, die ich bis jetzt gesehen habe, können das nicht er­kennen. Es gibt nämlich de facto keine Umsatzsteigerung. Kollege Mitterlehner hat vorhin Prozentzahlen aus der RegioPlan-Studie angeführt. Sie müssten aber schon auch erzählen, was in diesem Zusammenhang noch drinnen steht: Zu den 24 Prozent, die sagen, sie haben eine Umsatzsteigerung, kommen noch genug Betriebe dazu, die keine Umsatzsenkung zu verzeichnen haben, weil es eine Verlagerung von den kleinen zu den Großbetrieben gibt. Und zweitens sagen selbst die großen Betriebe, die eine Umsatzsteigerung haben, zum Beispiel in den Shopping-Centern, dass ein großer Teil des Gewinns letztendlich von den erhöhten Mieten aufgefressen wird. Das heißt, von einem Faktor im Sinne eines Wirtschaftswachstums kann bei dieser Ladenöffnung überhaupt keine Rede sein. (Beifall bei den Grünen.)

Ein weiterer Punkt ist die Frage, was überhaupt erwünscht ist bei den KonsumentIn­nen; Sie haben es schon angesprochen. Die KonsumentInnen wünschen sich laut Studien keine neuen Öffnungszeiten. Selbst wenn man sagt, das ist kein fixes Ergeb­nis, das schwankt je nachdem, was ich anbiete, so zeigt sich doch, dass dort, wo es eine Umsatzverlagerung gibt, zum Beispiel ins Ausland, was Sie immer behaupten, das auf Grund der niedrigeren Preise passiert und keineswegs auf Grund der längeren Öffnungszeiten. Das heißt, Zentren wie Parndorf oder wahrscheinlich in Zukunft auch Kleinhaugsdorf sind zwar ein Eldorado für Leute, die billige Markenware kaufen wollen, aber denen geht es ganz sicher nicht um eine Verlängerung der Öffnungszeiten, son­dern eben um die Preise. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Interessant war für mich, was Gouverneur Liebscher am Sonntag in der Sendung „Offen gesagt“ in Bezug auf die Öffnungszeiten gesagt hat. Er hat nämlich gesagt: Das ist ein Symbol. Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Minister, der Sie sagen, das ist ein Faktor für das Wirtschaftswachstum, sagt Gouverneur Liebscher, es ist ein Symbol für Libera­lisierung.

Also ein Faktor für Wirtschaftswachstum ist es einmal sicher nicht. Und wenn es ein Symbol ist, dann sage ich, dieses Symbol für etwas Positives wird weit aufgewogen durch die Realität der negativen Auswirkungen im Bereich der Handelsangestellten, von der 300 000 oder maximal 600 000 Leute unter Umständen betroffen sind. Das ist dem Herrn Minister relativ egal, ganz offensichtlich. Nur es ist nicht ganz ersichtlich oder man muss es sich sozusagen herausklauben, was eigentlich das Ziel dieses Öff­nungszeitengesetzes ist. Wer profitiert davon? – Es profitieren davon große Betriebe. Es ist durch jede Studie belegbar, dass es diese Umsatzverschiebungen von den Kleinen zu den Großen gibt, zu den Handelsketten, und es profitieren in gewisser Weise auch die Shopping-Center. Da kommt es ja dann zu einer weiteren negativen Auswirkung, nämlich dem Verkehr, der dadurch produziert wird, dass die Nahversor­gung weiter geschwächt wird und alle in die Randlagen, in denen die Shopping-Center angesiedelt sind, fahren.

Das heißt, Sie haben eine Unzahl von negativen Auswirkungen, was den Verkehr be­trifft, was die Nahversorgung betrifft, die wirtschaftliche Schwächung in den Regionen, was die Handelsangestellten betrifft, und der positive Nutzen ist äußerst fragwürdig, wenn er überhaupt vorhanden ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn wirklich Ihr Ziel ist, den Wünschen der KonsumentInnen nachzukommen, die an­geblich davon profitieren und das unbedingt wollen, und hier eine gewisse Liberalisie­rung zu schaffen, dann sage ich, als Erstes müsste im Umfeld einmal geklärt werden, was hinsichtlich der negativen Auswirkungen geschieht. Das heißt, es müsste in erster Linie einmal mit den Handelsangestellten geredet werden, was eine weitere Öffnung


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bedeutet. Es müssten Maßnahmen getroffen werden, um die Kinderbetreuung sicher­zustellen, weil 70 Prozent der weiblichen Handelsangestellten in aller Regel auch für die Versorgung der Kinder zuständig sind. Das heißt, es muss auch gewährleistet sein, dass sie eine Betreuung für ihre Kinder haben, und es muss auch gewährleistet sein, dass sie überhaupt in die Arbeit kommen können. Es wird also notwendig sein, sich um eine Verlängerung des Betriebs der öffentlichen Verkehrsmittel zu kümmern. Und es werden Maßnahmen für die Nahversorgung notwendig sein, was im Großen und Ganzen in Zusammenarbeit mit den Ländern und im Rahmen der Raumordnung wird passieren müssen.

Das alles haben Sie aber nicht einmal mit einem Gedanken gestreift. Nirgends ist irgendetwas davon zu finden: weder Gespräche mit den Handelsangestellten, weder Vorschläge für die Kinderbetreuung noch Vorschläge für den Verkehr, noch Vorschläge für die Nahversorgung. Nichts, absolut nichts!

Das, was Sie wollen, ist einmal mehr, ein Gesetz durchzupushen, ohne dass Sie sich im Vorhinein anschauen, wie die Auswirkungen und die Rahmenbedingungen sind. Das ist Ihre Art der Politik: ein Gesetz zu schaffen, ohne mit Zahlen zu belegen, wem das nützen soll. Ich würde mir wirklich wünschen, dass Sie die Bedürfnisse der Bevöl­kerung und Ihre eigenen Studien ernster nehmen, in denen das alles, mit Zahlen unter­mauert, auch nachzulesen ist. Es wurde vorhin schon gesagt, es ist wie bei der For­schung und Entwicklung: Sie ergehen sich in Allgemeinplätzen. Ich würde mir wün­schen, dass Sie auf all diese Punkte, die hier in vielen Diskussionen genannt werden, einmal eine ganz konkrete Antwort geben, eine ganz konkrete, mit Zahlen fundierte Antwort geben und nicht nur Allgemeinplätze von sich geben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. 6 Minuten Redezeit. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


10.31

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Öffnungszeitengesetz. Wir wissen, dass der Offenhalterahmen von Mon­tag 5 Uhr früh bis Samstag 18 Uhr in diesem Gesetz geregelt wird. Innerhalb dieses Rahmens kann der Landeshauptmann per Verordnung Öffnungszeiten festlegen. Macht er dies nicht, das heißt, erlässt er keine Verordnung, so gilt als Tagesrahmen, als Tagesöffnungszeit die Zeit von Montag bis Freitag jeweils von 5 Uhr bis 21 Uhr und am Samstag von 5 bis 18 Uhr.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ausmaß der Öffnungszeiten erfährt im Grunde keine Änderung gegenüber der jetzt geltenden Regelung. Die derzeit geltende Rege­lung sieht 66 Stunden vor, mit der Möglichkeit, diese auf 72 Stunden auszudehnen. So ist das nun im neuen Gesetz geregelt. Ich denke, dass vor allem eines geschaffen wird, nämlich Klarheit. Es ist eine entsprechende Systematik in diesem Öffnungszeiten­gesetz festzustellen, die durchgängig ist, nämlich die Möglichkeit, den Anforderungen und Bedürfnissen der jeweiligen Regionen tatsächlich gerecht zu werden.

Geschätzte Damen und Herren! Wie gesagt, Ausnahmen hat es auch jetzt schon gege­ben. Es gab eigene Regelungen für Fremdenverkehrsorte, für Grenzregionen, für Orts­zentren, und es wurde davon auch entsprechend Gebrauch gemacht.

Nun kann eine tatsächlich bedarfsgerechte Anpassung an die Bedürfnisse erfolgen, zum Beispiel wenn man einen Kaufkraftabfluss in den Grenzregionen, der feststellbar ist, verhindern will. Ebenso sieht dieses Gesetz vor, dass der Landeshauptmann von


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der Regelung, die Verkaufsflächen auf bis zu 80 Quadratmetern in Bahnhöfen, Flug­häfen zu beschränken, abgehen und eine Vergrößerung der Verkaufsfläche per Ver­ordnung festlegen kann. Dieses Gesetz ermöglicht also, wie ich meine, eine Anpas­sung an die Bedürfnisse der Reisenden.

Nachdem mehrmals schon die Situation der Handelsangestellten, die meistens weib­lich sind, angesprochen worden ist, möchte ich sagen, es geht hier nicht um eine Ver­längerung der Arbeitszeit der Handelsangestellten, diese bleibt unverändert, es bleibt auch die Rahmenöffnungszeit, die Tagesarbeitszeit, die Aufsummierung der Tages­arbeitszeiten unverändert. Würde man im Falle des Nichtverordnens durch den Lan­deshauptmann die Stunden von Montag 5 Uhr früh bis Freitag 21 Uhr und Samstag 18 Uhr zusammenzählen, so ergäbe dies eine Stundenzahl von 93. Das entspricht nicht der Öffnungszeit, sondern gibt eben, wie gesagt, nur diesen Rahmen vor.

Im Zusammenhang mit den Handelsangestellten verweise ich auch auf eine getroffene Ausschussfeststellung, die genau die Problematik der Handelsangestellten und die sozialrechtlichen und arbeitsrechtlichen Begleitmaßnahmen zum Inhalt hat und darauf verweist, dass hier entsprechende Regelungen mit den Sozialpartnern zu treffen sind.

Geschätzte Damen und Herren! Nun noch kurz zur Gewerbeordnung und zur Proble­matik Makler und Versicherungsagenten. Es gibt, wie Sie wissen, eine EU-Richtlinie, die bis zum Jahr 2005 umzusetzen ist. Diese EU-Richtlinie hat nicht wie hier in Öster­reich Makler und Agenten zum Inhalt, sondern die EU-Richtlinie kennt in diesem Zu­sammenhang Versicherungsvertreter und unterscheidet in Punkt 8 lediglich zwischen dem vertraglich gebundenen Versicherungsvertreter und dem vertraglich ungebunde­nen Versicherungsvertreter, dem, was in Österreich gleichsam als Makler bezeichnet wird oder unter diesen Begriff fällt. Hier bedarf es vor allen Dingen im Zusammenhang mit der Begrifflichkeit gewisser Klarstellungen.

Ich erlaube mir, in Bezug auf diese Gewerbeordnungsnovelle folgenden Antrag einzu­bringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Mitterlehner und KollegInnen betreffend die rasche Umsetzung der RL des Europäischen Parlaments und des Rates über Ver­sicherungsvermittlung 2002/92/EG

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, im Sinne einer umfas­senden Umsetzung der RL 2002/92/EG möglichst rasch einen Gesetzesentwurf vorzu­legen, der einerseits die Aspekte des Verbraucher- und Konsumentenschutzes berück­sichtigt sowie andererseits jede Inländerdiskriminierung ausschließt.“

*****

Ich verweise ausdrücklich darauf, dass im § 137 Abs. 1 GewO 1994 ganz klar festge­legt ist, dass Versicherungsagenten ihre Funktion als Versicherungsagent klar bei jedem Schriftstück auszuweisen haben und des Weiteren auch anzuführen haben, für welche Versicherungen sie tätig sind. Wir haben auf Grund unterschiedlicher gut­achterlicher Stellungnahmen zu diesem Gesetz und zu dieser EU-Richtlinie Bedenken, dass es eventuell auch zu einer Inländerdiskriminierung kommen könnte. Aus diesem Grunde wird § 137 Abs. 2 der Gewerbeordnung vorläufig gestrichen, um eine Klärung im Hinblick auf die Umsetzung dieser EU-Richtlinie herbeizuführen. Dies wird, wie ich meine, so rasch wie möglich erfolgen, um eine klare Positionierung und eine gesetz-


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liche Umsetzung vornehmen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

10.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der vom Herrn Abgeordneten Hofmann vorgelesene An­trag der Abgeordneten Hofmann, Mitterlehner ist hinreichend unterstützt und steht da­her mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. Wunschgemäße Redezeit: 5 Minu­ten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


10.39

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herren Minister! Hohes Haus! Herr Dr. Mitterlehner hat unserem Kollegen Moser vorgeworfen, er wäre 30 Jahre zu­rück. Das finde ich schon sehr interessant, wenn ich dann lese, dass Herr Sektions­obmann Lemler, der Dr. Mitterlehner ein Begriff sein sollte, im Februar noch gemeint hat, eine Veränderung bei den Ladenöffnungszeiten erachte er als nicht notwendig. Und wenn Herr Lemler das gesagt hat, dann weiß er wahrscheinlich auch, wovon er spricht, denn er weiß ganz genau, dass diese Regelung, die Sie jetzt beschließen, zu Lasten der Klein- und Mittelbetriebe geht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.)

Da gibt es ganz interessante APA-Meldungen, Herr Dr. Mitterlehner! Da gibt es eine APA-Meldung vom Februar dieses Jahres: BauMax-Chef Martin Essl hat am Mittwoch die Forderung nach einer Ausweitung der wöchentlichen maximalen Öffnungszeit von derzeit 66 auf 72 Stunden bekräftigt. Essl erinnerte an die Öffnungszeit seiner Bau­märkte während der Woche: 7.36 Uhr, die für Kunden schlicht nicht nachvollziehbar sei. Dies sei aber direkte Folge der derzeitigen Regelungen. Auch dass wir in den für Kunden attraktiven Zeiten – gemeint ist damit der Samstag – nur mit halber Mann­schaft für die Kunden da sein können, ist eine absurde Situation, meinte der bauMax-Chef.

Am Sonntag sollte in Österreich weiter geschlossen bleiben. Diese Haltung will Essl aber nicht auf die Slowakei, Ungarn und Tschechien bezogen wissen, wo heute auch am Sonntag aufgesperrt werden darf.

Meine Damen und Herren! Sie widersprechen sich. Wenn Sie andauernd vom Kauf­kraftabfluss auf Grund anderer Öffnungszeiten sprechen, dann frage ich Sie: Wieso sollte man dann am Sonntag geschlossen halten? – Jetzt bin gerade ich jemand, der sagt, am Sonntag muss das Familienleben erhalten bleiben. Das sollte übrigens auch am Samstag für die Familien der Handelsangestellten gelten. Aber Sie argumentieren diesbezüglich in eine Richtung, die sich absolut widerspricht. (Zwischenruf der Abg. Steibl.) Das heißt, Sie setzen jetzt mit dem Samstag den ersten Schritt, und wir können schon absehen, ab wann der Sonntag von Ihnen angegriffen wird, meine Damen und Herren!

Jetzt weiß ich nicht, ob Sie, Herr Minister Bartenstein, auch bei der Firma bauMax Ministerprozente haben wollen, aber Vorleistungen haben Sie mit dieser Regierungs­vorlage offensichtlich erbracht. (Abg. Dr. Trinkl: Frau Silhavy! Eine so schlichte Argu­mentation!) – Ja, ich kann nichts dafür! Ich habe die Prozente nicht eingefordert. Das war der Herr Minister. Er hat bei Humanic Druck auf eine Verkäuferin gemacht, die sogar nach Graz anrufen hat müssen. Das ist ein Skandal. Dafür sollten Sie sich schämen und nicht dazwischenrufen, weil ich das hier aufzeige. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Waren Sie dabei?)

Herr Essl kann jetzt in Zukunft ab 5 Uhr aufsperren, was für die Kunden viel logischer sein wird. (Abg. Grillitsch: Beschämend!) Und er kann bei Aufkündigung des Kollektiv-


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vertrages auch jeden Samstag mit voller Mannschaft und, so nehme ich an, auch Frauenschaft zum Wohle seiner Kunden und Kundinnen aufsperren.

Herr Abgeordneter Hofmann, es ist eine glatte Unwahrheit, wenn Sie sagen, es gehe um keine Arbeitszeitveränderung für die Verkäuferinnen. Natürlich geht es darum! Sie ändern das Arbeitsruhegesetz, und zwar nicht nur für Verkäuferinnen, sondern auch für Betriebe, die handelsähnlichen Charakter haben. Das steht in der Regierungsvorlage. Ich nehme an, Sie haben gelesen, was Sie hier beschließen wollen.

Folgendes finde ich auch sehr interessant: Es geht darum, sozusagen Herrn Essl zu­vor- und entgegenzukommen, damit er in Zukunft jeden Samstag mit der vollen Mann­schaft, wie er es nennt, fahren kann. Dieser Herr Essl hat sich im bauMax Folgendes zuschulden kommen lassen, und da höre ich überhaupt nichts von Ihnen. In einer APA-Meldung vom 1. Juni steht zu lesen:

Nachdem sich die arbeitsrechtlichen Probleme in den drei Riesenmärkten vergrößert hatten, haben sich die Mitarbeiter entschlossen, erstmals Betriebsratswahlen durchzu­führen. Die Unternehmungsleitung habe daraufhin versucht, die Mitarbeiter in Einzelge­sprächen massiv unter Druck zu setzen und die Initiatoren ausfindig zu machen mit Ausdrücken wie „wenn ich herausfinde, wer das ist, der fliegt“. Gestern seien in den drei Märkten plötzlich ein Anwalt und ein Notar aufgetaucht und hätten anonyme Ab­stimmungen „Für oder gegen Betriebsrat“ durchgeführt. (Abg. Dr. Mitterlehner: Was hat das mit den Ladenöffnungszeiten zu tun?)

Meine Damen und Herren! Das hat nichts mit den Ladenöffnungszeiten zu tun, das hat mit den Rechten der Handelsangestellten zu tun! Da wird ein demokratisches Recht massiv beeinträchtigt, und vom zuständigen Minister hört man kein Wort! (Abg. Dr. Trinkl: Warum? Das hat niemand getan!) Absolut nichts hört man von Ihnen dazu, dass die demokratischen Rechte von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in österreichi­schen Betrieben gesichert werden müssen. Das ist ein Skandal, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Da es uns um die Rechte der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen geht, die letzten Endes dazu beitragen, dass wir überhaupt diese Wertschöpfung erzielen können, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Fritz Verzetnitsch und KollegInnen betreffend arbeitsrechtliche und sonstige flankierende Maßnahmen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis Herbst 2003 einen Geset­zesvorschlag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Beschäftigten im Handel und handelsähnlichen Dienstleistungsbetrieben zuzuleiten, welcher unter anderem fol­gende Aspekte zu beinhalten hat:

Schutzvorschriften zur Sicherstellung, dass ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin eine Arbeit wochentags nach 18 Uhr und samstags nach 13 Uhr ablehnen kann, wenn berücksichtigungswürdige Gründe (zum Beispiel Betreuung von Kindern, keine öffent­lichen Verkehrsmittel und so weiter) entgegenstehen


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Maßnahmen, die einen individuellen Arbeitszeitschutz vor einseitigen flexiblen Arbeits­zeitformen sicherstellen

wirksame Maßnahmen gegen Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz

Sicherstellung eines Mindestmaßes an freien Wochenenden

Mindestbeschäftigung von Teilzeitarbeitskräften

Förderung von arbeitszeit-adäquaten Kinderbetreuungseinrichtungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht

Verbesserung der Qualität der betrieblichen Mitbestimmung

Maßnahmen zur Verbesserung der persönlichen Sicherheit der Beschäftigten und KundInnen

Maßnahmen gegen erhöhte Lärmbelästigung.“

*****

Meine Damen und Herren! Wenn es Ihnen wirklich darum geht, mittels Liberalisierung Mehrwert und Kaufkraftzufluss zu bekommen und zugleich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Handel und in handelsähnlichen Bereichen zu schützen, dann stim­men Sie unserem Entschließungsantrag zu! (Beifall bei der SPÖ.)

10.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Silhavy eingebrachte Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Verzetnitsch und KollegInnen betreffend arbeitsrechtliche und sonstige flankierende Maßnahmen wurde vollinhaltlich vorgetragen, ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl, der ich die Uhr wunschgemäß auf knappe 4 Minuten einstelle. – Bitte.

 


10.45

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte im Gegensatz zu meiner Vorrednerin jetzt auf den tatsächlichen Inhalt dieses Tagesordnungspunktes eingehen, nämlich auf das Thema Ladenöffnungszeiten. Dieses Thema zieht sich ja ... (Abg. Silhavy: Sie ver­ändern das Arbeitsruhegesetz auch mit dieser Vorlage!) – Ich möchte nur wissen, was der Lärmschutz in diesem Entschließungsantrag zu tun hat. Das muss uns erst einmal jemand im Zuge dieser Diskussion erklären. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Schauen Sie sich das Budgetbegleitgesetz an!)

Werte Kollegin Silhavy, ich möchte Ihnen einmal Geschichtsunterricht geben, damit Sie wissen, dass das keine Eintageserfindung von uns ist. Wir haben im Jahre 1910 be­gonnen, damals gab es erstmals eine gesetzliche Regelung der Ladenöffnungszeiten von 5 Uhr bis 20 Uhr. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) 1958 wurde das jetzige Laden­schlussgesetz eingeführt (Abg. Silhavy: Das war aber schlechter als 1910!), 1991 wurde es novelliert, 1997 wurde es wieder novelliert. Was ist bitte dabei herausgekom­men? – Nichts anderes als eine polemische Diskussion seitens der Opposition.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Ein Blick über die Grenzen zeigt uns, dass die Öffnungszeiten in Österreich im Vergleich mit anderen Ländern äußerst restriktiv sind. Zum Beispiel gibt es in Frankreich, Schweden, Irland, Tschechien und Ungarn über­haupt keine Einschränkungen. Das heißt, da nicht von Kaufkraftabfluss zu sprechen, wäre unrichtig. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.) In Großbritannien, in Däne­mark, in Portugal gibt es nur hinsichtlich des Sonntags Beschränkungen, und in Italien,


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in Liechtenstein, in Finnland, in den Niederlanden und in Slowenien (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer), um nur einige zu nennen, sind die Ladenöffnungszeiten viel liberaler. – Nur keine Aufregung, ich weiß, wovon ich spreche.

Handelsangestellte sollten in ihrem Bereich geschützt werden. Aber wer spricht von den Krankenschwestern, wer spricht von den Gendarmeriebeamten, wer spricht vom Schnitzel, das Sie alle gerne am Sonntag essen wollen? (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Das möchte ich bitte einmal ganz klar wissen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Silhavy: Das ist Zynismus!) – Nein, das ist nicht Zynismus. Es gibt nicht nur Mütter, die Handelsangestellte sind, es gibt auch Mütter, die in einem anderen Beruf tätig sind.

Wir Politiker haben die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass alle, Mütter und Väter, die Möglichkeit haben, Beruf und Familie zu vereinbaren. Und das heißt auch, einmal zu einer anderen Zeit einkaufen zu gehen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm: Haben Sie einmal die Frauen vertreten wollen?)

Diese Liberalisierung hat nicht nur dem Handel Beachtung geschenkt, sondern es geht auch in den Bankenbereich hinein. Ich gebe zu, dass es mir lieber ist, ich kann einmal während meiner Freizeit zu einer Bank gehen, als wenn die Bank nur Vormittag von 8 bis 12 Uhr geöffnet hat, wie das so oft der Fall ist. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Ich möchte bitte noch einmal ganz klar festhalten und hervorheben, dass die Sonntags­ruhe nicht angegriffen wird, dass wir das sogar im Regierungsprogramm festgehalten haben. (Abg. Silhavy: Ihr habt vieles im Regierungsprogramm festgehalten ...!) Wir haben auch im Regierungsprogramm betreffend die Vereinbarkeit von Beruf und Familie die Möglichkeit der Teilzeit bis zum 7. Lebensjahr des Kindes vorgesehen, die von unserem Herrn Bundesminister im Herbst umgesetzt werden wird.

Ich denke, dass wir auch Kreativität seitens der Betriebsräte und natürlich auch seitens der Unternehmer brauchen. Das zeigen bei uns auch familienfreundliche Betriebe. Zum Beispiel heißt Teilzeit nicht, von 8 bis 12 Uhr jeden Tag zu arbeiten, sondern Teil­zeit kann auch heißen, zwei Tage durchzuarbeiten und drei Tage frei zu haben. Teilzeit wird von vielen gewünscht. Und wenn Sie sagen, dass geringfügige Beschäftigung nur eine Notmaßnahme für viele Frauen ist, weil sie keinen anderen Job bekommen, dann muss ich Ihnen sagen, das stimmt nicht, weil viele Alleinverdiener auch ihren Alleinver­dienerabsetzbetrag nicht verlieren wollen. (Abg. Mag. Wurm: Eine hohe Pension bei 40 Jahren Durchrechnungszeitraum! In die Armutsfalle bringen Sie die Frauen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, dass diese Novellierung nicht in Richtung Armutsfalle geht, sondern die Möglichkeit bietet, auf verschiedenen Ebenen und in ver­schiedenen Positionen Teilzeit zu arbeiten oder voll zu arbeiten, dass es eine Flexibili­sierung gibt, die es allen ermöglicht, das zu tun, was sie selbst wollen. Unsere Men­schen vor Ort wissen, was sie wollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.50

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler, dem ich die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten einstelle. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


10.50

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ziehen wir, Frau Kollegin Steibl, die Ausschussfeststellung zu Rate, die Sie mit Mehrheit beschlossen haben. Darin heißt es, dass der Wirtschafts­ausschuss davon ausgeht, dass korrespondierende arbeitsrechtliche Konsequenzen und sonstige flankierende Maßnahmen für MitarbeiterInnen und so weiter zwischen


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den Sozialpartnern verhandelt werden. Davon gehen Sie aus. Das heißt, so sicher, wie Sie das jetzt dem Hohen Haus weismachen wollten, sind Sie sich Ihrer Sache nicht, denn sonst müssten Sie nicht solche Ausschussfeststellungen beschließen, die im Übrigen auch aus anderen Gründen in der Form problematisch sind. Dafür ist jetzt aber nicht der richtige Zeitpunkt.

Ich sage Ihnen nur, das Problem ist, dass nicht alle Ziele gleichzeitig ohne Schaden bei einem anderen erreicht werden können. Das ist genau das Wesen dessen, warum es überhaupt politische Regelungen braucht. Ihre Fraktion und namentlich der Herr Bun­desminister wollen Deregulierung als einen Wert per se erkennen, aber darauf werden wir noch zu sprechen kommen. (Abg. Dr. Lopatka spricht mit Abg. Steibl.) – Herr Kollege Lopatka, wir verstehen uns wenigstens hin und wieder gut, müssen Sie jetzt Frau Steibl vom Zuhören abhalten?

Frau Kollegin Steibl, wenn wir diese Zielkonflikte haben, dann ist es nicht damit getan, dass der Ausschuss irgendwelche Feststellungen macht, da schaue ich mir lieber das Gesetzeswerk im Gesamten an. Das Irritierende dabei ist, dass mit dem gleichen Ge­setzeswerk, mit dem mehrere Gesetze geändert werden, auch andere Bestimmungen tangiert werden, bei denen im wahrsten Sinn des Wortes ein Schritt zurück gemacht wird, wie etwa bei dem Wegfall der Schwarz-Weiß-Regelung. Und das ist im Gesamt­zusammenhang das Problem.

Es wird hier nachgegeben, und es wird da und dort etwas weggenommen. Ich bezie­hungsweise meine Fraktion wären durchaus bereit gewesen, darüber nachzudenken und zu verhandeln, wie das denn im Zuge einer Zielerreichung ausschauen könnte. Dass der KonsumentInnennutzen potenziell steigt, ist unbestritten, aber er steigt halt nur potenziell. Da müsste man schon wieder Umfragen zu Rate ziehen, bei denen man dann draufkommt, dass der Bedarf nicht so groß ist. Aber es wäre zumindest ein zusätzlicher Nutzen zu vermuten.

Was geschieht? – Es ist nicht so, dass arbeitsrechtliche Verbesserungen gerade für die weiblichen Handelsangestellten ausgehandelt werden konnten. Dem ist nicht so, und das ist das Problem. Das habe ich Ihnen, Herr Bundesminister, schon anlässlich eines Symposiums vor knapp zwei Jahren, als Sie in Ihr Haus eingeladen haben, gesagt: Wenn die Regierung glaubwürdig vorgehen will und behauptet, dass da zusätzlicher volkswirtschaftlicher Nutzen entsteht, dass möglicherweise das Wachstum angekurbelt wird und das Einkommen der Bevölkerung insgesamt steigt, dann müsste man schauen, wie dieser Nutzen entsprechend verteilt wird. Sie haben sich nicht dazu bereit erklärt, dahin gehend zu wirken, dass man diesen vermeintlichen oder tatsäch­lichen Nutzen auf alle besser aufteilt.

Nein, es wird liberalisiert, die arbeitsrechtlichen Bestimmungen werden verschlechtert, und das ist einfach keine gescheite Vorgangsweise. Und dann bejammern Sie noch, dass die Gewerkschaft angeblich so inflexibel sei. Ich möchte es innerhalb der Sozialpartnerverhandlungen nicht näher beurteilen, aber wenn Sie uns jetzt in Ihrer Ausschussfeststellung auf die Sozialpartner verweisen und gesetzliche Bestimmungen uno actu verschlechtern, dann, muss ich sagen, ist diese Ausschussfeststellung nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt kann ich es mir doch nicht verkneifen: Irgendwann einmal werden wir erleben, dass Ausschussfeststellungen ungefähr so lauten: Die Regierung soll machen, dass es nicht mehr so viel regnet, weil die Leute nicht nass werden wollen. (Abg. Silhavy: Das ist ein guter Vergleich!) Von dieser Ausschussfeststellung werden wir meiner Meinung nach nicht viel haben, aber so sind Sie hier vorgegangen. Und Sie werden sich mit Ihren mehr oder weniger euphorischen Reden nicht darüber hinwegschwindeln können.


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Aber in der Sache selbst sind von diesen insgesamt und gleichzeitig stattfindenden Deregulierungsprozessen noch andere Bereiche betroffen, also nicht nur die Frage des Arbeitsrechts und der Möglichkeiten von Angestellten im Handel. Es geht auch um die Nahversorgung an sich. Es geht beispielsweise um die Zunahme von Verkehrsproble­men gerade in Ballungsgebieten. Ich gebe Ihnen schon Recht, Sie werden es auch wieder sagen: All das ist nicht mit der Ladenöffnung und der diesbezüglichen Regelung zu regeln. Ja, völlig richtig, aber wenn rundherum alles in die falsche Richtung galop­piert, dann ist die eine oder andere Barriere immer noch hilfreich, damit nicht noch Schlimmeres passiert.

Das ist ein defensiver Zugang, ich gebe das zu, aber wenn man sich die Politik insge­samt anschaut, dann muss man leider diagnostizieren, dass immer wieder Bündel von Maßnahmen gesetzt werden – mehr oder weniger absichtlich oder auch zufällig –, die unserer Meinung nach nicht in diese Richtung zielen.

Wo ist das Problem beim Verkehrsaufkommen? – Es kann niemandem entgangen sein, dass wir einen Wildwuchs von Einkaufszentren, so würde ich fast sagen, an den Rändern von Ballungsgebieten haben. Dieses Problem ist jetzt nicht alleine über die Frage von Ladenöffnungszeiten zu regeln, aber mit diesen Bestimmungen werden diese Tendenzen, wenn sonst nichts geschieht, verstärkt. Dazu sagen Sie überhaupt nichts.

Anlässlich der Regierungsverhandlungen hat es noch so sinnvolle Gedanken gegeben, wie dass man etwa über Nahverkehrsabgaben oder ähnliche Dinge regelnd eingreifen könnte. Davon war seit damals nirgends mehr die Rede. Und das ist das Problem. Sie erzeugen an einer Stelle Druck und sind nicht bereit, an anderer Stelle entsprechende gegensteuernde Maßnahmen zu ergreifen. Aber das passt in das Bild.

Deregulierung ist ein Wert per se, haben Sie einmal gesagt, Herr Bundesminister! Das ist ein ideologischer Zugang, der Ihnen unbenommen ist, aber wenn die praktischen Auswirkungen Ihrer Politik jene sind, die wir hier beobachten können, dann, muss ich sagen, halte ich das in der Tat für problematisch.

Auf die Tatsache, wie Sie die Debatte in letzter Zeit oder auch im Ausschuss geführt haben, muss ich Ihnen auch allgemein antworten: Deregulierung ist kein Wert per se. Gerade eine marktwirtschaftliche Ordnung braucht dort Regulative, wo der Wettbewerb allein zu Monopolisierung, Konzentrationstendenzen und sonstigen Problemen führt. Das wissen Sie ganz genau. Aber in der täglichen Auseinandersetzung, wenn es dar­um geht, bestimmte Vokabeln zu besetzen, scheuen Sie nicht davor zurück, in diese Richtung zu gehen.

Ich halte das für sehr problematisch, weil nämlich selbst von einem glühenden Markt­wirtschaftler erwartet werden darf, dass er diese Gesetzmäßigkeiten erkennt. Das tun Sie auch, da bin ich mir völlig sicher, aber dann sollten Sie irgendwo wenigstens an­satzweise eine solche Politik betreiben. Auch eine Marktwirtschaft braucht dort Regula­tive, wo der Markt allein zu Dingen führt, die man gesellschaftlich nicht haben will. Diese Konzentrationstendenzen im Handel mit den Verkehrsproblemen kann man in der Form nicht haben wollen. Sie externalisieren hier ständig die Kosten – da kann ich dann leicht von Marktwirtschaft und Privatwirtschaft reden –, die die Allgemeinheit in immer größerem Maße tragen muss, und zwar gerade mit dieser Art von Konzentra­tionspolitik. Ich gebe Ihnen aber Recht, wenn Sie sagen, dass das möglicherweise überhaupt nur peripher mit Ladenöffnungszeiten zu steuern ist. Aber Sie steuern auch sonst an jeder Ecke in die falsche Richtung, und das ist das Problem, das Sie produ­zieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

 


10.59


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Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Rossmann für 4 Mi­nuten zu Wort. – Frau Abgeordnete, bitte.

 


10.59

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Verehrte Herren Bun­desminister! Hohes Haus! Ich glaube, es ist hier in diesem Raum überhaupt noch nicht darüber nachgedacht worden – vielleicht wollen Sie es auch nicht anerkennen –, dass sich die Gesellschaft und die Arbeitswelt in einem raschen Wandel befinden. Wir müssen auf diesen Wandel reagieren.

Wir haben eine hohe Beschäftigungsquote und neue Arbeitszeitmodelle. Auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit diesen neuen Arbeitszeitmodellen haben einen Anspruch auf ein anderes Einkaufsverhalten. Wir haben auch ein anderes, ein neues Freizeitverhalten. Wir müssen darauf reagieren, und das verlangt auf Grund der Vielfalt individuelle Lösungen.

Und ich sage durchaus: Wir Freiheitlichen haben es uns nicht leicht gemacht, diesen gordischen Knoten der Ladenöffnungszeiten zu lösen, nämlich ganz einfach in der Form, dass wir hier heute nur einen Rahmen beschließen – eine Rahmengesetzge­bung, die dann letztlich in Verantwortung der Länder umgesetzt wird. Die Landeshaupt­leute sind sicher der Garant dafür, so zu reagieren, dass auch den Bedürfnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Handel entsprechend entgegengekommen wird, zum Beispiel was arbeitsrechtliche Möglichkeiten betrifft. Deshalb haben wir diese Ausschussfeststellung festgeschrieben.

Kollege Kogler hat gesagt, das sei nicht viel wert. Selbstverständlich wird es die Auf­gabe der Landeshauptleute sein, auch die Sozialpartner dahin gehend zu bewegen, dass es entsprechende Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Handel geben wird. Ich bin mir sicher, dass das zustande kommen wird. Ich bin mir auch sicher, dass man über Zuschläge am Samstag wird sprechen müssen. Ich bin mir weiters sicher, dass man über Zuschläge nach 18, 19 Uhr wird sprechen müssen. Das ist Sache der Sozialpartner. (Abg. Öllinger: Da steht nichts drinnen!)

Wenn kritisiert wird, dass jetzt die Samstag-Arbeit jeden Samstag möglich wird, dann frage ich umgekehrt: Wie viele Arbeitnehmerinnen – denn es sind vor allem Frauen, junge Frauen – arbeiten ausschließlich am Samstag? Diese haben ausschließlich am Samstag eine Aushilfetätigkeit, und sie haben sich darüber beklagt, dass sie nur jeden zweiten Samstag arbeiten dürfen. Sie wollen jeden Samstag arbeiten, weil sie aus­schließlich am Samstag arbeiten. Wie viele junge Frauen nehmen gerade diese Mög­lichkeit in Anspruch? – Es wird auch Aufgabe der Landeshauptleute sein, darauf zu pochen, dass es zu einer entsprechenden Umsetzung innerhalb dieses Rahmens kommt. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Die Nichtantastbarkeit der Sonntagsruhe war für uns immer ein großes Anliegen; das ist gewährleistet. (Abg. Mag. Wurm: Das ist ein Witz! ...! Das wissen Sie genau!) Ich sage auch, dass man an den Öffnungszeiten sowohl am Heiligen Abend als auch zu Silvester festgehalten hat – auch das war uns ein großes Anliegen –, weil gerade die Frauen am Heiligen Abend und zu Silvester umso mehr im Haushalt gefordert sind. Deshalb haben wir hier keinerlei Veränderungen vorgenommen. (Abg. Mag. Wurm: Na sicher, keine Veränderungen, Verschlechterungen!) – Keinerlei Verschlechterungen! (Abg. Mag. Wurm: Natürlich!)

Da Sie jetzt alles Mögliche kritisieren, kann ich den Damen und Herren Abgeordneten nur sagen: Schauen Sie sich zuerst Ihren Landeshauptmann in Ihrem jeweiligen Bun­desland an, wie er das umsetzen wird! Welche Rahmenbedingungen werden geschaf­fen? Wie werden die Sozialpartner in Ihrem Bundesland verhandeln? – Dann können wir weiterdiskutieren, dann diskutieren wir aber auf Basis von realistischen Gegeben-


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heiten und nicht auf Fiktionen, Herbeireden von Problemen und Angstmache aufbau­end! Das ist es nämlich, was Sie schon wieder betreiben. (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Abg. Mag. Wurm: Sie verschlechtern die Arbeitsbedingungen!)

11.03

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Csörgits. Sie hat das Wort.

 


11.03

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Frau Rossmann, viel Ahnung von den Kolleginnen und Kollegen, die im Handel arbeiten, haben Sie nicht – das kann ich hier wirklich eiskalt auf den Punkt bringen –, denn sonst könnten Sie solch einen De­battenbeitrag gar nicht abgeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn die Gesetzesvorlage so beschlossen wird, wie sie vorliegt, bedeutet das, dass sich die Lebensumstände von mehr als 300 000 Österreicherinnen und Österreichern, die im Handel beschäftigt sind, und von deren Familien gravierend ändern werden. Darüber hinaus wird sich auch die Lebenssituation von mehr als 300 000 Beschäftigten in handelsähnlichen Dienstleistungsbereichen gravierend ändern. Dazu gehören die Beschäftigten in den Banken, bei den Friseuren und so weiter.

Frau Steibl! – Sie ist jetzt zwar nicht im Saal, ich darf ihr aber trotzdem in aller Deutlich­keit Folgendes sagen: Das hat nichts mit Polemik zu tun, sondern das ist einzig und allein die Sorge um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesen Bereichen. Diesen sind wir verantwortlich, und dort wird es extreme Schwierigkeiten geben.

Lassen Sie mich auch ein paar Bemerkungen im Zusammenhang mit Teilzeitarbeit machen! Kollege Mitterlehner hat gesagt, dass Teilzeitarbeit etwas Wünschenswertes sei. Das stimmt teilweise schon, nur muss man schon zur Kenntnis nehmen, dass im Handel oft überhaupt keine Vollzeitarbeitsplätze mehr angeboten werden. Und damit beginnt das große Problem: Wenn Frauen nämlich keine Möglichkeit mehr haben, eine Vollzeitbeschäftigung in diesen Bereichen anzunehmen und Teilzeit arbeiten müssen, dann – und das wissen Sie ganz genau – ziehen sich die Schwierigkeiten bei der Teil­zeitbeschäftigung bis hin zur Pension. Das muss man auch einmal ganz beinhart sagen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mandak.)

Mehr als 43 Prozent der Frauen arbeiten bereits heute regelmäßig am Samstag, und jetzt verschlechtern Sie die Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch weiter. – Das zu den Fakten.

Dass wir hier nicht einsam unterwegs sind, sondern dass auch andere erkannt haben, dass sich die Situation der Handelsangestellten durch diesen Gesetzesvorschlag extrem verändern wird, dazu darf ich Ihnen Folgendes berichten: Anlässlich der Haupt­versammlung der Bundesarbeitskammer am 18. Juni dieses Jahres hat der ÖAAB einen Antrag eingebracht, der mit der Überschrift „Keine weitere Liberalisierung der Öffnungszeiten“ übertitelt gewesen ist.

Und da haben die Vertreter des ÖAAB messerscharf und hervorragend erkannt, dass eine Verlängerung der Öffnungszeiten auf Grund der bisherigen Erfahrungen, die wir gemacht haben, nicht zu Umsatzsteigerungen führen wird, sondern es nur zu einer Verlagerung kommen wird. Zusätzlich werden auch die Strukturen der Klein- und Kleinstunternehmungen geschädigt – zum Vorteil der großen Handelsketten.

Darüber hinaus wird in diesem Antrag des ÖAAB auch festgehalten, dass steigende Kosten damit verbunden sind und auf Grund der Wettbewerbsbedingungen Preisreduk­tionen im Einzelhandel notwendig sind und diese Preisreduktionen wieder auf Kosten


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der Arbeits- und Lohnbedingungen gehen. Das heißt, es kommt auch hier zu Ver­schlechterungen.

Der ÖAAB kommt weiters zum Schluss, dass auf Grund der Senkung der Attraktivität dieses Berufes auch zunehmend die Qualität in diesem Bereich, in dieser Branche lei­den wird und daher einer weiteren Liberalisierung der Öffnungszeiten entgegengewirkt werden soll.

Das war ein Antrag des ÖAAB, der einstimmig, also auch mit den Stimmen der Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer der Freiheitlichen Partei, beschlossen worden ist. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Verzetnitsch und Silhavy.) Ich bin schon sehr gespannt darauf, wie zum Beispiel Herr Kollege Tancsits abstimmen wird, der meines Wissens nicht gerade eine unbedeutende Funktion im ÖAAB hat, oder aber auch wie Kollegin Marek abstimmen wird, die auch Mitglied der Vollversammlung der Arbeiterkammer ist. Aber da haben wir in letzter Zeit schon entsprechend negative Erfahrungen gemacht.

Da ich ein Mensch bin, der immer optimistisch ist, meine ich, vielleicht denkt der eine oder andere Arbeitnehmervertreter der schwarzen und der blauen Fraktion noch ein­mal nach. Hoffnung besteht immer! Ich lade Sie ein, gegen diesen Gesetzentwurf zu stimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mandak.)

11.08

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Minister.

 


11.08

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Herr Kollege Gorbach! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich verstünde die Argumente der Opposition (Abg. Mag. Wurm: Aber?), hörte die Welt an den Grenzen Österreichs auf. Was ich in Ihrer Argumentation jedoch gänzlich ver­misse, ist Ihre Ignoranz für das, was sich rund um uns ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, ich würde vorschlagen, dass man von der Regie­rungsbank aus den Abgeordneten des Hohen Hauses nicht „Ignoranz“ vorwirft. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Reheis: „Ignoranz“ ist eine Frechheit!)

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein (fortsetzend): Herr Präsident! Ich nehme das selbstverständlich gerne zurück und sage dafür die deutsche Übersetzung: das Nicht-zur-Kenntnis-Nehmen dessen, was jenseits unserer Grenzen geschieht. Das ist nach meinen Lateinkenntnissen die wortwörtliche Überset­zung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Aber es lag mir fern, hier irgend­einen emotionalisierenden Ausdruck verwenden zu wollen, Herr Präsident, Sie kennen mich.

Aber trotzdem: Schauen wir über die Grenzen! Schweden ist von Frau Abgeordneter Steibl nicht deswegen zitiert worden, weil es so nahe ist, sondern weil Schweden letzt­lich als sehr sozial und auch als sozialdemokratisch geführtes Land gilt. Es hat keine Ladenöffnungszeiten. (Abg. Mag. Wurm: Schauen Sie die Kinderbetreuungseinrichtun­gen in Schweden an!) Tschechien, Ungarn, unsere direkten Nachbarn – nehmen Sie das zur Kenntnis, Frau Kollegin! –, haben keine Ladenöffnungszeiten, es gibt dort keine Regelungen.

Da ich kritisiert wurde, Deutschland als eine der Wachstumsbremsen, die es in Öster­reich gibt, bezeichnet zu haben: Herr Schröder, Ihr Parteifreund, hat in Deutschland die Liberalisierung um zwei Stunden, nämlich am Samstag von 18 auf 20 Uhr, letztlich als ein Wegräumen einer dieser großen Wachstumsbremsen bezeichnet. Wir räumen in Österreich mit dieser Regelung, bis 21 Uhr einkaufen zu können, in Wirklichkeit sogar


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die Möglichkeit ein, jedenfalls 15 Stunden länger variieren zu können, wenn ich jetzt die Öffnung ab 5 Uhr in der Früh noch dazunehme.

Ich ginge auch letztlich auf Ihre Argumente verständnisvoller ein, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, wenn es in Österreich zurzeit etwas gäbe, wo der Mittelstand besonders stark wäre, die Konzentration anders als in anderen Ländern im Handel geringer wäre und Teilzeit eine im Handel geringe Rolle spielen würde, weil das Gros der Menschen, das Gros der Frauen dort Vollzeitbeschäftigung hätte.

Wenn restriktive Ladenöffnungszeiten damit etwas zu tun hätten, dann müsste ja nach meiner Logik – es ist nicht Ihre Logik – diese rote Laterne, die Österreich eindeutig in Sachen Ladenöffnung hat, all das zur Folge haben. Aber Sie wissen, dass das Gegen­teil der Fall ist: Es gibt viel Teilzeitarbeit. Auch die jüngsten mir zur Verfügung stehen­den Statistiken im Handel weisen 141 000 Teilzeitarbeitsplätze gegenüber 72 000 Voll­zeitarbeitsplätzen aus – wobei im Übrigen die Entwicklung der letzten sieben Jahre jene war, dass die Zahl der Vollzeitbeschäftigten um 20 000 gesunken ist, die Zahl der Teilzeitbeschäftigten um fast 50 000 in die Höhe gegangen ist.

Es gibt in Österreich im Bereich des Lebensmittelhandels, aber auch des Möbelhan­dels und so weiter eine europaweit einzigartige Konzentration. Die Korrelation, die Sie in den Raum stellen, nämlich dass restriktive Ladenöffnungszeiten dem Mittelstand hel­fen und die Konzentration verhindern, kann so nicht stimmen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Abgesehen davon spielt sich diese Diskussion in Wirklichkeit auch vor dem Hinter­grund real rückläufiger Umsätze im Handel ab. (Abg. Öllinger: Aber warum? – Wegen der Rabatte! – Abg. Sburny: Weil die Leute kein Geld haben, und Sie nehmen Ihnen noch mehr weg!) Das hat jedenfalls auf Seiten der Arbeitgeber in Deutschland und auch hier in Österreich zu einem Umdenken geführt, denn genau das verstehen wir, Herr Öllinger, letztlich unter einer Supply-Side-Economy: Wir bieten an, dass die Unter­nehmer Österreichs bis 21 Uhr offen halten dürfen. Wir bieten den Konsumenten an, dass sie bis 21 Uhr einkaufen können. Sie müssen es aber nicht tun. (Abg. Sburny: Sie können es auch nicht, weil sie keine Kaufkraft mehr haben!)

So gesehen gehen auch Ihre Argumente, sehr geehrte Frau Abgeordnete Csörgits, ins Leere, dass sich für Hunderttausende Menschen jetzt die Lebensumstände ändern würden. Sie gehen offensichtlich davon aus, dass der Handel und die handelsnahen Dienstleistungen zu 100 Prozent bis 21 Uhr und auch am Samstag offen halten wer­den. Dabei wissen Sie so gut wie ich, dass der Rahmen von 66 Stunden pro Woche, der ausgesprochen mittelstandsfreundlich ist und den ich bewusst in die Regierungs­vorlage eingebaut habe, zwar eine Flexibilität erlaubt, aber keinesfalls ein Offenhalten von 5 bis 21 Uhr montags bis freitags und von 5 bis 18 Uhr samstags. Das geht gar nicht, und das wollen wir auch nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Am Sonntag bleibt alles beim Alten. Das war für uns von Anfang an ganz klar, obwohl es auch Stimmen gab, die da anderes wollten. Es ist wichtig zu sagen, Kaufkraftabfluss muss nicht unbedingt etwas sein, was sich bereits heute abspielt – abgesehen davon, dass ich solche Elemente schon sehe. Vergessen wir doch nicht den 1. Mai des nächs­ten Jahres, ab dem nicht nur die Grenzen offen sind, sondern auch viele Österreicher fast uneingeschränkt jenseits der Grenze de facto ohne Zollbelastung und ohne sons­tige Restriktionen Waren einkaufen können.

Wenn es einmal so weit ist, dass Kaufkraft abfließt, dann ist es sehr schwierig, diese Kaufkraft zurückzuholen und wieder nach Österreich zu bringen. Da baue ich doch lieber vor, da bin ich doch nicht das letzte aller Länder, das liberalisiert, sondern da


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mache ich das, was wir jetzt behutsam und maßvoll machen: Ich ermögliche ein Ein­kaufen bis 21 Uhr.

Apropos Landeshauptleute: Natürlich wird es auf die Landeshauptleute ankommen. Der niederösterreichische Landeshauptmann Pröll und sein Landesrat Gabmann haben bereits gesagt, dass sie es bei diesem Bundesrahmen belassen wollen. Aus Vorarlberg höre ich, dass man sich dort auch mit Zustimmung der Sozialpartner nach Schweizer Beispiel auf einen langen Einkaufstag bis 21 Uhr pro Woche geeinigt habe. Ich gehe davon aus, dass das ein Bundesland nach dem anderen so halten wird – ganz abgesehen davon, dass man, wenn man will, die längeren Ladenöffnungszeiten sogar auf Straßenzüge oder auf Stadtviertel beschränken könnte. Man muss das nicht bundesweit einheitlich gestalten, landesweit zu differenzieren ist durchaus möglich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Warum ausgerechnet Spitzengewerkschaf­terinnen wie Sie, Frau Csörgits, Frau Silhavy, den Kollektivvertrag so gering schätzen, dass Sie typische Regelungen, die in einem Kollektivvertrag verankert sein sollten, ins Gesetz hineinreklamieren, obwohl sie bereits heute im Kollektivvertrag der Handelsan­gestellten enthalten sind, nämlich die Schwarzweißregelungen, das müssen Sie Ihren Mitgliedern erst einmal erklären. Wenn Sie ohnedies alles im Gesetz haben wollen, wo­zu braucht man dann eigentlich noch Kollektivverträge? – Das ist eine Regelung, die wenn schon, dann in einen Kollektivvertrag gehört, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Sozialpartner sind vom Parlament, vom zuständigen Ausschuss herzlich dazu ein­geladen, die neuen Verhältnisse zu besprechen. In vielen Kollektivverträgen ist ja gar keine Öffnungszeit bis 21 Uhr vorgesehen. Das muss man jetzt berücksichtigen, das soll man auch tun.

Ich freue mich auch darüber, dass wir manche Absurdität des alten Gesetzes in Sachen Tankstellen, was dort verkauft werden darf – das ja und das nicht, es kontrol­liert ohnedies niemand –, beseitigt haben, dass wir auch betreffend Verkauf von Waren in Bahnhöfen Klarheit geschaffen haben, dass das Wegsperren von Artikeln dort ein Ende haben wird – siehe 80 m2 Verkaufsfläche. Die Landeshauptleute können die Regelung ausweiten, wenn sie das für sinnvoll halten.

So gesehen ist das eine Liberalisierung, wie wir sie in Österreich gerne sehen: Sie ist maßvoll. Sie kommt aus meiner Sicht ein wenig später, als es sinnvoll gewesen wäre – aber sie kommt. Das ist eine Liberalisierung, die auf die Bedürfnisse der Menschen Rücksicht nimmt und die österreichische Gewohnheiten und letztlich auch Emotionen berücksichtigt – am Sonntag bleibt alles beim Alten, der Sonntag ist für uns tabu“ –, eine Liberalisierung, die aber gleichzeitig unsere Wirtschaft und unseren Handel von einer Wachstumsbremse befreit, die wir in diesen Monaten und Jahren ganz sicherlich nicht brauchen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.16

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweisgut. Die Uhr ist wunschgemäß auf 4 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.16

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie! Lassen Sie mich ganz kurz noch einmal auf einige Argumente meiner Vorredner eingehen! Der Herr Minister hat bereits sehr vieles angesprochen, aber wenn Frau Abgeordnete Csörgits sagt, dass sich die Sozialdemokraten Sorge um die Arbeitnehmer machen, dann, glaube ich, sollten sie auch die Sorge um die Arbeitsplätze als Argument sehen. Gerade der drohende Kaufkraftabfluss ist sicherlich mit eine der ausschlaggebenden


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Bedingungen dafür, warum wir diese Gesetzesvorlage hier jetzt diskutieren, warum wir nicht nur eine Änderung der Öffnungszeiten, sondern auch vernünftigerweise eine Zu­sammenführung von drei verschiedenen Gesetzen in eine Gesetzesvorlage vorneh­men und warum es eigentlich auch ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Auch wenn ich glaube, dass es in vielen Bereichen ja schon vorher möglich war, Schritte zu setzen und die Ladenöffnungszeiten so flexibel zu gestalten, dass sie im Sinne der Kunden sind, so ist aber doch dieses Gesetz die eigentliche Voraussetzung. Dass wir hier eine sehr wichtige Materie diskutieren, sieht man auch daran, dass die „Presse“ heute zum Beispiel die Seiten 2 und 3 diesem Gesetz widmet, wo doch sehr viele andere Gesetze auch zur Beschlussfassung anstehen. Daran sieht man, dass auch der Kunde, der Konsument derjenige ist, der sich mit diesem Gesetz beschäftigt.

Wenn man aber sieht, dass in den Schlagzeilen das Gesetz eher nach wie vor als nicht ausreichend, nicht weit genug gehend angesehen wird – eben wegen des Konkurrenz­kampfes der nächsten Jahre –, dann sieht man auch, dass wir gerade als Tourismus­land – auf dieses Thema komme ich jetzt als Tourismussprecher zu sprechen – immer noch einen sehr hohen Nachholbedarf haben. Das gilt insbesondere für Wien, wo die Problematik sehr stark darin liegt, dass man die Kunden eigentlich vor versperrten Ladentüren stehen lässt. So sieht das auch die „Presse“ heute in ihrer Schlagzeile: „Touristen stehen vor geschlossener Ladentür“.

Ich glaube, wenn wir den Städtetourismus und Wien als Tourismuszentrum erhalten wollen, dann muss man auch auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen. (Abg. Öllin­ger: Die Läden am Sonntag öffnen?!) Natürlich ist in erster Linie Kultur ein Reisegrund, aber Kultur allein wird sicher insbesondere an den Wochenenden in Tourismuszentren nicht ausreichend sein. Da gehört auch das Shoppingerlebnis für die Kunden dazu.

Der Kunde ist unser Gast. Wenn man sieht, dass die Gäste im Schnitt circa 70 € pro Tag im Handel ausgeben, dann wird klar, welches Potential eigentlich noch zur Verfü­gung stehen würde. Wenn man die Statistiken hier noch einmal strapazieren möchte, so zeigt sich, wo ein touristischer Kunde, der natürlich auch für den Handel sehr wich­tig ist, einkaufen geht: Er geht in Wien zu fast 70 Prozent im Zentrum der Stadt ein­kaufen, er geht zu 25 Prozent in der Mariahilfer Straße und zu unter 10 Prozent in Shoppingcentern einkaufen.

Die Chance, die Ladenöffnungszeiten auch auf touristische Belange abzustimmen, ist in diesem Gesetz nach wie vor möglich. Die Landeshauptleute hätten die Chance da­zu. In Tirol funktioniert das wunderbar. Wir hatten als ein negatives Beispiel sehr lange den 8. Dezember, an dem ein enormer Kaufkraftabfluss in die umliegenden Länder stattgefunden hat. Heute ist der 8. Dezember zu einem sehr wichtigen Tag für den Um­satz der Handelsunternehmen geworden.

Ähnliches sollte man auch in Wien andenken. Das heißt nicht, dass alle Handelsunter­nehmen Wiens offen halten müssen, aber gerade in der Innenstadt und der Mariahilfer Straße bestünde sicher eine dringende Notwendigkeit, um auch die Arbeitsplätze zu sichern und um dort in Zukunft vermehrt Arbeitsplätze zu schaffen. Man sollte sich in Wien die Ladenöffnungszeiten auch von Seiten des Landeshauptmanns beziehungs­weise des Bürgermeisters überlegen.

Es gibt in Österreich Vorbilder, die funktionieren. Ich glaube, dieses Gesetz ist insofern gut, als wir zwar nach wie vor bei den Ladenöffnungszeiten nicht Spitzenreiter sind, sondern eigentlich die engsten Offenhaltezeiten in Europa haben, aber es in die rich­tige Richtung geht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 


11.20


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27. Sitzung / Seite 60

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.21

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Rede des Abgeordneten Schweisgut ist eigentlich beachtlich: Es war nämlich eine Rede nicht für das vorliegende Gesetz, son­dern schon für das nächste. Stichwort: Sonntagsöffnung. Ich betone: Sonntagsöffnung von Seiten der ÖVP!

Es haben brav alle ÖVP-Bürgermeister in den letzten Jahren – gemeinsam mit ande­ren Bürgermeistern; das gebe ich schon zu – die Forderung unterschrieben: Hände weg vom arbeitsfreien Sonntag!, doch jetzt kommt der Abgeordnete Schweisgut und sagt: Nein, nein, auch am Sonntag wollen die Leute, die Touristen eine Einkaufsmög­lichkeit haben! – Die Touristen sind es immer, die dafür herhalten müssen, wenn irgendjemandem in diesem Hohen Haus oder auch draußen schon wieder das nächste Begehren einfällt. (Widerspruch bei der ÖVP.)

Wir beschließen heute ein Gesetz zur weiteren so genannten maßvollen Liberalisie­rung der Ladenöffnungszeiten, doch gleichzeitig stellen sich ÖVP-Abgeordnete her und sagen: Damit ist nicht genug, sondern Ruhe ist erst dann, wenn am Sonntag offen ist! (Abg. Schweisgut: Sie haben nicht zugehört! Das ist eine Verdrehung meiner Aus­sage!)

Halten wir das fest, Herr Kollege Schweisgut: Es ist offensichtlich die Absicht bezie­hungsweise die Haltung der ÖVP, sich an die eigenen Beschlüsse, die viele Bürger­meister, viele Gemeinden in den letzten Jahren, und zwar vor allem auch mit Zustim­mung der ÖVP, getroffen haben, nicht zu halten. So schaut es aus! (Beifall bei den Grünen. – Widerspruch bei der ÖVP.)

Damit bin ich beim eigentlichen Thema angelangt. Herr Abgeordneter Schweisgut, man kann über die Ladenöffnung unterschiedlicher Meinung sein. Ich kenne natürlich auch die verschiedenen Vorstellungen und Begehren, und wir diskutieren das auch. Dass jemand sich um 4 Uhr in der Früh gerne in einer Buchhandlung in aller Ruhe ein Buch aussuchen würde und darin schmökern möchte, das gibt es. Genauso gibt es das Be­dürfnis, sich am Sonntag – und zwar nur am Sonntag – die Möbel für die Eigentums­wohnung oder für die Mietwohnung auszusuchen, weil unter der Woche zu wenig Zeit dafür ist. Das trifft gerade auf die im Handel Beschäftigten zu, denn die müssen in Zu­kunft bis Samstag arbeiten. Wenn die also die Möglichkeit haben sollen, einzukaufen, dann müssen Sie mit dem Argument, das komme den Handelsangestellten zugute, die Sonntagsöffnung verfügen, weil die sonst kaum mehr die Möglichkeit haben, einzukaufen. So kommen wir nicht weiter! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Natürlich gibt es die unterschiedlichsten Bedürfnisse, aber was mir bei dieser Debatte, soweit ich sie bis jetzt verfolgt habe, auffällt, das ist der Umstand, dass sie wortiden­tisch das widerspiegelt, was wir 1997 bei der letzten Liberalisierung der Ladenöff­nungszeiten hier im Hohen Haus diskutiert haben. Damals sind die Abgeordneten von den Regierungsparteien – und es gab damals eine andere politische Konstellation; Herr Kollege Dolinschek, ich komme noch darauf zurück – hier gestanden und haben die Meinung vertreten – die SPÖ eher mit der Sorge um die Handelsangestellten –, es sei eine maßvolle Liberalisierung. Damals hieß es: Wir machen es nur maßvoll!

Das zweite Argument von damals lautet, diese maßvolle Liberalisierung im Handel werde zu einem Einkommens- und zu einem Beschäftigungszuwachs bei den Handels­angestellten führen und der Handelsumsatz werde insgesamt steigen. Doch jetzt hör­ten wir vom Herrn Wirtschaftsminister, dass die Umsätze im Handel zurückgehen. Herr Bundesminister, ich frage Sie: Was ist da los? Ihre Versprechen hinsichtlich der


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Liberalisierung funktionieren nicht! Aber ich kann es Ihnen auch genau sagen, warum sie nicht funktionieren.

Wenn die Löhne und Einkommenszuwächse zurückbleiben, wie es in den letzten Jah­ren der Fall war, wenn noch dazu der Bund durch bestimmte Maßnahmen, wie etwa Steuererhöhungen, Abgabenerhöhungen, Kürzungen bei den Sozialleistungen, bei den Bürgern spart, dann werden sie nicht mehr Geld zum Einkaufen haben, sondern weniger. So schaut es aus, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da können Sie die Geschäfte rund um die Uhr offen gehalten lassen, die Leute werden deshalb nicht mehr einkaufen können. Daher sage ich Ihnen: Wenn Sie schon den internationalen Vergleich anstellen und uns dauernd nahe legen, wir sollen uns in Schweden umschauen, wir sollen uns in Deutschland umschauen, dann darf ich Ihnen den Rat geben: Beachten Sie doch auch, etwa im Falle Schwedens, die unterschied­lichen Voraussetzungen in Bezug auf Kinderbetreuungszeiten!

Schon im Jahre 1997 wurde gesagt, dass im Hinblick auf die Situation für die im Han­del Beschäftigten natürlich auch darauf zu achten sein wird, dass die Kinderbetreu­ungsmöglichkeiten verbessert werden. Schon damals haben wir das eingefordert. Doch nichts ist in dieser Hinsicht getan worden.

An die Adresse der FPÖ kann ich nur eines sagen: Herr Kollege Dolinschek, Herr Kollege Walch, die großen Arbeitnehmervertreter von den Freiheitlichen! Herr Kollege Blünegger hat damals gesagt, man wird von Seiten der FPÖ nicht die Zustimmung geben, weil der Arbeitnehmer – offensichtlich sind ihm da nur die Männer eingefallen – bezüglich der Arbeitszeit keine entsprechenden Sicherheiten bekommt. Eine Aus­schussfeststellung, die nichts aussagt, ist die freiheitliche Antwort sechs Jahre später. Ich muss sagen: Ein trauriges Kapitel! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.26

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.27

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Verehrte Damen und Herren! Herr Kollege Öllinger, wir ändern hier heute nicht das Arbeitszeitgesetz, sondern das Ladenöffnungszeitenge­setz. Die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten erfolgt durch das Öffnungszeitenge­setz 2003. Jetzt werden in einem einzigen Gesetz im Prinzip alle Bestimmungen über Offenhaltezeiten im Einzelhandel konzentriert. Es ist eine Kann-Bestimmung und keine Muss-Bestimmung, denn es schreibt lediglich vor, dass an Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen, an Feiertagen und an Montagen bis 5 Uhr die Geschäfte ge­schlossen zu halten sind, sofern nicht eine Verordnung des Landeshauptmannes in einem Bundesland etwas anderes vorsieht.

Ausnahmen sind ebenfalls gegeben, so wie es sie zum Beispiel auch jetzt schon gibt, aber sie sind etwas liberalisiert und ausgeweitet worden, etwa für das Gastgewerbe, für Tankstellen, aber auch für Verkaufsstellen bestimmter Art, wie zum Beispiel solche in Bahnhöfen, auf Flughäfen und so weiter. Herr Kollege Öllinger, einen Reiseproviant oder Reiseandenken für die Angehörigen mitzunehmen, das ist auch in Ihrem In­teresse.

Das wird jetzt auch anders geregelt. Der Landeshauptmann kann jetzt per Verord­nung – er muss es nicht, aber er kann es – das Offenhalten festlegen, und zwar das Offenhalten von Montag bis Samstag zwischen 5 Uhr und 18 Uhr, wobei die Gesamt-


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27. Sitzung / Seite 62

öffnungszeit von 66 Stunden nicht überschritten werden darf, außer er bestimmt eine Ausdehnung auf 72 Stunden, um den Einkaufsbedürfnissen der Bevölkerung oder der Touristen entgegenzukommen.

Das ist eine flexible Regelung, die auf regionale und touristische Bedürfnisse beson­ders Rücksicht nimmt. Die starren Bestimmungen, was das Arbeitsruhegesetz betrifft (Abg. Öllinger: Na geh, das stimmt ja nicht!),, wonach ein Arbeitnehmer, der am Samstag nach 13 Uhr beschäftigt worden ist, am darauf folgenden Samstag nicht mehr beschäftigt werden darf, sollen jetzt gestrichen werden. Ausnahmen hat es bisher auch in diesem Fall schon gegeben. Ich erinnere da nur an die Vorweihnachtszeit, daran, wie das bei den Handelsangestellten läuft. Gerade in diesem Punkt sind die Sozialpart­ner gefragt, und zwar die Kollektivvertragspartner, die Sonderbestimmungen ausarbei­ten und einbringen können. (Abg. Öllinger: Die Freiheitlichen haben schon abge­dankt!)

Herr Kollege Öllinger, zur Kritik, dass die kleinen und mittleren Unternehmen noch stär­ker unter den Wettbewerbsdruck der Handelsketten kommen werden, kann ich nur eines sagen: Man muss sich Nischen suchen. (Abg. Öllinger: Das ist aber ziemlich zynisch!) Durch diese Ausweitung hat man die Möglichkeit zu einer flexibleren Gestal­tung, und man hat damit eine zusätzliche Chance.

Zu der Behauptung, dass Arbeitnehmerrechte im Handel nun verschlechtert werden sollen, wie sie von der Frau Kollegin Csörgits und von Ihnen, Herr Kollege Öllinger, aufgestellt worden ist, und zu der Behauptung, dass es der Bundesregierung nur daran läge, dass die Wirtschaft zu billigen Arbeitskräften kommt, möchte ich nur eines sagen: Die Löhne verhandelt nicht die Bundesregierung, sondern die Gewerkschaft mit den Kollektivvertragspartnern! (Abg. Öllinger: Sie waschen Ihre Hände in Unschuld!) Dort besteht Handlungsbedarf! Daher fordere ich Sie, Frau Kollegin Csörgits, auf, dafür zu sorgen, dass die Lohnverhandlungen so geführt werden, dass bei den Handelsange­stellten endlich einmal mehr herausschaut. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Die Handelsangestellten gehören zur Gruppe der am schlechtesten verdienenden Österreicher. Durch höhere Löhne würde nämlich die Kaufkraft gestärkt werden, und man hätte etwas mehr in den Geldbörsen. Dafür zu sorgen, das wäre Ihre Aufgabe! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jawohl, so sieht es aus! Richtig! Bravo! – Neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Wir von der FPÖ sind der Garant dafür, dass der Sonntag arbeitsfrei bleibt! Das haben wir hier ebenfalls durchgesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es handelt sich bei dem vorliegenden Gesetz um ein Öffnungszeitengesetz und nicht um Arbeitszeitgesetz, auch nicht um ein Arbeitsruhegesetz. Diese Materie ist im Arbeitszeitgesetz und im Arbeitsruhegesetz geregelt, werte Damen und Herren. (Abg. Mag. Wurm: Was denn?)

Dieses Öffnungszeitengesetz, Frau Kollegin Wurm, ist eine vernünftige Regelung. (Abg. Mag. Wurm: Wo sind die Kinderbetreuungsplätze? Weit und breit nichts!) Am Rahmen der Wochenarbeitszeit ändert sich überhaupt nichts. Die Sonntagsruhe wird beibehalten. Bloß das Offenhalten wird jetzt flexibler gestaltet und an den europäi­schen Standard herangeführt. Vor allem ist es eine tourismusfreundliche und eine kon­sumentenfreundliche Regelung. Allerdings hoffe ich, dass sich die Gewerkschaft bei den Lohnverhandlungen anstrengen wird, um ordentliche Löhne auszuverhandeln. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

 


11.31


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27. Sitzung / Seite 63

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stadlbauer. Die Uhr ist auf 3 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Kollegin.

 


11.31

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Kollege Dolinschek und Herr Minister Bartenstein, der größte Vorwurf, den Sie sich im Zusammenhang mit dem Öffnungszeitengesetz gefallen lassen müs­sen, ist der, dass Sie diese Novelle des Öffnungszeitengesetzes dafür verwenden, um Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenrechte abzubauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass ausgerechnet Sie, Herr Kollege Dolinschek, das als Arbeitnehmervertreter sagen, dafür sollten Sie sich wirklich schämen. Dass Herr Minister Bartenstein dafür ist, das kann ich aus seinem Background heraus verstehen, aber dass Sie als Arbeitnehmer­vertreter sich hier herstellen und so argumentieren, ist wirklich das Letzte, Herr Abge­ordneter Dolinschek! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dolinschek: Das ist eine Kann-Be­stimmung, keine Muss-Bestimmung!)

Es steht ja auch schon im Gesetzentwurf unter dem Titel „Problem“ Folgendes – ich zitiere –:

„Die derzeitige Regelung für Arbeitnehmer im Handel, wonach bei Beschäftigung am Samstag Nachmittag jeder zweite Samstag arbeitsfrei zu sein hat, wird als viel zu starr empfunden.“

Eines der Ziele dieses Gesetzes ist unter anderen die „Schaffung flexibler Einsatzmög­lichkeiten für Arbeitnehmer im Handel am Samstag Nachmittag“. – So steht es wörtlich im Gesetz.

Wir erkennen daran sehr gut, in welche Richtung das Ganze geht. Herr Minister Bar­tenstein hat im Ausschuss gesagt, dass das Öffnungszeitengesetz nicht für Arbeitneh­merrechte gültig ist. Ich frage Sie nun, Herr Minister Bartenstein: Warum schaffen Sie die gute, hervorragende Samstag-Freiregelung ab? Warum führen Sie wieder die Sechs-Tage-Woche im Handel ein? Warum schaffen Sie kein adäquates Schutzgesetz für Arbeitnehmer, um das Ganze abzufedern? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Dieses Öffnungszeitengesetz ist außerdem ein Gesetz, das Arbeitnehmerrechte ab­baut. Das wird deutlich bei der Ermächtigung für die Landeshauptmänner. Die Landes­hauptleute können nämlich bei regionalem Bedarf Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit und Nachtarbeit zulassen. Wir werden sehen, wie sie es machen werden. Sie verstecken sich allerdings hinter dieser Ermächtigung. In Wirklichkeit wollen Sie die Sonntags­arbeit einführen. Es hat ja auch Kollege Mitterlehner von der ÖVP im Wirtschafts­ausschuss gesagt, dass wir uns in Richtung Sonntagsarbeit bewegen. Es wird eine Liberalisierung nach der anderen kommen, und irgendwann werden Sie Ihr Ziel erreicht haben. Aber sagen Sie den Menschen doch endlich, was Sie wirklich vorhaben!

Der zweite Aspekt, den ich noch ansprechen will, ist der Umstand, dass die Mehrheit der Beschäftigten im Handel weiblich ist. Neben der fehlenden Sicherheit, den langen Anfahrtswegen, den fehlenden Kinderbetreuungseinrichtungen und der Tatsache, dass die Frauen und auch die Männer jetzt länger arbeiten müssen, dafür aber weniger ver­dienen, ist gerade bei den Frauen ein ganz wichtiger Aspekt die Vereinbarkeit von Be­ruf und Familie. Dieser Aspekt ist völlig links liegen gelassen worden. Doch daran gebe ich nicht einmal Herrn Minister Bartenstein die Schuld, denn das ist nicht wirklich sein Anliegen.

Es gibt in der Regierung eine Vertreterin, deren Anliegen das sein müsste, und zwar die Frauenministerin. Nun möchte ich Ihnen sagen, wie ernst die Frauenministerin die­ses Anliegen nimmt. Ich habe sie nämlich gefragt, ob sie sich angeschaut hat, welche


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geschlechtsspezifischen Auswirkungen es durch die Änderung der Öffnungszeiten gibt, ob sie das überprüft hat, und darauf hat sie mir nur Folgendes geantwortet:

„Derzeit sind in meinem Ressort noch keine geeigneten Instrumentarien für eine Über­prüfung der Liberalisierung von Öffnungszeiten auf ihre geschlechtsspezifischen Aus­wirkungen hin vorhanden, diese befinden sich in der Phase der Ausarbeitung. Es ist mir daher derzeit eine entsprechende Prüfung nicht möglich.“ – Zitatende. (Abg. Sil­havy: Das ist ungeheuerlich!)

Wir können daher sagen, meine Damen und Herren: Dieses Gesetz baut Arbeitneh­merrechte ab, geht nicht auf die Bedürfnisse der Betroffenen ein und ist zutiefst frauen­feindlich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.35

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steindl. Rede­zeit: 4 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.35

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Herren Bundesminister! Sehr verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Damen und Herren von der Opposition haben es heute wahrlich wieder geschafft, eine Art Weltuntergangsstimmung in dieser Ladenöffnungszeitendiskussion zu schaffen. Das hilft den Einzelhändlern mit Sicherheit nicht, bessere Umsätze zu tätigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition! Wir sollten doch den Blick nach vorne richten, um zu schauen, wie wir den Händlern helfen können. Wir müssen eine zeitgemäße und bedarfsorientierte Öffnung der Läden ermöglichen. Die Neuregelung der Ladenöffnungszeiten wird einen positiven Impuls für den Konsum geben, vor allem die Innenstädte werden dadurch belebt. Österreich ist eines der be­liebtesten Reiseziele Europas, und die vielen Touristen werden uns für unsere Reform­vorhaben sehr dankbar sein.

Die Regelung der Ladenöffnungszeiten in Österreich ist in der Vergangenheit eher re­striktiv gestaltet gewesen. In Frankreich, Schweden, Irland, Tschechien und Ungarn unterliegen die Öffnungszeiten gar keinen Einschränkungen. In Großbritannien, Portu­gal und Dänemark gibt es derartige Bestimmungen nur hinsichtlich der Sonntage. In den übrigen EU-Ländern existieren jedenfalls wesentlich liberalere Bestimmungen. Die Neuordnung der Ladenöffnungszeiten in Österreich ist daher eine weitere wichtige Weichenstellung, um auf den EU-Standard zu kommen.

Der Sinn der Reform der Ladenöffnungszeiten liegt darin, den Wirtschaftsstandort Ös­terreich zu stärken, neue Arbeitsplätze zu schaffen, den Interessen der Konsumenten nach Einkaufsmöglichkeiten zu entsprechen, den Kaufkraftabfluss ins Ausland zu verhindern sowie die Attraktivität Österreichs als Tourismusland zu steigern.

Seit Jahren liegen die Einzelhandelsumsätze hinter den allgemeinen Wachstumsraten. Das Käuferverhalten hat sich geändert. Mehr Geld fließt in Bereiche wie Bildung und Gesundheit. Der Einzelhandel hat nur dann die Chance, diesen Abwärtstrend zu stop­pen beziehungsweise umzukehren, wenn er sich stärker an den Bedürfnissen der Ver­braucher orientiert.

Kundenorientierung ist die absolute Maxime in der Weltwirtschaft, und dieser Maxime wird sich auch Österreich auf Dauer nicht verschließen können. Der Konsument will einfach mehr Flexibilität bei den Ladenöffnungszeiten. Sollten es die Landeshauptleute für richtig erachten, können sie nach Befassung der Sozialpartner das Offenhalten bis auf 72 Stunden erweitern. Solche Verordnungen können auch regional differenziert für bestimmte Regionen oder Gemeinden erlassen werden.


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Erlassen die Landeshauptleute keine Verordnung, so dürfen die Geschäfte von Montag bis Freitag jeweils von 5 Uhr bis 21 Uhr und an Samstagen von 5 Uhr bis 18 Uhr offen gehalten werden.

Das neue Öffnungszeitengesetz bringt eine neue Qualität an Flexibilität und Wettbe­werbsfähigkeit, wahrt aber gleichzeitig in hohem Maße die Interessen der Mitarbeiter und die der kleinen und mittelständischen Unternehmer. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.39

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. Rede­zeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.40

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Mitterlehner, Sie haben in der Aktuellen Stunde gesagt, Sie möchten gerne für gute Stimmung in der Wirtschaft sorgen. Ich frage mich: Bei wem wollen Sie für diese gute Stimmung sorgen? – Wir wissen auf Grund repräsentativer Untersuchun­gen, dass 77 Prozent der Unternehmen mit der derzeitigen Regelung zufrieden sind, und wir wissen auch, dass 87 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten zufrie­den sind. Also, Herr Minister Bartenstein, für wen ist Ihre berühmte Supply-Side-Eco­nomy, wenn 87 Prozent durchaus zufrieden sind mit der derzeit gegebenen Situation? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ist es vielleicht so, dass Sie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Wirtschaft für gute Stimmung sorgen wollen? – Dann frage ich mich: Wer hat das abgefragt, wer weiß, welche Auswirkungen die Erweiterung der Ladenöffnungszeiten für die Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter im Handel haben werden?

Eine meiner Vorrednerinnen hat es schon angesprochen – etwas, was nicht passiert ist, was die Regierung in ihrem Regierungsprogramm aber wortreich erklärt hat –: Diese gesetzliche Maßnahme ist auch nicht hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Frauen und Männer untersucht worden, der berühmte Gender-Aspekt ist wieder nicht berück­sichtigt worden. Ich wundere mich nicht darüber. Sie scheuen sich davor, weil nämlich ganz klar ist, dass die Frauen bei der Ausweitung der Ladenöffnungszeiten als Verlie­rerinnen dastehen werden. Davor haben Sie Angst, deshalb tun Sie etwas völlig Absur­des, nämlich: zuerst ein Gesetz beschließen und danach überprüfen lassen, welche Auswirkungen es hat. – Ein völlig konfuses Verhalten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann Ihnen schon sagen, welche Auswirkungen das haben wird. Das wird natürlich Auswirkungen auf Verdienstmöglichkeiten von Frauen haben, das wird auch Auswir­kungen auf die Kinderbetreuung haben, es wird Auswirkungen auf die Aufstiegs­chancen von Frauen haben, und es wird natürlich und ganz besonders Auswirkungen auf die Pension haben.

Sie selbst verleugnen etwas, was Sie erst vor wenigen Wochen – leider – beschlossen haben, nämlich das neue Pensionsmodell, wonach genau jene Frauen ganz, ganz schlecht aussteigen werden, die sehr geringe Beschäftigungsverhältnisse eingehen. Sie werden ja sehen, ob sie je in ihrem Leben noch zu einer Pension kommen werden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Minister Bartenstein, Sie wollen die Wachstumsgrenzen lösen, haben Sie gesagt. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Die Wachstumsbremsen!) – Die Wachstumsbrem­sen, okay, ist gar nicht so unähnlich. – Die Ladenöffnungszeiten seien hiefür ein Bei­spiel. Auch da habe ich mich gefragt: Für wen wollen Sie diese Bremsen lösen? – Also für die kleinen heimischen Handelsbetriebe sicher nicht! Reden Sie mit den kleinen Betriebseigentümern! Die wissen doch hinten und vorne nicht mehr, wie viele Stunden


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lang sie selbst, inklusive die gesamte Familie, noch im Betrieb stehen sollen, weil es für den Betrieb finanziell nicht tragbar ist, während der gesamten Öffnungszeiten Ange­stellte zu beschäftigen.

Das tragen diese Geschäfte einfach nicht! Das heißt, Sie belasten damit die heimi­schen kleinen Unternehmen sehr viel mehr als bisher. – Im Gegenzug dazu bevor­zugen Sie andere, und das können wohl die 23 Prozent der Unternehmen sein, die für eine Ausweitung der Öffnungszeiten sind, nämlich die Kettenbetriebe, egal ob österrei­chische oder internationale. Wenn es Ihre wirtschaftspolitische Absicht ist, diese Ketten noch mehr zu stärken, noch uniformere Städte zu erzeugen, wo man dann in jeder Stadt nur mehr genau die gleichen Geschäfte vorfindet, dann ist das eine sehr gute Maßnahme – unsere Absicht ist das jedenfalls nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Den Sonntag haben Sie noch ausgegliedert, Herr Minister Bartenstein. Ich bin hier aber einer Meinung mit dem Kollegen Öllinger, der auf Grund der Ausführungen des Kollegen Schweisgut das auch schon sehr in Frage gestellt hat: Ich behaupte, Sie scharren in den Startlöchern, um auch den Sonntag freizugeben, weil das genau Ihrem Prinzip von Liberalisierung, Globalisierung entspricht. Es wird der Tourismus vorge­schoben. Nun, wenn Wien eine Tourismuszone wird – was hat das für Folgen für Nie­derösterreich zum Beispiel? Das breitet sich dann aus.

Erklären Sie uns nicht, dass hier scheinbar Handlungsbedarf besteht! Er besteht nicht, entsprechende Regelungen wären auch sehr gut anders möglich. Erklären Sie bitte auch nicht, dass die Wirtschaft und der Handel zu Grunde gehen, wenn rundherum längere Ladenöffnungszeiten möglich sind als im eigenen Land! Ich lebe in Vorarlberg und kann sagen, in Vorarlberg floriert der Handel sehr gut – trotz Liechtenstein, trotz Schweiz und trotz Deutschland im angrenzenden Nahbereich! Es gelingt, die Kaufkraft im Land zu halten beziehungsweise sie mit einer Wechselwirkung vom Ausland her in etwa gleich groß zu halten.

Eine Erweiterung der Ladenöffnungszeiten bedeutet ganz klar: insgesamt keine Um­satzsteigerungen – das wissen wir –, das bedeutet aber auch ganz klar: mehr Teilzeit, mehr geringfügige Beschäftigungen, mehr atypische Beschäftigungsverhältnisse, mehr Arbeit auf Abruf, mehr große Ketten, eine Stärkung der großen Ketten und eine Stär­kung der Einkaufszentren. Gemeinsam mit uns werden Sie diesen Beschluss sicher nicht fassen! – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.46

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. Er hat das Wort. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.46

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Herren Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich mir die Ausführungen der Opposition betreffend die Änderung der Ladenöffnungszeiten so anhöre, dann muss ich sagen, das hört sich ja so an, als würden demnächst alle 72 Stunden lang arbeiten, als würde im Hinterkopf von Bundesminister Bartenstein bereits beschlossen sein, dass ab dem nächsten Jahr auch am Sonntag und rund um die Uhr gearbeitet wird. – Wir Freiheitlichen, kann ich euch nur versichern, vertreten dazu weiterhin die Linie unseres ehemaligen Abgeordnetenkollegen Toni Blünegger.

Dir, Kollege Öllinger – bitte aufpassen! –, kann ich nur Folgendes sagen: Die Wirtschaft hat gefordert, die Läden rund um die Uhr aufzumachen, wir Freiheitlichen haben ge­sagt, nein, das kommt nicht in Frage, und haben das auch durchgesetzt! Speziell im Sinne der Frauen haben wir auch gesagt, es kommt nicht in Frage, dass an Sonn- oder Feiertagen geöffnet wird.


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Außerdem wird nicht jeder Betrieb von dieser Regelung erfasst werden. Es können nach Anhörung der Sozialpartner vom Landeshauptmann Ausnahmegenehmigungen verordnet werden. Und wie ihr alle wisst, in Großbetrieben und Kettenunternehmen, wo das speziell gefordert wird, gibt es Gott sei Dank Betriebsräte. Wie ihr auch alle wisst, gibt es ein Arbeitsverfassungsgesetz, und das schreibt fest, dass bei Änderung der Arbeitszeitregelung der Betriebsrat seine Zustimmung erteilen muss, was auch vom Arbeitsinspektorat entsprechend geprüft wird. – Ich bin zuversichtlich, denn wir haben sehr starke Betriebsräte in diesen Betrieben, dass sie die Interessen der arbeitenden Menschen entsprechend verteidigen.

Kollegin Silhavy, Sie haben das kritisiert! Bitte unterstellen Sie Ihren eigenen Betriebs­räten nicht, dass sie dort womöglich nur Ja und Amen sagen! (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Wie mir auch bekannt ist, sind in jedem Bundesland in den Landtagen dieselben Frak­tionen wie hier vertreten. Ich denke, ein Landeshauptmann würde die Kritik nicht aus­halten, würde er großräumig einer Erweiterung der Ladenöffnungszeiten einfach die Genehmigung erteilen. Ich glaube, er würde Schwierigkeiten bekommen sowohl mit den Freiheitlichen als auch mit der SPÖ, als auch mit den Grünen. (Abg. Öllinger: Mit den Freiheitlichen nicht!) Ein Landeshauptmann – hoffe ich – vertritt doch auch die In­teressen der arbeitenden Menschen.

Also ich kann nur versichern: Es gibt Ausnahmegenehmigungen, und diese Ausnah­megenehmigungen müssen einer Anhörung beziehungsweise einer Zustimmung des Betriebsrates unterzogen werden. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass eine Han­delskette 72 Stunden lang offen hält, wenn unterm Strich nichts dabei herauskommt und außerdem noch die Mitarbeiter bezahlt werden müssen. Unter dieser Vorausset­zung wird kein Betrieb öffnen. Daher werden wir diesem Gesetz die Zustimmung ertei­len. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.49

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. Ihre Redezeit beträgt wunschgemäß 3 Minuten. – Bitte.

 


11.50

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bun­desminister! Zunächst muss ich sagen, es ist schon interessant, wie unterschiedlich Positionen innerhalb einer Partei oder der Parteien besetzt werden können. Zum einen wird honoriert, wie weitblickend die Landeshauptleute seien, wenn aber ein Landes­hauptmann zum Beispiel der Meinung ist, dass er keine Verlängerung der Ladenöff­nungszeiten braucht, wird einfach darüber hinweggegangen.

Tatsache ist, dass es sich bei der in Verhandlung stehenden Regierungsvorlage eben nicht nur um Ladenöffnungszeiten handelt, sondern sehr wohl um eine ganze Reihe mehr. Es geht um Änderungen im Arbeitsruhegesetz, im Sonn- und Feiertags-Betriebs­zeitengesetz, um Änderungen in der Gewerbeordnung und die damit verbundenen negativen Einschnitte in die Rechte der Handelsangestellten, die ohne entsprechende Abgeltung gegeben sind.

Darum geht es in dieser Diskussion, nicht nur um die Öffnungszeiten, sondern auch um die entsprechenden Schutzbestimmungen, um entsprechende Schutzbestimmun­gen für die Frauen oder für die Pendler zum Beispiel, was ich für sehr wichtig halte.

Da immer wieder versucht wird, die EU-Erweiterung als Argument heranzuziehen, weil dadurch der Kaufkraftabfluss erfolgt: Wir wissen alle, dass das natürlich ein Problem ist, dass an den Grenzen Kaufkraftabfluss zu verzeichnen ist, der Grund dafür ist aber


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weniger in den Öffnungszeiten zu sehen, sondern vielmehr in den unterschiedlichen Preisklassen. Das ist der wesentlich größere Bereich, der hier zum Tragen kommt.

Es besteht natürlich ein Zusammenhang zwischen Kaufverhalten und Öffnungszeiten, das sei ganz unbestritten, aber man muss doch komplex denken. Minister Bartenstein hat im Ausschuss gemeint, er sehe zum Beispiel keinen Zusammenhang zwischen Pendlern und Öffnungszeiten. Dazu möchte ich sagen: In meiner Heimatregion, im Weinviertel, oder auch im Waldviertel besteht dieser Zusammenhang sehr deutlich. (Abg. Silhavy: Der Herr Bundesminister hört dir nicht einmal zu!)

Es ist nun einmal so, meine geschätzten Damen und Herren, dass das öffentliche Ver­kehrsangebot den neuen Gegebenheiten nicht entspricht. Ganz im Gegenteil! Nicht nur die Erweiterung der Öffnungszeiten wird auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetra­gen, sondern auch die Kosten werden auf sie überwälzt. Die Kosten, die dadurch anfal­len, dass der Betreffende nicht auf öffentliche Verkehrsleistungen zurückgreifen kann, weil die Fahrpläne eben nicht entsprechend angepasst werden, muss dieser selbst tragen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Das bedeutet, dass eine Ladenöffnungszeiten-Diskussion ohne entsprechende Be­gleitmaßnahmen einfach falsch ist. (Beifall bei der SPÖ.) Diese Begleitmaßnahmen, geschätzte Damen und Herren, sind eine wichtige Voraussetzung, denn die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die positiven Auswirkungen nicht in dem Ausmaß erzielt werden, wie wir das erwartet haben, weil es zu einer Zunahme von Teilzeitbe­schäftigungen kommt.

Weil immer wieder gesagt wird, Teilzeitbeschäftigungen seien nichts Schlechtes: Grundsätzlich nicht, aber wenn man drei Jobs braucht, um einmal leben zu können, dann, muss ich sagen, ist das ein Weg, den Österreich nicht gehen sollte und bestimmt auch nicht gehen will!

Das heißt, man muss entsprechende Begleitmaßnahmen setzen, sowohl was die Öff­nungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen betrifft als auch den öffentlichen Ver­kehr, dessen Fahrpläne angepasst werden muss. Es muss auch strengere Kontrollen der Einhaltung der neuen Öffnungszeiten mit entsprechenden Konsequenzen geben.

Geschätzte Damen und Herren! Ein Gesetz, das nur einseitig einen Schritt setzt – nämlich in diesem Fall die Ladenöffnungszeiten erweitert – und keine begleitenden Maßnahmen vorsieht, kann nicht die Zustimmung verantwortungsbewusster Politiker finden. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.54

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Scharer. – Bitte.

 


11.54

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Meine Damen und Herren! Diese Bundesregierung vermarktet das Ladenöffnungszeitengesetz unter anderem mit den Zielen: Steigerung der Attraktivität Österreichs als Tourismusland, Verhinderung von Kaufkraftabflüssen ins Ausland und letztendlich Schaffung von Arbeitsplätzen. Grundsätzlich kann man gegen diese Ziele nichts einwenden, die Frage ist nur, meine Damen und Herren: Wie geht diese Bun­desregierung mit diesem neuen Gesetz um? Es entsteht der Eindruck, sie fährt – wie in vielen Bereichen – einfach drüber.

Die derzeitigen Regelungen in den Tourismusregionen sind gut und vor allem auch ausreichend, Herr Kollege Steindl! In Tourismusgebieten brauchen wir keine zusätz­lichen neuen Öffnungszeiten. Dort ist das, glaube ich, sehr gut geregelt. Ihre Landes­hauptleute bestätigen ja auch, dass es nicht notwendig ist, diese Zeiten zu erweitern.


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Die Kaufkraftabflüsse ins angrenzende Ausland können letztendlich nicht über Laden­öffnungszeiten geregelt werden, sondern schlichtweg über ein preisgünstigeres Ange­bot im Inland.

Es erhebt sich zweifellos die Frage: Wer will und vor allem wer braucht die Erweiterung der Ladenöffnungszeiten? Und, meine Damen und Herren, wo sind die Begleitmaßnah­men? Wo ist der Schutz für die ArbeitnehmerInnen? Wo sind die entsprechenden Rah­menbedingungen? Wo ist auch der Schutz zum Beispiel für die klein- und mittelstän­dischen Handelsunternehmen? Welche Maßnahmen, Herr Minister, planen Sie für den Greißler ums Eck und für die Nahversorger in den ländlichen Regionen?

Die letzte Öffnungszeitenerweiterung hat null arbeitsmarktpolitische Synergien ge­bracht. Und ich höre Sie jetzt sagen, meine Damen und Herren – sofern Sie mir zu­hören –, viele Frauen können in Teilzeit arbeiten. Wissen Sie, wie die Situation von Frauen speziell in Großmärkten ausschaut? – Aus der Not und mangels Alternativen werden Frauen zu Körberlgeldbezieherinnen und -empfängerinnen gemacht. Zwischen fünf und zehn Wochenarbeitsstunden werden in den Großmärkten angeboten und sind die Regel. Wo sind die entsprechenden Begleitmaßnahmen zu diesem Gesetz? Wo werden zum Beispiel die Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen auf diese neuen Arbeitszeiten abgestimmt?

Sie kennen auch die unzureichenden öffentlichen Verkehrseinrichtungen, speziell in den ländlichen Regionen. Was unternehmen Sie, Herr Minister, zum Schutz der derzeit Beschäftigten im Handel? Welche arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen planen Sie für die ständig steigende Arbeitslosenzahl in diesen Berufsgruppen? Wissen Sie, dass zum Stichtag 30. Juni insgesamt 38 000 Arbeitslose – das sind um 900 mehr gegen­über dem Jahr 2002 – in der Berufsgruppe Handel vorgemerkt sind? 19 900 davon sind Frauen. Dazu kommen noch 6 600 in Umschulung Befindliche, davon 3 900 Frau­en.

Herr Minister Bartenstein! Mit Teilzeitangeboten im Handel wird man diese Probleme zweifellos nicht lösen können. Ich bitte Sie daher, meine Damen und Herren, geben Sie diesem Gesetz erst die Zustimmung, wenn gemeinsam mit den Sozialpartnern, mit den Experten und vor allem auch mit den Betroffenen entsprechende Maßnahmen und Rahmenbedingungen geschaffen worden sind! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Trunk. – Bitte, Frau Kollegin.

 


11.58

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Wirklich geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte, von der Liberalisierung der Öffnungszeiten betroffene ZuhörerInnen! Herr Minister, vielleicht ein Rat an Sie: Lassen Sie diese Menschen nicht nur zuhören, son­dern sprechen Sie mit ihnen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie erlauben mir auch ein kurzes Vorwort zur Rolle der FPÖ-Abgeordneten Rossmann, Walch und Dolinschek. Ihre Rolle – ich erinnere nur an die Pensionsreform – ist schlichtweg tragikomisch: hier dafür reden, die Opposition beschimpfen, im Bundesrat vielleicht wieder dagegen stimmen, und Haider lamentiert seit drei Wochen. Er sollte nur nicht vergessen, die entsprechende Verordnung zu erlassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich zu zwei Punkten betreffend die Auswirkungen dieser Maßnahme kommen.

Punkt eins: die Frage nach Produktivitätssteigerung, Konsumsteigerung und Arbeits­platzqualität; sehr oft hier thematisiert. Herr Minister, Sie wissen: Kaufkraft wird vom Einkommen bestimmt, und das regeln nicht die Öffnungszeiten. Das regeln aber vor


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allem in negativer Weise derzeit in Österreich Steuer- und Abgabenbelastungen in Re­kordhöhe, Pensionskürzungen und Einkommenskürzungen. Da ist wahrhaftig Hand­lungsbedarf gegeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweiter Bereich: Arbeitsplatzqualität. Wir wissen aus Erfahrung: Vollzeitarbeitsplätze werden durch geringfügige Beschäftigungen und Teilzeitarbeitsplätze ersetzt. Und was die Arbeitszeitqualität betrifft, so fällt mir bei den Kollegen von der ÖVP, die im kleinen Handel beschäftigt sind beziehungsweise Unternehmen haben, das Schweigen hier im Hohen Haus auf. Kollegin Scheucher-Pichler zum Beispiel: Sie weiß, welche Auswir­kungen das für ihr kleines Geschäft in Klagenfurt hat, wenn sie nicht selbst hinter dem Ladentisch steht. Daher schweigt sie heute leider, aber sie weiß, wovon sie betroffen ist.

Zweite Frage: Können sich Klein-, Familien- und Mittelbetriebe diese Verlängerung leisten? – Nein! Erhebungen der Wirtschaftskammer aus der Vergangenheit sind der Beweis dafür.

Drittens: die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch diese Frage, die von Vorrednerinnen bereits thematisiert wurde, ist negativ zu beantworten.

Herr Minister! Kurz und gut: Sie stehen auf der Seite der Konzerne. Wir, die Sozial­demokraten, wollen Lösungen, die sowohl Arbeitnehmern als auch Unternehmern, der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit – und nicht der Schwächung – dienen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Bereich, Herr Minister und Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP: Wo haben Sie bei dieser Maßnahme den Wert der Familie begraben? Wo haben Sie das Banner mit der Parole von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf abgestellt? Und wo haben Sie die Interessen der klein- und mittelständischen Betriebe schubladisiert?

Letzter Punkt: das demokratiepolitisch Bedenkliche. Diese Maßnahme soll ab 1. Au­gust wirksam werden. In jenen Bundesländern, deren Landeshauptleute es nicht schaf­fen, innerhalb von 14 Tagen in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern eine entspre­chende Verordnung zustande zu bringen, setzt diese Liberalisierung voll ein. (Beifall bei der SPÖ.)

12.01

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matz­netter. – Bitte.

 


12.01

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte dem Thema Ladenschluss ein weiteres, ganz wichtiges Element hin­zufügen. In Österreich tagt jetzt ein Konvent, der eigentlich dazu dienen sollte, Büro­kratieabbau zu betreiben, Kompetenzen zusammenzufassen, Abschlankung herzustel­len. Das ist nämlich auch ein entscheidender Wirtschaftsfaktor: die Kompliziertheit, die Vielfalt der Regelungen zu beseitigen. – Da nicken Sie. Was aber macht Minister Bar­tenstein? – Er entledigt sich der Verantwortung und führt eine Verneunfachung der Re­geln herbei! Wir haben dann beim Ladenschluss die Situation, dass in der Wiener Ket­zergasse im Süden eine andere Regelung gilt als auf der nördlichen Seite dieser Straße.

Das ist ein Sich-der-Verantwortung-Entziehen, ein Delegieren der Verantwortung für etwas, wo einheitlicher Regelungsbedarf besteht. Genau dort aber, wo der Regelungs­bedarf bestünde, nämlich im Bereich des Schutzes der Arbeitnehmer, dort kürzen Sie, dort schneiden Sie zusammen, dort nehmen Sie Menschen, die ohnedies niedrigste Gehälter beziehen, auch noch den letzten Schutz weg, der es ihnen bislang ermöglicht hatte, am Wochenende auch einmal einen Tag mit der Familie verbringen zu können.


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Ich finde eine solche Politik falsch, weil eigentlich die Notwendigkeit bestünde, dass ein Anpassungsvorgang in solch heiklen Materien von allen gesellschaftlichen Kräften im Land gemeinsam vollzogen wird.

Herr Minister Bartenstein, Sie haben vorhin das schwedische Modell genannt, haben dabei aber verschwiegen, dass dessen Einführung einer umfangreichen Liberalisierung im Gleichklang mit den Sozialpartnern erfolgt ist. Diesen Gleichklang gibt es in Öster­reich nicht, denn in Österreich werden jene, die die Stimme gegen unsoziale Regelun­gen erheben, nur diffamiert. Wie haben Sie vorher gesagt? Sagten Sie, diese Men­schen seien inkompetent – oder was war genau Ihr Ausdruck, Herr Minister? (Bundes­minister Dr. Bartenstein: „Ignorant“!) „Ignorant“ seien sie, haben Sie gemeint. Ich frage mich, wer hier zu wenig Rücksicht auf die Interessen nimmt: der Herr Bundesminister oder die Gewerkschafter. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: „Verhaltener Ap­plaus nach langer Reaktionszeit“, steht im Protokoll!)

Meine Damen und Herren! Es gibt noch einen zweiten Punkt, der ebenfalls im Wirt­schaftsausschuss in den Abänderungsantrag hineingeschummelt wurde. So wird an­geblich – wie unter Ziffer 7 erläutert – zu Tätigkeiten im Bereich der Lauschabwehr der Berufsdetektive der § 137 Abs. 2 der Gewerbeordnung gestrichen.

Das Problem ist: Dieser Trick hat nicht funktioniert. Da drinnen setzt sich eine Lobbyis­tengruppe durch, die dafür eintritt, dass für die Versicherungsagenten – das sind jene Personen, die vertraglich an einen Versicherer gebunden sind – die Möglichkeit ge­schaffen werden soll, parallel mehrere Produkte verschiedener Versicherungen der gleichen Sparte anzubieten. Das ist aber ein Weggehen von jener Zielrichtung, die die heuer im Jänner in Kraft getretene Richtlinie der EU vorsieht, und ist nichts anderes als ein Anschlag auf die Konsumentenrechte. Der Konsument hat einen Anspruch darauf, zu wissen, ob er mit einem Makler oder mit einem Agenten zu tun hat; und nur der Makler ist jener, der verantwortlich dem Konsumenten mehrere Angebote machen soll.

Sie aber gehen her und ermöglichen Drückerkolonnen von Versicherungsunterneh­men, sich wie Makler zu benehmen, und schaffen eine Regelung, die zu Lasten des Konsumenten geht. Sie schaffen durch ein kleines Hineinschummeln ins Gesetz eine Regelung, die in ganz kurzer Zeit dazu führt, dass es den Unterschied zwischen Agen­ten und Maklern nicht mehr gibt. Unser Ziel sollte aber genau das Gegenteil von dieser Situation sein, nämlich ein fairer Wettbewerb mit klaren Regeln.

Ich bedauere sehr, dass wir auch am heutigen Tag nicht erreichen konnten, dass diese Regelung auch von Seiten der Regierungsparteien abgelehnt wird. Der Entschlie­ßungsantrag, dem Sie heute hier Ihre Zustimmung geben wollen, ist jedenfalls zu we­nig. Ich habe im Namen meiner Fraktion eine gesonderte Abstimmung verlangt. Ich ap­pelliere an jene Abgeordneten der FPÖ, die im Interesse der Konsumenten den unab­hängigen Maklerberuf aufrechterhalten wollen, mit uns diesen Teil des Abänderungs­antrages abzulehnen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

12.06

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Die De­batte ist daher geschlossen.

Auch ein Schlusswort von Seiten des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen.

Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf in 170 der Beilagen.

Zu diesem Gesetzentwurf hat Herr Abgeordneter Dr. Matznetter ein Verlangen auf ge­trennte Abstimmung betreffend Artikel 2 Ziffer 7 gestellt. Diesem Verlangen ist stattzu­geben.


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Ich werde daher zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betrof­fenen Teil der Vorlage und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen somit zur getrennten Abstimmung über Artikel 2 Ziffer 7 in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Teil des Gesetzes ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist mit Stimmenmehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Vorlage samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes, und auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein bejahendes Zeichen ersuchen. – Ich stelle fest: Die restlichen Teile sind ebenfalls mit Stimmenmehrheit angenommen.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf in dritter Lesung mit Stim­menmehrheit angenommen wurde.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Mitterlehner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die rasche Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Versiche­rungsvermittlung 2002/92/EG.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Der Entschließungsantrag ist mit Stimmenmehrheit angenommen. (E 10.)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Frau Ab­geordneten Silhavy betreffend arbeitsrechtliche und sonstige flankierende Maßnahmen zu den Vorlagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag Silhavy stim­men, um ein entsprechendes Zeichen. (Abg. Verzetnitsch – in Richtung des dem An­trag gemeinsam mit seiner Fraktion nicht zustimmenden Abg. Walch –: Walch?! – Abg. Dr. Einem – in Richtung des Abg. Walch –: Stehen oder sitzen Sie? – Abg. Gradwohl: Er liegt!) – Dieser Antrag ist in der Minderheit geblieben.

Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.

2. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (109 der Beila­gen): Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Bäckerei­arbeiter/innengesetz 1996 geändert werden (171 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Wirtschaftsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird (172 der Beilagen)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 2 und 3, über die die De­batte unter einem durchgeführt wird.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt mir weder bei Punkt 2 noch bei Punkt 3 der Tagesordnung vor.


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Wir gehen daher sofort in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minu­ten gestellt. – Bitte.

 


12.10

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Meine verehrten Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Nach der Ver­abschiedung eines umfangreichen Budgetbegleitgesetzes haben wir in dieser Woche eine große Anzahl von parlamentarischen Erledigungen vor uns. Ich meine, dass diese Anstrengungen ein schöner Beweis dafür sind, dass diese Regierung von Reformwillen und Lösungskompetenz getragen ist.

Wenn wir an die Spitze der Beratungen dieser Woche das Wirtschaftskapitel setzen, so ist dies, glaube ich, auch ein Beweis dafür, dass uns das Anliegen des österreichi­schen Wirtschaftsstandortes besonders am Herzen liegt. Dies gilt besonders für die Beschäftigung der Jugendlichen, meine sehr geehrten Damen und Herren: 40 Prozent eines Jahrganges finden einen Ausbildungsplatz in der gewerblichen Wirtschaft im Rahmen der dualen Ausbildung. Die Wirtschaft erbringt hier einen wichtigen Beitrag für die Jugend und für die Gesellschaft unseres Landes. Ich darf mit Stolz berichten, dass diese Bemühungen äußerst erfolgreich sind: Bei der Berufsweltmeisterschaft 2003 in St. Gallen hat Österreich den hervorragenden dritten Platz – mit elf Medaillen und zehn Diplomen – belegen können. Meine Damen und Herren, wir können – zusammen mit den Ausbildnern, die in diesen Bereichen tätig sind – mit Recht stolz sein auf diese Jugend! (Beifall bei der ÖVP.)

Mit der vorliegenden Novelle zum Berufsausbildungsgesetz möchten wir das System weiterentwickeln. Wir werden unsere Lehrlinge in internationalen Ausbildungsprogram­men mit anderen Kollegen zusammenführen. Wir werden die Lehrabschlussprüfungen und die Kompetenz bei den Lehrlingsstellen konzentrieren und damit einen Beitrag zur Entbürokratisierung leisten. Wir werden Lehrlingsausbildungen mit anderen speziellen Ausbildungen, insbesondere im Spitzensport, kombinieren. Wir werden dieses System weiterentwickeln, meine sehr geehrten Damen und Herren, um der Jugend noch grö­ßere Chancen bieten zu können! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Mainoni.)

Ein besonderes Zeichen aber setzen wir heute mit der Einführung der Integration in der Berufsausbildung. Es ist dies die konsequente Fortsetzung der Bemühungen dieser Bundesregierung, die seinerzeit am Beginn, beim Antritt der Regierung Schüssel, mit der Behindertenmilliarde begonnen haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es geht uns darum, Menschen mit Behinderungen ein kleines Stück mehr an Chancen einzuräumen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir wollen nicht jedem das Gleiche bieten, nein, sondern wir wollen jedem jene Ausbil­dung angedeihen lassen, die seinen Möglichkeiten entspricht. Ein individuelles Pro­gramm für die Ausbildung im Betrieb, ein individuelles Programm im Zusammenhang mit der Ausbildung in der Berufsschule – das ist die Absicht, die hinter dieser Novelle steht. Und wir sind stolz darauf, dieser Gruppe die gleiche, die volle soziale Absiche­rung im Arbeitsrecht, im Sozialversicherungsrecht, im Arbeitslosenversicherungsrecht anbieten zu können. Das ist ein gewaltiger Fortschritt, den wir heute hier zu gehen be­absichtigen!

Allerdings sind die Bemühungen nicht neu – ich gebe das zu –: Wir haben 1998 im Be­rufsausbildungsgesetz einen Paragraphen über die Vorlehre eingeführt. Und ich stehe auch nicht an zuzugeben, dass diese Bemühungen nicht jenen Erfolg gebracht haben, den wir uns erwartet haben. Umso mehr sind wir stolz darauf, dass es in manchen Bundesländern – ich darf hier beispielsweise die Steiermark anführen – sehr erfolg-


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reiche Modelle einer Anlehre gegeben hat, die auch zu großartigen Ergebnissen ge­führt haben. Der „Jugend am Werk“ und allen Beteiligten gilt hier mein besonderer Dank. Sie haben gezeigt, wie es geht. Ihr persönliches Engagement ist vielleicht Grundlage für die heutige Vorlage, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ziel dieser Berufsausbildungsgesetz-Novelle ist es, Behinderten den Eintritt in die reale Wirtschaft zu erleichtern. Es geht uns darum, diesen Weg, den andere in den Bundes­ländern zu gehen versucht haben, weiterzugehen. Allerdings: Wollen wir erfolgreich sein, so müssen wir voneinander lernen, und die Beteiligten müssen einen gewaltigen Schritt aufeinander zugehen. Ich meine, die besondere Verantwortung liegt hier bei der Berufsausbildungsassistenz, die ausgleichen muss, die Interessen von Lehrlingen, Eltern, Betrieben und Berufsschulen zusammenführen muss. Das ist das Geheimnis, das hier als Voraussetzung für den Erfolg gilt.

Wir müssen uns davor hüten, die Bürokratie und die bürokratischen Verfahren in den Mittelpunkt zu stellen. Justamentstandpunkte sind nicht gefragt. Was gefragt ist, ist das ehrliche Bemühen, die Bestimmungen, die wir heute schaffen, auch tatsächlich zu leben. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn uns das gelingt, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann setzen wir heute tatsächlich einen bedeutenden Schritt für eine neue Mitmenschlichkeit in unserer Ge­sellschaft! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

12.15

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lapp. – Bitte.

 


12.16

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Die Herren Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Trinkl hat die Verhandlungen zu diesem Tagesordnungs­punkt ja bereits eingeleitet, und er ist am Schluss seiner Ausführungen dann so ein bisschen in eine Phase gekommen, in der er gemeint hat, wie huldvoll von der Regie­rung jetzt Maßnahmen gesetzt werden, damit behinderte Jugendliche ebenfalls in den Arbeitsmarkt integriert werden.

Ich denke, in einer Zeit, in der wir ein Gleichstellungsgesetz verhandeln, das wir noch in diesem Jahr schaffen wollen und in dem es darum geht, dass wir im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen weitere Schritte gehen wollen, um behinderte Menschen in unserer Gesellschaft zu integrieren, ist der Punkt, den wir heute hier ver­handeln, ein sehr wesentlicher. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es war eine Sozialpartnereinigung, die diesem Gesetz zugrunde lag: Die Sozialpartner haben sich auf ein umfassendes Paket betreffend den Rahmen der Berufsausbildung für behinderte und benachteiligte Jugendliche geeinigt und dieses vorgelegt. Seit Herbst wurde darüber diskutiert, dann kam es zu einer Einigung bei den Sozialpart­nern, und dann gelangte dieser Vorschlag zu den Ministerien. Da gab es dann größe­ren Widerstand von Seiten des Bildungsministeriums dagegen, dass in der Regie­rungsvorlage der Besuch der Berufsschule für jene Jugendlichen, die eine Teilqualifi­kation haben, nicht zwingend vorgesehen ist.

Da haben wir in Verhandlungen erreicht – und ich bedanke mich an dieser Stelle auch beim Kollegen Amon dafür, dass es da quer über die Parteigrenzen hinweg zu einer Einigung gekommen ist –, dass behinderte Jugendliche ebenfalls den Zugang zum Be­rufsschulwesen haben. Das ist ein wesentlicher Aspekt, denn wenn wir von dualer Aus­bildung sprechen, dann muss diese auch für behinderte Jugendliche gelten, und dieser duale Aspekt betrifft eben nicht nur den Arbeitsplatz, sondern erstreckt sich auch auf den Bildungsbereich.


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Der zweite Punkt sieht vor, dass jenen Jugendlichen, die für ihre Lehre längere Zeit brauchen, diese Zeit auch eingeräumt wird. Ich denke, das ist auch eine Maßnahme, die es ermöglichen soll, verschiedene Defizite oder Nachteile, die im Schulsystem nicht aufgeholt werden konnten, dann im Rahmen der Berufs- und der schulischen Ausbil­dung nachzuholen.

Ich denke, wir haben da einen sehr wesentlichen Fortschritt, einen sehr wesentlichen Schritt auch in Richtung Gleichstellung von behinderten und benachteiligten Jugend­lichen geschafft. Wesentlich und wichtig ist, dass wir uns dann ansehen, wie das in der Realität umgesetzt werden kann. Es würde mich sehr freuen, Herr Kollege Trinkl, wenn sehr viele Unternehmerinnen und Unternehmer ebenfalls auf die Qualitäten und Ta­lente von behinderten Jugendlichen zurückgreifen und ihnen diese duale Ausbildung ermöglichen würden. Ich habe sehr viele Kontakte mit Menschen, mit Familien, wo Jugendliche die Pflichtschule geschafft haben und dann im Hinblick auf eine Berufs­entscheidung vor sehr großen Hindernissen und Hemmnissen stehen und dann all diese Wege durchmachen.

Ein sehr wichtiger Anker für jene Familien sind Ausbildungseinrichtungen wie „Jugend am Werk“ – Sie haben es erwähnt. Bei „Jugend am Werk“ werden sehr viele junge Menschen, die nicht in den Arbeitsmarkt gelangen können, so weit geschult und fit ge­macht, dass sie in die Arbeitswelt eintreten können. Ich denke auch, dass wir diesen Einrichtungen ein herzliches Dankeschön sagen müssen und ihnen auch sagen müs­sen – denn es war gerade der Organisation „Jugend am Werk“ ein wichtiges Anliegen, dass auch die Berufsschulpflicht verankert wird –, dass sie hier weiterhin in einem Zu­sammenspiel zwischen Schule und Berufsausbildung arbeiten können. Ich denke, das ist etwas sehr Wesentliches. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte einen Abänderungsantrag betreffend das Berufsausbildungsgesetz ein­bringen, damit Absolventen, die berufsbildende Schulen besucht haben, mit jenen Menschen gleichgestellt werden, die einen Lehrabschluss haben, und nicht nur Ausbil­dungsverträge, sondern Lehrverträge bekommen können sowie dass Kriterien für Aus­bildner festgeschrieben werden.

Wir werden dieser Vorlage heute zustimmen, weil wir glauben, dass es im Europäi­schen Jahr der Menschen mit Behinderungen wesentlich und wichtig ist, dass man die­sen Menschen Chancen gibt, aber nicht Chancen in einer salbungsvollen Art, sondern Chancen, um eine Gleichstellung erreichen zu können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

12.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Dieser Abänderungsantrag ist genügend unterstützt und in seinen Kernpunkten erläutert worden. Er wird schriftlich vervielfältigt und verteilt wer­den und steht nach § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung zur Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Heidrun Silhavy und KollegInnen zum Bericht des Wirtschaftsausschusses (171 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Bäckereiarbeiter/innengesetz geändert werden (109 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:


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Artikel 1 wird wie folgt geändert:

1. Z 1 wird wie folgt geändert:

„1. § 2 Abs 2 lit c lautet:

,c) sie, oder in den Fällen des § 3 der Ausbilder, die erforderlichen Fachkenntnisse zu­mindest auf dem Niveau der Lehrabschlussprüfung in dem entsprechenden Lehrberuf besitzen und, sofern Abs. 8 und 9 nicht anders bestimmen, die Ausbildungsprüfung erfolgreich abgelegt oder einen Ausbilderkurs erfolgreich absolviert haben und

2. Die bisherigen Z 1 bis 15 erhalten die Bezeichnung „2 bis 16“.

3. Nach Z 16 neu wird eine Z 17 eingefügt:

„17. Nach § 20 Abs 3 lit i wird eine neue lit j eingefügt:

,j) wenn der entsprechende Lehrvertrag sich auf eine/n Absolventin/en einer gemäß § 34a als facheinschlägig festgestellten berufsbildenden mittleren oder höheren Schule bezieht.

4. Die bisherigen Z 16 bis 45 erhalten die Bezeichnung „18 bis 47“.

5. Z 46 neu lautet:

„In § 34a wird nach der Wortfolge „einer mindestens dreijährigen beruflichen mittleren Schule“ die Wortfolge „einer mindestens dreijährigen land- und forstwirtschaftlichen Fachschule“ eingefügt und folgender letzter Satz hinzugefügt: „Die Facheinschlägigkeit einer Berufsbildenden Mittleren oder Höheren Schule in Hinblick auf Lehrberufe ist mittels Erlass des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit festzustellen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat ein Gutachten des Bundes-Berufsaus­bildungsbeirates einzuholen und der Erlass hat auf diesem Gutachten zu beruhen.

Begründung:

Es ist dringend erforderlich eine Regelung im Zusammenhang mit der fachlichen Be­fähigung von Lehrberechtigten vorzunehmen; dies umsomehr als im Entwurf die fach­lichen Voraussetzungen für Ausbilder/innen nicht mehr vorhanden sind. In der Novelle zur Gewerbeordnung sind in mehreren Bereichen eine Reduktion von Befähigungs­nachweisen zur Ausübung von Gewerben enthalten: so genügt bei Freigabe des Han­delsgewerbes die Anmeldung; weiters ist bei den künftighin reglementierten Gewerben unklar, welche fachlichen Befähigungsnachweise verordnet werden.

Um die Qualität der Lehrlingsausbildung trotz der Deregulierung in den Befähigungs­nachweisen sicher zu stellen, ist daher diese Änderung vorzunehmen.

Es ist ein Tatbestand für die Verweigerung der Eintragung des Lehrvertrages für die Fälle vorzusehen, dass AbsolventInnen von facheinschlägigen Schulen in einem ein­schlägigen Lehrberuf Lehrverträge abschliessen. Das ist vor allem durch den Entfall der Bestimmungen des § 28 erforderlich geworden, da in der Praxis AbsolventInnen von Berufsbildenden Höheren Schulen als Lehrlinge beschäftigt werden, obwohl sie die Fertigkeiten und Kenntnisse des Lehrberufes bereits im Rahmen ihrer schulischen Ausbildung erworben haben.

*****

 

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte.

 



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Stenographisches Protokoll
27. Sitzung / Seite 77

12.21

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz ist ein weiterer Meilenstein in der Integration, nämlich jener in den Berufsschulen. Auch meine Vorredner haben dies bereits begrüßt, und ich freue mich, dass es uns gelungen ist, hier eine Vier-Parteien-Einigung zu erzielen. Ich möchte aber auch erwähnen, dass dies das Anliegen unseres Sozialministers und Vizekanzlers Herbert Haupt war, der gerade im Jahr der Menschen mit Behinderungen einen weiteren Schritt in Richtung besserer Integrationsmöglichkeiten gesetzt hat. Ebenso steht er dazu, alle begonnenen Maßnahmen, die mit der Behindertenmilliarde eingeleitet wurden, weiter fortzusetzen. Und Gott sei Dank wurde es mit der Behindertenmilliarde auch ermöglicht, die Betriebe so auszurüsten und so zu adaptieren, dass Mitarbeiter mit Handikaps leichter beschäf­tigt werden können. Daher ist es nur allzu logisch, dass man nun diesen Schritt in der Berufsausbildung setzt, nämlich hin zu einer Lehrlingsausbildung.

Auch wenn Sie es nicht hören wollen: 30 Jahre sozialdemokratischer Sozialminister haben es nicht ermöglicht, dieses Gesetz zu verwirklichen, aber Gott sei Dank ist es nie zu spät! (Zwischenruf der Abg. Mag. Lapp.) Und so freue ich mich, dass es heute eben ein Vier-Parteien-Antrag geworden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Kernpunkt des Antrags ist die Miteinbeziehung von Jugendlichen mit sozialen, bega­bungsmäßigen und körperlichen Benachteiligungen. Wie kann das ermöglicht wer­den? – Bei leichten Handikaps durch eine Verlängerung der Lehrzeit – hier besteht eine absolute Berufsschulpflicht – und zweitens, bei größeren Handicaps, mit einer Teilqualifizierung und einer Abschlussprüfung. Das heißt, wir ermöglichen mit diesem Gesetz eine ganz individuelle Ausbildung, die auf die jeweiligen Bedürfnisse, Fertigkei­ten und Fähigkeiten der einzelnen Jugendlichen abgestellt ist.

So haben am Arbeitsmarkt benachteiligte Jugendliche erstmals eine reelle Chance, wirklich einen Abschluss zu erlangen, ins Berufsleben integriert zu werden und – das sei auch erwähnt – eigene Versicherungszeiten zu erwerben, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können, soweit es eben das Handikap zulässt.

Ich beziehe mich auch auf die Ausschussfeststellung, die wir getroffen haben – wir haben ja viel darüber diskutiert –: In der Ausschussfeststellung ist festgehalten, dass bis spätestens 2005 eine erste Evaluierung vorzunehmen sein wird. Fragen wie: Wie viele sind davon betroffen? oder: Ist das Gesetz vielleicht in die eine oder andere Rich­tung noch zu adaptieren? werden dann zu behandeln sein.

Das heißt, wir beginnen damit einen Prozess, bei dem wir noch nicht wissen, wie er sich im Detail bewähren wird, aber es ist jedenfalls ein großer erster Schritt für unsere Jugendlichen mit Handikaps.

Ich erlaube mir, den folgenden Vier-Parteien-Antrag einzubringen:

Antrag

der Abgeordneten Amon, Mares Rossmann, Brosz, Mag. Christine Lapp und KollegIn­nen zum Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (109 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Bäckereiarbei­ter/innengesetz 1996 geändert werden (171 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

In Artikel 1 Z 5 des bezeichneten Gesetzesantrags (§ 8b) hat der letzte Satz des Abs. 22 zu lauten:


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27. Sitzung / Seite 78

„Für Personen, die im Rahmen einer integrativen Berufsausbildung gemäß Abs. 2 aus­gebildet werden, besteht nach Maßgabe der Festlegungen gemäß Abs. 8 die Pflicht beziehungsweise das Recht zum Besuch der Berufsschule.“ 

*****

Ich ersuche Sie um weitere Zusammenarbeit, auch dann, wenn es um die Evaluierung geht, und darum, dass wir, wenn sich herausstellt, dass das eine oder andere vielleicht noch in einem nächsten Schritt zu verwirklichen sein wird, alle weiteren Schritte ge­meinsam vornehmen. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

12.25

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist genügend unterstützt und steht mit zur Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


12.25

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Es fällt nicht ganz leicht, die Ausführungen der Kollegin Rossmann unwidersprochen hinzunehmen, wenn sie einerseits auf die Verdienste des Herrn Haupt und andererseits auf die Versäumnisse der sozialdemokratischen Sozial­minister hinweist. Ich kann Ihnen nur sagen, wir haben uns gerade im Bereich der Integration an den Schulen beim Versuch, auch weiterbildende Angebote zu öffnen, Integrationsmöglichkeiten zu eröffnen, in den letzten Jahren immer wieder bemüht, Gespräche darüber mit Frau Bundesministerin Gehrer zu führen, sind aber in weiten Teilen an Ministerin Gehrer gescheitert. Sozialdemokratische Sozialminister haben relativ wenig dafür gekonnt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber man muss anerkennen, dass es in diesem Fall wirklich Bewegung gegeben hat. Dies ist mit Sicherheit ein Gesetzentwurf, der als absoluter Fortschritt zu bezeichnen ist. Das hat, glaube ich, auch etwas damit zu tun, dass Kollege Huainigg in der ÖVP einiges an Überzeugungsarbeit geleistet und sich gerade in der letzten Woche – ge­meinsam mit unseren Vorstellungen – noch einmal auch in der konkreten Formulierung durchgesetzt hat, sodass all das, was vorher noch an Relativierungen wie „Zweck­mäßigkeit“ und „wenn es erforderlich ist“ drinnen gestanden ist, Gott sei Dank jetzt nicht mehr darin enthalten ist.

Es ist nämlich bei diesen Gesetzesformulierungen letztlich immer die Frage, wie das in der Praxis umgesetzt wird und welche Schlupflöcher aufgemacht werden. Wir werden sehen, ob die Intention dieser Vorlage auch wirklich umgesetzt wird. Es wird auf die Ressourcen ankommen, es wird darauf ankommen, dass es auch an den Schulen die Möglichkeiten – sei es Assistenzleistungen oder Ähnliches – gibt, all das zu finanzie­ren, damit dieses Gesetz in der Form, wie es nun, schön und gut klingend, vorliegt und wie wir es gemeinsam beschließen werden, auch in die Realität umgesetzt werden kann. Das werden wir uns dann genau anschauen, es gibt ja den Evaluierungsauftrag des Ausschusses.

Ich hoffe jedenfalls, dass es die nötigen Geldmittel geben wird; ich bin noch nicht ganz davon überzeugt, da wir genau über diese Dinge vor drei, vier, fünf Monaten – wann immer das war; ich glaube, im Februar – mit Ministerin Gehrer gesprochen und die klare Antwort bekommen haben: Dafür gibt es kein Geld aus dem Bildungsbudget! Aber die Berufsschulen sind nun einmal im Bildungsbudget dotiert. Wie das also in der Praxis ausschauen wird, werden wir sehen. Ich gebe jedenfalls die Hoffnung nicht auf. Vielleicht verändert sich ja auch bei den budgetären Rahmenbedingungen etwas.


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Grundsätzlich sehe ich das aber nur als einen Zwischenschritt, weil wir über genau das, was nun in der Berufsschule möglich wird, seit Jahren auch bei weiterführenden Schulen, bei berufsbildenden mittleren Schulen, sprechen. Dabei ist immer das Argu­ment gekommen, die gesamte Anforderung könne nicht erfüllt werden, daher sei es auch nicht möglich, die Schulen zu öffnen. Jetzt haben wir eine Formulierung gefun­den, mit der festgelegt wird, für welche Teile die Berufsschulpflicht gilt, womit sozu­sagen eine individuelle Lösung herbeigeführt wird. Ich glaube, dass es problemlos möglich sein muss, auch bei berufsbildenden mittleren Schulen ähnliche Lösungen anzudenken. Es kann also möglich sein, trotz Schwierigkeiten in einzelnen Bereichen auch dort Integration zuzulassen, auch diese Schulen zu öffnen. Schauen wir, ob wir auch da etwas bewegen können!

Ich hoffe, dass sich diese Gesetzesänderung als ein Schritt aus der Erstarrung heraus erweisen wird und es auch bezüglich der weiteren, absolut notwendigen Schritte ins­besondere in der ÖVP zu Bewegungsbereitschaft kommt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.29

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.29

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute in einer Vier-Parteien-Übereinkunft eine Novelle des Berufsausbildungsgesetzes be­schließen und auch Teile des Schulpflichtgesetzes ändern, dann ist das, denke ich, ein sehr schönes Signal, eine Weiterentwicklung im Rahmen der dualen Berufsausbildung.

Wir sind in Österreich, was die Integration von körper- und sinnesbehinderten Kindern in unser Bildungssystem anlangt, sehr weit – das sollte man nicht immer schlecht­reden! Die Integration ist im Grunde genommen in allen Bereichen möglich. Dass das mit Schwierigkeiten verbunden ist, steht außer Streit. Aber wir sind hier sehr weit.

In der Frage der Integration von Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung stehen wir sicherlich am Anfang einer Diskussion, einer Diskussion, die aber nicht ein­fach ist, die eine schwierige Diskussion ist und wo, wie ich glaube, eine wie immer ge­artete Polemik keinen Platz hat. Es geht daher heute nicht darum, salbungsvoll oder huldvoll große Taten zu lobpreisen. Vielmehr geht es darum, nicht nur einer Reihe von Menschen, die in die Verhandlungen rund um die Gesetzwerdung involviert waren, danke zu sagen, sondern es gilt auch, jenen österreichischen Unternehmen, die bereit sind, hier einen wesentlichen Schritt in Sachen Integration zu leisten, im Vorhinein danke zu sagen, denn das ist natürlich auch für Unternehmen – oft sind es ja Klein- und Kleinstbetriebe, die eine derartige Integration betreiben – eine Herausforderung und sicherlich keine ganz einfache Aufgabe. Daher sollte man diesen Betrieben im Vornhinein Dank sagen, dass sie dazu bereit sind.

Worum geht es? – Es geht darum, dass wir eine Teilqualifikation aus Lehrberufen schaffen. In Österreich gibt es fast 300 Lehrberufe, also ein wirklich breites Feld an Möglichkeiten, sich beruflich zu betätigen. Wenn nun diese an einem solchen Ausbil­dungsvertrag, an einem solchen Ausbildungsverhältnis Beteiligten übereinkommen, eine Teilqualifikation zu ermöglichen, dann soll es, wenn es als sinnvoll angesehen wird – wovon wir ausgehen –, damit auch möglich sein, jene Teile im Rahmen der Be­rufsschule zu absolvieren. Ich halte das deshalb für wichtig, weil es gerade die duale Ausbildung ist, die sehr stark auf individuelle Talente und Möglichkeiten Rücksicht nimmt. So wie das unser differenziertes Bildungssystem insgesamt tut, ist es insbeson-


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dere die duale Berufsausbildung, die hier Möglichkeiten eröffnet, die wir auch entspre­chend nützen sollten.

Ich möchte abschließend Frau Mag. Lapp und Dr. Niederwieser von der SPÖ, ebenso dem Kollegen Dieter Brosz von den Grünen für die Verhandlungen Dank sagen. Insbe­sondere aber möchte ich mich bei meinem Kollegen Franz-Joseph Huainigg bedanken, der sich in dieser Frage sehr stark engagiert hat, der sich sehr stark in die Diskussion eingebracht hat und sicherlich ein starker Partner bei den Verhandlungen war. Es ist aber auch – und das möchte ich betonen – den zuständigen Ministerien zu danken, dem Herrn Sozialminister, dem Herrn Wirtschaftsminister und der Frau Bildungsminis­terin, denn ohne die Mithilfe und Unterstützung der Ressortchefs und der zuständigen Beamten in allen drei Ressorts wäre solch eine Gesetzesinitiative nicht möglich!

In diesem Sinne ist es, denke ich, ein schönes Zeichen, wenn wir heute einen Vier-Par­teien-Antrag beschließen können, und ich danke allen, die sich daran beteiligt haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

12.34

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.34

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die vorliegende Regierungsvorlage beinhaltet auch eine Änderung des Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetzes. Wir wissen alle, dass Jugendliche, die in der Nacht arbeiten, vorher eine Untersuchung über ihre Eignung absolvieren müssen und dass diese Untersuchung jährlich durch Arbeitsmediziner wiederholt werden soll. So steht es zumindest derzeit in § 51 des Arbeitnehmerschutzgesetzes. Mit dieser Novelle wird diese Bestimmung nunmehr umgewandelt, und zwar in eine Untersuchungsbestim­mung im Sinne einer allgemeinen Jugendlichenuntersuchung, die wiederum in § 132a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes begründet ist.

Wir sind im Grunde damit einverstanden. Wo wir eine Gefahr sehen beziehungsweise wo möglicherweise Kritik zu üben ist, ist die Qualität dieser allgemeinen Jugendlichen­untersuchungen, die künftig auch für jene Jugendliche, für jene Lehrlinge, die in der Nacht arbeiten, vorgesehen sind. Diese Untersuchungen werden nämlich nicht von Arbeitsmedizinern begleitet, es sind allgemeine Jugendlichenuntersuchungen, deren Zweck die Überprüfung des allgemeinen Gesundheitszustandes ist und die die beson­deren Belastungen der Nachtarbeit nicht mit berücksichtigen. Zudem tragen die Kosten dieser Untersuchungen derzeit die Arbeitgeber, künftig die Allgemeinheit. Es ist also, Herr Bundesminister, dahinter auch eine kleine Entlastung der Lehrbetriebe versteckt, das soll hier festgehalten werden, da künftig die Allgemeinheit, nämlich die Gebiets­krankenkassen, damit belastet werden.

Sehr verehrte Damen und Herren! In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinwei­sen, dass hier im Hohen Haus vor einiger Zeit die Jugendlichenuntersuchungen im Sinne der Herabsetzung des Volljährigkeitsalters von 19 auf 18 Jahre reduziert wur­den. Ich glaube, wir sollten zu gegebener Zeit darüber nachdenken, ob dieser Weg der richtige war.

Konkret droht derzeit, dass die spezielle arbeitsmedizinische Jugenduntersuchung durch eine Routine- und Reihenuntersuchung der Gebietskrankenkassen ersetzt wird. Sehr verehrte Damen und Herren! Ich wollte auf diesen Umstand hinweisen, weil es vielleicht ein Schlupfloch in der Gesundheitsvorsorge sein kann. Wir sollten zu einem späteren Zeitpunkt überprüfen, ob dieses Schlupfloch genützt wird.


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Zudem möchte ich zu dieser Regierungsvorlage einen zweiten Abänderungsantrag meiner Fraktion einbringen. Wir haben unsere Abänderungen absichtlich in zwei An­träge unterteilt, damit, was die integrative Berufsausbildung betrifft, den Regierungs­parteien eine Zustimmung möglich ist.

Ich bringe daher einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Heidrun Silhavy, Franz Riepl und GenossInnen ein, und zwar zum Bericht des Wirt­schaftsausschusses, 171 der Beilagen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Be­rufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Bäckereiarbeiter/innengesetz geändert werden, in 109 der Beilagen.

Im Besonderen geht es uns in diesem Abänderungsantrag darum, dass es künftig keine Unterscheidung zwischen Lehr- und Ausbildungsvertrag geben soll. Zielsetzung ist, dass egal, ob verlängerte Lehrzeit oder Teilqualifizierung, ein Lehrvertrag im Sinne des BAG die Grundlage für die Ausbildung sein soll.

Ich lade Sie ein, diesem Abänderungsantrag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.38

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist ordnungsgemäß unterfertigt und steht da­her mit in Verhandlung. Er wird gemäß den Bestimmungen, die ich heute schon mehr­fach erwähnt habe, vervielfältigt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Heidrun Silhavy, Franz Riepl und KollegInnen zum Bericht des Wirtschaftsausschusses (171 der Beilagen) betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz, das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Bäckereiarbeiter/innengesetz geändert werden (109 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 wird die Z 5 wie folgt geändert:

1. In § 8b Abs. 2 jeweils erster und letzter Satz wird das Wort „ Ausbildungsvertrag“ durch das Wort „Lehrvertrag“ ersetzt.

2. § 8b Abs. 5 lautet:

„Die Lehrlingsstelle darf einen Lehrvertrag gem. Abs. 1 oder Abs. 2 nur eintragen, wenn auf die betreffende Person eine der Voraussetzungen gemäß Abs. 4 Z 1 bis 4 zutrifft und wenn das Arbeitsmarktservice diese Person nicht in ein Lehrverhältnis als Lehrling gemäß § 1 vermitteln konnte.“

3. § 8b Abs. 8 zweiter Satz lautet:

„Dabei sind auch pädagogische Begleitmaßnahmen und die Einbindung in den Berufs­schulunterricht unter Berücksichtung der persönlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten der die integrative Berufsausbildung anstrebenden Person festzulegen.“

4. § 8b Abs. 9, 2. Satz lautet:

„Die berufliche Orientierungsmaßnahme gründet nicht auf einem Lehrvertrag“.


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5. In § 8b Abs. 10 dritter Satz wird das Wort „Ausbildungsvertrag“ durch das Wort „Lehrvertrag“ ersetzt.

6. § 8b Abs. 11, zweiter Satz wird die Wortfolge „bzw. eines neuen Ausbildungsvertra­ges“ gestrichen.

7. 8b Abs. 22 vorletzter Satz lautet:

„Personen, die im Rahmen einer integrativen Berufsausbildung ausgebildet werden, sind hinsichtlich der Berufsschulpflicht Lehrlingen gleichgestellt.“

8. § 8b Abs. 22 letzter Satz wird gestrichen.

Begründung:

Für Personen, die in einer Teilqualifizierung gemäß § 8b Abs. 2 ausgebildet werden sollen, entfällt durch die in der Regierungsvorlage gewählte Formulierung de facto die Berufsschulpflicht; in Abs. 22 ist die Teilnahme am Berufsschulunterricht für diese Per­sonengruppe nur dann zu ermöglichen, wenn bei der Festlegung der Ausbildungsziele gemäß Abs. 8 auch die Einbindung in die Berufsschule für zielführend erachtet wurde. Eine Berufsschulpflicht für Personen im Rahmen einer Ausbildung gemäß § 8b Abs. 2 des Entwurfes ist aber nicht nur für den Erfolg der Maßnahmen der integrativen Beruf­ausbildung sondern auch für einen allfälligen Wechsel des Ausbildungszieles erforder­lich. Eine Nichteingliederung in den Berufsschulunterricht bedeutet darüber hinaus eine massive Diskriminierung von Personen, die im Rahmen einer Teilqualifizierung ausge­bildet werden. Nur durch Einbeziehung dieser Personengruppe in die Berufsschul­pflicht können die Schulbehörden verpflichtet werden, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die schulische Integration für alle Zielgruppen im Rahmen der integrati­ven Berufsausbildung zu erreichen.

Es soll keine Unterscheidung zwischen Lehr- und Ausbildungsvertrag geben und die Zielsetzung ist, dass egal ob verlängerte Lehrzeit oder Teilqualifizierung ein Lehrver­trag im Sinne des BAG abgeschlossen wird; die Unterscheidung zwischen Ausbil­dungsvertrag und Lehrvertrag wirkt diskriminierend, weil dadurch betont wird, dass Ausbildungsverträge anders zu bewerten sind, als Lehrverträge. Sie ist insbesondere auch deshalb abzulehnen, da trotz der Bestimmung des Abs. 14 („Im Übrigen gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß“) Probleme beim Bestands­schutz bzw. hinsichtlich einer leichten Lösbarkeit dieser Ausbildungsverträge entstehen könnten.

*****

 

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


12.38

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Änderung des Berufsausbil­dungsgesetzes, ein Vier-Parteien-Antrag, ist ein weiteres Gesetz in die richtige Rich­tung. Speziell benachteiligte Jugendliche besser als bisher in die Berufsausbildung zu integrieren ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Impuls im Europäischen Jahr der Men­schen mit Behinderungen. Für die Integration von benachteiligten Personen werden zwei Möglichkeiten geschaffen. Erstens kann die Lehrzeit mit Lehrabschlussprüfung um bis zu zwei Jahre verlängert werden; dies ist insbesondere für Jugendliche ge­dacht, die ein leichtes Handikap haben und mit einer Verlängerung der Lehrzeit das Lehrziel erreichen können. Es ist ganz wichtig, dass sie eine Abschlussprüfung able-


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gen können und nachher sozialversichert beziehungsweise durch ihre Tätigkeit pen­sionsversichert sind.

Ich glaube, dass das richtig ist. Unser Herr Sozialminister war ja der Erste in diesem Amt, der eine Behindertenmilliarde in Österreich geschaffen hat, sodass jene Berufs­gruppen, auch die vorher genannten, die Möglichkeit haben, eine Arbeit zu bekommen. Ich ersuche, ich fordere die Wirtschaft auf, speziell diesen Personen eine Chance zu geben; Förderungen dafür gibt es!

Ich ersuche um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

12.40

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 


12.42

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Es freut mich, dass heute das Berufsausbildungsgesetz behandelt und wahrscheinlich auch mit einer Vier-Parteien-Einigung beschlossen werden wird. Es ist das ein wichtiger Schritt in Richtung Übergang Schule-Beruf, damit behinderte Jugend­liche die Chance haben – auch wenn sie schwer behindert sind, Lernbehinderungen haben, geistig behindert sind –, einen Einstieg am so genannten ersten Arbeitsmarkt zu schaffen.

Ich habe noch deutlich das Beispiel einer jungen Unternehmerin vor Augen, einer Buchhändlerin aus Wien, die zu ihren MitarbeiterInnen gesagt hat: Wir haben einen neuen Arbeitskollegen! Diese MitarbeiterInnen haben dann ziemlich geschaut, als ihnen von dieser Unternehmerin ein junger Mann mit einem Down-Syndrom vorgestellt wurde, und sie haben gemeint: Was bringt uns das?! Das ist doch nur eine Belastung, denn dieser Kollege braucht doch viel Zeit und bringt dem Betrieb an Leistung wenig! – Es war dann allerdings so, dass dieser neue Mitarbeiter einerseits eine sehr gute Stim­mung im Betrieb verbreitet hat, eben durch seinen Humor, und andererseits auch viel an Leistung eingebracht hat. Und er hat begonnen, Bücher selbst einzupacken, diese zur Post zu bringen, wobei in diesem Prozess auch seine Persönlichkeit sehr mitgereift ist und er heute von diesem Betrieb gar nicht mehr wegzudenken ist; die Kolleginnen und Kollegen wollen ihn gar nicht mehr „hergeben“.

Mit dem neuen Berufsausbildungsgesetz werden wirklich Chancen geboten, auch als Unternehmer einzusteigen. Und ich wünsche mir den Mut von Unternehmern, da mit­zumachen.

In diesem Zusammenhang gab es ja eine heftige Diskussion, auch im Hinblick auf die Berufsschulpflicht. Ich glaube, dass wir gemeinsam eine gute Lösung gefunden haben, eine sehr individuelle, persönliche Lösung, wobei Eltern und Unternehmer im Lehr- be­ziehungsweise Ausbildungsvertrag gemeinsam festschreiben, was die Lernziele und Lerninhalte sind – und das muss dann auch von der Berufsschule umgesetzt werden. Das ist natürlich eine Herausforderung für die Berufsschulen; Probleme gibt es ja an­geblich im Bildungsbereich keine mehr, die sind „abgeschafft“. In zwei Jahren – das wurde auch festgelegt – wird es zu einer Evaluierung kommen, wird geschaut werden, wie gut es läuft beziehungsweise wo es vielleicht noch Handlungsbedarf gibt, um die­ses Gesetz noch verbessern zu können.

Es freut mich wirklich, dass es auch in etwas hitzigen politischen Zeiten zu einer Vier-Parteien-Einigung kommt und dass das wahrscheinlich gemeinsam beschlossen wird. Das zeigt, dass wir auch auf Sachebene etwas weiterbringen können.


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Meine Damen und Herren, Sie werden sich heute vielleicht fragen: Huainigg redet – und kein Gebärdendolmetscher, kein Gebärdensprachkurs? – Es tut mir auch Leid, dass dem heute nicht so ist, aber diese Übersetzungen haben trotzdem schon Wirkung gezeigt, denn in der vergangenen Präsidialsitzung wurde darüber diskutiert und be­schlossen, dass man nunmehr prüfen wird, ob bei TV-Übertragungen von Plenarsitzun­gen diese nicht generell auch in Gebärdensprache übertragen werden sollen. Und ich meine, dass das ein ganz wichtiges Zeichen zur Anerkennung der Gebärdensprache ist. (Allgemeiner Beifall.)

12.46

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Wolfmayr zu Wort. Die Uhr ist auf 4 Minuten gestellt. – Bitte.

 


12.47

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Auch ich begrüße die Novelle zum Berufsausbildungsgesetz – und hier im Besonderen die integrative Berufsausbildung durch Teilqualifizierung. Meine Vorredner haben ja bereits ausführlich dazu Stellung genommen und darauf hingewie­sen, dass im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen ein Zeichen gesetzt wird: durch eine praktikable Lösung für behinderte Jugendliche, und zwar eine realis­tische, den Anforderungen der Zeit, der Gesellschaft, der Wirtschaft gerecht werdende.

Werner Amon hat ja bereits unserem Kollegen Franz-Joseph Huainigg für dessen en­gagierte Arbeit im Vorfeld gedankt. Ich möchte namens meiner Fraktion, wahrschein­lich im Namen aller, die sich seit langem Schritte in diese Richtung gewünscht haben, ebenfalls herzlich danken.

Meine Damen und Herren! Die wesentliche Verbesserung in diesem Gesetz gegenüber dem vorherigen Zustand besteht darin, bestimmte eigene Fähigkeiten auszubilden – und andere, die für manche Berufssparten automatisch vorausgesetzt werden, aber bei näherer Betrachtung gar nicht so zwingend notwendig sind, nicht mehr als unabdingbar für die Ausübung bestimmter Berufe zu betrachten. Nicht mehr in fixen Bahnen also, sondern in einer Art Modulsystem, durch Erwerben der Fähigkeit sozusagen von ein­zelnen Bausteinen wird Wissen und werden Fähigkeiten erworben. Und eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielt die Berufsausbildungs-Assistenz. Meine Kollege Trinkl hat ja bereits darauf und auch auf die Situation in der Steiermark hingewiesen, wo es einige vorbildliche Beispiele gibt. In diesem Zusammenhang möchte ich das en­gagierte Projekt „Chance B“ erwähnen, mit dem ich auch persönlich verbunden bin und dessen Arbeit ich seit langem gut kenne. In diesem Projekt wird Teilqualifizierung, und zwar in Übereinkunft mit allen Beteiligten und in enger Bindung an wirtschaftliche Betriebe, seit Jahren und ganz selbstverständlich ausgeübt und betrieben. Und ich weiß, dass diese heutige gesetzliche Festschreibung eine weitere Ermutigung und Be­stätigung der wertvollen Arbeit eines engagierten Teams ist. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Es braucht freilich in jedem einzelnen konkreten Fall Good will aller Beteiligten, ein Entgegenkommen und maßgeschneiderte Ansätze, ein Umdenken aller an diesem Prozess Beteiligten – und ein Umdenken letztlich von uns allen, meine Damen und Herren.

Ursprünglich wollte ich noch auf das Thema Berufsschulen eingehen, werde das aber aus Zeitgründen jetzt nicht tun, weil ich noch folgenden Antrag einbringen möchte:


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27. Sitzung / Seite 85

Antrag

der Abgeordneten Amon, MBA, Rossmann, Brosz, Mag. Lapp und KollegInnen zu Be­richt und Antrag des Wirtschaftsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 geändert wird (172 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Ziffer 1 des bezeichneten Gesetzentwurfes hat zu lauten:

„1. Im § 20 erhält der bisherige Text die Absatzbezeichnung ‚(1)‘ und wird folgender Abs. 2 angefügt:

‚(2) Für Personen, die im Rahmen einer integrativen Berufsausbildung gemäß § 8b Abs. 2 des Berufsausbildungsgesetzes, BGBl. Nr. 142/1969, ausgebildet werden, be­steht nach Maßgabe der Festlegungen gemäß § 8b Abs. 8 des Berufsausbildungsge­setzes die Pflicht beziehungsweise das Recht zum Besuch der Berufsschule.‘“

*****

Meine Damen und Herren! Zum Abschluss: Die Vier-Parteien-Einigung ist für den Be­schluss dieses Gesetzes Zeichen setzend und hat Signalwirkung. Ich glaube und hoffe, dass wir uns mit diesem vernünftigen und fortschrittlichen Gesetz in eine gemeinsame Richtung bewegen und einen Weg einschlagen, der für die Betroffenen gangbar, aber auch für die Wirtschaft vorteilhaft und interessant ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.51

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Antrag der Abgeord­neten Amon, Rossmann, Brosz, Mag. Lapp und KollegInnen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.51

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Nationalrates! Ich würde gerne an dieser Stelle ein paar grundsätzliche Gedanken zu Menschen mit Behinderungen äußern und im Anschluss daran auf die integrative Berufsausbildung eingehen.

Meiner Meinung nach ist das Bild vom Menschen mit Behinderungen noch immer stark geprägt von Vorurteilen, von Mitleid und Angst. Diese Haltung verfestigt meiner Ansicht nach Barrieren im Kopf, die den Blick für das Machbare, für den möglichen Beitrag der Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft verschließen und bei der Beseiti­gung von realen Barrieren – man denke beispielsweise nur an die Vielzahl von Zu­gangsbarrieren, die es im täglichen Leben beinahe überall gibt – wirklich nichts bewir­ken.

Die besonderen Fähigkeiten dieser besonderen Menschen werden meiner Meinung nach somit nicht gefördert – und auch nicht entwickelt. Wir verzichten daher auf Stär­ken, die Menschen mit besonderen Bedürfnissen, die Menschen mit Behinderungen zweifellos haben. Nicht die Vorurteile und das Nicht-Können sollten im Umgang mit den Menschen mit Behinderungen im Mittelpunkt stehen, sondern das Herausarbeiten der Vorteile dieser Menschen und die Förderung ihrer Potentiale. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich komme aus einer Gemeinde, in der es eine Sonderschule gibt, die den schönen Namen „Sonnenschule“ trägt. Die Integration benachteiligter Jugendlicher ist in


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dieser Schule ausgezeichnet; die Kinder und Jugendlichen werden in dieser Schule bestmöglich gefördert. Es gibt aber auch in dieser Schule immer wieder das Problem: Was passiert mit diesen Kindern, was passiert mit diesen Jugendlichen nach dem Schulbesuch?

Mit dem Stadterneuerungsprojekt gemeinsam haben wir ein Modell erarbeitet, das es Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf oder einer Behinderung möglich macht, ins Arbeitsleben einzusteigen. Benachteiligte Jugendliche werden – so, wie zum Beispiel im heute bereits erwähnten „Jugend am Werk“ – in Beschäftigungsinitia­tiven eingesetzt, und sie können dort arbeiten. Ziel ist es, die Jugendlichen in Regel-Lehrstellen zu integrieren.

Meiner Überzeugung nach wird mit dieser Gesetzesvorlage, die wir heute beschließen werden, ein weiterer wichtiger Grundstein genau in diese Richtung gelegt, denn die Ausbildung von benachteiligten Jugendlichen soll einerseits in Lehrbetrieben erfolgen – da bin ich ganz bei Herrn Kollegem Huainigg: ich wünsche mir auch viele Betriebe, die den „Mut“ aufbringen, benachteiligte Jugendliche zu beschäftigen –, es kann aber auch eine Ausbildung in selbständigen Ausbildungseinrichtungen erfolgen.

Aus meiner Arbeit in einer Beschäftigungsinitiative weiß ich, dass es manchmal für be­nachteiligte Jugendliche besser ist, eine gewisse Zeit in einem geschützten Rahmen zu verbringen, damit ihre Potentiale wirklich gefördert werden können. Ich weiß auch, dass es viele Anbieter gibt, die diesbezüglich über das nötige Know-how und auch über ein sozialpädagogisches Angebot verfügen.

Ich denke, es ist wichtig, hier von dieser Stelle aus zu sagen, dass diese Ausbildungs­einrichtungen auch mit den nötigen Mitteln ausgestattet werden, um eine bestmögliche Ausbildung tatsächlich anbieten zu können. Es wäre schön, Herr Minister Bartenstein, wenn diese Ausbildungseinrichtungen längere Verträge erhalten könnten als – wie das ja oft der Fall ist – nur für ein Jahr, denn das macht das Arbeiten für diese Einrichtun­gen sehr schwer. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich bin sehr optimistisch, denn es steht ja im Gesetz, dass glaubhaft gemacht werden muss, dass die Ausbildungseinrichtung für mehrere Jahre mit einem hohen Wahr­scheinlichkeitsgrad sichergestellt ist. Und da, Herr Bundesminister, denke ich, werden Sie ja wohl Wort halten.

Abschließend möchte ich mich noch ganz kurz bei unserer Behindertensprecherin, Frau Mag. Lapp, für das ausgezeichnete Ergebnis bei den Verhandlungen betreffend Pflicht zum Berufsschulbesuch bedanken. Ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der SPÖ.)

12.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Minister Bartenstein. – Bitte, Herr Minister.

 


12.55

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! In aller Kürze beginne auch ich mit einem Wort des Dankes: Es ist schön – diese Hoffnung habe ich ja auch im Ausschuss ausgesprochen –, dass dieses wichtige Gesetz zur integrativen Berufs­ausbildung auf Basis einer Vier-Parteien-Beschlussfassung hier vom Hohen Haus be­schlossen werden wird.

Es war unser Abgeordneter Huainigg, der uns bei seiner Rede vor einigen Minuten die Geschichte eines jungen Menschen mit Behinderung erzählt hat, wobei Kollege Huainigg von der Bereicherung gesprochen hat, die dieser junge Mensch für das Unternehmen, für seine Arbeitskollegen gebracht hat. Um 2 000 Menschen handelt es


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sich, die theoretisch das Potential zu einer integrativen Berufsausbildung haben: junge Menschen mit einer Benachteiligung, einer Behinderung, einem Handikap, wie Frau Abgeordnete Rossmann gesagt hat; 500 werden es wahrscheinlich de facto zu Beginn sein.

Ich halte es für gescheit, dass wir eine Evaluierung für das Jahr 2005 vereinbart haben, dass es sich hiebei also um befristete Bestimmungen bis zum Jahre 2008 handelt, denn es ist natürlich Neuland, das wir hiemit betreten, und es soll sich ja um einen echten Fortschritt für junge Menschen mit Behinderung handeln.

Nach den beispielgebenden Gesetzen und Bestimmungen in unserem Lande für die Integration junger Menschen in verschiedene Schultypen soll jetzt eben die Integration auf dem Weg von der Schule in den Beruf erfolgen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wissen, dass gerade Menschen mit Be­hinderung oftmals in Teilbereichen große Stärken und anderswo eben Schwächen haben, und diese maßgeschneiderte Ausbildung soll daher dazu beitragen – auch im Sinne einer konkreten wirtschaftlichen Chance für diese Menschen im Berufsleben –, diese Stärken zu einer Teilqualifikation auszubilden; in manchen Fällen vielleicht auch mit einer Verlängerung der Lehrzeit eine volle Qualifikation im Sinne eines abgeschlos­senen Lehrberufes zu erlangen.

Ein wichtiges und schönes Gesetzeswerk! Gedankt habe ich bereits. Es passt dieses Gesetzeswerk ins „Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen“; es passt zum Schwerpunkt der Bundesregierung und unseres Sozialministers, die Behindertenmil­liarde, eben auf Euro umgerechnet, fortzuführen. Und es passt auch zum Hohen Haus und zum Klima in unserem Lande, dass man ein derartiges Gesetz auf Basis einer Vier-Parteien-Einigung und damit einer Allparteien-Beschlussfassung umsetzt. – Dan­ke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.57

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minuten einge­stellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.58

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! In der Tat gestehe ich zu, Herr Bundesminister Bartenstein: Wir haben hart – und letztendlich gut verhandelt. Dieses Gesetz zur integrativen Berufsausbildung ist ein wirklich wichtiger Schritt im „Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderun­gen“.

Sie, Herr Bundesminister Bartenstein, sind aber Arbeitsminister für alle Jugendlichen in unserem Land. Gestatten Sie mir daher am Ende dieser Debatte, darauf hinzuweisen, dass Sie und Frau Bildungsministerin Gehrer nicht nur einmal gesagt haben – Sie haben das bekräftigt, Sie haben das mehrfach bekundet, Sie haben es sogar be­teuert –, dass jeder Jugendliche in unserem Lande – und weil mir alle Jugendlichen so wichtig sind, möchte ich das noch einmal betonen, meine Damen und Herren – einen Ausbildungsplatz bekommen soll, wenn er dafür geeignet ist und diesen haben möchte. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Alle jungen Menschen, meine Damen und Herren, mit denen ich zu tun habe – Sie sicherlich auch; Sie werden sicherlich auch von jungen Leuten angesprochen –, wollen einen Arbeitsplatz haben, nur können sie zum Teil nicht. Herr Bundesminister Barten­stein, Sie könnten da einschreiten, aber, behaupte ich jetzt einmal, Sie wollen wahr­scheinlich nicht. Da nützt es nichts, zu beteuern, wie Sie das heute Vormittag hier getan haben, dass Österreich diesbezüglich im europäischen Vergleich absolut gut da-


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steht: Das nützt jenen über 30 000 Jugendlichen in Österreich nichts, die auf Arbeits­suche sind, die eben keinen Arbeitsplatz haben.

Sie, Herr Bundesminister Bartenstein, haben sich auch über die Juni-Daten absolut un­erfreut gezeigt, jedoch: Auch das nützt nichts! Vielmehr sollten Sie da etwas tun, Herr Bundesminister! Ich denke mir, alle flankierenden Maßnahmen, die wir vorigen Sep­tember auch mitbeschlossen haben, sind dann Schall und Rauch, Herr Bundesminis­ter, wenn sie nicht fruchten!

Ich sehe noch keine positiven Auswirkungen des Konjunkturbelebungspaketes vom vergangenen September, wenn es eben eine Tatsache ist – und die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache –, dass Monat für Monat die Zahl der Arbeit suchenden jungen Menschen steigt und das Lehrstellenangebot sinkt.

Jetzt komme ich zum eigentlichen Gesetz. – Es ist nur recht und billig, dass wir im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen heute gemeinsam ein Gesetz zur integrativen Berufsausbildung beschließen werden und diese für die Gruppe der jungen Leute, die es ein bisschen schwerer im Leben gehabt hat als alle anderen und bisher von einer fundierten Berufsausbildung ausgeschlossen war, jetzt ermöglicht wird. Wir wissen, dass die Vorlehre dazu nicht geeignet war, und sie soll jetzt dadurch ersetzt werden.

Das haben Sie erkannt, Herr Bundesminister, und das ist wirklich gut. Aber zur Erinne­rung: Fast wäre es an der Frau Bildungsministerin gescheitert – das muss man noch einmal sagen –, weil sie, glaube ich, an Integration in der Berufsschule nicht sehr in­teressiert war! Aber zum Glück konnten es alle Beteiligten – Herr Dr. Huainigg ist schon genannt worden, Kollege Amon, Kollege Brosz, Kollegin Lapp – in Verhandlun­gen dazu bringen, dass nun diese integrative Berufsausbildung so erreicht wurde, dass die benachteiligten Jugendlichen nicht vom Besuch der Berufsschule ausgeschlossen werden können.

Danke, dass jetzt alle Jugendlichen diese Chance haben! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.01

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz und weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 171 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Amon, Rossmann, Brosz, Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da dieser Abänderungsantrag im Sinne des Artikel 14 Abs. 10 Bundes-Verfassungsge­setz nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehr­heit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden kann, stelle ich zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.


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Ich werde zunächst über die von dem erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile, der Systematik des Gesetzestextes entsprechend, und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstim­men lassen.

Die Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag be­treffend die Einfügung einer neuen Ziffer 1 in Art. 1 eingebracht.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minder­heit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag betreffend Art. 1 § 8b Abs. 2, 5, 8, 9, 10, 11 und Abs. 22 vorletzter Satz einge­bracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist das die Min­derheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag betreffend die Streichung von Art. 1 § 8b Abs. 22 letzter Satz eingebracht.

Ich ersuche jene Angehörigen des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Es ist dies die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Amon, Rossmann, Brosz, Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der ebenfalls Art. 1 § 8b Abs. 22 letzter Satz betrifft.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist dies einstim­mig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag be­treffend Art. 1 § 20 Abs. 3 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zei­chen. – Es ist dies die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag betreffend Art. 1 § 34a eingebracht.

Ich bitte jene Abgeordneten, die hiefür die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Es ist dies die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den restlichen, noch nicht abgestimmten Teil des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Es ist dies ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zu dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig ange­nommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Schulpflichtgesetz geändert wird, in 172 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Amon, Mag. Lapp, Rossmann, Brosz, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung eines neuen Abs. 2 in § 20 sowie auf die dadurch bedingte Änderung der Absatzbezeichnung be­zieht.

Der vorliegende Entwurf sowie der eingebrachte Zusatzantrag können im Sinne des Artikel 14 Abs. 10 Bundes-Verfassungsgesetz nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stim­men beschlossen werden. Somit stelle ich zunächst die für die Abstimmung erforder­liche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatzantrages der Abgeordneten Amon, Mag. Lapp, Rossmann, Brosz, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig ange­nommen.

4. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (65 der Bei­lagen): Bundesgesetz, mit dem das Musterschutzgesetz 1990 geändert wird (Musterschutzgesetz-Novelle 2003) (169 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner hiezu ist Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. – Bitte.

 


13.07

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Designschutz oder der Schutz von Ge­schmacksmustern, wie er heute vorliegt, kann – wenngleich bis dato die Anmeldungen relativ gering waren, das ist zuzugeben – durchaus von wirtschaftlicher Bedeutung sein, insbesondere aus dem Grund, dass die Entwicklung von Designs zunehmend mit Kosten, mit durchaus hohen Kosten für die Unternehmen verbunden ist. Nur am Rande soll angemerkt werden, dass es sich hier um keine neue Rechtsmaterie handelt, son­dern bereits Ende des 18. Jahrhunderts etwa in Frankreich Geschmacksmuster bei Seidenerzeugnissen vorlagen. Das ist also ein altes Thema.

Geschmacksmuster können einen entsprechend hohen wirtschaftlichen Wert haben. Es ist daher erfreulich, dass die Europäische Union sich auch in diesem Bereich dazu aufgerafft hat, Richtlinien zum Schutz des Wettbewerbs zu erlassen. Es wird nun die


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Schutzdauer von fünf Jahren mit zweimaliger Verlängerungsmöglichkeit, das heißt von insgesamt 15 Jahren, auf fünf Jahre plus viermalige Verlängerungsmöglichkeit ausge­dehnt. Dieser 25 Jahre dauernde Schutz bietet für die Design-Unternehmen natürlich eine entsprechende Absicherung ihrer Tätigkeit. Zusätzlich kommt es dazu, dass die bisherige absolute Neuheit, die weltweit gegeben sein musste, ersetzt wird durch eine relative, europaweite Neuheit. Das bedeutet auf der einen Seite, dass bei Drittimporten etwa aus Billigländern ein besserer Schutz der Unternehmen gegeben ist, aber auf der anderen Seite, dass für den Konsumenten die Erzeugnisse teurer werden. Wir glauben, dass es sich in diesem Rechtsbereich um ein nicht unerhebliches Span­nungsfeld in Richtung Konsumentenschutz handelt.

Grundsätzlich begrüßen wir die Harmonisierung, die hier stattfindet. Grundsätzlich be­grüßen wir auch dieses Wettbewerbsgesetz und die Richtlinienumsetzung. Wir glauben jedoch, dass insbesondere im Bereich der fehlenden Reparaturklausel die Probleme, die sich im Konsumentenschutz ergeben könnten, derart gravierend sind, dass uns eine Zustimmung leider nicht möglich ist.

Bei der Reparaturklausel geht es um den Nachbau von Mustern von Bauelementen komplexer Erzeugnisse. Das ist insbesondere ein Problem im Kfz-Bereich, etwa bei Scheinwerfern und anderen Karosserieteilen. Ein absolutes Nachbauverbot könnte hier zu wesentlichen Kosten für die Konsumenten führen. Es könnte auch im Versiche­rungsbereich dazu führen, dass die Kosten steigen und wiederum auf den Konsumen­ten abgewälzt werden. Wir glauben nämlich, dass durch dieses neue Gesetz, durch die Richtlinienumsetzung in diesem Bereich die Anmeldungen deutlich ansteigen werden. Angesichts von Zehntausenden Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in diesem Be­reich und einigen hundert Betrieben – gerade Klein- und Mittelunternehmen – der Kfz-Zulieferungsbranche scheint es uns angebracht zu sein, hier eine entsprechende Re­paraturklausel einzufügen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf daher einen


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Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Hoscher und Ge­nossInnen zum Gesetzentwurf im Bericht des Wirtschaftsausschusses 169 der Beila­gen über die Regierungsvorlage 65 der Beilagen betreffend Musterschutzgesetz-No­velle 2003 einbringen. Der Antrag ist meines Wissens verteilt worden, sodass ich auf die Verlesung verzichten kann.

Inhaltlich geht es darum, den Musterschutz grundsätzlich auch in diesem Bereich gel­ten zu lassen, aber den sofortigen Nachbau von Ersatzteilen zu ermöglichen, und zwar gegen eine entsprechende Abgeltung, die in diesem Abänderungsantrag formuliert ist. Dies scheint uns ein gangbarer Weg zu sein, einen Kompromiss zwischen den Interes­sen der Unternehmen, ihre Aufwendungen zu schützen, und den Interessen der Kon­sumenten, nicht erhöhte Preise zahlen zu müssen, zu finden.

Ich möchte Sie daher ersuchen, diesem Antrag näher zu treten, weil Sie uns damit die Möglichkeit geben würden, dieser Novelle zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Hoscher in seinen Kernpunkten erläuterte Antrag wird im Saal verteilt, wird darüber hinaus dem Stenographischen Protokoll beigedruckt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Hoscher und KollegInnen zum Gesetzentwurf im Bericht des Wirtschaftsausschusses 169 der Beilagen über die Regierungsvorlage 65 der Beilagen betreffend Musterschutzgesetz-Novelle 2003

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. § 4a Abs. 2 lautet:

„§ 4a Abs. 2. Rechte aus einem registrierten Muster können gegenüber Dritten, die das Muster benutzen, nicht geltend gemacht werden, vorausgesetzt

1. das Erzeugnis, in das das Muster aufgenommen wird oder bei dem es verwendet wird, ist Bauelement eines komplexen Erzeugnisses, von dessen Erscheinungsform das geschützte Muster abhängt und

2. der Zweck der Verwendung besteht darin, die Reparatur des komplexen Erzeugnis­ses so zu ermöglichen, dass seine ursprüngliche Erscheinungsform wiederhergestellt wird und

3. die Öffentlichkeit wird hinsichtlich der Herkunft des für die Reparatur benutzten Er­zeugnisses durch die Verwendung eines untilgbaren Zeichens wie eines Wasserzei­chen, einer Handelsbezeichnung oder in anderer angemessener Form informiert und

4. der Dritte hat dem Rechtsinhaber die beabsichtigte Benutzung des Musters mitge­teilt und dem Rechtsinhaber angeboten, ihn regelmäßig und zuverlässig über den Um­fang, in dem er das Muster auf Grundlage dieser Bestimmung nutzt, zu informieren und dem Rechtsinhaber eine gerechte, angemessene Vergütung angeboten.

Kriterium für die Berechnung einer angemessenen Vergütung ist der Nettoverkaufs­preis eines – bereits am Markt eingeführten – vergleichbaren Produktes. Von diesem Preis wird ein bestimmter Prozentsatz (zwischen 0,25 Prozent und 0,5 Prozent) als Vergütung berechnet. Die Höhe des Prozentsatzes berücksichtigt die Anzahl der Lizenznehmer und die geplante Stückproduktion (degressive Berechnung der Vergü­tung).“

2. Der bisherige Abs. 2 des § 4a erhält die Bezeichnung Abs. 3.

Begründung:

Mit der Regierungsvorlage zum Bundesgesetz, mit dem das Musterschutzgesetz 1990 geändert wird, soll die Richtlinie 98/71/EG über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen umgesetzt werden.

Die Regierungsvorlage übernimmt die in der Richtlinie vorgesehene Reparaturklausel nicht in das österreichische Gesetz, sondern stellt nur in den erläuternden Bemerkun­gen bei Änderung der Marktverhältnisse eine nochmalige Prüfung der Rechtslage in Aussicht.

Das Musterschutzrecht ist ein gewerbliches Schutzrecht, das dem Designer für seine geistige Idee eine Ausschließlichkeitsstellung für 25 Jahre (nach bisheriger Gesetzes­lage 15 Jahre) gewähren soll. Bei der Umsetzung sind daher die Rahmenbedingungen aus wirtschaftspolitischer Sicht so zu gestalten, dass es zu keiner Abschottung einzel­ner Märkte kommen kann. Eine derartige Abschottung kann sich auch zu Lasten der Konsumenten und der Arbeitnehmer in der vom Musterrechtsinhaber abhängigen Branche auswirken.


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Die Problematik wird besonders evident im Zusammenhang mit der Frage des Nach­baues von sichtbaren Einzelteilen zu Reparaturzwecken im KFZ-Sektor (zum Beispiel Scheinwerfer, Autoglas). Um vom Konsumenten akzeptiert zu werden, müssen die nachgebauten Teile genauso aussehen wie das Original.

Wird der Nachbau von sichtbaren Ersatzteilen verboten, würde der Ersatzteile-Markt monopolisiert werden und die Konsumenten gezwungen, Originalersatzteile – die in der Regel um ein Vielfaches teurer sind als gleichwertige Nachbau-Ersatzteile – zu kaufen.

Auf EU-Ebene konnte in dieser Frage keine Einigung gefunden werden. Art. 14 der EU Richtlinie sieht als Kompromisslösung in einer „freeze plus“ Formel vor, dass die MS bestehende Schutzvorschriften für Ersatzteile aufrechterhalten und dann eine Ände­rung vorsehen können, wenn dadurch die Liberalisierung mit solchen Bauelementen (Ersatzteilen) ermöglicht wird. Gleichzeitig verpflichtetet sich die Kommission, die Problematik näher zu untersuchen und in vier Jahren einen Vorschlag zu unterbreiten.

In Österreich werden Ersatzteile vom derzeit geltenden Musterschutzrecht geschützt. In der Praxis wird derzeit vom Ausschließlichkeitsrecht selten Gebrauch gemacht

Im Zuge der Richtlinienumsetzung und Gesetzesänderung ist jedoch mit einer Ände­rung des Verhaltens der Originalteilehersteller in Bezug auf Eintragung und Durchset­zung von Musterrechten zu rechnen.

Dem Nachbau von Ersatzteilen zu Reparaturzwecken im KFZ-Sektor kommt in Öster­reich jedoch eine wichtige volkswirtschaftliche Bedeutung zu:

– Es gibt rund 300 KFZ-Zulieferbetriebe beziehungsweise Ersatzteilehersteller. In die­sen großteils klein- und mittelständischen Betrieben sind zirka 55 000 Arbeitnehmer beschäftigt. Eine Monopolisierung der Ersatzteile würde die Existenz der freien Ersatz­teilmärkte gefährden und auch die Abhängigkeit der Zulieferbetriebe von der Auto­mobilindustrie steigern. Für sie würde es nicht mehr möglich sein, neben Originalteilen auch Nachbauersatzteile für den freien Markt zu produzieren.

– Eine Monopolisierung würde sich auch nachteilig auf nachgelagerte Stufen wie Er­satzteilhandel und freie Werkstätten auswirken und könnte bis zum Abbau von Arbeits­plätzen führen.

– Konsumenten müssen weiterhin die Möglichkeit haben, zwischen teuren Originaler­satzteilen und billigeren Nachbauersatzteilen zu wählen.

Das in den erläuternden Bemerkungen angeführte Bedürfnis an Rechtssicherheit, das für die Nichtaufnahme der Reparaturklausel als Begründung angeführt wird, kann somit nicht höher wiegen als wirtschaftlichen Interessen Österreichs.

Es ist davon auszugehen, dass sowohl andere Mitgliedsstaaten über weniger strenge Schutzbestimmungen für Ersatzteile verfügen als auch von der Liberalisierungsmög­lichkeit Gebrauch machen. Insoferne stellt die Beibehaltung des hohen österreichi­schen Schutzstandards auch in Bezug auf die durch die Richtlinie vorgegebene neue Schutzdauer von 25 Jahren eine Veränderung der Bestimmungen dar, die keinesfalls liberalisierend wirkt.

Um die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Ersatzteileindustrie weiterhin zu ge­währleisten und berechtigte Konsumentenanliegen zu berücksichtigen, soll folgende richtlinienkonforme Lösung in das österreichische Gesetz aufgenommen werden :

Sichtbare Ersatzteile genießen zwar weiterhin Musterschutz, allerdings muss der Nachbau von Ersatzteilen zu Reparaturzwecken gegen eine gerechte, angemessene Vergütung sofort möglich sein. Als Kriterium für die Berechnung der angemessenen


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Vergütung ist der Nettoverkaufspreis eines bereits am Markt eingeführten vergleich­baren Produktes heranzuziehen. Von diesem Preis wird ein bestimmter Prozentsatz (zwischen 0,25 und 0,5 Prozent in Abhängigkeit von der Anzahl der Lizenznehmer und der geplanten Stückproduktion als Vergütung berechnet (degressive Berechnung der Vergütung).

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang auch, dass auch die Gemeinschafts-geschmackmusterverordnung eine Reparaturklausel für Ersatzteile vorsieht. Ein in Alicante registriertes Scheinwerferdesign kann somit in Österreich nicht gegen den Vertrieb von Ersatzscheinwerfer geltend gemacht werden. Ein bewusst in Kauf genom­mene Auseinanderklaffen der rechtlichen Behandlung ein und desselben Sachverhal­tes – wie dies von der Regierungsvorlage in Kauf genommen wird, ist abzulehnen schon in Hinblick darauf, dass in absehbarer Zeit kaum eine EU-weite Lösung zu er­warten sein wird.

*****

 

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.12

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die EU-Richtlinie 98/71/EG über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen und die EG-Verordnung Nr. 6/2002 über die Gemeinschaftsgeschmackmuster machen eine Novellierung des Muster­schutzgesetzes erforderlich.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält die Anpassungen des Musterschutzgesetzes, das 1990 novelliert wurde, an die Richtlinie und flankierende Maßnahmen zur Verordnung. Geändert werden unter anderem Definitionen der Be­griffe „Muster“ und „Erzeugnisse“, die Einführung – mein Vorredner hat es genannt – der „relativen Neuheit“, die Neuheitsschonfrist, und es geht auch um eine Verlängerung der maximalen Schutzdauer auf 25 Jahre. Angepasst werden außerdem die Bestim­mungen über die Nichtigkeitserklärung eines Musters.

Musteranmeldungen können künftig nur noch zentral beim Patentamt eingereicht werden. Die bisher bestehende Möglichkeit, auch bei den Wirtschaftskammern, die als Anmeldestelle fungiert haben, Anmeldungen vorzunehmen, wird mit dieser Gesetzes­novelle künftig entfallen. Das hängt einerseits mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand durch diese dezentrale Anmeldung zusammen, und in Einzelfällen ist es auch zu Ver­zögerungen der Verfahren gekommen. Fristgebundene Eingaben, die bei dezentralen Anmeldestellen gemacht wurden, haben mitunter zu Fristversäumnissen oder in Ein­zelfällen zu Fristversäumnissen und Nachteilen für die Anmelder geführt.

Um die genannten Anpassungen vorzunehmen und die genannten möglichen Nach­teile für den Anmelder zu beseitigen, liegt nun diese Novelle des Musterschutzgeset­zes zur Beschlussfassung im Hohen Haus vor. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.14

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir Grüne halten die Angleichung der Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten im


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Prinzip für sinnvoll. Wir halten auch die Maßnahme für sinnvoll, dass nur noch das Patentamt zuständig ist, weil das sowohl eine Verwaltungsvereinfachung als auch eine Klärung von Kompetenzen bedeutet.

Das Problem, das wir sehen, ist die Verlängerung der maximalen Schutzdauer auf 25 Jahre. Wir haben im Bereich der Patente immer eine kritische Haltung, und zwar deswegen, weil der derzeitige Patentschutz grundsätzlich große Unternehmen bevor­zugt und kleine, kreative, innovative Unternehmen benachteiligt, auch auf Grund der Kosten, die so etwas mit sich bringt.

In diesem Sinn können wir der Verlängerung der maximalen Schutzdauer nicht zustim­men. (Beifall bei den Grünen.)

13.15

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 65 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Hoscher, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz­antrag eingebracht.

Ich werde zunächst über diesen Zusatzantrag und dann über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen lassen.

Der Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Hoscher, Kolleginnen und Kollegen sieht die Einfügung eines neuen Abs. 2 in § 4a vor.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Ich lasse nun über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren Abgeordnete, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist diese ebenfalls die Mehr­heit.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

5. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (35 der Beila­gen): Vorbehalt der Republik Österreich zu Anhang III des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflan­zen (168 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

 


Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Er wünscht, seine Rede­zeit mit 3 Minuten zu beschränken. – Bitte.


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27. Sitzung / Seite 96

13.17

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier einen Gesetzesvorschlag, einen Staatsvertrag zu unterzeichnen, der die Aufweichung des Washingtoner Artenschutzabkommens vorsieht, und zwar in einer Art und Weise, die uns gar nicht gefällt, nämlich diese Aufweichung auch dort zu realisieren, wo Staa­ten, die vom Export dieser geschützten Tiere betroffen sind und die das in ihren Staa­ten nicht erlaubt haben, in ihren Exportverbot-Kompetenzen übergangen werden sollen.

Ich halte das für eine sehr bedenkliche Art und Weise, einerseits aus tierschutzrecht­licher Sicht, aber andererseits auch aus Sicht zwischenstaatlicher Akzeptanz, Koordi­nierung und Kooperation in Tierschutzangelegenheiten, wenn man nicht mehr Wert darauf legt, dass Ursprungszeugnisse und Ausfuhrgenehmigungen jenes Staates not­wendig sind, um solche Tiere – sei es lebend oder auch in Form von Fellen – zu expor­tieren.

Ich glaube, das ist im Wesentlichen der Beginn des Unterlaufens aller Tierschutzmaß­nahmen im internationalen Bereich bei den schützenswerten Tieren. Man kann sagen: Heute ist es das Wiesel, der Rotfuchs und der Hermelin, nächstes Jahr ist es wahr­scheinlich dann der Elefant oder das Elfenbein des Elefanten aus Kenia, das, obwohl dort verboten, hier offiziell importiert werden darf.

Ich glaube, das ist keine gute Methode, als Europäische Union internationalen Tier­schutz wirklich glaubwürdig zu betreiben. Daher werden die Sozialdemokraten diese Vorlage ablehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.19

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.19

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Der Handel mit tierischen und pflanzlichen Produkten – das ist allgemein bekannt – ist neben der Zerstörung von bestehenden Lebensräumen mitunter sicherlich einer der Hauptgründe für die Gefährdung und Ausrottung von diversen Tierarten.

Es ist daher ein guter Ansatz und voll zu unterstützen, dass es seit dem Jahre 1973 dieses Washingtoner Artenschutzabkommen gibt und dass auch Österreich im Jahre 1982 diesem Abkommen und Übereinkommen über den Handel mit gefährdeten Tierarten und gefährdeten Pflanzenarten aus freier Natur beigetreten ist. Es werden damit – das wissen wir alle – über 3 000 Tierarten und über 30 000 Pflanzenarten ge­schützt. Damit wird sozusagen ein Grundstein dafür gelegt, dass diese Pflanzen und Tiere weiterhin existieren.

Es gibt – das wissen wir auch – bei Ahndung Strafen, die zwischen 700 und 36 000 € betragen, und damit ist sicherlich vorgesorgt, dass keine Probleme und keine Fehler auftreten. In diesem Zusammenhang – und das möchte ich heute auch einmal sagen – kann man wirklich einmal mit Recht den grünen Organisationen, den verschiedenen Naturschutz- und Tierschutzorganisationen danken, weil sie sicherlich mit dazu beige­tragen haben, dass in der Bevölkerung ein Umdenken stattgefunden hat und dass die Leute sensibilisiert wurden. Es wurde damit erreicht, dass vom Elefanten bis zum Meerestier, von der gefährdeten Schlange bis zu seltenen Vögeln ein Grundschutz gewährleistet ist.


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27. Sitzung / Seite 97

Aber es gibt – und das ist leider auch eine Tatsache – gewisse Vorschriften in der EU, und wir sind in einer europäischen Gemeinschaft, und diese EU fordert uns dazu auf, dass wir einen Einklang mit den restlichen Staaten herstellen. Das ist eine Verantwor­tung, der wir uns bewusst sein müssen, und das ist auch eine Verantwortung, die wir tragen. Wenn wir nun gemeinsam mit der EU einen Vorbehalt gegen vier Wieselarten und drei Fuchsarten einlegen, so meine ich nicht, dass das der Beginn eines Unterlau­fens des Artenschutzes ist, wie das mein Vorredner gesagt hat, sondern es geht hier mehr oder weniger darum, dass EU-Forderungen und -Vorschriften eingehalten wer­den.

Es handelt sich hiebei wirklich um keine problematische Materie. Dennoch möchte ich den Moment und den Zusammenhang nutzen, anzuregen, dass wir uns sehr wohl dar­über den Kopf zerbrechen sollten, wie wir gerade in einer künftig stark erweiterten EU, in einem EU-Raum, der sich weiter ausdehnt, dafür sorgen können, dass es zu guten, zu hohen und zu einheitlichen Standards beim Tierschutz und beim Artenschutz ver­schiedener Pflanzen und Tiere kommt.

Aus diesem Grunde werden wir von der Freiheitlichen Partei dem Gesetz zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.22

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.22

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Es war einmal ein Land, das im Jahre 1982 beschloss, einem internationa­len Abkommen zum Artenschutz beizutreten. (Abg. Großruck: Die „Biene Maja“ fängt auch so an!) Es war einmal ein Land, dass sich Mitte der neunziger Jahre bereit­machte, einer größeren Gemeinschaft beizutreten, und allen, die Sorge hatten, dass es um Umwelt- und Naturschutzstandards schlecht bestellt sein könnte, wurde gesagt: Nein, liebe Kritikerinnen, liebe kritischen Freundinnen und Freunde, wir werden in die­ser großen Gemeinschaft der EU Vorkämpfer und Vorreiter für hohe Umweltstandards, für hohe Naturschutzstandards sein. (Beifall bei den Grünen.)

Und was machen Sie heute? – Diese Frage ist auch rechtlich nicht uninteressant: Es gibt ein Abkommen, dem wir uns 1982 verpflichtet haben. Wir schaffen später, mit dem Jahr 1995 einen Rechtsbestand, der uns jetzt dazu veranlasst, das, was wir 1982 einer viel größeren internationalen Gemeinschaft versprochen hatten, wieder zurückzuneh­men.

Warum das Ganze? – Weil es in diesem Artenschutzabkommen – wie es in den allge­meinen Grundzügen von meinem Vorredner bereits dargelegt wurde – einige Lücken gibt, die sich die EU zunutze macht. Wenn ein Staat gegen eine als bedroht geführte Tierart des Anhangs des Washingtoner Artenschutzabkommens einen so genannten Vorbehalt einlegt, dann gilt das auch für das Artenschutzschutzabkommen. Innerhalb der EU haben wir jetzt die Situation, dass Irland ein Interesse daran hat, weiterhin Pelztierzucht mit Füchsen in kommerziellen Farmen betreiben zu können. Daher ist es innerhalb der EU vorgeprescht und hat gesagt: Wir wollen nicht, dass Österreich, Deutschland, Spanien, Griechenland, Frankreich, wer auch immer Füchse schützt, denn wir wollen dadurch nicht gebunden sein, weil wir unsere Pelztiergeschäfte weiter­hin betreiben wollen.

Was macht daher diese starke Union, die sich Umwelt- und Naturschutz ebenfalls als Ziel gesetzt hat? – Sie sagt okay, wenn Irland das möchte, dann wollen wir das alle auch!


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27. Sitzung / Seite 98

Und was macht das große Österreich, das sich so stark gemacht hat, dass es Vor­kämpfer sein wolle, dass es an vorderster Front für Umwelt- und Naturschutz streiten wolle? – Sie sagen: Die EU will das so, da können wir gar nichts machen!

Das heißt auf Wunsch einiger, in Wirklichkeit einer Hand voll irischer Pelztierzüchter, die unbedingt auch Fuchspelze produzieren wollen, wird jetzt die gesamte EU inklusive Österreich darangehen, das Artenschutzabkommen CITES nach unten zu nivellieren und den Artenschutz auszuhöhlen.

Vielleicht noch einige Zahlen dazu, damit Sie auch wissen, wie absurd das Ganze ist: In Irland lehnen 64 Prozent der Bevölkerung die kommerzielle Pelztierhaltung ab. In Irland werden jährlich gezählte 1 700 Füchse in Pelztierfarmen geschlachtet, dies im Übrigen auf eine Art, die in Österreich nicht tierschutzgerecht wäre. Wegen dieser 1 700 Füchse, die eine Hand voll Pelztierfarmer produzieren wollen, muss die ganze EU jetzt sagen: Tut uns Leid, wir können uns leider nicht an das Washingtoner Arten­schutzabkommen halten, daran, den Rotfuchs und einige andere Tierarten unter Schutz zu stellen und vom Handel auszuschließen.

Ist das Ihr Verständnis von Gemeinschaftspolitik? Ist das Ihre Vorstellung von Arten­schutz? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und weil ich gerade höre, die irischen BäuerInnen (Abg. Großruck: Und Bauern!) und Bauern – jetzt habe ich mich schon so gefreut, dass die politische Korrektheit eingezo­gen wäre. – England, Nordirland, Schottland und Wales haben gerade die Fuchsjagd verboten, und die Pelztierhaltung von Füchsen ist dort schon lange verboten. England hat gerade eben ein Jahr lang den Versuch unternommen, ohne Fuchsjagd auszukom­men und zu schauen, ob dann die Fuchspopulation explodieren und die gesamte Land­wirtschaft geplündert wird. Nichts ist geschehen! Man hat nämlich auch keine künstlich gezüchteten Füchse ausgesetzt, um sie dann jagen zu können. Daher hat man dort jetzt konsequenterweise den Schritt gesetzt, die Fuchsjagd zu verbieten.

Ich würde meinen, wenn das hochtraditionelle und in puncto Fuchsjagd sehr konserva­tive Großbritannien im Stande ist, zu einem solchen Schutz der Füchse zu gelangen, dann könnte sich doch Österreich, das keine eigenen Pelztierfarmen mehr hat, das gerade, weil es in manchen konservativen Kreisen Mode sein dürfte, ansatzweise ein bisschen versucht, die Fuchsjagd in Österreich künstlich wieder zu beleben, wirklich auf den Standpunkt stellen und sagen: Für uns gilt jener Schutz von Rotfüchsen und den anderen genannten Tieren, zu dem wir uns 1982 im Artenschutzabkommen ver­pflichtet haben.

Ich fordere Sie auf, und sei es nur als Vorzeichen für ein Bundestierschutzgesetz, bei dem Sie sich auch der Waidgerechtheit als Thema stellen und bei dem Sie zeigen wer­den müssen, ob Sie ernsthaft an Tierschutz interessiert sind oder nicht, dieser Vorlage nicht zuzustimmen und keinen Vorbehalt einzulegen. Es läge jetzt tatsächlich in der Hand Österreichs, zu verhindern, dass dieser Vorbehalt der EU geltend wird, und zu erreichen, dass die Ziele des Artenschutzabkommens aufrecht bleiben.

Sie haben die Entscheidung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschus­ses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 35 der Beilagen die Ge­nehmigung zu erteilen.


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27. Sitzung / Seite 99

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

6. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 170/A der Abgeordneten Wolf­gang Großruck, Doris Bures, Detlev Neudeck, Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemein­nützigkeitsgesetz geändert wird (192 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte beginnt der Berichterstatter, Mag. Tancsits, mit einer freiwilligen Redezeit­beschränkung von 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.29

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Bei diesem von vier Parteien eingebrachten Antrag, also einer konsensualen Materie, geht es darum, bei den steuerbefreiten ge­meinnützigen Wohnbauträgern auch jene Gewinne aus der Vermögensverwaltung, die das Reservekapital betreffen, von der Kapitalertragsteuer – logischerweise möchte ich sagen – freizustellen. Auch das ist eigentlich keine Neuerung, sondern seit 1988 respektive 1993, als das Reservekapital dezidiert festgelegt wurde, so im Gesetz ver­ankert. In der Praxis haben sich verschiedene Beurteilungen durch die zuständigen Finanzbehörden ergeben. Um hier nicht den Instanzenzug abwarten zu müssen, um hier nicht mit einem Erlass eingreifen zu müssen, was übrigens auf die Spruchpraxis der unabhängigen Finanzsenate keinen Einfluss hätte, haben wir uns entschlossen, diese klare Feststellung im Gesetz zu treffen.

Ich freue mich, dass wir innerhalb kurzer Frist diese notwendige Veränderung durch­führen können, und möchte damit auch noch einmal unterstreichen, dass für uns die Handhabung einer modernen, zweckgerichteten Gemeinnützigkeit im Wohnbau wichtig und von Bedeutung ist. Ich nehme das gleich vorweg, da Sie von der Opposition beim nächsten Tagesordnungspunkt, bei der Verwertung der ehemals gemeinnützigen Bun­deswohnbaugesellschaften wahrscheinlich genau das Gegenteil behaupten werden.

Ich unterstreiche, dass wir in wenigen Jahren, gerade was die Novellierung der Wohn­baugesetze und des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes betrifft, diese auf den Stand der Zeit gebracht haben. Eine moderne, verschärfte Reservekapitalbildung zwingt zum relativ raschen Einsatz des Geldes im sozialen Wohnbau. Wir haben die Möglichkeit geschaffen, dass die gemeinnützigen Wohnbauträger Vorreiter bei neuen Wohnfor­men, bei Innovationen – Stichwort: betreutes Wohnen – sein können und Vorreiter sind bei der Erreichung des Kyoto-Ziels, etwa durch das gut angenommene Contrac­ting-Verfahren.

Und mir ist auch wichtig, dass sie im sozialen Wohnbau nicht nur für eine Grundversor­gung zu sorgen, sondern auch zu breiter Eigentumsbildung beizutragen haben und dass derjenige, der bestimmte Beträge an Grundkosten- oder Eigenmittelanteil zu leisten hat, auch eine entsprechende Option auf Eigentumsbildung hat.

Wir bekennen uns also zu diesem modernen, sozialen, gemeinnützigen Wohnbau, und diese Gesetzesänderung ist ein entsprechender Beitrag dazu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


13.33


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27. Sitzung / Seite 100

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures zu Wort gemeldet. Die Redezeit ist wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.33

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist mittlerweile eine Seltenheit geworden: Wir bringen einen gemeinsamen Antrag zur gemeinnützigen Wohnwirtschaft ein, und es geht wahr­lich nur darum, dass es eine rasche Klarstellung geben soll, was die Kapitalertrag­steuerbefreiung für gemeinnützige Bauvereinigungen betrifft. Da haben wir uns getrof­fen und gefunden, und haben den Antrag auch gemeinsam eingebracht.

Ich schlage allerdings vor, dass es diese gemeinsame Vorgangsweise in Zukunft auch bei der gemeinnützigen Wohnwirtschaft insgesamt geben soll, weil sie ein ganz bedeu­tendes Segment des sozialen Wohnbaus darstellt. Wenn wir von den gemeinnützigen Wohnbauträgern reden, so sind das 500 000 Wohnungen in Österreich. Genau dieser Mix unterschiedlicher Wohnversorgung, und da geht es nicht nur um Wohnungseigen­tum, es geht auch um Eigenheime, um Gemeindewohnungen, um Eigentumswohnun­gen und eben auch um Genossenschaftswohnungen, hat dazu geführt, dass wir in Österreich in der Zweiten Republik sicheres Wohnen bieten können, dass wir im Unter­schied zu anderen Großstädten in Österreich keine Verslumungen und eine recht gute Durchmischung der Bevölkerungsschichten haben.

Die Wohnungsgemeinnützigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil des sozialen Wohnens, das es nicht geben würde, würde es die Gemeinnützigen nicht geben. Und das war bisher, Herr Kollege Tancsits, auch wirklich eine gemeinsame Position, die wir vertre­ten haben. In den letzten Jahren scheint das allerdings nicht mehr so zu sein. Sie reden offensichtlich von einer Position aus, die vier Jahre alt ist. Ich rufe in Erinnerung, dass, was die Bundeswohnungen betrifft, Gemeinnützige zum Objekt der Begierde von Immobilieninvestoren werden. Das verstehe ich, da geht es sozusagen um Renditen und Einnahmen, da geht es auch um das Familiensilber der Österreicher. Sie haben in den letzten drei Jahren mit Ihren gesetzlichen Bestimmungen leider dafür gesorgt, dass ein wesentliches Segment des sozialen Wohnbaus zum Objekt der Begierde von Immobilieninvestoren geworden ist. Und Sie haben Recht: Wir werden beim nächsten Punkt der Tagesordnung auch ausführlich darüber diskutieren können.

Das Problem Ihrer Regelungen ist nämlich, dass es einige wenige Investoren gibt, die große Gewinne machen, dass aber jene Menschen – vor allem junge Familien –, die sich auf Wohnungssuche begeben, jene Menschen, die Mieter einer Wohnung sind, diejenigen sein werden, die mit Verlust von leistbaren Wohnungen konfrontiert sein werden. Das ist leider die falsche Entwicklung, das ist leider die falsche Richtung, die Sie hier einschlagen.

Jetzt im Moment haben wir jedoch einen gemeinsamen Antrag vorliegen, in Wirklich­keit eine gemeinsame Klarstellung, der wir gerne zustimmen. Ich wünsche mir aber – und diesbezüglich habe ich nach Ihren Ausführungen leider keine sehr großen Hoff­nungen –, dass wir eine gemeinsame Vorgangsweise finden, bei der es darum geht, nicht die Gemeinnützigen zu zerschlagen, sondern ein gutes System auszubauen und weiterzuentwickeln, was nicht nur wohnpolitisch, sondern auch wirtschaftspolitisch sinnvoll wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

13.36

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

 



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27. Sitzung / Seite 101

13.36

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dieser Vier-Parteien-Antrag dient, wie schon mein Vorred­ner, Kollege Tancsits, gesagt hat, zur Klarstellung im Zusammenhang mit der steuer­freien Vermögensverwaltung durch gemeinnützige Bauvereinigungen.

Es wird mit dieser Gesetzesänderung eine Vielzahl von Verfahren vermieden. Die KöSt-Vorschreibung durch einige Finanzämter hätte zu Verfahren geführt, um diese KöSt-Vorschreibungen anzufechten, obwohl nach unserer Meinung die bisherige Regelung sowieso klar war. Es ist dies also kein weiteres Privileg, möchte ich sagen, der Gemeinnützigen, sondern dient lediglich zur Klarstellung und ist somit im weiteren Sinn ein Schritt zur Verwaltungsvereinfachung. Er spart sowohl dem Bund in der Bun­desverwaltung Kosten als auch den Gemeinnützigen, die diese Vorschreibungen be­kämpfen hätten müssen.

Es ist erfreulich, dass dieser Antrag als Vier-Parteien-Antrag eingebracht werden konnte, obwohl ich Kollegin Bures bei ihrer Verherrlichung der Gemeinnützigen nicht zustimmen kann. Diese besetzen natürlich ein Segment, das durchaus wichtig ist, aber Gott sei Dank fallen die Mieter auf das, was Sie ihnen hier erzählen, nicht herein. Ich habe noch keinen Mieter getroffen, der in letzter Zeit aus einer gemeinnützigen Woh­nung – auch wenn es eine des Bundes ist, deren Träger aus der Gemeinnützigkeit hin­ausoptiert haben – ausgezogen wäre.

Folgendes darf ich hier auch zur Ehrenrettung der Immobilieninvestoren sagen: Den Hausherrn mit dem Kapperl, der nur kassiert und nichts leistet, den gibt es nicht mehr. Das Immobilieninvestment ist heute ein sehr breit gestreutes. Und ich muss Ihnen noch etwas sagen: Wenn Sie die Preise auf dem privaten Wohnhausmarkt und vor allen Din­gen auf dem Althausmarkt mit Preisen vergleichen, die bei den Gemeinnützigen durch Vorauszahlungen et cetera bezahlt werden, dann nimmt man es in vielen Bereichen mit diesen auf, obwohl man gewisse Privilegien nicht hat. Ich würde Sie ersuchen, bei der Gemeinde Wien einmal darauf zu schauen, dass dort Kosten verrechnet werden, die auch wirklich dem Mietrechtsgesetz entsprechen, und die Gemeinde Wien nicht laufend Kanalgebühren et cetera erhöht. (Abg. Bures: Verkaufen Sie auch nur eine Wohnung zu Konditionen wie die Gemeinde Wien?) Das wäre eine Aufgabe für Sie, statt jetzt über jene zu jammern, die aus der Gemeinnützigkeit ausgetreten sind. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.39

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abge­ordnete Dr. Moser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.39

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Klarstellung und ein Bekenntnis, das sind die zwei einfachen Aus­drücke, mit denen man diese kurze Auseinandersetzung um die Bedeutung der Ge­meinnützigen und sozusagen einer Berichtigung des Jahres 1993 umschreiben kann. Deswegen gibt es auch von unserer Seite nicht nur eine massive Mitträgerschaft, son­dern vielmehr Unterstützung: Keine Frage, das, was 1993 unter großkoalitionären Vor­zeichen beschlossen worden ist, muss klargestellt werden zugunsten der MieterInnen, zugunsten der Gemeinnützigen.

Andererseits ist es für mich durchaus angenehm und politisch sehr wichtig und wesent­lich, dass sowohl Kollege Neudeck von den Freiheitlichen als auch Kollege Tancsits von der ÖVP die Wichtigkeit der Gemeinnützigkeit als solcher und speziell das Aufga­benfeld der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften hier im Plenum des Nationalrates einmal unterstreichen und in ihrer Bedeutung untermauern.


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27. Sitzung / Seite 102

Was Sie nämlich in den vergangenen zwei, drei Jahren im Hinblick auf die Gefährdung und die Hinterfragung – sozusagen auf das Zur-Diskussion-Stellen – der Gemein­nützigkeit unternommen haben, hat eher auf eine andere Einstellung hingedeutet und ist eher zu Lasten der Gemeinnützigkeit gegangen. – Ich erinnere nur an das Budget­begleitgesetz 2002.

Heute ein eindeutiges Bekenntnis abzugeben, ist meiner Meinung nach sehr viel wert, vor allem deshalb, weil ja noch nicht klar ist, wie weit Sie im Sommer, in den kommen­den Wochen, eine Änderung der Mietrechtsmöglichkeiten beim WGG vorsehen, gerade im Hinblick auf eine Neuregelung der Mieten beim WGG, damit die Bundes­wohnbaugesellschaften, die Sie ja verkaufen wollen, einen höheren Ertrag für das Budget bringen.

Herr Kollege Neudeck, es wäre ganz günstig gewesen, wenn Sie das in Ihrem Diskus­sionsbeitrag klargestellt hätten. Können Sie das ausschließen? – Die Antwort darauf wäre interessant! (Abg. Neudeck: Das haben wir schon ausgeschlossen!) – Dann ist es jetzt auch protokollarisch festgehalten: Sie schließen aus, dass es in Zukunft, also in nächster Zeit, im Sommer, eine Mietzinserhöhung für die WGG gibt. (Abg. Neudeck: Sie definieren die „nächste Zeit“, und ich sage Ihnen ...!) – Ich habe das vorher auf die nächsten Monate während des Sommers eingeschränkt, damit der Nationalrat nicht in der ersten Plenarsitzung im September auf einmal, sozusagen überfallsartig, eine Mietenerhöhung beschließt, damit Sie die Bundeswohnungen und die Bundeswohn­baugesellschaften teurer verkaufen können. (Abg. Neudeck: Ja, ja! Das schließen wir aus! – Abg. Scheibner: 20 Mal! 30 Mal!) – Danke schön, das war mir schon viel wert! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Das müssen Sie aber auch nach außen tragen, die Antwort von uns!)

Damit ist für mich der Sinn dieser Debatte erfüllt, und ich bin froh, dass es den gemein­samen Antrag gibt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.42

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.42

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beziehe mich ebenfalls auf die im Bautenausschuss gestern einstimmig beschlossene Änderung des Wohnungsge­meinnützigkeitsgesetzes. Im Wesentlichen geht es dabei um eine Klarstellung im Be­reich des Körperschaftsteuergesetzes 1988, und zwar in § 5 Ziffer 10, um mögliche Unklarheiten im Hinblick auf die steuerbefreite Vermögensverwaltung zu beseitigen.

Schon durch die Wohnrechtsnovelle 2002 hat die Bundesregierung ihre Kompetenz in der Wohnpolitik bewiesen. Durch Deregulierung und die Ermöglichung einer breiten Eigentumsbildung sowie die Gestaltung von neuen Wohnformen wie betreutes Woh­nen wurde der richtige Weg eingeschlagen. Vergleicht man die langfristige Entwicklung des Mietkostenindexes mit der des Indexes der Inflation, so sieht man, dass 2002 der Anstieg der Mietkosten erstmals unter dem Inflationskostenindex liegt. Dies beweist, dass der eingeschlagene Weg erfolgreich und richtig ist.

Aus gegebenem Anlass möchte ich den Mietern der BUWOG und WAG sagen, dass sich für sie durch diese Novelle nichts ändert. Macht der Mieter von seinem Recht des Eigentumserwerbs nicht Gebrauch, bleibt sein Mietvertrag auch bei einem Eigentümer­wechsel in vollem Umfang aufrecht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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27. Sitzung / Seite 103

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt daher in diesem Fall keine wie immer geartete Verschlechterung für die Mieter, und deshalb stimmt meine Fraktion dieser Vorlage gerne zu. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.43

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Becher zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.44

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses einhellige Bekenntnis zur Gemeinnützigkeit freut auch mich ganz besonders, aber es war und ist diese Meinung in der Form ja nicht immer bei allen Fraktionen vorherrschend. Kollegin Bures und Kollegin Moser haben das ja in ihren Reden auch angesprochen. (Abg. Neudeck: Verherrlichen will ich sie nicht, die Ge­meinnützigkeit! Da müssen Sie aufpassen!)

Beim damaligen Beschluss der ÖVP/FPÖ-Koalition, dass mit 1. April 2001 die bundes­eigenen Wohnbaugesellschaften aus der Gemeinnützigkeit entlassen wurden, waren es doch die Länder, die in dieser Frage Zurückhaltung geübt und auch eine groß­flächige Demontage der Gemeinnützigkeit verhindert haben.

Die Gemeinnützigkeit ist ganz eng mit der Wohnbauförderung verbunden. – Dazu ein paar kurze Bemerkungen: Die Wohnbauförderung hat für den Wohnungsbestand in Österreich in jedem Fall eine sehr wesentliche Bedeutung, sowohl qualitativ als auch quantitativ. Österreich kann sich da auch im internationalen Vergleich durchaus sehen lassen. In den letzten 20 Jahren wurden immerhin 80 Prozent der Wohnungen mit För­derungsmitteln errichtet; seit 1945 sind 50 Prozent des Gesamtwohnungsbestandes gefördert.

Es ist daher allen öffentlichen Vorstößen, wie sie auch von IHS-Chef Bernhard Felde­rer, der nämlich 1,5 Milliarden € bei der Wohnbauförderung einsparen möchte, getätigt wurden, oder auch von Gouverneur Liebscher, dem ebenfalls die Wohnbauförderung zu hoch ist, ganz entschieden entgegenzutreten.

Die Wohnbauförderung ist für die Leistbarkeit von Wohnraum nicht mehr wegzuden­ken. Umso verwerflicher ist es in diesem Zusammenhang, dass bei der BUWOG die Gemeinnützigkeit beseitigt und somit die Möglichkeit geschaffen wurde, mit Erlösen aus dem Abverkauf dieser Wohnungen kurzfristig Budgetlöcher zu stopfen. Dass die­ser Verkauf nicht an die Mieter gerichtet war, so wie es damals gesagt wurde, weiß in der Zwischenzeit jeder. (Abg. Neudeck: Da ist die rote Propaganda schuld!)

Bei einem Wohnungsbestand von über 60 000 Wohnungen gibt es 500 Ansuchen von Mietern auf Verkauf. Das spricht für sich und wird auch beim nächsten Tagesordnungs­punkt im Detail besprochen werden. Diese Transaktion ist jedenfalls ein sehr kurzfris­tiger Bonus für das Budget und ein langfristiger Malus für die Mieter.

Da wir in der Frage, zu der heute ein Beschluss erfolgen soll, alle einer Meinung sind und die Regierungsparteien auch den Wert und die Wichtigkeit der Wohnungsgemein­nützigkeit erkannt haben und sich dazu bekennen, haben Sie ja auch noch die Mög­lichkeit, Ihre Fehler, die sie beim BUWOG-Verkauf gemacht haben, zu revidieren. Das wäre zumindest ein sehr guter Anfang, dem Sie die Revidierung vieler bisheriger fal­scher Entscheidungen folgen lassen könnten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

 


13.47


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27. Sitzung / Seite 104

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Kummerer zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Mi­nuten. – Bitte. (Abg. Mag. Mainoni: Jetzt schauen wir, ob da neue Aspekte dabei sind!)

 


13.47

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es freut mich, dass die Leistungen der Gemeinnützigen heute außer Diskussion stehen. Ich hoffe, dass es auch noch sehr lange so bleibt. Es ist unbestritten, dass diese Genossenschaften für die Entwicklung des ländlichen Raumes einen bedeutenden Anteil geleistet haben.

Ich verstehe jedoch natürlich auch den Kollegen Neudeck, in dessen Brust scheinbar zwei Herzen schlagen (Abg. Neudeck: Ich bin doch kein siamesischer Zwilling!): Man muss sich dazu bekennen, aber ganz so überzeugt davon ist man nicht. Ich habe dafür auch Verständnis.

Es gibt über 200 Wohnbaugenossenschaften, die perfekt arbeiten. Kollege Neudeck! In Niederösterreich gab es eine, deren Effizienz sehr zu wünschen übrig gelassen hat. Nach meinen Informationen gibt es sie auch nicht mehr. (Abg. Neudeck: Soll ich dir noch ein paar Beispiele aus dem Bereich aufzählen?)

Es soll jedoch immer wieder Folgendes betont werden, wenn die Gemeinnützigkeit in Frage gestellt wird – nicht bei diesem Gesetz, aber allgemein: Ein Drittel der Wohnun­gen werden durch diese Gemeinnützigen errichtet. Das Wesentliche daran ist, dass es leistbare Wohnungen sind, die da geschaffen werden. Es besteht nämlich ein großer Unterschied zwischen dem freien Wohnungsmarkt, der der Kapitalbeschaffung, einer Vermehrung des Kapitals dient, und Genossenschaften, die in erster Linie das Wohn­bedürfnis unserer Bevölkerung vor Augen haben.

Meine Damen und Herren! Es ist in den letzten Jahren sehr viel geschehen, wir sind aber noch nicht am Ende des Weges. Das Wohnbedürfnis ist genau so groß, wie es war. Es muss Ihnen schon bewusst sein, dass durch Ihre Maßnahmen im Bereich Wohnbau in den letzten Jahren ein Knick entstanden ist. Es muss Ihnen auch bewusst sein, dass durch Ihre Maßnahmen das Wohnen immer schwerer finanzierbar wird, weil Sie schlicht und einfach Geld, verfügbares Einkommen abgeschöpft und die Bevölke­rung alleine gelassen haben.

Kehren wir wieder zu einem Weg zurück, wo Wohnen nicht Luxus, sondern eine Selbstverständlichkeit ist! (Beifall bei der SPÖ.)

13.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 192 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies ebenfalls einstimmig.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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27. Sitzung / Seite 105

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (78 der Beilagen): Bundesgesetz betreffend Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften (136 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Frau Abgeordnete Bures. Die Uhr ist auf 3 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


13.51

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider entzieht sich der Herr Finanzminister offensichtlich wieder seiner politischen Verantwortung – das kennen wir schon aus den letzten Tagen – und entsendet Sie, Herr Staatssekretär, wie das auch schon im Ausschuss der Fall war, wo klar zum Ausdruck gekommen ist, dass Sie in der Materie nicht wirklich bewandert sind. (Staatssekretär Dr. Finz: Stimmt nicht!)

Es besteht heute das Problem, dass vor zweieinhalb Jahren von ÖVP und FPÖ ein Pri­vatisierungsgesetz beschlossen wurde, demgemäß 61 800 Wohnungen aus der Woh­nungsgemeinnützigkeit entlassen werden sollen. Heute – zweieinhalb Jahre später – beschäftigen wir uns mit einem Ausführungsgesetz dazu. Man könnte glauben, jetzt nach zweieinhalb Jahren sind die Regierungsparteien übereingekommen, wie und in welcher Form sie die Bundeswohnungen verscherbeln wollen (Abg. Mag. Mainoni: Verkaufen!), denn es ist nicht der Fall und war offensichtlich auch nicht Ihre Intention, dass die Bundeswohnungen an die Mieter verkauft werden. – Das haben wir in den letzten zweieinhalb Jahren gesehen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Sie versuchen ganz offensichtlich, diese Wohnungen zu verscherbeln, denn im Ausfüh­rungsgesetz bleibt wieder alles offen. Der Herr Staatssekretär und sein Finanzminister, der ja nie da ist, kann sie zunächst einmal selbst verkaufen. Weiters steht im Ausfüh­rungsgesetz, wenn Ihnen das nicht gelingt – also wenn Sie das nicht schaffen, was Sie schon seit zweieinhalb Jahren sehr dilettantisch angehen –, dann können Sie es der ÖIAG oder der BIG übertragen. – Offensichtlich sind Sie sich nach zweieinhalb Jahren innerhalb der Koalition nicht einmal darüber einig, ob es die ÖIAG oder die BIG sein soll.

Weiters gibt es in diesem Gesetz ein Verbriefungsrecht an Anleiheninvestoren, nach dem die Mieten so veräußerst und angelegt werden können. Es ist aber von einer Mietzinsbildung die Rede, wie sie jetzt im Gesetz steht, die kostendeckend ist und bei der es keine zusätzlichen Erträge gibt – auch nicht bei den Altbaumieten, Herr Staats­sekretär, das haben Sie fälschlicherweise im Ausschuss so beantwortet! Es handelt sich um ein Kostendeckungsprinzip.

Wenn Sie die Mieten an Anleiheninvestoren verkaufen wollen, dann beabsichtigen Sie das, was Sie in den letzten Wochen in den Medien angekündigt haben: massive Miet­erhöhungen in den Genossenschaftswohnungen! – Das wäre wirklich ein politischer Skandal, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Klar geworden ist auch, dass bei der Veräußerung nicht sehr viel fix ist. Die Mieter wer­den weiterhin darüber im Ungewissen gelassen, wie hoch ihre Mieten in Zukunft sind, wer in Zukunft ihr Hauseigentümer ist. (Abg. Scheibner: Das stimmt ja nicht! Sie ver­unsichern schon wieder!) Das Einzige, was fix ist, sind hohe Beratungskosten: Fix sind


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10,2 Millionen € an Beratungskosten an die Firma Lehman. (Abg. Scheibner: Sie wissen genau, dass sich an bestehenden Mieten gar nichts ändert! Verunsicherung!) Fix sind Rechtsanwaltskosten in der Höhe von 500 000 €. Fix sind Gutachterkosten in der Höhe von 180 000 €.

Und was ist das Ergebnis der Beratung? – Das Ergebnis dieser vielen millionenteuren Beratungen, die Sie offensichtlich an „Freunderl“ vergeben haben, ist, dass die zukünf­tigen und derzeitigen Mieter nicht wissen, wie es mit ihren Wohnungen in Wirklichkeit weitergeht. – Das ist ein politischer Skandal! (Abg. Mag. Mainoni: Na geh!) Dies ist in Wirklichkeit etwas, das dieses Haus noch lange beschäftigen wird. Es wird noch lange Thema sein, wie Sie Beratungen im Umfang von 10 Millionen € in Auftrag geben können, ohne dass es hier im Parlament ein Ergebnis gibt, ohne dass es eine Aus­schreibung gibt, sondern nur auf Grund der Tatsache, dass es sich bei dem Beauf­tragten um einen Freund des Herrn Finanzministers handelt.

Es wird auch zu diskutieren sein, warum die Wohnungen der BUWOG drei Monate, nachdem ein Immobilieninvestor, der Herr Plech – in Wirklichkeit Ihr Financier –, Auf­sichtsratsvorsitzender geworden ist, verkauft werden. – Das ist unvereinbar. Ein Immo­bilieninvestor als Aufsichtsratsvorsitzender im Bereich des sozialen Wohnbaus ist eine klare Unvereinbarkeit, und Sie haben die politische Verantwortung dafür zu tragen! (Abg. Scheibner: Von wem ist der?)

Der Verkauf der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften ist ein ganz gutes Beispiel dafür, dass Sie dilettantisch privatisieren und dass bei Ihnen leider private Interessen vor den öffentlichen Interessen und den Interessen der Österreicherinnen und Öster­reicher stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.56

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abge­ordnete Dr. Fekter zu Wort gemeldet. Die Redezeit beträgt wunschgemäß 5 Minuten. – Bitte.

 


13.56

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Ängste schüren, verunsichern, bewusst die Unwahr­heit verbreiten – das ist derzeit Oppositionspolitik! (Abg. Mag. Mainoni: Die einzige!)

Frau Kollegin Bures! Sie wissen ganz genau: Ein Eigentümerwechsel hat keinen Ein­fluss auf die Stellung der Mieter, und auch von einem neuen Eigentümer kann in keiner Weise die bestehende Rechtslage geändert oder in Mietverträge eingegriffen werden. Erzählen Sie also nicht ständig den Mietern, es würde Mieterhöhungen geben! (Abg. Bures: Es ist ja alles teurer geworden!)

Es ist auch der soziale Wohnbau als solcher gesichert, weil ja im WGG verankert ist, dass auch bei einer Neuvermietung eine einmal im gemeinnützigen Bereich beste­hende Wohnung gemeinnützig bleibt, nach dem Motto: einmal gemeinnützig – immer gemeinnützig! Daher ist diese Skandalisierung nicht gerechtfertigt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mir ist aber schon irgendwie klar, warum die SPÖ gar so „sauer“ über diesen Bundes­wohnungsverkauf ist: Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass die SPÖ in der gro­ßen Koalition mehrmals versucht hat, sich diese Bundeswohnungen selbst unter den Nagel zu reißen. (Abg. Scheibner: Aha!)

Kollege Kurt Eder und auch Kollegin Bures werden sich noch gut daran erinnern können, dass es immer wieder Initiativentwürfe gab, wonach man beispielsweise die Eisenbahnwohnungen alle zum Nominale – zum Nominale! – an sozialistische gemein-


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nützige Gesellschaften verscherbeln hätte sollen. (Abg. Scheibner: Da schau her! Jetzt wird es aber kritisch!)

Dieses Geschenk an die SPÖ hat die ÖVP jedoch jedes Mal verhindert. Daher ist die SPÖ heute noch sauer, dass Sie das damals nicht billig bekommen hat. (Abg. Scheib­ner: Jetzt kennen wir uns aus!)

Wir wollen die Bundeswohnungen nämlich nicht verscherbeln, sondern sie im Sinne der Steuerzahler bestmöglich verwerten. Der Herr Finanzminister ist diesbezüglich sorgsam und sehr professionell vorgegangen. Die beauftragte Firma – da habe ich mich genau erkundigt! – hat fast zwei Jahre lang mit 80 Personen in den einschlägigen Gesellschaften gearbeitet und das Konzept erstellt, nach dem wir dann den Verwer­tungsauftrag erteilen können. Diese Experten haben sowohl inländisches als auch aus­ländisches Know-how zusammengebracht.

Man muss dazu wissen, dass das österreichische Gemeinnützigkeitsgesetz einmalig in der Welt ist und daher nicht automatisch von jedem „Daumen mal Pi“ sofort bewertet werden kann. „Daumen mal Pi“, das ist die Methode der SPÖ. Sie hat mit Steuergel­dern und Bundesvermögen noch nie umgehen können und das immer als Selbstbedie­nungsladen betrachtet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Neudeck: Wenn man es zum Buchwert verkauft, kann man nicht ...!)

Aus diesem Grund ist eine seriöse Beratung und eine wirklich eingehende und gründ­liche Untersuchung dieser gesamten komplexen Materie nötig. – Es geht ja nicht nur um die Wohnungen und die Rechtsstellung dieser Wohnungen. Es geht auch um die Liegenschaften im Zusammenhang mit diesen Wohnungen, um die unbebauten Grund­stücke, um die Geschäfte, die Gewerbeparks, die derzeit von den Gemeinnützigen mit­betreut werden, und es geht um jenen Bereich, der eben nicht mehr gemeinnützig ist.

Da hat das Beratungsteam bisher sehr gute Arbeit geleistet, wenn auch noch nicht den vollen Beratungsvertrag erfüllt. Es ist daher aus meiner Sicht viel heiße Luft der Oppo­sition, wenn sie die Berater kritisiert. Es hat ja in die neueren Medienberichte bereits Eingang gefunden, dass die bisherigen Beratungsverträge des Herrn Finanzministers gut angelegtes Geld waren, dass die Beratungen gut investiert waren, weil sich der Steuerzahler dadurch Millionen erspart hat. Nachzulesen ist das in der letzten Ausgabe von „NEWS“.

Die Skandalisierung, die Sie von der Opposition hier mit diesen Beratungsverträgen betreiben, ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, international kein Renommee, sondern, ganz im Gegenteil, ich, von der Wirtschaft kommend, betrachte es als Skan­dal, dass Sie seriöse Beratungsunternehmen dermaßen desavouieren. Ja, glauben Sie denn, dass 80 Personen über zwei Jahre Däumchen gedreht haben und dass diese Konzepte, die nachher dem Steuerzahler Geld ersparen, umsonst waren? (Zwischen­rufe bei der SPÖ und den Grünen.) Nur wirklich schlichte Geister glauben, alles selber zu wissen und keine Beratung zu brauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.01

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Eder zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.02

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungs­bank! Frau Kollegin Fekter hat behauptet, dass die Sozialdemokraten diese Wohnbau­gesellschaften, also BUWOG, WAG und Eisenbahnergesellschaften, zum Nominal­preis verscherbeln wollten. (Abg. Dr. Fekter: Ja!) – Das ist unrichtig! (Abg. Dr. Fekter: Nein, das ist richtig!)


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Richtig ist vielmehr, dass die Sozialdemokraten die Eisenbahnergesellschaften Villach, Linz und Wien zum Nominalkapital in die Eisenbahnergenossenschaft Wien überführen wollten (Abg. Dr. Fekter: Wieder in eine rote Gesellschaft!), was zur Folge hätte, dass alle Mieter in diesen Wohnungen ihre eigenen Eigentümer als Genossenschafter wären (Abg. Dr. Fekter: Ihr wolltet euch das unter den Nagel reißen!) und nicht den Miethaien ausgeliefert worden wären, denen Sie sie nun ausliefern werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Was haben Sie berichtigt, Herr Kollege? Das war eine tat­sächliche Bestätigung!)

14.03

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

 


14.03

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir sind es ja gewohnt, dass der Herr Finanzminister immer wieder hervorhebt, dass der Staat ein schlechter Eigentümer sei. Wir sind es aber nicht gewohnt, dass der Herr Finanzminister oder dass ÖVP-Abgeordnete mit dem Eigentum schlecht umgehen wollen. Aber wir müssen es anscheinend gewohnt werden, dass der Herr Finanzminis­ter als Eigentümervertreter des Staates mit Republikvermögen mehr als schludrig um­geht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Und das ist der Punkt, der für mich bei der Frage der Veräußerung oder der Verwertung der fünf Bundes­wohnbaugesellschaften zentral ist.

Herr Finanzminister! Sie besitzen, Sie verwalten, Sie lassen verwalten oder Sie haben die Verantwortung für ein Vermögen von über 62 000 Wohnungen. Diese 62 000 Woh­nungen haben Generationen finanziert. Das ist ein sozialpolitisches Kapital, das ist ein standortpolitisches Kapital, das ist schlussendlich auch ein wirtschaftspolitisches Kapi­tal, und dieses Kapital verspielen Sie als Eigentümervertreter, indem Sie es weit unter dem Wert an Investoren zu veräußern gedenken. – Das ist für uns der Kritikpunkt Nummer eins.

Sie haben ja selbst – man braucht ja nur nachzublättern – im Jahr 2002 gesagt, Sie be­kämen dafür an die 2,2 Milliarden €; das seien diese Wohnungen wert. Ich habe ge­hört, sie sind noch mehr wert. Und jetzt liest man wiederholt, dass Sie froh seien, wenn Sie 600 Millionen € bekämen, während es ursprünglich 2,2 Milliarden € waren. Das ist die große Spannweite, auf die Sie verzichten. Das ist Vermögensverzicht, das ist Kapi­talverzicht, das ist schludriger Umgang mit staatlichem Eigentum, mit Vermögen der Republik. KollegInnen haben schon gesagt, Sie haben vor, unser Familiensilber mehr oder weniger den Investoren günstigst anzudienen.

Jetzt zum Detail: Herr Minister, ich verstehe ja, dass Sie Staatsschulden abbauen wollen, aber ich verstehe nicht, dass Sie Staatsschulden mit Vermögensverschleude­rung abbauen wollen. Erkundigen Sie sich beim Herrn Muzicant, der sich sicherlich auskennt im Immobilienbereich! Er hat immer wieder festgehalten, dass – vom Immo­biliengesichtspunkt aus – die Bundeswohnungen zu diesen Dumpingpreisen nicht ver­kauft werden dürfen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister, Sie haben in Ihrem Gesetzestext sehr wohl die Auflage, dass Sie best­möglich veräußern sollen. Nur: Was ist bestmöglich unter den Gesichtspunkten, die derzeit der Markt bietet? Bestmöglich bei dieser Finanztransaktion sind – Sie geben es ja selber zu – 600 bis 800 Millionen €.

Unseres Erachtens ist das wohnungspolitisch völlig falsch, denn das ist ein wohnungs­politisches Kapital des sozialen Wohnbaus, der für sich effizienter gestaltet werden


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kann, der nach wie vor Leuten auch in künftigen Generationen günstigen Wohnraum gewähren könnte.

Für uns ist das Ganze auch finanzpolitisch falsch. Ich darf Ihnen daher noch eine zweite Rechnung präsentieren, nicht nur Ihre Rechnung vom ursprünglichen Wert und von dem Wert, den Sie jetzt erlösen können. Die zweite Rechnung, Herr Finanzminis­ter, ist: Schauen Sie sich noch einmal die Dividenden an, die Sie im Jahre 2001 erlöst haben! Das waren zusammengenommen von der WAG und der BUWOG – Sie von der ÖVP sollen das auch nachvollziehen, Sie, Frau Kollegin Fekter, als Wirtschaftstrei­bende – 89 Millionen € Dividende, einmal im Jahr abgezogen.

Ich habe mich erkundigt: Eine jährliche Dividendenleistung von 50 Millionen € allein von der BUWOG und von der WAG wäre durchaus möglich. Da spreche ich noch nicht von den Eisenbahnergesellschaften. Nun rechnen Sie das – genauso wie es der Rech­nungshof empfiehlt – gegen die Zinsersparnis, die Sie haben, wenn Sie 800 Millionen € zurückzahlen auf Grund dessen, dass Sie die Wohnungen verkauft haben. Schauen Sie sich die Zinsensituation an! Bei 2,5 Prozent Zinsen ersparen Sie sich Zinsen im Ausmaß von vielleicht 25 bis maximal 30 Millionen € pro Jahr. (Abg. Dr. Fekter: Wir wollen ja nicht nur die Wohnungen veräußern, wir wollen auch Vermögenswerte ver­äußern!) Das ist ein schlechtes Geschäft. Und Sie, Herr Finanzminister, als derjenige, der immer gut wirtschaften will, Sie verzichten jährlich – sage ich, schlichtweg unterm Strich – auf mindestens 25 Millionen € Ertrag. Das ist schlechte Wirtschaftspolitik, das ist schlechte Eigentümerpolitik! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister, wir wollen Ihnen gar keinen Freibrief ausstellen für dieses „bestmöglich veräußern“, womöglich über ÖIAG, womöglich über BIG, womöglich einfach so, wie es die Lehman Brothers empfehlen, oder gar womöglich für eine Verbriefung der Ertrags­rechte. Herr Finanzminister, Freibrief bekommen Sie von uns keinen, denn die Vor­gänge bei der Findung des Auslobers, die Vorgänge bei der Konzepterstellung, die Vorgänge bei der Arbeitsgruppe, die Vorgänge bei dieser Vergabekommission sind für uns fragwürdig, höchst fragwürdig. (Abg. Dr. Fekter: Das war alles seriös und trans­parent!) – Nicht seriös, keineswegs seriös, Frau Kollegin!

Würden Sie es als seriös bezeichnen, wenn ein Herr, der im Immobilienmarkt durchaus selbst Geschäfte macht, der Vorsitzende und beim Verkauf beteiligt ist? Würden Sie es für gut halten, wenn ein Herr Karl Heinz Plech, der noch dazu als FPÖ-Sympathisant immer wieder seine Dienste angeboten hat, diese Verkaufsabwicklung zentral in die Hand nimmt? (Abg. Scheibner: Der ist im Aufsichtsrat! Sie wissen aber schon, wer operativ handelt in einem Unternehmen?) Das ist für mich politisch nicht vereinbar. Das ist für mich politisch unvereinbar.

Zweiter Vorwurf, ganz konkret bei der Vergabe: Warum hat Karlheinz Muhr diese Leh­man Brothers vermitteln müssen? (Abg. Neudeck: Karl Ernst!) Warum haben Sie einen Freund eingeschaltet, um zu Lehman Brothers zu kommen, was ja für Sie Kosten bedeutet hat? Kosten von über 10 Millionen €, die höchst unnötig sind, Herr Kollege Neudeck. Man hätte es ja billiger bekommen, es gab ja Billigstbieter. Sie haben Lehman Brothers genommen, weil sie in Italien auch einmal Wohnungen ver­kauft haben, aber in einem ganz anderen Zusammenhang. (Abg. Dr. Fekter: Das ist eine Verleumdung, Frau Kollegin!)

Passen Sie auf, Frau Kollegin Fekter! Sie würden als Unternehmensführerin nie einen Beratervertrag in Anspruch nehmen, wenn Sie eigene Leute haben. Der Herr Finanz­minister hat im Ministerium eine „Superabteilung“, die das bewerten kann. Der Herr Finanzminister hat die Bundesimmobiliengesellschaft. Dort ist er Eigentümer. Über die will er es ja vielleicht abwickeln, weil das Ganze so vielleicht Maastricht-konform gere­gelt werden kann und weil er noch einen Vorteil im Hinblick auf die Budgetpolitik hätte.


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(Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Über die BIG wäre es möglich. Wozu brauchen Sie Lehman Brothers?

Im internationalen Investmentbereich kennen Sie sich ohnehin selbst aus. Sie können ja selbst als Makler um die Welt fahren. Sie machen es ja des Öfteren, dass Sie in Sachen Selbstvermarktung unterwegs sind. Vermarkten Sie doch auch die Bundes­wohnbaugesellschaften, wenn Sie sie schon unbedingt verkaufen wollen, aber muten Sie uns nicht zu, dass wir akzeptieren, dass Sie 10 Millionen € mehr oder weniger zum Fenster hinausschmeißen für ein Konzept, das gar nicht notwendig ist, denn das Know-how ist sowieso bei den Gesellschaften. (Abg. Dr. Fekter: Nur schlichte Geister glauben, Sie brauchen keine Beratung!) Die WAG hat es, die BUWOG hat es. Das Know-how ist sehr wohl auch im Ministerium und bei der BIG. Da braucht man nicht auf Lehman Brothers zurückzugreifen. Die Investoren kann man sich so auf dem freien Markt holen. Kein Problem!

Nur: Unser wohnungspolitischer Ansatz ist es, dass wir zu diesem Preis nicht bereit sind, die Bundeswohnungen und die Bundeswohnbaugesellschaften herzugeben, denn internationale Investoren sind nur an der Bauträgersache interessiert, sie sind daran interessiert, bei uns Bauträgerrechte zu bekommen. (Abg. Dr. Fekter: Sagen Sie die Wahrheit! Sie wollen den Verkauf nicht, daher machen Sie alles schlecht!) Deswegen wollen sie vielleicht bezahlen. Und inländische Investoren wollen Gewinne am Woh­nungsmarkt machen. Wir sehen jedoch durchaus eine Möglichkeit, dass der Staat selbst, dass die Gesellschaften im Staatsbesitz selbst durchaus mit diesen Gewinnen eine offensive, zukunftsträchtige und sozial günstige Wohnbaupolitik machen. Das ist für uns der Auftrag (Beifall bei den Grünen), nicht aber diese Schuldenabbaupolitik auf Teufel komm raus, obwohl man an Dividenden mehr bekäme, als es an Zinsen kosten würde, und nicht das Bedienen des internationalen Investmentmarktes.

Darum ist es für uns Grüne eine Kernfrage, wie Sie mit dem staatlichen Eigentum um­gehen, wie Sie mit Millionen- und Milliardenwerten – auch in Euro gerechnet – um­gehen und wie Sie mit einer Auftragsvergabe umgehen, die für uns höchst dubios ist. Die Kommission, die Arbeitsgruppe, der Beratungsvertrag, die Vermittlertätigkeit – da stecken Sie selbst irgendwie drinnen. Und das ist für uns im Untersuchungsausschuss höchst aufklärungsbedürftig.

Ich darf Ihnen zum Schluss nur zumuten: Lesen Sie doch auch in den Zeitungen nach, wie diese Vorgänge des Verkaufs der Bundeswohnbaugesellschaften im Vorfeld schon bezeichnet werden! Lesen Sie es nach im „Standard“ – vergangenen Samstag war es, glaube ich –: „Berlusconisierung“! (Abg. Dr. Fekter: Ja, Ihre Propaganda haben die ab­gedruckt!) Das heißt, die Freunde arbeiten mit. Den Rechtsstaat gibt es in Österreich pro forma noch, aber bei den Vergaben, die Sie vorgenommen haben, wage ich, meine Zweifel anzubringen, wage ich, meine Zweifel hier auch zu äußern.

Herr Minister! In dieser Hinsicht, im Umgang mit staatlichem Vermögen gerade im sozialpolitisch sehr sensiblen Bereich der Wohnungen, haben Sie von uns nicht das Vertrauen. Das möchte ich ganz klar deklarieren. Deswegen lehnen wir diesen Akt ab. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte Sie daher massiv dazu auffordern: Warten Sie doch zumindest den Rech­nungshofbericht ab, den Rechnungshofbericht über die WAG, den Rechnungshofbe­richt über die BUWOG! Und rechnen Sie noch einmal die Dividenden gegen die Zins­ersparnisse! Eine ganz einfache Subtraktion, Herr Finanzminister. Ich bin neugierig, ob Sie dazu fähig sind. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.13

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bucher. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 



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14.13

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatsekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir, nämlich alle Fraktio­nen des Nationalrates, diskutieren zurzeit sehr interessiert im Österreich-Konvent (Abg. Dr. Glawischnig: Der hat noch gar nicht begonnen!) über sehr wichtige Themen wie die Kompetenzneuordnung des Staates, wie Verwaltungsvereinfachung, wie auch die künftigen Kernaufgaben des Staates. Ich glaube, dass es – zumindest aus unserer Sicht – auch unbestritten ist, dass es nicht zu den Kernaufgaben des Staates zählen kann, dass wir für Wohnungen sorgen (Abg. Eder: Das ist natürlich eine Kernaufgabe des Staates!), die die Beamten, die Bundesbediensteten in unserem Land bewohnen. (Abg. Eder: Das ist ein völliger Schwachsinn, was Sie da sagen, Herr Kollege! Das ist natürlich eine der Kernaufgaben! Wer, wenn nicht der Staat sollte das machen? – Wei­tere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.) – Wenn Sie in die Vergangen­heit schauen, so hat es in der Nachkriegsphase durchaus eine Zeit gegeben, in der es sehr wichtig war, für Wohnungen zu sorgen, für Billigwohnungen zu sorgen, als die Bundesbediensteten nur über ein geringes Einkommen verfügt haben. Aber in die heutige Zeit umgelegt, hat sich doch einiges in diesem Bereich verändert. (Abg. Eder: Sie haben eine schöne Ansicht, die Sie da den Leuten weitergeben!)

Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das strategische Ziel der Bundes­regierung, den Mietern die Chance für den Eigenerwerb ihrer Wohnungen zu geben, ein durchaus sinnvolles und richtiges, auch wenn das Angebot der Bundesregierung an die Mieter nicht in dem Ausmaß angenommen wurde, wie das ursprünglich erwartet wurde. Nur 5 Prozent der Wohnungen haben Absatz bei den Mietern gefunden. Das liegt sicherlich daran, dass der Preis, der für die Wohnungen ausgeschrieben wurde, zwar 20 Prozent unter dem Marktwert gelegen ist, aber in Gegenrechnung zu den Mie­ten, die bezahlt werden, doch relativ hoch erscheint.

Einzelveräußerungen, wie sie auch von der SPÖ ursprünglich angesteuert wurden, sind nicht geeignet, denn wir wissen, dass die Transaktionskosten für die Abwicklung der Einzelveräußerungen, beispielsweise für Marketing und für Parifizierungen, unwirt­schaftliche Vorgangsweisen sind, die den Vorgang enorm verteuern und einen sehr hohen Verwaltungsaufwand verursachen.

Daher erscheint es uns sehr sinnvoll, dass die Bundesregierung Experten beauftragt hat, eine Bewertung der Liegenschaften vorzunehmen, das Portfolio in seiner Markt­kapitalisierung zu bewerten und Veräußerungsvarianten aufzuzeigen, die eine Maxi­mierung der Erlöse aus den BUWOG-Gesellschaften ermöglichen.

Ich verstehe die Argumentation der Sozialdemokraten nicht ganz, weil sie ja selbst 1997 eine Verwertung der BUWOG-Wohnungen beziehungsweise der ESG in Villach, in Linz und in Wien angesteuert haben, und zwar zu dem Nennwert, den wir heute schon berichtet bekommen haben. Damals wollten sie zum Nominalwert von 180 Mil­lionen Schilling veräußern, obwohl sie gewusst haben, dass der Gesamtwert der Woh­nungen mehr als 12 Milliarden Schilling ausgemacht hat. Das wären etwa 1,5 Prozent des Verkehrswertes gewesen, den sie damals erlöst hätten. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Meine Damen und Herren! Weil Sie den Herrn Bundesminister wegen dieses Bera­tungsaufwandes kritisieren, darf ich Ihnen schon auch sagen, dass sich in Relation zum Gesamterlös, der für die insgesamt 62 000 Wohnungen in Aussicht gestellt und der in etwa 600 Millionen bis 1 Milliarde € betragen wird (Abg. Öllinger: Das soll alles sein?), der gesamte Beratungsaufwand in einer Größenordnung von 0,8 Prozent be­wegt. Das ist durchaus auf internationalem Niveau. Und wenn Sie einhaken, dass es hier um mögliche persönliche Bevorzugungen geht, so ist das doch sehr, sehr dünn, denn in der Sache selbst möchte ich festhalten, dass der Herr Bundesminister richtig


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gehandelt hat. (Abg. Mag. Kogler: Sie brauchen eine Kommission für die Kommis­sion!)

Beratungsaufwand, Beratungsleistungen sind ja international etwas völlig Übliches. Sie haben sich dieser Form der Beratungsleistungen auch bedient, beispielsweise bei der Veräußerung der Telekom-Austria-Anteile an Telecom Italia. Sie wissen, dass damals für die Beratungsleistungen der zuständige Berater 200 000 S Monatsgage erhalten hat, plus zusätzlich 5 Millionen Schilling in Form einer Abschlussprovision, wobei es sich damals um den Kabinettschef von Bundeskanzler Franz Vranitzky, Herrn Karl Krammer, gehandelt hat. (Abg. Dr. Fekter: Schau! Schau! – Abg. Scheibner: Hört! Hört!) Das war damals für Sie kein Grund, Kritik anzubringen, sondern das war durch­aus in Ordnung. Wir sehen das anders, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Abschließend möchte ich die Position, die Haltung der Freiheitlichen Partei kurz um­reißen: Uns geht es darum – dazu stehen wir –, von der Objektförderung, wie sie in der Vergangenheit betrieben wurde, hin zu einer Subjektförderung zu kommen, und zwar im Interesse der Betroffenen. Es geht uns um das Wohl des Einzelnen in dieser Ange­legenheit und nicht um das Wohl der Gesellschaften. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.19

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. Die Uhr ist wunschgemäß auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


14.19

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regie­rungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man dieser Wohndebatte hier folgt, so hat man den Eindruck, die Regierungsparteien verlieren wieder einmal völlig jegliche soziale Dimension.

Ich wundere mich immer mehr über die Freiheitliche Partei, die immer vorgegeben hat, für den „kleinen Mann“ da zu sein. Von dieser Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren der FPÖ, ist hier überhaupt nichts mehr zu bemerken. (Abg. Öllinger: Sie sind eh schon ganz klein, die Freiheitlichen!) – Sie sind sehr klein, eine sehr kleine Partei, und jetzt haben Sie auch noch den „kleinen Mann“ vergessen. (Abg. Neudeck: Das liegt daran, dass du kein kleiner Mann bist!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Worum geht es hier eigentlich? – Einer meiner Vorredner sagte, der Staat habe eigentlich mit Wohnpolitik, mit Wohnen und Wohnung nichts zu tun, er solle sich davon verabschieden. Dazu kann ich nur sagen: Wenn das wirklich so ist, ist jegliche soziale Dimension verloren gegangen. Was sich momentan um 60 000 Wohnungen im Bereich des Bundeswohnbaus abspielt, das ist mehr als ein Skandal, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei Abgeordne­ten der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Matter Applaus! – Abg. Neudeck: Das kommt nicht gut an!)

Es geht nicht darum, Wohnpolitik zu machen, sondern es geht um ideologische Maß­nahmen, um Geldaufbringung zu Lasten der Mieter, und vor allem darum, dass man in einer Art und Weise vorgeht, wie ich es in der Zweiten Republik überhaupt noch nie bemerkt habe.

Man muss sich auch einmal chronologisch anschauen, wie sich das Ganze entwickelt hat. – Ich will jetzt gar nicht von den Lehman Brothers und den diesbezüglichen Kosten reden; das kann man alles in den Zeitungen lesen. Wie immer sie auch beauftragt wur­den, das ist alles sehr fraglich; es wurde bereits angesprochen. Eine Anwaltskanzlei


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hat 506 000 € bekommen – für ein Ergebnis, das gleich null ist; es ist bis jetzt nichts herausgekommen.

Oder: Zwei Uni-Professoren haben 179 040 € bekommen. Oder: Die Lehman Brothers haben 10,2 Millionen € bekommen, um eine Schätzung abzugeben – und das ist ja das Beste! –: Die BUWOG hätte einen Wert von 600 Millionen bis 1,2 Milliarden €, hieß es. Diese Bandbreite hätte Kollege Neudeck wahrscheinlich auch aus dem Ärmel schütteln können. (Abg. Scheibner: Aber da hättet ihr euch auch aufgeregt! Da wäre was los ge­wesen!) Da hätten wir keine Lehman Brothers gebraucht, um einen solchen Wert fest­zustellen. Sich von einer solchen Firma eine Schätzung in dieser Bandbreite machen zu lassen, ist ja lächerlich!

Meine Damen und Herren! Dazu kommen aber noch Spesen für die Consulter, Vermitt­lungsprovisionen, Gelder für eine Reihe anderer Dinge; das werden wir alles noch über den Rechnungshof erfahren und hören. Das Schlimme an der ganzen Sache ist aber immer die Behauptung der ÖVP, dass das Ganze nicht die Mieter bezahlen müssten, dass sich für die Mieter überhaupt nichts ändere.

Meine Damen und Herren! Da frage ich mich, warum Kollege Großruck ganz groß im „Economist“ steht: ÖVP-Rückzieher bei Mieterhöhung! – Die Notbremse haben Sie ge­zogen, Kollege Großruck! (Abg. Großruck: Das ist falsch!) Zu Recht haben Sie die Notbremse gezogen, denn was war denn der Hintergrund der Sache? – Eine kosten­deckende Unternehmung kauft kein am Markt orientierter Investor. Der kann das gar nicht, denn ein am Markt operierender Investor – da wird mit Kollege Neudeck Recht geben – muss ein gewisses Mindestmaß an Erträgen machen und an Provisionen be­kommen. Und wenn das nicht gegeben ist, dann rechnet sich das Ganze nicht. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und weil sich das nicht rechnet, wendet man folgenden Trick an: Man versucht einmal, Käufer zu finden; Lehman Brothers: niedrige Bewertung; einen Käufer hat man viel­leicht auch schon irgendwo im Talon. Und wenn der Deal über die Bühne gegangen ist, versucht man – und mir ist da zum Beispiel so ein Verhandlungspapier von FPÖ/ÖVP in die Hände gekommen –, das WGG zu ändern, und zwar so zu ändern, dass aus die­ser Gesellschaft eine Ertragsgesellschaft wird.

Wenn man Erträge macht, muss diese Erträge jemand bezahlen. Kollege Scheibner! Was glauben Sie, wer die Erträge bezahlen wird? Der Herr Finanzminister, der da hin­ter mir feinsinnig auf der Regierungsbank sitzt? Oder werden die Mieter die Erträge be­zahlen müssen? Wissen Sie, wer sie bezahlen muss? – Die Mieter! (Abg. Scheibner: Nein, da ändert sich nichts! Das wissen Sie auch genau, dass sich bei denen nichts ändert!)

Jetzt sage ich Ihnen, welche Mieter zum Großteil in BUWOG-Wohnungen wohnen. Dort wohnen zum Beispiel Polizisten. Kennen Sie die Höhe der Einkommen von Poli­zisten? Wissen Sie, was es bedeutet, wenn diese Familien haben, für die Sie sich so einsetzen, und dann die Mietpreise bei Neuvermietung laut Ihrem Papier in die Höhe schnalzen? (Abg. Dr. Fekter: Das ist falsch! – Abg. Scheibner: Das ist Panikmache! – Abg. Großruck: Geisterbahn wird gefahren mit den Leuten!)

Das ist nicht falsch! Das hätten Sie gerne, dass das falsch ist. Aber das ist dieser listige Plan, der hinter dem Ganzen steckt: Man verkauft eine gut gehende, best or­ganisierte Wohngesellschaft an Freunde, um sie danach bei einem Privaten so zu platzieren, dass die Banken oder die Immobilieninvestoren Erträge machen. Erträge zu Lasten der Mieter sind schlichtweg eine Schweinerei, und das lehnen wir ab! (Beifall bei der SPÖ.) Und das passiert hier, meine Damen und Herren.


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27. Sitzung / Seite 114

Wir treten dafür ein, dass nicht die „kleinen“ Polizisten, nicht die Krankenschwestern, die heute schon zitiert wurden, die Tag und Nacht Dienst machen müssen, die Zeche bezahlen müssen. Wir wollen, dass diese Menschen weiter in einer kostenorientierten Wohnung leben können, die sie sich auch leisten können. Das, was Sie hier machen, führt zu Verunsicherungen. Das geht so weit, dass sich Leute, die heute noch in Arbeit sind und später einmal in Pension gehen werden, diese Wohnungen nicht mehr leisten können. Sie sollten sich auch einmal die entsprechenden Zeitungsartikel anschauen: Rentner von morgen werden Wohnprobleme bekommen. Sie werden Wohnprobleme bekommen, weil die Mieten nach Ihrer Politik enorm ansteigen, die Pensionen gesenkt werden – und dazwischen stehen die Menschen und können sich das dann nicht mehr leisten.

Das ist eine verrückte Politik, eine wahnsinnige Politik, mit der wir nichts zu tun haben wollen und die wir auch ablehnen werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Finanzausschuss zum Beispiel – auch eine eigenartige Situation – hat uns Kollege Finz, der vorhin behauptet hat, er kenne sich da sehr gut aus, erklärt, es wird von der Gruppe BUWOG, von den Eisenbahner­gesellschaften und von der WAG keine Sonderdividende für den Eigentümer geben.

Ich frage jetzt: Gibt es wirklich keine Sonderdividende – oder war das nur ein Irrtum? Man hört nämlich anderes. Man hört zum Beispiel, im Jahr 2002 hat die BUWOG sehr wohl eine Sonderdividende in der Größenordnung von rund 100 Millionen € ausschüt­ten müssen. Ja, wer bezahlt denn diese 100 Millionen? – Die 60 000 Familien, die da drinnen wohnen, bezahlen das, Kollege Scheibner! Die „kleinen“ Polizisten, die Kran­kenschwestern (Abg. Scheibner: Jetzt hören Sie schon einmal auf mit den „kleinen“ Polizisten! Die haben soziale Mieten, und das bleibt auch so!), jene, die wir aus dem ländlichen Raum holen, damit sie in Wien arbeiten, die wenig verdienen, denen Sie jetzt noch jede Menge auferlegt haben, denen Sie die Energiepreise in die Höhe schrauben, denen Sie Belastungen auferlegen, denen Sie die Steuern erhöhen! (Beifall bei der SPÖ.) Die bezahlen das, Kollege Scheibner! Diese 60 000 Familien zahlen dem feinsinnigen Herrn hinter mir 100 Millionen €!

Herr Finz – er ist auch ein Wiener Politiker, was ich so mitkriege; wir sind auch sehr stolz darauf, und ich hoffe, Sie bleiben es auch in Wien bis zu den nächsten Wahlen – sagte im Finanzausschuss:

Es wird diesmal keine Sonderdividende von der BUWOG und der WAG eingehoben. – Ist das richtig, Herr Kollege Finz? Wird keine eingehoben? (Staatssekretär Dr. Finz: Ich habe etwas anderes ...!) – Wird schon eingehoben? Er hat es schon wieder anders gesagt! Richtig ist nämlich vielmehr, dass er heuer wieder eine Dividende einheben will, die weit höher ist, als überhaupt das Ergebnis der BUWOG ist. Das heißt, man geht an die Substanz des Unternehmens, und man geht deswegen in die Substanz des Unternehmens hinein, weil man ohnehin die Absicht hat, irgendeinem, den man wahr­scheinlich schon kennt – alles andere sind ja nur Vorgeplänkel – die BUWOG und die WAG möglichst billig zu verkaufen, mit dem Hintergrund, dass man schon an einem Papier arbeitet, das ich zufällig in die Hände gespielt bekommen habe, wonach man das WGG ändern will, und zwar so ändern will, dass die Sonderdividende überhaupt keine Rolle spielt. Diese haben Sie dreimal verdient, wenn Sie die Mieterhöhungen in der Form durchführen, wie Sie sie durchführen wollen.

Das, meine Damen und Herren, ist ein Spiel, das man durchschaut. Das ist ein Spiel, das meines Erachtens zu Lasten von kleinen Einkommensbeziehern geht, und ein sol­ches Spiel ist eigentlich eine Schande für eine Regierung! Und wir haben hier einen Finanzminister, der bei dieser Schande locker mitmacht (Abg. Scheibner: Tun Sie sich ein bisschen mäßigen in der Wortwahl!), der bei dieser Schande dabei ist, der all jene


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persönlich bestens kennt, die in diesem Spiel mitspielen. (Abg. Scheibner: Er kennt ja Sie auch bestens! Das ist ja nichts Schlechtes, wenn man wen kennt!)

Da sitzt im Aufsichtsrat der BUWOG ein Herr Plech; den kennt er bestens. Er kennt auch die Lehman Brothers bestens. Lehman Brothers arbeiten auch für Unternehmen, die er vorher auch gut gekannt hat, Unternehmen, von denen er jetzt sagt, er braucht keinen Rücktrittsvertrag mehr. – No na! Wofür braucht man einen Vertrag, wenn man sich die VOEST unter den Nagel reißen will und dort dann ohnehin vielleicht ohne Ver­trag neuer Generaldirektor werden kann und so weiter? Rücktrittsverträge und Ver­zichtserklärungen sind höchstens Eingeständnisse von Schuld, aber in Wirklichkeit hat das überhaupt keine relevante Bedeutung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)

Passen Sie ein bisschen auf beim Lachen, Kollege Stummvoll! Sie haben am Sonntag im Fernsehen schon ein bisschen krampfhaft gelacht. Ihr Lachen, als Kollege Matz­netter argumentiert hat, war nicht mehr echt. Ich kenne Sie persönlich gut und weiß: Wenn Sie wirklich lachen, ist Ihr Gesichtsausdruck anders. Aber am Sonntag haben Sie schon ein bisschen komisch dreingeschaut, und wissen Sie, warum Sie komisch dreingeschaut haben? – Weil Sie Ökonom sind und wissen, was hier auf die Öster­reicher zukommt.

Ich lese da in einer Zeitung zum Beispiel: Bitte warten! Vormerklisten für günstige Woh­nungen werden länger. – Was heißt denn das? Das heißt ganz einfach, dass die Konti­nuität im Wohnbau, im Bau und somit in der Bauindustrie abgerissen ist. Und wenn diese Kontinuität abreißt, dann brauchen Sie wieder etliche Jahre, um das aufzubauen, weil die Bauindustriefirmen ihre Produktion umstellen; und wenn die umstellen, dann dauert es wieder Jahre, bis man in eine Wohnproduktion einsteigen kann.

Wir haben 1990 schon einmal in einer Koalition gemeinsam eine Phase erlebt, in der wir sehr wohl eine konjunkturelle Änderung in der Wohnbaupolitik gebraucht und auch gemacht haben. Wir haben von 1990 bis 1998 ein Wohnbauprogramm gemacht, das es den Menschen ermöglichte, sich die Wohnungen wieder leisten zu können. Das, was Sie jetzt machen, ist soziale Verunsicherung. Das bedeutet für die Menschen, dass es in Zukunft nur noch teure Wohnungen geben wird, und das bedeutet Angst.

Hier gibt es einen Mann, der die Hauptverantwortung dafür trägt und der da locker mit­macht, weil er diese Angst nicht kennt. Er stammt aus gutem Hause, ist auf die Butter­seite des Lebens gefallen, hat studieren können und hat sich bisher so durchgesetzt, dass es immer nur um ihn selber gegangen ist und nie um andere Menschen. Solche Menschen, meine Damen und Herren, haben in der Politik nichts verloren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.31

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Großruck. Die Uhr ist wunschgemäß auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


14.31

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Um den Verkauf der staat­lichen Wohngesellschaften ranken sich die wildesten und kühnsten Oppositionsge­rüchte, und einer der Gerüchte- und Märchenerzähler war gerade hier heraußen: der Kollege Eder.

Ich appelliere an die Österreicherinnen und Österreicher: Glaubt den Unsinn nicht, der heute hier verzapft wird: dass die Regierung die Mietpreise erhöhen will (Abg. Eder:


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Das tut ihr ja schon laufend!), dass sie diese verdoppeln möchte oder dass der Ausver­kauf der Wohnungen vorgenommen wird! Liebe Österreicher! Glaubt nicht den Unsinn, der heute verzapft wird! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist allerhand, meine Damen und Herren, uns vorzuwerfen, wir wollten die Mieten er­höhen! Das Gegenteil ist der Fall: Wir wollen durch eine entsprechende Wohnbau­politik erreichen, dass Mieten auch in Zukunft leistbar sind, und das garantieren die beiden Regierungsparteien auch den Österreicherinnen und Österreichern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie können noch so oft hier herauskommen: Wenn Sie zehn- oder zwanzigmal die Un­wahrheit sagen, es bleibt die Unwahrheit und wird nicht zur Wahrheit, auch wenn Sie es noch so oft wiederholen.

Meine Damen und Herren! Was passiert? – Der Herr Finanzminister hat den gesetz­lichen Auftrag – das wurde in der letzten Gesetzgebungsperiode beschlossen –, die staatseigenen Wohnbaugesellschaften zu verwerten. Der Staat – das war damals die Präambel – ist kein Bauträger, kein Hausverwalter, kein Wohnungsmakler; das machen Private viel besser als der Staat. Der Staat hat die Aufgabe, Rahmenbedin­gungen zu stellen – über die Wohnbauförderung, über steuerliche Maßnahmen –, da­mit Wohnen leistbar ist. Diese Aufgaben erfüllen die Bundesländer bestens und zur vollen Zufriedenheit.

Meine Damen und Herren! Die Österreicherinnen und Österreicher müssen im Durch­schnitt 18 Prozent ihres Einkommens für Wohnkosten aufwenden. Damit liegen wir EU-weit an viertletzter Stelle. Hinter uns sind Irland, Portugal und Griechenland. Bei Portu­gal und Griechenland wissen wir, dass diese Länder klimatisch begünstigt sind, denn die Mietkosten alleine machen nicht die Wohnkosten aus. Da kommen die Betriebskos­ten dazu, Müll-, Kanal-, Wassergebühren. Und es ist gerade die Gemeinde Wien ein leuchtendes Beispiel dafür, wie es funktioniert, über Betriebskosten die Wohnkosten zu erhöhen. Denken Sie nur an die Müllgebühren! (Abg. Eder: Wer erhöht die Müllgebüh­ren?) – Die Gemeinde Wien hat sie ganz drastisch erhöht!

Wir wollen eine entsprechende Lösung finden, um die bundeseigenen Wohnungen zu vermarkten. Sie beklagen sich, meine Damen und Herren von der Opposition, darüber, dass dieser erste Schub nicht erfolgreich war. Das ist ja kein Wunder, wenn die ganze linke Propagandamaschinerie in Österreich – von den Arbeiterkammern angefangen, über die SPÖ, über ihre randnahen Gruppen – dagegen opponiert und sagt: Liebe Mieter! Steigt mit uns in die Geisterbahn! Fahrt mit, und dann fürchten wir uns gemein­sam! – Da können Sie dann keinen Optimismus erwarten.

Sie sind schuld daran, dass die Mieter verunsichert sind. Sie sind schuld daran, dass die Mieter sich fürchten. Und das müssen Sie verantworten. Wir aber geben den öster­reichischen Mietern Hoffnung. Meine Damen und Herren! Wir sind bei der Privatisie­rung der Wohnungen, wir sind auch bei der Privatisierung anderer Institutionen, und ich darf in diesem Zusammenhang folgenden Antrag einbringen: (Abg. Eder zeigt dem Redner einen Zeitungsartikel mit der Überschrift: „Die Mieten steigen“.) – Es handelt sich hier um die VOEST-Alpine, weil wir bei der Privatisierung sind!

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn und Kollegen betreffend Weiter­führung der erfolgreichen Privatisierungsmaßnahmen durch die österreichische Bun­desregierung

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Die ÖIAG möge beauftragt werden, die Optionen der Privatisierung der Voest Al­pine AG über die Börse und im Wege von Finanzinvestoren zu prüfen.

Dabei ist es das Ziel, dass

das Unternehmen eine österreichische Kernaktionärsstruktur behält,

die Einheit des Unternehmens gewahrt bleibt,

die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten in Österreich erhalten und ausgebaut werden und

die Entscheidungszentrale in Österreich erhalten bleibt.

*****

Das ist ein Oberösterreich-Thema, meine Damen und Herren, und ich komme ab­schließend auf Oberösterreich zurück, das ich heute bereits sehr gelobt habe. Ich möchte das in Form eines Vierzeilers tun: 

In Österreich, da gibt’s ein Land, das wird geführt von bester Hand.

Seit über fünfzig Jahren schon gibt an die ÖVP den Ton.

Die Arbeitslosenzahlen sinken, weil’s nicht regiert wird von den Linken.

Die Wirtschaft boomt und wächst und blüht, wie man’s an allen Zahlen sieht.

Das Beste ist’s, wenn ich’s vergleich, d’rum heißt’s auch Oberösterreich.

(Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.36

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Großruck so­eben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Stummvoll, Prinzhorn ist aus­reichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


14.36

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch wenn Sie sich noch hundertmal ver­weigern – es wäre schon längst ein Untersuchungsausschuss in vielen Causae not­wendig; eine haben Sie ja nur gestreift – und versuchen, sich mit Ihren eigenartigen Vier- und sonstigen -zeilern darüber hinweg zu turnen, so wird das immer mehr Ihr Pro­blem. Verschonen Sie aber bitte das Haus damit (Beifall bei den Grünen und der SPÖ), denn diese Sache ist möglicherweise zu ernst!

Der Tagesordnungspunkt beschäftigt sich mit der Privatisierung der Bundeswohnun­gen, verkürzt ausgedrückt. Es stellt sich ja bei diesem möglicherweise wirtschaftspoli­tisch und gesellschaftspolitisch falschen Schritt schon ein ganzes Potpourri, ein Sam­melsurium von Fehlleistungen, die alle nicht mehr zufällig sein können, in einer be­stimmten Abfolge und Reihenfolge dar, die ihresgleichen sucht.

Was ist bis jetzt bei diesem Versuch passiert, die Bundeswohnungen zu verklopfen – muss man ja fast sagen –? Sie haben sich auf Vermittlung eines Herrn Muhr auf den werden wir noch einzugehen haben – einer amerikanischen Connection bedient, die die Wohnungsverhältnisse in Österreich genau kennen will, um sagen zu können – sage ich einmal vorsichtig –, was der Wert dieser zu veräußernden Bundeswohnungen sein soll.


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Ich sage Ihnen, Sie finden in Österreich viele zu dieser Bewertung Fähige, die das aus dem Stand besser können als irgendjemand, der in Amerika sitzt. Das ist ganz sicher! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Der beste Beweis dafür ist ja – und nehmen Sie anschließend dazu Stellung, Herr Bundesminister –, dass sich diese Beraterfirma, Leh­man Brothers, offensichtlich – und dabei ertappt! – in Österreich wieder einiger Sub­unternehmer bedienen muss. Ja was denn sonst? Das ist für sich vielleicht noch nicht so schlecht, wenn es Vergaben gibt, bei denen der Auftraggeber Subunternehmer be­schäftigt. Aber bitte, wie war denn das in der Ausschreibung? Ist das alles klargelegt gewesen? Wie war überhaupt die Ausschreibung? Wie ist es zu dieser Vergabe gekommen?

Wenn Sie bereits den Rohbericht des Rechnungshofs gelesen haben, was ich an­nehme – möglicherweise auf Bali –, werden Sie gesehen haben, dass der Rechnungs­hof schon bis hierher – die Geschichte hat ja noch nicht einmal richtig angefangen – eine Reihe von Fehlleistungen erkennt.

Warum? – Weil ja selbst die Auswahl dieser Beratungsunternehmen große Probleme aufwirft. Man braucht ja schon Bewertungskommissionen für die Vergabe dieser Auf­träge. Man braucht Berater für Berater, damit Berater kommen, und irgendwelche Kommissionen, die die angebliche Objektivität für diese Geschichte garantieren. Das ist doch hinten und vorne nicht mehr stimmig! Und trotzdem haben Sie es geschafft, massenhaft Verdacht auf sich zu lenken. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Diese ganze Aura, diese ganze Ansammlung von Beratern in konzentrischen Kreisen rund um Ihr Kabinett – in Wirklichkeit ein Freunderlwirtschaftskreis – hat Ihnen nichts genutzt. Sie sind in dieser Sache ertappt worden! 10 Millionen €, 140 Millionen Schil­ling, für Berater, die in der Sache nicht viel leisten können, die sich wieder anderer Be­rater bedienen müssen, Subunternehmer.

Wie hoch ist denn die Marge der Herren von Lehman Brothers? Können Sie das schon sagen? Wie hoch ist die Marge? Und am Schluss die Frage – wir greifen ihn wieder auf –: Welche Rolle spielt Herr Muhr?

Sie sagen in einem Interview, Sie bekennen sich zu dieser Freundschaft. – Das ist natürlich in Ordnung. Ich frage mich nur, ob Sie sich auch weiterhin dazu bekennen, dass Sie quasi auf Zuruf ein Ausschreibeverfahren in Gang setzen, bei dem genau das herauskommt; wobei Sie dann immer mit dem Schmäh von „objektiven Bewertungs­kommissionen“ – wir kennen das schon vom Eurofighter – darauf hinweisen, dass der Billigstbieter nicht der Bestbieter ist. – Das wissen wir bereits! Aber bitte, was weist denn Lehman Brothers in dieser Frage als Bestbieter aus?

Auf Zuruf des Herrn Muhr wurden sie mit in die Ausschreibung aufgenommen. Sie, Herr Minister, werden all diese Dinge noch vorlegen müssen.

Momentan halten wir beim Beziehungsgeflecht: Muhr, Lehman Brothers, Plech – auf ihn werden wir auch noch zu sprechen kommen – bei einem Gesetzesvorschlag, den wir hier behandeln, wobei möglicherweise das Ganze in der ÖIAG oder in der BIG ein­gepackt wird, damit die Wohnungen dort vielleicht besser verklopft werden können. Gratuliere! Wo sind die 10 Millionen €, und zu welchem Zweck haben Sie diese Ver­gabe gemacht?

Ich kann da nur Eigenartigkeiten und Fehlleistungen erkennen, aber Sie, Herr Minister, werden sicher wieder sagen, das ist im internationalen Vergleich so üblich. Es mag sein, dass Honorarnoten für Beratungsleistungen – wir haben das zu Anfang nicht kritisiert, Sie werden sich vielleicht daran erinnern – nicht a priori kritisiert werden müssen. Aber wenn sich bei näherer Betrachtung herausstellt, wie diese Vergabe zu­stande gekommen ist und was diese angeblichen Berater leisten, dann gute Nacht!


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Diese Finsternis werden Sie hier einmal zu erhellen haben! Aber vielleicht gelingt Ihnen heute überraschenderweise noch etwas. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie haben auch überhaupt kein Problem damit – auch dieses Muster zieht sich durch; wahrscheinlich haben Sie da wieder mitgewirkt, so wie in anderen Fällen –, dass Herr Plech in mehreren Aufsichtsräten massiv Platz nimmt, unter anderem in der BIG; aber wir sind jetzt bei den Bundeswohnungen. Er ist in mehreren Aufsichtsräten in diesem Bereich – aber selbst Immobilienmakler, selbst völlig verflochten mit der Käufer- und Interessentenszene in Österreich. Ich sage Ihnen: Das ist völlig unvereinbar!

Herr Minister! Wie kommen Sie dazu, diese Unvereinbarkeiten entweder a) selbst mit­einzufädeln, oder b) sie nicht wenigstens abzustellen? – Ich verstehe das nicht! Beken­nen Sie hier Farbe, wie Sie zu diesen Personen stehen! Sie sind Ihnen, wie wir mittler­weile wissen, nicht so unbekannt, und zwar in Ihrem Verhältnis als Minister; ich füge das hinzu, weil wir hier schon öfter Probleme hatten, nachzuvollziehen, wie Sie hier versuchen, die Trennung zwischen privatem und öffentlichem Interesse darzustellen. Das hat bis jetzt nur darin gemündet, dass Sie bei jedem Fluchtversuch nach vorne im nächstgrößeren Fettnapf gelandet sind. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Vielleicht gelingt Ihnen heute etwas anderes, aber ich bin nicht mehr sehr zuversicht­lich. – Ich sage nur, dieses Muster ist erkennbar, und es wiederholt sich.

Ich werde nicht alle Punkte durchgehen, die wir schon anlässlich eines Misstrauensan­trages Ihnen als Minister gegenüber ausgesprochen haben. Aber vier Bereiche waren mir wichtig, und einen davon habe ich jetzt angesprochen. Und überall, Herr Bundes­minister, gibt es ein ähnliches Muster.

Der nächste Fall ist die ÖIAG und die angelaufene Privatisierung der VOEST-Alpine in einem ganz bestimmten Kontext. Sie wollen wieder nichts gewusst haben von den Ver­handlungen der ÖIAG-Vorstandsmitglieder, die das vielleicht nicht einmal in dieser plumpen Art und Weise freiwillig angegangen sind. Die wirken gar nicht so, wenn man ihnen genau zuhört. Sie sind durchaus in einer misslichen Lage. Die Frage ist, wer das zu verantworten hat. Jedenfalls hat sich der ÖIAG-Vorstand mit Vertretern von Magna getroffen; ob das jetzt „Minerva“ heißt oder nicht, tut nichts zur Sache. Eine gute Namensgebung ist eher etwas für Ihre Marketingabteilung. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Aber Sie wollen davon nichts gewusst haben? Sie, der Sie von der Bundesregierung einen Privatisierungsauftrag absegnen haben lassen, in dem sich mehr oder weniger harmlos mitten unter den Bestimmungen eine Passage findet, wonach Sie in enger Abstimmung mit dem Vorstand die Privatisierungsschritte angehen wollen?!

Das ist erstens gegen das Aktienrecht, und zweitens: Ist das Ihre Vorstellung von Ent­politisierung? Ist es das? (Abg. Dr. Fekter und Abg. Dr. Trinkl: Zur Sache!) – Das ist zur Privatisierung, das ist völlig zur Sache, dazu, wie in diesem Land vorgegangen wird.

Herr Minister! Auf diese Art und Weise können Sie dann leicht behaupten, der Staat ist ein schlechter Unternehmer. So schlecht hat er noch nie etwas „unternommen“ wie hier, da gebe ich Ihnen Recht. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie haben sich die Einwirkungsrechte und Mitwirkungsrechte in einer Art und Weise gesichert, die möglicherweise gesetzlich äußerst bedenklich ist. Aber das darf uns nicht wundern. Sie selbst haben hier im Jahr 2000 – wir können uns gut daran erin­nern – von der Regierungsbank aus die endgültige Depolitisierung der Verstaatlichten-Politik und der ÖIAG-Holding verkündet, indem etwas erfunden wurde, was ohnehin auf unsere Skepsis gestoßen ist.


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Es hieß, der Aufsichtsrat der ÖIAG erneuert sich aus sich selbst heraus. – Das war ja schon fast eine Drohung! Zunächst haben wir ja nur Freunde des Herrn Prinzhorn, des geschätzten Herrn Präsidenten, dort vorgefunden. (Abg. Dr. Fekter: Potente Leute!) Das wird mittlerweile nicht mehr bestritten, und ich glaube, er wird die Freundschaften auch nicht leugnen. Sei es drum! Auch damals hat man natürlich ein Beraterunterneh­men zwischengeschaltet – zufällig mit lauter Verwandtschaftsverhältnissen in diesen Kreisen. Sei es auch darum! (Abg. Dr. Fekter: Verleumdung!)

Aber der Aufsichtsrat nach ÖIAG-Gesetz „erneuert sich aus sich selbst“. – Und wohin hat das geführt? Es hat dazu geführt, dass im Vorjahr Herr Wolf von Magna Aufsichts­rat geworden ist. Ich weiß gar nicht, wie sehr sich der Aufsichtsrat „aus sich selbst heraus“ erneuert hat.

Sie, Herr Minister, haben einem „profil“-Artikel von letzter Woche noch nicht wider­sprochen. Vielleicht ist das in Bali nicht zugestellt worden, aber bitte nehmen Sie heute Stellung! – Darin ist glaubwürdig festgehalten, dass sich Herr Heinzel, ÖIAG-Aufsichts­ratspräsident – er verdient an dieser Stelle eine kleine Verteidigung –, gegen diesen Schritt gewehrt hat. Er konnte eins und eins noch zusammenzählen und wusste, dass das ein Interessenkonflikt werden könnte.

Sie haben das nicht nur nicht verhindert, sondern in diesem Artikel, der offensichtlich sehr fundiert geschrieben wurde, wird festgehalten, dass Herr Wolf nur auf Ihr massi­ves Betreiben hin in den Aufsichtsrat gekommen ist. Aber „der Aufsichtsrat erneuert sich aus sich selbst heraus“. Das ist Ihr Verständnis davon – ja Kunststück, wenn Sie dort schon die Freunde sitzen hatten!

Trotzdem: Selbst diesen Freunden ist das schon suspekt geworden. Sie haben sich nicht damit abfinden wollen, aber Sie haben sich durchgesetzt. – Gratuliere, das ist „Entpolitisierung“! Der Staat ist in diesem Fall ein schlechter Unternehmer, und man hätte der VOEST nichts Schlimmeres antun können, als das, was diese Bundesregie­rung jetzt in diesem Bereich vorführt.

Das, was die Bundesregierung jetzt tut, diese ganze Angelegenheit hätte – wenn das nicht rechtzeitig aufgeflogen wäre, wie man so schön sagt – dazu führen können, dass sowohl die Einheit des Unternehmens als auch – und erst recht langfristig – der Stand­ort des Unternehmens in der jetzigen, bewährten Art und Weise massiv gefährdet wor­den wäre, und zwar durch Ihr Zutun und mit Ihrer Duldung. Und dann gehen Sie von der ÖVP hier heraus und machen billigen Oberösterreich-Wahlkampf. Gehen Sie lieber in sich und beurteilen Sie die Lage frisch, dann werden Sie vielleicht auch zu einem anderen Urteil kommen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber zu dem, was hier passiert ist, Herr Kollege Stummvoll, Herr Kollege Mitterlehner, kann ich nur sagen: Jawohl, so schlecht hat der Staat noch nie Unternehmer gespielt – zum Schaden der Steuerzahler, aber jedenfalls auch zum Standortschaden für Öster­reich. (Abg. Dr. Fekter: Zum Nutzen der Steuerzahler!) – Abwarten! Wir werden noch auf Ihre Vorstellungen über Standortpolitik und Eurofighter zu sprechen kommen.

Ich will nur noch kurz weiter auf diese wilden Aneinanderreihungen von völligen Unver­einbarkeiten eingehen und den mittlerweile zu trauriger Berühmtheit gelangten „Verein zur Förderung der New Economy“ noch einmal erwähnen. (Abg. Dr. Fekter: Aber die Eurofighter ...!)

Das ist alles zur BUWOG, denn es sitzen bei dieser Geschichte überall die gleichen Leute drinnen! Herr Plech, Herr Hochegger, alle sind miteinander verflochten, und alle schieben sich gegenseitig die Aufträge zu. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Und von wem geht das aus? – Vom Kabinett des Herrn Ministers! Das ist das Sittenbild dieser Regierung!


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Sie haben sich aufgeregt, als wir den „Euroteam“-Skandal aufgedeckt haben und haben fest mitgeklatscht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, Kunststück. Jetzt wird das in einer vielfachen und schlimmeren Art und Weise wieder vollzogen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten. (Anhaltender Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich hätte das dem Herrn Grasser nicht zugetraut, aber wir sind eines Schlechteren be­lehrt worden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Deshalb sollten Sie der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen und nicht dauernd bei etwas dazwischen rufen, von dem Sie offensichtlich keine Ahnung haben wollen oder keine Ahnung haben können. Hören Sie wenigstens zu! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Die Abgeordneten Dr. Fekter und Dr. Trinkl: Zur Sache!)

Dieser Verein hat deshalb etwas mit der BUWOG zu tun, weil es darum geht, wer hier wem Spenden zukommen lässt. Es würde mich interessieren, ob die potentiellen Nutz­nießer aus diesem BUWOG-Deal möglicherweise Spender für den New-Economy-Ver­ein des Herrn Finanzministers waren.

Warum ist das sehr wohl zur Sache und relevant? – Weil niemand Geringerer als Herr Lorenz Fritz festgehalten hat: 175 000 € haben wir ihnen gegeben. Aber das war es, klipp und klar. Er selber, Fritz, bringt aber 220 000 € ins Spiel. Warum? – Weil er von Einzelspenden weiß, außerhalb der Industriellenvereinigung (Abg. Öllinger: Ah!), von anderen Einzelunternehmen und Industriellen, vielleicht von solchen, die nicht in der Industriellenvereinigung organisiert sind, die nicht die Möglichkeit wahrnehmen können, die Industriellenvereinigung als Spendenwaschanlage nach österreichischem Parteiengesetz zu missbrauchen und dort die Gelder hinüberzuschieben.

Vielleicht war etwa Herr Rumpold dabei? Ich sage das mit „vielleicht“ und mit Frage­zeichen. Aber warum müssen Sie sich das hier gefallen lassen, Herr Finanzminister? – Ich gehe normalerweise nicht so vor. Aber in diesem Fall haben Sie es seit Wochen verabsäumt, den Verein, der unter anderem Ihren Namen trägt – Mag. Karl-Heinz Grasser, der erste Vereinszweck –, dazu aufzufordern, alle Spenden offen zu legen. Ein ungeheuer wichtiger Vorgang und im Lichte dieser Anschuldigungen ein längst not­wendiger Schritt. Warum ist er unterlassen worden? Erklären Sie sich! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn Herr Rumpold als Spender in Frage kommt, dann ist auch klar, in welcher Funk­tion. Dabei geht es nämlich um jenen Herrn Rumpold, der als Lobbyist von EADS ge­sagt hat: Es ist ja wie in Uganda, ohne Spendenkoffer geht jetzt gar nichts mehr! – Das war vor der Typenentscheidung – und knapp nachher hat er das bekannt gegeben!

Jetzt sind wir beim letzten Punkt, Herr Bundesminister Grasser – und wir behandeln jetzt keine Abfangjäger-Details, sondern das, was bereits alleine ein Rücktrittsgrund wäre, nämlich dass Sie, und zwar nachweislich, das Parlament falsch über Ihre Ter­mine mit EADS-Vertretern informiert haben.

Sie, Herr Bundesminister Grasser, haben sowohl im Rahmen von Anfragebeantwortun­gen der Grünen als auch der Sozialdemokraten mehrmals ähnliche beziehungsweise gleich lautende Aussagen gemacht, haben sich ohnehin widersprochen – und einen Termin haben Sie überhaupt gänzlich verschwiegen, nämlich jenen vom 23. April 2002, in der heißesten Phase der Typenentscheidung, als sich die Bewertungskommission gerade zu Beratungen zurückgezogen hatte, jene Bewertungskommission, die ein hauchdünnes Ergebnis ausgewiesen hat.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie heute die Mitglieder der Bewertungskommission fragen, dann werden diese sagen: Wir wollten eine politische Entscheidung herbeifüh­ren, deshalb dieses knappe Ergebnis! – Und die Politik hat entschieden, und sie hat


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vor der Ausschreibung mit EADS verhandelt und auch – wie sich jetzt herausstellt – während der Ausschreibung.

Das aber haben Sie, Herr Bundesminister Grasser, dem Parlament verschwiegen! Und als Sie – wieder einmal! – auf frischer Tat ertappt wurden, musste Ihr Herr Kabinetts­chef, Herr Winkler, sozusagen ausrücken und sagen: Das war ein Automobilindustrie-Termin! – Na super, deshalb haben Sie das vorher verschwiegen, weil in Österreich Automobile offensichtlich dem Staatsgeheimnis unterliegen! Ich gratuliere!

Sie, Herr Bundesminister Grasser, haben das Parlament belogen – und dafür werden Sie zur Rechenschaft gezogen werden! (Lebhafter Widerspruch und Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Unruhe im Saal. – Abg. Scheibner: Ordnungsruf!) Sie haben diesen Termin verschwiegen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ sowie anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dann sagten Sie, Herr Finanzminister, und zwar mit großer „Lässigkeit“: Jawohl, auch nach der Typenentscheidung habe ich selbstverständlich verhandelt!, und so weiter; wir kennen das ja alles. Das war zu einem Zeitpunkt, zu dem die Verhandlungen mit EADS längst abgebrochen hätten werden müssen!

Legen Sie, Herr Minister Grasser, endlich die Inhalte Ihrer so genannten Verhandlun­gen und Vertragstexte offen – und wirken Sie ohne gesetzliche Ermächtigung – nächs­ter Vorwurf! – nicht dahin gehend mit, dass ohne finanzgesetzliche Ermächtigung eine 2-Milliarden €-Verpflichtung der Republik eingegangen wird – und das gegen die Inten­tionen des Hohen Hauses hier! (Widerspruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was glauben Sie, Herr Finanzminister, warum es das Bundeshaushaltsrecht überhaupt gibt?! Was glauben Sie, warum es das gibt?! – Diese Vorgänge sind zutiefst aufklä­rungsbedürftig! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie, Herr Bundesminister Grasser, werden sich, wenn einmal ein Untersuchungsaus­schuss zu dieser Frage tagen wird, auch für serienweise Interventionen Ihrerseits, die im BMLV vermerkt sind, verantworten müssen! Im BMLV wurde das aufgelistet; ich er­spare Ihnen jetzt diese Aufzählung, aber Sie werden dazu Auskunft geben müssen!

Deshalb – aber nicht nur deshalb! –, auf Grund dieser Kette von Verfehlungen sowie aus vielen anderen Gründen, die aus Zeitgründen hier nicht einmal alle erwähnt wer­den können, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Kogler, Josef Cap, Freundinnen und Freunde betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Finanzen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Dem Bundesminister für Finanzen wird durch ausdrückliche Entschließung gemäß Artikel 74 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz das Vertrauen versagt.

*****

(Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Bundesminister Grasser, eine Einladung: Wenn Sie uns bitte Ihre Bilanz „Rück- und Ausblicke mit Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser“ zukommen lassen!


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Rück- und Ausblicke! – Aus und rück, da kann ich nur sagen: Ausritte und Rücktritte. Herr Bundesminister Grasser, Sie sollten wissen, was Sie zu tun haben! (Lebhafter Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.54

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Mag. Kogler verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Cap, Kogler, Freun­dinnen und Freunde ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Kogler, Sie haben während Ihrer Ausführungen in Richtung Regie­rungsbank wörtlich gesagt: „Sie, Herr Bundesminister Grasser, haben das Parlament belogen ...!“ – Dafür erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Finanzminister Mag. Grasser. – Bitte.

 


14.55

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Werter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Da ich gemäß der Geschäftsordnung jetzt nur noch 5 Minuten sprechen kann und daher zeitlich etwas eingeschränkt bin, auf die Vorwürfe des Herrn Abgeordneten Kogler einzugehen (Abg. Schieder: Nachher können Sie eh weiterreden!), darf ich Ihnen versichern, Herr Abgeordneter Schieder, dass ich mich danach noch einmal zu Wort melden werde. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt möchte ich mich kurz auf das Vergabeverfahren der Wohnbaugesellschaften kon­zentrieren – und dann Herrn Abgeordnetem Kogler, was den Misstrauensantrag betrifft, antworten.

Erster Punkt: zur Ausschreibung, was die Wohnbaugesellschaften des Bundes betrifft. Da Sie, Herr Abgeordneter Kogler, uns so viel vorwerfen, sollten Sie im Detail auch einmal wissen und zur Kenntnis nehmen, wie seriös, wie sachlich, wie vorbildlich wir in dieser Frage vorgegangen sind.

Im Jänner 2002 hat es eine Bekanntmachung dieser Ausschreibung und eine Ver­öffentlichung im „Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft“ sowie im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ gegeben. Im Jänner 2002 wurde auch eine Kommission eingesetzt, und zwar bestehend aus elf Mitgliedern. Dazu gehören: die zwei Vorstände der betref­fenden Gesellschaften, ein Immobilienexperte, der Leiter der Bundesbeschaf­fungs GesmbH, je ein Angehöriger meines Kabinetts und des Kabinetts des Herrn Staatssekretärs Alfred Finz, zwei Abteilungsleiter des Bundesministeriums für Finan­zen, ein Rechtsanwalt, zwei Universitätsprofessoren als außenstehende Experten, und zwar besonders im Bereich des Vertrags- und Vergaberechts und der Betriebswirt­schaft, um eben Objektivität und Transparenz in möglichst hohem Ausmaß zu gewähr­leisten.

Weiters wurde ein Vergabeverfahren durchgeführt, EU-weit – und selbstverständlich auch nach dem Bundesvergabegesetz. Veröffentlichungen im EU-Amtsblatt sowie jenem der „Wiener Zeitung“ wurden vorgenommen. Wir haben ein Verhandlungsver­fahren in zwei Stufen durchgeführt. In diesem Verhandlungsverfahren, in dem gesetz­lich vorgesehen ist, drei verbindliche Angebote einzuholen, haben wir fünf Bewerber zur Erstellung eines entsprechenden Angebots eingeladen.

Im Verhandlungsverfahren, in dem keine formalisierte Öffnung der Angebote erforder­lich ist, haben wir, um eben optimale Transparenz und Gleichbehandlung zu gewähr­leisten, die Angebote unter notarieller Aufsicht und mit Protokollierung geöffnet. Wir haben die Vergaben mit einer elfköpfigen Vergabekommission begleitet, und wir haben


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die Prüfung und die Bewertung der Angebote objektiv und nachvollziehbar durch diese Fachexperten vorgenommen. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Im gesamten Vergabeverfahren haben wir penibel darauf geachtet, die Grundsätze des Vergaberechts voll und ganz einzuhalten, insbesondere objektive und sachlich nach­vollziehbare Entscheidungs- und Bewertungsgrundlagen betreffend.

Wir haben Protokolle, die belegen, dass wir sachlich und objektiv nachvollziehbar in unseren Entscheidungen vorgegangen sind, vor allem auch, was die Kommissions­sitzungen betrifft.

Wir haben die gesetzlichen Fristen, die Benachrichtungs-, die Bekanntgabeverpflich­tungen des Bundesvergabegesetzes strikt eingehalten, haben die Zuschlagsentschei­dung, die Auswahl des Bestbieters von der Vergabekommission treffen lassen – und der Vertrag wurde seitens des BMF, und zwar durch die zuständige Fachabteilung, unterschrieben.

Ich sage Ihnen daher: Da wurde vorbildlich korrekt, ohne Eingreifen, ohne eine Beru­fung dieser Vergabeentscheidung vorgegangen. – Das Ergebnis gibt uns Recht: Dabei handelt es sich um eine mustergültige, um eine vorbildliche Vergabe!

Zum Inhalt und zum Ziel dieses Verkaufs der Bundeswohnungen werde ich nach der Behandlung des Dringlichen Antrages Stellung nehmen.

Zweiter Punkt, meine Damen und Herren: zum Misstrauensantrag beziehungsweise zu den Vorwürfen des Abgeordneten Kogler. Meine Damen und Herren, wenn Sie sich die heutige Ausgabe der „Salzburger Nachrichten“ anschauen, dann erkennen Sie das Entlarvende (der Redner hält die betreffende Ausgabe der „Salzburger Nachrichten“ mit einem Portrait von Abg. Dr. Cap in die Höhe), wenn der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Cap etwa sagt: „SPÖ hofft auf Neuwahlen“. „Der Sturz Grassers ist für die SPÖ nur Mittel zum Zweck.“ Weiters, so die „Salzburger Nachrichten“: „Man hoffe auf den Abgang Schüssels und das Ende von Schwarz-Blau, sagt Klubobmann Cap.“ 

Meine Damen und Herren! Hier eine Opposition, die die Sachpolitik aufgegeben hat, die kriminalisiert, die polemisiert (Abg. Öllinger: Sie tun das!) – dort eine Bundesregie­rung mit einer hervorragenden Leistungsbilanz: zwei Budgets, Pensionsreform, Steuer­reform, und eine Entlastung der Bevölkerung beginnt! Wir lassen uns nicht beirren und werden unseren erfolgreichen Weg fortsetzen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Abg. Öllinger: Billige Polemik!)

Zu den Methoden, derer Sie sich bedienen: Das ist nichts anderes als die ganz be­wusste Diskreditierung einer Person! Sie schütten an, Sie machen schlecht! Aber Sie disqualifizieren sich mit dieser schmutzigen Politkampagne selbst. (Abg. Schieder: Na bitte! – Widerspruch bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich betone: Ich habe dem Parlament (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) in jeder Phase die Wahrheit gesagt! Nichts von dem, was Sie, Herr Abgeordneter Kogler, behaupten, ist wahr! Ich weise das noch einmal in aller Schärfe zurück! Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ganz im Gegenteil: Die unabhängigen Behörden werden bewei­sen, dass Ihre Kampagne in sich zusammenbrechen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Ist das Ihr Richter, der Herr Staatssekretär Finz? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich bitte um den Schlusssatz!

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Schlusssatz, meine Damen und Herren: Ich werde danach fortsetzen und Ihnen beweisen, wir haben hervorragend gewirtschaftet. Sie kampagnisieren, Sie kriminalisieren. Ich sage Ihnen, das ist zu wenig, dagegen sein wird nicht reichen. Wir arbeiten, wir werden uns


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des Vertrauens der Bevölkerung würdig erweisen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

15.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über den Punkt 7 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antra­ges gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

Bevor ich Herrn Abgeordnetem Cap zur Geschäftsbehandlung das Wort erteile, be­grüße ich den Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, Herrn Landeshauptmann DDr. Herwig van Staa, sehr herzlich. (Allgemeiner Beifall.)

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Klubobmann Abgeordneter Cap zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


15.01

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte auf das Schärfste dagegen protestieren, dass hier vom Herrn Bundesminister für Finanzen die Arbeit der Opposition als „Schmutzkampagne“ bezeichnet wird. (Abg. Dr. Trinkl: Nennen Sie ein anderes Wort dafür!) Ich finde, das hat hier keinen Platz. Wir haben hier unsere Oppositionsarbeit zu leisten, unsere Fragen zu stellen. Wir haben uns kritisch mit der Arbeit des Finanzministers auseinander zu setzen. Und diese Beleidigung der Abgeordneten hat hier keinen Platz. Ich protestiere nochmals auf das Schärfste dagegen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.02

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Ergebnisse des Agrarministerrates der Europäischen Union in Luxemburg am 26. Juni 2003 (175/A) (E)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selb­ständigen Antrages 175/A (E). Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Im „Endgültigen Kompromisstext des Vorsitzes im Einvernehmen mit der Kommission“, Rat der Europäischen Union in Luxemburg am 26. Juni 2003, heißt es:

„Die Landwirtschaft war, ist und bleibt auch weiterhin für die Identität der Union von entscheidender Bedeutung. Der Rat weist darauf hin, dass mit Landwirtschaft in der EU nicht einfach nur die Erzeugung von Nahrungsmitteln oder Fasern gemeint ist. Ein nachhaltiges Agrarmodell erfordert eine Politik, die im gesamten Gebiet Europas ver­folgt wird, wirtschaftlich und sozial tragfähig sowie umweltfreundlich, marktorientiert und trotz der Verschiedenheit der Länder und Regionen Europas einfach ist... Diese Reform ist unsere Antwort auf die Forderung unserer Bürger nach gesunden Nah­rungsmitteln, mehr Qualität, umweltfreundlichen und artgerechten Erzeugungsmetho­den, der Erhaltung der natürlichen Lebensumwelt und der Pflege unserer Landschaft.“

Hintergrund:

Die Diskussion rund um die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik hat den Hintergrund im Beschluss der Agenda 2000 beim Europäischen Rat von Berlin (1999) mit einer integrierten Review-Klausel. Weiters wurde in der Diskussion die Integration der Nach­haltigkeit in alle Politikbereiche mit den Beschlüssen des Europäischen Rates von Göteborg (2001) mitgeführt. Wichtigen Einfluss auf die Reformdebatte hatten der Be-


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schluss des Europäischen Rates von Kopenhagen (2002) über die Erweiterung der EU um 10 neue Mitgliedsländer mit Wirksamkeit 1. Mai 2004 und schließlich die nächste WTO-Runde in Cancun/Mexiko (September 2003).

Ablauf:

Am 10. Juli 2002 hat die Europäische Kommission in einer Mitteilung an das Euro­päische Parlament und den Rat erstmals ihre Vorstellungen in Form eines politischen Strategiepapiers zur Halbzeitbewertung (Midterm-Review – MTR) im Rahmen der Agenda 2000 vorgestellt. Österreich hat sich dazu in den Kernfragen klar positioniert. Am 22. Jänner 2003 folgten die Legislativtexte zu diesem Strategiepapier. Auch hierzu ist eine klare inhaltliche Positionierung seitens Österreich erfolgt. Nach langer Diskus­sion im EU-Agrarministerrat einigte man sich schließlich am 26. Juni 2003 auf einen politischen Kompromiss.

Von zentraler Bedeutung ist dabei, den österreichischen Weg einer bäuerlichen und naturnahen, flächendeckenden Landwirtschaft zu verteidigen und für die Zukunft abzu­sichern.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gemäß § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG NR folgenden

Dringlichen Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, bei der Umsetzung des politischen Kompromisses der EU-Agrarminister vom 26. Juni 2003 in die entsprechenden EU-Rechtsnormen dafür zu sorgen, dass die für Österreich erzielten Ergebnisse bestmöglich implementiert werden.

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ferner ersucht, bei der Umsetzung für eine Verwaltungsvereinfachung zu sorgen.


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Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird im Zusammenhang mit der innerstaatlichen Umsetzung ersucht, folgende Maßstäbe anzulegen:

Sicherung und Stabilisierung der Einkommen für die bäuerliche Landwirtschaft sowie Schaffung von weiteren Einkommensperspektiven

Weiterer Ausbau der Ländlichen Entwicklung zur Stärkung des ländlichen Raumes und zur Erreichung positiver Arbeitsplatzeffekte

Sicherung der Lebensmittelqualität, um dem hohen Konsumentenvertrauen auch künf­tig gerecht werden zu können

Sicherung und Stärkung der Marktposition und Verbesserung der internationalen Wett­bewerbsfähigkeit, insbesondere im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung

Aufrechterhaltung der multifunktionalen Landwirtschaft sowie der ökologischen Leis­tungsfähigkeit, um nachhaltiges Wirtschaften auch ökonomisch sinnvoll zu gestalten

Erhaltung der Attraktivität unserer Kulturlandschaft

Anreize für Jung- und investierende Bauern, die ihren Betrieb zukunfts- und markt­orientiert ausrichten

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird im Zusammenhang mit der innerstaatlichen Umsetzung ersucht, sicherzustellen, dass es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen zwischen Regionen oder Sektoren kommt.

Die österreichische Bundesregierung insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird schließlich im Zusammenhang mit der Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik ersucht, den EU-Finanzrahmen im In­teresse der österreichischen bäuerlichen Familien bestmöglich auszunutzen.

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühest möglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantrag­steller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Fritz Grillitsch als An­tragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. 20 Minuten Redezeit. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


15.02

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Meine Herren Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Monaten, Wochen und Tagen sehr intensive Diskussionen über die gemein­same Agrarpolitik in Europa, über die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik geführt. Auch hier in diesem Haus war dies spürbar in den verschiedensten Ausschüssen, im EU-Ausschuss und vor allem auch im Landwirtschaftsausschuss, wo wir eigens für dieses Thema einen Unterausschuss eingesetzt haben, um die Damen und Herren Abgeordneten auch ständig über den Verhandlungsverlauf und vor allem auch über das Ergebnis zu informieren. Ich glaube, dies ist heute unsere Aufgabe. Es freut mich ganz besonders, dass nicht nur Sie an diesem Thema so interessiert sind, sondern ich meine, wir sollten alle gemeinsam versuchen, jetzt national diese Herausforderungen auch entsprechend zu meistern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für mich geht es dabei einerseits darum, die Bedeu­tung dieser Reform für die Bauern herauszuarbeiten, aber andererseits auch darum – und das ist ja auch ein Gebot der Stunde –, ganz kritisch zu durchleuchten, wie sich diese Reform auch auf die Konsumenten auswirkt.

Meine Damen und Herren! Wir stehen vor den Herausforderungen der EU-Erweite­rung, wir stehen vor den WTO-Verhandlungen, und ich sage einmal, alle Parteien sind interessiert.

Wir haben in Österreich im Jahre 1986 mit dem nachhaltigen Weg, mit dem so genann­ten ökosozialen Weg einen sehr vorbildhaften Weg eingeleitet, ökonomisch, ökolo­gisch, sozial ausgeprägt. Wir haben dann mit dem EU-Beitritt auch eine Umorientie­rung der gemeinsamen Agrarpolitik in der Europäischen Union erlebt. Im Jahre 1992 hat es bereits eine GAP-Reform gegeben, ganz im Sinne auch dieses ökosozialen Weges: weg von der Produktion und mehr hin zu einer umweltgerechten Produktion.

Mit dem EU-Beitritt haben wir völlig neue Formen der Agrarpolitik vorgefunden. Ich sage das sehr offen und auch sehr kritisch, was die Zukunft betrifft. Wir haben mit dem EU-Beitritt Programme vorgefunden, die in einem Zeitrahmen von fünf bis sechs Jah­ren planbar und kalkulierbar waren. Wir haben diese EU-Agrarpolitik dann weiterent­wickelt. Vor allem Willi Molterer war es, der in Berlin im Jahre 1999 im Rahmen der


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Agenda 2000 wesentliche Eckpfeiler in der Weiterentwicklung dieser Agrarpolitik für die österreichische Landwirtschaft zustande gebracht hat.

Wir haben in Wahrheit auch einen neuen Auftrag von der Gesellschaft bekommen. Die Gesellschaft hat den Bauern einen neuen Auftrag erteilt: Nach dem Krieg ist es darum gegangen, die Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen, heute geht es darum, eine umweltgerechte, die Landschaft offen haltende Landwirtschaft in Österreich zu betrei­ben.

Meine Damen und Herren! In der Agenda 2000, in diesem Programmrahmen von sechs Jahren, war auch vereinbart, nach drei Jahren eine so genannte Halbzeitbewer­tung vorzunehmen. Und diese Halbzeitbewertung wurde im Sommer 2002 auf den Tisch gelegt. Viele haben uns nicht verstanden. Viele haben nicht verstanden, warum die politische Interessenvertretung der Bauern in Österreich gegen diese Reformvor­schläge ist, warum wir gegen Kommissar Fischler sind. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.)

Ich sage das auch sehr offen in diesem Hohen Haus: In der Grundtendenz, Herr Kol­lege Posch, ist das die Nachvollziehung des österreichischen Weges. Aber da unter­scheiden wir uns ja genau von unseren politischen Mitbewerbern. Wir analysieren diese Ergebnisse an Hand von praktischen Beispielen in unseren Betrieben, um tat­sächlich sagen zu können, wie sich diese Reform auch in der Praxis auf die Betriebe auswirkt. Das haben wir getan. Im Grundsatz hat Fischler nämlich völlig Recht: Um­orientierung, weg von der Produktion hin in Richtung Umweltschutz und Tierschutz, so wie wir es in Österreich vorbildhaft gemacht haben, weil wir wissen, dass das auch eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz hat. Aber was die Details betrifft, war es not­wendig, diesen Aufschrei im Sommer 2002 auch zu machen, weil sich das Ergebnis 2003 wesentlich von den Vorschlägen 2002 unterscheidet.

Wir haben damals gesagt, wir sind gegen eine Totalentkoppelung. Warum sind wir ge­gen eine Totalentkoppelung? – Weil wir sagen, es ist einfach notwendig, für die Bauern auch motivierend, gewisse Produktionsmengen zu erwirtschaften. Es ist ganz einfach notwendig, gewisse Bewirtschaftungskriterien und auch Leistungstangenten zu erfül­len. Wir wollen in keine gesellschaftspolitische Diskussion kommen, die da lautet: Wo­für bekommen die Bauern diese Prämien?

Wir waren auch sehr kritisch hinsichtlich dieser Form der Modulierung, wo es geheißen hat, über einen Kamm soll minus 20 Prozent bei den Prämien gekürzt werden. Warum waren wir dagegen? – Weil sich das sehr wesentlich auf die bäuerliche Struktur in Österreich ausgewirkt hätte, wenn es so gekommen wäre. Das hätte bedeutet, dass Milchbetriebe ab 16 Kühen von dieser Modulierung betroffen gewesen wären, Acker­baubetriebe ab 14 Hektar und Mutterkuhbetriebe ab 21 Kühen.

Meine Damen und Herren! Da unterscheidet sich das Ergebnis 2003 wesentlich von den Vorschlägen 2002. Ich sage das auch ganz offen heute hier im Haus. Mein beson­derer Dank gilt erstens einmal unserem Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der im Rat in Kopenhagen in dieser Halbzeitbewertung erreicht hat, dass es auch eine Planbarkeit und Kalkulierbarkeit für Direktzahlungen in der Finanzperiode 2007 bis 2013 gibt. Danke, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich danke insbesondere unserem Bundesminister Josef Pröll, der neu in diesem Amt für Österreich ein wirklich akzeptables Ergebnis erreicht hat. Kein Grund zum Jubel, das sagen wir ganz offen dazu, aber ein gangbarer Weg mit wesentlichen Verbesse­rungen gegenüber den Vorschlägen 2002. Auch dir, Herr Bundesminister, hier im Hohen Haus mein besonderer Dank! (Beifall bei der ÖVP.)


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Worum geht es bei dieser Reform der Agrarpolitik? – Es geht um eine Umorientierung, weg von der Marktordnung, von der Produktion hin zu einer ländlichen Entwicklung. Und da sprechen die Zahlen für sich, denn sie bestätigen, dass wir hier in Österreich vorbildhaft und schrittmachermäßig unterwegs waren, eine Schrittmacherrolle gehabt haben. Denn wir verwenden heute bereits 60 Prozent der Mittel von diesen Agrargel­dern für diese ländliche Entwicklung, sprich für ein Umweltprogramm und für die Aus­gleichszulage im benachteiligten Gebiet (Zwischenruf des Abg. Faul), und nur mehr 40 Prozent – Herr Kollege Faul, Sie müssten das wissen, denn Sie sind auch in einem Gebiet zu Hause, wo es Umwelt und Bergbauern gibt – für Produktion. Wie schaut es denn EU-weit aus? (Abg. Gradwohl: Umwelt gibt es in ganz Österreich!) – Herr Kol­lege Gradwohl, das wissen wir doch, das war eine wichtige Feststellung, schon lange nicht mehr eine so richtige von dir gehört.

Meine Damen und Herren! EU-weit schaut das Ergebnis ganz anders aus: 90 Prozent der Mittel gehen in die Marktordnung, sprich in die Produktion, und nur 10 Prozent in die ländliche Entwicklung, sprich Umweltprogramm und AZ für Bergbauern und Investi­tionsförderungen.

Daher begrüßen wir auch diese Umorientierung, weil das die Nachvollziehung des österreichischen Weges ist, eine Umorientierung, die ja von Willi Molterer bereits bei der Agenda 2000 eingeleitet wurde.

Worin unterscheidet sich das Ergebnis – auch für unsere Bergbauern, auch für unsere Milchbauern – noch? Im Jahre 2002 war keine Rede von der Verlängerung der Milch­quote, meine Damen und Herren! Jetzt hingegen haben wir die Gewissheit, dass es diese Milchquote – ein ganz wesentlicher Bestandteil für die bergbäuerlichen Struktu­ren in Österreich – bis zum Milchwirtschaftsjahr 2014/2015 geben wird.

Meine Damen und Herren! Die Gesellschaft hat klare Vorstellungen: Es geht um sichere Lebensmittelproduktion, es geht um umweltgerechte Produktion und um ein Offenhalten der Landschaft. Wir Landwirte wollen, und zwar nachvollziehbar, auch in Zukunft für Sie und für die Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich produzie­ren. Wir haben nichts zu verbergen! Ich betone: Wir haben nichts zu verbergen! Sie alle sollen wissen, wer wie und wo produziert. Wir wollen umweltgerecht produzieren, und zwar auch in Zukunft! Dies geschieht ja bereits: Mit nahezu 10 Prozent haben wir in Österreich den höchsten Biobauern-Anteil, und wir haben ein Umweltprogramm, mit dem wir in Österreich geradezu Europameister sind. In keinem anderen EU-Land gibt es eine derart hohe Teilnahme am EU-Umweltprogramm, wie das eben in Österreich der Fall ist! 70 Prozent der Bauern nehmen mit 90 Prozent der Fläche an einem Um­weltprogramm teil! (Zwischenruf bei den Grünen.)

Weiters, meine Damen und Herren, wollen wir Landwirte die Landschaft offen halten, ganz im Sinne auch dieses klaren Anforderungsprofils, dieser klaren Vorstellungen. Und da gilt mein besonderer Dank den Bäuerinnen und Bauern, den bäuerlichen Fami­lien Österreichs sowie allen, die beratend dazu beigetragen und über Generationen hinweg Österreichs landwirtschaftliche Flächen nachhaltig bewirtschaftet, die über Ge­nerationen hinweg die Landschaft geprägt haben (Zwischenruf des Abg. Dr. Witt­mann), sodass man heute, Herr Kollege Wittmann – das sollten Sie sich einmal an­schauen! –, in Österreich eine Kulturlandschaft vorfindet, welche die meisten als schüt­zenswert bezeichnen. Daher nochmals: danke allen bäuerlichen Familien! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir Landwirte wollen auch in Zukunft dieses Anforderungs­profil erfüllen, aber unter klaren Rahmenbedingungen. Wir wollen nicht ständig verun­sichernde Diskussionen, wie Sie von Ihnen von der Opposition immer wieder geführt werden, sind doch Ihre so genannten Reformvorschläge lediglich Kürzungsformeln!


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Einmal sagen Sie: 6 Milliarden Schilling weniger für die Bauern, dann sogar 8 Milliar­den Schilling weniger für die Bauern! Sie wissen das ganz genau: Die Bauern sind so ziemlich das Teuerste, was es in Europa gibt, denn diese kosten 50 Prozent des EU-Budgets!

Meine Damen und Herren! Beenden Sie doch endlich diese für Bauern und Konsu­menten verunsichernden Diskussionen! Das Fundament für sichere Lebensmittelpro­duktion sind stabile Rahmenbedingungen für unsere bäuerlichen Familien. Daher bitte ich Sie: Helfen Sie mit! Unterstützen Sie auch unseren Herrn Bundesminister Pröll, da­mit die Einkommen in der Landwirtschaft stabilisiert und gesichert werden können! Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen gibt es bei uns sehr niedrige Einkommen; das trifft auch auf unsere Pensionen zu.

Wir von der ÖVP wollen einen weiteren Ausbau der ländlichen Entwicklung zur Stär­kung des ländlichen Raumes (Zwischenrufe bei der SPÖ), damit der ländliche Raum auch in Zukunft ein nachhaltiger Wirtschaftsstandort bleibt – jedoch keine Diskussion, wie Sie von Ihnen immer wieder geführt wird: weg mit den Geldern aus dem ländlichen Raum und alles in die Ballungszentren!

Wir von der ÖVP wollen den ländlichen Raum nachhaltig auch als Wirtschaftsstandort in der Zukunft sichern! (Beifall bei der ÖVP.) Wir wollen die Sicherung der Lebens­mittelqualität, um dem hohen Vertrauen der Konsumenten in unsere Produkte auch künftig gerecht werden zu können. Das ist ganz einfach ein Gebot der Stunde!

Weiters: Wir wollen eine Sicherung und Stärkung der Marktposition sowie eine Verbes­serung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere auch im Vorfeld der EU-Erweiterung. – Herr Kollege Faul, darüber werden wir vor den Almbauern in Weiz einmal eine sehr gründliche Diskussion führen müssen.

Wir treten ein für eine Aufrechterhaltung der multifunktionalen Landwirtschaft sowie der ökologischen Leistungsfähigkeit, für die Erhaltung der Attraktivität unserer Kulturland­schaft, ebenso dafür, dass es Anreize auch für unsere Jungunternehmer im investiven Bereich gibt, denn diese wollen ihren Betrieb zukunfts- und marktorientiert ausrichten.

Nochmals, meine Damen und Herren: Wir brauchen dieses Fundament, wir brauchen diese stabilen Rahmenbedingungen! Und Sie wissen: Wir waren nie Reformverweige­rer! (Abg. Gradwohl: Oh! Oh!) Wir waren nie Reformverweigerer! Herr Kollege Grad­wohl, wir waren nicht die Letzten von gestern, sondern sind die Ersten von morgen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Pröll zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen. – Sie sind am Wort, Herr Bundesminister.

 


15.16

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Anlässlich dieses Dringlichen Antrages darf ich Ihnen von den Ergebnissen zur Reform der gemeinsa­men Agrarpolitik berichten. Es ist tatsächlich so, dass nach einem Jahr intensiver Ver­handlungen diese Reform Ende Juni dieses Jahres abgeschlossen werden konnte. Die Diskussion war sehr kontroversiell, wurde widersprüchlich zwischen den einzelnen Nationalstaaten, zwischen den Interessenvertretungen, aber auch zwischen den Mit­gliedern der Kommission selbst geführt – und wurde im Endeffekt auf Basis von vier internationalen Säulen diskutiert.


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Erstens: auf der Basis der Agenda-2000-Bestimmungen für die europäische Landwirt­schaft, inmitten deren Periode wir uns jetzt befinden. Zweitens: unter dem Prinzip des Nachhaltigkeitsgipfels von Göteborg; das Nachhaltigkeitsprinzip war die zweite Säule der Diskussion. Zwei internationale Ereignisse, die unmittelbar bevorstehen, haben auch ihre Schatten auf die Reformdiskussion geworfen, zum einen: die Erweiterung der Europäischen Union am 1. Mai kommenden Jahres, weiters die WTO-Verhandlungs­runde, die im Herbst in Mexiko, in Cancun, starten wird. – Diese vier Bereiche haben die Reformdiskussion ganz entscheidend beeinflusst.

Von Österreich aus sind wir mit einer klaren Positionierung in diese Reformdebatte ge­gangen. Im Vordergrund, und zwar sowohl in der Vergangenheit als auch in Zukunft, stand beziehungsweise wird immer der bäuerliche Familienbetrieb stehen. Wir setzen nicht auf eine industrialisierte Landwirtschaft, nein: Wir setzen auf unsere bäuerlichen Familienbetriebe!

Weiters: Wir wollen eine nachhaltige Landwirtschaft, eine Landwirtschaft, die sorgsam mit den Ressourcen umgeht. Wir wollen dem Konsumenten qualitativ hochwertige und sichere Nahrungsmittel zur Verfügung stellen. Und wir setzen mit der ökologischen Ausrichtung der Landwirtschaft ganz bewusst auf umweltgerechte Standards. Mit die­sen Prämissen wurde auch seitens Österreichs in der Reformdiskussion das Wort er­griffen, und wir konnten am 26. Juni dieses Jahres für Österreichs Bauern und den ländlichen Raum einen, wie ich meine, gangbaren Kompromiss sicherstellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Folgende zentrale Bereiche waren in Diskus­sion, und zwar erstens die Frage der Marktordnung bei Getreide und Milch, vor allem die Milch, ein entscheidender Standortfaktor für die österreichische Landwirtschaft und daher von besonderer Bedeutung. Zweitens: die Frage der Systemumstellung, die Frage: Entkoppelung, ja oder nein? Drittens war in Diskussion die Frage der Modula­tion, sprich: Ab welcher Höhe werden Ausgleichszahlungen für welche Betriebe zu­rückgeführt, und was passiert mit diesem Geld? Viertens die Frage cross compliance, sprich verpflichtende Standards als Grundlage für die Gewährung von Ausgleichszah­lungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Ergebnissen im Einzelnen; mit dem Getreide möchte ich beginnen. Es war so, dass von der Kommission vorgeschlagen war: minus 5 Prozent Interventionspreissenkung im Bereich des Getreides. – Dazu möchte ich klar und deutlich sagen: Wir haben da ganz klar Position bezogen, weil es nicht sein kann, dass zwar die Qualitätsschraube immer weiter in der Produktion nach oben geschraubt wird – ja, wir bekennen uns dazu! –, es aber gleichzeitig stets Diskus­sionen in Bezug auf die Preisschraube nach unten für die Bauern gibt! Und dieser unser Weg hat sich auch durchgesetzt: Es gibt beim Interventionspreis bei Getreide keine Senkungen in der kommenden Periode, und, meine Damen und Herren, es wird sogar für jene zentralen Bereiche in den benachteiligten Gebieten, nämlich bei der Roggenproduktion, Übergangsregelungen für Österreich geben.

Die ursprünglich geplante Abschaffung der Lagerkostenerstattung ist ebenfalls weg, wir reduzieren sie nur um die Hälfte und werden damit vor allem auch den Einkommen in den Getreidebaugebieten Stabilität verleihen können.

Zweiter Punkt: Milch, Ergebnis bei der Milchmarktordnung. Sie wissen, dass die Milch­produktion in Österreich vor allem in den benachteiligten Gebieten in den Bergbauern-Regionen von zentraler wirtschaftlicher Bedeutung ist. Ursprünglich war eine massive Senkung des Interventionspreises für Butter und Magermilchpulver geplant. Wir haben erreicht, dass es nur einen zusätzlichen Schritt gibt und dieser zu 80 Prozent für die Bauern ausgeglichen wird.


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Der größte Erfolg ist jedoch die Verlängerung der Milchquote bis ins Jahr 2015. Es war ganz klar: Wäre diese Quote europaweit verloren gegangen, hätten vor allem jene Standorte überleben können, die in den zentralen, eher industrialisierten Gebieten Milch produzieren – sprich: in den nördlichen Teilen Europas sehr intensiv Milch produ­zieren. Der Erhalt der Quote ist daher für Österreich ein ganz zentraler Erfolg und sichert den Milchstandort Österreich in den benachteiligten Gebieten ab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abseits der Marktordnungen war die Frage der Entkoppelung heiß umstritten: Soll man in Zukunft Prämien von Leistungen tren­nen? – Die österreichische Position dazu war ganz klar und deutlich: Wenn wir die Pro­duktion halten wollen, dann müssen wir ein Modell finden, das die Koppelung von Leistung und Ausgleichszahlung auch in Zukunft ermöglicht.

In diesem Bereich ist es zu einem Ergebnis gekommen, das ich gerne ein bisschen an­ders gehabt hätte – ich sage das ganz offen –, nämlich in Europa zentral, einheitlich geregelt. Es ist so, dass wir im Bereich der Flächenprämien zwei Modelle zur Auswahl haben werden und im Bereich der Tierprämien-Entkoppelung drei Modelle, wobei die Mutterkuh-Prämien in Zukunft zu 100 Prozent gekoppelt bleiben können. Das heißt, dass jedenfalls unser Hauptproblem, das alle Studien gezeigt haben, dass nämlich bei der Totalentkoppelung die benachteiligten Gebiete vom Produktionsabfluss gefährdet wären, hintangehalten werden konnte.

Wir haben auch erreicht, dass für Härtefälle in Zukunft nicht 1 Prozent, sondern 3 Pro­zent der Summe zur Verfügung stehen. Es wird uns damit möglich sein, jene Land­wirte, die aus dieser Reform als Verlierer hervorgehen, weil sie im historischen Zeit­raum zum Beispiel Betriebsumstellungen gemacht haben, entsprechend zu bedie­nen. – Die Reform wird in dieser Frage mit 1. Jänner 2005 oder 1. Jänner 2007 umzu­setzen sein.

Ein weiterer Punkt, der heftig umstritten war, wo Österreich aber immer eine klare Posi­tion bezogen hat: Ja, wir bekennen uns zu einer Staffelung der Ausgleichszahlungen. Das Ergebnis lautet wie folgt: Für Betriebe ab 5 000 € Ausgleichszahlung kommt es zu einer Reduktion im Jahre 2005 von 3 Prozent, im Jahre 2006 von 4 Prozent und ab dem Jahre 2007 von 5 Prozent für die Summe über 5 000 €.

68 Prozent der Betriebe sind davon nicht betroffen. Jene, die betroffen sind, liefern zir­ka 115 Millionen € in der Gesamtperiode bis 2012 ab. Dieses Geld fließt in einen Zent­raltopf der Europäischen Union und wird von dort nach objektiven Kriterien in die länd­liche Entwicklung der Länder zurückfließen. Der Rückfluss macht zirka 260 Millionen € aus, das bedeutet über die Gesamtperiode einen Nettozufluss im Bereich der länd­lichen Entwicklung von 144 Millionen € oder zirka 17,5 bis 18 Millionen € pro Jahr aus der Modulation.

Wir schneiden bei jenen ab, die in größeren Strukturen wirtschaften, und geben das ganz bewusst in die ländliche Entwicklung, um diese in Zukunft entsprechend unter­stützen zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Standards: Wir haben in Zukunft europaweit einheitlich 18 verpflichtende Standards, die als Grundlage für die Gewäh­rung von Ausgleichszahlungen dienen. Ich halte das für einen wirklichen, einen sub­stantiellen Fortschritt. Wir in Österreich sind hier schon sehr weit vorne und mit der ökosozialen Ausrichtung unserer Agrarpolitik seit mehreren Jahren ganz bewusst die­sen Weg gegangen. Ich bin froh darüber, dass nunmehr auch für alle anderen Staaten, die Ausgleichszahlungen für ihre Bauern beziehen, diese Cross-Compliance-Maßnah­men, diese Rechtsakte, einheitlich zu gelten haben. Damit ist auch ein wesentlicher Beitrag zur Wettbewerbsgleichstellung in Europa getan.


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27. Sitzung / Seite 133

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch kurz über die nationalen Ergebnisse, die über diese allgemeinen Ergebnisse hinausgehen, berichten. Wir haben eine Aufstockung der Mutterkuh-Quote um 50 000 Stück für Österreich erreicht. Das bedeutet nicht weniger, als dass für die österreichische Landwirtschaft pro Jahr 10 Mil­lionen € mehr zur Verfügung stehen, und das vor allem für Regionen, die unter stärke­rem Wettbewerbsdruck zu leiden haben, weil die Mutterkuhhaltung tendenziell vor allem in benachteiligten Gebieten betrieben wird.

Wir werden die Kalbinnen-Quote aufstocken, und wir werden vor allem durch eine Ver­waltungsvereinfachung ein klares Signal für die Bauern setzen, indem wir zum Beispiel auf Basis der Rinder-Datenbank in Zukunft eine antragslose Abwicklung der Prämien garantieren können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den langen Diskussionen auf der Ebene der Europäischen Union ist klar geworden, dass sich eine klare, geschlossene Position auszahlt. Wir haben im Vorfeld der Diskussion Punkt für Punkt der Vorschläge der Kommission mit Studien ausgeleuchtet, bewertet, haben unsere Position darauf abge­stimmt und sind so in die Verhandlungen gegangen. Und wie sich zeigt, kann man auf europäischer Ebene auch als kleines Land mit guten Argumenten punkten. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir konnten zentrale negative Punkte im Interesse unserer bäuerlichen Familienbe­triebe entschärfen – in den Fragen Entkoppelung, Preissenkungen, Absicherung des Milchstandortes Österreich –, und – ich halte das für einen zentralen Punkt – wir haben auch klargemacht: Wenn der Konsument an der Qualitätsschraube nach oben dreht, dann können wir politisch nicht ständig über Preissenkungen diskutieren. Dieses Ziel haben wir erreicht, weil es einfach nicht möglich ist, höhere Standards einzuführen, die Qualität zu verbessern, den Preis für den Bauern jedoch zu senken. Das wäre politisch und auch marktwirtschaftlich das falsche Signal! Wir konnten diese Preissenkungen weitestgehend abwenden! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kompromiss ist ein gangbarer Weg für die europäischen und damit auch für die österreichischen Bäuerinnen und Bauern, für die Entwicklung der ländlichen Räume. Wir haben damit klare Rahmenbedingungen bis zum Jahr 2012 – ich halte das gerade für eine Bevölkerungsgruppe, die international gesehen in einem extrem harten Wettbewerb steht mit Ländern, die eine ganz andere Vorstellung von Agrarpolitik haben, für wichtig, für einen zentralen Punkt. Es gibt klare Rahmenbedingungen bis 2012, und die Bäuerinnen und Bauern können sich darauf verlassen. Wir haben jetzt aber auch alles zu tun – das wurde schon angesprochen; das Ergebnis ist nicht zum Jubeln –, national all jene Maßnahmen abzusichern, die wir brauchen. Wir müssen alle Spielräume optimal nützen. Es muss klar sein, dass wir jeden Euro, der in Brüssel zur Verfügung steht, durch Kofinanzierungsmaßnahmen abholen und den Bäuerinnen und Bauern und dem ländlichen Raum zur Verfügung stellen. Wir müssen jene Maßnahmen, die im Regierungsprogramm definiert sind, wie Agrardiesel, sukzessive umsetzen, damit wir Wettbewerbsgleichheit erreichen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen jetzt in technischer Hinsicht – und das werden wir auch auf europäischer Ebene tun – das Prinzip der Verwaltungs­vereinfachung auch im Interesse der Bäuerinnen und Bauern umsetzen.

Insgesamt, glaube ich, ein herzeigbares Ergebnis, das den Bauern und den bäuer­lichen Betrieben Optimismus geben kann. Es gibt klare Rahmenbedingungen, und wir sollten gemeinsam optimistisch in die Zukunft schauen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


15.29


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27. Sitzung / Seite 134

Präsident Dr. Andreas Khol: Ich danke dem Herrn Bundesminister für seine Stellung­nahme zum Gegenstand.

Wir gehen in die Debatte ein.

Kein Redner darf länger als 10 Minuten sprechen, jeder Klub hat eine Gesamtredezeit von 25 Minuten.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch. Wunschgemäße Redezeit: 8 Minuten, gesetzliche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.29

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Als Agrarsprecher der Freiheitlichen Partei möchte ich sagen, dass ich stolz darauf bin, Agrarsprecher zu sein. Ich vertrete hier zwar eine Bevölkerungsgruppe, die österreichweit nur noch 3 bis 5 Prozent ausmacht – je nachdem, wie man es einschätzt –, aber man sieht, dass die Wertschätzung des Nationalrates für diese Berufsgruppe sehr groß ist. Man erkennt daran auch die hohe Wertschätzung der Bevölkerung für die Bauern, die Bedeutung des ländlichen Raumes und die Anerkennung der Rolle und der Arbeit des Bauern – nicht nur als Gärtner, son­dern auch als Produzent unserer Lebensmittel.

Deshalb möchte ich im Gegensatz zu meinem Vorredner Kollegen Grillitsch an dieser Stelle nicht primär dem Herrn Minister danken für seine tolle Arbeit, sondern den 200 000 Bäuerinnen und Bauern, die österreichweit dafür sorgen, dass wir eine solch tolle Landschaft haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Jakob Auer: Denen danken wir auch!)

Aber nun zur Agrarreform; ein Thema, das uns in den letzten Monaten – ich möchte fast sagen: Jahren – wirklich verfolgt hat. Vor mittlerweile einem Jahr wurde das erste Strategiepapier präsentiert. Es gab dann Überarbeitungen, einen Verbesserungsvor­schlag des Kollegen Fischler im Jänner 2003 und jetzt im Juni die Beschlussfassung. Mit 1. Mai 2005, glaube ich, kommt das zur Umsetzung und wird damit die gesamte Agrarpolitik im europäischen Raum, auch in Österreich, massiv und nachhaltig ändern.

Die Eckpunkte wurden von meinen Vorrednern bereits aufgezählt, ich möchte darauf nicht näher eingehen, sondern nur sagen: Es wurde alles diskutiert, es wurde manches erreicht, aber es ist noch viel zu tun. Es liegt in vielen Bereichen noch viel Arbeit vor uns.

Sicher gibt es positive Ergebnisse, die auch wir von der freiheitlichen Bauernschaft goutieren und hinter denen wir stehen, weil wir davon überzeugt sind, dass sie mitunter einen Grundstein der künftigen Agrarpolitik in Österreich darstellen. Sicher ist es gut, dass der Interventionspreis nicht gesenkt wird. Sicher ist es ein Vorteil – das wurde bis jetzt nicht angesprochen –, dass wir im bäuerlichen Bereich die Möglichkeit der Rota­tionsbrache erhalten und dass wir auch künftig nachwachsende Rohstoffe produzieren dürfen.

Sicher ist es gut, dass die Milchquote bis 2015 abgesichert wurde, dass wir in abseh­barer Zeit keine Aufstockung der Milchquote zu erwarten haben, dass wir das ÖPUL-Programm für Österreich im vollen Umfang erhalten konnten – das ist eine ganz zent­rale Forderung speziell im Hinblick auf die naturnahe, ökologische und biologische Landwirtschaft.

Es ist besonders wichtig – das möchte ich hier herausstreichen –, dass wir erstmals seit Jahren wieder die Chance haben, auch mehr regionale Kompetenz zu bekommen, dass wir die Chance haben – und diese müssen wir nützen –, mehr nationalen Spiel­raum zu bekommen; eine alte freiheitliche Forderung, durch deren Umsetzung wir ein


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Instrument in die Hand bekommen, mit dem wir sehr behutsam umgehen werden müs­sen, mit dem wir aber im Gegensatz zu den bisherigen Agrarreformen viel erreichen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber es ist natürlich auch viel zu tun, es ist vieles nicht erreicht worden. Wenn man sich die Reform im Detail ansieht, muss man sagen: Wir haben nicht immer ins Schwarze getroffen – im wahrsten Sinne des Wortes –, und wir werden in den nächs­ten Monaten gemeinsam mit der ÖVP, aber auch gemeinsam mit der Opposition – ich glaube, das ist hier sehr wichtig –, mit der SPÖ und den Grünen, an einem respektab­len Ergebnis gerade im regionalen Bereich und hinsichtlich der Aufarbeitung der Richt­linien arbeiten müssen. Der Themenkreis Entkoppelung zum Beispiel ist viel diskutiert, wird aber wahrscheinlich erst im Detail die Probleme zeigen. Wir werden erst im Detail erfahren, mit welchen Kriterien wir zu rechnen haben und wo die eine oder andere Sache ist, die noch nicht ganz ausgegoren ist.

Ich bin davon überzeugt, dass wir noch stärker in Richtung Förderung des Arbeitsplat­zes gehen müssen. Es wird ganz wichtig sein, dass wir nicht nur eine Prämie für die Fläche haben, sondern den Arbeitsplatz Bauernhof fördern. Ich denke dabei an den Huber-Plan – der eine oder andere ältere Abgeordnete hier im Saal wird sich an meinen Vorvorgänger als Agrarsprecher Huber sehr gut erinnern, der damals Visionär war und damals schon die Umsetzung eines Plans gefordert hat, mit dem wir die Arbeitsplätze erhalten und nicht nur die Flächen fördern. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Wir Freiheitlichen sind bekannt dafür, Visionäre zu sein. (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Ruf bei der ÖVP: Der Huber war schon besonders visionär!) Huber, ein guter Freund von mir!

Das Thema Milch. Herr Minister! Es stimmt, die Quotenverlängerung ist ein Erfolg, gar keine Frage. 2015 schafft uns zusätzlichen Spielraum, schafft uns zusätzliche Möglich­keiten, aber das Ganze ist mit einem etwas weinenden Auge zu sehen, denn die Quo­tenaufstockung, meine Damen und Herren, ist ab 2006 freigegeben, zumindest wird sie dann im Zuge der Evaluierung der Agenda diskutiert werden. Und darin sehe ich schon eine Gefahr, denn natürlich werden wir uns in einem erweiterten europäischen Raum, auch agrarpolitisch erweiterten Raum sehr viel schwerer tun, unsere Betriebe abzu­sichern.

Die Quote ist und bleibt ein grundlegendes Element für die klein- und mittelstrukturier­ten bäuerlichen Betriebe. Für mich ist ganz klar: Wir Freiheitlichen und die freiheitliche Bauernschaft – und dazu hat sich auch der Vorstand bundesweit einstimmig bekannt – werden, wo immer es möglich ist, diese Aufstockung verhindern, weil wir davon über­zeugt sind, dass uns eine Aufstockung der Quote in den Berggebieten und benach­teiligten Gebieten nicht zum Vorteil gereicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Diskussion betreffend die Milchpreissenkung werden wir noch genauer führen müssen, denn auch in diesem Zusammenhang haben sehr viele erkannt, dass, obwohl es natürlich Abfederungsmaßnahmen gibt, ein gewisser Preisverlust in Kauf zu neh­men ist und die Bauern in diesem Bereich mit 20 Prozent Kürzungen zu rechnen haben. Meine geschätzten Damen und Herren! 20 Prozent sind sehr viel, daher werden wir gemeinsam mit dem Herrn Minister sicher noch dafür sorgen, dass es zu Abfederungsmaßnahmen für die Milchbetriebe kommt.

Thema Degression der Förderungen, es wurde bereits angesprochen. 5 000-€-Grenze für den Freibetrag – ist sicherlich ein Erfolg, keine Frage. Nur: Wir alle – ich glaube, da spreche ich auch der ÖVP aus dem Herzen – hätten uns mehr gewünscht, eine Höhe von, ich weiß nicht, 7 000, 8 000, 10 000 € und dafür im Gegenzug einen Deckel bei den Großbetrieben.


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Ich sage es ganz ehrlich: Es ist für mich nicht einzusehen, warum wir keine Begren­zung nach oben hin haben, warum Betriebe in der zukünftigen EU Hunderttausende Euro an Förderungen bekommen werden und kleinere Betriebe, für die vielleicht 7 000, 8 000 € lebensnotwendig sind, hier zuschauen müssen. Das heißt, auch in diesem Bereich werden wir versuchen müssen, künftig noch die eine oder andere Veränderung einzubringen. (Beifall bei den Freiheitlichen, bei Abgeordneten der ÖVP und SPÖ. – Abg. Faul: Bravo!)

Wir sind uns, glaube ich, über alle politischen Fraktionen hinweg einig darin, dass diese Agrarpolitik ein oberstes Ziel haben muss: Es muss das oberste Ziel sein, flächendeckend in Österreich die Landwirtschaft zu erhalten. Deshalb werden wir im Zuge der Verhandlungen, der Ausarbeitung der regionalen Details besonderen Wert – ich betone das: besonderen Wert! – auf die benachteiligten Gebiete, auf die Bergge­biete legen müssen.

Ich komme selbst aus einem Gebiet, wo im Mölltal, im Drautal und in anderen Seiten­tälern Bergbauern auf den Hängen arbeiten, denen man nur, das muss ich ehrlich sagen, mit Respekt zuschauen kann. Ich habe wirklich Sorge, dass diese Betriebe auf­geben. Ich habe keine Sorge, dass ein Großackerbaubetrieb in Niederösterreich aufge­ben wird, dort kann es maximal zu einer weiteren Kommassierung, zu weiteren Groß­betrieben kommen, aber die Flächen werden auch in Zukunft bewirtschaftet werden. Bei den Berggebieten, den benachteiligten Gebieten bin ich mir nicht so sicher. Des­halb noch einmal der dringende Appell an alle Fraktionen, daran teilzuhaben, sodass wir hier etwas zustande bringen.

Ein letztes Wort sei mir zur Verwaltungsvereinfachung noch erlaubt. Zum Thema Ver­waltungsvereinfachung hat es auch im Landwirtschaftsausschuss eine ausgereifte und ausgeprägte Diskussion gegeben. Es waren und sind eigentlich alle der Meinung, dass hier noch großer Handlungsbedarf besteht, denn eine Verwaltungsvereinfachung sehen wir momentan noch nicht. Führende Funktionäre der Landwirtschaftskammern, auch der ÖVP, sehen hier mehr Arbeit auf die einzelnen Beamten der AMA und der verschiedenen Kammern zukommen, und deshalb werden wir gerade in diesem Bereich auch bei den regionalen Möglichkeiten etwas verbessern müssen.

Abschließend daher noch einmal meine Forderung: Nehmen wir alle gemeinsam die Chance wahr, die wir damit bekommen haben, mehr regionale Entscheidungsmöglich­keiten zu haben! Nehmen wir diese Chance – ich möchte Sie als zumindest momentan letzte Chance bezeichnen – wirklich wahr, dafür zu sorgen, dass der Stellenwert und die Bedeutung der ländlichen Bevölkerung und der Familienbetriebe in Österreich auch in Zukunft erhalten bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie des Abg. Dobnigg.)

15.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Caspar Einem. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.39

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Bundesminister, ich habe Ihnen vorhin ziemlich genau zugehört und habe mich während Ihrer Rede – weil ich mir gedacht habe, ich habe Ihnen gegenüber ein positives Vorurteil, Sie sind an dem Ergebnis, das hier herausgekommen ist, we­nigstens nur zum Teil schuld – gefragt, wessen Interessenvertreter Sie eigentlich sind. Ich habe den Eindruck gehabt, dass Sie hier sehr, sehr deutlich gemacht haben, dass Sie ausschließlich Interessenvertreter der Landwirte – und da nicht aller – sind. Ich hatte eigentlich gehofft, dass Mitglieder der österreichischen Bundesregierung Interes-


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senvertreter aller Österreicherinnen und Österreicher sind und nicht nur der Bauern! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Auch noch ein Wort zu Ihnen, Kollege Scheuch. Sie haben jetzt einige Dinge in Ihrer Rede angesprochen, wo wir durchaus geneigt gewesen wären zu sagen, ja, sehr ver­nünftig, was Sie sagen. Nur, wissen Sie, Kollege Scheuch, wenn Sie und Ihre Fraktion in der Lage wären, bevor die Dinge passiert sind, bei vernünftigen Anträgen mit zu ent­scheiden und nicht nachher gescheit zu sein, dann wäre das Ergebnis, das herausge­kommen ist, vielleicht ein bisschen anders ausgefallen, als es jetzt der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: ... Das ist ein Blödsinn!)

Das ist die Stärke der freiheitlichen Fraktion in diesen Fragen: groß reden, wenn es nicht darauf ankommt, und wenn es darauf ankommt, dann mitgehen mit der ÖVP, weil es immer noch bequemer ist, am Tisch des Herrn zu sitzen, als eigenständig für eine vernünftige Landwirtschaftspolitik zu kämpfen.

Mich wundert, dass Sie als derjenige, der es wissen könnte, wie schwer die Arbeit der Bauern in Ihrer Region ist (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Im Gegensatz zu Ihnen weiß ich es!), nicht zu Gunsten von diesen mit uns gestimmt haben bei den Bindungsanträgen, die wir voriges Jahr eingebracht haben, sondern lieber umgefallen sind zu Gunsten der ÖVP. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich heute auch gefragt, was die ÖVP ver­anlasst haben könnte, eine Landwirtschaftsfeierstunde auszurufen. Es war ziemlich klar, was am Vormittag das Motiv war, warum der Kollege Großruck so wunderbare Sachen über Oberösterreich erzählt hat. (Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja alles!) Das ist klar: Es sind oberösterreichische Landtagswahlen – herrlich! (Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Aber stehen jetzt Landwirtschaftskammerwahlen unmittelbar bevor, dass diese Feier­stunde notwendig ist, oder hat der Minister so große Erfolge erzielt? Ich denke, Herr Bundesminister, es geht nicht um sehr große Erfolge, jedenfalls nicht gemessen am Maßstab der Interessen der meisten Österreicherinnen und Österreicher und vielleicht auch eines gut Teils der Bauern.

Was ist die Vorgeschichte zu dem, was wir heute hier diskutieren? Die Vorgeschichte ist, dass es einerseits im Rahmen dieser Landwirtschaftspolitik eine Midterm-Review gegeben hat. Und das Zweite ist, dass wir vor der Erweiterung der Europäischen Union stehen. Die Herausforderung, um die es gegangen ist, ist eine Dreifache gewesen: Erstens ist es darum gegangen, nach dem BSE-Skandal und nach der Maul- und Klauenseuche und nach manchen Futtermittelskandalen endlich das Vertrauen der Konsumenten wieder zu gewinnen. Zweitens ist es darum gegangen, die nachhaltige Finanzierbarkeit der gemeinsamen Agrarpolitik zu sichern. Kollege Grillitsch hat ge­sagt, es gibt eine Kalkulierbarkeit bis 2013 – das ist ja wunderbar. Ausrechnen kann man, was es kostet, aber Finanzierbarkeit ist das Ziel gewesen, nicht ausrechnen zu können, was es kostet, sondern es auf Dauer finanzieren zu können, Kollege Grillitsch. Und es wird immer teurer, und das ist nicht das Ziel, um das es dabei geht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Helfen Sie hier in diesem Haus mit!)

Und drittens geht es auch um eine faire Verteilung der eingesetzten Fördermittel, nicht zuletzt auch – und das sage ich als Europasprecher meiner Partei – zwischen den so genannten Altmitgliedern der Europäischen Union und den Kandidatenländern.

Die Frage ist: Was waren die Interessen, die der österreichische Landwirtschaftsminis­ter verfolgt hat? – Keine Sorge, Kollege Pröll, es war vor allem Ihr Vorgänger Molterer, heute Klubobmann und nicht anwesend, der das vertreten hat. – Was waren die In­teressen? War es Reform der Agrarpolitik? War es im Sinne dessen, was Fischler vor-


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geschlagen hat? War es Finanzierbarkeit der Agrarpolitik? Waren es faire Lösungen für die Kandidatenländer? – Nein, alles das war es nicht! Es war stattdessen erstens das Interesse an der Aufrechterhaltung der österreichischen Nettoempfängerposition im Bereich landwirtschaftsorientierter Politik. Das haben Sie aller Voraussicht nach er­reicht.

Zweitens war man klar darauf orientiert, die unfaire Verteilung der Fördermittel, wie wir sie im Inland haben, nämlich zwischen Großen und Kleinen, aufrechtzuerhalten und sie nicht in Frage zu stellen. Sonst wäre nämlich der Kollege Scheuch relativ zufrieden gewesen. Da hätte man eine Differenzierung zustande bringen können.

Drittens ist auch die unfaire Verteilung zwischen alten und neuen Mitgliedsländern der Europäischen Union aufrechterhalten worden, und es ist darum gegangen, die Direkt­förderung so weit wie möglich aufrechtzuerhalten.

Herr Bundesminister! Bei dieser Feierstunde gibt es nach unserer Überzeugung nichts zu feiern. Das, was Österreich versucht und was Sie zum Abschluss gebracht haben, ist, Landwirtschaftskommissar Fischler nach Kräften an einem wirklich durchgreifenden Reformprogramm zu hindern, dafür zu sorgen, dass nichts geändert wird. Sie haben in Ihrem Bericht erzählt, wie stolz Sie sind, dass die Reformschritte vielfach nur zur Hälfte realisiert werden konnten. Wunderbar! Das ist eine tolle Reformhaltung, die Sie dazu einnehmen. Ja, es gibt Gewinner dieser Haltung, die Sie dabei eingenommen haben, aber es sind nicht die Konsumenten, es sind nicht die Bürger dieses Landes, es sind ein paar wenige große Bauern. Dafür danken wir Ihnen nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

15.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort gemeldet. Der zu berichtigende Sachverhalt ist dem richtigen Sachverhalt gegenüberzustellen, keine politischen Wertungen. – Bitte.

 


15.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Mittlerweile habe ich es gelernt. (Abg. Dr. Einem: Hoffentlich!)

Herr Abgeordneter Einem hat mich in seiner Rede aufgefordert, ich hätte doch in der vergangenen Legislaturperiode den Anträgen der SPÖ für eine vernünftige Agrarreform zustimmen sollen. – Diese Aussage ist unrichtig, denn ich war leider zu dieser Zeit nicht Abgeordneter des Hohen Hauses! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Aber der Bruder!)

15.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Klaus Witt­auer. Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


15.46

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich muss doch ein paar Worte zum Abgeordneten Einem sagen, der da heraußen zur Agrarreform selbst nicht gesprochen hat; er ist anscheinend mehr Vertreter von ande­ren Menschen. Bei vielen Dingen bin ich vielleicht nicht gleicher Meinung wie unser Minister Pröll, aber eines ist schon richtig: Er ist einer, der probiert, die Landwirtschaft zu unterstützen, er hat auch hart verhandelt, wenn er vielleicht auch nicht alles erreicht hat. Aber jede Unterstützung für die Landwirtschaft ist für unsere Gesellschaft positiv und von Vorteil, weil die Leistungen der Landwirte und Landwirtinnen für unser Land gesellschaftspolitisch unglaublich wichtig sind.


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Es hat auch Kollege Gradwohl in der letzten Ausschusssitzung gesagt, es ist auch ge­sellschaftspolitisch wichtig, dass eine funktionierende Landwirtschaft auch in Zukunft sichergestellt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Deshalb ist es auch notwendig, dass man bei der GAP-Reform schaut, den Landwirten nicht zusätzlich Schaden zuzufügen, sondern versucht, alles abzufedern, was an Scha­den kommen kann.

Meine Damen und Herren! Die Diskussion um die Reform hat die gesamte Landwirt­schaft und alle, die in diesem Bereich tätig sind, verunsichert. Man hat nicht ganz ge­nau gewusst, in welche Richtung es geht. Angesichts dieser Verunsicherung war auch die Diskussion unerträglich, und ich bin froh, dass wir jetzt ein Ergebnis auf dem Tisch haben, über das wir reden und diskutieren und auch bewerten können.

Ich als Abgeordneter habe Minister Pröll in der Vergangenheit immer unterstützt, weil diese Reform beitragen sollte, unsere Landwirtschaft langfristig abzusichern, für ge­sunde Nahrungsmittel zu sorgen und ah, ah ... (Abg. Dr. Einem: Ah, ah!) Wir können ja gemeinsam stöhnen, wenn Sie wollen! Ich habe Ihnen ja vorhin auch zugehört. (Abg. Binder: Nein, nicht immer!)

Es ist natürlich wichtig, dass umweltgerechte Nahrungsmittel produziert und umweltge­rechte Erzeugungsmethoden angewendet werden, die zu unterstützen sind. Schwer­punkt ist die Erhaltung der natürlichen Lebensumwelt und die Erhaltung unserer Land­wirtschaft. Dafür braucht es eine gesunde Landwirtschaft. Viele von unseren Wün­schen konnten nicht umgesetzt werden – Agrarkommissar Franz Fischler hat sich schlussendlich durchgesetzt.

Meine Damen und Herren! Die Gefahr ist für mich persönlich sehr groß, die Agrar­reform könnte auch den schleichenden Tod unserer Landwirtschaft bedeuten. Meiner Meinung nach haben die Großen zu sehr gewonnen. Man hat es im Vorfeld gesehen, und es haben auch die Artikel gezeigt: Frankreich war immer ein Gegner dieser Re­form und wurde schlussendlich mit Zuckerln gekauft. Das stimmt mich ein bisschen traurig, weil ich einen anderen Weg gegangen wäre. Auch die Iren haben gewonnen, auch manch andere große Staaten. Wir müssen wirklich schauen, dass der Schaden für unsere klein strukturierte Landwirtschaft nicht zu groß wird.

Die Ergebnisse der GAP-Reform 2003 zeigen, dass die Milchquote zwar nicht erhöht worden ist, aber es ist richtig, wie vorher gesagt worden ist, dass mit der Agenda 2006 die Gefahr neuerlich gegeben ist. Ich hoffe, dass Minister Pröll weiterhin dafür kämpfen wird, dass diese Milchquotenerhöhung nicht kommt, denn diese würde einen wesent­lichen Nachteil für die Landwirtschaft bedeuten. In diesem Fall würde der Milchpreis nach unten gehen, um 20 bis 30 Prozent, wie man weiß, und das würde die Landwirt­schaft sicher nicht aushalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Über die Kürzung des Freibetrags auf 5 000 € bin ich persönlich auch nicht glücklich. Wir haben immer gesagt: mindestens 7 500 €, das war auch die Ausgangslage. Kurz hat es einmal so ausgeschaut, als würden die 7 500 € von Brüssel akzeptiert werden. Diese 5 000 € sind ein Wermutstropfen. Dass es keine Deckelung nach oben gibt, finde ich persönlich traurig. Da stimmt es, dass die Großen dadurch unterstützt wer­den. Ich hätte es mir anders gewünscht, aber vielleicht wird die Zukunft einmal ein anderes Ergebnis bringen.

Die Erhöhung der Milchkuhkontingente ist ein positiver Punkt. 10 Millionen mehr für die Landwirtschaft finde ich sehr positiv. Die Mutterkuhregelung ist natürlich auch etwas, was den extensiven Betrieb in der Landwirtschaft unterstützt. Deshalb bin ich froh, dass das für Österreich zur Umsetzung kommt.


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Ich möchte schon kritisch anmerken, dass Kommissar Fischler immer behauptet hat, mit dieser Agrarreform bekomme die Landwirtschaft in Österreich mehr Geld. – Das stimmt nicht! Wenn kürzlich wieder gesagt wurde, die Einkommenssteigerung der Be­schäftigten in der Landwirtschaft wird bis 2009 nur etwa 1,7 Prozent betragen wird, dann muss ich sagen, 1,7 Prozent in sechs Jahren, das ist eine Entwicklung in die Ge­genrichtung. In der Vergangenheit mussten die Bauern durch den EU-Beitritt sehr große Einkommensverluste hinnehmen. Mir ist das zu wenig: 1,7 Prozent Einkom­menssteigerung in sechs Jahren, das ist ein glattes Minus. Ich fordere Sie auf, Herr Minister, Maßnahmen zu setzen, dass es ja nicht dazu kommt.

Wir Freiheitlichen haben immer gefordert, mit dieser Reform müsse es eine Vereinfa­chung in der Verwaltung und auch im Ablauf geben. Meiner Meinung nach – und das belegen auch viele Zitate – werden mehr Aufwand, mehr Verwaltung, mehr Bürokratie mit dieser Reform kommen. Die Politik ist natürlich aufgefordert, vor allem der Unter­ausschuss, dass Richtlinien gesetzt werden, die dafür sorgen, dass das abgefedert wird und es nicht dazu kommt.

Mehr Aufwand für die langfristige Absicherung von hoch bezahlten Funktionären – das ist natürlich auch ein Thema. Der Aufwand der AMA wird sich vergrößern. Was mich traurig stimmt: Die Landwirtschaftskammern können aufatmen und sich bedanken. Das war nie mein Ziel, und dagegen werden wir als Freiheitliche immer auftreten. Wir wer­den danach trachten, dass das, was wir immer schon gefordert haben, nämlich eine Reduktion des Verwaltungsaufwandes, auch im Bereich der Bauern umgesetzt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ihre freiwillige Redezeit ist bereits abgelaufen. Sie haben noch 4 Minuten gesetzliche Redezeit, Herr Kollege.

 


Abgeordneter Klaus Wittauer (fortsetzend): Dann werde ich diese auch noch in Anspruch nehmen, denn ich habe noch ein bisschen etwas zu sagen.

Was die Vereinfachung der Systeme betrifft, würde ich schon sagen, dass wir eine Dis­kussion darüber brauchen. Ich glaube, viele von der Opposition sind auch meiner Mei­nung, dass wir auch innerösterreichisch einmal eine Agrarreform andenken sollten, was immer die Zielsetzung ist. Dass der Arbeitsplatz in der Landwirtschaft gefördert werden muss, war immer eine freiheitliche Forderung, und ich glaube, auch die anderen Parteien haben sich dieser Forderung hin und wieder angeschlossen, manche sehr massiv. Eine Förderung des Arbeitsplatzes in der Landwirtschaft bedeutet nämlich eine langfristige Absicherung für die klein strukturierte Landwirtschaft, und ich glaube, das wäre ganz wesentlich für Österreich.

Brüssel ist es egal, ob unsere Kulturlandschaft in den schwer zu bewirtschaftenden Räumen weiterhin funktioniert. Hin und wieder habe ich den Eindruck, das Liebste wäre es ihnen in Brüssel, wenn wir alle Flächen aufforsten würden, damit unsere Bauern keine Kosten mehr verursachen.

Wir Freiheitlichen werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass Gerechtigkeit auch zur Umsetzung kommt. Wir werden kämpfen, dass bei der Umsetzung der EU-Agrarreform Ziele sein müssen: mehr Bewirtschaftungsfreiheit, weniger Verwaltungsaufwand, Sicherung des Arbeitsplatzes, gerechtere Preise für die erzeugten Lebensmittel. – Ich bin mir sicher, viele Abgeordnete der Opposition denken genauso wie ich. Arbeiten wir gemeinsam an einer positiven Zukunft für unsere Landwirte, schlussendlich für unsere Konsumenten und für einen gesunden Lebensraum! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


15.54


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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. Gesetzliche Redezeit: 10 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


15.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuhörer hier im Hohen Haus! An sich eine wirklich wichtige Debatte, die Agrarreformdebatte der letzten zwei Jahre. Wir hatten kaum Gelegenheit, hier im Plenum das zu diskutieren. Ich frage mich trotz­dem: Was ist wirklich dringend an diesem heutigen Antrag? Diese Frage muss man sich stellen, werte Kolleginnen und Kollegen: Was ist da wirklich dringend? Die Agrar­reform ist in Brüssel beschlossen, sie wird jetzt in legistische Form gegossen und in nationale Maßnahmen umgesetzt. (Abg. Grillitsch: Ist euch die Landwirtschaft nicht wichtig?)

Was offensichtlich wirklich dringend ist, ist das Bedürfnis der Agrarfunktionäre und so mancher Bauernvertreter, so genannter, hier in diesem Hause, sich zu erklären, dass sie immer schon für die Agrarreform gewesen seien, und dass sie hier explizit glauben, sie begrüßen zu müssen, mit allen möglichen Floskeln und einigen rhetorischen Kap­riolen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wenn es nicht wichtig ist für Sie, können Sie ja wie­der hereingehen! Ganz einfach!)

Herr Bundesminister Pröll! Ich verstehe, dass Sie als sozusagen Kurzzeit-Landwirt­schaftsminister – so lange sind Sie ja noch nicht im Amt – natürlich nicht für alles geradestehen können, was an Versäumnissen passiert ist, Versäumnisse in Bezug auf eine klare Positionierung Österreichs. Wir haben das in den letzten zwei Jahren immer wieder eingefordert, bis heute gibt es und gab es kein offizielles Papier, das dem Parla­ment zugegangen wäre, dem man hätte entnehmen können, was zu Beginn der Ver­handlungen die genaue Position Österreichs war. Ich nenne einige Beispiele, damit Sie mich besser verstehen, worum es mir geht.

Zum Beispiel haben Sie gesagt: Die Preissenkung bei Getreide wurde verhindert. – Ja, was heißt das, wenn man das positiv formuliert? Was würde das agrarpolitisch bedeu­ten, was muss denn Ziel sein für die österreichische Landwirtschaft oder kann eine Perspektive darstellen? – Doch die Ernährungssouveränität zu sichern! Das heißt, die Sicherheit zu schaffen, dass Bäuerinnen und Bauern, egal, wo sie auf dieser Erde pro­duzieren, im regionalen Bereich für ihre Gesellschaft, für ihre Konsumentinnen und Konsumenten produzieren, dass die europäischen Bäuerinnen und Bauern für den erweiterten Binnenmarkt produzieren. Da fehlt mir noch jedes Bekenntnis! Im Gegen­teil: Herr Präsident Schwarzböck, der Vertreter der Präsidentenkonferenz, hat zu Be­ginn der Agrarreform ganz klar und deutlich gesagt: Wir brauchen diese Reform nicht, und wir wollen diese Reform nicht! Wir wollen weiterhin exportieren! Wir brauchen eine Exportorientierung der Agrarproduktion!

Da kann ich es wirklich nur begrüßen, wenn heute die Agrarvertreter sich herstellen und sagen: Ja, diese Agrarreform ist wichtig und richtig! Insofern richtig und wichtig, als aus unserer Sicht die Tür geöffnet wird, die Tür zu einer neuen agrarpolitischen Per­spektive, aber was noch fehlt, ist eine konsequente Ausgestaltung.

Meine Damen und Herren! Dringlich am heutigen Tage wäre etwas ganz anderes ge­wesen – abgesehen von dem Kontext, den wir vorher kurz diskutiert haben, dem Schauspiel, das Finanzminister Grasser hier geboten hat, wirklich kein besonderes Glanzstück des österreichischen Parlamentarismus; er wird ja nachher noch Gelegen­heit haben, auf die offenen Fragen zu antworten –, dringlich wäre auch gewesen, sich der Frage der Gentechnik und der Problematik einer gentechnikfreien Landwirtschaft in Österreich zu stellen. Auch das ist ein Thema, das wirklich wert gewesen wäre, im Rahmen eines Dringlichen Antrages behandelt zu werden, weil es hier internationale


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Verwerfungen gibt, weil in diesem Zusammenhang eine Klagsdrohung der USA gegen Europa besteht, weil österreichische Regionen, die sich als gentechnikfreie Zonen, als gentechnikfreie Bewirtschaftungsgebiete definiert haben, in Zukunft mit Ihren Strate­gien gefährdet sein werden. Wir müssten gemeinsam dringend überlegen, wie wir eine österreichische Strategie sicherstellen, mit der wir die Landwirtschaft in Österreich auf Basis gentechnikfreien Saatgutes, auf Basis gentechnikfreier Produktion aufrechterhal­ten können.

Aber lassen Sie mich auch auf einige der konkreten Aspekte der jetzigen beschlosse­nen Agrarreform eingehen. Viele haben es offensichtlich immer noch nicht verstanden. Kollege Grillitsch, Sie sollten sich ein bisschen in Ihrem Agrarfunktionärskreis umhören, zum Beispiel bei Ihrem Kollegen Herrn Sonnleitner in Deutschland, beim Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes, der heute noch behauptet: Dümmer kann man es gar nicht machen! Das ist seine Bewertung der Agrarreform und der Vorgangsweise von Kommissar Fischler. Also es wäre wirklich einmal Zeit, hier Tacheles zu reden und die Agrardebatte in die Bauernfunktionärsebene hineinzutragen – das wäre Ihre Auf­gabe –, in die COPA zum Beispiel, um klarzumachen, dass diese Agrarreform eine Chance ist, im Sinne der Bäuerinnen und Bauern, für eine zukunftsorientierte Lebens­mittelerzeugung in Europa. (Abg. Grillitsch: Wir sind in Österreich, nicht in Deutsch­land!)

Wie gesagt, die Exportorientierung ist sicher ein Punkt, der uns weiterhin, Herr Bun­desminister, massiv in Bedrängnis bringen wird, auch auf WTO-Ebene. Vergessen wir nicht, hier haben wir harte Verhandlungen zu führen! Es ist geplant, die Exportsubven­tionen zu reduzieren, das ist ja auch Verhandlungsposition der Europäischen Union. Wenn diese Reduktion der Exportsubventionen kommt, gleichzeitig die Überschüsse aber nicht sinken, dann ist der nächste Schritt für die nächste Agrarreform angesagt. Die beschlossenen Maßnahmen lassen vermuten, dass sehr wohl weiter gehende Schritte erforderlich sind und auch durchgesetzt werden müssen.

Zu den Details der Agrarreform und der österreichischen Umsetzung wurde ein Unter­ausschuss eingerichtet. Das begrüßen wir von Seiten der Grünen selbstverständlich! Wir werden uns dabei auch darum bemühen, dass man nicht, wie in der vorhergehen­den Reformdebatte, die Experten erst zum Schluss hört, sondern dass die Experten jetzt endlich einmal rechtzeitig gehört werden. Darum würde ich Sie sehr ersuchen, Herr Bundesminister, damit wir dann auf Basis klarer Unterlagen und klarer Konzepte entscheiden können.

Folgenden Appell richte ich jetzt an die Kollegen von der FPÖ: Nutzen wir den Spiel­raum, den wir national haben und der in diesem Bereich – da gebe ich Ihnen Recht! – jetzt besteht, auch im Sinne der Bäuerinnen und Bauern sowie im Sinne des Umwelt‑ und Konsumentenschutzes optimal!

Herr Bundesminister! In diesem Zusammenhang haben Sie eine Chance heute nicht genutzt. Sie sind ja nicht nur Landwirtschaftsminister, sondern Sie sind schließlich auch Umweltminister, und ich hätte mir erwartet, dass Sie auch als Umweltminister Ihre Position konkretisieren. Ich frage Sie: In welchen Bereichen der „cross compliance“ – also der Auflagen der umweltorientierten Produktion – haben Sie sich massiv einge­setzt? Was haben Sie erreicht, damit es europaweit zu höheren Umweltstandards kommt? Das würde mich sehr, sehr interessieren! Vielleicht können Sie auch darauf noch einmal eingehen!

Ich möchte aber nicht verschweigen, dass auch aus grüner Sicht an dem bestehenden Kompromisspapier einige zentrale Kritikpunkte anzumerken sind. Ich nenne bezie­hungsweise wiederhole zum Teil einige Aspekte: Dass keine Förderobergrenze defi­niert wurde, ist sicherlich ein Manko. Dass die Arbeitskraftbindung von Fördermitteln


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und eine stärkere Bezugnahme auf bäuerliche Arbeitsplätze nicht de facto umgesetzt wurde, ist ein Punkt, den wir weiter behandeln werden müssen. Ich denke nur an die bedeutend höheren Arbeitsaufwände in der Grünlandwirtschaft. Das wurde in Öster­reich untersucht, dazu gibt es konkrete Studien.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist, dass die Umschichtung von der ersten Säule, von den Marktordnungsförderungen hin zum Umweltbereich und zur nachhaltigen Entwick­lung im ländlichen Raum mit 5 Prozent fraglos zu gering ist. Andererseits geht es um immerhin 1,2 Milliarden € europaweit, und wir in Österreich sind eindeutig auf der Winner-Seite. Wir werden profitieren! Sie haben das schon in Zahlen formuliert: 18 Mil­lionen € werden zusätzlich von der EU finanziert, beziehungsweise 36 Millionen € ko­finanziert. Und es wird natürlich sehr spannend werden, woher Sie die Kofinanzierung nehmen und in welcher Form Sie wirklich Effizienz sicherstellen! Wenn in der zweiten Säule mehr Mittel ausgegeben werden, dann erwarten wir Grüne uns auch wirklich eine Prioritätensetzung im Bereich der Qualitätssicherung der ökologischen Produktion des biologischen Landbaus! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein aus unserer Sicht ganz großes Manko, das Sie als Umweltminister massiv kritisie­ren müssten, ist, dass nur ein Prozent der Betriebe verpflichtend betreffend Cross-compliance-Standards – also nach diesen Umwelt- und Tierschutzstandards – kontrol­liert werden. Das ist sicherlich zu wenig, denn auch im bestehenden ÖPUL besteht 5 Prozent Kontrollverpflichtung, und das macht Sinn, weil nur eine flächendeckende, gute, statistisch abgesicherte Kontrolle auch einen Effekt hat. (Abg. Grillitsch: Sie wollen noch mehr Kontrolle?) Wir wollen doch alle gemeinsam, dass die Standards einheitlich umgesetzt werden!

Meine Damen und Herren! Abschließend: Wir werden heute einen Entschließungsan­trag einbringen, der über das, was Sie hier vorgelegt haben, wesentlich hinausgeht. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Wir werden aber auch Ihren Antrag unterstützen, weil er offen ist und im Prinzip nichts anderes widerspiegelt als das, was die Agrar­reform als Kompromiss ergeben hat, nicht mehr und nicht weniger. Dazu werden wir sicherlich nicht nein sagen! Wir werden aber darüber hinaus darauf drängen, dass im Rahmen einer nationalen Umsetzung nachvollziehbare und richtige Schritte in Rich­tung ökologische und soziale Neuausrichtung der Agrarpolitik gesetzt werden. (Präsi­dent Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Herr Präsident! Ich komme zum Schlusssatz: Das wäre ein mutiger Schritt zu einer sozial-ökologischen Kurskorrektur der österreichischen Agrarpolitik. Dafür werden wir Grüne massiv eintreten. (Beifall bei den Grünen.)

16.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Ing. Schultes. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.05

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir konnten jetzt den lichtvollen Ausführungen des „Alt-Abgeordneten“ Pirkl­huber von den Grünen folgen. Und ich habe genau aufgepasst: Von unserer Fraktion wurde Ihnen zugehört, und teilweise auch von Ihrer Fraktion. Nur Frau Sburny ist zwei Minuten, nachdem sie gekommen ist, fad geworden. Es ist wirklich traurig, dass das Interesse der Grünen an der Reform so gering ist! (Abg. Dr. Glawischnig: Schauen Sie doch einmal, wer überhaupt von Ihnen da ist! – Zwischenruf des Abg. Faul. – Wei­tere Zwischenrufe bei den Grünen.)


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Meine Damen und Herren! Wir haben heute einen besonderen Tag für die Landwirt­schaft, und ich freue mich sehr, dass Sie mir jetzt zuhören! Danke für Ihre Aufmerk­samkeit!

Wir haben heute einen besonderen Tag für die Landwirtschaft, weil wir heute der Öffentlichkeit ganz wichtige und Epoche machende Beschlüsse präsentieren und vor allem weil wir aus diesem wichtigen Grund den österreichischen Bauern sagen, dass sie mit der vollen Unterstützung der Österreichischen Volkspartei und der österreichi­schen Regierung rechnen können und dass sie auch mit der Unterstützung des Koali­tionspartners und – worüber ich mich auch freue – mit der Unterstützung der Grünen rechnen können. Ich hoffe, dass auch die Sozialdemokraten den österreichischen Bauern ihre Unterstützung zusagen wollen, denn wir brauchen diese gerade jetzt! (Zwi­schenruf des Abg. Gradwohl.)

Heute fahren draußen die Mähdrescher, und vielleicht sagt Ihnen das etwas: Wir hatten seit langer Zeit den kältesten März sowie den heißesten Mai und Juni, begleitet von katastrophaler Trockenheit. Im Osten Österreichs ernten wir derzeit zwischen 2 300 und 2 800 Kilogramm Gerste per Hektar. Das sagt Ihnen wahrscheinlich nichts! Vielleicht ist das für Sie lustig! Tatsache ist aber jedenfalls, dass wir weniger als die Hälfte des erwarteten Ertrages haben und damit vor einer echten Katastrophe stehen.

In Österreich gibt es aber für die Bauern die Chance der Trockenschadensversiche­rung, und dank Bundesminister Pröll gibt es diese tatsächlich! Viele sind versichert, und ich möchte mich aus aktuellem Anlass heute bei ihm dafür bedanken, dass er sich genau dafür eingesetzt hat, dass es diese Versicherung weiterhin gibt! (Beifall bei der ÖVP.)

Er konnte die Dürre nicht verhindern, aber er hat durch richtige politische Aktionen er­reicht, dass wir den Schaden für unsere Bauern gering halten können!

Genauso verhält es sich mit der Agrarreform: Er konnte die WTO, die Entwicklung dieser Welt und die Entwicklung der Handelsinteressen nicht wirklich steuern. Das konnten wir nicht. Wir konnten aber das, was als europäische Antwort darauf auf den Tisch gelegt wurde, sehr massiv beeinflussen. Die ursprünglichen Vorschläge für diese Agrarreform waren bestürzend. Es gibt da nichts zu beschönigen. Heute haben wir jedoch einen gangbaren Weg vor uns. Wir müssen möglicherweise noch einige Steine wegräumen, aber immerhin: Wir haben Möglichkeiten für eine österreichische Antwort. Wir haben den Spielraum, unseren österreichischen Weg weiterzugehen, und die viel­fältigen Anforderungen, welche die Österreicher an die Bäuerinnen und Bauern stellen, können wir auch so verpacken, dass die Bauern, die Bäuerinnen diese erfüllen können. Das ist für mich ein Grund zu Optimismus!

Es steht vieles auf dem Spiel, und zwar für alle, nicht nur für die Bauern: Unsere be­sondere Lebensmittelqualität steht auf dem Spiel. Die Verlässlichkeit unserer Produk­tionsmethoden steht auf dem Spiel. Die Frische der Produkte, auf welche unsere Kon­sumenten vertrauen, steht auf dem Spiel. Auch die Qualität unseres Wassers steht auf dem Spiel, denn nicht das Wasserrechtsgesetz macht das gute Wasser, sondern die Bauern, die auf den Flächen wirtschaften, machen das gute Wasser! (Zwischenruf der Abg. Dr. Gabriela Moser. – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen und der SPÖ.)

Liebe Frau Moser, Sie sollten das respektieren und würdigen! Würden Sie ein bisschen über den Tellerrand schauen, dann würden Sie wissen, wie gut wir mit unserer öster­reichischen Wasserpolitik liegen, und dann würden Sie wissen, was uns im europäi­schen Vergleich alles gelungen ist und wofür wir erfolgreich stehen! (Beifall bei der ÖVP. – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)


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Es steht noch viel mehr auf dem Spiel! Es steht auch der Reichtum unserer Natur auf dem Spiel. Es steht die Vielfalt unserer Landschaften auf dem Spiel. Es steht die Grundlage für unseren Tourismus auf dem Spiel, und es steht für Sie alle der Lebens­raum auf dem Spiel, denn Katastrophenschutz ist aktive Agrarpolitik. – All das kann jetzt erfolgreich weitergeführt werden, weil unser Josef Pröll in Brüssel gut verhandelt und Ergebnisse gebracht hat, mit denen wir weiterarbeiten können! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Er konnte nicht alle Giftzähne ziehen: Die Entkoppelung ist in einigen Bereichen ge­kommen, in einigen Bereichen Gott sei Dank nicht. Die Großen in Europa haben sich die Entkoppelung als Tauschobjekt für die WTO gewünscht. Die grüne Landwirt­schaftsministerin Künast hat im rot-grünen Deutschland die Entkoppelung gebraucht, um endlich die Mittel aufbringen zu können, die sie aus dem Budget nicht bekommt, weil sie praktisch pleite sind. In Deutschland hat man die Entkoppelung gebraucht, wir brauchen sie hingegen nicht, weil wir ordentliche Politik machen können!

Wir haben bei uns in Österreich Wege gefunden, das Positive dieser Reform umzuset­zen. Wir haben die Milchquoten verteidigt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.) Herr Einem, der Begriff „Milchquote“ sagt Ihnen vielleicht nicht viel, aber für die Bauern be­deutet das Überschaubarkeit, Marktordnung und Markt, und zusammen ergibt sich dadurch vielleicht eine positive Entwicklung auch in diesem Bereich.

Für mich ist die Frage der Quoten eine wichtige Frage. Ich weiß, dass Quoten Ihnen vielleicht nicht viel bedeuten! Mir sind sie wichtig! Ich bin auch Rübenbauer, und die Zuckermarktordnung ist auf Quoten aufgebaut, und jetzt haben wir die Hoffnung, dass das auch in Zukunft möglich ist. (Abg. Dr. Glawischnig: Frauenquote statt Getreide­quote!)

Wir haben selbstverständlich auch Verständnis für die Frauenquote, wenn es die Frau Glawischnig unbedingt so haben will! Die österreichischen Bäuerinnen haben sich allerdings auch ohne Quoten durchgesetzt! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben mit dieser neuen Reform Möglichkeiten, die wir bisher nicht hatten, und zwar überall dort, wo die Flächenstilllegung für die Natur positiv eingesetzt werden kann. Wir können mit dieser neuen Stilllegung die Möglichkeiten des neuen Wasser­rechtsgesetzes positiv ausspielen. Wir können mit der neuen Stilllegung für den Natur­schutz Großes tun. Wir können den Bauern mit den neuen Möglichkeiten Perspektiven geben.

Ich gebe zu: Die Reform birgt auch die Gefahr eines landwirtschaftlichen Stand‑by, einer Landwirtschaft, die Prämien nimmt und wenig leistet. Diese Gefahr besteht. Wir werden in Österreich alles dafür tun, dass Bauern weiterhin Freude an der Leistung haben, dass Bauern weiterhin gute Produkte liefern und dass die Bauern und Bäuerin­nen die Sicherheit haben, dass unser Land diesen erfolgreichen Weg mit ihnen weiter­geht.

Lebensmittelqualität verlangt Produktion in Österreich. Sie können von Lebensmittel­qualität reden, was Sie wollen, und Sie können kontrollieren, was Sie wollen: Wenn wir sie nicht dadurch sichern, dass bei uns in Österreich produziert wird und dass es Bauern gibt, die nach unseren Spielregeln Qualität bringen, dann können Sie sich wün­schen, was Sie wollen! In Afrika werden Sie es nicht bekommen!

Wir haben in Zukunft verschiedene neue Programme auszuarbeiten. Wir wissen, dass wir in der Investitionsförderung massiv zulegen müssen. Wir müssen den Bauern die Sicherheit geben, dass es mit dieser neuen Agrarreform nicht zu einer Umverteilungs­diskussion kommt. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber.) Wir müssen ihnen die Sicherheit geben, dass sie die richtigen Investitionsförderprogramme bekommen, damit


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wir Kooperationen stärken. Wir wissen ganz genau, dass die Erweiterung Probleme schaffen wird und unseren Wettbewerbsdruck massiv verstärken wird. Wir wissen aber auch ganz genau, dass wir mit den Möglichkeiten, die das neue Budget bietet, die richtigen Antworten geben werden! (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege! Ihre freiwillige Redezeit ist schon längere Zeit vorbei. Sie haben noch 1,5 Minuten gesetzliche Redezeit.

 


Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (fortsetzend): Wir werden die Landwirtschaft gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern und Bundesminister Pröll mit Phantasie und mit Fachwissen und hoffentlich auch mit Ihrer Unterstützung trotz dieser EU-Be­schlüsse und mit diesen Beschlüssen in eine gute Zukunft führen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Gradwohl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. Gesetzliche Redezeit: 10 Mi­nuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


16.14

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn ich Kollegem Schultes jetzt aufmerksam zugehört habe, so kann ich ihm inhaltlich tatsächlich Recht geben, aber nicht in der Methodik! (Abg. Wattaul: Du hast zugehört, ich habe es gesehen!)

Kollege Schultes! Wenn wir, wie Sie sagen, eine Trockenheitsversicherung für unsere Bauern brauchen, dann ist das ein Ausfluss dessen, dass wir Monokulturen betreiben. Als Alternative für Ihre Region, Herr Kollege, würde ich Ihnen Mischkultur empfehlen! Wir können uns das gemeinsam anschauen, es gibt entsprechende Projekte, bei wel­chen beispielsweise der Boden dementsprechend aufbereitet wird. (Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.) – Sie lachen? Sie halten nämlich das, was Sie hier sagen, selbst nicht für wahr! (Abg. Mag. Molterer: Herr Kollege Gradwohl! Der Regen kommt von oben und nicht von unten!)

Herr Kollege Molterer, Sie haben den Grundstein dafür gelegt, wofür Herr Bundes­minister Pröll heute nicht nur Lob einheimst, denn Sie waren es, Herr Klubobmann Molterer, der als erster Österreicher hinausgegangen ist und eine wirkliche Agrarreform verhindert hat. Das muss Ihnen bewusst sein, Herr Kollege Molterer, denn Sie haben sich gegen die Entkoppelung ausgesprochen!

Kollege Grillitsch, wir kommen beide aus der gleichen Region. Wahrscheinlich wirst du den Bauern kennen, der am 1. Juli in der „Kleinen Zeitung“ ein Interview gegeben hat: Der Laßnitzer Landwirt Franz Kocher hat gemeint, dass eine Entkoppelung der Aus­gleichszahlungen sehr viele Vorteile hätte. Diese wäre viel unbürokratischer und würde mehr Spielraum bieten. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Herr Kollege Grillitsch, du als Bauernvertreter hast dich gegen die Entkoppelung aus­gesprochen! Es gab in der Vergangenheit kaum eine größere Schere zwischen den Bauern und den so genannten Bauernvertretern, als wir sie heute haben. Bedenke das, Kollege Grillitsch! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt: Kollege Pirklhuber hat die Dringlichkeit dieses Antrages angespro­chen. – Wir haben im Agrarausschuss die Möglichkeit gehabt, mit dem Bundesminister zu diskutieren. Wir haben einen Unterausschuss auf Grund eines Vier-Parteien-An­trags eingesetzt. Daher ist die Dringlichkeit des heutigen Antrages in Frage zu stellen. Herr Bundesminister! Vielleicht war dieser aber auch eine dankbare Geste an den Herrn Finanzminister, damit er eine kurze Verschnaufpause hat und sich kurz erfri­schen kann, bevor die Debatte über seine Fehlleistungen fortgesetzt wird, oder viel-


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leicht war es ein Dankeschön an ihn dafür, dass das österreichische Agrarbudget erhöht wurde. Ich weiß es nicht, denn dringlich ist das, Kollege Grillitsch, was in diesem Antrag steht, nicht wirklich! (Abg. Grillitsch: Ist das nicht wichtig?)

Herr Kollege Grillitsch, ich verweise nur auf einen Punkt, der von dir und von Kollegem Scheuch hier gefordert wird:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ferner ersucht, bei der Umsetzung für eine Verwaltungsvereinfachung zu sorgen.“

Herr Kollege Grillitsch, ihr hättet euch eben bei den Verhandlungen auf europäischer Ebene anders verhalten müssen, denn diese Verwaltungsvereinfachung ist mit den Maßnahmen, über welche uns der Herr Bundesminister schriftlich informiert und welche er uns heute vorgetragen hat, nicht möglich! Es wird zwar mehr Statistiker und Beamte geben, aber weniger Bauern. Das ist Tatsache! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Kollege Grillitsch, ich spreche jetzt wieder zu dir als Bauernbundpräsident! Ein von dir Vertretener aus deiner Region, nämlich Kollege Freigaßner aus Weißkirchen, der dir sicherlich bekannt ist, meint – ebenfalls laut „Kleiner Zeitung“ vom 1. Juli 2003 –, dass 70 Prozent des vorhandenen Budgets unter anderem in die Verwaltung gesteckt werden und nur 30 Prozent an die Landwirte gehen. – Manfred Freigaßner wörtlich:

„Ich bekrittle einfach, dass der Bürokratieaufwand jetzt sicher mehr wird.“

Herr Kollege Grillitsch! Noch nie war die Trennung zwischen den so genannten Bau­ernvertretern und den so genannten vertretenen Bauern so groß wie heute. Ich würde das an deiner Stelle bedenken! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Herr Bundesminister! Ich habe es im Ausschuss bereits erwähnt, und ich möchte heute damit schließen: Sie haben ... (Abg. Grillitsch: Wen vertrittst du?) – Ich vertrete die Österreicherinnen und Österreicher, und dabei bin ich jetzt! (Abg. Murauer: Die wer­den sich bedanken!)

Herr Bundesminister! Sie haben die Aufgabe, ganz Österreich zu vertreten! Sie haben die Aufgabe, als Landwirtschaftsminister auf europäischer Ebene die roten, die grünen, die blauen und auch die schwarzen Bauern zu vertreten! Herr Bundesminister! Umso verwunderlicher ist es, dass Sie am 27. Juni, einen Tag nach der Einigung in Luxem­burg, eine gemeinsame Pressekonferenz mit dem Präsidenten des Österreichischen Bauernbundes und mit dem Vorsitzenden der Präsidentenkonferenz Schwarzböck ab­gehalten haben und dort gemeinsam die Erfolge gefeiert haben! (Abg. Mag. Molterer: Wollen Sie zensurieren?)

Herr Bundesminister außer Dienst! Als Bundesminister ist man für alle verantwortlich! (Abg. Mag. Molterer: Eine Pressekonferenz ist auch für alle da!) Eine Pressekonferenz im schwarzen Lager, bei der so genannten schwarzen Agrarvertretung, ist – Herr Bun­desminister und Herr Klubobmann – nicht das, was die Verfassung von einem über­parteilichen Minister verlangt! Und es ist traurig, dass es so hergegangen ist! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Wollen Sie dem Minister vorschreiben, welche Pressekonferenzen er macht?)

16.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rest-Hinter­seer. 10 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Frau Abgeordnete.

 


16.20

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätztes Hohes Haus! Wenn man bedenkt, dass es in dieser Debatte um


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einen Dringlichen Antrag geht, dann muss man schon feststellen, dass hier ein biss­chen eine Kaffeehausatmosphäre herrscht, Herr Klubobmann Molterer! (Abg. Gril­litsch: Ach so!) Sehr gemütlich haben wir es heute! (Abg. Murauer: Wollen Sie es noch gemütlicher haben?)

Als Erstes möchte ich unseren Entschließungsantrag einbringen, der sozusagen eine Reaktion auf Ihren Dringlichen Antrag ist, wiewohl Herr Abgeordneter Pirklhuber schon festgestellt hat, dass wir im Großen und Ganzen die Inhalte mit vertreten können.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend nationale Umsetzung der EU-Agrarreform

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt und Wasserwirtschaft werden aufgefordert,

1. dem Parlament über die nationale Umsetzungsstrategie laufend zu berichten und für einen inneragrarischen Interessensausgleich Sorge zu tragen“ – wir hoffen, damit im Unterausschuss auch dem Thema näher zu kommen –,

„2. den maximalen Spielraum der finanziellen Mittel für den Schutz oder die Verbesse­rung der Umwelt beziehungsweise zur Verbesserung der Qualität und Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen auszuschöpfen,

3. bei der Wahl der nationalen Optionen im Rinderbereich dafür Sorge zu tragen, dass Bergbäuerinnen und Bergbauern 100 Prozent ihrer Mutterkuhprämien und 40 Prozent der Schlachtprämien erhalten,

4. sicherzustellen, dass Grünland in das Prämiensystem miteinbezogen wird,

5. durch besondere Investitions-Anreize sicherzustellen, dass der Umstieg auf artge­rechte Tierhaltungssysteme rasch vollzogen wird,

6. im Österreichischen Programm für eine umweltorientierte und nachhaltige Landwirt­schaft (ÖPUL) bei sämtlichen Maßnahmen der Verzicht auf GVO-Saatgut als notwen­dige Voraussetzung für Förderungswürdigkeit zu implementieren,

7. auf EU-Ebene dafür einzutreten, dass im Zusammenhang mit den bevorstehenden WTO-Verhandlungen der vom Europäischen Parlament geforderte qualifizierte Außen­schutz durchgesetzt werden kann, um den europäischen Bäuerinnen und Bauern ge­nügend Schutz gegen ökologisches und soziales Dumping zu bieten und den vorsor­genden Verbraucherschutz zur Geltung zu bringen.“

*****

(Beifall bei den Grünen.)

Ergänzend möchte ich noch anmerken – Herr Abgeordneter Grillitsch ist im Moment nicht da (Abg. Grillitsch: Da bin ich!) –: In der „Ökosozialen Stimme“ des Herrn Dipl.-Ing. Josef Riegler, Präsident des Ökosozialen Forums, steht im Abs. 5: Ziele und Maß­nahmen stimmen nicht überein. Die im Grundsatz richtige Entkoppelung ... – Es gibt also offensichtlich unterschiedliche Auffassungen innerhalb der ÖVP, die es in einer großen Gemeinschaft aber natürlich geben kann.

Genauer möchte ich noch auf die gentechnisch modifizierten Organismen eingehen. Es ist bekannt, dass wir vor kurzem einen Vier-Parteien-Entschließungsantrag betref­fend die GVOs über die Bühne gebracht haben, und ich möchte auch ein wenig zu


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diesem Thema sagen, weil die USA eine Klage bei der WTO gegen die Europäische Union beabsichtigen.

Es ist nicht nur so, dass die Europäer so massiv gegen gentechnisch modifizierte Lebensmittel auftreten, sondern mittlerweile auch über 50 Prozent der amerikanischen Bevölkerung. Das nimmt wunder, weil die amerikanische Bevölkerung über genmodifi­zierte Organismen relativ wenig weiß; wenn sie noch mehr wüssten, würden wahr­scheinlich noch viel mehr dagegen auftreten.

Insgesamt wurde bei einer weltweiten Umfrage des Pew Global Attitude Project bestä­tigt, dass zwei Drittel der weltweiten Bevölkerung genveränderte Lebensmittel ableh­nen. Das heißt, wenn wir so etwas massiv betreiben, dann befinden wir uns sozusagen mit der Bevölkerung in totaler Übereinstimmung, und es ist kein unbotmäßiges Verlan­gen, wobei interessanterweise Australien als nächstes Land ein Gen-Moratorium aus­gerufen hat. Das wird dann das nächste Land sein, das von den USA geklagt wird. Die Australier wollen die Einführung von genveränderten Nahrungsmitteln für drei Jahre auf Eis legen, weil sie sagen: Was hindert uns eigentlich daran, die gesundheitsgefährden­den Momente von genmodifizierten Nahrungsmitteln im Rahmen eines längeren Ver­suchs zu untersuchen? Das ist ja nichts Unmögliches.

Auffällig ist, dass in Amerika jedes dritte Baby übergewichtig ist, und jedes zweite Baby muss als fettleibig bezeichnet werden. Es gibt nur noch ein zweites Land auf der Welt, das eine ähnlich dramatische Entwicklung bei den Kleinkindern aufweist. Das ist China, das erst vor kurzem gentechnisch modifizierte Lebensmittel auf dem Markt zugelassen hat. Dort sind auch genmodifizierte Lebensmittel tägliches Brot. Das sollte uns doch sehr zu denken geben und sollte auch Ihre Bereitschaft, bei unserem Entschließungs­antrag mitzugehen, etwas beflügeln, weil es da um Gesundheit geht. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Thema WTO möchte ich noch Folgendes sagen: In der Anfragebeantwortung des Bundesministers steht, dass in Doha klar zum Ausdruck gebracht wurde, dass in den nächsten Landwirtschaftsverhandlungen die differenzierte Behandlung der Entwick­lungsländer ein integraler Bestandteil sein muss. Wir haben in unserem Entschlie­ßungsantrag darauf abgestellt, dass wir die europäische Landwirtschaft dort schützen, wo sie notwendigerweise geschützt wird, dass wir gleichzeitig aber auch ein gänzliches Abgehen von den Exportförderungen fordern, weil wir nämlich mit diesen gestützten Preisen die landwirtschaftliche Entwicklung in den Ländern des Südens verhindern be­ziehungsweise überhaupt ruinieren.

Jetzt würde mich noch eines interessieren, Herr Abgeordneter Grillitsch: Sie haben zu­erst gesagt, wir seien die Schrittmacher der österreichischen Landwirtschaft. (Abg. Grillitsch: Europäischen!) Der europäischen Landwirtschaft. – Ich dachte immer, „Schrittmacher“ hätte etwas (Abg. Grillitsch: In Österreich sind wir eh gut!) mit einem kranken Herzen zu tun. (Abg. Mag. Molterer: Nein!) Wie krank ist die Landwirtschaft?

Ich habe manchmal den Eindruck, sie ist nicht wegen, sondern trotz Ihrer Landwirt­schaftspolitik immer noch ziemlich gesund, weil die Bauern und die Bäuerinnen immer noch ihre eigenen Wege gehen und Direktvermarktung (Abg. Mag. Molterer: Schritt­macher ist jemand, der ein Rennen anführt!), Bioprodukte selbst entwickelt haben – zum Teil gegen den massiven Widerstand der ÖVP-Bauern. –Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schiefermair. Redezeit: 7 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 



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16.28

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer, ich bin ÖVP-Bäuerin – ich bezeichne mich einfach einmal so –, und ich kann Ihnen sagen: Es hat niemand etwas dagegen gehabt, dass wir unsere Betriebe kreativ gestalten, da­mit wir unser ... (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Erinnern Sie sich an die Milchdirektver­marktung?) – Da gibt es auch andere Wege, aber ich glaube, wir sind unseren Weg gut gegangen, und es hat uns niemand Prügel vor die Füße geschmissen. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit der GAP-Reform 2003 geht jetzt ein schwieriger und für die Landwirtschaft span­nender Diskussionsprozess zu Ende. Damit sind so manche Unsicherheiten sowohl der Bäuerinnen und Bauern als auch der Konsumentinnen und Konsumenten vorerst ausgeräumt.

Wissen Sie, es hat schon viele berühmte Männer in Österreich gegeben, die sich für die Anliegen der Bauern und der Konsumenten eingesetzt haben. Wenn ich an frühere Zeiten denke, dann fällt mir ein Stefan Fadinger, ein Christoph Zeller ein. Das war 1626. 1848 fällt mir dann Hans Kudlich ein. Sie alle haben zu ihrer Zeit wesentliche Veränderungen für die österreichische Landwirtschaft eingeleitet, die für uns jetzt schon selbstverständlich sind. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

Mit Josef Riegler, Willi Molterer und Josef Pröll aber wurde der jüngste Reformprozess aufgearbeitet, der nicht nur uns Österreicherinnen und Österreicher betrifft, sondern alle Europäer.

Wie schon meine Vorredner möchte auch ich Landwirtschaftsminister Pröll besonders danken für sein kluges und besonnenes Verhandeln mit seinen europäischen Kollegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Minister Pröll hat es geschafft, dass ein Kompromiss bei der Weiterentwicklung der europäischen Landwirtschaft erst möglich wurde, indem er sich Verbündete gesucht hat. Josef Pröll hat mit seinem Engagement für die österreichischen Interessen Sicher­heit für die Bauern und die Konsumenten in unserem Land geschaffen, und davon sind auch Sie betroffen.

Sicherheit für die Landwirtschaft heißt nicht nur Sicherheit für die bäuerlichen Einkom­men und für die flächendeckende Bewirtschaftung und Pflege der Landschaft, sondern Sicherheit für die Landwirtschaft bedeutet auch Sicherheit für den größten Arbeitgeber in Österreich, denn die Landwirtschaft schafft direkt oder indirekt 373 000 Arbeits­plätze. Das wiederum bedeutet Sicherheit für viele Familien. Damit meine ich jetzt den vorgelagerten und den nachgelagerten Bereich. (Ruf bei der SPÖ: Nachgelagerte Familien?) – Nein, nein, ich meine die Arbeitsplätze, die im nachgelagerten Bereich vorhanden sind.

Österreich liegt, was die Betriebsgrößen betrifft – bitte aufpassen! –, im unteren Viertel der EU. Der durchschnittliche Betrieb umfasst bei uns rund 17 Hektar. Unsere klein- und mittelstrukturierte Landwirtschaft ist somit nicht nur überschaubar, sondern steht für eine ganz besondere Qualität. Unsere Bauern erzeugen Produkte, die weltweit als Spitzenprodukte gefragt sind. Und das erleben wir auch in der Spitzengastronomie, die gerne unsere Produkte kauft. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie auf der Autobahn fahren, dann lesen Sie groß an der Raststätte: Die Erd­beersaison hat begonnen! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber.) – Leider ist es erst Ende März, und bei uns sind diese Erdbeeren nicht geerntet worden. In der Erd­beerzeit aber ist es vor allem für den Städter oft schwierig, an heimische Erdbeeren zu gelangen, wenn man nicht die gewissen Plätzchen kennt. Ebenso ist es mit den Toma-


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ten im Jänner. Ein Kuriosum, das nach Veränderung schreit, wobei Sie Ihre Taten setzen können, denn es liegt an uns KonsumentInnen, heimische Produkte dann zu kaufen, wenn sie reif sind.

Einen Schritt weiter sind wir schon, wenn es um die Bewertung von biologischer und konventioneller Landwirtschaft geht. Beide haben bei uns einen gleichen Stellenwert und auch die gleiche Anerkennung. 285 000 Hektar werden in Österreich biologisch bewirtschaftet, das entspricht einem Anteil von 11 Prozent, und mit diesem Wert sind wir in Europa Spitze. Der Konsument bestimmt auch in diesem Bereich durch sein Ein­kaufsverhalten die Produktionsweise, auch da können wir also mitbestimmen.

Die Konsumenten sind durchaus die Gewinner der GAP-Reform, weil diese für sichere und gesunde Lebensmittel, frische Luft und sauberes Wasser in Europa sorgt. Durch das cross compliance regeln 18 Richtlinien europaweit die Qualitätsstandards von Produkten. Das bedeutet für uns Chancengleichheit im Wettbewerb und gleiche Quali­tätsprodukte in ganz Europa.

Die Freiräume, die nun den einzelnen Mitgliedstaaten offen stehen, geben uns Bäue­rinnen und Bauern Gestaltungsfreiraum.

Geschätzter Herr Bundesminister! Wir bitten dich im Sinne der österreichischen Bäue­rinnen und Bauern, diese nationalen Gestaltungsmöglichkeiten mit bewiesenem Fein­gefühl auszuschöpfen.

Von Herrn Abgeordnetem Pirklhuber ist die Bemerkung gekommen, er sei ein kurzzeiti­ger Minister. Dazu kann ich nur sagen: Kurz im Amt – viel erreicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Maier. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.34

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist dies ein etwas komi­scher Dringlicher Antrag, Herr Bundesminister, Herr Klubobmann! (Abg. Jakob Auer: Gerade dem Maier sollte dieses Thema ein Anliegen sein!) Ich habe 22 Abgeordnete der ÖVP gezählt, also nur 22 Abgeordnete halten dieses Thema für dringlich. Kollegin Heidemarie Rest-Hinterseer hat bereits auf eine Art Kaffeehaus-Atmosphäre verwie­sen, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Molterer: Ich würde sagen, es sind 35!) Das ist die Unglaubwürdigkeit Ihrer Landwirtschaftspolitik, die genau bei diesem Antrag zum Tragen kommt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Maier kann nicht zählen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liest man sich diesen Dringlichen Antrag im Detail durch, dann fallen zwei Punkte auf: Zum einen sollten die für Österreich erzielten Ergebnisse bestmöglich implementiert werden, und zum anderen soll die Lebens­qualität gesichert werden, um dem hohen Konsumentenvertrauen auch künftig gerecht zu werden.

Bleiben wir beim ersten Punkt, Herr Bundesminister! Haben Sie kein schlechtes Gewis­sen, Herr Bundesminister Pröll, wenn Sie sich den Bericht des Herrn Bundeskanzlers anschauen, aus dem hervorgeht, wie viele Richtlinien aus Ihrem Ressort nicht umge­setzt worden sind? – Wir „gratulieren“ Ihnen, Sie sind nämlich Spitzenreiter in Öster­reich! (Beifall bei der SPÖ.)

 


Der zweite Punkt: Sicherung der Lebensqualität. Meine sehr verehrten Damen und Herren!


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Präsident Dr. Andreas Khol: Darf ich diesen „Stehkonvent“ vor Klubobmann Scheib­ner bitten, dem Redner nicht den Rücken zuzuwenden?

 


Abgeordneter Mag. Johann Maier (fortsetzend): Herr Bundesminister! Herr Klubob­mann Molterer! Sie kennen die Lebensmittel-Basisverordnung der EU. Diese sieht als Kontrollprinzip Kontrollen vom Feld, vom Stall bis zum Teller vor, und mit eingeschlos­sen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind die Futtermittel, in Erkenntnis ... (Abg. Dr. Ferdinand Maier spricht mit dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll.  Abg. Parnigoni: Das ist eine Sauerei, wenn der Minister nicht zuhört!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Parnigoni, Sie haben hier „Sauerei“ gesagt. Nehmen Sie das zurück? (Abg. Parnigoni: Das nehme ich zurück!) – Danke.

Am Wort ist der Redner. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Johann Maier (fortsetzend): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Ich würde mich freuen, wenn ich hier einmal zum Reden kommen würde, denn es ist für einen Abgeordneten nicht leicht, auch vom Präsidenten ständig unterbrochen zu werden und dann wieder den Faden zu finden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die EU-Lebensmittel-Basisverordnung sieht vor, dass Futtermittel genau demselben Kontrollregime unterliegen wie Lebensmittel. Diese Verordnung, Herr Bundesminister Pröll, sieht eine Informationsverpflichtung durch Sie als ressortzuständiges Regierungsmitglied vor, wenn tiergesundheitsschäd­liche Futtermittel in Verkehr gebracht werden.

Herr Bundesminister, Sie sind Ihrer Verantwortung bis heute nicht nachgekommen, und im Futtermittelgesetz ist bis heute keine entsprechende Änderung vorgenommen worden. In Salzburg, Oberösterreich und Niederösterreich wurde über zirka 20 bäuer­liche Legehennenbetriebe ein Verkaufsverbot verhängt, weil Lasalocid in Eiern und Futtermitteln nachgewiesen wurde. Lasalocid wird als Tierarzneimittel gegen Parasiten im Verdauungstrakt von Hühnern verwendet, und zwar für Masthühner.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für Legehühner war und ist die Verwendung ausdrücklich verboten, und ich frage Sie, Herr Bundesminister: Warum haben Sie die Bauern nicht gewarnt? – 20 Betriebe mussten geschlossen werden, sie haben enorme Einbußen. Dafür tragen Sie nach der EU-Verordnung alleine die Verantwortung! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Bauern in Salzburg haben mich gefragt, was sie machen sollen. Ich habe ihnen zwei Dinge gesagt. Erstens: Regressieren Sie beim Futtermittelhersteller, und zweitens: Klagen Sie die Republik Österreich, klagen Sie das Landwirtschaftsministerium, weil das Landwirtschaftsministerium der vorgegebenen europarechtlichen Informationsver­pflichtung nicht nachgekommen ist.

Jetzt muss man sich natürlich fragen, warum das passiert ist, Herr Bundesminister. Am 3. März wurde Lasalocid gefunden. Am 3. Mai kam die erste Verständigung, am 18. Juni wurde der erste Betrieb gesperrt, derzeit sind es 20. Ich frage Sie: Warum, Herr Bundesminister, haben Sie als für Futtermittel zuständiger Bundesminister die Bauern, die Händler und die Öffentlichkeit nicht gewarnt? – Hängt das vielleicht mit dem Raiffeisenverband zusammen? (Abg. Jakob Auer: Das ist falsch!) Ich möchte Sie nur informieren: Die im Besitz des Raiffeisenverbandes befindliche Firma Garant ist jene Firma, die diese Futtermittel ausgeliefert hat. Herr Bundesminister! Sie tragen die Verantwortung dafür, und wir werden das den Bauern in Salzburg auch so weiter­geben.


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Daher zum Schluss: Erledigen Sie Ihre Hausaufgaben, setzen Sie Richtlinien recht­zeitig um, und halten Sie sich an europäisches Recht! Verschonen Sie uns aber in Zu­kunft mit derartigen Dringlichen Anträgen. Sie sind in Anbetracht Ihrer Agrarpolitik absolut unglaubwürdig! (Beifall bei der SPÖ.)

16.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Maier, ich habe Sie zu Ihrem Schutze zweimal unterbrochen: einmal, weil direkt störend drei Kollegen vor Ihnen ge­standen sind, und einmal, weil ein Abgeordneter eine Zwischenrufsorgie veranstaltet hat, von der ich nicht weiter reden werde. (Abg. Parnigoni: Berechtigt!) Und jetzt machen Sie das Gleiche, was Herr Abgeordneter Maier gemacht hat, obwohl wir ge­sagt haben, das tun wir nicht.

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, teile ich mit, dass der Entschlie­ßungsantrag der Abgeordneten Pirklhuber, Rest-Hinterseer, Freundinnen und Freunde hinreichend unterstützt ist und mit zur Verhandlung steht.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Keuschnigg. Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


16.40

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Maier! (Abg. Jakob Auer: SPÖ!) Ich glaube, Sie sollten schon auch die Verantwortlichkeit der zu­ständigen Gesundheitslandesrätin Burgstaller in Salzburg erwähnen, wenn Sie mit so scharfer Kritik auffahren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Johann Maier: Die ist nicht zuständig für Futtermittel!) – Aber für den Vollzug wird sie zuständig sein.

Ich darf noch kurz an die Ausführungen des Herrn Kollegen Einem anknüpfen, der ge­meint hat, dass die Agrarpolitik, speziell in der Person des Herrn Bundesministers, die Interessen aller Österreicher zu wenig wahrgenommen habe. Kollege Einem ist, glaube ich, nicht im Saal. Trotzdem die Frage zumindest an die SPÖ-Fraktion: Sind intakte ländliche Räume, sind gesunde bäuerliche Betriebe, sind Tausende Arbeits­plätze im ländlichen Raum, sind Betriebe, die gesunde, kostengünstige und biologische Lebensmittel erzeugen, etwa nicht im Interesse aller Österreicherinnen und Öster­reicher?

Dann ist noch der Satz gefallen, es gebe nur einige wenige Großbauern, die Gewinner dieser Reform wären. Ich darf schon folgende Frage an Ihre Fraktion richten: Wissen Sie, wer in der Schlussphase der GAP-Verhandlungen die Obergrenze von 300 000 € zu Fall gebracht hat? – Es war der sozialdemokratische deutsche Bundeskanzler Schröder! Und die Interessen, die dahinter gestanden sind, waren sehr klar erkennbar. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Wir sind in Österreich, Herr Kollege!)

Ich glaube, Sie sollten sich, wenn Sie diese Angriffe starten, doch im europäischen Umfeld etwas umschauen und darauf achten, Herr Gradwohl ... (Abg. Gradwohl: Seit wann ist der Schröder im Agrarministerrat, Herr Kollege? Sie wissen ja nicht, wovon Sie sprechen!)

Bitte, Herr Kollege Gradwohl, diesen Dialog können wir sehr gerne führen. Ich möchte heute eigentlich die Grünen nicht angreifen, aber in der Bundesrepublik Deutschland gibt es eine grüne Landwirtschaftsministerin. Wissen Sie, wie rasch sich diese um 180 Grad gedreht hat, als Chirac und Schröder die neue Linie in Europa festgemacht haben? Haben Sie das mitbekommen? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gradwohl: Sind Sie in der Lage, über österreichische Auswirkungen zu reden?) Um 180 Grad hat sich die deutsche Linie gedreht, nachdem dieses Vier-Augen-Gespräch zwischen Schröder und Chirac stattgefunden hat!


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Ich denke, Sie müssen genau hinschauen und der Wahrheit die Ehre geben. Ich glaube, das darf man sagen. (Abg. Gradwohl: Schauen Sie einmal in den „Spiegel“ – von wegen „der Wahrheit die Ehre geben“! ... Ihren Bauernbundpräsidenten ...!)

Darf ich vielleicht auch zu Ihrem eigenen Redebeitrag eine kurze, ganz unaggressive, freundliche Bemerkung machen? – Sie haben gesagt, die Bürokratie und all das würde zunehmen. Ich meine, es ist bei dieser Reform auch gelungen, dass die Grundlage dafür geschaffen wurde, dass die gesamte Förderungsauszahlung im tierischen Be­reich in Zukunft direkt über die EDV zu machen ist. Da ist in Brüssel bei der Europäi­schen Union nun der notwendige Link gemacht worden.

Das heißt, da wird bei den Bauern ein riesiger Block wegfallen, weil – und das muss man auch sagen, weil das im Interesse der Konsumenten ist – auf Grund dieser Rin­derdatenbank keine Bewegung eines Tieres unregistriert bleibt und alles genau nach­vollzogen wird und man jetzt, weil das so sauber umgesetzt ist, versuchen wird, den Bauern diesen großen Block wegzunehmen; und das wird dann bei den Betriebsmitteln weitergehen. Was ich damit sagen will, ist: Es geht uns nicht um heiße Luft, sondern es geht darum, dass wir Schritt für Schritt Maßnahmen zur Entbürokratisierung der Land­wirtschaft setzen.

Zu meinem eigentlichen Thema kann ich jetzt leider nicht mehr sehr viel sagen, weil die rote Lampe schon leuchtet. Ich möchte aber zwei Grundsatzbemerkungen anbrin­gen.

Es gibt zwei Merkmale, die die österreichische Landwirtschaft von jener in den anderen europäischen Ländern unterscheiden. Das ist zum einen die Klein- und Kleinststruk­turiertheit. Die ökosoziale Agrarpolitik hat seit vielen Jahren eine Wachstumsbremse eingebaut. Ich darf Ihnen sagen: Wir liegen bei der Milchproduktion, was die Größen­statistik betrifft, hinter Griechenland und hinter Portugal. Wir haben die kleinste Milch­erzeugungsstruktur in ganz Europa.

Das Zweite ist: Wir sind wie kein anderes Land in Europa in die ländliche Entwicklung gegangen. 80 Prozent unserer ausbezahlten Mittel gehen in die ländliche Entwicklung und nur 20 Prozent in die Marktförderung. Das sollte man wissen.

In der gesamten übrigen Europäischen Union ist es genau umgekehrt. Das heißt: Wir gehen in die Sicherung der Arbeitsplätze, wir gehen in Richtung Funktionsfähigkeit der gesamten ländlichen Räume und in Richtung Wirtschaftskraft im ländlichen Raum.

Das Ziel, das wir in der Landwirtschaft haben müssen, ist, dass wir diese Kernbereiche der Land- und Forstwirtschaft mit zusätzlichen neuen Wertschöpfungsketten verbinden, dass wir Wertschöpfungsbereiche aufbauen. Das betrifft die Energiewirtschaft und den gesamten Bereich der Biomasse, wo Tausende Bauernhöfe ihre Chancen wahrneh­men können. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Das ist zu wenig!) Das sind auch die Kombi­nation aus Landwirtschaft und Tourismus sowie die Kombinationen mit Gewerbe und Dienstleistungen.

Die Politik, die jetzt implementiert wird, ist stark darauf ausgerichtet, dass dynamische, starke Betriebe entstehen, die in die Zukunft investieren und für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum viel bewirken. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

16.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet. Sie kennen die Geschäftsordnung. – Bitte.

 



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16.46

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Vorredner, Herr Abgeord­neter Keuschnigg, hat im Futtermittelbereich von der Verantwortung der Landeshaupt­mann-Stellvertreterin Gabi Burgstaller gesprochen. (Abg. Großruck: Die hat jetzt geheiratet!)

Ich stelle richtig: Sie ist für das Futtermittelwesen in keiner Form verantwortlich, denn richtig ist vielmehr, dass nach dem Bundesministeriengesetz erstens der Herr Bundes­minister für Landwirtschaft, Josef Pröll, zuständig ist, zweitens auf Landesebene der ÖVP-Landesrat Josef Eisl. Und drittens trifft auf Grund von Artikel 10 der Lebensmittel-Basisverordnung diese Behörden eine unmittelbare Informationsverpflichtung – wenn tiergesundheitsschädliche Futtermittel in Verkehr gebracht werden –, was im gegen­ständlichen Fall nicht erfolgt ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll zu einer zweiten Wortmeldung gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


16.48

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Angesichts der De­batte möchte ich noch einmal das Wort ergreifen und auf ein paar Punkte eingehen.

Ich habe in den Verhandlungen keineswegs nur die Sicht der Bäuerinnen und Bauern und des ländlichen Raumes vertreten, sondern, so, wie es auch in meiner Zuständig­keit als Umweltminister, als Landwirtschaftsminister, als Zuständiger für Forst- und Wasserangelegenheiten und darüber hinaus als Mitglied dieser Bundesregierung liegt, natürlich auch die Interessen aller Österreicherinnen und Österreicher, der Konsumen­ten insgesamt in den Mittelpunkt dieser Reformdebatte gestellt.

Wir konnten – das habe ich auch zu skizzieren versucht – in dieser Reform nicht nur für die bäuerliche Bevölkerung und den ländlichen Raum etwas tun, sondern vor allem auch Antworten auf die Herausforderungen im Lebensmittelbereich geben, nämlich neue Standards beim Tierschutz einführen, neue Regelungen als Grundlage für die Ausgleichszahlungen etablieren und damit qualitativ sichere Lebensmittel für den österreichischen Konsumenten zur Verfügung stellen.

Im Gegensatz zu manchen Debattenrednern sage ich ganz klar – und das äußert sich auch in der Verhandlungsführung –: Ich unterscheide nicht zwischen Berg- und Tal­bauern, nicht zwischen Groß- und Kleinbauern, nicht zwischen Bauern, die im Westen wirtschaften, und Bauern in den östlichen Regionen, sondern ich versuche, Agrarpolitik ausgewogen für alle zu machen. Das war auch eine Grundlage in der Positionierung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Niemand hat sich dieser Reform verweigert. Zu Beginn der Debatte wurde genau, Punkt für Punkt, ausgelotet, wo die Vor- und Nachteile für eine unseren Vorstellungen entsprechende bäuerliche Landwirtschaft liegen. Wir haben das mit Studien unterlegt und haben dann Punkt für Punkt die Bewertung vorgenommen und die Verhandlungs­position festgelegt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es fällt schon auf – das sei hier auch deutlich gesagt –, dass die Frage der totalen Entkoppelung, die Frage der Preissenkung vor allem von jenen Ländern unterstützt wurde, die auf eine stark industrialisierte, großbe­trieblich ausgerichtete Landwirtschaft gesetzt haben, wie Großbritannien, Schweden, die Niederlande und Dänemark. Sie haben die ursprünglichen Vorschläge uneinge­schränkt begrüßt.


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Jene Länder, darunter auch Österreich, die sich einer davon klar abgegrenzten, bäuer­lichen Landwirtschaft verschrieben haben, haben eine kritische Position eingenommen und haben versucht, Punkt für Punkt das Beste herauszuholen. Und das Ergebnis gibt uns auch Recht: In den zentralen Punkten liegt das Ergebnis unseren Verhandlungs­positionen näher als jenen jener Staaten, deren Agrarpolitik wir – und darüber gibt es, glaube ich, hier im Haus Konsens – uns nicht verschrieben haben, nämlich einer industrialisierten Landwirtschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben die Reform auch unter zwei Prä­missen geführt: erstens, dass nach der Welthandelsrunde keine zweite Reform mehr zu machen ist, sondern diese europäische Position auch die Position für die Welt­handelsrunde ist, und zweitens – um auch diesbezüglich keine Missverständnisse auf­kommen zu lassen –: Ja, der Finanzdeckel, der beim Rat von Brüssel für die Periode bis 2013 mit den zehn neuen Mitgliedstaaten festgelegt wurde, hat auch für diese Re­form zu gelten; und er wird halten. Die Reform wurde unter den Cancun-Bestimmun­gen und unter dem Finanzdeckel der Beschlüsse von Brüssel verhandelt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Frage cross compliance und verpflich­tende Umweltstandards: Es ist erstmals gelungen, diese für alle Staaten einzuführen.

Und wenn Sie meine Verantwortung als Umweltminister ansprechen, sage ich Ihnen: Ich verhandle die Agrarreform nicht nur als Landwirtschaftsminister, sondern ich habe die Agrarreform als für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserangelegenheiten zuständiger Minister verhandelt. (Abg. Dr. Fekter: Sehr kompetent!) Ich trenne meine politischen Aufgaben niemals – davon können Sie ausgehen –, sondern ich habe auch in diesen zentralen Fragen immer den Blick für das Gesamte! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es gibt 18 neue Regeln im Bereich Umwelt – da Herr Abgeordneter Pirklhuber diese angesprochen hat; ich kann sie gerne auch zur Verfügung stellen –, im Bereich Ge­sundheit von Mensch, Tier und Pflanzen und im Bereich Tierschutz. Das sind Richt­linien der Europäischen Union, die nun zu gelten haben. Diese sind in nationales Recht umzusetzen, und sie werden die Grundlage für die Ausgleichszahlungen bilden.

Zur Frage der Gentechnik möchte ich noch etwas anmerken, weil das auch erwähnt wurde: Es gibt eine klare Position dazu. Wir haben in der Europäischen Union ein Moratorium. Es werden jetzt folgende Rahmenbedingungen diskutiert: die Frage der Rückverfolgbarkeit, die Frage der Haftung, die Frage der Koexistenz. Unsere klare Position ist: Bevor wir nicht einheitlich diese zentralen Fragen geklärt haben, werden wir auch von unserer Stellung zum Moratorium nicht abweichen. Man sollte aber diese Debatte sachlich führen und sich nicht nur der Emotionalität hingeben. Ich halte das für wichtig. Wir müssen Punkt für Punkt analysieren und dann diese sehr sensible Frage auch für Österreich klären.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Frage Lasalocid im Futtermittel ist zu sagen, dass die Agentur für Ernährungssicherheit als Bundesamt die Vollziehung des Futtermittelgesetzes durchzuführen hat; so auch im konkreten Fall. Meines Wissens hat sie das Punkt für Punkt umgesetzt und die entsprechenden Maßnahmen auch klar gesetzt.

Abschließend: Mit dem Gesamtpaket, so glaube ich, ist es uns gelungen, jenen Libera­lisierungstendenzen Richtung industrialisierte Landwirtschaft, was manche Mitglied­staaten der Europäischen Union gewollt haben, entgegenzutreten. Wir haben ein Paket auf dem Tisch, das die Basis für die Bäuerinnen und Bauern sichert, das Entwicklung für die ländlichen Räume zulässt – ein Paket, das Rahmenbedingungen bis ins Jahr 2012 vorgibt.


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Jeder bäuerliche Betrieb hat natürlich seine Aufgabe zu erfüllen, sich wirtschaftlich auszurichten und auch am Markt entsprechende Erfolge zu erzielen. Die Politik hat klare Rahmenbedingungen vorgegeben. Diese Rahmenbedingungen werden uns hel­fen, unsere Idee einer bäuerlichen Landwirtschaft auch in Zukunft umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder. 5 Mi­nuten Redezeit. Restredezeit Ihrer Fraktion: 9 Minuten. – Bitte.

 


16.54

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Kompromisstext vom 26. Juni 2003 beinhaltet Schlagwörter wie: gesunde Nahrungsmittel – meiner Meinung nach wäre der Begriff „Lebensmittel“ ehrlicher und zutreffender –, mehr Qualität, umweltfreundliche, artgerechte Erzeu­gungsmethoden, Erhaltung der natürlichen Lebensumwelt, Pflege der Landwirtschaft.

Im Dringlichen Antrag – wobei sich grundsätzlich die Frage stellt, was dabei dringlich ist, aber mittlerweile wurde auch das Interesse der ÖVP-Fraktion geweckt – geht es um ein Ersuchen, die erzielten Ergebnisse für Österreich bestmöglich zu implementieren. Die Frage stellt sich jedoch, ob das wirklich zum Besten der Bäuerinnen und Bauern ist. Tatsache ist nämlich, meine Damen und Herren, dass die vorliegende Reform keine Reform im Sinne der Bäuerinnen und Bauern ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine wirkliche Reform wäre gewesen, die Vorschläge von Kommissar Fischler umzu­setzen, aber dies wurde von Interessenvertretern verhindert. Der Aspekt der sozialen und gerechten Verteilung der Agrarförderung fehlt. Herr Minister! Sie haben gemeint, Sie machen keinen Unterschied. Ich frage Sie: Wie halten Sie es mit der Überschrift aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Wer hat, dem wird gegeben“? – So viel zum sozialen Aspekt.

Unsere Sicht der Dinge ist, dass Agrarpolitik den Menschen zugute kommen muss, nämlich den ProduzentInnen und den KonsumentInnen. Förderungen müssen unab­hängig von der Produktion gewährt werden. So gesehen beinhaltet diese Kompromiss­reform eine sehr kurzfristige Sichtweise, vor allen Dingen im Hinblick auf die kom­mende EU-Erweiterung. Auch der Hinweis in Ihrem Regierungsprogramm, dass die Landwirtschaftspolitik nicht über das EU-Niveau hinausgehe, bietet schlechte Aussich­ten für KonsumentInnen und Umwelt.

Sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP! Herr Kollege Grillitsch, Sie fordern in Ihrem Antrag auch eine Verwaltungsvereinfachung. Ich bin davon überzeugt – mir wurde das gesagt –, dass das Gegenteil der Fall ist. Das Dickicht der Förderungen wird noch unüberschaubarer und die Abhängigkeit von diversen Interessenvertretun­gen größer. Auf der Strecke bleiben die Bauern und Bäuerinnen, welche die zuneh­mende Bürokratisierung sehr hemmt.

Der Raum für junge, dynamische, innovative Landwirte wird immer kleiner. Das Ziel oder das Ideal, Herr Kollege Grillitsch, vom freien, stolzen Bauerntum ist Lichtjahre ent­fernt. Ich denke, die Bauern hängen mehr denn je am Gängelband der öffentlichen und staatlichen Förderungen; sie werden so etwas wie verstaatlichte Bauern.

Bezeichnend ist aber auch, dass Sie in Ihrem Antrag mit keinem Wort die Gruppe der Frauen in der Landwirtschaft, im ländlichen Raum erwähnen. Und das, obwohl es ge­rade die Frauen (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer) – eben deshalb, Kollege! – sind, die oftmals selbständig und eigenständig den Landwirtschaftsbetrieb führen und diesen oft unter erschwerten Bedingungen und enormen Belastungen aufrechterhalten.


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Diese Tatsache unterstreicht eine Studie, die Frau Staatssekretärin Haubner am 7. Juli im Zusammenhang mit dem Thema Scheidung präsentiert hat; Überschrift einer dies­bezüglichen APA-Aussendung: „Schlechte Karten für Familien am Land“. Die wesent­lichen Aussagen dieser Studie sind folgende: schlechte ökonomische Situation der Frauen, eingeschränkter Zugang zu Bildung und Weiterbildung, geringe Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen, konservatives Rollenverhalten und mangelnde öffentliche Ver­kehrsmittel.

Meine Damen und Herren! Das sind Bedingungen, die raschest geändert werden müs­sen. Eine Forderung im EU-Parlament lautet: verstärkte Repräsentation der Frauen am Land in beruflichen und staatlichen Entscheidungsgremien, denn Frauen am Land sind Menschen am Land. Sie leben im ländlichen Raum, und sie müssen auch gehört werden!

Zusammengefasst, meine Damen und Herren, ist diese Reform ein Reförmchen ohne Weitblick, ohne gerechte Verteilungswirkung und auch ohne Transparenz. (Beifall bei der SPÖ.)

17.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vorläufig letzte Wortmeldung hiezu: Herr Abgeordneter Faul. Restredezeit der SPÖ-Fraktion: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.00

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Ihr so genannter Dringlicher Antrag, Herr Kollege Grillitsch und Herr Kollege Scheuch, ist eigentlich sehr signifikant. (Abg. Scheibner: Gut ist er!) Das muss man sagen, wenn man sich die Reihenfolge der Forderungen in Ihrem Dringlichen Antrag vor Augen führt und das dann auf der Zunge zergehen lässt.

Im ersten Punkt geht es um diese Implementierung der für Österreich erzielten Ergeb­nisse bei der Umsetzung des politischen Kompromisses. Auch der Herr Minister ist darauf eingegangen, und ich muss sagen: Es ist Ihnen, Herr Minister, wirklich „präch­tig“ gelungen, gemeinsam mit anderen Ministern, die so wie Sie denken, aus dem gro­ßen Reformvorschlag des Kommissars Fischler eine Mini-Reform zu machen und alle Eckpunkte dieser geplanten Reform in einer Weise zu verwässern (Abg. Jakob Auer: Zu verbessern!), dass sie einfach nicht mehr spürbar sind.

Die wesentlichen Eckpunkte sind unserer Meinung nach die Entkoppelung von Fläche und Stückzahl und die weitere Entwicklung des ländlichen Raumes – jedoch nicht so, wie Sie es sehen, Herr Kollege Grillitsch, sondern in umfassender Form, und zwar in einer Form, die auch Strukturverbesserungen und Dienstleistungen mit einschließt – und letztlich auch die WTO-Tauglichkeit für Europa, die doch in einem sehr engen Konnex zu Amerika steht. Bei den WTO-Verhandlungen werden wir ja sehen, was die Amerikaner zu Ihrer Reform sagen. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen: Sie werden die­ses Reförmchen milde belächeln.

Wichtiger als die Reformpläne, von denen wir erhofft haben, dass sie vorgelegt werden würden, waren Ihnen, Herr Kollege Grillitsch, die Sicherung und die Stabilisierung der Einkommen für die bäuerliche Landwirtschaft sowie die Schaffung von weiteren Ein­kommensperspektiven. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Herr Kollege Grillitsch! Die Präambel dieses Dringlichen Antrages spiegelt, kurz ge­sagt, Ihr Bestreben wider, Einfluss darauf zu nehmen, dass die Fördertöpfe erhalten bleiben, nach Perspektiven zu suchen, wie man zu neuen Fördertöpfen kommen kann, und letztlich ja nichts anzugreifen, damit nichts passiert! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Genau und richtig lesen!)


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Es ist nicht uninteressant, meine sehr verehrten Damen und Herren von der FPÖ und von der ÖVP, wie Ihre Wirtschaftsvertreter in Zeiten eines so schwachen Wirtschafts­wachstums, in Zeiten einer Rezession in Europa dazu stehen, dass sie ganz ruhig zu­schauen, wie 50 Prozent des gesamteuropäischen Budgets allein in den Agrarhaushalt fließen, und zwar Gelder, die in der Wirtschaft zu 100 Prozent verdient werden, denn – und da sind wir uns, Herr Kollege Grillitsch, sicher einig – die Agrarbetriebe werden nicht sehr viel dazu beigetragen haben.

Statt für die Wirtschaft in Österreich sowie für die Wirtschaft in Europa Impulse einzu­fordern und statt durch den gezielten Einsatz von Fördermitteln bei Projektfinanzierun­gen die Wirtschaft zu stimulieren, beugen Sie sich der Agrarlobby in Österreich. Daran wäre einmal zu arbeiten, Herr Kollege Stummvoll, Herr Kollege Mitterlehner, Herr Kollege Kopf, Herr Kollege Maier und alle anderen so genannten Wirtschaftssprecher in der ÖVP und in der FPÖ!

Aber neben diesem unserer Meinung nach herrschenden Missverhältnis der Aufteilung der Fördermittel zwischen den Agrarbereichen und den Wirtschaftsbereichen gibt es ein ganz großes Missverhältnis zwischen den großen und den kleinen Bauern in Öster­reich, auf das auch viele Redner von der FPÖ hingewiesen haben.

Ich möchte die Zahlen nicht mehr strapazieren, aber wie ist es in Wirklichkeit? Herr Kollege Kopf, denken Sie einmal darüber nach! Die Liechtensteins, die Waldbott-Bas­senheims, die Hardeggs und die Stiftsbesitzungen bekommen 10 Millionen bis 25 Mil­lionen Schilling im Jahr! Das sind Industrieunternehmen, die das in Österreich nicht er­wirtschaften können, Herr Kollege Mitterlehner! Das geht herunter bis zu den Kleine­ren, und da geht es um Zuwendungen in der Höhe von 500 000 bis 600 000 S. Es würden sich Ihre Wirtschaftsbetriebe freuen, wenn sie solche Gewinne erwirtschaften könnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Denken Sie auch einmal kritisch über diese Förderpolitik nach und versuchen Sie zu verstehen, dass es uns hiebei manchmal sauer aufstößt! Aber vielleicht geht es auf zu neuen Wegen, Herr Kollege Scheuch und Herr Kollege Grillitsch. (Beifall bei der SPÖ.)

17.04

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Restliche Redezeit der Fraktion: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Gab­riela Moser – auf dem Weg zum Rednerpult –: Drei Minuten!)

 


17.04

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Diesmal darf ich Sie wirklich beim Wort nehmen: Sie haben sich hier sehr betont und wiederholt sowohl als Landwirtschaftsminister, der auch für die Forst­wirtschaft und so weiter zuständig ist, als auch als Umweltminister deklariert, und des­wegen hoffe ich, dass Sie in diesem Selbstverständnis wirklich die Möglichkeiten der Qualitätsschiene, die Ihnen diese EU-Agrarrechtsreform eröffnet, voll ausschöpfen, und zwar voll ausschöpfen im Sinne des Bio-Landbaus, in Richtung Lebensmittelquali­tät und in Richtung kleinräumige flächendeckende Landwirtschaft.

Ja, Herr Kollege Scheuch, Sie haben schon Recht: Das Ziel ist die flächendeckende Landwirtschaft! Ich betone: Die wahre Kulturleistung des Mittelalters ist neben dem Kathedralenbau die Form unserer Landschaft, und diese wurde geformt durch die Bauern, durch die Leute in der Landwirtschaft, durch die vielen Menschen, die ihr Leben lang gerodet haben.

Vor diesem Hintergrund finde ich es in der Debatte als viel zu kurz gegriffen, wenn die Bauern immer nur für ein Produkt bezahlt werden wollen, das entweder Fleisch, Milch


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oder sonst irgendein Lebensmittel ist. Ich finde, dass man Bauern auch für das Produkt „Landschaft“ bezahlen sollte. Das soll kein Almosen sein, denn das ist kein Bettel­dienst, sondern das ist eine wahre Leistung, nämlich eine Kulturleistung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang darf ich Ihnen schon sagen, Herr Kollege Schultes: Eines müssen Sie schon akzeptieren: Es sind nicht die Bauern, die gutes Wasser machen. Ich meine, das ist doch die Perversion schlechthin! Ich zitiere, was Sie hier heute formuliert haben, nämlich, die Bauern würden gutes Wasser machen. – Ich meine, wo­möglich legen sie auch noch „glückliche Eier“ oder so ähnlich. Bitte, das ist doch blan­ker Blödsinn! Die Bauern nützen gutes Wasser, und hoffentlich bleibt es gutes Wasser! Das ist nämlich unser Problem, und wir werden bei der Debatte über die Wasser­rechtsnovelle auch noch darauf eingehen. (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Wort „Blödsinn“ haben Sie nicht absichtlich verwen­det, nehme ich an.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Der Herr Kollege hat ja nichts von „glücklichen Eiern“ gesagt – das wäre nämlich Blödsinn gewesen. – So, das war jetzt die Korrektur.

Aber auf eines, Herr Minister, müssen wir schon noch genauer eingehen: auf die Frage mit den Futtermitteln. Die Salzburger Ereignisse mit dem – wie heißt das doch? – Lasalocid  sind doch kein Einzelfall! Im Lebensmittelbericht 2001 der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung können Sie Folgendes nachlesen: Es hat bei zwölf von 131 Proben bei diesem verbotenen Mittel, bei diesem verbotenen Antibiotikum für Legehennen Grenzwertüberschreitungen gegeben. Ich kann Ihnen das heute noch dokumentieren. Bei einer Probe wurde sogar eine zwanzigfache Überschreitung fest­gestellt!

Bitte, das ist vorgekommen, das ist keine Eintagsfliege! Das ist zwar nicht auf der Tagesordnung, tritt jedoch einmal im Jahr bei diesen Lebensmittelkontrollen auf. Vor diesem Hintergrund müssen Sie, Herr Minister, die EU-Agrarrechtsreform auch als An­stoß dafür nehmen, eine Prozess-Kontrolle einzuführen. Es nützt gar nichts, wenn die Agrarlandesräte ab und zu die Futtermittel sozusagen über die Bank gehen lassen und grob drüberschauen. Die Kontrolle ist ja mangelhaft.

Wir brauchen eine Agentur, die vor Ort die Prozesse kontrolliert, und zwar die Pro­zesse bei den Betriebsmitteln, wie den Einsatz der Betriebsmittel und die Qualität der Betriebsmittel, nämlich auch schon bei der Herstellung und nicht nur beim Landwirt. In die Stätten der Futtermittelproduktion, in die Hallen muss man hineingehen, dann kann man die Qualität garantieren, die Sie gerne anführen und für die Sie sich gerne auch loben lassen. (Beifall bei den Grünen.)

Noch etwas möchte ich Ihnen sagen, Herr Kollege Grillitsch: Vor 14 Tagen habe ich angekündigt, dass ich hier aufzeigen werde, was wieder passiert ist, und ich sage es Ihnen heute gerne: Ein oberösterreichischer Landwirt ist nach Tschechien gefahren und hat dort wieder verbotene Antibiotika eingekauft, ein Mittel namens Dexa-Tomanol, und zwar hat er 8 Liter importiert. Ich wiederhole: 8 Liter Dexa-Tomanol hat er illegal importiert! Gehen Sie diesem Fall einmal nach! (Abg. Grillitsch: Haben Sie einen Beweis erbracht?) – Ja, sicher! Fragen Sie beim Landesgericht Linz nach! (Abg. Gril­litsch: Das ist ein gefährliches Spiel, das Sie da treiben!) Das sind Dinge, die gerade Ihre Branche immer wieder in Misskredit bringen. Gehen Sie dem nach! Fragen Sie beim Landesgericht Linz nach dem Import von 8 Litern Dexa-Tomanol! (Abg. Gril­litsch: Pauschalurteile sind gefährlich!)


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Wir wollen, dass in der EU-Agrarrechtsreform Produktionsformen unterstützt werden, die diese Dinge ausschließen und die vor allem für Qualität und für gute Lebensmittel bürgen und für das, was täglich auf dem Tisch von Konsumenten wirklich gesund sein soll. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.10

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor. Damit erkläre ich die Debatte für geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 175/A (E) der Abgeord­neten Grillitsch, Dipl.-Ing. Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ergebnisse des Agrarministerrates der Europäischen Union in Luxemburg am 26. Juni 2003.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest: Der Antrag ist mit Stimmenmehrheit ange­nommen. (E 11.)

Weiters stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend nationale Umsetzung der EU-Agrarreform.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest: Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt.

*****

Bevor ich zur Kurzdebatte komme, möchte ich gerne eine Delegation aus der Volks­republik China unter der Leitung von Herrn Minister He Guoqiang herzlich begrüßen, die mit dem Bundeskanzler und mit Parteiobleuten Gespräche führen wird. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall. – Die Mitglieder der Delegation erheben sich von ihren Sitzen und danken mit einem Beifall ihrerseits.)

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächstes gelangen wir zur Durchführung der Kurz­debatte betreffend den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Lichtenberger, dem Ver­kehrsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 19/A der Abgeordneten Dr. Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung geändert wird, eine Frist bis zum 19. September 2003 zu setzen.

Wir werden diesen Antrag kurz debattieren, und nach Schluss der Debatte wird die Abstimmung dazu stattfinden.

Ich darf darauf aufmerksam machen, dass der Erstredner beziehungsweise die Erst­rednerin 10 Minuten zur Verfügung hat und dann jede Fraktion je 5 Minuten.

Als Antragstellerin erhält Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger das Wort. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.13

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn es einmal möglich wäre – so wie es jetzt für uns möglich war, Ihrem Antrag zu­zustimmen –, dass Sie über Ihren Schatten springen und einem verkehrspolitisch emi­nent wichtigen Antrag, der einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer Anti-Transitpolitik


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darstellt, die Zustimmung erteilen würden, dann würden wir hier nicht nur eine Stern­stunde des Parlamentarismus erleben, sondern auch eine echte Lösung in der Transit­frage herbeiführen, und zwar nicht nur für Tirol, nicht nur im Alpenbogen, sondern für ganz Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Es waren die Diskussion und die Abstimmung in der letzt­wöchigen Sitzung des Verkehrsausschusses, die mich dazu motiviert haben, hier wie­derum einen Fristsetzungsantrag einzubringen. Wir sind uns in der Diagnose, so hoffe ich, einigermaßen einig und sind der Meinung, dass wir gegen die Verkehrsbelastun­gen – vor allem die Belastungen aus den Emissionen des Verkehrs und die Belastun­gen durch den Lärm, der besonders für die Bevölkerung in den Tallagen enorm belas­tend ist – etwas unternehmen müssen, dass wir da eine Lösung finden müssen. Diese Lösung kann nur dann zu einem Erfolg führen, wenn es konkrete Maßnahmen gibt.

Wir sind derzeit auf europäischer Ebene mit einer ganz „schrecklichen“ Beschlusslage konfrontiert, wo im Wesentlichen drei Vorschläge durch die Diskussion gegeistert sind, die alle drei gleich schlecht sind. Alle drei leiden unter einem großen Mangel, denn die jetzt auf europäischer Ebene – und zwar sowohl vom Rat als auch von der Kommission als auch vom Europäischen Parlament – diskutierten Vorschläge enthalten keine Ober­grenze für den Verkehr mehr. Alle diese drei Vorschläge sind daher abzulehnen, aber nur unsere Abgeordneten im Europaparlament haben dies richtig erkannt und des­wegen auch dagegen gestimmt. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Alle anderen Abgeordneten haben diese Vorschläge unter­stützt, und darunter waren auch zwei österreichische Abgeordnete, die einen solchen Vorschlag eingebracht haben, und diese haben meiner Meinung nach keinerlei Lösungskompetenz für die Zukunft mehr. Da nicht einmal sie selbst fähig und bereit sind, echte Beschränkungen auf europäischer Ebene vorzuschlagen, muss eine inner­österreichische Schiene der Maßnahmen eröffnet werden.

Das sagen Sie auch, aber Ihre Vorschläge beschränken sich im Wesentlichen darauf, einen Tunnel zu bohren, der vielleicht in 15 Jahren fertig ist und den dann kein LKW benutzen wird, weil das Fahren auf der Straße nach wie vor für ein Butterbrot erhältlich sein wird, während auf der Bahn die entsprechenden Tarife bezahlt werden müssen.

Meine Damen und Herren! Das ist Augenauswischerei! Damit berücksichtigt man die Lage der Bevölkerung nicht, und man löst damit auch das Problem nicht. Diese Vor­schläge sind absolut unannehmbar, wenn sie isoliert im Raume stehen bleiben. (Beifall bei den Grünen.)

Die Verbesserung der Schieneninfrastruktur, so wie Sie sie vorschlagen, ist ein richti­ger und notwendiger Schritt. Wenn er aber nicht begleitet wird von der Maßnahme, dass die Preisstruktur geändert wird, dass für das Durchfahren des Alpenraums ent­sprechend bezahlt werden muss, dann werden Sie in diesen schönen Tunnels, die zweifellos von hoher Ingenieurkunst zeugen werden, keinen LKW vorfinden. Wir wer­den dann vielleicht eine Champignonzucht darin betreiben können, anstatt sie für den Schwerverkehr zu nützen.

Meine Damen und Herren! Das ist hinausgeworfenes Geld, und da geht es um gigan­tische Summen von Steuergeld. Wenn Sie glauben, dass die Europäische Union die Hälfte davon zahlen wird, dann muss ich Ihnen sagen: Sie haben offensichtlich nicht zugehört, als über die künftige Finanzierung der Infrastruktur in der Europäischen Union debattiert worden ist. Ich habe deswegen im Verkehrsausschuss einen Antrag zur Diskussion gestellt, der die Forderung enthält, dass ein Nachtfahrverbot, und zwar ohne Ausnahme für lärmarme LKWs, in Österreich eingeführt werden soll. Solch ein Antrag hat ein Ermittlungsverfahren zur Folge, in dessen Rahmen man dann die einzel-


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nen Routen prüfen kann, wo solch ein Nachtfahrverbot – und diese Vorschläge gibt es schon lange – erlassen werden kann, soll und aus meiner Sicht auch muss.

Ich erinnere Sie nur daran, dass nicht erst seitdem ich im Parlament bin – und das sind jetzt schon ein paar Jahre –, sondern schon die ganze Gesetzgebungsperiode davor, immer wieder versprochen worden ist, es gebe ein Ermittlungsverfahren im Hinblick auf ein Nachtfahrverbot. Wenn man nachgefragt hat, hat man weder einen Buchstaben noch eine Ziffer davon gesehen. Entweder wurde in Bezug auf dieses Nachtfahrverbot nie untersucht oder die Ergebnisse sind so gegen Ihre politische protektionistische Hal­tung gegenüber den Betreibern des Schwerverkehrs gerichtet gewesen, dass sie nie an die Öffentlichkeit gelangten.

Erklären Sie mir, meine Damen und Herren, wo diese Unterlagen geblieben sind, was das Ergebnis war! Wir bräuchten sie dringend, und wir könnten dann gleich die Be­schlüsse fassen und die entsprechenden Maßnahmen erlassen, denn ohne inneröster­reichische Maßnahmen werden wir nicht mehr das Auslangen finden. (Beifall bei den Grünen.)

In der Diskussion im Ausschuss wurde immer wieder gesagt: Ja, wir haben das so ge­nannte IG-Luft, wir können ja über das IG-Luft alles Mögliche regeln, und die Landes­hauptleute können dann die entsprechenden Maßnahmen setzen.

Aber Sie berücksichtigen dabei einige Voraussetzungen nicht, weil Sie sie nicht be­rücksichtigen wollen. Das muss ich leider zur Kenntnis nehmen, und das steht im Widerspruch zu all dem, was Sie in Wahlkämpfen und in Wahlprogrammen verspre­chen und was Sie immer wieder mit der Träne im Knopfloch betonen.

Das IG-Luft allein ist viel zu träge, um auf die jetzige Situation reagieren zu können. Das Messstellennetz ist nicht ausreichend dazu. Die Vorlaufzeiten für das IG-Luft sind zu lang, und natürlich ist es auf Grund der Kleinräumigkeit für Landeshauptleute sehr schwierig, unter dem Druck der jeweiligen lokalen Frächterlobby die entsprechenden Maßnahmen zu setzen.

Wir hier aber haben die Verantwortung dafür, dass heute schon gesundheitliche Schä­den bei den Menschen entlang der viel befahrenen Schwerverkehrsrouten feststellbar sind. Deshalb ersuche ich Sie noch einmal: Stimmen Sie dieser Fristsetzung zu, legen Sie dann im Ausschuss die entsprechenden Unterlagen über die Nachtfahrverbote – von denen Sie immer behaupten, Sie hätten sie schon längst – vor, und lassen Sie uns dann auf dieser Basis darüber weiterdiskutieren, wo, in welchem Rahmen und wie ge­nau diese Nachtfahrverbote auf den österreichischen Transitrouten erlassen werden können und erlassen werden müssen!

Wenn Sie immer nur jammern, wie böse unsere Nachbarn zu uns sind, weil sie uns unsere Beschränkungen im Schwerverkehr nicht aufrechterhalten lassen, dann liegen Sie falsch. Sie nützen nicht einmal den eigenen Handlungsspielraum aus, Sie sind nicht einmal bereit, das zu tun, was man wirklich tun muss, und Sie verlieren damit natürlich auch die Glaubwürdigkeit gegenüber Ihren Gesprächspartnern in der Europäi­schen Union.

Herr Minister Gorbach hat selbst schon gesagt, er wolle das IG-Luft und die Fahrver­bote nach dem IG-Luft von Tirol auf Salzburg und Vorarlberg ausdehnen. – Nun, er ist noch nicht sehr lange im Amt, deswegen weiß er vielleicht noch nicht, dass er das nicht kann, weil das IG-Luft eben von einer anderen Systematik ist. Aber wenn er selbst sagt, man müsste es ausdehnen, ja dann, meine Damen und Herren von den Freiheit­lichen: Hurra, die Gams! Unterstützen Sie diesen Antrag! Dann machen wir das, was Ihr Minister ankündigt und was wir in der gesamten Transitdebatte schon lange fordern.


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Das IG-Luft allein ist uns als ein echtes Anti-Transit-Maßnahmenpaket zu wenig. Wir brauchen mehr, und wir brauchen vor allem in diesem Zusammenhang mehr als drin­gend ein Nachtfahrverbot. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich bringe kurz einige Daten, um diese Forderung noch einmal zu illustrieren. 1 120 Ärzte in Tirol – die Ärztekammer hat das organisiert, das habe ich einer APA-Meldung entnommen – haben Protest gegen die Untätigkeit gegenüber dem Transit­verkehr erhoben. Sie haben die schlechte gesundheitliche Situation vor allem von Kin­dern, aber auch von älteren Leuten beklagt, und sie haben ihren Appell auch an die Europäische Union und die Abgeordneten gerichtet, und das zu Recht. Sie richten diesen Appell auch an Sie, meine Damen und Herren, dass Maßnahmen notwendig sind und getroffen werden müssen.

Der Lärm, der sich gerade in der Nacht besonders entlang des Autobahngürtels kon­zentriert, ist eben in einem Alpental nicht nur hundert Meter links und rechts der Auto­bahn zu hören, sondern nach Messungen auf einer Seehöhe von 1 100 Metern noch mit 51 Dezibel wahrnehmbar. Das sind alarmierende Daten, meine Damen und Herren, das fordert zum Handeln auf!

Wir haben seit dem Jahr 1991 trotz Transitvertrag 50 Prozent mehr Schwerverkehr auf Österreichs Transitrouten hinnehmen müssen. Das heißt, dass der Transitvertrag in seiner Form nicht tauglich war. Das heißt aber auch, dass man nicht nur die anderen schimpfen und sich zurücklehnen kann, sondern das heißt, dass auch innerösterrei­chisch Maßnahmen getroffen werden müssen.

Daher meine Aufforderung: Unterstützen Sie diesen Antrag auf Fristsetzung, setzen wir uns im Herbst zusammen und erarbeiten wir eine gemeinsame Initiative! Wir haben uns zum Teil schon abgesprochen, dass wir vielleicht noch eine Vier-Parteien-Initiative gegenüber der Europäischen Union zustande bringen, aber innerösterreichisch, meine Damen und Herren, müssen Sie aktiv sein, sonst ist Ihre Glaubwürdigkeit in dieser Regierung auf europäischer Ebene endgültig ruiniert. (Beifall bei den Grünen.)

17.24

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Alle weiteren Redner haben eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

 


17.25

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Der Transitverkehr ist ein sehr ernstes Problem. Frau Abgeordnete Lichtenberger, ich gebe Ihnen Recht, wenn Sie sagen, es tut Not, dass wir zu einem nationalen Schulterschluss über die Parteigrenzen hinweg kommen und dass wir eine gemeinsame Position einnehmen, wobei wir in einigen Punkten, so nehme ich an, doch Übereinstimmung erzielen können.

Ihrem heutigen Antrag auf Fristsetzung kann ich aber leider nicht zustimmen, und ich möchte das auch ausführlich begründen.

Ein generelles Nachtfahrverbot durch ganz Österreich würde zur Folge haben, dass wir – wie Sie abschließend auch gesagt haben – in der EU unglaubwürdig werden. Unsere Argumentationslinie ist es und muss es sein, eine Beschränkung des Waren­verkehrs überall dort vorzunehmen, wo auf Grund eines sachlichen Unterschiedes zum Rest Europas so etwas europarechtlich gerechtfertigt ist. Das ist im Alpenraum der Fall, das ist aber nicht grundsätzlich in ganz Österreich – sonst wäre es grundsätzlich in ganz Europa so – der Fall. Wenn wir Ausnahmen haben wollen, dann müssen wir sie sachlich rechtfertigen. Deswegen auch die Formulierung: in sensiblen Korridoren.


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Bemerkenswert ist, muss ich sagen, eine Aussendung der oberösterreichischen Grünen von heute. „Für die oberösterreichischen Grünen ist Tirol Vorbild bei den Anti-Transit-Maßnahmen“, sagt Landessprecher Rudi Anschober.

Die in Tirol verhängten Fahrverbote, die so differenziert vorgehen, sind sektorale Fahr­verbote, weil wir dazu verpflichtet sind, wirksame und taugliche Mittel zu ergreifen, die gelindesten Mittel, die zum gewünschten Erfolg führen – untaugliche Mittel werden wir nicht verwenden. Ein sektorales Fahrverbot ist ein gelindes, ein taugliches Mittel und führt zum gewünschten Erfolg, nämlich zur Reduzierung des Schwerverkehrs in Tirol. (Beifall bei der ÖVP.)

Solch ein Fahrverbot haben wir erlassen, und im Gegensatz zu anderen Europarecht­lern bin ich auch der Ansicht, dass dieses Fahrverbot hält und halten muss. Es gibt Menschen und Europarechtler, die der Ansicht sind, ein gelindes Mittel wäre es, nur die schadstoffreichen LKW als Entscheidungskriterium heranzuziehen. Ich bin aber der Ansicht, wenn man verbietet, dass Schrott, dass Aushub, dass PKW, dass alle nicht zeitkritischen Güter auf der Straße transportiert werden, weil es ohne weiteres möglich ist, deren Transport auf die Schiene zu verlagern, dann ist das wohl ein gelindes und gleichzeitig – weil ein sehr umfassendes Mittel – auch ein taugliches Mittel, um ein weiteres Anwachsen des Schwerverkehrs dort zu verhindern, wo der sensible Raum dies erforderlich macht. Dort ist das gerechtfertigt, das ist vernünftig, das ist wichtig, und es ist auch notwendig, das auf andere sensible Korridore in Österreich auszu­dehnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir brauchen dazu aber meines Erachtens – das ist ja auch nur ein Notnagel, mit dem sich Tirol da hilft – eine europäische Lösung. Wir brauchen eine europäische Lösung, und diese lautet: In den sensiblen Korridoren muss man Mautzuschläge auf die nor­male zulässige Maut verlangen dürfen, und diese Zuschläge müssen zweckgebunden im jeweiligen Korridor für den Ausbau der Infrastruktur verwendet werden.

Ich hoffe, dass wir uns in Zukunft auf dieser Basis wirklich treffen können, und zeige mich erstaunt über das Abstimmungsverhalten der Grünen im Europäischen Parla­ment; womit sie den sensiblen Regionen eigentlich ein bisschen in den Rücken gefal­len sind. Sie haben bei der Abstimmung die konkret von SPÖ- und ÖVP- und FPÖ-Ab­geordneten im Europaparlament eingebrachten Abänderungsanträge zu Gunsten der sensiblen Korridore nicht mit unterstützt. Hätten die österreichischen Grünen und ihre Kollegen das getan, dann hätten wir auch in diesem Punkt eine Mehrheit erreicht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.29

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. – Rede­zeit: ebenfalls 5 Minuten. – Bitte.

 


17.30

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Hakl hat die Transitproblematik als ein ernstes Problem bezeichnet. Es ist auch richtig, dass es ein ernstes Problem ist. Man hat hier schon mehrfach darüber diskutiert und dieses Problem angesprochen. Aber dieses Problem betrifft offensichtlich niemanden in der Bundesregierung, denn die Regierungsbank ist leer. – So kann es doch nicht sein, dass dieses ernste Problem von der Bundesregierung nicht wahrgenommen wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Bundesminister Gorbach hat anlässlich der Transitabstimmung im EU-Parlament da­von gesprochen, dass er sehr enttäuscht über dieses Ergebnis sei. Ich teile diese An­sicht und bin auch enttäuscht. Ich teile auch seine Ansicht, dass Österreich nicht nur ein moralisches Recht hat, sondern auch einen Rechtsanspruch auf eine entspre-


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chende Nachfolgeregelung zum Transitvertrag. Nur: In der EU, aber auch in der öster­reichischen Bundesregierung sitzen nach wie vor Transitlobbyisten wie zum Beispiel Staatssekretär Kukacka, der allen, die sich für den Schutz der österreichischen, vor allem der Tiroler Bevölkerung vor dem ungehinderten Transit einsetzen, vorwirft, dass hier Ideologie im Spiel wäre und Ideologie dabei aber nichts verloren hätte; so gesche­hen in der letzten Verkehrsausschuss-Sitzung.

Ökologie, meine Damen und Herren, ist nicht Ideologie. Diese ÖVP-Einstellung ist meiner Meinung nach zynisch. Genau diese Haltung hat dazu geführt, dass wir in Europa zu wenige Verbündete, dass die Frächterinteressen innerhalb der Österreichi­schen Volkspartei aber offenbar starke Verbündete haben. Diese Politik ist unglaub­würdig und daher auch gescheitert – zum Schaden der österreichischen Bevölkerung und der Bevölkerung entlang dieser Transitrouten.

Die Amtsvorgänger von Minister Gorbach haben zum Schaden Österreichs und der vom Transit geschädigten Bevölkerung ein Eigentor nach dem anderen geschossen. Wir kämpfen um einen schon stark aufgeweichten Transitnachfolgekompromiss, den der Amtsvorgänger von Gorbach, Mathias Reichhold, auf Weisung von Bundeskanzler Schüssel noch unter dänischem EU-Vorsitz hartnäckig zurückgewiesen hat.

Ich teile diesbezüglich die Ansicht von Frau Krawagna-Pfeifer, die im „Standard“ Fol­gendes schrieb – ich zitiere –:

„Gründlich verhaut hat Österreich die Verhandlungen über die Verlängerung des Tran­sitvertrags mit der EU. Wegen Überheblichkeit, gepaart mit einer Bestemmpolitik, die möglicherweise in Österreich mangels kritischer Masse durchgeht, international jedoch wenig Eindruck macht. Wenig überzeugend“ – so Krawagna-Pfeifer weiter – „war das Pokerspiel von ... Kopenhagen.“ Bekanntlich hat der Kanzler damals „seinen Verkehrs­minister zurückgepfiffen“.

Die Folge dieser Politik: Mit Jahresende läuft der Transitvertrag aus, und es gibt bis dato noch keine neue Regelung. Die LKW werden zur Freude der Transitlobby freie Fahrt haben. Österreich muss daher zur Selbsthilfe greifen.

Tirol hat mit Landeshauptmannstellvertreter Hannes Gschwentner konkrete Maßnah­men zum Schutz der betroffenen Bevölkerung nach dem IG-Luft gesetzt. Der sozial­demokratische Umweltlandesrat Gschwentner hat raschest reagiert. Nach dem bereits in Kraft getretenen ganzjährigen Nachtfahrverbot werden ab 1. August sektorale Fahr­verbote in Tirol auf der B 12 eingeführt. Demnach dürfen künftig keine Abfälle, Ge­treide, Holz, Eisenschrott, Steine, Erde, Aushubmaterial oder Baustahl et cetera mehr transportiert werden.

Uns Sozialdemokraten geht es aber nicht nur um den Schutz der Tiroler Bevölkerung, sondern um den Schutz der österreichischen Bevölkerung entlang der sensiblen Zonen und Transitwege insgesamt. Und hier geht es darum: Transit und Belastung der Bevöl­kerung sind österreichweit dasselbe. Ob man am Bindermichl in Linz oder an der Tan­gente in Wien wohnt, die Belastung ist dieselbe! Ruhe und Gesundheit müssen uns ein Anliegen sein.

Daher ist dieser Fristsetzungsantrag der Grünen zu dem Antrag betreffend ein generel­les Nachtfahrverbot für LKW über 7,5 Tonnen richtig und notwendig und wird von uns Sozialdemokraten auch unterstützt. Vertagen, wie es die Regierungsmehrheit im Ver­kehrsausschuss getan hat, bringt keine Lösung der Transitproblematik für Österreich.

Der Transitverkehr wird bis zum Jahr 2015 um 70 bis 75 Prozent zunehmen. Dazu kommt die EU-Osterweiterung, die uns auch eine Zunahme des Transitverkehrs auf der Ost-West-Route bescheren wird. Und die EU, das EU-Parlament und sogar die EU-Kommission, verlangt die völlige Freigabe des LkW-Transitverkehrs durch Öster-


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reich – ohne gleichzeitig zu erklären, wie hinkünftig die notwendige Reduktion der Schadstoff- und Lärmbelastung nachhaltig und dauerhaft erreicht werden kann.

Meine Damen und Herren! Innerstaatliche Maßnahmen zur Eindämmung des Transit­verkehrs ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, ich darf um den Schlusssatz bitten! Redezeit ist 5 Minuten!

 


Abgeordneter Gerhard Reheis (fortsetzend): ... sind dringend und unverzüglich not­wendig. Eine davon ist ein generelles Nachtfahrverbot für LKW über 7,5 Tonnen. Bitte stimmen Sie dem zu! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.35

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Glei­che Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.35

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Lichtenberger, wir haben über den Antrag betreffend das Nachtfahrverbot im Ausschuss ausführlich gesprochen. Mich wundert, dass jetzt dieser Fristsetzungsantrag eingebracht wurde, ich habe allerdings Verständnis dafür, weil ich ganz genau weiß, wie sehr Sie dieses Problem des Transits in einer Umsetzung lösen wollen, sagen wir es einmal so.

Auch wir wollen das. Wir Tiroler sind alle sensibilisiert. Die Zielsetzungen sind wahr­scheinlich die gleichen, aber in der Umsetzung dieser Ziele sind wir vielleicht unter­schiedlicher Meinung.

Im Zuge der 19. Straßenverkehrsordnungs-Novelle wurde das Nachtfahrverbot einge­führt. Dabei hat man Rücksicht auf die Wirtschaft genommen, man versuchte aber, sie unter Druck zu setzen, indem sie lärmarme Lkw einsetzen sollte. In der Vergangenheit war es so, dass die Wirtschaft – und das muss man auch einmal lobend erwähnen – sehr schnell reagiert hat. Aus dem – auf Grund dieser damaligen Novelle – erwarteten Rückgang des Nachtverkehrs wurde nichts. Da die Wirtschaft auf die Forderungen so rasch reagiert hat, ist es relativ schnell wieder zu einem Anstieg des LKW-Nachtver­kehrs gekommen.

Die Frage, die wir uns alles stellen: Wie werden wir die Probleme, die damit verbunden sind, lösen?

Ich möchte heute noch einmal Verkehrsminister Hubert Gorbach für seinen Einsatz danken, denn ohne ihn wäre der Teilschritt, die Novellierung des IG-Luft – eine Forde­rung von uns Freiheitlichen, die beschlossen worden ist –, nicht gelungen. Damit ist gesichert, dass die Landeshauptleute auf nationaler Ebene Maßnahmenkataloge zu erstellen haben, wenn die Grenzwerte überschritten sind. Mit Fristen wurde gesichert, dass diese Maßnahmen auch umgesetzt werden.

Für mich ist der Transitverkehr nicht nur ein Tiroler Problem, sondern es gibt viele sen­sible Regionen in Österreich, die in gleicher Weise betroffen sind. Mit der Osterweite­rung wird es zu einem starken Verkehrsanstieg kommen. Wir alle sind gefordert, die­ses Verkehrsaufkommen in die richtigen Bahnen zu lenken.

Ich als Tiroler möchte aber trotz allem Tirol gezielt ansprechen. Die Landesregierung, vor allem Landeshauptmann Herwig van Staa, hat die Möglichkeit, ein generelles Nachtfahrverbot einzuführen. Ursprünglich wurde das vom Landeshauptmann und vom sozialdemokratischen Landeshauptmannstellvertreter Gschwentner auch so verspro­chen. Dieser Beschluss betreffend das Nachtfahrverbot wurde jetzt wieder aufge­weicht, durch eine Vielzahl von Ausnahmegenehmigungen verwässert, und damit


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wurde die Unglaubwürdigkeit gegenüber Brüssel verstärkt. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Durch unseren starken Verkehrsminister Hubert Gorbach wurde erreicht, dass die Län­der bessere Möglichkeiten haben, Maßnahmen gegen den Transit eigenständig anzu­ordnen. Doch ich weiß schon, es ist leichter, die Verantwortung auf einen Verkehrs­minister abzuschieben, der bisher Großartiges in dieser Frage geleistet hat, als selb­ständig glaubwürdige Politik für die eigene Landesbevölkerung umzusetzen. Es ist lachhaft, wenn Sozialdemokraten hier in diesem Hohen Haus kritisieren und selbst dort, wo sie Verantwortung haben, nicht fähig sind, Politik für die Menschen zu machen.

Herr Abgeordneter Reheis, fordern Sie Ihren Landeshauptmannstellvertreter Gschwentner mit derselben Kraft, die Sie hier aufwenden, auf, ein generelles Nacht­fahrverbot ohne Ausnahmegenehmigungen zu beschließen, oder schweigen Sie in Zu­kunft zu diesem Thema!

Unser Verkehrsminister Hubert Gorbach ist hart in den Verhandlungen und kommt mit der Beharrlichkeit eines Vorarlbergers dem Ziel immer näher. Die Querfinanzierung für die Schiene wurde das erste Mal von EU-Verkehrskommissarin de Palacio nicht mehr in Zweifel gesetzt. Auch hat sie ihre Unterstützung für die 20-prozentige Mitfinanzie­rung des Brenner-Basistunnels zugesichert.

Dir, lieber Hubert, ist es zu verdanken, dass in der Verkehrspolitik kein Stillstand Ein­zug hält. Ich als Tiroler danke dir für deine Hilfe und für die Umsetzung der Unterinntal­trasse und schlussendlich auch des Brenner-Basistunnels. Ich bin sicher, du wirst wei­terhin ein Mitkämpfer für die Tiroler Anliegen bleiben, um langfristig auch eine Lösung für den Transit umzusetzen.

Frau Abgeordnete Lichtenberger! Wir werden Ihren Fristsetzungsantrag nicht befürwor­ten, da die Länder aufgefordert sind, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Ich weiß, Frau Abgeordnete, dass Ihre Zielsetzungen in der Frage des Transits die gleichen sind wie meine. Vielleicht haben wir hin und wieder einen unterschiedlichen Zugang, doch schlussendlich zählt nur das gemeinsame Ziel.

Ich möchte auch kurz auf unseren Landeshauptmann van Staa eingehen. Es ist schon eigenartig: Es gibt da eine Einladung zu einer Informationsveranstaltung, bei der das Projekt Brenner-Basistunnel vorgestellt wird, zu der der Landeshauptmann auch die Tiroler Abgeordneten des Nationalrates herzlich einlädt, und zwar für den 10. Juli – so arbeitet der Landeshauptmann van Staa! –, wo er doch genau weiß ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, ich darf Sie um den Schlusssatz bitten!

 


Abgeordneter Klaus Wittauer (fortsetzend): ..., dass wir heute Nationalratssitzung haben. Ich „bedanke mich herzlich“ für diese Einladung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.41

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Redezeit: ebenfalls 5 Minuten – inklusive Schlusssatz. – Bitte.

 


17.41

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Jetzt wird doch die Transitfrage endlich einmal auf höchster Ebene unter den „Anwesenheiten“ des Finanzministers – ich sage das im Plural, weil auch der Herr Staatssekretär da ist – intensiver diskutiert.

Der wesentlichste Punkt – und darin unterscheiden wir Grüne uns von den Vorred­nern – ist, dass wir massiv kritisieren, dass die jetzige Regelung, die Minister Gorbach


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uns zumindest als Halberfolg zu verkaufen versucht, keine Obergrenze vorsieht. Das ist der Punkt, an dem wir einhaken, und das ist für uns der Ausgangspunkt dafür, dass wir jetzt andere Maßnahmen sehr stark in den Vordergrund stellen wollen, damit die Lebensqualität erhalten bleiben oder wieder gewonnen werden kann. Das ist nämlich der Punkt: wieder gewonnen werden kann! (Beifall bei den Grünen.)

Sie wissen genau: In den sensiblen Zonen in den Alpen ist die Lebensqualität entlang der Transitrouten schon längst miserabel. Aber sensible Zonen gibt es nicht nur in den Alpen, nämlich sensible Zonen im wahrsten Sinn des Wortes – nicht in der Definition der EU, nicht in der Definition von irgendwelchen Verkehrstechnokraten, die gewisse geographische Bedingungen als Voraussetzung für sensible Zonen nehmen. Sensible Zonen im wahrsten Sinne des Wortes, insofern als dort Menschen in ihren Lebensum­ständen, in ihren Schlafumständen, in ihren Erholungsumständen massiv getroffen werden, gibt es in ganz Österreich!

Es gibt sie vor allem – und deshalb ist es ganz gut, wenn Kollegin Hakl darauf hin­weist – auch in Oberösterreich. Für diese Zonen und Bereiche, wo enorm viele Men­schen betroffen sind, ist aber nichts vorgesehen! Da donnert der Transit unwägbar von Ost nach West, von West nach Ost! Und Sie alle wissen ganz genau: Nicht nur die Südosttangente ist sozusagen der Hauptstraßenstrom, der Verkehrshäufungspunkt schlechthin in Österreich; an zweiter Stelle steht die West Autobahn, die A 1, in der Nähe von Haid im Süden von Linz. Dort gibt es in Österreich das höchste Aufkommen an Transitverkehr und auch an lokalem Verkehr nach der Südosttangente! (Abg. Mag. Hakl: Nach dem Brenner! ... Inntal!)

Nein, entschuldigen Sie: Der Brenner ist besser! Die Belastung, die Zahl der Fahrten ist in Oberösterreich höher als am Brenner. (Abg. Mag. Hakl schüttelt verneinend den Kopf.) Lesen Sie es doch nach in der allgemeinen Verkehrsstatistik, bei der Verkehrs­zählung, Frau Kollegin Hakl! (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) Sie müssen sich das schon einmal selbst detailliert zu Gemüte führen, damit Sie in diese Richtung argumen­tieren können. (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.)

Frau Kollegin Hakl, bei dieser Gelegenheit darf ich noch auf eine Unkorrektheit hinwei­sen. Sie haben darauf hingewiesen, dass die europäische Lösung praktisch Mautvor­schläge in sensiblen Korridoren vorsieht. (Abg. Mag. Hakl: ...tal!) Das stimmt, aber unser Ansatzpunkt ist, dass wir nicht nur in sensiblen Korridoren, sondern im gesamten Gebiet entlastend wirken müssen, denn sonst kann die Wegekostenrichtlinie, sonst können andere Verlagerungsinstrumente nicht greifen. Man braucht Zusatzinstru­mente, und diese braucht man überall – nicht nur am Brenner, nicht nur im Unterinntal oder im Oberinntal, nicht nur in den Tauern, nicht nur an der Pyhrnstrecke, sondern diese braucht man generell!

Noch etwas: Sie haben darauf hingewiesen, dass bei der Abstimmung im Europäi­schen Parlament ein Antrag – zu Recht, sage ich – von den Grünen nicht mitgetragen wurde. Das war der Antrag Raschhofer, und bei diesem handelte es sich doch gar nicht um die sensiblen Zonen! (Abg. Mag. Hakl: ... Swoboda!)

Sie haben behauptet, beim Antrag Raschhofer, Swoboda hätte es sich um die sensib­len Zonen gehandelt. Das stimmt ja nicht! Dieser Antrag hatte die Beschränkung für die Euro-3-LKW zum Inhalt, also dass diese auch reguliert werden sollten. Das ist korrekt, aber Sie haben das irgendwie vermischt. (Abg. Mag. Molterer: ...! Diese grüne Bla­mage können Sie nicht wegreden! Das geht nicht!) Genauso vermischen Sie auch in verschiedenen anderen Bereichen die Herangehensweise an die durch den Schwer­verkehr des Transits geschaffene Verkehrsproblematik. Vermischen und wenig griffig gestalten, das ist Ihr Weg. Wir wollen griffige Instrumente – und griffige Instrumente sind Instrumente, die alle betreffen!


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In diesem Zusammenhang komme ich noch auf die Frage der Glaubwürdigkeit zu spre­chen: Ein generelles Nachtfahrverbot für inländische und ausländische LKW, das wäre Glaubwürdigkeit! Das, woran unsere Position in Brüssel immer gescheitert ist, war ja die Vorgangsweise – der frühere Bundesminister und jetzige Abgeordnete Dr. Einem weiß das –, dass auf nationaler Ebene vor allem die Tiroler andere Regeln auf der Inntal Autobahn haben wollten, als für die europäischen LKW vorgesehen waren. Das war für uns der Bruch der Glaubwürdigkeit in Brüssel. Da hat das Problem, dass es für den Transitvertrag praktisch keinen Nachfolgevertrag gibt, begonnen.

Das ist das Problem, und dieses könnten wir jetzt endlich dadurch bewältigen, dass wir beim generellen Nachtfahrverbot Glaubwürdigkeit an den Tag legen, indem wir es für in- und ausländische LKW einführen.

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Deshalb – und dies ist mein Schluss­satz –: Machen wir es doch gemeinsam! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Auch im Europäischen Parlament!)

17.46

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Antrag, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 19/A betreffend Änderung der Straßenverkehrsordnung, eingebracht von Frau Abgeordneter Dr. Lichtenberger, eine Frist bis zum 19. September dieses Jahres zu setzen.

Ich darf darum bitten, dass jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, dies durch ein Zeichen bekunden. – Ich stelle fest, dass der Antrag mehrheitlich abge­lehnt wurde.

Damit haben wir die Kurzdebatte über den Fristsetzungsantrag beendet.

Fortsetzung der Tagesordnung

 

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir setzen nun die Verhandlungen über den Punkt 7 der Tagesordnung fort.

Am Wort war Herr Bundesminister Mag. Grasser. Er hat bisher 6 Minuten gesprochen. Daher beträgt seine restliche Redezeit, bevor die Zurechnungsregelung für die ande­ren Fraktionen in Kraft tritt, 14 Minuten. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


17.47

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Staatssekretär! Ich konnte vorhin ausführen, und zwar im Detail, dass wir in der Frage der Bundeswohnungen bezie­hungsweise der entsprechenden Investmentbank eine wirklich transparente und objek­tive Vergabe durchgeführt haben.

Ich möchte fortsetzen mit der Feststellung, dass wir dabei Experten sowohl des Verga­berechts als auch betriebswirtschaftliche Experten eingebunden haben, um ein be­triebswirtschaftlich bestmögliches Ergebnis, was die Leistung betrifft, die dieser Aus­schreibung zu Grunde liegt, sicherzustellen. Wir konnten im Rahmen der Vertragsver­handlungen eine Verbesserung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses auf der einen Seite


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durch Kostenreduktionen und auf der anderen Seite durch eine Erhöhung der angebo­tenen Leistungen erreichen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nochmals betonen, dass die erzielten Verhand­lungserfolge in dieser ebenso wie in den anderen Fragen bei weitem die Kosten, die durch diese Experten angefallen sind, überschritten haben. Das heißt, jeder Euro, meine Damen und Herren, war hier wirklich gut angelegt, ein Vielfaches ist zurückge­kommen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Es wurde kein Einspruch gegen die Vergabe dieser Ausschreibung erhoben, was dafür spricht, dass sie sehr professionell, transparent und objektiv durchgeführt worden ist. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Experten ein Bewertungssystem vorgeschlagen haben. Dabei wurden 100 Punkte vergeben, heruntergebrochen bis auf 0,05 Punkte; mit diesem Beurteilungsschema wurden die Angebote unter Berücksichtigung der Ver­handlungsergebnisse beurteilt, und es wurde dann die Zuschlagsentscheidung getrof­fen.

Der Erstgereihte aus diesem sehr transparenten, objektiven Verfahren war in allen Varianten Lehman Brothers: Es gab ein Hauptangebot, da hatte Lehman Brothers 81,64 Punkte. Es gab ein Alternativangebot 1, da hatte Lehman Brothers 83,26 Punkte, und es gab ein Alternativangebot 2, da hatte Lehman Brothers 82,14 Punkte. Der Zweitgereihte erreichte mit seinem besten Angebot 79,05 Punkte. Das heißt, Lehman Brothers war ganz klar der Bestbieter. Es ergeben sich auf der einen Seite Kosten in der Höhe von 8,5 Millionen €, wenn die Anteile der Gesellschaften verkauft werden; wenn es zu einer Securitization, also zu einer Verbriefung kommt, Kosten in der Höhe von 10,5 Millionen €.

Das teuerste Angebot, meine Damen und Herren – weil Sie manchmal das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung in Zweifel gezogen haben –, belief sich auf 16 Millio­nen € mit einem zusätzlichen Erfolgshonorar von 1,5 Prozent des Verkaufspreises. Das heißt, da wäre man tatsächlich auf eine Größenordnung von über 30 Millionen € gekommen. (Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter. – Die Abgeordneten Gaál und Eder halten jeweils eine Ausgabe des „profil“ mit den Titel-Schlagzeilen „Grasser-Skandal“ und „Reif für den Rücktritt“ in die Höhe.)

Sie haben gefragt, warum wir hier eine internationale Investmentbank beigezogen haben. Ich möchte Ihnen Folgendes sagen, meine Damen und Herren: Sie werden in der ganzen Welt keine Immobilientransaktion dieser Größenordnung finden, die ohne eine solche Investmentbank abgewickelt wird, weil das nicht nur absolut üblich, son­dern auch notwendig ist, um das beste Ergebnis für den Steuerzahler zu erreichen. Wir haben richtig gehandelt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben richtig gehandelt, meine Damen und Herren, weil gerade solche internatio­nalen Investmentbanken über eine genaue Kenntnis der Kapitalmärkte verfügen, weil sie laufend Kontakt zu potentiellen Käufern der Wohnungsportfolios haben und weil sie natürlich damit eine wertoptimierende Privatisierung sicherstellen können.

Sie haben Lehman Brothers angegriffen. Herr Kogler hat gefragt: Was ist denn das schon für eine Investmentbank? – Meine Damen und Herren! Lehman Brothers wurde von den Experten unter anderem deswegen ausgewählt, weil es die führende Invest­mentbank im Bereich von internationalen Privatisierungen und Immobilientransaktionen ist. Ich darf Ihnen einige Beispiele nennen: Beni Stabili beim Verkauf des Telemaco-Immobilienportfolios wurde von Lehman Brothers abgewickelt. Transaktionswert: 1 Mil­liarde €.

Oder: 160 Gebäude der Swisscom – Swiss Property. Transaktionswert: 1,3 Milliarden Schweizer Franken.


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Lehman Brothers war im Jahr 2002 mit über 20 Prozent Marktanteil die Nummer zwei unter allen europäischen Immobilientransaktionen, bei denen es um den Verkauf von Anteilen gegangen ist. Lehman war bei den Immobilienverbriefungen im Jahr 2002 an erster Stelle unter allen Investmentbanken. Bei uns regen Sie sich auf, aber ich darf Ihnen sagen: Es hat zum Beispiel das italienische Finanzministerium zur Verwertung von SCIP, des Immobilienportfolios (Abg. Dr. Einem: Das ist ein gutes Beispiel! – Abg. Eder: Berlusconi!) mit einem Transaktionswert von 2,3 Milliarden €, Lehman Brothers beigezogen. (Abg. Öllinger: Das ist eine Referenz! – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Die Abgeordneten Gaál und Eder halten neuerlich Exemplare des „profil“ mit den Titel-Schlagzeilen „Grasser-Skandal“ und „Reif für den Rücktritt“ in die Höhe.)

Es hat das britische Finanzministerium ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) – Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie nur skandalisieren und keine Argumente hören wollen. Ich werde aber trotzdem meine Ausführungen fortsetzen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In Großbritannien, meine Damen und Herren: Transaktionsvolumen: 1,3 Milliarden bri­tische Pfund und auf der anderen Seite ein Zweitauftrag über 0,5 Milliarden britische Pfund für die Canary Wharf-Verbriefungen.

Sie wissen, dass von Lehman Subunternehmer beauftragt wurden: die Investmentbank CA-IB, die Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer und andere Subunterneh­mer. Dieses Konsortium stellt in Summe die bestmögliche Abwicklung dieser Privatisie­rung sicher. Man kennt die internationalen Investoren, man kennt den Kapitalmarkt, man kennt das österreichische Umfeld, man hat einschlägige Erfahrungen in der Be­wertung und im Verkauf von großen Immobilienportfolios. Es haben in Summe bis jetzt teilweise mehr als 60 Personen von diesen Unternehmen her an dieser Privatisierung gearbeitet. Es wurde eine umfassende Ist-Analyse durchgeführt, es wurde ein Daten­raum erstellt, es hat eine Unternehmensbewertung für jede der fünf Wohnbaugesell­schaften gegeben. (Abg. Eder: Alles unnötig! Alles unnötig!) Wir reden hier in Summe doch von einem Anlagevermögen von 61 824 Wohnungen, wir reden von 432 Gewer­beeinheiten, von 41 Sonderimmobilien, von über 4 Millionen Quadratmetern bebauten Liegenschaften (Abg. Eder: Die verscheppert werden!) und von über 5 Millionen Qua­dratmetern unbebauten Grundstücken.

Das heißt, dass das in Summe einfach eine sehr komplexe Aufgabe ist, bei der klar ist, dass in dieser Form vorzugehen ist. Ich wette darauf, meine Damen und Herren: Wenn wir es umgekehrt gemacht hätten – was gar nicht möglich gewesen wäre –, wenn wir gesagt hätten, wir verkaufen das handgestrickt vom Finanzministerium aus, dann wären Sie gekommen und hätten gesagt: Unverantwortlich, wie hier mit dem Ver­mögen umgegangen wird! – Ich darf Ihnen versichern: Wir sind korrekt, richtig und im Interesse des Steuerzahlers vorgegangen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte auch Ihre Unterstellungen nicht im Raum stehen lassen. Es wurden Herr Muhr und Herr Plech angesprochen. Meine Damen und Herren, ich möchte betonen: Karlheinz Muhr hat entgegen Ihren Aussagen keine Vermittlungsprovision von uns be­kommen! (Abg. Eder: Wie heißt denn das neue ...?) Er hat keinen Euro von der Republik Österreich bekommen! Er hat niemals vom Finanzministerium unter meiner Verantwortung einen Auftrag bekommen, weil ich penibel darauf achte, dass Bekannte von mir nicht in irgendeiner Form vom Finanzministerium Aufträge bekommen. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Sie haben Ernst Plech angesprochen. Ich möchte auch hier sagen, meine Damen und Herren (Abg. Eder: Er ist „zufällig aufgetaucht“!): Sie regen sich auf, dass ein Immo­bilienexperte in einem Aufsichtsrat sitzt. Ich sage Ihnen: Mir ist ein Immobilienexperte


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viel lieber als Ihre politischen Funktionäre, die früher in den Aufsichtsräten gesessen sind! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben Landtagsabgeordnete hineingesetzt, Sie haben Bürgermeister hineinge­setzt. Das tun wir nicht mehr!

Ich sage Ihnen auch Folgendes in aller Deutlichkeit: Ich habe damals Ernst Plech ge­sagt: Wenn du es auf dich nimmst, in diese Aufsichtsräte zu gehen, dann muss dir klar sein, dass du in der Zeit, in der du dort vertreten bist, vom Finanzministerium niemals einen Auftrag erhalten wirst! – Er hat vom Finanzministerium unter meiner gesamten Verantwortung keinen Auftrag erhalten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Daher, meine Damen und Herren: Die Auswahl unserer Berater ist in Ordnung. (Abg. Eder: 600 000 € für das Justizministerium!) Ich darf Ihnen auch versichern – aber dazu brauchen wir Ihre Ratschläge nicht –, dass ein Ernst Plech als Immobilienexperte gut ist (Abg. Eder: Die Riemergasse ist nicht ...? – Abg. Mag. Wurm: Riemergasse!), wenn er bei der Auswahl einer Investmentbank dabei ist, um die fachliche Debatte zu führen. Dafür stehe ich. Dass er dann, wenn es um Investorenkontakte geht, wenn es um den Verkauf direkt gehen wird, keine Rolle spielen wird, nicht dabeisitzen wird, nicht einge­bunden sein wird, ist für uns selbstverständlich. Auf diese klare Trennung legen wir Wert, diese haben wir immer beachtet und durchgesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Inhaltlich, meine sehr gehrten Damen und Herren, möchte ich einmal hervorstreichen, dass es dieser Bundesregierung und dieser parlamentarischen Mehrheit vorbehalten war, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz so zu ändern, dass es den Mietern erst­mals möglich war, Wohnungen zu kaufen. Sie haben immer verhindert, dass die Mieter die Wohnungen kaufen können! (Abg. Eder: Das ist doch nicht wahr! Das stimmt ja überhaupt nicht!) Wir haben es durchgesetzt, dass die Mieter die Chance erhalten, Eigentum zu erwerben, weil wir kein ideologisches Problem damit haben, so wie das bei Ihnen offensichtlich der Fall war. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Eder: Keine Ahnung von ...! Sie haben keine Ahnung! Wirklich nicht!)

Und wir haben sichergestellt, dass es keine Änderung im Hinblick auf die Rechtsstel­lung der Mieter gibt. Das heißt, die Schutzbestimmungen des Wohnungsgemeinnützig­keitsgesetzes für die Mieter bleiben natürlich voll und ganz aufrecht. Das haben wir in jeder Phase versichert. Aber wir haben aus grundsätzlicher Überzeugung eine wichtige Aktion gestartet. Wir haben gesagt: Mieten liegt nicht in der Natur der Menschen; Kaufen, wenn möglich und leistbar, aber natürlich schon. (Abg. Eder: Das darf nicht wahr sein!) Da haben wir die Aktion gestartet: „Wohnungsmiete – Ihre Sicherheit. Woh­nungskauf – Ihre Chance.“ Ich sage Ihnen: Wir liegen voll im Trend mit dieser Aktion. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neudeck.)

Über 90 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher wünschen es sich, in den eigenen vier Wänden zu wohnen (Abg. Eder: ...! Wer wünscht sich das nicht?), weil sie wissen: Für das Eigentum spricht die Wertsteigerungsmöglichkeit, eine Altersvorsorge, die Sicherheit, die es ausstrahlt, die Unabhängigkeit, die dadurch vermittelt wird. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Gabriela Moser– Abg. Eder hält wieder die Ausgabe des „profil“ mit der Titel-Schlagzeile „Grasser-Skandal“ in die Höhe.)

Ich darf Ihnen sagen, die Nachfrage nach Mietwohnungen ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Es haben fast 70 Prozent der Neubauleistung im Hausbau- beziehungsweise im Wohnungseigentumsbereich stattgefunden. 70 Prozent, meine Damen und Herren! Damit ist auch sehr klar, dass von Seiten der Bevölkerung in diesem Bereich offensichtlich Nachfrage besteht. (Abg. Gaál hält neuerlich die Aus­gabe des „profil“ mit der Titel-Schlagzeile „Reif für den Rücktritt“ in die Höhe.)


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Wir haben in einer Größenordnung von 10 bis 20 Prozent unter dem Marktwert dieser Wohnungen zum Kauf angeboten, und wir haben bis jetzt in Summe 1 200 Wohnungen de facto verkauft. Sie fragen: Warum nicht mehr? (Abg. Dr. Gabriela Moser: Von 62 000!) – Nicht von 62 000, Frau Abgeordnete, sondern wir haben 36 000 Mietern im Dezember 2000 diese Wohnungen zum Kauf angeboten. Davon wurden bis jetzt 1 200 verkauft.

Ich gebe Ihnen Recht – auch wir haben uns gedacht, es könnten mehr sein. Aber man muss auf der anderen Seite sehen, dass der Mietpreis pro Quadratmeter in diesen Wohnungsportfolios im Durchschnitt zwischen 2 € und 2,60 € liegt. Daher ist klar, dass man hier sagt: Wenn ich so eine günstige Miete habe, dann kaufe ich vielleicht eher weniger.

Zum Zweiten, meine Damen und Herren: Wenn Sie uns vorwerfen, dass zu wenige Wohnungen verkauft worden sind, dann darf ich Ihnen sagen, dass zum Beispiel solche Aktionen gemacht wurden (der Redner hält eine Karte mit der Aufschrift „Nein zum Verkauf von Wohnungen“ in die Höhe): Ein großes Nein von der Mietervereini­gung, deren Vorsitzende – ganz „merkwürdigerweise“ – Frau Bures ist, die sich in vielen Aushängen, Kampagnen und verunsichernden Aktionen an die Mieter gewendet und gesagt hat, diese Transaktion solle ja nicht stattfinden, die verunsichert hat und sich dann bei uns aufregt, dass wir keine Wohnungen verkaufen! Meine Damen und Herren, das ist eine Doppelbödigkeit, die sehr klar entlarvt, was Sie hier tatsächlich im Sinn haben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen: Sie haben in Wirklichkeit mit diesen Aktionen nicht nur die Mieter geschädigt, sondern Sie haben auch die Republik Österreich geschädigt (Rufe bei der SPÖ: Sie! Sie!), weil Sie verhindert haben, dass wir die Wohnungen bestmöglich an die Mieter verkaufen hätten können.

Herr Abgeordneter Eder, Sie sollten vielleicht nicht hinausgehen, denn Sie haben vor­hin eine Rede gehalten, in der Sie gesagt haben, es sei mehr als ein Skandal, es sei eine Schande, wie wir hier vorgingen. (Abg. Dr. Matznetter: ... Skandal haben Sie ...!) Es ist bereits angesprochen worden – aber ich muss mich ein wenig in dieser Frage verbreitern –: 1997! Was war Ihr Interesse im Jahr 1997?

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Eder und Genossen haben einen Antrag eingebracht (Abg. Dr. Stummvoll: Eder? Ah!), mit dem der Finanzminister ermächtigt werden sollte, drei gemeinnützige Wohnungsgesellschaften, nämlich die „Gemein­nützige Eisenbahnsiedlungsgesellschaft Linz“ (Abg. Eder: Ja!), die „Gemeinnützige Eisenbahnsiedlungsgesellschaft in Villach“ (Abg. Eder: Ja!) und die „Wohnbaugesell­schaft der ÖBB“ (Abg. Eder: Ja!) zu verkaufen. (Abg. Eder: Nicht zu verkaufen! Lesen Sie genau vor! Nicht zu verkaufen!) – Ja, ich lese Ihnen das genau vor:

„Der Bundesminister für Finanzen ...“ (Abg. Eder: ... zu übertragen!) – Sie wollten ein Vorlesen, also hören Sie kurz zu – ich zitiere –: „§ 1. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, namens des Bundes alle im Eigentum des Bundes befindlichen Anteils­rechte“ dieser von mir genannten Gesellschaften „unter Beachtung der Bestimmungen“ und so weiter – jetzt kommt es! –, „zum jeweiligen Nennwert des Anteils“ (Abg. Eder: Jawohl!) an die angeführten Gesellschaften „zu veräußern.“ (Ah-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Stummvoll: Schändlich!) – Das heißt, veräußern und verkaufen an jene drei Gesellschaften! (Zwischenruf des Abg. Eder. – Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Mag. Wurm: Weiterlesen! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Sie sollten sich diesen Skandal auf der Zunge zergehen lassen, meine Damen und Herren! Rudolf Edlinger hat hier im Parlament folgende Anfragebeantwortung gegeben: Diese drei Gesellschaften hätten – seine Worte! – einen „Verkehrswert“ von 12,2 Mil-


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liarden Schilling! So hat er es hier in einer Anfragebeantwortung zu Protokoll gegeben. 12,2!

Ich glaube, das ist zu hoch, aber Sie wollten diese Gesellschaften sogar für nur 180 Millionen Schilling verkaufen! (Abg. Dr. Stummvoll: Ungeheuerlich!) Sie wollten das verschenken und die Steuerzahler schädigen! (Ah-Rufe bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.) Das Gegenteil tun wir! Wir handeln im Interesse des Steuerzahlers! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Neuerliche lebhafte Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Sie regen sich darüber auf, dass ein Ernst Karl Plech in einem Aufsichtsrat sitzt. Ich darf Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Auch das ist hoch interessant!

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Grasser, darf ich kurz eine Mitteilung machen, damit niemand sagt, ich halte mich nicht an die Redezeit. In einer Debatte, wie wir sie jetzt führen, hat jeder Redner 20 Minuten. Allerdings kann ein Minister länger spre­chen, nur hat dann jeder Klub, der eine abweichende Meinung äußern will, ebenfalls eine um das Ausmaß dieser Überziehung verlängerte Redezeit.

Das heißt: Wenn Sozialdemokraten, Grüne, Freiheitliche oder die ÖVP abweichende Meinungen äußern wollen, können sie das im Ausmaß der Überziehung gemäß § 57 Abs. 8 der Geschäftsordnung tun. Darum leuchtet das Licht, aber der Herr Minister kann weiter sprechen. – Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Ich werde mich kurz fassen, meine Damen und Herren, und wollte Ihnen nur noch Folgendes dar­legen:

Geschäftsführer jener Gesellschaft, die zum Kauf ausersehen war, also sozusagen die Käuferin, waren erstens ÖBB-Bedienstete, nämlich Kurt Hellweger und Franz Kiener. Beide waren zweitens gleichzeitig auch Aufsichtsratsvorsitzende jener Gesellschaften, die verkauft werden sollten. (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Ja hö!) Das heißt: Der Aufsichtsratsvorsitzende einer Gesellschaft, die verkauft werden soll (die Ab­geordneten Dr. Fekter und Dr. Fasslabend: Das ist ein Skandal!), aus dem Vermögen der Steuerzahler, deren Verkehrswert Rudi Edlinger mit 12,2 Milliarden € angibt, ein Aufsichtsratsvorsitzender (Ruf bei der SPÖ: Stimmt nicht!), der sicherlich ein sozial­demokratischer Funktionär ist (Ruf bei der SPÖ: Stimmt nicht!), hat dafür gesorgt, dass man diese Gesellschaften für 180 Millionen Schilling statt für einen Wert, wie er dem Steuerzahler zusteht – laut Rudi Edlinger 12,2 Milliarden €, 12 200 Millionen €! (Ruf bei der SPÖ: Stimmt nicht!) –, veräußert! Das wollten Sie machen! (Abg. Eder: Das ist ja ein Blödsinn, was Sie da sagen!)

Ich sage Ihnen: Das ist ein Skandal, das ist eine Schande, das ist Schieberei, das ist der Versuch, die Republik und (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) die Steuerzahler zu schädigen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Bures.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluss möchte ich noch betonen: Der Bund – ebenso das Parlament – war zu jeder Zeit über die Vorgangsweise voll infor­miert beziehungsweise Herr des Verfahrens. Wir haben zwei Ministerratsvorträge ge­macht, wir haben über den Projektvorgang immer umfassend informiert. Wir sind völlig korrekt, einwandfrei, vorbildlich vorgegangen! Wir haben penibel Wert darauf gelegt, dass es durch diese Veräußerung der Geschäftsanteile zu keiner Schlechterstellung der Mieter kommt. Damit sind wir im österreichischen Interesse, im Interesse der Steuerzahler vorgegangen! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit-


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lichen. – Präsident Dr. Fischer spricht mit Bundesminister Mag. Grasser. – Abg. Bin­der: „Schieberei“ und „Gaunerei“!)

18.05

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Die Überziehung der Rede­zeit beträgt 3 Minuten. So viel steht jeder Fraktion, die das in Anspruch nehmen will, zu. – Im Übrigen werde ich mir das Stenographische Protokoll dazu anschauen.

Herr Abgeordneter Dr. Puswald ist zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort ge­meldet. – Bitte. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Er wird sich nicht erinnern können, wie das damals war! ...! – Ruf bei der SPÖ: Wie der Schelm denkt!)

 


18.06

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Finanzminis­ter hat gerade den Gesetzesantrag aus dem Jahre 1997 zitiert und dabei vom bean­tragten „Verkauf“ gesprochen. – Dieses Zitat ist sachlich und rechtlich falsch. (Rufe bei der ÖVP: Veräußerung!)

Der Antragstext lautete – völlig richtig; ich sehe, man ist doch in Kenntnis der Umstän­de – auf „Veräußerung“. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Die Begründung lautete auf Übertragung der Anteile an die Genossenschaften und damit den wirtschaftlichen Ver­bleib im Eigentum der Mieter.

Daher sind die Darstellungen des Herrn Finanzministers falsch! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.07

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort hat sich Herr Finanzminister Mag. Grasser ge­meldet. – Bitte. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

 


18.07

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Da eine tatsächliche Be­richtigung dazu dienen sollte, die Wahrheit zu ermitteln, möchte ich Ihnen nochmals ... (Abg. Schieder: Er kann nicht zur tatsächlichen Berichtigung sprechen! Das ist nicht erlaubt!) Ich spreche gerne zum Antrag ... (Zwischenrufe.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Schieder! Der Herr Bundesminister kann sich selbstverständlich nicht zu einer tatsächlichen Berichtigung melden. Er hat sich zu Wort gemeldet. (Abg. Schieder: Aber zu einer Erwiderung auf sie kann er auch nicht sprechen! Das ist nicht erlaubt! – Heiterkeit.) – Das ist eine sehr heikle Frage. Aber solange ich den Herrn Minister nicht reden gehört habe, kann ich den Inhalt seiner Wortmeldung nicht beurteilen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Vielen Dank, Herr Präsident! Mir ist es einfach ein Anliegen, nochmals darzustellen (Abg. Mag. Posch: Der Ordnungsruf ist trotzdem ...!), dass es im Verlauf der letzten Jahre verschiedene Verkaufsintentionen gegeben hat. Eine dieser Intentionen war es 1997, den damaligen Bundesminister für Finanzen zu so einem Schritt zu ermächtigen. Der Text hat damals gelautet – ich darf es nochmals vorlesen –:

„Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, namens des Bundes alle im Eigentum des Bundes befindlichen Anteilsrechte an der ,Gemeinnützige Eisenbahnsiedlungsge­sellschaft Linz, GesmbH, an der ,Gemeinnützige Eisenbahnsiedlungsgesell­schaft GesmbH in Villach und der Wohnbaugesellschaft der ÖBB Gemeinnüt­zige GesmbH. unter Beachtung der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 8. März 1979 über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen“ (Ja-Rufe bei der SPÖ), dann sind noch andere Bundesgesetzblätter genannt, „zum jeweiligen Nennwert des Anteils


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an die ,Gemeinnützige Allgemeine Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft, die ,Gemeinnützige Eisenbahnsiedlungsgesellschaft Linz, GesmbH (Ah-Rufe bei der ÖVP), die ,Gemeinnützige Eisenbahnsiedlungsgesellschaft GesmbH in Villach sowie die ,Wohnbaugesellschaft der ÖBB, gemeinnützige GesmbH zu veräußern.“ – Zitat­ende. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich stelle fest, dass damit diese drei genannten Wohnbaugesellschaften das Vermögen und die Einflusssphäre der Republik Österreich verlassen hätten und in einen Bereich, der der Sozialdemokratie durchaus nahe steht, gewandert wären. (Abg. Dr. Puswald: Falsch!)

Ich möchte weiters festhalten, dass der Text der Begründung lautet – ich zitiere –:

„Mit dem vorliegenden Bundesgesetz wird der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, die im Eigentum des Bundes stehenden Anteilsrechte an den genannten gemeinnützi­gen Wohnbaugesellschaften zum jeweiligen Nennwert der Anteile an die genannten gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften zu veräußern.“ – Zitatende.

Das heißt: Auch in der Begründung ist von „Veräußern“ die Rede. (Abg. Mag. Posch: Sie brauchen eine Beratung! Sie kennen sich nämlich überhaupt nicht aus!) Ich wollte das noch einmal korrekt darstellen, damit Sie wissen, wie Sie im Jahre 1997 versucht haben, die Republik Österreich zu schädigen.

Wir gehen einen anderen Weg, im Interesse der Republik! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

18.10

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Hohes Haus! Die Redezeitgutschrift für Fraktionen mit einer anderen Auffassung beträgt jetzt 4 Minuten. (Abg. Bures: Jetzt wissen wir, war­um er eine Beraterfirma braucht! Weil er sich nicht auskennt!) Ich bitte, das in den Computer einzugeben. (Abg. Mag. Posch – in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministers Mag. Grasser –: Deshalb haben Sie 10 Millionen € für Be­ratertätigkeiten ausgegeben!)

Was die Forderung des Herrn Abgeordneten Posch nach einem Ordnungsruf betrifft, so werde ich mir das Protokoll anschauen, und zwar dahin gehend, ob Abgeordnete des Hohen Hauses in letzter Zeit für den Ausdruck „Schiebung“ (Abg. Bures: „Schie­berei“!) einen Ordnungsruf bekommen haben – dann wird das natürlich völlig gleich behandelt werden. Wenn das nicht der Fall ist, wird es auch gleich behandelt werden. Ich glaube, man kann nur so vorgehen: nach gleichen Maßstäben und gleichen Prinzi­pien! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. Ich erteile ihm das Wort. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Neuerliche Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

 


18.11

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Kollege Eder! Kollegin Bures, es passiert selten, aber ich bin sprachlos. Es ist wirklich ein Skandal! Sie hängen sich jetzt ans Wort „veräußern“. Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn der Herr Bundesminister für das Wort „verschieben“ einen Ordnungsruf kriegt (Rufe bei der SPÖ: „Schieberei“!), dann möchte ich ihn gerne teilen. Es ist ein Verschieben von Staatsvermögen in Ihren Dunstkreis. (Abg. Mag. Posch: Schieberei!)

Sie haben den „Konsum“ in den Ruin geführt, Sie haben in der BUWOG herumge­schustert, Sie haben Ihre Freunde in allen Gesellschaften sitzen (Ruf bei der SPÖ: Rosenstingl!), kreiden aber an, dass dieser Bundesminister, der sich unabhängiger Be-


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rater bedient, angeblich seinen Freundeskreis bedient. Sie haben über Jahre Ihre Freunde in diesen Gesellschaften versorgt und aus diesen Gesellschaften Ihre Freun­de mit Wohnungen versorgt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nach der Rede des Finanzministers ist es nicht mehr notwendig, die Damen und Herren hier im Haus von den „hohen Flügen“ und „Skandalen“, in die sie Kogler ver­sucht hat, zu führen – und Öllinger nach mir wird das fortsetzen –, zurückzuholen, denn er hat die Tatsachen auf den Tisch gelegt. Er hat eine transparente Vergabe klar­gelegt. (Abg. Faul: Alles falsch! Sie kennen das Gemeinnützigkeitsgesetz nicht!) Aber das ist es, was Sie von der Opposition besonders stört, nämlich dass er in seinen An­fragebeantwortungen der letzten Monate penibel aufgelistet hat, wie diese Vergaben erfolgt sind, und welche Mehrerträge durch diese Berater erzielt werden konnten. (Abg. Dr. Moser: Ja, welche?) Geld, Vermögen des Staates, das in Ihrem Dunstkreis über Jahrzehnte schlecht „behandelt“ wurde, wird durch diesen Minister und seine Beratun­gen ordnungsgemäß verwaltet und – veräußert. (Abg. Mag. Wurm: Alle Freunde ...!)

Meine Damen und Herren! Kollege Kummerer hat vorhin gesagt, dass es einmal eine freiheitliche Wohnbaugenossenschaft gegeben hat, die es nun nicht mehr gibt. Das ist wirklich ein Kuriosum. Es gab eine solche Genossenschaft. (Abg. Mag. Wurm: Vorsit­zender: Rosenstingl! Oder?) Und ich glaube, das war die einzige Genossenschaft in Österreich, die eine Partei Geld gekostet hat. Bei allen anderen geht es in die andere Richtung. Es ist üblich, dass über Inserate, über Leihverträge oder sonstige Konstruk­tionen Geld aus diesen Gesellschaften in die Parteien geht. Das war bei der FPÖ nicht so! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Dr. Moser: Ihr seid damit geflüchtet!)

Meine Damen und Herren! Wenn Abgeordnete der SPÖ und der Grünen hier heraus­gehen und Panik machen, dann haben sie den Bericht des Finanzausschusses nicht gelesen. Sie waren anwesend. Darin steht – ich zitiere –:

„Gemäß Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz finden die bisherigen Regelungen über die Mietzinsbildung auch bei den Wohnungen der aus der Gemeinnützigkeit ausge­schiedenen Gesellschaften unverändert Anwendung. Das derzeit günstige Mietniveau bei den Bundeswohnbaugesellschaften bleibt somit für bestehende Vertragsverhält­nisse auch für die Zukunft gesichert.“ (Abg. Mag. Wurm: Nur die mit den ... Verträgen!)

Weiters gibt es – und es sollen die Wähler und Wählerinnen hören, welche Panik­mache Sie hier betreiben – im Bericht des Finanzausschusses folgende Feststellung – ich zitiere –:

„Die Veräußerung der Geschäftsanteile hat weder eine Auswirkung auf die Mietverhält­nisse noch auf das anwendbare Recht. Auch von einem neuen Eigentümer kann in keiner Weise in die bestehenden Verträge eingegriffen werden. Es kommt daher zu keiner Schlechterstellung der Mieter.“ – Kauf bricht nicht Miete!

Darin steht auch: „Kein Eingriff in bestehende Verträge“, „Da das Wohnungsgemein­nützigkeitsgesetz auch die Mieten bei Neuvermietungen reguliert, bleiben durch einen Verkauf der Geschäftsanteile auch diese Mieter in ihrer sozialen Erwartungshaltung geschützt.“ 

Zudem wurde sowohl der Verkauf als auch die Verbriefung – das heißt, der Verkauf der Erträge der nächsten Jahre – in diesem Beratungsvertrag vorgesehen. Es ist durchaus möglich, dass der Staat weiterhin Eigentümer dieser Gesellschaften bleibt und einen Ertrag aus der Veräußerung der Mieteinnahmen beziehungsweise aus der Verbriefung dieser Mieteinnahmen erzielt. (Abg. Dr. Moser: Das entgeht ja dem sozia­len Wohnbau!) Dann ist es aber besonders wichtig, dass das derzeit bestehende Management ausgewechselt wird, damit dort nach ordentlichen kaufmännischen Richt-


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linien verwaltet und betreut wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Moser: Das ist eine Unterstellung! – Abg. Neudeck – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Wollen Sie einen Beweis?)

18.16

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Eder zu Wort gemeldet. Er kennt die entsprechenden Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte. (Abg. Dr. Trinkl: Jetzt kommt die nächste tatsächliche Be­stätigung!)

 


18.16

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regie­rungsbank! Der Herr Bundesminister hat behauptet, dass ein Antrag eingebracht worden wäre, der die Veräußerung von drei Wohnbaugesellschaften, nämlich der Villacher, der Linzer und der Wiener, beinhaltet hat. – Das wurde nie bestritten. (Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Falsch war die Interpretation, die der Herr Bundesminister davon gegeben hat! (Rufe bei der ÖVP: Geschäftsordnung!)

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Dieser Antrag ist damals mit der ÖVP – Kol­lege Stummvoll schaut schon sehr ernst – formuliert worden. (Abg. Dr. Fekter: Gott­fried Feurstein hat das verhindert!)

Richtig ist vielmehr – zu dem, was der Herr Finanzminister behauptet hat –, dass wir damals sehr wohl drei Gesellschaften in eine neue Wohngenossenschaft einbringen wollten, sodass die Mieter im wohnwirtschaftlichen Kreislauf des WGG abgesichert bleiben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Was ist das für eine Berichtigung?)

Was wir gemacht hätten, wäre kein Schädigen der Mieter. Durch Ihre Maßnahme werden 60 000 Mieter nunmehr sehr geschädigt! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Das war ein Redebeitrag!)

18.17

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Eder, ein bisschen schwer haben Sie es mir schon gemacht, muss ich sagen. (Rufe bei der ÖVP: Ein bisschen?!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Redezeit: 7 Minuten. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Fekter und Eder.)

 


18.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich möchte eigentlich nicht län­ger darauf eingehen, dass der Herr Bundesminister heute die Kritik, die Angriffe der Opposition als Versuch der Kriminalisierung, als Schmutzkübelkampagne bezeichnet hat. Mich interessiert auch nicht, ob es ordnungsruffähig ist, wenn der Herr Bundes­minister „Schieberei“, „Gaunerei“ sagt. (Abg. Jakob Auer: „Gaunerei“ hat er nicht ge­sagt!) Allerdings möchte ich klargestellt haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es das unveräußerliche Recht der Opposition ist, hier Kritik an einem Bundesminister zu üben, wenn er es verdient hat! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Aber er hat es ja nicht verdient!) Merken Sie sich das, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ!

Wir werden uns das nicht gefallen lassen, dass der Bundesminister, der angegriffen wird, hier in eigener Sache über die Opposition richtet und sie als Kriminalisierer be­zeichnet! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bundesminister Grasser – und ich werde heute viel von ihm zitieren, ich brauche da gar keine eigenen Bewertungen – hat in einem Interview mit dem ORF gesagt, die Frage sei immer: Was ist „privat“? – Ja, genau! Das ist die Frage, die sich dieser Bundesminister stellen muss! Was ist „privat“? Was ist „öffentlich“? Was von Ihren Handlungen, was von dem, was Ihnen vorgeworfen wird, geht auf Ihre private Kappe? Und wofür ist sozusagen die Republik verantwort­lich?

Sie, Herr Minister, haben heute schon gesagt: Staat – schlechter Eigentümer! (Bundes­minister Mag. Grasser: Habe ich heute nicht gesagt!) Das wiederholen Sie ja öfter; gut, Sie haben es heute nicht gesagt, aber in Ihrer Erklärung zum Budget vor wenigen Wochen. Was wir Ihnen vorwerfen, Herr Bundesminister, ist, dass Sie ein sehr schlechter Verwalter dieses öffentlichen Eigentums sind. Und was wir Ihnen darüber hinaus vorwerfen, ist, dass Sie immer dort und dann, wenn es darum geht, dass Sie aus Ihren persönlichen Beziehungen und über Ihre persönlichen Beziehungen Ge­schäfte abwickeln, von denen nicht klar ist, ob sie im Interesse der Republik oder im In­teresse der Freundeskreise des Karl-Heinz Grasser gemacht werden, die Antworten verweigern!

Sie sind heute schon einmal vom Kollegen Kogler gefragt worden – und die Frage ist berechtigt –: Warum, Herr Bundesminister, legen Sie nicht offen, woher die Einnah­men, die Gelder für Ihre Homepage, von der Sie jetzt nichts mehr wissen wollen und sich persönlich distanzieren, kommen? Wohin sind die Ausgaben gegangen? Haben Sie darauf irgendeine Antwort gegeben? – Nein! Keinen Ton dazu, von wem die Spen­den gekommen sind, was mit den Geldern geschehen ist, wo die Gelder hingegangen sind!

Ich möchte aber, bevor ich ganz kurz auf die Frage der Homepage eingehe, ein paar Anmerkungen zu dem machen, was Sie, Herr Bundesminister, vorhin zu Ihrem Freund Herrn Karlheinz Muhr gesagt haben. Sie haben hier erklärt, Karlheinz Muhr habe keinen Auftrag bekommen. Möglich! Ich lese Ihnen aber nun vor, was Sie „NEWS“ ge­sagt haben: „Ich habe ihn neben anderen eingeladen, mir einen Vorschlag zu machen, welche Firmen ich für diese Aufgabe einladen soll.“ (Abg. Brosz – in Richtung von Bundesminister Mag. Grasser –: Ist das ein Auftrag oder nicht?) – Herr Bundesminis­ter, wussten oder wissen Sie nicht, dass Karlheinz Muhr als Berater für Lehman Brothers tätig ist?

Sie haben heute weiter gesagt (Abg. Eder: Natürlich weiß er das alles! – Zwischenbe­merkung von Bundesminister Mag. Grasser), Muhr habe keine Provision vom Bundes­ministerium bekommen. – Herr Bundesminister, das war nicht die Frage, sondern es ist allenfalls die Frage: Hat Herr Muhr eine Provision von Lehman Brothers bekommen? – Darauf sollten Sie eine Antwort geben! Das wissen Sie auch genau, Herr Bundesminis­ter! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Bundesminister, halten Sie uns bitte nicht für so dumm, dass wir nicht wüssten, wonach wir fragen. Und stellen Sie nicht falsche Fragen, damit Sie sich dann die un­richtigen Antworten geben können auf Fragen, die wir nicht gestellt haben. (Bundes­minister Mag. Grasser: Behaupten Sie!) Beantworten Sie doch die Frage nach Ihrer Homepage! (Abg. Eder: ... für deppert!) Beantworten Sie die Frage nach den Provisio­nen, die Herr Muhr erhalten hat! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Gut, lassen wir das Thema! Sie behaupten, es sei die beste Firma beauftragt worden: Bestbieter Lehman Brothers – nur hätten wir gerne gewusst, nach welchen Kriterien! Herr Bundesminister, wir haben schon unsere Erfahrungen mit Ihren Auswahlverfah­ren. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.) Ich kann mich noch daran erinnern, dass bei der Bestellung des ÖIAG-Aufsichtsrates ein Unternehmen beauftragt wurde, Egon


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Zehnder, das dann zufällig, rein zufällig genau so ausgewählt hat, dass der Freundes­kreis des Herrn Nationalratspräsidenten Prinzhorn aufsichtsratsfähig geworden ist.

Ich kann mich auch daran erinnern, Herr Bundesminister, dass vor zirka einem halben Jahr, wieder auf Empfehlung des Herrn Prinzhorn, aber auch mit einer Personalbera­tungsfirma, die um teures Geld von Ihnen beauftragt wurde, 20 000, 30 000 € (Abg. Ing. Kaipel: Steuerzahlergeld!), für die Firma AWS ein Geschäftsführer ausgewählt wurde, der dem Freundeskreis Prinzhorn entstammt – Zufall ... (Abg. Dipl.-Ing. Prinz­horn: Wie heißt er? Wie heißt er, bitte?) Percival Pachta-Rayhofen. (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Kenne ich nicht, tut mir Leid!) Sie kennen ihn nicht – wunderbar! Wenn Sie ihn nicht kennen, beruhigt mich das, dann liegt die Verantwortung allein bei Herrn Grasser!

Das Pech bei dieser Auswahl ist – und so kann es mit Personalberatung manchmal leider passieren –, dass Herr Percival Pachta-Rayhofen trotz einer Auswahl durch die Personalberatung des Herrn Finanzministers schon nach einem halben Jahr als Ge­schäftsführer der AWS aus dem Amt geschieden ist. Man hat sich von ihm getrennt, weil ein halbes Jahr lang bei der AWS nicht gearbeitet wurde – das steht in den Medien –, und der Herr Finanzminister beauftragt eine neue Personalberatungsfirma, diesmal natürlich wieder Egon Zehnder, mit der Auswahl eines neuen Geschäftsführers bei AWS – wieder 20 000 €!

All das steht in einer Anfragebeantwortung – das können Sie unter Kräuter, Bures, Matznetter finden –, worin der Herr Minister auch noch glaubt, uns vorrechnen zu müssen, welchen Mehrwert die Republik aus diesen Beratungstätigkeiten, die der Herr Finanzminister da im Zirkus organisiert hat, zieht. Wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren und Herr Bundesminister, dass Herr Percival Pachta-Rayhofen seinen ausständigen Fünfjahresvertrag einklagt? Dass das möglicherweise Hundert­tausende Euro kostet? Wo schreiben Sie da für sich die Verantwortung für dieses Vor­haben in diese Anfragebeantwortung hinein?

Zweiter Punkt, ganz kurz, Veräußerung des Österreichischen Bundesverlages: KPMG wurde beauftragt, 140 000 € – das war in den Medien zu lesen – kostet diese Bera­tung. Geworden sind es 780 000 €! Verkauft wurde – und das ist in der Anfragebeant­wortung nachzulesen – um 24 Millionen €. Das heißt, der Finanzminister sagt glatt: 24 Millionen € beträgt der Gewinn für die Republik!

Wissen Sie nicht, Herr Bundesminister, dass sich der Erwerber in einer Treuhandver­einbarung von den 24 Millionen € eine Million abzählen kann – 23 Millionen € – und dass der Kaufpreis nicht jetzt fällig wird, wenn verkauft worden ist, sondern zum über­wiegenden Teil erst 2006, sodass der faktische Kaufpreis 20 Millionen € ausmacht? – 20 Millionen €! Dann zählen Sie noch die 780 000 € für KPMG ab, das macht an Bera­tungskosten 3,24 Prozent von den 24 Millionen. (Bundesminister Mag. Grasser: War ein super Verkauf! – Abg. Mag. Wurm: Ein Wahnsinn!) Sie aber behaupten, die Bera­tungskosten orientieren sich am Transaktionswert und liegen in einer Bandbreite von 1 bis 1,5 Prozent. Wir halten jetzt bei 3 bis 4 Prozent, und da sagen Sie: Das war ein super ... (Bundesminister Mag. Grasser: Super Verkauf!) „Super Verkauf“ sagen Sie selbst – danke, Herr Bundesminister, dass Sie das Stichwort geliefert haben! Sie selbst haben drei Monate vor dem Verkauf gesagt: 50 Millionen € glauben Sie erlösen zu können. (Bundesminister Mag. Grasser: Habe ich nicht gesagt!)

Das stammt von Ihnen, Herr Bundesminister! Versuchen Sie nicht, wie so oft, jetzt wieder Kindesweglegung zu betreiben. Sie haben das genauso gesagt, wie Sie auch hier im Haus gesagt haben: „Diese Homepage ist meine private und persönliche Homepage.“ Das haben Sie hier im Haus gesagt. Zwei Wochen später sagen Sie: „Mit der Homepage habe ich nichts zu tun, dafür ist ein Verein verantwortlich.“ (Abg.


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Dr. Partik-Pablé: Das hat er da auch schon gesagt!) Sie haben hier im Haus gesagt, Sie können ausschließen, dass irgendjemand, der vom Finanzministerium in eine För­derung einbezogen wurde, Geld an diese Homepage bezahlt hat. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das stimmt ja gar nicht, was Sie sagen, Herr Abgeordneter!) Zwei Wochen nach dieser Äußerung sagen Sie: Sie wissen gar nicht, wer einbezahlt hat.

Herr Bundesminister, wo suchen Sie sich die Wahrheit? (Abg. Dr. Fasslabend: Ein bisschen fad ist das!) Am jeweiligen Tag durch das Verschweigen dessen, was Sie nicht sagen wollen? Oder wollen Sie nicht endlich einmal dem Parlament reinen Wein einschenken? – Ich fürchte, Herr Bundesminister, es ist zu spät dafür. Sie können nicht trennen zwischen Ihrem persönlichen Bereich und den öffentlichen Aufgaben. Das ist nicht Ihr persönliches und privates Problem, sondern das ist das Problem dieser Republik. Deshalb sollten Sie zurücktreten, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ.)

18.29

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ganz kurz zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminis­ter Mag. Grasser. – Bitte.

 


18.29

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Danke vielmals, Herr Präsi­dent! – Es ist mir ein Anliegen, mich einer Sprache zu bedienen, die keines Ordnungs­rufes würdig ist. Daher ziehe ich den Ausdruck „Schiebung“ zurück. (Rufe bei der SPÖ: Und „Gaunerei“?) – Habe ich nicht gesagt!

18.29

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich habe im Stenographischen Protokoll nachgesehen. Es ist dieser Ausdruck verwendet worden.

Das Problem liegt darin, dass ein Abgeordneter dieses Hauses für diesen Ausdruck einen Ordnungsruf bekommen hat, andere Abgeordnete genau diesen Ausdruck auch verwendet haben und keinen Ordnungsruf bekommen haben. (Abg. Mag. Mainoni: Hat ja verschiedene Bedeutungen!) Das heißt, wie man es macht, macht man es falsch – es sei denn, der Herr Bundesminister zieht diesen Vorwurf von sich aus zurück. Das respektiere und anerkenne ich.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. – Bitte.

 


18.30

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich werde versuchen, den Ausdruck „Schiebung“ zu vermeiden. – Herr Bundesminister, Sie haben selbst die Eisenbahner-Wohnbauge­sellschaften angesprochen. Ich denke, das ist ein Thema, bei dem Sie sich bei Ihren Beamten besser hätten informieren sollen. Das ist ein Thema, bei dem am Ende des Tages der Schuss nach hinten losgehen wird.

Vielleicht kurz zu dem Antrag, den Sie zitiert haben: Fakt eins ist, die Übertragung wäre von einer gemeinnützigen Wohnbauvereinigung an eine andere gemeinnützige Wohnbauvereinigung erfolgt. (Abg. Jakob Auer: Eine Veräußerung!) Sagen Sie ruhig „Veräußerung“ dazu. An eine Gemeinnützige – das heißt, das wäre im gemeinnützigen Wohnbaubereich geblieben und wäre einer privatwirtschaftlichen Verwertung, wie Sie sie jetzt vorhaben, nicht zugänglich gewesen! Das ist der wesentliche Unterschied! – Fakt eins.

Fakt zwei: Stimmt, die Veräußerung wäre zum Nominale erfolgt. Es ist allerdings blöderweise im Gesetz gestanden, dass das nur so stattfinden kann, und blöderweise hat auch die ÖVP zugestimmt. – Herr Kollege Stummvoll, ich erinnere mich sehr gut an


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diese Sitzung des Finanzausschusses, in der wir am Rande dieses Thema besprochen haben, dass die ÖVP zugestimmt hat. Es ist nur deswegen nicht zu dieser Transaktion gekommen, weil sich die beteiligten Gemeinden untereinander nicht einigen konnten und ÖVP und SPÖ damals der Meinung waren: wenn nicht alle Gebietskörperschaften einverstanden sind, dann wird diese Transaktion nicht durchgeführt. – Fakt zwei.

Fakt drei: Wie schon gesagt, ÖVP-Zustimmung!

Das heißt, das wäre ein ganz anderes Thema gewesen, in einem ganz anderen recht­lichen und wirtschaftlichen Bereich.

Aber wenn Sie schon die Eisenbahner-Wohnbaugesellschaften ansprechen: Der wirk­liche Skandal liegt tatsächlich dort begraben – aber in der jetzigen Vorgangsweise! Denn wie Sie wissen, ist die Übertragung, die Sie hier vorhaben, und die Verwertung schlicht und ergreifend rechtswidrig. Rechtswidrig, weil der Verfassungsgerichtshof die Stichtagsvorverlegung hinsichtlich der Entlassung aus der Gemeinnützigkeit aufgeho­ben hat! Das hat wesentliche Auswirkungen auf eine der Eisenbahner-Wohnbaugesell­schaften, nämlich die WBG. Wie Sie wissen, sind dort Anteile von zwei steirischen Ge­meinden verkauft worden, an eine Wohnbaugenossenschaft ebenfalls im gemeinnützi­gen Bereich, und dann kam merkwürdigerweise der Versuch eines Bediensteten Ihres Hauses, sich rückwirkend in den Aufsichtsrat dieser Gesellschaft zu bestellen und rückwirkend den Veräußerungsbeschluss rückgängig zu machen – etwas, was inzwi­schen ebenfalls von den Gerichten aufgehoben worden ist!

Das führt uns zu dem Schluss, dass die WBG derzeit – und hier ist sowohl der Antrag als auch der Bericht des Finanzausschusses schlichtweg falsch – gemeinnützig ist und daher einer Verwertung überhaupt nicht zur Verfügung stehen kann, zumal mit einem entsprechenden Beschluss der Wiener Landesregierung zu rechnen ist, dieser Be­schluss sich nach Auskunft aller Rechtsexperten zumindest in der letzten Instanz als rechtsgültig erweisen wird und damit erhebliche Schadenersatzforderungen auf die Republik Österreich zukommen – aber nicht nur auf die Republik Österreich, sondern letztlich werden, wenn dieses Faktum und diese Aufzählung der Rechtswidrigkeiten im Gutachten von Lehman Brothers nicht enthalten sind, diese Schadenersatzforderun­gen auch auf Lehman Brothers zukommen!

Daher ein gut gemeinter Rat zum Schluss: Wenn Sie schon dieses Gesetz unbedingt heute beschließen wollen, nehmen Sie die Eisenbahner-Wohnbaugesellschaften her­aus! Denn das entsprechende Amtshaftungsverfahren ist vorprogrammiert. (Beifall bei der SPÖ.)

18.33

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jakob Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

 


18.33

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staats­sekretärin! Herr Staatssekretär! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Kogler hat wiederum einen Antrag eingebracht, um dem Herrn Bundesminister Grasser das Miss­trauen auszusprechen. Nichts Neues war dabei! Der erfolgreichen Arbeit des Herrn Bundesministers kann man sachlich und fachlich nichts entgegensetzen, jetzt versucht man es eben auf andere Art und Weise. Darf ich daran erinnern: Budgetstabilisierung, Familienpolitik, Wirtschaftspolitik, Exporterfolge sind mit dem Bundesminister und die­ser Bundesregierung in Einklang zu bringen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Aber weil man nichts Griffiges gegen den Bundesminister hat, versucht man es gegen die Regierung im Gesamten. Ich war ja erstaunt – heute hat Kollege Öllinger auch


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schon eine Speerspitze gegen Präsidenten Prinzhorn gerichtet, offensichtlich weil er wusste: Er kann da nichts machen, und dort wahrscheinlich noch weniger. Es bleibt nichts übrig, dieser Antrag wird ein Flop sein, verehrte Damen und Herren!

Es wird versucht, eine Schmutzkübel-Kampagne zu starten; „Dreckschleuder“ darf ich ja nicht verwenden, weil das einen Ordnungsruf nach sich ziehen würde. Man versucht, Herrn Bundesminister Grasser politische Unkorrektheit, Freunderlwirtschaft, lockeren Umgang mit Steuergeld umzuhängen, und für Eigenwerbung würde Geld ausgegeben. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Das wird lautstark vorgetragen, da wird dann applaudiert; ja, die SPÖ applaudiert im Duett mit. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Für beide Oppositionsparteien, verehrte Damen und Herren auch auf der linken Seite, gilt jedoch: Nicht stark in der Sache, aber laut im Ton! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hemmungslos bei nicht bewiesenen Vorwürfen, aber substanzlos – das ist zu wenig, verehrte Damen und Herren! Wir stehen eindeutig zu Bundesminister Grasser und zu dieser erfolgreichen Regierung. Ihr Antrag geht ins Leere und wird abgelehnt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Noch einmal! Aber abwarten, Kol­lege Auer!)

Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, vor allem auf der linken Seite, wie war denn das früher? – Erinnerung ist angesagt: Bundeskanzler Vranitzky, Freiflüge gab es da einmal, elf nachgewiesen, auf Kosten der WestLB. Es gab eine Liste dieser Freiflüge, die wesentlich größer war als im Umfang von elf nachgewiesenen, verehrte Damen und Herren auf der linken Seite! „Erst Gratisflüge“, titelten Zeitungen, „dann Konsulent“ dieser Bank WestLB! Da könnte man nachfragen, wie denn Unvereinbarkeit gelebt wurde, da man heute sozusagen die große Unschuld darstellt. Das wäre gefragt, ver­ehrte Damen und Herren! (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Untersuchungsaus­schuss!)

Oder der Vorwurf an Herrn Bundesminister Grasser, Berater würden beigezogen; die kosten ungeheuer viel Geld, wird behauptet. (Abg. Öllinger: Untersuchungsaus­schüsse Grasser und Vranitzky! Schauen wir uns an, wer mehr ...!) Ich lese mit Begeis­terung in einem „NEWS“-Artikel, in dem Herr Redakteur Worm – und das ist seit eini­gen Jahren nicht immer so; früher war er sogar ein Mitglied der ÖVP, aber seit einigen Jahren hat er diese Nähe deutlich abgelegt, er ist relativ distanziert – in einem Bericht klar darstellt, dass Herr Bundesminister Grasser dieses Beratungsgeld oder das Hono­rar, das er für diese Beraterfirmen ausgegeben hat, gut angelegt hat, weil es um ein Vielfaches wieder hereinkommt!

Aber vielleicht könnten Sie sich auch an Ihre Privatisierungen erinnern, verehrte Damen und Herren von der SPÖ! Das wäre auch interessant gewesen: Ihre Privatisie­rungen. Ich erinnere an die CA-Ausschreibung: „Klima verwundert über die Kritik“, allerdings dann wieder Neustart – verehrte Damen und Herren, da waren wir nicht ge­rade erfolgreich! „Kein Kapital nach neuerlichem Flop“, „Wie es jetzt weitergeht“ – auch unter der Ägide Klima, und so weiter, und so fort.

Es wäre auch interessant, gerade im Zusammenhang mit der Bank Austria einmal dar­über nachzudenken: Wie hoch war denn der Kurswert dieser Aktie, als sie verkauft wurde? Und wie hoch ist er heute? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Lesen Sie den „Kurier“ von morgen: 29 €, Börseneinstufung: keine Zukunftsaussicht. – Da könnten Sie über erfolgreiche Privatisierungen nachdenken und hier vielleicht gewisse Anleihen nehmen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Verehrte Damen und Herren! Einmal hätten Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der linken Seite, der SPÖ, Berater gebraucht, das war vor dem Konkurs des „Kon­sum“. Da hätten Sie Berater gebraucht, und da hatten Sie offensichtlich keine, aber Sie


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hatten einige Aufsichtsräte. Ich nenne Ihnen einen, der hier saß, nämlich den Kollegen Hobl. Da hätten Sie Berater gebraucht, dann wäre diesem Land viel erspart geblieben! (Abg. Großruck: 20 Jahre ...!)

Aber vielleicht stimmt es tatsächlich, was im heutigen „Kurier“ von Herrn Pammes­berger als schöne Karikatur gezeichnet ist: „Opposition, das ist irgendwie wie Urlaub!“ Gehen Sie in sich und versuchen Sie, hier bessere Anträge zu formulieren. Sie haben dies dringend notwendig.

Wir stehen zu Bundesminister Grasser! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.39

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


18.40

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Ministerbank! Hohes Haus! Herr Finanzminister! Es ist nicht die Rolle der Kollegin Bures als Vorsitzende der „Mietervereinigung“ merkwürdig, sondern merkwürdig ist Ihre Rolle bei der Homepage-Finanzierung, merkwürdig ist Ihre Rolle beim Ankauf der Eurofighter und merkwürdig ist Ihre Rolle beim Verkauf der ÖIAG-Betriebe.

Doch, meine Damen und Herren, Gott sei Dank gibt es einen Oberösterreichischen Landtag, der in seiner Sitzung am 3. Juli mit den Stimmen der SPÖ, der FPÖ und der Grünen gemeinsam einen Antrag mehrheitlich beschlossen hat, der besagt, dass bei einem Verkauf der voestalpine 25 Prozent plus eine Aktie im Besitz der öffentlichen Hand bleiben müssen.

Was in Oberösterreich im Landtag gut ist, kann hier bei uns im Nationalrat nur richtig sein, weshalb ich folgenden Antrag einbringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Verzetnitsch, Keck, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Absicherung des Industriestandortes Österreich durch Verbleib der ÖIAG als Kernaktionär

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf die vollständige Privatisierung der voest­alpine AG zu verzichten und weiterhin 25 % plus 1 Aktie im öffentlichen Eigentum zu halten, um so wie bisher sehr erfolgreich als Kernaktionär die wesentlichen Entschei­dungen für die weitere Entwicklung dieses Unternehmens mitgestalten zu können.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, vom jetzigen ÖIAG-Anteil in Höhe von ca. 34,7 Prozent im Einvernehmen mit dem Vorstand und der Belegschaftsvertretung einen Anteil von ca. 9,5 Prozent an oberösterreichisch-österreichische Unternehmen bzw. in Form einer weiteren Mitarbeiterbeteiligung abzugeben.

Da eine längerfristige Diskussion über die Eigentümerstruktur dem Unternehmen scha­det, sind die für die Umsetzung der beiden angeführten Forderungen notwendigen Be­schlüsse bis 10. Juli 2003 zu fassen.“

*****

Meine Damen und Herren der FPÖ und der Grünen! Machen Sie es wie Ihre oberöster­reichischen Parteifreunde im Oberösterreichischen Landtag, und stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu. (Beifall bei der SPÖ.)

 


18.42


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Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist ordnungsgemäß unterstützt und steht da­her mit zur Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


18.43

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Finanzminister! Sie brauchen, wie die heutige Debatte das einmal mehr erhellt hat, extra eine Beraterfirma, um eine Wertfest­stellung für den Verkauf der BUWOG-Wohnungen durchzuführen, und das kostet – in Altwährung – zirka 140 Millionen Schilling. Und dann sagen Sie, das wäre im Interesse der Steuerzahler? – Sie sind ein Verschwender, Herr Finanzminister, Sie sind ein Ver­schwender! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Murauer: Was sind dann Sie?)

Herr Finanzminister, Sie sind auch in vielen anderen Bereichen ein Verschwender, und unsozial obendrein, denn wenn man diese Wohnungen jetzt kostengünstig verscher­beln kann und Sie nachher das WGG ändern, dann werden die Mieten höher wer­den. – Das ist unsozial! Also sind Sie ein unsozialer Verschwender, Herr Finanzminis­ter, und das sollten Sie wissen, denn Ihnen fehlt ein wenig die Selbstreflexion, wie sich auch am heutigen Tag wieder gezeigt hat.

Sie sind obendrein auch kein mutiger Finanzminister, denn Sie haben uns heute erst einmal verkündet, Sie seien heute eigentlich entschuldigt. Dann prescht die ÖVP mit einer Dringlichen vor, über deren Notwendigkeit man wirklich auch innerhalb der ÖVP unterschiedlicher Meinung sein kann. So vergeht die Zeit, und Sie rutschen immer mehr aus der medialen politischen Primetime hinaus. Und jetzt haben wir so ungefähr 18.45 Uhr – wenn Sie noch ein bisschen „brodeln“, kommen wir über 19.30 Uhr auch noch hinaus, dann ist die „ZiB 1“ auch noch weg –, und so versuchen Sie ... (Abg. Jakob Auer: Scheiße! – Abg. Dr. Stummvoll: Sie tun das!)

Nein, nein, „Scheiße“ sagen Sie, Herr Jakob Auer, und lachen dazu. (Abg. Jakob Auer: Das habe ich nicht gesagt!) – Nein, nein!

Ich sage Ihnen nur: Es ist einfach eine Art von Feigheit, weil man sich der Öffentlichkeit eben nicht stellen will. Der Herr Finanzminister hat ja die Güte gehabt, gerade noch vorbeizukommen, um mit Ihrer Hilfe möglichst spät – morgen ist er überhaupt nicht da – das Thema zu diskutieren.

Dann stellt er sich her und ist im falschen Moment mutig, wenn er sagt: Schmutzige Kampagne der Opposition! – Er beleidigt in Wirklichkeit auch die zahlreichen Journalis­tinnen und Journalisten, die seit Tagen bemüht sind, Licht ins Dunkel zu bringen und uns endlich Klarheit zu verschaffen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ausgerechnet Journalisten werden Klarheit in die Sache bringen, das glauben Sie doch selber nicht!)

Was verschweigt uns der Finanzminister?, ist die entscheidende Frage, bitte. Was ver­schweigt er uns?

Und: Warum interessiert das die ÖVP nicht?, das ist die zweite interessante Frage in diesem Zusammenhang. – Vor allem interessiert das wahrscheinlich diejenigen, die zur Industriellenvereinigung ein Naheverhältnis haben, ganz besonders nicht, weil sie es wahrscheinlich ganz besonders genau wissen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Welche Journa­listen sollen denn Licht in die Sache bringen? Von „NEWS“? Vom „Standard“? – Wei­tere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Hätte der Herr Finanzminister ein Interesse, das Licht anzuknipsen in seiner Home­page beziehungsweise beim Verein für New Economy, dann hätte er uns schon vorge­lesen: Woher kommen die Einnahmen dieses Vereines? Was ist da noch hineingeflos­sen außer der Förderung der Industriellenvereinigung, um eine entsprechende poli-


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tische Gegenleistung zu bekommen? (Abg. Dr. Fekter: Die Überschüsse von „Euro­team“!) Was ist da noch hineingeflossen in den Verein? Gibt es da noch irgendetwas? Was ist mit dem Geld passiert? – Herr Finanzminister, warum erzählen Sie uns das nicht, Sie waren doch sonst bis jetzt so gesprächig hier auf der Regierungsbank – in manchen Situationen so gesprächig, dass die Klubobleute und mancher Abgeordneter fast blass geworden sind –, also Sie könnten uns doch eigentlich wirklich mehr Aufklärung verschaffen. (Abg. Dr. Fekter: Haben Sie nicht aufgepasst heute?)

Na, weil Sie gerade so mutig sind: Sie können heute mutig sein. Sie haben heute die Chance, mutig zu sein! Wir bringen einen Misstrauensantrag ein, und wir meinen, dass der auf Grund der vielen Diskussionen, die es hier gibt, wohl berechtigt ist. Wir wissen, dass die Disziplinierungsmaschinerie in beiden Fraktionen läuft – auch das wissen wir. Wir stellen auch den Antrag auf geheime Abstimmung – wir wollen, dass dieser Antrag geheim abgestimmt wird –, und dann würden wir aber meinen – und da gehört wieder­um Mut dazu –: Heben Sie den Klubzwang in der ÖVP auf! Heben Sie den Klubzwang in der FPÖ auf! Sagen Sie ja zur geheimen Abstimmung, und geben Sie die Abstim­mung frei! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Heftige Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich fürchte – ich fürchte! –, es wird diszipliniert: Jeder, der sich nicht daran hält, wird nachher ein Klubverfahren bekommen – entweder in Wien oder in Klagenfurt, das weiß man nicht so genau bei der FPÖ, wo der klubinterne Gerichtsstandort ist. Verfahren wird es aber jedenfalls geben. (Abg. Scheibner: Was haben Sie für ein Bild von Abge­ordneten! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und Freiheitlichen.) – Ja, mutig können Sie bei den Zwischenrufen sein – seien Sie mutig bei der Abstimmung! Seien Sie mutig bei der Abstimmung! Denn es ist gerechtfertigt, dass hier dieser Misstrauensantrag gestellt wird. (Abg. Dr. Trinkl: Das sagen nur Sie!)

Am Beispiel der Unterzeichnung des Eurofighter-Vertrags: Der Finanzminister hat aus lauter Angst, weil Jörg Haider am Sonntagabend gesagt hat, darüber müsse man noch nachdenken, grünes Licht gegeben, der Ministerrat hat das grüne Licht gegeben und der Verteidigungsminister ist an den Tisch „gehurtelt“, um auf Kosten der Steuerzahler zu unterschreiben. Hätte er das 48 Stunden später gemacht, wäre das den Steuerzah­ler billiger gekommen – das ist der wahre Skandal, der hier vor sich geht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Können mir die besonders Wirtschaftskompetenten in der ÖVP – vielleicht gibt es auch einige in der FPÖ – erklären, warum man eigentlich die VOEST, die eines der besten Wirtschaftsergebnisse hat, gerade jetzt verkauft? (Abg. Kopf: Wer kauft einen Verlust­betrieb? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Niemand kauft einen Betrieb in den roten Zahlen!) Warum soll das eigentlich sein, können Sie mir das erklären? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Lernen Sie Wirtschaft, Herr Abgeordneter!) Welche Notwendigkeit existiert da? – Ich meine, ich weiß schon, dass die ÖIAG ... (Abg. Dr. Trinkl: Schlag nach im Samuel­son I!) Ihre Nervosität beweist: Ich bin am Punkt! (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

Der ÖIAG-Vorstand, aber auch die VOEST: Ein Tummelplatz der Lobbyisten! – Zwei hat der Herr Finanzminister hineingeschickt – auch Herr Scharinger ist drinnen, aber zwei hat der Herr Finanzminister hineingeschickt –, und die können sich jetzt die Ge­schäftszahlen in Ruhe anschauen, Berechnungen machen. Es werden sogar noch Pri­vatisierungskonzepte angeboten, damit man die VOEST vielleicht ungefragt schneller im Interesse derer privatisieren kann, die sich heute schon drinnen tummeln.

Das finden Sie in Ordnung? (Abg. Dr. Trinkl: Lernen Sie Betriebswirtschaft!) Das fin­den Sie anständig? Das ist Wirtschaftlichkeit? Das ist die Verantwortung eines Finanz­ministers gegenüber der Republik, gegenüber den Steuerzahlern und vor allem den


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Eigentümern? – Ein Skandal ist das in Wahrheit, was hier vor sich geht! Hier soll wie­der verschleudert, verschwendet werden! Ein Verschwender als Finanzminister, das ist das Drama, das hier gespielt wird.

Herr Finanzminister, der Sie hier auf der Regierungsbank sitzen – immer noch, viel­leicht auch nach dieser Abstimmung noch; aber ich sage heute noch –, ich sage Ihnen: Wenn Sie den Mut haben, zuzustimmen, dass es eine geheime Abstimmung gibt, und wenn Sie den Mut haben, diese Abstimmung freizugeben, wenn Sie wirklich zweimal Mut beweisen, dann können die einzelnen Abgeordneten frei entscheiden, die Abgeordneten, die hier herinnen sind und sagen – uns sagen –: Gebt uns den Schutz einer geheimen Abstimmung! (Ironische Heiterkeit bei ÖVP und Freiheitlichen.) Wir sind nicht mehr frei bei dieser Abstimmung, wir müssen diesen Finanzminister verteidi­gen!

Seien Sie mutig und halten Sie ihm nicht auf alle Fälle die Stange, obwohl es längst schon nichts mehr zu verteidigen gibt, weil dieser Finanzminister am Ende ist. Das sehen Sie selbst! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Neudeck: ... da stimmt dann nur die halbe SPÖ dafür!)

18.50

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.51

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt kein gutes und es gibt auch kein schlechtes öffentliches Eigentum an Immobilien oder an großen Unternehmen, sondern es gibt nur einen guten oder einen schlechten Umgang mit Eigentum – egal, ob öffentlich oder privat, an Immobilien und an Unter­nehmen. Das Problem der VOEST sind nicht ihre Produkte, ist nicht ihre Ertragslage, ist nicht ihre Bilanz. Das Problem der VOEST heißt Karl-Heinz Grasser und seine Freunde. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Hornek: Sozialdemokratie!)

Das Problem der Immobilien ist nicht ihr Wert, ist nicht ihre Lage, sondern auch: Karl-Heinz Grasser und seine Freunde. Immer wieder, wo Sie auch hinschauen: seine Freunde von den PR-Firmen bis hin zu den Immobilienkäufern und -verkäufern, die er in die Schlüsselpositionen gebracht hat. Das ist das Erste.

Das Zweite ist, dass es uns gelungen ist, den Begriff „New Economy“ langsam in „Friends economy“ zu übersetzen, die Stück für Stück in allen Bereichen, die dem Finanzminister zugänglich sind, greift. Und wenn Sie, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei sagen, alle Vorwürfe der Opposition seien an den Haaren herbeigezogen: Was unterstellen Sie da dem Justizminister? Was unterstellen Sie da dem Staatsanwalt? Was unterstellen Sie da den Finanzstrafbehörden? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir unterstellen nichts!) Dass sie Vorwürfe konstruiert hätten?

Der Finanzminister sitzt hier nicht nur als Finanzminister, sondern bereits als Verdäch­tiger in einschlägigen Strafverfahren. (Bundesminister Mag. Grasser: Unglaublich!) Gegen den Finanzminister ermitteln wegen einschlägiger Verdachtsmomente die öster­reichische Strafjustiz und die Finanzstrafbehörden des eigenen Hauses! Und da haben Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, die Kühnheit, zu sagen, das hätten die Gerichte, das hätten die Finanzstrafbehörden frei erfunden? Das sei Verleumdung? Sie bezichtigen die österreichische Justiz konstruierter Verfahren? Wissen Sie, was Sie damit sagen? Und wissen Sie, welches tiefe Misstrauen Sie damit dem österreichischen Rechtsstaat und nicht der Opposition gegenüber ausdrücken?

Die Delikte, um die es geht, und es handelt sich um Verdacht und nicht um Urteile, heißen: Steuerhinterziehung, verbotene Geschenkannahme, Amtsmissbrauch, verbo-


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tene Beeinflussung eines Vergabeverfahrens und Umgehung des gesetzlichen Er­werbsverbots. Deshalb wird ermittelt!

Und jetzt sagen Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP und von der Freiheitlichen Partei: Das ist uns egal, das nehmen wir nicht ernst. Wir halten ihm die Stange, egal ob das Gericht gegen ihn vorgeht, egal ob die Finanzstrafbehörden möglicherweise be­reits fündig werden, egal, wir halten Karl-Heinz Grasser um jeden Preis! – Und ich unterstreiche fünfmal: um jeden Preis! Um den Preis Ihrer Glaubwürdigkeit, um den Preis einer funktionierenden Kontrolle dieses Nationalrates und um den Preis der Ach­tung vor dem österreichischen Rechtsstaat, den Gerichten und den Finanzstrafbe­hörden. Meine Damen und Herren! Das ist der Preis, um den es längst geht.

Natürlich könnte es uns der Finanzminister viel einfacher machen und einfache Fragen endlich beantworten: Was ist auf dem Konto der Freunde der New Economy? Wer hat einbezahlt und warum? Und welche Gelder, Herr Finanzminister, haben Sie persönlich kassiert von Unternehmen? (Widerspruch bei ÖVP und Freiheitlichen.) Welche Gelder haben Sie persönlich kassiert, in welcher Form auch immer, und wofür haben Sie diese Gelder verwendet? Das sind die Fragen, die Sie beantworten sollen! Reden Sie sich nicht aus, dass Vereine und Websites, die den Namen Karl-Heinz Grasser tragen, nicht Karl-Heinz Grasser gehören. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Öllinger: Ganz einfach offen legen!)

In dieser Republik, bei diesem Finanzministerium, unter diesem Bundeskanzler gilt immer noch: Wo Karl-Heinz Grasser draufsteht, ist auch Karl-Heinz Grasser drin! Darauf können Sie jedes Regierungsgift nehmen.

Meine Damen und Herren! Zum Schluss: Ich habe heute zur Kenntnis genommen, dass ein Finanzminister das erste Mal in einer laufenden Tagung des Nationalrats die Nerven verloren hat, die Opposition beschimpft hat und den Präsidenten dazu gezwun­gen hat, sich sehr genau zu überlegen, welche geschäftsordnungsmäßigen Instru­mente gegen diesen Finanzminister einzusetzen sind. (Ironische Heiterkeit und Wider­spruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Frage richtet sich jedoch nicht an Karl-Heinz Grasser. Wir kennen die Gründe, war­um er nicht zurücktritt und warum er nicht zurücktreten kann. Die Frage richtet sich an Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien: Wie weit wollen Sie noch gehen, um Karl-Heinz Grasser zu stützen? Welchen weiteren Preis wollen Sie noch bezahlen, um diesen Finanzminister zu halten? Und: Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, wie weit treiben Sie Ihre selbstquälerischen Vorhaben, diesen Karl-Heinz Grasser, der Ihnen in der Vergangenheit alles andere als Gutes getan hat, noch immer weiter zu stützen? Wie sehr kleben Sie an diesen Regierungssesseln, so­dass Sie nicht in der Lage sind, das längst überfällige Misstrauen gegen Karl-Heinz Grasser auszusprechen? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.57

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Ab­geordnete Dr. Partik-Pablé zu Wort gemeldet.

Bitte, Frau Abgeordnete, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung.

 


18.57

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Pilz hat die ungeheuerliche Behauptung aufgestellt, der Finanzminister sitze als Verdächtiger da, weil die Strafjustiz gegen ihn ermittle. – Das ist falsch!

Wenn die Staatsanwaltschaft gegen jemanden ermittelt, dann ist er noch kein Verdäch­tiger. Nehmen Sie das zur Kenntnis!


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Sie könnten in jedem Fall mit Ihrer Methode jemanden zum Verdächtigen machen. Das sage ich Ihnen als langjähriger Strafrichter! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.58

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher schlie­ße ich die Debatte.

Wir gelangen zu den Abstimmungen.

Als Erstes stimmen wir ab – bitte, wenn möglich, ausnahmsweise die Plätze einzuneh­men! – über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 78 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in 78 der Beilagen ihre Zu­stimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass die Vorlage in zweiter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen ist.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, ein Zeichen dafür geben. – Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen als Nächstes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Ab­geordneten Dr. Stummvoll, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterführung der erfolgreichen Privatisierungsmaßnahmen durch die österreichische Bundesregierung.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung ertei­len, ein Zeichen dafür bekunden. – Ich stelle fest, der Entschließungsantrag ist mit Stimmenmehrheit angenommen. (E 12.)

Wir gelangen als Nächstes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Ab­geordneten Mag. Kogler, Dr. Cap, Kollegen und Kolleginnen betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Herrn Bundesminister für Finanzen im Sinne des Artikel 74 Abs. 1 der Bundesverfassung.

Ich stelle fest, dass für einen solchen Beschluss die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Nationalrates erforderlich ist, und ich stelle fest, dass dieses Anwesenheitsquorum erfüllt ist.

Es liegt mir darüber hinaus ein von 20 Abgeordneten geschäftsordnungsmäßig unter­zeichneter Antrag vor, im Sinne des § 66 Abs. 4 GOG eine geheime Abstimmung über das Misstrauensvotum durchzuführen.

Diese ist nur möglich, wenn erstens kein Verlangen auf namentliche Abstimmung vor­liegt – ein solches liegt nicht vor – und zweitens der Nationalrat dies mit Mehrheit be­schließt.

Ich lasse daher über den Antrag abstimmen, die Abstimmung über das Misstrauens­votum als geheime Abstimmung durchzuführen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für eine geheime Abstimmung eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, dass der Antrag auf geheime Abstimmung keine Mehrheit gefunden hat und abgelehnt wurde. (Abg. Jakob Auer: Van der Bellen ist nicht hier! Van der Bellen ist auch dagegen!)

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Misstrauensantrag selbst in Form einer normalen Abstimmung durch Erheben von den Sitzen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorhin erwähnten Antrag auf Versagung des Vertrauens gegenüber dem Herrn Bundesminister für Finanzen zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, dass der Misstrauensantrag keine Mehrheit gefunden hat und daher abgelehnt wurde. (Abg. Nürnberger: Wo ist der Applaus? – Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Nürnberger: Der Applaus war aber spärlich! – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glocken­zeichen.)

Wir gelangen als Nächstes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Ab­geordneten Verzetnitsch und Kollegen betreffend Absicherung des Industriestandortes Österreich durch den Verbleib der ÖIAG als Kernaktionär.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Damit haben wir diesen Tagesordnungspunkt erledigt.

*****

Bevor ich Kollegen Prinzhorn bitte, den Vorsitz zu übernehmen, möchte ich noch Fol­gendes klarstellen, damit wir nicht streiten: Es gibt die berühmte Bestimmung, dass Fraktionen, die einen abweichenden Standpunkt vertreten, eine entsprechend verlän­gerte Redezeit bekommen, wenn ein Regierungsmitglied in einer Debatte, die einer Fristsetzung unterliegt, länger als 20 Minuten spricht.

Die abweichenden Standpunkte in dieser Frage werden von Sozialdemokraten und Grünen vertreten. Die beiden anderen Fraktionen haben mir mitgeteilt, dass sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen, dass sie also keine abweichenden Standpunkte vertreten werden.

Unser Computer ist aber so programmiert, dass sich nur eine Fraktion quasi ein Regie­rungsmitglied zurechnen lassen muss, die anderen nicht. Daher werden diese zusätz­lichen Redezeiten von 6 Minuten bei den Grünen und den Sozialdemokraten im Com­puter aufscheinen, bei der ÖVP nicht im Computer aufscheinen und bei den Freiheit­lichen zwar im Computer aufscheinen, aber nicht in Anspruch genommen werden.

Wenn die Freiheitlichen also laut Computer noch 6 Minuten Redezeit übrig haben, haben sie in Wirklichkeit keine Redezeit mehr übrig. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen, sonst gibt es Unstimmigkeiten zwischen den Ordnern.

*****

8. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (79 der Beilagen): Bundesgesetz über österreichische Beiträge zu internationalen Finanzinstitutio­nen (IFI-Beitragsgesetz 2003) (137 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (88 der Beilagen): Übereinkommen über die Errichtung des Joint Vienna Institute (138 der Beilagen)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nunmehr gelangen wir zu den Punkten 8 und 9 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.05

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzte Herren auf der Regierungsbank! – Die Frau Staatssekretärin ist nicht hier. Ich hätte schon gedacht, dass diese Koalitionsregierung noch etwas mutiger ist und zumin­dest einer geheimen Abstimmung in diesem Haus eine Zustimmung erteilt. Das wäre ja wirklich leicht gewesen, wenn es hier nichts zu verbergen gibt. Ich glaube aber, ihr traut euch wirklich nicht mehr zu, diese Dinge ohne Blamage und ohne weitere blaue Augen für den Finanzminister über die Bühne zu bringen.

Jetzt geht es wieder um „Peanuts“: Es geht um die dritte Welt. Es soll hier ein Be­schluss zur Finanzierungsthematik bezüglich der internationalen Finanzinstitutionen gefasst werden. Ich meine, wir können das eine positive Aktion nennen. Wir sind als Sozialdemokraten damit einverstanden, dass für diverse Wiederauffüllungen an ein­zelne Institutionen wie IDA, ADF und GEF sowie für den Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung Mittel zur Verfügung gestellt werden, weil wir glauben, dass damit sinn­volle Entwicklungspolitik betrieben werden kann. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn über­nimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe das schon im Finanzausschuss dem Herrn Staatssekretär mitgeteilt und ihn gebeten, sich für die österreichische Linie einzusetzen, dass nämlich die ILO – die International Labour Organization – in dieses Netzwerk miteingebunden wird. Das ist deshalb wichtig, weil die ILO großes Interesse daran hat, Kinderarbeit und Menschenhandel mit Kindern für Kinderarbeit und Prostitu­tion zu unterbinden, und weil genau die Länder und Staaten, in denen Kinderarbeit und Menschenhandel mit Kindern mehr oder weniger üblich sind oder sehr häufig vorkom­men, auch von den Förderungen betroffen sein werden.

Es ist daher in unserem Interesse, diese Länder nur dann zu fördern, wenn wir sicher sein können, dass die Kinderarbeit dort abgestellt wird. In diesem Sinne ersuche ich um Berücksichtigung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.07

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte.

 


19.08

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Verabschiedung die­ses Gesetzes und der damit verbundenen 13. Wiederauffüllung der Mittel der Interna­tionalen Entwicklungsorganisation für die Jahre 2003 bis 2009 leistet Österreich einen sehr wichtigen Beitrag zum allgemein anerkannten Hauptziel der Armutsbekämpfung.

Dieses Ziel beinhaltet soziale, aber auch umweltpolitische und wirtschaftliche Hilfestel­lung in Entwicklungsstaaten, die in einer sehr engen Kooperation mit den Vereinten Nationen stehen. Gefördert werden humanitäre Entwicklungsprojekte, die Finanzierung der Bekämpfung von Umweltschäden und Umweltproblemen und landwirtschaftliche Forschungs- und Entwicklungsaufträge.

Die Beteiligung an diesem Entwicklungsfonds hat sehr positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich und natürlich auch auf den Beschäftigungsstand unse­res Landes. Die eingesetzten Mittel haben daher auch einen investiven Charakter und rechtfertigen sich über die Umwegrentabilität, die österreichische Firmen, die diese


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Entwicklungsprojekte im Ausland zielführend umsetzen, in Form von Aufträgen ins In­land bringen.

Das Engagement im Rahmen dieses Entwicklungsfonds bietet Markteintrittschancen für österreichische Wirtschaftsunternehmen auf dem Gebiet der Bau- und Wasserwirt­schaft, aber auch am Telekommunikations- und Technologiesektor. Die österreichische Wirtschaft beteiligt sich sehr erfolgreich an diesen internationalen Ausschreibungen in Zentraleuropa, Mitteleuropa, Asien, Afrika und Lateinamerika. Eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft an den für die österreichische Wirtschaft relevanten Organisationen ist daher die Beitragsleistung zu den einzelnen Fonds.

Die Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit werden zur Verbesserung und In­tensivierung der bilateralen Beziehungen zu den Zielländern eingesetzt. Sie stellen da­her einen sehr wichtigen Beitrag zur Solidarität der internationalen Staatengemein­schaft dar.

Einen wichtigen Auftrag erfüllt seit 1994 auch das Joint Vienna Institute mit Sitz in Wien zur Ausbildung im Bereich moderner Verwaltung und Dienstleistungen in Staaten Zent­raleuropas, Osteuropas und Asiens, den baltischen Staaten und der GUS. Der Zweck dieses anerkannten und erfolgreichen Instituts ist die Ausbildung von öffentlichen Be­diensteten für den Übergang dieser Staaten zu vollständig marktorientierten, entwickel­ten Volkswirtschaften. Bei dieser Gelegenheit darf ich mich auch namens unserer Frak­tion bei den Mitarbeitern sehr herzlich bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.10

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

 


19.11

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch von den Grünen gibt es eine Zustimmung zur Auffül­lung der Mittel der internationalen Finanzorganisationen und zur Schaffung einer per­manenten Basis für das Joint Vienna Institute, allerdings nicht ganz aus denselben Gründen, die der Kollege Bucher zuerst angeführt hat: Für uns geht es hier um inter­nationale Verpflichtungen Österreichs, die Wirtschaftslage, aber vor allem auch die soziale und humanitäre Lage in den Entwicklungsländern zu verbessern.

Diese internationalen Verpflichtungen bestehen für uns auf der multilateralen Ebene, genauso sollten wir aber auch die internationalen Verpflichtungen auf der bilateralen Ebene und im Bereich der sonstigen Entwicklungszusammenarbeit erfüllen. Ich rede da von den 0,7 Prozent, die mittlerweile schon vor 30 Jahren von der UNO beschlos­sen wurden und die Österreich immer noch nicht erreicht, aber gut: Auch die IFIs – die internationalen Finanzinstitutionen –, vor allem die, um die es hier geht, IDA, Globale Umweltfazilität, erfüllen durchaus eine wichtige Rolle.

Die Frage, die wir uns dabei stellen, ist jedoch: Wie sehen denn die politischen Vor­gaben für die österreichischen Vertreter und Vertreterinnen bei diesen Institutionen aus? – Soweit wir informiert sind, gibt es da nicht sehr viel Zusammenhalt zwischen Außen- und Finanzministerium und jenen Personen, nämlich in der Hinsicht, wie Öster­reich sich in diesen Institutionen verhält.

Gerade im Vorfeld der Wiederauffüllung der Mittel der IDA ist es zum Beispiel darum gegangen, dass die Vereinigten Staaten sehr viel mehr Geschenke – also „grants“ –vergeben wollten: an die 50 Prozent! Die EU hat sich zu Recht dagegen zur Wehr ge­setzt und argumentiert, dass gerade die IDA sehr wichtig für Kredite ist. Wenn man alle finanziellen Mittel ersetzt und nur mehr den Geschenkcharakter in den Vorder-


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grund stellt, dann wird dieser Fonds ausgehöhlt, und gerade die ärmsten Länder haben keinen Zugriff mehr darauf.

Ich habe mich gefragt, ob sich Österreich einfach darauf verlassen hat, dass in der EU eh richtig, eh so verhandelt wird, wie es uns passt. Vorgaben hat es, soweit ich infor­miert bin, nicht wirklich gegeben. Ähnlich bei der Globalen Umweltfazilität: Es gibt sie seit 1990, und das UNO-Entwicklungsprogramm UNDP und auch die Weltbank unter­stützen und implementieren deren Projekte gemeinsam.

Man hat gehofft, dass damit der ökologische Nachhaltigkeitsgedanke auch in der Welt­bank stärker Fuß fasst. Das ist auch ein bisschen geschehen, aber nicht genügend. Auch da wäre meine Frage an den Finanzminister: Hat man da wirklich darauf geach­tet, dass die österreichischen Vertreter das vorantreiben?

Es sieht für mich so aus, dass man sehr viel Geld dafür ausgibt – es gibt internationale Verpflichtungen, das ist daher in Ordnung – und einfach darauf vertraut, was diese Institutionen machen, während man zum Beispiel im bilateralen Bereich, wo es oft um sehr kleine Organisationen – um Nicht-Regierungsorganisationen – geht, auf jeden Cent schaut und alles ganz genau kontrolliert, was die da machen. Da stellt sich mir also ein ziemliches Missverhältnis dar zwischen diesem großen Vertrauen, das man den großen Institutionen schenkt, und dem nicht sehr großen Vertrauen, das man für die kleineren Institute und Institutionen übrig hat.

Wie gesagt: Die Zustimmung der Grünen wird es geben. Das einzige, was wir erwarten und auch einfordern werden – ich habe das auch schon mit der Vorsitzenden des entwicklungspolitischen Unterausschusses besprochen –, ist, dass wir wieder – wie es in der Vergangenheit üblich war – im Unterausschuss das Thema Weltbank und Inter­nationaler Währungsfonds aufs Tapet bringen. Wenn es schon heuer im Frühling nicht geglückt ist, vielleicht schaffen wir es im Herbst. Wir werden auch die österreichischen Vertreter und Vertreterinnen in den betroffenen Institutionen dazu einladen.

Wenn es schon die Bundesregierung nicht schafft, die nötige Kohärenz zwischen Außenministerium und Finanzministerium nach entwicklungspolitischen Kriterien oder eben auch zwischen dem Finanzministerium und den von ihm entsandten Personen in den jeweiligen Institutionen herzustellen, dann wird es wohl hoffentlich das Parlament schaffen, diese Diskussion zustande zu bringen. Wir müssen auch Schritte setzen, um die Frage der Kohärenz zwischen dem, was in unserem Entwicklungszusammen­arbeitsgesetz steht, und dem, was in den internationalen Institutionen von Österreich vertreten wird, zu klären oder zumindest darüber zu diskutieren, wie sie herzustellen ist.

Lassen Sie mich noch etwas zum Joint Vienna Institute sagen: Auch wir stimmen zu, dass es jetzt auf eine permanente Basis gestellt wird. – Es gibt es ja schon seit 1994. An und für sich sind solche Think Tanks ja sehr notwendig und sinnvoll. Typisch ist natürlich schon, dass sich in diesem JVI – dem Joint Vienna Institute – die mächtigsten Finanzinstitutionen einen eigenen Think Tank schaffen, um ihr Liberalisierungscredo nicht nur über die Kreditkonditionen zu verteidigen, sondern auch über Ausbildungspro­gramme für die administrativen Eliten.

Da stelle ich mir schon die Frage, ob die Selbstkritik und das Eingeständnis, Fehler ge­macht zu haben, was zum Beispiel sogar IWF-Direktor Köhler vor kurzem gegenüber Argentinien geäußert hat, wohl auch in den Kursen dieses Joint Vienna Institutes zum Tragen kommen. Man sollte sich nämlich schon dessen bewusst sein, dass gerade da in der Vergangenheit viele Fehler gemacht wurden. Es bestünde jetzt die Möglichkeit, auch einmal im Parlament stärker zu diskutieren, wie diese Kurse ablaufen. Im Grunde


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ist das aber eine sinnvolle Einrichtung, und wir werden dem zustimmen. – Danke. (Bei­fall bei den Grünen.)

19.16

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend IFI-Beitrags­gesetz 2003 samt Titel und Eingang in 79 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Das Gesetz ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages, Übereinkommen über die Errichtung des Joint Venture Instituts, in 88 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies ebenfalls einstimmig angenommen.

10. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (97 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Immobilienfonds (Immobilien-In­vestmentfondsgesetz – ImmoInvFG) erlassen und mit dem das Bankwesenge­setz, das Investmentfondsgesetz 1993, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapier­aufsichtsgesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Pensionskas­sengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Einkommensteuerge­setz 1988 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden (139 der Bei­lagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tages­ordnung.

Als erster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Die Redezeit ist wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


19.18

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut mich, dass wir jetzt eine Gesetzesvorlage diskutieren, über die es jahrelange Verhandlungen gegeben hat, einen Gesetzentwurf, der neuerlich demonstriert, dass diese Regierungskoalition, diese Regierungskonstellation auch Dinge, die früher liegen geblieben sind, in Angriff nimmt und Reformkraft demonstrieren kann.

Ich bedanke mich aber auch ausdrücklich bei beiden Oppositionsparteien dafür, dass es möglich war, auf Basis einer sehr konstruktiven Diskussion im Finanzausschuss einen einstimmigen Beschluss zu treffen. Ich erwarte diese Einstimmigkeit auch hier im Plenum. Meine Damen und Herren! Das freut mich deshalb, weil es hier in der Tat


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um einen Gesetzentwurf geht, der, glaube ich, für unseren Anlagemarkt, für unseren Kapitalmarkt eine wichtige Erweiterung darstellt.

Was waren die Motive? – Die waren ziemlich klar: Wir stellen eine steigende Nach­frage nach Immobilien fest, die als langfristige, sichere Anlage gelten und die auch im Bereich der Pensionsvorsorge eine wichtige Funktion übernehmen werden.

Zu diesem Aspekt darf ich Folgendes sagen: Auch wenn in den letzten Wochen und Monaten von der Opposition oft das Drei-Säulen-Modell der Pensionsvorsorge atta­ckiert wurde – diese Frage, meine Damen und Herren, werden nicht wir entscheiden, sondern die Betroffenen selbst. Der Markt wird das entscheiden, und wir stellen fest, dass am Markt auch immer mehr junge Menschen bereit sind, selbst für ihre Pension entsprechend vorzusorgen. Es ist daher ein wichtiges Gesetz, das wir heute hier beschließen.

Das zweite Motiv war, dass wir in den letzten Jahren gesehen haben, dass immer stär­ker ausländische Immobilien-Investmentfonds nach Österreich drängen, und daher haben wir gemeint, es wäre politisch klug, ein eigenes Immobilien-Investmentfondsge­setz zu schaffen.

Ziel war erstens größtmögliche Sicherheit für die Anleger. Daher gilt das Ganze als Bankgeschäft. Es unterliegt der Finanzmarktaufsicht. Jährlich haben zwei unabhängige Prüfer den Wert festzustellen. Im Gesetz sind also alle Sicherheiten vorgesehen, die für den Anlegerschutz sorgen.

Zweitens wollten wir, wenn wir dies tun, auch ein konkurrenzfähiges Produkt haben. Wir haben uns daher bemüht, insbesondere die steuerlichen Bestimmungen so zu ge­stalten, dass wir nach bestem Wissen und Gewissen sagen können, wir gehen davon aus, dass die Konkurrenzfähigkeit gegeben ist.

Ich gebe aber gerne zu, dass das nicht einfach, sondern eigentlich die Quadratur des Kreises war: Einerseits wollten wir eine Gleichbehandlung mit Wertpapieren haben, ist gleich 25 Prozent Endbesteuerung. Auf der anderen Seite wollten wir vermeiden, dass Direktinvestments und Immobilienfonds unterschiedlich behandelt werden. Die Quadra­tur hat ergeben, dass wir gesagt haben: Endbesteuerung ja, aber auf Basis einer er­weiterten Bemessungsgrundlage, die schon cashflowähnlichen Charakter bei der Gewinnermittlung hat.

Insgesamt, meine Damen und Herren, glaube ich, dass wir mit diesem Gesetz einen guten Schritt in die Zukunft eines noch leistungsfähigeren Anlagemarktes setzen, dass wir damit die Weichen stellen für etwas, was einem Bedürfnis breiter Kreise der Bevöl­kerung entspricht: langfristige, sichere Veranlagung, insbesondere auch im Bereich der Pensionsvorsorge.

Ich bedanke mich noch einmal bei beiden Oppositionsparteien für die so konstruktive Diskussion im Finanzausschuss und für die Einstimmigkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.21

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marizzi. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


19.22

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr ge­schätzte Damen und Herren! Natürlich sind Immobilien normalerweise eine sichere An­lageform. Ich möchte sagen, dass wir eine Konsensmaterie haben, aber Sie können sich alle daran erinnern, dass wir in Skandinavien 1991/1993 Probleme hatten, die den Immobilienmarkt erschüttert haben, es gab Bankenprobleme in Bayern, die Schneider-


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Krise ist uns allen bekannt, und die japanische Immobilien-Krise ist auch nicht ohne gewesen.

Das heißt, dieses Gesetz, das wir heute beschließen, ist ein gutes Gesetz, das Ver­trauen bei den Anlegern erzeugen soll. Wir wollten immer schon die Prospektpflicht, genauso wie bei den Aktien. Vielleicht, Herr Kollege Stummvoll, hätte das Gesetz – weil Sie von der Reformbereitschaft dieser Bundesregierung gesprochen haben – schon nach dem 11. September beschlossen werden sollen, weil damals natürlich auch in den Aktienmärkten einige Turbulenzen entstanden waren. Das heißt, viele wären dann in Immobilien gegangen. Das sei auch angeführt.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass es einen Qualitätsvorteil für die Anleger bringt. Wir glauben, dass der Vermerk im Grundbuch wichtig ist. Es ist auch richtig, dass eine Streuungsquote vorgesehen ist, dass mindestens zehn Produkte enthalten sind. Das minimiert natürlich die Risken für die Anleger. Ebenfalls ein wichtiger Punkt ist – um ins Detail zu gehen –, dass die Haftung der Fondsgesellschaften und der Depotbank für die Schätzgutachter vorhanden ist, dass es auch Beschränkungen der Veranlagungen außerhalb der EU geben sollte, damit es nicht zu Geldflucht und Steuerflucht kommt.

Ich hoffe, dass der Gesetzentwurf die österreichische Immobilienlandschaft positiv ver­ändert und natürlich auch für den Wirtschaftsstandort Österreich eine entsprechende Impulsbelebung darstellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde schon gesagt, ich möchte das aber wiederholen: Das Ziel des Gesetzentwurfes ist es, den Abfluss von Vermögen, insbe­sondere in deutsche Immobilienfonds, zu verhindern, den Anlegerschutz zu verbessern und das Vertrauen der Anleger in die österreichischen Finanzmärkte zu stärken. Daher stimmen wir diesem Gesetzentwurf gerne zu. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

19.24

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bucher. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.24

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Immobilien-Investmentfondsgesetz ist sozusagen ein weiterer Meilenstein dieser ÖVP/FPÖ-Reformregierung. Ein jahrelanges Tauziehen wurde endlich zu Ende gebracht, erfreulicherweise auch ganz in Übereinstimmung mit den Oppositionsparteien. Das ist sicher erfreulich, weil, glaube ich, alle Kräfte erken­nen konnten, dass es hier um eine sehr wichtige Reform geht, die gemacht werden muss, um den Immobilienbestand in Österreich längerfristig mit neuen Impulsen zu versehen und abzusichern.

Die einzige Möglichkeit, heute in Österreich Immobilien-Wertpapiere zu veranlagen, bieten Immobilien-Aktiengesellschaften. Diese unterliegen aber nicht den strengen Be­stimmungen und Richtlinien, die Immobilienfonds beispielsweise im Vergleich dazu in Deutschland auferlegt sind. Daher gab es viele enttäuschte Anleger in den neunziger Jahren, die durch mangelnde Aufsicht über die Finanzierungsanlage der Investment­produkte zu Schaden gekommen sind. Es gibt nach wie vor einen ungebrochenen Trend zu Investmentfonds und Lebensversicherungen, der natürlich genutzt werden sollte.

Es geht, wie meine Vorredner schon gesagt haben, in diesem Zusammenhang darum, dass wir den Abfluss an Kapital ins Ausland stoppen und in Österreich entsprechende Maßnahmen treffen, damit das Kapital für Immobilien hier zum Einsatz gelangt.


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Es gibt schon aus dem Jahr 2000 eine Initiative, einen Antrag der Abgeordneten Firlin­ger und Stummvoll, die dieses Gesetz in Angriff genommen haben, was aber letztend­lich gescheitert ist. Heute aber wurde ein sehr wichtiger Schlussstrich gezogen, und wir werden diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

19.26

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.27

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! In der Tat, es ist sehr viel Konsens, jedenfalls so viel, dass wir uns irgendwie gefunden haben. Ich brauche nichts zu wiederholen von dem, was gesagt wurde. Trotz des Kon­senses möchte ich aber schon darauf hinweisen, Herr Kollege Stummvoll, dass unser Motiv, dieser Sache zuzustimmen, schon das primär intendierte ist – und da hoffe ich, das auch von Ihnen primär intendierte ist –, dass wir damit die inländischen Immobilien entsprechend fondsmäßig erfassen können, dass wir nicht nur die ausländischen gebündelt haben; mit all den komplizierten steuerrechtlichen Dingen, die uns zum Teil noch weiter verfolgen werden, denn neue Probleme werden aufgeworfen.

Ich will damit niemanden behelligen, denn das ist im Detail wirklich sehr kompliziert. Ich habe mich selbst auch mühsam belehren lassen müssen. Es scheint für mich so weit sinnvoll und in Ordnung, allerdings wenn eines der Hauptmotive aus Ihrer Sicht, Kol­lege Stummvoll, auch ist, dass wir hier für die – aus wiederum Ihrer Sicht – auszubau­ende dritte Säule in der Pensionsvorsorge besondere Anlagemöglichkeiten finden, so mag das auch möglich werden dadurch, aber das ist jedenfalls nicht unsere erste Intention.

Mir geht es, wie gesagt, um die verschiedenen Möglichkeiten der Bündelungen der in- und ausländischen Immobilien. Aber wenn Sie dann darauf verweisen, dass ohnehin immer mehr – der Markt wird es schon richten – hineingehen würden in die dritte Säule, dann müssen wir die Auseinandersetzung vielleicht nicht an einem andere Orte, aber an anderer inhaltlicher Stelle weiter führen, nämlich genau an dem Punkt, was wie hoch staatlich gefördert werden soll. Da haben wir eine unterschiedliche Meinung, denn dass jemand privat nicht nur vorsorgen kann, sondern unter Umständen auch soll, ist ja nicht der Punkt. Die Frage ist, wie viel der Staat dazuzahlen soll.

Wenn es in diesem Sinne mehr Möglichkeiten gibt, soll es auch recht sein, wir werden uns an anderer Stelle darüber unterhalten müssen, wohin die staatliche Lenkung den Schwerpunkt richtet. Wir haben da unterschiedliche Meinungen, aber das ist bei die­sem Gesetz nicht die erste Frage. Das wollte ich doch noch vermerkt wissen. (Beifall bei den Grünen.)

19.29

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


19.29

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist zum Immobilien-Investmentfondsge­setz ja schon einiges gesagt worden. Ich glaube, dass wir dieses Gesetz nun gemein­sam beschließen, hat eine enorm große Bedeutung, weil damit auch für den Anleger, für den Sparer ein Vertrauenssignal gesendet wird. Es ist eine wichtige Möglichkeit, die wir mit dem Gesetz jetzt für den Kleinanleger erschließen: die Chance, in ertrags-


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starke, sichere und langfristige Immobilien erstmals auf Basis eines österreichischen Gesetzes investieren zu können.

Es war daher auch sehr wichtig, dass gerade die Regelungen für den Anlegerschutz bei diesem Gesetz stark herausgebildet worden sind. Es ist nicht nur so, dass das Gesetz als solches den bewährten Prinzipien der bereits existierenden und sich hoher Attraktivität beim Anleger erfreuenden Investmentfonds folgt, sondern die gesamte Geschäftsgebarung wird von einer verpflichtend zu bestellenden Depotbank kontrolliert und unterliegt somit der Finanzmarktaufsicht. Die Wertermittlung der Fondsanteile ist im Gesetz ganz klar geregelt und erfolgt nach dem Rechenwertprinzip durch die Depot­bank, und die Liegenschaften in den Fonds werden einmal jährlich von zwei – ich be­tone: von zwei – unabhängigen Sachverständigen bewertet, und – und das war eine schwierige Diskussion, die mit den Banken geführt wurde – die Haftung der Depotbank für das Fehlverhalten des Sachverständigen ist sehr, sehr extensiv, tendenziell wohl schon etwas exzessiv, ausgeprägt. Unterm Strich sollte das jedenfalls ausreichendes Vertrauen erzeugen.

Lassen Sie mich abschließend noch einen Aspekt betonen: Gerade diese gesicherten Rahmenbedingungen, die wir jetzt schaffen, sollten auch zusätzliche wesentliche Impulse zur Investition in den Immobilienmarkt auslösen, denn wir wissen, wenn der Staat sich aus Investitionen und Förderungen zurückzieht, ist es notwendig und richtig, neue Möglichkeiten durch die Sammlung privaten Kapitals zu eröffnen. Wenn man das deutsche Beispiel heranzieht – da gibt es ja bereits reiche Erfahrung –, dann lässt sich in etwa ein Volumen von 5 bis 7 Milliarden € aus dieser Gestaltung des Immobilien-In­vestmentfondsgesetzes für die Zukunft erwarten. Das ist etwas, was dem Marktstand­ort Österreich, den Arbeitsplätzen in Österreich sehr gut tun wird.

Wir werden nach einer Phase der Markterfahrungen sehen, wie weit dieses Produkt vor allem gegenüber den deutschen Produkten tatsächlich voll wettbewerbsfähig ist. Es gibt in der Steuerdimension ein paar Aspekte, die möglicherweise in naher Zukunft zwecks Optimierung des Gesetzes noch einmal in diesem Hohen Haus zu diskutieren sein werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.33

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

 


19.33

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zum Inhalt dieses Gesetzes haben meine Vorredner, insbe­sondere Kollege Ikrath, eigentlich schon die Highlights herausgenommen. Ich möchte also auf Grund der fortgeschrittenen Stunde dazu nicht mehr viel sagen.

Es ist so, dass dieser Gesetzentwurf in seinen Grundzügen ja eigentlich schon seit vie­len Jahren in den Schreibtischladen des Finanzministeriums gelegen ist. Kollege Edlin­ger hat das nicht herausgelassen und hat es anscheinend, als er sein Amt übergeben hat, mitgenommen. Es waren vor allem Kollege Firlinger, der nicht mehr im Haus ist, und Kollege Stummvoll, die das sehr betrieben haben. Kollege Stummvoll kann heute den Erfolg hier mit genießen, Kollege Firlinger, der das auch sehr stark lobbyiert hat, ist heute nicht mehr da. Daher möchte ich ihm meinen besonderen Dank für seine Arbeit in dieser Materie auf diesem Wege noch abstatten.

Es ist schon erwähnt worden, dass dieses Gesetz dem rapiden Vordringen ausländi­scher Immobilienfonds auf den österreichischen Markt und auch der Nachfrage der österreichischen Anleger Rechnung trägt. Ich glaube, dass mit diesem Gesetz und mit der schon erwähnten jährlichen Prüfung durch zwei Sachverständige dem Immobilien-


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bereich etwas vom spekulativen Touch genommen wird und damit gezeigt wird, dass die Veranlagung in Immobilien auch für kleine Sparer in Kleinbeträgen ermöglicht wird.

Ich möchte sowohl der SPÖ als auch den Grünen danken, dass sie diesem Gesetz ihre Zustimmung geben und damit den Anlegern zeigen, dass hier wirklich der Konsumen­tenschutz und auch die Sicherheit der Anleger im Vordergrund stehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.35

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. – Bitte.

 


19.35

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Nach der doch hitzigen Debatte über die Bundesimmobilien ein etwas versöhnlicher Ausklang, was diesen Vier-Parteien-Konsens betrifft.

Es wurde lange verhandelt – das ist schon gesagt worden –, aber damit hat Öster­reichs Kapitalmarkt auch eine Produktpalette mehr. Den Banken steht damit wieder ein gewünschtes Segment zur Verfügung. Das Entscheidende ist, dass auch Kleininvesto­ren hiermit die Chance bekommen, in sichere Immobilien zu investieren. Auf dem An­legermarkt wächst natürlich die Nachfrage nach Produkten, vor allem auch nach Immo­bilien, weil sie vor allen Dingen als sicher gelten. Für viele ist der hohe Preis manchmal sehr abschreckend, aber dieses Segment gibt die Möglichkeit, dass man auch mit kleinen Ersparnissen durchaus eine entsprechende Rendite bekommt.

Es ist bereits gesagt worden, das zu beschließende Immobilien-Investmentfondsgesetz ist natürlich auch dazu da, mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Die sichere Veran­lagung wird durch eine jährliche Immobilienbewertung durch unabhängige Sachver­ständige gewährleistet. Auch die Finanzmarktaufsicht hat natürlich ihre Hand drauf.

Nach Einschätzung von Experten, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein Mangel an Anbietern nicht in Sicht. Neben den Banken drängen natürlich auch viele andere auf diesen Markt. 500 Millionen € könnten die neuen Immofonds nach Ein­schätzung von Experten jährlich erreichen. Je nach Höhe, was auch die Inflation betrifft, kann man durchaus mit einer Rendite von bis zu 7 Prozent rechnen.

Nicht nur Private und Kleinanleger werden einsteigen – vielleicht auch für Zwecke der Altersvorsorge, wie gerade vorher erörtert worden ist –, unter Umständen ist auch das Interesse von Pensionskassen ein beträchtliches, denn die wollen ja auch die im letzten Jahr beschlossene so genannte „Abfertigung neu“ entsprechend absichern.

Es ist, glaube ich, höchste Zeit, dass wir dieses Gesetz beschließen, es besteht näm­lich wirklich auch die Gefahr, dass man in Fonds anderer Länder abwandert. Das soll­ten wir doch verhindern.

Meine Damen und Herren! Diese Immobilienfonds sind im Anmarsch, und das ist gut so, sowohl im Interesse der Investitionskraft unserer Wirtschaft als auch natürlich in letzter Konsequenz im Interesse der Arbeitsplätze in unserem wunderschönen Land. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.38

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen!

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 139 der Beilagen.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Zwischenrufe bei der ÖVP in Richtung SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Kum­merer: Ihr braucht ja eine Mehrheit! Wir brauchen sie nicht!) – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetz auch in dritter Lesung ihre Zustim­mung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das Gesetz ist einstimmig auch in dritter Lesung angenommen.

11. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (34 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (140 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (36 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (141 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (37 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Großen Sozialistischen Libysch-Arabischen Volks-Dschamahirija über die Förderung und den Schutz von Investitionen (142 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 bis 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. (Unruhe im Saal. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Zu Wort hat sich niemand gemeldet, obwohl die Debatte eröffnet ist.

Ich komme daher sogleich zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag ge­trennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik der Philippinen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Inves­titionen, in 34 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierzu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen, in 36 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Großen Sozialistischen Libysch-Arabischen Volks-Dschamahirija über die För-


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derung und den Schutz von Investitionen, in 37 der Beilagen die Genehmigung zu er­teilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

14. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (45 der Beilagen): Abkommen zwischen Österreich und Belize auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (143 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (82 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Marokko zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen (144 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (87 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (145 der Bei­lagen)

17. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (89 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinde­rung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen samt Proto­koll (146 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (92 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Islamischen Republik Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (147 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Hiemit gelangen wir zu den Punkten 14 bis 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Der Herr Berichterstatter verzichtet auf eine Wortmeldung.

Die einzige Wortmeldung, die mir vorliegt, ist von Frau Abgeordneter Hagenhofer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.42

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute eine Reihe von Abkommen über den Schutz von Investitionen, aber auch über die Vermeidung der Doppelbe­steuerung. Wenn die Exportrate oder der Außenhandel Österreichs weiterhin wachsen


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soll, ist es notwendig, den Exporteuren gewisse Sicherheiten in diesen Bereichen zu geben. Wir werden diesen Abkommen zustimmen, weil es einfach notwendig ist und auch für die Sozialdemokratie selbstverständlich ist.

Allerdings bringen wir eine Kritik an, und ich bitte Sie, Herr Staatssekretär, in Zukunft vielleicht dahin gehend einzuwirken: Diese Abkommen zum Schutz von Investitionen oder zur Vermeidung von Doppelbesteuerung sind gut für Exporteure, aber es fehlt unseres Erachtens der Schutz der Arbeitsnormen. Ich würde Sie bitten, dass bei künf­tigen Musterschutzabkommen die internationalen Arbeitsnormen der ILO mit einge­arbeitet werden. Wir finden, dass nicht nur Investitionen und Besteuerung zu schützen sind, sondern wir halten es auch für notwendig, dass, wenn man davon ausgeht, dass der wichtigste Wachstumsmotor für Österreichs Exporteure Osteuropa ist, gerade in diesem Bereich internationale Mindestarbeitsnormen auch mit in diese Abkommen ein­bezogen werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Staatssekretär, ich hätte noch eine Bitte an Sie, beziehungsweise überbringe ich eine Bitte des Präsidiums vom Abgeordnetenhaus in Bosnien-Herzegowina und auch vom Präsidium des Völkerhauses, wo wir anlässlich des Besuches einer Delegation in Sarajewo gebeten wurden, das Doppelbesteuerungsabkommen mit Bosnien-Herze­gowina von österreichischer Seite her zu ratifizieren.

Ich bitte Sie, machen Sie im Finanzministerium Druck, um dieses Abkommen auch einer Ratifizierung zuzuführen, damit Bosnien-Herzegowina so wie andere osteuro­päische Staaten auch im Bereich der Vermeidung von Doppelbesteuerung und des Schutzes von Investitionen behandelt wird – vielleicht können Sie auch schon das neue Musterschutzabkommen einbeziehen – und dieses Abkommen im Sinne inter­nationaler Arbeitsnormen der ILO unterschrieben werden kann. – Ich bedanke mich. (Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen.)

19.45

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen mit Belize auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, in 45 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen mit dem Königreich Marokko zur Vermei­dung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Ge­biete der Steuern vom Einkommen, in 82 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen mit der Regierung der Republik Armenien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkom­men und vom Vermögen samt Protokoll, in 87 der Beilagen die Genehmigung zu ertei­len.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Ab­schluss des Staatsvertrages: Abkommen mit der Regierung des Staates Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen samt Protokoll, in 89 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen mit der Regierung der Islamischen Republik Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, in 92 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte die Damen und Herren um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies einstim­mig angenommen.

19. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (95 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Aserbaidschan über gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit in Zollsachen (148 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort hat sich niemand gemeldet.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 95 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

20. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (121 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Wasserbautenför­derungsgesetz 1985 geändert werden sowie das Hydrografiegesetz aufgehoben wird, und über den

Entschließungsantrag 160/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Ökologischen Hochwasserschutz und über den

Entschließungsantrag 161/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Schutz der österreichischen Wasserressourcen und über den

Antrag 40/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsge­setz 2002, das Wasserrechtsgesetz 1959 und das Bundesluftreinhaltegesetz 2002


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geändert werden (Gesetz über den Nachbarschafts- und Umweltschutz bei land­wirtschaftlichen Anlagen 2003), und über den

Entschließungsantrag 137/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringend erforderliche Maßnahmen zur Verbesserung der Nitratbelastung des Grundwassers in Österreich (166 der Beilagen)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 20. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Sima. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.49

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! An sich ist die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ins Wasserrechtsgesetz eine der größten und umfassendsten Novellen, die es in den letzten Jahren in diesem Bereich gegeben hat, und prinzipiell ist das Verschlechterungsverbot des Gewässerzu­standes und ist das Ziel, alle Gewässer EU-weit zu verbessern oder in einen guten Zustand zu bringen, eine positive Initiative für die Umwelt.

Leider, Herr Bundesminister – und wir haben es ja im Ausschuss sehr ausführlich dis­kutiert –, weist aber die Umsetzung ins österreichische Wasserrechtsgesetz aus unse­rer Sicht einige Defizite auf, weshalb wir der Novelle nicht unsere Zustimmung erteilen werden. Das tut mir persönlich sehr Leid, weil es sich an sich beim Wasserrechtsge­setz um eine potentielle Konsensmaterie handelt, nur ist die Vorgangsweise, wie das Ganze hier vor- und eingebracht wurde, für uns einfach nicht akzeptabel. Vor allem war das letzte Stadium der Beratung dieser Gesetzesnovelle unseres Erachtens zu kurz. Das alles ist einfach sehr schnell über die Bühne gegangen.

Ich möchte nur daran erinnern: Am 13. Juni erst wurde die Regierungsvorlage im Ministerrat beschlossen, und da sind doch noch einige Änderungen gegenüber dem Begutachtungsentwurf durchgeführt worden. Es hat allein 65 sehr umfassende Stel­lungnahmen im Begutachtungsprozess gegeben.

Ich verstehe die Eile auch deswegen nicht ganz, weil wir wirklich bis Dezember Zeit ge­habt hätten, die Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen. Es ist keine wirkliche Notwendig­keit gegeben, das noch vor dem Sommer hier durchzupressen. Ich hätte mir auch ge­wünscht, dass auch mit der Opposition über dieses Thema verhandelt worden wäre, weil ich glaube, dass es sich um eine potentielle Konsensmaterie handelt, wo es doch gewisse gleiche Ziele gibt.

Jetzt kurz zu den Kritikpunkten im Detail.

Ein Kritikpunkt, der uns besonders schmerzt, ist der § 12a. Hier geht es um die Defini­tion des Standes der Technik. Bisher galt bei allen Anlagen, dass der Stand der Tech­nik der höchste Stand der Technik sein muss, ohne Einschränkungen. Neu eingeführt wurde jetzt mit dieser Novelle, dass auch Kosten und Nutzen zukünftig eine große Rolle spielen sollen, und das ist aus unserer Sicht eine ganz klare Verwässerung. Das ist umso bitterer und umso bedenklicher, als gerade bei der Umsetzung einer Richt­linie, die eigentlich das Ziel hat, Verschlechterungen zu vermeiden, eine Verschlechte­rung mit eingeführt wird. Das widerspricht meiner Meinung nach den Intentionen der Wasserrahmenrichtlinie, und ich finde es sehr, sehr schade, dass Sie das hier eingeführt haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein weiterer Punkt, der uns sehr schmerzt, ist, dass der § 33 ersatzlos gestrichen wurde. Es gibt keinen Gewässerschutzbericht mehr, der bisher alle drei Jahre an die-


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ses Haus übermittelt werden musste. Mir ist klar, dass es diesen sechsjährigen EU-Bericht gibt, aber das Problem ist, dass eine ganze Gesetzgebungsperiode vergehen kann, vielleicht sogar zwei, je nachdem, wie lange eine solche Periode dauert, ohne dass es in diesem Haus einen entsprechenden Bericht geben wird. Und das ist für mich umso unverständlicher, als dieser Gewässerschutzbericht ja wirklich eine wichtige Grundlage auch für die weiteren Maßnahmen im Wasserbereich war. Er gab Auskunft über Grundwassernitratbelastungen, über die Gewässergüte et cetera.

Ich halte das wirklich für einen Fehler, und ich verstehe auch nicht, warum man sich lästige Berichte einfach so vom Hals schaffen will. Offensichtlich war das beim Gewäs­serschutzbericht der Fall, und das ist auch einer der Gründe, weshalb wir nicht zustim­men können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer spricht mit dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.)

Entschuldigen Sie, aber vielleicht könnten Sie Ihren kleinen Plausch etwas später fort­führen. Theoretisch sollte die Debatte hier ja mit dem Minister durchgeführt werden, Herr Kollege Molterer. (Abg. Grillitsch – auf leere Bankreihen in der SPÖ weisend –: Schauen Sie einmal in Ihre eigenen Reihen!)

Herr Kollege Grillitsch, es geht jetzt nicht um die Anwesenheit, sondern es geht darum, dass ich das gerne mit dem Minister debattiert hätte. Ich glaube, das ist auch der Sinn dieser Debatte, weil sonst können wir uns das Reden hier ersparen und uns gegen­seitig einen Zettel in die Hand drücken. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Ist das so uninteressant für Ihre Kollegen? Ist das Wasserrecht so uninteressant?)

Ich kehre jetzt zur inhaltlichen Debatte zurück; vielleicht könnten Sie das auch machen. Sie kommen sicher auch noch einmal dran heute, und dann können Sie Ihrem Rede­bedürfnis vom Rednerpult aus Ausdruck verleihen.

Besonders schwer wiegend – und das ist auch einer unserer Kritikpunkte – sind die vielen schwammigen Formulierungen in dieser Novelle, die teilweise darin begründet sind, dass es eine wortwörtliche Übersetzung aus dem Englischen ist, was auf Deutsch dann teilweise sehr ungenau und schwammig ist.

Ein Beispiel ist der § 104a, die Genehmigung von Neuanlagen betreffend, wo es heißt, es müssen alle praktikablen Vorkehrungen getroffen werden, um negative Auswirkun­gen zu vermindern. – Hier gibt es einen sehr, sehr breiten Interpretationsspielraum.

Oder: unverhältnismäßige Kosten. Hier hat man wirklich einen breiten Spielraum und kann eigentlich fast alles wasserrechtlich genehmigen. Das ist uns einfach ein biss­chen zu weit gefasst, und wir haben die große Sorge, dass es da zu einer Verschlech­terung in diesem sehr sensiblen und für uns sehr wichtigen Gewässerschutzbereich kommt.

Ich würde sagen, der § 104 ist so etwas wie ein Gummiparagraph geworden. Es kommt natürlich immer auf die Auslegung an, aber wir haben eben große Befürch­tungen, dass sich das in eine negative Richtung entwickelt.

Ich verstehe nicht, warum alle diese Änderungen enthalten sind, weil sie den Intentio­nen der Wasserrahmenrichtlinie diametral entgegenstehen. Ich finde es schade, denn diese Wasserrechtsgesetznovelle ist eine vertane Chance, Herr Bundesminister, und wir werden ihr aus den von mir genannten Gründen nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.54

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

 



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Stenographisches Protokoll
27. Sitzung / Seite 207

19.55

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Gleich zu Beginn, Frau Kollegin Sima: Schade, dass Sie, obwohl Sie im Ausschuss angekündigt haben, dass Sie es sich noch einmal überlegen werden, diesem Entwurf jetzt doch nicht zustimmen wollen oder können oder glauben zu können.

Ich denke, dass wir mit dieser Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie der EU in dieser Wasserrechtsgesetznovelle eigentlich einen Meilenstein setzen und einen Paradig­menwechsel vornehmen, was die Gewässerschutzpolitik anbelangt. Bisher war das doch immer sehr stark vom Schutz des Wassers vor Immissionen verschiedenster Schadstoffe geprägt. Jetzt geht schon die Richtlinie sehr stark in Richtung langfristige Planung, Abstimmung ökologischer, ökonomischer, sozialer Aspekte in einem integrier­ten Planungsprozess, also in Richtung Gewässermanagement umfassender Art, mit einem sehr langen Planungshorizont und unter Einbindung aller Betroffenen.

Ich denke, dieser Weg ist anspruchsvoll, er ist aber auch nicht ganz risikolos; das ist überhaupt keine Frage. Ich denke aber, dass es der absolut richtige Weg ist, wenn man wirklich noch Verbesserungen zu vernünftigen und vertretbaren Kosten bei den Gewässern und beim Gewässerschutz erreichen will. Wir haben ja schon viel erreicht; das soll man nicht unter den Teppich kehren. Wir haben viel erreicht. Wenn man aber zu vertretbaren Kosten noch Verbesserungen erreichen will, dann, glaube ich, ist diese Art des Zugangs, wie sie hier gewählt wird, genau die richtige.

Und zur Kritik, die Sie angebracht haben, Frau Kollegin Sima: Der ganze Prozess der Entstehung der Richtlinie und ihrer Umsetzung zieht sich jetzt schon über ein, zwei Jahre hin. Und zum Thema Eile: Wir müssen uns beeilen. Wir haben bis Dezember die Richtlinie umzusetzen, aber nicht nur in Gesetzesform, sondern auch nachfolgend mit einer Vielzahl von Verordnungen, und das ginge sich zeitlich einfach nicht mehr aus, wenn wir dieses Gesetz nicht noch vor der Sommerpause beschließen würden.

Dass der Wegfall des Gewässerschutzberichtes oder die Anpassung des Begriffes „Stand der Technik“ an Gewerbeordnung und Abfallwirtschaftsgesetz, die gleiche Ver­wendung dieses Begriffes der Grund für die Ablehnung sein sollen, das kann ich nicht ganz glauben. Ich wundere mich über Ihre Nicht-Zustimmung schon sehr, weil ich glaube, dass uns mit der Umsetzung der Richtlinie eigentlich ein großer Wurf zum Schutz des österreichischen Wassers und der Gewässer gelungen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.58

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

 


19.58

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Wertung – „schade“ – kann ich nur nehmen und wieder zurückgeben. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass es im Zuge des Begutachtungsverfahrens bezüglich der Kritikpunkte, die es im Vorfeld gegeben hat, einige Verbesserungen gegeben hat, aber unterm Strich überwiegen leider noch die nachteiligen Interpretationen dieser Richtlinie.

Es stimmt, die Wasserrahmenrichtlinie ist ein sehr, sehr großes Vorhaben. Sie geht von Planung aus, sie geht über einen sehr langen Zeitraum, und es ist nicht nur die Erhaltung eines Zustandes das Ziel, sondern es ist von Planung die Rede, von Bürger­beteiligung – also ein umfassendes Instrumentarium, mit dem man den Gewässerzu­stand in einer sehr umfassenden Sicht verbessern kann.


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27. Sitzung / Seite 208

Was sehr schade ist, ist, dass doch große Einwände leider bestehen geblieben sind, vor allem ein Einwand, der seit dem letzten Jahr, seit dem Hochwasser im August des letzten Jahres, in Österreich eigentlich einen größeren Stellenwert haben müsste, nämlich die Frage der Renaturierung, die Fragen: Wie gehen wir mit den Flüssen um? Welchen Platz geben wir ihnen? Mit welchen Hochwässern rechnen wir in Zukunft? Welche Planungsinstrumentarien können wir verbessern, um den Flüssen mehr Raum zu geben?

Ein Beispiel: Es ist sehr schade, wie wenig Mut man bei der Novellierung des Wasser­rechtsgesetzes bewiesen hat. Ursprünglich hat der Umweltminister selbst davon ge­sprochen, dass man in Zukunft den Hochwasserabflussbereich 30, dieses schreckliche Wort „HQ 30“, durch „HQ 100“ ersetzen und mit hundertjährigen Hochwassern rechnen möge, mit Retentionsflächen arbeiten und bei der Planung ansetzen möge. Das haben einige Bundesländer sehr gut gefunden, zum Beispiel das Land Salzburg, wo man es unverständlich findet, dass dann wieder die ersatzlose Streichung stattgefunden hat, bei Retentionsflächen und so weiter von einem hundertjährigen Hochwasser auszu­gehen.

Und was war der Auslöser dafür? – Dass einige Bundesländer den Konsultations­mechanismus angemeldet haben. Ich finde das sehr schade.

Bei anderen politischen Themen hat man sehr viel mehr Mut und sehr viel mehr Vehe­menz, über Meinungen drüberzufahren. Man hätte hier durchaus etwas mehr Konse­quenz bei diesem sehr sinnvollen Vorhaben an den Tag legen können.

Wir haben auch noch einmal versucht, von einer anderen Hochwassereinschätzung, von einem anderen Zugang zum Fluss und seinen Räumen auszugehen. Leider ist unser Abänderungsantrag in dieser Form abgelehnt worden.

Ich möchte noch ein paar andere Punkte erwähnen, die schade sind. Es gibt leider keine Garantie dafür, dass, vor allem was die Einleitung von Abwässern betrifft, der jetzige Zustand garantiert aufrecht erhalten wird. Wir werden weiter ein sehr behäbiges Instrument zwischen Bund und Ländern haben, weiterhin mit Umsetzungsdefiziten, Umsetzungsproblemen, die wir im Bereich Grundwasserschutz schon sehr lange haben. Und wir werden auch sehr wenig von den ganz offensiv positiven Elementen in das neue Wasserrecht übertragen.

Was die Grundwassersanierung betrifft, so wissen wir, dass das derzeitige Instrumen­tarium irrsinnig behäbig und schwerfällig ist. Da dauert es oft zehn bis 14 Jahre, bis man zu einer Grundwassersanierung kommt. Und ich sehe da keine wesentlichen Ver­besserungen und Beschleunigungen.

Was die gesamte Problematik Renaturierung und Hochwasser betrifft, so gibt es zwei Punkte, die eigentlich sehr einfach zu regeln gewesen wären, indem man gerade bei Regulierungsbauten den derzeitigen sehr strikten Kurs, den das Gesetz vorsieht, lockert. Man muss sich das so vorstellen: Wenn man einen Regulierungsbau hat und es eine Überflutung gibt, dann kommt man oft zu dem Schluss, der Fluss braucht ein­fach mehr Raum, und daher würde es wenig Sinn machen, dieses Regulierungsbau­werk immer wieder zu 100 Prozent aufzubauen.

Nach derzeitiger Rechtslage geht das aber nicht. Im Gegenteil: Alle Grundstückseigen­tümer rundherum haben einen zwingenden Rechtsanspruch darauf, diese Regulierung wieder voll in Stand zu setzen.

Das steht diametral zu der Konsequenz, die wir aus der Hochwasserkatastrophe ziehen sollten, nämlich dort, wo sich die Flüsse den Raum nehmen, ihnen diesen auch wieder zu geben. Das wäre sehr leicht möglich gewesen: mit § 50 und einer Lockerung dieses Instandhaltungsgebots der Regulierungen.


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27. Sitzung / Seite 209

Es gibt auch andere Dinge, mit denen wir nicht zufrieden sind, aber ich erspare mir das, weil ich jetzt wenig Redezeit habe. § 104a wurde schon erwähnt. Das ist dieser Genehmigungsparagraph, nach dem man weiterhin – egal, was vorher geplant war – im Endeffekt jedes Kraftwerk genehmigen kann. Dass man hier nicht einen engeren Radius nimmt, dass man hier nicht sagt, keine weiteren Stau-Stufen in „Natura 2000“-Gebieten, keine weitere Stau-Stufen in Nationalparks beziehungsweise ja zur Erhal­tung naturnaher Fließstrecken, das alles ist in der Bilanz sehr negativ und zwingt uns letztendlich dazu, dieser Vorlage nicht zuzustimmen.

Im Zuge des gesamten Paketes rund um das Wasserrechtsgesetz sind auch einige An­träge mit erledigt worden. Im Zusammenhang mit einem dieser Anträge, nämlich rund um das UVP-Gesetz und eine Novelle möchte ich noch einen Abänderungsantrag ein­bringen, weil es dringend ist und weil es ein Problem betrifft, das im Zuge dieser Dis­kussion auch heute behandelt werden kann, nämlich eine Umweltverträglichkeitsprü­fung im grenzüberschreitenden Zusammenhang mit dem Problem der Ausweitung des Einkaufszentrums Excalibur bei Kleinhaugsdorf. Hier soll ein zusätzliches Einkaufs­zentrum mit einer Öffnungszeit von 8 bis 22 Uhr an 365 Tagen des Jahres entstehen. (Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Ich möchte Ihnen nur sagen, es werden hier auch UVP-Anträge mit erledigt, und in diesem Zusammenhang möchte ich zu einer grenzüberschreitenden UVP einen Abän­derungsantrag einbringen. (Ironische Heiterkeit und ausholende Gesten des Abg. Kopf.) – Nein, das ist absolut korrekt! Sie können sich geschäftsordnungsmäßig gerne beschweren. Stimmen Sie lieber diesem Antrag zu! Ich glaube, das ist auch in Ihrem Interesse! (Beifall bei den Grünen.)

Es geht dabei um den Verstoß gegen die Espoo-Konvention. Es ist eine grenzüber­schreitende Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig und auch vorgeschrieben, und es gibt von Tschechien keine Ansatzpunkte, das zu tun, und es gibt von Österreich keine Ansatzpunkte, das einzufordern. Deswegen ist unser Antrag dahin gehend ge­richtet.

Er ist sehr umfassend, daher trage ich ihn nur in den Eckpunkten vor. Die Bundes­regierung wird eben aufgefordert, diese grenzüberschreitende UVP für dieses Projekt Kleinhaugsdorf einzufordern und auch durchzuführen, wie es dieser völkerrechtliche Vertrag auch vorsieht. Ich denke, das ist durchaus auch im Interesse der Regierungs­parteien, insbesondere der niederösterreichischen Abgeordneten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.04

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Frau Abgeordnete, auch wenn Sie darauf beharren: Einen Abänderungsantrag dieser Art kenne ich nicht! Mir liegt ein Antrag mit diesem Wortlaut vor, allerdings steht bei mir „Entschließungsantrag“ drauf. (Abg. Dr. Glawischnig: Ich korrigiere: Entschließungsantrag! Danke, Herr Präsident.)

Sollte es sich um diesen Entschließungsantrag handeln, den Sie verlesen haben, dann ist dieser ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. Er wurde in seinen Kernpunkten erläutert, wird schriftlich verteilt und dem Stenographischen Protokoll bei­gedruckt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sburny, Glawischnig, Freundinnen und Freunde betreffend einen dringend erforderlichen Vorstoß des Bundes für eine grenzüberschreitende UVP nach


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der Espoo-Konvention für mit potenziell gewässerbelastenden Folgen behaftete Groß­projekte am österreichisch-tschechischen Grenzübergang Kleinhaugsdorf/Hate

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei der Tschechischen Republik bezüglich der Einleitung eines grenzüberschreitenden UVP-Verfahrens zum Factory Outlet der Fa. Freeport am österreichisch-tschechischen Grenzübergang Kleinhaugsdorf/Hate umge­hend vorstellig zu werden.

Weiters ist für den auf tschechischem Gebiet in Planung befindlichen Themenpark am Grenzübergang Kleinhaugsdorf/Hate frühzeitig das Interesse der Republik Österreich an einem grenzüberschreitenden UVP-Verfahren anzumelden.

Seitens des Nationalrates der Republik Österreich wird von der Tschechischen Repub­lik erwartet, dass ein Betriebsbeginn für das Factory Outlet erst gestattet wird, nach­dem ein entsprechendes grenzüberschreitendes UVP-Verfahren abgeschlossen wurde. Es ist sicherzustellen, dass vor Beginn des Betriebs des Factory Outlets die Auswirkungen (insbesondere aufgrund des zu erwartenden grenzüberschreitenden Verkehrs) auf österreichische Schutzgüter untersucht und bewertet und auch die Par­teistellung österreichischer Bürgerinnen und Bürger gemäß den Verpflichtungen inter­nationalen Umweltrechts gewahrt wurden.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, die laut Espoo-Konvention vorgesehe­nen Streitbeilegungsverfahren einzuleiten, falls es zu keiner Einleitung eines grenz­überschreitenden UVP-Verfahrens zum Factory Outlet kommen sollte.

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft wird um die Umsetzung des gegenständlichen Entschließungsantrages und um entspre­chende Berichterstattung an den Nationalrat ersucht.

*****

 

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. – Bitte.

 


20.05

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Wasser und Wasserressourcen sind ein sehr sensibles Thema, und Ziele für die Erhaltung und Verbesserung der Wasserqualität sollten über alle Par­teigrenzen hinweg und frei von parteipolitischer Überlegung mitgetragen werden. (Bei­fall bei den Freiheitlichen.)

Ich finde es daher sehr schade, dass schon im Vorfeld von Sozialdemokraten und Grü­nen gesagt wird, dass sie dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen werden.

In den EU-Wasserrahmenrichtlinien werden klare Umweltziele festgelegt, durch die alle Gewässer vor Verschlechterungen bewahrt werden. Die Umsetzung dieser Richtlinien in der neuen Wasserrechtsgesetz-Novelle bietet ein sehr gutes Fundament für die Ge­wässerreinhaltung, wobei die Erreichung der Ziele natürlich sehr hohe Anforderungen an die Regierung stellt.

Der Schutz der Zukunftsressource Wasser muss wirklich auch in Zukunft ernst genom­men werden. Besonders ernst genommen wurde und wird das ja in Oberösterreich, wo seit mehrjähriger freiheitlicher Leitung des Wasserressorts die Wasserwirtschaft sehr fortschrittlich und erfolgreich durchgeführt wird.


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Durch Ausweisung von Grundwassersanierungsgebieten konnte eine Verbesserung der Defizite in der Grundwasserqualität erreicht werden. Das Projekt „Zukunft Trink­wasser“ führt dazu, dass durch Einbindung der Bevölkerung und sämtlicher Interes­senvertretungen die Sicherstellung der Versorgung mit Trinkwasser auch in Zukunft in Oberösterreich gewährleistet ist.

Für etwaige künftige Hochwasser wurde ein allumfassender Hochwasserschutzplan er­stellt, wobei einerseits ökologieverträgliche Schutzmaßnahmen in Angriff genommen oder berücksichtigt werden, aber auch technische Bauwerke zum Schutze des Sied­lungsraumes.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Wasserrahmenrichtlinie ist eine Planungsricht­linie, und statt starren Vorgaben gibt sie schrittweise Annäherungsprozesse zur Errei­chung der Ziele vor.

Die Umsetzung im Wasserrechtsgesetz wird daher auch in Zukunft ein Umdenken be­wirken. Man muss mit der Gefahr rechnen, dass schwer korrigierbare Fehlentwicklun­gen zum Nachteil für die Ökologie eingeleitet werden können. Dem muss man entge­genwirken, sodass die großen Chancen mit kreativen Maßnahmen genützt werden und ökologisch und ökonomisch ausgewogene Ansätze bringen.

Ich bringe im Folgenden einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Kopf, Witt­auer und Kollegen betreffend Schutz der österreichischen Wasserressourcen durch effizienten Planungseinsatz ein, den ich in seinen Kernpunkten erläutern möchte.

Es sind darin auch Forderungen der Opposition enthalten, die sich im Rahmen der De­batte des Ausschusses herauskristallisiert haben, sowie auch eine Forderung, die uns Freiheitlichen sehr wichtig ist, wenn es darum geht, dass Grundwasser dem Trinkwas­ser gleichgesetzt wird, sodass Grundwasser wieder als Trinkwasser verwendet werden kann.

Ein weiteres Anliegen, das speziell für Oberösterreich sehr wichtig ist, ist die Definition der Planungsräume, da lokale gute Maßnahmen durch Zusammenlegung von Pla­nungsräumen nicht beeinträchtigt werden dürfen. So ist auch in diesem Entschlie­ßungsantrag eine Überprüfung des Planungsraumes „Donau zentral“ vorgesehen, wo­bei gemeinsam mit den betroffenen Bundesländern dann noch einmal der Verwal­tungs- und Koordinationsaufwand in Zukunft überprüft werden soll. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In diesem Entschließungsantrag wird der Bundesminister ersucht, geeignete Maßnah­men und Mechanismen einzusetzen: im Sinne eines Zielcontrollings, damit wirklich ein ausgewogener Zustand erreicht und sichergestellt werden kann.

Besonderes Augenmerk soll vom Bundesminister auch auf die notwendige Anpassung von bestehenden Anlagen gesetzt werden, insbesondere jene der E-Wirtschaften – dies umso mehr, als Steigerungen der Nutzung erneuerbarer Energien aus Gründen der Kyoto-Ziele von besonderem Interesse sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle tragen Verantwortung, wenn es darum geht, den Wasserschatz für kommende Generationen zu sichern und diesen in einem wirk­lich guten Zustand zu hinterlassen.

Ich fordere Sie – gerade die Kollegen von der Opposition – auf, gemeinsam mit uns Verantwortung zu tragen, gemeinsam Verantwortung für unsere Wasserressourcen zu übernehmen – und fordere Sie daher auch auf, für diese Regierungsvorlage und für diesen Entschließungsantrag zu stimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

 


20.10


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27. Sitzung / Seite 212

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben von Frau Abgeordneter Ach­leitner in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag ist ausreichend unter­stützt und steht daher mit in Verhandlung. Gemäß § 53 Abs. 4 des Geschäftsordnungs­gesetzes wird er auch an die Abgeordneten verteilt und dem Stenographischen Proto­koll beigedruckt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kopf, Wittauer und Kollegen betreffend Schutz der österreichischen Wasserressourcen durch effizienten Planungseinsatz, eingebracht im Zuge der De­batte zu Punkt 20 der Nationalratssitzung am 8. Juli 2003

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht,

1. durch geeignete Maßnahmen und Mechanismen – neben der unzweifelhaft an­spruchsvollen Aufgabe der administrativ technischen Umsetzung der RL – im Sinne eines Zielcontrollings unter Einbindung der betroffenen Sektoren die Erreichung dieses ausgewogenen Zustandes auch im europäischen Gleichklang sicherzustellen. Dafür sind die von der EU vorgegebenen Rahmenbedingungen und Fristen zu nützen. Beim gesamten Prozess der Umsetzung der WRRL ist in enger Zusammenarbeit mit den be­troffenen Sektoren insgesamt und auch schon bei der Grundlagenerstellung vorzu­gehen.

2. in enger Zusammenarbeit mt den Bundesländern im Förderbereich der Siedlungs­wasserwirtschaft Änderungen herbeizuführen, die eine entsprechende diesbezügliche Entlastung der Gemeinden im Ländlichen Raum mit sich bringen werden.

Ausdrücklich wird in diesem Zusammenhang auf die derzeit schon geltenden Ausnah­mebestimmungen des WRG verwiesen, die eine sinnvolle und ökonomisch effiziente Vorgangsweise unter unbedingter besonderer Berücksichtigung der Finanzierungs­möglichkeiten der Gemeinden bei der weiteren Vervollständigung der Abwasserentsor­gung zum Wohle des Ländlichen Raumes, der dortigen Gemeinden und natürlich deren Bewohnern ermöglichen sollten. In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich auf die RL des Rates über die Behandlung von kommunalem Abwasser (91/271/EWG) Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 3mit folgendem Wortlaut verwiesen:

Ist die Einrichtung einer Kanalisation nicht gerechtfertigt, weil sie entweder keinen Nut­zen für die Umwelt mit sich bringen würde oder mit übermäßigen Kosten verbunden wäre, so sind individuelle Systeme oder andere geeignete Maßnahmen erforderlich, die das gleiche Umweltschutzniveau gewährleisten. Der oben genannte Bundesminis­ter wird aufgefordert, gerade im Ländlichen Raum diesen Aspekt auch unter Einbezie­hung von alternativen Reinigungsverfahren wie etwa Pflanzenkläranlagen oder andere praktikable modulare Klein- und Kleinstkläranlagen beim Ausbau der Abwasserentsor­gung besonders zu unterstützen. Auch ist die Steigerung des Ausbaugrades im Abwasserbereich im Lichte dieser Bestimmung einer Überprüfung zu unterziehen.

3. bei der Umsetzung der WRRL besonderes Augenmerk auf die allenfalls notwendige Anpassung von bestehenden Anlagen, insbesondere der E-Wirtschaft zu legen. Be­dingt durch die noch nicht ausformulierten ökologischen Zielsetzungen, deren Grund­lagen erst zu erarbeiten sein werden, könnten derartige Eingriffe wahrscheinlich wer­den. In diesem Fall sind rechtzeitig gemeinsam mit den betroffenen Sektoren kreative Lösungsansätze zu entwickeln, die soweit als möglich eine wirtschaftlich ausgegli-


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27. Sitzung / Seite 213

chene Umsetzung der Maßnahmen erlauben. Dies umso mehr, als die Steigerung der Nutzung erneuerbarer Energie aus Gründen der Kyoto-Ziele von besonderem Interes­se ist.

4. Ausgehend von einer gemeinsamen Maßnahmenkatalogentwicklung auch bei der Erstellung der kosteneffizientesten Maßnahmenkombinationen und damit des Nationa­len Gewässerbewirtschaftungsplanes auf eine enge Einbindung der Sektoren und berührter Bundesministerien, insbesondere des für Angelegenheiten der E-Wirtschaft zuständigen Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit sowie ds für die Bundes­wasserstraßenverwaltung zuständigen Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie Bedacht zu nehmen.

5. die Möglichkeiten einer weiteren Unterteilung des Planungsraumes „Donau zentral“ (eine rein verwaltungsinterne Einheit zu Bearbeitungs- und Koordinationszwecken) nach Vorliegen entsprechender Erfahrungen und Prüfung des daraus resultierenden Verwaltungsaufwandes, gemeinsam mit Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich, Steiermark, Wien und Burgenland sowie unter Beurteilung der internationalen Implika­tionen für den Planungsraum zu prüfen.“

*****

 

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


20.10

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Saubere Luft und gesundes, reines Trinkwasser sind – da sind wir uns, glaube ich, alle einig – die wichtigsten Voraussetzungen für ein gesundes und gutes Leben. Die Was­serrahmenrichtlinie der Europäischen Union ist deshalb eine sehr wichtige Maßnahme zum Schutze des Wassers. Nur: Bei der Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht zeigen sich zum wiederholten Male die Interessen der Lobbyisten. Diese haben nämlich durchgesetzt, dass beim Grundwasserschutz nicht mehr sehr gute flächen­deckende Trinkwasserqualität das Ziel ist. Mit der Ausräumung des Wasserwirtschafts­fonds in den letzten zweieinhalb Jahren sollen auch noch die Gemeinden sozusagen weich gekocht werden. – Obwohl ein äußerst hoher Investitionsbedarf in der Wasser­wirtschaft besteht, wurden die Förderungen erheblich gesenkt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn die Städte und Gemeinden die Finanzierung der notwendigen Investitionen aus diesem Grunde dann selbst nicht mehr schaffen, werden als Ausweg die heute kommunal organisierten Wasserver- und Entsorgungsbetriebe ebenso an Großinvestoren verkauft werden – wie dies ja bereits jetzt mit der verstaatlichten Industrie der Fall ist. Da, so meine ich, ist ein Wasser­rechtsgesetz, in dem das Verschlechterungsverbot der Wasserrahmenrichtlinie nur sehr ungenügend umgesetzt wurde, ein nicht unwesentliches Verkaufsargument.

In welche Richtung dieser Zug fährt, ist klar: Die Wasserwirtschaft soll in Zukunft pri­vatisiert werden. In diesem Zusammenhang denke ich etwa nur an den Verkauf der NÖSIWAG an die zu 49 Prozent privatisierte EVN in Niederösterreich.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Prinzip wird auch da von der sich derzeit im Amt befindlichen Regierung die Belastungspolitik fortgesetzt. Die Steuerlast als solche wird beibehalten, der Anteil der Steuermittel jedoch, die auf Umwegen wieder dem Men­schen zugute kommen, wird gesenkt.


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27. Sitzung / Seite 214

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Novelle des Wasserrechtsgesetzes garantiert nicht mehr den hohen Stand der Wasserreinhaltung in Österreich; darüber hinaus wird die unzureichende Grundwassersanierung weiter betrieben. Deshalb lehnen wir Sozial­demokraten diese Gesetzesvorlage ab. (Beifall bei der SPÖ.)

20.13

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner. – Abg. Ellmauer – auf dem Weg zum Red­nerpult –: Hoffentlich enttäusche ich dich nicht, Herr Kollege!)

 


20.13

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich wird von vielen Gästen, die zu uns kommen, wegen der hervorragenden Wasserqualität der fließenden und stehenden Gewässer bewundert. Mit der Novellierung des Wasserrechtsgesetzes wird die Umset­zung der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union durchgeführt.

Bei der Umsetzung dieser Rahmenrichtlinie und deren Evaluierung muss besonders auf die Verwaltungsvereinfachung und auf die sich in der Praxis als hemmend darstel­lenden Bestimmungen geachtet werden. Das langfristige Ziel dieser Richtlinie, einen guten Zustand sämtlicher Grund- und Oberflächenwässer in den Mitgliedsländern zu erreichen, ist in Österreich weitgehend erreicht. Die bisherigen rechtlichen Rahmenbe­dingungen haben einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung des österreichi­schen Wassers geleistet.

Mir als langjährigem Kommunalpolitiker ist es aber ein besonderes Anliegen, dass im Förderbereich, und zwar in enger Zusammenarbeit mit den Ländern, Änderungen her­beigeführt werden, die eine Entlastung der Gemeinden im ländlichen Raum mit sich bringen. Mit der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie soll eine schrittweise Ver­ringerung der Einleitung gefährlicher Stoffe in Gewässer aller EU-Länder, die Förde­rung eines nachhaltigen Wassergebrauchs und vor allem die Lösung grenzüberschrei­tender Wasserprobleme erreicht werden. Gewässer werden in Zukunft über jede Staats- und Verwaltungsgrenze hinweg ganzheitlich zu betrachten sein. Ziel ist der Schutz der Gewässer von der Quelle bis zur Mündung.

Mit dieser Novelle des Wasserrechtsgesetzes werden wichtige Ziele verankert; Fristen werden vorgesehen, ein Verschlechterungsverbot verankert; ein einheitlicher wasser­wirtschaftlicher Datenpool wird geschaffen. Diese Maßnahmen beweisen, dass der nachhaltige Schutz der Gewässer für diese Bundesregierung – wie schon bisher – auch weiterhin nicht nur ein Schlagwort ist. Unser geltendes Wasserrecht ist eines der strengsten in der Europäischen Union; eine weitere Verschärfung ist daher nicht nötig. Sehr wichtig ist aber eine regelmäßige Evaluierung.

Österreichs Wasserressourcen sind hervorragend, wobei besonders die wirtschaftliche Nutzung zunehmend von Bedeutung sein wird. Gerade deshalb werden jetzt, im „Jahr des Wassers“, vermehrt Aktionen gesetzt und eine umfassende Diskussion über Güte, Gebrauch und Verwendung unseres Wassers geführt.

Bundeskanzler Schüssel und Bundesminister Pröll haben mit der rot-weiß-roten Wasser-Charta wesentliche Punkte angesprochen. Sie haben einen Zielkatalog erstellt, der ein Bekenntnis zur Sicherung des Lebensraumes Wasser darstellt – und dem ich mich voll inhaltlich anschließe. Österreich hat Wasservorkommen in einer Menge und Güte, um die uns andere Länder beneiden. Die OECD stellt uns im Länderbericht ihres Umwelt-Monitorings ein sehr gutes Zeugnis aus. Ich zitiere daraus:


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27. Sitzung / Seite 215

Österreich kann auf die Güte seines Rohwassers für die Trinkwasserversorgung und die Güte des Trinkwassers selbst besonders stolz sein. – Zitatende.

Wir wollen gemeinsam mit der Bundesregierung auch unsere östlichen und nördlichen Nachbarstaaten unterstützen, damit deren Ressourcen verbessert werden. Mit dem hervorragenden Know-how unserer Wirtschaft auf diesem Gebiete sind wir gerne be­reit, unseren Nachbarstaaten zu helfen, die Vorgaben der EU-Wasserrichtlinie besser erfüllen zu können. Auch deshalb stimmen wir dieser Gesetzesvorlage gerne zu. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.17

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.17

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätztes Hohes Haus! Herr Abgeordneter Wittauer, gerne würden wir dieses Gesetz unterstützen, wir haben das ja bereits im Ausschuss ziemlich ausführ­lich erörtert und einige positive Dinge auch positiv angemerkt. Es sind darin ja auch immerhin Anregungen der Grünen aufgenommen worden, so zum Beispiel eine Be­standsaufnahme über den Zustand der Gewässer, was ja auch in der Wasserrahmen­richtlinie vorgesehen ist. Weiters: Ausmaß der Belastungen, Erhalt und Verbesserung des Zustands, aber, wie Kollegin Glawischnig schon erwähnt hat: nichts vom ökologi­schen Hochwasserschutz ist darin enthalten! HQ 100 wird nicht eingehalten, sondern das geht zurück auf HQ 30, obwohl auch die Salzburger sehr dafür gewesen wären.

Der besondere Schutz der österreichischen Wasserressourcen, den Sie, Frau Kollegin Achleitner, ja auch angesprochen haben, wurde in der Ausschusssitzung nicht beson­ders positiv beurteilt. Unser Entschließungsantrag wurde zwar zur Kenntnis genom­men, aber nicht unterstützt – und wird vermutlich auch nicht unterstützt werden. So viel dazu. Und ich kann nur sagen: schade, schade, schade! Man kann ja nicht immer nur von den anderen erwarten, dass sie bei allem mitmachen, selber möchte man aller­dings sozusagen nur das eigene Ei bebrüten.

Realität ist viel mehr, dass wir einen sehr guten Zustand unseres Trinkwassers haben, ganz im Gegensatz zu den Verhältnissen, unter denen viele Menschen auf dieser Erde leben müssen. 1,4 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu Trinkwasser; 2 Mil­liarden Menschen haben nur Zugang zu qualitativ schlechtem Trinkwasser. Deshalb haben wir auch unseren Entschließungsantrag zum Thema GATS mit eingebracht, um zu verhindern, dass im Rahmen dieser Dienstleistungsverhandlungen ein Ausverkauf österreichischer Wasserressourcen stattfindet.

Ich halte sehr viel davon, wenn das Know-how, wenn das Wissen der Österreicher diesbezüglich auch an andere Staaten weiter gegeben wird, aber wir müssen auch bei uns selbst anfangen. Realität ist beispielsweise, dass in Niederösterreich das Grund­wasser wie eh und je mit Nitrat belastet ist und viele Menschen nitrat-belastetes Trink­wasser nutzen müssen. Davor können wir auch nicht die Augen verschließen!

Deshalb muss ich leider sagen: Realität ist auch, dass die Genehmigung von grund­wasserbeeinträchtigenden Projekten betroffener LandwirtInnen von den Landesbehör­den übergangen beziehungsweise diese Menschen ausgeschlossen wurden. Es war uns auch ein großes Anliegen, dass die Öffentlichkeit der Verfahren gewahrt bleibt. – In ganz zentralen Dingen konnten wir also keine Einigung erreichen!


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27. Sitzung / Seite 216

Sie von den Regierungsparteien müssen ganz einfach zur Kenntnis nehmen: Sie können nicht von uns etwas erwarten, was Sie selbst in keiner Weise mit Anträgen sei­tens der Grünen machen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.20

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 


20.20

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Heute wird die EU-Wasserrahmenrichtlinie beschlossen. Ich möchte vorweg dem Ministerium und den Beamten gratulieren: Es war viel Arbeit, aber es war eine gute Arbeit, und dieses Gesetz kann und muss man positiv beurteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mit dieser Richtlinie ist es gelungen, in Zukunft für eine Verbesserung der Wasserquali­tät zu sorgen. Zentrale Punkte wie die Einleitung gefährlicher Stoffe in Gewässer unter Einbeziehung des nachhaltigen Wassergebrauchs werden in dieser Richtlinie umge­setzt. Auch wurde an den Lösungen gearbeitet, die die grenzüberschreitenden Was­serprobleme betreffen.

Die Schlagworte „Schutz von Land und Ökosystemen und Feuchtgebieten“ sind in die­ser Richtlinie – und das bedeutet Umweltschutz – beinhaltet. Umweltziele werden ge­nau definiert und festgelegt, um sicherzustellen, dass der ökologische und chemische Zustand der Oberflächengewässer und natürlich ein guter chemischer Zustand des Grundwassers auch in Zukunft gewährleistet sind.

Fristen und Stufen für die Umsetzung sieht dieses Gesetz vor.

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie enthält ein Verschlechterungsverbot, und das ist die Grundlage für einen einheitlichen wasserwirtschaftlichen Datenpool.

Ein Wermutstropfen – da gebe ich Ihnen von der Opposition Recht – ist die Abschaf­fung des alle drei Jahre vorgelegten Gewässerschutzberichtes. Ich persönlich hätte mir auch gewünscht, dass dieser weiterhin vorgelegt wird. Zumindest konnten wir Freiheit­lichen erreichen, dass der alle sechs Jahre erstellte Wasserrahmenrichtlinien-Bericht an die EU und auch an das Parlament weitergeführt wird.

Beim Expertenhearing wurde bemängelt, dass die österreichische Philosophie, Grund­wasser müsse Trinkwasser sein, aus dieser Novelle nicht mehr hervorgeht. Wir haben einen Entschließungsantrag eingebracht, der ganz klar definiert: Grundwasser muss Trinkwasser sein, oder es sollte zumindest die Zielsetzung Trinkwasser sein.

Es war schwierig, diese Gesetzesnovellierung mit dem heutigen Tag umzusetzen. Die Wasserkraftwerke mussten mit eingebunden werden, zu viele verschiedene Interes­sen, wie Länderinteressen und Fischereiinteressen, und das Wichtigste, unsere Natur, mussten berücksichtigt werden. Alle Interessen wurden vertreten, und ich weiß, wie schwierig es für die Beamten war, diese Interessen in dieses Gesetz mit einzuarbeiten. Schlussendlich haben aber am meisten die Natur und der Umweltschutz dabei gewonnen.

Mit der österreichischen Umsetzung dieser EU-Wasserrahmenrichtlinie werden wir wie­der Vorbild in Europa sein. Alle Maßnahmen für die Umwelt waren und sind nach An­sicht von uns Freiheitlichen wichtig, und ich fordere Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, auf, dieser Gesetzesvorlage die Zustimmung zu geben. Es ist ein gutes Gesetz, und ich glaube, auch die Opposition könnte damit leben. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)


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27. Sitzung / Seite 217

Damit würden Sie ein deutliches Signal zum Wohle unserer Umwelt und somit zum Wohle der Österreicherinnen und Österreicher setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

 


20.24

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Wasser und Umwelt! Habe ich das jetzt alles umfassend ge­sagt? Sie haben heute einmal auf der ... (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das ist um­fassend, aber nicht in der richtigen Reihenfolge!) – Nicht in der richtigen Reihenfolge. Sehr geschätzte Damen und Herren, die Sie sich noch für Wasser interessieren! Ich möchte noch ganz kurz auf die Ausführungen der Frau Kollegin Achleitner eingehen, die da gemeint hat, in Oberösterreich wäre das alles so vorbildlich, da gebe es jetzt einen Hochwasserschutzplan. – Den gibt es, aber ich lade Sie ein: Kommen Sie einmal und schauen Sie sich an, was dieser Plan bis jetzt bewirkt hat! – Nichts!

Dann haben Sie auch noch gesagt, die ersten Grundwassersanierungsgebiete hätte es in Oberösterreich gegeben. – Das Erste, das verordnet wurde, war das Grundwasser­sanierungsgebiet Machland Ost. So schnell, wie es verordnet wurde, verschwand es wieder, weil man nämlich draufgekommen ist, dass da der Bund und das Land zu viel an Entschädigungen zu zahlen hätten. Und damit hat man das Sanierungsgebiet fallen lassen. (Abg. Gradwohl: Ganz schön „vorbildlich“!) Jetzt liegt die Last wieder auf dem Wasser produzierenden Verband und damit auf den Bürgern. – So viel nur zu dem, wie es in Oberösterreich zugeht. Aber das ist nicht mein eigentliches Thema jetzt.

Mein Thema ist das neue Wasserrechtsgesetz – wiederum ein Meilenstein, wobei das mit den Meilensteinen schön langsam gefährlich wird für die Bürgerinnen und Bürger, die fliegen nämlich so tief. Und hier drinnen fand ich interessante Begriffe, Überschrif­ten wie „Wasserinformationssystem Austria ist geplant“ – hätten wir voriges Jahr ge­braucht, bessere Informationen. Ich denke zum Beispiel an diese Sache mit ADONIS – die ist in der Zwischenzeit wieder weg –: Die hat mit dem nichts zu tun, aber: Informa­tion wäre wichtig.

Flusseinzugsgebietspläne wird es geben, nationale Gewässerbewirtschaftungspläne – etwas ganz Entscheidendes – und dazu Maßnahmen. Aber das alles wird es erst ab 2009 geben. Bis dorthin darf kein Wasser kommen, vor allem kein Hochwasser.

Dann lese ich in § 38 (3), glaube ich, ist es, so schön – wie heißt es da?; ich habe mir das extra mitgenommen –: Als Hochwasser-Abflussgebiet gilt das bei 30-jährigem Hochwasser überflutete Gebiet. – Also da habe ich schon einmal leise verhofft, durch­geatmet: 30-jähriges HQ. Was bedeutet das? – Das nehmen die Leute schon sehr, sehr leicht. Das 100-jährige wäre zumindest eine Basis, und voriges Jahr hatten wir ein 200-jähriges, von dem redet man gar nicht.

Ich habe da den leichten Verdacht, dass man hier die Untergrenze möglichst tief an­setzt, um bei Maßnahmen nur ja nicht zum Zahler zu werden. Und apropos Zahler – das sieht man jetzt sehr deutlich –: Bei den Wiedergutmachungen, bei den Sanierun­gen stelle ich fest, dass das Geld sehr, sehr spärlich fließt – in Oberösterreich zumin­dest; wie es in Niederösterreich ausschaut, weiß ich nicht. Die Gemeinden finanzieren vor, das Land kann nicht zahlen, weil der Bund säumig ist. Der Herr Finanzminister sagt aber in einer Anfragebeantwortung: Na ja, die Länder können ja Vorschüsse haben und wir zahlen so quasi alles, was uns die Länder vorlegen. – Ja, bitte, wo ist dann dieses Geld?! – Die Leute warten darauf, auch Privatleute warten darauf!


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Dazu noch Folgendes: Wir haben ein Riesenproblem: Oberösterreich. Da gibt es Ent­schädigungen, so um die 40 Prozent, aber die bekommen Sie nur dann, wenn Sie 100 Prozent belegen. Jene, die vielleicht schon mit Schulden in das Hochwasser ge­gangen sind, um das einmal so zu sagen, müssen jetzt wieder Kredite aufnehmen, damit sie diese 40 Prozent an Entschädigungen bekommen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist nicht vorbildhaft, da gibt es andere Möglichkeiten und andere Methoden! – Leider ist meine Redezeit gleich aus.

Ich habe jetzt noch eine letzte Frage, und damit bin ich´s, an Sie, Herr Bundesminister: Der Herr Finanzminister und der Herr Bundeskanzler haben im Vorjahr und heuer in der Budgetdebatte wieder davon gesprochen, dass die Republik Österreich auf sechs Abfangjäger verzichtet, weil wir Hochwasser hatten. Können Sie mir sagen, wann jetzt endlich die Hochwasseropfer über diese Mittel verfügen werden, die wir uns da laut Finanzminister und Kanzler eingespart haben? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

20.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­langt Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte.

 


20.28

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Europäische Union hat mit der Wasserrahmenrichtlinie im Jahre 2000 vollkommen neue Wege in der europäischen Gewässerpolitik beschritten. Es ist darin festgelegt, wie wir gemein­sam europaweit Wasserschutz-, Wassernutzpolitik machen sollten. Wir sind mit der Wasserrechtsgesetz-Novelle nun darangegangen, diese Wasserrahmenrichtlinie, die in vielen Punkten entscheidende Verbesserungen bringen wird, auch in nationales Recht umzusetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Wasserrechtsgesetz-Novelle ist aus Sicht der Wasserpolitik tatsächlich ein Meilenstein. Wir implementieren erstmals klar und deutlich ökologische Kriterien im Wasserrechtsgesetz, wir beteiligen die Öffentlich­keit in der Diskussion um die Maßnahmenpläne beim Monitoring wesentlich stärker, als das in der Vergangenheit der Fall war. Umwelt-, Naturschutzverbände bis hin zur Wirt­schaft, verschiedene Interessengruppen werden sich an der Diskussion über die Was­serpolitik aktiv beteiligen können. Das Verschlechterungsverbot in diesem Wasser­rechtsgesetz ist ebenfalls ein entscheidender Vorteil für die Zukunft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn nun davon gesprochen wird, diese Wasserrechtsgesetz-Novelle würde zu rasch, also überfallsartig kommen, dann kann ich nur dagegenhalten: Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union im Jahr 2000, Diskussion in Österreich zwei Jahre lange mit allen Interessenverbänden auf Länder- und Gemeindeebene, mit allen Betroffenen, sechs Wochen Begutachtung der Wasser­rechtsgesetz-Novelle, dann auch Angebot des Ressorts an alle Klubs – manche haben das frühzeitig, manche etwas später wahrgenommen –, Experten zu hören und über diese Materie zu diskutieren. Wir haben dann auch noch viele Änderungen aufgenom­men. Ein Experten-Hearing gab es im Ausschuss. Ich glaube, transparenter kann man bei einer Gesetzesnovelle nicht mehr vorgehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was sind die wesentlichen Neuerungen? – Wir setzen neue Standards in der Ökologi­sierung der Gewässerpolitik. Wir gehen weg vom punktbezogenen Ansatz der Bewer­tung im Wasserrechtsgesetz hin zu einer ganzheitlichen Politik, Flussräume abzugren­zen, Regionen abzugrenzen, in Europa grenzüberschreitend zu denken. Ich halte das für eine wichtige Entwicklung. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das alles, weil Wasser unser wichtigstes Lebensmittel ist, weil wir in Österreich hier auf einem Schatz sitzen und weil das Wasser auch eine Riesenchance für unsere Zukunft ist.


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Aber, meine Damen und Herren, wir haben auch Verantwortung wahrzunehmen. Wir haben das in der Vergangenheit getan. 99 Prozent der Bevölkerung beziehen ihr Wasser aus Quell- und Grundwasser, weltweit einzigartig! 86 Prozent der Bevölkerung haben ihre Haushalte an Abwasserreinigungsanlagen angeschlossen. Auch da wurden ökologische Meilensteine in der Vergangenheit gesetzt. 87 Prozent der Fließgewässer haben mindestens die Güteklasse II. 1998 waren es nur 81 Prozent. In so einem kurzen Zeitraum eine spürbare Steigerung! Man sieht, dass auch das Wasserrechts­gesetz bis jetzt seinen Sinn erfüllt hat, und ich sage, die Wasserrechtsgesetz-Novelle wird einen weiteren qualitativen Sprung nach vorne bringen.

Alle Seen in Österreich haben Badewasserqualität, viele Seen Trinkwasserqualität. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir nützen derzeit 3 Prozent unseres Was­serdargebots.

Wir haben jetzt mit dieser Wasserrechtsgesetz-Novelle, die wir heute hier besprechen und behandeln, das beste Fundament für die Wasserzukunft Österreichs gelegt. Wir haben im Wasserrechtsgesetz auch mitgedacht, im Sinne der Bevölkerung keine zu­sätzlichen bürokratischen Barrieren aufzubauen, sondern es schlank, aber trotzdem effizient zu gestalten und umzusetzen. Wir werden mit dem einheitlichen wasserwirt­schaftlichen Datenpool, Wasserinformationssystem Austria – es wurde angespro­chen –, für die Planung eine ganz neue Grundlage im Datenmaterial schaffen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird auch alle sechs Jahre einen Bericht an das Hohe Haus geben, nämlich den Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan, den wir nach den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie jedenfalls konsequent umsetzen und auch öffentlich präsentieren werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden in der Frage Schutz des Wassers vor den Gefahren des Menschen – Verschmutzung! – mit dem Wasserrechtsgesetz neue Maßstäbe setzen können, so wie wir das auch nach dem Hochwasser des letzten Jahres Punkt für Punkt umgesetzt haben. Wir werden mit dem Wasserrechtsgesetz die Grundlage auch dafür schaffen – und haben dies bereits getan –, wie wir zukünftig Wasser in Österreich auch effizient nutzen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf diese drei Fragen: Schutz des Wassers vor den Menschen, Schutz der Menschen vor dem Wasser und wie nutzen wir zukünf­tig Wasser, gibt diese Wasserrechtsgesetz-Novelle die richtige Antwort. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.34

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


20.34

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit einer umfassenden Novellierung des Wasserrechtsgesetzes setzen wir die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union gerade noch rechtzeitig um. Mir per­sönlich gefällt der Zugang, dass wir hier eine Gesamtsicht des Wassereinzugsgebietes haben, wesentlich besser, als dass man, so wie bisher, in Einzelaspekten dieses Bild betrachtet.

Wohin solche Einzelbetrachtungen führen können, dafür ist für mich immer ein See ein krasses Beispiel, und zwar der Aral-See in Kasachstan, der vor 40 Jahren an und für sich noch eine florierende, schöne Landschaft um sich gehabt hat und heute eine Salz­wüste ist, wo die Hälfte der Oberfläche und zwei Drittel des Volumens verloren gegan­gen sind, hervorgerufen dadurch, dass man Flüsse umgeleitet beziehungsweise das Wasser für eine intensive Monokultur, nämlich Baumwolle, genutzt hat.


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Wenn Sie nun meinen, das ist ein Aspekt, der bei uns absolut nicht in Frage kommen könnte, dann, glaube ich, stimmt das nur bedingt, denn es gibt ganz konkrete Pläne, zum Beispiel dass man Wasser aus der Raab in den Neusiedler See fließen lassen will. Diese Pläne sind schon relativ weit gediehen. Da könnte man noch sagen, das ist zumindest das gleiche Wassereinzugsgebiet. Gleichzeitig haben aber die Ungarn auch Pläne, dass sie Wasser aus der Raab sogar in den Plattensee einleiten wollen. In bei­den Fällen sinken die Spiegel der Seen, und man bangt hauptsächlich um den Touris­mus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sehen schon, ich habe weniger Sorge um die Wasserqualität. Diese wurde bis jetzt einige Male angesprochen. Ich persönlich glaube, dass das stimmt, was unser Bundesminister gesagt hat – und das ist auch nachgewiesen –, dass die Wasserqualität insgesamt eine relativ hohe ist auf Grund der hohen Rate der Abwasserentsorgung, auch auf Grund des Rückgangs verschiedener Einträge aus der Landwirtschaft, sodass wir hier, glaube ich, weniger Sorge haben müssen als in vielen Teilen Österreichs um die Menge des Wassers. Da heute schon verschiedentlich angesprochen wurde, dass wir relativ geringe Ernten haben: Das hängt mit den derzeit relativ geringen Niederschlägen zusammen. Dann kommt aber auch schon der Aspekt dazu, dass man, wenn man bewässern will, schon auf den Grundwasserkörper, auf das Wasser insgesamt Rücksicht nehmen muss. Da gibt es sehr gegensätzliche Entwicklungen.

Das sei an einem Beispiel, meinem Heimatfluss sozusagen, der Lafnitz, aufgezeigt: Das ist ein Fluss, der kaum reguliert, der sehr naturbelassen ist, wo passiver Hochwas­serschutz erstmals ausgeführt wurde und sich sehr positiv bewährt hat, wo man ein Ramsar-xFeuchtgebiet hat, wo man ein Life-Projekt bereits abgewickelt hat und ein weiteres installieren will. Dennoch haben wir auch dort große Probleme, dass auf Grund der mangelnden Wasserführung Brunnen versiegen, beziehungsweise gibt es Nutzungskonflikte, dass man ganz einfach bewässern, andererseits aber ein Ramsar-Schutzgebiet, ein Feuchtgebiet aufrechterhalten will.

Deswegen bin ich sehr froh darüber, dass man hier eine Gesamtsicht des Wasserein­flussgebietes hat, weil ich glaube, dass das wichtig ist, wobei ich aber abschließend dazu sagen möchte, dass ich glaube, dass es diese Gesamtsicht durch die Wasser­wirtschaft und den Wasserbau Österreichs bis jetzt bereits gegeben hat. Was wir jetzt mit diesem Gesetz machen, ist, dass wir diese Zusammenschau auf eine rechtliche Basis stellen und dadurch die bestmöglichen Maßnahmen aus der Gesamtsicht setzen können. Und deswegen glaube ich, dass das ein großer Schritt für unser Wasser in Österreich ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.38

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

 


20.38

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Hohes Haus! Bevor hier alles einschläft, vielleicht ein paar Anführungszeichen. Gott sei Dank sind doch noch einige bei der Sache. Der Herr Bundesminister hat in seinem Beitrag ... (Abg. Schieder: Was­ser am Abend fördert einen gesunden Schlaf!) – Das ist grundsätzlich eine gute An­regung.

Zur Feststellung, dass das Wasser in Österreich überall so toll und super wäre, wie das Herr Bundesminister Pröll hier gebracht hat: Das ist leider nicht der Fall, weil eben sehr viele Menschen in Österreich Wasser auf Basis der Trinkwasserausnahme-Verordnung trinken müssen, das heißt: Wasser, das nicht den Richtlinien entspricht. Das wissen Sie, Herr Bundesminister, das ist nachzulesen in den Gewässerschutzberichten. Es ist


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aus unserer Sicht besonders schade, dass dieser Gewässerschutzbericht mit dieser Novelle eingestellt wird, nämlich eingestellt in dieser Frequenz von drei Jahren. Herr Bundesminister! Die Aufrechterhaltung dieses Erscheinungsrhythmus wäre eigentlich notwendig gewesen, um hier die entsprechende politische Diskussion führen und auch das Controlling ordentlich durchführen zu können. (Der Redner hebt das Wasserglas.) Also auf das Wasser! (Abg. Schieder: Die 2. Hochquellenwasserleitung ist sehr gut!) – Ja. das schon. Aber das kommt bekanntermaßen aus den Alpen, und dort ist die Situa­tion sicher besser.

Zur Güteklasse der Gewässer in Österreich: Herr Bundesminister, wir haben sehr wohl auch eine Verschlechterung, nämlich im Bereich der Gütekasse I, das heißt bei der besten Wasserqualität unserer Flüsse. In den Jahren 1966, 1971 hatten noch 15 Pro­zent Güteklasse I, 2001, 2002 waren es nur noch 6 Prozent. Das heißt, gerade im ländlichen Raum sind diffuse Einträge – offensichtlich in geringer Ausformung, aber doch – der Fall. (Abg. Wittauer: Der Minister schläft ein!) – Ich versuche ja, ihn munter zu halten.

Gerade im ländlichen Raum gibt es also diffuse Einträge, und da muss man sich kon­kret die Frage stellen, ob die Abwasserentsorgung, wie sie derzeit weiterentwickelt werden soll, wirklich die Probleme beim Schopf packt und effizient und ökonomisch ist.

Herr Bundesminister! Wir haben inzwischen einen Anschlussgrad von 86 Prozent. Im Jahr 2002 haben wir 2500 Projekte, also die größte Anzahl an Projekten abgewickelt, und wir müssen registrieren, dass in diesem Sektor seit 1993 um die 10 Milliarden € investiert wurden. Gott sei Dank, sage ich einerseits, andererseits muss man aber be­denken, dass in den Jahren 2003 bis 2015 weitere 8 Milliarden notwendig sein wer­den – nach Auskunft der Kommunalkredit, die Befragungen bei Gemeinden und In­teressentenkreisen durchführt.

Hier – das muss man schon sagen – wurde die Chance der Wasserrechtsgesetz-No­velle zur Verbesserung und Nutzung von Abwasserentsorgungsmaßnahmen im länd­lichen Raum, die kostengünstiger sind, zum Setzen entsprechender Maßnahmen nicht genutzt. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Möglichkeiten von Verrieselung und Versickerung oder an die Notwendigkeit der Harmonisierung im Bereich Varianten­untersuchung und Wasserrechtsgesetz, Herr Bundesminister.

Insofern begrüße ich sehr wohl die Vorschläge in Ihrem Entschließungsantrag, Kollege Wittauer beziehungsweise Kollegin Achleitner, die das vorgestellt hat, dass man im ländlichen Raum neue Wege in der Abwasserentsorgung geht. Meine Damen und Herren! Wenn Sie das ernst meinen, ist es aber notwendig, dass man das Umweltför­derungsgesetz ändert, dass man die technischen Richtlinien ändert, damit bäuerliche und genossenschaftliche Abwasserentsorgungsprojekte im ländlichen Raum möglich werden. Sie sind kostengünstiger, Herr Bundesminister, und zwar weitaus kostengüns­tiger. (Abg. Eßl: Lesen!) Diese Projekte werden derzeit behindert durch die Art und Weise der Abwicklung. Der Rechnungshof hat ja letztes Jahr in vielen Anmerkungen ganz klar seine Meinung dazu geäußert, aber diese Vorschläge haben Sie auch nicht berücksichtigt.

Abschließend: Ökologischer Hochwasserschutz ist aus unserer Sicht überhaupt nicht umgesetzt. Wenn wir uns die praktische Arbeit der letzten Monate anschauen – ich komme aus Oberösterreich –: Pflegerückstände wurden – unter Anführungszeichen – „beseitigt“, indem ganze Biotope niedergewalzt wurden. Das kann nicht Hochwasser­schutz sein!

Herr Bundesminister, ich lade Sie ein: Kommen Sie nach Oberösterreich an die Krems, um zu sehen, was dort wirklich gemacht wurde. Pflegerückstände der letzten 30 Jahre wurden quasi mit einem Strich beseitigt, indem man sämtliche Ufergehölze völlig undif-


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ferenziert abgeholzt hat. Das ist Unsinn! (Ruf bei der ÖVP: Wo?) Kommen Sie, ich zeige Ihnen das, denn das ist ein zentrales Problem der Hochwasser-Aufarbeitung!

Meine Damen und Herren! Insofern wäre Renaturierung die Antwort. Doch diesbezüg­lich vermissen wir jedwede Prioritätensetzung seitens des Ministeriums. (Beifall bei den Grünen.)

20.43

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.44

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Abgeordneter Heinzl hat behauptet, dass der Hochwasserschutzplan in Oberösterreich nichts bewirkt habe. – Das ist unrichtig!

Tatsache ist, dass der Hochwasserschutzplan, den ich hier in Händen halte, erst auf Grund des Hochwassers 2002 erstellt wurde und seine Wirksamkeit erst entfalten muss. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Das war nicht der Kollege Heinzl!)

20.44

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.

 


20.44

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist ein bisschen schade, dass man, wenn man in die Reihen schaut, nur noch zwei Umweltsprecher von den vier Parlamentspar­teien hier sitzen sieht. Frau Dr. Glawischnig scheint es sich anders überlegt zu haben, und ... (Abg. Mandak: Österreich-Konvent, Herr Kollege!) – Die Umwelt ist wichtiger in diesem Falle, würde ich sagen. (Abg. Mag. Gaßner: Wie sagt der Walch immer? Denken – und erst dann reden!)

Wenn wir über die Wasserrechtsgesetz-Novelle und das Wasser sprechen, sollten wir, glaube ich, auch über den Gewässerschutz sprechen. Es ist sehr schade – wir haben das im Ausschuss intensiv diskutiert –, dass es in Zukunft keinen Gewässerschutzbe­richt mehr gibt. Wir haben aber mit dem Koalitionspartner Konsens dahin gehend her­gestellt, dass wir auch in Zukunft Informationen darüber erhalten, wie es um unsere Gewässer bestellt ist, da diese Gewässer für unsere Umwelt sehr wichtig sind.

Im Ausschuss wurde auch darüber diskutiert – Frau Kollegin Sima hat das angespro­chen –, dass die Landwirtschaft sozusagen der Hauptverursacher der Nitratbelastung und der Probleme wäre. Ich habe mir das jetzt im Detail angeschaut und muss sagen: Es stimmt, Frau Kollegin, dass in den Intensivgebieten zum Beispiel in Niederöster­reich und im Burgenland die Landwirtschaft sicherlich problematisch ist. Ich möchte aber einem meiner Vorredner, ich glaube, Kollege Schultes war es, Recht geben und das unterstreichen, was ich schon im Ausschuss gesagt habe: Man muss auch die andere Seite der Medaille sehen. Die Landwirtschaft ist sicherlich auch ein Garant für sehr viel gesundes und für sehr viel sauberes Wasser, nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Forstwirtschaft, und die Forstwirtschaft spielt ja bei uns eine zentrale Rolle.

Wir haben aber auch das Problem der Abwässer speziell in den ländlichen Gebieten. Wir haben das Problem, dass es aus ökonomischer Sicht heutzutage sehr oft nicht mehr sinnvoll erscheint, die Erschließung mit den verschiedenen Kanalisationen bis in das letzte Gehöft und bis in den letzten Weiler durchzuführen. Daher sollte man in die-


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ser Hinsicht auch neue Wege gehen. Es wurde auch diskutiert, dass man auf Grund der angespannten Finanzsituation in den Landgemeinden und auf Grund der besonde­ren Berücksichtigung für den ländlichen Raum auch ruhig einmal dazu übergehen sollte, hier Alternativen zu suchen, Kleinkläranlagen, Pflanzenkläranlagen, und neue Wege zu gehen.

Ich glaube, das ist ein Ansatzpunkt, wo wir auch einen breiten Konsens finden werden, weil das sicherlich im Interesse aller ist, die in diesem Gebiet leben.

Im Bereich der Umsetzung der geplanten Wasserrechtsgesetz-Novelle gibt es noch einen sehr schwierigen Punkt, über den heute noch nicht gesprochen wurde, nämlich die Finanzierung. Es wird darüber diskutiert, dass natürlich zusätzliche Kosten für die Länder und Kommunen entstehen werden. Ich glaube, dass es gerade für einen Ver­treter aus dem ländlichen Raum sehr wichtig ist, dass die Bundesregierung, der zu­ständige Minister, aufgefordert wird, einen Arbeitskreis einzusetzen, sodass man da laufend evaluiert, wie hoch die Kosten in Zukunft sein werden, weil das, glaube ich, eine wichtige Planungsgrundlage für die Bereitstellung der budgetären Mittel auf Landes- und auf kommunaler Ebene ist.

Insgesamt betrachtet, meine ich, ist die Änderung des Wasserrechtsgesetzes gut, sie ist wichtig und sie wird uns auch vorgeschrieben. Wir von der freiheitlichen Fraktion werden das natürlich mittragen, weil wir das als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung erachten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.48

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zum Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dobnigg. – Bitte.

 


20.48

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das aktuelle OECD-Umweltmonitoring stellt Österreichs Wasser und insbesondere dem obersteirischen Wasser – solches steht ja hier im Saal auf den Tischen – ein ausgezeichnetes Zeugnis aus. So hat Österreich in weiten Teilen hervorragendes Wasser von bester Qualität und kann seine Bevölkerung selbst bei länger andauernden Trockenperioden gut versorgen.

Es gibt aber leider auch einige Regionen, in denen es Probleme mit der Wasserversor­gung gibt. Da wird es notwendig sein, sehr bald entsprechende Konzepte zu erstellen.

Laut Befund der OECD ragt Österreich vor allem im Bereich der Trinkwasserversor­gung, der Verbesserung der Gewässergüte, der Reinhaltung der Seen, Flüsse und des Grundwassers sowie des Ausbaus der kommunalen Kläranlagen doch eher positiv her­vor. Dennoch gibt es noch eine Reihe von Hausaufgaben zu erledigen, etwa die Errei­chung eines besseren ökologischen Status der Flüsse bei gleichzeitiger Verbesserung des Rückhalts von Hochwasserwellen, Maßnahmen der Raumplanung mit dem Ziel des Schutzes der Bevölkerung in hochwassergefährdeten Gebieten beziehungsweise weitere Verbesserungen in der Landwirtschaft zur Reduktion des Eintrags an Nitrat in das Grundwasser.

Mit der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in nationales Recht böte sich ge­rade im „Jahr des Wassers“ die einzigartige Möglichkeit, in Österreich einen weiteren entscheidenden Schritt in Richtung Ökologisierung der heimischen Gewässer zu set­zen.

Ziel der Richtlinie ist ein guter ökologischer Zustand sämtlicher Oberflächen und Grundwässer. Das soll bei gleichzeitiger Absicherung einer nachhaltigen Wasserwirt­schaft innerhalb von 15 Jahren erreicht werden. Bisher hat ja der Bedarf an sauberem Wasser stetig zugenommen, zugleich haben aber leider vielfach menschliche Aktivitä-


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ten für Verunreinigungen und Stoffeinträge gesorgt, was die Ressource Wasser in Europa in Bezug auf Quantität und Qualität erheblich negativ beeinträchtigt hat.

Schwerpunkte der EU-Wasserpolitik sind unter anderem die Vorgabe einer ganzheit­lichen Betrachtungsweise, die sich im notwendigen Ausmaß auf das gesamte Flussein­zugsgebiet erstreckt, die weitgehende Abkehr vom bisher verfolgten nutzungsbezo­genem Ansatz hin zu einer ökologisch orientierten Schutzphilosophie und ebenso die Einbindung der Öffentlichkeit in die Planerstellung.

Meine Damen und Herren aus den Regierungsfraktionen, Sie sind mit der heute vorlie­genden Umsetzung der EU-Richtlinie in Form der Wasserrechtsgesetz-Novelle drauf und dran, diese Chance auf ein Jahrzehnte-Gesetz zu verspielen, indem Sie nämlich diese richtungsentscheidende Novelle im Schnellverfahren durch das Parlament peit­schen: ohne ausreichende Behandlung und Diskussion im Ausschuss und Plenum.

Dies ist auch deswegen völlig unverständlich, da die Umsetzung der Wasserrahmen­richtlinie erst bis Dezember dieses Jahres zu erfolgen hätte. Es wäre somit genügend Zeit, sich mit diesem wichtigen Thema eingehender und intensiver zu beschäftigen und so eine Zustimmung meiner Fraktion zu dieser Novelle möglich zu machen. So wäre es auch möglich gewesen, schwere inhaltliche Bedenken, die im Begutachtungsverfahren aufgetreten sind, auszudiskutieren und zu beseitigen, wie beispielsweise im Hinblick auf die Schwammigkeit der Formulierungen, die weitgehende Rechtsunsicherheit mit sich bringt, die Nichtdurchsetzbarkeit des Verschlechterungsverbotes, die Neudefinition des Standes der Technik, wo es zu einer Aufweichung des Qualitätsstandortes kommt, oder auch die Verschlechterungen im Bereich des Hochwasserschutzes, weil der zu­nehmenden Wahrscheinlichkeit von hundertjährigem Hochwasser nicht entsprechend Rechnung getragen wurde.

In der derzeitigen Fassung können wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dieser Vorlage jedenfalls nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.52

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

 


20.52

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Österreich hat in den letz­ten Jahrzehnten im Gewässerschutz viel erreicht. Dies soll aber nicht heißen, dass Be­stehendes nicht verbesserbar ist. Im Gegenteil: Mit der nun vorliegenden Wasser­rechtsgesetz-Novelle wird die Wasserrahmenrichtlinie in nationales Recht umgesetzt und erstmals ein flächendeckender Gewässerschutz in der EU eingeführt. Damit müssen alle heimischen Gewässer bis zum Jahre 2015 in einem guten ökologischen Zustand sein beziehungsweise in einen solchen gebracht werden.

Durch das Verschlechterungsverbot darf sich der Ausgangszustand der Gewässer nicht verschlechtern. Die großen Vorleistungen Österreichs durch das Wasserrechts­gesetz werden unser Land daher weiter zu einem Spitzenreiter in Bezug auf Wasser­qualität machen. So gilt in Österreich schon bisher der flächendeckende Ansatz: Grundwasser soll Trinkwasserqualität haben! Es ist aber zu bedenken, dass die Aus­gangssituation in Österreich bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie auf einem wesentlich höheren Niveau angesiedelt ist, als dies in vielen anderen EU-Mitglieds­staaten der Fall ist. Umweltverschmutzung und somit auch eine mögliche Wasserver­schmutzung machen vor nationalen Grenzen nicht Halt. Gleiches gilt für die quanti­tative Wasserversorgung.


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27. Sitzung / Seite 225

Die enormen Gewalten des vorjährigen Hochwassers haben uns auch in meiner Hei­matregion, dem Waldviertler Grenzland, gezeigt, dass Hochwasserschutz nicht alleine durch nationale Vorkehrungen abgehandelt werden kann. Deshalb ist der Ansatz dieser Richtlinie, sowohl länder- als auch bundesgrenzenüberschreitende Planungs­räume zu konzipieren, der einzig richtige. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die Wasserrahmenrichtlinie ist eine Planungsrichtlinie. Daher sieht sie die Festlegung von Qualitätszielen für Gewässer vor. Die Qualitätsziele sollen durch integrierte Maß­nahmenprogramme als Hauptbestandteil von Bewirtschaftungsplänen für Flussein­zugsgebiete erreicht werden, wobei die Öffentlichkeit, einschließlich der Wassernut­zungsberechtigten, in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden soll. Hier ist nun vor allem die enge Zusammenarbeit der Verwaltung mit den betroffenen Interessen­gruppen im ländlichen Raum gefordert.

An dieser Stelle möchte ich den Beamten des Ministeriums für die vorbildliche Vorbe­reitung dieser komplexen Gesetzesmaterie danken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abwasserentsorgung im ländlichen Raum ist auf Grund von topographischen und geologischen Gegebenheiten eine hohe tech­nische und daher auch eine große finanzielle Herausforderung. Kilometerlange Abwas­serkanäle durch härtesten Granit waren in der Vergangenheit nicht nur sündteure Unterfangen, sondern waren als Überland-Drainagen in manchen Fällen auch ökolo­gisch bedenklich.

Deshalb sind die Bewohner des ländlichen Raumes sehr dankbar dafür, dass dieses neue Wasserrechtsgesetz den ganzheitlichen Lösungsansatz in den Mittelpunkt stellt. Das bedeutet, dass die effizientesten Lösungen aus ökologischer und ökonomischer Sicht zum Einsatz kommen und dass auch auf die schwierige finanzielle Situation so mancher kleiner Landgemeinden Rücksicht genommen werden muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz ist Garant dafür, dass das wichtigste Lebensmittel, unser Wasser, auch in Zukunft auf hohem Qualitätsniveau erhalten bleiben wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.56

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Wunschgemäß 4 Minuten. Wenn Sie sich an die 4 Minuten annähern, mache ich einen kleinen „Bimmler“. (Heiterkeit.) Nur damit Sie es wissen. – Bitte, Herr Kollege.

 


20.56

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Wenn Sie mir 5 Minuten einstellen, Herr Präsident, ist es mir noch lieber. – Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe mich wirklich gründlich umgesehen und muss feststellen: Die Nichtanwesenheit der Erstredner der Regierungspartei ÖVP, Kopf und Ellmauer, ist wirklich bezeichnend dafür, wie „wichtig“ Ihnen diese Wasserrechtsgesetz-Novelle ist. (Abg. Mag. Molterer: Wo ist denn der Klubobmann der SPÖ?) Sie behandeln uns hier im Plenum so, wie Sie uns eigentlich auch im Ausschuss behandelt haben. Relativ kurzfristig wurde uns die Novelle zugestellt, und nach der „Friss, Vogel, oder stirb!“-Methode haben wir die Möglichkeit gehabt, entweder zuzustimmen oder dagegen zu sein.

Meine Damen und Herren! Ich habe bereits im Ausschuss darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser Rechtsmaterie um eine sehr heikle und – ich glaube, das ist wirklich un­umstritten – um eine oft über Generationen sehr umstrittene Rechtsmaterie handelt. Die Änderungen greifen tief in private und öffentliche Interessen ein. Wir wären gerne und rechtzeitig in die Verhandlungen eingebunden gewesen.


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27. Sitzung / Seite 226

Das Wasserrecht – das wissen wir alle – ist auch für die Stromerzeugung in unserem Lande ein sehr wesentlicher Faktor. Ich hätte heute gerne einiges dazu gesagt, leider reicht die Zeit nicht aus. Nur so viel: Der Anteil der Wasserkraft an erneuerbaren Ener­gieträgern beträgt insgesamt gut 90 Prozent, und der weltweite CO2-Ausstoß bis 2010 würde ohne Nutzung der Wasserkraft für die Stromerzeugung um 51 Prozent höher liegen. Darauf wollte ich auf alle Fälle hinweisen.

Meine Damen und Herren! Das Verschlechterungsverbot wurde heute bereits mehr­fach angesprochen. Ich möchte nur darauf verweisen, dass es ja nicht neu ist, sondern es hat bisher geheißen: „nach dem Stand der Technik“. Dieser Begriff wurde eher ver­wässert. Es ist jetzt eher so, dass der Einsatz neuerer Technologien nur verlangsamt zum Einsatz kommt. Wenn die Wasserrechtsgesetz-Novelle selbst bereits gewisse Verschlechterungen in der Gestaltung mit sich bringt, dann kann man leicht von einem Verschlechterungsverbot reden.

Was mir auch fehlt, ist eine klare Zuständigkeit, eine eindeutige Zuordnung der Zustän­digkeiten zu Bund und Ländern. Wir wissen alle: Wenn die Zuständigkeiten unklar, un­scharf geregelt sind, dann kann dies sehr rasch zu einem Stillstand führen. Das heißt, niemand ist zuständig, und es geht überhaupt nichts mehr weiter. (Abg. Wittauer: Man muss die Länder mit einbinden, das geht ja gar nicht anders!)

Herr Kollege Wittauer, einen Moment, ich komme gleich zu Ihrem „glorreichen“ Ent­schließungsantrag. Ich darf daraus zitieren, weil mir hier das Ziel nicht klar ist. Wahr­scheinlich soll es damit in eine Zeit zurückgehen, die wir eigentlich vergessen glaubten. Ich zitiere aus dem Entschließungsantrag Kopf, Wittauer:

„Die unbestrittene Erreichung der Umweltziele wird in Hinkunft auch und vor allem von einer ökonomischen Bewertung der verschiedenen möglichen Maßnahmen innerhalb des jeweiligen Planungsraumes begleitet sein.“ – Gut, damit kann man leben.

Und weiters: „Das heißt, es wird das effizienteste Mittel zur Erreichung der Ziele zur Anwendung kommen.“ – Auch noch eine passable Formulierung, aber dann kommt es:

„Das bedeutet aber auch, dass es unter anderem Fälle im kommunalen Abwasserbe­reich geben wird, bei denen der tatsächliche Zustand der Gewässer weniger strenge Anforderungen an Emissionsbegrenzungen für Anlagen ermöglicht beziehungsweise Nachbesserungen nicht erforderlich macht.“ – Zitatende. (Zwischenruf des Abg. Witt­auer.)

Meine Damen und Herren! Da haben Sie im Gesetz bereits die eindeutige Verschlech­terung, und Sie reden vom Verschlechterungsverbot. (Präsident Dr. Khol gibt das Glo­ckenzeichen.)

Insgesamt, Herr Kollege Wittauer, ist Ihr Entschließungsantrag der sichtbare Beweis dafür, was in dieser vorliegenden Novelle noch alles fehlt, und darum können wir die­ser Novelle die Zustimmung nicht geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Witt­auer: Sie stimmen deshalb nicht zu, weil Sie keine Verantwortung tragen können!)

21.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Gahr. 4 Minuten. Ich werde da ebenfalls bimmeln.

 


21.01

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Für Österreich ist das Thema Wasser ein wichtiges, aber vor allem auch sehr sensibles Thema. Wir haben jetzt zwei Jahre diskutiert, einen offenen Dialog darüber geführt, um die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu bewerkstelligen.


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27. Sitzung / Seite 227

Sauberes und gutes Wasser ist Grundlage und Kapital für Landwirtschaft, Wirtschaft und Tourismus und ein tagtägliches Lebensmittel für die Bürger. Österreich ist in puncto Wasser und Wasserschutz sicher Vorreiter in Europa. Wir haben schon seit jeher unsere Trinkwassergebiete und Schongebiete geschützt und vor Einflüssen be­wahrt.

Wir haben aber auch im Bereich der Abwasserentsorgung unsere Hausaufgabe ge­macht. Beweis dafür ist, dass in Österreich ein Anschlussgrad im Bereich der Kanali­sierung im Ausmaß von fast 90 Prozent erreicht ist. Während andere Staaten ihre Ab­wässer noch ungeklärt ins Meer entsorgen, ist Österreich flächendeckend mit Kanalisa­tion versorgt.

Es ist für uns eine Herausforderung und Pflicht, diese EU-Wasserrahmenrichtlinie um­zusetzen und die Frist nicht verstreichen zu lassen, sondern pünktlich zu sein. Diese EU-Wasserrahmenrichtlinie hat zum Ziel, dass es europaweite Standards gibt, dass wir bis 2027 festgelegte Ziele erfüllen und dass wir ein Maßnahmenprogramm mit beglei­tender Kontrolle durchführen.

Es soll für alle Länder in Europa gleich bleibende Standards geben. Alle müssen in die­sem Bereich etwas tun, alle müssen Veränderungen vornehmen – zum Wohle des Wassers. Wir müssen Zielsetzungen aufeinander abstimmen, wir müssen die Ökologie in den Mittelpunkt stellen. Wir binden aber auch die Öffentlichkeit ein, wenn es darum geht, unser kostbarstes Gut zu schützen.

Die Eckpunkte dieser Wasserrechtsgesetz-Novelle sind: rechtliche Rahmenbedingun­gen mit zeitgemäßer Basis, weil sich die Anforderungen laufend ändern, Schutz auf gleicher Basis für alle Gewässer, Bäche, Seen, Feuchtgebiete, aber auch Moore oder einen Tiroler Gletscher, und Transparenz bei den Gebühren. Wir brauchen aber auch mehr Kosteneffizienz unter Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Kriterien. Es gibt auch alternative Modelle wie Pflanzenkläranlagen oder modulare Kleinkläran­lagen, wenn sich die Kosten nicht mehr rechnen.

Auch im Bereich Hochwasserschutz wollen wir ökologische Prinzipien stärker veran­kern.

Die Wasserrahmenrichtlinie ist also eine Chance, und mit dem neuen Wasserrechtsge­setz stellen wir die Wasserqualität langfristig sicher, ja wir können sie ausbauen. Wir wollen den nachhaltigen Wassergebrauch festschreiben, wir wollen Vorsorge statt Nachsorge betreiben und Schutz statt Sanierung.

Mit dem neuen Wasserrechtsgesetz bleibt das Thema Wasser in Schwung oder, besser gesagt, in Fluss. Es ist ein Fundament, auf dem wir aufbauen können, und der Weg ist offen für eine freie und gute Wasserzukunft in Österreich! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Eßl. 4 Minuten – und Bimmel. – Bitte. (Abg. Eßl begibt sich zum Rednerpult und trinkt einen Schluck Wasser, bevor er mit seiner Rede beginnt.)

 


21.04

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Das Wasser schmeckt eigentlich sehr gut, fast so gut wie bei mir zu Hause, wo es auf dem Feld entspringt, das ich als Bauer bewirtschafte. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Bundes­minister! Mit der Änderung des Wasserrechtsgesetzes wird nicht nur den Erfordernis­sen der Europäischen Union Rechnung getragen, nämlich mit dem Einbau der Wasser-


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27. Sitzung / Seite 228

rahmenrichtlinie in das Gesetz, sondern es ist uns heute ein umfassendes Werk ge­lungen, das zukunftsweisend und das Ergebnis einer Politik mit Hausverstand ist. Vor allem im Bereich der Abwasserbeseitigung brauchen wir in der Zukunft dringend die­sen Hausverstand, denn bis jetzt war es so, dass man gesagt hat: Aufrüsten, koste es, was es wolle!

Der Herr Bundesminister hat schon erwähnt, dass man früher eine Punktbetrachtung gemacht hat, nämlich: Rüsten wir auf, koste es, was es wolle!, und nunmehr wird der Gesamtzustand entsprechend beachtet. Ich bin dankbar, dass im § 12a steht:

„Bei der Festlegung des Standes der Technik sind unter Beachtung der sich aus einer bestimmten Maßnahme ergebenden Kosten und ihres Nutzen und des Grundsatzes der Vorsorge und der Vorbeugung im allgemeinen wie auch im Einzelfall die Kriterien des Anhanges H zu berücksichtigen.“

Damit findet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebührend Eingang in dieses Ge­setz, denn, meine geschätzten Damen und Herren, es ist keine unbedeutende Frage, ob zum Beispiel bei entlegenen Gehöften eine bloß unbedeutende Verbesserung der Einflüsse auf die Umwelt durch umfassende Maßnahmen vielleicht riesige Investitio­nen rechtfertigt. Dasselbe gilt natürlich auch für die kleineren Gemeinden. Es ist daher auch gut, dass im § 33 dem Landeshauptmann weiterhin eine Entscheidungskompe­tenz für eine Politik mit Augenmaß eingeräumt wird.

Zu den Kosten darf ich noch etwas sagen. Wir wissen, dass wir im Jahre 1995 in etwa 75 Prozent der Haushalte an das Kanalnetz angeschlossen hatten, und jetzt liegen wir bei 86 Prozent. Wir wissen, dass diese Verbesserung um 11 Prozent drei Viertel von dem gekostet hat, was an Kosten für die Erreichung des Anschlussgrades von 75 Pro­zent aufzubringen war. Jedes Prozent, das mehr erschlossen wird, stellt eine riesige Verteuerung für das Gesamtsystem dar. Darum, glaube ich, sollte man diesen § 12a entsprechend nutzen und auch alternative Möglichkeiten in Betracht ziehen.

Letztendlich ist es mir auch wichtig, dass Klarstellungen im Hinblick auf § 34 in den Er­läuterungen getroffen wurden, nämlich dass Vertragswasserschutz eine gesetzeskon­forme Art des Wasserschutzes ist. Aus meiner Sicht ist er die beste und wirksamste Art des Schutzes, weil sich in diesem Fall der Bewirtschafter von Grund und Boden auch mit den Maßnahmen selbst identifiziert. Konkrete Handlungsweisen und nicht Verbote und Gebote entscheiden über die Wirksamkeit von Umweltmaßnahmen, daher brau­chen wir Anreize und praktikable Programme. Ich nenne in diesem Zusammenhang das österreichische Programm für eine umweltgerechte Landwirtschaft als Beispiel.

Ich glaube, meine geschätzten Damen und Herren, mit der vorliegenden Gesetzes­materie wird es möglich sein, den Anforderungen der Gesellschaft, den Anforderungen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger in Österreich bestens gerecht zu werden.

Stimmen Sie deshalb mit uns für die Menschen in unserem Land diesem Gesetz zu! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.08

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner hiezu gelangt nunmehr Herr Abgeord­neter Mag. Donnerbauer für 2 Minuten zu Wort. Ich bitte, den allgemeinen Geräusch­pegel etwas zu senken!

Herr Abgeordneter Donnerbauer, Sie sind am Wort.

 


21.09

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich nur noch in aller Kürze zu Wort melden und etwas sagen zu dem Entschließungsantrag der


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Abgeordneten Sburny, Glawischnig, Freunde und Freundinnen betreffend grenzüber­schreitende UVP bezüglich eines geplanten Einkaufszentrums in Tschechien.

Die Frau Glawischnig ist nicht mehr da, aber ich kann nur eines zu Ihnen sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der grünen Fraktion: Guten Morgen!, denn die­ses Projekt, für das Sie jetzt eine grenzüberschreitende UVP fordern, ist praktisch schon abgeschlossen. Das Projekt ist schon seit dem Frühjahr des Vorjahres bekannt, wurde auch in der Region sehr intensiv diskutiert, und man ist letztlich zum Schluss ge­kommen, da dieses Outlet-Center zur Gänze auf tschechischem Gebiet liegt, dass es von unserer Seite aus nicht zu verhindern sein wird, weshalb das Ergebnis war, dass man versuchen wird, aus diesem Projekt – das wir sicherlich nicht wollten, das aber eben, wie gesagt, auf tschechischem Gebiet schon entstanden ist – das Beste zu machen.

Das heißt, es gibt auch schon konstruktiven Gespräche mit den Betreibern, um mög­lichst auch in der Region in Österreich im Bereich des Grenzüberganges Kleinhaugs­dorf von der Frequenz, die zweifellos von dort ausgehen wird, einen gewissen Input zu haben. (Unruhe im Saal.)

Bei meinem zweiten Punkt möchte ich Sie gerne um Unterstützung ersuchen, damit wir hier gemeinsam voranschreiten können: Es wurde in Ihrem Antrag zu Recht erwähnt, dass ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Ich würde bitten, dem Redner zuzuhören! (Abg. Scheibner: Steht das in der Geschäftsordnung?)

 


Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (fortsetzend): Es wurde in Ihrem Antrag zu Recht erwähnt, dass die Verkehrssituation in diesem Bereich jetzt schon sehr prob­lematisch ist. Ich darf Sie daher um Unterstützung für die Lösung dieses Verkehrsprob­lems ersuchen, nämlich in Form eines adäquaten Ausbaus der Verkehrsverbindung. Wir haben im Bereich der Ortschaft Jetzelsdorf schon begonnen, eine Umfahrung zu bauen. Das Land Niederösterreich ist schon dabei, sich mit dieser Lösung zu befassen, es fehlen aber noch wesentliche Teile, und es würde mich freuen, wenn Ihnen diese Verkehrssituation in meinem unmittelbaren Heimatbereich am Grenzübergang Klein­haugsdorf auch so sehr am Herzen liegt, dass Sie dabei mitwirken! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.11

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Herr Abgeordneter Donnerbauer! Frau Mag. Glawischnig ist in einer Präsidiumssitzung des Österreich-Konvents, in welcher es um die Geschäftsordnung geht, und dort kann sie nicht vertreten werden. (Abg. Neudeck: Sind alle anderen auch dort?)

Ein Schlusswort seitens des Herrn Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 166 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung, und ich bitte um ein diesbezügliches Zei­chen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenom­men.


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27. Sitzung / Seite 230

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine grenzüberschreitende UVP betreffend Großprojekte am Grenzübergang Kleinhaugsdorf.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Kopf und Wittmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der österrei­chischen Wasserressourcen ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Wittauer!) Was habe ich gelesen? – Ich verbessere: Wir stimmen ab über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Kopf und Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der öster­reichischen Wasserressourcen durch effizienten Planungseinsatz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen. (E 13.)

21. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (74 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-No­velle 2003) (167 der Beilagen)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 21. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. (Unruhe im Saal.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schopf. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


21.14

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident, vielleicht könnten Sie dafür sorgen, dass es im Haus ein bisschen ruhiger ist!

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte wirklich, dem Redner den elementaren Respekt zu zollen und jetzt in diesen Schlussstunden nicht hemmungslos zu tratschen!

Am Wort ist Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


Abgeordneter Walter Schopf (fortsetzend): Zum Thema Umweltinformationsgesetz: Mit der vorliegenden Regierungsvorlage zu diesem Gesetz sollen die Gewerbeordnung mit neu eingeführten Störfallregelungen und die Industrieunfallverordnung berücksich­tigt werden. Weiters, sehr geehrte Damen und Herren, soll in diesem Gesetz die so genannte Seveso-II-Richtlinie umgesetzt werden.

Faktum ist, dass es mit dieser Novelle zu einer Einschränkung der Informationspflich­ten der meldepflichtigen Betriebe kommt. In Zukunft müssen diese Betriebe nicht mehr wie bisher alle zwei Jahre, sondern nur mehr alle fünf Jahre ihre Störfallinformationen leisten. Das führt bei Anlagen mit gefährlichen Stoffen beziehungsweise gefährlichem Potential zu einer unvertretbaren Risikoerhöhung. Das ist einer der Gründe, warum wir Sozialdemokraten diese Regierungsvorlage heute ablehnen. Diese Verschlechterung ist leider vor allem für unsere Bevölkerung so gravierend, dass die positiven Aspekte, die es zweifelsohne gibt, überdeckt werden.

Positiv ist zu vermerken, dass in Zukunft die örtlich zuständigen Raumplanungs– und Baubehörden in jedem Fall in die Störfallinformationen einbezogen werden müssen.


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27. Sitzung / Seite 231

Lobenswert ist auch der Abbau von Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung. Sehr gut ist weiters, dass die Betriebe in Zukunft ihre Störfallpläne ständig der Öffentlichkeit zu­gänglich machen müssen. Das heißt für mich, dass sie diese im Wesentlichen ins Internet zu stellen haben.

Das Argument der Regierung lautet: Durch die Verlängerung des Informationsintervalls von zwei auf fünf Jahre ist mit einer Verringerung des Verwaltungsaufwandes zu rech­nen. Nach dieser Logik wäre es – unter Anführungszeichen – das „Beste“, das Informa­tionsintervall auf 20, 30 oder 50 Jahre auszudehnen, denn dann wäre der Verwaltungs­aufwand fast null.

Zum Zweck einer sinnvollen Umweltinformation zum Schutz der Menschen und der Natur brauchen wir aber mehr Informationen und nicht weniger! Das Mehr an Verwal­tungsaufwand und damit an Sicherheit müssen wir uns als Republik Österreich und als österreichische Wirtschaft ganz einfach leisten können! Diese Regierung und Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, sparen hier am Wichtigsten, nämlich an der Sicherheit für unsere Bevölkerung! (Abg. Wittauer: Das ist ein Blödsinn!)

Ich hätte mir gewünscht, dass Sie dieses Regierungsargument auch bei den Abfang­jägern angewendet hätten! Null Abfangjäger verursachen nämlich geringere bis keine Verwaltungskosten im Vergleich zu 18 Abfangjägern! Doch bei den Abfangjägern haben Sie sich für die teuerste Variante entschieden. (Abg. Murauer – in Richtung des Abg. Schopf –: Walter, bleib seriös! – Abg. Scheibner: Das war jetzt ein „toller“ Ver­gleich! Das Parlament „tobt vor Begeisterung“ über diese „rhetorische Glanzleistung“! – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Besonders in meiner Heimat, dem Mühlviertel, ist die Bevölkerung auf Grund des grenznahen Atomkraftwerks Temelin und der pausenlosen Störfälle besonders ver­ängstigt, und das zu Recht, sehr geehrte Damen und Herren! Hier müsste die Regie­rung endlich mit aller Entschiedenheit aktiv werden und für lückenlose und rascheste Umweltinformation sorgen. Nur wenn man sofort über Grenzwertüberschreitungen in­formiert wird, kann man unverzüglich handeln und vielleicht noch das Schlimmste ver­hindern.

Kollege Murauer, diese Novelle bringt auch keine Verbesserung der Rechtslage betref­fend Störfälle in militärischen Anlagen. Auch diesbezüglich müsste die Umweltinforma­tion verbessert und mit Geheimniskrämereien aufgeräumt werden. Auch da ist die Bun­desregierung säumig.

Zusammenfassend muss man sagen: Die Novelle dient zwar dem Abbau von Doppel­gleisigkeiten in der Verwaltung, verschlechtert aber andererseits die Berichtspflichten der Betriebe. Dem Umweltschutz und den zu schützenden Menschen wird so ein schlechter Dienst erwiesen. Wir als Sozialdemokraten können diesem Gesetz daher die Zustimmung leider nicht geben. (Beifall bei der SPÖ.)

21.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. 4 Minuten Redezeit. – Ich gebe Ihnen ein Signal, Herr Kollege.

 


21.19

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! In Österreich ist, wie Kollege Schopf ausgeführt hat, die Information der Öffentlichkeit bei möglichen Störfällen in zwei Gesetzen geregelt, und zwar im Umwelt­informationsgesetz, deren Novelle wir heute bearbeiten beziehungsweise beschließen, und in der Gewerbeordnung. Wichtig ist nebenbei auch noch eine EU-Richtlinie, welche die Beherrschung bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen betrifft, die so genannte Seveso-II-Richtinie.


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27. Sitzung / Seite 232

Ziel des UIG ist ganz allgemein die Information der Öffentlichkeit über die Umwelt, ins­besondere durch die Regelung des freien Zuganges zu den bei den Organen der Verwaltung vorhandenen Umweltdaten und durch die Informationspflicht bestimmter Anlagebetreiber bei Störfällen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir müssen immer wieder mit Kosten-Nutzen-Analy­sen rechnen beziehungsweise diese anstellen, und mit dieser Novelle wird der Status quo nicht verschlechtert, sondern durchaus auch verbessert. Wir von der ÖVP haben nämlich immer Ökonomie und Ökologie gemeinsam im Auge. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das Umweltinformationsgesetz und die Gewerbeordnung enthalten jedoch unter­schiedliche Regelungen. Es gibt eine unterschiedliche Terminologie, das UIG bezieht sich noch auf die alten Störfallbestimmungen der Gewerbeordnung und berücksichtigt noch nicht diese so genannte Seveso-II-Richtlinie.

Der Kreis der informationspflichtigen Anlagen ist in der Störfallinformationsverordnung näher geregelt. Diese Verordnung ist im Einvernehmen mit dem jeweils zuständigen Minister zu erlassen.

Im Abschnitt 8a der Gewerbeordnung wird mit der Novelle 2000 die Information der möglicherweise von einem schweren Industrieunfall betroffenen Öffentlichkeit für be­stimmte größere gewerbliche Betriebsanlagen näher geregelt. Dazu gibt es wiederum Ausführungsbestimmungen in der so genannten Industrieunfallverordnung.

Das gewerbliche Industrieunfallrecht weicht mit seinen Informationsbestimmungen durch unterschiedliche Fristen, welche nun harmonisiert werden sollen, und unter­schiedliche Begriffe in einigen Bereichen noch vom UIG ab.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die wesentlichen Verbesserungen bestehen erstens in der Harmonisierung der Störfallinformationsbestimmungen des UIG mit der Seveso-II-Richtlinie und dem gewerblichen Industrieunfallrecht. So wurde zum Beispiel das bis­her zweijährige Informationsintervall auf fünf Jahre erhöht, aber mit der Verpflichtung der Überprüfung nach bereits drei Jahren. Das heißt: Bereits nach drei Jahren kann noch einmal darüber beschlossen werden, ob diese fünfjährige Informationspflicht Sinn macht. Unabhängig davon sind aber die Betriebe trotzdem verpflichtet, Informationen über Störfälle weiterzugeben, und zwar unverzüglich.

Eine zweite Verbesserung ist die Umsetzung der Informationsbestimmungen nach der Seveso-II-Richtlinie, und eine dritte Verbesserung ist die Informationspflicht bei grenz­überschreitenden Auswirkungen. – Das heißt, wir haben auch diesbezüglich Verbesse­rungen erreicht

Ganz wichtige Detailänderungen sind auch noch, dass die örtlich zuständigen Raum­planungs- und Baubehörden jedenfalls in die Störfallinformation einbezogen werden, und auch die Neudefinition des Begriffes „Störfall“. Inhaltlich wird die Definition des schweren Unfalles nach der Gewerbeordnung übernommen, es wird jedoch nicht an das Kriterium „Vorhandensein gefährlicher Stoffe“ angeknüpft.

Nach dieser UIG-Novelle 2003 soll in weiterer Folge – das ist noch Zukunftsmusik – die Störfallinformationsverordnung novelliert und aktualisiert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, auch in diesem Bereich wird der bisher erfolgreiche Weg der ÖVP, den Einklang von Ökonomie und Ökologie zu ermöglichen, weiter fortgesetzt werden. Stimmen Sie daher dieser UIG-Novelle 2003 zu! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


21.23


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27. Sitzung / Seite 233

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr für 3 Minuten Frau Abgeord­nete Glawischnig. – Bitte.

 


21.23

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Umweltminister! Hohes Haus! Wir stimmen dieser Novelle nicht zu; ich möchte das kurz begründen.

Es stimmt, dass es einerseits um die Anpassung von Seveso-Bestimmungen, Umwelt­informationsgesetz und Gewerbeordnung und andererseits um die Informationspflicht für nichtgewerbliche Anlagen zum Beispiel im Schieß- und Sprengmittelbereich geht.

Eine wesentliche Verschlechterung, die in dieser Vorlage, die jetzt zur Beschlussfas­sung ansteht, enthalten ist, erfolgt durch die schon genannte Intervallsbestimmung. Statt im Abstand von, wie bisher, zwei Jahren sind die Bevölkerung und auch alle Be­hörden – und das ist nicht unwichtig – nur mehr alle fünf Jahre darüber zu informieren, welche Störfälle möglicherweise eintreten können und welche Verhaltensmaßnahmen in einem solchen Fall erforderlich oder auch wünschenswert sind.

Ob die Betriebe der dreijährigen Pflicht zur Aktualisierung nachkommen werden, wenn für die wichtige Pflicht nur ein Intervall von fünf Jahren vorgeschrieben ist, ist sehr frag­lich. Ich meine, dass ein fünfjähriges Intervall eine Frist ist, in welcher ein durchschnitt­licher Mensch vergisst, was er im Fall eines Unfalls bei einer Schieß- und Sprengmittel­anlage wirklich tun muss, um sich zu schützen. Das ist meiner Meinung nach eine wesentliche Verschlechterung. Es ist dies das Niveau der Gewerbeordnung, das wir damals schon kritisiert haben.

Es gibt noch einen weiteren, grundsätzlichen Punkt, warum wir dieser Vorlage im Moment nicht zustimmen wollen: In den Verhandlungen mit der ÖVP haben wir an und für sich Konsens dahin gehend erzielt, dass die neue Umweltinformationsrichtlinie, die jetzt auf europäischer Ebene fertig ist und bis zum Jahr 2004 umzusetzen ist und die eine Verbesserung der Basis für die Zurverfügungstellung von Umweltinformation dar­stellt – und ich zitiere im Folgenden –, umgehend in nationales Recht umgesetzt wird.

Jetzt machen wir einen Teil – und der nächste Teil kommt dann bis zum Ende des Jahres 2004. Während wir diese Novelle hier beschließen, fängt also das Ministerium im Herbst schon wieder an, an der neuen Novelle zu arbeiten. – Das ist meiner Mei­nung nach nicht sinnvoll. Außerdem hält uns dann wieder die Rechtsanwaltskammer mit mahnendem Zeigefinger die Zahl der Bundesgesetzblätter beziehungsweise der Gesetze, die wir jedes Jahr beschließen, vor und spricht von Gesetzesflut.

Warum geht das nicht gleich? Es geht dabei nämlich vor allem auch um eine Verbes­serung in dem Sinn, dass auch Kontaminationen im Lebensmittelbereich – und das ist eine sehr wichtige Frage für Konsumentinnen und Konsumenten – in den Begriff von Umweltinformation aufgenommen werden.

Es ist unverständlich, warum das nicht gleich umgesetzt wird und warum jetzt eine Ver­schlechterung kommt. Diese Fragen konnten Sie nicht beantworten, und das ist für uns ein Grund, dieser Novelle nicht zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

21.25

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner dazu ist Herr Abgeordneter Wittauer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


21.25

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Die Änderung im Umweltinformationsgesetz bringt eine Anpas­sung der Störfallinformationspflichten an die Seveso-II-Richtlinie, weiters wird eine Har­monisierung mit der Gewerbeordnung und der Industrieunfallverordnung umgesetzt.


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27. Sitzung / Seite 234

Abgeordneter Schopf versuchte hier einen Kraftakt zwischen Umweltinformation und Abfangjägern. – Ich glaube, inzwischen seid ihr von den Abfangjägern so verfolgt, dass euch kein anderes Thema mehr interessiert! (Abg. Schopf: Das ist auch ganz wichtig!) Es sind hier Sachthemen gefragt, und daher würde ich mehr auf den Inhalt eingehen und nicht auf etwas anderes! (Zwischenruf des Abg. Wimmer.)

Die Seveso-II-Richtlinie stelle ich natürlich gerne zur Verfügung, damit auch Sie dar­über Bescheid wissen, denn dann würden Sie diesem Gesetz zustimmen! Es sollte das seit 1989 zur Umsetzung kommen, die Beschlussfassung erfolgte 1992, und wir sind auch jetzt ein bisschen spät dran beim letzten Schritt der Umsetzung dieser Novellie­rung.

In der Gewerbeordnung 1994 für gewerbliche Betriebsanlagen ist diese Regelung schon enthalten und auch die notwendige Informationsbestimmung dazu. Wesentlich ist, dass die Seveso-II-Richtlinie auch für nichtgewerbliche Betriebsanlagen im Kompe­tenzbereich des Bundes umgesetzt wird. Es wurde auch festgehalten, dass es sich bei Nichtumsetzung um eine Vertragsverletzung handeln würde, welche ein Verfahren gegen Österreich nach sich ziehen würde. Ziel ist es, bei schweren Unfällen auch mit gefährlichen Stoffen schnell und effizient reagieren zu können.

Durch die Umsetzung dieser Richtlinie wird auch ein besserer Schutz der Bevölkerung gewährleistet. Es wird dies auch eine Verringerung des Verwaltungsaufwandes zur Folge haben. Wir von den Freiheitlichen begrüßen diese Novellierung und werden selbstverständlich zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter verzichtet auf ein Schlusswort.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Ein­gang in 167 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte wiederum um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

22. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvor­lage (117 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Futtermittelgesetz 1999 und das Qualitätsklassengesetz geändert werden (Agrarrechtsänderungsge­setz 2003) (157 der Beilagen)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 22. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

 


Zum Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. Redezeit: 4 Minu­ten. – Bitte.


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Stenographisches Protokoll
27. Sitzung / Seite 235

21.28

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das vorliegende Agrarrechtsänderungsgesetz ist wieder einmal ein Bei­spiel dafür, wie verschiedenste Gesetzesmaterien, und zwar in diesem Fall im agrari­schen Bereich, in eine Sammelgesetznovelle gemanscht werden.

Herr Bundesminister! Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass der Bundes­verfassungsdienst immer wieder anregt, dass solche Sammelnovellen zu unterlassen sind. Sie schaffen nicht mehr Übersichtlichkeit und sie dienen nicht gerade dazu, dass auch die Opposition den Anträgen, die sie für richtig befindet, wirklich zustimmen kann.

Im Hinblick darauf werden wir eine getrennte Abstimmung verlangen. Wir können näm­lich der Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes sehr wohl unsere Zustimmung geben, weil es in dieser um EU-Anpassungen geht. Ich werde aber im Folgenden er­läutern, warum wir die weiteren geplanten Änderungen im Bereich Ernährungssicher­heitsgesetz und Forstgesetz nicht unterstützen und diesen daher nicht zustimmen können.

Die Debatte über die Agentur für Ernährungssicherheit und das Bundesamt für Ernäh­rungssicherheit hat immer wieder gezeigt, dass es nicht nur darum geht, eine Bundes­kompetenz aufrechtzuerhalten, sondern dass es auch darum ginge, einen umfassen­den jährlichen Lebensmittelbericht vorzulegen, der alle Kontrollbereiche, von den land­wirtschaftlichen Betriebsmitteln bis hin zu den Pestizidrückständen in den Lebens­mitteln, in einem Bericht zusammenfasst. Das ist nach wie vor überfällig, Herr Bundes­minister! Sie schlagen vor, dass es sehr wohl amtliche Nachrichten des Bundesamtes geben soll, die aber nur dazu dienen, Verordnungen bekannt zu geben und Tarife zu publizieren.

Das ist unzureichend, das ist weitaus zu wenig, wir brauchen einen umfassenden Lebensmittelbericht, damit der österreichischen Bevölkerung und auch diesem Hause hier Unterlagen vorliegen, die ausreichend diskutiert werden können, die eine Basis bil­den, anhand der man sieht, ob wir Fortschritte im Bereich der Qualitätssicherung, im Ernährungsbereich machen.

Zur Novelle des Forstgesetzes, meine Damen und Herren, Folgendes: Sie haben offensichtlich bei der letzten Novelle des Forstgesetzes im Bereich der erleichterten Rodungsbewilligung Formalfehler begangen. Daher können wir auf keinen Fall zustim­men, weil wir auch damals der erleichterten Rodungsbewilligung für Flächen bis zu 1 000 Quadratmetern unsere Zustimmung verweigert haben.

So weit unsere Begründung, warum wir nicht zustimmen können. Ich hoffe, Sie werden in Zukunft von solchen Sammelgesetznovellen Abstand nehmen. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Grillitsch: Wollen Sie nicht die Eigenständigkeit der Grundbesitzer stei­gern?)

21.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. Gleiche Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


21.31

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Bei der vorliegenden Regierungsvorlage zum Agrar­rechtsänderungsgesetz, welche die Themen Pflanzenschutz, Gesundheits- und Ernäh­rungssicherheit, Futtermittelgesetz, Qualitätsklassengesetz und Forstgesetz beinhaltet, handelt es sich um EU-Anpassungen, zu denen ich stehe. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte bei meinen Ausführungen zu dieser Sammelnovelle speziell auf die Ände­rungen des Pflanzenschutzgesetzes aus dem Jahre 1995 eingehen. Die Richtlinie ent-


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hält vorrangig neue Vorschriften für die Einfuhr von Pflanzen und Pflanzenerzeugnis­sen aus Drittländern, vor allem betreffend die Zusammenarbeit der Pflanzenschutz­dienste mit den Zollbehörden.

Wichtig in dieser Richtlinie ist, dass bei der Beförderung von Pflanzen, Pflanzenerzeug­nissen und anderen Gegenständen die Gefahr einer Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen eingedämmt werden soll. Jetzt schon haben wir in Österreich mit vielen Schädlingen und Krankheitserregern zu kämpfen, angefangen vom Borken­käfer bis zum Feuerbrand. Sie richten jährlich Millionenschäden in der Forstwirtschaft, aber auch in der Landwirtschaft an. Gerade jetzt, wo wir in einigen Bundesländern ver­bissen gegen die Ausbreitung des Feuerbrands kämpfen – und das ist sehr wichtig –, wollen wir uns mit diesen Bestimmungen vor neuen Infektionen schützen, genauso wie das auch das Ausland tun will.

Für unsere einführenden Betriebe stellt diese neue Richtlinie eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen gegenüber den anderen Mitgliedsländern der EU dar. Unsere Betriebe, die ihre Güter in Holzverpackungen in Drittländer ausführen, profitie­ren in einem noch stärkeren Ausmaß von diesen neuen Regelungen. In der Vergan­genheit hat es beim Pflanzenexport immer wieder Probleme gegeben wegen neuer internationaler Verpflichtungen betreffend Holzverpackungen im internationalen Han­del. Diese Schwierigkeiten können durch die neue Verordnung ausgemerzt werden, in­dem klare Verfahrensregelungen für die Registrierung und Autorisierung von Betrieben sowie die zu verwendenden Kennzeichnungen festgelegt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Konkret werden dabei an Prüfstellen die importierten Pflanzen nach Schädlingen und Krankheiten untersucht. Die amtliche Kontrolle wird vom Bundesamt für Ernährungs­sicherheit und den Zollorganen durchgeführt. Die Kosten für die Vollziehung werden durch Gebühren abgedeckt, die von der jeweils zuständigen Behörde eingehoben wer­den. Das Budget wird dadurch also nicht belastet, und das ist angesichts der derzeiti­gen Konjunktursituation und natürlich auch für das Budget besonders wichtig.

Ich ersuche Sie daher, geschätzte Damen und Herren, diesem Agrarrechtsänderungs­gesetz zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.34

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kum­merer. Redezeit: 5 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


21.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zu Beginn eine Bemerkung zu den Ausfüh­rungen des Kollegen Wittauer: Ich glaube dir schon, dass dir die Abfangjäger wehtun, vor allem wenn ich mich daran erinnere, dass ihr dafür gesorgt habt, dass die Abfang­jäger nicht gekauft werden, dass ihr dafür gesorgt habt, dass die Pensionskürzungs­reform nicht kommt. Herzlichen Dank für eure Bemühungen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Sozialdemokraten werden der vorliegenden Gesetzes­vorlage ihre Zustimmung erteilen. Auch wir sind der Ansicht, dass bei diesem Agrar­rechtsänderungsgesetz noch etliches mehr möglich gewesen wäre, zum Beispiel Evaluierungen beim Futtermittelgesetz, das Kollege Maier heute schon angeschnitten hat. Auch beim Forstgesetz wären durchaus noch Neuerungen möglich gewesen. Man hätte die Erfahrungen der letzten Wochen und Monate durchaus einbinden können.

Zu Kollegem Pirklhuber: Ich glaube, es macht bei dieser Bundesregierung, bei diesen Mehrheitsverhältnissen keinen Sinn, zusätzliche und neue Berichte zu verlangen. Wir wissen aus den Ausschüssen, wie mit Berichten umgegangen wird: Enderledigung im


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Plenum, Anträge werden vertagt, kommen in die Schublade (Abg. Murauer: Im Aus­schuss!), kommen nicht mehr auf die Tagesordnung. Ich erinnere zum Beispiel an den Grünen Bericht, ein Standardwerk, das Sie der Öffentlichkeit vorenthalten haben. (Abg. Grillitsch: Sie haben ihn gelobt!) Ich erinnere an den Gewässerschutzbericht, den Sie abgeschafft haben. (Abg. Grillitsch: Den haben Sie so gelobt!) – Auf dich komme ich später noch zu sprechen! (Beifall bei der SPÖ.) – Jetzt wurde ein sechs­jähriger Bericht beschlossen, was eine Verschlechterung um die doppelte Zeit be­deutet.

Ich gebe meinem Vorredner Recht, wenn er meint, dass es hier um die Umsetzung von EU-Richtlinien geht. Auf der einen Seite ist die EU gut, wenn es darum geht, sich aus­zureden; auf der anderen Seite, wenn die EU mit Reformen kommt, ist sie weniger gut, und man versucht mit einem gezielten und gekonnten Lobbying alles zu tun, um solche Reformen zu verhindern.

Kollege Grillitsch, interessant ist: Ein hoher Bauernbund-Funktionär wird in Österreich Landwirtschaftsminister, dann kommt er nach Brüssel, macht einen Vorschlag und hat auf einmal keine Ahnung mehr. Können Sie mir erklären, wieso das eigentlich so ist? Fischler heißt er. (Abg. Grillitsch: Wie war das? Ihr habt ihn so gelobt!) Ihr habt ihn „hinuntergemacht“ und gesagt, er ruiniere die österreichische Landwirtschaft mit seinem durchaus interessanten Vorschlag, dem man durchaus näher treten kann. (Zwi­schenruf des Abg. Schöls.) Ihr habt eine Reform durchgesetzt, die ein Reförmchen wurde. Es ist euch gelungen, einen Kompromiss zu erzielen, mit dem alle zufrieden sind. Und jeder weiß: Ein Kompromiss, mit dem alle zufrieden sind, ist ein schwacher Kompromiss, denn bei einem guten Kompromiss ist niemand zufrieden; das ist eben der feinere Unterschied. Und so ist tatsächlich bei diesem Reförmchen nichts Gravie­rendes passiert.

Besonders gut hat es der neue Herr Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Um­welt und Wasserwirtschaft. Herr Minister, ich gratuliere! Auf Grund dieses Dringlichen Antrages wissen Sie jetzt, was Sie zu tun haben. Sie haben ein detailliertes Koch­rezept, das Sie umzusetzen haben. Und dank der Mehrheit in diesem Haus haben Sie keine Arbeit mehr.

Herr Bundesminister! Wenn ich mir diesen Dringlichen Antrag anschaue, dann muss ich sagen, dass er wieder in die Richtung geht, wie wir Agrarpolitik nur teilweise verste­hen. Es ist heute schon mehrfach die Entwicklung des ländlichen Raumes angespro­chen worden. 80 Prozent werden in Österreich für die Entwicklung des ländlichen Raumes ausgegeben.

Kollege Grillitsch, gib mir vielleicht einmal eine Aufstellung darüber, was mit diesen 80 Prozent für den ländlichen Raum passiert! Interessant wäre für mich besonders, zu erfahren, was von diesen 80 Prozent für den nicht bäuerlichen Bereich eingesetzt wird. Es ist nicht sehr viel. Und auch in Ihrem Antrag, der angeblich dringlich ist, geht es ge­nau in derselben Richtung weiter.

Sie wollen keine Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Regionen für die Landwirt­schaft. Gut, das würde sich auch das Gewerbe, das würden sich auch die kleinen und mittleren Betriebe wünschen. Sie verlangen, den Finanzrahmen im Interesse der öster­reichischen bäuerlichen Familien bestmöglich auszunutzen. Was heißt das, Herr Bun­desminister? – Mit den zusätzlichen Mitteln, die zurückfließen werden, werden Sie – so lautet der Auftrag an Sie – wieder nur die bäuerlichen Betriebe stärken. Vom ländlichen Raum in dem Sinn, wie wir ihn verstehen, ist nicht die Rede. (Abg. Grillitsch: Das Fundament für sichere Lebensmittel!)


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Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das, was wir neben einem Agrarrechtsände­rungsgesetz notwendig brauchen würden, wäre ein „Agrarpolitikänderungsgesetz“! (Beifall bei der SPÖ.)

21.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.40

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist Gott sei Dank so, dass jetzt auch die SPÖ erkannt hat, dass es um Agrarthemen geht. Nachdem zum Thema Agrarreform Herr Abgeordneter Einem als Agrarexperte ins Rennen geschickt wurde, darf wenigstens jetzt zu später Stunde auch Kollege Kummerer seinen Senf dazu geben.

Aber offensichtlich braucht gut Ding manchmal Weile, und es hat eben bis zum Abend gedauert, bis wir uns im Zuge der Debatte über das Agrarrechtsänderungsgesetz nunmehr über die Agrarreform unterhalten konnten. – Das ist in Ordnung. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Hast du die Gescheitheit mit dem Löffel gefressen?)

Primär geht es aber um das Agrarrechtsänderungsgesetz. Es sind dazu von meinen Vorrednern bereits einige Punkte vorgebracht worden. Es geht um verbesserte Einfuhr­bestimmungen für Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse, was sicherlich eine gute Sache ist, die hilfreich sein wird. Es geht weiters um Kostenersparnis und um Verwaltungsver­einfachung. Ich glaube, all das sind Dinge, die man sehr wohl vertreten kann.

Zweiter Punkt: Herr Kollege Pirklhuber hat die Änderungen im Forstgesetz auf Grund der Vereinfachung der Rodung kritisch beurteilt. Wenn man sich aber die Änderung an­schaut, dann weiß man, dass es sich nur, wie Sie richtig gesagt haben, um eine legis­tische Änderung handelt, und ich glaube, dass es dabei auch um eine Besserstellung des Land- und Forstwirtes geht, der sozusagen nun einfacher zu seiner Rodung kommt. (Abg. Binder: Ihre Rede ist staatstragend!)

Wenn man sich einmal anschaut, wie viel Wald zuwächst und wie viel Wald wir nutzen, dann weiß man, dass wir jährlich mehrere Millionen Festmeter Holz mehr an Zuwachs haben, als wir nutzen. Ich glaube, deshalb können wir in solchen Fällen beim Rodungs­verfahren ein bisschen einfacher vorgehen, denn der Wald wächst uns ohnedies schon bei der Haustüre herein. Die Almen wachsen auch zu. Daher, glaube ich, kann man hier ruhig eine kleine Erleichterung schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Ein weiterer Punkt, der im Zuge dieses Agrarrechtsänderungsgesetzes eingebracht wurde, ist eine Vereinfachung, was den Zugang für Forstorgane zur Staatsprüfung be­trifft. Meines Erachtens ist es auch keine schlechte Sache, dass auch ausländische ge­prüfte Forstleute zur Staatsprüfung antreten können. Das ist eigentlich eine Forderung, die auch von der Opposition Zustimmung bekommen sollte.

So gesehen glaube ich, meine geschätzten Damen und Herren, dass wir hier sicherlich ein paar Punkte haben, denen man ruhig in Form einer Zustimmung Folge leisten könnte. Ich bin davon überzeugt, wenn Sie sich das im Detail anschauen, könnten Sie sich Ihre Zustimmung noch überlegen. Wir als Freiheitliche Partei und als freiheitliche Fraktion werden den Agrarrechtsänderungen zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


21.43


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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keuschnigg. Er gelangt für 3 Minuten zu Wort. – Bitte.

 


21.43

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Uns liegt hier ein Paket von Umsetzungen von EU-Richtlinien, Verwaltungsvereinfachungen, Verwaltungsneuord­nungen und Berichtigungen von Redaktionsversehen vor.

Zu den Details ist hier schon einiges gesagt worden, sodass ich mich auf eine grund­sätzliche Bemerkung beschränken darf.

Dieses Gesetzespaket macht in mehreren Punkten wieder einmal bewusst, dass die internationale Verflechtung unserer Wirtschaft immer stärker wird und wir uns daher immer mehr mit diesen internationalen Vereinbarungen zu befassen haben. – Eine Binsenweisheit.

Jetzt ergibt sich aber zum Beispiel beim Pflanzenschutzgesetz, aber auch bei den Futtermitteln eine interessante Situation. Während etwa bei den Lebensmitteln über Gleichstellungsabkommen praktisch keine eigenen In-Verkehrs-Bringungs-Prüfungen mehr stattfinden – das heißt, dass im Lebensmittelbereich Markt und Konkurrenz voll spielen –, ist es bei den landwirtschaftlichen Betriebsmitteln bei weitem nicht so.

Das heißt, wir verlassen uns im Bereich der Lebensmittel auf die Behörden anderer EU-Länder, aber bei den Betriebsmitteln nicht. Ich sage aber damit nicht, dass wir bei Pflanzen und pflanzlichen Erzeugnissen, bei Pflanzenschutzmitteln oder bei Futtermit­teln die Grenzen unkritisch aufmachen sollen. Die Situation hat aber schon etwas für sich: Auf der einen Seite kann der freie Markt spielen, aber auf der anderen Seite, bei den Betriebsmitteln, also dort, wo es um die Kostensituation der bäuerlichen Familien geht, ist das nicht so. Da besteht jedenfalls Handlungsbedarf, da besteht Bedarf, Politik zu entwickeln.

Ungeachtet dessen ist das vorliegende Gesetzespaket notwendig und wichtig, und man kann die Verwaltung nicht genug einladen, auf Effizienz, Klarheit und Einfachheit zu setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Bundesminis­ter Pröll. – Bitte.

 


21.45

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dem Agrar­rechtsänderungsgesetz 2003 ändern wir das Pflanzenschutzgesetz, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Futtermittelgesetz aus dem Jahre 1999, das Qualitätsklassengesetz und das Forstgesetz.

Insgesamt muss ich sagen, dass sich ein Agrarrechtsänderungsgesetz als Sammelge­setz in der Vergangenheit bewährt hat. Auch dieses Gesetz mit seinen verschiedenen Unterpunkten ist der richtige Weg, wir vermanschen hier nicht, sondern stellen klar und deutlich Punkt für Punkt dar und ändern die von mir punktuell angesprochenen Ge­setze.

Mit dem Pflanzenschutzgesetz wollen wir neue Vorschriften für die Einfuhr von Pflan­zen und Pflanzenerzeugnissen aus Drittländern, die zur Umsetzung einer diesbezüg­lichen EU-Richtlinie notwendig sind, schaffen. Vor allem wollen wir eine bessere Zusammenarbeit der Pflanzenschutzdienste mit den Zollbehörden ermöglichen. Wir stellen heimische Betriebe beim Güterexport in Holzverpackungen – das betrifft die


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Paletten, die Kisten, das gesamte Staumaterial – mit Betrieben anderer Mitgliedstaaten gleich. Auch das ist eine wesentliche Voraussetzung für die Wettbewerbsgleichheit auf dem agrarischen Sektor. (Beifall bei der ÖVP.)

Bei der Änderung des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes geht es im Wesentlichen um Verwaltungsvereinfachung. Es soll der übersichtlichen und einheit­lichen Gestaltung dienen, es sollen die derzeit in mehreren Bundesgesetzen geregel­ten Tarife für landwirtschaftliche Betriebsmittel konzentriert werden und damit verwal­tungstechnisch eine Vereinfachung herbeigeführt werden.

Beim Futtermittelgesetz geht es darum, einen weiteren Schritt zur Optimierung der Lebensmittelsicherheit sowie Verwaltungsvereinfachung und Kosteneinsparungen durch die Übernahme sämtlicher Vollzugsaufgaben im Futtermittelbereich durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit sicherzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim Qualitätsklassengesetz geht es um Rechtsanpassungen hinsichtlich der Ein- und Ausfuhrkontrolle.

Beim Forstgesetz setzen wir auf der einen Seite EU-Richtlinien um, und auf der ande­ren Seite werden redaktionelle Veränderungen, die bei der Forstgesetznovelle im ver­gangenen Jahr, also 2002, gemacht wurden, adaptiert.

Es ist dies also insgesamt ein Agrarrechtsänderungsgesetz, das EU-Anpassungen auf der einen Seite und klare Verwaltungsvereinfachungsschritte auf der anderen Seite mit sich bringen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

21.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Danke vielmals, Herr Bundesminister, für die Kürze der Rede.

Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.48

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen des Nationalrates! Grundsätzlich sind die einzelnen Maßnahmen dieser Sammelnovelle sachlich gerechtfertigt und daher auch zu begrü­ßen. Das gilt sowohl für die neuen Bestimmungen hinsichtlich der Einfuhr von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen aus Drittländern, durch die eigentlich eine EU-Richtlinie um­gesetzt wird, als auch für die Anpassung der Vorschriften beim Güterexport in Holz­verpackungen.

Es werden somit die heimischen Betriebe den Betrieben anderer Mitgliedstaaten der EU gleichgestellt. Das gilt auch für die Verwaltungsvereinfachungen, wie zum Beispiel die Vereinheitlichung der Tarife für landwirtschaftliche Betriebsmittel, die Übernahme sämtlicher Vollzugsaufgaben im Futtermittelbereich durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernähungssicherheit sowie die im Qualitätsklassengesetz erfol­gende Rechtsanpassung hinsichtlich der Ein- und Ausfuhrkontrolle.

All das ist prinzipiell zu begrüßen, und deshalb werden wir auch zustimmen, Herr Kol­lege Scheuch! (Beifall bei der SPÖ.)

Problematisch ist aber trotz allem das Instrument der Sammelnovelle an sich, und zwar problematisch in demokratiepolitischer und auch in parlamentarischer Hinsicht. Wir haben das seitens der SPÖ auch im Ausschuss angesprochen. Es besteht bei derarti­gen Sammelnovellen nämlich immer die Gefahr, dass die einzelnen Bestimmungen nicht ausreichend diskutiert werden und eine differenzierte Stellungnahme nicht mög­lich ist oder untergeht. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber im Ausschuss wart ihr positiver als im Plenum!)


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Wir SozialdemokratInnen sind in diesen Tagen – Sie müssen das verstehen, Herr Kol­lege Scheuch –, nach der Debatte des Budgetbegleitgesetzes, verständlicherweise etwas skeptisch, wenn die Regierungsparteien große Sammelnovellen zur Abstim­mung vorlegen. Ein gebranntes Kind scheut eben das Feuer. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wurde auch schon angesprochen, dass beinahe alle Berichte im Ausschuss end­erledigt werden. Ich möchte nur ganz kurz auf den Wildschadensbericht eingehen, der leider auch nicht im Plenum diskutiert wird, der aber eine Reihe von sehr markanten Aussagen enthält. Weder beim Verbiss, noch bei den Schälschäden gab es seit 2000 eine Verbesserung. – Im Gegenteil: Es gab beim Verbiss sogar eine Verschlechterung. Zwei Drittel unsere Wälder sind durch Verbiss geschädigt, fast ein Viertel aller Stan­genholzflächen sind von Schälschäden betroffen.

Die Gründe, die im Bericht genannt werden, sind es auf jeden Fall wert, genannt zu werden. Ich denke, es wäre für alle gut, sich diese Gründe auch anzuhören. Es werden folgende Gründe genannt: Fehler in der Wildfütterung, einseitig orientierte Jagdwirt­schaft, zu intensive Waldweide sowie Beunruhigung und Verdrängung des Wildes durch den Tourismus. All diese Gründe liegen meiner Ansicht nach im Bereich des menschlichen Handelns und auch in menschlicher Verantwortung. Und für diese gibt es letztlich auch eine politische Verantwortung.

Ich weiß, Herr Minister Pröll und auch Herr Abgeordneter Scheuch, Sie haben schon im Ausschuss versucht zu beschwichtigen. Sie haben uns, der Opposition, vorgewor­fen, die Ergebnisse des Berichtes zu dramatisieren. Es muss aber gesagt werden, dass hier wirklich nicht alles zum Besten steht. Ich denke, das werden Sie auch nicht bestreiten wollen.

Ich würde mir von den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien sehr wün­schen, dass sie auch einmal ihre Arbeit kritisch betrachten und nicht immer alles vorbe­haltlos über den grünen Klee loben. Dann könnten in vielen Bereichen tatsächlich Ver­besserungen erzielt werden, denn aus Fehlern kann man ja bekanntlich lernen, wenn man will. (Beifall bei der SPÖ.)

21.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Witteier, pardon: Wittauer. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.52

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Präsident, wir kennen uns, deshalb ist es für mich auch zu später Stunde begreifbar, dass man hin und wieder Wörter oder Namen verwechselt.

Ich möchte ein wenig auf das eigentliche Thema eingehen, da wir anscheinend nicht über das Agrarrechtsänderungsgesetz 2003 reden, sondern über viele andere The­men. Wir hatten im Ausschuss diese verschiedenen Berichte, und es gab übereinstim­mend die Meinung, dass diese Berichte gut sind und alle Parteien in diesen Berichten vertreten sind. Ich verstehe nicht, dass die Information bei euchso schlecht läuft, dass nicht jeder Bescheid weiß. Jeder hat doch ein Exemplar, und ich glaube, dass die Öffentlichkeit, weil die Berichterstattung eben öffentlich ist, auch Bescheid weiß.

Man muss also nicht immer Plenarsitzungen dazu verwenden, um alles Mögliche zu verlangen. Wir haben darüber gesprochen, wir haben den Bericht auch abgehandelt und zur Kenntnis genommen. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Abgeschafft!)

Herr Abgeordneter Kummerer, auch Sie leiden unter dem Abfangjäger-Syndrom. Mir scheint, alles andere ist nicht mehr wichtig für Sie. Ich möchte Ihnen dazu noch einmal die freiheitliche Position sagen: Wir waren in der Vergangenheit für die Luftraumüber­wachung und wir sind natürlich dafür, dass ein effizientes Gerät für das Bundesheer


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angeschafft wird. Im Gegensatz zu den Sozialdemokraten gehen wir eine Linie (demonstrativer Beifall des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer), während die Sozialdemokraten seit dem Drakenankauf ihre Meinung wechselweise ändern, schlussendlich an Un­glaubwürdigkeit leiden und dieses Thema sogar bei einer Agrarrechtsreform verwen­den, um sich wichtig zu machen.

Das muss ja so sein. Aber wahrscheinlich ist Herr Abgeordneter Kummerer deshalb hergeschickt worden, um über Agrar ... Ich weiß nicht: Haben Sie einen Schreber­garten? Was haben Sie eigentlich? (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Nein! ...!) – Das passt gut, denn das ist, glaube ich, Ihr einziger Zugang zur Landwirtschaft.

Deshalb werden ich jetzt probieren, doch auf das Agrarrechtsänderungsgesetz 2003 einzugehen, damit wir wirklich wieder über dieses Thema sprechen. Die Bestimmun­gen betreffend Einfuhr von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen aus Drittländern sind die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Ich glaube, diese sollten wir auch umsetzen. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es gibt eine Gleichstellung für Holzverpackungen und Güter beim Export, also ange­glichen an die anderen Mitgliedstaaten. Das betrifft insbesondere Paletten, Kisten und Staumaterial aus Holz. Das ist natürlich auch wichtig, weil wir die Wettbewerbsverzer­rung nicht wollen für unsere ... (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Grillitsch: Zwischenap­plaus!) – Bitte, applaudieren ist ja ganz gut.

Damit werden für alle die gleichen Voraussetzungen geschaffen. Die Vereinheitlichung für die derzeit in mehreren Bundesgesetzen geregelten Bestimmungen für die landwirt­schaftlichen Betriebsmittel wird ebenfalls umgesetzt. Ziel war es immer, Wettbewerbs­verzerrungen zu vermeiden. Mit dieser Vereinheitlichung ist dieses Ziel umgesetzt. Es wurde damit auch eine Verwaltungsvereinfachung erreicht. Ich meine, Verwaltungsver­einfachung war immer unser Ziel und sollte immer unser Ziel sein.

Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit wird sämtliche Vollzugsaufgaben im Futtermittelbereich übernehmen. Damit wird schlussendlich eine bessere Qualität der Lebensmittel für den Konsumenten erreicht. Eine Rechtsanpas­sung im Qualitätsklassengesetz hinsichtlich der Ein- und Ausfuhr im Futtermittelbereich wird in Zukunft mehr Sicherheit gewährleisten. Eine effiziente Kontrolle ist gut für unsere Konsumenten und natürlich auch für unsere Landwirte.

Wir Freiheitliche stimmen daher diesem Agrarrechtsänderungsgesetz zu. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, fordere ich auf, diesem auch zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da dieses Thema für uns besonders wichtig ist, wünschen wir uns ... (Zwischenruf der Abg. Pfeffer.) – Freilich, es passt gut, wenn Sie zustimmen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag  

der Abgeordneten Grillitsch, Dipl.-Ing. Scheuch und Kollegen zur Regierungsvor­lage 117 der Beilagen betreffend Agrarrechtsänderungsgesetz 2003 in der Fassung des Ausschussberichtes (157 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Im Artikel 2 wird folgende Ziffer 5 eingefügt:

„5 § 10 Abs. 3 lautet:

,(3) Es ist ein Aufsichtsrat einzurichten, der aus elf Mitgliedern besteht, von denen


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1. drei Mitglieder vom Bundesminister für Gesundheit und Frauen zu bestellen sind,

2. drei Mitglieder vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Was­serwirtschaft zu bestellen sind,

3. ein Mitglied vom Bundesminister für Finanzen zu bestellen ist,

4. ein Mitglied vom Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsu­mentenschutz zu bestellen ist und

5. drei Mitglieder von den nach der Betriebsverfassung vorgesehenen Vertretungskör­pern der Dienstnehmer zu entsenden sind.

Die Mitglieder des Aufsichtsrates sind gegenüber dem jeweils bestellenden Bundes­minister zur umfassenden Auskunftserteilung verpflichtet.’“

*****

Ich danke für Ihre Zustimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.57

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Wittauer vorgelesene Ab­änderungsantrag der Abgeordneten Grillitsch, Dipl.-Ing. Scheuch und Kollegen ist hin­reichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Wir haben jetzt allerdings nur noch zwei Redner, und zwar Herrn Ing. Winkler mit 2 Mi­nuten und Herrn Dipl.-Ing. Pirklhuber mit 4 Minuten Redezeit. Meine Frage ist, ob ge­wünscht wird, dass man etwas mehr Zeit bis zur Abstimmung hat. Ich frage vor allem die Opposition. – Das muss nicht sein, geht also in Ordnung. Somit ist der Antrag zugelassen und steht zur Abstimmung.

Ich bitte Herrn Abgeordneten Ing. Winkler zum Rednerpult. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.58

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! In zwei Minuten werde ich versuchen, mich beim Agrarrechts­änderungsgesetz auf das Forstgesetz zu beschränken. Ich darf zunächst festhalten, dass mit der Novellierung 2002 des Forstgesetzes 1975 ganz wesentliche Verwal­tungsvereinfachungen stattgefunden haben, so unter anderem auch die Rodungsbewil­ligung beziehungsweise die übrigen Verwaltungsthemen oder auch Ausbildungsbe­reiche.

Ich darf in diesem Zusammenhang Folgendes festhalten: Da hier von Seiten des Kolle­gen Pirklhuber eingewandt wurde, dass der Rodungsbewilligung und Verwaltungsver­einfachung nicht zugestimmt werden kann, so verstehe ich das nicht ganz. Gerade da kann man den ländlichen Raum durchaus auch insofern stützen, als Weidefreistellun­gen, entsprechende Wildwiesen, entsprechende Flurbereinigungen und dergleichen mehr eben tatsächlich einfacher durchgeführt werden können. Der ländliche Raum be­steht nicht darin, ihn durch Wald zuwachsen zu lassen, sondern auch in der Kulturland­schaft.

Ich glaube, dass es viel wichtiger ist, den Schutzwald zu bewirtschaften. Es ist auch wichtig – das soll in diesem Abänderungsantrag berücksichtigt werden –, dass Aus- und Weiterbildung dem hohen Standard von Österreich entsprechend sichergestellt wird, und dass auch Fachpersonal in dieser Hinsicht für die Zukunft sichergestellt ist.

Was die Wildschäden betrifft, darf ich kurz dazu sagen, dass wir die Schälschäden dort, wo Fachpersonal vorhanden ist, sehr wohl im Griff haben und sich diese auch


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rückläufig entwickeln werden. Was die Verbissschäden betrifft, ist es tatsächlich so, dass es auch äußere Einflüsse gibt, die zum Teil nicht von Fachleuten beeinflusst werden können.

Ansonsten geht es darum, Redaktionsfehler zu korrigieren und zu beseitigen. Daher ersuche ich um die Zustimmung zu diesem Gesetz. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vorläufig letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. 4 Minuten Redezeit. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber – auf dem Weg zum Rednerpult –: Eine Minute!) – Nur 1 Minute. (Demonstrativer Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

 


22.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Hohes Haus! In aller Kürze werde ich klarlegen, warum unsere Fraktion zum Antrag, den Kollege Wittauer hier ein­gebracht hat, ganz klar nein sagen muss.

Es ist, glaube ich, auch für die FPÖ selbst etwas unverständlich, warum sie diesen An­trag überhaupt einbringt, denn derzeit sind sieben Mitglieder im Aufsichtsrat vertreten, davon zwei Mitglieder vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generatio­nen. – Das ist derzeitiger Ist-Stand.

In Ihrem Antrag soll der Konsumentenschutz nur mehr einen Vertreter haben; die an­deren Vertreter werden auf drei Mitglieder vom Bundesministerium für Land- und Forst­wirtschaft und drei Mitglieder vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen auf­gestockt. (Abg. Mag. Molterer: Das ist falsch!)

Meine Damen und Herren! Das ist eindeutig eine Machtverschiebung auf die Seite der ÖVP, und wenn das so ist, dann ist das, würde ich sagen, auf jeden Fall ein schlechter Deal, den Sie da eingegangen sind.

Grundsätzlich muss ich Ihnen schon Folgendes sagen: Mit dieser vorliegenden Novelle zum Ernährungssicherheitsgesetz haben Sie die Möglichkeit des Zugriffs des Konsu­mentenschutzes auf die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit generell gestrichen. Auf dieser Ebene hätten Sie sich hier einsetzen müssen, meine Damen und Herren – und nicht in dieser Art und Weise, wie Sie es getan haben.

Diesem Antrag werden wir Grünen sicherlich nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Grünen.)

22.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. – Doch, Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte. (Abg. Steibl – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Gradwohl –: Geh bitte!)

 


22.01

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit Bedauern muss ich feststellen, dass leider von einer bisher lang gepflogenen Praxis abgegangen wird. Es werden hier Abänderungsanträge zu einer Gesetzesma­terie, die im Ausschuss einstimmig beschlossen wurde, zwei Minuten vor der Abstim­mung in zweiter Lesung im Parlament eingebracht. Außerdem bringt dieser Abände­rungsantrag – und da schließe ich mich den Aussagen des Kollegen Pirklhuber an – eine absolute Verschlechterung der Position des Konsumentenschutzes im Bereich der Ernährungssicherheit.


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27. Sitzung / Seite 245

Wenn die Kollegen der Freiheitlichen Partei meinen, dass sie ihrem Vizekanzler bezie­hungsweise ihrer Staatssekretärin damit einen guten Dienst erweisen, so ist das ihre Angelegenheit; wir von der SPÖ sind aber nicht Regierungsmitgliedern verantwortlich, sondern der Bevölkerung.

Heute wurde den ganzen Nachmittag lang über die Sicherheit von Lebensmitteln gesprochen. Ich kann nicht einsehen, dass wir mit diesem Abänderungsantrag, zwei Minuten vor der Abstimmung eingebracht, die Konsumentenschutz-Maßnahmen verrin­gern und dem auch noch zustimmen sollten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da das Agrarrechtsänderungsgesetz, wie be­reits gesagt, im Ausschuss einstimmig beschlossen wurde, nunmehr ein Abänderungs­antrag in zweiter Lesung, den wir ablehnen müssen, eingebracht und damit das Agrar­rechtsänderungsgesetz auf eine Art und Weise abgeändert wurde, dass wir dem nicht mehr zustimmen können, teile ich hiemit mit, dass im Unterschied zum Abstimmungs­verhalten der sozialdemokratischen Fraktion im Ausschuss wir von der SPÖ hier im Plenum auf Grund dieses Abänderungsantrages dem gesamten Agrarrechtsände­rungsgesetz nicht zustimmen können. (Beifall bei der SPÖ.)

22.03

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu jetzt wirklich niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort seitens der Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 157 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen ein Ver­langen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich Artikel 1 gestellt.

Ferner haben die Abgeordneten Grillitsch, Dipl.-Ing. Scheuch und Kollegen einen Zusatzantrag betreffend Agrarrechtsänderungsgesetz 2003 in der Fassung des Aus­schussberichtes eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile, danach über den Zusatzantrag und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen. (Abg. Jakob Auer: Eindeutige Mehrheit!)

Die Abgeordneten Grillitsch, Dipl.-Ing. Scheuch und Kollegen haben einen Zusatzan­trag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer Ziffer 5 im Artikel 2 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Zusatzantrag Grillitsch, Dipl.-Ing. Scheuch eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

23. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvor­lage (131 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaft­liche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz – LLDG 1985 geändert wird (159 der Bei­lagen)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wird verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl für 4 Minuten. Ich bitte ihn, das Wort zu ergreifen.

22.06

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt eine Reihe von EU-Richtlinien betreffend Arbeitnehmerschutz. Diese Richtlinien wurden im Bereich des Bundes durch das Bundesbediensteten-Schutzgesetz vollinhaltlich umgesetzt. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden nun die Bestimmungen auch für die land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer angepasst und wird somit EU-Konformität er­reicht.

Die zunehmende Bedeutung der Bildung im Bereich der Landwirtschaft wird auch durch diese Umsetzung des Sicherheits- und Schutzgedankens dokumentiert. Die Um­setzung dieser Schutzvorrichtung für die land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer ist ein wesentlicher Punkt zur generellen Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Schutzbestimmungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Während der Ausbildung der Schülerinnen und Schüler in den österreichischen Land­wirtschaftsschulen soll auch für diese erkennbar sein, dass den Einrichtungen zur Erhöhung der Sicherheit besonderes Augenmerk geschenkt wird.

Mehr als 12 000 Schülerinnen und Schüler besuchen derzeit landwirtschaftliche Be­rufs- beziehungsweise Fachschulen. Dank der immer wieder betonten Bedeutung des ländlichen Raumes und der Nachhaltigkeit hat sich in der ländlichen Bevölkerung der Wille zu einer umfassenden Bildung in allen Bereichen der Landwirtschaft durchge­setzt.

Für Niederösterreichs Landwirtschaftsschulen kann ich sagen, dass in den vergange­nen Jahren viele Aktivitäten gesetzt wurden. So wurde im Jahre 2002 in der Verantwor­tung von Agrar-Landesrat Josef Plank ein neues Gesamtkonzept vorgestellt. Dessen Inhalt war die zukunftsorientierte Weiterentwicklung des landwirtschaftlichen Schul­wesens unter den Gesichtspunkten der Pädagogik, Effizienz und Attraktivität.

Einerseits geht es um die Anpassung der Ausbildungsprofile an die Einkommensschie­nen der Landwirtschaft im Bereich Hauswirtschaft, indem Schwerpunktausbildungen definiert werden – das sind sehr interessante Bereiche wie soziale Dienste, Tourismus, Eco-Design sowie Gesundheit und Wellness –, andererseits werden im Bereich Land­wirtschaft neben den agrarischen Kernthemen Schwerpunkte wie zum Beispiel in den Gebieten Bio-Energie, Energielandwirt oder kommunale Dienste gesetzt.

In Niederösterreich konnten die 20 Landwirtschaftsschulen eine Zunahme der Schüler­zahl verzeichnen, und trotz einer Verringerung der Lehrerzahl können sich die Qualität


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und das erweiterte Bildungsangebot sehen lassen – ja, es wird zusätzlich noch die mittlere Reife angeboten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ausbildung des bäuerlichen Nachwuchses erlebt derzeit qualitätsmäßig einen enormen Auftrieb. Immer mehr Voll- und Nebenerwerbs­betriebe erkennen die Notwendigkeit einer umfassenden landwirtschaftlichen Ausbil­dung. Die vorbildliche Ausstattung der landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen auch in allen Sicherheitsdetails hat Vorbildwirkung. Die ständige Schulung von Lehr­kräften für die Funktionen als Sicherheitsfachkräfte oder -vertrauenspersonen gehört selbstverständlich zum wachsenden Sicherheitsbedürfnis dazu.

Eine Verringerung der Zahl der Arbeitsunfälle und berufsbedingten Krankheiten und eine Einsparung bei den Kranken- und Unfallkosten sind auf jeden Fall zu erwarten. Darum ist dieses Bundesgesetz zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz der land- und forstwirtschaftlichen Lehrer sehr zu begrüßen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

22.10

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner dazu: Herr Abgeordneter Wimmer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


22.10

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir haben bei der letzten Abstimmung ein Bei­spiel dafür erlebt, wie es nicht funktionieren soll. Meine sehr geschätzten Damen und Herren von den Regierungsparteien, so geht man mit einer Opposition nicht um, das ist undemokratisch, das ist unfair, das gehört sich einfach nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Sie sind oberlehrerhaft!)

Zwei Minuten vor der Abstimmung einen Abänderungsantrag einzubringen, bei dem wir nicht mehr mitgehen konnten, ist wirklich undemokratisch! Es gibt ein sehr gängiges Sprichwort, das da heißt: „Bei meiner Ehr’!“ – Liebe Freunde: Mit Ehr’ hat diese Vor­gangsweise aber schon überhaupt nichts zu tun (Scheibner: Ihre Belehrungen können Sie sich sparen, die können Sie sich sparen!), und es ist wirklich schade. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es geht bei dieser Regierungsvorlage um eine Änderung des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, und zwar um Arbeitnehmerschutzbestimmungen, die in das Landeslehrer-Dienstrechts­gesetz aufgenommen werden sollen. Es geht um den Schutz der im land- und forstwirt­schaftlichen Bereich beschäftigten Lehrer. Ich glaube, dass das wichtig und so auch gut ist, und wir Sozialdemokraten werden diesem Antrag zustimmen – es sei denn, Sie bringen wieder eine Minute vor der Abstimmung einen Abänderungsantrag ein.

Lassen Sie mich nun die Verhandlungen im Ausschuss, der am Mittwoch vergangener Woche stattgefunden hat, Revue passieren. Dort ist es unter anderem um den Gewäs­serschutzbericht gegangen. Der Gewässerschutzbericht wurde dort zum letzten Mal dem Parlament vorgelegt, er wurde vergangenen Mittwoch sozusagen zu Grabe getra­gen. Das war ein Trauertag für die österreichische Umweltpolitik, und das ist ein ökolo­gischer Rückschritt, den Sie als Regierungsmitglieder zu verantworten haben.

Leider ist mit dem Grundwasser auch nicht alles in Ordnung. Wie schaut es im Bereich der Nitrate aus? Wie schaut es mit Athrazin im Grundwasser  aus? Es ist sehr bedenk­lich, dass die Schwellenwerte bei Athrazin ansteigend sind, obwohl Athrazin in Öster­reich nicht mehr erhältlich ist, nicht mehr produziert werden darf. Aber wahrscheinlich kann es trotzdem irgendwie erworben werden, und es wird nach wie vor in großen Mengen aufgebracht.


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Herr Bundesminister, da müssen in Zukunft strengere Kontrollen durchgeführt werden. Das kann so nicht funktionieren. Gerade der Gewässerschutzbericht hat diese Miss­stände aufgezeigt, den es aber in Zukunft leider nicht mehr geben wird.

Grundwassersanierungsgebiete werden schon jahrelang ausgewiesen, aber es gibt keine Verordnungen dazu. Herr Bundesminister, auch da besteht Handlungsbedarf. Sie müssen sich mit den Landeshauptmann von Oberösterreich einmal zusammenre­den, denn ohne Verordnung sind solche Grundwassersanierungsgebiete ohne Belang. Wir brauchen da Bewirtschaftungsbeschränkungen, denn sonst funktioniert es nicht.

Herr Bundesminister! Mein Kollege Einem hat Sie heute gefragt, welche Interessen Sie vertreten, und Sie haben darauf geantwortet, sie würden die Interessen aller Bauern vertreten, der großen und der kleinen, der Bauern mit großer Bewirtschaftungsfläche und der Bauern mit kleiner Bewirtschaftungsfläche. Aber ich sage Ihnen: Das stimmt natürlich so nicht, wie Sie es sagen! Sie stehen eindeutig auf der Seite der großen Bauern, und das werfen wir Ihnen immer vor. Das haben Sie auch bei den Verhandlun­gen in Brüssel wieder ganz deutlich gezeigt.

In den Pressemeldungen heißt es – ich zitiere –: Agrarreform: nur mehr ein Stückwerk. Kommissar Fischler hat es auf den Punkt gebracht: Er hat gemeint, man könne über Kompromisse reden, aber nicht über faule Kompromisse, was manche Agrarvertreter fordern. – Zitatende.

Deutlicher kann man es nicht mehr aussprechen. Es stimmt: Das ist die Realität! Er hat natürlich Recht, denn die Modulation verschieben Sie auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Wir verharren weiterhin im alten ungerechten Förderungssystem, wie wir wissen, und die Förderungsmillionäre haben sich nach wie vor durchgesetzt. (Abg. Grillitsch: Das war schon um 15 Uhr auf der Tagesordnung! Wir sind jetzt beim Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz!) Sie machen Politik für die Großen, und die Kleinen bleiben auf der Strecke. Das ist nicht der Weg, den wir Sozialdemokraten mitgehen wollen! (Beifall bei der SPÖ.)

22.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird vom Herrn Berichterstatter nicht gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 131 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Frau Kollegin Kuntzl und Herr Kollege Posch, Sie treten dafür nicht ein? (Die Abgeordneten Kuntzl und Mag. Posch erheben sich nun auch von ihren Sitzen.) Das ist nun einstimmig beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist auch Ein­stimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

24. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvor­lage (83 der Beilagen): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Steiermark zur Errichtung und zum Betrieb eines Nationalparks Gesäuse (156 der Beilagen)

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Redner Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. – Bitte.

 


22.16

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Es geht bei dieser Regierungsvorlage um die Errichtung und den Betrieb des Nationalparks Gesäuse – ein durchaus erfreulicher Tatbestand, der schon im Aus­schuss einstimmig beschlossen worden ist.

Jahrelange Verhandlungen zwischen dem Bund, dem Land, den Gemeinden und den Grundbesitzern sind dieser Vereinbarung vorausgegangen, die dann zwischen dem Bund und dem Land Steiermark geschlossen wurde. Unser damaliger Minister Willi Molterer hat diesen Vertrag im Herbst des Vorjahres unterzeichnet, und damit wurde der Nationalpark Gesäuse im Grunde genommen bereits eröffnet, aber der Nationalrat muss diesen Artikel-15a-Vertrag natürlich erst genehmigen.

Dieser Vertrag regelt die flächenmäßige Ausdehnung, die Zielsetzung, die Einrichtung und die Aufgaben einer Nationalparkverwaltung sowie die Finanzierung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der wichtigste Punkt bei den Verhandlungen war ganz sicherlich die Einbeziehung der Grundbesitzer und der regionalen Bevölkerung.

Die Errichtung von Nationalparks in Österreich ist durchaus eine Erfolgsstory. Derzeit halten wir bei sechs Nationalparks in acht Bundesländern. Das heißt, wir haben nahe­zu über ganz Österreich verteilt Nationalparks, beginnend vom größten Nationalpark Hohe Tauern, der im Jahre 1992 errichtet wurde, bis zum Nationalpark Gesäuse, der im Jahre 2002 errichtet wurde. Es handelt sich dabei um die landschaftlich schönsten und ökologisch wertvollsten Naturräume, die in Naturzone und Bewahrungszone oder, einfacher gesagt, in Kernzonen und Randzonen gegliedert sind.

Die Funktion eines Nationalparks ist ganz genau geregelt. Wir halten uns dabei an die IUCN-Richtlinien der Weltnaturschutzunion. Es geht dabei um die Einhaltung der Richt­linien für Schutzkategorie II. Schutzkategorie I betrifft bekannterweise die Wildnisge­biete oder die Naturwaldreservate. Kategorie II heißt, dass es sich um mehrere Haupt- und Nebenziele handelt. Die Hauptziele sind das Schutzgebiet, das hauptsächlich zum Schutz von Ökosystemen und zu Erholungszwecken verwaltet wird. Das heißt, sie müssen öffentlich zugänglich gemacht werden.

Das heißt, der Schutz von Ökosystemen und Erholungszwecke sind die vorrangigen Ziele. Nachrangig, aber genauso wichtig, sind die Ziele der wissenschaftlichen For­schung, der Bildung, der Schutz der Wildnis und der Schutz bestimmter naturräum­licher und kultureller Erscheinungen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade wir von der ÖVP haben uns immer an die drei wichtigsten Grundsätze gehalten. Punkt eins ist die freiwillige Zustimmung der Grundbesitzer. Punkt zwei ist die angemesse Entschädigung für wirtschaftliche Nach­teile. Der dritte Punkt ist die erwähnte Einhaltung internationaler Kriterien.

Das hat zu einem Erfolg geführt. Früher stand man seitens der Grundbesitzer der Er­richtung der Nationalparks eher skeptisch gegenüber, während heute die Tendenz in Richtung Erweiterung geht. Das ist eine ganz wunderbare Entwicklung.

Noch einmal sei gesagt: Ganz entscheidend war die Einbindung der Grundbesitzer!

Heute verwaltet man diese Nationalparks mittels Managementplänen. Dabei geht es auch um die Erhaltung der bäuerlichen Kulturlandschaft. Das heißt, da geht es um die landwirtschaftliche Vielfalt, um die traditionelle Almwirtschaft, um die Beweidung von


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Flächen, um naturnahe Waldwirtschaft und – das ist ganz wichtig – auch um eine Jagdbewirtschaftung, die in einem Nationalpark als Wildtiermanagement bezeichnet wird. Das heißt, dass die Jagd möglich ist, dass das Erlegen des Wildes unbedingt not­wendig ist, dass aber auch ein gewisses Monitoring, eine Beobachtung des Wildes dementsprechend erfolgen muss.

Wir von der ÖVP stehen zu den Nationalparks, aber ohne Glassturz, das heißt, wir sind für ein Management unter Einbindung der regionalen Bevölkerung und der Grundbe­sitzer. Das ist der erfolgreiche Weg, den unser Bundesminister Pröll weitergehen will. Nationalparks sind somit auch eine große Chance für den ländlichen Raum.

Abschließend lassen Sie mich Dank aussprechen den vielen Grundbesitzern, die sich bisher bereit erklärt haben, Flächen zur Verfügung zu stellen, und die bisher ihre Flächen so bewirtschaftet haben, dass diese bedenkenlos in die Nationalparks einge­gliedert werden konnten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Faul. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


22.21

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit darf ich mich kurz fassen. Sie alle kennen die Erfolgsgeschichte bei den österreichischen Nationalparks, und wir hoffen, dass mit dem Nationalpark Gesäuse diese Erfolgsgeschichte fortgesetzt wird. Wir wissen, wie wichtig es ist, in Zeiten, in welchen der Tourismus in Österreich, insbeson­dere der Sommertourismus, „schwächelt“, durch Angebote den Urlaub in Österreich zu attraktiveren und die Nachfrage zu stärken. Daher, Herr Minister, werden wir heute nicht darüber reden, wie schwierig sich die Verhandlungen gestalten haben, dass wir diesen Beschluss zustande gebracht haben.

Wir reden auch nicht über die Angemessenheit oder Nichtangemessenheit der Ent­schädigungen für die wirtschaftlichen Verluste, sondern freuen uns darüber – Kollege Auer hat es schon gesagt –, dass wir die Schutzkategorie II einhalten konnten. Wir freuen uns auch darüber, dass die regionale Bevölkerung und auch alle Naturschutz­organisationen in diese Entscheidung mit eingebunden wurden und diese positiv mitge­tragen haben. Wir freuen uns überdies darüber, dass die Finanzierung durch Bund und Land langfristig gesichert ist.

Wir wünschen dem Management des Nationalparks eine gute Hand. Wir werden die Durchführung der Agenden und die Aktivitäten dieses Managements in Zukunft über­prüfen. Schließlich darf ich dem Nationalpark Gesäuse ein herzliches steirisches Glückauf wünschen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Wunschgemäße Redezeit: 3 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


22.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Werter Minis­ter! Meine geschätzte Damen und Herren! Ich kann mich den Ausführungen meiner zwei Vorredner voll anschließen, dass der Nationalparkgedanke ein sehr guter ist. Er hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Österreich stark an Wert gewonnen.

Ich selbst bin am Rande des Nationalparks Hohe Tauern zuhause, ich kenne daher den Nationalpark sehr gut und weiß, wie wichtig er einerseits für die Erhaltung der Viel-


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falt der Arten der Natur, aber andererseits auch für die touristische Bedeutung dieses Tales, dieser Region und damit dieses Landes ist.

Wir haben beim Nationalpark Hohe Tauern auch internationale Anerkennung – ein zu­sätzlicher Meilenstein, der damit erreicht wurde –, aber wir haben in diesem National­park auch ein Problem, und das möchte ich nun ganz kurz darlegen.

Neben all den Bereichen, die angesprochen wurden, dem Zwiespalt zwischen den For­derungen der Grundeigentümer und manchen Forderungen betreffend die Jagd, gibt es ein drittes Thema, das da sehr wichtig ist. Es gibt sehr viele Bauern, die bei diesem Nationalpark eine Bewirschaftungsfreistellung gemacht haben. Das heißt, sie verzich­ten auf die Bewirtschaftung im Interesse des Nationalparkgedankens. Dafür bekom­men diese Bauern eine Abgeltung, einen finanziellen Abgleich.

Aber es ist leider vor zwei Jahren unter einer blau-schwarzen Regierung – und das sage ich hier ganz klar – im Finanzministerium zu einer Verordnung gekommen, mit welcher Ausschüttungen aus Agrargemeinschaften besteuert wurden. Im Rahmen dieser Verordnung wurde festgelegt, dass es an und für sich für EU-Förderungen keine Besteuerung gibt, aber – und das ist der springende Punkt – es wurde in einem kleinen Nebensatz festgehalten, dass die Förderungen dann, wenn man sie für etwas be­kommt, für das man nichts tut, sehr wohl einer 25prozentigen Besteuerung unterliegen.

Ich glaube, in diesem Fall sind die Bauern und die Bäuerinnen gestraft, weil sie, ob­wohl sie den Nationalparkgedanken leben und den Anforderungen gerecht werden, 25 Prozent KESt zahlen müssen. Wir werden mit Hilfe unseres Regierungspartners und mit Unterstützung der Opposition, so hoffe ich, alles unternehmen, um das zu reparieren, damit wir in Zukunft auch diesen Landwirten die volle Unterstützung zukom­men lassen können.

Zum Nationalpark Gesäuse möchte ich sagen, dass wir von der freiheitlichen Fraktion die Errichtung und den Betrieb des Nationalparks Gesäuse massiv unterstützen und dem Ganzen zustimmen. Ich möchte mich den Wünschen meines Vorredners anschlie­ßen und wünsche gleichfalls ein kräftiges Glückauf und eine gute Entwicklung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.25

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawisch­nig. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


22.25

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Umweltminister! Hohes Haus! Ich denke, bei der Errichtung eines Nationalparks ist auch ein wichtiger Zeitpunkt dafür gegeben, dass man derer gedenkt, die eigentlich den Nationalpark er­möglicht haben, und das waren in den achtziger Jahren Umweltschützer und Umwelt­organisationen. Der Anlass war damals eigentlich der Bau eines Kraftwerks, der vom Stift Admont in den achtziger Jahren vorgeschlagen wurde, der Bau eines sehr große Kraftwerks, und dagegen ist Widerstand entstanden, und auf Grund dieses Widerstan­des ist der Eingang in das Gesäuse zum Naturdenkmal erklärt worden, und das war eigentlich der Startschuss für ein jahrelanges Bemühen und Ringen um einen National­park.

Im steirischen Landtag hat es lange Zeit Widerstände seitens der Freiheitlichen und auch der SPÖ, wie ich leider sagen muss, gegen die Errichtung dieses Nationalparks gegeben. Vor Ort ist lange Zeit gegenüber der Bevölkerung so etwas wie Panikmache, möchte ich fast sagen, betrieben worden, indem vor Augen geführt werden sollte, welche Nachteile ein Nationalpark haben könnte. Erst ganz zum Schluss hat man sich durchgerungen, diesen Nationalpark wirklich zu begrüßen.


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Aber es ist immer noch sehr vieles mangelhaft. Ein Punkt ist Folgender: Der Gips­abbau am Dörfelstein ist mit einem Nationalpark nicht vereinbar, und das sollte auch außer Streit gestellt werden. Da geht es um sanften Tourismus – und nicht um Roh­stoffabbau. (Beifall bei den Grünen.)

Anzustreben wäre auch, wenn man das wirklich als großes Konzept in der Steiermark anlegt, mit Oberösterreich gemeinsam eine Verbindung zwischen dem Nationalpark Kalkalpen und dem Nationalpark Gesäuse zu schaffen, das als gesamte Nationalpark­region auch gemeinsam zu bewerben, international zu bewerben und auch die Ge­meinden, die jetzt noch nicht miteinbezogen sind und die sehr gerne hinein möchten, in die Nationalparkregion hineinzunehmen.

Es fehlen auch noch Bildungseinrichtungen, es fehlen Forschungsangebote, es fehlen finanzielle Mittel aus der Wirtschaftsförderung, denn der Nationalpark stellt auch ein Wirtschaftskonzept für diese Region dar. Es fehlt vor allem auch eine starke inter­nationale Bewerbung all unserer Nationalparks unter einer gemeinsamen Dachmarke. Es gibt außerdem auch kein brauchbares Nationalparkzentrum. Wenn man dorthin fährt und nicht weiß, dass es dort einen Nationalpark gibt, so merkt man nichts davon.

Ich möchte diese Stunde, in der wir uns freuen, dass wir einen zusätzlichen National­park in Österreich errichten, auch zum Anlass nehmen, zu sagen: Nur weil er errichtet ist, ist er noch lange nicht ein wirkliches Juwel und noch lange kein Wirtschaftsfaktor. Da ist noch sehr viel Arbeit zu tun, und ich hoffe, dass die Streitereien, die wir als Grüne, als Umweltorganisationen in dieser Frage miteinander hatten, der Vergangen­heit angehören und dass wir nur mehr nach vorne gehen und da als nächsten Schritt den Nationalpark Kalkalpen-Gesäuse-Region in Angriff nehmen. (Beifall bei den Grü­nen.)

Ein letzter Punkt noch, und zwar an die steirischen Kollegen gerichtet: Das steirische Nationalparkgesetz zur Errichtung des Nationalparks Gesäuse ist sehr schlecht. Es ist „irrsinnig“ kompliziert und es ist schwierig, da etwas zu verbessern. Es ist in Relation zu anderen Gesetzen betreffend die Errichtung von Nationalparks in anderen Bundes­ländern wirklich das schlechteste. Vielleicht kann man hier auch einmal ... (Zwischenruf des Abg. Zweytick.) Nein! Das ist „irrsinnig“ kompliziert, da muss man bei jeder Ge­meinde nachfragen, wenn man erweitern will. Das gibt es bei keinem anderen Natio­nalparkgesetz. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Zweytick.) Das könnten Sie in An­griff nehmen und ändern, denn es geht ja um die Verbesserung der Qualität. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.29

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! In aller gebotenen Kürze: Neben dem wichtigsten Ziel, dem Naturschutz, gibt uns der Nationalpark auch die Möglichkeit – und da bin ich der Meinung der Kollegin Glawischnig –, verschiedene touristische Anziehungspunkte zu verknüpfen und zu vernetzen. Es liegt auf der einen Seite des Nationalparks das Stift Admont, das weltbekannt ist, und das hat auch entsprechend Grundstücke zur Verfü­gung gestellt, und auf der anderen Seite – zwar nicht im Nationalpark, aber auf der östlichen Seite – ist der Erzberg, und damit haben wir mit dem Nationalpark schon drei relativ attraktive touristische Anziehungspunkte, die sich für die Öffentlichkeitsarbeit und für die Arbeit in Richtung Internationalität gut verknüpfen lassen.


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Dieser Nationalpark hat eine Fläche von 12 500 Hektar und umfasst sechs Gemein­den. Er gehört eher zu den kleineren Nationalparks, aber mit Sicherheit zu den schöns­ten und ökologisch wertvollsten.

Der Nationalpark Gesäuse kann für diese Region der Einstieg in eine besondere Form des Tourismus sein, ein Musterbeispiel für eine nachhaltige Entwicklung einer ländlichen Region.

Zum Abschluss: Es ist Zeit für mich als regionalem Abgeordneten dieses Wahlkreises, danke zu sagen: danke an die österreichische Bundesregierung, insbesondere an dich, Herr Klubobmann Molterer, du hast als vormaliger Minister sehr wesentlich dazu bei­getragen, dass dieser Nationalpark verwirklicht worden ist; danke an die Steiermär­kische Landesregierung und vorauseilend danke an die Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus, verbunden mit der Einladung – das gilt auch für die Oberösterreicher, Kollege Murauer –: Sehen Sie sich diesen Nationalpark an, er ist ein besonderes Stück Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Murauer: Jawohl!)

22.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter hat auf ein Schlusswort verzichtet.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Arti­kel 15a Bundes-Verfassungsgesetz in 83 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

25. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvor­lage (43 der Beilagen): Übereinkommen zur Gründung der Internationalen Orga­nisation für Rebe und Wein samt Note (90 der Beilagen)

26. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvor­lage (122 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1999 geändert wird (158 der Beilagen)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 25 und 26 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Höllerer. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


22.32

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Der Erfolg der österreichischen Weinwirtschaft begründet sich natür­lich in der Arbeit der Winzer und der guten Qualität der Weine, die die Weinbauern pro­duzieren. Vor allem aber ist auch die Zusammenarbeit mit den Händlern, mit der Gast­ronomie wichtig, denn letztendlich der wichtigste Partner der Winzer ist natürlich der Konsument. Dessen Zufriedenheit steht im Mittelpunkt des Interesses der österreichi­schen Winzerfamilien. Die Basis zum Erfolg ist aber eine umfassende gesetzliche Grundlage, die den Anforderungen des modernen Weinbaues gerecht wird. Heute


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unter diesen Tagesordnungspunkten haben wir über die Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein zu befinden. Hiebei geht es um eine Nachfolgeorgani­sation des Internationalen Amtes für Rebe und Wein. Dieser Organisation gehören 45 Mitgliedsstaaten aus aller Welt an.

Für Österreich ist es insofern sehr wichtig, Mitglied dieser Organisation zu sein, als die wirtschaftliche und verbraucherpolitische Bedeutung des österreichischen Weinbaues dies erfordert. Die Hauptaufgabe der Organisation ist es, Resolutionen zu erlassen, die natürlich für die Mitgliedsstaaten nicht verbindlich sind, die jedoch bei weinbaupoliti­schen Entscheidungen und der Rechtsetzung berücksichtigt werden.

Die wesentlichen Teile der Änderung des Weingesetzes betreffen die Übertragung von bestimmten Behördenfunktionen an die Bundeskellereiinspektion, wodurch Mitwir­kungsrechte der Länder entfallen. Weiters geht es um die Errichtung einer Weindaten­bank bis Ende 2004. Damit werden alle Daten erfasst, vor allem jene, die natürlich zur Administration des Weines erforderlich sind. Damit wird auch eine entsprechende Ver­waltungsvereinfachung erreicht. Das heißt, dass auch den Winzern die Möglichkeit ge­geben wird, die gesetzlichen Meldungen per Internet in diese Datenbank einzuspeisen, und dass vor allem auch ein sehr rascher Bezug von Informationen für jene Behörden, die dazu Zugang haben, möglich ist und die Übermittlung von Akten wegfallen kann.

Mit der Anpassung an EU-Regelungen fällt das Verbotsprinzip bei der Wein-Etikette. Das heißt, dass es zukünftig auch möglich ist, neben den ausdrücklich zugelassenen Bezeichnungen auf den Etiketten zusätzliche Angaben festzuhalten: Angaben, die die Eigenschaften des Weines beschreiben und die vor allem Eigenschaften sein müssen, die dieser Wein auch wirklich besitzt. Um den Verbraucher vor Missbrauch entspre­chend zu schützen, wird das Irreführungsverbot im Gesetz gegen unlauteren Wettbe­werb mehr an Bedeutung gewinnen.

Es geht auch um den Aufbau eines zentralen Weinbehandlungsverzeichnisses. Her­steller und Händler von Weinbehandlungsmitteln werden künftig verpflichtet, die Mittel den Behörden zu melden. Vor allem müssen jene Mittel, die bereits am Markt befind­lich, aber noch nicht gemeldet sind, in dieses Verzeichnis einfließen.

Abschließend vielleicht noch einige Informationen für Weininteressierte. Die Laubarbeit in den Weingärten ist in vollem Gange. Das heißt, die Traubenzone wird von überflüs­sigem Laubwerk befreit, damit eben die Luft gut dazu und die Sonne die Trauben bescheinen kann. Wir liegen in der Vegetation ungefähr 14 Tage vor dem langjährigen Durchschnitt. Es ist bis jetzt ein – so zeichnet es sich mittlerweile ab – gutes Weinjahr, und wir hoffen, dass die klimatischen Bedingungen und der Witterungsverlauf auch einen guten Ernteerfolg erlauben. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und den Grü­nen.)

22.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


22.37

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir beschäftigen uns mit der wichtigsten Nebensache in Österreich, nämlich mit dem Weingesetz. (Abg. Wattaul: Da hast du Recht! – Zwischenruf des Abg. Zwey­tick.) – Kollege Zweytick, für dich ist es nicht Nebensache, aber für uns ist es eine an­genehme Nebensache, den österreichischen Traubensaft, den veredelten Traubensaft zu genießen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das vorliegende Weingesetz findet unsere Zustimmung (demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP) – ich danke! –, und


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zwar vorwiegend deshalb, weil damit Maßnahmen umgesetzt wurden, die wir bereits in den Verhandlungen zum Weingesetz 1999 eingebracht haben, die aber damals nicht in Umsetzung zu bringen waren, aber Zustimmung auch deshalb, weil der Konsument in Zukunft auf Grund der neuen Möglichkeiten der Etikettierung und auch des Verzeich­nisses der Weinbehandlungsmittel besser in Kenntnis gesetzt wird.

Im Übrigen, Frau Kollegin Höllerer, kann ich Ihren Ausführungen nur zustimmen. Ich danke auch dafür, dass Sie uns einen kleinen Exkurs in den Weinbau geliefert haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! In den Verhandlungen zum Weingesetz 1999 haben der damalige Abgeordnete zum Nationalrat Rudolf Schwarzböck und ich festgestellt, dass es einige Verordnungen gibt, die auf europäi­scher Ebene in Kraft sind, in Österreich aber noch nicht umgesetzt sind. Teilweise ist diese Umsetzung in der Zwischenzeit erfolgt, Herr Bundesminister, einige Verordnun­gen fehlen jedoch noch. Ich würde Sie ersuchen, rasch auch diese restlichen Verord­nungen umzusetzen, damit das Weingesetz 1999 in der künftig geltenden Form auch ein rundes Bild abgibt und alle Verordnungen auf europäischer Ebene auch in Öster­reich in Kraft sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend noch eine Bemerkung zur Situation insgesamt. Wir haben im Ausschuss viele Berichte end­erledigt, so auch den Grünen Bericht, der auch mit dem Wein und dem Weingesetz zu tun hat. Leider wurde er im Ausschuss enderledigt. Ich bedauere das sehr, denn der Grüne Bericht ist eigentlich das „Gebetbuch“, die „Bibel“ der österreichischen Agrar­politik. Vielleicht wäre es möglich, Herr Bundesminister – ich bin überzeugt davon, dass auch Sie das befürworten würden –, dass der Grüne Bericht hier im Plenum be­handelt wird, hier im Plenum diskutiert und abgestimmt wird.

Vielleicht können Sie in diesem Sinne auf den Klub der ÖVP einwirken. Vielleicht können Sie mit Ihrem Amtsvorgänger, dem jetzigen Klubobmann Willi Molterer, ein ernstes, ein eindringliches Gespräch führen, damit wir in Zukunft auch wieder in die Lage versetzt werden, den Grünen Bericht hier im Hause zu beraten – und nicht nur im Ausschuss endzuerledigen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort. 3 Minuten. – Bitte.

 


22.40

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Die Veränderungen im Weinge­setz sind eine wichtige Basis für die österreichischen Weinbäuerinnen und Wein­bauern.

Es sind meines Erachtens drei Grundsätze, auf denen wir aufbauen sollten. Es gibt erstens gesetzliche Grundsätze, die wir gerne zu verändern bereit sind. Die Neurege­lung für die Kennzeichnung von Weinbehandlungsmitteln, verwaltungstechnische Ver­einfachungen, das haben wir alles schon gehört.

Das Zweite sind organisatorische Grundsätze, die wir schaffen müssen. Die neue Inter­nationale Organisation, diese Plattform, wird den Winzern die Möglichkeit dazu geben, Vermarktungschancen, Erfahrungsaustausch und dergleichen wahrzunehmen.

Die dritte Möglichkeit, die wir haben, ist, dass wir alle als Konsumenten die Wein­bauern und Weinbäuerinnen unterstützen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
27. Sitzung / Seite 256

In diesem Sinne werde ich meine Redezeit nicht ausnutzen und Sie alle lieber dazu einladen, heute noch ein gutes Glas Wein zu trinken. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirkl­huber. 3 Minuten Redezeit; 6 Minuten hat Ihre Fraktion. – Bitte.

 


22.41

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Um den kulinarischen Teil des heutigen Abends nicht zu kurz kommen zu lassen, möchte ich in aller Kürze ers­tens feststellen, dass ich der Anregung des Kollegen Gradwohl, nämlich dass der Grüne Bericht wieder hier im Plenum diskutiert wird, natürlich unseren Zuspruch gebe. Das ist sehr notwendig. Herr Bundesminister, ich möchte Sie und die Kollegen von der ÖVP ebenfalls ersuchen, sich dafür einzusetzen!

Zweitens: Wir unterstützen diese Vorlagen, weil sie mehr Qualitätssicherung einerseits für die Weinbäuerinnen und -bauern, andererseits aber auch für die österreichischen KonsumentInnen bringen. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Auch das Übereinkommen zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein unterstützen wir, weil diese Einrichtung auch Beobachter bei der FAO ist, im Codex-Alimentarius derzeit schon sachverständig tätig ist und in Hinkunft auch bei der WTO tätig sein soll. Das ist ja aus europäischer Sicht sehr zu begrüßen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.42

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner ist der Weinbauer und Abgeordnete Jo­hannes Zweytick. 3 Minuten. – Bitte.

 


22.43

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Das Weingesetz ist nicht nur die wichtigste Nebensache, sondern wahrscheinlich der schönste Punkt der heutigen Tagesordnung. Am Ende dieses Abends – ich darf auch als Letzter sprechen – möchte ich sagen, ich freue mich, dass in Österreich besonders der Wein Österreichs ein Aushängeschild für unser Land ist. Unser Wein findet welt­weit Anerkennung, es ist ein heimisches Produkt, das weltweit zu den besten zählt, meine Damen und Herren!

Unser Wein ist ein österreichisches Produkt – ich möchte das noch einmal betonen – und nicht etwas, das wir irgendwo gekauft oder irgendwo geleast haben oder uns von irgendwoher einverleibt haben, sondern der Wein in Österreich hat Tradition. Dieses kleine Land Österreich mit seinem Wein ist zu einer Weltmarke geworden – und darauf können wir alle sehr stolz sein. Ich bin sehr glücklich darüber, dass es nach dem Wein­skandal in den letzten Jahren gelungen ist, solche Fortschritte zu erzielen. (Allgemei­ner Beifall.)

Meine Kollegin Anna Höllerer hat zum Gesetz schon alles gesagt. Das Wichtigste an der Gründung dieser Internationalen Organisation ist natürlich, dadurch auch eine be­deutende Stimme in der WTO zu haben, ein Mitspracherecht, ein Gutachterverfahren, um auch die Interessen der kleinen und mittleren europäischen, aber speziell der öster­reichischen Weinbauern vertreten zu können – im Sinne der Konsumenten, im Sinne der Weinbauern und der Produktion bester Qualität und gegen die Industrie. Schon überall innerhalb der WTO gibt es auch im Weinbau eine industrielle Bewegung, und dagegen verwahren wir uns.


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27. Sitzung / Seite 257

Meine Redezeit ist wirklich schon sehr kurz. Es gäbe noch einige wichtige Dinge zum Wein zu sagen, aber es erübrigt sich eigentlich.

Frau Glawischnig! Es stehen zwei Monate Sitzungspause bevor, und Sie werden ge­nug Möglichkeiten haben, vom Kamptal übers Weinviertel, über den Neusiedler Raum bis in die Süd- und Weststeiermark, heimische Köstlichkeiten genießen zu können. (Abg. Neudeck: Was ist in Wien?) Andere Leute geben ein Vermögen dafür aus, um ir­gendwo auf der Welt zwischen Australien und Chile herumzugeistern, weil sie glauben, dort den weltbesten Wein zu finden. – Wir haben ihn vor der Haustür! (Allgemeiner Beifall.)

Ich appelliere an Sie: Nehmen Sie sich die Zeit, genießen Sie mit der notwendigen Ruhe und Muße diese edlen Tropfen! Sie beflügeln nicht nur den Körper, sondern auch den Geist, und das tut uns allen sehr gut.

Am Ende einer derartigen Debatte ist es selbstverständlich, dass ich mich namens meiner Person und aller hier im Plenum Anwesenden bei unseren Weinbäuerinnen und Weinbauern bedanke.

Ich habe mir erlaubt, jeweils eine Flasche Köstlichkeit für unseren Herrn Bundesminis­ter und natürlich auch für den Präsidenten des Hohen Hauses mitzubringen; auch das gehört dazu. Ich sage abschließend nur noch drei Worte: In vino veritas! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Zweytick überreicht Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll sowie Präsidenten Dr. Khol je eine Flasche Wein. – Abg. Dr. Glawischnig: Und wir?)

22.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkom­men zur Gründung der Internationalen Organisation für Rebe und Wein samt Note in 43 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forst­wirtschaft im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 der Bundesverfassung, dass die Kundma­chung der englischen und spanischen Fassung des Staatsvertrages durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Weingesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 122 der Bei­lagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Stenographisches Protokoll
27. Sitzung / Seite 258

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenom­men. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

 

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 175/A bis 182/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 586/J bis 632/J eingelangt.

Schließlich ist eine Anfrage der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Mittwoch, den 9. Juli 2003, um 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Ferner teile ich mit, dass die Präsidialkonferenz für morgen um 13 Uhr einberufen ist.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.48 Uhr

 

 

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