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28. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 5. Juli 2007

 

 


Stenographisches Protokoll

28. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode                  Donnerstag, 5. Juli 2007

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 5. Juli 2007: 9.04 – 21.34 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht des Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Tiertransportgesetz erlassen wird und das Tierschutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden

3. Punkt: Bericht über den Antrag 133/A(E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beseitigung der Missstände bei Tiertransporten

4. Punkt: Bericht über den Antrag 134/A der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutz­gesetz – TSchG geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 116/A(E) der Abgeordneten Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung der notwendigen, noch ausstehenden Strafbestimmungen für die Ahndung von Verstößen gegen die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusam­men­hän­genden Vorgängen

6. Punkt: Bericht über die Petition (10/PET) betreffend „Besseren Schutz der Tiere bei Lebendtiertransporten“, überreicht von den Abgeordneten Dietmar Keck und Kai Jan Krainer

7. Punkt: Bericht über den Antrag 206/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Mut­tonen, Ridi Steibl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prävention gegen Alkohol­konsum von Kindern und Jugendlichen bzw. Komatrinken

8. Punkt: Bericht über den Antrag 243/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des „Koma­trinkens“ bei Jugendlichen

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (28. KFG-Novelle)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2007)


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11. Punkt: Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF); Erklärung gemäß Art. 42 Abs. 1 COTIF 1999

12. Punkt: Bericht über den Antrag 87/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung der Koralmbahn

13. Punkt: Bericht über den Antrag 74/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der ÖBB-Strukturreform und effizien­te Neuordnung im Bereich ÖBB-Infrastruktur

14. Punkt: Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemein­schaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen

15. Punkt: Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satelliten­navigations­system (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits samt Erklärung

16. Punkt: Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigations­system (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Ukraine

17. Punkt: Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigations­system (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten sowie dem Königreich Marokko

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durchführung der gemein­samen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007) und ein Marktordnungs-Überleitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA-Gesetz 1992, das Weingesetz 1999, das Forstgesetz 1975 und das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2007)

19. Punkt: Bericht über den Antrag 55/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung des öster­reichischen Programms für die Ländliche Entwicklung 2007 bis 2013

20. Punkt: Bericht über den Antrag 127/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichisches Programm für die Ländliche Entwicklung 2007 bis 2013

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 13

Ordnungsruf ................................................................................................................... 92

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 262/A der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXIII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates


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vorzeitig beendet wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 19. September 2007 zu setzen               ............................................................................................................................... 32

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 33

Redner:

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 122

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 126

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 127

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 129

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 130

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 131

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 33

Wortmeldung des Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler betreffend vorüber­gehende Abwesenheit des Bundesministers für Landesverteidigung in der Debatte über Tagesordnungspunkt 1                    68

Unterbrechung der Sitzung .................................................................................  68, 122

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend inhaltlichen Zusammen­hang des in der Debatte über Tagesordnungspunkt 18 eingebrachten Ent­schließungs­antrages betreffend Konsumentenschutz, Prävention und Information über die Auswirkungen des Alkoholkonsums von Kindern und Jugendlichen:

Redner/Rednerinnen:

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 234

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 235

Mitteilung des Präsidenten Dr. Michael Spindelegger betreffend Zulassung des oben erwähnten Entschließungsantrages .............................................................................................. 236

Fragestunde (2.)

Frauen, Medien und öffentlicher Dienst .................................................................. 13

Gabriele Heinisch-Hosek (15/M); Anna Höllerer, Ursula Haubner, Barbara Rosenkranz, Barbara Zwerschitz

Maria Rauch-Kallat (12/M); Josef Bucher, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Mag. Brigid Weinzinger, Bettina Stadlbauer

Mag. Brigid Weinzinger (18/M); Renate Csörgits, Maria Grander, Ing. Peter Westen­thaler, Ing. Norbert Hofer

Barbara Rosenkranz (20/M); Karl Öllinger, Gabriele Binder-Maier, Mag. Gertrude Aubauer, Mag. Gernot Darmann

Ursula Haubner (22/M); Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Barbara Zwerschitz, Hermann Krist, Ridi Steibl

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 31


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 4

Ausschüsse

Zuweisungen ............................................................................................................. ..... 31

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen (1/GO XXIII. GP) (192 d.B.) ........................................................................................................ 34

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Pilz ..........................................................................................................  34, 83

Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ..... 38

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 40

Walter Murauer ....................................................................................................... ..... 46

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ..... 48

Bundesminister Mag. Norbert Darabos .............................................................  51, 82

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 54

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 58

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 60

Dr. Wolfgang Schüssel .......................................................................................... ..... 66

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 68

Anton Gaál ............................................................................................................... ..... 71

Dr. Reinhold Mitterlehner ...................................................................................... ..... 72

Bettina Stadlbauer .................................................................................................. ..... 74

Hermann Gahr ........................................................................................................ ..... 75

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................... 77

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ..... 79

Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ..... 80

Stefan Prähauser .................................................................................................... ..... 83

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ............................................................................... ..... 84

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ..... 85

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ..... 86

Karl Freund .............................................................................................................. ..... 87

Christian Faul .......................................................................................................... ..... 88

Norbert Sieber ......................................................................................................... ..... 89

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ............................................................................................. 90

Jochen Pack ............................................................................................................ ..... 91

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ........................................................................... ..... 92

Maria Rauch-Kallat (tatsächliche Berichtigung) .......................................................... 95

Christian Füller ....................................................................................................... ..... 96

Josef Broukal .......................................................................................................... ..... 96

Katharina Pfeffer ..................................................................................................... ..... 98

Hermann Krist .............................................................................................................. 99

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 100

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Ver­trauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung .......................  45, 102

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Benennung der ersten für Österreich bestimmten Euro­fighter – Ablehnung .......  78, 102

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 101


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 5

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (142 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Tiertransportgesetz erlassen wird und das Tierschutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden (153 d.B.) ......................................................................................................... 102

3. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 133/A(E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Be­seitigung der Missstände bei Tiertransporten (155 d.B.)    ............................................................................................................................. 102

4. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 134/A der Ab­ge­­ordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz – TSchG geändert wird (154 d.B.) ............................................................................................... 102

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 116/A(E) der Abgeordneten Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaf­fung der notwendigen, noch ausstehenden Strafbestimmungen für die Ahndung von Verstößen gegen die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen (156 d.B.)                        102

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Petition (10/PET) betreffend „Besseren Schutz der Tiere bei Lebendtiertransporten“, überreicht von den Abgeordneten Dietmar Keck und Kai Jan Krainer (157 d.B.) ...................................................................................................................... 103

Redner/Rednerinnen:

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 103

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 105

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ....................................................................... ... 107

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 110

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 111

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 113

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 114

Dr. Sabine Oberhauser .......................................................................................... ... 115

Bundesministerin Dr. Andrea Kdolsky ................................................................ ... 116

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 118

Maria Rauch-Kallat ................................................................................................. ... 119

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 120

Michael Ehmann ..................................................................................................... ... 132

Anna Franz .............................................................................................................. ... 133

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 133

Dr. Sebastian Eder .................................................................................................. ... 134

Beate Schasching ................................................................................................... ... 135

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 136

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 137

Maria Grander ......................................................................................................... ... 140

Günter Kößl ............................................................................................................. ... 141

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kollegin­nen und Kollegen betreffend verbesserten Tierschutz beim Transport  Ab­leh­nung ...................................  113, 142

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Franz Eßl, Mag. Bri­gid Weinzinger, Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS, Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Sicherung des Fortbestandes der Gänserndorfer Affenhäuser und die Herstellung tierschutzrechtskonformer Bedin­gungen in diesen Anlagen – Annahme (E 29) ......................................................................  139, 142

Annahme des Gesetzentwurfes in 153 d.B. ................................................................ 141


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 6

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 155, 154, 156 und 157 d.B. ................... 142

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 206/A(E) der Abge­ordneten Mag. Christine Muttonen, Ridi Steibl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prävention gegen Alkoholkonsum von Kindern und Jugendlichen bzw. Komatrinken (150 d.B.) ................................................................. 143

8. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 243/A(E) der Abge­ord­neten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen­paket zur Bekämpfung des „Komatrinkens“ bei Jugendlichen (151 d.B.) ...................................................................................................................... 143

Redner/Rednerinnen:

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 143

Ridi Steibl ................................................................................................................ ... 145

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 146

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 147

Barbara Zwerschitz ................................................................................................ ... 148

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 150

Bundesministerin Dr. Andrea Kdolsky ................................................................ ... 152

Silvia Fuhrmann ...................................................................................................... ... 154

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ... 155

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 156

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 158

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 159

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ... 160

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ....................................................................... ... 161

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ............................................................................... ... 163

Laura Rudas ............................................................................................................ ... 164

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 165

Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ... 166

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 167

Christian Füller ....................................................................................................... ... 167

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 168

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ... 168

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 169

Ablehnung der dem schriftlichen Ausschussbericht 150 d.B. beigedruckten Ent­schließung                        170

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 151 d.B. ..................................................... 170

9. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (136 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (28. KFG-Novelle) (167 d.B.) ....................... 170

Redner/Rednerinnen:

Harald Vilimsky ....................................................................................................... ... 170

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 173

Mag. Helmut Kukacka ............................................................................................ ... 175

Mag. Dr. Gabriela Moser ........................................................................................ ... 176

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 180

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 181

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 182

Christoph Kainz .......................................................................................................... 182

Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 183


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 7

Thomas Einwallner ................................................................................................. ... 183

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 184

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend umwelt- und klimagerechteren Kfz-Verkehr durch Umsetzung der Empfehlungen des Achten Umweltkontrollberichts – Ablehnung ............................................................................................................  178, 185

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 184

10. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (138 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2007) (168 d.B.)                         185

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Gabriela Moser ........................................................................................... 185

Anita Fleckl ................................................................................................................. 186

Bernhard Themessl ................................................................................................... 187

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 187

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ... 187

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 188

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (36 d.B.): Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF); Erklärung gemäß Art. 42 Abs. 1 COTIF 1999 (160 d.B.)           ............................................................................................................................. 188

12. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 87/A(E) der Ab­geordneten Sigisbert Dolinschek, Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung der Koralmbahn (162 d.B.) ........................................................ 188

13. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 74/A(E) der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der ÖBB-Strukturreform und effiziente Neuordnung im Bereich ÖBB-Infrastruktur (161 d.B.) ........................................................................... 189

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Gabriela Moser ........................................................................................ ... 189

Kurt Eder ................................................................................................................. ... 191

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ....................................................................... ... 192

Mag. Helmut Kukacka ............................................................................................ ... 194

Bettina Hradecsni ................................................................................................... ... 195

Bundesminister Werner Faymann ....................................................................... ... 198

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 199

Wilhelm Haberzettl ................................................................................................. ... 200

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ................................................................................. ... 201

Anton Heinzl ............................................................................................................... 201

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 202

Peter Marizzi ............................................................................................................ ... 202

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................ ... 203

Entschließungsantrag der Abgeordneten Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiederinbetriebnahme und Weiterführung der Thayatal­bahn – Ablehnung .......  196, 204

Genehmigung des Staatsvertrages in 160 d.B. ........................................................... 204


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 8

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 162 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Errichtung der Koralmbahn (E 30) ............................................................................... 204

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 161 d.B. ..................................................... 204

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (69 d.B.): Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen (163 d.B.)  ............................ 204

15. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (84 d.B.): Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigations­system (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mit­gliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits samt Erklärung (164 d.B.)              ............................................................................................................................. 204

16. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (85 d.B.): Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigations­system (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitglied­staaten und der Ukraine (165 d.B.) ......................................................... 204

17. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (86 d.B.): Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigations­system (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitglied­staaten sowie dem Königreich Marokko (166 d.B.) ................................ 204

Redner/Rednerinnen:

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 205

Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 205

Mag. Dr. Gabriela Moser ........................................................................................ ... 206

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ....................................................................... ... 207

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 208

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 208

Staatssekretärin Christa Kranzl ............................................................................ ... 209

Johann Rädler ............................................................................................................ 210

Genehmigung der vier Staatsverträge in 163, 164, 165 und 166 d.B. ......................... 210

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 163, 164, 165 und 166 d.B.           ............................................................................................................................. 210

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (37 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsge­setz 2007 – MOG 2007) und ein Marktordnungs-Überleitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA-Gesetz 1992, das Weingesetz 1999, das Forstgesetz 1975 und das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 geändert werden (Agrarrechtsän­derungs­gesetz 2007) (195 und Zu 195 d.B.) .................................................................................................................. 212

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 212

Fritz Grillitsch .......................................................................................................... ... 217

Dipl.-Ing. Karlheinz KlementMAS ....................................................................... ... 218

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 221

Barbara Zwerschitz .................................................................................................... 223

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 226


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 9

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ........................................................................... ... 227

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll .................................................................. ... 229

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 230

Rainer Wimmer ....................................................................................................... ... 231

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 232

Gerhard Reheis ....................................................................................................... ... 233

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (tatsächliche Berichtigung) .............................. 235

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 235

Christian Faul .......................................................................................................... ... 238

Karl Freund .............................................................................................................. ... 239

Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ... 239

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 239

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 240

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ................................................................................. ... 240

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 241

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 242

Entschließungsantrag der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsbasis für die Programme zur Ent­wicklung des Ländlichen Raums – Annahme (E 31)              222, 244

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Anna Höllerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konsumentenschutz, Prävention und Information über die Auswirkungen des Alkoholkonsums von Kindern und Jugendlichen – Annahme (E 32) ..................  236, 244

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 243

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 55/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung des österreichischen Pro­gramms für die Ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 (196 d.B.)                    244

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 244

Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS ....................................................................... ... 245

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 246

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 127/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend österreichisches Programm für die Ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 (197 d.B.) ............................ 246

Redner:

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 246

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 247

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage ...................................................................................................... 32

170: Zusatzprotokoll gegen die Schlepperei von Migranten auf dem Land-, See- und Luftweg zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenz­überschreitende organisierte Kriminalität


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 10

Anträge der Abgeordneten

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Handhabung der Vignette bei Wechselkennzeichen (268/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überarbeitung der StVO (Straßenverkehrsordnung) zugunsten des Radverkehrs und der Zufußgehenden (269/A)(E)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bereitstellung von Daten zu vermögensbezogenen Steuern, um eine empirisch gut fundierte Diskussion über eine Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer und der Abgabenstruktur zu ermöglichen (270/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend energieeffizientes und klima­schonendes Bauen (271/A)(E)

Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hotelüberbuchungen (272/A)(E)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird (Bleiberechtsgesetz – 2007) (273/A)

Werner Amon, MBA, Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flexibi­lisierung der Arbeitszeit (274/A)(E)

Kurt Eder, Mag. Helmut Kukacka, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über Seilbahnen (Seilbahngesetz 2003 – SeilbG 2003) geändert wird (275/A)

Karlheinz Kopf, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert wird (276/A)

Ing. Hermann Schultes, Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Anreicherung von Mehl mit Folsäure und Vitamin B12 (Mehlanreicherungsgesetz) (277/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Walter Murauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend offene Fragen zu dem Vergleich mit der Eurofighter GmbH (1174/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Feinstaubfilter im BMLFUW (1175/J)

Dorothea Schittenhelm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend die Finanzierungsform des zweiten Teiles der Nordautobahn (1176/J)

Dr. Gertrude Brinek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Kulturvermittlung (1177/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 11

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Rezeptfreiheit der „Pille danach“ (1178/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Entwicklung der Aidsinfektionen in Österreich (1179/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend genauere Informationen zu den Leistungen der Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung im Bundesministerium für Finanzen (KIAB) (1180/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend Anzahl der „SelbstzahlerInnen“ in öffentlichen Pflegeheimen (1181/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung des Pflanzgut­gesetzes im Jahr 2006“ (1182/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung des Pflanzen­schutz­gesetzes im Jahr 2006“ (1183/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung des Saatgut­gesetzes im Jahr 2006“ (1184/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz betreffend Kosten, Inhalt und Aufmachung der Jubelkampagne zur 24-Stunden-Betreuung (1185/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Audit Familie & Beruf (1186/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Kosten und Aufmachung der Jubelkampagne zur Stipen­dienerhöhung (1187/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Freunde der Familien-GmbH (1188/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kontrollen des Straßengüterverkehrs (1189/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Und täglich grüßt das Murmeltier, Teil I“: Ministerbüro erledigt PR-Arbeit für ministeriumsexterne Personen – hatten wir das nicht schon zu BZÖ-Zeiten? (1190/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Kontrollen des Straßengüterverkehrs (1191/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kontrollen im Straßengüterverkehr (1192/J)

Barbara Zwerschitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Blasmusik- und andere Aufmärsche in der StVO und ihrem Vollzug (1193/J)

Barbara Zwerschitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Blasmusik- und andere Aufmärsche in der StVO und ihrem Vollzug (1194/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 12

Dr. Johann Georg Schelling, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schließungen von Bahnhöfen und Halte­stellen (1195/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Auslieferung von Gerd Honsik (1196/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Auslieferung von Gerd Honsik (1197/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Fertigstellung der im Dreijahresprogramm angekündigten Regional-, Länder- und Sektorprogramme für die OEZA (1198/J)

*****

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des National­rates betreffend den Allgemeinen Entschädigungsfonds und den Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus (15/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (808/AB zu 787/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abge­ord­neten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (809/AB zu 803/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (810/AB zu 784/J)

der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (811/AB zu 829/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (812/AB zu 825/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Silvia Rinner, Kolleginnen und Kollegen (813/AB zu 863/J)


 



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09.04.47Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Dr. Michael Spindelegger, Dritte Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Stauber, Wittmann, Großruck, Peter Haubner, Mandak, Kickl und Lutz Weinzinger.

09.05.10Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Fragestunde. Ich beginne jetzt – um 9.05 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Frauen, Medien und öffentlicher Dienst

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur ersten Anfrage, 15/M, der Frau Abgeordneten Heinisch-Hosek an die Frau Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Bures. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Schönen guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

15/M

„Wie beurteilen Sie aus frauenpolitischer Sicht den Entwurf für eine Novelle zum Kin­derbetreuungsgeldgesetz, der seit 14. Juni 2007 in Begutachtung ist?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Frau Abgeordnete! Ich habe im Zuge der Koalitionsverhandlungen sehr darum gerungen, dass wir beim Kinderbetreuungsgeld auch mehr Wahlmöglichkeiten und mehr Flexi­bilität ermöglichen. Ich bin sehr froh, dass dieser Entwurf jetzt in Begutachtung ist, weil es mir darum gegangen ist, dass wir den Familien die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, wie lange welcher Elternteil zu Hause bleiben will, wie lange sie Zeit für ihr Kind brauchen und wie sie das mit Beruf und Familie vereinbaren wollen.

Daher ist es für mich eine sehr positive und begrüßenswerte Maßnahme, dass wir das Kindergeld reformieren und dass wir damit die Möglichkeit schaffen, dass man, wenn man kürzer aus dem Beruf aussteigt, einen höheren Kindergeldbezug – fast das Doppelte an Kindergeld! – bekommen kann. Das ist eine ganz wichtige Maßnahme, die vor allem Alleinerzieherinnen hilft, weil diese in der Vergangenheit ohnedies nicht 30 Monate lang zu Hause bleiben konnten, weil sie mit dem Kinderbetreuungsgeld die Familie nicht erhalten konnten. Sie sind früher in den Beruf zurückgekehrt und haben das Kindergeld verloren. – Das wird es in Zukunft nicht geben: Sie werden 800 € monatlich Kindergeldbezug haben.


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Ich erhoffe mir davon darüber hinaus, dass auch Väter die Chance nützen und sich mehr der Betreuung von und der Beziehung zu ihren kleinen Kindern widmen. Mit 800 € wollen wir doch auch einen Anreiz geben, sodass es auch Vätern finanziell mög­lich ist, sich, wie gesagt, ein paar Monate lang der Betreuung ihrer Kinder zu widmen.

Also ich halte das für eine ganz positive Maßnahme, und es war höchst an der Zeit, dass wir das Kinderbetreuungsgeld reformieren.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Was halten Sie von den zusätzlichen Forderungen der Sozialpartner betreffend das Kinderbetreuungsgeld?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Ministerin.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Die Sozialpartner haben sich ja in einem offenen Brief an alle Parlamentsparteien gewandt und haben vorgeschlagen, noch mehr Flexibilität zu ermöglichen. – Ich halte das für einen sehr klugen Vorschlag, auch deshalb, weil er die Möglichkeit bieten soll, nicht nur die eine Variante – 15 oder 18 Monate –, sondern auch jene mit 20 oder 24 Monaten auswählen zu können.

Ich glaube, das wäre deshalb sehr positiv, weil das dann im Einklang mit den arbeits­rechtlichen Regelungen wäre, aber auch, weil es zum zweiten Geburtstag des Kindes stattfinden würde. Das ist oft so ein Moment, wo man sagt: Ja, jetzt wollen wir wieder in den Beruf zurückkehren. – Wir haben dann hoffentlich – das ist ja ein wichtiger Punkt – auch ausreichend Kinderbetreuungseinrichtungen, von denen die Familien wissen, dass ihre Kinder dort gut aufgehoben sind. Ich halte diesen Vorschlag, hier noch mehr Flexibilität zu ermöglichen, für einen sehr sinnvollen und einen sehr guten.

Ich unterstütze alle Maßnahmen, die dazu führen, dass vor allem Frauen eine Chance bekommen, eben schneller in den Beruf zurückzukehren. Denn wir kennen das ja: Je länger Frauen aus dem Beruf draußen sind, umso schwieriger ist der Wiedereinstieg. Das war ja das Problem beim „Kindergeld alt“: dass es eigentlich dazu geführt hat, dass Frauen aus dem Erwerbsleben gedrängt wurden. 97 Prozent der Frauen haben gesagt, sie hatten Schwierigkeiten, wieder in den Beruf zurückzufinden, und in Wirk­lichkeit hat es nur jede zweite Frau in Österreich geschafft, ins Erwerbsleben zurückzukehren. Das ist viel zu wenig!

Wir müssen die Chancen der Frauen hier erhöhen, und daher bin ich für jede Form der Flexibilisierung und unterstütze die Sozialpartner bezüglich ihrer zusätzlichen Vorschläge sehr.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Höllerer, bitte.

 


Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Bundesministerin! Seit der Regierung Schüssel 1 haben alle Frauen – auch Bäuerinnen, Selbständige, Hausfrauen und Schülerinnen – Anspruch auf das Kinderbetreuungsgeld, und ein weiterer wichtiger Erfolg war die Anrechnung der Kinderbetreuungszeiten bei der Pension – das kommt insbesondere den Frauen im ländlichen Raum zugute.

Frau Bundesministerin, welche finanziellen Mittel haben Sie vorgesehen, um Pro­gramme für die Frauen im ländlichen Raum zu fördern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Ich habe ja in den ersten Wochen in meiner neuen Funktion alle Bundesländer bereist und habe mir ganz genau angesehen, wie die Lebenssituationen der Frauen aussehen,


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auch jener im ländlichen Raum. Und da gibt es vor allem zwei Problemstellungen, von denen die Frauen immer erzählt haben.

Die eine ist die Mobilität: Viele Frauen im ländlichen Raum haben Schwierigkeiten, mobil zu sein. Das betrifft Freizeiteinrichtungen, die sie nicht erreichen können, das betrifft aber vor allem auch den Umstand, dass sie Schwierigkeiten haben, wenn der Arbeitsplatz nicht vor Ort ist, diesen zu erreichen, oder eine entferntere Arbeit annehmen zu können. – Das heißt, eines der zentralen Dinge, so glaube ich, ist die Mobilität.

Das zweite große Thema, das überall angesprochen wird, ist die Sorge vieler junger Familien in Österreich, dass sie keinen geeigneten Kinderbetreuungsplatz finden, sodass viele Familien und Frauen sagen, sie würden gerne Beruf und Familie verein­baren können, aber es gibt keine Kinderbetreuungseinrichtung. – Daher werden wir bei den Finanzausgleichsverhandlungen das auch als oberste Priorität sehen, nämlich mit den Ländern zu vereinbaren – weil es höchst an der Zeit ist, das zu tun! –, dass wir den Familien ein ausreichendes, qualitätsvolles Betreuungsnetz für ihre Kinder zur Verfügung stellen. Wir haben das im Regierungsübereinkommen auch so vereinbart und werden das bei den Finanzausgleichsverhandlungen gemeinsam mit dem Finanz­minister gleich angehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Haubner, bitte.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Bundesministerin! Das Kinderbetreuungs­geld hat sich dadurch ausgezeichnet, dass es mehr Entscheidungsfreiheit, mehr Wahl­freiheit für die Eltern geboten hat. Diesen positiven Ansatz wollen Sie weiterentwickeln. Nun meine Frage:

Was ist aus frauenpolitischer Sicht der Grund dafür, dass es bei dem neuen Modell – nämlich 15 plus 3 – insgesamt vergleichsweise weniger Geld für die Eltern gibt als beim bestehenden Modell, der Variante 2?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministern, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Die 800 €, die wir jetzt im neuen Modell anbieten werden, wenn man den Kindergeldbezug kürzer in Anspruch nimmt, sind fast das Doppelte! Es war uns sehr wichtig, dass wir gesagt haben, wir wollen das beseitigen, was die Evaluierung des „Kindergeldes alt“ gezeigt hat, nämlich dass viele Frauen früher in den Beruf zurückkehren wollen oder müssen und dadurch beim „Kindergeld alt“ monatlich 436 € verloren haben.

Bei der Reform, die wir umsetzen werden, werden die Frauen nicht 436 € verlieren, sondern sie werden monatlich 800 € bekommen – und die Männer lade ich dazu ein, ebenfalls Gebrauch davon zu machen. Das ist das Neue am Kindergeld, und das war mir so wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Rosenkranz, bitte.

 


Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Frau Bundesministerin! Die Inanspruch­nahme der Möglichkeit des verkürzten Kinderbetreuungsgeldbezuges wird zu einem Mehrbedarf an Kleinstkindereinrichtungen führen.

Was haben Sie bis jetzt – gültig – mit den Ländern zu dieser Frage vereinbart?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Wir haben im Koalitionsübereinkommen im Herbst vergangenen Jahres festgehalten, dass


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wir 15a-Verträge mit den Ländern vornehmen werden. Das heißt, es geht darum, dass wir im Finanzausgleich, der ja erfreulicherweise auf Herbst vorgezogen wird, mit den Ländern in Verhandlungen treten. Sie wissen, die Kinderbetreuung ist Länderkom­pe­tenz, und daher sind dort auch die Mittel, aber ich sehe die Notwendigkeit, dass Bund, Länder und Gemeinden diesbezüglich eine gemeinsame Kraftanstrengung vornehmen.

Wir reden schon seit so vielen Jahren davon, dass wir in Österreich ein Defizit an Betreuungseinrichtungen haben, und es entwickelt sich nur mühsam zurück. Ich glaube, dass es jetzt höchst an der Zeit und ein Gebot der Stunde ist, dass wir – Bund, Länder und Gemeinden – in einer gemeinsamen Kraftanstrengung ein Betreuungsnetz zur Verfügung stellen, das den Ansprüchen der Familien und jenen der Kinder – vor allem jenen der Kinder – gerecht wird.

Daher haben wir – jene Regierungsmitglieder, die mit der Kinderbetreuung befasst sind, vom Unterrichtsressort über das Familienressort und natürlich, es geht immer ums Geld, das Finanzressort – innerhalb der Regierung vereinbart, dass es oberste Priorität im Finanzausgleich hat, auch mit einer Anreizfinanzierung des Bundes diesbezüglich einen Impuls zu setzen, damit das Defizit, das wir bei den Kinder­betreuungseinrichtungen in den letzten Jahren hatten, der Vergangenheit angehört und wir einen tatsächlichen Impuls beim Ausbau der Betreuungseinrichtungen setzen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Zwerschitz, bitte.

 


Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Durch das Kinderbetreuungsgeld wurde nicht erreicht, dass wesentlich mehr Männer in Karenz gehen, obwohl das sehr wün­schenswert wäre und sich die Männer selbst auch sehr oft wünschen würden, das machen zu können.

Halten Sie ein erwerbsabhängiges Karenzgeld aus frauenpolitischer Sicht für wün­schens­wert?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Ich halte das jetzt als ersten Schritt für ganz wichtig und für einen frauenpolitisch wichtigen Aspekt, dass mit der Wahlmöglichkeit des verkürzten Kindergeldbezugs und einer Summe von monatlich 800 € eine Chance eröffnet wird.

Viele junge Familien sagen, sie können bei 436 € Kinderbetreuungsgeld nicht auf das Einkommen des Familienvaters verzichten. – Dieses Argument wiegt bei 800 € nicht mehr ganz so schwer, und daher erwarte ich mir, dass auch Männer die Chance nützen: Es ist ja eine Chance für Männer, sich der Beziehung zu ihren Kinder widmen und bei deren Entwicklung dabei sein zu können.

Aber ich bin auch der Auffassung, dass ein einkommensabhängiges Karenzgeld dieses Argument natürlich vollständig vom Tisch wischt – wir sehen das ja im internationalen Vergleich: Dort, wo es ein einkommensabhängiges Karenzgeld gibt, ist auch die Beteiligung der Männer und der Väter eine höhere. Das heißt, wenn wir in die Zukunft sehen, sind die 800 € ein erster Schritt, und nächste sollten folgen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage. – Bitte, Frau Abgeordnete Rauch-Kallat.

 


Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:


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12/M

„Welche Maßnahmen werden Sie konkret zur weiteren Schließung der Einkommens­schere setzen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie wissen – wir haben ja gemeinsam das frauenpolitische Kapitel ver­handelt –, was die neue Bundesregierung beschlossen hat und was wir uns als Arbeitsprogramm vorgenommen haben. Maßnahmen, die zu einem Schließen der Einkommensschere führen, sind ein ganz wesentlicher Bestandteil davon, und ich bin sehr froh, dass die gesamte Bundesregierung das auch so sieht und dass wir eine Reihe von Maßnahmen bereits eingeleitet haben.

Ich bin also sehr froh darüber, dass – nachdem wir im Regierungsübereinkommen auch einen Generalkollektivvertrag und die Einführung eines Mindestlohns als politi­sches Ziel formuliert haben – die Sozialpartner das auch auf den Weg gebracht haben und dass wir damit für fairere Einkommen vor allem für Frauen sorgen werden, denn in den Branchen, in denen wir bei Vollzeitbeschäftigung noch immer keine 1 000 € Min­destlohn haben, sind vor allem Frauen beschäftigt. Das heißt, das wird ein wesent­licher Beitrag dazu sein, fairere Einkommen in jenen Branchen zu erreichen, in denen Frauen beschäftigt sind, und wird daher auch für ein faireres Einkommen sorgen.

Ich glaube, dass auch die Maßnahmen betreffend Zuschläge bei Mehrleistungen bei Teilzeitarbeit dazu führen können, dass sich die Einkommensschere ein wenig schließt, weil das ebenfalls zu mehr Gerechtigkeit beim Einkommen führt. – Das heißt, das sind zwei konkrete Maßnahmen, die wir gesetzt haben.

Ich glaube aber auch, dass darüber hinaus, was die Qualifizierung von Frauen anlangt, noch einiges vor uns liegt. Wir haben ja gemeinsam, was die Arbeitsmarktförderung betrifft, diese Sondersubvention und Sonderfördermittel von 200 Millionen € beschlos­sen, und wir haben vereinbart, dass 100 Millionen davon – halbe-halbe – den Frauen zur Verfügung gestellt werden, damit wir Frauenqualifizierungsmaßnahmen, Um­schulun­gen oder Wiedereinstiegshilfen in dem Bereich finanzieren können.

Ich glaube, das sind konkrete Maßnahmen, die zu mehr Fairness beim Einkommen für Frauen führen sollten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Frau Bundesminister! Laut Eurostat ist die Einkommensschere von 1999 bis 2004 von 22 auf 17 Prozent gesunken. Damit liegt Österreich zwar leicht über dem EU-Schnitt, aber immer noch vor Ländern wie Deutschland, Dänemark, Schweden oder den Niederlanden. Es gibt aber ein Land in der Europäischen Union, das nur 4 Prozent Einkommensunterschied hat – Sie wissen sicher, welches das ist –, und wir werden versuchen, von den ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, die Frage bitte!

 


Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP) (fortsetzend): Welche Maßnahmen, die in diesem Land gesetzt wurden, werden Sie für Österreich übernehmen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Ministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Ich glaube, der Schlüssel zu mehr Einkommensgerechtigkeit ist die Fairness beim Zugang zur Arbeitswelt. Solange Frauen geringere Einkommenschancen haben, weil sie sich beruflich in Branchen befinden, wo die Einkommen und die Arbeit schlechter bewertet


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werden, so lange werden wir keine fairen Einkommen haben; solange wir ein System haben, wo Frauen bei Karriere- und Aufstiegschancen nicht die gleichen Möglichkeiten vorfinden wie Männer, so lange wird es keine Gerechtigkeit beim Einkommen geben. Und der ganz entscheidende Faktor ist, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Beruf und Familie vereinbar machen.

Diese Rahmenbedingungen sollen dazu führen, dass Frauen nicht ihr ganzes Leben lang mit Einkommensverlusten, mit geringeren Karrierechancen, rechnen müssen, sondern wenn wir Maßnahmen haben, wie den Ausbau von Kinderbetreuungs­ein­richtungen, und Beruf und Familie tatsächlich vereinbar sind, dann erhöhen wir die Chancen der Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Damit erhöhen wir auch die Chancen beim Einkommen für Frauen. Das halte ich für den ganz entscheidenden Punkt.

Das Problem in den letzten Jahren war, dass es viele Maßnahmen gegeben hat, die eben nicht einen Impuls dazu gegeben haben, Frauen dabei zu unterstützen, Beruf und Familie vereinbaren zu können, sondern es waren eher Maßnahmen, die Frauen vom Arbeitsmarkt gedrängt haben. (Abg. Mag. Wurm: Genau!)

Ich schließe mich da auch den Sozialpartnern an, die ja erfreulicherweise sagen, es sei so wichtig, dass wir auch in der Wirtschaft – nicht nur aus frauenpolitischer, sondern auch aus wirtschaftspolitischer Sicht – auf das tolle Potenzial der Frauen am Arbeits­markt nicht verzichten. Das ist mein Ziel: In Zukunft soll auf das tolle und gute Potenzial von vielen tausenden Frauen in Österreich am Arbeitsmarkt nicht verzichtet werden. Sie sollen in Zukunft fairere Einkommen haben, als das in der Vergangenheit der Fall war. (Beifall bei der SPÖ.)

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Bucher, bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Bundesminister! Klein- und Kleinstbetriebe haben oft nicht den Background, Frauen anzustellen. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) – Welche konkreten Maßnahmen wollen Sie setzen, dass Klein- und Kleinst­betriebe in männerdominierten Branchen auch Frauen mehr in Betracht ziehen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Ich denke, dass es nicht die Frage ist, wie groß ein Betrieb oder ein Unternehmen ist, und dass es davon abhängig ist, ob es Geschlechtergerechtigkeit gibt oder nicht. Ich bin der Auffassung, dass wir allerdings schon einige Instrumente haben, um Unternehmen zu unterstützen, vor allem, um Frauen in atypische Berufe – zum Beispiel in technische Berufe – zu bekommen.

Wir haben uns auch darauf geeinigt, dass wir bei der Blum-Förderung, das ist eine För­derung, mit der wir die Lehrlingsausbildung unterstützen – ein ganz ein wichtiges Instrument, um jungen Menschen auch in der Lehre eine Ausbildungschance zu geben –, schon sagen, es muss auch Ziel dieser Förderung sein, dort zu fördern, wo wir in zukunftsträchtige Berufe investieren. Das meine ich vor allem in Hinblick auf junge Frauen.

Ich bin der Auffassung, dass wir eine Gewichtung bei dieser Förderung machen soll­ten – nicht mit der Gießkanne das Geld verteilen, sondern eine Gewichtung. Ich lege großen Wert darauf, dass Unternehmen, die Lehrlinge und Frauen in nicht traditionel­len, in technischen Berufen ausbilden, eine höhere Förderung bekommen, denn das ist eine Investition in die Zukunft und in die jungen Frauen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Belako­witsch-Jenewein, bitte.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Minister! Vor allem im ländlichen Raum zeigt sich die Frauenarmut sehr stark. Das liegt natürlich auch daran, dass wir gerade im ländlichen Raum auf der einen Seite wenige Kinder­be­treu­ungsplätze haben, beziehungsweise vor allem nicht ausreichend Kinder­betreuungs­plätze, die dem Arbeitsmarkt entsprechen. Auf der anderen Seite ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, die Frage bitte!

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (fortsetzend): ... – das ist ein Teil meiner Frage, Entschuldigung – gibt es im ländlichen Raum wenige Arbeitsplätze für Frauen.

Was gedenken Sie jetzt persönlich zu unternehmen, dass gerade der ländliche Raum für Frauen besser wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Ich teile Ihre Einschätzung, dass in Zukunft der Bereich der Armutsbekämpfung im Mittel­punkt der politischen Tätigkeit stehen muss. Wir hatten in den letzten Jahren ja eine Entwicklung, dass die Armut in Österreich gestiegen ist. Wir haben über eine Million Menschen, die an der Armutsgrenze leben müssen. Ich glaube, es ist in einem so reichen Land wie Österreich nicht notwendig, dass wir so viele Menschen haben, die von einem Tag auf den nächsten nicht wissen, wie sie mit ihrem Geld auskommen sollen. Daher sind mir Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut ganz wesentlich. Die Armut ist auch weiblich. Es sind vor allem Frauen betroffen.

Eine ganz wichtige Maßnahme zur Bekämpfung der Armut, nämlich der Altersarmut, war die Anhebung der Mindestpensionen. Das war das Erste, was diese neue Bun­desregierung angegangen ist. 155 000 Frauen haben daher eine Erhöhung ihrer Pen­sion bekommen, die wir über die Armutsschwelle gehoben haben. Das ist mir wesentlich.

Aber das beste Instrument zur Bekämpfung der Armut ist, für Beschäftigung zu sorgen und nicht wegzusehen, wenn die Arbeitslosigkeit steigt, sondern Maßnahmen zu tref­fen. (Abg. Steibl: Aber momentan sinkt die Arbeitslosigkeit! Sie sind am falschen !) Auch da haben wir eine positive Entwicklung: Die Arbeitslosigkeit sinkt, die Frauen­arbeitslosigkeit sinkt und wir investieren wieder. (Abg. Scheibner: Sie sinkt aber nicht wegen Ihnen! Das ist nicht Ihr Erfolg!) Wir investieren in die Wirtschaft, wir investieren in die Infrastruktur. Ich glaube, es zeigt sich an den Parametern, dass das der richtige Weg ist, den die neue Bundesregierung eingeschlagen hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Die Arbeitslosigkeit sinkt trotz Ihnen!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Wein­zin­ger, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Ministerin! Sie haben jetzt eine ganze Reihe arbeitsmarktpolitischer und Qualifizierungsmaßnahmen zum Schließen der Einkommensschere aufgezählt, die es ja alle in den letzten Jahren auch schon gab und die für eher weniger gut qualifizierte Frauen gedacht sind.

Was werden Sie aber tun, um Frauen, die sehr gut qualifiziert sind, auch oft sehr gute Jobs haben, oft nicht einmal Kinder haben, aber trotzdem 20, 30 Prozent weniger verdienen als Männer, zu unterstützen? Was werden Sie für die Frauen unternehmen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Was mir schon wichtig ist, ist noch anzumerken, das sind keine Maßnahmen, die es in der Vergangenheit schon gegeben hat. Es hat keine Mindestpensionen gegeben, die eine Höhe hatten, die über der Armutsschwelle lag. (Abg. Steibl: Das ist keine Antwort auf die Frage!) Es hat keinen Mindestlohn gegeben. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich weiß zwar, dass das lange gefordert wurde, aber umgesetzt hat es diese neue Bundesregierung. (Ruf bei der ÖVP: Bla, bla, bla!) Das heißt, das sind ganz konkrete, neue Maßnahmen, weil wir die Bekämpfung der Armut und die Einkommens­unterschiede ernst nehmen. (Abg. Amon: Mit dem Denken in der Opposition verhaftet!)

Aber es geht um die Karrierechancen von Frauen, Herr Abgeordneter. Ich hoffe, das interessiert Sie auch. Was die Karrierechancen von Frauen betrifft, sehen wir, dass es Risikofaktoren gibt, warum Frauen weniger Chancen haben beim Einkommen und bei der Karriere. Es stimmt, es ist nur ein Faktor – nämlich Kinder zu haben –, aber ein sehr wesentlicher. Weil, wie alle Untersuchungen zeigen, in dem Moment, in dem Kinder da sind und versorgt werden, das relativ rasch dazu führt, dass sich die Karrierechancen verringern und die Einkommensentwicklung eine geringere ist, als wenn man keine Kinder zu versorgen hat.

Nichtsdestotrotz scheint es offensichtlich so zu sein, dass für viele Frauen allein das Risiko, sie könnten ja Kinder bekommen, in einem Unternehmen dazu führt, dass sie schlechtere Karrierechancen haben.

Was ich vorgeschlagen habe ist, das alles immer sichtbar zu machen. Mein Vorschlag wäre – und das gibt es in anderen europäischen Ländern auch –, dass wir das trans­parent machen und dass wir in Betrieben alle Jahre einen Bericht darüber legen, wie sich die Einkommenssituation im Unternehmen zwischen den Geschlechtern, zwischen Männern und Frauen, verteilt: Wie verteilt sich die Arbeitszeit zwischen Männern und Frauen, wie verteilen sich auch die innerbetriebliche Förderung, die Qualifizierung und die Aufstiegschancen von Männern und Frauen? – Denn das Sichtbarmachen eines Problems ist auch der erste Ansatz zur Lösung. Das wäre, glaube ich, einmal ein Modell – das es in den skandinavischen Ländern auch gibt, wo die gläserne Decke nicht so dicht ist wie bei uns –, das dazu führt, dass man Bewusstsein schafft und es dann auch zu diesen Veränderungen kommt.

Im öffentlichen Dienst, wo ich eine direkte Zuständigkeit habe, haben wir ja gestern im Dienstrecht einige konkrete Maßnahmen beschlossen, die Frauen mehr Karriere­chan­cen im öffentlichen Dienst geben sollen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Stadlbauer, bitte.

 


Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Der Kurswechsel in der Frauenpolitik ist sehr erfreulich, auch wenn die konservative Seite murrt, wie wir gerade gehört haben. (Abg. Steibl: Das ist auch eine Einleitung! Wo ist die Frage? – Abg. Rädler: Wer ist da schon wieder umgefallen?)

Meine Frage ist: Was tun Sie für mehr Einkommensgerechtigkeit im öffentlichen Dienst?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Ich bin der Auffassung, dass der öffentliche Dienst in vielen Bereichen Vorbildwirkung haben muss. Ganz besonders wichtig ist mir natürlich die Vorbildwirkung, was Frauenför­derung betrifft. Wir haben im öffentlichen Dienst, was die Einkommenssituation und die Unterschiede zwischen Männern und Frauen betrifft, kein so eklatantes Auseinander-


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klaffen wie in der Privatwirtschaft, obwohl es auch hier eine Schere gibt. Und wir haben im öffentlichen Dienst, glaube ich, noch immer ein großes Defizit, nämlich die gelebte und umgesetzte Förderung für Frauen in höheren Funktionen und in Leitungs­funk­tionen des öffentlichen Dienstes.

Wir haben ja gestern im Hohen Haus eine Dienstrechtsnovelle beschlossen, die auch mehr Transparenz bei der Besetzung von Leitungsfunktionen im öffentlichen Dienst bringen soll. Das ist auch dieses Sichtbarmachen. Wir haben seit Februar bei den SektionsleiterInnen den Frauenanteil um 4 Prozentpunkte erhöht. Das ist ein leiser Beginn, der jetzt sozusagen fortgesetzt werden muss. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Ich bin der Auffassung, dass wir auch im öffentlichen Dienst mit Bewertungskommis­sionen, in denen Männer und Frauen gleichberechtigt vertreten sind, die Chancen der Frauen auch tatsächlich erhöhen sollten. Ich bin, wie gesagt, der Auffassung, dass der öffentliche Dienst hier Vorbildwirkung haben muss.

Weil ich vorher auch davon gesprochen habe, wie wichtig es ist, jungen Frauen und Mädchen Ausbildungschancen in nichttypischen Frauenberufen zu geben, werden wir das auch im öffentlichen Dienst tun. Wir werden ab September mehr Lehrlinge im öffentlichen Dienst aufnehmen und wir werden einen Schwerpunkt darauf legen, Mädchen Chancen als EDV-Technikerinnen, als technische Zeichnerinnen zu geben, sie also genau in diesen Berufen auszubilden, damit auch die Privatwirtschaft diesem guten Beispiel folgen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 3. Anfrage. – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger.

 


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Bundesministerin! Ich kann jetzt nur die eingereichte Frage nehmen – und die lautet:

18/M

„Welche Maßnahmen außer einem unverbindlichen Mindestlohn per Generalkollektiv­vertrag werden Sie setzen, um eine tatsächliche Reduktion der Einkommensschere zwischen Frauen und Männern zu bewirken?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Die heutige Fragestunde zeigt ja, dass das tatsächlich das zentrale Thema ist, weil es hier, wie gesagt, um Gerechtigkeit geht. Aber auch da kann man nur jene Punkte sagen, die sofort in Angriff genommen wurden, außer dem Mindestlohn. 30 000 Frauen werden davon durchschnittlich profitieren. Es sind 40 Branchen, für die wir jetzt den Min­destlohn auf 1 000 € anheben. Ich würde sagen, das war eine große Maßnahme und das wird ein ganz entscheidender Schritt zu mehr Einkommensgerechtigkeit und faireren Einkommen für Frauen sein. Daher ist mir das sehr wichtig.

Wir werden, wie Sie wissen, auch im Bereich der bedarfsorientierten Mindestsicherung Maßnahmen treffen, damit es niemanden in Österreich gibt, auf den vergessen wird und der in Armut leben muss. Damit es nicht in einem Land, das ein reiches Land ist, in dem wir alle glücklich zu leben sind, Menschen gibt, die am Rande der Gesellschaft leben müssen, sondern, dass alle faire Chancen bekommen. Wie gesagt, das wich­tigste Instrument ist, für Beschäftigung und dafür zu sorgen, dass Beruf und Familie auch vereinbar sind. Das ist der Schlüssel zu mehr Einkommensgerechtigkeit und das ist auch der Schlüssel dazu, die Einkommensschere nicht auseinanderklaffen zu lassen.


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Es geht uns nicht um irgendwelche Jobs mit ein paar Stunden, bei denen man dann ein Einkommen hat, von dem man nicht leben kann, sondern wir haben im Regierungs­übereinkommen auch als Ziel definiert, dass es uns um Vollzeitarbeitsplätze mit einem Einkommen geht. Daher war der Mindestlohn wichtig, von dem man auch leben kann. (Beifall bei der SPÖ.)

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Wein­zinger, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Ich wollte jetzt nicht über diese unverbindliche Empfehlung für einen Mindestlohn diskutieren, sondern über konkrete andere Maßnahmen. Daher meine Nachfrage:

Werden Sie veranlassen, dass schon im Gleichbehandlungsgesetz verankert wird, dass Betriebe auf Einkommensgerechtigkeit und Chancengleichheit hin überprüft wer­den? Werden Sie das zu einer Voraussetzung für die Wirtschaftsförderung machen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Ich habe auch schon des Öfteren gesagt, dass ich der Auffassung bin, dass wir die Wirtschaftsförderung auch daran koppeln könnten, wie frauen- und familienfreundlich Unternehmen sind. Wir haben ja mehrere Aspekte, nach denen Wirtschaftsförderung vergeben wird. (Abg. Rädler: Nicht bei Ihnen!) Da sind ökologische, innovative Fak­toren Voraussetzung und natürlich stellt sich die Frage: Warum können wir die Wirtschaftsförderung nicht auch daran koppeln, ob Unternehmen Frauenförderung betreiben, Frauen auch innerbetriebliche Qualifikation ermöglichen, ihnen Karriere­chancen im Unternehmen geben, Frauenförderpläne umsetzen? – Ich halte es für einen guten Ansatz, wenn wir sagen, es geht bei der Wirtschaftsförderung natürlich um die Umwelt, natürlich um die Innovation, es geht uns aber auch um die Menschen, die in den Unternehmen arbeiten, um die Frauen und die Familien. Daher sollte die Wirtschaftsförderung auch verändert werden, um dem gerecht zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Csörgits, bitte.

 


Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Bundesministerin! Wer wird von dem verbindlich zwischen den Sozialpartnern vereinbarten Mindestlohn für Vollzeit­beschäf­tigte – 1 000 € – am meisten profitieren? (Abg. Rädler: Die Frauen!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Wir haben in Österreich noch immer 40 Branchen, in denen es bei Vollzeitbeschäftigung keinen Lohn von 1 000 € gibt, sondern in denen die Einkommen darunter liegen. Die werden jetzt tatsächlich mit einem Schritt mehr Fairness beim Einkommen bekommen. Es sind viele Berufe und ich glaube, wenn ich sie aufzähle, dann wird allen auffallen, es sind die Berufe, in denen Frauen sind. (Abg. Steibl: Aber die Freiberufler habt ihr nicht miteinbezogen!) Es sind KosmetikerInnen, es sind FußpflegerInnen, es sind MasseurInnen, es sind viele, es sind BlumenbinderInnen. Das alles sind Berufe, die derzeit bei Vollerwerbstätigkeit keine 1 000 € haben. Das wird in Zukunft dank der politischen Vorgabe dieser neuen Bundesregierung und der Vereinbarung der Sozialpartner der Vergangenheit angehören. Ich glaube, das ist gut so und das ist auch gerecht. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Mag. Wurm und Steibl.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Grander, bitte.

 


Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Besonders Migrantinnen sind am Arbeitsmarkt benachteiligt. Unter Ihrer Amtsvorgängerin Maria Rauch-Kallat wurde diese migrantenspezifische Abteilung eingerichtet und es wurde auch ein Bericht in Auftrag gegeben, den Sie beim Amtsantritt fertig übernommen, aber noch nicht veröffentlicht haben. (Rufe bei der SPÖ: Frage! – Abg. Steibl: Das habt ihr auch gemacht! Regt euch nicht auf!) Daher konkret meine Frage: Welche Maßnahmen setzen Sie auf Grund dieses Berichts zur Verbesserung der Situation der Frauen mit Migrationshintergrund?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass wir Frauen mit Migrationshintergrund hier auch besondere Hilfe zukommen lassen. Sie sind tatsächlich in vielen Bereichen doppelt diskriminiert. Ich glaube, dass alle Maßnahmen, die zur Integration führen, unterstützt werden sollten – ich möchte nur auf die Kampagne in Wien „Mama lernt Deutsch“, mit den Kindern gemeinsam, hinweisen, die gestartet wurde. Das sind alles Initiativen, die auch Frauen mit Migrationshintergrund die Chance geben sollen, gleichberechtigt am Arbeitsmarkt und insgesamt am Leben teilhaben zu können.

Was den Bericht über die Lebenssituation von Migrantinnen in Österreich betrifft, der wird im Herbst kommen. Im Übrigen kann ich Ihnen mitteilen, dass ich wieder die Erstellung eines umfassenden Frauenberichts in Auftrag geben werde, also einen österreichischen Frauenbericht über die Situation und die Lage der Frauen. Der letzte stammt aus dem Jahr 1995, das heißt, es ist höchste Zeit, dass wir wieder einen Frauenbericht haben, damit wir uns auch genau ansehen, wie sich die Frage der Chancengerechtigkeit zwischen Männern und Frauen entwickelt. Ein ganz wesentlicher und neuer Teil dieses Frauenberichts wird natürlich auch die Lebenssituation von Migrantinnen betreffen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Klubobmann Ing. Westen­thaler, bitte.

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Der Nettounterschied zwischen der Arbeitslosenmindestsicherung von 726 € und dem nun beschlossenen Mindestlohn von 818 € netto beträgt ganze 92 € für Vollzeitbeschäf­tigung. Werden Sie daher unsere Forderung nach einem Mindestlohn von 1 300 € – und damit wirklich 1 000 € netto – im Sinne der Frauen unterstützen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Ich habe ja zu jenen gehört, die bereits vor zehn Jahren das Frauen-Volksbegehren unterschrieben haben. Seit zehn Jahren habe ich mich dafür eingesetzt, dass wir fairere Einkommen – vor allem für die Frauen – bekommen. (Abg. Steibl: Ihr wart ja selber in der Regierung! Ihr hättet etwas machen können!) – Es ist nur leider in den letzten zehn Jahren nichts passiert, sondern wir haben es jetzt auf den Weg gegeben, dass wir die 1 000 € Mindestlohn haben.

Aber was die bedarfsorientierte Mindestsicherung betrifft, ist mir so wichtig: Da geht es nicht darum, Menschen mit Beschäftigung gegen Menschen, die keine Beschäftigung haben, auszuspielen. Sondern uns geht es darum, die bedarfsorientierte Mindest­sicherung nicht als ein Ruhekissen zu sehen, sondern als ein Sprungbrett und eine Chance, wieder in ein Berufsleben zurückzukehren. (Abg. Rädler: Kollegin Csörgits schläft!)


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Es geht nicht nur um die Frage, hat man einen Job, wo man ein Einkommen hat, von dem man leben kann – das ist die wichtigste Frage. Aber uns geht es auch darum, dass Menschen in dieser Gesellschaft auch eine Aufgabe haben. Aus vielen Ge­sprächen mit Frauen, die arbeitslos sind und die keine Chance auf einen Beruf haben, weiß ich, es ist für die nicht nur finanziell, sondern oft auch seelisch ganz schwierig, keine Funktion, keine Rolle zu haben. Daher stehen für die neue Regierung der Mindestlohn und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Mittelpunkt. Das ist das Neue. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Die Frage war eigentlich ganz einfach!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ing. Hofer, bitte.

 


Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! In vielen sogenannten frauenspezifischen Branchen gibt es sehr niedrige Löhne und keinen Generalkollektivvertrag. Was werden Sie unternehmen, dass beispielsweise auch Ordinationshilfen in Österreich gerecht entlohnt werden? (Demonstrativer Beifall der Abg. Steibl.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Es gibt die freien Berufe, die nicht davon erfasst sind, das sind vor allem ArzthelferInnen. Das ist auch ein Beruf, den zum Beispiel ich erlernt habe – nämlich zahnärztliche Assistentin –, und ich glaube, es wird auch da höchst an der Zeit sein, dass in diesen Branchen ein Mindestlohn kommt. Die Ärztekammer und die Apothekerkammer haben ja auch schon signalisiert, dass sie hier nachziehen, dass es auch in diesen Bereichen ein faires Einkommen für die Frauen geben sollte. Es sind auch Branchen, wo ich der Auffassung bin, das Unternehmen kann es sich leisten. Ich glaube, Zahnärzte, praktische Ärzte, Gynäkologen und Gynäkologinnen (Abg. Mag. Wurm: Notare!) kön­nen es sich leisten, zumindest 1 000 € Mindestlohn zu ermöglichen. Die sollten rasch nachziehen und dem guten Beispiel des Generalkollektivvertrags in allen anderen Branchen folgen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 4. Anfrage. – Bitte, Frau Abgeordnete Rosenkranz.

 


Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

20/M

„Wie viele der Mütter, die das Pensionsalter bereits erreicht haben, haben keinen eigen­ständigen Pensionsanspruch erworben bzw. werden Sie Maßnahmen setzen, damit auch nichterwerbstätige Mütter in Zukunft Anspruch auf eine eigenständige Pension haben?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Das Erste, was ich vorausschicken muss, ist, es gibt auf Grund unseres Pensionssystems – nämlich Absicherungsmodelle wie die Witwenrenten, wie sozusagen für zwei Ehe­partner gemeinsame Mindestgrenzen bei der Ausgleichszulage, also Mindestpen­sio­nen, die wir ja auch auf 1 091 € angehoben haben – kein gesichertes Zahlen­material, das mir zur Verfügung steht. Ich denke, dass auch da gilt, dass wir niemanden durch das soziale Netz fallen lassen, sondern dass wir ein System – und die bedarforientierte Mindestsicherung soll so ein Modell sein – haben, wo wir alle, auch in einer schwie-


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rigen Lebensphase, begleiten. Das gilt natürlich für Menschen, besonders Frauen im Alter.

Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass wir ein gutes System haben, nämlich ein Versicherungssystem, das ja auch dazu führt, dass 1 000 € brutto nicht 1 000 € netto sind, weil in eine Versicherung einbezahlt wird, weil in die Zukunftssicherung und die Alterssicherung einbezahlt wird. Und das ist wichtig, um Armut im Alter zu verhindern. Daher sind Maßnahmen, wie sie in der Vergangenheit da waren, Frauen eher aus dem Erwerbsleben herauszudrängen, genau die, die dann zur Altersarmut führen. Daher muss man schon viel früher ansetzen, damit Frauen im Alter eine Absicherung haben, wenn wir dafür sorgen, dass es ausreichend Jobs für Frauen gibt und Beruf und Familie vereinbar sind. (Abg. Steibl: Das macht aber die Wirtschaft!) Das führt zur Verringerung von Altersarmut von Frauen. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Rosenkranz, bitte.

 


Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Frau Bundesministerin, es gibt Frauen, die sich bewusst für das Erziehen mehrerer Kinder als Beruf und damit für den Verzicht auf eine außerhäusliche Erwerbstätigkeit entschieden haben. Sie leisten damit einen systemerhaltenden Beitrag für unsere Alterssicherung.

Werden Sie diesen Frauen auch die Möglichkeit einer eigenständigen Alterssicherung zugestehen?

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Ich bin der Auffassung, dass wir jedes Lebensmodell, für das sich Frauen selbst entscheiden, auch unterstützen sollen, dass wir das respektieren und akzeptieren. Und wir haben viele Frauen – meine Mutter war Alleinerzieherin mit sechs Kindern, die versucht hat, beides zu organisieren – in Österreich, die berufstätig sind. Immer mehr Frauen wollen Berufstätigkeit und Kinder vereinbaren können – und nicht entweder oder.

Was mir so wichtig ist, ist, dass wir in Österreich ein System haben, in dem wir den Frauen die Wahlmöglichkeit geben, aber gleichzeitig auch auf Risken aufmerksam machen. Wenn wir ein System haben, wo man in eine Pensionsversicherung einzahlt, dann ist es ein Risiko im Alter, wenn man nicht erwerbstätig ist, dass man aus dieser Versicherungsleistung eine geringere oder keine Pension bezieht. Aber – und das ist mir so wichtig – es soll in Österreich keine Frau geben, keine Mutter geben, die ohne Existenz dasteht, kein Einkommen hat und keine Unterstützung findet. Daher, glaube ich, sind die Maßnahmen, die zur Erhöhung von Mindestpensionen führen, gut, weil es oft nur geringe Zeiten an Versicherungszeiten sind, die vorhanden sind. Da müssen wir die Mindestpensionen genau für diese Frauen anheben, die zu wenige Versiche­rungszeiten haben und diese bedarfsorientierte Mindestsicherung einführen, damit sie auch diesen Frauen zugute kommen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Bundesministerin, was halten Sie eigentlich von den Überlegungen, die es ja auch in Ihrem Ressort früher gegeben hat, dass alle Personen – egal ob Mütter oder Väter, Frauen oder Männer – ab einer bestimmten Altersgrenze einen eigenständigen Pensionsanspruch erhalten, so wie das auch in anderen europäischen Ländern üblich ist – zusätzlich zu einer Sozialversiche­rungspension?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Ich glaube, dass es ganz wesentlich ist, dass wir dafür sorgen, dass in Österreich niemand unter der Armutsgrenze leben muss. Mit welchem Instrument das geschieht – ob das eine Frage eines Versicherungsinstrumentes ist oder im Zuge einer bedarfsorientierten Mindestsicherung und Mindestpensionen erfolgt –, ist eben eine Frage des Instru­ments. Ich glaube, was uns verbindet, ist, dafür zu sorgen, dass es in einem so reichen Land wie Österreich niemanden gibt, der unter der Armutsgrenze lebt, dass wir aber auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass, wenn jemand ein Leben lang beschäftigt ist, Sozial- und Pensionsversicherungsbeiträge zahlt, er im Alter dann auch etwas davon herausbekommt. Das ist auch ein wichtiges Prinzip.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Binder-Maier, bitte.

 


Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin, eine Variante wäre das Pensionssplitting.

Wie ist Ihre persönliche Haltung zu einem verpflichtenden Pensionssplitting?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Das Neue wäre das Verpflichtende, denn seit 1. Jänner 2005 gibt es die rechtliche Mög­lichkeit eines Pensionssplittings. Ich darf Sie informieren, es gab seither keinen einzigen Antrag darauf. Jetzt kann man natürlich die Ursache darin sehen, dass zu wenig bekannt ist, dass es diese Möglichkeit gibt, aber wenn es keine einzige Familie gibt, die sagt, das können wir uns leisten, um dann im Alter beide nicht zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben – wie man so schön sagt – zu haben, dann stimmt an dem Instrument etwas nicht. Ich glaube, wenn niemand in Österreich das für ein gutes Modell hält, dann wäre es der falsche Ansatz zu sagen, wenn davon nicht in Anspruch genommen wird, dann verpflichtet die Politik dazu. Das ist völlig falsch. Zurück an den Start, sich ein besseres Modell zur Altersabsicherung überlegen und nicht zu etwas verpflichten, was offensichtlich in Österreich niemand will! (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Aubau­er, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Ministerin, mit der Pensions­anrechnung beim Kindergeld von 1 350 € pro Monat auf vier Jahre ist der Regierung Schüssel eine wesentliche Verbesserung für Frauen gelungen.

Frage: Was werden Sie unternehmen, um ältere Arbeitnehmerinnen künftig deutlich zu unterstützen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Es hat erfreulicherweise eine Reihe an Maßnahmen gegeben, um Zeiten der Kinderbetreuung auch für die Pension höher aufzuwerten. Das Problem in der Vergangenheit war nur, dass andere Maßnahmen im Zuge der Pensionsreform das halt alles wieder quasi aufgesogen haben, siehe Durchrechnungszeiten. Das ist, vor allem was Frauen­pen­sionen betrifft, weil Frauen andere Erwerbsverläufe haben als Männer, ein Problem. Das heißt, auf der einen Seite wurden zwar Kinderbetreuungszeiten im Pensions­system besser bewertet, auf der anderen Seite ist die Pensionsberechnung aber so erfolgt, dass sie zum Großteil dazu geführt hat, dass die Frauenpensionen gesunken sind und diese nicht nur kompensiert hat, sondern auch tatsächlich verschlechtert hat.


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Insgesamt, was den Arbeitsmarkt und ältere Arbeitnehmer betrifft, halte ich das für einen ganz wesentlichen Punkt, weil wir zwar immer Diskussionen über die Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters haben – bei den Frauen wird das ja jetzt auch angehoben –, sich aber niemand darüber Gedanken macht, wie es am Arbeitsmarkt eigentlich aussieht. Man kann es zwar gesetzlich anheben, aber am Arbeitsmarkt herrscht so eine Situation vor, dass immer mehr Ältere aus dem Arbeitsprozess ausscheiden müssen und auch aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden werden.

Ich meine, dass auch solche Modelle wie Altersteilzeit, Flexibilisierung im Bundes­dienst mit der Sabbatical-Regelung, wo man Zeiten ansparen kann, um sich dann früher eine Auszeit zu nehmen, Modelle sind, mit denen wir erstens länger im Erwerbs­leben bleiben können und zweitens älteren Arbeitnehmern mehr Flexibilität ermög­lichen. In der Privatwirtschaft wird das auch wichtig sein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Dar­mann, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, mit der Einführung des Kärntner Müttergeldes hat das Land Kärnten unter Lan­deshauptmann Dr. Jörg Haider wie schon in der Thematik des Kinderbetreuungsgeldes österreichweit eine sozialpolitische Vorreiterrolle eingenommen und einen familien-, wie frauenpolitischen Meilenstein gesetzt.

Werden Sie in Ihrer Rolle als Frauenministerin die bundesweite Einführung dieses BZÖ-Modells des Kärntner Müttergeldes unterstützen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Herr Abgeordneter, alle Untersuchungen, alle Statistiken zeigen uns, dass wir in Österreich, was die Familienförderung, was Familienleistungen finanzieller Art betrifft, im inter­nationalen und europäischen Spitzenfeld liegen.

Das heißt, wir haben ein ganz gut ausgebautes System, was das Finanzielle betrifft: Familienbeihilfen, Absetzbeträge, die steuerlich Berücksichtigung finden, et cetera. Was wir nicht haben – das zeigen auch alle europäischen Vergleiche –, sind Kinder­betreuungseinrichtungen. Das heißt, bei den Familienleistungen sind wir im Spitzen­feld, und bei den Kinderbetreuungseinrichtungen sind wir Schlusslicht. Kärnten gehört im Übrigen auch zu jenen Bundesländern, wo wir den Familien die geringste Anzahl an Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung stellen.

Ich würde sagen, wenn man Geld in die Hand nimmt, um den Familien wirklich zu helfen, dann sorgen wir endlich dafür, dass wir dieses Defizit an Kinderbetreuungs­einrichtungen in ganz Österreich und vor allem in Kärnten beseitigen! (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 5. Anfrage. – Frau Abgeord­nete Haubner, ich bitte um die Frage.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

22/M

„Werden Sie der bevorstehenden Novelle zum Kinderbetreuungsgeldgesetz im Minis­terrat Ihre Zustimmung erteilen, auch wenn die von Ihnen öffentlich kritisierte man­gelnde Flexibilität mitsamt den negativen finanziellen Auswirkungen für die Betroffenen im Wesentlichen unverändert bleiben?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 28

Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Ich werde einer Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes mit großer Freude zustim­men, weil das eine neue Form und eine Reform des Kinderbetreuungsgeldes betrifft, um das ich in den Koalitionsverhandlungen sehr gekämpft habe, und weil ich der Auffassung bin, dass sie eine ganz klare Verbesserung bringen wird, nämlich die Chance, schneller in den Beruf zurückzukehren, ohne – so wie das in der Vergan­genheit der Fall war – dass man Geld verliert.

Was ich schon sage, ist, dass wir uns die Zeit einer Begutachtung – Gesetze werden nicht durchgepeitscht, sondern gehen in die Begutachtung! – nehmen sollten, um uns noch anzusehen, ob man etwas noch besser machen kann.

Der Feind des Guten ist das Bessere. Daher wünsche ich mir, wie die Sozialpartner im Übrigen auch, noch mehr Flexibilisierung. Wir könnten noch einen Zwischenschritt machen. Ich wünsche mir aber vor allem auch für die AlleinerzieherInnen hier noch Verbes­serungen. Ich werde mit der zuständigen Ministerin Kdolsky, die da auch schon Bereitschaft signalisiert hat, Gespräche führen; wir sind ja laufend darüber im Gespräch. Die Veränderungen, die wir jetzt vornehmen – jedenfalls zum „Kindergeld alt“ –, sind ganz wichtige frauen- und familienpolitische Maßnahmen, die zu einer Verbesserung der Situation und zu einer Beseitigung jener Kritikpunkte, die auch aus der Evaluierung des „Kindergelds alt“ hervorgekommen sind, führen.

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Bundesministerin, ein weiterer wichtiger Schritt zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist die Streichung der Zuverdienst­grenze beim Kinderbetreuungsgeld, die vom BZÖ und vielen Familienorganisationen gefordert wird.

Meine Frage an Sie: Werden Sie sich als Frauenministerin dafür einsetzen, dass es zu dieser Streichung der Zuverdienstgrenze kommt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Wir werden bei der Zuverdienstgrenze eine Änderung vornehmen und sie auf 16 200 € jährlich anheben. Das bedeutet, dass man 1 200 € brutto im Monat dazuverdienen kann. – Ich rufe nur die Mindestlohn-Debatte in Erinnerung. Das heißt, es gibt viele Frauen, die damit eine Zuverdienstgrenze haben, mit der sie tatsächlich berufstätig sein können.

Ich bin nur der Auffassung, dass das Kinderbetreuungsgeld dazu da ist, damit Familien die Chance haben, sich der Betreuung ihrer Kinder zu widmen, damit sie gerade in den ersten Lebensjahren der Kinder diese so wichtige Beziehungsarbeit zwischen Kind und Eltern tatsächlich erfüllen können. Daher habe ich einen weiteren Vorschlag gemacht, nämlich den, die Zuverdienstgrenze anzuheben, damit das ein bisschen unbüro­kratischer ist, als es in der Vergangenheit der Fall war; auch für AlleinerzieherInnen – das ist eine massive Erhöhung, denn die durften früher gar nichts dazuverdienen, wenn sie den Zuschlag bekamen.

Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass man eine Arbeitszeitgrenze macht und die Arbeitszeit reduziert, unabhängig davon, wie viel man verdient. Das könnte auch ein Anreiz für Männer sein, wenn wir das Kindergeld trotzdem ermöglichen. Das sind alles Varianten, die nicht mehr kosten und den Familien mehr Wahlmöglichkeit und Chancen geben, das mit den eigenen Bedürfnissen und Notwendigkeiten abzustimmen. Ich glaube, das wäre ein ganz guter Vorschlag. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steibl.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement, bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Frau Minister! Die Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes stellt auch eine Lücke dar, weil die Geldleistung über der Standard-Regel um 1 000 € verringert und die im Kinderbetreu­ungsgeld inkludierte Versicherungsleistung zeitlich von 30 auf 15 Monate halbiert wird.

Frau Minister, wie werden Sie für AlleinerzieherInnen sorgen, die durch Wahl der sogenannten Kurzleistung nach 15 Monaten ohne Versicherung dastehen, weil sie zum Beispiel im ländlichen Raum keine Betreuungseinrichtung oder Tagesmutter für ein 15 Monate altes Kleinkind finden und deshalb keiner Arbeit nachgehen können? Wie wird also die zeitliche Halbierung der Versicherungsleistung von 30 auf 15 Monate abgegolten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Das Erste, das man sagen muss, ist, dass viele Frauen, bevor sie Kindergeld beziehen, bevor sie ein Kind bekommen, berufstätig sind. Der große Vorteil, der schon da ist, besteht darin, dass nach 15 Monaten noch immer der Kündigungsschutz gilt – im Unterschied zu den 30 Monaten. Das war ja das Problem! Daher haben auch viele Frauen den Weg zurück in den Beruf nicht gefunden. Das heißt, mit der neuen Regelung sind wir auch arbeitsrechtlich in der Zeit, in der Frauen noch kündigungs­geschützt sind, um wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren zu können.

Ich glaube, deshalb ist das auch im Einklang mit den arbeitsrechtlichen Bestimmungen so wichtig gewesen. Aber wenn Sie von den AlleinerzieherInnen mit 15 Monaten sprechen, möchte ich vielleicht noch Folgendes anknüpfen: Wenn es zwei Elternteile gibt und man die Chance hat, das Kind mit 800 € 18 Monate lang zu betreuen, dann möchte ich, dass AlleinerzieherInnen und ihre Kinder ebenfalls die Chance haben, das 18 Monate lang zu tun.

Daher bin ich der Auffassung, dass wir Kindern von AlleinerzieherInnen diese drei Monate nicht nehmen sollten. Daher glaube ich, dass es eine ganz wichtige Maß­nahme für Frauen wäre, die es ohnedies schwer im Leben haben – weil sie mit einem kleinen Kind allein sind –, und dass wir ihnen und vor allem den Kindern die drei Monate zusätzlich geben sollten. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Zwerschitz, bitte.

 


Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Frau Minister! Es ist europaweit nachge­wiesen, dass Sachleistungen wie Gratiskinderkrippen, Gratiskindergärten oder Ganz­tags­schulen für Familien wesentlich besser sind als das österreichische System des Bargeldauszahlens, mit dem die Familien diese Leistungen sehr teuer selbst zukaufen müssen. Wie wollen Sie die Kinderbetreuungsplätze, die Sie zu schaffen versprochen haben, finanzieren?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Das eine ist, dass wir in Österreich kein einheitliches System haben, was die Kosten der Kinderbetreuung betrifft, weil das Ländersache ist. Ich halte alle Modelle, die das einkommensabhängig, also sozial gestaffelt machen, für einen sehr fairen Zugang. Jene Menschen, die ein geringes Einkommen haben, sollen bis zu gar nichts für die Kinderbetreuung bezahlen, und jene Menschen, die ein hohes und gutes Einkommen


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haben, sollen einen entsprechenden Beitrag leisten. Das heißt, ich gehöre zu jenen, die für die soziale Staffelung bei den Kinderbetreuungskosten eintreten.

Was die Frage der Kosten des Ausbaus betrifft, ist es so, dass wir im Zuge der Finanz­ausgleichsverhandlungen die Gespräche führen müssen. Auch was die Frühförderung von Kindern betrifft, finde ich, dass es längst Zeit war, diese Diskussion zu führen. Endlich wird sie geführt, und man könnte versuchen, auch wenn es Verlagerungen in der Frühförderung und Lücken in der Kleinstkinderbetreuung gibt, hier einen Ausgleich zu finden.

Im Übrigen wissen wir alle, dass die Kinderbetreuung weder im Kindergartenalter noch mit dem sechsten Lebensjahr aufhört; wir brauchen für unsere Kinder auch Ganztags­schulen und Nachmittagsbetreuung an den Schulen. Ich bin sehr froh, dass Bundes­ministerin Schmied gesagt hat: ab September 10 Prozent mehr Nachmittagsbetreuung an den österreichischen Schulen. – Das sind zusätzlich 27 000 Betreuungsplätze am Nachmittag oder Ganztagsschulplätze, und das ist auch eine ganz wichtige Maß­nahme, weil die Betreuung von Kindern nicht ab deren sechstem Lebensjahr aufhört. Frau Bundesministerin Schmied wurde dem ganz konkret gerecht. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Krist, bitte.

 


Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzte Frau Bundesministerin! Welche Verbesserungen beim Kinderbetreuungsgesetz können Sie sich sonst noch vorstellen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Ein paar konnte ich im Zuge der Diskussion schon ansprechen. Das eine ist: keine Be­nach­teiligung von Kindern von AlleinerzieherInnen, die es ohnedies schwer genug haben. Ich schließe mich dem Vorschlag der Sozialpartner Österreichs an, eine zusätz­liche Flexibilisierung von 20 beziehungsweise 24 Monaten einzuführen. (Abg. Steibl: Aber es ist um die Kinderbetreuung gegangen!)

In den letzten Wochen habe ich auch viele Diskussionen mit Frauen geführt, die eben erst ein Kind bekommen haben, die in den nächsten Tagen und Wochen ein Kind erwarten und die mich immer fragen – sie finden das so toll, dass wir das Kindergeld jetzt flexibilisieren, und sie wollen auch früher in den Beruf zurückkehren –: Wird es Übergangsbestimmungen beim Kinderbetreuungsgeld geben? Werden wir auch die Chance haben, 800 € 15 Monate lang in Anspruch zu nehmen? – Ich glaube, auch da sollten wir Flexibilität zeigen und bei den Übergangsbestimmungen Möglichkeiten schaffen, dass all jene Frauen, die in den nächsten Tagen und Wochen ihr Kind erwarten, auch die Wahlmöglichkeit haben.

Ich bin überhaupt der Auffassung, dass wir für den Fall, dass sich eine Frau zum Beispiel bei der Geburt ihres Kindes für 30 Monate Kindergeldbezug entscheidet, sie dann aber – bekanntlich ändert sich im Leben vieles – ein paar Monate später womög­lich allein mit dem Kind dasteht und wieder in den Beruf zurückkehren möchte, die Möglichkeit schaffen sollten, rückzuoptieren. Wenn man sich einmal entschieden hat, das Leben einem dann aber anders mitspielt, als man geplant hat, sollte die Politik so großzügig sein, eine flexible Regelung für die Familien zu finden. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Steibl, bitte.

 


Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Frau Bundesministerin! Während des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes ist eine kompetente Beratung in Hinblick auf den Wiederein­stieg ins Berufsleben besonders wichtig. Wie werden jene Organisationen und Initia-


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tiven, die den Frauen beim Wiedereinstieg ins Berufsleben und auch in Richtung Selbständigkeit beratend und helfend zur Seite stehen, aus Ihrem Ressort unterstützt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst Doris Bures: Wir haben die Wiedereinstiegsschwierigkeiten für Frauen ja vor allem auf Grund der langen Dauer des Kindergeldbezugs. Das heißt, das große Problem hat es dann gegeben, wenn Frauen nach 30 Monaten wieder in den Beruf zurückkehren wollten; auch des­halb, weil sie gar keinen Kündigungsschutz mehr hatten, dieser endet ja mit Vollen­dung des zweiten Lebensjahres des Kindes.

Nichtsdestotrotz bin ich der Auffassung, dass es ganz wichtig ist, dass wir ganz massive Anstrengungen unternehmen, Frauen nach Auszeiten oder Kinderbetreuungs­zeiten wieder in den Beruf zurückzuhelfen. Wir haben die Arbeitsmarktförderung, die dafür zuständig ist, um zusätzliche 200 Millionen aufgestockt; also insgesamt stehen für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen 800 Millionen € zur Verfügung. Das ist im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit ganz wichtiges Geld, und ich habe dafür gesorgt, dass die Hälfte davon für Fraueninitiativen, für Qualifizierung und Wiedereinstieg ver­wendet wird, weil ich der Auffassung bin, dass es auch bei der Verteilung der Mittel Gerechtigkeit geben muss und wir den Frauen die Chance geben müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die 60 Minuten der Fragestunde sind abge­laufen. Ich bedanke mich bei Frau Bundesministerin Bures. Die Fragestunde ist somit beendet.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilungen gemacht: Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer wird durch Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer vertreten.

Ferner gebe ich die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt:

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied wird vormittags durch Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz Dr. Erwin Buchinger vertreten, dieser anschließend durch Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied.

10.03.35Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 808/AB bis 813/AB.

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:


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Finanzausschuss:

Antrag 266/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Beseitigung nachteiliger Bestimmungen für geringfügig Beschäftigte;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (158 d.B.);

Justizausschuss:

Zusatzprotokoll gegen die Schlepperei von Migranten auf dem Land-, See- und Luftweg zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (170 d.B.),

Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2007 – GesRÄG 2007 (171 d.B.),

Schuldenberatungs-Novelle – Schu-Nov (172 d.B.);

Umweltausschuss:

Antrag 265/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pilotprojekt für Energieautonomie;

Verfassungsausschuss:

Antrag 262/A der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXIII. Gesetzgebungsperiode des National­rates vorzeitig beendet wird,

Antrag 263/A der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksgruppengesetz geändert wird;

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen für Dampf­kessel, Druckbehälter, Versandbehälter und Rohrleitungen (Kesselgesetz) geändert wird (148 d.B.),

Antrag 260/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechnungslegungsvorschriften für die Lebensmittelnahversorgung,

Antrag 261/A(E) der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend grenzüberschreitende Handwerksdienstleistungen,

Antrag 267/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Liberalisierung bzw. Ausverkauf der Wasserrechte Österreichs im Rahmen der durch WTO/GATS verursachten EU-Dienstleistungsrichtlinie.

*****

Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Herr Abgeordneter Klubobmann Ing. Westenthaler beantragt hat, dem Verfas­sungs­ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 262/A der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXIII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird, eine Frist bis 19. September 2007 zu setzen.


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Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durch­zuführen.

Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss der Debatte durch­geführt.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 bis 6, 7 und 8, 11 bis 13 sowie 14 bis 17 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen somit in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 131 Minuten, Grüne und Freiheitliche 108 Minuten sowie BZÖ 63 Minuten.

Darüber hinaus wurde für die Zeit der ORF-Übertragung von zirka 10.10 Uhr bis 13 Uhr folgende Redeordnung vereinbart:

1. Runde: Grüne, SPÖ, FPÖ, ÖVP, BZÖ, Bundesminister Darabos 8 Minuten;

2. Runde: Grüne, SPÖ, FPÖ, ÖVP, BZÖ;

3. Runde: SPÖ, ÖVP;

4. Runde: SPÖ, ÖVP, BZÖ;

5. Runde: SPÖ, ÖVP, Bundesminister Darabos 2 Minuten;

6. Runde: Grüne, SPÖ, FPÖ, ÖVP, BZÖ.

Die Fraktionsredezeit beträgt maximal 30 Minuten. Falls sich Bundesminister Darabos nicht zu Wort meldet, verlängert sich die Redezeit pro Fraktion auf 32 Minuten.

Sollte sich vor der sechsten Runde herausstellen, dass bis 13 Uhr mehr Redezeit zur Verfügung steht, als ursprünglich angenommen wurde, wird die Gesamtredezeit pro Fraktion gleichmäßig entsprechend erhöht. Kein Mandatar darf bei einer Wortmeldung länger als 15 Minuten reden. Nach der Fernsehzeit wird die Debatte in der üblichen Form – contra/pro – fortgesetzt. Allfällige tatsächliche Berichtigungen werden nach der Fernsehzeit aufgerufen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


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10.06.591. Punkt

Bericht des Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Beschaffung von Kampf­flugzeugen (1/GO XXIII. GP) (192 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr.  Pilz. 15 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


10.07.25

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie schon im Ausschuss möchte ich eingangs den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hauses meinen herzlichen Dank abstatten. Es ist keine Selbstver­ständlichkeit, dass es angesichts der – sagen wir einmal – sehr sparsamen personellen Ausstattung dieses Hauses, insbesondere im Bereich des Stenographischen Proto­kolls, möglich war, diese Arbeiten in dieser Qualität zu leisten. Das ist auch ein wesentlicher Hinweis darauf, wie SPÖ und ÖVP in der Vergangenheit bis heute darüber gedacht haben, wie Untersuchungsausschüsse zu werten sind und wie hoch die Wahrscheinlichkeit von Untersuchungsausschüssen ist. – Das ist meine erste Bemer­kung.

Dieses Parlament war von den Ressourcen her schlicht und einfach nicht auf den „Betriebsunfall“ Untersuchungsausschüsse vorbereitet. Es ist passiert, weil es die einmalige Situation gegeben hat, dass es die eine Regierung de facto nicht mehr und die andere noch nicht gegeben hat.

Ich fasse als Erstes zusammen: Das österreichische Parlament hat diesen „Betriebs­unfall“ zweier Regierungskoalitionen genützt. Ich berichte heute von einer erfolgreichen Arbeit eines starken Untersuchungsausschusses, der gezeigt hat, wie wichtig Parla­ment sein kann und wie gut parlamentarische Kontrolle funktionieren kann (Zwischen­ruf bei der ÖVP) – danke für den Zwischenruf von Seiten der ÖVP –, trotz der Österreichischen Volkspartei! (Beifall bei den Grünen und der FPÖ.)

Mein Dank gilt selbstverständlich auch den Abgeordneten – und ich schließe aus­drücklich die Abgeordneten der SPÖ mit ein. Es war nicht Wille der Abgeordneten der SPÖ, den Untersuchungsausschuss mit diesem Ergebnis zu einem Ende zu bringen. Wir alle wissen, dass die Abgeordneten der SPÖ, die sich mit uns um Aufklärung bemüht haben, in einem Maße von ihrer Parteiführung politisch desavouiert worden sind, mit dem wir und auch die Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion nicht gerechnet haben. (Beifall bei den Grünen.)

Aber warum – und das war die Schlüsselfrage des Ausschusses, die uns von Anfang an begleitet hat! – stellt, von der parlamentarischen Untersuchung zurückblickend bis zu den ersten Entscheidungen, die damalige Kanzlerpartei ÖVP die Interessen eines deutschen Luftfahrt- und Militärkonzerns über die Interessen der Republik Österreich? (Abg. Murauer: Falsch! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das war die zentrale Frage, die uns begleitet hat! Warum gibt es einen Bundeskanzler, der bereit ist, trotz einer völlig anderen Regierungserklärung mehr als 4 Milliarden € für ein Gerät zu ver­schleudern, dass in diesem Umfang und mit diesen Eigenschaften in der Republik Österreich mit Sicherheit nicht gebraucht wird?


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Und da kommen wir zu der ersten Erkenntnis des Untersuchungsausschusses: Es war die Verantwortung von Verteidigungsminister Herbert Scheibner und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, nicht, wie es im Regierungsübereinkommen steht, eine sparsame Nachbeschaffung von Luftraumüberwachungsflugzeugen anzustreben, sondern 30 mo­der­ne und neue Jagdbomber mit einer Zweitrolle zu kaufen. Und diesbezüglich steht in den Akten, in die wir Einblick nehmen durften: Zweitrolle: Luftangriff.

Wo bei der österreichischen Luftraumüberwachung geht es um einen Luftangriff? (Abg. Scheibner: Das habe ich Ihnen schon erklärt!) Wo bei der österreichischen Luftraum­überwachung geht es um die Aufgabe, flächendeckend – und ich zitiere aus den Akten – bombardieren zu können? – Da ist die militärische Großmannsucht von Personen aus dem Kommando der Luftstreitkräfte in die Politik übergeflossen und hat die Unterstützung vom damaligen Verteidigungsminister Scheibner und vom damaligen Bundeskanzler Schüssel gefunden. (Abg. Scheibner: Zu Recht!) – Das war die erste wesentliche Erkenntnis!

Damals ist es passiert. Wir wissen heute auf Grund der Ersatzlösungen, dass eine komplette österreichische Luftraumüberwachung um etwa 16 Millionen € pro Jahr zu haben ist. (Abg. Scheibner: Das ist falsch!) Dass diese in Zukunft mindestens 200 Mil­lionen € pro Jahr kosten wird, ist nicht nur dem Ungeschick, der Nachlässigkeit und der Fahrlässigkeit des amtierenden Verteidigungsministers, sondern vor allem den politi­schen Weichenstellungen von Alt-Bundeskanzler Schüssel und Alt-Verteidigungs­minister Scheibner zu verdanken. (Beifall bei den Grünen.)

Die zweite Frage, die uns bewegt hat, war: Warum ist dann für das teuerste Flugzeug entschieden worden? Es hätte ja sogar noch billigere Jagdbomber gegeben. Warum musste es der mit Abstand teuerste Jagdbomber sein? (Abg. Dipl.-Ing. Missethon: Weil er der beste ist!) Die Antwort darauf haben uns vom Altbundeskanzler Schüssel bis zu den Militärs viele Auskunftspersonen fast gleichlautend gegeben: Weil beim Kanzlerfrühstück am 2. Juli 2002 etwas Erstaunliches passiert ist, nämlich: Da geht der damalige Verteidigungsminister Scheibner zum Kanzlerfrühstück und sagt: Kaufen wir den Gripen, der ist im Betrieb um 1 Milliarde € billiger als der Eurofighter und in der Anschaffung um einige 100 Millionen €! (Abg. Rädler: Märchenstunde!) Nach einer Diskussion steht der damalige Finanzminister Mag. Grasser auf und sagt: Nein, nehmen wir den Eurofighter! Ich zahle es aus der eigenen Tasche, ich zahle die Mehrkosten, ich, der Finanzminister, lege 1 Milliarde € bei den Betriebskosten und ein paar 100 Millionen € bei den Anschaffungskosten drauf, ich kann das als Finanz­minister ohne weiteres verantworten, denn es ist ja schließlich nicht mein Geld! – Und damit war die politische Entscheidung gefallen. (Abg. Hornek: Unsinn!)

Und damit gab es eine Gruppe, die etwas getan hat, was vollkommen unverständlich ist und weder wirtschaftspolitisch noch sicherheitspolitisch noch budgetpolitisch erklär­bar ist: Wo auf der Welt gibt es einen Finanzminister, der einen Verteidigungsminister bei der Typenentscheidung overruled und sagt: Ich stimme nur dann zu und gebe meine Blockade gegen die Entscheidung auf, wenn das teuerste Flugzeug genommen wird! – Das ist der erstaunlichste Finanzminister zumindest Mitteleuropas! Und das ist vom Ausschuss dementsprechend gewürdigt worden.

Es gibt Hinweise, was passiert ist: Es hat nicht nur Interventionen von seltsamen und etwas anrüchigen Rüstungslobbyisten gegeben, sondern es hat auch Interventionen der Firma MAGNA gegeben. Und es hat später auch Belohnungen durch die Firma MAGNA gegeben. (Abg. Gahr: Märchenerzähler!) Und es hat ständig Termine bei Ministern und bei der Vizekanzlerin gegeben. Ständig ist darauf hingewiesen worden, dass es um die Lebensinteressen der österreichischen Automobilindustrie geht. Und schließlich haben sich die Lebensinteressen der österreichischen Automobilindustrie durchgesetzt. Lebensinteresse der Automobilindustrie war es, Eurofighter zu beschaf-


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fen. – Finanzminister Grasser war ein würdiger Vertreter der Lebensinteressen der österreichischen Automobilindustrie.

Dann haben die Vertragsverhandlungen begonnen – und bis zu den jüngsten Erfah­run­gen mit Verteidigungsminister Darabos war ich lange der Meinung: Einen schwäche­ren Verhandler als den damaligen Verteidigungsminister Günther Platter hat diese Re­publik seit vielen, vielen Jahren nicht gesehen!

Es war abenteuerlich, wie da verhandelt worden ist. Es war abenteuerlich, wie da auf die wesentlichen Rechte der Republik verzichtet worden ist: Einredeverzicht, Schaden­ersatz, und, und, und. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das Parlament ist mit fiktiven Zahlungsvarianten getäuscht worden, die nie ernst genommen wurden. Falsche Zahlen sind uns genannt worden. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dem Plenum des Nationalrates sind falsche Zahlen zum Budgetbegleitgesetz vorgelegt worden. Das haben uns nicht nur die Beamten des Finanzministeriums bestätigt, sondern auch der Rechnungshof. Sie finden das nicht nur in den Berichten des Untersuchungsausschusses, sondern auch in den Berichten des österreichischen Rechnungshofes. (Beifall bei den Grünen.)

Dann begann das letzte Kapitel: die Gegengeschäfte. – Die Gegengeschäfte fanden ihren Höhepunkt darin, dass für Eurofighter eine Werbetour der Österreichischen Bun­deswirtschaftskammer, die dafür 35 000 € an Kammergeldern ausgegeben hat, mit 3 Millionen € als Gegengeschäft angerechnet worden ist. Ein bankrottes spanisches Unternehmen ist von einem österreichischen Unternehmen um 100 000 € gekauft worden. Kein einziger Arbeitsplatz in Österreich wird dadurch geschaffen! Wert des Gegengeschäftes: 17 Millionen €. – So schauen Luftgegengeschäfte aus! Jedes dieser Luftgegengeschäfte hat eine Bestätigung, und unter dieser Bestätigung steht: Dr. Martin Bartenstein, Wirtschaftsminister.

Ist das die ganze wirtschaftliche Kompetenz von Dr. Martin Bartenstein, dass er Persil­scheine für Luftgeschäfte ausstellt? Kann er nicht mehr? Will er nicht mehr? Oder durfte er nicht mehr? (Abg. Gahr: Waren Sie auch im Ausschuss?) Das ist die Frage, die an einen Wirtschaftsminister, dem bisher leichtfertig Wirtschaftskompetenz unter­stellt worden ist, mit Sicherheit zu richten ist!

Wir haben vieles schon vorher geahnt – und im Laufe der Untersuchungen haben wir es zutage gefördert und durch Akten und durch Aussagen belegt. Was wir aber nicht gewusst haben, ist alles, was im Hintergrund passiert ist. Was wir nicht gewusst haben, war das erstaunliche Geflecht von sogenannten Rüstungslobbyisten, EADS-Repräsentanten, führenden Militärs und ihren Kontakten in die Politik hinein! Was wir nicht gewusst haben, war, mit wie wenig Geld eine Typenentscheidung beeinflussbar ist! Wir haben nachgewiesen – gesichert nachgewiesen! (Abg. Murauer: Wer ist „wir“?) –, dass die Leiter von Unterkommissionen, insbesondere der Kommandant der Luftstreitkräfte, die Bewertung manipuliert haben, Punkte falsch vergeben haben (anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP) und bei einem korrekten Vergeben der Punkte der Eurofighter in keiner einzigen Variante vorne gewesen wäre.

Unzulässige Interventionen von hohen Militärs, mit engen, zum Teil verwandt­schaftlichen und vor der militärischen Führung verheimlichten Beziehungen zu Rüs­tungs­lobbyisten haben die Entscheidung manipuliert! Ohne diese Militärs, aber auch ohne Politiker von Schlage Wolfgang Schüssel und Karl Heinz Grasser wäre es niemals möglich gewesen, Österreich in dieses finanzielle und sicherheitspolitische Desaster zu führen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Aber wir haben eine weitere Erfahrung gemacht: In diesem Vertrag hat es etwas gege­ben, was die Republik noch nie gehabt hat, nämlich ein Instrument zur Korruptions-


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abwehr, die sogenannten Verhaltensregeln. Ein Rechtsanwalt und ein Universitäts­professor sind von einem Sektionschef des Finanzministeriums, der dann später vom Finanzminister vom Dienst suspendiert worden ist, beauftragt worden, Antikor­ruptionsregeln in den Vertrag einzubauen. Und wir haben festgestellt: Diese Regeln funktionieren!

Wir sind oft nach der „rauchenden Pistole“ gefragt worden. Ja, der Untersuchungs­ausschuss – und das bestätigen die drei Gutachter des Ausschusses – hat die sogenannte „rauchende Pistole“ gefunden. (Abg. Hornek: Wo? – Abg. Murauer: Die „rauchende Pistole“ ist in Ihrer Phantasie entstanden! Viel Rauch und kein Feuer!) Alle Merkmale der Antikorruptionsbestimmungen sind nach Angaben und Bestätigung und genauer Untersuchung der Gutachter erfüllt. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Gutachter sagen dem österreichischen Nationalrat, der sie beauftragt hat: Der Rücktritt vom Vertrag ist gerechtfertigt! Alle Voraussetzungen dafür sind erfüllt! Die Vorteile überwiegen bei weitem die Risken des Ausstiegs! Und es besteht sogar eine verfassungsmäßige Verpflichtung für den Minister! (Abg. Ing. Westenthaler: Nicht einmal eine Spritzpistole haben Sie gefunden, geschweige denn einen rauchenden Colt!)

Und in dem Moment, wo das passiert, kippt die SPÖ um, in dem Moment fällt sie um. In dem Moment, kurz vor dem Erfolg des Untersuchungsausschusses, nicht nur alles dokumentiert und belegt zu haben, sondern sogar den Rücktrittsgrund zu liefern, kippt die SPÖ um, fällt die SPÖ um – und legt einen Bericht gemeinsam mit der ÖVP vor, wo 30 von 38 Seiten nur die Aufzählung der Namen von Auskunftspersonen enthalten.

Haben Sie nicht mehr zu berichten? – Eineinhalb Zeilen beträgt der gemeinsame Bericht der Koalition! Mehr an gemeinsamem politischen Nenner haben Sie nicht. Und das zeigt sich nicht nur in der Causa Eurofighter!

Sie von der SPÖ werden uns erklären müssen, warum Sie umgefallen sind? Sie werden uns erklären müssen, Herr Bundesminister Darabos, warum Sie die Interessen der Republik dermaßen vernachlässigt haben, warum Sie eine Woche zu früh kapitu­liert haben, statt die Gutachten abzuwarten und jetzt in aller Form vom Vertrag zurück­zutreten und Hunderte Millionen zusätzlich für die Republik Österreich einzusparen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Da gibt es einen prachtvollen Vorschlag – ich zitiere –:

Schaut man nach, was in der Wahlauseinandersetzung versprochen und dann gebrochen wurde: Frühpensionsalter, Nein zur Steuer- und Gebührenerhöhung und so weiter, so wäre ein Untersuchungsausschuss zu Wahlkampflügen in Österreich sehr ergiebig. Die Regierung verhindert dies aber mit ihrer Parlamentsmehrheit. – Zitatende.

Das hat Dr. Alfred Gusenbauer am 13. März 2003 erklärt und gefordert: einen Unter­suchungsausschuss zur Untersuchung von Wahlkampflügen!

Nie war dieser Vorschlag so berechtigt wie heute. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Nie war es so klar, dass es wichtig ist, zu untersuchen, warum aus der SPÖ innerhalb kürzester Zeit eine Partei geworden ist, die bis zu dreimal pro Tag umfällt! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Gib mir meine Sandkiste zurück!)

Mein Schlusswort lautet (Rufe bei der ÖVP: Aus!): Es gibt Hoffnung, und es gibt etwas Positives zu vermelden: Ein Erfolg der letzten Wochen ist, dass die SPÖ kein Wahl­versprechen mehr brechen kann, weil es schlicht und einfach keines mehr gibt! – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.22



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Kräuter. 8 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


10.23.06

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Warum hat es keinen rot-grün-blauen Bericht gegeben? (Abg. Mag. Kukacka: Weil die SPÖ umgefallen ist!) – Diesen kecken Zwischenruf werden Sie jetzt gleich bereuen, denn wer hat denn in der letzten Minute parallel zu den Berichtsverhandlungen einen Misstrauensantrag gegen die SPÖ angekündigt? Wer war denn das? – Das waren die FPÖ und die Grünen!

Jetzt frage ich Sie: Was ist denn das für eine Allianz: einerseits sollen wir einen Bericht unterstützen, und andererseits wird das schwerste parlamentarische Geschütz in Stel­lung gebracht? (Abg. Strache: Weil der Minister Parlamentsbeschlüsse nicht ernst nimmt!) Wie stellen Sie sich das vor, Herr Strache: eine gemeinsame Abstimmung und als Krönung dann noch ein Misstrauensantrag im Parlament?! (Abg. Ing. Westen­thaler: Eine „erfolgreiche“ Allianz! Ich gratuliere!)

Ich sage Ihnen etwas, meine Damen und Herren von Grün und Blau: Ich kenne kein weiteres Beispiel für eine solch absurde Taktik! In Wahrheit haben Sie einen politisch-taktischen Kapitalfehler gemacht, und dafür haben Sie selbst die Verantwortung! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, was das Gutachten betrifft: Die SPÖ ist nicht der Auffassung des Duos Pilz und Stadler, dass das ein Ausstiegsauftrag ist. Wie schaut die entscheidende Passage im Gutachten des Ausschusses aus – ich zitiere –:

„Würde die Republik den Rücktritt erklären, ist ein langwieriger gerichtlicher Rechts­streit absehbar, in welchem die Republik auch ein nicht zu vernachlässigendes Pro­zessrisiko zu tragen hätte.“ Ehrlich gesagt, eine „rauchende Pistole“ ist das nicht!

Viel deutlicher ist noch das Gutachten von Herrn Professor Koziol, der sagt – ich zitiere –:

„Es kann sicherlich nicht behauptet werden, dass eine Auflösung problemlos zum Nulltarif möglich wäre und dass die Folgen einer allfälligen Auflösung noch wirt­schaftlich sinnvoll wären.“

Daher empfiehlt Professor Koziol einen Vergleich.

Meine Damen und Herren, nun zu allen Verschwörungstheorien, im Finale des Untersuchungsausschusses keine dunklen Mächte: Jetzt einmal ehrlich, ich müsste ja meschugge sein, für die SPÖ einen Bericht mit Blau und Grün zu unterschreiben, mit jenen Parteien, die zeitgleich einen Misstrauensantrag gegen einen Bundesminister einbringen, der für die Bevölkerung 400 Millionen € gespart hat! Das versteht ja wirklich niemand. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe sowie ironische Heiterkeit bei den Grünen und der FPÖ.)

Ich sage Ihnen noch etwas: Ich habe Rechtswissenschaften studiert und kann Gut­achten interpretieren (neuerliche ironische Heiterkeit sowie Zwischenrufe bei den Grünen und der FPÖ): Ein Prozess gegen EADS und Eurofighter, das ist Hasard, meine Damen und Herren! Für die Opposition ist das lustig, die sagt: Wenn das nach zwei Jahren schiefgeht, so ein Pech! Kümmern wir uns jetzt um andere Themen! Aber die Regierung, der Minister tragen Verantwortung. Kann Minister Darabos mit Milliarden Steuergeld einfach gamblen? 

Noch etwas: Selbst wenn die Grünen couragiert genug gewesen wären, Herr Klub­obmann Van der Bellen, eine SPÖ-Minderheitsregierung zu unterstützen, wir stünden ganz genau vor derselben Situation: Ein Totalausstieg ist nicht möglich! (Abg.


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Öllinger: Ihr wäret umgefallen! – Abg. Dr. Van der Bellen: Das gleiche Debakel wäre dagewesen!)

Weil der Herr Dr. Pilz gesagt hat, die Parteiführung hätte den Untersuchungsaus­schuss desavouiert, sage ich Ihnen Folgendes: Herr Dr. Gusenbauer hat den Ausschuss in diesem Zusammenhang unterstützt. Das war das einzige Mal, wo ich mit dem Herrn Dr. Gusenbauer über den Ausschuss gesprochen habe. Er hat mir Unterstützung zugesagt, dem Parlament diese Sache (der Redner hält einen geschwärzten Akt in die Höhe) zu klären. Das war erfolgreich! (Abgeordnete von der FPÖ halten Kopien eines SPÖ-Plakates mit der Aufschrift „Hier fliegt Ihre Pen­sionserhöhung!“ über der Abbildung eines Eurofighters in die Höhe.)

Wir haben die Akten letztlich ungeschwärzt bekommen. Alles weiß Dr. Pilz auch nicht, aber er kann sich ja bei nächster Gelegenheit beim Dr. Gusenbauer für diese sehr wichtige Unterstützung bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bedanke mich bei Verteidigungsminister Darabos, denn seine Behörden haben sofort reagiert, was die Suspendierung von Airchief Wolf betrifft, als die Zahlung von Steininger an Wolf bekannt wurde. Da gibt es gleich fünf Varianten: Zuerst hat es geheißen, er selbst habe sich um das Geld gekümmert. Dann war es eine Antrags­rechnung. Dann war es eine Vorauszahlung für eine Flugshow. Dann war es ein „Unter-die Arme-Greifen“ einer Freundin. Dann war es eine Vorauszahlung für eine Steuererklärung eines Pensionisten.

Gott sei Dank war Minister Darabos der Minister, weil der Minister Platter hat ja noch im Jänner 2007 gesagt – und das muss man auf der Zunge zergehen lassen –: Ich stehe unmissverständlich voll und ganz hinter Generalmajor Erich Wolf und weise die Vorwürfe gegen ihn auf das Schärfste zurück! Wolf genießt mein volles Vertrauen!, so Platter. – Also, da bin ich wirklich froh, dass Minister Darabos das geklärt hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Gehen wir in die Tiefe! Drei Punkte kann man der vorhergegangenen Regierung nicht ersparen, den Hauptverantwortlichen für das Gesamte – ich rede jetzt gar nicht von der Wirtschaftsplattform, Herr Dr. Schüssel, denn es ist allgemein bekannt, dass keine Wirtschaftsplattform die Eurofighter finanziert hat, sondern dass das die Steuerzahler tun müssen –, und da muss man fragen: Was hat denn die vorhergegangene Regierung eigentlich gekauft, meine Damen und Herren? – Tranche-II-Flugzeuge.

Es ist ja wirklich interessant: Es sagt nämlich der Eurofighter-Konzernsprecher Hoeveler in einem Interview:

Das sind Fluggeräte, die Österreich nicht benötigt! Das alles ist eher gedacht für Luft-/Bodenaufgaben! – Zitatende.

Das heißt, der erste Vorwurf stimmt: Es wurde ein Flugzeug gekauft, das Österreich nicht benötigt! (Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Wie sich das Ganze abgespielt hat, ist ganz kurz vor Ende des Untersuchungs­ausschusses noch bekannt geworden aus einem Papier, wo es heißt: Die wahren Kosten der Gesamtbeschaffung werden vor der Bevölkerung verschleiert! – Das ist der zweite Vorwurf! (Abg. Scheibner: Wer war das, der dieses Argument gebracht hat?)

Erster Vorwurf: Es wurde ein Flugzeug gekauft, das wir nicht brauchen!

Zweiter Vorwurf: Die Gesamtkosten wurden verschleiert.

Meine Damen und Herren, so ein Vertrag darf nie wieder seitens der Republik Österreich abgeschlossen werden! Das ist eine einzige Katastrophe! Man muss sich das einmal vorstellen: Bei all diesen Machenschaften, die aufgedeckt werden konnten,


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kann man trotzdem aus diesem Vertrag nicht aussteigen! – Das ist wirklich das ganz große Problem dieser Entscheidung der vorhergegangenen Bundesregierung! (Abg. Murauer: ... diese Machenschaften?)

Meine Damen und Herren! Wir haben sehr viele Reformvorstellungen, viele auch übereinstimmend. Ich finde es übrigens von der Opposition nicht besonders intelligent, die vereinbarten Reformen, was das Vergabeverfahren betrifft, was die Verfahrens­ordnung und den Rechnungshof betrifft, nicht mitzutragen, denn so kommen wir nicht weiter. Und ich betone: Für uns, die SPÖ, ist es besonders wichtig, dass die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen in Zukunft ein Minderheitsrecht wird!

Ich möchte mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Parlament bedan­ken für ihre großartige Arbeit, aber auch bei den Damen und Herren von den Medien: Sie haben uns da viele, viele Stunden begleitet. Beispielsweise Herr Simonitsch – ich habe ihn schon erblickt – war über 300 Stunden im Untersuchungsausschuss anwe­send! Und sein Resümee in einem Leitartikel ist klar: „Der Jet-Ausschuss war nützlich und sogar ein gutes Geschäft“.

Und in der Tat, meine Damen und Herren: 6 Milliarden Schilling haben damals die Draken gekostet – und exakt diese Summe spart jetzt unser Verteidigungsminister ein. (Beifall bei der SPÖ.)

Das wäre ohne diesen Untersuchungsausschuss nicht möglich gewesen! (Abg. Grillitsch: Kräuter, jetzt musst du aber erklären, warum wir ausgestiegen sind!) Und vielleicht wäre das ein versöhnlicher Abschluss: Wir sollten uns alle gemeinsam über diesen Erfolg freuen! – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Strache zu Wort. 12 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.30.52

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Ruf bei der ÖVP: Waren Sie einmal im Ausschuss?) „Hier fliegt Ihre Pensionserhöhung!“ – Es können sich alle Wähler noch erinnern an dieses „wunderschöne“ Inserat der Sozial­demokraten (der Redner hält einen Ausdruck dieses Inserats in die Höhe), das auch im Zuge des Wahlkampfs zum Besten gegeben wurde. – Sie können sich erinnern? Ich hoffe! – Sie haben die Wähler ganz bewusst getäuscht, und das kommt heute zum Vorschein.

„My name is Gusenbauer, Alfred Gusenbauer!“, hat gestern der Herr Bundeskanzler zum Besten gegeben und hat damit offenbar versucht, auf James Bond zu spielen. (Heiterkeit bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.) Das hat gestern im Rahmen der Präsentation der Olympiabewerbung Salzburgs wirklich auch für Kopfschütteln gesorgt. Man hat gemerkt, er ist die Doppelnull-Nummer. – Doppelnull-Nummer, Doppelnull-Agent, das ist sicherlich das Ergebnis, das man heute feststellen kann. Und er hat wahrscheinlich auch eines mit dem James Bond wirklich gemeinsam, nämlich dass er einen Vorgesetzten namens „M.“ vorfindet. Und der Vorgesetzte namens „M.“ kann nur Molterer heißen. (Beifall bei der FPÖ.) Das kann man bei Ihren Verhaltensmustern, die Sie auch hier in diesem Hohen Haus tagtäglich leben, festmachen und muss man leider Gottes feststellen.

Aber lassen wir ein paar Highlights Revue passieren! Und bevor ein paar Highlights des Eurofighter-Untersuchungsausschusses und der gesamten Entwicklung zum Bes­ten gegeben werden, möchten wir Freiheitlichen für uns deutlich festmachen, dass wir als Freiheitliche Partei zu Recht die Sicherheitspartei Österreichs sind (Abg. Murauer:


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... die Sicht derjenigen, die nicht dabei waren!), weil wir ja zur Luftraumüberwachung sagen, aber auch ja zur Sicherheit auf dem Boden, die Sie – nämlich von der Öster­reichischen Volkspartei und von den Sozialdemokraten – heute ernsthaft gefährden bei einem Verteidigungsbudget von 0,66 Prozent BIP-Anteil, und in Wirklichkeit wird heute das Bundesheer durch Ihre Budgetpolitik in den Konkurs getrieben! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kößl: Du kannst mit dem Pilz Hand in Hand gehen!)

Sie wollen in der gesamten Sicherheitspolitik nur Einsparungsmaßnahmen setzen – gingen aber andererseits her und wollten unbedingt das teuerste Produkt für die Luft­raumüberwachung, einen „Luft-Ferrari“ anschaffen!

Wenn wir uns die Highlights ansehen, so wissen wir ja bis heute nicht, was am 2. Juli 2002, als die Entscheidung für den Eurofighter als Draken-Nachfolger gefallen ist, im Ministerrat damals besprochen wurde. (Abg. Murauer: Hat Ihnen das der Stadler zusammengeschrieben? Denn Sie waren ja nicht im Ausschuss!) – Da brauchen Sie vielleicht einen Schreiberling, weil Sie selbst nicht dazu imstande sind. Da schließen Sie von sich auf andere, Herr Kollege!

Lassen wir Revue passieren, dass damals, vor dieser Entscheidung, der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser permanent in allen Interviews zum Besten gegeben hat, niemals diese teure Entscheidung zu treffen – niemals kommt für ihn das in Frage! –, und dann auf einmal von der teuersten Variante hingerissen war! Auf einmal war er hingerissen von der teuersten Variante, die der damalige Bundeskanzler und heutige Altbundeskanzler Wolfgang Schüssel beziffert hat, für 24 Jets, mit Kosten in der Höhe von 1,7 Milliarden €. 1,7 Milliarden € waren damals die erstgenannten Kosten für 24 Jets. (Abg. Dr. Schüssel: Ohne Finanzierung!)

Es hat dann im August, wie wir wissen, die Hochwasserkatastrophe gegeben, wo es dann eine Reduktion von 24 auf 18 Jets gab. Und es war interessanterweise so, dass die Kosten, die dann in der Öffentlichkeit genannt worden sind, auf einmal für 18 Jets höher waren als für 24! (Abg. Dr. Schüssel: Sie können nicht ohne Finanzierung mit mit Finanzierung vergleichen!) Auf einmal, am 16. Mai 2003, wurde dann in der Öffent­lichkeit von der damaligen Bundesregierung von 1,9 Milliarden € an Kosten ge­sprochen. – Das war offenbar die erste „Einsparungsmaßnahme“, die wir in diesem Fall erleben konnten. (Abg. Dr. Schüssel: Das ist mit Finanzierung – das andere war ohne Finanzierung!) – Sehr zu hinterfragen und eigenartig!

Man hat nunmehr seitens des Verteidigungsministers den Fehler gemacht, unter Miss­achtung des Parlamentsauftrages, einfach einen Mehrheitsbeschluss des Parlaments zu negieren, einen Mehrheitsbeschluss, mit dem wir einen Auftrag, einen klaren Auftrag gegeben haben, der hätte umgesetzt werden müssen, denn Sie sind Vollzugs­organ, Herr Minister, Sie haben Mehrheitsbeschlüsse dieses Hohen Hauses umzu­setzen. Und wir erinnern uns alle an den Antrag – mit den Stimmen von SPÖ, Grünen und FPÖ beschlossen –, und zwar vom 30. Oktober 2006, der wie folgt gelautet hat – ich zitiere –:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ... den Beschaffungsvorgang jedenfalls so lange zu unterbrechen, bis der Bericht des parlamentarischen Eurofighter-Unter­suchungs­ausschusses dem Nationalrat vorliegt. Dazu sind insbesondere alle laufen­den Vertragsverhandlungen mit der Eurofighter GmbH ... zu unterbrechen.“ – Zitat­ende.

Das war der Beschluss. – Diesen Beschluss, Herr Minister Darabos, haben Sie einfach nicht umgesetzt. Sie haben das Gegenteil gemacht: Sie haben einen Mehrheits­beschluss des Hohen Hauses (Bundesminister Mag. Darabos: Einen Entschließungs­antrag!) – ja, einen Entschließungsantrag, einen Mehrheitsbeschluss des Hohen Hauses – einfach negiert, ja konterkariert, ja mit Füßen getreten! – Und ich werde


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nachher noch darauf zu sprechen kommen, was das natürlich für eine Konsequenz beinhalten muss, dieses Verhalten, das Sie da gesetzt haben – wo Sie, bitte, ein Vollzugsorgan sind! Sie haben ja den Mehrheitsbeschlüssen des Parlaments, des Hohen Hauses nachzukommen! Da können Sie nicht einfach das Gegenteil machen. Das ist eine Entwürdigung des Parlaments, was Sie da zum Besten gegeben haben und gelebt haben. Und deshalb müssen wir auch von unserer Seite – und das werden wir heute auch tun –, einen Misstrauensantrag gegen Sie einbringen, weil man so mit dem Parlamentarismus nicht umgehen kann. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeord­neten der Grünen.)

Aber lassen wir weiter die Ereignisse Revue passieren: Wir haben am 1. Juli 2003 eine Vertragsunterzeichnung des Eurofighter-Vertrags erlebt. Wir haben am 30.10.2006 im Nationalrat mit den Stimmen von SPÖ, Grünen und Freiheitlichen den Untersuchungs­ausschuss eingesetzt mit der Formulierung, die ich gerade zitiert habe – die Ihnen gleichgültig war, Herr Minister, wo Sie wahrscheinlich glauben, Beschlüsse im Parla­ment sind irgendwelche Empfehlungen.

Wir haben einen Ausschuss erleben können, der viel zutage gebracht hat. Er hat zutage gebracht, dass Anschaffungen in Österreich offenbar wirr und chaotisch ablaufen. Ich meine, da hat die SPÖ genauso Erfahrung – wir haben alle noch den Draken und den Abgeordneten Marizzi in Erinnerung. Aber es zeigt, dass in dieser Republik alles eine Kontinuität hat, und zwar eine Kontinuität, die offenbar auch beinhaltet, dass man in diesem Land einfach mit Lobbyisten und mit Lobbyismus zu rechnen hat und dass überall, wo es Beschaffungsvorgänge gibt, offenbar fleißig kassiert wird.

Dieser Ausschuss hat ja einiges zutage gebracht, wo man natürlich gestaunt hat über gewisse Entwicklungen, die es da gegeben hat. Die 87 600-€-Zahlung des EADS-Lobbyisten an die Firma von Anna Maria Frühstück-Wolf, nämlich der Ehefrau des ... (Ruf: Gehört der zu euch?) – Der Herr Wolf gehört nicht zu uns! Der ist doch offenbar SPÖ-Mitglied gewesen – das ist ja für uns auch interessant –, der Herr Erich Wolf, der als Generalmajor zuständig war für die Bewertung der Angebote und auch in der Kommission gesessen ist und dort die Bewertung vorgenommen hat.

Auch ein anderer hoher Beamter im Verteidigungsministerium hatte Bande, Familien­bande zum Herrn Steininger, wie sich im Rahmen des Ausschusses herausgestellt hat, nämlich der Abwehramtschef Erich Deutsch, der öfter auch mit dem Herrn Steininger im Urlaub war und der sich letztlich auch, als er sich mit besagter Person in der Ramsau auf Urlaub befunden hat, damals für den Untersuchungsausschuss hat entschuldigen lassen. (Abg. Dr. Mitterlehner: Gehört der zu euch?)

Das Ehepaar Rumpold hat durchaus für Heiterkeit in der Öffentlichkeit gesorgt. (Abg. Faul: Das sind eure Leute!) Da haben wir eruieren können: 7,8 Millionen € brutto, 3,2 Millionen € Verdienst ... (Abg. Faul: Das sind eure Leute!) – Na ja, das gehört schon zur BZÖ-Partie, nicht zur Freiheitlichen Partei! Da müssen wir schon klar beleuchten, warum wir mit diesen Herrschaften nichts zu tun haben (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ) und uns zu Recht von diesen Herrschaften verabschiedet haben, weil das ja einen Hintergrund hat! (Abg. Ing. Westenthaler: Nein, wir haben uns verabschiedet! Das ist die historische Wahrheit! Es ist umgekehrt!)

Frau Erika Rumpold, die für eine Pressekonferenz 96 000 € kassiert hat – ich meine, da wird so manche Werbeagentur relativ neidisch werden angesichts solcher Zahlungen, die da geleistet worden sind! Aber genau bei dieser Firma Rumpold, diesen Herrschaften Rumpold, die ja auch die BZÖ-Wahlwerbung im letzten Wahlkampf gemacht haben, ist ja letztlich das Naheverhältnis auch zu Landeshauptmann Haider ein offensichtliches und offenkundiges, bis hin zum ehemaligen Verteidigungsminister


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Herbert Scheibner, bis hin zum Herrn Westenthaler, der ja auch einen Mitarbeiter gehabt hat, der in diesem Zusammenhang aufgefallen ist, nämlich Herrn Lukasek, der ja da offenbar auch kassiert hat, wie wir auf Grund der Ergebnisse des Eurofighter-Untersuchungsausschusses wissen. (Abg. Ing. Westenthaler: „Entsetzlich“! – Ruf bei der SPÖ: Er war nie im Ausschuss, aber ...!)

Also, es ist schon interessant, wie auch die Haltung des Herrn Verteidigungsministers außer Dienst Herbert Scheibner, der ja immer ein Befürworter des SAAB Gripen war, der mit seinem engen Freund, dem ehemaligen Abgeordneten Neudeck, bis zum letzten Tag für den Gripen Werbung gemacht hat und auch überall in der Partei erzählt hat: Es kann nur dieser Gripen werden, weil da einfach das Preis-Leistungs-Verhältnis das beste ist!, dann plötzlich über Nacht eine andere geworden ist. Das alles wirft schon ein eigenartiges Licht auf die gesamte Causa.

Dann hat es noch den Mann mit dem Hut gegeben, der den Landeshauptmann Haider bedroht hat, wo dieser so tödliche Angst gehabt hat, dass er sofort umgefallen ist – und dann sofort für den Eurofighter war! – Also lauter eigenartige Umstände, die uns recht darin geben, dass wir mit diesen Herrschaften zum Glück heute bei Gott nichts mehr zu tun haben, weil wir einfach eine ehrliche Politik in diesem Land sicherstellen wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann hat es ein Ergebnis gegeben im Untersuchungsausschuss, und dieses Ergebnis der Gutachter, der Rechtsexperten hat eine Ausstiegsmöglichkeit ergeben. Und bitte: Welche Prozessausstiegsrisiken gibt es, als einen Prozess zu führen und am Ende im schlimmsten Fall diesen schlechten Vertrag, den die ÖVP für die Steuerzahler möglich gemacht hat, einlösen zu müssen und das Produkt mit diesem schlechten Preis kaufen zu müssen? (Abg. Kößl: Märchenonkel! – Zwischenrufe der Abgeordneten Freund und Murauer.) – Es gäbe keine schlechtere Möglichkeit, aber Tausende bessere Möglichkeiten, meine sehr geehrten Herrschaften von der SPÖ! Sie waren zu feige, Sie hat die Courage verlassen, Sie haben kein Interesse daran, dass die Steuerzahler mit einer Neuausschreibung vielleicht eine kostengünstigere Luftraumsicherheit erhalten!

Sie hat der Mut verlassen, und das ist das, was letztlich auch dazu führen wird, dass das nächste Mal die Wähler Sie verlassen werden! Das kann ich Ihnen heute schon prognostizieren, denn wenn man so eine Politik betreibt, dann darf man sich nicht wundern, wenn die Wähler ... (Abg. Parnigoni: Diese Hoffnung wird sich in Luft auflösen, Herr Strache!) – Nun, die Hoffnung stirbt zuletzt – das verstehe ich schon von Ihrer Seite her, dass die Hoffnung zuletzt stirbt. Aber genau so muss man es festmachen.

Sie haben sich darüber hinaus auch jetzt für gebrauchte Flieger entschieden, womit Sie jetzt eine schlechtere Qualität möglich machen – und das ist ja Ihr Ziel: Sie wollen jetzt schlechtere Qualität zum sündteuren Preis sicherstellen, womit man dann über­haupt nur tagsüber von 9 bis 17 Uhr die Luftraumsicherheit möglich machen kann. Wahrscheinlich werden Sie an den Grenzen Österreichs Luftballons steigen lassen, womit allfällige andere Herrschaften, die unseren Luftraum illegal benützen wollen, dann darauf aufmerksam gemacht werden: Bitte kommen Sie nur zur Tageszeit, weil unsere Flieger nicht nachttauglich sein werden! – Ich meine, was ist denn das für eine Politik? Was ist denn das, bitte, für eine „Preisreduktion“?

Sie hätten den Mut haben müssen, den kostenlosen Ausstieg zu probieren, eine Klage einzureichen, aus dem Vertrag auszusteigen, eine Neuausschreibung in Angriff zu nehmen für ein anderes, günstigeres Produkt, um unsere Luftraumsicherung im Sinne des militärischen Pflichtenheftes auch zu erfüllen und auch eine Nachtsicherheit in unserem Luftraum sicherzustellen. Das schlimmste Risiko wäre gewesen, dass wir uns an den Vertrag hätten halten müssen, den die ÖVP schlecht für die Steuerzahler


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ausverhandelt hat. Das wäre das Schlimmste gewesen! Vielleicht hätten Sie sogar mit dieser Klage ein Preisreduktion für die gleiche Qualität – von 18 nicht gebrauchten, sondern neuen Eurofightern – erhalten? (Zwischenruf des Abg. Scheibner. – Abg. Kößl: Dass man so ... die Unwahrheit sagen kann!)

Da hätten Sie so viele Möglichkeiten gehabt, die Sie leider Gottes verschlafen haben, und deshalb muss man auch eines festmachen: Sie haben versagt in dieser Frage!

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Rosenkranz, Vilimsky und weiterer Abgeordneter betref­fend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Dem Bundesminister für Landesverteidigung wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

Dieser Entschließungsantrag ist notwendig geworden auf Grund der Darstellungen, die ich soeben ausgeführt habe. Ich möchte jetzt nicht alle möglichen Zitate von Aussagen vorbringen, die prominente SPÖ-Mitglieder, angefangen vom heutigen Verteidigungs­minister Darabos bis hin zu Gusenbauer, zum Besten gegeben haben, aber Sie haben eines gezeigt: Sie sind wirklich das neue BZÖ in der Bundesregierung, der neue Wurmfortsatz der ÖVP in dieser großen Koalition! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist eigentlich eine Schande für diese Republik, weil die Menschen in diesem Land sich wirklich etwas anderes erwartet haben, weil sie sich eine Sozialpolitik erwartet haben, bei der es auch wieder soziale Verantwortung gibt, und eine Politik, bei der man ganz penibel darauf achtet, nicht das teuerste Produkt im Bereich der Luftraum­sicherheit, der Luftraumüberwachung zu kaufen, sondern ein kostengünstigeres Pro­dukt, das diese Aufgabe im Sinne der Neutralität ebenso erfüllt hätte – und nicht das, was die ÖVP zu erfüllen vorhat. Denn: Der Eurofighter ist ja deshalb vom Altbun­deskanzler Schüssel angeschafft worden, weil dieser in Wirklichkeit vorgehabt hat, damit einen Beitrag in Richtung NATO zu leisten. Das lehnen wir von Seiten der Freiheitlichen Partei prinzipiell ab! Wir haben nichts im Ausland verloren! (Beifall bei der FPÖ.)

10.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Klubobmann Strache eingebrachte Misstrauensantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Rosenkranz, Vilimsky und weiterer Abgeordneter be­treffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesver­teidigung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen in der 28. Sitzung des Nationalrates am 5. Juli 2007

In der 1. Sitzung des Nationalrates in der XXIII. GP, am 30. Oktober 2006, brachten die Abgeordneten Gaal, Pilz, Strache, Kräuter, Kogler und Rosenkranz im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag einen Entschließungsantrag mit folgendem Inhalt ein:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort alle Schritte zu setzen, um den Vertrag betreffend der Beschaffung der Eurofighter kostengünstig aufzulösen und dazu den Beschaffungsvorgang jedenfalls so lange zu unterbrechen, bis der Bericht des parla­mentarischen Eurofighter-Untersuchungsausschusses dem Nationalrat vorliegt.

Dazu sind insbesondere

alle laufenden Vertragsverhandlungen mit der Eurofighter GmbH, sonstigen Firmen und dem Verteidigungsministerium der BRD

sowie die Abnahme von Leistungen, die von Vertragspartnern in diesem Zusammen­hang erbracht werden

zu unterbrechen.“

Dieser Antrag wurde mit den Stimmen der SPÖ, der Grünen und der FPÖ ange­nommen.

Trotz dieses Wunsches des Nationalrates über die Ausübung der Vollziehung an den Bundesminister für Landesverteidigung, hat Bundesminister Mag. Norbert Darabos nicht den Bericht des Untersuchungsausschusses abgewartet, sondern in Verhand­lungen mit EADS die Stückzahl der bestellten Eurofighter um drei reduziert. Die geforderte Unterbrechung aller laufenden Vertragsverhandlungen mit der Eurofighter GmbH, sonstigen Firmen und dem Verteidigungsministerium der BRD ist somit nicht erfolgt.

Somit hat Mag. Norbert Darabos nicht nur gegen den Willen und Wunsch der Mehrheit im Nationalrat, sondern auch gegen den Wunsch von drei im Nationalrat vertretenen Parteien und auch gegen den Wunsch seiner eigenen Fraktion gehandelt.

Unbekannt kann dieser Entschließungsantrag dem Bundesminister nicht gewesen sein, da er selbst, damals noch Abgeordneter im Nationalrat, für diesen Antrag ge­stimmt hat.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Landesverteidigung wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Strache, Sie haben nicht 12 Minuten, sondern 15 Minuten gesprochen. Die 3 überzähligen Minuten werden in der letzten Runde dem Redner Ihrer Fraktion in Abzug gebracht.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Murauer zu Wort. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.46.37

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Generäle! Frau Volksanwältin Fekter (in Richtung der auf der Galerie anwesenden Volksanwältin Dr. Fekter), die Sie ja lange im Untersuchungsausschuss an vorderster Stelle mitgewirkt haben! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Wie der Eurofighter!) Meine Damen und Herren! Herr Strache, Sie hätten sich die Rede von Ihrem parteilosen Vertreter im Untersuchungsausschuss nicht schreiben lassen sollen, sondern hätten selbst daran teilnehmen sollen. Dann hätten Sie mehr gewusst und wären nicht so gehangen an dem, was Stadler Ihnen vorgeschrieben hat. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.) Dann hätten Sie sich besser ausgekannt (Abg. Strache: Sie sind ahnungslos, Herr Kollege!), aber leider ist das in diesem Fall auch nicht so. (Abg. Strache: Sie sind wirklich ahnungslos! Ein Ahnungsloser, der in der schwarzen Wüste herumgeht!)  

Nun, ich darf Herrn Kollegem Kräuter sagen, dass es schon ein interessanter Schluss ist, wenn man sagt: Wenn die Eurofighter neu sind, dann sind es schlimme, ganz schlimme „Kampfbomber“. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Sind die Eurofighter aber gebraucht, sind es friedliche Friedensflieger! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.) – Also dieser Schluss, Herr Kräuter, ist hochinteressant!

Zum dritten Redner vor mir, Herrn Pilz, darf ich sagen: Herr Pilz, Ihre heutige Stellung­nahme war natürlich ebenso tendenziös und mit Ihrer ganz besonderen Sicht – ich möchte nicht sagen, mit Unwahrheiten – sozusagen gespickt, und zwar genau so, wie Sie den Vorsitz geführt haben, nämlich unter dem Motto: Viel Rauch, und kein Feuer zu sehen! – Diese Beurteilung möchte ich Ihnen schon auf den Weg mitgeben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, zu einem viel wichtigeren Thema kommend: Ich kann Ihnen heute zweierlei mitteilen, nämlich nicht nur, dass die Österreichische Volkspartei quasi einen Freispruch in diesem Untersuchungsausschuss bekommen hat, sondern auch, dass dieselbe Volkspartei so wie jetzt auch in der Vergangenheit für den Schutz, für die Sicherheit unserer Bürger und unseres Landes gestanden ist, egal, ob die Zeiten angenehm oder unangenehm waren! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Strache: Die Sicherheit auf dem Boden gefährden Sie seit Jahren! Die Sicherheit auf dem Boden gefährdet Ihre Partei seit Jahren! Eine Sicherheitsgefährdung macht die ÖVP auf dem Boden!)

Wir ersehen den Auftrag zur Landesverteidigung, und zwar sowohl auf dem Boden als auch in der Luft, aus der Neutralität, aus unserer Verfassung, und deswegen ... (Abg. Strache: Sie gefährden die Sicherheit auf dem Boden seit Jahren!) – Herr Strache hören Sie zu! (Abg. Strache: Sie gefährden die Sicherheit auf dem Boden seit Jahren!) Hören Sie wenigstens jetzt zu, wenn Sie schon nicht im Untersuchungsausschuss waren! (Abg. Strache: ... einsparen, das Bundesheer in den Konkurs treiben!) Und deswegen haben wir nicht die teuersten – wie Sie meinen, aber Sie waren ja nicht


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dabei –, sondern die im besten Kosten-Nutzwert-Verhältnis stehenden Eurofighter besorgt. Das hat auch der Rechnungshof bestätigt! (Beifall bei der ÖVP.)

Den Rechnungshofbericht dürften Sie auch nicht gelesen haben! – Sie brauchen nur zu Stadler zurückzugehen und zu fragen: Wie geht es weiter? – Stadler weiß alles. Er darf nur nicht reden, weil er mittlerweile nicht mehr zu Ihnen gehört. (Rufe bei der FPÖ: Das stimmt ja nicht! – Abg. Strache: Schauen Sie auf die Rednerliste!)

Wir haben – das sollte man schon festhalten – keinen Ausstiegsvertrag, geschätzte Damen und Herren, sondern einen Kaufvertrag für das beste Gerät abgeschlossen (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler), einen Kaufvertrag für die Sicherheit unseres Landes, aber auch für die Sicherheit der Piloten, für die Sicherheit des Luftpersonals für einen Zeitraum von 40 Jahren.

Und diese Überlegung ist nicht beim Frühstück zustande gekommen – das sage ich für alle diejenigen, die das nicht so genau verfolgt haben –, sondern in jahrelangen Vorbereitungen.

Ich möchte Dank und Anerkennung für jene aussprechen, die mit den Vorbereitungen zu diesem Vertrag befasst waren, nämlich jene Militärs, jene Beamte, die sich um diesen Vertrag bemüht haben, die korrekt, verständlich und mit allem, was ihnen an Information zur Verfügung gestanden ist, diesen Vertrag vorbereitet haben, der dann nach bestem Wissen und Gewissen von der ÖVP-Regierung Schüssel abgeschlossen wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist ein Zeichen beziehungsweise ein Beweis dafür, dass man sich auf die Volks­partei in Sachen Sicherheit bei jeder Gelegenheit verlassen kann. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei FPÖ und Grünen. – Abg. Strache: Da müssen Sie aber selbst lachen!) – Herr Strache, ...! (Abg. Strache: Da müssen Sie aber selbst lachen! Kasernen werden zugesperrt!)

Wenn wir von der Verpflichtung der Neutralität und den Ergebnissen der Rechts­gutachten reden, dann darf ich schon Prof. DDr. Heinz Mayer anführen. Sogar Heinz Mayer weist darauf hin – und all jenen möchte ich es jetzt mitteilen ... (Abg. Dr. Cap: Wer ist das?) – Bitte? Wer das ist? (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) Das ist inter­essant, dass Sie fragen, wer DDr. Mayer ist!

Professor DDr. Mayer sagt zur Neutralität: Die Verpflichtung aus einem Rücktritt, der zu einem Zustand führt, dass die österreichische Luftraumüberwachung aus neu­tralitätsrechtlichen Gründen rechtswidrig ist, wäre jedenfalls nicht zulässig. „Ein Vertragsrücktritt kommt“ daher aus diesen Überlegungen „nur dann in Betracht, wenn die österreichische Luftraumüberwachung trotz dieses Vertragsrücktrittes in einer lückenlosen und effektiven Weise gesichert ist.“

Und das ist sicher mit ein Grund, warum auch dieser Vertrag nicht zu stornieren ist. (Abg. Strache: Neuausschreibung!)

Herr Bundesminister Darabos, da ich nicht so viel Redezeit habe, wie ich gerne hätte (Abg. Faul: Ist eh gut!), möchte ich Sie noch darauf aufmerksam machen, dass Ihr Vergleich mit der Eurofighter GmbH und den Einsparungen, ob wir die jetzt bekommen ... – 400 Millionen € meint Kollege Kräuter (Abg. Mag. Wurm: Wann denn?), Sie selbst haben einmal von 200 Millionen € gesprochen im „Kurier“, also hier haben wir schon einmal eine Differenz. Sie werden sicher Verständnis dafür haben, dass wir uns einmal genau anschauen, wie viel wir eigentlich einsparen können, ob wir da Geld zurückbekommen oder ob wir einfach weniger bezahlen und welche Konse­quenzen daraus resultieren, wenn wir gebrauchte Flieger oder die Tranche 1/Block 5 erwerben und meinen, dass wir damit das Auslangen finden könnten.


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Meine Damen und Herren, es ist mir wichtig, zu betonen, dass es keine Zusam­menhänge mit Geldflüssen im Zusammenhang mit der Österreichischen Volkspartei gegeben hat. Es ist Geld geflossen (Rufe bei der SPÖ: Ah wo! Aber geh!), da gibt es überhaupt nichts zu sagen (Abg. Strache: Das verhindern Sie beim Banken-Unter­suchungsausschuss!), ja, es ist Geld geflossen, aber nicht im Zusammenhang mit Politikern, mit Repräsentanten der ÖVP. Herr Strache, hoffentlich können Sie das auch von sich behaupten. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben vom Anfang an gesagt: Wir haben eine reine Weste. Die Österreicherinnen und Österreicher können sich in Sachen Sicherheit und Schutz auf uns, die Volkspartei, verlassen. (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler – in Richtung ÖVP –: Was haben Sie da für einen Waschsalon? Der ist nicht schlecht!)

10.54

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Darmann. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.54.33

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe hier ein kleines Bild mitgebracht, das vor kurzem auch in den Medien war. Es ist an sich, wenn es nicht so traurig wäre, ein sehr erheiterndes Bild, eine erheiternde Abbildung – auch für Sie, Herr Bundesminister, einmal etwas zum Schmunzeln in dieser traurigen Zeit. Ich darf das da vorne hinstellen – ich hoffe, man sieht mich dann auch noch. (Der Redner stellt ein Bild, das Bundesminister Mag. Darabos und Bundeskanzler Dr. Gusenbauer im Cockpit eines Eurofighter Typhoon zeigt, auf das Rednerpult. – Abg. Faul: Ist das heute eine Vernissage?)

Man fragt sich: Was denken sich Herr Bundeskanzler Gusenbauer und Verteidigungs­minister Darabos, wenn sie in diesem zweisitzigen Eurofighter sitzen, einem Euro­fighter Typhoon, den wir leider nicht bekommen werden, auch nicht trotz der Möglich­keiten, die sich jetzt bei den Nachverhandlungen ergeben hätten und die wir zu 100 Prozent für die Ausbildung der Piloten auch hätten brauchen können. Aber wir haben wieder einmal, wie wir jetzt gesehen haben, durch diesen Verteidigungsminister eine Chance ausgelassen, unserem Bundesheer etwas Gutes zu tun.

Wenn man dieses Bild anschaut, fragt man sich wirklich: Auf der einen Seite könnte es ein Hilfeschrei in den Augen dieser Personen sein: Oh mein Gott, schon wieder ein Wahlversprechen gebrochen!, auf der anderen Seite könnte man meinen: Oje, der Vergleich ist in die Hose gegangen! Und wenn man Herrn Gusenbauer noch genauer anschaut, könnte man genauso einen in die Vergangenheit gerichteten Gedanken erkennen – so in der Art: Kanzler bin ich, der Rest ist mir egal! – Das zu dem Bild.

Ich möchte jetzt etwas zu meinem Konzept sagen. Ich habe mich gefragt: Wie bringe ich acht Monate Ausschuss in diese kurze Redezeit? Jetzt haben es mir aber die Vorredner leicht gemacht, das über Bord zu werfen, und ich möchte gleich einmal zum Herrn Kollegen Pilz, dem großen Ausschussvorsitzenden, kommen.

Herr Kollege Pilz, Sie haben mir einen großen Gefallen getan, mir nicht nur die Mög­lichkeit zu geben, mich über die Ausschussvorsitzführung auszulassen – darauf werde ich überhaupt verzichten, denn das haben wir auch in unserer abweichenden per­sönlichen Stellungnahme drinnen –, sondern auch zwei Punkte anzugehen, die Sie aufgegriffen haben, nämlich den Vorwurf, dass es sich beim Eurofighter Typhoon um einen Kampfbomber handelt und dass es sonst Alternativen gegeben hätte, die keine Kampfbomber sind.


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Wir waren acht Monate in diesem Ausschuss. Ihre Fraktion hat genauso wie die SPÖ und die FPÖ darauf beharrt: Der Eurofighter Typhoon ist ein Kampfbomber, und der SAAB Gripen wäre das viel vernünftigere Flugzeug gewesen. Es ist aber eine Tat­sache, dass der SAAB schon in der Typenbezeichnung das Kürzel „JAS“ enthalten hat – übersetzt: Jagd, Angriff, Erkundung. Das „A“ in „JAS“ steht für „Attack“. Das ist genauso ein Angriffsflugzeug, ein Bomber. So gesehen ist diese Argumentationslinie von Ihnen absolut aus der Luft gegriffen, dass man dieses Flugzeug nicht hätte neh­men können, weil es zu überqualifiziert gewesen wäre. (Beifall beim BZÖ.)

Zum Vorwurf zwei: Die Bewertungskommission war – Sie haben jetzt zwar nicht das Wort „gekauft“ verwendet, aber es ist sehr wohl ... (Ruf bei den Grünen: Sie haben es verwendet!), doch, Sie nicken – nach Ihrer Meinung gekauft und das ganze Bewer­tungs­verfahren eine Farce, weil der Eurofighter Typhoon im Punktesystem bevorzugt worden wäre. Das stimmt absolut nicht. Der Ausschuss hat genau das Gegenteil bewiesen, dass das Punktesystem den Eurofighter Typhoon, wo es gegangen ist, benachteiligt hat. (Abg. Öllinger: Was sagt denn da der Haider dazu? Hat er nicht einmal etwas anderes gesagt?) – Herr Öllinger, hören Sie mir bitte zu, dann lernen Sie diesbezüglich etwas, denn ich bringe Ihnen jetzt ein Beispiel, das wirklich für alle einleuchtend ist.

Es hat eine Bewertung bezüglich einer Lackierung gegeben, die die Radarempfindlich­keit des Flugzeuges betrifft. Es gibt „radarschonende“ Lackierungen, die nach diesem Punktesystem zehn Punkte bei Zurverfügungstellung einer solchen Lackierung ge­bracht hätten. Der Eurofighter Typhoon hat in diesem Zusammenhang keine Punkte bekommen, da er diese Lackierung zum Radarschutz nicht aufgewiesen hat. Nur, wieso hat er diese nicht bekommen? – Weil der Eurofighter Typhoon im Gegensatz zum nächstgereihten Gripen von der Konstruktion her schon so gebaut war, dass er von einem Radar schwer erkannt wird. Das heißt, bei diesem Flugzeug war eine Lackierung überhaupt nicht notwendig. Deswegen hat er in diesem Fall keine Punkte bekommen.

Das heißt, das zeigt wieder einmal: Der Vorwurf ist aus der Luft gegriffen und nichts davon ist wahr.

Zur Kompetenz des Ausschussvorsitzenden in diesem ganzen Belang Nachbeschaf­fung und dergleichen – das wird auch die Vertreter des Bundesheeres interessieren, die heute dankenswerterweise auch hier sind –: Der Ausschussvorsitzende Pilz hat mehrfach in öffentlichen Stellungnahmen behauptet, die Luftraumüberwachung Öster­reichs würde nach seinen Experten im Verteidigungsministerium mit sechs Flugzeugen funktionieren. Allein diese Aussage disqualifiziert diesen Vorsitzenden an sich. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Nun zu Klubobmann Strache: Ich habe nicht gedacht, dass ich da auf die FPÖ groß­artig eingehen werde, aber da waren auch ein paar Punkte, die mich sehr befremdet haben: Nummer eins, wieso Sie – bei allem Respekt! – hier ans Rednerpult treten und Erstredner Ihrer Fraktion sind. Fraktionsführer der FPÖ war, wie ich glaube, Kollege Stadler oder auch Kollege Haimbuchner – das ist ja nicht so ganz sicher. Auf jeden Fall war doch sehr befremdend, dass Sie hier zum Rednerpult gehen, nachdem Sie sich zumindest im Ausschuss nicht damit befasst haben. (Abg. Mag. Hauser: Kommt ja noch! – Abg. Strache: Da habe ich aber mehr inhaltlich zum Besten gegeben als Sie!) – Da schauen wir einmal, was da noch kommt!

Ebenfalls an die Adresse der FPÖ: Ich möchte ein für alle Mal unmissverständlich klarstellen: Nicht die FPÖ hat sich vom BZÖ getrennt, sondern das BZÖ ist seinen eigenen Weg abseits der FPÖ gegangen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: Der „Mister 1 Prozent“!)


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Zweitens, Herr Klubobmann Strache, zum Vorwurf von Geldflüssen der Firma Rumpold an das BZÖ ist festzustellen – das hat dieser Ausschuss auch ergeben, und Sie haben die frühere Buchhaltung, die Steuerunterlagen alle in Ihren Händen, und Sie haben nichts beweisen können, sie auch nicht hervorgeholt, weil da nichts drinnen war (Abg. Strache: Lukasek, Rumpold – Haider betrogen!) –: Es ist ganz, ganz klar, dass, wenn in der Vergangenheit ein Geldfluss in irgendeine Richtung stattgefunden hat, dieser in jedem Fall vom BZÖ in Richtung Werbefirma Rumpold war. Und sonst hat es keine Geldflüsse gegeben. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Öllinger: Ah!)

Zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Kräuter werde ich mir etwas ver­kneifen, dazu werde ich gar nichts sagen; das hat sich auch selbst gerichtet. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Ich möchte die restliche Redezeit dazu nutzen, auf den Vergleich einzugehen, den der Herr Bundesminister als eine Verbesserung, eine Preisminderung, einen Nutzen für die Republik verkauft. (Abg. Riepl: Das ist ein guter Vergleich, ein sehr guter Vergleich!) Dieser Vergleich, der bis jetzt nicht schriftlich vorliegt – böse Zungen behaupten, es gibt ihn auch schriftlich gar nicht, sondern er ist nur mündlich vereinbart – beinhaltet einige sehr interessante Punkte, die ja bis jetzt auch nicht auf dem Tisch liegen, trotz unseres Antrages in der letzten Sitzung des Eurofighter-Untersuchungsausschusses, der leider mit überwältigender Mehrheit niedergestimmt wurde. Wir wollten diesen Ver­gleich – nicht nur den Vergleich, sondern auch die Vertragsabänderung, aufbauend auf diesem Vergleich – vorgelegt haben. Leider ist es ja nicht dazu gekommen. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben da aber einige Informationen, die für die meisten hier herinnen neu sein werden und sehr interessant sind. Es geht darum: Wir bekommen in Zukunft sechs Stück der Version – der Verteidigungsminister kommt ja auch gleich zu Wort, er kann das ja dann klarstellen, wenn es nicht so ist; aber ich erinnere daran, es kommen schon weitere Sitzungen, in denen das dann zum Problem für Sie werden könnte –, die wir ohnehin für Österreich bestellt hatten, die aber mit einem Verzicht der Republik Österreich auf eine kostenlose Aufrüstung auf die neueste Generation nunmehr bestellt wurden.

Weiters bekommen wir drei Stück der gleichen Flugzeuggeneration, auch mit Verzicht auf eine kostenlose Aufrüstung auf die neueste Generation, die für Deutschland geplant waren, und sechs Stück gebrauchte Flugzeuge, die seit zwei bis drei Jahren in Deutschland im Einsatz waren – bis auf die letzten sechs Monate. Seit sechs Monaten stehen diese sechs Stück der Erstgeneration des Eurofighter Typhoon in Laage in Deutschland herum und werden nicht bewegt, da es anscheinend doch den einen oder anderen technischen Mangel gibt.

Die österreichischen Piloten haben kein gutes Gefühl dabei, zu wissen, dass sie nicht einmal baugleiche Flugzeuge in Zukunft fliegen müssen, weil die Flugsteuerung dieser Fluggeräte unterschiedlich ist. Das heißt, sie wissen bei einem Alarmstart nicht korrekt, wie das einzelne Flugzeug reagieren wird. Ein unglaublicher – ich muss fast sagen – Schwachsinn, solch einen Vergleich zustande zu bringen! (Abg. Prähauser: Wer hat denn den Vertrag mit Eurofighter abgeschlossen?)

Um noch weiterzugehen: Sie lassen ja, obwohl Sie immer darauf beharrt haben, keinen Angriffsflieger, keine Verteidigung haben zu wollen, sondern einen Luftraumüber­wacher, vermeintlich zum Sparen von Kosten die Infrarotüberwachungsgeräte aus­bauen. Das ist eine Gerätschaft in diesem Flugzeug, die es ermöglicht, durch Wolken hindurchzusehen, bei Schlechtwetter über zig Kilometer Flugzeuge zu erkennen und vor allem in der Nacht Flugobjekte identifizieren zu können.


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Und das wundert mich schon sehr, denn für 40 Millionen € an Einsparung laut Ihren Worten – ich weiß gar nicht, ob das Ihre Worte waren oder ob das wieder unsere Informationen sind ... (Bundesminister Mag. Darabos: Das sind Geheimdienstinfor­mationen!) – Das sind Geheimdienstinformationen? (Bundesminister Mag. Darabos: Nehme ich an!) – Nein, das sind keine Geheimdienstinformationen, da kann ich Sie beruhigen.

Aber für diese Einsparung darauf zu verzichten, dass wir auch in Zukunft, wie schon beim Draken, wie schon jetzt bei der schweizerischen F-5, keine Möglichkeit haben, unseren Luftraum in der Nacht zu überwachen – und das noch dazu, obwohl nächstes Jahr die EURO 2008 bei uns stattfinden wird, wo auch Abendspiele ausgetragen werden (Abg. Mag. Kogler: Da gibt es eh ein Flutlicht!), und wo Sie schon im Ausschuss behauptet haben, wir können diese Probleme auch vom Boden aus regeln –, da sage ich: Gute Nacht, Österreich! Das habe ich heute schon ein paar Mal gehört, aber das stimmt wirklich. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Zu guter Letzt möchte ich noch einmal auf die Einsparung, die Sie in den Raum stellen, zu sprechen kommen. Wenn wir jetzt von einer Reduzierung von 18 auf 15 Stück ausgehen, dann müssen die vorhandenen Flugzeuge viel mehr in der Luft sein, und das erfordert kürzere Wartungsintervalle. Dadurch verringert sich die Systemlaufzeit dieser Beschaffung von durchgerechnet bis zu 40 Jahren auf 28 Jahre. Das heißt, wir müssen zehn Jahre früher neue Flugzeuge beschaffen, die Wartung wird kosten­intensiver.

Weiters haben Sie geplant, um diese Lücke der drei fehlenden Flugzeuge in irgend­einer Form zu decken, 22 der 37 Jahre alten SAAB 105 auf den neuesten Stand zu bringen, zu bewaffnen – und das, wo wir in Europa die einzige Nation sind, die noch solche Flugzeuge in Betrieb hat, wo wir dann vermutlich als Einziger unsere Ersatzteile produzieren lassen müssen und bezahlen müssen. Allein diese Nachrüstung der 37 Jahre alten SAAB 105, von denen bereits zwölf aus technischen Gründen in den letzten Jahren abgeschmiert sind, wird sicherlich die von Ihnen versprochene Ein­sparung schlucken.

Das heißt, von dieser Einsparung ist nichts übrig geblieben – wie auch vom Aus­schuss. Das Einzige, was dieser Ausschuss gebracht und zum Vorschein gebracht hat, ist, dass nach acht Monaten Ausschusssitzung die Roten, Grünen und Blauen, die diesen Ausschuss eingesetzt haben, zum Schluss zerstritten waren, weil nichts herausgekommen ist. – Danke. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Öllinger: Wie lebt es sich an der Kittelfalte der ÖVP?)

11.06


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Bundesminister Mag. Darabos zu Wort gemeldet. 8 Minuten Redezeit. – Bitte. (Die Grünen halten ein Transparent mit der Aufschrift: „Hier fliegt Gusenbauers Glaub­würdigkeit. Eurofighterpartei SPÖ“ in die Höhe.)

 


11.06.20

Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mir fehlt jetzt auch die Zeit, nach acht Monaten Unter­suchungs­ausschuss alles zu beleuchten. Mir fehlt auch die Zeit, jedes Argument und Nicht-Argument der jetzigen Debatte zu entkräften oder zu bekräftigen. (Abg. Mag. Kogler: Vor allem fehlt der Plan! – Abg. Strache: Und es fehlt der Plan!)

Deshalb möchte ich zu Beginn eines feststellen. Erstens sei festgehalten: Die Republik Österreich und ich als Verteidigungsminister haben der Republik eine Einsparung von


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400 Millionen € ermöglicht – das sind 6 Milliarden Schilling. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Einen Augenblick, Herr Bundesminister! Ge­schätzte KollegInnen von den Grünen, wir haben Ihr Transparent gesehen. Ich bitte, es jetzt wieder zu entfernen! (Unruhe im Saal. – Die Grünen entfernen das Transparent.)

Herr Bundesminister, ich bitte Sie, fortzusetzen.

 


Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos (fortsetzend): Ich glaube, ich stehe nicht im Verdacht – eher gibt es andere Vorwürfe an mich –, als besonders präpotent zu gelten. Aber ich sage ganz offen: Nennen Sie mir einen Minister, der in der Zweiten Republik dieses Einsparungspotential von 400 Millionen € geschafft hat – und zu dem stehe ich. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Zwischen­rufe bei ÖVP und BZÖ.)

Zweitens möchte ich – ohne hier Geschichtsfälschung und Geschichtsklitterung be­treiben zu wollen, was teilweise ja in den letzten Wochen geschehen ist – schon eines feststellen: Den Eurofighter-Vertrag habe nicht ich als Verteidigungsminister zu ver­antworten, sondern der Herr Ex-Verteidigungsminister Herbert Scheibner in seiner damaligen Funktion als Verteidigungsminister. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Die Unterschrift unter diesem Vertrag habe nicht ich als Verteidigungsminister zu verantworten, sondern mein Amtsvorgänger Günther Platter, den ich durchaus schät­ze, der aber diese Unterschrift geleistet hat – und nicht ich als Verteidigungsminister, Herr Abgeordneter Pilz! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Ich möchte daher auch ganz emotionslos feststellen, dass ich jener Verteidigungs­minister bin, der seit dem 11. Jänner darum gekämpft hat, diesen Vertrag zu ver­bessern oder einen Totalausstieg aus diesem Vertrag zu schaffen. Ich habe meine Entscheidungen getroffen, und ich werde diese Entscheidungen jetzt auch vor dem Parlament begründen, denn sie sind begründbar.

Herr Abgeordneter Pilz, so, wie Sie gestern und heute argumentiert haben, kann man das nicht durchgehen lassen. Das stimmt einfach nicht, das ist nicht objektiv. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Sburny: Was heißt das?) Wir haben einen Vertrag in Österreich ... (Abg. Dr. Pilz: Sie wollen bestimmen, was durchgeht? Unverschämt ist das!) – Ich habe nur 8 Minuten Redezeit, Herr Abgeordneter Pilz. Lassen Sie mich bitte ausreden, Sie haben sich noch einmal zu Wort gemeldet.

Wir haben einen Vertag, der zuungunsten des Käufers und zugunsten des Verkäufers abgeschlossen wurde; ein Vertrag, der von der schwarz-blau-orangen Regierung zu verantworten ist. (Abg. Strache: Jetzt ist die schlechteste Variante!) Und ich sage Ihnen ganz offen ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz.) – Herr Abgeordneter Pilz, ich möchte Sie gerade loben!

Die Abgeordneten, die mit Ihnen im Untersuchungsausschuss gemeinsam gearbeitet haben, haben dafür gesorgt, dass diese Einsparung von 400 Millionen € überhaupt erst möglich geworden ist, denn sie haben Dinge zutage gebracht, die einfach dazu geführt haben, dass Eurofighter überhaupt erst in eine Vertragsverhandlung mit mir einge­treten ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Das ist ja keine Einsparung! Das sind ja Mehrkosten in Wirklichkeit!)

Denn ich sage in aller Offenheit: Nicht wegen meines freundlichen Gesichtes haben sich Vertreter von Eurofighter mit mir an den Tisch gesetzt, sondern aufgrund von gewissen Fakten, die Sie zutage gefördert haben – mit den Abgeordneten von SPÖ, ÖVP, Grünen, FPÖ und BZÖ. Alle miteinander haben diesen Ausschuss zu tragen


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gehabt. (Abg. Öllinger: Die ÖVP hat gar nichts ...!) Die Bewertung, wer was gemacht hat, obliegt nicht mir.

Wenn man sagt, es wäre mehr drinnen gewesen, dann sage ich Ihnen auch ganz offen, Herr Abgeordneter Pilz: Es ist Ihr gutes Recht, das zu behaupten – aber es ist einfach falsch! Wenn ich diesen Schritt gemacht hätte, den Sie mit Ihren drei Weisen uns vorgeschlagen haben, dann hätten wir in zwei Jahren zu Recht einen Miss­trauensantrag gegen Herrn Minister Darabos hier im Parlament zu diskutieren gehabt, nämlich dann, wenn der Republik Österreich, ohne Flieger zu haben, über 1 Milliarde € an zusätzlichen Kosten entstanden wären.

Herr Professor Koziol, der renommierteste Zivilrechtler in diesem Bereich, hat mir gegenüber ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass es keine andere Möglichkeit gibt, als diesen Vergleich zu schließen. (Abg. Strache: Was hat denn der fürs Gutachten bekommen? Eine sechsstellige Euro-Summe?) Vielleicht bin ich jetzt zu emotional, aber ich sage Ihnen auch ganz offen: Ich halte nichts davon, wenn Wissenschaftler schon vor Kenntnis des Vertrages in der Öffentlichkeit ihr Gutachten abgeben und mit mir, mit Ihnen im Fernsehen sitzen. Ich halte mich da lieber an den renommiertesten Zivilrechtler Österreichs und einen der renommiertesten Zivilrechtler Europas, an Herrn Professor Koziol, der sich nie in der Öffentlichkeit zu Wort gemeldet hat, sondern der über sechs, sieben Monate akribisch gearbeitet hat. (Abg. Dr. Pilz: Wie gehen sich seit März sechs Monate aus?)

Aufgrund meiner Verantwortung als Verteidigungsminister bin ich verpflichtet, diese seine Einwände in meine politische Entscheidung einfließen zu lassen, und ich habe die beste Entscheidung für Österreich getroffen. Wir haben jetzt minus 400 Millionen € und kein Prozessrisiko! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Ein letzter Punkt zu diesem Gutachten. – Wissen Sie, was da drinsteht? Ich hoffe, Sie haben es gelesen, Ihr eigenes Gutachten. Ich zitiere: Würde die Republik den Rücktritt erklären, ist ein langwieriger gerichtlicher Rechtsstreit absehbar, in welchem die Republik auch ein nicht zu vernachlässigendes Prozessrisiko zu tragen hätte. – Zitat­ende.

Das steht im Bericht drinnen, nicht, was medial von Ihnen und von Ihren Kollegen in der Öffentlichkeit behauptet wurde. Das steht im Bericht drinnen, und das deckt sich auch mit den Befürchtungen des Herrn Professor Koziol. Und deswegen sage ich noch einmal: Ich habe im Interesse der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und im Interesse der Republik Österreich entschieden! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Deshalb stehe ich auch zu dem Vergleich, den ich geschlossen habe. Ich habe Ihre Argumente, die Sie über Monate im Ausschuss zusammengetragen haben, alle mit­einander, bei diesem Vergleich berücksichtigt. (Abg. Mag. Kogler: Wie der Platter: von Ahnungslosigkeit zur Hilflosigkeit!) Ich stehe zu diesen Argumenten. Ich habe mit Herrn Professor Koziol alle Argumente, die Sie gefunden haben, berücksichtigt. (Abg. Dr. Pilz: Haben Sie den Endbericht schon vor einer Woche gehabt?)

Sie selbst, Herr Pilz, haben immer wieder gesagt, die rauchende Pistole wurde nicht gefunden. Ich hätte gerne gehabt, dass Sie diese Pistole gefunden hätten. Sie haben diese Pistole aber nicht gefunden! (Abg. Strache: Herr Minister, Sie hätten den Ausschuss abwarten müssen, wie beschlossen!)

Es hat drei Punkte gegeben:

Der erste Punkt war ein Totalausstieg. Der war nicht möglich – auch aufgrund der Arbeit des Ausschusses.


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Der zweite Punkt – das ist vielleicht ein neues Argument für Sie, Herr Abgeordneter Pilz, und auch für alle anderen Abgeordneten hier im Haus – ist die Tatsache, ich hätte auch einen einseitigen Teilausstieg aus diesem Vertrag dekretieren können. Dieser Teilausstieg hätte weniger an Einsparungspotenzial gebracht als der von mir ge­schlossene Vergleich, und Sie hätten mich zu Recht für diesen Teilausstieg geprügelt, weil er die militärische Sicherheit Österreichs nicht gewährleistet hätte und weniger an Euro-Millionen gebracht hätte als das, was ich herausgeholt habe.

Mir ist klar, dass es ein Wahlversprechen der Sozialdemokratischen Partei gegeben hat, und dieses Wahlversprechen ist eines, zu dem ich auch stehe. (Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen.) Aber mir ist auch klar, dass aufgrund des Vertrages, so, wie er ausverhandelt wurde, die Lösung, die ich gewählt habe, die beste Lösung war.

Ich sage Ihnen abschließend noch einmal: 400 Millionen € – 6 Milliarden Schilling, um in der alten Währung zu bleiben – weniger Kosten für die Republik Österreich, Geld, das für Sozialausgaben, für Bildungsaufgaben verwendet werden kann. (Abg. Strache: Das ist ein Taschenspielertrick!) Das ist ein guter Erfolg für Österreich, und ich würde mich freuen, wenn Sie diesen Erfolg mittragen würden. (Abg. Strache: Sie bringen weniger Qualität zu noch mehr Kosten!)

Ich sehe auch einem Misstrauensantrag von Ihrer Seite sehr gelassen entgegen. Wenn man Geld einspart für die Republik Österreich und einem dafür vom Parlament das Misstrauen ausgesprochen wird, dann wird das, da bin ich mir sicher, von der Mehrheit der Bevölkerung in dieser Form nicht mitgetragen. (Präsident Dr. Spindelegger gibt neuerlich das Glockenzeichen.) – Herr Präsident, ich bin schon beim Schluss. – Ich glaube, dass es ein guter Vergleich für die Republik Österreich ist, und ich stehe zu diesem Vergleich! (Lang anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

11.15


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 12 Minuten Wunschredezeit. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


11.16.19

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Bevor wir uns jetzt dem eigentlichen Gegenstand des Untersuchungsausschusses zuwenden, wie es nämlich vom größten Beschaffungsakt der Geschichte der Republik zur nachgewiesenen größten Schiebung gekommen ist (Hallo-Rufe bei der ÖVP), also wir uns mit der ÖVP-Sphäre beschäftigen müssen, werden wir uns kurz noch einmal mit der SPÖ beschäftigen müssen.

Man merkt ohnehin schon, wie die Funken sprühen und was das Gemeinsame ist. Eine Gemeinsamkeit ist schon einmal konstatierbar, Herr Bundesminister Darabos: Bei aller Sympathie ist es genau jene Gemeinsamkeit mit Ihrem Vorgänger, dass wir jeweils sehr sympathische Bundesminister antreffen, die aber in zumindest gleichem Ausmaß hilflos sind, wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen. Genauso wie Ihr Vorgänger Platter hilflos in eine Vertragsverhandlung von seinem Vorgänger Scheibner und von Schüssel hineingetrieben wurde und den schlimmsten Vertrag für die Republik unterschrieben hat, genauso hilflos hat sich jetzt Minister Darabos angestellt, als es darum gegangen ist, eine sehr, sehr große Chance entweder für einen viel besseren Vergleich oder möglicherweise für den Totalausstieg zu nutzen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Parnigoni: Wünschen kann man sich alles, Herr Kollege! Aber von den Wünschen haben wir nichts!)

Kommen wir zu den zwei Punkten, um die es hier geht.


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Erstens: die ökonomische Verantwortung. Es gibt so etwas wie ein verfassungs­rechtliches Gebot zur Effizienz, abgeleitet aus den entsprechenden Prinzipien. Und da kann man nicht einfach nur sagen, da gäbe es irgendein Prozessrisiko, und daher darf man da nichts machen. Die Gutachter haben Ihr Gutachten eindeutig interpretiert.

Ich zitiere aus dem „Standard“: Eurofighter-Gutachter: Ausstieg wäre möglich. Aus­schussexperten bewerten Prozesschancen größer als Risiken. – Zitatende. – Darauf kommt es doch an!

Und weiter: Unser Gutachten geht davon aus, dass das Risiko, das ein Rechtsstreit auslösen würde, im Vergleich zu den Chancen des Ausstiegs gering zu bewerten ist. – „Gering zu bewerten ist“!

Dass nichts vernachlässigbar ist auf der Welt, ist doch klar! Natürlich schreiben Pro­fessoren das hinein. Das sind ja auch seriöse Gutachter gewesen. Aber dass das ein verhältnismäßig geringes Risiko ist, das ist doch die entscheidende Botschaft von dem Gutachten, und die haben Sie erst einmal gar nicht abgewartet.

Das ist ja der Punkt: Sie haben sich, entgegen den Beschlüssen des Nationalrates, vor der Zeit – vor der Zeit! – mit Eurofighter geeinigt, und dadurch – und da kommt jetzt das Zweite – auch in Ihrer materiellen Verhandlungsposition geschwächt. Nicht, dass Sie formal gegen das Parlament und den Beschluss verstoßen haben, aber Sie haben damit sich und vor allem die Republik in der materiellen Verhandlungsposition geschwächt.

Warum? – Es war immer klar erkennbar – selbst für die SPÖ muss das erkennbar gewesen sein –, dass das Ausschussgutachten und der Ausschussbericht wesentlich schärfer ausfallen werden als das, was Koziol liefert. Da Sie aber wieder einmal – nichts anderes ist bekannt und wird wahrscheinlich auch nicht mehr eintreten – dem Druck der ÖVP erlegen sind und von vornherein klar war, dass gar nicht alle Chancen für die Republik ausgenutzt werden sollten, musste man vorher zumachen. Hätte man nämlich auf das Ausschussgutachten gewartet, dann wäre eine Lösung herausge­kommen, wo Sie mit der ÖVP auf Bruch gehen hätten müssen. Und das ist Ihnen das eben nicht wert! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Graf.)

Deshalb: Lassen Sie das Parlament und die SteuerzahlerInnen unbehelligt von diesem Unfug, dass Sie 400 Millionen € eingespart hätten! Erstens müssen wir uns einmal anschauen, ob das so ist, und zweitens ist das ein ziemlich dumpfer Vergleich, wenn man jemanden losschickt, der die Chance hat, mehrere Milliarden, jedenfalls aber mindestens eine Milliarde mit einem halbwegs guten Vergleich einzusparen, und der kommt mit 400 Millionen zurück, und alle müssen jubeln! Auf die Art und Weise sind schon andere „Milchmädchen“ berühmt geworden, die auch auf dieser Regierungsbank Platz genommen haben. (Beifall bei den Grünen.)

Sie übertreffen ja noch Ex-Finanzminister Grasser! Aber offensichtlich ist es so, dass auch auf dem Gebiet der Unseriosität der Argumente ÖVP und SPÖ die Fusion vorantreiben.

Es gibt aber neben diesem Bruch, der hier begangen wurde, dass in der Sache das meiste für die Republik herausgeholt worden wäre, einen anderen Ansatzpunkt, der den Misstrauensantrag der freiheitlichen Fraktion rechtfertigt. Der mag formal klingen, der mag in Österreich nicht viel Bedeutung haben, weil die Realverfassung dem Parla­ment nur die Schmuddelecke der Parteizentralen zuordnet – das gehört geändert –, aber Faktum ist, dass dieses Haus mit Mehrheit – mit deutlicher Mehrheit, Herr Bundesminister! – einen Entschließungsantrag gefasst hat, der an die Regierung, also an den Bundeskanzler in seiner Koordinierungsfunktion und in der sachlichen Aus­führung an Sie und sonst niemanden gerichtet ist, beschlossen hat – ich zitiere –:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ... den Beschaffungsvorgang jedenfalls so lange zu unterbrechen, bis der Bericht des parlamentarischen Eurofighter-Unter­suchungs­ausschusses dem Nationalrat vorliegt.“ 

Und das aus guten Gründen – aus all jenen, die ich vorhin genannt habe –, weil für die Republik viel mehr drinnen gewesen wäre! Das haben Sie mutwillig gebrochen, aus Koalitionsräson. Es ist aber noch viel schlimmer: Sie haben einen Beschluss, eine Aufforderung, die sehr wohl normative Kraft hat – denn sonst gehen wir nämlich heim, dann machen wir nur mehr Parteizentralen- und Regierungspolitik (Abg. Strache: Da brauchen wir da gar nicht mehr sitzen! Da brauchen wir gar nichts mehr be­schließen!) –, eine Aufforderung, die das Parlament an Sie gerichtet hat, absichtlich, mit Anlauf und aus primitiver Koalitionsräson unterlaufen! (Beifall bei den Grünen.)

Das allein rechtfertigt den Misstrauensantrag, und wir werden ihn deshalb unterstützen, einfach aus der Erkenntnis heraus, dass es im Wechselspiel zwischen Parlament und Regierung das allerhöchste Gut ist, dass die Exekutive sich an das hält, was die Legislative vorgibt. (Beifall bei den Grünen und der FPÖ.) Wohin kommen wir denn da? Das ist ja ein Verfassungsbruch, den Sie hier begehen!

Es rettet Sie Ihre Sympathie nicht, ich habe es Ihnen schon gesagt. Es ist wirklich so, dass die SPÖ sich hier in die Fußstapfen der ÖVP begeben hat. – Und jetzt wollen wir uns der ÖVP zuwenden und dem eigentlichen Prüfgegenstand dieses Untersuchungs­auftrages.

Es ist immer wieder von „rauchenden Pistolen“ die Rede gewesen. Die Verfahrens­ordnung des Parlaments und die Verfassung haben keinen Ausschuss für „rauchende Pistolen“ kreiert, sondern Untersuchungsausschüsse haben die schlichte Aufgabe – und die ist wichtig genug! –, exekutives Handeln zu untersuchen, natürlich immer ex post, also im Nachhinein, und zu schauen, wie das abgelaufen ist, in der Regel, um Konsequenzen zu ziehen, politische Verantwortung einzufordern, allenfalls auch ein­mal zu nehmen – aber davon sind wir ja in der österreichischen Realverfassung noch weit entfernt –, jedenfalls aber, um hinkünftig bestimmte Vorgänge zu unter­binden. Und dem wollen wir uns jetzt zuwenden.

Es war ja nur ein Zufall der Geschichte, dass hier ein Vorgang durchleuchtet wurde, wo die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses dazu hätten beitragen können, wie wir sagen, eigentlich hätten beitragen müssen, wenn nicht gerade die regieren würden, dass auch noch Konsequenzen im Beschaffungsvorgang selbst, nämlich Ausstieg aus dem Vertrag oder ein wesentlich besserer Vergleich, hätten herauskommen müssen. Aber grundsätzlich wird der Ablauf der Vergabeentscheidung in dem Fall untersucht.

Wenn Sie von der ÖVP sich hier dauernd als Sicherheitspartei aufspielen oder bezeichnen, muss ich Ihnen schon recht geben: Mit Sicherheit ist die ÖVP die Partei, die in Rüstungsfragen die größtmögliche Steuergeldverschwendung anstrebt und auch durchgesetzt hat. Da wird diese minimale Korrektur nichts ausrichten. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Graf.)

Da treffe ich mich in einem Punkt mit der ÖVP: Es wird noch der Rechnungshof und allenfalls ein neuer Untersuchungsausschuss prüfen müssen, ob diese angebliche Einsparung von 400 Millionen € am Schluss nicht eine Verteuerung darstellt. Dafür gibt es nämlich sehr viele Anzeichen. Erstens wissen wir, wie ungeschickt die Regierung immer verhandelt, und zweitens wissen wir, wie geschickt sich der Rüstungskonzern immer gegen die Interessen dieser Republik durchgesetzt hat.

Bei den Betriebskosten werden wir eine relative Verteuerung erfahren, das kann man an fünf Fingern abzählen. Und welche Einsparung das sein soll, wenn weniger Stück


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gekauft werden und halt entsprechend weniger bezahlt wurde, das ist mir auch noch nicht vorgerechnet worden.

Aber lassen wir das, wir werden ja zukünftige Untersuchungen damit beauftragen müssen. Kommen wir zu diesem Vergabeablauf, der ganz offensichtlich alle Elemente einer Schiebung beinhaltet. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Beginnen wir bei der Ausschreibung und der Situation davor. – Ein Finanzminister, der sich von MAGNA aushalten hat lassen, ins Flugzeug setzen hat lassen, nach Manching fliegt und dort schon die Paketpunkte verhandelt – und interessanterweise kommt nach eineinhalb Jahren, nach einem ewig langen Beschaffungsvorgang genau das heraus, was dort schon auf dem Tisch war: nicht 24, sondern 18 Flieger! – Euro­fighter ist nämlich so teuer, dass man um das Geld, das die Republik avisiert hat auszugeben, überhaupt keine 24 Flieger bekommt.

Und jetzt können wir die Elemente dieser Schiebung genau nachvollziehen:

Eurofighter hätte zum Zeitpunkt der Ausschreibung schon allein deshalb ausgeschie­den werden müssen, weil sie zum vereinbarten Liefertermin gar nicht liefern hätten können.

Zweitens: Niemals hätten die Herren Wolf und Knoll, die Freunde von Steininger, des Lobbyisten, in der Vergabekommission sitzen dürfen! Das hat das Kontrollamt be­stätigt, nur: Das ist gar nie gehört worden von Herrn Platter und von Herrn Scheibner. Und jetzt ist das Ergebnis evident: Die haben mit Abstand die meisten Punkte vergeben. Es ist nachweisbar – lesen Sie nach im Bericht! –: Die Zahlungsvariante wurde so gewählt, dass nur Eurofighter als Bestbieter übrig bleiben konnte, aber anstatt der neunjährigen Finanzierungsverpflichtung, die Sie übernommen haben, hat am Schluss erst wieder die Republik den Kredit aufgenommen. Und das sind Kriterien, wo alle anderen Bieter besser gewesen wären.

Eine klassische Vergabeschiebung, wie wir sie bei jedem Tunnelbau, bei jedem Brück­bau erleben dürfen und wo es sofort Konsequenzen geben würde! – Nicht so hier, weil die Vorgänge komplizierter und die Mauern des Schweigens dicker sind.

Aber kommen wir zur Frage der Finanzierungen von Parteien und zur Frage von schmiergeldähnlichen Zahlungen, die einfach in die politische Landschaft einfließen. Was sonst soll es denn sein, wenn Herr Steininger 7 Millionen, 8 Millionen € bekommt, um hier in Österreich irgendwelche Firmen zu bedienen – und wer weiß, wen sonst noch? Was soll es denn sein? Keine Gegenleistung! Was sonst soll es denn sein, wenn Rumpold 6 Millionen, 7 Millionen bekommt, von denen maximal 2 Millionen € per Rechnung nachgewiesen werden können?! Maximal – das ist das Ergebnis dieses Ausschusses!

Am Schluss braucht sich also niemand eine weiße Weste umzuhängen, weil dem Aus­schuss die Instrumente genommen wurden, hier noch weiter zu forschen, weil Sie und Sie (erst in Richtung SPÖ, dann in Richtung ÖVP weisend) nicht einmal die Akten übermittelt haben, die dazugehören.

Was bleibt ist: Das Parteiengesetz muss reformiert werden, alle Spenden sind offen­zulegen, und das Vergabegesetz und die Richtlinien detto. Nie wieder darf es solche Vergabeschritte geben, die von vorne bis hinten jeder Manipulation Tür und Tor öffnen! Diese Manipulationen haben Sie zu verantworten, und dass die nachgewiesenen Ergebnisse dieser Manipulation von Ihnen nicht verwertet worden sind, haben auch Sie zu verantworten.

Kollege Cap wird jetzt wieder erklären, warum er gestern so gesprochen hat wie ich heute und warum heute alles anders ist, und er wird erklären, warum morgen wieder


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alles anders ist. Wissen Sie: Gebrochene Wahlversprechen sind wir gewohnt, aber mit einem gebrochenen Rückgrat kann man die Dinge, die man eigentlich mit 35 Prozent Wählerstimmen umzusetzen in der Lage ist, auch nicht mehr umsetzen. Sie benehmen sich wie die kleinste Partei. Das ist wirklich Ablehnung jeder Verantwortung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.29


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Klubobmann Dr. Cap. 8 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


11.30.01

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich sehe schon, ich muss einen Sommerkurs veranstalten, und zwar: Oppositionspolitik, aber richtig! (Ironische Heiterkeit bei Grünen, FPÖ und BZÖ.) Werner Kogler bekommt einen Freiplatz, das verspreche ich ihm hiemit (Abg. Strache: Weder Oppositions- noch Regierungspolitik habt ihr je zusammengebracht!), denn das hat es ja überhaupt noch nicht gegeben: Ein Miss­trauens­antrag gegen einen Minister, der 6 Milliarden Schilling – in Altwährung – einspart! Das ist seit 1945 eine Einmaligkeit! (Abg. Strache: Ist doch genau das Gegenteil der Fall: schlechte Qualität zu noch höherem Preis!) Es ist so etwas von unberechtigt, diesen Misstrauensantrag zu stellen, das ist ja unglaublich. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt stelle ich eine Frage: Wie wäre denn die Nationalratssitzung verlaufen, wenn sich Minister Darabos auf einen Prozess eingelassen hätte, den Prozess verloren hätte und Österreich dann die 18 Flieger hätte nehmen müssen plus die Prozesskosten? – Dann wären der gleiche Werner Kogler und alle anderen hier ans Rednerpult getreten und hätten gesagt: Solche Deppen! Wieso lassen sich die auf einen Prozess ein, jetzt müssen sie alle 18 Flugzeuge übernehmen, anstatt einen Kompromiss einzugehen und 400 Millionen € zu sparen?! – Also Misstrauensantrag! (Abg. Strache: Es ist ja keine Preisreduktion! Es ist ja eine schlechtere Qualität! Vielleicht habt ihr eine Partei­förderung bekommen, ich weiß nicht, warum ...! Habt ihr eine Parteiförderung bekom­men ...?)

Daher: Sommerkurs bei mir belegen! – Sie bekommen auch einen Freiplatz, Herr Abgeordneter Strache. Jawohl, ich werde Sie fördern. Ich mache eine Parteienför­derung für die FPÖ. Jeder bekommt ein Kontingent an Freiplätzen, und dann machen wir einen Sommerkurs, denn das, was Sie heute hier veranstalten, ist eine misslun­gene Attacke! Misslungen! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber jetzt möchte ich mich trotzdem jenen zuwenden, deretwegen wir heute überhaupt hier stehen, jenen, die den Vertrag abgeschlossen haben, einen Knebelungsvertrag, aus dem keiner mehr wirklich herausgekommen ist, weil sie schon damals geahnt haben, dass das mit dem BZÖ zu Ende geht und sie dann möglicherweise mit der SPÖ in der Regierung sitzen, die da heraus möchte. Also haben sie einen Vertrag gemacht, aus dem man nur unter hohem Risiko herauskommt.

Norbert Darabos hat alles Menschenmögliche probiert, und es ist ihm wirklich gelungen, die Stückzahl zu reduzieren und an die 400 Millionen € einzusparen. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Was Sie aber immer verschwiegen haben – auch Kollege Murauer hat in seiner launigen Rede dazu nicht Stellung bezogen –: Sie wollten eigentlich immer ein Flugzeug für ganz andere Aufgaben als Luftraumüberwachung. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Und Sie waren bereit, dafür enorm viel Steuergeld auszugeben.

Auf den Schmäh von Altkanzler Schüssel vom letzten Sonntag im Fernsehen, wo er auf meine Vorhaltung: Mit dem Flugzeug kann man bis Bagdad fliegen und dort


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mitbombardieren, weil es technisch dazu geeignet ist!, gesagt hat: Die Reichweite reicht nicht, denn da geht ihm das Kerosin aus!, kann ich nur sagen: Dann fährt er eben zu einer Eurofighter-Tankstelle, tankt auf und fliegt hin! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Aber technisch kann er das! Und Sie wollten das an Technischem haben.

Selbst Herr Hoeveler von Eurofighter sagt in der „Kleinen Zeitung“: Die Fluggeräte Eurofighter Tranche 2 benötigt Österreich nicht. Das ist alles eher für Luft-Boden-Aufgaben gedacht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wieso braucht man für eine Luftraumüberwachung, bei der ich hochsteige mit einer hoffentlich modernen Digitalkamera, den Eindringling fotografiere und wieder lande, diese Luft-Boden-Raketen? (Zwischenruf des Abg. Kainz.) Wieso soll man da poten­tiell auch Bomben transportieren können? (Abg. Strache: Wie fängt man den Ein­dringling, mit der Kamera?) Also haben Sie einen anderen Plan gehabt: den Plan, bei Einsätzen außerhalb Österreichs mitmischen zu können! Wie heißt das so schön: In eine neue Liga aufsteigen! (Beifall bei der SPÖ.)

Nassauer vom Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit sagte in den „Salzburger Nachrichten“, es hätte der schwedische Draken auch gereicht. (Abg. Scheibner: Draken? – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Dieser Meinung war Herr Scheibner damals auch bis zu dem Kanzlerfrühstück. Sie waren ja ursprünglich für den Gripen! (Abg. Scheibner: ... Kampfbomber!) Das Landesverteidigungsministerium hat damals auch Gripen gesagt, und herausgekommen ist der Eurofighter!

Der Untersuchungsausschuss hat gute Arbeit geleistet, hat wichtige Erkenntnisse zutage gebracht (Abg. Strache: Es hat nur der Minister versagt am Ende! Leider versagt!) und war behilflich, damit dieses Verhandlungsergebnis herausgekommen ist. – Reden Sie nicht Ihre eigene Arbeit schlecht, Herr Klubobmann Strache! (Abg. Strache: Es wäre viel mehr drinnen gewesen!) Es war gute Arbeit, die hier geleistet wurde! (Beifall bei der SPÖ.)

Auch der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr sagt: Aber ja, es tun’s auch weniger Flugzeuge! Geht in Ordnung!

Im Übrigen sagt zu der These, die Sie, Herr Klubobmann Strache, vorhin verbreitet haben, nämlich mit dem sogenannten veralteten Gerät, Herr Hoeveler von Eurofighter: Was heißt „veraltete Geräte“? Das Gerede von den veralteten Geräten ist dummes Zeug, die Flugzeuge werden gerade gebaut. Das ist der Eurofighter. Die kaufen keine schlechteren Flugzeuge, die kaufen jetzt nur Flugzeuge, die wirklich für die Luftraum­überwachung die technischen Voraussetzungen haben und nicht draußen in Bagdad oder sonst irgendwo auf Kosten der österreichischen Steuerzahler mit Luft-Boden-Raketen herumfliegen sollen. – Genau das ist der Unterschied. (Abg. Strache: Von 9 bis 17 Uhr! Und in der Nacht sind wir auf Urlaub, nicht?) Das ist der Unterschied! (Beifall bei der SPÖ.) – Nichts 17 Uhr! Das ist der Unterschied! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich danke dem Untersuchungsausschuss, er hat nämlich auch gezeigt: Rund um die Beschaffungsvorgänge für dieses Flugzeug ist ein einziges Sodom und Gomorrha gewesen! (Abg. Strache: Das ist ein Selbstbekenntnis, Sodom und Gomorrha!) Und das gehört geändert! – Nein, da waren wir nicht dabei. Da sind wir beide gemeinsam in der Opposition gesessen, daran sollten Sie sich schon noch erinnern! Nicht jetzt Geschichtsklitterung machen.

Wir haben ja angeboten, diesen 72-Seiten-Bericht der SPÖ (der Redner zeigt diesen), in dem alles drinsteht, zu beschließen. Es steht auch das drinnen, was Peter Pilz vorhin in seiner Rede gesagt hat, es steht aber auch drinnen, dass wir es begrüßen,


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dass hier 400 Millionen € eingespart werden. Und da haben dann Sie alle gesagt: Nein, das begrüßen wir nicht! Bei einer Steuergeldeinsparung sind wir nicht dabei!

In diesem Bericht steht auch: Künftig müssen Großbeschaffungsvorgänge des Bun­desheeres hier im Parlament, im Landesverteidigungsausschuss, dargestellt werden, offengelegt werden, transparent gemacht werden. Das ist positiv, das haben wir beide als Ergebnis und Schlussfolgerung des Berichtes beschlossen.

Weiters: eine viel bessere Kontrolle und Überwachung des Rechnungshofes (Abg. Murauer: Was der Rechnungshof kontrolliert hat ...!), denn unser Ziel ist es: Nie wieder darf das passieren, was hier rund um die Beschaffungsvorgänge des Eurofighters pas­siert ist!

Ebenso muss es eine Lösung geben: Nie wieder Streit, weil ein Ministerium ge­schwärzte Akten schickt. Das muss ebenfalls geregelt werden – und natürlich die Arbeitsbedingungen für den Untersuchungsausschuss. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir nehmen das Parlament ernst. Wir wollen, dass die Arbeit hier auch wirklich effizient weiter durchgeführt werden kann, denn das ist auch eine Frage der Demokratie. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Grünen.)

Ich bewundere Herrn Altkanzler und Klubobmann Schüssel (Abg. Dr. Stummvoll: Sie bewundern ihn zu Recht!), dass er bei dieser größten Geldverschwendung der Zweiten Republik noch immer ein mildes Lächeln für den Steuerzahler übrig hat – sekundiert vom breiten Lächeln des Abgeordneten Stummvoll. Ich finde das nicht zum Lachen! (Abg. Strache hält ein Schriftstück in die Höhe.)

Zu dem, was Sie da herzeigen, sage ich Ihnen: Wir wollten immer aussteigen. Wir haben es immer probiert. Das war auch einer der Gründe dafür, dass wir mit Ihnen gemeinsam die Einsetzung des Untersuchungsausschusses beschlossen haben. Aber rechtlich zwingend waren die Ergebnisse am Ende des Tages nicht! Leider nicht! Aber ich bin trotzdem sehr zufrieden, dass mit 400 Millionen € Einsparung (Abg. Strache: Keine Preisreduktion!) und weniger Flugzeugen ein für die österreichischen Steuer­zahler, für die österreichische Sicherheit, nämlich wirklich für die Luftraumüber­wachung, kluger Weg gefunden wurde (Abg. Strache: Das ist ja keine Preisreduktion! Gleiche Qualität und Preisreduktion, das ...!), auch im Einklang mit der öster­reichischen Neutralität, die in unseren Augen einen großen Wert darstellt. Es wurde versucht, mit diesen Flugzeugen ein wenig um die Neutralität herum in Richtung Bagdad oder wohin auch immer zu fliegen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ihr Aufheulen bestätigt, dass Sie das immer vorgehabt haben.

Ich gratuliere dem Herrn Verteidigungsminister zu diesem Verhandlungsergebnis, er hat unsere Unterstützung! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

11.38


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Maximale Redezeit: 15 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


11.38.42

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! (Abg. Mag. Kukacka: Jetzt kommt der Scharfrichter!) Ich habe den Zuseherinnen und Zusehern an den Bildschirmen heute den Eurofighter-Vertrag mitgebracht. Es ist nicht mehr als dieser Aktenordner. (Der Redner zeigt diesen.)

Meine Damen und Herren, es wäre Herrn Bundesminister Platter zumutbar gewesen, diesen Aktenordner zu studieren! Er hat im Ausschuss zugegeben, dass er diesen Vertrag nicht einmal gelesen hat! – So viel zum Thema politische Verantwortlichkeit. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)


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Und jetzt kommt Herr Kollege Murauer hier heraus, der mit Bundesminister Platter gemeinsam hat, dass er den Vertrag auch nicht gelesen hat! (Abg. Murauer: Sie sind der Einzige, der ...!) Meine Damen und Herren! Zwei Ahnungslose, die die Haupt­verant­wortung für diesen Vertrag übernehmen wollen!

Hohes Haus! In einem Punkt hat der SPÖ-Klubobmann Recht, und in einem Punkt hat wahrscheinlich auch Bundesminister Darabos Recht: Dieser Vertrag ist ein beispiel­loser Knebelungsvertrag, den Sie zu verantworten haben, Herr Schüssel! (Beifall bei FPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dieser Vertrag beinhaltet Klauseln, zu denen Sektionschef Dr. Steger aus dem Finanz­ministerium gesagt hat, er hat solch einen Vertrag in seiner gesamten Dienstzeit noch nie gesehen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Nur, damit wir sehen ... (Abg. Murauer: Weil es der Erste ist!) – Ja, natürlich, jetzt ist Sektionschef Steger wieder ein Roter, daher ist er ein „Böser“. Wer nicht schwarz ist, ist in diesem Land bei Ihnen ja automatisch böse und sagt daher die Unwahrheit. Das ist das Problem der ÖVP, meine Damen und Herren! (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

Dieser Vertrag beinhaltet – Sie können es nachlesen, Herr Murauer; es wäre nicht zu früh, den Vertrag endlich einmal zu lesen! – im Anhang A 3 folgende Klauseln: eine unbedingte und uneingeschränkte Kaufpreiszahlungsgarantie, selbst für den Fall, dass Herr Bundesminister Darabos den Vertragsrücktritt erklärt hätte. Das muss man auf der Zunge zergehen lassen. Der Zuschauer vor dem Fernsehschirm soll sich jetzt einmal ein Bild machen: Selbst für den Fall des Vertragsrücktritts, das steht ausdrücklich im Vertrag, ja selbst bei einer Gesetzesänderung ist der Kaufpreis uneingeschränkt und unbedingt zu zahlen. Einen solch absurden Vertrag schließt kein normaler Mensch in diesem Land, meine Damen und Herren! (Beifall bei FPÖ, Grünen und SPÖ.)

Kein einziger normaler Mensch schließt solch einen Vertrag, es sei denn, man kriegt etwas dafür – das ist immer noch nicht ausgeräumt. (Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Es gibt in diesem Vertrag, meine Damen und Herren – Herr Murauer, lesen Sie den Vertrag endlich einmal, bevor Sie unqualifizierte Zwischenrufe machen –, einen totalen Einredeverzicht, einen totalen Einredeverzicht!

Herr Kollege Gaál, Sie werden mir das bestätigen: Nicht einmal die SPÖ hat zunächst gewusst, dass ein totaler Einredeverzicht gemacht wurde! – Solch einen Vertrag gibt es in ganz Österreich nur ein einziges Mal, nämlich unter der Regierung Schüs­sel/Platter. Mit stetiger Unterstützung des Kollegen Scheibner und dieses orangen Wurmfortsatzes haben Sie einen solch miserablen Vertrag geschlossen, meine Damen und Herren. Das sind die Fakten! (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Aber schauen Sie ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger (das Glockenzeichen gebend): Einen Augen­blick, Herr Kollege!

Ich verstehe schon die Emotionen, aber ich bitte alle Damen und Herren, wieder auf die Basis einer seriösen Debatte zurückzukehren!

Bitte, setzen Sie fort, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Wir erleben einen einmaligen Anschaffungsskandal, für den Rot heute die Prügel bezieht, obwohl ihn Schwarz und Orange produziert haben! (Abg. Dr. Cap: Jawohl!) Das muss man einmal zusammenbringen. Ja, aber das habt ihr selbst zu verantworten!


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Dieser Knebelungsvertrag ist doch keine Rechtfertigung dafür, Kollege Cap, dass Sie heute die Prügel abholen, die in Wirklichkeit dort abzuliefern wären. Warum machen Sie das? Warum macht Ihr Minister, obwohl er selbst beim Entschließungsantrag noch mitgestimmt hat, am 30. Oktober, dass alle Verhandlungen zu unterbrechen seien, warum macht Ihr Minister, eine Woche bevor dieser Ausschuss seine Arbeit beendet, bevor der Ausschussbericht vorliegt, den Deckel zu und schließt einen Vergleich, einen törichten Vergleich? Es wird sich noch herausstellen, wie viel er uns wirklich kosten wird. (Abg. Mag. Kukacka: Ja, ja, genau!)

Diesen Vergleich haben Sie, Herr Bundesminister, hier wortreich gerechtfertigt, aber ich würde Ihnen vergönnen, einmal zuzuhören oder nachzulesen, welche Zwischenrufe aus den Reihen Ihres Koalitionspartners gekommen sind. Und da erwarten Sie noch, dass irgendjemand Sie lobt für diese Umfallerqualitäten, die Sie hier an den Tag legen? Sie kriegen derzeit rundum die Prügel zu Recht! (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

Dieser Knebelungsvertrag – es ist ein Knebelungsvertrag, ein skandalöser Knebe­lungsvertrag, der hier vorliegt – ist keine Rechtfertigung für Ihre Umfallerei, meine Damen und Herren! Das werden Sie mir nicht erklären können, Herr Kollege Cap. Und ich weiß, wie unwohl Ihnen allen in Ihren Reihen mit diesem Vertrag ist; das weiß ich. Ich weiß, welche psychischen Krämpfe Ihre hochverdienten Mitglieder in der letzten Sitzung dieses Untersuchungsausschusses durchmachen mussten (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), als sie auf einmal nicht mehr mit dem, was wir festgestellt haben, mitgehen durften. Ich weiß, was Kollege Kräuter mitgemacht hat (Abg. Strache: Der ist schon ganz blass!), der gerne anders gewollt hätte, als er durfte.

Kollege Gaál, du auch, du hast mich x-mal angejammert wegen dieses skandalösen Vertrages, und ich weiß, wie zuwider er dir ist, und ich weiß, dass du nicht glücklich darüber bist (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen), dass ihr heute die Prügel dafür kassiert, dass Schwarz und Orange mit dieser Rüstungsfirma einen derartigen Vertrag abgeschlossen haben.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Dieser Vertrag ist keine Rechtfertigung für das Umfallen der ÖVP (ironische Heiterkeit bei der ÖVP) – Entschuldigung: der SPÖ –, und er ist keine Rechtfertigung dafür, dass die ÖVP bei jeder Gelegenheit versucht, den Parlamentarismus mit Füßen zu treten, und Sie dann glauben, umfallen zu müssen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben einen Vizekanzler und Finanzminister, der geglaubt hat, er könne den Ausschuss abdrehen, indem er monatelang keine Unter­lagen an den Ausschuss weitergeleitet hat.

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter Stadler, ich muss Sie noch einmal unterbrechen. Ich bitte Sie, jetzt wieder zu Formulierungen zurückzukehren, die der Würde des Hauses entsprechend sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Was soll denn das?! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Bitte, setzen Sie fort.

 



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Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (fortsetzend): Herr Präsident, Sie sollten dort oben Ihre Parteijacke ausziehen und einfach nur als Präsident agieren! (Beifall bei FPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Kollege Stadler, ich ermahne Sie, sonst werde ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen. – Setzen Sie Ihre Rede fort und beachten Sie, was ich Ihnen gesagt habe!

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (fortsetzend): Herr Präsident, bei aller persön­lichen Sympathie, das, was ich Ihnen hier berichte, ist Faktum! (Abg. Mag. Kogler: Ist alles wahr!)

Faktum ist, dass ein Finanzminister dem Ausschuss seitenweise geschwärzte Akten vorgelegt hat, wo wir wochenlang herumdiskutieren mussten und wertvolle Zeit damit vertan haben, zu klären, ob dieser Finanzminister überhaupt die Verfassung einhält, meine Damen und Herren! Das ist der Zugang zum Parlamentarismus, den die ÖVP hat! Es ist der Zugang zum Parlamentarismus, dass ein nicht von der ÖVP be­herrschtes Parlament in Wirklichkeit ein suspektes Parlament ist.

Gestern haben wir gehört, dass das Parlament sogar den Finanzplatz Österreich gefährdet. Das ist der Zugang zum Parlamentarismus. Aber all das ist doch keine Rechtfertigung für Sie, dauernd umzufallen! All das ist doch keine Rechtfertigung für Sie (in Richtung SPÖ), jedes Wahlversprechen, das Sie abgegeben haben, zu brechen.

Wissen Sie, woher wir dieses Inserat (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe) haben, Herr Kollege Cap? – Dieses Inserat finden Sie nicht auf der Homepage der Sozialdemokratischen Partei. Dieses Inserat wird zur Verhöhnung auf der Homepage der Österreichischen Volkspartei angeboten, meine Damen und Herren! Damit Sie wissen, wie die Schwarzen Sie dafür verhöhnen, dass Sie ihnen die Mauer machen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPÖ, Sie kassieren heute die Prügel dafür, dass Sie umgefallen sind, Sie kassieren aber leider auch die Prügel für einen Vertrag, der an skandalösem Inhalt nicht mehr zu überbieten ist. Und dort haben die schwarzen Freunderl alle mitgewirkt, meine Damen und Herren. Auch die Orangen waren ein bisschen dabei.

Die hysterischen Ausfälle und die hysterischen Anfälle der ÖVP-Fraktionschefin im Ausschuss waren ja so legendär, dass man sogar die Ausschusssitzordnung verän­dern musste (Abg. Dr. Stummvoll: Ziehen Sie das zurück!), weil die ÖVP versucht hat, den Auskunftspersonen andere Zeugenaussagen in den Mund zu legen, sobald der Eurofighter in Gefahr war! Aber natürlich war das so ... (Abg. Dr. Schüssel: Das ist absolut ..., wie Sie sich aufführen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Kollege, ich muss Sie noch einmal unterbrechen. Ich bitte Sie jetzt letztmalig, dass Sie wieder zu einer seriösen Dis­kussion zurückkehren und Unterstellungen hintanhalten!

Setzen Sie bitte fort!

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (fortsetzend): Das ist genau das „fekteröse“ Verhalten, dessentwegen man im Ausschuss sogar die Sitzordnung verändern musste!

Wenn der ÖVP eine Aussage nicht passt, dann wird abgedreht (Beifall bei der FPÖ und den Grünen – Abg. Strache: Das ist genau die Methode!), oder es werden Zeugen sogar noch manipuliert, und es wird ihnen sogar noch die Zeugenaussage vorgekaut in den Mund gelegt. Das ist ÖVP-Parlamentarismus. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, Sie brauchen nicht mehr zu beweisen, dass Sie mittlerweile von einer ÖVP-Fraktion zu einer Eurofighter-Anbetungssekte unter Ihrem Ober­priester Wolfgang Schüssel verkommen sind. Das brauchen Sie nicht mehr zu beweisen, Sie sollten nur noch beweisen, dass es nicht stimmt, dass Sie dafür Geld kassieren!

Die Industriellenvereinigung hat nämlich zugegeben, dass sie für Sie Geld gewaschen hat. Sie weigern sich nur, diese Gelder offenzulegen. Das ist Faktum, meine Damen


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und Herren! Das ist der Zugang zum Parlamentarismus, den Schwarz hat! (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Für diesen Mangel an Selbstbewusstsein, diesen Mangel an Selbstvertrauen, den Sie derzeit haben, in dieser Krise wird Dr. Schüssel für Sie der falsche Doktor sein. Sie werden das nicht bewältigen können, Herr Kollege Cap, wenn Sie sich nicht aus dieser tödlichen Umklammerung heraus­begeben. Ich weiß, wohin diese tödliche Umklammerung schon einmal geführt hat – fragen Sie bei Riess-Passer nach! Wobei aber, Kollege Cap, Frau Dr. Susanne Riess-Passer im Vergleich zu dem, was Sie liefern, geradezu eine eherne Säule an politischer Standfestigkeit ist, im Vergleich zu dem, was Gusenbauer liefert. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Gusenbauer ist ja noch in der Lage, eine Olympiamedaille darin zu erlangen, auf einem halben Quadratmeter politischen Terrains auch noch drei Mal pro Tag umzufallen! – Das ist aber etwas, was nur der ÖVP dient. Es dient nicht dem Parlamentarismus – deswegen bedauere ich, dass Sie das tun –, es dient nicht der Aufklärung – deswegen bedauere ich, dass Sie das tun –, es dient nicht der österreichischen Demokratie und nicht dem Steuerzahler, und es dient auch nicht der SPÖ, aber das ist der letzte Grund, warum ich etwas bedauern würde. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Das müssen Sie sich selbst mit Ihren Wählern ausmachen. Sie sollten einmal hören, was Ihre Leute draußen an der Basis sagen. Das letzte Wahlversprechen, bei dem Sie jetzt noch die Chance hatten, es zu retten und einzuhalten, haben Sie bei dieser Gelegenheit auch noch über Bord geworfen. Da hat Kollege Pilz recht: Ab jetzt gibt es kein Brechen der Wahlversprechen der SPÖ mehr, denn erstens kann jetzt die ÖVP mit der SPÖ machen, was sie will, und zweitens gibt es kein Wahlversprechen mehr, das Sie von der SPÖ jetzt noch brechen könnten.

Daher werden wir in Zukunft diese Geschichte als Beleg dafür bringen, wie Sie von den Schwarzen am Nasenring durch dieses Haus getrieben wurden. Als Beleg dafür, wie man von A bis Z eine Ausschreibung türkt, damit am Ende das herauskommt, was die ÖVP immer schon gewollt hat, nämlich den teuersten aller Abfangjäger. (Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Walter Murauer, du hast jetzt acht Monate lang in diesem Ausschuss entweder geschlafen oder Versicherungspolizzen bearbeitet, aber die Arbeit hat jemand anderer gemacht! Daher reg dich jetzt nicht künstlich auf! (Heiterkeit und Beifall bei FPÖ und Grünen.) Du solltest endlich die Dokumente lesen, die dort vorgelegen sind!

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich zeige Ihnen so ein Dokument: Das ist das Dokument des Herrn Wiederwohl. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Das Dokument Wiederwohl ist vom Mai 2001. Der Herr Wiederwohl schreibt hier für Eurofighter, für EADS genau, was zu tun ist. Er schreibt übrigens auch, dass man den Herrn Schüssel schonen soll, weil er den Skandal rund um die Schreiber-Geschichte noch nicht bewältigt hätte, daher sei es besser, nicht an ihn persönlich heranzutreten, und das sei der Grund für die Zurückhaltung.

Aber der Herr Wiederwohl schreibt auch ... (Abg. Murauer: Widerling!) – Das ist kein Widerling, das ist ein sehr, sehr ernstzunehmender, anständiger Zeuge gewesen! (Abg. Murauer: Ein Widerling!) Der Herr Wiederwohl schreibt auch, dass man MAGNA in Nebenvereinbarungen mit einzubeziehen hat, nachlesbar, die Firma, der sich Herr Finanzminister Grasser so verpflichtet gefühlt hat, denn zu dem Zeitpunkt hatte er noch ein Rückkehrrecht dorthin. Und er schreibt auch, dass am Schluss 18 Flieger heraus­kommen werden, meine Damen und Herren.


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Nun möchte ich dem Steuerzahler in Erinnerung rufen, wie man ihn für dumm verkauft: 18 Flieger sind bereits im Mai 2001 festgestanden, weil man gesagt hat, das ist die Minimalvariante, nachher schaffen wir alles Weitere an, was wir noch brauchen – und da hat es eineinhalb Jahre noch gar kein Hochwasser gegeben. Dann kommt das Hochwasser, und da tun alle so, als ob sie vor lauter Altruismus und vor lauter Mitleid mit dem Steuerzahler jetzt von 24 auf 18 herunterreduziert hätten. Das nenne ich die Verhöhnung des Wählers! Das nenne ich die Verhöhnung des Parlaments! Das nenne ich die Verhöhnung des Steuerzahlers, meine Damen und Herren! (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

Hier haben Sie von A bis Z mitgespielt. Das ist sonnenklar.

Es ist bedauerlich, dass die Industriellenvereinigung ihre Steuerakten dem Ausschuss gegenüber nicht offenlegen muss. (Abg. Murauer: Und der ÖGB!) Es ist bedauerlich, dass wir daher nicht nachvollziehen können, von welcher dritten Seite Sie gewaschene Parteispenden kassiert haben. Und es ist bedauerlich, dass der Herr Bundeskanzler außer Dienst und ÖVP-Vorsitzende außer Dienst Wolfgang Schüssel eine derartige Amnesie im Ausschuss an den Tag gelegt hat, dass er nicht einmal mehr gewusst hat, wer die Millionenspenden an die Österreichische Volkspartei liefert, meine Damen und Herren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist der Grund, warum dann die Auskunfts­person Schüssel so wertlos war im Zusammenhang mit der Frage, welche Partei Spenden kassiert hat.

Wissen Sie, was er gesagt hat? Wir sollen bei der SPÖ nachschauen, die hätten ja viel mehr bekommen. – Das war die ganze Aussage des Kollegen Schüssel. Das ist Ihr Regierungspartner, will ich nur dazusagen. Daher gab es ja den Antrag, die ÖGB-Steuerakten zu öffnen, damit wir die Parteispendenflüsse zwischen ÖGB und SPÖ kontrollieren können, wie sie zwischen Industriellenvereinigung und ÖVP stattgefunden haben.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das waren acht Monate gelebter Parlamen­tarismus, wie er in einer normalen westlichen Demokratie Usus ist. (Abg. Rädler: Acht Monate Selbstdarstellung von Stadler!) Acht Monate lang Chance, Licht in ein Dickicht zu bringen, das zwischen Schwarz und Orange produziert wurde und dessen Ergebnis heute hier liegt, und das ist der skandalöseste Knebelungsvertrag der Zweiten Re­publik, meine Damen und Herren! Acht Monate lang Chance, der ÖVP die Rechnung für ihre Taten, die hier drinnen dokumentiert sind, zu präsentieren. Acht Monate lang zügiges Arbeiten. Acht Monate lang sachliches Arbeiten. (Abg. Rädler: Acht Monate Selbstdarstellung!)

Und dann am Schluss ist man deswegen nicht ins Finale gekommen, weil die SPÖ unter dem Druck der ÖVP im achten Monat umgefallen ist. Das ist bedauerlich. Das wird das nächste Mal so nicht mehr möglich sein, wie ich hoffe. (Ruf bei der ÖVP: Sie werden nicht mehr gewählt!) Ich hoffe, dass die SPÖ zu ihrem Wahlversprechen, wenigstens zu diesem einen noch, steht, dass der Ausschuss ein Minderheitsrecht wird, dass der Ausschuss nicht mehr von einer Koalition mutwillig abgedreht werden kann, dass nicht mehr die eine Koalitionspartei die andere damit erpressen kann, einen Ausschuss abzuwürgen, meine Damen und Herren.

Das ist die Hoffnung, die ich am Schluss dieses Untersuchungsausschusses an Sie und nur an Sie von der Sozialdemokratie noch hege, weil Sie die Chance haben, wenigstens dieses kleine Versprechen noch einzuhalten. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

11.54


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Klubobmann Dr. Schüssel. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.


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11.54.17

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal darf ich dem Verfahrensanwalt Dr. Strasser sehr herzlich danken, der acht Monate hindurch den Ausschuss begleitet hat und dies offensichtlich ohne psychische und physische Schäden überstanden zu haben scheint. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.) – Die Vorrede hätte darauf hindeuten können. – Danke im Namen von uns allen!

Genauso ein Dankeschön an Maria Theresia Fekter, die heute als Volksanwältin oben auf der Galerie sitzt und natürlich gerne hier reden würde – geht aber nicht, weil sie das Mandat niederlegen musste. Kollegin Fekter hat eine ausgezeichnete Arbeit geleistet. Und Sie haben jetzt selber gesehen, mit welchen machistischen, unerhörten Argumenten eine Frau im Ausschuss fertig zu machen versucht wurde. Das gehört auch einmal öffentlich ausgesprochen! Danke, Maria, für deinen Mut und deine Standfestigkeit! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass heute eine fast zehnjährige Dis­kussion abgeschlossen wird. Vor fast zehn Jahren hat Viktor Klima mit mir per Handschlag ausgemacht, wir werden die Nachbeschaffung der Draken machen. Es war die Wahl dazwischen, die SPÖ wollte diese Entscheidung nicht vor der Wahl treffen. Wir haben dann vor ziemlich genau fünf Jahren entschieden – und in der nächsten Woche landen die Eurofighter. Ich begrüße das sehr, weil damit 1 500 Sol­daten in Österreich, die den österreichischen Luftraum überwachen und schützen, endlich aufatmen können, dass die Phase der Unsicherheit vorbei ist. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Das ist sehr positiv. – Auf der anderen Seite, ich sage das jetzt sehr ernst: Ich denke schon, dass wir ein anderes Verhältnis zur Landes­verteidigung im Allgemeinen und zum Bundesheer brauchen. Denn eines sage ich schon auch: Es geht nicht an, dass jede Beschaffung im österreichischen Bundesheer kritisiert, problematisiert, kriminalisiert wird – jede Beschaffung! – und dass am Ende immer eine zweitbeste oder drittbeste Lösung herauskommt und gerade noch eine Gebrauchtvariante übrig bleibt! Meine Damen und Herren, das geht nicht! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Auch wenn das nicht immer populär ist, zur Landesverteidigung und zum Bundesheer zu stehen: Das ist ein notwendiger Preis für ein souveränes, auch ein neutrales Land, das sich im Notfall, im Ernstfall selbst verteidigen muss.

Und, meine Damen und Herren: Dass wir ruhig leben können, dass wir gelassen arbeiten können, dass wir sicher schlafen können, das verdanken wir 30 000 Polizis­ten, das verdanken wir 30 000 Soldaten und Grundwehrdienern – und wenn man die Miliz dazurechnet, haben wir eine Mobilisierungsstärke von 50 000 Mann. (Abg. Strache: 3 000 Polizisten zu wenig in Österreich!) Und die haben ein Recht darauf, von uns anerkannt zu werden und die beste Ausrüstung für den schweren Job zu bekommen. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Josef Cap hat gesagt, der Untersuchungsausschuss hat gute Arbeit geleistet. – Ja, das stimmt, denn dieser Beschaffungsvorgang ist jetzt vier­mal vom Rechnungshof und auch vom Untersuchungsausschuss mehrfach geprüft worden durch fünf Jahre hindurch, acht Monate davon vom Untersuchungsausschuss, und es ist heute klar: Es ist eine transparente Entscheidung gewesen, gut dokumen­tiert, das beweisen schon die unzähligen Akten im Ausschuss (ironische Heiterkeit bei den Grünen), und eine absolut nachvollziehbare Lösung, zu der ich auch heute vollinhaltlich ja sagen kann. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)


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Meine Damen und Herren! Wir wollten eine europäische Lösung. Wir wollten im Verbund mit anderen europäischen Ländern (Abg. Strache: Eine NATO-kompatible Lösung!) – nein, mit der EU – endlich eine kommunikativ erstklassige Lösung haben und eine gute Türöffnung für die heimische, für die österreichische Industrie. Und es ist gelungen: Im Sektor Hochtechnologie im Flugzeug-Produktionsbereich haben sich in den letzten drei Jahren die Umsätze verdreifacht (Abg. Mag. Kogler: So ein Schmäh!), und darauf können wir stolz sein, auch im Interesse unserer Arbeitsplätze. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Meine Damen und Herren, ich will nichts schönreden; es hat einige sehr seltsame Nebenschauplätze gegeben: von Werbeagenturen bis zu Fußballvereinen, die die Hand aufgehalten haben. Ob man das mit Sodom und Gomorrha bezeichnen kann – vielleicht ist das die gemeinsame Adresse von Rumpold und Rapid –, das weiß ich nicht. Aber nichts davon ist von der Bundesregierung veranlasst oder auch nur ermutigt worden. Und da gebe ich den Ausschussrednern durchaus recht: Da braucht es Regeln für Lobbyisten, für Vermittler, da braucht es auch interne Regeln im Bun­desheer, damit ganz klar abgegrenzt werden kann, was auch im privaten Umgang zulässig und wünschenswert ist, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Noch etwas: Es ist auch vollkommen klar, dass wir eine begleitende Kontrolle durch den Rechnungshof wollen, was übrigens – das möchte ich fairerweise hinzufügen – die Minister Herbert Scheibner und Günther Platter immer gewollt haben. Herbert Scheibner war es, der angeordnet und um eine möglichst frühe Prüfung ersucht hat. Wir haben uns sogar mehrfach bemüht, eine begleitende Rechnungshofkontrolle zu ermöglichen. Dazu brauchen wir aber eine Gesetzesänderung, die mit unserem gemeinsamen Bericht jetzt möglich sein wird.

Nun, Herr Minister, zum Vergleich. (Rufe bei der ÖVP: Wo ist er? Wo ist der Herr Minister?) – Dann sage ich es halt dem Hohen Haus, ohne dass der Minister anwesend ist, irgendwer wird es ihm schon berichten. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist ja ein Skandal! Das ist ja unglaublich! Bei so einer Debatte!) Bisher haben Sie von der Opposition, inklusive der SPÖ, geprüft, und das ist Ihr Recht, das ist sogar Ihre Pflicht, dass Sie alles, was bei einer solchen Beschaffung geschieht, tatsächlich objektiv prüfen. Jetzt werden wir nach dem Alleingang des Verteidigungsministers für uns dieses Recht in Anspruch nehmen, dass wir genau überprüfen, ob dieser Vergleich dem standhält, was hier versprochen wurde.

Öffentlich wurde von EADS gesagt, es werden 370 Millionen € eingespart. Der Minister hat darauf hingewiesen, dass sich die Einsparung aufteilt: 120 Millionen davon entfallen auf die Betriebskosten. Diesen Vertrag muss er ja erst selber abschließen. Der ist noch gar nicht beschlossen. Und natürlich ist es seine Aufgabe, dass er das so kostengünstig wie nur möglich abschließt. Also da ist ja nichts eingespart worden! Diese Aufgabe liegt noch vor ihm. Und vom Kaufpreis wurden offensichtlich 250 Mil­lionen eingespart.

Sehr interessant ist, was Darabos sagt; ich habe mir das mitgenommen. Im „Kurier“ vom letzten Sonntag, unter „Darabos – Das Portrait“, sagt Darabos selber:

Der Jet-Hersteller bot mir 200 Millionen € Rabatt, aber ohne Stückzahlreduktion. – Darauf sei er vom Verhandlungstisch aufgestanden und gegangen. (Abg. Strache: So ein Unsinn! Das wäre gescheit gewesen!)

Mit Verlaub darf ich jetzt ganz ehrlich sagen: Da 200 Millionen einzusparen und 18 Flieger, Top-Flieger zu bekommen (Rufe bei der ÖVP: Neue! Neue!), neue Flieger zu bekommen – und jetzt 250 Millionen angebliche Einsparung, dafür aber drei Flieger weniger, nicht 18, sondern 15, nicht mehr das neueste Modell Tranche 2, sondern


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Tranche 1 und nicht einmal alle fabriksneu, sondern sogar sechs davon Gebraucht­flieger (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist unglaublich!), meine Damen und Herren, das ruft geradezu nach einer weiteren Prüfung und Evaluierung! (Beifall bei ÖVP und BZÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler.)

Ich glaube daher, das muss man noch gemeinsam diskutieren, und zwar sowohl im Nationalen Sicherheitsrat als auch natürlich mit dem Rechnungshof.

Ich freue mich zum Abschluss, dass es ein weiteres Mitglied im Eurofighter-Fanclub gibt, nach alldem, was etwa Josef Cap behauptet hat: Der Flieger ist winteruntauglich, kann nicht unter 5 Grad plus starten und dürfe sich – so viel zu Bagdad, Herr Kalif! – nicht weiter als 20 Minuten vom eigenen Flughafen entfernen. Das haben Sie alles gesagt. Oder: Der SJ-Vorsitzende hat das ganze als „Klumpert“ bezeichnet. – Nein, Entschuldigung, „Klumpert“ hat Kräuter gesagt. „Schrott“ hat Kollross gesagt. Und jetzt sagt Darabos: Beeindruckend, was Eurofighter alles kann! (Beifall und Heiterkeit bei ÖVP und BZÖ.)

Also ich höre, es gibt noch Platz im Eurofighter-Fanclub.

Wichtig ist mir, dass jedenfalls eine gute Entscheidung für das Bundesheer, für die Sicherheit Österreichs getroffen ist. Und ab jetzt können wir wiederum – weg von der Vergangenheitsbewältigung – für die Zukunft Österreichs und seiner Bürger arbeiten. (Lang anhaltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall beim BZÖ.)

12.03


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheib­ner. 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege. (Rufe bei ÖVP und BZÖ: Wo ist der Minister? – Abg. Mag. Kukacka: Das ist ein Skandal! – Abg. Ing. Westenthaler: Zur Geschäftsordnung!)

Einen Augenblick, Herr Kollege Scheibner. – Es gibt eine Meldung zur Geschäfts­ordnung: Herr Klubobmann Westenthaler, bitte.

 


12.03.37

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Wir wollen eigentlich nur wissen, wo der betroffene Herr Verteidigungsminister ist, denn er ist plötzlich verschwunden.

12.04


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich unterbreche die Sitzung kurzfristig, bis der Herr Verteidigungsminister wieder anwesend ist.

(Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Scheibner. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.05.36

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Anfang war ein Wahlversprechen, vor der ganzen Diskussion rund um einen Untersuchungsausschuss, ein Wahlversprechen der SPÖ, eines von vielen Wahlversprechen, nämlich die Nationalratswahl des letzten Jahres zu einer Abstimmung über den Eurofighter zu machen, weil das braucht man ja alles nicht. Klubobmann Schüssel hat das ja schon dargestellt. Und man hat auch gleich gesagt, was man alles mit dem eingesparten Geld machen wird.


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Es war eines von vielen Wahlversprechen, von dem man genau gewusst hat, dass man es – und ich sage in Klammern dazu: glücklicherweise – nicht einhalten konnte, weil wir alle wissen, und das ist ein Ergebnis des Ausschusses und mittlerweile ein von allen akzeptiertes, dass die Luftraumüberwachung ein verfassungsmäßig gebotenes Ziel und eine Aufgabe jedes unabhängigen Staates ist. (Abg. Broukal steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesminister Mag. Darabos.) – Vielleicht kann man diese Diskussion jetzt einmal beenden – oder ist euch die Frage der Luftraum­überwachung und des Untersuchungsausschusses nicht mehr wichtig? Der Herr Minister hat sich sicher gestärkt und kann jetzt mit voller Kraft hier zuhören und mitwirken.

Eines der Ergebnisse dieses Untersuchungsausschusses ist es, auch in allen Gut­achten festgehalten, dass die Luftraumüberwachung mit Abfangjägern notwendig und unverzichtbar ist. – Eine sehr positive Nachricht dieses Untersuchungsausschusses. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein zweites Ergebnis, das wir haben: dass die Typenentscheidung, die über viele Jahre kritisiert worden ist, als falsch, als rechtswidrig bezeichnet wurde, korrekt gewesen ist und unanfechtbar ist. – Zweites Ergebnis dieses Untersuchungsausschusses. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Drittes Ergebnis: dass der Vertrag, ob er einem jetzt gefällt oder nicht – und wir haben ja damals keinen Vertrag geschlossen, um auszusteigen, sondern wir haben einen Vertrag geschlossen, um diese notwendigen Flugzeuge zu beschaffen und sie auch zu bekommen! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP) –, dass dieser Vertrag korrekt und unanfechtbar ist. – Das ist das nächste Ergebnis dieses Unter­suchungsausschusses.

Meine Damen und Herren von den Grünen, dann hier herzugehen und so zu tun, als ob es diesen Ausschuss nicht gegeben hätte, und dann dieselben Behauptungen hier wieder aufzustellen, das ist auch problematisch (Abg. Mag. Kogler: Lesen Sie den Bericht!), und das sollte man, wenn man es objektiv sieht, auch nicht machen. Aber das haben wir auch schon gesehen: Als es ein positives Gutachten des Rech­nungshofs gegeben hat, hat man gesagt, ja, aber das nächste wird schlecht sein. Dann ist das zweite positive gekommen, dann hat man gesagt, na das dritte wird schlecht sein. (Abg. Mag. Kogler: Missbrauchen Sie nicht den Rechnungshof!)

Vier Untersuchungen des Rechnungshofes kamen zu dem Ergebnis, dass alles korrekt gewesen ist. Ein Untersuchungsausschuss hat klargestellt, dass es keine Gründe für einen Vertragsausstieg gibt. – Also nehmen Sie endlich zur Kenntnis: Dieses größte Beschaffungsvorhaben in der Geschichte der Zweiten Republik ist korrekt abgelaufen und zu Ende gebracht worden! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das heißt, halt, zu Ende gebracht worden ist es ja noch nicht, denn es gab damals, um das gebrochene Wahlversprechen ein bisschen zu kaschieren, einen Auftrag: Es ist der Parteisekretär der SPÖ, damals der Abgeordnete Darabos, mit einem Auftrag aus­gestattet worden – und es war, glaube ich, der einzige Auftrag –: dieses Konzept, dieses Projekt wegzubringen, den Vertrag zu canceln und die Abfangjäger abzube­stellen. Das war der einzige Auftrag – in der Geschichte der Republik einzigartig: dass es einen Verteidigungsminister gibt, der den Auftrag hat, etwas, was das Bundesheer schon hat, wieder wegzubringen.

Wir früher, alle Verteidigungsminister, egal, welcher Couleur, haben gegen härteste Widerstände etwa der Finanzminister und anderer Bundesheergegner versucht, das Notwendige für die militärische Landesverteidigung zu bekommen. (Beifall beim BZÖ.) Jetzt haben wir erstmals einen Minister, der die Abfangjäger abbestellen will – und der jetzt einen Kompromiss vorlegen muss, um das halbwegs zu kaschieren, dass Sie


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dieses Wahlversprechen gebrochen haben, und dann mit Rechenbeispielen so tut, als ob er riesig etwas eingespart hätte.

Dieser Minister – und zu diesen Einsparungen komme ich noch – sagt dann nicht, dass die Mittel aus diesen Einsparungen für das eigene Ressort, für notwendige Sicherheits­aufwendungen investiert werden sollen, sondern: nein, für alles mögliche andere, nur nicht für das eigene Ressort!

Herr Bundesminister Darabos, allein dafür ist ein Misstrauensantrag gerechtfertigt! (Beifall beim BZÖ.) Sie haben die Aufgabe, Ihr eigenes Ressort zu unterstützen, das Geld entsprechend zu bekommen für die notwendigen Aufgaben, aber nicht etwas abzubestellen und die Gelder, die vielleicht dafür fließen werden, für etwas anderes zu verwenden.

Aber welche Gelder? – Kollege Cap hat gesagt, er gibt einen Kurs. Herr Kollege Cap, für euch wäre ein Mathematikkurs, ein Rechenkurs in den Grundrechnungsarten nicht schlecht! (Abg. Mag. Kogler: Jawohl!) Denn von 6 Milliarden Schilling – plötzlich haben wir wieder Schillingwährung! (Abg. Mag. Kogler: Weil sie so alt ausschauen!) –, von 6 Milliarden Schilling an Einsparungen zu reden, ist ja kühn, weil selbst die 370 Mil­lionen €, die hier dargestellt werden, keine 6 Milliarden Schilling sind. Oder haben Sie jetzt einen anderen Umrechnungskurs? – Vielleicht wäre der ehemalige Bundeskanzler Vranitzky für euch ein guter Konsulent für die Euro-Umrechnungskurse (Heiterkeit bei BZÖ und ÖVP), wie wir es beim BAWAG-Ausschuss schon gehabt haben. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Mag. Kogler.)

Aber es sind ja auch nur 250 Millionen € an – unter Anführungszeichen – „Einsparung“, weil 120 Millionen auf Betriebskosten entfallen. Das war auch einer der Diskussions­punkte im Untersuchungsausschuss, dass Betriebskosten in der Zukunft liegen, dass in Wirklichkeit niemand heute feststellen kann, wie hoch sie sein werden, und man deshalb auch nicht festlegen kann, was eingespart werden kann. Sind es also 250 Millionen €, dann sind es schon gar keine 6 Milliarden Schilling, sondern etwa 3,5 Milliarden! Wir wissen ja auch, dass diese 250 Millionen allein aus der Stück­reduzierung resultieren (Abg. Mag. Darmann: So ist es!) und wir, sozusagen noch als Asset für die Firma, schlechtere Flugzeuge bekommen.

Jetzt geht es nicht um Kampfbomber, Herr Kollege Cap! Das ist auch lustig: Der Gripen ist kein Kampfbomber, obwohl Sie selbst gesagt haben, er kann eigentlich dasselbe wie der Eurofighter; der Eurofighter ist ein Kampfbomber. „Neutralitätsflieger“ sind das jetzt plötzlich, obwohl wir ja den Neutralitätsfall – das haben wir gehört – nicht mehr haben, dass ein befreundetes Nachbarland uns militärisch bedroht. Alles nette Argu­men­tationen – aber wenn es um die Sicherheit des Landes geht, sollte man nicht Parteipropaganda bringen, sondern eine sachlich fundierte Diskussion führen! Denn es geht um die Sicherheit des Landes und seiner Bevölkerung, aber nicht um das Kaschieren von gebrochenen Wahlversprechen. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Es geht nicht um Kampfbomber. Und wenn Sie schon „Luftüberwachung“ sagen, Herr Minister Darabos: Warum bauen Sie dann, selbst noch aus den schon gebauten Maschinen für Österreich, die Infrarottechnik aus, die dazu dient, dass man auch bei Nebel und in der Nacht mit diesen Flugzeugen etwas sieht? – Das hat nichts mit Kampfbombern zu tun, sondern es ist unsinnig und fahrlässig, so etwas zu machen! (Abg. Strache: Das ist richtig! Absoluter Schwachsinn!) Es ist unverständlich, dass ein Verteidigungsminister so einen schlechten Kompromiss im Sinne der Sicherheit des Landes umsetzen kann. (Beifall bei BZÖ, ÖVP und FPÖ.)

Genau darum geht es, und ich sage Ihnen: Ja, das stimmt schon, was der Unter­suchungsausschuss erbracht hat. Wir haben diskutiert, ob nicht etwa der Gripen – auch ein Kampfbomber! – ausreichend gewesen wäre, solange wir gesehen haben,


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dass das technisch beste Flugzeug – selbstverständlich allerdings mit wesentlich geringeren Kosten, als wir geglaubt haben – möglicherweise vom Verteidigungsressort allein nicht zu finanzieren sein wird und dass wir nach Alternativen suchen müssen.

Als es die Garantie gegeben hat, war das unsere Philosophie: kleine Stückzahl – wir hatten ja ursprünglich in den Planungen mehr als 24 vorgesehen –, aber dafür tech­nisch bestens ausgerüstet, für unsere Soldaten, weil das unsere Verantwortung ist, und für die Erfüllung der Sicherheitsaufgaben! Das wäre auch das Konzept für das gesamte Bundesheer gewesen: klein in der Menge, aber top bei der technischen Ausstattung. (Beifall beim BZÖ.) Bei dieser Aufgabe, Österreich und seine Bevölkerung zu schützen, darf man nicht herumreden, ob es ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger kostet. (Neuerlicher Beifall beim BZÖ.)

Das wäre Ihre Aufgabe, Herr Verteidigungsminister! Aber das haben wir leider auch in der Vergangenheit vermissen müssen. Denn wenn ein Parteipolitiker nur einen Auftrag hat, nämlich ein gebrochenes Wahlversprechen zu kaschieren, dann gehört er in ein Partei­sekretariat, aber nicht in ein Ministerium und schon gar nicht in ein Sicher­heitsressort wie die Landesverteidigung! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

12.14


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Mag. Kukacka – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Gaál –: Toni, du tust mir leid! Du tust mir leid, Toni! – Abg. Dr. Graf: Kollege Gaál hat das große Los gezogen!)

 


12.14.31

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Das Mitleid, Herr Kollege Kukacka, wird nicht benötigt. – Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Dr. Schüssel, Herr Abgeordneter Scheibner, Sie wissen so gut wie ich oder vielleicht noch ein wenig besser, dass diese Eurofighter-Beschaffung der Tranche 2 nichts mit Luftraumüberwachung zu tun hat und nicht für die Sicherheit und den Schutz Österreichs benötigt wird! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das sind hochmoderne, hoch gerüstete Kampfflugzeuge (Abg. Dr. Stummvoll: Pacta sunt ser­vanda!), die für den Luftkampf und für den Luftkrieg konzipiert sind, und die brauchen wir für die Luftraumüberwachung Österreichs nicht. Sie sind sicherheits­politisch und neutralitätspolitisch nicht erforderlich und notwendig gewesen. Auf das haben wir wieder hingewiesen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Schüssel hält ein Schriftstück in Richtung des Redners.)

Die Sozialdemokratie hat sich immer zur Luftraumüberwachung bekannt, meine Damen und Herren. Aber Sie haben uns in diese Beschaffung – die größte Fehlent­scheidung einer Bundesregierung seit 1945, seit Bestehen der Zweiten Republik, das ist bewiesen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ) – nicht eingebunden! Wir wissen nicht, wie es in Europa sicherheitspolitisch weitergeht: Gibt es eine gemein­same Sicherheits- und Verteidigungspolitik? – Das ist zu beurteilen, das ist zu bewerten. Gibt es Aufgabenteilungen?

Aber das war Ihnen egal! Ohne Wenn und Aber sind Sie drübergefahren und haben die sündteure Beschaffung dieser Kampfjets durchgeführt, die wir nicht brauchen. Nicht in Österreich und nicht in Europa, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer: Jetzt hast du sie erst, Toni! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn Sie, Herr Kollege Scheibner, sagen, dass alles korrekt verlaufen ist (Abg. Murauer: Jetzt hast du sie!), so mag das in vielen Bereichen stimmen, etwa wenn es


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darum geht, dass hier vielleicht persönliche Bereicherung stattgefunden hat oder dass Politiker involviert gewesen sind. Davon habe ich nichts bemerkt, und dafür hat die Sozialdemokratie oder habe ich persönlich nie ein Wort verwendet.

Aber eines haben wir schon feststellen können, Herr Kollege Scheibner: Die Aus­schreibungskriterien, die Vergaberichtlinien, die Muss-Forderungen wurden nicht erfüllt oder kurzerhand in Soll-Forderungen umgewandelt. Das Pflichtenheft wurde nach­träglich geändert – zugunsten von EADS, zum Nachteil der Republik Österreich und zu Lasten der österreichischen Steuerzahler. Daher von uns ein entschiedenes Nein zu dieser Art und Vorgangsweise bei der Beschaffung! Daher hat auch die Bevölkerung bis heute kein Verständnis dafür, dass die Beschaffung in dieser Form stattfindet. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher haben wir Sozialdemokraten (Abg. Rädler: Da kennt sich keiner mehr aus!) auch einen sofortigen Ausstieg aus dieser Beschaffung verlangt (Abg. Strache: Wobei der Herr Minister leider versagt hat!) und der Einsetzung eines Untersuchungs­aus­schusses zugestimmt. Aber bei diesem schlecht verhandelten Vertrag, meine Damen und Herren – und die Gutachter haben es bewiesen –, ist ein Totalausstieg ohne größeres Risiko nicht möglich. (Abg. Strache: Das Risiko wären die Prozesskosten gewesen! Ausschließlich die Prozesskosten!) Daher ist das von Herrn Bundesminister Darabos nachträglich ausverhandelte Ergebnis, nämlich Einsparungen in Höhe von Hunderten Millionen Euro, zu begrüßen und zu unterstützen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und der von Ihnen eingebrachte Misstrauensantrag findet keine Berechtigung und keine Zustimmung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Der vorliegende Bericht bestätigt vollinhaltlich die Kritik der SPÖ und unsere Reformvorschläge über das militärische Beschaffungswesen. Damit wird wieder einmal der Richtigkeit der jahrelangen Forderungen der SPÖ nach Neuordnung des Beschaf­fungs­wesens, Festlegung eines langfristigen Investitionsplanes und von Beschaffungs­prioritäten klar Rechnung getragen.

Meine Damen und Herren! Die SPÖ steht für eine verantwortungsvolle Sicherheits- und Verteidigungspolitik (Zwischenrufe bei der ÖVP), die Vertrauen, Kompetenz und Glaubwürdigkeit vermittelt. Meine Damen und Herren, Sie sind herzlich eingeladen, gemeinsam mit uns und mit Minister Norbert Darabos diesen Weg zu gehen. Denn nur so können wir das Verständnis und die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes für die Erfordernisse der militärischen Landesverteidigung erhalten. Ich lade Sie herzlich ein, mit uns zu gehen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

12.19


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mitter­lehner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.19.31

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich persönlich habe überhaupt kein Problem mit dem Untersuchungsausschuss gehabt, weil jetzt eindeutig klargestellt worden ist und auch im Bericht steht, dass sich die Vorwürfe gegen die ÖVP in keiner Weise bestätigt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Auf der anderen Seite gibt es doch eine Reihe von Merkwürdigkeiten, die eigentlich dringend abgestellt werden sollen. Ich muss schon sagen, wenn sich eine Bewertungs­kommission im Abstimmungsverhältnis von vier zu eins für Eurofighter entscheidet, und zwar in der Nacht vom 24. auf den 25. Juni 2002, in einem anonymen Bewer­tungsverfahren, dann hohe Offiziere eine Art Einsichtsvermerk unterschreiben, nach dem Motto: „Auf Grund der militärisch annähernden Gleichwertigkeit wird auf Grund


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der geringeren System- und Betriebskosten SAAB Gripen der Vorzug gegeben“ (Abg. Scheibner: Hätten Sie es gezahlt? Die Kosten, hätten Sie sie gezahlt?), dann muss ich schon sagen, wenn man hier durch die gemeinsamen Empfehlungen präzisiert, dass die Vergabebestimmungen verschärft werden und dass es dann auch ganz klare Auseinandersetzungen mit Soll- und Muss-Werten gibt, dann finde ich das richtig, und es ist dies eine Konsequenz im Sinne der Republik Österreich.

Aber, Herr Verteidigungsminister, ich kann es Ihnen nicht ersparen: Sie sind mir auch sehr sympathisch, aber ich muss mich mit dem auseinandersetzen, was Sie hier als Vergleich darstellen. Das betrifft nicht nur das Ergebnis; dieses Vergleichsergebnis ist ohnehin schon merkwürdig genug: Wenn Sie auf einmal Schillingbeträge bemühen – Kollege Scheibner hat es ja angesprochen –, dann muss dieses Vergleichsergebnis irgendwie durchsichtig sein und auf dünnem Eis stehen. Noch besser wäre es, in Lire umzurechnen! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Aber, Herr Minister, ich möchte den Weg zu diesem Vergleich ansprechen und da eine kleine Zeitreise unternehmen. Gehen Sie mit mir zurück bis Ostern 2007, da war diese ganze Affäre – beziehungsweise deren Offenlegung – mit Frau Frühstück-Wolf. Dann hat es sich so abgezeichnet: Na ja, jetzt schaut es in Richtung Ausstieg recht günstig aus. Es gab am 11. April auch eine Fernsehrunde. Dann kündigt der Herr Minister an: Ja, Ausstieg, wir werden das prüfen, ich habe Herrn Koziol mit einem Gutachten beauftragt; dieser ist ein wirklich renommierter Zivilrechtler. Das Gutachten kündigt er sogar noch an und sagt, am 11. oder 12. wird das Koziol-Gutachten vorgestellt; er tut es dann aber nicht.

Was Sie da gemacht haben, Herr Minister, dass Sie, wenn Sie schon einen Ausstieg wollen, auch die Rechtsposition abklären wollen: Habe ich gute Karten, habe ich schlechte Karten?, ist richtig. Aber Sie sollten eine Veröffentlichung nicht ankündigen, bevor Sie wissen, was überhaupt drinsteht, sondern Sie sollten es im Talon behalten! Es erhöht Ihre Chancen gegenüber Eurofighter in Verhandlungen. In dem Augenblick, in dem Sie es nicht mehr veröffentlicht haben, haben die gewusst – und wahrscheinlich darüber gelacht –: Na ja, für einen Ausstieg ergeben sich keine wirklichen Gründe. Und genauso war es!

Aber jetzt geht es noch merkwürdig weiter. Koziol-Gutachten: Schauen Sie einmal im „profil“ vom 2. Juli Ihr Interview mit Frau Linsinger an! In diesem Interview sagen Sie: Am 24. Mai war alles fertig. – Am 24. Mai war das fertig?, fragt dann sie, und weiter: Warum haben Sie dann einen Monat gewartet? – Darauf antworten Sie: „Weil ich eben den Kompromiss mit der ÖVP schließen wollte. Außerdem war damals der Unter­suchungsausschuss noch nicht in seiner Endphase“, und das Gutachten von Professor Koziol war noch nicht fertig.

Das Gutachten war fertig! Und wir waren eigentlich schon kurz vor dem Aus­schussende. Also muss in dieser Zeit etwas wirklich substanziell Neues beim Koziol-Gutachten herausgekommen sein. Aber was ist dieses Neue? – Das haben Sie nicht dargestellt.

Herr Minister Darabos, dazu Folgendes: Da standen wir drei Tage vor dem Aus­schussende, und dann sagen Sie am selben 2. Juli in einem anderen Interview: Erst am Freitag, den 30. Juni, haben Sie in neuneinhalbstündigen Verhandlungen alles perfekt gemacht. – Da stimmt ja das Ganze nicht! Entweder haben Sie vorher nicht die Wahrheit gesagt, oder Sie haben nachher nicht die Wahrheit gesagt.

Meine Konsequenz aus dem Ganzen, wenn ich es logisch überlege, ist doch folgende, Herr Minister: Wenn Sie gewartet hätten, wenn Sie nur drei Tage gewartet hätten, hätten Sie auch noch die Gutachten der drei anderen nehmen können und möglicher-


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weise eine bessere Verhandlungsgrundlage gehabt. Zum Zweiten: Sie hätten auch ins Parlament gehen können, Sie haben den Auftrag des Parlaments erfüllt. Sie hätten nicht die ganze Reputation in dieser Hinsicht verloren, und Sie hätten wahrscheinlich auch mit dem Koalitionspartner entsprechend besser verhandeln und das abschließen können.

Daher, Herr Minister, gilt bei einem Leistungsvergleich: Wenn Sie so viel einsparen und dieselbe Leistung erbringen, dann Respekt! Aber vor dem, was jetzt wahrscheinlich Mehrkosten sind und was hinterfragt wird, habe ich keinen Respekt. Herr Minister, Sie sind für mich ein schlechter Verhandler und möglicherweise auch ein problematischer Verteidigungsminister. Ich hoffe, dass nicht beides gilt und auch nicht Sowohl-als-auch. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen, FPÖ und BZÖ.)

12.24


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


12.24.46

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte zuerst kurz auf die Ausführungen des Abgeordneten Stadler eingehen. Herr Abgeordneter, wo immer Sie jetzt gerade sind: Ich möchte es doch sehr stark zurück­weisen, dass Sie die Tätigkeit der Abgeordneten Fekter als „hysterisch“ bezeich­net haben! Das ist eine sehr frauenfeindliche Aussage und zutiefst zurückzuweisen! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ.) Auch wenn ich politisch natürlich nicht immer einer Meinung mit Kollegin Fekter war und bin – aber das geht nun einmal wirklich nicht!

Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es ist eine Tatsache, dass die SPÖ aus dem Vertrag aussteigen wollte. Und ja, es ist auch eine Tatsache, dass die letzte ÖVP-FPÖ- und dann ÖVP-BZÖ-Regierung einen derart schlechten Vertrag ausgehandelt hat, dass der Ausstieg einfach nicht möglich ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das steht im Gutachten. Das ist das Ergebnis aus dem Untersuchungsausschuss, und das haben auch die Gutachter festgeschrieben und schriftlich fixiert – obwohl sie gestern irgendwie etwas ganz anderes gesagt haben; das erinnert mich ein bisschen an eine „Hätt’ i’, tät’ i’, war i’“-Strategie. Aber Tatsache ist, dass es nicht möglich ist! Der Ausstieg ist nicht möglich, und dafür tragen Sie von der ÖVP, von der FPÖ und vom BZÖ die Verantwortung. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte aber die Zeit nutzen, um über meine Eindrücke von der Arbeit im Untersuchungsausschuss zu reden. Ich bin überzeugt davon, dass alle Beteiligten – auch Sie, Kollege Murauer – ihr Bestes gegeben haben. Alle Abgeordneten aller Parteien (Abg. Strache: Mehr war nicht möglich!), die Parlamentsmitarbeiter und -mitarbeiterinnen, der Verfahrensanwalt, die Klubmitarbeiter und -mitarbeiterinnen, alle haben sie engagiert gearbeitet. (Abg. Strache: Mehr hat er nicht können!)

Zu Beginn, währenddessen und auch heute bei den Reden haben ÖVP und BZÖ immer wieder versucht, die Vorsitzführung des Abgeordneten Pilz schlechtzureden, was eigentlich objektiv gesehen so nicht stimmt. (Abg. Murauer: O ja!) Das haben wir auch immer wieder artikuliert. Umso mehr bin ich heute von Ihnen enttäuscht, Herr Abgeordneter Pilz! Sie waren zwar doch etwas mehr schaumgebremst als in den Medien, trotzdem machen Sie es sich sehr einfach, wenn Sie versuchen, uns innerhalb der SPÖ zu spalten. Kollege Stadler war ein bisschen härter, darum soll er sich auch von dem angesprochen fühlen, was ich ihm jetzt sage.


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Herr Abgeordneter Pilz, Sie schreiben in Ihrem Web-Log unter anderem: Deprimierte SPÖ-Abgeordnete haben in ihre Bänke gestarrt. – Und Abgeordneter Stadler sagt heute, wir hätten psychische Krämpfe gehabt oder was auch immer.

Daher halte ich fest: Ich war und bin nicht deprimiert! Ich habe keinen wie auch immer gearteten Krampf! Also möchte ich Sie wirklich ersuchen, dass Sie es unterlassen (Abg. Strache: Das ist ja umso beschämender!), über meine und über die Befindlich­keit meiner Kollegen und Kolleginnen in der Fraktion zu spekulieren und zu urteilen, sondern sich mit politischen Argumenten auseinanderzusetzen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Sie schämen sich nicht einmal! Das ist ja umso beschämender!)

Es ist nämlich wirklich sehr bedenklich, dass Sie so beleidigt reagieren, weil wir einen eigenen Minderheitsbericht gemacht haben, gemeinsam Empfehlungen mit der ÖVP beschlossen haben und Ihrem Bericht nicht zugestimmt haben. Aber was soll’s!

Ein zweiter Eindruck ist mir noch ganz wichtig, und zwar die Rolle der Vertreter von Rüstungsindustriekonzernen wie EADS/Eurofighter bei ihrer Auskunftstätigkeit im Ausschuss. Das sind alles hochrangige Wirtschaftsvertreter, Repräsentanten von Weltkonzernen, und diese Menschen haben es eher in Kauf genommen, für nicht ganz voll genommen zu werden, als dort irgendetwas zuzugeben oder sich an irgendetwas zu erinnern. Ich denke: Wie viel Geld und Korruption muss da im Spiel sein, dass ein ganzes Old-Boys-Netzwerk derart stillhält?

„Sündenfall Männerfreundschaften“, davon hat der Journalist Andreas Koller in einem Artikel in den „Salzburger Nachrichten“ gesprochen. Und im Übrigen befindet sich auf der offiziellen Fan-Homepage der Eurofighter, auf „www.airpower.at“, ein Link auf die Homepage „bubenspielzeug.com“ mit dem Untertitel: Exklusive Geschenke für Buben, große Panzer, Bagger fahren und Fliegen. – Ich denke, das ist sehr bezeichnend!

Meine Damen und Herren! Verantwortlich für den Vertrag, aus dem wir nicht aus­steigen können, sind ÖVP und BZÖ. Es ist der Ausstieg nicht möglich, die Alternative waren Verbesserungen. Bundesminister Darabos ist es gelungen, 400 Millionen € einzusparen – danke schön, Herr Minister, im Namen der österreichischen Steuer­zahler und Steuerzahlerinnen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.29


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: ebenfalls 4 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.29.27

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist gegenüber dem Stil und der Würde dieses Hauses, glaube ich, unangebracht, dass hier mit Unter­griffen, Polemik und unangebrachter Wortwahl ein Wirtschafts- und Sicherheitsprojekt lächerlich gemacht wird. Es geht immerhin um 2 Milliarden € an Steuergeld, es geht um 40 Jahre Luftraumsicherheit, und es geht um Gegengeschäfte in der Höhe von 4 Milliarden €. Ich glaube, da müssen wir uns alle selbst an der Nase nehmen, dass wir das ordentlich abhandeln.

Es hat immerhin schon zehn Jahre gedauert, seit man die Draken-Nachfolge­beschaf­fung eingeleitet hat, und heute kann man Gott sei Dank feststellen, dass die richtige Wahl getroffen wurde für die Sicherheit Österreichs, für die viel eingeforderte Neutra­lität, für die Souveränität. Eines ist mir ganz wichtig: Man muss auch vertragstreu sein. Es hat mich eigentlich sehr gestört, dass man hier Verträge angezweifelt hat, die auf fachlicher Ebene vorbereitet und ausgearbeitet und demokratisch entschieden wurden. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 76

Das Projekt Eurofighter ist natürlich ein Projekt, das interne Diskussionen ausgelöst hat. Es waren immerhin drei Ministerien damit beschäftigt: das Verteidigungs­minis­terium, das mit größter Sorgfalt ein Pflichtenheft ausgearbeitet und das beste Produkt ausgewählt hat, wofür ich mich bedanke, das Finanzministerium, das natürlich den sparsamen Umgang mit dem Geld eingefordert hat, und das Wirtschaftsministerium, wo es um Gegengeschäfte gegangen ist. Und diese Gegengeschäfte bringen uns tagtäglich Arbeitsplätze. Wenn wir in der Wirtschaft, in den Klein- und Mittelbetrieben zehn Jahre brauchen würden, um Entscheidungen zu treffen, was wäre dann los in Österreich mit unseren Arbeitsplätzen und mit unserer Wirtschaftsentwicklung? Also da haben wir kein Ruhmesblatt abgegeben. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass die vielen unterschiedlichen Interessen und die vielen Einflüsse natürlich irgendwo zutage treten in der Diskussion, das ist ja absolut gut, und das ist in der Demokratie auszuhalten. Der Rechnungshof hat jedoch klar festgestellt, dass mit dem Eurofighter das beste Produkt nach den Gesichtspunkten der Sparsamkeit, Wirtschaft­lichkeit und Zweckmäßigkeit gewählt wurde. Es hat eine lange Nutzungsdauer, es ist ein modernes Gerät, und – das ist für mich ganz, ganz wichtig – es ist ein euro­päisches Produkt, das vielleicht in späterer Folge einmal kompatibel ist, um den europäischen Luftraum zu schützen.

Die Staatsanwaltschaft hat sechsmal ermittelt. Alle Anzeigen wurden zurückgelegt. Es hat hier im Parlament unsäglich viele Dringliche Anfragen, Kurzdebatten gegeben zu diesem Thema, und trotzdem hat man dann im Untersuchungsausschuss natürlich noch einmal die Karten ausgepackt. Dieser Beschaffungsvorgang war auf rechtlicher, gesetzlicher Basis aufgebaut, und man kann heute sagen, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gab keine einzige politische Verfehlung, die einer politischen Partei nachgewiesen werden konnte. Es gab private Verfehlungen von Steininger über Wolf bis hin zu Rapid. Gerade Ex-Finanzminister Edlinger, dem wir eigentlich Seriosität zugetraut hätten, hat im Ausschuss mit „tollen“ Erinnerungslücken geglänzt, muss man sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sollten auch darüber nachdenken: Insgesamt bedeutet dieses Projekt auch einen gewissen Imageschaden im Ausland. Also wenn man heute nach Deutschland fährt und gefragt wird, was in Österreich mit dieser Entscheidung los war, so ist das für uns alle nicht ganz lustig. Da schaue ich einmal den grünen Klubobmann Van der Bellen an. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf abschließend allen danke sagen, den Auskunftspersonen für ihre Geduld, für die Fairness. Ich möchte mich im Namen meiner Fraktion bei den Personen, eigentlich vielen Personen, entschuldigen, die im Ausschuss von Pilz, Stadler, Kogler und Kräuter beleidigt wurden, die öffentliche Anschuldigungen ohne Beweise vorgebracht haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Der Auskunftsperson Wall wurde vorge­halten, auch medial, dass sie Besitztümer in England hat und teure Autos fährt, was überhaupt nicht wahr war. Und die Leute sind alle in den Medien vorgeführt worden, und ich meine, das ist nicht fair, und das ist nicht in Ordnung. Das ist kein politischer Stil! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich persönlich bin froh, dass acht Monate Politkabarett Pilz und Freunde beendet sind und dass wir für Österreichs zukünftige Sicherheit das Beste getan haben. – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

12.33


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Klubobmann Ing. Westenthaler. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 77

12.34.00

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Herr Zivildienstminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt einige Erkenntnisse aus dieser Debatte, die hochinteressant sind. Die erste Erkenntnis ist: Kollege Cap, ich war ganz verblüfft über den letzten Satz Ihrer Ausführungen, denn, liebe Kollegen, wer hätte sich noch vor einem Jahr, noch vor zwei Jahren, noch vor einigen Monaten gedacht, dass Kollege Cap hier von diesem Rednerpult aus dem amtierenden Verteidigungsminister zur Anschaffung von 15 Eurofightern gratuliert? Das ist eigentlich etwas Tolles. Gratuliere! Das ist eine Erkenntnis, die interessant ist und die auch ein bisschen zum Stil des Umfallens passt, Herr Kollege Cap.

Zweite Erkenntnis: Sie haben sich sowohl in der Fernsehdebatte am Sonntag als auch heute mit einem Hauptthema beschäftigt, das Ihnen schlaflose Nächte bereiten muss, nämlich dass dieser Eurofighter womöglich nach Bagdad fliegt und dort zum Einsatz gelangt, weil er das möglicherweise könnte – kann er nicht, aber Sie haben das heute wieder mehrfach gesagt. Und jetzt sagen Sie, durch Ihre Abrüstungsgeschichten geht das nicht mehr, und daher träumt Cap von der morgigen Überschrift in einer Tages­zeitung – vielleicht nehmen das die Journalisten auch gerne auf –: Darabos verhindert Bombardierung Bagdads! – Gratuliere, Herr Kollege Cap! Das ist offenbar das, was Sie sich wünschen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist ja alles nicht ernst zu nehmen. (Ruf bei der ÖVP: Traurig ist das!) Ernst zu nehmen ist vielmehr, dass Sie überhaupt nichts gefunden haben in diesem Ausschuss, in dieser Koalition, die da schon wieder so schön vor mir sitzt: Cap, Van der Bellen und die FPÖ natürlich auch mit an Bord. Nichts habt ihr gefunden! (Abg. Strache: Ihr Sekretär! Ihr Werbebüro hat kassiert!) Kein Ausstiegsgrund, keine Verdächtigungen haben sich erhärtet. Der berühmte rauchende Colt, Herr Kollege Pilz, der berühmte rauchende Colt, wisst ihr, was das ist? – Nicht einmal eine Spritzpistole habt ihr gefunden, geschweige denn einen rauchenden Colt, gar nichts, sondern ihr seid gescheitert in diesem Ausschuss mit eurer Vernaderei.

Acht Monate Spielwiese Pilz! – Und jetzt bin ich bei Ihnen, Herr Kollege Strache. Wissen Sie, bei wem sich Kollege Pilz am meisten bedankt? Bei Ihnen und der FPÖ, denn Sie haben diese Spielwiese für ihn möglich gemacht. Und ich sage Ihnen auch: So, wie Sie heute hier sitzen und dem Kollegen Pilz applaudieren, andauernd tuscheln – vorhin wurden auch schon Taschentücher ausgetauscht, weil ihr ja weint, offenbar (Abg. Strache: Was für eine Moral! Welch ein Charakter!); Van der Bellen hat Strache schon mit Taschentüchern versorgt –, Herr Kollege Strache, jedem aufrechten Freiheitlichen dreht es den Magen um, wie ihr da im Hohen Haus pausenlos mit den Grünen packelt! (Abg. Strache: Mister 1 Prozent!) Das ist doch unglaublich, wie links ihr da schon drüben sitzt! Das ist eigentlich eine Unglaublichkeit, und das lehnen wir auch ab. Aber macht nur so weiter: Allianz SPÖ-Grüne, schau, gebt euch die Hand, tauscht Plätze, ich weiß ja nicht, was ihr alles miteinander macht. (Abg. Strache: Wurmfortsatz der ÖVP!) Die Kuschelei Strache–Van der Bellen ist eines der Ergeb­nisse dieses Ausschusses.

Diese Allianz SPÖ–Grüne–FPÖ ist angetreten, um den großen Skandal zu finden. Und heute haben wir das Ergebnis eines krachenden Umfallers der SPÖ, die aus dieser Allianz ausgeschert ist, eines Kniefalls der FPÖ vor den Grünen, die fleißig und artig den Grünen rapportiert und mitklatscht, einen Misstrauensantrag gegen den amtieren­den Verteidigungsminister. Das ist auch ein Ergebnis eurer Ausschussarbeit. Wunder­bar! Und die Flieger? – Sie landen. Die Flieger landen relativ bald, und daher haben wir uns gedacht, wir machen einen konstruktiven Beitrag zum Abschluss dieser Debatte. (Abg. Strache: Er war der Mann mit dem Hut!)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 78

Zum Abschluss dieser Debatte soll es ein versöhnlicher Beitrag sein. Daher bringen wir, die Abgeordneten Westenthaler und Kollegen, einen Entschließungsantrag ein, der lautet:

Entschließungsantrag

Unter Berücksichtigung und in Würdigung der besonderen Verdienste sowohl von Herrn Bundeskanzler


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 79

Dr. Alfred Gusenbauer als auch von Herrn Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos, welche sich beide politisch und persönlich in bekannt vielfältiger Hinsicht im Zusammenhang mit der Eurofighter-Beschaffung aufopfernd um eben diese Beschaffung verdient gemacht haben, stellen die unter­fertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung wird ersucht, beim feierlichen „Fly in“ – also, das nennt sich so, wenn die Flieger kommen – „den ersten beiden gebrauchten Eurofighter-Typhoon die Namen ,Alfred 1‘ und ,Norbert 1‘ zu verleihen und die deutlich sichtbare Anbringung dieser Bezeichnungen auf den Flugzeugen zu veranlassen.“

*****

Ich denke, Sie können hier mitstimmen in Anerkennung der Leistungen von Darabos und Gusenbauer. Eine tolle Sache! (Abg. Strache: Auf dem ersten Flieger steht schon BZÖ drauf! – Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir werden den Entschließungsantrag bezüglich des Misstrauens gegen Herrn Darabos unterstützen, nicht weil Ihre Begründung so toll ist, sondern weil wir der Meinung sind, dass dieser Verteidigungsminister gar nicht Verteidigungsminister sein will. Er will es nicht! Er hat wirklich Probleme mit diesem Amt. Erlösen Sie ihn endlich! Stimmen Sie mit bei diesem Misstrauensantrag, damit Herr Darabos wieder ruhig schlafen kann. (Beifall beim BZÖ.)

12.38


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der soeben von Herrn Klubobmann Ing. Wes­ten­thaler eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und damit ordnungsgemäß eingebracht. Es ist ein Wunsch an die Vollziehung. Wir haben ihn nicht inhaltlich zu bewerten, darum steht er mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Benennung der ersten für Österreich bestimmten Eurofighter

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1 betreffend den Bericht des Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Beschaffung von Kampf­flugzeugen (1/GO XXIII. GP) (192 d.B.)

In Entsprechung des von den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP zuletzt mehrfach und ausdrücklich öffentlich proklamierten neuen politischen Stils sowie unter Berücksich­tigung und in Würdigung der besonderen Verdienste sowohl von Herrn Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer als auch von Herrn Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos, welche sich beide politisch und persönlich in bekannt vielfäl­tiger Hinsicht im Zusammenhang mit der Eurofighter-Beschaffung aufopfernd um eben diese Beschaffung verdient gemacht haben, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung wird ersucht, beim feierlichen „Fly in“ den ersten beiden gebrauchten Eurofighter-Typhoon die Namen „Alfred 1“ und „Norbert 1“ zu verleihen und die deutlich sichtbare Anbringung dieser Bezeichnungen auf den Flugzeugen zu veranlassen.“

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


12.39.13

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Meine Damen und Herren! Herr Präsi­dent! Herr Bundesminister! Kollege Westenthaler! Also, sehr lichtvoll war es nicht. (Ruf bei der SPÖ: Unwürdig!) Niveauvolle Beiträge erwartet man sich von Ihnen ohnedies nicht. Wenn Sie aber schon erklären, wie Sie die Flieger gerne benennen würden, und da man den Schaden, der der Republik hier zweifellos zugefügt worden ist, wirklich zuordnen muss, so müssten Sie die Flieger wahrscheinlich „Schüssel 1“, „Grasser 2“ und „Westenthaler 3“ nennen. Dann hätten Sie die richtigen Namen, aber ich denke, das kann man der Republik nicht zumuten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Ich habe heute aufmerksam die Debattenbeiträge verfolgt, und wir kennen ja eigentlich auch die Ergebnisse des Ausschusses, und ich habe mit großem Erstaunen zur Kenntnis genommen, was etwa der ehemalige Bundeskanzler Schüssel, der nun­mehrige Klubobmann hier erklärt hat. Ich denke, wir waren in einer anderen Veranstaltung, denn man hat im Ausschuss wirklich erkannt, dass es eine militärische Sinnlosigkeit und ein wirtschaftlicher Wahnsinn ist. Und das Ganze hat in einem massiv korrupten Umfeld stattgefunden. Was Sie da an Qualität sehen, Herr Klubob­mann Schüssel, das verstehe ich nicht. (Abg. Murauer: Da haben Sie wieder einmal nicht aufgepasst!)

Ich muss ganz ehrlich sagen: Wissen Sie, wenn Sie hier so wirklichkeitsfremd ver­suchen, etwas herbeizureden, was nicht wirklich ist, dann muss ich sagen: Ich persönlich bin schon glücklich, dass Sie nicht mehr Bundeskanzler sind, und ich bin auch glücklich, dass Herr Grasser nicht mehr Finanzminister ist. Das tut dem Land wirklich sehr gut, glauben Sie uns das! (Beifall bei der SPÖ. – Zahlreiche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dass Sie nicht glücklich sind damit, meine Damen und Herren von der ÖVP, kann ich mir vorstellen. Ich bedauere auch Herrn Molterer, dass er so einen Klubobmann hat, wie er ihn hat, aber das ist jetzt nicht mein Kaffee.

Meine Damen und Herren, man kann sagen, es ist ein Knebelungsvertrag. Sie haben heute Herrn Verteidigungsminister Darabos vorgeworfen, dass er unverantwortlich agiert. – Sie selbst, Herr Schüssel, haben in den Vertrag hineinreklamiert, dass auch


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 80

bei Sittenwidrigkeit, auch bei Nichtigkeit und auch bei Irrtum der Vertrag nicht ange­fochten werden kann. Es muss bezahlt werden, meine Damen und Herren. In der Wirtschaft gäbe es so einen Vertrag nicht, ohne dass der Vorstand sofort aus dem Unternehmen hinausfliegt, wenn er einen derartigen Schaden verursacht. Den haben Sie den Steuerzahlern verursacht, den haben Sie der Republik verursacht. (Abg. Freund: Und was ist mit der BAWAG?) Dazu sollten Sie zumindest stehen, Herr Schüssel. (Beifall bei der SPÖ.)

Bezeichnend sind die Aussagen des Herrn Hillingrathner, das war der Verhandlungs­führer im Finanzministerium. Der hat ja gesagt: Ich alleine habe verhandeln müssen, gegenüber den besten Anwälten des Landes und auch von Deutschland. Ich habe um eine Verstärkung ersucht. Herr Grasser, damals Finanzminister, hat dazu aber nur milde gelächelt.

Jetzt frage ich Sie: Was schließen Sie aus einem derartigen Verhalten, wenn nicht, dass der Vertrag jedenfalls nicht zugunsten der Republik abgeschlossen worden ist? Und das haben Sie eindeutig zu verantworten.

Ich sage nur ganz kurz – und dafür danke ich eigentlich auch dem Herrn Verteidi­gungs­minister, dass er das zustande gebracht hat, was Sie nicht hören wollen –: Es sind 6 Milliarden Schilling – ich sage es in Schilling, weil das auch verständlich ist –, die hier nachgebessert worden sind. (Abg. Strache: Wo gibt es eine Preisreduktion für die gleiche Leistung? – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Das Gutachten Aicher – Aicher ist sicherlich einer der besten, wenn nicht der beste Vertragsrechtler dieses Landes – lautet – ich zitiere –:

„Wenn auch nach Ansicht der Gutachter für diese Sichtweise gute Gründe sprechen,“ – nämlich in der Abwägung – „ist nicht von vornherein ausgemacht, dass das Gericht diesem teleologischen Auslegungstopos“ folgt.

„Selbst wenn diese Grundposition geteilt wird, wäre nicht sicher, dass für das Verstehen einzelner Tatbestandsmerkmale“ das Gericht die gleichen Folgerungen zieht.

Meine Damen und Herren, die Konsequenz wäre gewesen: ein Rücktritt, gleichzeitig ein neuer Beschaffungsvorgang, zwei Verfahren gleichzeitig, und der neue Beschaf­fungsvorgang möglicherweise, wenn das Gerichtsverfahren beendet worden ist, mit Schadenersatzfolgen belastet. (Abg. Strache: Außer Prozesskosten hätte es kein Risiko gegeben!)

Ich meine, man kann bei einigermaßen vorsichtiger Vorgangsweise wirklich nicht anders gehandelt haben, als das Herr Minister Darabos getan hat, und daher sollten Sie ihm alle miteinander herzlich danken, statt hier in schäbiger Art und Weise über ihn herzufallen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.43


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Sonn­berger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Dr. Cap – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Sonnberger –: Eurofighter – Halleluja, Halleluja!)

 


12.43.58

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Pilz: The game is over! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Dass Abgeordneter Pilz zum Vorsitzenden in diesem Ausschuss gewählt wurde, war der erste, größere Fehler von SPÖ und FPÖ. Ein erklärter Gegner der Beschaffung


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 81

von Eurofightern, ja überhaupt ein Gegner der Luftraumüberwachung und vor allem auch einer, der dem Bundesheer eher reserviert und distanziert gegenübersteht, ist meines Erachtens nicht in der Lage, einen Untersuchungsausschuss objektiv zu führen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Murauer: Der das Bundesheer abschaffen will!) Und das hat Pilz auch durch einseitige Fragestellungen, falsche Vorhalte, geschäftsordnungsmäßig unzulässige Anträge nachhaltig bewiesen. Auch wie er Abgeordnete Fekter attackierte, war nicht stubenrein. (Abg. Dr. Cap: Er war ein guter Vorsitzender!)

Geschätzte Damen und Herren! Die ÖVP ist immer für die Luftraumüberwachung eingetreten. Auch in Zeiten, in denen es weniger populär war, stand die ÖVP zur Luftraumüberwachung und zur Sicherheit in diesem Lande. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Murauer: So ist das! – Abg. Strache: Die Sicherheit am Boden gefährden Sie!)

Warum? – Österreich ist gemäß Artikel 9a B-VG in Zusammenschau mit der Verteidigungsdoktrin zur Luftraumüberwachung verpflichtet. Das hat die SPÖ so im Regierungsübereinkommen zur Kenntnis genommen und unterschrieben. Herr Bun­des­minister Darabos! Sie haben sich im Wahlkampf nicht daran gehalten. Sie haben inseriert: „Sozialfighter statt Eurofighter!“ Damit wollten Sie der Bevölkerung den Schmäh aufbinden, dass wir keine Flieger für die Luftraumüberwachung brauchen. Diese Suppe haben Sie sich selbst eingebrockt, diese Suppe müssen Sie selbst auslöffeln. Gusenbauer hat für Sie das Verteidigungsressort erkämpft. Jetzt haben Sie die Chance auf Wiedergutmachung.

Der Vertrag war korrekt. Pacta sunt servanda! Und durch Koziol, einen der besten Zivilrechtler, wurde bestätigt, dass er nicht auflösbar ist, beziehungsweise sehr schwer. Die Vergabe erfolgte korrekt an den Bestbieter.

Herr Darabos, Sie haben im Wahlkampf so agiert wie Landeshauptmann-Stellvertreter Haider in Linz, als er bei der Privatisierung der Voest behauptete, die Russen kommen, die Voest wird zugesperrt. (Abg. Murauer: Genau!)

Wir haben jetzt 15 Eurofighter. Nur zum Vergleich: Die Schweiz hat über 80, Schweden über 100 Abfangjäger. Herr Bundesminister, stimmt es, dass Sie 22 alte SAAB 105 – von 40 sind ja 11 abgestürzt – technisch aufrüsten wollen, und wie viel werden die wirklich kosten? Herr Cap! Warum ist es nicht der SAAB Gripen geworden? Es ist bekannt geworden, Sie haben ein großes Naheverhältnis zu SAAB Gripen. SAAB Gripen hat einfach zu teuer angeboten, viel zu teuer angeboten. In Tschechien haben sie um 40 Prozent billiger angeboten. Wenn sie ordentlich angeboten hätten, hätten sie wahrscheinlich das Rennen gemacht.

Bedenklich, Herr Bundesminister Darabos, ist auch, dass die EADS fünfmal eine Million € an Rapid bezahlt hat. Sie sind Mitwisser! (Abg. Murauer: Wie viel ist das in Schilling? – 70 Millionen Schilling!) Sie sind auch Funktionär bei Rapid. Hat es Gegenleistungen gegeben? Welche Gegenleistungen hat es gegeben? – Da sind Sie uns noch die Beantwortung einiger Fragen schuldig.

Ob es wirklich eine Einsparung gegeben hat, wird sich noch zeigen. Drei Flieger weniger, sechs gebrauchte – gegenüber 18. Zur Tranche 1 hat Gaál gesagt: Was da ist, ist ein Eurofighter der Tranche 1, „also ein Eurofighter im Testeinsatz“. – Oder Abgeordneter Cap im Parlament am 27. April: „Eigentlich ist das Flugzeug eine Art Bastlerhit, ...“ – Herr Bundesminister Darabos! Hier haben Sie noch einige Über­zeugungsarbeit bei den eigenen Genossen zu leisten.

Wir haben Eurofighter, und wir haben eine soziale Politik in diesem Lande. Wir haben zum Beispiel in Oberösterreich eine Arbeitslosenrate von 2,6 Prozent. Wir haben Vollbeschäftigung, und wir haben ein tolles Wirtschaftswachstum mit einer tollen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 82

Zukunft. Wir brauchen Eurofighter und eine soziale Politik! Die ÖVP ist Garant dafür, dass beides umgesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

12.48


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Bundesminister Mag. Darabos für 2 Minuten zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundes­minister.

 


12.48.14

Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos: Hohes Haus! In aller Kürze – ich habe nur zwei Minuten. Viel Feind, viel Ehr offensichtlich!

Herr Westenthaler! Ein „Höhepunkt des Parlamentarismus“, dieser Antrag – es sei mir gestattet, dies hier von der Regierungsbank aus zu sagen.

Herr Mitterlehner, ich habe immer die Wahrheit gesagt. Ich habe die Wahrheit auch Herrn Vizekanzler Molterer mitgeteilt, und ich möchte darauf noch ganz kurz zu sprechen kommen. Sie wissen auch genau – das sollte auch nicht unter den Tisch fallen, weil das verhöhnt wurde –, dass die ÖVP immer wollte, dass die Eurofighter auch im Auslandseinsatz tätig sind, dass das im ersten Konzept drinnen war. Das haben wir verhindert, und das ist nicht notwendig. Das ist nicht mein Konzept von Neutralitätspolitik in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Klubobmann Schüssel, bitte bei der Wahrheit zu bleiben! Ich sage Ihnen jetzt ganz offen, was wir eingespart haben: 370 Millionen € netto, und die werden cash auf das Konto der Republik Österreich kommen, frühestens im September des Jahres 2008 oder spätestens im März 2009. Sie können mich an diesen Taten mes­sen, denn es sind um drei Flugzeuge weniger. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Ist das ein Wahlversprechen?) – Ich muss schnell reden, weil ich nicht so viel Zeit habe.

Es ist kein Wahlversprechen, sondern das ist ein Versprechen, das ich unterzeichnet habe, und dazu stehe ich. Es ist die Tranche 1, Block 5, die für die österreichische Luftraumüberwachung genügt. Wir brauchen kein Flugzeug, um Bodenziele anzu­greifen, wir brauchen ein Flugzeug zur Luftraumüberwachung. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Herr Kollege Scheibner, an Ihrer Stelle wäre ich ganz, ganz ruhig, denn Sie haben diesen Vertrag zu verantworten gehabt, der der schlechteste in der Geschichte der Republik Österreich war!

Drittens: Wir haben tatsächlich einige Dinge abbestellt, Dinge, die auch die deutsche Bundeswehr nicht bestellt hat – die Bundeswehr von Deutschland, einem NATO-Staat, der in Afghanistan und in anderen Ländern im Einsatz ist. Diese Dinge haben wir abbestellt. (Abg. Scheibner: Sie machen das Bundesheer kaputt!) Die haben Sie bestellt, völlig unnötigerweise. Ich weiß nicht, warum, das ist auch nicht mehr in meinem Kompetenzbereich gelegen. Diese Dinge haben Sie bestellt. (Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen.)

Viertens: Wir haben tatsächlich bei den Betriebskosten 120 Millionen € eingespart. Darauf bin ich stolz. Mein Vorgänger, Amtskollege Platter, hat es nicht geschafft, diesen Betrag so zu deckeln (Präsident Dr. Spindelegger gibt neuerlich das Glocken­zeichen), wie er zu deckeln ist. Wir werden weiters einen Besserungsschein unter­schreiben, das heißt 400 Millionen € netto weniger für Österreich, cash auf dem Konto für die Republik Österreich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Der Zerstörer des Bundesheeres soll abtreten!)

12.50



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 83

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


12.51.02

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich weiß nicht, wie man sich fühlt, wenn man drei Stunden lang fast durchgehend allein auf der Regierungsbank gesessen ist (Abg. Ing. Westenthaler: Er war eh nicht da!) und zur Kenntnis nehmen muss (Abg. Strache: Er hat eh eine Pause gemacht! Es ist ihm schlecht geworden! Er ist ja ganz bleich!), dass sich in der Stunde einer wahrscheinlich bitteren politischen Niederlage niemand von Ihren Kolleginnen und Kollegen dazusetzen will. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister Darabos, Sie haben das Parlament getäuscht, Sie haben einen gültigen Beschluss des Parlaments, den Sie als Abgeordneter mitbeschlossen haben, gebrochen. Sie haben die Ergebnisse des Ausschusses nicht abgewartet, die Ergebnisse der Ausschuss-Gutachter nicht abgewartet, Sie haben wahrscheinlich Hunderte Millionen in den Sand gesetzt. Sie haben die wertvollen Ergebnisse eines starken Ausschusses missachtet, weil Sie als schwacher Minister Koalitionsinteressen über die Interessen der Republik Österreich gestellt haben.

Trotzdem bleibt die Hauptverantwortung bei der ÖVP. Das Hauptergebnis des Aus­schusses ist, dass bekannt geworden ist, wie korruptionsanfällig das militärische Beschaffungswesen ist – und dass es eine Partei gibt, die dieses System um jeden Preis zu decken bereit ist. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist eine Erfindung! Das ist eine Lüge! Sie sind ein Lügner!) Das ist der entscheidende Punkt, um den es auch in Zukunft gehen wird.

Die ÖVP weiß, dass die Zahlungsflüsse in Richtung ihrer Kassen zeigen. (Abg. Freund: Das stimmt überhaupt nicht! – Abg. Mag. Kukacka: Das ist eine Lüge!) Der Finanzminister hat sich geweigert, dem Beschluss des Untersuchungsausschusses auf Öffnung der Steuerakten der Industriellenvereinigung nachzukommen. (Abg. Mag. Kukacka: Sie sind ein Lügner!)

Abgeordnete Rauch-Kallat und der Generalsekretär der Industriellenvereinigung haben zugegeben, dass Millionen Euro an Firmenspenden für die ÖVP durch die Industriel­lenvereinigung gewaschen worden sind (Zwischenrufe bei der ÖVP – Abg. Hornek: Beweisen Sie das! Können Sie das beweisen?), und die Republik und die Menschen haben ein Recht zu erfahren, von wem die ÖVP die gewaschenen Spenden bekom­men hat. (Beifall bei den Grünen).

Der Finanzminister hat rechts- und gesetzwidrig diese Klärung verhindert (Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen), also werden in Zukunft nicht nur ein Parlament, sondern auch Strafgerichte bei der weiteren Klärung dieser Affäre Licht ins klassische ÖVP-Dunkel bringen müssen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.53


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prähauser. Ebenfalls 2 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


12.53.38

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister Darabos, sei stolz auf das, was du aus so einem vertrack­ten Vertrag noch in der Lage warst herauszuholen – zum Wohle Österreichs! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, einer der wirklich Schuldigen ist heute eigentlich selten genannt worden, der kesseste Finanzminister aller Zeiten – so hat er sich selbst nicht


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 84

genannt, ein bisschen anders, aber ich darf ihn so bezeichnen –, der diesen Knebe­lungsvertrag aus finanzieller Sicht zu verantworten hat (Abg. Dr. Schüssel: Ein sehr guter Minister!), ein Minister, der zustimmt, einen Vertrag mit 4,48 Prozent Zinsen abzuschließen zu einem Zeitpunkt, wo man unter 3 Prozent in jeder Gemeinde hat finanzieren können. (Abg. Hornek: Bei der BAWAG?) Nicht bei der BAWAG, sondern bei der P.S.K., und dort war Koren zu diesem Zeitpunkt zu Hause.

Meine Damen und Herren, was heißt das im Klartext, bei neun Jahren, 18 Halb­jahresraten? – Pro Jahr 25 bis 40 Millionen Zinsen sinnlos verschleudert! Und das hat dieser Finanzminister zu verantworten. Meine Damen und Herren, wäre diese Regie­rung am 1. Oktober nicht abgewählt worden, müsste sie heute zum Rücktritt aufge­fordert werden. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist gut!)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Scheibner, die Erkenntnis im Ausschuss war schon schlimm, feststellen zu müssen, dass hinter dem Rücken der eigene Partei­freund Grasser die Fäden beim Deal der Eurofighter gezogen hat. Sie haben erst im Ausschuss erfahren, dass das so war.

Ihr Kollege und Parteivorsitzender Westenthaler hat bei der ORF-Diskussion am Sonntag auch zu erkennen gegeben, dass er nicht in der Lage ist, die gesamte Tragweite dieses Knebelungsvertrages zu verstehen. Daher ist jetzt auch seine Argumentation klar, wie er sie hier auf den Tisch gelegt hat. Das hat mit korrektem Verhalten in einem Diskussionsbeitrag nichts zu tun. Das, was Sie heute geliefert haben, war ein Armutszeugnis, aber es unterstreicht Ihre sonntägige Stellungnahme. (Beifall bei der SPÖ.)

12.55


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Eder-Gitschthaler. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.55.36

Abgeordnete Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Eurofighter werden in Österreich landen. Versprochen von der ÖVP – und gehalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Untersuchungsausschuss, ein politisches Tribunal, ist nun nach fast acht langen Monaten mit einem Freispruch für die ÖVP zu Ende gegangen. Der ursprüngliche Vertrag war gut und vernünftig verhandelt. Weiters hat es keine Geldflüsse in Richtung ÖVP und Grüne gegeben. Die ÖVP hat eine blütenweiße Weste. (Lebhafte ironische Heiterkeit, insbesondere bei den Grünen. – Beifall des Abg. Murauer. – Zahlreiche Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten aller Fraktionen.) Man konnte uns nichts vorwerfen – mehrfach durch den Rechnungshof geprüft.

Aber es geht jetzt um die Sicherheit, um die Souveränität, um den Schutz unseres Landes. Es geht aber auch um Verantwortung, um Glaubwürdigkeit und Schutz der Neutralität auf Grundlage des Artikels 9a des Bundes-Verfassungsgesetzes, wie heute schon mehrfach ausgeführt.

Gerade für uns in Salzburg ist klar, dass es ohne funktionierende Luftraum­über­wachung nicht gehen wird, wenn wir eine reelle Chance für die Austragung von Großveranstaltungen haben wollen (anhaltende lebhafte Zwischenrufe), wie zum Beispiel die EM 2008 – Gott sei Dank –, und leider jetzt nicht Olympia 2014.

Daher freut es mich, dass sich nun auch Herr Bundesminister Darabos zur Landes­verteidigung bekannt hat und der Vertragsausstieg endlich vom Tisch ist. Danke schön, Herr Minister! – Ob allerdings 15 Flieger dazu ausreichen werden – Stichwort: Einsätze zur Bürozeit –, wie im Vergleich ausverhandelt, das können uns nur die Experten sagen. Wir haben ja dazu auch die Überprüfung durch den Rechnungshof beantragt.


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Abschließend noch einmal ein großes Danke an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Parlaments und natürlich an unsere engagierte Fraktionsführerin, Frau Volks­anwältin Maria Fekter. (Beifall bei der ÖVP.)

12.58


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 5 Minuten ein. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.58.05

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Tatsache und Fakt ist, dass die Einhaltung des Wahlversprechens bei der letzten Nationalratswahl (Abg. Strache: Wer hat den Haider bedroht?): „Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag“, im Prinzip nicht stattfindet. (Abg. Strache: Aber der Haider hat es doch verhindert!)

Herr Bundesminister, wir wissen, dass man aus jedem Vertrag aussteigen kann. Es ist nur eine Frage der Kosten: Wie viel kostet mich das? Und mit Ende April waren die Kosten – wir wissen das ja auch nur aus dem Ausschuss über die Eurofighter GmbH – bei 1,2 Milliarden €. Das war mit Ende April, und dann wäre noch etwas dazukommen. Hier haben Sie etwas Fracksausen bekommen und sich gesagt: Wie soll ich das machen? Jetzt habe ich Zahlungen, aber trotzdem keine Ware. Das macht doch sonst kein normaler Bürger, dass er irgendetwas abbestellt, irgendwie aus einem Vertrag aussteigt und auch keine Ware bekommt. (Beifall beim BZÖ.)

Tatsache ist, dass niemals zuvor ein Geschäft in der Zweiten Republik Österreich so durchleuchtet worden ist wie dieses Geschäft über die Flugzeuge zur Luftraumüber­wachung.

Sie, Herr Bundesminister, und Ihr Bundeskanzler ebenfalls haben im Wahlkampf gesagt, wir brauchen keine Flugzeuge zur Luftraumüberwachung, wir können alles vom Boden aus machen, wir brauchen keine Luftfahrzeuge. (Abg. Strache: Aber der Haider hat plakatiert: Eurofighter verhindern! – Wer hat ihn dann so bedroht?) Und niemals zuvor wurde etwas so durchleuchtet. Es wurde im Finanz- und im Landes­verteidigungsministerium begleitend durchleuchtet, überprüft, vier Rechnungshof­berich­te hat es gegeben und schlussendlich auch den Untersuchungsausschuss im Nationalrat. Das Ergebnis liegt uns jetzt vor.

Herr Bundesminister Darabos, auf der einen Seite hat es mich zum Schluss schon gewundert, wie Sie zurückgerudert haben. Wahrscheinlich hat der Untersuchungs­aus­schuss einiges zutage gebracht, vor allem, wie die Millionen zu Rapid geflossen sind; ab 2002 jedes Jahr eine Million. Sie sind ja eingetragenes Mitglied bei Rapid, vielleicht haben Sie dort mitgewirkt? Wer weiß, was hier im Raum steht? (Abg. Strache: Wer hat den Haider lebensgefährlich bedroht, Herr Kollege?)

Die Zahl der Eurofighter ist von 24 auf 18 reduziert worden und jetzt auf 15. Ich sage Ihnen jetzt eines: Wenn Sie sagen, Sie haben Einsparungen von 400 Millionen € erreicht, dann werden wir das erst sehen. Die einen sagen, es sind 370 Millionen €, man redet aber auch von 250 Millionen. Es wird wahrscheinlich überhaupt nichts übrig bleiben, wenn man alles aufrechnet, wenn man aufrechnet, dass man einfach bei der Ausrüstung gespart hat. (Beifall beim BZÖ.)

Denn: Wenn ich ein Auto kaufe und sämtliche Extras streichen lasse, dann wird es natürlich auch billiger. Und noch billiger wird es, wenn ich von mehreren Geräten ein paar gebrauchte kaufe, die nicht dem letzten Standard entsprechen, sondern der ersten Tranche, in der noch sämtliche Macken drinnen sind. Die Deutschen werden uns natürlich nicht die besten gebrauchten Flugzeuge geben, sondern jene mit den


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Kinderkrankheiten. Das ist ebenso wie in der Automobilindustrie. (Beifall beim BZÖ. – Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt den Vorsitz.)

Dass Sie von der SPÖ nicht rechnen können, wissen wir ja schon seit geraumer Zeit. Sie haben beim „Konsum“ nicht rechnen können, Sie haben bei der BAWAG nicht rechnen können, bei der verstaatlichten Industrie nicht rechnen können – und jetzt beim Eurofighter können Sie auch nicht rechnen. Das ist die Tatsache, die hier übrig bleibt. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundesminister, im Prinzip ist außer Spesen nichts gewesen. Es wird notwendig sein, das eine oder andere auch in Zukunft noch zu beleuchten, denn es ist ja nicht aller Tage Abend. Wir müssen hier noch schauen, was jetzt eigentlich notwendig ist. (Abg. Strache: Was ist mit dem Haider passiert?) Wie wird es bei den Betriebskosten überhaupt ausschauen? Das frage ich mich auch, denn wenn ich eine geringere Stückzahl habe, sagt ja die Vernunft, dass bei gleich vielen Flugstunden der Verschleiß wesentlich früher da ist. Dann gibt es auch mehr Wartungskosten, das ist auch klar, also dann wird praktisch die Lebensdauer geringer, und das hat natürlich mit der Kostenfrage auch etwas zu tun.

Außerdem wäre es so gewesen, dass bei den beabsichtigten 18 Flugzeugen die letzte Rate wahrscheinlich im Jahr 2014 zu zahlen gewesen wäre, und im Jahr 2014 werden sie schon mit dem Nächsten anfangen müssen, wo man wiederum aus dem Heeres­budget etwas hernimmt. (Abg. Strache: Herr Kollege, was ist mit dem Haider damals passiert? Er wollte die Eurofighter nicht! Er hat ja plakatiert: Eurofighter abbestellen!)

Herr Bundesminister! Die Heeres-Reformkommission hat gesagt, wir brauchen nor­malerweise, um das Bundesheer aufrechtzuerhalten, mehr als 1 Prozent des BIP hiefür. Wir haben 0,66 Prozent – das hat auch Kollege Strache heute ausgesagt –, 0,66 Prozent ohne Eurofighter, mit den Eurofightern sind es 0,97 Prozent, also immer noch unter 1 Prozent. Und das ist für einen Staat wie Österreich, der sonst sehr, sehr gut dasteht, eigentlich sehr, sehr mickrig.

Herr Bundesminister, auf jeden Fall gibt es momentan noch keinen Abschluss, es gibt auch keinen Vergleich, auch keinen Vertrag, auch der ist ausständig, auch das ist aufklärungsbedürftig, und darauf warten wir noch. (Beifall beim BZÖ.)

13.02


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lapp mit 3 Minuten freiwilliger Redezeitbeschränkung zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.03.02

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Im Gegensatz zum BZÖ, das immer nur sich selbst und seinen Funktionärinnen und Funktionären verpflichtet war, sind wir Sozialdemo­kratInnen den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern verpflichtet. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe beim BZÖ.)

Auch wenn Sie jetzt hereinunken, Herr Westenthaler: Das Sittenbild, das wir im Untersuchungsausschuss aufgedeckt haben, wird Sie jetzt gleich zum Verstummen bringen. Ich glaube, Sie, Herr Westenthaler, waren ja geringfügig beschäftigt beim Herrn Rumpold, Sie haben sich dort aushalten lassen. Da ist ein sehr klares Sitten­bildnis herausgekommen: Pressekonferenzen um 96 000 €, Landeshauptleutetreffen, wo der Kaffee von den Landeshauptleuten gekommen ist, um 120 000 €. Hier ist klar dargelegt, wo sehr viel Geld irgendwie hingeflossen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hunderte Stunden haben wir mit zig Auskunfts­personen verbracht. Dabei ist ein Sittenbildnis zutage getreten, dass nämlich


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die Verantwortung immer hin- und hergeschoben wurde. Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, dass zu Beginn unserer Beratungen die Vertreterinnen und Vertreter von EADS überhaupt nicht reden wollten mit uns, auf überhaupt kein Argument eingestiegen sind, sie haben immer gesagt, es war irgendjemand anderer zuständig und verantwortlich.

Allein die Arbeit des Untersuchungsausschusses hat dazu geführt, dass Minister Darabos einen sehr hervorragenden Vergleich für die Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler in Österreich erzielen konnte. Ein herzliches Dankeschön dafür! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Leseübung!)

Es gibt noch weitere Ergebnisse, zu denen wir aufgrund unserer Ausschussarbeit gekommen sind. Es ist mir schon klar, dass Herr Kollege Pilz jetzt Probleme hat, weil natürlich ein sehr positiver Erfolg für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Österreich erreicht wurde. Aber hier gibt es darüber hinaus konkrete Ergebnisse, konkrete weitere Vorgangsweisen, die wir als Resultat der vielen Stunden Arbeit im Untersuchungsausschuss weiter verfolgen werden: Vergabeverfahren, die transparent abgewickelt werden; Vergabeverfahren, an denen keine Beamten beteiligt sein können, die irgendwie in einem Dickicht und in einem Geflecht von Verbindungen und Verantwortungen gefangen sind; Untersuchungsausschüsse, die Minderheitsrechte werden.

All diesen Forderungen werden wir weiter nachgehen, und diese werden wir umsetzen. Und eine Transparenz gegenüber dem Parlament, denn der Vertrag, mit dem Öster­reich geknebelt war, ist erst im Zuge des Untersuchungsausschusses ans Licht gekommen.

Die Ergebnisse, die wir aufgrund der Arbeit des Untersuchungsausschusses erzielt haben, sind sehr erfolgreich. Und, Herr Minister Darabos, herzliche Gratulation! Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wissen, was Sie ihnen erspart haben. (Beifall bei der SPÖ.)

13.06


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. 2 Minuten. – Bitte.

 


13.06.11

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Im Rahmen der Beschaffung der Luftraumüber­wachungs­flugzeuge wurde auch ein Gegengeschäftsvertrag ausgehandelt, und zwar vom damaligen Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel, von Finanzminister Grasser und von Wirtschaftsminister Bartenstein in der Höhe von 4 Milliarden €. Ich glaube, dass das ein hervorragender Vertrag war, denn wenn man sich als Beispiel die FACC in Ried, in meinem Bezirk, ansieht, dann kann man erkennen, dass die Zahlen tatsächlich stimmen, und zwar erhielt diese Firma Aufträge von EADS im Umfang von 780 Millionen €. Damit konnten seit dem Jahr 2002 über 600 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Firma FACC beschäftigt auch 70 Zulieferbetriebe in der Region, wodurch wieder zahlreiche Arbeitsplätze entstanden sind und noch entstehen werden.

In den vergangen Jahren wurden von FACC zwei neue Werke errichtet, wovon natürlich auch die Bauwirtschaft gewaltig profitiert hat. Damit konnte in unserer Region die Arbeitslosenrate auf unter 3 Prozent gedrückt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Nach Aussagen von FACC-Chef Walter Stephan im Untersuchungsausschuss wären durch einen Eurofighter-Ausstieg mehr als 300 Arbeitsplätze gefährdet. Das muss man ganz deutlich sagen. Weiters hat er auch gesagt, die Entscheidung für Eurofighter war


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ein wichtiger Türöffner für den rasanten Aufstieg der Flugzeugtechnologie in Öster­reich. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Das ist besonders hervorzustreichen, denn Stephan hat auch betont, bisher hat die Flugzeugtechnologie in Österreich einen Dornröschenschlaf gehalten. Das ist jetzt wesentlich dadurch verbessert worden, dass diese Technologie weiter gefördert wird.

Herr Bundesminister, mich würde Folgendes interessieren: Sie haben im Ministerrat gesagt und immer betont, durch die Veränderung des Gegengeschäftsvertrages komme es zu keiner Reduzierung der Gegengeschäfte. – Hier steht aber – Sie haben es im Ausschuss gesagt –, es ist jedenfalls davon auszugehen, dass sich das Volumen der zu vermittelnden Gegengeschäfte bei Verringerung des Kaufpreises vermindert.

Was gilt nun, Herr Bundesminister: Vermindert sich dieses Volumen jetzt tatsächlich? Dann mache ich mir gewaltige Sorgen, denn dann sind die Arbeitsplätze in unserer Region, aber auch in anderen Regionen Österreichs gefährdet. Und das wäre über­haupt nicht einzusehen. Da hätte ich von Ihnen gerne eine Antwort. (Beifall bei der ÖVP.)

Bemerken möchte ich auch noch: Im Untersuchungsausschuss wurden Gegen­geschäfte vom Vorsitzenden und auch von vielen anderen einfach nicht zur Kenntnis genommen und ignoriert, weil es nicht in das Konzept der Verweigerer gepasst hat. Aber ich, meine sehr geschätzten Damen und Herren, möchte nochmals betonen, dass diese Gegengeschäfte ein wesentlicher Bestandteil des Vertragsabschlusses waren. Und das sehe ich als sehr positiv an für Österreich und für die Arbeitsplätze in unserem Lande. – Danke schön. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

13.09


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Faul mit einer Redezeit von 3 Minuten. – Bitte.

 


13.09.29

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Pilz, mach dir keine Sorgen um unseren Minister, wenn er alleine auf der Regierungsbank sitzt. Wir wissen, dass er ganz, ganz stark ist, dass er es alleine auch da ganz leicht aushält. Und: Er hat immerhin noch uns hinter sich. (Abg. Ing. Westenthaler: Noch! Noch!) Das ist eine ganz wichtige Sache. (Beifall bei der SPÖ.)

Lieber Kollege Pilz, ich glaube, für dich ist dein Bühnenauftritt zu Ende gegangen – und das erfüllt dich ein bisschen mit Groll. Ich glaube, dass du hier nicht hast durch­schlagen können, ist auch der Grund dafür, warum du diesen Misstrauensantrag eingebracht hast. Als einer, der den ganzen Ausschuss mitverfolgt hat, frage ich mich wirklich: Wäre nicht auch bei anderen Personen zu hinterfragen, ob man nicht auch ihnen das Vertrauen entziehen könnte?

Ich muss da jetzt wirklich nicht noch einmal den Bundeskanzler zitieren, der heute sagte: 4 Milliarden Anschaffungskosten, nicht bedeckt durch das Budget, einfach nicht notwendig in heerespolitischer Hinsicht ... – Herr Bundeskanzler außer Dienst Dr. Schüssel, wenn Sie heute sagen, Sie haben 1 500 Soldaten wieder Luft gegeben, dann muss ich dem entgegenhalten, Sie haben jenen 100 000 Soldaten die Luft genommen, die heute mit dem Glumpert in Österreich herumfahren müssen, mit nicht mehr brauchbaren Lastwägen, mit veralteten Panzern, und die – sie sind leider schon weg – es nie goutiert haben, dass Sie der Luftwaffe einseitig so viel Geld zugesteckt haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Darmann.)

Es ist auch zu hinterfragen, ob es sehr vertrauensbildend war, dass zum Beispiel Bundesminister Platter, wie wir das heute schon gehört haben, mit Ministerialrat Wall


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einen einzigen, hoffnungslos überforderten Beamten 15 Spezialisten, hochrangigen europäischen Rechtsanwälten, die sich im Wirtschaftsbereich sehr gut auskennen, entgegengesetzt hat und dass man Wall noch ermächtigt hat, diesen Einredeverzicht überhaupt abzuschließen.

Herr Bundeskanzler Schüssel, wenn wir uns – ich und Sie – aufgrund dieses Vertrages bei „Donauland“ ein Buch gekauft hätten, hätten wir ein Buch nehmen müssen, das keinen Deckel hat, keine Seiten hat, bei dem es egal ist, ob der Text ordentlich passt, bei dem es egal ist, wann wir es bekommen, welche Farbe es hat – Hauptsache, bezahlen hätten wir es müssen. Den Vertrag hätten wir beide auch um 9,80 € bei „Donauland“ nicht abgeschlossen!

Herr Bundeskanzler, Folgendes habe ich Ihnen auch vorgeworfen: Sie haben bewusst die Bundesfinanzierungsagentur ausgeschaltet, das heißt, die haben nichts zu reden. Zumindest tragen Sie und Ihre Regierung dafür Verantwortung: Sie haben die Finanzierung der EADS übertragen, das heißt, der Lieferfirma – das ist ja überhaupt das Köstlichste! Ich kaufe mir also ein Auto und sage zu dem Autohersteller, er soll mir dann das Geld anbieten. – Und das, Herr Bundeskanzler, können Sie hier heute nicht wegreden. (Abg. Mag. Darmann: Der Herr Bundeskanzler ist nicht im Haus!)

Sie haben mit Ihrer Finanzierung – und dafür gibt es Tausende Beispiele – die Eurofighter zu dem Zeitpunkt der Finanzierung um 1,48 Prozent zu teuer finanziert. Und wenn Kollege Prähauser die 30 Millionen € angesprochen hat, dann muss ich sagen, das stimmt 100-prozentig. Da ist leider viel Geld versickert. (Abg. Mag. Dar­mann: ... ständig im Ausschuss ... falsche Behauptungen wären!)

Und wenn man heute von den Gegengeschäften redet, wie Kollege Freund: Ihre Mitglieder im Ausschuss haben den Vertrag für die Gegengeschäfte nicht gekannt, sie haben nicht einmal gewusst, was sie da besprechen! In Wirklichkeit haben sie nur ja gesagt – das waren die Vertreter der Wirtschaftskammer und der Industriellenver­einigung. Das Einzige, was sie wirklich gesagt haben, Herr Bundeskanzler außer Dienst – das hat der Lorenz Fritz gesagt –: Geld ist nur an Sie und die FPÖ geflossen, und er hat ausgeschlossen, dass die SPÖ einen Euro genommen hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Freund: Ihr wollt es einfach nicht zur Kenntnis nehmen! Das ist das Problem! – Abg. Kainz: Das ist eine Unterstellung! – Ruf: Geht es dir nicht gut?!)

13.12


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sieber. 2 Minuten freiwilliger Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.13.04

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Es wurde heute bereits mehrfach festgestellt, dass wir es hier mit dem größten Beschaffungsvorgang der Zweiten Republik zu tun haben, und deswegen war es den verantwortlichen Ministern Scheibner und auch Günther Platter natürlich ein großes Anliegen, diesen Beschaffungsvorgang sauber und transparent über die Bühne zu bringen – und das hat auch so stattgefunden. (Beifall bei ÖVP und BZÖ. – Bravoruf des Abg. Murauer.)

Das, was wir jetzt hier vorliegen haben, ist ein Vergleich, Herr Minister Darabos, den Sie alleine im stillen Kämmerlein mit Eurofighter ausgehandelt haben, und wir werden uns diesen Vergleich sehr genau anschauen. Selbstverständlich wird auch der Rech­nungshof diesen Vergleich sehr genau unter die Lupe nehmen, und wir alle sind auf das Ergebnis des Rechnungshofes schon sehr gespannt – am meisten wahrscheinlich Sie selbst.


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Seltsam – für uns seltsam –, Herr Minister, ist aber auch, dass Sie vor einigen Wochen verkündet haben, dass Eurofighter Ihnen einen Nachlass von 200 Millionen € bei gleicher Leistung angeboten hat und Sie diesen Vergleich ausgeschlagen haben. – Also das müssen Sie uns erklären! Das wäre wirklich ein Erfolg gewesen, den Sie mit nach Hause gebracht hätten, den wir vielleicht etwas zähneknirschend auch anerkannt haben. (Abg. Mag. Darmann: Da hätten wir gratuliert! – Bundesminister Mag. Dara­bos: Wo haben Sie das her?) – Das ist aus Ihrem Munde in den Zeitungen so geschrieben worden. (Bundesminister Mag. Darabos: Aus meinem Munde haben Sie das gehört?! – Abg. Öllinger: Zähneknirschend!)

Nun, aber wirklich seltsam ist auch, dass im Vertrag dieses Upgrading von Tranche 1 auf Tranche 2 Block 8 nicht mehr enthalten ist. Sie sagen, das brauchen wir nicht! – Herr Minister, Sie und auch ich, wir wissen nicht, was in fünf Jahren, in zehn Jahren, in 20 Jahren in diesem Land in der Luftverteidigung gebraucht werden wird und ob es da nicht sinnvoll gewesen wäre, dieses Upgrading zu machen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Darmann.) Auf jeden Fall haben Sie mit diesem Herausnehmen so viel preisgegeben, dass es die von Ihnen kolportierten Meldungen praktisch „auffrisst“.

Alles in allem, möchte ich Ihnen dennoch sagen, bin ich froh, dass Sie auf den Weg der ÖVP, auf den Weg der Sicherheit für Österreich eingeschwenkt sind. Ich gratuliere Ihnen dazu und kann Ihnen versichern: Wenn Sie in Zukunft in Ihrem Amt wiederum Beratung für die Sicherheit Österreichs brauchen, kommen Sie zu uns von der ÖVP! Wir sind der Garant für Sicherheit in Österreich! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

13.15


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Mag. Kuzdas. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.15.13

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach acht Monaten Untersuchungs­ausschuss ist wohl eines klar: vom saubersten und transparentesten Beschaffungs­prozess in Österreich ist nicht viel übrig geblieben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben sehr viele Ungereimtheiten gefunden – das Einzige, was wir nicht gefunden haben, ist der Punkt ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ja, Rapid hat mit dem Beschaf­fungsvorgang „sehr“ viel zu tun, das muss man einmal klar festhalten. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Klar ist jedenfalls, dass wir den Nichtigkeitsgrund nicht gefunden haben.

Aber eines ist noch offen, meine Damen und Herren: Ich habe Herrn Malzacher, den Sie vielleicht kennen – er ist Chef der Steyr Spezialfahrzeug –, gefragt, ob er aus seiner Erfahrung weiß – weil er sehr lange im Rüstungsgeschäft tätig ist –, wie hoch die Provision bei Rüstungsgeschäften ist, und er hat sie mit 5 Prozent beziffert. Wenn wir jetzt einen Beschaffungswert von 2 Milliarden € unterstellen, dann suchen wir noch immer 90 Millionen. Wir haben erst 10 Millionen gefunden, die irgendwo in Richtung Rumpold und Steininger geflossen sind. (Abg. Prinz: Und Rapid!) – Wo sind die übrigen 90 Millionen? (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir haben heute eine paradoxe Situation: Der Minister, der den unsaubersten Beschaffungsvorgang zu verantworten hat, sitzt als Abgeordneter da und kritisiert jenen Minister, der die Suppe auslöffeln muss. – So kann es nicht sein! (Beifall bei der SPÖ.) Und jener Bundesminister, der für den Vertrag verantwortlich ist, hat sich heute überhaupt noch nicht blicken lassen.

Ich möchte die mangelnde Sorgfalt der Landesverteidigung – Brigadier Mather sitzt oben, er ist Chef der Revision; er wird wissen, was an Sorgfalt hier gröblich verletzt wurde – bei der Auswahl der Mitarbeiter beim Vergabeverfahren und der Zuverläs-


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sigkeitsüberprüfung von Personen ansprechen. Es haben sich Mitarbeiter der Landes­verteidigung und Offiziere am Vergabeverfahren beteiligt, die verwandt, befreundet oder eng bekannt mit Lobbyisten des Rüstungskonzerns waren. (Abg. Scheibner: Sie werden mir nicht sagen, was ich zu sagen habe!)

Seitens der Landesverteidigung wurde es verabsäumt, zu unterbinden, dass sich ein Offizier privat mit einem Lobbyisten 15 Mal getroffen hat und er auf seinem privaten Laptop Daten aus dem Beschaffungsvorgang hatte. – Wer weiß, welche Informationen da geflossen sind!

Der zweite Aspekt ist die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter, und auch hier hat die Lan­desverteidigung erhebliche Fehler gemacht oder hat das Abwehramt grob versagt. Dieses Vorgehen kann mit Fug und Recht als fahrlässig bezeichnet werden. Wie sonst ist es möglich, dass ein Mitarbeiter, der von Auskunftspersonen als ehemaliger Stasi-Mitarbeiter bezeichnet wurde, Geschäftsführer der Euro Business Development ist, das ist jene Firma, die die Gegengeschäfte abwickelt? – Hier hat das Heeresabwehramt versagt!

Schade, dass wir den Nichtigkeitsgrund nicht gefunden haben, das bedauere ich sehr – wir können nur das Beste daraus machen. Jedenfalls ist es uns durch den Untersuchungsausschuss gelungen, die Eurofighter GmbH an den Verhandlungstisch zu bringen und hier 400 Millionen € einzusparen, das ist ganz wichtig. – Herr Bundesminister, herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der SPÖ.)

13.18


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pack. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.18.31

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Als vorläufig letzter Redner meiner Fraktion hiezu darf ich ein paar Fakten festhalten.

Der Ausschuss wurde von Kollegem Pilz als politische Bühne missbraucht (Abg. Sburny: Was heißt hier „missbraucht“?!), alle „rauchenden Pistolen“ sind an den Fakten verpufft. Nach acht Monaten Ermittlung wurde kein nachvollziehbarer Aus­stiegs­grund aus dem Vertrag gefunden, der den österreichischen Steuerzahlern einen Ausstieg zu hohen Kosten und dann notwendigerweise eine neuerliche Beschaffung von neuen Flugzeugen erklären kann. (Abg. Öllinger: Warum lesen Sie das vom Blatt herunter? Haben Sie keine eigene Meinung dazu?)

Herr Bundesminister Darabos, Sie sind jetzt sechs Monate im Amt: Statt sechs Monate lang Scheinverhandlungen zu führen und dann dieses schlechte Ergebnis nach Hause zu bringen, wäre es vielleicht interessanter gewesen, Sie hätten in dieser Zeit den Grundwehrdienst nachgeholt! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall beim BZÖ.)

Fakt ist, die Ausschreibung des Abfangjägers, die Verhandlung über die Abfangjäger-Nachbeschaffung (Ruf: Geschoben!) und die Finanzierung liefen korrekt ab, das wurde im Ausschuss festgehalten. Es wurden weder die Bewertungskommission noch deren Mitglieder noch andere Entscheider in politischen Gremien von irgendwem beeinflusst oder Einflussnahme auf diese Personen geübt. (Beifall bei ÖVP und BZÖ. – Abg. Mag. Kogler: Die halbe Kommission war gekauft, Sie Ahnungsloser!) – Der Ausschuss konnte in diesem Bereich nichts aufklären, was von anderen Parteien immer wieder unterstellt wurde.

Die Eurofighter werden kommen und landen; der Vertrag ist ordentlich zustande gekommen! Die subtilen Vorwürfe gegen die Österreichische Volkspartei haben sich


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als falsch und gelogen herausgestellt, und merkwürdige Geldflüsse wurden nicht bei der ÖVP, nicht bei den Grünen, sondern nur im Dunstkreis der SPÖ (ironische Heiter­keit bei der SPÖ), der Freiheitlichen beziehungsweise beim BZÖ festgestellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine Feststellung am Rande: Seit fünf Jahren haben wir den Euro, und ich glaube, wir wollen nicht mehr zurück zum Schilling – und wir werden über den Schilling auch nicht weiter debattieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Weder der ursprüngliche Vertrag noch, so nehme ich an, der Vergleich, den Sie ausgehandelt haben, beinhaltet das Equipment zur Bekämpfung von Bodenzielen. Also lassen wir dieses Thema mit den „Bodenbombern“. (Abg. Mag. Gaßner: Das ist Ihnen unangenehm!) – Ihr Vorsitzender und jetziger Bundes­kanzler hat gesagt, dass die technologisch minderwertigen Eurofighter, die nicht die Erfordernis des abgeschlossenen Vertrages erfüllen, abbestellt werden – das war im September 2007. (Abg. Krainer: 2007?) – 2005, Entschuldigung.

Lieber Toni Gaál! – Jetzt ist er leider nicht da, aber er hat heute gesagt, die Tranche 2 hat nichts mit der Luftraumüberwachung zu tun, sie ist für den Luft- und Bodenkampf notwendig. In der Nationalratssitzung vom 13. Juni 2003 hat unser Toni Gaál gesagt:

„Was da ist, ist ein Eurofighter der Tranche 1, also ein Eurofighter im Testeinsatz, der nur für Trainingszwecke geeignet ist und nicht den österreichischen Bedürfnissen entspricht. Das steht in krassem Widerspruch zu den Ausschreibungskriterien, zu den Vergaberichtlinien!“

Wie sich der Verteidigungssprecher der SPÖ morgen in den Spiegel schaut, das werden wir uns dann anschauen.

An Herrn Abgeordneten Pilz gewandt möchte ich abschließend noch Folgendes fest­halten: Die ÖVP hat den Eurofighter gekauft; Pilz und die Grünen wollten den „Zero­fighter“; Stadler und die FPÖ hingegen wollten den kampferprobten „Mensurfighter“; die SPÖ wollte ursprünglich einmal den „Sozialfighter“, dann den „Neutralitätsfighter“. – Was hat Darabos ausgehandelt? – Er kauft jetzt den „SPÖ-K.o.-Fighter“. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

13.22


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Herr Abgeordneter Pack! Für das Wort „gelogen“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. – „Lüge“ ist ordnungsruftauglich, das finden Sie auch in der Geschäftsordnung als exemplarisches Beispiel aufgelistet. (Abg. Mag. Gaßner: Das wertet ihn eher auf! Das war so schwach! – Abg. Steibl: Der Pilz hat das auch gesagt!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haimbuchner. 6 Minuten freiwillige Rede­zeit­beschränkung. – Bitte.

 


13.22.33

Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kollegen! Hohes Haus! Fast neun Monate lang hat der Unter­suchungsausschuss nunmehr getagt. FPÖ, Grüne und SPÖ haben es zusammen­gebracht, dass das größte militärische Beschaffungsprojekt dort ordentlich durchleuch­tet wird. – Ja, auch die SPÖ war am Anfang dafür, hier größtmögliche Aufklärung zu betreiben. Dafür lobe ich sie durchaus. Herr Bundesminister Darabos hat sogar gesagt: Ich bin der Verbündete des Ausschusses.

Was ist von diesem Bündnis geblieben, Herr Bundesminister? Was ist davon geblie­ben? (Abg. Mag. Gaßner: 400 Millionen!) – Eine Woche bevor der Ausschussbericht erstellt werden soll, kommen Sie mit einem Vergleich daher, den nicht einmal ein


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Konzipient mit der „kleinen Legitimationsurkunde“ abgeschlossen hätte. – Das ist doch eine Peinlichkeit sondergleichen, Herr Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, ich frage mich, wer war da im Spiel? War das Ihr Sachwalter – der Koalitionssachwalter, die ÖVP? – Die ÖVP hat gesagt: Lieber Norbert, das darfst du nicht machen! Du darfst nicht vom Vertrag zurücktreten, und vor allem darfst du nicht abwarten, was der Ausschussbericht hervorbringt!, denn dann könnte es durch­aus sein, dass man in die Zwickmühle kommt und aus diesem Vertrag aussteigen muss.

Hier muss ich eines ganz offen und ehrlich sagen: Da können einem ja die einen oder anderen SPÖ-Abgeordneten leidtun – Kollege Kräuter, Kollege Faul, Kollege Prä­hauser, auch Sie, Frau Kollegin Stadlbauer, die Sie sich in den Befragungen sehr tapfer eingesetzt haben. Und was ist geblieben? – Am Dienstag sitzen die SPÖ-Abgeordneten wie begossene Pudel im Ausschuss und dürfen nichts machen.

Das müssen Sie sich einmal vorstellen: Nach Hunderten Stunden, nach zig Personen, die man einvernommen hat (Abg. Murauer: Was Sie nicht sagen! – weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP) – ja, lieber Nobert, das ist ein Wahnsinn! –, bleibt bei den fest­gestellten Tatsachen Folgendes übrig:

„8. Festgestellte Tatsachen: Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Protokollen, Auszugsweisen Darstellungen und Kommuniqués des Untersuchungsaus­schusses.“

Das fällt Ihnen ein zu diesem Untersuchungsausschuss?! – Eineinhalb Zeilen! Das ist doch eine Peinlichkeit sondergleichen!

Sehr verehrte Damen und Herren von der ÖVP! Lieber Herr Kollege Mitterlehner! Angeblich war dieses Geschäft so sauber, so korrekt, so transparent – das haben wir ja immer von Bundesminister Platter gehört (anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP) –, und wahrscheinlich war es auch noch irgendwie nachhaltig. – Ja, es hat die Demo­kratie nachhaltig beschädigt!

Wenn es so sauber und so korrekt war, wieso schreiben Sie es dann bitte nicht einmal in einem Satz hinein? Wieso schreiben Sie das nicht hinein, wenn es so in Ordnung war? Oder waren Sie dazu nicht in der Lage, dass Sie die paar Zeilen noch hinzu­fügen? – Also das muss ich Ihnen wirklich einmal sagen: Das ist auch peinlich, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Abg. Murauer: Auch wenn Sie sich noch so bemühen, Sie werden ...! – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der ÖVP! Sie brauchen sich nicht als Retter des Bundesheeres aufzuspielen, wo doch Airchief Wolf gesagt hat, man kann mit diesen 18 Stück Eurofightern nicht einmal 365 Tage im Jahr 24 Stunden am Tag den Luftraum überwachen. Was wir jetzt bekommen, wissen Sie, was das ist? – Das ist ein Bürozeit-Luftraumüberwachungsflieger. Das ist es, was wir jetzt bekommen! In Wirklichkeit gefährden Sie die österreichische Sicherheit nachhaltig. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber wir wissen ganz genau: Darum ist es Ihnen ja nie gegangen! Ihnen ist es nie darum gegangen, den Luftraum zu sichern, sondern es musste der Eurofighter werden, es durfte gar nichts anderes werden. (Abg. Murauer: ... sind es besser ...!) Sie haben jetzt natürlich einen willfährigen Koalitionspartner, der unter Ihrer Sachwalter-Kuratel steht, und insofern ist die SPÖ leider Gottes wieder einmal umgefallen. Sie brauchen sich nicht zu wundern, wenn die Sozialistische Jugend wie in der Weimarer Republik Folgendes skandiert: Wer hat uns verraten? – Sozialdemokraten!


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Schreiben Sie sich das hinter die Ohren. Dafür werden Sie bei den nächsten Wahlen noch ordentlich die Rechnung präsentiert bekommen.

Ich sage Ihnen etwas zum Parlamentarismus: Der Untersuchungsausschuss wäre eine großartige und einmalige Gelegenheit gewesen, die Exekutive wirklich zu kontrollieren und die ÖVP, die sowieso glaubt, sie hätte den Anspruch auf den Besitz dieser Republik, einmal durch das Parlament in die Schranken zu weisen. Diese Gelegenheit, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ, wurde von Ihnen vertan. Denn was soll sich ein einfacher Bürger denken, wenn dieser Ausschuss über viele Monate tagt, und dann kommen Sie auf eineinhalb Zeilen an festgestellten Tatsachen?

Betreffend die Wahlrechtsreform, die Sie beschlossen haben, haben Sie gemeint, es werden mehr junge Menschen zur Wahl gehen. – Es werden vielleicht ein paar junge Menschen mehr zur Wahl geben, aber die werden Ihnen einen Denkzettel verpassen, und andere – alte – Genossen werden zu Hause bleiben, weil sie von Ihnen maßlos enttäuscht worden sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Es hätte auch einmal die Chance bestanden, dass bei Großbeschaffungsprojekten wirklich die Verträge vorgelegt werden. Und auch das ist ja wirklich interessant: Das ist von der SPÖ Jahre hindurch gefordert worden. – Und wo, bitte, Herr Bundesminister, ist denn der Vergleich, den Sie abgeschlossen haben? Warum wurde dieser Vergleich nicht dem Parlament vorgelegt? Ist das Ihr neuer Parlamentarismus? Ist das Ihr Beitrag zur Demokratie: dass das Parlament, dass der Souverän einen abgeschlossenen Vergleich über einen der größten Beschaffungsvorgänge nicht erhält? – Aber wahr­scheinlich würde ich den Vergleich auch nicht herzeigen, weil ich mich schämen würde für das, was Sie abgeschlossen haben. Jetzt wird der Wählerwille wieder ignoriert.

Hier kann ich nur sagen: Ich wage es, die Frage zu stellen, ob der Kompromiss zwischen Darabos und Rauen im Zusammenhang mit der Förderung von Talenten zu sehen ist. Vielleicht wurde ja das politische Talent Darabos gefördert? – Es gibt ja genug Genossen da draußen, die genau das vermuten, die ihre Parteibücher abgeben und sicher nicht mehr irgendwelchen populistischen Versprechungen Glauben schen­ken werden. (Abg. Riepl: Ihre Zeit ist abgelaufen!)

Wenn Sie einem ausländischen Journalisten oder Abgeordneten erzählen, was sich dieser Ausschuss, was sich die gewählten Volksvertreter alles haben gefallen lassen müssen, werden diese ungläubig den Kopf schütteln: Vorlage von Akten aus dem Bundesministerium für Landesverteidigung unvollständig, wichtige Unterlagen bezüg­lich der Betriebskosten wurden erst nach mehrmaligem Drängen übermittelt, die Steuerakten geschwärzt und erst nach dem fragwürdigen Kompromiss, den Ausschuss Anfang Juli zu beenden, vollständig übermittelt. – Ich frage mich: Welcher Deal ist hier dahintergestanden?

Dieser Kompromiss hatte zur Folge, dass sich mehrere wichtige Zeugen in den verfrühten Sommerurlaub verabschiedet haben, dass die IV-Steuerakten gar nicht übermittelt wurden. – Kann das sein? Darf das in einer Demokratie sein oder muss das in einer Demokratie sein oder muss das in einer Koalition mit der ÖVP der Fall sein? – Jede westliche Demokratie, jeder Staat, der einen funktionierenden Parlamentarismus hat, lacht uns aus, so wie die Herren Kollegen Kamlage, Aldag, so wie Herr Steininger, so wie Vizekanzler Molterer und Klubobmann Schüssel.

Dieses Parlament braucht endlich einmal Befugnisse und wirksame Mittel, um dem Treiben der Exekutive Einhalt zu gebieten. Dieses Parlament braucht mutige Volks­vertreter, die es auch einmal wagen, ihren eigenen Parteifreunden in der Regierung die Stirn zu bieten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Heute hätten Sie die Gelegenheit dazu, meine sehr verehrten Damen und Herren.


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Lieber Kollege Kräuter, wenn Sie am Beginn gesagt haben, was sollen wir denn machen, ihr wollt einen Misstrauensantrag einbringen: Zu Beginn, bei den Ausschuss­beratungen, bei den Beratungen über den Bericht, hat man sogar Rücksicht genom­men auf die SPÖ und hat die eine oder andere Passage herausgelassen, weil man gesagt hat, dann könnt auch ihr mitgehen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Ihr habt aber nicht mitgehen dürfen. Das ist in Wirklichkeit der Schaden für die Demokratie, dass leider Gottes die Regierung die Abgeordneten beherrscht und kontrolliert. Aber in einer Demokratie sollte es so sein: Ein starkes Parlament muss die Regierung, die Exekutive kontrollieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist die wahre Lehre aus den Untersuchungsausschüssen, die im Oktober von uns in dieser Hoffnung beschlossen wurden. Aber am Ende waren halt wieder die Regierungsbeteiligung, die Minister und die Posten wichtiger als das Aufdecken und wichtiger, als die Regierung wirklich zur Verantwortung zu ziehen. (Abg. Freund: Ihr habt nichts gefunden!)

Wir haben uns bemüht, hier aufzudecken, wir haben genügend aufgedeckt. Wir haben einen wirklichen Beitrag dazu geleistet, dass man sich auch einmal im Bundesheer darüber Gedanken machen wird, wie bei den Kosten der einfachen Einheiten gespart wird. Das ist ein absoluter Wahnsinn! Wir haben das teuerste Flugzeug der Welt, das soll unseren Luftraum überwachen – und wir können uns nicht einmal die Betriebs­kosten leisten! (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Ich frage mich, wie das bei den nächsten Verhandlungen aussehen wird, wenn Bundesminister Darabos – falls es ihn überhaupt noch geben wird – dann mit dem Finanzminister verhandelt und sagt, die Betriebskosten sind nicht 50 Millionen € im Jahr, sondern die Betriebskosten sind 70, 80 Millionen im Jahr. Ja, was machen wir dann? Verkaufen wir dann die Panzer (Abg. Freund: Es geht um Abfangjäger, nicht um Panzer!), die wir haben, damit wir ein paar Flieger herumschwirren lassen können? – Also das ist ein absoluter Wahnsinn.

Liebe Kollegen von der ÖVP, Sie würden es auch verteidigen, wenn der damalige Bundeskanzler Schüssel einen Doppeldecker mit angeschlossenem StG 77 bestellt hätte. Sie brauchen sich da wirklich nicht aufzuspielen.

Wir werden auch in Zukunft dazu beitragen, dass aufgedeckt wird. Mit allen politischen Parteien, die hier im Parlament vertreten sind, wird es, wenn es um Aufdeckung geht, eine sachliche Zusammenarbeit geben. Das garantiere ich Ihnen im Namen der Freiheitlichen Partei. (Beifall bei der FPÖ.)

13.32


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich nun Frau Abgeordnete Rauch-Kallat zu Wort gemeldet. Sie kennen die gesetz­lichen Bestimmungen. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.33.02

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Herr Abgeordnete Pilz hat vorhin in seinem zweiten Redebeitrag behauptet, dass ich im Ausschuss zugegeben hätte, dass die Industriellenvereinigung über die ÖVP oder über die Parteien Geld gewaschen hätte. (Zwischenruf des Abg. Broukal. – Abg. Rädler: Herr Broukal, ein bisschen ein Anstand!)

Richtig ist, dass ich das weder gesagt habe noch dass dies der Fall ist. Das ist eindeutig nicht der Fall gewesen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Rädler: Verfolgungs­wahn des ...!)

13.33



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 96

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Füller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.33.41

Abgeordneter Christian Füller (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Diskussion über den Euro­fighter-Untersuchungsausschuss-Endbericht – beim Herrn Haimbuchner hatte ich das Gefühl, dass er nicht ganz hinter seinen Ausführungen steht, wir haben ihn schon mit mehr Inbrunst hier reden gehört – zeigt, wie wichtig es war, diese Frage in den letzten Monaten in den Mittelpunkt der Innenpolitik zu stellen, und warum es notwendig war, in dieser Frage zu handeln, um den österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzah­lern umgerechnet rund 6 Milliarden Schilling zu ersparen und trotzdem eine Luftraum­überwachung, die ihren Namen verdient, sicherzustellen. (Abg. Eßl: Wie viele Euro sind das?) Diese Einsparung in der Höhe der Anschaffungskosten des früheren Draken ermöglicht es zusätzlich, 400 Millionen € für andere notwendige Projekte in die Hand zu nehmen und zu investieren. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Die Gutachten sagen uns, dass ein eventueller Totalausstieg möglicherweise jahrelange Rechtsunsicherheiten und Prozessrisiken mit sich bringen hätte können. Deshalb ist die jetzige Lösung, die unser Bundesminister ausverhandelt hat, die einzig gangbare und die beste im Sinne der österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei der SPÖ.)

400 Millionen € einzusparen und deshalb, wie die FPÖ und die Grünen, einen Miss­trauensantrag gegen den Minister zu stellen, versteht, glaube ich, niemand in diesem Haus (Zwischenruf des Abg. Zanger), wenn es darum geht, den Menschen in diesem Land riesige Summen an Steuergeldern – 400 Millionen € – zu ersparen. (Abg. Eßl: 6 Milliarden ist relativ viel!)

Ein besonderes Kapitel – und es wurde heute immer wieder angesprochen – ist die Summe, die Kompensationsgeschäfte angeblich ausgemacht haben. 200 Prozent Gegengeschäfte! Man hat versprochen, in Österreich würden Milch und Honig fließen. Nur, wenn man sich das anschaut und mit Unternehmern im Aichfeld in der Obersteiermark, rund um Zeltweg, redet, das hauptbetroffen ist, weiß kein Mensch wirklich etwas von irgendwelchen Gegengeschäften. (Zwischenruf des Abg. Gahr.)

Auch die Auskunftspersonen im Ausschuss haben davon gesprochen, dass sie im Nachhinein irgendwelche Gegengeschäftsbestätigungen hätten ausfüllen sollen. (Zwi­schenrufe von Abgeordneten des BZÖ, die Taferl in die Höhe halten.) Wenn ich mir das anschaue, wie das mit den Gegengeschäften ist, gibt es da einen Zeitungs­bericht der „Kronen Zeitung“ vom 30. Jänner 2005, einen Bericht vom ÖVP-Gemein­detag in Knittelfeld, wo man auch davon spricht: 300 Millionen an Förderungen, Investitionen von bis zu einer Milliarde € ins Aichfeld. – Kein Mensch weiß davon irgendetwas. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rädler und Grillitsch.)

In diesem Sinne danke ich Ihnen und Ihrem Team, Herr Bundesminister, für diesen Vergleich und dafür, dass Sie den österreichischen Steuerzahlern und Steuerzahlerin­nen einiges erspart haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.36


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Broukal. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.36.34

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Kollege Pack, ich habe vorhin Ihre Rede mit Aufmerksamkeit verfolgt. Ich denke, ich war lange genug Oppo­sitions­politiker, aber ich glaube, ich bin auch in den härtesten Zeiten der Opposition der


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SPÖ kein Regierungsmitglied der ÖVP oder des BZÖ so angegangen wie Sie heute einen Minister des Koalitionspartners. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber Sie werden schon einen Grund für diese überschießende Aggres­sion gehabt haben.

Ich war nicht immer im Ausschuss, ich war Ersatzmitglied. Aber ich war zum Beispiel an einem Tag dort, an dem versucht wurde, von mehreren Zeugen zu erfahren, wer denn nun eigentlich in der einen Sitzung, in die Scheibner mit dem Gripen hineinging und wo dann alle mit dem Eurofighter herauskamen, diesen Meinungsumschwung herbeigeführt hat. (Abg. Rädler: Sie haben im Internet gesurft!) Keine dieser Aus­kunftspersonen – sei es Herr Scheibner, sei es Herr Schüssel, sei es Herr Grasser, sei es Herr Bartenstein – war Manns genug, zu sagen, ich war es. Das ist in mildes Dunkel gehüllt worden. (Ruf bei der ÖVP: Da waren Sie auch nicht dabei!) Das war der Geist dieser Zusammenkunft, und auf einmal waren wir halt alle beim Eurofighter.

Also das war Feigheit der Sonderklasse, das war wirklich erstaunlich, dass niemand von diesen vier höchsten Funktionären der Republik bereit war, zu sagen, ja, ich habe in dieser Sitzung den Eurofighter vorgeschlagen, ja, ich bekenne mich dazu. (Abg. Rädler: Sie sollen nicht von etwas reden, was Sie nicht verstehen, Herr Kommentator der Nation!) Jeder hat gesagt, ich weiß es nicht mehr, wer es war. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Zweite ist: Ich war noch beim ORF, als ich im Herbst 2002 den Herrn Alt-Bun­deskanzler Schüssel sagen hörte, die Eurofighter kosten ohnehin nichts, das zahlt eine Wirtschaftsplattform. (Abg. Rädler: Da war der Fernseher abgedreht!) Ich war nicht mehr beim ORF, als ich den Herrn – damals noch – Bundeskanzler Schüssel sieben Monate später wieder im ORF, in der Fernseh-„Pressestunde“ am 16. Mai 2003 sagen hörte, das mit der Wirtschaftsplattform, die den Eurofighter kaufe, war ja nur, um die Emotionen aus der Debatte zu nehmen.

Das nenne ich eine vornehme Umschreibung für das Eingeständnis, damals den Österreichern die Unwahrheit gesagt zu haben in einem Wahlkampf. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir haben schließlich noch in diesem Ausschuss gehört, dass dort folgender unglaub­licher Dilettantismus passiert ist: Da gibt es den EADS-Konzern, der besteht aus sehr vielen Firmen. (Der Redner hält ein Organigramm des EADS-Konzerns in die Höhe.) Im ursprünglichen Vertrag steht natürlich drinnen: Wenn von irgendeiner dieser Firmen Schmiergeldaktionen nachweisbar sind, ist der Vertrag hinfällig. (Abg. Rädler: Aus­treten, wieder eintreten aus der SPÖ!) Dann geht dieser Vertrag (der Redner hält wieder das Organigramm in die Höhe) zum Herrn Finanzminister außer Dienst Grasser und kommt mit der unfeinen Änderung zurück, dass Schmiergeld nur noch dann eine Rolle spielen soll, wenn es von einer winzigen Tochterfirma dieses Konzerns kommt. (Abg. Rädler: Da sind Sie schon wieder ausgetreten!) Alle anderen Teile dieses Konzerns können nach Lust und Laune Schmiergeld vergeben, können Beamte zu Urlaubsreisen einladen, können verrückte Darlehen an Personen geben, die sie dann nicht erklären können, können gigantische Beträge in ihren Steuererklärungen für Lobbying haben. Und das spielt alles keine Rolle mehr.

Ich glaube, wenn nur das herauskommt, dass es in Zukunft solche Vertrags­gestaltun­gen nicht mehr gibt, dann hat sich der Untersuchungsausschuss schon gelohnt. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wie ich überhaupt sagen möchte, ich glaube, es wäre an der Zeit, ein Gesetz in diesem Land zu beschließen, in dem steht: Wer mit dem Staat handelt, hat sich keiner dubiosen Zwischenhändler zu bedienen, sondern selbst aufzutreten und die Verant­wortung für das zu übernehmen, was passiert. (Abg. Rädler: Das hätte schon vor der


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BAWAG passieren sollen!) Ebenso wie ich auch dafür bin, dass es ein Gesetz gibt, das sagt: Geheimhaltungsklauseln sind, wenn man mit der öffentlichen Hand spricht, null und nichtig. (Abg. Rädler: Jetzt kommen Sie damit daher?)

Es muss auch das Parlament von allem Anfang an die Möglichkeit haben – vertraulich, aber doch –, über all diese Dinge Bescheid zu wissen.

Zum Schluss möchte ich Sie daran erinnern, dass Sie, bevor dieser Ausschuss getagt hat, gesagt haben, das ist das bestgeprüfte Bieterverfahren in der Geschichte der Re­publik. – Diesen Satz, Herr Kollege Pack, würde ich mir auf den Spiegel schreiben, wenn ich mich in der Früh anschaue. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.40


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.40.47

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Nun, meine Damen und Herren, die Beratungen im Eurofighter-Untersuchungsausschuss sind abgeschlossen. Ich hoffe aber sehr, dass aus den Vorkommnissen Lehren gezogen werden.

Eines steht aber jetzt schon fest: Künftig wird es verbesserte Mitwirkungsrechte des Parla­ments bei der Vergabe von Großbeschaffungsprojekten im Bereich der militä­rischen Landesverteidigung geben. Auch der Landesverteidigungsausschuss soll künftig in Entscheidungen mehr einbezogen werden. Sämtliche Verträge beziehungs­weise Ausschreibungsunterlagen sollen dem Ausschuss vorgelegt werden. Ein guter Schritt in die richtige Richtung, das muss festgestellt werden.

Dank gebührt aber unserem Bundesminister Norbert Darabos. Ihm ist es in harten Verhandlungen gelungen, für den österreichischen Steuerzahler 400 Millionen € – 6 Milliarden Schilling – einzusparen. (Abg. Steibl: Der Herr Bundesminister hat gesagt 300! Wer sagt jetzt die Wahrheit?) Dieser Betrag soll für wichtige Vorhaben verwendet werden, meiner Meinung nach auch ein Teil für das österreichische Bundesheer. Die Anzahl der Eurofighter wird von 18 auf 15 reduziert, die völlig ausreichen, um die österreichische Luftraumüberwachung durchzuführen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das hat er aber nicht gesagt! Das wäre ihm selbst nicht eingefallen!)

Ein Totalausstieg, meine Damen und Herren, aus dem Kaufvertrag war ja laut Exper­ten nicht möglich. Daher ist die gewählte Vorgangsweise noch die beste. Als Mitglied des Ausschusses – ich war vier Mal dabei – konnte ich mir selber ein Bild machen. Oft, leider viel zu oft musste ich feststellen, dass da einiges schiefgelaufen ist. Vieles wurde ja auch zugegeben. Von Moral und Anstand, meine Damen und Herren, keine Spur – geschweige denn, dass man sich für gewisse Vorkommnisse geniert hat.

Ich bin zur Erkenntnis gekommen, dass auch hochintelligente Personen, die kraft ihres Amtes oft glauben über den Dingen zu stehen, in gewissen Situationen wie ertappte Kinder reagieren und sich auch so benommen haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Rädler: Der Broukal!)

Wenn der Ausschuss auch noch so umstritten war, es war gut, dass es ihn gegeben hat, denn es wurde Licht ins Dunkel des Beschaffungswesens gebracht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.) Ich bin überzeugt davon, dass die vielen Unregel­mäßigkeiten, die im Zuge der Beschaffung aufgetaucht sind, die Verantwortlichen gezwungen haben, mit Minister Darabos zu verhandeln.


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Wenn Sie sich erinnern können, meine Damen und Herren, ich habe in einer meiner letzten Reden darauf hingewiesen, Norbert Darabos nicht zu unterschätzen. Er hat bewiesen, dass ich recht behalten habe, denn viele von Ihnen haben nicht damit gerechnet, dass der Minister erfolgreich sein wird. (Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) – Jetzt gönnen Sie ihm diesen Erfolg nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun ist es ein Leichtes, ihn anzupatzen, mit einem Misstrauensantrag zum Beispiel. (Abg. Rädler: Tun wir nicht!) Es tut mir leid, ein erbärmliches Zeichen, meine Damen und Herren.

Trotzdem, Herr Bundesminister, im Namen der österreichischen Bevölkerung ein herzliches Dankeschön für Ihren Einsatz. (Abg. Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer: Im Namen der SPÖ!) Sie haben aus dem, was Ihnen eingebrockt wurde, das Beste gemacht, was zu retten war. – Danke vielmals. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

13.44


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krist. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.44.30

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Trotz allem teilweise heute zur Schau gestellten Ärger und Frust der Opposition wurde für mein Dafürhalten – und ich war 31 Mal im Ausschuss – gute Zusammenarbeit gezeigt und insgesamt sehr gute, sachlich wertvolle Arbeit geleistet.

Die heutigen peinlichen Ausrutscher eines Klubobmannes Westenthaler richten sich, glaube ich, von selbst und festigen die Position des BZÖ knapp über der Wahr­nehmungsgrenze. Und das ist gut so. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines möchte ich auch tun, nämlich Kollegen Murauer in Schutz nehmen. Kollege Murauer wurde heute bezichtigt, dass er streckenweise geschlafen hat. Das kann nicht sein, das kann ich bestätigen. Ich glaube, das war eher der Kollege Pack, denn sonst hätte er nicht so weltfremd das argumentieren können, was im Ausschuss passiert ist. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Meine Damen und Herren, dieser Ausschuss hat acht Monate lang tollpatschigste Beschaffungsvorgänge aufgezeigt, Susi-Sorglos-Aktionen und unglaubliche Verfilzun­gen sind aufgedeckt worden. Die Wirtschaftsplattform-Seifenblase ist geplatzt, ohne Nachhaltigkeit. Ein katastrophaler Vertrag, den kein ordentlicher Geschäftsmann je verhandelt, geschweige denn unterschrieben hätte, ist hier offenkundig geworden, nach­dem Sie, die Vorgängerregierung, diesen Vertrag jahrelang dem Nationalrat vorenthalten hatten. (Zwischenruf des Abg. Freund.)

Aufgedeckt, meine Damen und Herren, wurde, dass höchste Beamte mit sensiblen und geheimen Daten sehr locker umgegangen sind. Wir durften höchste Beamte kennen­lernen, die keinen Genierer hatten, gemeinsamen Urlaub mit Waffenlobbyisten zu machen, und auch höchste Beamte, die ihre Dienstpflichten grob vernachlässigt haben. (Abg. Hornek: Das war ein SPÖler, lieber Freund!) – Ja, ja.

Skandalöse Aktenschwärzungen zugunsten bestimmter Lobbyisten, ja sogar Houdini-Akten und Non-Paper-Papiere durften wir kennenlernen. Zum Erstaunen aller wurden Pressekonferenzen und Landeshauptleutegespräche um unvorstellbare Summen verrechnet und Personen für Aktivitäten entlohnt, die sie nie erbracht haben. Das Märchen – und das hat gerade vorhin der Kollege wiederum gesagt –, diese ach so genaue Rechnungshofkontrolle, wurde von niemand Geringerem als dem Herrn Rechnungshofpräsidenten Moser höchstpersönlich entzaubert, der gemeint hat, dass es so gar nicht war.


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Warum ist das alles gelungen, wenn es auch für die ÖVP nichts ist? – Für uns ist es sehr wohl eine große Erkenntnis – und daraus müssen wir auch Lehren ziehen und Handlungen setzen –: Weil die ÖVP und das BZÖ in ihrem Hochmut niemals mit der Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses gerechnet haben. Daher ist es uns auch gelungen, viele dieser Dinge aufzuzeigen. Von Anfang an ist versucht worden, diesen Ausschuss abzuqualifizieren, als unnotwendig darzustellen und auch den Vorsitzenden anzupatzen.

Dieser Ausschuss, meine Damen und Herren, hat acht Monate lang deutliche Spuren hinterlassen. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Da der Ausschuss kein Gericht ist und wir keine Staatsanwälte sind, vertraue ich der österreichischen Justiz, die mit Sicher­heit in vielen Bereichen noch tätig werden wird, weil die Ausschussberichte in Summe viel Material hergeben.

Meine Damen und Herren, wir haben in der Vergangenheit Verteidigungsminister ken­nengelernt, die Panzer für den Schrotthaufen gekauft haben. Sie haben Hub­schrauber angeschafft, von denen die halbe Flotte gar nicht fliegen kann, weil sie so alt sind und weil die Ersatzteile nicht geliefert werden. (Abg. Lentsch: So wird es mit den Eurofightern auch werden!)  Weil veraltetes Gerät angeschafft wurde und sich, wie gesagt, die Hälfte der Flotte nicht starten lässt. Riesensummen wurden in den Sand gesetzt, Riesensummen! Da ist mir ein Verteidigungsminister, der den österreichischen SteuerzahlerInnen 400 Millionen € erspart, allemal lieber. Dazu gratuliere ich recht herzlich, Herr Bundesminister. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Liebe Kollegen von der ÖVP, darf ich euch an den Ausspruch eures ehemaligen Nationalratspräsidenten Khol erinnern, der immer gesagt hat: Wenn Zwischenrufe, dann erstens vom eigenen Platz aus und zweitens sollten sie intelligent sein. – Eure Zwischenrufe gehören nicht dazu! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das setzt eine intelligente Rede voraus!)

Abschließend möchte ich mich noch ganz besonders bei den Parlamentsmitar­beiterIn­nen bedanken, die diesen Ausschuss so intensiv betreut haben, die sich aufopfernd eingesetzt haben, um uns das Arbeiten einfacher und leichter zu machen. – Ein herzliches Danke dafür! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.48


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeord­ne­ter.

 


13.49.05

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Dr. Haimbuchner hat hier herunten gemeint: Was wird sich denn der einfache Bürger denken? – Wobei ich die Frage habe, was ein einfacher Bürger ist, Bürger sind wir alle. Aber was wird sich der Bürger denken? Wissen Sie, was er sich denkt? – Gott sei Dank hat Darabos 400 Millionen € aus dem ganzen Schlamassel gerettet. Gott sei Dank! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Scheibner und Dr. Haimbuchner.)

Ich hätte mir eigentlich erwartet, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass ich heute noch aufgeklärt werde – was im Ausschuss nicht gelungen ist –, warum zum Beispiel der Herr FPÖ-Verteidigungsminister Scheibner seinerzeit zwei Vorlagen für den Ministerrat hatte – eine für den Gripen, eine für den Eurofighter. (Zwischenruf des Abg. Dolinschek.) Ich hätte mir erwartet, dass mir vielleicht irgendjemand sagt, warum denn der damalige FPÖ-Finanzminister Grasser plötzlich nach der Aussage, wir


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brauchen keinen Flieger, zum teuersten Flieger greift. Das wären interessante Dinge gewesen, die wir uns heute gerne angehört hätten.

Auf zwei Dinge möchte ich noch eingehen:

Aus ÖVP-Kreisen – Herr Murauer, ich glaube, Sie waren dabei – kommt immer wieder die Aussage: Der Rechnungshof hat so genau geprüft – warum brauchen wir denn diesen Untersuchungsausschuss?

Warum brauchen wir ihn, und warum haben wir ihn gebraucht? – Weil – der Rech­nungshofpräsident selbst hat es bestätigt! – der Rechnungshof genau diese Firmen, deren Vertreter hier im Ausschuss waren, nicht prüfen kann, weil der Rechnungshof nicht auf Wahrheitspflicht pochen kann. Wir hätten nie etwas gehört von EADS, wir hätten nie etwas gehört von Steininger, wir hätten nie etwas gehört von den Rumpolds, hätten wir nicht diesen Ausschuss gehabt. So war der Ausschuss durchaus erfolgreich, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Eines möchte ich noch sagen: Abgeordneter Gahr hat gemeint, der Vertrag war blen­dend vorbereitet und bestens aufbereitet. – Kollege Gahr, ich denke – Sie waren ja auch in diesem Ausschuss –, Sie haben auch gehört, was Hillingrathner und Tomasch gesagt haben. Die haben gemeint, sie hätten für die Prüfung des kaufmännischen Teiles des Vertrages genau drei Stunden Zeit gehabt. Auf meine Frage, ob es denn bei solchen Geschäften üblich ist, das so husch-pfusch zu überprüfen, hat Herr Tomasch gesagt, das war eine Ausnahme.

Die Eurofighter-Beschaffung ist wirklich ein Ausnahmefall, meinte er, in jeder Bezie­hung. Und genau das ist so auch beim Ausschuss herausgekommen. Leider konnten wir gegen dieses gesamte Netzwerk nichts mehr unternehmen. Daher ist es gut, dass das jetzt endlich aus ist. Gerichte werden den einen oder anderen Weg noch weiter­verfolgen – und wer weiß, was da noch alles herauskommt!

Ein Letztes: Herr Mitterlehner kommt hier heraus und sagt, der Verteidigungsminister sei ein schlechter Verhandler und ein schlechter Minister. (Abg. Mag. Kukacka: Ein problematischer Minister, hat er gesagt!) Also ich muss dazu einmal sagen: Das sind wirklich hervorragende partnerschaftliche Verhältnisse, wenn man den Minister aus der eigenen Koalition hier im öffentlichen Haus als „schlecht“ beschimpft. (Abg. Mag. Kukacka: Problematisch, hat er gesagt!) Ich glaube, das hat er sich nicht verdient, und ich würde Sie bitten, über den Sommer darüber nachzudenken.

Aber wenn ich mir anschaue, was Minister Darabos hier gemacht hat, aus dem Vertrag – von dem man mit Fug und Recht behaupten kann, dass er überhaupt der schlechteste in der gesamten Zweiten Republik war – noch herauszuholen, dass der Vertragspartner nachgibt und dem Steuerzahler 400 Millionen € zurückgegeben wer­den können, dann muss ich sagen, das ist eine grandiose Leistung. Ich gratuliere dem Herrn Verteidigungsminister dazu. (Zwischenrufe bei den Grünen und der FPÖ.) Wenn ich höre, wie Sie alle aufschreien, dann bin ich tief davon überzeugt, dass der Verteidigungsminister recht hat. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

13.53


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen damit zur Abstimmung über den Antrag des Untersuchungs­ausschus­ses hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen, seinen Bericht 192 der Bei­lagen zur Kenntnis zu nehmen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung gemäß Artikel 74 Abs. 1 Bun­des-Verfassungsgesetz.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Ver­fassungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist Amon? Ist der Herr Amon im Haus?) – ich bitte um Ruhe! –, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Benennung der ersten für Österreich bestimmten Eurofighter. (Ruf bei der SPÖ: Der dümmste Antrag!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

13.55.142. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (142 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Tiertransportgesetz erlassen wird und das Tier­schutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden (153 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 133/A(E) der Abge­ordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Besei­tigung der Missstände bei Tiertransporten (155 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 134/A der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz – TSchG geändert wird (154 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 116/A(E) der Abgeord­neten Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung der notwendigen, noch ausstehenden Strafbestimmungen für die Ahndung von Verstößen gegen die Verordnung (EG) Nr. 1/2005 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen (156 d.B.)


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6. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Petition (10/PET) betreffend „Bes­seren Schutz der Tiere bei Lebendtiertransporten“, überreicht von den Abge­ordneten Dietmar Keck und Kai Jan Krainer (157 d.B.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zu den Punk­ten 2 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. 8 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.56.40

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte noch anwesende Abgeordnete! Nach einer hitzigen Debatte kann man sagen: Wie im Großen, so im Kleinen. Das Sittenbild der Regierungsparteien ist beim im Vergleich zu den Eurofightern nicht so hochrangig eingeschätzten Tierschutzthema ehrlich gestanden kein wesentlich anderes, als Sie es beim Thema Eurofighter geboten haben. Was stellen wir fest? – Drei Punkte aus diesen verschiedenen Anträgen, die vorliegen:

Erstens: Es gibt in diesem Fall etwas im Tiertransportbereich, das als wesentliche Verbesserung dargestellt und angepriesen wird. Schaut man aber auch nur ein­einhalbmal hin, stellt man fest: Dem ist ganz und gar nicht so! Es wird eine Verbes­serung im Tiertransportgesetz angepriesen, dass künftig in Österreich Tiere nur noch maximal 4,5 Stunden lang am Stück transportiert werden dürfen. Allerdings sollte man den Satz in diesem Gesetzestext zu Ende lesen. Im zweiten Teil des Satzes heißt es nämlich: wenn nicht geographische Gründe dagegensprechen, strukturelle Gründe dagegensprechen oder bestehende Verträge dagegensprechen. – Das heißt, wenn nicht all das, was in der Realität immer der Fall sein wird, ins Treffen geführt wird. Damit bleiben die 4,5 Stunden eine hübsche papierene Absichtserklärung, die man der SPÖ zugestanden hat, während gleichzeitig den Interessen der Bauernschaft, der Tiertransporteure von der ÖVP massiv zum Durchbruch verholfen worden ist.

In der Realität bleibt nicht einmal alles beim Alten und Schlechten, sondern es wird sogar noch schlechter. Es ist Ihnen nämlich gelungen, bei dieser Änderung des Tier­transportgesetzes – ich weiß nicht, ob das Schlamperei, Absicht oder Unkenntnis war; das ist für mich nicht nachvollziehbar – sogar noch eine Verschlechterung in doppelter Hinsicht zu erreichen. Erstens sind die Verladezeiten in Zukunft nicht mehr mitzu­rechnen. Das war im alten Tiertransportgesetz in Österreich der Fall, meine Damen und Herren von der SPÖ.

Zweitens dürfte Ihnen eine Kleinigkeit entweder gleichgültig gewesen oder entgangen sein; nämlich, dass es jetzt EU-widrig ist. Wir haben eine EU-Verordnung, die besagt: Wer Tiere länger als acht Stunden transportiert – unser Gesetz enthält viele genannte Sonderfälle, bei denen acht bis zehn Stunden zulässig sind! –, darf das nur in einem Spezialfahrzeug tun, also mit Tränker und so weiter.

Darauf haben Sie in keiner Weise Bezug genommen. In Österreich darf man das künftig bis zu neundreiviertel Stunden mit einem ganz normalen Fahrzeug machen. Es ist daher kein Wunder, dass, noch bevor das Parlament dieses Gesetz überhaupt beschlossen hat – und Sie werden sich das ja vermutlich nicht in letzter Minute überlegen –, es schon eine Beschwerde einer Tierschutzorganisation in Brüssel wegen


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eines Verstoßes Österreichs gegen geltendes EU-Recht gibt. – So machen Sie das im Tiertransport!

Schauen wir uns den zweiten Punkt an, auf den ich eingehen wollte: großkoalitionäres Umgehen mit dem Tierschutz und mit der Verhandlungskultur im Parlament. In der letzten Legislaturperiode war es eine gewisse Tradition in diesem Haus, nicht zuletzt durch die Verhandlungen rund um das Bundestierschutzgesetz, dass sich die Parteien beim Tierschutz zusammengerauft haben. Das mit oft sehr, sehr unterschiedlichen Interessen, aber man hat sich die Mühe gemacht, sich hinzusetzen, zu verhandeln und zu schauen, ob es eine Einigung gibt. Wir haben viele Dinge auch tatsächlich ein­stimmig beschließen können, was dem Engagement mehrerer Parteien und deren Abgeordneten in diesem Haus zu verdanken ist.

Jetzt gibt es eine Novelle, die – würde ich sagen – noch nicht einmal die Ministerin, sondern ihr Beamter auf den Tisch legt; wann die Ministerin sich dies das erste Mal angesehen hat, weiß ich nicht. Mit der Opposition wird noch nicht einmal wirklich verhandelt. Das eine oder andere informelle Gespräch dient der Information, aber nicht dem Verhandeln, Änderungen gab es sowieso nicht. – Also wirklich das alt gewohnte großkoalitionäre Drüberfahren, wurscht, was für ein Thema. Und der Offenbarungseid in Sachen Tierschutz ist damit auch sehr deutlich geleistet. Das, was als große Errun­genschaft des Bundestierschutzgesetzes damals gemeinsam gelobt wurde, nämlich der Tierschutzrat, wird jetzt unter Kuratel der Regierung und des Ministeriums ge­stellt. – Das ist das Erste, was diese Regierung im Tierschutz macht.

Sie gehen her und sagen, dieser Tierschutzrat, der unabhängig sein sollte, der von Fachleuten beschickt wurde – weitgehend; Sie haben damals ja alle möglichen sonstigen Vertreter auch reinreklamiert –, war offensichtlich doch ein wenig zu selb­ständig, zu aufmüpfig, hat von seinem gesetzlichen Auftrag, eine kritische Beurtei­lung und Begleitung zu sein, Gebrauch gemacht und das auch getan, ist damit dem Ministerium manchmal lästig gefallen, und das soll in Zukunft so nicht mehr sein. Man geht also her, stellt sicher, dass der Vorsitzende abgelöst wird, stellt sicher, dass die Geschäftsordnung hinkünftig vom Ministerium vorgegeben wird. Vor allem geht man her und stellt sicher, dass die Mehrheiten in Zukunft anders aussehen.

Der jetzige Tierschutzrat hat sich tatsächlich mit Beschluss und mit einer Information an die Mitglieder des Ausschusses gewandt und davor gewarnt, die Zusammen­setzung so zu verändern, wie das geplant ist. – Das ist für einen Beirat in Österreich ein ziemlich massiver Schritt. Das ist für einen Vorsitzenden ein ziemlich massiver Schritt, sich offiziell ans Parlament, an die Ausschussmitglieder zu wenden. Es sollte einem zu denken geben, dass da tatsächlich ziemlich viel am Brennen ist.

Was machen Sie? – Es ist Ihnen egal! Sie setzen einfach zusätzlich ein Drittel neue Mitglieder ein, die Mehrheit der Bauernschaftsvertretung ist damit gesichert. Diese zusätzlichen Neuen sind die Landesveterinärdirektoren, also genau jene Personen, die durch den Tierschutzrat eigentlich kontrolliert werden sollten. Die kontrollieren sich in Zukunft selbst. – Schönes großkoalitionäres Prinzip, der Ministerin ist das nur recht! So schauen Ihre Veränderungen aus.

Dann gibt es noch eine ganze Latte an Veränderungen, die in der Sache erforderlich wären, die die Grünen mit einem Antrag vorgebracht haben, und dann passiert etwas ganz Skurriles: Üblicherweise werden solche Oppositionsanträge von Ihnen einfach nur vertagt, damit sie ja nie hierher ins Plenum kommen. Was haben Sie bei diesem Antrag gemacht, wo es wirklich einfach um Korrekturen über weite Strecken geht, um Dinge, die man damals vergessen hatte, die nachgebessert werden sollen? – Sie lehnen ihn ab mit der Begründung, dass im Herbst ohnehin eine neue Novelle kommen soll.


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Also wenn eine Vertagung einmal Sinn gemacht hätte, dann doch wohl jetzt! Wollen Sie damit schon jetzt klarstellen: Was immer Sie bei dieser Novelle planen, es wird sicher keine der Verbesserungen dabei sein, die die Grünen in ihrem Antrag gefordert haben? Müssen wir mit weiteren Verschlechterungen rechnen? Das könnte ich mir schon denken, wenn da die SPÖ wieder so standfest ist wie jetzt, nämlich den vollen Durchmarsch der Bauernschaftsinteressen zulässt.

Der einzige Punkt, der Anlass zu einem leichten Hoffnungsschimmer gibt, ist, dass die Grünen mit der Initiative für einen Entschließungsantrag Erfolg haben und wir heute zumindest eine gemeinsame Entschließung finden, mit der ein mehr als dringliches, überständiges Problem hoffentlich gelöst wird – hoffentlich! –, nämlich die Zukunft der 44 Schimpansen, die noch immer im Affenhaus in Gänserndorf sitzen, mit ihren Tier­pflegerInnen, die sie betreuen sollen – viel zu wenige Leute! –, mit massiven Sicher­heitsmängeln, im Widerspruch zu sämtlichen tierschutzgesetzlichen Bestimmungen, die wir rund um Schimpansen im Gesetz und in den Verordnungen haben. Es gibt, wie gesagt, eine Entschließung, und ich freue mich, dass sich die Regierungsparteien und die Oppositionsparteien dieser auch anschließen können.

Mit einer Entschließung ist allerdings, wie wir als gelernte ParlamentarierInnen und ÖsterreicherInnen wissen, noch nicht viel erreicht. Ich bin neugierig, ob diesmal die Umsetzung rascher erfolgt als die Versprechungen zuletzt. Eigentlich war das Problem ja von der vorhergehenden Regierung noch unter der damaligen Ministerin Rauch-Kallat im September des Vorjahres für gelöst erklärt worden. Angeblich hätte schon mit Oktober, dann mit Dezember eine Geschäftsführung anfangen sollen.

Faktum ist: Bis heute ist nichts gelöst, und in Gänserndorf herrschen Zustände, die dem Tierschutzgesetz in 16 Punkten widersprechen. Die Grünen haben daher eine Anzeige gegen den Masseverwalter, der dort Tierhalter ist, eingebracht. Es herrschen gravierende Sicherheitsmängel, und es herrschen Verstöße gegen das Arbeitsrecht. Das sollte doch schleunigst Grund zum Handeln sein. Ich hoffe, dass sich die Frau Ministerin – die im Ausschuss selbst bei mir noch den Eindruck erweckt hat, ein bisschen überrascht zu sein, dass es ein Affenhaus Gänserndorf gibt – inzwischen kundig gemacht hat und die Missstände dort schleunigst beheben wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.06


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Eßl. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.06.11

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Damen und Herren! Wir beraten heute das Tiertransportgesetz, das Tier­schutzgesetz und das Tierseuchengesetz, und ich darf dazu gleich zu Beginn einen Abänderungsantrag einbringen. Begründung: Redaktionelle Richtigstellung der Strafbestimmung in Bezug auf § 18 TTG 2007.

Abänderungsantrag

Im Artikel I soll § 21 Abs. 1 Z 26 lauten:

„26. eine Tierbeförderung durchführt, veranlasst oder organisiert und dabei die in § 18 festgelegte nationale Höchstbeförderungsdauer für innerstaatliche Transporte unzuläs-


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sigerweise oder in unzulässigem Ausmaß überschreitet oder die in § 19 höchstzuläs­sige Beförderungsdauer überschreitet oder“

*****

Es geht darum, dass man bei diesen Gesetzen eine Anpassung der EU-Verordnung vornimmt.

Ich darf feststellen, dass man darüber hinaus natürlich noch wesentliche Verbes­serungen schafft. Ich darf weiters feststellen, dass bis März 2007 die Zuständigkeit im Verkehrs-, Innovations-, und Technologieministerium gelegen war und da leider Gottes zwei Jahre verstrichen sind und nichts gemacht wurde. Seit März 2007 ist Frau Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Andrea Kdolsky zuständig, und ich bedanke mich bei Ihnen, Frau Gesundheitsministerin, dass Sie zielstrebig und beherzt ans Werk gegangen sind und die Gesetzeswerdung zügig durchgezogen haben. Das Ergebnis ist ein gutes Gesetz. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf Ihnen auch gratulieren, Frau Bundesministerin, weil wir heute ein Gesetz beschließen können, das europaweit richtungweisend ist. Auch wenn andere ganz­seitige Inserate schalten: Es ist Ihr Gesetz, und es ist Ihr Erfolg – im Interesse der Tiere und im Interesse der Menschen in unserem Land! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Die besondere Herausforderung bei dieser Gesetzeswerdung war nämlich, dass es ein praxisbezogenes Gesetz geben soll, das ein hohes Wohlbefinden der Tiere zum Ziel hat. Der Tierschutz steht im Vordergrund. Aber es soll auch praktikabel sein für die Menschen, die mit den Tieren umgehen, denn eines, Frau Kollegin Weinzinger, müssen wir natürlich klar sagen: Tierschutz findet nicht am Schreibtisch statt, sondern Tierschutz muss in der Praxis gelebt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich verstehe überhaupt nicht, dass Sie sich immer gegen die Bauern wenden, denn ich glaube, dass die Bauern da sehr stark miteingebunden werden müssen. Das ist der vernünftige Weg. (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Dass Sie das glauben, das wissen wir!)

Folgerichtig geht es bei diesem Gesetz natürlich auch um eine Spitzenqualität unserer Lebensmittel.

Tiertransporte, meine geschätzten Damen und Herren, sind unumgänglich, die Trans­portwege sollten sich aber auf das notwendige Maß beschränken. Ich möchte auch vorausschicken, dass Tiertransporte nicht automatisch immer Tierleid bedeuten müssen und mit Qualen zu tun haben. Auch die Transportdauer ist kein absoluter Maßstab. Wichtig und entscheidend ist, wie Tiere transportiert werden. Ich darf an dieser Stelle feststellen, dass die überwiegende Mehrzahl der Bauern und der Trans­porteure ständig bemüht ist, dem Wohlbefinden der Tiere zu entsprechen.

Die Transportdauer ist ein Eckpunkt des Gesetzes, die Zulassung der Transportunter­nehmen ist ein Eckpunkt des Gesetzes, und es ist da von der EU aus vorgegeben, dass die Zulassung nur für fünf Jahre vorgesehen ist. Sie wird verlängert um weitere fünf Jahre, wenn die maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen und keine Um­stände eingetreten sind, die eine Verlängerung ausschließen. Wir gehen davon aus, dass dafür im Sinne einer unbürokratischen Abwicklung eine Erklärung des Zulassungswerbers ausreicht.

Die Ausstellung von Befähigungsnachweisen für Personen, die beim Transport mit Tieren umgehen, soll auch unbürokratisch und nahe beim Kunden sein. Des Weiteren wird der Tierschutzrat aufgewertet.


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In Summe kann ich daher festhalten: Das ist ein gutes Gesetz! Es sollte, auch was die Evidenzhaltung betrifft, entsprechend praxisbezogen sein. Und da ersuche ich die Frau Bundesministerin, die Länder anzuhalten, dass das Veterinärinformationssystem ent­sprechend dafür genutzt wird.

Abschließend sei noch einmal gesagt: Das ist ein gutes Gesetz, ein Gesetz mit Hausverstand und Augenmaß. Stimmen Sie daher diesem Gesetz zu! (Beifall bei der ÖVP.)

14.10


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der Abänderungsantrag der Abgeord­neten Eßl, Keck, Kolleginnen und Kollegen ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Keck, Eßl, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage (142 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem ein Tiertransportgesetz erlassen wird, und das Tierschutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (153 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (142 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem ein Tier­transportgesetz erlassen wird, und das Tierschutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden, in der Fassung des Berichtes des Gesundheitsausschusses (153 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

Im Artikel I soll § 21 Abs. 1 Z 26 lauten:

„26. eine Tierbeförderung durchführt, veranlasst oder organisiert und dabei die in § 18 festgelegte nationale Höchstbeförderungsdauer für innerstaatliche Transporte unzuläs­sigerweise oder in unzulässigem Ausmaß überschreitet oder die in § 19 höchstzuläs­sige Beförderungsdauer überschreitet oder“

Begründung:

Redaktionelle Richtigstellung der Strafbestimmung in Bezug auf § 18 TTG 2007.

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement mit einer Redezeit von 8 Minuten zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.10.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Kollege Eßl, es ist schon erstaunlich, was Sie hier herauslesen: dass es so ein wunderbares Gesetz sein soll und dass der Tierschutz gelebt werden soll, dass die Bauern eingebunden werden sollen. (Abg. Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer: Nicht nur sollte, es ist so!)

Herr Kollege Eßl, ich glaube, Sie haben das Thema verfehlt. Denn: Die Bauern sind eingebunden! Und die Bauern sind am Tierschutz auch sehr interessiert und können


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mit Tieren sehr gut umgehen. Aber das ist jetzt überhaupt nicht das Thema. Deswegen ist Ihre Aussage, die Sie hier getroffen haben, völlig verfehlt.

Es geht darum, dass das Tierschutzgesetz und das Tiertransportgesetz nicht in Ord­nung sind, und da befinden wir uns in völliger Übereinstimmung mit den Grünen. Ich bin ohnehin erstaunt heute: So eine große Zweisamkeit zwischen Grün und Blau, das macht mich schon fast ein bisschen nervös! Aber es gibt auch wieder Themen, wo wir nicht so gemeinsam vorgehen werden.

Aber zurück zum Thema: Herr Kollege Eßl, ich werde Ihnen, was die Transporte in Österreich anbelangt, sagen, wie es wirklich ausschaut. Sie sagen, Transporte seien nicht automatisch Tierleid. – Da muss ich sagen: Was sonst? Glauben Sie, dass Tiertransporte automatisch Tierfreude bedeuten? Dieser Umkehrschluss ist natürlich völliger Unsinn!

Das Zweite ist, dass die Transporteure nicht so sehr bemüht sind, Tierleid zu ver­meiden. Ich sage Ihnen ein Beispiel: Vor kurzem ist zu uns ein Anruf gekommen, dass auf der Autobahnraststätte in Völkermarkt um Mitternacht ein Tiertransporter vorge­fahren ist, vollgepfercht mit Rindern, wo klar war, dass die schon lange Zeit unterwegs waren, denn die kamen aus dem Baltikum und waren offenbar Richtung Spanien oder Italien unterwegs. Das war ein Tiertransport, wo man gesehen hat, was auch in Österreich passiert. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Herr Kollege Grillitsch, hören Sie genau zu! Es wird Ihnen dann auch klar werden, wo der Unterschied im Bezug auf die Auslegung dieses Tiertransportgesetzes liegt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) – Hören Sie jetzt zu!

Der Punkt war, dass bei diesem Tiertransport der Versuch gemacht wurde, auch die Polizei zu holen, weil wirklich unglaubliches Tierleid vorlag. Die Tiere haben gebrüllt, waren nicht mit Wasser versorgt, waren nicht mit Futter versorgt. Aber die Polizei war nicht erreichbar!

Das heißt, den Frächtern aus dem Osten ist eine Gesetzeslücke in Österreich aufge­fallen, als sie sich gefragt haben: Wie kann ich am besten einen Tiertransport durch Österreich durchschleusen, um nicht aufzufallen? Wie kann ich das machen, um möglichst viel Geschäft zu betreiben, um auch für die Transporteure wieder ein Geschäft zu bringen?

Es ist bekannt, dass seit der Osterweiterung die Zahl dieser Tiertransporte um 40 Prozent zugenommen hat. Das heißt, seit der Ostöffnung gibt es auch massiv gehäuftes Tierleid in Österreich, das natürlich damit zusammenhängt. Auf der Tages­ordnung sind Transportfahrten, bei denen die Frächter nur deswegen Tiere mitnehmen, weil sie sonst auf dem Rückweg mit leerem Transporter zurückfahren würden. (Abg. Grillitsch: Da muss man unterscheiden!) Und das führt auch dazu, dass viele Transport-Lkws, die für Tiertransporte überhaupt nicht ausgestattet sind, Tiere mit­nehmen, und zwar offenbar einzig allein deshalb, um eben mehr Transporte kosten­günstig wieder in die Ausgangsländer zurückzubringen. (Abg. Eßl: Das werden wir verstärkt kontrollieren! Das haben wir im Ausschuss vereinbart!)

Das ist der Punkt, der jetzt überhaupt nicht behandelt worden ist, nämlich, dass in der EU auf dem Rücken der Tiere, die unvorstellbare Qualen erleiden müssen, Geschäfte gemacht werden, die einfach nicht möglich sein dürfen. Und Sie werden wohl verstehen, dass wir daran Kritik üben müssen, denn in Bezug auf das jetzige Tiertrans­portgesetz müssen wir feststellen, dass diese Problematik damit überhaupt nicht erfasst ist.

Damit kommen wir genau zu dem Punkt, der bei diesem Tiertransportgesetz wichtig ist: Es gibt – das haben Sie ja von der Kollegin Weinzinger schon gehört – die Möglichkeit,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 109

seit dem 5. Jänner 2007 das geltende EU-Recht, die geltende EG-Verordnung mit strengeren Bestimmungen für innerstaatliche Transporte zu versehen. Dieser Punkt ist überhaupt nicht erfüllt geworden!

Ich gehe noch einmal darauf ein – vielleicht haben Sie nicht gehört, was die Kollegin Weinzinger gesagt hat –: Die Tiertransportdauer von 4,5 Stunden, die auf den ersten Blick vielleicht interessant und gut erscheinen möge, ist ja nur eine Farce, das ist ja nur eine vorgeschriebene Stundenzahl, die aber in Wirklichkeit nie eingehalten wird. Das heißt, wir können davon ausgehen, dass die Beförderungsdauer immer überschritten wird. Sie wird acht, vielleicht sogar zehn Stunden betragen. Das ist eine massive Verschlechterung für die leidgeplagten Tiere.

Das Zweite, was ich kritisiere, ist der Kniefall vor der Frächterlobby. Sie lassen es nämlich zu, dass Transporte mit Lkws durchgeführt werden, die überhaupt nicht geeignet sind, Tiertransporte durchzuführen. Dazu kommt auch noch ein verkehrs­politischer Faktor. Es hat nämlich Österreich als zentraler Verkehrsknotenpunkt Euro­pas hier auch eine zentrale Aufgabe. Das heißt, auch diese Aufgabe wäre zu erfüllen gewesen, nämlich Österreich in seiner zentralen verkehrspolitischen Situation stärker gegen diese Machenschaften auftreten zu lassen.

Ein weiterer Punkt: Es gibt keine vernünftigen Kontrollpläne. Es fehlt jegliche inhaltliche Determiniertheit.

Noch ein abschließender Punkt zu diesem Tiertransportgesetz: die Strafhöhe. – Was die Strafhöhe anbelangt, ist die Erhöhung der festgesetzten Beträge im Vergleich zu den alten Tiertransportgesetzen möglicherweise begrüßenswert. Nach Artikel 25 der Ver­ordnung müssen die von den Mitgliedstaaten vorzusehenden Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. – Bei einer Staffelung von 2 000 € bis 5 000 € kann davon wohl nicht die Rede sein. Eine echte Strafe wäre es, diese transportierten Tiere sofort zu beschlagnahmen und sofort wirkliche Strafen umzusetzen, damit auch eine abschreckende Wirkung erzeugt werden könnte.

Sie sehen also: All diese Punkte sind nicht ausreichend berücksichtig. Das heißt, dieses Tiertransportgesetz kann die Notwendigkeiten, die gegeben sind, nicht erfüllen.

Der zweite Bereich, den ich ansprechen will, ist das Tierschutzrecht. Frau Minister, wenn Sie glauben, dass das ein großer Wurf ist, dann können wir sicher Zweifel anmelden. In der Regierungsvorlage wird behauptet, dass ein dringender Novel­lierungs­bedarf besteht. Vor dem Entwurf wurde das Gesetz ja bereits zweimal abgeändert. Dass heißt, auch Sie selber waren sich offensichtlich nicht so sicher, dass das ein großer Wurf ist. In diesem Zusammenhang zitiere ich einen Brief von der Koalition der österreichischen Tierschutzvereine:

„Unter dem Deckelmäntelchen allfälliger Verbesserungen versuchen die ‚Tierschutz­ministerin‘ Kdolsky und die Agrarlobby das Tierschutzgesetz sukzessive auszuhöhlen.

Der Tierschutzrat soll zu einem zahnlosen Gremium mutieren, in dem Vertreter der meisten Ministerien sitzen, die überhaupt keine Ressortzuständigkeit besitzen und überwiegend die Agrarlobby vertreten.

Der Tierschutzrat wird somit ein Instrument des Ministeriums unter Kdolsky – sie soll nun auch bestimmen, wer darin Platz findet, bisher war es Sache des Verbandes der österreichischen Tierschutzvereine einen Vertreter der NGOs zu entsenden. Still und heimlich werden die ‚unangenehmen‘, weil kritischen Tierschutzvereine verbannt, Pseudotierschutzvereine sollen folgen. Die SPÖ, allen voran Kanzler Gusenbauer,“ stimmt da zu. (Abg. Eßl: Da haben Sie die letzte Änderung nicht mitverfolgt!)


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Sie sehen also, so große Freude haben die Tierschutzvereine mit diesem Gesetz nicht! Und ich prophezeie Ihnen heute schon, dass diese gesamte Gesetzesmaterie nicht halten kann. Sie ist wirklich nicht durchdacht und nicht ausreichend. Ich glaube eher, dass wir sehr bald wieder im Ausschuss zusammensitzen werden, um die nächste Novelle zu beschließen. Und das kann natürlich nicht gut sein. Wir hätten uns mehr Zeit lassen sollen. Sie hätten sich auch von anderen Herrschaften als nur von denen der Agrarlobby beraten lassen sollen. Ich glaube, dass wäre eine gute Chance gewesen, dem Tierleid wirksam entgegenzutreten. (Beifall bei der FPÖ.)

14.18


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bayr. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.18.34

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Vorschläge zum Tiertransportgesetz, zumindest manche, die da gekommen sind – noch nicht, aber sie werden noch kommen –, nämlich, zum Beispiel alle zwei Stunden eine Pause zu machen, sind ein Beweis dafür, dass sehr oft das, was gut gemeint ist, das Gegenteil von gut ist. Es gibt keinen Fachmann/keine Fachfrau, der/die findet, dass das richtig ist, denn das ist nur ein Hinauszögern des Quälens, das jedenfalls keinem Tier hilft.

Ich meine aber dennoch, dass das Tiertransportgesetz, das wir jetzt in Österreich haben, eines der strengsten innerhalb der Europäischen Union ist, was Kontrollen, was Strafen, was Zeiten, was Versorgung betrifft. Wir wissen natürlich, dass die Regelung auf europäischer Ebene, dass 29 Stunden transportiert werden kann, dann 24 Stunden Pause gemacht wird, dann wieder 29 Stunden transportiert werden kann, und so weiter und so fort, sicherlich nicht eine akzeptable Regelung ist und da noch eine ganze Menge an Nachholbedarf besteht.

Es ist vorgesehen, dass die Bundesländer jetzt Krisenpläne machen müssen. Das finde ich gut. Was ich aber anregen möchte, das ist, dass man sich auch regional zusammensetzt, dass die Bundesländer miteinander agieren und dass man sich überlegt, wo es denn sinnvollerweise gemeinsame Entladestellen und auch Unter­künfte für Tiere geben kann, die nach stundenlangem Leid befreit worden sind. Das muss man in der Region schaffen, wie ich überhaupt glaube, dass das Zauberwort, um sinnlose und qualvolle Tiertransporte zu verhindern, in der Schaffung von regionalen Märkten liegt und nicht in der wirtschaftlichen Komplettausnutzung von Schlachthöfen und deren Kapazitäten, sondern die Richtung soll hin ins Regionale gehen.

Bei der Diskussion rund um das Tierschutzgesetz hat mich persönlich im Vorfeld sehr verwundert – und zwar in Bezug darauf, was im Internet gelaufen ist, was in der Öffentlichkeit gelaufen ist –, dass eigentlich fast nur die Zusammensetzung des Tierschutzrates in der Öffentlichkeit gestanden ist und diskutiert wurde und die Fragen, die für die Tiere und für den Tierschutz wirklich von Relevanz sind, relativ unter­beleuchtet waren. (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Da haben Sie unseren Antrag abgelehnt!)

Zum Beispiel werden wir uns im Herbst meiner Meinung nach auf jeden Fall noch mit dem ungerechtfertigten Fangen von Wildtieren zu beschäftigen haben, mit strengeren Regelungen für die Qualzucht (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: Sie haben unseren Antrag abgelehnt! Das alles können Sie im Antrag der Grünen nachlesen!), mit einer Anzeige- und Meldepflicht bei der Haltung und bei der Zucht, egal ob gewerblich oder nicht gewerblich, mit den Strafbestimmungen für den Erwerb und den Besitz von verbotenen Gegenständen, die zwar verboten sind, die man aber jetzt noch ungestraft besitzen darf.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 111

Das heißt, wir werden im Herbst weiterzuarbeiten haben. Und ich versichere, dass wir als SPÖ auf jeden Fall dafür stehen, zu schauen, dass die Fragen, die noch offen sind, weiterentwickelt werden, sprich: fortschrittlich weiterentwickelt werden im Sinne des Tierschutzes, und nicht bestehende Errungenschaften des Bundestierschutzgesetzes untergraben werden. (Abg. Mag. Brigid Weinzinger: So wie jetzt!)

Lassen Sie mich darüber hinaus noch eine andere Frage ansprechen, die mir per­sönlich sehr wichtig ist, nämlich die Frage des Tierversuchsgesetzes, das aus meiner Sicht dringend zu verbessern ist, weil es einfach nicht mehr zeitgemäß ist, weil es unseren geltenden Tierschutzstandards in Österreich überhaupt nicht mehr gerecht wird, sowohl das Gesetz, als auch die sich daraus entspinnenden Verordnungen. Zum Beispiel werden sehr viele Tierversuche – die Zahl der Tierversuche ist in Österreich übrigens im Jahr 2006 stark steigend, und zwar mit 13,6 Prozent – überhaupt nicht in die Tierversuchstatistik aufgenommen, und zwar immer dann, wenn Tiere getötet werden, um ihnen Gewebe oder Organe zu entnehmen. Wir wissen zum Beispiel aus der deutschen und aus der Schweizer Statistik, dass es eine sehr große Menge an Tieren ist, denen dieses Leid widerfährt.

Ich bin überzeugt, dass hier Änderungen notwendig sind. Aber notwendig ist auch eine sehr offensive Förderung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden, zum Beispiel der Ein­satz von Zellkulturen, von Computersimulationen; die müssen damit Hand in Hand gehen.

Ich würde mich freuen, wenn wir heute einen ersten Schritt und im Herbst weitere Schritte hin zu einem fortschrittlichen Weg in Richtung eines umfassenden Tier­schut­zes gehen könnten. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

14.22


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Ing. Westenthaler mit 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.23.02

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich vor allem mit der Höchstbegrenzung der inner­staatlichen Tiertransportdauer beschäftigen, die in einem ersten Schritt von acht auf nunmehr viereinhalb Stunden natürlich eine deutliche Verbesserung darstellt, das ist keine Frage. Aber wir wissen auch, dass es jede Menge Ausnahmeregelungen gibt. Auch das Argument des Herrn Kollegen Klement trifft zu, dass es in vielen Bereichen weiterhin weitgehend mehr Stunden des Transportes geben wird, als uns recht und lieb ist – vor allem jetzt, in einer Zeit, wo es 40 bis 50 Grad in diesen Lkws hat.

Frau Ministerin! Ich ersuche Sie, sich einmal – das muss man einmal ausprobiert haben – in so einen Transporter hineinzustellen und zwei oder noch mehr Stunden ohne jegliche Versorgung mitzufahren – als Mensch! Das ist eine wirkliche Graus­lichkeit! Das ist etwas, was man einfach nicht akzeptieren kann. Zu Recht haben die Menschen betroffene Reaktionen jeder Fraktion geschickt. Man sieht die Bilder in den Medien, man sieht, dass Tiere jämmerlich verenden, vor allem, wenn es witterungs­bedingt ein Problem ist. Es gibt auch schon gut ausgestattete Transporter, es gibt welche, die klimatisiert sind und die eine gute Ausstattung haben, aber die meinen wir nicht, die sind nicht die Regel. In der Regel werden die Tiere zu Schlachthöfen oder sonst wohin bei 40, 50 Grad im Sommer verbracht, und das ist schauderhaft. Das wollen wir nicht!

Daher bringen wir folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Ursula Haubner und Kollegen betreffend verbes­serten Tierschutz beim Transport

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zur weiteren Verbesserung des Tiertransportgesetzes zu übermitteln, der die maximale Beförde­rungs­dauer ohne entsprechende Versorgung auf zwei Stunden herabsetzt, wenn das Fahrzeug nicht eine artgerechte Versorgung der Tiere und einen entsprechenden Schutz vor der Witterung gewährleistet.

*****

Ich denke, das wäre eine gute Maßnahme, Tierleid und Tierquälerei massiv zu bekämpfen, dem Tierleid endlich ein Ende zu setzen. Ich meine, dass das eine richtige Maßnahme dazu wäre. (Beifall beim BZÖ.)

Dazu gehört natürlich, dass es zu verstärkten Kontrollen kommen muss. Dazu gehört aber auch, dass wir endlich auch Mindeststrafen einführen. Die jetzigen Strafausmaße sind wenig abschreckend, die Kontrollen wenig zielführend, und ich denke, dass daher das ganze Gesetz zwar gut gemeint und ein erster guter Schritt ist, aber es am Ende, was die Realität und die Praxis anbelangt, wieder an der Umsetzung scheitern wird.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist der Tierschutzrat, der hier heute auch diskutiert wird. Ich verstehe überhaupt nicht, warum jetzt Tierschutzvertreter sozusagen in die Enge getrieben werden und tatsächlich ihrer Stimme, ihres Stimmgewichts beraubt werden, indem Sie, Frau Ministerin, jetzt beschlossen haben, dass eigentlich der politische Arm so weit gehen soll, dass auch der Tierschutzrat dem Ministerium weisungsgebunden unterstellt ist, dass es dort neun Landesveterinärdirektoren gibt, die aus den Bun­desländern kommen, alle natürlich schön nach parteipolitischen Gesichtspunkten ausgesucht, und dass die wirklichen Tierschützer dort dann keine Stimme mehr haben.

Dagegen gibt es auch einen Protest der Tierschützer, den ich auch verstehe und nachvollziehen kann, weil das kein Gremium eines politisch verlängerten Armes des Gesundheitsministeriums sein sollte, sondern ein wirkliches Gremium zum Schutz und zur Hilfe für unsere Mitindividuen, die Tiere, für die wir auch eine Verpflichtung haben. Daher wollen wir einen unabhängigen, einen weisungsfreien Tierschutzrat, der Ihnen nicht unterstellt ist.

Denn: In dieser Republik wird ohnehin alles einvernahmt. Im Moment versucht man gerade im Gesundheitsministerium, die Ärzte in Weisung zu nehmen. Jetzt kommt der Tierschutzrat dran. Ich weiß nicht, was noch alles drankommt. Daher würde ich Sie dringend ersuchen, Frau Ministerin, davon Abstand zu nehmen und wirklich eine unabhängige und weisungsfreie Instanz zu schaffen und nicht eine politisch besetzte beziehungsweise eine, die letztlich am Arm Ihres Ministeriums hängt und wo Sie schalten und walten können, wie Sie wollen. Das ist uns auch ganz wichtig!

Aber es muss auch auf europäischer Ebene ein Umdenken stattfinden. Und da ist diese Regierung aufgefordert, auch auf europäischer Ebene, wo dieses Thema noch nicht so behandelt wird, wie wir es gerne hätten, den Kampf gegen diese Tier­transporte und gegen diese Tierquälerei anzutreten. Dort ist es noch nicht so weit fortgeschritten wie in Österreich, wo ein erster Schritt gemacht wird.

Sie haben auch die Verpflichtung, zum Beispiel auch einmal das Förderungssystem und das Förderungswesen auf europäischer Ebene, was Lebendtiertransporte anbe-


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langt, zu untersuchen. Ich sage Ihnen ganz offen, sehr persönlich: Das Ziel muss eigentlich sein, Lebendtiertransporte in Europa auf ein Minimum zu reduzieren, um damit Tierleid und Tierquälerei endgültig zu beenden. (Beifall beim BZÖ.)

14.27


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der Entschließungsantrag der Abgeord­neten Ing. Westenthaler, Haubner und Kollegen betreffend verbesserten Tierschutz beim Transport ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit zur Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Ursula Haubner und Kollegen betreffend verbes­serten Tierschutz beim Transport

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gesundheitsausschusses (153 d.B.) über die Regierungs-vorlage (142 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Tiertransportgesetz erlassen wird, und das Tierschutzgesetz und das Tier­seuchengesetz geändert werden

Immer wieder wird über die schrecklichen Transportbedingungen insbesondere für Schlachtvieh berichtet. Die Bevölkerung erwartet zu Recht von der Bundesregierung, diese Missstände wirksam abzustellen. Der vorliegende Gesetzesentwurf scheint durch die Absenkung der Transportdauer von acht auf viereinhalb Stunden eine deutliche Verbesserung zu enthalten. In der Praxis wird sich aber durch die vielen Ausnahme­regelungen bei der Transportdauer und die mangelnde Kontrollierbarkeit wenig zum Wohl der Tiere ändern. Der Transport von Tieren sollte aber so gestaltet werden, dass Tierquälereien, Verletzungen und Beeinträchtigungen der Tiere während des Trans­portes endgültig Vergangenheit sind.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zur weite­ren Verbesserung des Tiertransportgesetzes zu übermitteln, der die maximale Beförderungsdauer ohne entsprechende Versorgung auf zwei Stunden herabsetzt, wenn das Fahrzeug nicht eine artgerechte Versorgung der Tiere und einen ent­sprechen­den Schutz vor der Witterung gewährleistet.“

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.28.17

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wie schon mein Vorredner, der Abgeordnete Westenthaler, gesagt hat: Es geht hier schlicht und einfach darum, dass wir durch ein verbessertes Gesetz innerösterreichisch, aber auch langfristig in der EU Tierleid vermeiden wollen oder minimieren wollen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 114

Diese Gesetze sind meiner Meinung nach ein deutliches Zeichen, auch in Richtung Europäische Gemeinschaft dem Wohlbefinden der Tiere mehr Augenmerk zu schen­ken. Wenn Österreich jetzt vorprescht und für Schlachttiere die Transportzeiten auf viereinhalb Stunden, ausweitbar auf achteinhalb Stunden, beschränkt, muss man ganz deutlich sagen: Innerhalb der EU sind deutlich längere Zeiten möglich!

Frau Abgeordnete Weinzinger, wenn Sie sagen, das sei alles nichts und wir würden Tierschutz verunmöglichen und so weiter, dann muss ich Ihnen auch sagen: Man muss aufpassen, dass man nicht verunmöglicht, dass Bergbauern zum Beispiel ein Biorind aufziehen und dass dieses dann aus entlegenen Gebieten nicht mehr transportiert werden darf und in speziell ausgestatteten Schlachthöfen nicht mehr geschlachtet werden darf. Man kann es gesetzlich so regeln, dass alles unmöglich wird. Ich will Ihnen das nicht unterstellen, aber letztlich läuft es darauf hinaus.

Wir senden hier ein ganz deutliches Signal in Richtung Europäische Kommission, die einen Bericht vorlegen muss, und wir werden da die Vorreiterrolle innehaben.

Dieses Gesetz ist auch ein deutliches Zeichen dafür, dass mit verschärften Kontrollen das Ganze dann auch so umgesetzt werden soll, dass es sich nicht um ein zahnloses Gesetz handelt, sondern es soll ein Gesetz sein, das gewährleistet, dass mit den Tieren wirklich respektvoll umgegangen wird.

Auch die Ausbildung ist da ein deutliches Zeichen: Wir wollen die Personen, die Tiere transportieren, besser ausbilden, damit es beim Ausladen und Beladen eindeutig zu Verbesserungen kommt.

Auch der Tierschutzrat ist – entgegen Ihren Äußerungen – aufgewertet. Ich erwähne nur etwa die Einbeziehung von europäischen Tierschutzorganisationen.

Insgesamt ist dieses Gesetz ein deutliches Zeichen dafür, dass wir von der ÖVP einen respektvollen Umgang mit den Tieren wollen. Wir wollen kein Tierleid, wir wollen auch nicht, dass die Tiere unnötig Stress haben, wenn sie zum Schlachthof geführt werden. Ich glaube, deshalb kann man mit gutem Gewissen sagen, dieses Gesetz ist auch innerhalb von Europa ein deutliches Zeichen für mehr Tierschutz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.31


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Hofer mit einer Redezeit von 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.31.11

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich glaube auch, dass der Kontrolle eine ganz besondere Bedeutung zukommt. Ich darf Ihnen ein paar Beispiele nennen, die im kleinen Bundesland Burgenland vorgefallen sind: Dort hat man vor wenigen Wochen einen Lkw aus Kroatien gestoppt, der 850 Lämmer geladen hatte; kurz danach einen Lkw aus Italien mit 700 Lämmern; und der letzte Fall war ein Tiertransport, wo der Fahrer nachgewiesenermaßen 38 Stunden durchgehend mit den Tieren unterwegs war – also für den Fahrer ein Wahnsinn, und für die Tiere auch. Daher ist die Kontrolle ganz besonders wichtig.

Was uns in weiterer Folge noch gelingen muss, ist, dass wir als Transitland auch dafür Sorge tragen, dass Transporte, die durch Österreich führen, Transporte aus bezie­hungsweise nach Österreich auch beschränkt werden, damit jene Transitfahrten für die Tiere weniger Leid erzeugen.

Und eines, was ich heute noch nicht gehört habe, möchte ich auch noch sagen: Wir müssen uns schon auch überlegen, warum diese Tiertransporte – das Problem sind ja die besonders langen Tiertransporte – überhaupt notwendig geworden sind, denn vor


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dreißig, vierzig Jahren wird kaum jemand auf die Idee gekommen sein, mit einem lebenden Tier 36 Stunden quer durch Europa zu fahren.

Das Grundübel ist, dass das Fleisch von Tieren, die im Ausland, oft unter skandalösen Umständen, aufgezogen und dann hierzulande geschlachtet werden, als österreichi­sches Fleisch verkauft werden darf. Wenn das nicht der Fall wäre, dann würden wir uns sehr viele Lebendtiertransporte ersparen. Deswegen glaube ich auch, dass wir uns für eine neue Form der Lebensmittelkennzeichnung einsetzen müssen, denn jetzt ist es durchaus möglich, dass Kängurufleisch als österreichisches Fleisch verkauft wird, auch wenn dieses Tier natürlich nicht in Österreich aufgewachsen ist.

Meine Damen und Herren! Deswegen wäre eine neue Form der Lebensmittelkenn­zeichnung auch so wichtig. Wir helfen damit nicht nur dem Klimaschutz, weil weniger CO2 erzeugt wird, wir helfen damit vor allem auch unseren heimischen Landwirten, unseren bodenständigen, heimischen, ehrlichen Landwirten, die hierzulande Tiere aufziehen und Qualität erzeugen. Und es ist allemal besser, Tiere, die in Österreich unter positiven Rahmenbedingungen aufgewachsen sind, zu kaufen als jene, die beispiels­weise – ich spreche jetzt zum Beispiel von Schweinen – auf Schiffen groß­gezogen werden, dort kein Tageslicht sehen und unter skandalösen Umständen dahinvegetieren müssen. Dieses Fleisch ist sicherlich nicht das beste!

Daher ist es ein guter Weg, unsere heimischen Landwirte zu unterstützen. (Beifall des Abg. Dr. Fichtenbauer sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.34


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 3 Minuten. – Bitte.

 


14.34.26

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Dass in Österreich ein Tier auf dem Bauernhof, auf dem es geboren und aufgezogen wird, auch geschlachtet wird, das kommt, wie wir schon in vielen der Vorreden gehört haben, leider nur in ganz wenigen Einzelfällen vor.

Es ist ganz das Gegenteil der Fall: Es kommt zu relativ langen Transportwegen zu Schlachthöfen, die sich mit einer hohen Spezialisierung damit beschäftigen. Dass das nicht wünschenswert ist, wissen wir, glaube ich, alle. Was aber dringend notwendig ist, ist, dass wir mit diesen Gegebenheiten als Gesetzgeber ordentlich umgehen. Ich denke, dass wir mit diesem Tiertransportgesetz, das wir heute hier hoffentlich be­schließen werden, wirklich europaweit, wie auch von vielen Vorrednern schon gesagt, den Weg vorgeben.

Die Europäische Kommission ist im Jahr 2004 davon ausgegangen, dass es jährlich zirka 170 Millionen Tiertransporte gibt. Das war auch der Grund dafür, warum die EU eine Richtlinie erlassen hat. Wie schon gesagt, wir vollziehen diese Richtlinie nicht einfach nach, nein, wir setzen mit diesem Gesetz einen Schritt, für den wir uns europaweit als Österreich nicht zu genieren brauchen, sondern, im Gegenteil, auf den wir wirklich ganz besonders stolz sein können.

Das neue Gesetz setzt nämlich bei Tiertransporten auf Tierschutz, und es ist ganz klar, dass wir dabei möglichst kurze Transportwege und vor allem artgerechte und profes­sionelle Behandlung der Tiere auch während der Transporte zu unserer Prämisse gemacht haben.

Wie schon gesagt, die Transportdauer darf in Österreich nur mehr viereinhalb Stunden betragen, und bei Verlängerung in begründeten Ausnahmefällen bis zu achteinhalb Stunden. – Die Frage, ob das Be- und Entladen für Tiere sehr viel Stress verursacht, braucht man, glaube ich, auch nicht zu stellen: Ganz eindeutig ist das so. Das heißt,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 116

Transportzeiten von zwei Stunden oder etwas mehr würden bedeuten, dass man die Tiere ein- und auslädt, und ich weiß nicht, was da belastender ist.

Der Vergleich zur EU: Die EU lässt bei nicht eigens ausgestatteten Tiertransporten Transportdauern zwischen acht und zwölf Stunden zu. – Also wieder einmal: In Öster­reich sind wir deutlich besser.

Es ist auch von großer Bedeutung, dass die Menschen, die Tiere transportieren, eine besonders gute Ausbildung erfahren. Auch das ist etwas, was dieses Gesetz sicher­stellt.

Deswegen möchte ich meinen ganz speziellen Dank auch unserem Tierschutzsprecher Didi Keck aussprechen, der mit einer unglaublichen Sachkenntnis, Geduld, Zähigkeit und Standfestigkeit mit der Frau Ministerin und Herrn Mag. Herzog bis zur letzten Sekunde verhandelt hat, damit wir dieses Gesetz, so wie wir es heute vorliegen haben, auch verabschieden können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.36


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Dr. Kdolsky. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


14.37.10

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Abgeordnete! Geschätzte Besucherinnen und Besucher auf der Galerie! Mit 5. Jänner 2007 hat in der EU die neue Verord­nung 1/2005 über den Schutz von Tieren beim Transport ihre Gültigkeit erlangt. Mit der Gültigkeit dieser Verordnung wurden die Richtlinien, die die Grundlage für die heimi­schen Tiertransportgesetze-Straße, -Luft und -Eisenbahn bildeten, außer Kraft gesetzt.

Dieses heute zur Beschlussfassung vorliegende Bundesgesetz über die Regelungen zum Tiertransport dient einerseits der Schaffung des nationalen Rahmens für die Umsetzung der europäischen Verordnung und andererseits – und das ist mir sehr wesentlich – auch der Förderung folgender Ziele:

Erstens, der Förderung der heimischen Lebensmittelqualität. Die Tierschutzstandards sind ein zentrales Qualitätskriterium für die heimische Lebensmittelproduktion gewor­den. Mit der durchwegs ambitionierten Einschränkung von Beförderungszeiten für inner­österreichische Schlachttiertransporte auf 4,5 Stunden und deren Verlängerung nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen setzt die Bundesregierung europaweit ein deutliches Zeichen zum Schutz der transportierten Tiere. Tierschutz ist in der österreichischen Lebensmittelproduktion mehr als nur ein Marketingfaktor. Wie vielfach belegt, führen kurze Transportwege und Maßnahmen, die den Stress der Tiere bei der Be- und Entladung sowie während des Transportes reduzieren, auch zu besserer Fleischqualität und stärken die Maßnahmen die Qualität der österreichischen Lebens­mittel nachhaltig.

Zweiter Punkt: die Förderung eines respektvollen Umganges mit dem Tier. Durch die entsprechenden Schulungsmaßnahmen jener Personen, die für die Tiere während der Verladung beziehungsweise des Transportes sowie bei der Entladung am Bestim­mungsort verantwortlich zeichnen, und auf Grund von zukünftigen Richtlinien zur Pflege und Betreuung, über die Hygiene und die an das Wohlbefinden der Tiere ange­passte Art und Weise des Transportes wird ein respektvoller Umgang mit den transportierten Tieren eingefordert.

Drittens: die Forderung und Förderung der Seuchenprävention. Die Ausbreitung von Seuchenzügen der letzten zehn Jahre in Europa war immer wieder auf unkontrollierte und nicht rückverfolgbare Tiertransporte zurückzuführen. Auch wenn es auf Grund der


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europäischen Veterinärgesetzgebung weitgehend ausgeschlossen ist, dass aus einem Gebiet, in dem eine Seuche auftritt, Tiere in den europäischen Tierverkehr eingebracht werden, so ist doch entsprechend durch Meldung, Dokumentation und Buchführung sowie durch Kennzeichnung die Rückverfolgbarkeit von Tierbewegungen sicher­zustellen.

Mit weiteren Vorgaben über Beschaffenheit der Fahrzeuge, deren Reinigung und Desinfektion, wenn erforderlich, wird der Seuchenprävention zur Erhaltung des hohen österreichischen Tiergesundheitsstatus Rechung getragen.

Was bedeutet nun dieses Gesetz für Österreich? – Kleine Strukturen in entlegenen Gebieten bedeuten gerade im europäischen Vergleich geringe Viehzahlen auf den Höfen. Daraus folgt, dass häufig der Transport von Einzeltieren gesichert werden muss. Jene Anforderungen, die für die Durchführung von Tiertransporten durch den Besitzer oder im Rahmen der Nachbarschaftshilfe wahrgenommen werden, sind so zu gestalten, dass es zu keiner Benachteiligung von Kleinunternehmen kommt. Bei der Normierung der Anforderungen ist auch zu berücksichtigen – und ich denke, das ist ein wesentlicher Bestandteil –, dass bei Transporten aus entlegenen, geographisch ungünstigen Lagen eine vernünftige Relation zu Langstreckentransporten im inner­gemeinschaftlichen Handel bestehen bleibt.

Die Teilnahme an Gütesiegelprogrammen oder die Auslobung der biologischen Wirt­schaftsweise bedeutet, dass eine Verbringung zu vereinzelten Vertragspartnern ent­lang der Lebensmittelkette sichergestellt werden muss. Daher ist die Teilnahme von Tierhaltern an Zertifizierungsprogrammen im Qualitätssegment zum Beispiel Biopro­duktion als Argument, warum nicht der unmittelbar nächstgelegene Schlachthof ange­fahren werden kann, zulässig. Nur so kann der Wunsch der Verbraucherschaft nach regionalen, qualitativ hochwertigen Produkten auch zukünftig garantiert und erfüllt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Während auf europäischer Ebene eine Beschränkung der Beförderung auf acht Stun­den sowie eine Verlängerung auf zwölf Stunden auch dann möglich ist, wenn keine weitreichende Ausstattung der Lkws vorliegt, und bei Langstreckentransporten inner­halb anderer Mitgliedstaaten beziehungsweise im IGH Beförderungsdauern bis zu 24 Stunden bei Schweinen und 14 Stunden bei Rindern ohne Pausen möglich sind, sieht das österreichische Gesetz vor, dass innerhalb Österreichs Schlachttiere grundsätzlich 4,5 Stunden zu befördern sind und nur unter gewissen Voraussetzungen eine Verlängerung auf maximal 8,5 Stunden möglich ist. Bei Nutz- und Zuchttieren sind im Einzelfall Beförderungen, die über acht Stunden hinausgehen, bis maximal zehn Stunden zulässig.

Zur Sicherstellung der einheitlichen Auslegung der Tiertransportnormen und einer ein­heitlichen Durchführung der Kontrollen werden im Auftrag meines Ressorts Hand­bücher und Checklisten erarbeitet und ab Jahreswechsel allen Kontrollorganen zur Verfügung gestellt.

Ich denke, dass wir letztendlich durch die konstruktive Zusammenarbeit hier einen großen weiteren Schritt gesetzt haben, und ich glaube auch, dass wir innerhalb der Europäischen Union zeigen werden, dass Österreich seiner Position entspricht und hier auch weiter die Tierschutzmaßnahmen in den Vordergrund stellt.

Ich bedanke mich bei allen für die konstruktive Zusammenarbeit im Ausschuss, in den Diskussionen und ersuche Sie, heute diesem Meilenstein in der österreichischen Tierschutzgesetzgebung zuzustimmen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.44



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 118

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haubner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.44.04

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich denke, das, was hier vorliegt, ist sicher nicht der große Wurf, um in Zukunft Tierleid bei Transporten zu verhindern. Wenn man natürlich mit den Zuständen, die auf europäischer Ebene herrschen, vergleicht, dann kann man sagen, es ist ein Fortschritt. Aber dieser Fortschritt zeigt sich halt, wie bei vielen anderen Gesetzen dieser Koalition, auch nur insoweit, als die Verbesserung der Transportregelungen durch eine Beschränkung auf viereinhalb Stunden wiederum nur unter bestimmten Voraussetzungen gegeben ist: wenn es nicht bestehende Verträge gibt, die anderes regeln, wenn nicht geographische oder, was auch immer, strukturelle Gründe es notwendig machen, dass ein längerer Transport erfolgt. Und das ist die Schwachstelle auch in diesem Gesetz.

Positiv ist sicher, dass es zu mehr Kontrollen kommt – ich hoffe, dass dieses Mehr an Kontrollen, das bisher meines Wissens nur in drei Bundesländern, darunter Kärnten, durchgeführt wurde, wirklich österreichweit erfolgt – und dass es auch Krisenpläne gibt.

Was uns nicht sehr positiv stimmt, ist, dass zwar die Strafen erhöht wurden, dass es Höchstgrenzen gibt, aber keine Mindeststrafen. Ich glaube, um wirksame Maßnahmen zu setzen für diejenigen, die dann ständig gegen dieses Gesetz verstoßen und für die das Wohl der Tiere letztlich nicht von Interesse ist, müssen hier Mindeststrafen in Form von Mindestsätzen festgelegt sein.

Was die Ausbildung anlangt, ist grundsätzlich zu begrüßen, dass diejenigen, die Tiere transportieren, eine gute Ausbildung haben. Ich bin gespannt, wie diese Verordnung aussehen wird, und ich würde hier bitten, die Erfahrung gerade von Bauern, die ja große Erfahrung im Umgang mit Tieren haben, zu berücksichtigen und diese auch in der Ausbildung entsprechend anzurechnen. Denn hier geht es nicht darum, die Bauern immer zu Straftätern zu machen, sondern ihnen die entsprechenden Voraussetzungen, auf die sie in diesem Bereich verweisen können, auch positiv anzurechnen. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Ein Punkt, der mir auch sehr wichtig erscheint – Sie haben ihn eigentlich gar nicht mehr erwähnt, Frau Bundesministerin –, ist der Tierschutzrat. Der Tierschutzrat, der mit großer Übereinstimmung in der letzten Legislaturperiode bei der Erarbeitung des bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes eingerichtet wurde, wo der ehemalige Vize­kanzler Herbert Haupt sich große Verdienste erworben hat und hier in vielen Ge­sprächen über die Parteien hinweg erreicht hat, dass dieses Ergebnis gemeinsam erzielt werden konnte.

Dieser Tierschutzrat, der letztendlich ein Beratungsgremium für den Minister, für die Ministerin ist, soll jetzt so weit aufgestockt werden. Für mich ist nicht nachvollziehbar, warum jetzt auf einmal so viele Vertreter im Tierschutzrat vertreten sein sollen. Sie haben zwar von Ihrer ursprünglichen Absicht, aus fast jedem Ministerium einen Ver­treter zu schicken, Abstand genommen; nun sind die neun Landesveterinär­direktoren im Tierschutzrat vertreten, und Sie wissen ja – das ist ja kein Geheimnis –, diese sind weisungsgebunden. Das sind Beamte, die hier auch dem Einfluss – ich möchte das überhaupt nicht werten – der Landesagrarreferenten unterliegen. Es gibt ja jetzt schon einen schwierigen Fall mit dem Vertreter des Tierombudsmannes aus Vorarlberg, der zugleich Landesveterinärdirektor ist. Wie wird das in Zukunft sein: Ist der das in einer Person? Wird der einen Vertreter schicken? Nimmt der beide Agenden wahr? – Ich denke, hier sollte rasch eine Klärung stattfinden.


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Ich glaube auch, dass es wichtig ist, dass dieser Tierschutzrat, so wie er eingerichtet wurde – die Mitglieder des Tierschutzrates haben ja selbst gesagt, sie brauchen keine Änderung in der Zusammensetzung –, dementsprechend unabhängig, weisungsfrei ist und seine gute Arbeit auch als Beratungsgremium in Tierschutzfragen weiter machen kann.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Ing. Westenthaler und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

In Artikel II entfallen die Ziffern 7 bis 12.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es gibt noch viele offene Fragen – das haben auch die Diskussion und die Anträge im Aus­schuss gezeigt –, es gibt viele nicht gelöste Probleme, gerade auch auf europäischer Ebene, und es ist sicher heute nicht das letzte Mal, dass wir über ein Tier­transport­gesetz und Tierschutzgesetz diskutieren. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

14.49


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.49.44

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Gleich zur Frau Abgeordneten Haubner, was den Tierschutzrat anlangt. Frau Abgeordnete, aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen: Als Ministerin oder Minister – Sie wissen das auch – kann man gar nicht genug Expertinnen und Experten zur Beratung beiziehen!

Natürlich macht es Sinn, die Landesveterinärdirektoren miteinzubeziehen, weil wir eine bessere Koordination zwischen Bund, Land und den einzelnen Organisationen haben wollen. Im Übrigen haben wir zum Beispiel auch eine europäische Tierschutz­organi­sation, die Eurogroup for Animals, miteinbezogen, damit wir unserer Stimme mehr Gewicht in der Europäischen Union verleihen.

Meine Damen und Herren, als im Jahr 2005 das bundesweite Tierschutzgesetz in Kraft getreten ist, das hier in diesem Haus verhandelt wurde, haben wir damit einen Meilen­stein auch im österreichischen Tierschutz gesetzt und gleichzeitig ein europäisches Mustergesetz im Tierschutz verabschiedet. Wir haben diese Vorreiterstellung, die wir auch schon vor dem Bundestierschutzgesetz gehabt haben – wenn ich nur an Marilies Flemming erinnere, die schon vor vielen Jahren für die glücklichen Hühner gekämpft hat und für anderes mehr –, auch in der Europäischen Union versucht umzusetzen.

Wir haben während der Präsidentschaft Österreichs in der Europäischen Union im Jahr 2006 erstmals in der Geschichte der Europäischen Union eine große Konferenz


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durchgeführt, wo sowohl die Produzenten und Produzentinnen als auch die Tier­schützer und Tierschützerinnen an einem Tisch oder, besser gesagt, in einem Saal – 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hat es gegeben – diskutiert haben. Wir haben damit einen ganz wichtigen Impuls in der Europäischen Union gesetzt, der letztendlich auch diese Verordnung mitbeeinflusst hat.

Dieses Tierschutzgesetz hat erstmals alle Kompetenzen in einer Hand gebündelt, nämlich im Gesundheitsministerium – bis auf einen Punkt, nämlich den Tiertransport. Es war auch unsere Bemühung, den Tiertransport ebenfalls in das Ministerium zu bekom­men. Ich habe damals an Vizekanzler Gorbach einen entsprechenden Brief geschrieben. Mit dem neuen Bundesministeriengesetz ist das auch geschehen, und ich gratuliere Frau Bundesministerin Kdolsky, dass sie nach so kurzer Zeit bereits die Umsetzung dieser Tiertransportverordnung der Europäischen Union ins österreichische Recht zustande gebracht hat.

Wir sind auch hier wieder besser, als die Europäische Union es vorschreibt. Wir haben es ja schon gehört: Wir haben kürzere Transportzeiten – Gott sei Dank. Wir haben auch, was die Ausbildung anlangt, Frau Abgeordnete Haubner, jetzt schon diese Ver­ordnung umgesetzt gehabt. Noch im Jahr 2006 haben wir unsere Regelung in der EU prüfen lassen. Das wurde auch als verordnungskonform angesehen, lediglich das Layout der Formulare war zu verbessern. Das ist das, was jetzt mit der Umschreibung gemeint ist. Selbstverständlich ist es nicht mit Formularen getan, sondern die Tiertrans­portdurchführer und -durchführerinnen haben natürlich eine entsprechende Eignung vorzuweisen und auch die entsprechende Ausbildung zu haben.

Wir haben mit dieser gesetzlichen Regelung auch die Kontrollen, also die Kontroll­frequenz erhöht und die Koordination der Kontrollen sowohl in Österreich als auch in der Europäischen Union verbessert, um vor allem die Kommunikation zu verbessern und die Verfolgung von Straftätern zu erleichtern. Denn jedes Gesetz ist zahnlos, wenn man es nicht entsprechend umsetzt. Wir haben auch das Strafausmaß verdoppelt. Ich glaube, auch das war ein ganz wesentlicher Punkt, um auch hier präventiv wirksam zu werden.

Meine Damen und Herren, daher darf ich abschließend sagen: Wir sind mit dieser Umsetzung wieder einmal sehr weit vorne in der Europäischen Union, aber wir müssen weiterarbeiten. Wir wissen, dass das Tierschutzgesetz ein ganz wichtiger Schritt war, dass es immer noch eine Menge zu tun gibt, und wir werden das mit Sicherheit beobachten – auch mit der Unterstützung des Tierschutzrates. Ich bin überzeugt davon, dass mit Frau Bundesministerin Kdolsky hier eine engagierte Kämpferin in dieser Sache unterwegs ist. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

14.54


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. 20 Minuten Redezeit? (Abg. Dr. Pirklhuber – auf dem Weg zum Rednerpult –: 4 Minuten!) – 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.54.41

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Ich habe vergessen, meine Redezeit bekannt zu geben, also 4 Minuten. – Vielleicht vorweg noch einmal zur Kernfrage, weil es immer wieder zu einer Themenvermischung bei dieser Frage der Tiertransporte und den Regelungen dafür kommt: Im Kern geht es doch letztlich um ethische Fragen. Auch im Tierschutz ist es eine kernethische Frage und nicht vordergründig eine wirtschaftliche oder eine Qualitätsfrage. Das sind sekundäre Fragen. Ich glaube, es ist wichtig, das wieder einmal klar zu sagen. Es geht um unsere Verantwortung für Tiere,


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für das Leid, das bei diesen Transporten passieren kann und in der Praxis auch passiert. Das ist die erste Herausforderung, und die gilt es zu bewältigen.

Kollegin Rauch-Kallat hat zu Recht gesagt, es geht um die Umsetzung. Frau Bun­desministerin! Aber gerade da sind wir im Zusammenhang mit den jetzigen Rege­lungen mit den Lippenbekenntnissen nach vorne, aber in der Praxis Schritte zurück gegangen – Kollegin Weinzinger hat das ja schon aufgezeigt –, zum Beispiel bei der Berechnung oder Anrechnung der Verladezeiten, die vorher in die Transport­zeiten inkludiert wurden und jetzt draußen sind. Das ist ein konkretes Manko, das Sie in Ihren Ausführungen einfach nicht beantwortet haben.

Ich finde das schade. Wir haben ja mehrere gute Anträge eingebracht. Ich bin auch überrascht, dass Kollegin Haubner jetzt einen Abänderungsantrag eingebracht hat, der wortgleich mit dem Ausschussantrag der Grünen ist. Das ist okay, aber wir würden uns diese Unterstützung in Tierschutzfragen auch vorab und regelmäßig von Ihnen erwarten.

Ich möchte jetzt auf die Frage eingehen, ob und warum es jetzt wirklich ein Manko ist und wo das Problem liegt. Frau Bundesministerin, sehen wir uns an, was derzeit in den Schlachtbetrieben in Österreich passiert. In einer Anfragebeantwortung hat mir Minister Pröll geantwortet, dass derzeit etwa 8 bis 10 Prozent der Rinder in den Schlachthöfen aus anderen Mitgliedstaaten importiert werden. Es ist angeklungen in der Rede des Kollegen Hofer: Es sind 30 000 Rinder aus Osteuropa dabei, aus Polen, aus anderen Ländern, aus den baltischen Staaten, die teilweise in Österreich geschlachtet werden, teilweise auch durch Österreich durchtransportiert werden.

Das sind Dinge, die so eklatant angewachsen sind: In drei, vier Jahren ist dieser Handel mit Lebendrindern massiv angestiegen, weil auf der anderen Seite ein hoher Konzentrationsprozess auf der Seite der Schlachtbetriebe passiert. Das ist einfach der Kern der Kritik, dass man sagen muss, das kann man so nicht durchgehen lassen. Daher ist es ja so wichtig, dass diese Transportzeiten wirklich ernsthaft gekürzt wer­den, die viereinhalb Stunden wirklich durchgängig umgesetzt werden. Da kann es doch nicht sein, dass hier ein Vertrag als Ausrede hergenommen werden kann. Das ist schlecht für die Qualität und für die Qualitätssicherung, das ist schlecht für die Bäuerinnen und Bauern in den Regionen, weil dann erst recht die Schlachthöfe „wegbrechen“ und die regionalen Strukturen zerstört werden.

Das ist einfach die Herausforderung! Wenn man das ernsthaft will, dann soll man das auch ernsthaft umsetzen. Das ist unsere Kernkritik. Abgesehen davon, sieht ja die EU diese Überschreitung nur in Einzelfällen und nur mit Spezialfahrzeugen vor. Auch diesbezüglich haben Sie eigentlich diese Maßnahmen sehr unscharf und aus unserer Sicht nicht EU-konform umgesetzt. Wir werden uns daher wieder damit beschäftigen müssen.

Abschließend ein Punkt zu unserem Initiativantrag: Ich verstehe es wirklich nicht vonseiten der SPÖ, dass Sie diesen Initiativantrag nicht unterstützen. Es sind einige Punkte drinnen – wie zum Beispiel die Untersagung der Inverkehrbringung von ver­botenen Hundeausbildungsgeräten oder das Verbot der Haltung von Hunden, an denen verbotene Eingriffe vorgenommen werden –, die im Interesse aller sind. Warum sind Sie nicht für unseren Antrag? – Geben Sie sich einen Ruck und unterstützen Sie die grüne Initiative! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.58


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich unterbreche nunmehr die Sitzung für 2 Minuten bis 15 Uhr, bis zum Aufruf der Kurzdebatte.


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Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 14.58 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

15.01.04Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur kurzen Debatte betreffend den Antrag des Herrn Abgeordneten Klubobmann Ing. Westenthaler, dem Verfas­sungs­ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 262/A betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die XXIII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird, eine Frist bis 19. September 2007 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner/Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mit­gliedern der Bundesregierung sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält der Antragsteller, Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. Ich erteile es ihm.

 


15.02.02

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe leere Sessel der Abgeordneten, die wir heute wieder einmal in einer Vielzahl vorfinden! Kein Wunder, dass die Menschen, die hier oben auf der Tribüne sitzen oder auch sonst einmal einen Blick in den Saal werfen, eine sehr schlechte Meinung von der Politik haben, wenn der Großteil der Abgeordneten bei wichtigen Debatten nicht im Saal ist. Dann werden diese leeren Reihen noch foto­grafiert und in Zeitungen abgebildet.

Das ist halt auch das Bild dieser Koalition, die nichts arbeitet, die nur streitet, die Menschen belastet und sonst offensichtlich nichts zu tun hat (Beifall beim BZÖ), die sich ab morgen, mit 6. Juli – dem Ende der Tagungszeit – einen dreimonatigen Urlaub bis zum 26. September gönnt – wunderbar! Keine Möglichkeit für die Opposition, Anfragen zu stellen, keine Möglichkeit für die Opposition, Initiativen zu setzen, Son­dersitzungen zu machen.

Und das wird noch fortgesetzt, ganz aktuell heute in der Präsidialsitzung – nur um zu zeigen, wie diese Regierung auch mit dem Hohen Haus umgeht (Zwischenrufe bei der SPÖ), und auch die Vertreter in der Präsidialsitzung bis hin zur Frau Präsidentin. Es ist wirklich unglaublich, dass mit einem Handstrich, nur, weil es gerade so passt und weil plötzlich keine Zeit mehr ist, über Nacht (Abg. Dr. Cap geht zu seinem Sitzplatz) – Herr Kollege Cap, gut, dass Sie hereinkommen! – einfach mir nichts dir nichts die Frage-


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stunde der Abgeordneten abgesetzt wird, die morgen in der Früh als Fortsetzung von heute hätte stattfinden sollen.

In der heutigen Fragestunde wurden nicht einmal die Hälfte der Fragen an die Frau Ministerin zur Beantwortung gebracht, weil sie in epischer Breite, filibusternd jede Frage gar nicht oder nur mit irgendwelchen hohlen Phrasen beantwortet hat.

Herr Kollege Cap, ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Gerade Sie sind einer, der immer von Minderheitsrechten in dem Haus spricht, der immer vom Parlamentarismus spricht, und jetzt passiert fast jeden Tag irgendetwas, wo Sie einfach drüberfahren – vor allem über die Opposition, aber es betrifft in diesem Fall ja alle Abgeordneten, weil sie nicht die Möglichkeit bekommen, weil diese Fragestunde, die angesetzt war, die beschlossen war, die Teil der Geschäftsordnung war, auf einmal nicht mehr stattfindet. Diese wird jetzt in den Herbst verschoben, weil wir Sommerferien haben.

Wissen Sie, was im Herbst in der ersten Sitzung stattfinden sollte? – Die bereits ver­schobenen Anfragen an Herrn Gusenbauer. Diese Fragestunde ist nämlich auch nicht fertig geworden und soll im Herbst stattfinden. (Abg. Öllinger: Willst du jetzt wegen der Fragestunde Neuwahlen?) Und jetzt kommt aber Frau Bures an die Reihe. Wir haben einen Anfragenstau, weil diese Regierung in diesem Haus und die Mandatare der beiden Regierungsparteien gegen dieses Haus Entscheidungen treffen. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Kollege Cap, was soll das eigentlich? Und auch Frau Präsidentin Prammer: Wieso streichen Sie uns Abgeordneten hier das Recht, Minister zu fragen, das Recht auf eine Fragestunde? Haben sie keine Antworten mehr? Sind ihnen diese ausgegangen, dass Sie uns das streichen müssen? Das ist ein lausiger Geschäftsordnungstrick, den Sie da anwenden, und ich protestiere namens meiner Fraktion auf das Heftigste dagegen.

Dass ihr – das sage ich jetzt zu Ihnen von der Opposition, von den Grünen und den Freiheitlichen – zuschaut, wie man euch die Rechte streicht (Abg. Öllinger: Das kann ich schon sagen!), das ist euer Problem. Aber wir werden in diesem Hohen Haus die Oppositions- und Abgeordnetenrechte hochhalten, Herr Kollege Cap, wann immer wir das können. Und deswegen protestieren wir massiv dagegen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Öllinger: Das tut weh!)

Aber das geht ja so weiter: Sie richten sich die Republik her – im Parlament, in der Regierung, in der staatlichen und halbstaatlichen Wirtschaft, 50 Prozent rot/50 Prozent schwarz, den Rest dürfen die Österreicher behalten. So ähnlich läuft das jetzt. Bei der Asfinag, bei den ÖBB, bei der AMA, beim Klimafonds, egal wo: immer schön rot/schwarz aufgeteilt. Nicht einmal vor den Medien machen Sie halt, Herr Kollege Cap.

Wie geht es Ihnen denn dabei, dass eine Tageszeitung dieses Landes, nämlich die „Wiener Zeitung“, plötzlich unter Kontrolle und Zugriff der SPÖ und Ihres Bundes­kanzlers gestellt wird, indem dort der Bruder des Pressesprechers des Herrn Bun­deskanzlers plötzlich als Oberkontrollor installiert wird und der Chef des Bundes­pressedienstes dort auch noch in den Aufsichtsrat hineinkommt? (Abg. Öllinger: Was?) Wie geht es Ihnen eigentlich dabei, dass sich Ihre Partei und diese Regierung eine freie Tageszeitung dieses Landes unter den Nagel reißen, um offenbar Regie­rungs­propaganda zu machen und um ungeliebte Redakteure hinauszumobben, wie zum Beispiel Herrn Dr. Unterberger, der Ihnen vielleicht überhaupt nicht passt, weil er dann und wann in dieser Zeitung auch etwas Kritisches gegen diese Regierung schreibt? (Abg. Schopf: Das müssen Sie sagen!)

Siehe da, die kommen daher, es wird ausgewechselt, Personal rausgeschmissen, und es werden die Kanzlergünstlinge hineingesetzt, damit ordentlich berichtet wird. Das ist wirklich ein Skandal, das ist gegen die Medienfreiheit. Zeigen Sie nie wieder mit dem


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Finger auf Berlusconi oder Putin, wo Sie immer gleich da sind und sagen: Die richten sich die Medien her! (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) Sie machen das genau­so – und das ist eigentlich unglaublich, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie Sie sich dieses Land herrichten. (Beifall beim BZÖ.)

Dabei wäre es so einfach. Wir haben heute einen Fristsetzungsantrag betreffend den Antrag auf Neuwahlen eingebracht, dass man das relativ rasch über die Bühne bringt – leider erst im September, weil Sie ja Ihre Sommerpause durchführen wollen. Und dass das berechtigt ist, hat niemand anderer, niemand geringerer als ein Regierungsmitglied gesagt. Ich zitiere nicht irgendjemanden, sondern Ihren Sozialminister Buchinger vom 30. Juni 2007, der in einem Zeitungsinterview wortwörtlich davon gesprochen hat, dass es in der Koalition derzeit so ausschaut, dass dahingewurschtelt wird. Und er fügt hinzu: Als logische Konsequenz ist ein neuerlicher Urnengang als Fragestellung nicht von der Hand zu weisen.

Das heißt, sie haben Minister, die sehen, dass da nichts mehr weitergeht. Stimmt, Herr Buchinger, selten gebe ich Ihnen Recht, diesmal voll! Es wird nur mehr dahin­ge­wurschtelt – und deswegen gebe ich Ihnen einen guten Ratschlag: Beenden wir das! Geben Sie den Menschen die Möglichkeit, Ihnen ein Zeugnis an der Wahlurne aus­zustellen. Beenden wir das, und führen wir Neuwahlen durch, beschließen wir die Fristsetzung, und machen wir im Herbst einen Neuwahlantrag, dann können wir im Frühjahr oder noch im Spätherbst, wenn Sie das wollen, wählen. Dann haben die Menschen auch die Möglichkeit, diese Regierung, die nichts leistet, die nichts arbeitet und nur Postenschacher betreibt, in die Wüste zu schicken.

Das wäre, so glaube ich, eine richtige Entscheidung. Denn auch das, was Sie bisher durchgesetzt haben, sind ausschließlich Belastungen. Ganz aktuell – Sie alle werden das wissen, denn alle haben die Interventionen –: Es ist unglaublich, was mit der Mineralölsteuer passiert. Wir werden die höchsten Benzinpreise in der Geschichte der Republik haben. Noch nie gab es in diesem Land derart hohe Benzinpreise für alle Autofahrer, aber vor allem für die Pendler, die sich ohnedies nichts leisten können, die es ohnedies schwer haben, die in der Früh weit fahren müssen. Diese müssen jetzt mit Folgendem rechnen: Ein Pendler, der von Oberwart nach Wien und zurück fährt, wird ab sofort jährlich um 240 € mehr bezahlen.

Das hat er Ihnen zu verdanken, Ihnen allein, weil Sie die Erhöhung der Mineralölsteuer in einer Zeit beschlossen haben, in der Sie Steuereinnahmen noch und noch haben und wo diese Erhöhung absolut nicht notwendig gewesen wäre. Entlastung ist angesagt, nicht Belastung, meine sehr geehrten Damen und Herren von der öster­reichischen Bundesregierung! (Beifall beim BZÖ.)

Und wenn Sie etwas beschließen – mit großem Getöse! –, dann sagen Sie den Menschen nicht einmal die Wahrheit. Es ist eigentlich unglaublich, wie jetzt herum­diskutiert wird, die Propagandamaschinerie läuft, was diese Mindestlohnentscheidung anlangt. 1 000 € werden versprochen. Es wird sogar dazugesagt: 1 000 € auf dem Gehaltszettel. Das stimmt, aber oben und nicht unten! Das ist das Problem. Unten nicht, denn netto schauen nicht 1 000 € heraus, sondern 818 €. Und genau 92 € – Sie, von den Sozialdemokraten, die Sie sich so einsetzen für die Arbeitnehmer, hören Sie jetzt gut zu! (Abg. Schopf: 822!); Sie brauchen das nur beim Finanzministerium einzugeben, dann erhalten Sie die Zahlen ganz genau, ich zeige es Ihnen! –, 92 € bekommen Vollzeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer mehr im Vergleich zu einer Arbeitslosenmindestsicherung von 726 €. Ganze 92 € ist Ihnen Vollzeitarbeit wert! Ich sage: Das ist eine Schande für die Sozialdemokratie, dass Ihnen Vollzeitarbeit nur mehr 92 € wert ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist wirklich eine Schande! (Beifall beim BZÖ.)


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Deswegen verstehe ich überhaupt nicht, warum in Zeiten des Wirtschaftsaufschwungs die Arbeitnehmer auf der Strecke bleiben. Die Betriebe schreiben Gewinne noch und „nöcher“ – allein der ATX hat 8 Milliarden € plus im Vergleich zum Vorjahr; 8 Milliar­den €! –, da geht es hinauf mit den Zahlen: 40 bis 50 Prozent Unternehmensgewinne! Aber die Arbeitnehmer bekommen wieder einen Hungerlohn! Die bekommen um 92 € mehr, als ein arbeitsloses Mindesteinkommen ausmacht. Die bekommen auch keine entsprechende Lohn- und Gehaltserhöhung. 2 Prozent – Herr Riepl, ich frage Sie als Gewerkschafter: Wie viel darf es sein? 3 Prozent heuer, während die Unternehmungen 40, 50 Prozent Gewinne schreiben? (Abg. Riepl: Als wir 3 Prozent abgeschlossen haben, hat Ihr Minister Grasser gesagt, das ist zu viel!)

Deswegen sage ich: Versuchen Sie einmal, kreativ zu werden! Aber diese Regierung kann nicht kreativ sein, denn wären Sie kreativ, hätten Sie schon längst die Mitarbeiter steuerlich begünstigt, indem diese sich im Rahmen eines Mitarbeiter­beteiligungs­modells an den Gewinnen der Unternehmungen beteiligen können und in guten Jahren wie 2006, 2007 nicht 2 bis 3 Prozent mehr an Gehalt haben können, sondern 20 bis 30 Prozent, und fair beteiligt werden am Aufschwung, am Wirtschaftsaufschwung, den wir nicht Ihnen zu verdanken haben, sondern den fleißigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Land. (Beifall beim BZÖ.)

Sie haben nichts zustande gebracht. Und auch den Vergleich mit der früheren Koalition nehmen wir gerne auf: im Jahr 2000: Kindergeld, Pensionssicherung, Behinderten­milliarde, Strommarktliberalisierung, Mediengesetze, Hauptverbandsreform, ÖIAG-Ge­setz, Versöhnungsfondsgesetz, Gleichstellung Arbeitnehmer und Angestellte. – All das hat die Regierung Schüssel/Riess-Passer im ersten halben Jahr zustande gebracht! (Abg. Riepl: Geh bitte! Bis heute nicht!)

Daran können Sie sich ein Beispiel nehmen, denn Sie haben im ersten halben Jahr überhaupt nichts zustande gebracht, außer die Menschen „auszusackeln“ und ihnen das Geld wegzunehmen.

Sie von SPÖ und ÖVP wollen ja gar nicht miteinander, das hat man auch heute Vormittag gesehen, Sie wollen überhaupt nicht mehr miteinander, Sie streiten nur, und wenn Sie nicht streiten, dann kuscheln Sie, wenn es um die Beschneidung von Rechten der Minderheit und hier in diesem Haus gegen die Opposition geht.

Daher sagen wir ganz klipp und klar: Wir sind für Neuwahlen. Wir fürchten diese Neuwahlen auch nicht. Wir wollen in eine neue Epoche gehen, nämlich, wenn man so will, in die Epoche „post“ Gusenbauer, der auch gestern gezeigt hat, dass er überall, wo er auftritt, schlicht und einfach nur Pech an den Fingern kleben hat. Ich würde sagen: Herr Gusenbauer – ich hoffe, er sitzt noch nicht im Flugzeug –, bleiben Sie am besten in Guatemala! Wir machen Neuwahlen und schauen, dass wir eine ordentliche Regierung in diesem Land zustande bringen. (Beifall beim BZÖ.)

15.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann! Zu den Vorwürfen, die Sie gegen mich gerichtet haben, erlaube ich mir, auch an dieser Stelle das zu sagen, was ich in der Präsidiale gesagt habe: Ich verweise auf § 94 Abs. 5, wonach der Nationalrat die Möglichkeit hat, eigene Plenarsitzungen durchzuführen, wenn mehrere Anfragen oder Fragestunden unbearbeitet sind. (Abg. Ing. Westenthaler: Die morgige Frage­stunde ist abgewürgt!) Das sollten wir im Herbst in Angriff nehmen, und Sie werden auf alle Fälle von mir diesen Vorschlag weiterhin hören.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap. Ich mache darauf auf­merksam, dass die Redezeit von nun an für jeden Redner/jede Rednerin 5 Minuten beträgt. – Bitte.

 



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15.13.00

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich möchte eingangs meinem Vorredner zu seinem Mut gratulieren, zu seinem doppelten Mut, den er heute entwickelt hat. Erstens ist es mutig, wenn er es so eilig hat, Neuwahlen durchzuführen. Bei einer Partei, die ganz knapp – gerade noch! – ins Hohe Haus gekommen ist, kann ich nur darauf schließen, dass da schon unterschiedliche Berufspläne in der eigenen Fraktion vorhanden sind – bis auf diejenigen, die schon einen Pensionsanspruch haben. Anders kann ich mir diesen Mut zum Risiko ja nicht mehr vorstellen.

Aber wirklich mutig ist das Zweite: Wirklich mutig ist die Generalabrechnung von Ihnen mit einer Regierung, die gerade sechs Monate arbeitet, von einer Gruppe, die vorher jahrelang, personell vielleicht sogar schon seit dem 2000, mitgestaltet hat. Wir sind damals x-mal hier am Rednerpult gestanden und haben gefragt: Wieso haben Sie die höchste Steuer- und Abgabenquote zu verantworten? Welche bilanztechnischen Schmähs waren das damals, als dieses berühmte Nulldefizit von Herrn Grasser prä­sentiert wurde? Wie ist es mit dem „Aussackeln“ der Pensionisten? Die Pen­sionisten hatten Realverluste in diesen sieben Jahren, in denen Sie die Regierung mitgestaltet haben! Und es gab stagnierende Löhne.

Das Beste ist ja, wenn jetzt wieder die Platte kommt: Sie sind der Vertreter des „kleinen Mannes“ und der „kleinen Frau“. Das ist ein müder Aufguss eines Erfolgsrezepts, das schon – ich weiß nicht wie lange – zurückliegt und dessen Reste sich gerade in Kärnten noch festklammern, aber realen Hintergrund sehe ich dafür keinen mehr. Das ist ja einfach lächerlich! Sie haben ja so etwas von keiner Glaubwürdigkeit! (Abg. Ing. Westenthaler: Wahlbetrug in der Klagenfurter SPÖ!) Sich hier herzustellen und diese Rede zu halten – Sie können sich x-mal hier herstellen, aber Glaubwürdigkeit haben Sie keine!

Und das Allersüßeste ist, wenn Sie über Postenschacher zu reden beginnen. Das ist ja wirklich reizend! Wenn ich mir anschaue, welche Leute unter Ihrer Ministerschaft im ÖBB- und ASFINAG-Bereich von Ihnen eingelagert, ausgelagert wurden! (Abg. Ing. Westenthaler: Wer denn?) Wer? – Bitte, Dutzende könnte man da aufzählen (Abg. Ing. Westenthaler: Aufzählen, bitte!), die man nur unter größten Mühen, mit Opfern für den Steuerzahler verbunden dort wieder wegbekommen würde. Sie haben überhaupt nur Postenbesetzungen im Kopf gehabt – Postenbesetzungen rauf, Posten­besetzungen runter. Das war das, wie Sie das Infrastrukturministerium – als ein Beispiel – besetzt haben. (Der Redner trinkt einen Schluck Wasser. – Abg. Ing. Wes­tenthaler: Da muss er sogar trinken!) Da muss ich wirklich trinken, denn wenn ich daran denke, verstaubt mir alles. (Abg. Ing. Westenthaler: Wo sind denn die Listen?)

Das heißt, Sie können hier keine Vorträge halten über die Frage Postenbesetzungen, Privilegien und was sonst noch damit zusammenhängt.

Und weil wir gerade so beieinander sind, vielleicht auch noch eine zusätzliche Frage, was die Demokratieentwicklung und den Demokratieausbau betrifft. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Fragestunde abgewürgt!)

Ich kann mich noch erinnern, wie Ihr Umgang mit der Opposition war, als Sie die „Speed kills“-Theorie in dieser Regierung mitgetragen haben, wo abgebaut wurde: Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Änderung des Gesetzes und Aufhebung durch den Obersten Gerichtshof, wo Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichgestellt wurden, obwohl auf der einen Seite 3 Millionen, auf der anderen Seite 300 000 waren, Änderung des ÖH-Gesetzes. Ihr Umgang mit der Opposition in diesem Haus war beispiellos! Und jetzt kommen Sie hier her und stellen die von vier Parteien akzeptierte Vorgehensweise für die morgige Sitzung in Frage. Es wäre schön gewesen, wenn Sie mitgemacht hätten, damit wir morgen mehr Zeit haben, die Ergebnisse des Banken-


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Ausschusses in einer fernsehrelevanten Zeit zu diskutieren. Sonst war gar nichts der Hintergrund – es kann in diesem Haus so viel und so lang wie möglich gefragt werden, wie es die Geschäftsordnung eben zulässt.

Aber wenn Sie auch noch Vorträge über Demokratie in diesem Haus halten – das ist überhaupt der Gipfel! Das ist der Gipfel! Alle Wissenden, alle, die das miterlebt haben, die Art und Weise, wie Sie mit der Opposition umgegangen sind, wie Leute diffamiert wurden, die außerhalb des Hauses gegen Ihre unsoziale, undemokratische Politik pro­testiert haben, die Art, in der Sie den Beschaffungsvorgang Eurofighter durchgezogen haben, wie wir heute schon diskutiert haben: intransparent, nicht nachvollziehbar! Also bitte: Kommen Sie nicht hier heraus und halten Sie nicht diese Vorträge! Das ist ja unfassbar!

Ich glaube, er braucht ein doppeltes Seminar für „Opposition ja, aber richtig“, denn das ist völlig danebengegangen. Bei einer Umfragelage in der Bevölkerung, wo 80 Prozent dagegen sind, dass es Neuwahlen gibt, sich hier herzustellen und zu sagen: Und jetzt Neuwahlen, weil wir sechs Monate von den Futtertöpfen weg sind und uns das schon zu lang ist und weil wir eigentlich so rasch wie möglich, und sei es durch die Hintertür, da wieder hineinkommen wollen!, ist unfassbar.

Letzter Punkt: Wenn ich an die vielen Regierungsumbildungen denke – das war eine orange und orange-blaue Drehtür in der Regierung, die es damals gegeben hat –: Minister rein, Minister raus, am Anfang blau, aber dann orange.

Herr Kollege Westenthaler, kommen Sie heraus, sagen Sie, was Sie wollen (Abg. Ing. Westenthaler: Minderheitsrechte!), aber versuchen Sie, glaubwürdig zu sein. Das war es heute nicht – daher keine Zustimmung zu Ihrem Antrag. (Beifall bei der SPÖ.)

15.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.18.27

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Interessant, dass sich offensichtlich von der ÖVP niemand zu diesem Thema zu Wort meldet, aber vielleicht habe ich da jetzt in der Rednerliste etwas verpasst.

Wir werden der Fristsetzung zustimmen. Das heißt aber nicht, Herr Abgeordneter Westenthaler, dass wir Ihren Intentionen zustimmen. Das sei hier auch einmal klar und deutlich gesagt.

Herr Klubobmann Westenthaler, vor mir liegt eine OTS-Meldung von Ihnen, in welcher steht: Der Neuwahlantrag kommt heute im Parlament auf die Tagesordnung. Das BZÖ hat heute per Fristsetzungsantrag durchgesetzt, dass der Neuwahlantrag des BZÖ in der heutigen Sitzung des Nationalrates behandelt werden muss.

Das ist nicht richtig! Behandelt wird heute eine Fristsetzung. Wir reden über eine Frist­setzung, aber nicht über den Neuwahlantrag, und er wird auch heute nicht abge­stimmt. Das wissen Sie auch, aber das versuchen Sie irgendwie zu kaschieren. (Abg. Riepl: Er kennt sich nicht aus!)

Ich sage Ihnen auch, Herr Abgeordneter Westenthaler, Sie müssen sich entscheiden: Was wollen Sie? Sie sind in dieser Woche mit dem Vorschlag an die Öffentlichkeit getreten, dass die Regierung und das Parlament endlich etwas arbeiten sollen, daher wird die Sommerpause abgeschafft. – Das ist insofern ein origineller Vorschlag, die Abschaffung der Sommerpause, als sich das BZÖ ganzjährig in geistiger Sommer­pause befindet. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.) Aber sei’s drum, meine sehr


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geehrten Damen und Herren. (Abg. Ing. Westenthaler: Besser in der Sommerpause als in geistiger Umnachtung!)

Entweder soll die Regierung jetzt arbeiten – deswegen wird ja die Sommerpause, Ihrer Meinung nach sinnvollerweise, abgeschafft –, oder die Regierung soll abtreten. Aber beides, nämlich einerseits die Regierung zum Arbeiten zu verpflichten – wo ich auch nicht überzeugt bin, dass sie erstens besonders willig ist, und zweitens, dass das ein besonders sinnvoller Vorschlag vor allem in der Sommerzeit wäre; es reichen die Wochen, die wir jetzt schon erlebt haben, aus, um Zweifel an der Arbeitsfähigkeit die­ser Bundesregierung zu haben –, und andererseits Neuwahlen zu beantragen, da müssen Sie sich schon entscheiden, denn beides wird nicht gehen.

Was die Begründung Ihres Neuwahlantrages anlangt: Da sollten Sie sich, wenn Sie wirklich Interesse daran haben, dass der Antrag auch unterstützt wird, auch von anderen Fraktionen, etwas Besseres einfallen lassen. Sie wollen ja hoffentlich, dass Ihr Antrag – der Neuwahlantrag, nicht der Fristsetzungsantrag – auch unterstützt wird. Man hat das Gefühl, eigentlich wollen Sie das gar nicht, sondern Sie stellen den Neu­wahlantrag, damit er möglichst schnell verräumt wird. – Erleichterung beim BZÖ, das sich sagt: Wir haben zwar jetzt wieder Öffentlichkeit demonstriert, wir sind für Neuwahlen, aber seien wir doch froh, dass das BZÖ noch drei Jahre über die Runden kommt!

Ich bin nicht froh darüber, Herr Abgeordneter Westenthaler, denn eines ist so auffällig wie nur etwas: Mit Oppositionsarbeit im klassischen Sinn hat das, was Sie hier als Fraktion produzieren und als Fraktionsobmann produzieren, leider, leider sehr wenig zu tun! Wenn Sie als Vertreter einer Oppositionspartei dem Instrument der Frage­stunde nachweinen, wenn Sie dem nachweinen, einem Instrument, das in seiner derzeitigen Form von jeder Oppositionspartei sinnvollerweise nur angegriffen werden kann, weil es ein Verlautbarungsorgan ist für Minister, wenn Sie offensichtlich noch in den alten Zeiten leben, in denen Sie das produzieren konnten oder selbst machen konnten, ist das Ihre Sache. Aber ein sinnvolles Instrument für den Parlamentarismus, für Opposition ist die Fragestunde in ihrer jetzigen Verfassung mit Sicherheit nicht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Deswegen kann man sie abwürgen?! Warum nehmen Sie denn dann teil an der Fragestunde?)

Nein, ich bin nicht für das Ablösen, aber Sie hätten sich eher für die klassischen Instru­mente der Opposition einsetzen sollen. Sie hätten sich dafür einsetzen sollen, dass der Bankenausschuss weitergeführt wird. Da haben wir gestern bemerkt, wo das BZÖ steckt: in der Kittelfalte der ÖVP! (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben das bemerkt beim Eurofighter-Ausschuss, auch heute. Wo steckt das BZÖ? – In der Kittelfalte der ÖVP! Mit irgendwelchen rhetorischen Windungen gelingt es Ihnen immer wieder, dort zu landen. Und das ist schon bemerkenswert, das muss man ehrlicherweise anerkennen. Aber das ist die einzige Qualität, die Sie derzeit auf­weisen, ist, dass Sie in der Kittelfalte der ÖVP stecken und das rhetorisch zu ver­brämen versuchen. Aber Opposition, Herr Abgeordneter Westenthaler, sieht anders aus!

Es sieht aber auch Regieren anders aus als das, was uns diese Regierungsparteien derzeit vorexerzieren. Denn: Es wurden Untersuchungsausschüsse abgewürgt. Das ist passiert, und zwar sind zwei Untersuchungsausschüsse abgewürgt worden. – Das heißt, beim Eurofighter-Ausschuss geht es nicht um das Abwürgen des Ausschusses, , sondern darum, dass sich der Minister in seinen Konsequenzen schon vorher davon verabschiedet hat. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)


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Diese Abwürgen macht weder Regieren-alt noch, Herr Abgeordneter Cap, Regieren-neu aus. – Ja, diese beiden Regierungsparteien haben wirklich ein Problem, und wir werden noch öfter darüber diskutieren müssen. (Beifall bei den Grünen.)

15.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Fichtenbauer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.23.55

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Formell zielt dieser Fristsetzungsantrag, wie auch schon mein Vorredner rich­tigerweise unterstrichen hat, darauf ab, über den beabsichtigten Antrag der Neuwahl­durchführung bis zum 19. September 2007 zu entscheiden. Dagegen ist nichts einzuwenden. Das ist ganz in Ordnung, dass man bis zu diesem Zeitpunkt über diesen Antrag entscheiden und abstimmen soll.

Hingegen sind wir nicht der Meinung, dass aus tagespolitischen Jux-Gründen mit der Dauer der Legislaturperiode sozusagen herumgespielt werden soll.

Man fühlt sich ein bisschen auch an die Literatur erinnert: Wie wäre es doch besser, wenn das, was richtigerweise gesagt worden ist, von einem anderen gesagt worden wäre. Dann würde die innewohnende Glaubwürdigkeit nicht so von vornherein in Streit zu ziehen sein. Wie wäre es denn, wenn jemand, den ich völlig abstrakt als nicht verdächtig im Sinne des, sagen wir, Extrempopulismus und des extremen tagespoli­tischen Populismus verdächtigen könnte, der Regierung den Zerrspiegel ihres Tuns vorhalten würde? Das ist natürlich richtig, und das ist oppositionelles Tun, und das ist auch gut so. Aber das in einen Zusammenhang zu stellen mit Geschäftsordnungs­tricks, die im Hohen Haus ohne Beteiligung der Regierung in einem Amalgam gesehen werden, zeigt wieder, dass der Weg des Unernstes beschritten worden ist, wie insge­samt zu sagen ist, dass seitens des BZÖ dieses heutige parlamentarische Werk überwiegend ein Gegenstand des Unernstes ist.

Ich erinnere nur daran: Die beiden Fly-in-Flieger, Eurofighter-Typhoons, mit „Alfred 1“ und „Norbert 1“ zu bezeichnen, ist ein klassischer Fall, wo das Parlament zur Bühne des Unernstes, des Show-Effekts, gemacht werden soll, sodass man mit einem Anspruch an sich selbst, dem Anspruch an den Inhalt und die Ernsthaftigkeit dessen, was man vom wichtigsten Rednerpult der Republik aus zu sagen hat, auch diesen vom Primat der Ernsthaftigkeit getragenen Inhalt verstehen und messen soll. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein anderer Punkt, nur zur Klarstellung: Es ist nicht so, dass sich seitens der Frei­heitlichen Partei Angst oder Furcht vor einer Neuwahl breitmachen würde, ganz im Gegenteil. Und ein kleiner Reflex zu Ihren Worten, verehrter Herr Dr. Cap: Die An­nahme, dem BZÖ sei es zugemessen, alsbald an den Futtertrögen – soll wohl heißen: auf der Regierungsbank – Platz nehmen zu können, das ist ein Optimismus im Sinne des BZÖ, den ich nicht teilen kann. (Zwischenruf beim BZÖ.)

Ich würde also sagen, wann immer – entweder innerhalb der gesetzlichen Zeit der Legislaturperiode oder schon vorher – eine Neuwahl stattfindet, gehe ich von der Annahme aus, dass Vertreter des BZÖ nicht mehr Gegenstand Ihrer schlaflosen Nächte sein dürften. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

15.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Scheibner. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 130

15.28.09

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsident! – Der Kollege Fichtenbauer holt sich jetzt gerade von der SPÖ die Gratulationen ab für seine Rede. Das ist ja kein Wunder, denn er und seine Fraktion sind ja einer der Geburtshelfer dieser Koalition gewesen. Man hat sich das ja als einzig mögliche Regierungsform für Österreich ge­wünscht. Also können sich die Österreicherinnen und Österreicher auch bei Ihnen sehr herzlich bedanken dafür, dass wir jetzt diese Regierung haben, eine Regierung, die ... (Abg. Dr. Haimbuchner: Was hat der Wähler mit Ihnen gemacht?) – Was hat er mit Ihnen gemacht? Sie kennt er gar nicht (Heiterkeit beim BZÖ) – das ist der Unterschied zwischen Ihnen und mir! (Weitere Zwischenrufe des Abg. Dr. Haimbuchner.) Kandi­dieren Sie einmal selber, und dann schauen wir uns an, wie denn das so aussieht.

Jedenfalls haben wir jetzt diese „Wunschregierung“, und es stimmt schon, Kollege Cap, dass es mutig ist, jetzt, ein halbes Jahr nach einer Nationalratswahl oder einer Regierungsbildung, schon einen Neuwahlantrag zu stellen. Ich würde nicht einmal sagen, das ist mutig. Das ist eigentlich traurig, denn es gab, soweit ich mich erinnern kann, große Koalitionen sonder Zahl. Es gab große Koalitionen, die gegen ihrem Ende zu in einer ganz schlechten Stimmungslage gewesen sind, wo auch ein bisschen herumgestritten worden ist, wo Differenzen auch in der Öffentlichkeit ausgetragen worden sind, aber so eine Regierung, so eine Koalition, wo schon am Beginn mehr untereinander gestritten wird, als normalerweise zwischen Opposition und Regierung gestritten wird, hat es noch nicht gegeben! (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, das stimmt schon: Die Bevölkerung will nicht, dass dauernd gewählt wird. Die Bevölkerung will, dass nach einer Nationalratswahl eine Regierung zu arbeiten beginnt und möglichst die gesamte Legislaturperiode arbeitet – im Inter­esse Österreichs!

Aber wenn sich das so gestaltet wie hier, wo es eine Regierung gibt, die sich auf nichts einigen kann außer auf die Postenvergaben, dann man muss dagegen etwas tun. Herr Kollege Cap, wenn Sie in diesem Zusammenhang das BZÖ und die FPÖ und deren Personalpolitik erwähnen, dann muss ich sagen: Ja, damals haben – das war vielleicht für Sie ungewohnt – erstmals nach vielen Jahren und Jahrzehnten auch Leute, die nicht SPÖ- oder ÖVP-Mitglieder waren, die Chance gehabt, Posten im öffentlichen und halböffentlichen Dienst zu erreichen. Ich sage: auch! Sie aber kehren jetzt wieder dorthin zurück, wo nur mehr der ÖVP oder der SPÖ nahestehende Personen in diese Positionen kommen.

Sie haben jede Sekretärin, jede kleine Mitarbeiterin vor den Vorhang gezerrt, und jetzt schaffen Sie es, dass bei den ÖBB die Aufstockung eines Vorstandes aus rein partei­politischen Gründen von zwei auf vier – eine Verdoppelung des Vorstandes! – unter dem Titel Einsparung verkauft wird. Dazu gehört ja wirklich einiges!

Ich habe ganz genau zugehört, als Sie am Beginn dieser Regierung zur Opposition gerichtet gesagt haben: Nehmen Sie mich beim Wort, Sie werden sehen, es hat noch keine Opposition gegeben, die so gut behandelt worden ist! – Wo ist denn das? (Abg. Ing. Westenthaler: Und sofort alles abgewürgt!)

Ich war sieben Jahre lang in einer Regierungspartei, und wir haben – außer es war etwas unbedingt notwendig und es wirklich nicht anders gegangen ist – Ausschuss­termine dann angesetzt, wenn alle Zeit gehabt haben. Wir haben, soweit es gegangen ist, die Fristen für Anträge eingehalten. (Abg. Ing. Westenthaler: Es wurde noch nie eine Fragestunde abgewürgt! Sieben Jahre!) Wir haben immer versucht, in der Prä­sidiale Einvernehmen herzustellen; das wissen Sie ganz genau.

Was ist jetzt? – Anträge werden in der Ausschusssitzung oder kurz vor der Ausschuss­sitzung eingebracht. In der Präsidiale keine Idee mehr vom Versuch einer Einigung.


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Ausschusstermine werden angesetzt, wieder abgesagt. Man weiß gar nicht, ob die Ausschusssitzung ist oder nicht – gefragt wird man überhaupt nicht. Und man glaubt allen Ernstes, eine wichtige Frage wie etwa die Ortstafeldiskussion – man kann dafür sein oder dagegen, wie auch immer – fünf Minuten vor zwölf im Verfassungsausschuss an einen Oppositionsantrag anhängen zu können, sodass man irgendwie noch schnell – husch, pfusch – etwas drüberbringt, wovon man nicht einmal den Koalitions­partner überzeugen kann. Das ist eine aktive Regierung, die für dieses Land positiv arbeitet und die Oppositionsrechte achtet?! – Herr Kollege Cap, das können ja nicht einmal Sie ernst meinen.

Wenn Sie von großen Aufgaben, großen Reformen sprechen, dann muss ich fragen: Wo sind denn die? – Die Mineralölsteuererhöhung fällt mir jetzt ad hoc ein, Vignetten­gebühren und was auch immer. Verschieben der Steuerreform, Verschieben des Dienstrechtes, Verschieben der Verfassungsreform – Sie könnten bei den ÖBB im Verschub arbeiten, denn Sie verschieben alles; die Frage ist, auf welchen Zeitpunkt, wahrscheinlich auf nächste Regierungen, weil Sie ohnehin wissen, dass es nicht mehr lange dauert.

Genau deshalb haben wir jetzt – ich sage dazu: wirklich ungern! – den Neuwahlantrag und diesen Fristsetzungsantrag eingebracht, weil es ganz einfach nicht sein kann, dass jetzt drei Jahre so weitergewurstelt wird.

Besser jetzt rasch Neuwahlen, der Wähler soll Ihnen einen Denkzettel verpassen (Zwischenruf des Abg. Kurt Eder), eine Neuordnung hier in Österreich – und dann kann wieder gearbeitet werden zum Wohle der Bevölkerung, zum Wohle der Öster­reicherinnen und Österreicher! (Abg. Parnigoni: Willst du in Pension gehen?) – Auf jeden Fall nach dir, lieber Freund. (Beifall beim BZÖ.)

15.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 262/A eine Frist bis 19. September 2007 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

15.34.05Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über die Punk­te 2 bis 6 der Tagesordnung wieder auf und gebe zunächst bekannt, dass der Abän­derungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen während des Vorsitzes von Frau Kollegin Glawischnig entsprechend einge­bracht wurde, ausreichend unterstützt ist und mit in Beratung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Gesundheitsausschusses (153 d.B.) über die Regierungsvorlage (142 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Tiertransportgesetz erlassen wird und das Tierschutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 132

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

In Artikel II entfallen die Ziffern 7 bis 12.

Begründung:

Mit der geplanten Änderung des Tierschutzgesetzes wird die Kompetenz und die weitgehende Unabhängigkeit des derzeitigen Tierschutzrates eingeschränkt. Die zu­ständige Bundesministerin erhält das Recht, den Vorsitz sowie die Vertretung zu ernennen und abzuberufen, einfache Mitglieder ihres Amtes zu entheben und eine Geschäftsordnung durch eine Verordnung zu erlassen. Mit der Erhöhung der Mitgliederzahl durch die Landesveterinärdirektoren der Bundesländer, die weisungs­gebunden und in der Regel unter dem Einfluss der Agrarlandesräten/innen bzw. -referenten/innen in den Bundesländern stehen würde der Tierschutzrat so vergrößert, dass die Interessen des Tierschutzes in den Hintergrund rücken könnten. Der Tierschutzrat hat bisher eine sehr gute Arbeit als Beratungsgremium in Tierschutz­fragen geleistet. Er hat sich selbst klar gegen eine Änderung der Zusammensetzung des Tierschutzrates ausgesprochen. Es wird daher vorgeschlagen, die Regelungen über den Tierschutzrat unverändert zu lassen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ehmann. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.34.41

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich nun wieder dem Tierschutz widmen, im Speziellen dem Tierschutzrat.

Der Tierschutzrat wird aus meiner Sicht durch die vorliegende Änderung mit mehr Kompetenz ausgestattet – entgegen der Oppositionsmeinung. Er dient als Experten­gremium in Tierschutzfragen der Beratung der Gesundheitsministerin, und meiner Meinung nach ist das gescheit.

Die Novellierung dieses Gesetzes ist vor allem auch deshalb notwendig geworden, weil es nicht im Sinne des Gesetzgebers sein kann, dass sich die Geschäftsordnung des Tierschutzrates wie bisher Geheimhaltung auferlegt hat.

Als Beispiel: Tierschutzsprecherin/Tierschutzsprecher der Fraktion XY ruft an, möchte sich über Tätigkeiten und so weiter informieren, und die Aussage lautet: Dürfen wir nicht weitersagen! – Das ist wahrscheinlich nicht im Sinne des Erfinders.

In den Tierschutzrat werden nun auch die Landesveterinärdirektoren als Vertreter des Gesetzesvollzugs aufgenommen. Man darf nicht vergessen, dass die Tierärzte primär dem Tierschutz verpflichtet sind und nicht der Parteipolitik, wie angenommen, außer­dem sind sie auch auf Landesebene unmittelbar für die Umsetzung des Tierschutzes verantwortlich.

In den Tierschutzrat wird auch ein Vertreter der europäischen Tierschutzorganisation Eurogroup of Animal Welfare, das ist die Vereinigung der europäischen Tierschutz­organisationen, aufgenommen. Damit soll gewährleistet sein, dass auch NGOs mit ihrer Stimme im Tierschutzrat zukünftig vertreten sind.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 133

Da geht es eigentlich darum, dass Nichtregierungsorganisationen, also Unabhängige, ein Mitspracherecht haben, was auch oft dementiert wurde – wir sehen das anders.

Übrigens ist dies einmalig in Europa, und wir wären somit die Ersten. Ich persönlich würde mir wirklich wünschen, dass dies alle Fraktionen im Hohen Haus unterstützen könnten. Gleichzeitig würde ich mir wünschen, dass Sie, geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus, auf Ihre Vertreterinnen und Vertreter im Europäischen Parlament einwirkten, diesen richtigen Weg auf europäischer Ebene auch weiter zu verfolgen.

Zusätzlich wird eine Parteistellung der Tierschutzombudsmänner im Verwaltungs- und Verwaltungsstrafverfahren ermöglicht. Dies ist übrigens auch eine vehemente Forderung der Tierschützer, der wir mit dieser Vorlage nachkommen.

Abschließend zur Aufklärung zur Zusammensetzung betreffend Tierschutzrat: Dazuge­kommen sind das Institut Gumpenstein, die Eurogroup of Animal Welfare, wie ange­sprochen, die Landesveterinärdirektoren der Bundesländer; sonst ist die Zusammen­setzung gleich geblieben.

Alles in allem beschließen wir ein einzigartiges Gesetz, das zur Nachahmung in Europa anregen sollte. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Franz. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.37.46

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Auch ich persönlich bin sehr froh darüber, dass wir uns in Österreich dazu durchgerungen haben, die Dauer der Transporte von Schlacht- und Nutztieren zu verringern. Wir setzen europaweit ein Zeichen und schaffen eines der modernsten, eines der strengsten Tiertransportgesetze und heben uns somit von den übrigen EU-Ländern ab. Ein weiterer positiver Schritt zum Schutz unserer Tiere wird gesetzt.

Die viereinhalb Stunden, die Tiere am Stück transportiert werden dürfen, sind den Tieren zumutbar. Es ist zweifelsohne sehr schwierig, einen Weg zu finden, der dem Schutz der transportierten Tiere, aber auch den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Landwirtschaft dient. Die Ausnahmeregelung, bis zu achteinhalb Stunden Trans­portdauer zu genehmigen, nimmt auf die wirtschaftlichen, aber auch auf die regionalen Gegebenheiten unserer Landwirtschaft Rücksicht, denn es gilt zu bedenken, dass wir in Österreich Bauernhöfe haben, die nicht an die Nahverkehrsbereiche angeschlossen sind, entlegen in Bergdörfern liegen und so von vornherein längere Anfahrtswege haben; wir wollen ja die Bergbauern nicht benachteiligen.

Wie ich schon erwähnt habe: Eine Balance zwischen Tierschutz und Wirtschaft zu finden, das ist Aufgabe der Politik. Mit dem nun vorliegenden Gesetz haben wir diesen Balanceakt geschafft und einen weiteren Schritt gegen Tierquälerei gesetzt. – Gratu­lation, liebe Ministerin! (Beifall bei der ÖVP.)

15.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Spindelberger zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.39.38

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Wie die Vorrednerinnen und Vorredner schon haben anklingen lassen, geht es bei den vorliegenden Gesetzen im Sinne des


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 134

Tierschutzes auch um den Transport von Schlachttieren und eine möglichst kurze Ver­bringungsdauer. Ich glaube, genau dem wird mit diesem Gesetzesvorschlag Rechnung getragen, indem die Höchstbeförderungsgrenzen mit viereinhalb Stunden festgelegt werden.

Man muss aber seriöserweise anmerken, dass sowohl im Hinblick auf die Struktur der österreichischen Landwirtschaft als auch im Hinblick auf die geographischen Gege­benheiten dieses Ziel nicht immer erreicht werden kann. Daher besteht künftig die Möglichkeit, bei Vorliegen der soeben erwähnten Gegebenheiten derartige Schlacht­tier­trans­porte nach einer halbstündigen Lenkerpause um weitere vier Stunden auszu­dehnen.

Herr Westenthaler, weil wir uns gerade in die Augen schauen: Ich glaube, dass der von Ihnen eingebrachte Antrag unrealistisch ist, weil es unmöglich ist, sage ich jetzt einmal, innerhalb von zwei Stunden von den Bergbauern mit einem Lkw, mit einem Tier­transporter überhaupt einen Schlachthof zu erreichen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Jakob Auer.) Das muss man auch einmal sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wie gut der vorliegende Entwurf ist, zeigt ja, dass die EU Grenzen von zwölf Stunden ermöglichen würde, wir aber wirklich nur in Ausnahmefällen genehmigen, dass es achteinhalb Stunden sind. – Die Anträge der Opposition sind da wirklich weit weg von der Realität. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind ein „echter“ Tierschützer, gell?)

Ich finde auch die Kritik am Tierschutzrat ein bisschen komisch. Es wird behauptet, dass die Unabhängigkeit drastisch eingeschränkt wird. Ich sage, genau das Gegenteil ist der Fall! Ich finde es richtig und wichtig, dass künftig von der Bundesministerin die Geschäftsordnung erlassen wird, denn wohin kommen wir, wenn jeder tun und lassen kann, was er will, ohne darüber Rechenschaft in einem Bericht oder auch uns gegenüber ablegen zu müssen? Es ist legitim, dass eine Grundlage erarbeitet wird, die das Tun und Handeln der Personen, die dort vertreten sind, regelt.

Weiters wird auch kritisiert, dass die Landesveterinärdirektoren der Bundesländer dem Tierschutzrat angehören. Aber auch dieser Schritt ist in meinen Augen richtig, denn diese Personen, um es einfach auszudrücken, als höchstrangige Tierärzte der Bun­desländer werden ja genau deswegen im Tierschutzrat eingebunden, weil sie es sind, die tagtäglich mit den Problemstellungen vor Ort konfrontiert sind. Und mir ist es lieber, es ist der Schmied drinnen und nicht der Schmiedl.

Aus meiner Sicht ist das ein herzeigbares Gesetz, das nachahmenswert für andere Länder ist. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ord­neter Dr. Sebastian Eder. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.42.29

Abgeordneter Dr. Sebastian Eder (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Der Tierschutz ist auch oder gerade in einer zivilisierten Gesellschaft ein wichtiges und ernstes Thema. Ein Tiertransportgesetz ist nur dann gelungen, wenn man es zu Recht als gutes Beispiel angewandten Tier­schutzes bezeichnen kann. Und dieses Gesetz kommt dem, wie ich glaube, sehr nahe, obwohl es von einigen als nicht ausreichend angesehen wird.

Der Wert einer Gesellschaft zeigt sich unter anderem auch daran, wie man mit Leben allgemein umgeht, auch mit dem Leben von Nutztieren. Unsere Bauern, die ja zum Teil auch Tiertransporteure sind, haben damit kein Problem. Die kleine Struktur unserer Landwirtschaft bedingt eine besondere Verbundenheit der Bauern mit ihren Tieren, und dies wiederum bedingt einen respektvollen Umgang mit den Tieren.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 135

Unser Ziel war es, ein praxisnahes, praktikables Gesetz zum Wohl der Tiere und natürlich auch im Interesse der Landwirtschaft und insbesondere auch des Ver­brauchers zu schaffen. Wichtige Punkte wie der Tierschutzrat mit breit gefächerten Experten, entsprechender Kontrolle, verstärkten Strafsanktionen und Ausbildungsver­pflichtungen sind verwirklicht.

Österreich hat sich immer für die Anliegen des Tierschutzes auf europäischer Ebene eingesetzt und hat dabei auch einen Ruf zu verteidigen. Dies gelingt, wie ich glaube, mit diesem Gesetz.

Österreich kann damit auch künftig glaubwürdig und mit Selbstbewusstsein auf europäischer Ebene auftreten; insbesondere, wenn es etwa in Zukunft verstärkt um die Frage mehrtägiger internationaler Tiertransporte geht. Dort liegen, wie wir heute schon des Öfteren gehört haben, wahrscheinlich die wahren Probleme des Tierschutzes. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Schasching zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


15.44.39

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heute zu verabschiedende Änderung des Tiertransportgesetzes und Tierschutzgesetzes ist durchaus ein weiterer sehr positiver Schritt zu einem besseren Tierschutz insgesamt in Österreich.

Ich möchte mich eingangs ganz besonders bei meinem Kollegen Dietmar Keck für sein Engagement rund um dieses Gesetz, rund um diese Gesetzwerdung und für seinen Einsatz im Bereich des Tierschutzes bedanken. – Lieber Didi, ich muss Dir gratulieren, das hast Du wirklich sehr gut gemacht! (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht in erster Linie darum, Lebensmittelqualität sicherzustellen. Geschätzte Damen und Herren, Österreich ist ja bekannt als hervorragendes Gastgeberland, als ein Land, in dem es sich nicht nur wunderbar urlauben lässt, sondern auch wunderbar essen lässt. Das unter anderem deshalb, weil wir von unseren Landwirten hochwertige Pro­dukte beziehen können und somit beste Qualität sicherstellen können. Aber um diese auch langfristig zu sichern, war es notwendig und wichtig, für unser Tiertrans­portgesetz eine wesentlich bessere Lösung zu finden, als dies die EU vorsieht. Unsere Regelung im Bereich des Tiertransportes kann sich durchaus sehen lassen, weil wir doch eine wesentlich geringere Zahl an Stunden, die für einen Tiertransport zur Verfügung stehen, vorgesehen haben.

Vor allem aber ist auch der respektvolle Umgang mit dem Tier ein ganz wesentlicher Faktor, der mitgeholfen hat, diese Gesetzesänderung Gesetz werden zu lassen. Durch entsprechende Schulungsmaßnahmen jener Personen, die für die Tiere während der Verladung beziehungsweise des Transportes sowie bei der Endladung am Bestim­mungsort verantwortlich zeichnen, und mit Hilfe klarer Vorgaben – ich glaube, das ist der wesentliche Punkt – an die Ausstattung eines Fahrzeuges und an die Betreuung der Tiere sowie durch zukünftige Richtlinien mit Empfehlungen zur Pflege, zur Hygiene und über die dem Wohlbefinden der Tiere angepasste Art und Weise des Transportes wird ein respektvoller Umgang mit dem transportierten Tier einfordert.

Das sollte auch in der EU Eingang finden. Ich bitte alle, die auf die Umsetzung in Brüssel maßgeblich Einfluss nehmen können, darauf hinzuwirken, dass diese österreichische Gesetzgebung beispielgebend wird auf EU-Ebene.

Ein letzter Satz noch zum heute auch zu verabschiedenden Gesetz betreffend den Bereich des Tierschutzrates. Ich halte auch diese gesetzliche Änderung für durchaus


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 136

positiv und meine, dass Landesveterinärdirektoren durchaus auch als Vertreter des Tierschutzes zu sehen sein müssen und sein können. Ich bin daher sehr froh darüber, dass diese Änderung vorgenommen wird.

Alle Befürchtungen in die Richtung, dass dieser Tierschutzrat künftig an Kompetenz verlieren könnte, sind in meinen Augen haltlos. Ich gehe davon aus, dass hier durch mehr Transparenz und Informationsmöglichkeiten auch an das Parlament ein sehr guter und wichtiger Schritt gesetzt wurde. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Höllerer zu Wort. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.48.20

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Herr Abgeordneter Pirklhuber hat hier eingefordert, dass man bei der Tierhaltung auch die Ethik mit bedenken muss und dass nicht nur die Wirtschaftlichkeit und die Qualitätsfrage im Vordergrund stehen sollen.

Ich denke, gerade er müsste wissen, dass die Bäuerinnen und Bauern Österreichs nicht nur von den Tieren, sondern auch mit den Tieren leben, dass sie sehr genau wissen, was sie zu tun haben (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber), wenn es um den Gesundheitszustand geht, und dass es ihnen selbstverständlich auch wichtig ist, dass die Tiere beim Transport schonend und tiergerecht behandelt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dem neuen Tiertransportgesetz werden auch wesentliche Verbesserungen beim Tiertransport greifen. Das ist darauf zurückzuführen, dass eine Verbesserung der fachlichen Ausbildung der Tiertransporteure festgeschrieben ist und dass es eine Ver­schärfung der Kontrollen geben wird. Auch die Einschränkung der Fahrdauer ist zu erwähnen, mit den flexiblen Ausnahmeregelungen, die es gibt, die aber sehr prak­tikabel und auch wirklich notwendig sind. Man denke nur daran, dass auch die weit entfernten bäuerlichen Betriebe ihre Tiere transportieren müssen; selbstverständlich braucht es dazu diese Ausnahmeregelungen.

Trotzdem ist dieses neue Tierschutzgesetz sehr ambitioniert und hat eine Vorbild­wirkung für ganz Europa.

Ich möchte noch ganz kurz auf die Situation in Niederösterreich eingehen, weil die Frau Weinzinger im Ausschuss erwähnt hat, dass in Niederösterreich nicht kontrolliert wird. Das stimmt nicht, Frau Weinzinger, es wird sehr wohl kontrolliert, obwohl Nieder­österreich kein klassisches Tiertransitland ist. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brigid Weinzinger.)

Es werden aber immerhin durchschnittlich 50 Tiertransporte durch dieses Land geführt – und von der Polizei stichprobenartig angehalten und selbstverständlich jeder angehaltene Tiertransport auf Korrektheit des Transportes und auf die Tiergesundheit überprüft. Und wenn es notwendig ist, dann werden natürlich auch die Tiertransport-Inspektoren eingeschaltet. Das ist Tatsache und ist auch 2006 passiert. Sie haben gesagt, 2006 hat es überhaupt keine Kontrollen gegeben. Das ist unrichtig!

Ich darf noch einmal der Frau Bundesministerin Kdolsky danken. Sie hat ein sehr prak­tikables, sehr praxisnahes Tiertransportgesetz geschaffen, und das ist auch im Sinne der kleinstrukturierten österreichischen Landwirtschaft und der Bäuerinnen und Bauern. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.50



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 137

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Keck zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.51.07

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir verabschieden heute ein Gesetz, das einmalig ist in Europa. Kein einziges europäisches Land hat ein Tiertransportgesetz, wie wir es heute verabschieden. Kein einziges europäisches Land hat Tierschutzmaßnahmen in einem Gesetz niedergeschrieben, wie wir es heute in diesem Parlament verabschieden. Kein einziges europäisches Land hat eine Mindesttransportdauer von 4,5 Stunden, wie wir es in diesem Gesetz haben, in einer Gesetzesvorlage beschlossen.

Wir in Österreich sind da wieder einmal Vorreiter in Europa, und ich würde mir wünschen, dass dieses Tiertransportgesetz, wie wir es heute beschließen, auch von der EU übernommen wird und in jedem Land in Europa so umgesetzt wird, wie wir es mit der heutigen Beschlussfassung vorsehen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, nun zu den Vorwürfen, dieses Gesetz wäre EU-widrig, dieses Gesetz wäre nicht EU-konform: Da muss man einmal schauen, was uns vorgeworfen wird. Es wird uns vorgeworfen, dass in diesem Gesetz nicht drinnen stehen das Verbot des Einsatzes von Fußtritten und Schlagstöcken, das Verbot des Transports von kranken Tieren, von Tieren unmittelbar vor beziehungsweise nach ihrer Geburt und so weiter.

Meine Damen und Herren, wir haben ein Bundestierschutzgesetz in Österreich, das diese Maßnahmen schon per Strafe untersagt. Und wenn diese Maßnahmen in einem nationalen Gesetz schon per Strafe untersagt sind, dann muss man sie nicht mehr in einem anderen Gesetz explizit wieder Wort für Wort einfügen. Daher sind, glaube ich, diese Vorwürfe wirklich haltlos beziehungsweise aus der Luft gegriffen.

Der zweite und wichtige Teil dieses Gesetzes, meine Damen und Herren, betrifft den Tierschutzrat. Als wir dieses Gesetz verhandelt haben – und es hat Verhandlungen von sehr langer Dauer gegeben, es hat sehr intensive Beratungen mit der Frau Ministerin und mit ihren Beamten gegeben –, habe ich immer wieder E-Mails bekom­men, wo darauf hingewiesen wurden, dass die Problematik nicht im Tiertransport­gesetz, sondern in der Neugestaltung des Tierschutzrates liegt. Es hat natürlich einen Erstentwurf gegeben, wo Ministerienvertreter dabei waren, aber dann haben wir gesagt, wir werden verhandeln, wir werden uns das anschauen und einen Tierschutz­rat installieren, der wirklich Tierschutzrat sein soll.

Was ist der Grund dafür, dass es beim Tierschutzrat Änderungen gibt, meine Damen und Herren? – Ich selbst habe versucht, einmal zu eruieren, wer Mitglied in diesem Tierschutzrat ist. Die Institutionen, die Mitglieder entsenden können, habe ich gewusst. Mich hat aber interessiert, welche Personen im Tierschutzrat sitzen. Das war mir nicht möglich. Ich habe sehr, sehr lange gebraucht, und das nur mit vielen Umwegen, um zu eruieren, welche Personen denn überhaupt im Tierschutzrat sitzen.

Als ich dann gewusst habe, welche Personen dort drinnen sitzen, und ich bei denen nachgefragt habe, wie es denn ausschaut mit einer „Qualzuchtverordnung“, die ausständig ist, mit einer Chip-Verordnung, die ausständig ist, habe ich immer wieder die Antwort bekommen: Geheimhaltung, wir dürfen nichts sagen!

Ja, meine Damen und Herren, da muss ich als Angehöriger der Legislative sagen, das ist nicht Sinn und Zweck des Tierschutzrates, denn ich als Tierschutzsprecher einer Partei, die hier im Parlament vertreten ist, will sehr wohl wissen, welche Aufgaben der Tierschutzrat gerade bearbeitet, welche Entwürfe, welche Verordnungsvorschläge für


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 138

die Ministerin vorgelegt werden – und wenn man das nicht erfahren darf, muss man sich Änderungen einfallen lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Geheimhaltung ist deshalb entstanden, weil sich eben der Tierschutzrat in seiner Geschäftsordnung eine Geheimhaltungspflicht auferlegt hat.

Jetzt zur Zusammensetzung des Tierschutzrates: Was hat sich denn geändert, weil es heißt, dass er entmündigt worden ist? – Es sind die neun Landesveterinärdirektoren dazugekommen, und zwar aus einem einfachen Grund: weil Tierschutzumsetzung auch in den Ländern betrieben werden muss! Und es sind in erster Linie die Landes­veterinärdirektoren, die uns ganz klar und deutlich sagen: Wir sollten hier dabei sein, damit wir eine praktikable Umsetzung dieser Tierschutzgesetze in den Ländern machen können! Das ist der Grund, wieso die Landesveterinärdirektoren in den Tierschutzrat aufgenommen worden sind.

Und was ganz, ganz wichtig ist, meine Damen und Herren: Wir haben erstmalig eine Tierschutzorganisation, die Österreich bei Eurogroup for Animals vertritt, das heißt eine NGO-Vertretung, drinnen, die dort dafür sorgen wird und, wie ich hoffe, auch sorgen kann, dass diesem Gremium der Tierschutz wirklich ein Anliegen ist.

Meine Damen und Herren! Tierschutz hört heute nicht mit der Beschlussfassung des Tiertransportgesetzes und des Tierschutzgesetzes auf, und ich habe daher noch folgenden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Keck, Eßl, Weinzinger, Klement, Westenthaler betreffend die Sicherung des Fortbestandes der Gänserndorfer Affenhäuser und die Herstellung tierschutzrechtskonformer Bedingungen in diesen Anlagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständige Bundesministerin wird aufgefordert, folgende Maßnahmen zu setzen:

1. Sicherstellung der dauerhaften Unterbringung der in den Gänserndorfer Affen­häusern gehaltenen Tiere in eben diesen Anlagen

2. Eine Regierungsvorlage für die Errichtung einer öffentlichen Trägerschaft für die Affenhäuser in Gänserndorf zur Beschlussfassung vorzulegen

3. Ohne jede weitere Verzögerung jene Voraussetzungen zu schaffen, die einen den gesetzlichen, insbesondere auch den tierschutzrechtlichen Anforderungen ent­sprechenden und wirtschaftlich nachhaltigen Betrieb sicherstellen

4. die Wiederaufnahme des Resozialisierungsprogrammes durch eine entsprechend qualifizierte wissenschaftliche Leitung zu gewährleisten und die Durchführung wissenschaftlicher Projekte zu fördern.

*****

Sie sehen, meine Damen und Herren, Tierschutz hört für uns von den Regierungs­parteien nicht heute mit der Beschlussfassung dieses Gesetzes auf, Tierschutz ist uns ein Anliegen – und Tierschutz werden wir auch hier in diesem Parlament ständig vertreten, damit Tierschutzmaßnahmen in Österreich wirklich vorangetrieben werden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.57



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 139

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Keck eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unter­stützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Keck, Eßl, Weinzinger, Klement, Westenthaler betreffend die Sicherung des Fortbestandes der Gänserndorfer Affenhäuser und die Herstellung tierschutzrechtskonformer Bedingungen in diesen Anlagen

Seit dem Konkurs des Safariparks Gänserndorf ist die Zukunft der in dieser Einrichtung untergebrachten ehemaligen Laborschimpansen ungewiss. Im Rahmen einer Presse­konfrenz am 25.9.2006 sagte die damals zuständige Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zu, sich für eine “langfristige und artgerechte Unterbringung der ehe­maligen Laborschimpansen“ in den Gänserndorfer Affenhäusern einzusetzen. Das damals angestrebte Ziel einer Lösung bis Anfang 2007 war auf Grund von nicht vorhersehbaren Umständen und neu auftauchenden Problemen im Zusammenhang mit der zu errichtenden Trägerschaft nicht einzuhalten. 

Anlässlich eines Besuches der Primatologin Jane Goodall in Wien gilt es, die Umsetzung auch von Seiten der Abgeordneten zu unterstützen.  Seit Februar 2006 wird im Rahmen einer gemischten Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Gesund­heit, Familie und Jugend, der Vertreter der Firma Baxter, der Gemeinde, des Land Niederösterreichs, der Masseverwalter und Mitarbeiter des Ressorts angehören, Lösungsmodelle diskutiert.

Die Zielsetzung dieser Arbeitsgruppe ist es, im ersten Schritt organisatorische Strukturen zu schaffen, die ein professionelles Management der Affenhaltung in Gänserndorf zu lässt. Dazu gehören die Klärung der Eigentumsverhältnisse, der Aufbau einer entsprechenden Trägerschaft sowie die Berechnung und Sicherstellung der finanziellen Ressourcen, die für eine Anpassung an die tierschutzrechtlichen Anforderungen und für eine nachhaltige Aufrechterhaltung der Affenhaltung in Gänserndorf erforderlich sind.

Die durchgeführten Recherchen der letzten Monate haben bereits ergeben, dass die derzeit in Gänserndorf untergebrachten Affen an keine weiteren Tierhaltungen ver­mittelt werden können. Betreffend der Nutzung als öffentlich zugängliches Areal, wie ein Zoo beispielsweise, wurden umfangreiche internationale Erhebungen durchgeführt, die deutlich machten, dass eine Nutzung mit regelmäßigem öffentlichen Besucher­betrieb für Affenpensionen ungeeignet sind. All den Umständen Rechnung tragend, bedeutet es, dass eine personell und auch finanziell nachhaltige Lösung für die Dauer von bis zu 40 Jahren geschaffen werden muss.

Als ein mögliches Lösungsmodell ist die Errichtung einer öffentlichen Trägerschaft anzustreben. Unter diesen Bedingungen liegt dem BMGFJ die Zusage der Firma Baxter vor, über den in den Vereinbarungen mit den ehemaligen Safariparkbetreibern hinausgehenden Zeitpunkt, langfristig als Partner für den Betrieb der Anlage in Gänserndorf zur Verfügung zustehen. Es ist jedenfalls sicherzustellen, dass all jene Gebietskörperschaften, die gemäß des Bundestierschutzgesetzes ebenfalls für die langfristige Lösung verantwortlich zeichnen, ihren Beitrag zu leisten haben.

Der bereits mehrfach befasste Tierschutzrat empfahl der Bundesministerin für Gesund­heit, Familie und Jugend mehrmals, die dauerhafte und tierschutzrechtskonforme Unterbringung der Affen in Gänserndorf sicherzustellen und die ordnungsgemäße


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 140

Betreuung der Tiere durch eine ausreichende Anzahl qualifizierter Betreuungsper­sonen sowie eine wissenschaftlich ausgewiesene Leitung zur Fortsetzung des laufen­den Resozialisierungsprogramms zu gewährleisten.

Um diesem Ziel entsprechen zu können, ist es nach Abschluss der ersten Phase notwendig, in einem zweiten Projektschritt das Resozialisierungsprogramm wieder aufzunehmen und verstärkt zu fördern, sowie die Zusammenarbeit mit einschlägigen Wissenschaftern weiter auszubauen, wobei Kosten, die durch diese Zusammenarbeit anfallen, durch entsprechende Projektmittel oder wissenschaftlichen Förderungen gedeckt sein müssen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständige Bundesministerin wird aufgefordert, folgende Maßnahmen zu setzen:

1. Sicherstellung der dauerhaften Unterbringung der in den Gänserndorfer Affen­häusern gehaltenen Tiere in eben diesen Anlagen

2. Eine Regierungsvorlage für die Errichtung einer öffentlichen Trägerschaft für die Affenhäuser in Gänserndorf zur Beschlussfassung vorzulegen

3. Ohne jede weitere Verzögerung jene Voraussetzungen zu schaffen, die einen den gesetzlichen, insbesondere auch den tierschutzrechtlichen, Anforderungen ent­sprechenden und wirtschaftlich nachhaltigen Betrieb sicherstellen

4. Die Wiederaufnahme des Resozialisierungsprogrammes durch eine entsprechend qualifizierte wissenschaftliche Leitung zu gewährleisten und die Durchführung wis­senschaftlicher Projekte zu fördern

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Grander. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.57.12

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich an sich den Reden meiner Parteikollegen an und bringe nur einige Punkte vor, die mir sehr wichtig sind.

Durch die Zusammenführung der Tierschutzkompetenzen unter das gemeinsame Dach des Veterinärwesens wird eine optimale Wahrnehmung der Tierschutzagenden in einem schlüssigen Zusammenhang sichergestellt. Bei der Umsetzung der vorliegenden EU-Verordnung wird auf die Verbrauchererwartungen Rücksicht genommen. Der Transport der Einzeltiere ist gesichert, was besonders in unseren Regionen, wo es gerade im Bergland sehr viele kleine Bauern gibt, ganz notwendig ist. Gerade für die kleineren Bauern in entlegenen Gebieten ist die jetzige Transportlösung eine prak­tikablere, eine praxisnähere als die bisherige. Und besonders für kleinstrukturierte Berg- und Biobauern bringt dieses Gesetz eine wesentliche Erleichterung.

Die heimischen Bauern tragen tagtäglich für 18 Millionen Tiere Verantwortung, und ihnen liegt der Tierschutz sehr am Herzen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 141

Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass eine verbesserte fachliche Ausbildung der Tiertransporteure gewährleistet wird. Die ÖVP erweist sich damit wieder als Tierschutzpartei. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt zu Wort Herr Abgeordneter Kößl. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.58.52

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Damen und Herren! Die vorliegende Gesetzesnovelle bringt gleich in meh­reren Bereichen einen wesentlichen Mehrwert: eine Verbesserung beim Tierschutz, eine Verbesserung im Tiertransportbereich, aber natürlich auch eine Verbesserung im Tierseuchenbereich. Und mit diesen Verbesserungen kann auch weiterhin die Lebensmittelqualität im bisherigen Ausmaß gewährleistet werden.

Die Bestimmungen betreffend den Tierschutzrat sind schon mehrmals angesprochen worden. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass dort Personen agieren, die eine Ahnung von dieser ganzen Materie haben und die somit das Ministerium und die Frau Ministerin auch entsprechend beraten können. Das ist jetzt mit dem neuen Tier­schutzrat auf jeden Fall gewährleistet.

Ebenfalls ist es wichtig, dass es einen Krisenplan für Notfälle gibt – auch das ist ein wichtiger Mehrwert.

Insgesamt gesehen glaube ich, dass wir stolz sein können auf diese gesetzliche Grundlage, die wir hier heute beschließen. Und bei dieser Gelegenheit möchte ich der Frau Ministerin zu ihrem diesbezüglichen Engagement gratulieren. (Beifall bei der ÖVP.)

15.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem ein Tiertransportgesetz erlassen wird und das Tierschutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden, in 153 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Eßl, Keck, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­de­rungsantrag eingebracht.

Schließlich hat die Frau Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen beziehungs­weise dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Eßl, Keck, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Artikel I § 21 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 142

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel II Z 6 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag eingebracht, der die Streichung der Ziffern 7 bis 12 in Artikel II zum Inhalt hat.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über Artikel II Z 7 bis 12 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetz­entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend verbesserten Tier­schutz beim Transport.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Keck, Eßl, Weinzinger, Klement, Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Sicherung des Fortbestandes der Gänserndorfer Affenhäuser und die Herstellung tierschutzrechtskonformer Bedingungen in diesen Anlagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 29.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 155 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 154 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 156 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 143

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsaus­schus­ses, seinen Bericht 157 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

16.05.017. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 206/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Ridi Steibl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prävention gegen Alkoholkonsum von Kindern und Jugendlichen bzw. Koma­trinken (150 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 243/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des „Komatrinkens“ bei Jugendlichen (151 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haubner. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.05.51

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es liegen zur Debatte zwei Anträge vor: ein Antrag der Regierungsparteien bezüglich Prävention gegen Alkoholkonsum und ein umfassendes Maßnahmenpaket für Kinder und Jugendliche seitens des BZÖ. Es gab im Ausschuss eine sehr intensive, eine sehr positive, eine sehr gute Diskussion, vor allem auch mit den geladenen Expertinnen und Experten. Wir haben eigentlich, wie ich es verstanden habe, die gleichen Zielsetzungen gehabt und wollen eigentlich auch alle das Gleiche, aber leider wurde der Antrag des BZÖ trotzdem abgelehnt. Daher möchte ich jetzt einige Anmerkungen zu diesem Thema machen.

Es geht, meine sehr geehrten Damen und Herren, bei diesen Themen nicht darum, dass man Kinder und Jugendliche diskriminiert beziehungsweise dass man verall­gemeinert und sagt, hier wächst eine Generation heran, die nichts anderes im Kopf hat, als nur zu trinken, zu feiern, eine Generation, die keine Perspektiven hat. Das lehne ich klar ab, und ich sehe das auch bei diesem Thema nicht so.

Aber es muss uns klar sein, dass es hier schon seit einiger Zeit ein sehr negatives Phänomen gibt, dass junge Menschen, vor allem auch Kinder, immer früher – und hier geht das Alter bis auf elf Jahre zurück – zur Alkoholflasche greifen und auch immer leichter den Zugang zum Alkohol finden. Hier, denke ich, müssen wir gegensteuern, hier müssen wir etwas tun. Wenn es eine Patentlösung seitens der Politik gäbe, dann wäre es schön, aber diese Patentlösung gibt es nicht, und daher haben wir alle eine gemeinsame Verantwortung: eine Verantwortung seitens der Politik, der Wirtschaft, der Gesellschaft, der Schulen und vor allem auch der Eltern.


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Das ist etwas, was gerade auch in der Diskussion mit den Expertinnen und Experten im Ausschuss ganz klar zutage getreten ist: Prävention gegen übermäßigen Alkohol­konsum beginnt in der Familie, in der Familie, in der manchmal zu wenig Zeit, zu wenig Zuwendung für die eigenen Kinder vorhanden ist, weshalb dann natürlich ein Ersatz für fehlende Liebe und Fürsorge gefunden werden muss – und hier spielt leider Gottes auch der Alkohol eine Rolle.

Eltern müssen ihre Kinder spüren und wissen lassen, dass sie, wenn diese einmal daneben hauen, wenn sie einmal über die Stränge schlagen, trotzdem für sie da sind und dass sie immer zu ihnen kommen können. Und Eltern – das sage ich aus vollster Überzeugung und nicht als Theoretikerin – müssen ihren Kindern auch immer wieder klarmachen, dass es in vielen Bereichen Grenzen gibt, die man einhalten soll und auch einhalten muss.

Und ganz wichtig ist, dass hier nicht nur Eltern, sondern generell die Erwachsenen Vorbild sind, Vorbild im sorgsamen Umgang mit Alkohol. Ich sage: im sorgsamen Umgang mit Alkohol, denn zu sagen, die Erwachsenen sollen im Beisein von Kindern und Jugendlichen jetzt keinen Alkohol mehr trinken, das, wissen wir, ist realitätsfremd, aber Eltern und Erwachsene sind letztendlich Vorbilder und haben hier eine große Verantwortung.

Dass auf verschiedenen Ebenen schon seit einiger Zeit gute Initiativen, gute Projekte laufen, zeigt auch ein Beispiel in Oberösterreich. Dort gibt es in einer Region seitens des Zivilschutzverbandes seit einem Jahr die Initiative „Allianz gegen Alkohol­missbrauch“. Das ist eine Allianz, die nicht nur mit Schulen und Kindergärten zustande kommt, sondern vor allem auch mit gemeinnützigen Vereinen, mit Veranstaltern von Zeltfesten, Feuerwehrfesten und Ähnlichem. Dort hat man sich eine Art Ehrenkodex gegeben, um den Alkoholkonsum von Jugendlichen, aber auch im Zusammenhang mit Erwachsenen zu reduzieren und auch zu signalisieren: Es ist nicht „in“, es ist nicht toll, sich ständig anzusaufen und zu viel Alkohol zu trinken.

Diese Beispiele, muss ich ehrlich sagen, geben in diesem Zusammenhang Mut. Daher ist auch das Maßnahmenpaket, das wir eingebracht haben, als ein solches zu ver­stehen. Einerseits geht es um Prävention und Aufklärung, mit allen im Boot, vor allem auch mit den Eltern, um ein Risikobewusstsein für zu viel Alkohol zu schaffen. Und vor allem geht es auch um die Frage: Wo können wir noch an den gesetzlichen Maß­nahmen drehen, um uns hier wirklich gut abzusichern?

Was die gesetzlichen Maßnahmen anlangt, möchte ich noch einmal explizit darauf hinweisen, dass ein wichtiger Fortschritt sein muss – etwas, was längst überfällig ist –, ein bundeseinheitliches Jugendschutzgesetz zu schaffen. Sehr geehrte Frau Minis­terin, ich werde Sie seitens des BZÖ überall unterstützen, damit Sie eine bundes­einheitliche Regelung zustande bringen.

Ich weiß, Sie haben einen ersten Schritt bezüglich einer bundeseinheitlichen Regelung bei der Alkoholabgabe gesetzt. Das ist ein ganz wichtiger Schritt, aber da dürfen Sie nicht stehen bleiben. Es kann nicht sein, dass wir daneben weitere neun verschiedene Landesgesetze haben und jedes Land für sich sagt: Wir sind wir, damit hat sich’s, und wir lassen uns nicht dreinreden!

Das erinnert mich ein bisschen an die Diskussion, die wir auch im Zusammenhang mit dem Bundestierschutzgesetz vor Jahren geführt haben. Ich denke, hier müssen wir es schaffen, dass es einheitliche Regelungen vom Bodensee bis zum Neusiedler See gibt. Und ich denke, da müssen Sie noch sehr viel Überzeugungsarbeit leisten, auch wenn ich lese, dass der Landesrat aus Oberösterreich, Kollege Ackerl, sagt, er hält nicht viel von einer solchen Regelung, weil das in Oberösterreich sowieso gemacht wird. Ich glaube, hier muss man auch noch ansetzen.


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Das Zweite, worauf ich noch hinweisen möchte, sind die Alterskontrollen. Hierfür gibt es verschiedene Ideen. Von Ihrer Seite ist daran gedacht, mit verschiedenfärbigen Ausweisen zu hantieren. Wir vom BZÖ sagen, besser ist ein einheitlicher Ausweis, der fälschungssicher ist und der sowohl als Lehrlingsausweis als auch als Schülerausweis, also multifunktional genützt werden kann. Denn das macht Sinn, und es würde auch hier die Kontrolle wesentlich erleichtern. (Beifall beim BZÖ.)

Ein besonderes Anliegen seitens des BZÖ ist es auch, dass Veranstaltungen wie Trinkspiele oder Trinkwettbewerbe in Zukunft nicht mehr möglich sind und dass diese unzulässige Ausübung im Rahmen der Gastronomie wirklich auch mit dem Entzug der Betriebsstättengenehmigung geahndet werden kann und geahndet werden muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine selbst gewählte Redezeit ist schon längst zu Ende. Ich möchte zum Abschluss nur sagen, es bedarf hier einer gemein­samen Kraftanstrengung, um besonders für unsere Kinder, für unsere Jugendlichen das Beste zu initiieren, das Beste zu tun. Wir alle müssen in dieser Sache Partner sein. Ich hoffe, dass auch hier im Plenum dem BZÖ-Antrag zugestimmt wird. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

16.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Frau Abgeordnete Steibl zu Wort. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.13.59

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Werte Kollegen und Kolleginnen! In den letzten Wochen und Monaten haben beinahe täglich Reportagen, Umfragen und leider auch die Schilderung erschreckender Tatsachen in Berichten ganz deutlich das Problem des Alkoholmissbrauchs bei Kindern und Jugendlichen dokumentiert; meine Vorrednerin hat das auch bereits erwähnt.

Dieses Bild des übermäßigen Alkoholkonsums spiegelt aber nicht das Verhalten aller unserer Jugendlichen wider, und das möchte ich wirklich ganz bewusst betonen! (Beifall bei der ÖVP.) Wir dürfen auf gar keinen Fall alle über einen Kamm scheren oder gar verurteilen, denn der Großteil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in unserem Land ist engagiert, zukunftsorientiert und betätigt sich auch freiwillig und ehrenamtlich in vielen, vielen Bereichen, wie zum Beispiel auch – als Regional-Abge­ordnete weiß man das – in der Landjugend.

Da wird auch mit einem guten Beispiel dafür, wie man dem Thema Alkohol bei Veranstaltungen entgegenwirken kann, vorangegangen. Man arbeitet dort mit farblich abgestimmten, unterschiedlichen Kontrollbändern für die jeweilige Altersgruppe, die den Veranstaltern die Kontrolle erleichtern.

Ein System farblich kodierter Ausweise für Jugendliche wird aber auch unsere Frau Bundesministerin einführen. Das ist bereits in Arbeit, und das hat man auch im Ausschuss gesehen und gehört, dass das ein wichtiger und guter Weg ist. Ich denke, dass dann auch die Gastronomen leichter abweisen beziehungsweise einlassen können, je nachdem, ob Jugendliche unter dem erforderlichen Alter sind oder nicht.

Ich denke auch, dass wir seitens der ÖVP und der SPÖ mit unserem gemeinsamen Entschließungsantrag zur Prävention gegen Alkoholkonsum von Kindern und Jugend­lichen etwas beigetragen haben, um unsere Frau Bundesministerin zu unterstützen. Ich glaube auch, dass man für dieses Engagement in der kurzen Zeit, in der unsere Ministerin erst im Amt ist, ein Danke dafür sagen muss, dass sie es geschafft hat, hier die ersten Schritte zu setzen, dass sie es geschafft hat, eine Kampagne zu starten, nämlich „Nachdenken statt Nachschenken“, und dass sie auch mit den Wirten zusam-


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menarbeitet, um hier etwas weiterzubringen. Ich möchte hier auch öffentlich auf die Homepage zur Kampagne, „www.nachdenkenstattnachschenken.at“, hinweisen. Dort findet man sehr viele inhaltliche Hinweise für alle betroffenen Gruppen, von den Eltern über die Jugendlichen selbst, bis hin zu den Gastronomen.

Damit bin ich bei einem weiteren entscheidenden Thema, und zwar dem Jugend­schutz. Besserer, effektiver Jugendschutz, insbesondere im Zusammenhang mit Alkohol­missbrauch, führt nur über einen einheitlichen Jugendschutz. Ich weiß, dass das ein langer Weg war, aber er ist so weit gegangen worden, dass es jetzt in dieser Richtung auch zu einem gemeinsamen, vereinheitlichten Jugendschutz kommt.

Eines ist mir in diesem Zusammenhang auch noch wichtig, und zwar die Partner- und Elternbildung. Sie war und ist immer noch ein Tabuthema. Ich denke, das ist eine der wichtigsten Maßnahmen – nach all den finanziellen Mitteln, die wir Familien zur Verfügung stellen –: Elternbildung, Unterstützung von Eltern in Situationen, in denen sie nicht mehr wissen, wie es mit den Kindern weitergeht.

Genau das müssen wir tun, und ich denke, das muss sogar ein Grundrecht für Familien von heute werden. Denn die Zeit ist schnelllebiger geworden, die Jugend hat weniger Zeit, Sicherheiten zu finden. Geben wir ihnen Sicherheiten, setzen wir Grenzen, und vergessen wir nicht, dass wir als Erwachsene Vorbild oder Vorbilder sind! (Beifall bei der ÖVP.)

16.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Bucher. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.18.34

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur zur Aufklärung: Wir sind zwar auf der Rednerliste als Contra-Partei gemeldet, wir werden aber dieser Initiative der Koalitions­parteien selbstverständlich unsere Zustimmung geben, weil es ja richtig und wichtig ist, wenn Initiativen gesetzt werden, mit denen versucht wird, das Problem Komatrinken in den Griff zu bekommen.

Meine charmanten Vorrednerinnen haben ja schon ausgeführt (Ah-Rufe bei der ÖVP), dass es ein mehrdimensionales Problem ist, das nicht einfältig und nicht einseitig diskutiert werden darf. Ich habe mich eigentlich zu Wort gemeldet, weil in den Medien oft der Eindruck entsteht, dass die Gastronomie und die Tourismuswirtschaft immer wieder ein wenig daran schuld wären, dass dieses Komatrinken jetzt zu einem aus­ufernden Problem geworden ist.

Ich glaube, die Frau Bundesminister hat auch schon aus sehr vielen Gesprächen mit Kollegen Hinterleitner die Erfahrung gewonnen, dass die Gastronomie sehr bestrebt ist, diesen Vorwurf von sich zu weisen. Ich sage auch dazu, dass in vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen immer wieder zum Vorschein kommt, Frau Bundes­minister, dass viele Jugendliche ins Lokal kommen, nachdem sie vorher schon Kontakt mit Alkohol gehabt haben, und die Gastronomen auch in Nachtlokalen nicht mehr die großen Umsätze machen, die sie früher gemacht haben.

Es kommt auch noch ein anderer Umstand hinzu: Viele Jugendliche kommen in Dis­kotheken, bestellen dort ein Cola, nehmen eine Flasche Whisky aus der Tasche und mixen sich dort selbst ein Getränk zusammen. Das ist ein Umstand, dem wir in der Praxis oft begegnen. Daher ist diese Beschuldigung, die in der Berichterstattung oft durchschlägt, nicht immer gerechtfertigt.

Wir haben auch festgestellt, dass es zwar eine Verordnung gibt, wonach es in der Gastronomie zwei kostengünstige Getränke geben muss, die billiger als das günstigste


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alkoholische Getränk sind, und dass dies eine sehr wichtige und gute Maßnahme ist, dass dies aber leider nie kontrolliert wird. Alles, was nie kontrolliert wird, gerät in Vergessenheit. Eigentlich weiß auch keiner, warum es das gibt; die Jugendliche wissen es nicht, und viele Wirte wissen es dann oft auch nicht mehr.

Ich glaube, dass es sehr wesentlich ist, dass wir eine bundeseinheitliche Rahmen­gesetzgebung haben, bei der jeder weiß, worauf es ankommt: Was sind die wichtigsten Eckpunkte dafür, damit wir dem Komatrinken endlich Herr werden? – Das ist aus meiner Sicht das Entscheidende. Daran werden wir mitwirken, und Sie bekommen natürlich auch unsere Zustimmung dafür, dass Sie in diesem Bereich etwas unter­nehmen wollen. (Beifall beim BZÖ.)

16.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Frau Abgeordnete Mag. Gross­mann zu Wort. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.22.00

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alkoholkonsum von Jugendlichen, ja sogar von Kindern ist kein neues Phänomen, nimmt aber immer dramatischere Ausmaße an. Fast täglich werden wir mit erschütternden Berichten darüber konfrontiert, dass sich Elfjährige oft bis zur Bewusstlosigkeit betrinken und junge Menschen sich durch regelmäßigen Alkoholkonsum irreversible gesundheitliche Schäden zufügen und sich selbst ins soziale Out befördern.

Natürlich ist es so, dass heute jeder einzelne Fall landauf, landab durch die Medien getragen wird und dass breit diskutiert wird, was früher einfach unkommentiert hingenommen wurde. Das darf aber nicht hingenommen werden! Es ist wichtig, sich intensiv mit diesem großen Problem auseinander zu setzen, ohne jedoch eine ganze Generation zu verunglimpfen. Da gehe ich mit meiner Kollegin Steibl völlig konform: Die Jugend ist nicht so schlecht, wie sie immer wieder dargestellt wird! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP. – Beifall bei der SPÖ.)

Es ist aber höchste Zeit, dass Handlungen gesetzt werden, und ich bin froh darüber, dass nun endlich etwas geschieht und geschehen muss. In den Regierungs­ver­handlungen haben die Jugendsprecherin der ÖVP, Silvia Fuhrmann, und ich der damals ja noch nicht bekannten Jugendministerin namens unserer Fraktionen den klaren Auftrag mitgegeben, gezielte Maßnahmen zur Suchtprävention, insbesondere auch zur Prävention von Alkoholkonsum Jugendlicher, zu setzen. Wir sind auch darin übereingekommen, die völlig unterschiedlichen Jugendschutzbestimmungen zu verein­heitlichen und zu modernisieren. Es liegt nun an Ihnen, Frau Ministerin, diesen Auftrag zügig zu erfüllen. Der vorliegende Antrag soll Sie einmal mehr daran erinnern.

Es ist, wie wir wissen, nicht alles Jugendschutzrelevante in Ihrem Ressort angesiedelt. Die Gewerbeordnung beispielsweise ressortiert bei Ihrem Kollegen Bartenstein, den Sie vielleicht schon noch einmal darauf hinweisen sollten, dass Wert auf wirksame Sank­tionen gelegt werden sollte. Im Ausschuss sind Sie ja selbst von der irrtümlichen Annahme ausgegangen, dass in der geplanten Gewerberechts-Novelle ein Entzug der Betriebsstättengenehmigung als schärfste Sanktion vorgesehen ist. Leider ist es aber immer noch so, dass sich der Lokalinhaber durch Bestellung eines neues gewerbe­rechtlichen Geschäftsführers seiner Verantwortung entziehen kann.

Darüber sollten Sie also auch noch mit Ihrem Regierungs- und Parteikollegen reden, und natürlich auch über den Auftrag dieses Antrags, so genannte Flatrate-Partys zu unterbinden. Hier stecken natürlich massive wirtschaftliche Interessen dahinter; aber das auf Kosten unserer Jugend verdiente Geld ist unsauberes Geld.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Allerwichtigste aber ist Bewusstseins­bildung und die Vorbildwirkung in allen Lebensbereichen, nicht nur in der Politik. Denn ich sage es immer wieder: Was nützt die beste Erziehung? – Kinder machen uns doch alles nach! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Zwerschitz. 8 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.25.23

Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! „Komatrinken“ nennt sich der Tagesordnungspunkt, was mich nicht sehr glücklich macht, weil wir ja in der Zwischenzeit alle wissen, dass es nicht wirklich die richtige Bezeichnung für dieses Phänomen ist und dass Koma eigentlich etwas ganz anderes ist als diese Bewusstlosigkeit, in die sich manche Kids regelmäßig begeben.

Es gab in den letzten Wochen und Monaten einen irrsinnigen Medien- und Politik-Hype, der, wie meine Vorrednerinnen auch schon gesagt haben, dazu beigetragen hat, dass man das Alkoholproblem allen Jugendlichen zuschreibt. Das möchte ich hier natürlich auch dezidiert zurückweisen! Es betrifft eine kleine Anzahl von Jugendlichen, ich bin aber trotzdem froh darüber, dass jetzt genau für diese Einzelfälle etwas unternommen wird.

Die Einweisungen nach Alkoholmissbrauch haben zugenommen. Wenn man mit ExpertInnen spricht, sagen diese, es liegt auch daran, dass die Menschen in der Zwischenzeit – auch durch diesen Medien-Hype – aufmerksamer geworden sind und dass es nicht mehr heißt: Der Jugendliche soll seinen Rausch ausschlafen!, sondern: Wir rufen die Rettung an! Das kann man nur begrüßen. Auch die Krankenhäuser sind eher bereit, Alkoholmissbrauch zu konstatieren.

Drogenmissbrauch hat nachhaltige Folgen. Wenn man zum Beispiel mit der Entwick­lungspsychologin Rollett redet, dann hört man, dass Alkohol die erste Einstiegsdroge ist: die Droge, über die die meisten anderen Drogensüchte entstehen, weil sie so leicht zu beschaffen ist und weil in unserer Gesellschaft damit ganz, ganz schlecht um­gegangen wird. Und das betrifft jetzt nicht die Jugendlichen!

Was mir bei dieser ganzen Diskussion ums Komasaufen auffällt – und davon ist leider auch das Ausschussverhalten nicht frei, davon sind leider auch die Gespräche in diesem Haus nicht frei –, ist der seltsame Zugang zum Thema Alkohol in unserer Gesellschaft. In Österreich gibt es enorm viele Alkoholkranke – und das sind bei Gott nicht nur die Jugendlichen!

Wer nach Hause kommt und täglich seinen Kindern vorführt, wie entspannend Alkohol ist, wer bei Familienfeiern selber die Kinder dazu bringt, dass sie ihr erstes Glas zum Anstoßen benutzen, weil „wir heute irgendetwas feiern“: Das ist etwas, und da wurde mir von ExpertInnen beigepflichtet, woran sich zeigt, dass die meisten Kids den ersten Alkoholkonsum in der Familie haben. Wer von uns selbst regelmäßig oder immer wieder einmal ein Glas zu viel erwischt und nichts dabei findet, auch mit zu viel Alkohol nach Hause zu fahren, darf sich nicht wundern, wenn die Jungen – im Sinne dessen, was meine Kollegin Grossmann gesagt hat – das dann nachmachen und vielleicht auch über die Stränge schlagen.

In dem Alter schlägt man eben über die Stränge, das ist ganz normal, und das müssen wir auch so sehen. Nur darf das natürlich nicht regelmäßig der Fall sein. Jugendliche müssen eine gewisse Alkoholkompetenz lernen. Sie müssen lernen, damit umzu­gehen, sie müssen lernen, nein zu sagen, und wir müssen ihnen ein Maßnahmenpaket anbieten, wie sie von diesem übertriebenen Alkoholkonsum wegkommen.


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Das können nicht nur Gesetze sein, und das sind bei Gott nicht nur kurz gegriffene Maßnahmen, so wie wir sie hier vorschlagen oder wie wir sie uns als Lösung schnell vorstellen können. Denn es geht auch um fehlende Perspektiven, es geht um sinnvolle Freizeitgestaltung, es geht um die Möglichkeit, einen Beruf zu lernen. (Beifall bei den Grünen.)

Dass die Frau Ministerin in der Ausschusssitzung gesagt hat, Tabak sei mit dem ersten Zug gesundheitsschädlich, während Alkohol zum Teil auch Genuss- und Lebensmittel sei, zeigt auch diesen seltsamen Zugang, den wir zum Thema Alkohol haben. Denn selbstverständlich sind alle Drogenmittel auch Genussmittel, sonst würden nämlich Menschen gar nicht Drogen konsumieren. – Die Sache mit dem Schmuggel, dem Tür und Tor geöffnet wird, möchte ich hier gar nicht zitieren.

Wir haben im Ausschuss auch Fachleute gehabt, die gesagt haben, was wir machen könnten. Das hat weder der Ausschussvorsitzenden noch der Frau Ministerin sonder­lich gut gefallen, denn die sind weit über das hinausgegangen, was uns jetzt als Maßnahmenpaket vorliegt. (Abg. Steibl: Das kann aber nicht ...! Das ist ein bisschen eine Abgehobenheit!)

Wir haben nämlich hier als Maßnahmenpaket vorgeschlagen, die Prävention engagiert fortzuführen; das kann ich nur begrüßen. (Abg. Steibl: ... was Sie bevorzugen!) Die Aufklärungskampagne für Jugendliche, Eltern et cetera zu machen, auch das finde ich hervorragend. Gespräche mit der Wirtschaft zu führen, ob sie nicht so lieb sein könnte, auf ihre Aktionen zu verzichten, das halte ich schlichtweg für feige! Ich kann es nicht anders sagen. (Beifall bei den Grünen.)

Herwig Scholz, der von diesem Haus eingeladene Fachmann, hat gesagt: Werbe­aktivitäten der Alkoholindustrie, die sich gezielt an die Zielgruppe Frauen und Jugend­liche wenden, sind zu kritisieren. Herr Dr. Schmid von der Jugendanwaltschaft hat uns erzählt, dass es nur sechs Verurteilungen nach dem Wiener Jugendschutz­gesetz gibt. Ein Jugendschutzgesetz, das noch nicht vereinheitlicht wäre, dafür bin ich auch. Es ist auch nicht die strengste Form des Jugendschutzgesetzes, denn ich bin nicht dafür, dass wir uns nur daran orientieren, Jugendliche zu strafen. Darum geht es nicht, sondern: Das Jugendschutzgesetz gehört endlich so gewendet, dass es die andere Seite trifft, nämlich diejenigen, die damit wunderbares Geld machen. Wenn diejenigen allerdings die ÖVP wählen, können wir uns wahrscheinlich nicht erwarten, dass die ÖVP dazu bereit ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Unterstellung!)

Es hat im Jahr 2005 nur sechs Verurteilungen nach dem Wiener Jugendschutzgesetz gegeben bezüglich des Ausschanks von Alkohol. Herr Dr. Schmid hat auch gemeint, dass dieses Gesetz in Wien wahrscheinlich alle zwei Minuten gebrochen wird. Also: Man sieht hier ungefähr die Relation. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft wäre für ein Betretungsverbot.

Ich möchte hier die starke Anregung geben, dass wir uns ernsthaft überlegen, was wir gegen den Alkoholmissbrauch wirklich unternehmen und was wir wirklich tun können, und habe mir, um auch zu zeigen, wie wichtig das ist, im Internet ein paar Beispiele herausgesucht: Zum Beispiel gäbe es hier „Lucky Friday“: Bestelle eine Spirituosen­flasche, würfle höher als dein Kellner – und du bekommst sie gratis! – Oder die „berühmte“ Ein- oder Zwei-€-Party. Was wir auch haben, ist die berühmte „Pinkelparty“, die kennen wir jetzt auch schon. Oder: Du kannst zwischen 20.30 Uhr und 23 Uhr trinken, so viel du willst.

Ich finde es nicht richtig, dass Teile der Gastwirtschaft das unterstützen – und es sind bei Gott nicht alle, denn ich kenne auch Wirte, die betrunkenen Jugendlichen nichts mehr ausschenken und die sich auf diese Diskussionen einlassen. Aber ich finde es nicht richtig, wenn der österreichische Staat das unterstützt, indem er kein Mindest-


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preisgesetz beschließt, weil ja Tabak angeblich schädlich ist und es dafür ein Mindestpreisgesetz geben kann, aber Alkohol nicht, dass wir also dazu bereit sind, solche Dinge zuzulassen: Coma Shot 50 Cent. (Die Rednerin hält ein Plakat vor das Rednerpult.)

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass wir diesen Mehrkonsum von Alkohol unterstützen, obwohl wir wissen, dass wie bei jedem All-Inclusive-Urlaub einfach mehr konsumiert wird, was sich automatisch daraus ergibt, dass der Preis sehr niedrig ist, indem wir nicht bereit sind, dazu beizutragen, dass die Jugendlichen nicht mehr die Möglichkeit haben, sich zu Billigstpreisen mit Alkohol zuzuschütten.

Wenn Sie mir jetzt erklären, dass das auf EU-Ebene nicht gehen würde, dann möchte ich Ihnen ans Herz legen: Sie sind auch ein Teil dieser EU-Ebene! Ich kann mir nicht vorstellen, dass in der EU, in der sehr viele Staaten weit weniger schlampig mit Alkohol umgehen und weit restriktivere Maßnahmen setzen, das Verständnis dafür nicht da ist, dass auch in Österreich endlich etwas dagegen unternommen werden soll, dass einige Leute verdammt gute Geschäfte damit machen, Jugendliche alkoholabhängig zu machen. (Beifall bei den Grünen.)

16.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. 8 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.33.28

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein Wort noch zu meiner Vorred­nerin, die kritisiert hat, dass im Ausschuss gesagt wurde, Alkohol sei nicht nur eine Droge, sondern ein Genussmittel. Nicht jede Droge, Frau Kollegin, ist ein Genussmittel. Heroin beispielsweise ist eine reine Droge. Der Genuss ist da eher hintanzustellen. Das nur einmal dazu!

Generell möchte ich sagen, dass dieser Entschließungsantrag, den wir auch schon im Familienausschuss sehr ausführlich behandelt haben, von uns natürlich unterstützt wird, wiewohl ich schon meine, es kann nur ein ganz kleiner erster Schritt sein. Er wird nicht wirklich der große Durchbruch sein. Wir sind der Meinung, dass die beste Prävention gegen das Komatrinken eine intakte, liebevolle Familie sein wird. Wir alle hier herinnen, sage ich jetzt einmal, sind wahrscheinlich schon einmal irgendwo gewesen und haben Alkohol getrunken, vielleicht auch schon ein bisschen zu viel. Der werfe den ersten Stein, dem das noch nicht passiert ist! Wir alle hatten aber das Glück, dass wir in unserer Jugendzeit ein intaktes Umfeld hatten, Familie, Freunde, die uns da wirklich herausgeholfen haben, und wir nicht in die Teufelsspirale gekommen sind, wie das halt leider Gottes heute vielen Jugendlichen passiert.

Ich unterstütze die Frau Minister ganz massiv darin, wenn sie sagt, sie möchte hier ein bundeseinheitliches Jugendschutzgesetz. Angesichts der Reden meiner Vorredner denke ich, kann dem ja eigentlich auch nichts mehr im Wege stehen. Es ist von Rot, Schwarz und von Orange gekommen, wie toll das nicht ist und dass wir das jetzt alle unterstützen werden. Daher würde ich Sie bitten: Wirken Sie auf Ihre Landesfürsten ein, dass diese das nicht im Sinne eines falsch verstandenen Föderalismus weiter behindern und dass wir wirklich endlich ein einheitliches Jugendschutzgesetz bekom­men und vor allem auch bundeseinheitliche Strafbestimmungen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist wirklich wünschenswert, dass, wenn Alkohol an Jugendliche mit Gewinnabsicht ausgeschenkt wird, auch entsprechende Strafbestimmungen notwendig und diese auch zu exekutieren sind. Das stärkste, das schärfste, das strengste Gesetz wird


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nichts nützen, wenn es nicht exekutiert wird. Das möchte ich nur einmal ganz kurz dazu sagen.

Wenn ich mir die Reden so anhöre, dann ist natürlich alles sehr viel schönes Wetter. Wenn ich mir allerdings dann anschaue, wie hier eine Partei beziehungsweise die Vorfeldorganisation einer Partei Werbung macht, in einem Folder der SJot, den ich hier nicht unbedingt vorlesen möchte, dann ist das nicht ... (Abg. Broukal: SJe, nicht SJot!) – Die SJ, die Sozialistische Jugend, ich werde es aussprechen.

Da möchte ich ganz klar sagen: Das ist und kann nicht der Weg sein! Wir wollen hier nicht Drogen gegeneinander aufrechnen, Jugendliche gegeneinander aufrechnen, die jetzt lieber kiffen oder lieber trinken, denn wir wollen beides nicht. Beides, was hier steht, ist etwas, was von uns abzulehnen ist. Weder das eine noch das andere soll sein. Es ist weder das eine gut noch das andere. (Beifall bei der FPÖ.)

Damit nicht genug hat der Obmann der Sozialistischen Jugend gesagt: Wir lassen uns nicht länger kriminalisieren, nur weil einige wenige glauben, uns sagen zu müssen, was gut für uns ist. Wir fordern heute unser gemeinsames Recht auf Rausch ein! – Also, ich glaube, dieses Recht auf Rausch gibt es nicht, und es wäre ganz gut auch für die Kollegen der SPÖ, hier auf ihre Vorfeldorganisation dahin gehend einzuwirken, denn wir haben heute schon gehört: Wir Erwachsenen sind es, die Vorbildwirkung haben, und letztendlich sind es auch die politischen Parteien, die in einer vorbildhaften Wirkung auf ihre Vorfeldorganisationen, auf ihre Jugendorganisationen einwirken sollen, und ich möchte da jetzt gar keine Partei ausnehmen.

Wir alle haben vielleicht auch schon, sage ich jetzt einmal, in einer gewissen Weise Fehler gemacht, jede Partei, und wir haben in drei Jahren, so es dann sein wird, einen Nationalratswahlkampf, bei dem dann heute Dreizehnjährige wahlberechtigt sein werden. Und ich bitte Sie alle jetzt schon, dann bei diversen Wahlveranstaltungen mit Jungwählerpartys sorgsam umzugehen und wirklich darauf zu schauen, dass es bei Parteiveranstaltungen nicht zu Trinkorgien kommt. (Beifall bei der FPÖ.)

Lassen Sie mich ganz kurz noch eines sagen: Das Problem des Alkoholmissbrauchs, der Alkoholkrankheit bei Erwachsenen hängt sehr häufig auch mit persönlichen Prob­lemen zusammen, mit Arbeitslosigkeit oder familiären Problemen. Das wissen wir, das ist gesichert. Erst recht ist es natürlich bei Jugendlichen so. Die Jugendarbeitslosigkeit ist, wie Sie alle wissen, relativ hoch, ja viel zu hoch. Jeder einzelne Jugendliche, der arbeitslos ist, ist zu viel, und daher haben wir auch schon vor einiger Zeit einen Antrag eingebracht, die Lehrlingskosten aus der öffentlichen Hand zu bezahlen.

Sollte dieser Antrag auf der Tagesordnung stehen, würde ich Sie wirklich bitten, diesem zuzustimmen im Sinne der Jugendlichen, die hier einen Arbeitsplatz bekom­men. Es ist weiters eine Ankurbelung der Wirtschaft, eine Ankurbelung des Arbeits­marktes generell und wäre natürlich auch für die Klein- und Mittelbetriebe von großem Vorteil, weil sie sich dann Lehrlinge leisten könnten. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Riepl: Soll das auch für ausländische Jugendliche gelten?)

Wir haben das von unseren Experten ausrechnen lassen. Das wären Kosten von in etwa 100 000 €, die hier die öffentliche Hand sozusagen in die Hand nehmen müsste. Ich denke, das sollten uns unsere Jugendlichen wert sein auch im Sinne dessen, dass wir unseren Jugendlichen wieder eine Zukunftsperspektive geben können und sie gar nicht mehr in eine Situation verfallen, in der sie die Zukunft nur noch grau und schwarz sehen und sich lieber betrinken, anstatt zu schauen, wie sie ihr Leben auf die Reihe bekommen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.39



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 152

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr. Kdolsky zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


16.39.34

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Tribüne! Das Thema ist seit Wochen und Monaten, das wurde heute schon mehrfach gesagt, eines der zentralen Themen, das vor allem die Medienlandschaft verfolgt. Ich möchte als Jugendministerin, aber auch als Ärztin zwei Dinge klarstellen: Erstens glaube ich, dass wir sehr wohl unterscheiden müssen zwischen der Frage Kinder und Alkohol und Jugendliche und Alkohol, denn zu Kinder und Alkohol gibt es ein Nein, ein ganz klares Nein, sowohl nach der medizinischen Entwicklung als auch nach den Ergebnissen, die wir aus den Forschungen haben. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

Jugendliche und Alkohol – und das ist mir wesentlich – ist etwas, wo wir sensibel das Heranführen und den richtigen Umgang mit Alkohol nahebringen müssen, der sehr wohl ein Genussmittel ist. Und Frau Abgeordnete Zwerschitz, es gibt Unterschiede zwischen Drogen, das sage ich Ihnen auch als Medizinerin.

Tatsache ist, dass Alkohol in entsprechendem Maße genossen als Genussmittel zu werten ist. Tatsache ist auch, dass wir hier in Österreich einen sehr leichten Umgang damit haben und dass wir in unserer Vorbildfunktion daran arbeiten müssen. Eine weitere Tatsache ist aber, dass überall dort, wo Prohibition praktiziert worden ist – denken Sie an die USA vor vielen Jahren – so viel getrunken wurde, wie vorher und nachher nie wieder. Das soll also nicht der Weg sein. Der Weg muss sein, dass wir einen entsprechend sorgsamen Umgang für Jugendliche mit dem Genussmittel Alkohol positionieren und dass wir sagen, für Kinder und Alkohol gilt ein absolutes Nein.

Das, was ich für viel wesentlicher halte, ist – und das wurde heute auch schon gesagt –, dass wir Jugendliche nicht vorverurteilen und dass wir nicht glauben, dass wir eine ganze Generation von komasaufenden Kindern und Jugendlichen vor uns haben. Ich meine, dass wir natürlich auch durch die Medienlandschaft sehr viel mehr und verstärkt Informationen über diese Fälle haben. Das, was ich Ihnen aus den Studien heraus sagen kann, ist, dass sich der Zugang dem Alter nach ganz massiv verändert hat. Wann beginnen Jugendliche respektive Kinder zu trinken? Und auf der anderen Seite hat sich der Hintergrund verändert.

Motivationsforschung ist ein wesentlicher Faktor, um etwas dagegen tun zu können, denn – das wurde heute schon richtig gesagt – es ist immer einmal auch ein Problem gewesen, dass Jugendliche und Alkohol manchmal über die Stränge geschlagen haben. Die Frage ist nur: Ist es passiert – oder gehe ich ganz gezielt in eine Situation, um meine Probleme zu vergessen und mich niederzutrinken? Und ich denke, da müssen wir schon einiges tun.

Wesentlich ist mir, dass wir hier zu Recht von Seiten der Öffentlichkeit als Politiker gefordert sind, Missstände nicht nur aufzuzeigen, sondern Lösungsansätze zu erbrin­gen. Und ich bin zutiefst überzeugt, dass das nicht nur mit Verboten und Strafen möglich ist, sondern mit einem gezielten Maßnahmenpaket. Hier dürfen nicht nur Ein­zelaktivitäten gestartet werden, sondern hier müssen wir in einer komplexen Situation vorgehen.

Prinzipiell geht es einmal um die legistische Situation. Und Sie haben recht: Natürlich wäre es mir das Liebste, ein Bundesjugendschutzgesetz zu schaffen. Ich denke, dass das wesentlich wäre. Den Föderalismus akzeptierend habe ich aber gesehen, dass ich einmal einen ersten Schritt schaffen kann, indem ich einzelne Punkte dieses Jugend­schutzgesetzes mit den Jugendschutzreferenten vereinheitlichen kann. Und wir sind hier, so meine ich, auf einem sehr guten Weg, wiewohl wir nicht in allen Punkten einer


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Meinung sind. Ich denke aber, beim Schutz der Jugendlichen müssen wir an einem Strang ziehen. Es wird weiter mein Bestreben sein, hier ein einheitliches Gesetz für den Jugendschutz für Österreich zu schaffen.

Ich denke aber auch, und das ist ein ganz wesentlicher Faktor, dass es nicht nur ein Gesetz geben kann, sondern dass es auch entsprechende Überprüfungen dieses Gesetzes und auch eine Sanktionsmöglichkeit dieser Gesetze geben muss. Hier sind wir auf einem Weg. Hier werden auch von Seiten des Wirtschaftsministeriums in den nächsten Wochen sehr wohl weitere Vorschläge und weitere Novellierungen ange­dacht, denn es ist völlig richtig – da gebe ich allen Vorrednern recht –, dass eine Konzessionsabnahme allein nicht dazu führen wird, wirkliche Sanktionen umzusetzen, denn am nächsten Tag kommt der nächste Prokurist mit der nächsten Konzession und es geht weiter. Das heißt, die Betriebsstättengenehmigung ist natürlich ein Thema, nur ist das auch etwas, das in Absprache mit den Zuständigen Schritt für Schritt umzusetzen ist.

Ganz wesentlich ist, dass wir die in den Bundesländern bereits bestehenden Best-Practice-Vorschläge einfach auch einmal überprüfen und anschauen und das Rad nicht immer wieder neu erfinden sollen. Es gibt sehr, sehr viele, sehr, sehr gute Aktivitäten, die in den Bundesländern bereits umgesetzt werden, und ich denke, dass wir diese auch einmal heranziehen und verwenden sollten, um sie über das Land auszurollen. Ich werde von Seiten meines Ministeriums hier auch vorstellig werden. Wir sind gerade dabei, sämtliche Aktivitäten zu dieser Thematik zusammenzustellen und den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Interessierten auch weiter­zugeben.

Ich denke – und das wurde heute schon von Frau Abgeordneter Zwerschitz gesagt –, dass es sehr wohl wesentlich ist, auch in Gespräche mit dem Handel und der Gastro­nomie einzutreten. Hier gibt es ganz, ganz große Bestrebungen, mitzuhelfen und auch diese Verantwortlichkeit zu sehen. Wir haben derzeit eine Charta entwickelt, die von den großen Handelsketten bereits unterzeichnet wurde. Es sind verschiedene Aktivit­äten gestartet worden, um die Aufmerksamkeit an den Kassen für Alkoholeinkauf von Seiten der Kassiererinnen zu sensibilisieren. Es wird hier vor allem von den großen Handelsketten wirklich viel unternommen, um gegen diesen Ausschank oder die Möglichkeit, dass Kinder und Jugendliche an Alkohol herankommen, vorzugehen.

Gerade im Bereich der Gastronomie gibt es viele gute Aktivitäten und den Versuch, den schwarzen Schafen, den sogenannten Koma-Trink-Partys Einhalt zu gebieten. Es ist nicht im Interesse einer guten Gastronomie, diese Koma-Trink-Partys weiter zu befürworten. Wir haben etliche Veranstaltungen auch gemeinsam mit der Gastronomie. Ich möchte niemanden ausgrenzen, weil ich denke, dass dieses Thema uns alle angeht und wir das daher in einer gemeinsamen Anstrengung machen müssen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir auch eine Bewusstseinskampagne unter dem Titel „Nachdenken statt nachschenken“ gestartet haben. Es ist sehr wohl wichtig, durch Fernseh- und Radiospots zu sensibilisieren. Auch durch die vielen Veranstaltungen, die im Rahmen dieser Kampagne in den Bundesländern geplant sind, müssen wir an die Jugendlichen herankommen, weil wir nicht Politik für, sondern mit den Jugend­lichen machen müssen. Wir versuchen hier auch Peers auszubilden und Jugendliche selber dorthin zu bringen, dass sie Jugendlichen helfen, denn nur die verstehen in Wahrheit deren Probleme.

Ich denke aber auch – und das ist der vierte große Punkt, der in diesem Gesamtpaket einen wesentlichen Platz hat –, dass die Aufmerksamkeit der Eltern wesentlich ist, denn letztendlich müssen wir dafür die Akzeptanz schärfen, dass in allererster Linie die Eltern für ihre Kinder verantwortlich sind. Natürlich auch die Schulen, aber es sind vor


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allem die Eltern, die hier die Verantwortung gegenüber ihren Kindern haben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Wir versuchen, Hilfestellung anzubieten. Jetzt wird gerade eine Hotline eingerichtet, die ähnlich wie „Rat auf Draht“ für Jugendliche für Eltern funktioniert, wo diese 24 Stunden, sieben Tage in der Woche Hilfestellung in Extremsituationen bekommen können. Wir haben aber natürlich auch Familienberatungsstellen, wo Psychologen, wo Entwick­lungs­psychologen, wo Erziehungspädagogen sind. Da geht es darum, die Akzeptanz und die Kenntnis von Eltern, dass es diese Stellen gibt, zu fördern und sie auch dort hinzubringen, wenn sie Fragen, wenn sie ein Problem in der Erziehung ihrer Kinder haben.

Es ist natürlich auch wesentlich, dass wir die Schulen einbeziehen. Die Schulen sind der zweite große Bereich, wo Kinder und Jugendliche sich aufhalten. Ich habe hier gemeinsam mit Kollegin Claudia Schmied das Projekt „Gesunde Schule“ gestartet, wo wir nicht nur Ernährung und Bewegung, sondern auch Prävention und das Erklären und den richtigen Umgang mit Alkohol in den Schulen als eines der zentralen Themen des Unterrichts etablieren. Ich glaube, dass das eine sehr gute Möglichkeit ist.

Im Rahmen des Jugendportals www.jugendinfo.at kommen wir auch dem Auftrag der EU gemäß dem Weißbuch Jugend beziehungsweise dem Europäischen Jugendpaket nach, Jugendinformation verstärkt zu etablieren. Ich denke, dass wir über diese moder­nen Medien auch verstärkt an die Jugendlichen herankommen können.

Ich habe über die Peer-Education schon etwas gesagt und möchte auch hier ein ganz neues Projekt vorstellen, das wir gemeinsam mit der Fachhochschule Krems beginnen, und zwar geht es um ein Ausbildungsseminar für Responsible Serving, wo auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gastronomie entsprechend ausgebildet werden, wie sie umgehen mit Jugendlichen, die entweder schon im alkoholisierten Zustand sind oder mit denen es zu Problemen kommt. Denn ich glaube, dass wir hier einfach die Sinne dieser Menschen in diesen Ausbildungsstrukturen schärfen müssen.

Im medizinischen Bereich gibt es gerade im Bundesland Vorarlberg einige sehr schöne Projekte, wo versucht wird, in den Spitälern bei Einlieferung von Jugendlichen mit Alkoholvergiftungen mit Sozialarbeitern nicht nur mit den Jugendlichen, sondern auch mit den Eltern Kontakt aufzunehmen und zu schauen, wie weit ein Suchtpotential bereits gegeben ist, respektive mit ihnen gemeinsam zu erarbeiten, welche Möglich­keiten es gibt.

Eines wird uns aber nicht erspart bleiben – bei allen Möglichkeiten die wir haben, legistischer Natur, mit den Gastronomien, mit Kampagnen, mit den Schulen, mit den Familien –: Wir sind die Vorbilder.

Letztendlich gebe ich allen Vorrednern recht: Wir dürfen nicht in Richtung eines absoluten Alkoholverbotes gehen. Wir müssen aber auch unsere Verantwortung erken­nen und sehen, wie wir mit diesem Genussmittel Alkohol richtig umgehen. Und die Bierflaschen den Sechsjährigen holen zu lassen, halte ich nicht für den richtigen Weg. Wir müssen vorleben, dass wir uns letztendlich gut unterhalten können, auch ohne betrunken zu sein. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fuhrmann. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.52.03

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Frau Bundesminister, ich möchte mich bei Ihnen sehr, sehr


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herzlich bedanken für das Aufmerksammachen auf all jene, die es sich leicht machen, die sich hinstellen und sagen: Schaut euch die Jugendlichen von heute an, die haben nichts Besseres zu tun, als zum Alkohol zu greifen! Zum anderen möchte ich mich bedanken, dass Sie sehr schnell einige Maßnahmen in die Wege geleitet haben, um auch im Sinne der Prävention tätig zu werden. Ich glaube, die klare Differenzierung zwischen Kindern und Jugendlichen und deren Alkoholkonsum ist auch ein sehr wesentlicher und wichtiger Ansatz.

Hier wurde bereits vorangestellt, dass es nicht um Verbote und Strafen geht, die ja bekanntermaßen bei Jugendlichen oft genau das Gegenteil bewirken können, sondern dass es vielmehr darum geht, auf der einen Seite Jugendliche in die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen einzubeziehen und auf der andern Seite auch in den Vorder­grund zu stellen, dass es auch darum geht, ein sinnvolles Maß an Alkohol­konsum erlernbar zu machen. Kollegin Zwerschitz hat sogar von Alkoholkompetenz ge­sprochen, was in dem Zusammenhang wahrscheinlich auch gar nicht so falsch ist.

Folgendes möchte ich aber schon betonen und damit auch ganz kurz auf die Rede der Kollegin Zwerschitz noch eingehen: Sie haben gesagt – und das stimmt –, dass Leute versuchen, hier wahrscheinlich auch auf Kosten von Jugendlichen Geschäfte zu machen. Sie haben auch gesagt, Alkohol ist eine Einstiegsdroge. Das alles unter­streiche ich, und ich gebe Ihnen völlig Recht. Ich erinnere aber nur daran, dass es Zeiten gab, wo die Grünen – und ich weiß nicht, ob sie diesbezüglich vielleicht ihre Meinung geändert haben – über Alkohol gar nicht diskutiert haben, sondern gesagt haben: Eigentlich stehen wir dafür ein und ist es sinnvoll, leichte Drogen wie Cannabisprodukte zu legalisieren.

Da möchte ich schon noch an Sie appellieren: Wenn wir heute über Alkohol reden und das vor einigen Jahren vielleicht noch eine Selbstverständlichkeit war, dass das als Tabuthema gesehen wurde oder nicht als Gefahr erkannt wurde – sagen wir so –, hoffe ich, dass Sie durchaus von Ihrer Sicht der Dinge, nämlich weiche Drogen zu legalisieren, Abstand genommen haben und mit uns auch sinnvoll darüber diskutieren, wie wir Jugendliche dabei unterstützen können, nicht in die Alkoholfalle zu tappen! (Beifall bei der ÖVP.)

16.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste kommt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen zu Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


16.54.42

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, heute zu einem Antrag sprechen zu können, der auf Initiative der SPÖ entstanden ist und ein Präventionspaket gegen den Alkohol­konsum von Kindern und Jugendlichen, gegen das so genannte Komatrinken zum Inhalt hat.

Das Problem von übermäßigem Alkoholkonsum ist in unserer Gesellschaft ja an sich nicht wirklich etwas Neues. Alkohol ist Teil unserer Lebenskultur, ist leicht verfügbar und wird gesellschaftlich akzeptiert. Im Gegensatz zu Nikotin, wo mittlerweile weltweite Kampagnen laufen, wird der Alkoholkonsum und dessen Auswirkungen meist bagatellisiert und auch tabuisiert.

Internationale Studien zeigen, dass die Zahl der Jugendlichen, die Alkohol trinken, eher rückläufig ist, problematisch ist aber die steigende Zahl derjenigen, die exzessiv und in sehr jungem Alter trinken. Diese Entwicklung ist beängstigend, weil es sich bei Alkohol


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doch um ein nicht ungefährliches Genussmittel handelt und es immer noch sehr günstig zur Verfügung steht und angeboten wird.

Eine Ursache dafür sind sicher sinkende Umsätze der Alkoholindustrie, aber auch sinkende Umsätze der Lokale und Diskotheken. Das soll kompensiert werden mit neuen, billigeren Produkten, auch mit neuen Zielgruppen. Zuerst waren es die Alkopops, die zum ersten Mal gezielt besonders junge Kunden anvisierten. Aktuell sind diese so genannten Flatrate-Partys oder Ein-Euro-Getränke-Aktionen. Weitere Ursachen sind aber sicherlich auch der verstärkte Druck in der Schule, in den Peer Groups, in der Gesellschaft oder auch die Angst vor Jugendarbeitslosigkeit.

Ärzte und Suchtexperten und -expertinnen weisen seit Jahren auf die Gefahr des über­mäßigen Alkoholkonsums hin. Wir haben schon vor drei Jahren auf das Problem im Zusammenhang mit den Alkopops aufmerksam gemacht, aber es hat eben seine Zeit gebraucht, bis auch die Politik reagiert hat. Nun gibt es endlich, wie in unserem Antrag gefordert, eine Informationskampagne. Man diskutiert über die Vereinheitlichung der Jugendschutzbestimmungen, und auch Handel und Gastronomie sollen in die Pflicht genommen werden.

Was mir allerdings fehlt, ist eine frühe Aufklärung und Prävention. Es geht um Sucht­prävention, es geht um die Information über die Gefahren des Alkohols, nämlich bereits in sehr frühem Alter, bereits ab dem Vorschulalter, wenn Sie wollen. Das ist notwendig, da es immer mehr Kinder – kann man fast sagen – gibt, die im Alter von zehn bis elf Jahren trinken.

Die Information sollte aber auch verstärkt die Erwachsenen mit einbeziehen, denn – wie ein deutsches Medium es bezeichnet hat – die Vorbilder sitzen zu Hause auf dem Sofa und oft auch, Frau Dr. Jenewein, in den so genannten intakten Familien. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.58.17

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wenn man die Debatte so verfolgt, kommt man zu dem Ergebnis: Ja, es gibt viele interessante Vorschläge, Anregungen, Hinweise, wir brauchen die Motivforschung – ja, dem stimme ich auch zu, es ist nicht eindimensional zu sehen.

Was mich aber dann irritiert, das sind die Beschwörungsformen, die in der Debatte kommen: Wir dürfen die Jugendlichen nicht diskriminieren. – Na selbstverständlich stimme ich da zu. Es sind eh nur einige. – Auch das ist mehrmals gefallen in der Debatte.

Dann bemerke ich, bei den Antworten und Vorschlägen gibt es eigentlich nur etwas, was die Jugendlichen betrifft: Wir müssen der Jugend Grenzen setzen. Welche bitte? Und wer ist bereit, diese Grenzen auch vorzuleben beziehungsweise einzuhalten?

Ein anderer Vorschlag betreffend die Jugend. Sie haben vorhin gehört, wir dürfen die Jugend nicht diskriminieren, da waren sich alle einig, und dann heißt es: eigene Ausweise für die Jugendlichen, in mehreren Farben bestmöglich.

Also wenn man weiß, wie sehr sensibel Jugendliche mit der Altersfrage generell umgehen, Frau Kollegin Steibl, dann würde ich Sie bitten, sich das noch einmal zu überlegen, auch wenn es nicht Ausweise, sondern Bänder sind. Das ist mir alles egal, nur glaube ich wirklich nicht, dass das geeignete Vorschläge sind, um mit dem Problem zurande zu kommen. (Abg. Steibl: Das gibt es doch überall!)


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Jugendliche sind, wenn Sie so wollen, auch sehr erfinderisch, und das ist auch gut so. Sie werden also nach Möglichkeiten suchen, die Regeln, die ihnen die Erwachsenen ohne Begründung setzen, die Diskriminierungen oder meinetwegen auch Verletzun­gen, die ihnen Erwachsene ihrer Meinung nach ungerechtfertigterweise zufügen, auch zu umgehen. Na selbstverständlich. Das haben wir auch gemacht als Jugendliche, wenn wir das nicht verstanden haben, was uns als Regel vorexerziert wurde. Und solange man an diesem Problem nichts angreift – und damit bin ich schon beim nächsten –, wird es schwierig.

Ich habe auch diesen Vorschlag gehört: Wir brauchen die intakte Familie. (Abg. Steibl: Ja!) – Ja, sagen Sie, Frau Kollegin Steibl, aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass sie für viele nicht mehr existiert (Abg. Steibl: Ich habe gesagt, wir brauchen Unterstützung für die Familien!) und dass die Schwierigkeit auch für intakte Familien darin besteht, die Beziehungen zu Kindern zu leben.

Wir haben gestern Arbeitszeitflexibilisierungen, die Ausweitung von Arbeitszeiten, La­den­öffnungszeiten, die Verlängerung von Ladenöffnungszeiten bis in die Nacht hinein beschlossen. Da sind ja überall Menschen mit dabei, in dem Fall nicht nur als Kon­sumenten, sondern auch als solche, die beschäftigt sind. In diesem Fall sind es haupt­sächlich Frauen. Die sind diejenigen – das wissen wir aus den Erfahrungen –, die die Beziehungsarbeit auch zwischen den Generationen noch immer überwiegend regeln, und wenn diese für bestimmte Sachen ausfallen, weil sie keine Zeit haben, weil sie einem Job nachgehen müssen, dann wird es schwierig. (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt den Vorsitz.)

Selbst die intakte Familie – ich sage Ihnen das ganz nüchtern, weil ich glaube, man kann in der Debatte sehr schnell irgendwie überkippen in das absolute Emotionali­sieren –, ist mittlerweile nicht mehr oder kaum oder nur mit Schwierigkeiten in der Lage, diese Beziehungen zu Jugendlichen tatsächlich so zu leben, wie es auch wichtig und notwendig wäre.

Das ist ja auch nicht die Differenz, da würden wir ja alle übereinstimmen, wenn es darum geht. Ja, das wollen wir. Nur, was machen wir auch in unserer alltäglichen Politik, um das sozusagen lebbar zu machen oder auf der anderen Seite – was mein Vorwurf ist, und wir haben den Vorwurf auch gestern geäußert in der Debatte –, um es schwieriger zu machen? Wir tragen durch Maßnahmen manchmal dazu bei, dass es schwieriger wird. Denn eines wissen wir ganz sicher: dass Schichtarbeit, überlange Arbeitszeiten – ich höre dann schon wieder auf mit diesem Thema – nicht unbedingt ein Vorteil dafür sind, dass Beziehungen lebbarer werden. Das merkt man nämlich, und da gibt es auch Befragungen dazu.

So weit zum Ende dieser Beschwörungsformel. Mir war nur wichtig, einmal darauf hinzuweisen: Das reicht nicht aus. Und es reicht auch nicht aus, dass wir hergehen und sagen, die Jugendlichen wollen wir nicht diskriminieren, aber – patsch – wenn uns etwas einfällt, dann das, dass wir ihnen Regeln setzen, Ausweise, irgendwelche Strichcodes oder sonst etwas umhängen, womit wir sie identifizieren und eingrenzen können. (Abg. Steibl: Jeder Experte wird Ihnen sagen, dass man Kindern Grenzen setzen muss!)

Ich habe nichts gegen das Grenzensetzen, nur muss man selbst bereit sein, sie zu leben, diese Grenzen auch zu kontrollieren, und dann möchte ich auch wissen, welche Grenzen das sind. (Beifall bei den Grünen.) Auch darauf habe ich beziehungsweise alle, und vor allem die Jugendlichen, ein Recht. Aber nicht nur einfach vom Gren­zensetzen reden! Das ist mir zu wenig. (Abg. Steibl: Das ist eine Unterstellung!) – Nein, das ist keine Unterstellung, ich sage Ihnen nur das, was ich beobachtet habe.


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Abschließende Bemerkung, weil es mir auch wichtig ist – das betrifft nicht diese Frau Bundesministerin –: Ich habe heute den Vorschlag gehört, Trinkorgien bei Parteiver­anstaltungen sollten wir tunlichst vermeiden. Ja, da bin ich auch dafür – es war die Kollegin von der FPÖ –, aber mir fällt da ein bestimmtes Bild ein, ein Bild, auf dem man so Männer sieht mit Kappen, meistens haben sie Schmisse, manchmal auch keine Schmisse. Und da gibt es Trinkrituale, die schon bei Fünfzehn-, Sechzehnjährigen durchgeführt werden, die genauso laufen wie beim Komasaufen, nämlich möglichst viel zu trinken. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Na, selbstverständlich! Das wissen Sie alle, das wissen wir alle, und ich selbst weiß es auch aus dem Grund, weil ich eine Anfrage gemacht habe an die frühere Bundesministerin Haubner, die einen Verein, nämlich den Pennälerring, gefördert hat. – Da kommt ohnehin schon der Kollege, der wird mir das dann sicher beantworten.

Der Pennälerring wurde gefördert vom Bundesministerium – ich habe das deshalb interessant gefunden, weil damals die Frau Bundesministerin eine Kampagne gegen Alkohol bei Jugendlichen geführt hat –, und in dieser Broschüre, die der Pennälerring herausgebracht hat zu einem Stiftungsfest (Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner), ist gestanden: gefördert vom Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen, und oben war der Querverweis: Freibier gibt es auf der Bude.

Das wollte ich nur zum Thema sagen: Sich selbst an der Nase nehmen, Grenzen setzen, einigermaßen ehrlich die Debatte führen! (Beifall bei den Grünen.)

17.05


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Zanger mit 5 Minuten freiwilliger Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.05.24

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Öllinger, ich bin ganz begeistert, dass Sie mir da jetzt meine Worte quasi vorweggenommen haben. Am Anfang habe ich mir noch gedacht: Da schau her! Das, was er da sagt über diese Grenzziehung – wie waren wir früher, wie wird das der Jugendliche akzeptieren, wohin setzen wir sie überhaupt – ist etwas, mit dem ich mich durchaus verständigen kann.

Dann haben Sie allerdings angefangen, den Waffenstudenten zu unterstellen, Trink­rituale durchzuführen (Abg. Öllinger: Na selbstverständlich! Das war es!), und dazu möchte ich Ihnen etwas sagen, was mir einmal ein Elternteil mitgeteilt hat, und zwar hat er wortwörtlich zu mir gesagt, es ist ihm lieber, sein Junge trinkt ein legitimiertes Bier auf der Bude als ein anonymes Cola-Whiskey in der Disco.

Und darum geht es nämlich: Mit einem Bier, lieber Herr Öllinger, kann man sich nicht ins Koma saufen. Es gibt auch keine Trinkrituale bei uns, sondern bei uns passiert genau das: Der vernünftige Umgang mit Alkohol wird den Jugendlichen dort schon anerzogen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: Drum gibt’s Freibier auf der Bude!)

Die Debatte um diese ganze Geschichte ist natürlich eine, die man nicht vom Tisch wischen kann. Keinesfalls sollten wir es natürlich gutheißen, wenn Werbung gemacht wird für billiges Trinken, für starke Alkoholika. Ein kleines Beispiel aus meiner Heimat­gemeinde möge verdeutlichen, womit man vielleicht in der Wirtschaft einiges bewirken kann. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Wir haben mit unseren Wirten gesprochen, und es ist jeder Wirt bereit, zumindest ein alkoholfreies Getränk deutlich billiger anzubieten als zum Beispiel ein Glaserl oder ein Krügel Bier. Jeder, der ins Gasthaus geht, weiß, dass zum Beispiel eine Frucade oder etwas Ähnliches fast gleich teuer ist wie das Bier. Da habe ich in gewisser Weise


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schon Unverständnis der Wirtschaft gegenüber. Das wäre vielleicht ein Ansatz, Frau Minister.

Dass die jugendlichen Trinker immer jünger werden – das ist tatsächlich ein Phä­nomen –, ist auf den Umstand der Akzeleration zurückzuführen, denn es ist auch so, dass sich die Pubertät nach unten verschiebt. Aber nichtsdestotrotz dürfen wir natürlich an diesem Problem nicht vorbeischauen. Nur eines müssen wir halt auch zur Kenntnis nehmen: Die Jugend war und ist immer bereit gewesen, an die Grenzen zu gehen und diese auch zu überschreiten. Das werden wir vermutlich mit Verboten nicht einschrän­ken können, und ich warne sogar davor, mit Verboten vorzugehen, denn die Jugend erkennt sehr leicht die Doppelmoral, die dahintersteht. Übertreibungen und Stigmatisie­rungen können sehr leicht zum Bumerang werden.

Kontrollen sind grundsätzlich in Ordnung, aber man muss auch aufpassen, dass kein Unschuldiger zum Handkuss kommt, denn oftmals kann auch ein Kellner nichts dagegen machen, wenn ein Achtzehnjähriger etwas Alkoholisches bestellt und es an einen unter Sechzehnjährigen weitergibt. Das ist nicht immer prüfbar.

Die Frau Ministerin hat ein sehr tolles Wort angesprochen. Die „fehlende Nestwärme“ haben Sie es genannt. Sie haben auch davon gesprochen, die Eltern in die Pflicht zu nehmen, die Vorbildwirkung haben Sie angesprochen, und es soll nicht alles aus­schließ­lich auf die Politik abgeschoben werden. – Da bin ich vollkommen bei Ihnen – absolut! –, aber ich möchte auch Sie in die Pflicht nehmen, Frau Minister, denn Sie haben die Pflicht, die Rahmenbedingungen für die Eltern zu schaffen, dass diese die Nestwärme aufrechterhalten können. Die intakte Familie, so sehr sie vielleicht manche hier ablehnen, ist das einzige Mittel, das hilft, um der Jugend, vor allem in ihren Anfangsphasen, wo sich das Lebensbild prägt, das Nötige mitzugeben. Man wird es trotzdem nicht immer verhindern können, aber man kann vieles damit einschränken.

Ich bin der Überzeugung, dass Kinder, die zu Hause aufwachsen, wo die Mutter noch darauf schauen kann (Abg. Mag. Muttonen: Und der Vater?) und nicht unbedingt arbeiten gehen muss, wesentlich behüteter aufwachsen, als wenn sie in eine Kinder­weg­gebungseinrichtung abgeschoben werden. (Abg. Binder-Maier: Mein Gott! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) Denn eines dieser Phänomene ist schon: Der Jugendliche bekommt ein bisschen Geld zugesteckt, so nach dem Motto: Da hast! Lass mich in Ruhe! Tu, was du willst, damit!

Wir sollten aber auch darauf hinweisen: Warum säuft sich ein Jugendlicher heute an? – Das ist ja in Wahrheit ein Hilfeschrei: oftmals Gewalt in der Familie, Zukunftsängste, Arbeitslosigkeit, mangelnde Ausbildungschancen, Massenzuwanderung, Scheidungs­kinder kommen dazu. (Abg. Königsberger-Ludwig: Das ist eine absolute Unterstel­lung!) – Ich denke, es sollte auch ein Appell sein, etwas mehr wieder die Werte der Familie an sich in den Mittelpunkt unserer Politik zu rücken, dann könnten wir diesem Phänomen sehr effektiv begegnen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.10


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. 2 Minuten. – Bitte.

 


17.10.45

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Bund, Länder und Gemeinden sind sich der Verantwortung im Umgang gegenüber Alkoholmissbrauch von Jugendlichen durchaus bewusst. Die eindringlichsten politischen Appelle werden wenig nützen, wenn die Vorbildwirkung nicht gegeben ist, oder wenn Alkoholkonsum von Erwachsenen und Eltern verniedlicht


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wird. Kinder, die mit zehn, zwölf Jahren zum Alkohol greifen, wollen bewusst oder unbewusst ein Zeichen setzen.

Wenn mein Vorredner von Nestwärme gesprochen hat – unabhängig davon, ob wir das als Nestwärme oder anders bezeichnen –, ich glaube, der entscheidende Punkt ist, dass Kinder und Jugendliche eine Vertrauensperson haben, eine Vertrauensperson, die in erster Linie die Eltern sind. Aber nicht überall wird es möglich sein, dass das die Eltern sind, sondern auch andere Personen können entsprechende Vertrauens­personen sein. Ich denke, ob man Alkoholmissbrauch betreibt oder nicht, aber nicht nur Alkoholmissbrauch – da geht es durchaus auch um andere Dinge wie Nikotin und so weiter –, ist auch eine Frage des Selbstbewusstseins, nämlich des Selbstbewusst­sein der jungen Leute, und auch, wie wir damit umgehen. Und wenn das Selbst­bewusstsein vorhanden ist, dann können die jungen Leute auch entsprechend mit Gruppendruck und so weiter umgehen.

Es ist schon viel gesagt worden, was ich nicht zu wiederholen brauche. Persönlich glaube ich, dass es wichtig wäre, dieses Thema in der Zukunft medial wieder etwas herunterzufahren, damit die Nachahmungsmöglichkeiten oder der Nachahmungstrieb ein bisschen weniger werden.

Es geht um Verantwortung und das gemeinsame Gespräch mit den jungen Leuten, und es geht um die Vorbildwirkung von Eltern und Erwachsenen. Das ist wichtiger als jeder politische Appell. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Ursula Haubner.)

17.12


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Kuntzl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


17.12.42

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn es um das Thema Alkoholmissbrauch von Jugendlichen geht, ist mir immer sehr wichtig, dass man das nicht nur auf die sehr wichtigen Ebenen beschränkt, was im Jugendschutz, was in der Gewerbeordnung, was in der unmittelbaren Bewusstseinsarbeit geschehen muss, und zwar sowohl was die Jugendlichen als auch die Gastronomie betrifft, sondern dass speziell wir als Gesetzgeber uns vor Augen halten, in welcher Welt Jugendliche heute leben und wie wir die Welt für Jugendliche gestalten.

Und wenn ich dann höre „intakte Familie“, dann läuten bei mir immer die Alarmglocken. Wie bei meinem Vorvorredner auch durchgeblitzt ist, läuten diese durchaus zu Recht, denn die Frage stellt sich immer: Was ist denn gemeint mit „intakter Familie“? – Und da ist durchgeblitzt, es sind offensichtlich die berufstätigen Mütter die Schuldigen, die nicht zuhause bleiben und sich entsprechend um die Kinder kümmern. (Abg. Zanger: Na, na!) Das ist ganz deutlich bei Ihnen, Herr Kollege Zanger, durchgeblitzt. Sie haben gesagt, es wäre begrüßenswert, dass die Frauen zuhause bleiben und sich um die Kinder kümmern. (Abg. Zanger: Die, die wollen!) Sie können das ja später richtig­stellen. Sie haben von den Kindern gesprochen, die in Betreuungseinrichtungen „abgeschoben“ werden – auch ein ganz grauenhaftes Bild! Kindergärten sind wichtig für Kinder, sie lernen dort, sie werden gefördert, sie können mit anderen Kindern spielen.

Das Bild der intakten Familie, das hat immer sehr eigenartige Implikationen. Ich halte es da eher mit dem Bild, das auch die Frau Bundesministerin verwendet hat, indem sie von der Nestwärme gesprochen hat. Für mich ist die Familie dann intakt, wenn sich die Kinder geborgen fühlen; das kann bei einer berufstätigen Mutter der Fall sein und bei


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einer Hausfrau, die in schlechten Bedingungen zurechtkommen muss, kann es unter Umständen nicht der Fall sein. Ich würde Sie daher ersuchen, nicht solche Kriterien anzulegen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber sehr wichtig ist auch, Herr Kollege, in welchem gesellschaftlichem Umfeld die intakte Familie leben muss, in welchem gesellschaftlichen Umfeld die Jugendlichen aufwachsen. Da, denke ich, hat sich in den letzten Jahren tatsächlich sehr viel ver­ändert, wenn wir uns den Druck anschauen, dem bereits Kinder ausgesetzt sind, zum Beispiel, wenn Kinder in der vierten Klasse Volksschule schon daran denken müssen, lauter Einser im Zeugnis zustande zu bringen, um auch wirklich aufs Gymnasium gehen zu können.

Es gibt den Druck, den Jugendliche bei der Frage haben: Was ist heute noch eine gute Ausbildung? Früher war ein Studium eine gute Ausbildung, heute ist es ein Studium, ein Post-Graduate-Studium und noch ein Auslandsaufenthalt. Und dann muss man vielleicht auch noch jahrelang einen Job suchen und hat einen solchen bei weitem nicht in der Tasche.

Die Frage nach den Zukunftsperspektiven, wie wir Zukunftsperspektiven gestalten für Kinder und Jugendliche, ist wichtig. Die Frage: Finden Jugendliche einen Arbeitsplatz, finden Jugendliche eine Lehrstelle? – Letztlich ist der Zusammenhang Alkohol und Jugendliche zwar ganz wichtig immer, auch hier im Hause, und bei jedem Gesetz, das wir beschließen, aber wir müssen uns vor Augen halten: Wie gestalten wir denn die Welt, in der Jugendliche zurechtkommen müssen? (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

17.16


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement mit 5 Minuten freiwilliger Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abge­ord­neter.

 


17.16.24

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Geschätzte Frau Präsi­dentin! Geschätzte Frau Ministerin! Hohes Haus! Frau Kuntzl, was ist denn eine intakte Familie? – Eine Patchwork-Familie? (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Ja! – Abg. Mag. Wurm: Kann sein, muss nicht!) Eine unbedingt, mit aller Gewalt, allein­erziehende Mutter? Vielleicht eine Homo-Ehe? Ist das die ideale Familie? Ist es das, was Sie hier ansprechen wollen? Also, liebe Frau Kuntzl, eine Homo-Ehe, eine Patchwork-Familie ist nicht das, was eine ideale Familie ist, ist nicht das, was wir Freiheitlichen uns wünschen, was wir in Österreich brauchen. Sicher nicht! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: Und was ist Ihre?)

Was wir nicht brauchen, Frau Kuntzl und Herr Öllinger, ist die Diskussion über irgend­welche linken Ideen und krausen Ideologien, die sicher bald auf dem Misthaufen der Geschichte landen werden. Das ist sicher ein Blödsinn. Bitte schön, ersparen wir uns diese Diskussion! Tragen wir dazu bei, dass sie auch sachlich geführt werden kann! (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) Dazu sind diese Wortmeldungen von Ihnen, Herr Öllinger und Frau Kuntzl, sicher nicht geeignet. – Das vielleicht ganz kurz zur Klar­stellung.

Aber worum geht es? – Es geht heute um Fragen wie Binge-Drinking, Komatrinken bei 15- bis 24-Jährigen als „Volkssport“. Ein Viertel der jungen Männer ist schon dabei gewesen, sich bewusst ins Koma zu trinken. Das ist eine unglaublich erschreckende Zahl. Flatrate-Partys gibt es, Kinder trinken immer früher Alkohol. Das ist alles richtig, diese Themen sind angesprochen worden, sind auch sicher nicht zu bestreiten, aber, liebe Kollegen, das ist nicht ein einzelnes Thema, das ist nur ein Teil einer viel größeren Problematik, die wir sehen müssen.


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Wenn wir heute die Problemkreise der Jugend ansehen, sehen wir auch eine unglaub­liche Zunahme an Kriminalität, sinkende Hemmschwellen; ohne Weiteres ist eine Bereitschaft da, Gleichaltrige, auch Ältere, brutal niederzuschlagen, auf sie einzu­dreschen. Es gib die Bereitschaft, auch selbst Verletzungen in Kauf zu nehmen, Orien­tierungslosigkeit, Visionslosigkeit und eine tiefe Sinnkrise. (Abg. Öllinger: Wie ist das mit ...? Meinen Sie Schmisse mit „Verletzungen“?)

Das, liebe Herrschaften, ist natürlich jetzt auch der Versuch, in eine andere Dimension zu kommen, denn es geht nicht nur allein ums Komatrinken und um diese aufgezählten Probleme, sondern es geht einfach darum, zu sehen, dass die Jugend in einer großen Sinnkrise steckt und dass das Komatrinken eben kein isoliertes Problem ist, sondern ein Teil einer gewaltigen Problemsituation, in der sich Kinder und Jugendliche heute befinden.

Kinder und Jugendliche heute sind nicht schlechter als vor 50 oder vor 100 Jahren, das sind die gleichen Jugendlichen, wie es sie damals gegeben hat. Aber die Problemflut heute ist eine viel, viel größere, eine nicht mehr vergleichbare und die heutige Jugend­generation steht in einer Welt, wie es sie noch nie gegeben hat: unglaublich hohe Scheidungsrate, fehlende Kommunikation, bereits im Kindesalter nach dem Motto: Setz dich hin zum Fernseher und sei leise!, keine Gespräche mehr, die Wärme geben, kein sozialer Kontakt zu den Eltern, keine Problembehandlung im Elternhaus und somit niemals die Chance, auch Problemlösungskompetenz kennenzulernen, keine Vorbild­wirkung von Eltern.

Ein besonderes Problem, das oft vergessen wird, ein Problem der männlichen Jugend ist das völlige Fehlen der Väter. Es gibt keine männlichen Vorbilder mehr. Ich kann ins Elternhaus schauen, ich kann in den Kindergarten schauen, in die Schule schauen: Es gibt die Eltern nicht mehr, die wirklich als zwei Elternteile, Mann und Frau, die Kinder führen und den jungen Mann führen. Das ist ein Punkt, der sehr wichtig ist. Den darf man nicht unterschätzen: Den jungen Männern, den jungen Burschen fehlt es an männlichen Vorbildern. Sie suchen sich Ersatz im Internet, im Kino, bei brutalen Videos. Und das ist nicht die Lösung, das muss man auch sehen. Das ist ein Punkt, der sehr entscheidend ist.

Wenn Sie das jetzt vielleicht als ideologische Diskussion abtun wollen, sage ich Ihnen: Es gibt darüber schon sehr interessante Studien, die genau auf diesen Punkt ein­gehen, zum Beispiel von Frau Dr. Reisp, die in Salzburg darauf hingewiesen hat, wo die Probleme liegen. Sie weist darauf hin, dass es Scheidung und Vernachlässigung in der Familie sind, mangelnde Kommunikation, die dazu führen, dass Kinder heute in diese unglaubliche Verwirrtheit kommen und dann eben im Komatrinken nicht mehr zufrieden sind. (Abg. Rudas: Unglaublich! Mittelalter!)

Und nun die Ansätze, die wir im Ausschuss gehört haben. Glauben Sie wirklich, dass verschiedenfarbige Ausweise oder Chipkarten Eltern ersetzen können? Glauben Sie wirklich, dass Gespräche mit der Wirtschaft über Selbstbeschränkung im Verkauf von Alkohol irgendetwas lösen, Frau Kollegin Muttonen? Glauben Sie wirklich, dass das ein Ansatz ist, um diese gewaltige Problemflut in Angriff zu nehmen? Glauben Sie wirklich, dass Alkoholverbote irgendetwas dazu beitragen können, die sozialen Kontakte mit Eltern wieder zu beleben? – Sie vermischen Dinge, die überhaupt nicht zusam­men­passen. Und das ist genau der Punkt. Das heißt, wir müssen jetzt kurzfristige Ansätze finden. (Zwischenrufe der Abgeordneten Königsberger-Ludwig und Rudas.) – Beru­higen Sie sich! Ich weiß, Sie gehören zur ganz linken Hälfte hier oben. Ist überhaupt kein Problem; ich kann mit Ihnen schon leben.

Aber liebe Kollegen, es geht natürlich darum, jetzt kurzfristige Ansätze zu finden, schnelle Ansätze, um den Jugendlichen sofort zu helfen. Es geht darum, Infoschienen


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aufzubauen, es geht darum – jetzt bin ich durchaus mit der Frau Haubner einer Meinung –, ein einheitliches bundesweites Jugendschutzgesetz einzufordern, es geht darum, die Schulen einzubinden, die sicherlich auch ein wesentlicher Faktor sind. Und auch die Sportvereine. Man kann Aktionen machen, um auf die Gefahren des Alkohols hinzuweisen.

Eines darf man nicht vergessen: Natürlich gibt es einen gewissen Gruppenzwang in der Jugend – egal, ob das im Verein oder in der Schule ist. Diesen Gruppenzwang müssen wir erkennen. Um diesen Gruppenzwang ausnutzen zu können, wäre es natürlich eine gute Möglichkeit, entsprechende Aktionen in den Schulen zu machen. Aber der Punkt, um langfristig etwas zu ändern, ist ein ganz anderer: Es geht darum, dass wir die Probleme bei der Wurzel packen. Die Gesellschaft muss sich wieder ändern, sie darf nicht nach Ihren krausen Ideen geändert werden, denn dann geht es genauso weiter wie bisher, genau in diese Richtung, in die wir jetzt gehen, würden wir weitergehen, wenn wir Ihre Ideen, von der linken, letzten Reihe ganz oben weiter­verfolgen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Das wird die Aufgabe der Freiheitlichen Partei sein, Ihren Ideen entgegenzuwirken, denn das, was Sie hier wollen, auf der einen Seite gegen Komatrinken vorgehen, auf der anderen Seite aber möglicherweise die Freigabe von leichten Drogen, Herr Öllinger, das kann nicht der Weg sein. Sicher nicht!

Es muss sich eine Bewusstseinsänderung ergeben. Wir brauchen Vorbilder, keine linken, sondern wir brauchen echte Vorbilder. Wir brauchen Vorbilder von Seiten der Elternschaft, der echten Elternschaft. Und wir müssen auch die Männer wieder einbinden. Aber nicht so, wie Sie, die Linken, es wollen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: Echte Männer braucht das Land!)

17.23


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Eder-Gitschthaler mit 2 Minuten freiwilliger Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.23.17

Abgeordnete Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Herr Kollege Klement, ich muss jetzt schon ein paar Worte zu Ihnen sagen. Bitte führen Sie diese Familiendiskussion sachlich! Es sind schon sehr viele Dinge gefallen. Wir ÖVP-Frauen sind nicht immer einer Meinung mit den SPÖ-Frauen, aber da treffen wir uns in vielem mit der Frau Kollegin Kuntzl. Und was Sie hier gesagt haben, das können wir nicht so hinnehmen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Nun kurz zum Thema. Ich bin stolz auf meine 18-jährige Tochter, die gerade Matura gemacht hat. Ich kenne sehr viele Jugendliche, die in ihrem Schul- und Bekanntenkreis sind, die wissen, was sie wollen. Das sind engagierte junge Menschen – und sie werden sicher ihren Weg gehen. Sie bemühen sich, trinken entweder gar nicht oder wissen die Folgen dieses Alkoholkonsums sehr wohl richtig einzuschätzen. Das ist die eine Seite; die möchte ich wirklich nicht zu kurz kommen lassen, denn mit Pauschal­verurteilungen, wie unsere Jugendlichen sind, muss man sehr vorsichtig umgehen.

Die andere Seite ist, wie wir heute schon so oft gehört haben, Alkoholmissbrauch und all diese Flatrate-Partys, Binge-Drinking et cetera. Das Problem ist ein ernstzu­nehmendes, keine Frage, aber unsere Frau Minister hat ja schon reagiert. Sie hat die entsprechenden Kampagnen schon in Umsetzung. – Vielen Dank dafür, Frau Minister; diese Kampagne „Nachdenken statt Nachschenken“, die Sie mit dem Fonds Gesundes Österreich gestartet haben.


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Ich finde auch die Idee, diese verschiedenfarbigen Bänder für Jugendliche zu machen, sehr gut. Bei uns im Flachgau, in Salzburg, macht das die JVP schon seit geraumer Zeit bei Festen, dass sie diese Kontrollen mit sehr gutem Erfolg eingeführt hat, einhergehend natürlich auch damit, dass man einen günstigen alkoholfreien Drink anbietet.

Ich begrüße daher alle Maßnahmen, die unsere Kinder und speziell unsere Jugend­lichen einen maßvollen Umgang mit Alkohol lehren und ersuche alle um ent­sprechende Unterstützung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.25


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rudas. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.25.45

Abgeordnete Laura Rudas (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! An die Freibier-für-alle-Fraktion, die FPÖ, die im Wahlkampf noch tapfer damit geworben hat, alle auf ein Freibier einzuladen, an Herrn Klement und Herrn Zanger: Ich weiß, früher war die Welt viel besser. Da haben sich die Frauen zuhause noch schlagen lassen, weil sie sich nicht getraut haben, sich scheiden zu lassen, sie waren finanziell abhängig. Mein Gott, war das gesund für die Kinder! Ich weiß, früher war alles viel, viel besser: Hauptsache intakt. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Bevor Sie es wagen, sich hier herauszustellen und den Österreicherinnen die Schuld für das sogenannte Komasaufen zu geben, denken Sie lieber an produktive und konstruktive Vorschläge! (Abg. Zanger: Sie haben es nicht verstanden!) – Das macht nichts, dann hören Sie zu.

Ich habe etwas vergessen, denn als „Linkslinke“, wie Sie mich vorher genannt haben, muss ich natürlich auch meine Jugendorganisation verteidigen, die Sozialistische Jugend. Ich weiß, für Ihre Jugendorganisation ist es total untypisch, kritisch zu sein, auch der eigenen Partei gegenüber. Wir sind aber sehr stolz darauf, dass es so ist. Die SJ hat auch andere Meinungen als die SPÖ. Das ist auch richtig so. Aber die Sozialistische Jugend hat es noch nie gewagt wie Ihre Kollegen in Wien, der RFJ, mit Freibier in einen Jugendwahlkampf zu gehen. Noch nie! Und sie werden es auch nie tun. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zum Schutz der Jugend: Schutz der Jugend heißt natürlich strengere Kontrolle der Ein­haltung des Jugendschutzes, heißt Prävention und Aufklärung. Hier darf ich auch mit Stolz auf eine Wiener Kampagne verweisen, die ein bisschen mit Humor und Witz gemacht ist und vor allem mit Jugendlichen gemacht wurde: www.fetterspruch.at. Das können Sie sich alle anschauen!

Schutz der Jugend heißt aber auch, sich vor sie zu stellen, zu sagen, das ist keine Komasaufgeneration, sondern eine tolle Jugend, heißt auch, ihre Lebenswelten und ihre Lebensrealitäten ernst zu nehmen, und heißt auch, sie vor Anlassgesetzgebungen zu schützen. Hier will ich lieber vorher davor warnen, als nachher darüber schimpfen. Ich bitte alle wirklich, darauf zu achten, dass die Gesetze nicht verschärft werden und Jugendliche nicht plötzlich mit Strafen konfrontiert werden, die sie eigentlich nicht nachvollziehen können, denn diese Diskussion, die wir hier führen, führen die Jugendlichen nicht. Die führen wir hier! Und wir führen sie leider nicht mit den Jugend­lichen.

Da kommt auch eine kleine Kritik – auch wenn ich mich freue, dass es jetzt eine Kampagne von der Frau Bundesministerin gibt –, ich möchte trotzdem meine Kritik anbringen, nämlich: Erstens: Ich halte eine Kampagne ohne Einbindung von Jugend-


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lichen für unmöglich in der heutigen Zeit. Sie betonen immer wieder, dass Sie Expertin in mehreren Bereichen sind. Das finde ich auch gut. Aber wer Experte in Jugendfragen ist, sind nun einmal Jugendliche selbst. Deswegen kann eine Kampagne heute nur mit Jugendlichen stattfinden.

Genau so, wie die Harmonisierung des Jugendschutzgesetzes nur mit der Einbindung von Jugendlichen stattfinden kann. Das heißt, ich bitte Sie, das noch nachzuholen und Jugendliche auch schon in die Erstgespräche einzubinden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

17.29


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sieber. 2 Minuten haben Sie sich vorgenommen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.29.08

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Es ist dieses Thema tatsächlich ein sehr ernstes Thema, und ich treffe mich in einem mit Herrn Öllinger schon wieder: dass wir nicht alleine immer wieder die Jugendlichen und die Kinder in die Verantwortung nehmen müssen, sondern auch dort ansetzen müssen, wo sie zum Beispiel zu Alkohol kommen.

Da habe ich ganz aktuell eine Bezirkszeitung hier aus Wien, in der steht: Knallhart getestet: Schnaps für Kinder. Beim Kauf von Alkohol gab es keine Hürden. – Ich glaube jetzt nicht, dass das nur ein Wiener Problem ist, absolut nicht. Das ist sicher im ganzen Bundesgebiet ähnlich, aber wichtig ist, dass man sich diesem Thema stellt.

Wir in Vorarlberg haben uns diesem Thema nicht erst seit gestern, sondern seit vielen Jahren gestellt und haben auch Erfolge zu verzeichnen, die ich hier gerne bekannt machen möchte. Es ist zum Beispiel gelungen, dass aktuell bei Testeinkäufen im Handel nur in 30 Prozent der Läden ein Jugendlicher oder ein Kind Alkohol bekommen hat. Auch in der Gastronomie ist es so, dass eigentlich nur noch in 41 Prozent der gastronomischen Betriebe ein Jugendlicher oder ein Kind Alkohol bekommen hat. – Ich glaube schon, dass das ein Erfolg ist, der sich sehen lassen kann.

Wichtig ist aber auch, dass wir in Vorarlberg – die Frau Ministerin hat bereits eine davon angesprochen – einiges an Initiativen gesetzt haben. Hervorzuheben ist zum Beispiel die SuPro Vorarlberg, die Werkstatt für Suchtprophylaxe Vorarlberg, die vieles an Informationen vorantreibt.

Eine Initiative ist zum Beispiel auch die Initiative „Kinder in die Mitte“, wo wir uns bemühen, auf den Schutz für Kinder – das wichtigste Gut unserer Gesellschaft – hinzuweisen und die Gesellschaft aufzurütteln, Kinder wieder als wertvolles Gut zu sehen.

Eine weitere Maßnahme beziehungsweise Aktivität ist „Mehr Spaß mit Maß“. Der durchaus bekannte Primar Reinhard Haller hat sich als Vorsitzender zur Verfügung gestellt und begleitet dieses Projekt auch. Bei „Mehr Spaß mit Maß“ geht es darum, die Jugendlichen zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol zu erziehen. – Ein Bereich, glaube ich, wo wir Erwachsenen alle miteinander immer wieder aufgefordert sind, mitzudenken und Vorbildwirkung einzunehmen. Die Jugendlichen müssen weg von dieser „Ballermann“-Einstellung, hin zu einer Genusskultur kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir müssen vor allem als Gesellschaft hinschauen und nicht wegschauen. Ich bin eigentlich schon froh, dass die Medien und die Zeitungen, die zwar momentan beinahe überquellen von diesen Meldungen, hier doch eine Sensibilisierungsrolle einnehmen und die Gesellschaft aufrütteln.


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Ich glaube auch, dass dieser Servicecharakter, den die SUPRO, diese Werkstatt für Suchtprophylaxe, in Vorarlberg einnimmt, wichtig ist, denn hier können Wirte, Gastro­nomen, aber auch Veranstalter von verschiedenen Festen – Zeltfeste sind ja immer wieder in der Kritik – Beratung einholen und sich auch entsprechend mitbegleiten lassen.

Wir haben festgestellt, dass man nicht nur reden darf, sondern, durchaus aus mit peppigen Plakaten, arbeiten muss. Eines davon, das vom „Fonds Gesundes Öster­reich“ kommt, hat in Vorarlberg in letzter Zeit durchaus einiges an Aufregung erzeugt; es kommt bei den Jugendlichen sehr gut an. Ich habe auch eines mitgebracht, um es Ihnen zu zeigen. (Der Redner stellt besagtes Plakat auf das Rednerpult.) Dieses Plakat in seiner witzigen Art und Weise wird bei Festen ausgehängt.

Ich möchte Frau Rudas an dieser Stelle sagen, vielleicht geht die Sozialistische Jugend etwas zu weit mit dem Thema, das Sie hier angesprochen haben. Ich glaube, ein Plakat wie dieses zeigt auch seine Wirkung, weist die Jugendlichen vor allem auf die Wichtigkeit des Themas hin, auf die Auswirkungen von Alkohol, und kommt bei den Jugendlichen sehr gut an.

Alles in allem glaube ich, dass wir einen wichtigen Schritt setzen, um eben unsere Zukunft, unsere Kinder und Jugendlichen – diese sind unsere Zukunft! – vor unnötigen Belastungen durch den Missbrauch mit Alkohol zu schützen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.33


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schönpass. 2 Minuten. – Bitte.

 


17.33.35

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Komatrinken ist ein Phänomen, das immer weiter um sich greift und äußerst bedenkliche Auswüchse annimmt. Immer Jüngere trinken immer mehr. Während das Einstiegsalter vor etwa 20 Jahren bei 14 Jahren lag, greifen nunmehr bereits 12-Jährige zur Flasche. Wir sind uns alle einig: Es müssen unbedingt Taten auf diese Erkenntnisse folgen. Nur welche? – Da scheiden sich die Geister.

Frau Ministerin, Sie haben keine leichte Aufgabe. Verbote oder Strafen für Jugendliche oder deren Eltern können meines Erachtens diese gesellschaftlichen Probleme nicht lösen. Aktivitäten zur Prävention und Eindämmung des Alkoholkonsums von Kindern und Jugendlichen, eine österreichweite Aufklärungskampagne sowie Gespräche mit der Wirtschaft, wie unsere Ministerin bereits angedeutet und eingeleitet hat, sind sicherlich geeignete Mittel, diesem Problem zu begegnen.

Aber eines dürfen wir dabei nicht vergessen: Übermäßiger Alkoholkonsum ist bei weitem nicht nur ein Problem der Jugend. Ganz im Gegenteil: Alkohol wird in unserer Gesellschaft weitgehend bagatellisiert. Auch übermäßiger Alkoholkonsum bei Erwach­senen nimmt in besorgniserregendem Ausmaß zu.

Alkohol ist in unserer Gesellschaft ein anerkanntes Genussmittel und daher auch beson­ders interessant für Jugendliche. Deshalb braucht es auch ein besonderes Verantwortungsbewusstsein und die volle Aufmerksamkeit der Erwachsenen, um Jugendliche vor Alkohol zu schützen und ihnen gleichzeitig das nötige Selbstvertrauen und die Kompetenz für den späteren Umgang mit Alkohol mitzugeben.


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Ziel der Maßnahme muss es daher sein, einen normalen und kompetenten Umgang mit Alkohol herbeizuführen. Ich fordere Sie alle auf, dazu beizutragen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.36


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Höllerer; 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.36.07

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Frau Staatssekretärin! Kinder und Alkohol vertragen sich nicht. Jugendliche unter 16 dürfen keinen Alkohol trinken, landen aber dennoch alkoholisiert in Kranken­häusern. Die Gründe dafür sind vielfältig, und wir haben heute schon gehört: Alkohol als Symbol für das Erwachsenensein, Alkohol, weil es „cool“ ist, weil Feste und Partys ohne Alkohol „fad“ sind, weil das Wochenendsaufen „in“ ist. Ebenso klar ist, dass Ein-Euro-Partys, Flatrate-Partys Jugendliche zum unkontrollierten Konsum von Alkohol verleiten.

Initiativen wurden von der Frau Bundesministerin bereits eingeleitet.

Trotzdem kann man die Touristiker und Gastronomen nicht pauschal verurteilen. Es sind einige wenige, die da über die Strenge schlagen.

Es werden Mittel notwendig sein, um die Alkoholisierung bei Kindern – und es sind schon 11- bis 13-Jährige davon betroffen – zu bekämpfen. Es sind sicher die Eltern, die in die Verantwortung genommen werden müssen, die Vorbildwirkung, die Auf­sichts­pflicht haben und die auch bewusstseinsbildend einwirken können. Es gibt politische Möglichkeiten, die ins Auge gefasst werden müssen. Frau Bundesministerin Kdolsky hat hiezu bereits Maßnahmen gesetzt.

Aufklärung, Bewusstseinsbildung bei Jugendlichen und Erwachsenen sind notwendig. Änderungen in der Gewerbeordnung sind vorzunehmen. Und selbstverständlich ist auch die Ausweispflicht wichtig. Ebenso sind Anstrengungen zur Harmonisierung der österreichischen Jugendschutzbestimmungen notwendig.

Wir brauchen aber nicht nur Verbote, wir brauchen vor allem positive Aktionen. Eine davon wurde bereits gesetzt: „Nachdenken statt Nachschenken“ – man könnte es auch anders ausdrücken: Jung und schlau statt dumm und blau! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.38


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeord­neter Füller. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.38.09

Abgeordneter Christian Füller (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätz­te Frau Bundesministerin! Werte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Wir diskutieren heute eine Problematik, die uns allen unter dem irreführenden Schlagwort „Koma­trinken“ bekannt ist. Zu der in den letzten Wochen auch von den Medien aufge­peitschten Stimmung: Einerseits denke ich, dass es, wie Herr Kollege Sieber bereits gesagt hat, dadurch schon auch eine Sensibilisierung gegeben hat, dass es aber andererseits doch auch sehr weit von einer sachlichen Debatte wegführte.

Immer wieder hat man das Gefühl, dass in dieser Debatte die sogenannten Haupt­betroffenen, nämlich die Kinder und Jugendlichen, als die Schuldigen abgestempelt werden. Doch es gibt in dieser Frage keine alleinigen Schuldigen, sondern vielmehr haben wir eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung dafür. (Beifall bei der SPÖ.)


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Betroffene gibt es in allen Altersgruppen; auch Erwachsene gehören dazu. Wir wissen aber auf Grund einer Untersuchung des „Fonds Gesundes Österreich“, dass die ersten Alk-Erfahrungen bereits im Alter von elf Jahren gesammelt werden. Unbeschränkter Alkoholzugang mittels Pauschalbeträgen in Form von sogenannten Flatrate-Partys, die in den letzten Monaten immer attraktiver geworden sind, oder auch der uns seit Jahren bekannten „Happy Hours“ trägt massiv zu diesem Problem bei.

Der Umgang mit Alkohol – egal, ob im Familienleben, im Freundeskreis oder in anderen Bereichen – muss in dieser in diesem Entschließungsantrag geforderten österreichweiten Aufklärungskampagne thematisiert werden. Ebenso erhoffe und erwarte ich mir von Ihren Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft eine Lösung im Sinne und zum Schutz unserer Jugendlichen. Mit diesem Antrag wird ein erster wichtiger und richtiger Schritt gesetzt, aber ich bin mir sicher, dass noch weitere Schritte und Taten folgen müssen.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, ich fordere Sie auf, an diesem Thema dran­zu­bleiben, sich auch in Zukunft diesem Thema zu widmen, sich dieses Themas anzu­nehmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.39


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag.  Aubauer; ebenfalls 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.40.20

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! „Jung und schlau statt dumm und blau.“ – So etwa hat es, glaube ich, meine Vorrednerin formuliert. Eine kreative Annäherung; die offizielle Version: „Nachdenken statt Nachschenken“. Das sind die Botschaften, die wir gerne hören.

Aber es gibt auch andere Slogans, Botschaften, die sehr betroffen machen, vor allem auf den Internetseiten. Ganz aktuell wird da ungeniert Werbung für Komatrinken gemacht, Frau Minister. Da finden sich Fotos und Slogans wie „Investiere in Alkohol – mehr Prozente bekommst du nirgends!“ Noch dazu erfährt man Ort und Zeit dieser Sauf-Events im ganzen Land, und die Besucher bekommen noch eine Aufgabe gestellt, und diese Aufgabe lautet, sich einen festen Rausch anzutrinken.

Warum schildere ich das so konkret? – Weil dadurch nämlich klar wird: Wir brauchen unbedingt eine gezielte Image-Kampagne. Wir müssen dem gegensteuern – und das machen Sie sehr professionell, Frau Minister! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie, Frau Minister, haben sehr viele wichtige und richtige Maßnahmen bereits in Angriff genommen. Drei davon sind mir ein besonderes Anliegen, nämlich: Alkoholfreie Getränke sollten weniger kosten als Alkohol, zweitens brauchen wir ganz gezielte Informationen, und zwar für Jung und für Alt, und drittens – ein Punkt, der heute schon mehrmals in Diskussion war – sollte es gelingen, die Eltern ins Boot zu holen, und zwar nicht nur als Vorbild, sondern auch als Partner der Jungen.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Schön, dass wir jedenfalls an einem Strang ziehen, wenn es um das Wohl der Kinder geht. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.42


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tamandl. 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.42.41

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Als letzte


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Rednerin hiezu könnte ich jetzt natürlich noch allerhand Sachen aufzählen, die andere schon erwähnt haben, ich möchte mich jetzt aber vorerst gegen die Kriminalisierung durch Herrn Kollegen Themessl wehren. Ich glaube nicht, dass wir hier eine Diskussion darüber führen sollten, ob Patchwork-Familien schlechtere Familien sind. Ich bin selbst Teil einer solchen Patchwork-Familie, und ich glaube, dass Kinder in einer aktiven Patchwork-Familie, neben einem geschiedenen Elternteil, durchaus auch etwas dazugewinnen können; das muss für die Kinder nicht immer etwas Negatives sein. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich hätte nie gedacht, dass ich mit Frau Kollegin Rudas einmal einer Meinung sein werde, aber ich muss sagen, sie hat heute eine wichtige und richtige Aussage getätigt: Es hat auch früher schon Kinder gegeben, die aus nicht funktionierenden Familien gekommen sind, wo sich die Eltern aber nicht haben scheiden lassen und die Kinder weit mehr darunter gelitten haben, als wenn sich die Eltern in einem ordentlichen Scheidungsfall eben anders arrangiert hätten.

Ich muss sagen, Herr Themessl, ich finde es nicht in Ordnung, dass Sie das so zu kriminalisieren versuchen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Ich möchte kurz auch noch einmal auf die „schwarzen Schafe“ in der Gastronomie eingehen. Ich finde es wirklich unglaublich, dass sich die Wirte insgesamt in ihren Fachgruppen nicht stärker gegen diese „schwarzen Schafe“ wehren. Was hier passiert, teilweise auch durch die Medien und so weiter, ist eine Kriminalisierung der gesamten Branche. Ich glaube nicht, dass diese Diskussion richtig geführt ist. Im Gegenteil: Ich glaube, dass die „weißen“, die ordentlichen Gastronomiebetriebe, die ordentlichen Branchenvertreter hier auch einmal ein Machtwort sprechen sollten.

Einige Kollegen und Kolleginnen vor mir haben heute gesagt: Dem nehmen wir eben die Gewerbeberechtigung weg! Dann kommt ein neuer gewerberechtlicher Geschäfts­führer. – Dem nehmen wir sie wieder weg! – So ist es nicht! Wenn nämlich ein gewerberechtlicher Geschäftsführer kommt, der dem Unternehmen sonst nicht ange­hört, sondern der ganz einfach nur die halbe Zeit, 20 Stunden in der Woche min­destens, in diesem Unternehmen beschäftigt ist, und diesem einmal die Gewerbe­berechtigung entzogen wird, kann er sich wahrscheinlich nicht mehr selbständig machen, weil er einen schwarzen Punkt hat.

Das heißt, ich glaube, dass wir die Diskussion anders führen sollten; Frau Ministerin Kdolsky hat ja mit ihrer Kampagne schon einen Ansatz gefunden. Wir werden natürlich in der Diskussion bleiben, und ich freue mich, dass wir da alle einer Meinung sind. (Beifall bei der ÖVP.)

17.45


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gemeldet ist noch Herr Abge­ordneter Dr.  Rasinger; ebenfalls 2 Minuten. – Bitte.

 


17.45.27

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wer je einen Anschauungsunterricht im Komatrinken haben wollte, der hat bis vor wenigen Wochen nur auf den Schwedenplatz gehen müssen. – Entsetzlich! Entsetzlich, weil da „Wegschauen statt Hinschauen“ die Devise war. Ich bin daher sehr dankbar dafür, dass dieses Problem von der Ministerin thematisiert wurde, und ich finde auch den Slogan „Nachdenken statt Nachschenken“ sehr, sehr toll.

Wenn Elfjährige heute, ohne mit der Wimper zu zucken, sagen, sie haben Rauscher­fahrung, wenn ein Drittel der 13- bis 15-Jährigen sagt, schon mehrmals einen Rausch gehabt zu haben, manche wöchentlich, dann muss man sich wirklich fragen, nicht nur als Arzt: Was geht eigentlich in dieser Gesellschaft ab? Was geht da ab? Warum


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trinken Kinder so viel? Warum ist das unbemerkt? Warum gibt es 15-Jährige, die schon eine jahrelange Alkoholkarriere aufzuweisen haben? Wissen Sie, dass diese Jugend­lichen es sehr, sehr schwer haben, wieder ins normale Leben zurückzufinden!?

Noch mehr Verbote und noch mehr Verbote ohne Kontrolle kann nicht die Lösung sein. Vorbild sind wir alle. Deshalb, glaube ich, ist „Nachdenken statt Nachschenken“ drin­gend an der Tagesordnung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.47


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen somit zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 150 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 151 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

17.48.019. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (136 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (28. KFG-Novelle) (167 d.B.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Vilimsky mit einer Redezeit von 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.48.23

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Staatssekretär! Herr Bundesminister! Wir haben jetzt ein sehr spannendes Thema, das wir in eine Debatte gießen werden, nämlich die Kraftfahrgesetz-Novelle. Ich habe schon gehofft – weil jetzt wieder so viele Abge­ordnete in den Plenarsaal gekommen sind –, dass auch Ihr Interesse an dieser span­nenden Materie nicht abbrechen wird, aber ich sehe doch, dass das Interesse daran ein schwindendes ist, und nehme das so zur Kenntnis.

Wir werden diese Novelle heute ablehnen, und zwar nicht aus materieller Sicht, sondern aus einer formellen Begründung heraus; nämlich deshalb, weil hier ein Bruch mit der bisherigen Praxis erfolgt ist. Bei solchen Materien war es bisher üblich, im Vorfeld das Einvernehmen mit allen Parteien zu suchen, sie zu kontaktieren, um in einem möglichst breiten parlamentarischen Willensbildungsprozess ein Gesetz zu beschließen. – Das war nicht der Fall. Wir haben ein halbes Jahr bis nach der Wahl auf einen Ausschusstermin warten müssen, wo diese Materie gemeinsam mit anderen


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vorgelegt worden ist. Ein Antrag betreffend Fahren mit Licht am Tag zum Beispiel ist dort zur Behandlung angestanden und ebenso wie die Frage der Liberalisierung des Fahrschulwesens auf die lange Bank geschoben worden. Übrig geblieben ist das Kraftfahrgesetz, das wir heute beschließen sollen.

Wir werden dieses Kraftfahrgesetz ablehnen aus dem Grund, weil wir damit auch einen Protest einlegen wollen und auch an Sie appellieren wollen, künftig hier in einer breiteren parlamentarischen Willensbildung diese Dinge anzugehen.

Lassen Sie mich hier grundsätzlich an den Herrn Bundesminister appellieren und ihm sagen, dass es nichts Unanständiges wäre, wenn er einmal die parlamentarischen Verkehrssprecher zu einem Runden Tisch bitten würde, um einmal die unter­schied­lichen Positionen der einzelnen Parteien zu erfragen, Ausschau zu halten, ob es vielleicht Schnittmengen gibt, und auch abseits dieser Debatte hier und auch in den Ausschüssen danach zu trachten, breite parlamentarische Mehrheiten zu finden und einfach mehr an Diskussionsprozess in der Verkehrspolitik zuzulassen, als es bislang der Fall war.

Es ist dies die 21. Novelle in den vergangenen zehn Jahren – es sind also bereits 20 Novellen verabschiedet worden –, und unser Rechtsverständnis geht davon aus, dass der Normadressat, also jene Menschen, für die ein Gesetz gemacht wird, für die eine Norm gemacht wird, auch die Norm verstehen soll. Aber es ist im Bereich des Kraftfahrgesetzes ein derartiges Stückwerk entstanden, dass die Übersichtlichkeit in keiner Art und Weise mehr gewährleistet ist. Daher haben wir auch im Ausschuss die Diskussion in Richtung Neukodifikation geführt. Es wäre unserer Meinung etwas Gutes, das jetzige Stückwerk hier in eine Neukodifikation zu bringen. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt kommt für mich etwas sehr Wichtiges, was ins Grundsätzliche geht, nämlich auf der einen Seite eine Regelungsflut im Bereich der Autofahrer feststellen zu müssen, aber auf der anderen Seite dort, wo es einen Regelungsbedarf gäbe, diesen nicht abzu­decken. (Im Sitzungssaal werden, um das Präsidium herum, an mehreren Stellen Gespräche geführt, wodurch ein hoher Geräuschpegel im Saal entsteht.) Es ist hier eine sehr, sehr rege Gesprächstätigkeit rundherum!

Mir geht es im Wesentlichen darum, das Zusammenleben der unterschiedlichen Ver­kehrsteilnehmer auf eine ordentliche Basis zu stellen. Wir haben die Situation, dass Kfz-Benutzer in eine immer stärkere Regelungsflut gepresst werden. Wir haben die Situation, dass Fußgänger als schutzwürdige Teilnehmer am Verkehr hier ebenfalls erfasst werden. Und wir haben – und das ist auch ein Punkt, wo ich einen möglichst breiten Schulterschluss suche – im Bereich der Radfahrer eine fast anarchische Situation, wo sich im Zusammenleben vor allem mit Autofahrern eine Vielzahl von Prob­lemen ergibt, die dringendst geregelt gehören.

Ich weiß, dass das eine Frage der Straßenverkehrsordnung ist, aber es ist exem­plarisch dafür, dass wir im Bereich des Kraftfahrgesetzes hier wiederum eine Flut von Regelungen erzeugen und dort, wo es eigentlich notwendig wäre, nämlich im Bereich des Zusammenlebens von Fahrradfahrern auf der einen Seite und Autofahrern auf der anderen Seite, vieles einfach im Offenen lassen.

Ich kenne persönlich einige Beispiele, die mich sehr geärgert haben, und diesbezüglich habe ich auch mehrere Initiativen ergriffen, bin aber dabei bislang an der parlamen­tarischen Mehrheit gescheitert.

Es geht im Wesentlichen darum, dass Fahrradfahrer, die in der Stadt fast gleich schnell unterwegs sind wie Autofahrer oder Motorradfahrer, also durchaus mit 30, 40 km/h unterwegs sind, sich nicht nur selbst gefährden, sondern auch Autofahrer in eine


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Situation bringen können, wo sie trotz bestem Gewissen Unfallsituationen herbeiführen können, die einfach vermeidbar wären, wenn man alles in ein gutes Regelwerk brächte. (Die oben erwähnten Gespräche finden nach wie vor statt.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Herr Abgeordneter, nur eine Sekunde, bitte! – Ich würde bitten, mit der Lautstärke ein bisschen herunterzufahren, Be­sprechungen, wenn möglich, draußen abzuhalten, damit der Redner in Ruhe seine Rede fortsetzen kann!

Bitte, Herr Abgeordneten, setzen Sie fort.

 


Abgeordneter Harald Vilimsky (fortsetzend): Da dürfte einiges im Busch sein, weil vielleicht im Bereich des Kraftfahrgesetzes die letzten Abstimmungen nicht passiert sind.

Lassen Sie mich wieder zurückkommen zum Bereich der Radfahrer und Ihnen ein einfaches Beispiel erzählen: Stellen Sie sich vor, ein Radfahrer fährt durch eine Allee, etwa wie es am Ring der Fall ist, wo links und rechts Bäume sind, kommt zu einer Fußgängerkreuzung, nimmt von seinem Vorrangrecht Gebrauch, indem er, wenn er und die Fußgänger grünes Licht haben, drüberfährt, und ein Autofahrer, der links abbiegen möchte – obwohl er so sorgfältig wie möglich und in maximaler Ausdehnung seines Sichtkegels versucht abzuprüfen, ob über diesen Zebrastreifen vielleicht ein Fußgänger oder ein Radfahrer unterwegs ist –, kann diesen Radfahrer nicht erfassen, weil der Sichtkegel einfach nicht ausreichend ist, um einen Fahrradfahrer, der mit 30, 40 km/h durch eine Allee fährt, wahrzunehmen, und fährt über den Zebrastreifen drüber! Dadurch wird eine Unfallsituation geradezu hervorgerufen. Das findet im Bereich Ring/Schwarzenbergplatz statt. Ich habe sogar mit Leuten vom ÖAMTC gesprochen, die bestätigen das.

Da wäre es sinnvoll, wenn man die Fahrradfahrer dazu brächte, dass sie über einen Zebrastreifen nicht schneller drübergehen als ein Fußgänger. Das wäre für alle eine Art des ... (Abg. Riepl: Drüberfahren!) Oder drüberfahren in einer Geschwindigkeit, die nicht schneller ist als das Drübergehen des Fußgängers – einfach auch aus Rücksicht auf die Autofahrer und aus Rücksicht auf die Fahrradfahrer selbst.

Es wäre ebenfalls gescheit, die Fahrradfahrer auf der einen Seite in eine verpflichtende Versicherung hineinzubringen und auf der anderen Seite eine Nummerntafel zu verord­nen, um einfach dann, wenn Problemsituationen entstehen, auch eine ent­sprechende Haftung zu gewährleisten.

Meine Tochter ist zweimal von einem Fahrradfahrer fast überfahren worden. Ich will jetzt nicht den Fahrradfahrern unterstellen, dass sie rücksichtslos wären. Im Gegenteil: Das ist eine wichtige Art der Fortbewegung im urbanen Bereich. Aber es gibt auch da schwarze Schafe, und eine Nummerntafel und eine Haftpflichtversicherung wären etwas sehr Gutes.

Lassen Sie mich noch zu Fahren mit Licht am Tag kommen, weil das ja in gemeinsamer Behandlung im Ausschuss gestanden ist und auch hier hätte gemeinsam behandelt werden können.

Fahren mit Licht am Tag ist eine Geschichte, wo wir sehr viel Hoffnung gehabt haben, dass die SPÖ dafür sorgen wird, dass das abgeschafft wird, und zwar nicht nur aus der Sicht der Verkehrssicherheit, sondern auch aus der Sicht des Klimaschutzes. Und ich habe im Ausschuss, wo es auch, wie in vielen anderen Ausschüssen, Unsitte ist, dass alles vertagt wird, vor allem die Grünen darauf aufmerksam gemacht, dass sie, wenn sie jetzt ihre Hand zur Vertagung dieses Antrages auf Abschaffung von Fahren mit Licht am Tag heben, damit an die 150 000 Tonnen zusätzlichen CO2-Ausstoß produ-


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zieren, denn das ist genau die Halbjahresbilanz, die Fahren mit Licht am Tag im CO2-Bereich nach sich zieht.

Wir haben ebenfalls darauf aufmerksam gemacht – aber das dürfte offensichtlich niemanden interessieren –, dass die Zahl der Motorradtoten gegenüber dem vergan­genen Jahr bereits um 100 Prozent gestiegen ist. (Zwischenruf des Abg. Eder.) Ja, aber es warnen auch alle davor, auch der ARBÖ, dass diese Lichtpflicht am Tag einer der wesentlichen Gründe dafür ist, warum Motorradfahrer einfach weniger wahr­genommen werden. (Abg. Eder: Das muss man sich noch einmal genau an­schau­en!) – Danke für Ihre Zustimmung!

Es wäre gescheit, wenn wir einfach öfter zusammenkämen, auch im Verkehrs­ausschuss einfach die Intervalle der Sitzungen verdichten würden, wenn wir auch mit dem Minister in einer Runde zusammenkämen, um die Schnittmengen unserer unter­schiedlichen Bewertungen in der Verkehrspolitik zu finden, und wenn wir auch damit aufhörten, alles in eine Regelungsflut hineinzubringen, und statt dessen wieder die Zügel ein bisschen lockerer ließen und dort, wo es einen Regelungsbedarf gibt, etwa im Radfahrerbereich, tatsächlich Regelungen herbeiführten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

17.58


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steier. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.58.17

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Die 28. Novelle des Kraftfahrgesetzes beinhaltet im Wesentlichen Erleichterungen für den kombinierten Verkehr, praxisgerechte Änderun­gen der Bestimmungen über Kraftstoffuntersuchungen und die Berücksich­tigung der EU-Verordnung 561/2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr.

Meine geschätzten Damen und Herren, im Zuge der Beratungen haben sich noch einige Verbesserungserfordernisse ergeben. Ich darf daher einen Abänderungs­an­trag der Abgeordneten Eder, Mag. Kukacka, Kolleginnen und Kollegen zur Regie­rungs­vorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (28. KFG-Novelle), (136 der Beilagen), einbringen.

In diesem Antrag werden unter anderem folgende Punkte geregelt – ich darf den Antrag somit näher erläutern –:

Erstens: eine Ausnahme für die Rückgabe des entwerteten Zulassungsscheines bei Leasingfahrzeugen. Dazu heißt es in der Begründung: Wenn das Fahrzeug-Geneh­migungs­dokument nicht vorgelegt wird, so ist von einer Wiederausfolgung des entwerteten Zulassungsscheines abzusehen, damit es zu keinem Missbrauch kommt.

Zweitens: Einschränkungen der Verpflichtung für Lkw-Lenker bezüglich des Mitführens von Papierausdrucken, was an sich eine Erleichterung für den Lkw-Fahrer bringt. Dazu heißt es in der Begründung: Daher wird die Mitführverpflichtung von Ausdrucken auf solche eingeschränkt, die nach der EU-Verordnung 3821/85 vorgesehen sind, wenn zum Beispiel die Fahrerkarte beschädigt ist, Fehlfunktionen aufweist und so weiter.

Meine geschätzten Damen und Herren, ich darf Sie daher ersuchen, diesem Abände­rungsantrag die Zustimmung zu geben, aber auch der 28. KFG-Novelle vollinhaltlich zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.00



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Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der soeben in seinen Grundzügen erläu­terte Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Eder, Mag. Kukacka, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungs­vorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (28. KFG-Novelle) (136 d.B), (AB 167 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (28. KFG-Novelle), 136 d.B., (AB 167 d.B), wird wie folgt geändert:

1. Z 24 lautet:

„24. § 43 Abs. 2 lautet:

‚(2) Wurde das Fahrzeug abgemeldet und der Zulassungsschein und die Kenn­zeichentafeln abgeliefert (Abs. 1) oder ihr Verlust oder Untergang glaubhaft gemacht, so ist der Behörde, sofern nicht zwingende entgegenstehende Gründe glaubhaft gemacht werden, das Fahrzeug-Genehmigungsdokument zur Einsichtnahme vorzu­legen. Die Behörde hat auf diesem die Abmeldung und den Tag der Abmeldung zu bestätigen. Als Tag der Abmeldung gilt der Tag der Ablieferung des Zulassungs­scheines und der Kennzeichentafeln oder der Tag, an dem ihr Verlust oder Untergang glaubhaft gemacht wurde. Außer in den Fällen des Abs. 1a, § 44 Abs. 1 lit. a und lit. d, § 44 Abs. 2 lit. a und lit. e und wenn bei Leasingfahrzeugen das Fahrzeug-Geneh­migungsdokument nicht vorgelegt wird, ist die Abmeldung oder die Aufhebung der Zulassung auf dem Zulassungsschein zu vermerken und der Zulassungsschein dem Antragsteller wieder auszufolgen; dies ist nicht erforderlich, wenn die Abmeldung und die neuerliche Zulassung des Fahrzeuges im Zuge der gleichen Amtshandlung erfolgen.’ “

2. Z 33 lautet:

„33. Nach § 102 Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

‚(1a) Lenker von Lastkraftwagen und Sattelzugfahrzeugen mit einem Eigengewicht von mehr als 3 500 kg oder von Omnibussen haben dafür zu sorgen, dass der Weg­streckenmesser und der Fahrtschreiber auf Fahrten in Betrieb sind und dass im Fahrtschreiber ein geeignetes, ordnungsgemäß ausgefülltes Schaublatt eingelegt ist. Es darf pro Person und pro Einsatzzeit im Sinne des § 16 Arbeitszeitgesetz, BGBl. Nr. 461/1969, nur ein Schaublatt im Fahrtschreiber eingelegt sein, in das der Name des Lenkers einzutragen ist. Die Schaublätter, handschriftlichen Aufzeichnungen und die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke aus einem digitalen Kontrollgerät der laufenden Woche sowie der dieser vorausgehenden 15 Tage, ab 1. Jänner 2008 des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage sowie die Fahrerkarte sind mitzuführen. Die Lenker haben auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen das Schaublatt des Fahrtschreibers oder des Kontrollgerätes gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 sowie die mitgeführten Schaublätter, handschriftlichen Aufzeichnungen, die in der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 vorgesehenen Ausdrucke aus dem digitalen Kontrollgerät für Zeiträume, in denen ein Fahrzeug mit digitalem Kontrollgerät gelenkt


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worden ist, und die Fahrerkarte auszuhändigen. Hierüber ist dem Lenker eine Bestätigung auszustellen. Ist das Fahrzeug mit einem digitalen Kontrollgerät ausgerüs­tet, so gelten die Bestimmungen des § 102a.’ “

Begründung

Zu Punkt 1 (§ 43 Abs. 2)

Bei der Regelung über die Rückgabe des entwerteten Zulassungsscheines im § 43 Abs. 2 KFG wird noch eine Ausnahme vorgesehen:

wenn bei Leasingfahrzeugen das Fahrzeug-Genehmigungsdokument nicht vorgelegt wird, so ist von einer Wiederausfolgung des entwerteten Zulassungsscheines abzu­sehen, damit kein Missbrauch betrieben werden kann.

Zu Punkt 2 (§ 102 Abs. 1a):

Für das generelle Mitführen von Ausdrucken aus dem digitalen Kontrollgerät gibt es in der entsprechenden EG-Verordnung keine Grundlage. Durch die mitgeführte Fahrer­karte können alle relevanten Daten im Rahmen einer Straßenkontrolle durch die Exekutive ausgelesen werden. Auch die Kontrollrichtlinie (2006/22/EG) des Euro­päischen Parlamentes und des Rates vom 15.03.2006 verpflichtet die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, das entsprechende technische Equipment der Exekutive zur Verfügung zu stellen. Die Anfertigung von zusätzlichen und nach der EG-Verordnung nicht erforderlichen Ausdrucken stellt nicht nur einen unverhältnismäßig hohen Auf­wand dar, sondern würde auch zu einer unüberblickbaren Papierflut (Thermopapier­streifen in unterschiedlicher Länge, schlecht lesbar, etc.), führen. Nachdem eine derartige Vorschrift in den europarechtlichen Bestimmungen keine Grundlage findet, könnte diese nur gegenüber Inländern exekutiert werden. Da von Lenkern von ausländischen Fahrzeugen derartige zusätzliche Ausdrucke nicht verlangt werden können, würde es zu einer nicht verantwortbaren Inländerdiskriminierung kommen.

Daher wird die Mitführverpflichtung von Ausdrucken eingeschränkt auf solche, die nach der EU-Verordnung 3821/85 vorgesehen sind (wenn die Fahrerkarte beschädigt ist, Fehlfunktionen aufweist oder sich nicht im Besitz des Lenkers befindet, sind Ausdrucke herzustellen).

Weiters wird ergänzt, dass auch die Fahrerkarte mitzuführen und bei Kontrollen aus­zuhändigen ist.

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.00.54

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Bei dieser Kraftfahrgesetz-Novelle handelt es sich ja eigentlich um ein reines Sachgesetz. Es geht hier um keine grundlegenden ideologischen oder gesell­schaftspolitischen Fragen, und deshalb halte ich es auch nicht für angebracht, dass der Kollege Vilimsky meint, dass er dieses Gesetz aus formalen Gründen ablehnt. Ich halte das für eine unverständliche Bestemmhaltung, weil die anderen Vorschläge, die er hier im Zusammenhang mit überbordenden Regelungen im Verkehrsbereich, mit einer gewissen Regelungswut gebracht hat, so unberechtigt gar nicht sind. Ich bin durchaus der Meinung, dass man hier gemeinsam zu besseren Lösungen in vielen Bereichen kommen kann, und wir sind dazu auch gesprächsbereit, insbesondere auch, was die


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relativ komplizierten Fahrradregelungen betrifft. Ich kann mir durchaus vorstellen, hierzu eine Art parlamentarische Enquete zu machen, um dieses Problem einmal umfas­send zu behandeln und zu prüfen, ob wir zu klareren und verständlicheren Regelungen auch für den Fahrradverkehr kommen können.

Ich möchte aber in diesem Zusammenhang doch auch darauf hinweisen, dass etwa die Unfallbilanz in diesem Jahr wirklich nicht zufriedenstellend ist. Man braucht sie auch nicht zu dramatisieren, denn im langjährigen Vergleich haben wir noch immer das zweitniedrigste Ergebnis, seit es die Verkehrsstatistik gibt, aber immerhin hat es im ersten Halbjahr doch um 318 Todesopfer mehr gegeben. Das sind mehr als 13 Prozent Zunahme, und wir sollten deshalb durchaus weiter darüber nachdenken, welche Maßnahmen es denn geben könnte, um die Verkehrssituation zu verbessern.

Ich bin der Meinung, dass da bei einigen Gesetzesvorhaben eine Evaluierung not­wendig ist. Ich denke da zum Beispiel auch an den Vormerkkatalog. Auch dazu sind schon Vorschläge gemacht worden, ob man allenfalls das Handytelefonieren und das Nichtangurten in den Vormerkkatalog aufnehmen sollte. Wir sind allenfalls auch gesprächsbereit in Bezug auf das, was auch die Grünen verlangt haben, nämlich ob nicht auch bei überhöhter Geschwindigkeit ein entsprechendes Delikt in den Vormerk­katalog aufgenommen werden könnte.

Wir brauchen jedenfalls eine genaue Analyse, wir brauchen dazu seriöse und objektive Diskussionen. Voreilige Schlüsse, indem man einfach sagt: Okay, wir führen wieder einmal generell Tempo 80 auf allen Landstraßen ein!, halte ich für wenig zielführend! Ich glaube, dass verstärkte Kontrollen an den richtigen Stellen geeignet sind.

Ich glaube auch – und der Herr Bundesminister hat das ja auch angekündigt, und dafür bin ich ihm auch dankbar –, dass eine Studie prüfen soll, ob Licht am Tag als Verpflichtung nur im Winterhalbjahr ausreicht. Also ich persönlich bin der Meinung, dass das der Fall ist. Wir haben ja bereits bei der Beschlussfassung von „Licht am Tag“ Vorbehalte gehabt, und wir haben damals schon im Verkehrsausschuss einen Be­schluss gefasst, dass innerhalb von zwei Jahren eine Evaluierungsstudie gemacht werden soll, wo festgehalten werden soll, auf Grund welcher Voraussetzung, auf Grund welcher Erkenntnisse allenfalls eine verbesserte Regelung dem Nationalrat vorgelegt werden soll.

In dieser Studie soll auch durchaus geprüft werden, ob Licht am Tag auch zu einem erhöhten Treibstoffverbrauch führt, zu einem Mehr an Schadstoffen. Und ich meine, es sollte auch geprüft werden, ob es nicht allenfalls möglich ist, Licht am Tag nur im Winterhalbjahr einzuführen und nicht auch im Sommer. Jedenfalls stehen wir einer objektiven Prüfung dieses Sachverhaltes sehr offen gegenüber. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.05


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser mit 5 Minuten freiwilliger Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.05.37

Abgeordnete Mag. Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Verkehrsminister! Meine Damen und Herren! Diese Regierungsvorlage über das Kraftfahrgesetz enthält mehr positive als negative Punkte. Insofern werden wir sie mittragen. Das ist unser konstruktiver Beitrag auch zu dieser gemeinsamen Verkehrs­politik, solange sie sich sachlich rechtfertigen lässt. Ich möchte die positiven Punkte nicht noch einmal aufzählen, das hat bereits einer meiner Vorredner getan, sondern ich


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möchte ein paar kritische Punkte, die auch die Bewertung umfassen sollen, hier erwähnen.

Einerseits ist es meines Erachtens notwendig, dass der Entfall der vorderen Kenn­zeichen bei Quads noch einmal überdacht wird. Sie kennen ja diese gokartähnlichen Mobile, die teilweise mit relativ schnellem Tempo unterwegs sind und von Menschen genutzt werden, die nicht gerade im reifsten Alter ihres Lebens stehen. Also da hätte man sich eher etwas Vorsichtiges überlegen sollen.

Ein zweiter kritischer Punkt ist der Entfall des Frontreflektors bei Zugmaschinen. Auch das sehe ich als nicht günstigen Beitrag, eher als negativen Beitrag zur Verkehrs­sicherheit.

Aber in Summe überwiegen die Positiva, und insofern ist es für uns durchaus möglich, diesen Beschluss von grüner Seite her auch voranzutreiben.

Das Kraftfahrgesetz insgesamt bezieht sich ja auf eine Mobilitätsform, die letzte Woche beim Klima-Bericht beziehungsweise beim Bericht des Umweltkontrollamtes, Herr Minister, wieder sehr stark fokussiert worden ist, sehr stark diskutiert worden ist. Und da gibt es von Ihrem Partner, dem Herrn Umweltminister Pröll, eine Instanz, die die Grünen Berichte auch für den Nationalrat zu erstellen hat – auf grüne Initiative ist ja das eingerichtet worden –, und diese Grünen Berichte enthalten auch immer Vor­schläge. Sie enthalten etwa auch Vorschläge, wie man in den einzelnen Sektoren des Umweltbereiches, sei es Abfall, sei es Luftreinhaltung oder sei es wie in diesem Fall auch Verkehr, denn das tangiert uns jetzt in dieser Debatte, vorgehen soll, damit man die Umweltziele, die Klimaziele, auch die Gesundheitsziele erreichen kann.

Ich möchte mir ersparen, die Details der Analyse hier zu wiederholen und Ihnen nahezulegen – vielleicht haben Sie doch einmal Zeit, sich das durchzulesen –, sondern ich möchte in erster Linie auf die Empfehlungen dieses Berichtes zu sprechen kommen und deshalb auch einen Unselbständigen Entschließungsantrag einbringen, in welchem die Bundesregierung aufgefordert werden soll, die im Achten Umweltkontroll­bericht an den Nationalrat für den Bereich Verkehr aufgelisteten Empfehlungen um­gehendst umzusetzen. Und da sehen wir uns in einer Reihe mit ExpertInnen von Universitäten, in einer Reihe mit Professor Schleicher, in einer Reihe mit dem Klima-Aktivprogramm, in einer Reihe mit dem Umweltminister Pröll und hoffentlich auch in einer Reihe mit Ihnen.

Die Empfehlungen beinhalten Folgendes: die Erstellung eines Gesamtverkehrs­konzep­tes, und zwar auch nach klimarelevanten Gesichtspunkten; die Schaffung distanz- und emissionsabhängiger Kostenstrukturen im Verkehrssektor; die zügige und umfassende Umsetzung der Verkehrsmaßnahmen der österreichischen Klimastrategie und der NEC-Strategie; anlassbezogene Geschwindigkeitsbeschränkungen und verstärkte Ge­schwin­digkeitsüberwachung zur Reduktion von Treibhausgas- und Schadstoffemis­sionen – da sind wir hoffentlich durchaus einer Meinung –; Integration verkehrs- und umweltpolitischer Zielsetzungen in die Raumplanung – ich glaube, da sind wir auch völlig d'accord –; Ausbau von Telematiklösungen und Technologieförderungs- und -forschungsprogrammen – wir ziehen hier an einem Strang, Herr Minister –; Erlassen von Richtlinien im öffentlichen Beschaffungswesen, die emissions- und verbrauchs­arme KFZ stärken – ich wüsste nicht, was da dagegenspricht –; Aktivitäten auf EU-Ebene für Klimaschutz im Flugverkehr; Kostenwahrheit; Infrastrukturförderung im ÖV; verschärfte Emissionsgrenzwertbestimmungen; Biotreibstoffe – das ist genau das, was der Umweltminister immer wieder sagt –; Verstärken von Anreizmaßnahmen zum Um­steigen auf öffentliche Verkehrsmittel sowie Förderung des Radfahrens und des Zufuß­gehens.


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Und dann noch: Ausbau von Klimaschutz-Förderungsprogrammen im Verkehrsbereich, forcierte Integration umweltfreundlicher Mobilitätsfragen in internationalen Projekten, zum Beispiel INTERREG oder Alpenkonvention – ich glaube, da decken wir durchaus die Beschlusslage ab –, und verbesserte Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kin­dern und älteren Menschen im Verkehr, die ja leider auch – das zeigt uns die Halbjahresbilanz der Unfallstatistik – verstärkt zu den Verkehrsopfern zählen, weil sie die schwachen Teilnehmer am Verkehrsgeschehen sind.

Ich ersuche aus aktuellem Anlass, der Vorlage dieses Achten Umweltkontrollberichts durch den Herrn Umweltminister, auch im Verkehrsbereich die maßgeblichen Umset­zungs­schritte voranzutreiben und diesem Maßnahmenkatalog, diesen Empfehlungen der Fachinstanz des Umweltbundesamts hier im Nationalrat durch eine Beschluss­fassung auch noch nahezutreten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.11


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Der Entschließungsantrag der Abgeord­neten Moser, Kolleginnen und Kollegen ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend umwelt- und klimagerechterer Kfz-Verkehr durch Umsetzung der Empfehlungen des Achten Umweltkontrollberichts

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (136 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (28. KFG-Novelle) (167 d.B.)

Der Verkehr mit Kraftfahrzeugen trägt maßgeblich zu den Umwelt- und Klimaprob­lemen des Verkehrs bei.

Der jüngst veröffentlichte Achte Umweltkontrollbericht an den Nationalrat hält wörtlich fest, dass sich ohne gegensteuernde Maßnahmen der Verkehrs-Umwelt-Trend der letzten Jahre fortsetzen wird. Dieser Trend ist durch weiter steigende Anteile des Verkehrssektors – und hier vor allem des Kraftfahrzeugverkehr – am Ausstoß von klimaschädlichen Gasen sowie an Luftreinhaltungs- und weiteren Umweltproblemen sowie durch ungebrochen hohen Treibstoff- und damit Energieverbrauch des Verkehrs­sektors gekennzeichnet.

Zum Bereich Verkehr hält der Achte Umweltkontrollbericht unter „14.4 Empfehlungen“ folgendes wörtlich fest:

Zur Festlegung von Zielen hinsichtlich des Gesamtverkehrsaufkommens und der Ver­kehrs­mittelwahl sollte ein Gesamtverkehrskonzept erstellt werden. Zur Erreichung umweltpolitischer Zielsetzungen (Kyoto; NEC; Ziele des Regierungsprogramms) sollte dieses Konzept auch die Reduktion des Straßenverkehrsaufkommens und die Verlage­rung zu umweltfreundlichen Verkehrsmitteln beinhalten. Die Umsetzung des Konzepts sollte durch nationale Rechtsvorschriften und andere Instrumente erfolgen.

Zur Erreichung der umweltpolitischen Zielsetzungen ist die Schaffung von distanz- und emissionsabhängigen Kostenstrukturen im Verkehrssektor ein wesentliches Werkzeug. Um eine Anlastung der verursachten Kosten an die Verkehrsträger zu ermöglichen, soll ein System geschaffen werden, welches eine räumlich begrenzt und/oder zeitlich variable Kostenanlastung für alle Fahrzeuggruppen im Straßenverkehr ermöglicht.


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Zur Sicherstellung der Erreichung der jeweiligen Ziele sollten die Verkehrsmaßnahmen der Österreichischen Klimastrategie und der NEC-Strategie zügig und umfassend um­gesetzt werden. Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, wären weitere Maß­nahmen, wie z. B. Forcierung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben, Förderung des öffentlichen Verkehrs sowie Rad- und Fußgängerverkehrs zur Erreichung der Zielvorgaben zu entwickeln.

Zur Reduktion von Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen sollten anlass­bezo­gene Geschwindigkeitsbeschränkungen am hochrangigen Straßennetz in Verbindung mit verstärkter Geschwindigkeitsüberwachung (Section Control) durchgeführt werden.

Zur Verringerung des Verkehrsaufkommens sollten verkehrs- und umweltpolitische Zielsetzungen in die Raumplanung integriert werden; geeignete Instrumente zur rechtlich verbindlichen Berücksichtigung der Pläne und Programme sollten geschaffen werden. (Bundesregierung, Landesregierungen).

Zur besseren Anbindung von Individualverkehr und Straßengüterverkehr an den öffent­lichen Verkehr sollen Telematiklösungen im Verkehrssektor ausgebaut sowie Tech­nologieförderprogramme und Technologieforschungsförderung für (alternative) Antriebs- und Kraftstofftechnologien forciert werden.

Zur umweltgerechteren Gestaltung der Fuhrparke der öffentlichen Hand sowie zur Verstärkung von Nachfrage nach emissions- und verbrauchsarmen Kraftfahrzeugen sollten Richtlinien im öffentlichen Beschaffungswesen für derartige Fahrzeuge erlassen werden.

Zur Unterstützung der Anstrengungen auf Ebene der Mitgliedstaaten zur Gestaltung eines umweltgerechteren Verkehrssystems sollten auf Ebene der EU eine Reihe von Maßnahmen ergriffen werden, wie z. B. verstärkter Einsatz biogener Kraftstoffe, Ver­schärfung der Emissionsgrenzwertbestimmungen, Infrastrukturförderung im öffent­lichen Verkehr und Kostenwahrheit sowie Einbeziehung des Flugverkehrs in Klimaschutzmaßnahmen.

Um die vermehrte Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel zu erreichen, sollten Anreizmaßnahmen verstärkt werden, die das Umsteigen von Pkw auf öffentlichen Verkehr fördern. Ökonomische Maßnahmen zur Förderung von Fuß- und Radwege­verkehr und der Benutzung des öffentlichen Verkehrs sollten geschaffen und aus­gebaut werden.

Zur Förderung von klimaschonendem Mobilitätsmanagement sollte das Klimaaktiv-mobil-Förderprogramm (klima:aktiv Spritsparend fahren, Masterplan Radverkehr etc.) ausgebaut werden. Die Integration der umweltfreundlichen Mobilität in internationalen Projekten für Verkehr, Umwelt und Gesundheit (v. a. EU-Interregprogramme, Alpen­konvention) sollte forciert werden, die Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern und älteren Menschen im Verkehr sollte verbessert werden.

Die Umsetzung dieser Empfehlungen ist dringend nötig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die im Achten Umweltkontrollberichts an den Nationalrat für den Bereich Verkehr aufgelisteten Empfehlungen umgehend umzu­setzen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 180

Diese Empfehlungen beinhalten

Die Erstellung eines Gesamtverkehrskonzepts

Die Schaffung distanz- und emissionsabhängiger Kostenstrukturen im Verkehrssektor

Die zügige und umfassende Umsetzung der Verkehrsmaßnahmen der Österreichi­schen Klimastrategie und der NEC-Strategie

Anlassbezogene Geschwindigkeitsbeschränkungen und verstärkte Geschwindigkeits­überwachung zur Reduktion von Treibhausgas- und Schadstoffemissionen

Integration verkehrs- und umweltpolitischer Zielsetzungen in die Raumplanung

Ausbau von Telematiklösungen und Technologieförderungs- und –forschungs­program­men

Erlassen von Richtlinien im öffentlichen Beschaffungswesen, die emissions- und verbrauchsarme Kfz stärken

Aktivitäten auf EU-Ebene für Klimaschutz im Flugverkehr, Kostenwahrheit, Infrastruk­tur­förderung im ÖV, verschärfte Emissionsgrenzwertbestimmungen, Biotreibstoffe

Verstärken von Anreizmaßnahmen zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel sowie Förderung des Radfahrens und Zufußgehens

Ausbau von Klimaschutz-Förderprogrammen im Verkehrsbereich

Forcierte Integration umweltfreundlicher Mobilitätsfragen in internationalen Projekten (zB Interreg, Alpenkonvention)

Verbesserte Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern und älteren Menschen im Verkehr

*****

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 2 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


18.11.24

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Diese 28. KFG-Novelle bringt eine Reihe von Erleichterungen. Sie ist Grundlage für Ausnahmegenehmigungen für die Zulassung von Fahrzeugen aus auslaufenden Serien, die Umsetzung der EU-Verordnung zur Harmonisierung bestimmter sozialrechtlicher Vorschriften im Straßenverkehr, schafft eine Grundlage für die Erleichterung der Kontrolle der Entrichtung der Norm­verbrauchsabgabe, und vor allem begrüße ich auch die dritte Kennzeichentafel bei der Anbringung von Fahrrad-Heckträgern, sodass diese Fahrzeuge auch erkannt werden können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was den Vormerkkatalog betrifft, der früher ange­sprochen worden ist, so muss ich sagen, die wesentlichen Dinge sind in einem Vormerkkatalog enthalten: Gefährdung von Personen bei Schutzstreifen, Alkohol am Steuer, Geschwindigkeitsüberschreitungen. Aber wenn wir jetzt hergehen und das Ganze so ausufern lassen, dann verwässern wir einen Vormerkkatalog. Ich glaube, man sollte vorsichtig umgehen mit der Frage, wie wir das handhaben.

Was die ewige Diskussion über „Licht am Tag“ betrifft, so muss ich eines sagen: Herr Bundesminister, ich habe Ihnen in meinem Beitrag im Ausschuss bereits gesagt, dass


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 181

es hier einen europäischen Fleckerlteppich gibt, dass es in Europa unterschiedliche Regelungen gibt. Die skandinavischen Staaten schreiben Licht ganzjährig auf allen Straßen vor. Dann gibt es Regelungen wie zum Beispiel in Tschechien, in der Slowakei, in Polen und in Litauen, wo man im Winterhalbjahr das Fahren mit Licht verlangt. Es gibt weiters Länder, die auf Straßen außerorts ganztägig Licht vorschrei­ben, wie Ungarn oder Finnland. Es gibt also unterschiedlichste Regelungen in Europa, und ich glaube, das wäre eine Aufgabe, Herr Bundesminister, dass man auch bei der Europäischen Union hier vorprescht und eine einheitliche Regelung für ganz Europa macht.

Wenn man das jetzt in Österreich rückgängig macht und Fahren mit Licht am Tag nur halbjährig, also über die Wintermonate einführt, dann, muss ich sagen, fühlen sich eigentlich all jene geneppt, die ihren Pkw auf Taglicht umbauen haben lassen – die haben damit Kosten gehabt –, und auf der anderen Seite eben auch die Besitzer jener Pkws, die jetzt mit Taglicht ausgerüstet sind. Die müssten dann ja umgerüstet werden, denn das kann man ja gar nicht ausschalten, das ist in den Pkw so vorgesehen. Das ist also immer nur mit Kosten verbunden.

Und die andere Frage ist: Gibt es eigentlich Studien dazu, wie die Leute zu „Licht am Tag“ stehen, über die Emissionen und auch den Spritverbrauch, wenn das Taglicht eingebaut ist? (Beifall beim BZÖ.)

18.14


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prähauser. Sie haben sich eine Redezeit von 2 Minuten vorgenommen. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


18.14.34

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Kollegen Steier und Kukacka haben diese Kraftfahrgesetz-Novelle inhaltlich erläutert, worum es dabei geht, und haben auch den Zusatzantrag erläutert. Ich darf im Folgenden noch einige Punkte anmerken.

Herr Kollege Vilimsky, an sich haben Sie eine sehr sachliche Rede gehalten, aber ich glaube doch, dass das Kraftfahrgesetz nicht geeignet ist, dazu Justament-Standpunkte einzunehmen. Ich gehe aber davon aus, dass Sie die formalen Probleme, die Sie angeführt haben, mit uns gemeinsam lösen werden und nach gemeinsamer Diskussion auch in Zukunft die Kraftfahrgesetze, die ja auch zur Sicherheit des Verkehrs dienen, mit beschließen werden.

Den Kollegen Dolinschek möchte ich dahin gehend unterstützen, was seine Aus­führungen zum Thema Fahren mit Licht am Tag betrifft. Er hat hier vieles richtig gesagt, und es ist auch aus meiner Sicht höchst an der Zeit, sich hinsichtlich dieser Frage noch einmal zusammenzusetzen und eingehend darüber nachzudenken. Sie haben vollkommen recht, Herr Kollege Dolinschek: Bei jenen Autos, die schon jetzt mit automatischem Taglicht ausgestattet sind, können die Fahrzeughalter gar nicht ausschalten, ohne sich wieder in gewissem Ausmaß in Kosten stürzen zu müssen.

Herr Bundesminister, eines möchte ich auch sagen: Angenehm finde ich heute, dass wir nach langer Zeit das erste Mal nicht darüber diskutieren, ob wir nicht 160 auf den Autobahnen fahren sollten. (Abg. Scheibner: ... überall eine 100er-Beschränkung machen!) Ich glaube, 130 sind genug. Sorgen wir dafür, dass wir diese Geschwin­digkeit auch fahren können, dann haben wir auf unseren Straßen ein gutes Fortkom­men! – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.16



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 182

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl, auch mit einer Redezeit von 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.16.09

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich freue mich über die Erleichterungen für Lkw im kombinierten Verkehr, muss aber gleichzeitig sagen, dass wir uns dessen bewusst sein müssen, dass der kom­binierte Transport auf keinen Fall die Zukunft auf unseren Straßen und auch nicht auf unserer Bahn sein kann und darf.

Wir werden gemeinsam alles daransetzen müssen, stattdessen den Container-Verkehr auch in Österreich flächendeckend möglich zu machen. Und aus aktuellem Anlass, Herr Bundesminister, darf ich Ihnen zum einen danken, dass Sie bereit sind, das so wichtige Geld für den Brenner-Basistunnel jetzt konkret in die Hand zu nehmen, Sie aber gleichzeitig darum bitten, das Konzept, das ich in den letzten Tagen gesehen habe – ich weiß nicht, ob Sie es schon kennen –, hinsichtlich des Brenner-Basistunnels kritisch zu durchleuchten.

Es gibt Überlegungen, den Querschnitt des Tunnels unter Umständen kleiner zu halten als ursprünglich, was gleichzeitig bedeuten würde, dass wir uns, ich würde sagen, 10 Prozent der Kosten sparen können. Gleichzeitig wäre aber die Folge, dass dieser Tunnel für gemischte Verkehre, das heißt für Personenverkehr, nicht mehr geeignet wäre. Ich glaube, dass dies angesichts des Verkehrschaos, das bereits in der Luft herrscht, sehr schade wäre und einer solchen auf hundert Jahre ausgelegten Inves­tition nicht gerecht würde. Außerdem würden wir mit einem geringeren Quer­schnitt wieder einen zweiten künstlichen Flaschenhals produzieren, während sämtliche Zulauf­strecken größere Querschnitte hätten, und das würde Container-Transporte sehr erschweren.

Herr Bundesminister, ich bitte Sie auch in diesem Zusammenhang um konstruktive Zusammenarbeit und um ein kritisches Hinterfragen dieser eigentlich aus Italien stam­menden Konzepte, die auf einen reinen Gütertransport, auf kombinierten Verkehr und damit auf Lösungen der Vergangenheit abzielen.

Ich danke dafür, dass diese Erleichterungen möglich waren, und freue mich auf die Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.18


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kainz. Sie haben sich eine Redezeit von 2 Minuten vorgenom­men. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.18.30

 


Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Diese Änderung der Kraftfahrgesetz-Novelle bringt vor allem Erleichterungen. Ich möchte auf einen Punkt eingehen, den meine Vorredner auch schon angesprochen haben – ich denke, das ist auch ein Beispiel dafür, dass die Politik auch Veränderungen durchführen muss –: Wenn wir uns den ganzen Bereich der Freizeitgestaltung anschauen, dann stellen wir fest, dass Fahrradfahren und Mountainbiken heute einen deutlichen höheren Stellenwert haben, und so ist es nur richtig, dass wir im Rahmen dieser Novelle auch eine Erleichterung in Form einer dritten, zusätzlichen Kennzeichentafel auf den Aufhängvorrichtungen für Fahrräder schaffen. Ich denke, das ist etwas, wo die Bürger auch spüren, dass wir hier richtige Ansatzpunkte umsetzen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 183

Ein zweiter Punkt, der auch schon angesprochen wurde, den ich aber aus aktuellem Anlass kurz ansprechen möchte, ist die gesamte Thematik rund um das Fahren mit Licht am Tag. Wir waren auch am Anfang schon skeptisch, aber ich denke, dass es auch viele gute Gründe gibt, die dafür sprechen. Wir haben uns von Haus aus vorge­nommen, dass wir nach einem zweijährigen Zeitraum eine Evaluierung durchführen. Ich bin auch dankbar, dass jetzt eine Studie erstellt wird, dass der Herr Bundesminister diese Studie in Auftrag gegeben hat und dass wir aufgrund dieser Erfahrungswerte dann die nächsten gesetzlichen Schritte umsetzen werden.

Ich würde vor einer Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt warnen, weil ich meine, dass sie noch verfrüht und daher eigentlich auch nicht sehr vernünftig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

18.19


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.20.13

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Mit dieser 28. KFG-Novelle stellen wir uns, wie mein Vorredner schon gesagt hat, auf Veränderungen ein. Die Anforderungen verändern sich natürlich auch im Verkehr, und dies natürlich auch im Zusammenhang mit dem Freizeitbereich. Es geht darum, dass wir die Verkehrs­sicherheit und die Verkehrskontrolle insgesamt erhöhen. Es geht darum, dass wir gesetzliche Erleichterungen, Anpassungen, Optimierungen und Verbesserungen umsetzen. Die privaten Zulassungsstellen können Zugriffe auf das Zentrale Melde­register tätigen. Es ist schon gesagt worden, eine dritte Kennzeichentafel ist möglich; dazu bedarf es aber einer Eintragung oder eines Vermerkes im Zulassungsschein.

Es ist auch möglich, zukünftig bei Gewichtsbeschränkungen praxisgerechte Regelun­gen zu erlassen, zum Beispiel beim Transport von Rundholz. Es wird auch eine Möglichkeit geschaffen, Fälle betreffend Ausnahmegenehmigungen für die Zulassung von Fahrzeugen, deren Serien auslaufen, im Einzelfall rasch zu lösen.

Diese KFG-Novelle ermöglicht auch Adaptierungen für die Genehmigungsdatenbank und einige redaktionelle Änderungen. Insgesamt, glaube ich, eine sinnvolle gering­fügige Gesetzesänderung, die die Verkehrssicherheit erhöht. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

18.21


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächstem erteile ich Herrn Abgeord­netem Einwallner das Wort. Sie wollen nur 1 Minute sprechen? – Bitte.

 


18.21.50

Abgeordneter Thomas Einwallner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Frau Staatssekretärin! Mit dieser Novelle ist es zum einen wiederum gelungen, das Kraftfahrzeugrecht modern und schnell an die wechselnden Bedingun­gen und wachsenden Erfordernisse im Straßenverkehr anzupassen.

Zum Zweiten, Herr Minister, Frau Staatssekretärin: Aufgrund und dank der Initiative des Präsidenten Fritz Grillitsch ist es ja gelungen, die S 36 und S 37 als Teilstück ins höherrangige Bundesstraßennetz aufzunehmen. Jetzt liegt es auch an Ihnen, dass wir diesen Lückenschluss im hochrangigen Straßenverkehrsnetz vornehmen. Die Murtaler erwarten sich da von Ihnen konkrete Maßnahmen und einen konkreten Spatenstich. Und wenn Sie mit uns da modern und offensiv weitermachen, dann können wir hoffentlich dieses Teilstück bald für geschlossen erklären. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Binder-Maier: Wissen die Murtaler alle, was Sie wollen?)

18.22



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 184

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächstem erteile ich Herrn Abgeord­netem Höfinger das Wort. Sie haben sich eine Redezeit von 2 Minuten vorgenom­men. – Bitte.

 


18.23.01

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Staats­sekretärin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch auf der Galerie! Dieses Kraftfahrgesetz, das jetzt novelliert wird, wird, denke ich, doch in manchen Punkten zu oberflächlich behandelt. Herr Kollege Vilimsky, ich verstehe nicht – das muss ich auch dazusagen –, nur weil Sie vielleicht noch Verbesserungen und Erweiterungen vorsehen und diese Visionen haben, dass Sie diesem Gesetz nicht zustimmen, denn es geht in manchen Punkten sehr wohl in den Bereich der Sicherheit und auch des Umweltschutzes hinein, und daher sollte man auch diese Kraftfahr­gesetz-Novelle in dieser Form nicht ablehnen.

Vielleicht nur ganz kurz zwei Punkte: Wo geht es um den Bereich der Sicherheit? – Es ist aus meiner Sicht ein Meilenstein, dass zum ersten Mal Unternehmen, die Personen befördern, die verladen, die Spediteure oder Reiseveranstalter sind, sicherzustellen haben, dass die vertraglich vereinbarten Beförderungszeitpläne eingehalten werden, und dass es zum ersten Mal die Möglichkeit gibt, dass sie in diesem Zusammenhang auch verwaltungsstrafrechtlich belangt werden können. Ich denke, das ist etwas sehr Wichtiges, wo es genau in den Bereich der Sicherheit hineingeht – wenn wir an die Fahrzeiten denken, wo die Chauffeure oft genötigt werden, zu lange unterwegs zu sein –, dass hier der Auftraggeber einmal auch strafrechtlich belangt werden kann.

Das Zweite geht in den Bereich Umweltschutz hinein – Kollegin Hakl hat es ange­sprochen –: die Stärkung des kombinierten Verkehrs durch die Tonnenbeschränkung. Stimmt, das ist noch nicht das letzte Ziel, aber es ist ein wichtiger und richtiger Schritt in diese Richtung.

Auch ein Beispiel noch, das Frau Kollegin Moser erwähnt hat: die Kennzeichentafeln vorne bei Zugmaschinen. Wir haben in der Praxis bemerkt, diese lassen sich oft nicht anbringen, sie werden oft beschädigt bei den Tätigkeiten in der Landwirtschaft. Und wir haben in der Zwischenzeit auch „Licht am Tag“, das natürlich auch hier die Sicherheit verstärkt. Daher, denke ich, ist das eine sehr praktikable Lösung, dass diese Kenn­zeichentafeln vorne nicht mehr gebraucht werden.

Alles in allem, denke ich, doch ein sehr zustimmungswürdiges Gesetz, dem wir unsere Stimme geben sollten. (Beifall bei der ÖVP.)

18.25


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Es liegen mir dazu keine weiteren Wort­meldungen vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen damit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in Ziffer 136 der Bei­lagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Kurt Eder, Mag. Kukacka, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in Ziffer 136 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungs­antrages der Abgeordneten Kurt Eder, Mag. Kukacka, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Jene Damen und Herren, die dafür eintreten, ersuche ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit und angenommen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 185

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zu­stimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend umwelt- und klimagerechteren Kfz-Verkehr durch Umsetzung der Empfehlungen des Achten Umweltkontrollberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Entschließungsantrag aus­sprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

18.26.3410. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (138 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz geändert wird (GGBG-Novelle 2007) (168 d.B.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich bitte als Erste Frau Abgeordnete Dr. Moser ans Rednerpult. Ihre freiwillige Rede­zeit­beschränkung beträgt 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.27.02

Abgeordnete Mag. Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Jedem von Ihnen ist klar: Bei Gefahrgut handelt es sich um sehr sensible Transportmaterien, bei Gefahrgut ist gerade die Verkehrssicherheit heraus­gefordert. Hier müssen besonders seriöse, besonders genaue, besonders sorgfältige Maßstäbe angewendet werden. – Das machen wir. Das macht auch das Bundesministerium für Inneres, das macht auch das Bundesministerium für Verkehr, und das macht auch die Arbeiterkammer.

Ich beziehe mich jetzt auf die Stellungnahmen zum Beispiel des Bundesministeriums für innere Sicherheit – Entschuldigung: für Inneres; „innere Sicherheit“ sagen ja Sie immer wieder –: Hier wird massiv Kritik daran geübt, dass für gewisse Dinge, die an sich der Fahrzeuginhaber, Verpacker oder Auftraggeber verantworten müsste, jetzt wieder der Lenker zu büßen hat. Ich darf dazu zitieren:

„Im einzig praktisch bedeutenden Fall“ dieser Anhaltung vor Ort – Anhaltung ist sozusagen die massivste Strafe vor Ort, wenn Gefahr im Verzug ist, wenn Vorschriften nicht eingehalten werden –, nämlich „gegenüber dem Lenker des Gefahren­guttrans­portes“, ist dieser aber von der Anwendung ausgeschlossen. – Das Innenressort übt also Kritik daran, dass Sie die Maßnahme der Anhaltung nicht effizient in diesem Gefahrgutbeförderungsgesetz umsetzen.

Auch die Arbeiterkammer, die sich an das Bundesministerium für Verkehr gewendet hat, fordert, dass „im ... Gesetzentwurf all jene Änderungen, die rein der nationalen Regelungskompetenz unterliegen und wesentliche Verwässerungen der ursprünglich strengen Bestimmungen im Interesse der Wirtschaft“ – leider! – „brachten, rückgängig gemacht werden“. – Sie haben verwässert, und dahinter standen natürlich Lobby­interessen, dahinter standen Einflussnahmen vonseiten der Wirtschaftskammer, dahin­ter standen nicht zuletzt auch Frächterinteressen!


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 186

Da uns die Verkehrssicherheit das oberste Anliegen ist und gerade bei Gefahrgütern verstärktes Augenmaß und erhöhte Achtsamkeit und Sorgfalt erforderlich sind, müssen wir Ihre Vorlage, Herr Minister, rundweg ablehnen. Ich kann es Ihnen noch genauer sagen: Die Gefahrenkategorien-Einstufungen sind, nach unseren Gesichtspunkten, nicht sorgfältig genug. Bei den Verwaltungsstrafverfahren wird von den zuständigen Behörden nicht effizient genug gearbeitet. Und insgesamt trägt diese Gesetzes­änderung zu stark die Handschrift der Lobbyisten, die Handschrift der Wirtschaft, wird den Anforderungen erhöhter Verkehrssicherheit nicht gerecht und kommt dieser nicht zugute.

Herr Minister, es tut mir leid, dass Sie, der Sie immer verkündet haben, dass Sie auch die Verkehrssicherheit als Tätigkeitsfeld und als Verantwortungsfeld wahrnehmen wollen, gerade mit dem ersten Gesetz, wo wirklich Verkehrssicherheit im Vordergrund steht, das Terrain wieder vernachlässigen und verlassen und nicht die nötigen Straffungen, die nötigen Sicherstellungen vornehmen, sondern eigentlich schlichtweg – mit einem einfachen Wort gesagt – eher liberalisieren. – Danke schön (Beifall bei den Grünen.)

18.30


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Fleckl zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.30.46

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Bun­des­minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Liebe Frau Abgeordnete Moser, natürlich gibt es Lobbyisten, natürlich gibt es immer wieder Lobbyismus, aber ich glaube, gerade bei diesem Gesetz wird ganz streng geprüft, weil es sich um eine ganz, ganz sensible Materie handelt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Herr Minister etwas verab­schieden würde, das wirklich wider die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Sburny: Oh!)

Gefahrgut zu transportieren, ist eine sensible Materie. Österreich gehört zu jenen Staaten, die dieses Gesetz natürlich auch betrifft. Die Topographie und die Geographie machen es für Österreich natürlich ganz besonders schwer, hier eine intakte Novelle für die österreichische Sicherheit, für die Verkehrsteilnehmer herzustellen.

Die vorliegende Änderung, die den Transport von Gefahrgut regelt, muss im zwei­jährigen Rhythmus überarbeitet werden. Auch in zwei Jahren können wir dann schauen, ob es hier einer Verbesserung bedarf. Nun hat es seit dem Jahr 2005 eine Vielzahl an technischen Veränderungen gegeben, und es gilt EU-Recht in nationales Recht umzuwandeln. Die Novellierung ist bereits überfällig. Eine Übergangsregelung ist ausgelaufen, das halbe Jahr 2007 bereits vorbei.

Die vorliegende Novelle sichert mehr Effizienz und Verwaltungsvereinfachung. Es gibt eine praxisgerechtere Anpassung von Bestimmungen über Beförderungsgenehmigun­gen, die diese in einfacheren als in ursprünglich bedachten Fällen leichter handhabbar macht.

Abschließend möchte ich aber betonen, dass es wichtig ist, speziell im Transport von Gefahrgut an die Vernunft der Auftraggeber zu appellieren und besonders gefährliche Güter natürlich per Bahn abzuwickeln. Angelehnt an einen Spruch, den man öfters auf Lkws lesen kann: Solange man Gefahrgut nicht per E-Mail versenden kann, sollten wir es auf der Schiene transportieren. Das verhindert CO2, es verhindert Staus, es gewähr­leistet mehr Sicherheit, und die Klugen transportieren es heute schon vernünftig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.33



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 187

Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Themessl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.33.20

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Frau Staatssekretärin! Da es sich bei dieser Gesetzesnovelle in erster Linie um eine Anpassung an internationale Vorschriften handelt und es sich, was auch nicht immer üblich ist, in Teilbereichen auch um Verwaltungsvereinfachungen handelt, werden wir dieser Gesetzesnovelle zustimmen.

Wie meine Vorrednerinnen auch schon gesagt haben oder darauf hingewiesen haben, sind natürlich Gefahrguttransporte sehr kritisch zu betrachten und vor allem in vielerlei Hinsicht tickende Zeitbomben, die bei Unfällen nicht nur die Umwelt unter Umständen sehr belasten, sondern natürlich auch Menschenleben gefährden können.

Was ich sehr kritisch anmerken möchte, ist, dass bei dieser Verwaltungsvereinfachung betreffend die Ausstellung von Zulassungsbescheinigungen, die bisher durch den Landeshauptmann getätigt wurde und die jetzt frei vergeben wird, natürlich bei der Vergabe dieser Ausstellung von Zulassungsbescheinigungen darauf zu achten ist, dass sich wirklich Fachleute mit diesem Thema befassen und nicht, wie durch die Gewer­beordnung vorgesehen, auch technische Büros in der Lage wären, solche Zulassungsbescheinigungen auszustellen.

Ich würde Sie schon ersuchen, sich das eine oder andere zu überlegen, wie zu verhindern ist, dass andere als die geeigneten Fachleute in die Lage kommen, solche Zulassungsbescheinigungen auszustellen, weil, wie gesagt, diese Gefahrguttransporte auch Gefahr für Mensch und Umwelt bedeuten. Darauf ist aus unserer Sicht Rücksicht zu nehmen, und dem ist besonderes Augenmerk schenken. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.35


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.35.20

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Zur Gefahrgutbeförderung in einer schnelllebigen Zeit, in der wir heute leben, wissen wir alle: Gefahrgutbeförderung gehört von der Straße auf die Schiene verlagert. Ich glaube, da spreche ich allen aus dem Herzen. Es ist natürlich aber immer wieder notwendig, von den diversen Bahnhöfen das Gefahrgut zum Zielort zu transportieren. Da kommen wir nicht daran vorbei.

Worum es sich bei dieser Materie auch handelt, ist, dass es jetzt um eine Aktualisie­rung, eine Präzisierung und eine Klarstellung geht und wir hier zum größten Teil Konsens haben. Wir werden natürlich dieser Bestimmung zustimmen. Man sollte aber immer wieder auf europäischer Ebene daran arbeiten, wo wir im Gleichklang laufen, und eben dieselben Richtlinien in den einzelnen Ländern vorfinden und vor allem das Gefahrgut zum größten Teil auf die Schiene verlagern. (Beifall beim BZÖ.)

18.36


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Binder-Maier zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.36.00

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Gefahrgutbeförderungsgesetz beinhaltet das Wort „Gefahr­gut“. Ich habe in der Definition der österreichischen Bundesfeuerwehren nach­ge­sehen:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 188

Gefahrgut bedeutet  „Stoffe oder Gegenstände, von denen auf Grund ihrer Natur, ihrer Eigenschaften oder ihres Zustandes im Zusammenhang mit der Beförderung Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere für die Allgemeinheit, für wichtige Gemeingüter, für Leben und Gesundheit von Menschen und Tieren ausgehen können.“

Um diese Gefahren hintanzuhalten, denke ich, meine Damen und Herren, ist es notwendig, dass dieses Gesetz immer wieder verändert wird, aktualisiert wird, so wie wir es heute machen. Es geht um eine Präzisierung der Gefahrenkategorien, es geht um Änderungen bei Unfallmeldungen und es geht um Schaffung von Identifizierungs­nummern.

Wichtig erscheint mir auch in diesem Zusammenhang, dass jede Maßnahme zu begrüßen ist, um mehr Sicherheit zu bieten, um Gefahren auszuschalten oder hintan­zuhalten. Vor allen Dingen ist eine gute Zusammenarbeit und ein guter Informations­fluss mit den Einsatzkräften, vor allem mit den Feuerwehren, sehr wichtig, denn diese werden ja gerufen, wenn es wirklich zu einem Unfall kommt.

So gesehen ist diese Novelle ein weiterer Schritt für mehr Sicherheit. Verbesserungen sind notwendig und natürlich auch möglich. Die optimale Sicherheit ist nach wie vor das Ziel unserer Gesetzesänderung. (Beifall bei der SPÖ.)

18.38


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Mir liegen dazu keine weiteren Wortmel­dun­gen vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in Ziffer 168 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist wiederum mehrheitlich, somit auch in dritter Lesung angenommen.

18.38.5511. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (36 d.B.): Über­einkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF); Erklärung gemäß Art. 42 Abs. 1 COTIF 1999 (160 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 87/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung der Koralmbahn (162 d.B.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 189

13. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 74/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der ÖBB-Strukturreform und effiziente Neuordnung im Bereich ÖBB-Infrastruktur (161 d.B.)

 


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 bis 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gelangen damit zur Debatte.

Als erste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. 6 Minuten frei­willige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.39.55

Abgeordnete Mag. Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wie bereits verkündet, geht es jetzt um sehr verschiedene Punkte, die sich doch in einem Thema treffen. Das gemeinsame Thema ist der Ausbau der Infrastruktur Österreichs, eben im Bereich Schiene, und zwar mit der großen Zielbestimmung, einerseits die Verkehrserfordernisse, andererseits die Um­wel­terfordernisse und generell natürlich die Mobilitätsbedürfnisse angesichts des Klimaschutzes finanziell und strukturell optimal zu bedienen.

Ich möchte zuerst zum Antrag der Repräsentanten der Regierungsparteien sprechen, zum Antrag zur Errichtung der Koralmbahn, wobei ich Sie darauf hinweisen möchte, dass dieses große Infrastrukturprojekt (Ruf bei der ÖVP: ... wichtig ist!) vom Finanz­umfang her sicherlich größer ist als die heute Vormittag heftig diskutierte Eurofighter-Beschaffung. Ich habe schon einmal gesagt, die Koralmbahn ist mehr als der „Eurofighter“ der Infrastruktur. Dieses Tunnelprojekt ist im Kontext zu sehen mit einer europäischen Güterverkehrsstrecke, die von Warschau bis nach Mailand führen soll und die Österreich queren könnte – und die vor allem, wenn man von Richtung Warschau unterwegs ist, zuerst einmal auf den Semmering stößt.

Der Bau des Semmeringtunnels ist eine lange, lange Geschichte. Wir wissen, es wird das sehr kontroversiell beurteilt. Und wir wissen weiters, es gibt hiezu noch immer kein projektreifes, kein beschlussreifes Bauvorhaben – und obwohl auf dem Weg von Warschau nach Mailand mit den Gütern vorerst am Semmering die alte Ghega-Strecke befahren wird, investiert jetzt bereits diese Bundesregierung in das Koralm-Projekt, das eine Verbindung zwischen Graz und Klagenfurt darstellt (Abg. Mag. Darmann: Bei Weitem mehr!) und eigentlich von den Erfordernissen her, auch aufgrund der Einschätzung von Verkehrsfachleuten auf den Universitäten, aufgrund der Ein­schätzung von Verkehrsfachleuten in den ÖBB, eigentlich in der Priorität nachgereiht werden müsste.

Ich weiß, es wird in der Steiermark und in Kärnten argumentiert, das habe regional­politische, regionalwirtschaftliche Vorteile; darum wird ja auch in einer Studie von Professor Bökemann an volkswirtschaftlichen Effekten dieses Projekts ein Volumen von 140 Millionen € genannt. Das bleibt jetzt einmal in den Raum gestellt; mir geht es ja eher um die Gesamtkonstellation dieser Strecke.

Im Ausschuss habe ich darauf hingewiesen, die Flachbahn, die durch den Koralm­tunnel ermöglicht werden kann, hat ihr Ende in Villach; das Anschlussstück nach Tarvis hat sozusagen eine Promillesteigerung, die weit über dem liegt, was der Koralmtunnel da bietet. Das heißt, letztlich werden die Güterzüge, die von Warschau bis nach


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Mailand unterwegs sind, nur bis Villach fahren können, eben in der Dimension, in der der Koralmtunnel ausgelegt ist.

Da frage ich mich schon, rein vom volkswirtschaftlichen Verständnis, rein von der Sache der Steuerinvestition her – die ÖBB kann ja das ganze Projekt nur finanzieren, wenn wir im Nationalrat die budgetäre Bedeckung hiefür beschließen –, ob es wirklich sinnvoll ist, dafür 4 Milliarden € dafür zu investieren, dass die Züge schlicht nur bis Villach fahren können und dann wieder umgereiht beziehungsweise geteilt werden müs­sen. Das ist also eine reine volks- und betriebswirtschaftliche Fragestellung, wobei ich glaube, dass die Antwort relativ eindeutig ist, nämlich nein.

Deshalb: Der Koralmtunnel hat für mich nicht jene Priorität, die Sie ihm geben, weil ich in Gesamtdimensionen denke – und meine, dass das Geld vor allem dafür investiert werden sollte, dass angesichts der Mobilitätsnotwendigkeiten für die Pendlerinnen und Pendler, angesichts der Klimaschutznotwendigkeiten, der Umstiegsmöglichkeiten für die Autofahrer, gerade jene Strecken von der ÖBB ausgebaut werden müssten, die im täglichen Pendlerverkehr dringend notwendig sind. Das sind beispielsweise viele Strecken im Umkreis von Wien; das sind viele Strecken teilweise im Umkreis von Linz oder Salzburg, aber auch durchaus in der südöstlichen Gegend Österreichs, auch im Umkreis von Graz. Da brauchen wir Schnellbahnprojekte, S-Bahn-Projekte, ebenso schienengebundene Kombinationsmöglichkeiten, die PendlerInnen verstärkt in die Ballungszentren bringen, damit diese – und das auf kostengünstige und umwelt­gerechte Art und Weise – ein alternatives Mobilitätsangebot haben. Dafür sollten Inves­titionen getätigt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie zusätzliche budgetäre Mittel beschaffen, wenn Sie die flächendeckende Lkw-Bemautung einführen, wenn Sie auch noch beim Pkw die Kostenstruktur ändern, sodass wir zusätzliche Einnahmen haben, dann kann man, wie ich meine, durchaus diskutieren über die Investition in milliardenteure Tunnel, nur: Wenn man diese Ein­nahme­quellen nicht hat, dann soll man doch das budgetäre Geld für jene vielen Men­schen in die Hand nehmen, die das sozusagen täglich brauchen. Aber: Täglich wollen von Graz nach Klagenfurt vielleicht 40 bis 60 Menschen – und diese Menschen brauchen keinen 4 Milliarden € teuren Tunnel. Das geht auf andere Art und Weise; da kann man genausogut Biodiesel-betriebene Busse über die Pack führen, eben für den Pendelverkehr zwischen diesen beiden Landeshauptstädten. Bezüglich Güterverkehr muss ja sowieso spätestens in Villach umgehängt werden. Außerdem könnte man den nach wie vor über den Neumarkter Sattel führen – oder auf der bestehenden Trasse optimiert weiterführen.

Für den Güterverkehr – das können Sie überall nachlesen – spielen ein, zwei, drei Stunden längere Transportzeiten überhaupt keine Rolle. Und für den Urlaubsverkehr – weil Sie, Herr Minister Faymann, im Ausschuss immer so argumentiert haben – spielt der Fahrplan, nicht aber die Fahrtzeit die maßgebliche Rolle.

Schauen wir uns das an: Der Fahrplan ermöglichte es früher, dass man von Wien, von Linz, von Salzburg aus über Nacht nach Venedig fahren konnte. In letzter Zeit ist das aber gestrichen worden. Deshalb: Es bedarf eines verbesserten Fahrplanangebotes, aber nicht diese eine Stunde kürzer wegen des Koralmtunnels. Für den Urlaubsverkehr ist das wirklich völlig irrelevant. (Beifall bei den Grünen.)

Das wäre die sehr ausgiebige Argumentation auf sachlicher Basis zum ersten Prob­lem­bereich, nämlich zum Koralmtunnel. Jetzt noch ganz kurz – wir müssen ohnehin noch einmal intensiv über den Rohbericht des Rechnungshofes diskutieren – zu meinem Antrag über die ÖBB-Strukturreform.

Die Zusammenlegung von ÖBB-Infrastruktur und ÖBB-Bau AG ist in Fachkreisen immer gefordert worden, ist auch vonseiten verschiedener Bahnexperten immer wieder


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in die Diskussion gebracht worden, war auch Thema verschiedenster gewerk­schaft­licher Veranstaltungen – und muss auch Thema sein, Herr Minister Faymann, bei einer Neustrukturierung der ÖBB, einer sozusagen effizienteren Lenkung.

Bereits der Rohbericht des Rechnungshofes hat sehr deutlich gezeigt, dass das jetzige Bundesbahnstrukturgesetz in seinen Zielsetzungen nicht erreicht worden ist – und dass es bei der derzeitigen Führungsstruktur der ÖBB aktienrechtliche Verstöße geradezu en masse gibt. Entweder wir ändern das Bundesbahnstrukturgesetz, sodass real so gearbeitet werden kann, wie jetzt illegal gearbeitet und gelenkt wird – darüber können wir durchaus reden; da ist unser Antrag ein Mittel dazu, um die Infrastruktur Bau und die Infrastruktur Betrieb wieder enger zu vernetzen –, oder aber, wenn Sie das Gesetz nicht ändern wollen, dann müssen Sie zumindest die Führungsstruktur gesetzeskonform einrichten; da muss in Bezug auf die Führungsstruktur auch auf das Aktienrecht Rücksicht genommen werden.

Man kann es doch nicht zulassen, dass eine Holding auf einzelne AGs durchgreift; das geht nicht. Man kann nicht mit einzelnen Konzernbeschlüssen oder Konzernkonferen­zen, Konzernleitlinien hineinregieren. Man kann nicht mit Personalverflechtungen von der Holding her in die einzelnen Aufsichtsräte beziehungsweise Vorstände der selb­ständigen Aktiengesellschaften hineinregieren. Der Rechnungshofbericht hat eindeutig aufgezeigt, dass so etwas nicht gemacht werden kann.

Da, Herr Minister Faymann, stehen Sie unter Handlungszwang! (Abg. Scheibner: Schauen Sie auf das Licht! Das Licht leuchtet!) Und mein Antrag ist ein Hinweis, in welche Richtung Sie handeln sollten, damit das Gesamtunternehmen ÖBB effizienter wird. – Danke schön. (Ruf bei der ÖVP: Redezeit ist aus!) – Ich rede dann beim nächsten Tagesordnungspunkt kaum mehr. (Beifall bei den Grünen.)

18.49


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. 3 Minuten. – Bitte.

 


18.49.23

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich als Vorsitzen­der des Verkehrsausschusses auf eine Anregung des Kollegen Vilimsky eingehen, der gemeint hat, ob es nicht möglich wäre, dass die Sprecher der einzelnen Fraktionen einen Termin beim Herrn Bundesminister haben könnten, wo wir bestimmte Themen­schwerpunkte gemeinsam diskutieren, und dass man dort, wo es sozusagen gemein­same Schnittmengen gibt, diese im Vorfeld diskutieren sollte. Das können wir gerne tun. Ich werde mich jedenfalls darum kümmern, dass eine diesbezügliche Einladung erfolgt. Bitte das nur der Fraktion, dem Kollegen Vilimsky auszurichten, denn er ist jetzt momentan nicht im Saal.

Zum Zweiten, zu den Tagesordnungspunkten, die wir heute hier behandeln: Eisen­bahnverkehr international, Koralmtunnel-Errichtung – Vier-Parteien-Antrag hier im Haus – und Evaluierung der ÖBB-Strukturreform, ist vielleicht kurz zu erwähnen, dass der internationale Eisenbahnverkehr in Europa natürlich entsprechend adaptiert wer­den muss, denn es werden immer mehr Züge international fahren. Es werden immer mehr grenzüberschreitende Züge fahren, es werden die Lokführer in Zukunft über die Grenzen hinweg fahren, es wird keine Wechsel mehr bei den Grenzen geben, und es wird auch mehr Rechte für die Bahnreisenden geben und ab 2009 auch Entschädigun­gen für Verspätungen.

Das heißt, es wird hier eine Reihe von Maßnahmen getroffen, die die Menschen animieren, mehr die Bahn zu nutzen, als das vielleicht bisher der Fall war. Ich halte das


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für gut. Dieses heutige Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr geht auch in diese Richtung, und wir stimmen daher dieser Vorlage gerne zu.

Zur Errichtung der Koralmbahn ist zu sagen, Frau Kollegin Moser, dass natürlich das Argument etwas für sich hat – und ich habe mich auch lange mit diesem Argument beschäftigt –, dass der Nahverkehr zurzeit für die Menschen wichtiger ist und wir möglichst schauen müssen, dass dort, wo momentan das Geld gebraucht wird, sehr rasch etwas getan wird. Das ist schon richtig. Aber wenn man Jahrhundertprojekte machen will und machen muss – denn hätten unsere Vorfahren das nicht gemacht, hätten wir so manche Bahnlinie nicht; die wesentlichen Bahnen sind vor 100 Jahren gebaut worden, und damals haben die Menschen auch nicht allzu viel Geld und Möglichkeiten gehabt –, muss man beides tun: Man muss sowohl große Bauprojekte machen als auch den Nahverkehr im Auge behalten und forcieren.

Das geschieht auch, und ich bin sehr froh darüber, dass wir in der Verkehrspolitik nunmehr Kontinuität haben und vor allem klare Perspektiven gegeben sind. Das zeigt auch die Meldung in der morgigen „Kronen Zeitung“, wo es heißt, dass nunmehr EU-Millionen für den Brennertunnel lockergemacht werden. Es wird nächste Woche ein großes Ministertreffen in Wien geben, wo auch Van Miert, der in der EU federführend ist für das Brenner-Basistunnel-Projekt, in Wien sein wird. Ich danke Herrn Bundes­minister Faymann sehr dafür, dass wir auch dieses Projekt in Angriff nehmen, ein Jahrhundertprojekt, das nicht nur für Tirol, sondern für Österreich eines der größten Bauprojekte sein wird, das wir überhaupt je gehabt haben.

Solche Projekte müssen einmal in Angriff genommen werden, um unseren nächsten Generationen dann die Möglichkeit zu geben, all das, was auch von der grünen Fraktion und anderen Fraktionen gefordert wird, Realität werden zu lassen, denn sonst wird das nie gelingen. Wichtig ist nur, dass, wenn das Projekt in Angriff genommen wird, auch die Rahmenbedingungen entsprechend geschaffen werden, sodass der Lkw in einer Art und Weise besteuert werden muss, dass Bahntunnelfahrten attraktiv wer­den. Diese Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, denn nur dann wird das Gesamtprojekt ein Erfolg werden. Ich danke dem Herrn Bundesminister dafür. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.53


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


18.53.20

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Eine gute Infrastruktur und gute, langfristige Verkehrskonzepte sind wichtige Voraussetzungen für eine gute Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Es geht darum, die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich langfristig zu halten.

Wenn man die unterschiedlichen Ausbaustufen, Ausbaugrade in Österreich näher betrach­tet, erkennt man, Frau Kollegin Moser, dass der Süden benachteiligt ist. Da kann man dazu stehen, wie man will – Faktum ist, dass sicher auch im Süden die Infrastruktur ausgebaut werden sollte.

Ein anderes Problem, das Kollege Eder schon angeschnitten hat, ist natürlich ein ganz wesentliches. Wir erleben eine unglaubliche Zunahme des Verkehrs. Laut Prognosen werden wir auf den Autobahnen, vor allem auf der A 1 und auf anderen großen Durchzugsstrecken, bis zum Jahr 2015 eine Zunahme bei Pkw um 50 Prozent haben, im Lkw-Bereich um 150 Prozent. Das sieht dramatisch aus. Wenn wir diese Zahlen berücksichtigen, dann müssen wir natürlich auch schauen – da hat Kollege Eder völlig


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recht –, ob wir nicht die Kosten, die aufgrund der Belastung durch Lkws entstehen, irgendwo gerecht unterbringen können. Es geht um Kostenwahrheit und um differen­zierte Zuteilung dieser Kosten. Das heißt, wir müssen natürlich auch im Rahmen einer vernünftigen Verkehrspolitik dieser steigenden Mobilität gerecht werden und müssen einer ungehemmten Mobilität entgegentreten. Und da gehört Kostenwahrheit dazu.

Da gehört auch die Frage nach der Umweltbelastung durch den Individualverkehr dazu, aber auch die immensen Straßenschäden, die wir im Bereich des Lkw-Verkehrs erleben. Und das extremste Beispiel – Sie werden es kennen –: Vor Kurzem ist die Altersbergbrücke auf der A 10, der Tauernautobahn, fast zusammengebrochen, und schuld daran, dass die sündteure Brücke im Bereich Gmünd fast zusammengebrochen ist, war ein einziger Lkw! Diese Kosten muss jetzt die Allgemeinheit tragen. Wäre die Brücke ganz zusammengebrochen, wäre das natürlich auch eine Gefahr für die Bevöl­kerung vor Ort gewesen.

Das heißt, das sind Kosten, über die wir reden müssen, und da gibt es Gefahren und Entwicklungen, die wir nicht aus dem Auge lassen dürfen.

Eine erfolgreiche Verkehrspolitik muss somit auch eine nachhaltige Mobilität im Auge haben, und dieser Modal Split, das Verhältnis zwischen Eisenbahn, zwischen Bahn und Straßenverkehr, ist natürlich ein Punkt, der vor allem auf den Hauptkorridoren beachtet werden muss.

Und das ist genau der Punkt, wo wir uns entscheiden müssen. Wir als Freiheitliche Partei haben uns entschieden, ein Bekenntnis zur Bahn abzugeben. Das ist die Entwicklung, die wir in Zukunft haben wollen, und wir legen deswegen auch ein klares Bekenntnis zum Ausbau der Schiene ab, im Personenverkehr wie auch im Güter­verkehr.

Zu Ihren Einwänden, Frau Kollegin Moser: So ganz verstehen kann ich diese nicht. Wenn Sie von Flachbahn sprechen, möglicherweise auch davon, diesen Korridor, der von Danzig nach Bologna führt, über Umwege an Österreich vorbeizuführen, muss ich sagen, das wäre natürlich ein großer Schaden für uns. Das wäre ein wirtschaftlicher Nachteil, und das wäre auch ein Nachteil für die Wertschöpfung dieses Landes. Das müssen Sie erkennen. Und die Argumente, dass im Tunnel Urlaubsverkehr stattfinden würde, und dass das vielleicht 40 bis 60 Personen pro Tag wären, die von Graz nach Klagenfurt pendeln, sind überhaupt nicht schlagend. Das ist völliger Unsinn. Darauf möchte ich überhaupt nicht eingehen, denn das hat überhaupt keine Relevanz.

Faktum ist, der Koralmtunnel kostet wahrscheinlich bis zur Fertigstellung im Jahr 2018 5 Milliarden €. Auch der Semmering-Basistunnel kostet 2,2 Milliarden € bis zur Fertig­stellung 2020. Aber, Frau Kollegin Moser: Rechnen Sie diese Summe hoch und vergleichen Sie das, was dabei herauskommt, dann mit dem täglichen Aufwand für die Straßennetze und für die Lkw-Verkehrsaufkommen, die wir in Österreich haben! Gehen wir auch auf diese Frage vernünftig ein, indem wir auch die Umwegrentabilität berücksichtigen, denn diese ist auch wichtig.

Das heißt, diese großen Projekte, die historische Dimensionen haben, müssen wir im Auge haben. Das ist nicht kurzes Klein-Klein-Denken von heute auf morgen, und ich bitte Sie, auch das noch einmal neu zu überdenken. Wenn ich Ihrer Argumentation folgen würde, Frau Kollegin Moser, dann müssten wir auch unrentable Wasserleitun­gen hinterfragen, dann müssten wir unrentable ländliche Wegenetze hinterfragen, dann müssten wir auch unrentable Nebenbahnen hinterfragen. Das sind alles Dinge, die auch nicht unbedingt rentabel sind, die nicht unbedingt dazu beitragen, dass wir mehr Geld im Topf haben, aber sie sind trotzdem wichtig. Infrastruktur kostet eben etwas, und dazu müssen wir uns bekennen.


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Gott sei Dank haben wir nun einen Vier-Parteien-Antrag, der sich auf diese wichtigen Zukunftsprojekte bezieht. Wir sind sehr froh darüber, dass sich auch Herr Minister Faymann dazu bekannt hat, dass auch die SPÖ und das BZÖ da mitgegangen sind, weil das eben eine Dimension ist, die über Jahre reicht, und weil sie wirklich zum Vorteil nicht nur des Südens, sondern der ganzen Verkehrsentwicklung im mitteleuro­päischen Raum ist. (Beifall bei der FPÖ.)

18.58


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.58.45

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Frau Kollegin Moser hat dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass der Staat, der Bund sehr viel Geld ausgibt für die Infrastruktur, überhaupt für den Schie­nen­verkehr. Auch ich möchte das noch einmal in Erinnerung rufen, weil wir heute auch eine so intensive Eurofighter-Diskussion gehabt haben.

In 20 Jahren geben wir für den Eurofighter rund 2 Milliarden € aus, aber jährlich geben wir für die österreichische Schieneninfrastruktur rund 4,5 Milliarden aus! Jährlich! Das möchte ich nur in diesem Zusammenhang sagen. (Abg. Riepl: Das kann man nicht vergleichen!) Ich will überhaupt nicht das eine gegen das andere ausspielen, sondern ... (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Regen Sie sich doch nicht gleich auf! Ich sage nur: Wir haben hier eine hohe Verantwortung, dieses Geld richtig einzusetzen und uns genau zu überlegen, wie wir das tun können, um das Geld auch entsprechend effektiv zu nutzen.

Deshalb halte ich es auch nicht für sinnvoll, sozusagen den Pendlerverkehr gegen den Ausbau der Infrastruktur auszuspielen, denn wir brauchen beides: Wir brauchen selbstverständlich den Ausbau des Nahverkehrs, wir brauchen mehr Effizienz auch im Nahverkehr, wir brauchen auch entsprechende Reformen dazu – und wir brauchen natürlich auch den langfristigen Ausbau der Infrastruktur, um die internationalen Verkehrsströme bewältigen und den Wirtschaftsstandort Österreich sichern zu können.

Ich glaube, wir sind gerade auch im Verkehrsbereich ganz gut unterwegs – und ich verweise in diesem Zusammenhang nur auf die Infrastrukturoffensive der letzten Jahre, die ich als richtig und notwendig erachte. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

Frau Kollegin Moser, das, was Sie hier etwa zur Reform – besser: zu einem Zurück­drehen der Reform – in Bezug auf die Eisenbahnstruktur gesagt haben, ist nicht richtig. Diese Reform ist sehr wohl dabei, ihr Ziel zu erreichen. Festhalten möchte ich auch, dass der Rechnungshof keineswegs diese Strukturreform an sich kritisiert hat, sondern dass der Rechnungshof meint, dass die zuständigen Organe, nämlich Vorstand und Aufsichtsrat, nicht immer dem Gesetz ausdrücklich entsprochen haben. Das ist im Übrigen auch meine grundsätzliche Position dazu, eine Position, in der ich mich vom Rechnungshof durchaus bestätigt fühle.

Einen Hinweis möchte ich in diesem Zusammenhang allerdings schon machen: Es handelt sich dabei noch um den RH-Rohbericht; das heißt, die Stellungnahme der ÖBB und des Verkehrsministeriums dazu sind da noch nicht berücksichtigt.

Hinweisen möchte ich auch darauf, dass der Planungshorizont für diese Reform bis zum Jahre 2010 reicht und dass nach den jetzigen Planungsrechnungen und Ergeb­nissen sehr wohl die Ziele erreicht werden. Das Bilanzergebnis 2006 ist eines der


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besten in der Geschichte der Österreichischen Bundesbahnen. Sie sind also gerade mit dieser neuen Struktur auf dem richtigen Weg – und wir sollten das daher hier nicht schlechtreden, sondern die ÖBB dabei unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.02


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hradecsni. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


19.02.49

Abgeordnete Bettina Hradecsni (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Wie wir bereits gehört haben, debattieren wir jetzt über den Ausbau der Schieneninfrastruktur. Das ist auch sehr schön und sehr wichtig – und durchaus wichtig ist es auch, dass wir über den Koralmtunnel sprechen beziehungsweise über andere Großprojekte. Nur: Diese haben – wie bereits meine Kollegin Gabi Moser ausgeführt hat – den Nachteil, dass die budgetäre Bedenkung eben keineswegs gewiss, sondern – ganz im Gegenteil – äußerst schwierig ist.

Darüber gibt es auch, wie ich meine, Konsens, dass es natürlich auch regionale Projekte geben müssen, und ein spezielles Beispiel für ein Regionalprojekt ist die Thayatalbahn. Die Thayatalbahn wurde durch den Eisernen Vorhang unterbrochen – und der grenzüberschreitende Verkehr zwischen Fratres in Österreich und Slavonice in Tschechien wurde bisher nicht wieder aufgenommen. Das bedeutet, dass es seit mehr als 16 Jahren Bemühungen gibt in Bezug auf die Errichtung eines Teilstücks von 5,4 Kilometern, und zwar von Waldkirchen an die tschechische Grenze. Die Kosten für den Bau dieses Teilstück hätten in den Jahren 2004/2005 7 Millionen € ausgemacht; das wäre auch von der EU gefördert worden. Aber: Trotz Bekenntnissen aller politischen Parteien und Mandatare hinsichtlich der Unterstützung der Wiedererrich­tung dieser Bahnlinie ist dies nicht gelungen, sondern es ist leider Gottes nur bei Absichtserklärungen geblieben. Vereinbarungen zwischen dem Land Niederösterreich, den ÖBB und der Bundesregierung wurden bis jetzt nicht in die Tat umgesetzt.

Mittlerweile hat sich dieses Projekt auf Grund von Hochwasserschäden leider ver­teuert, und zwar auf etwa 27 Millionen €. Angesichts der Sinnhaftigkeit dieses Pro­jektes und im Hinblick auf die Belebung der ganzen Region, die die Realisierung dieses Projektes mit sich bringen würde, sind das ja geradezu geringfügige Mittel. Und es ist doch wirklich nicht in Ordnung, diese überregionale Bahnverkehrsachse zwischen Niederösterreich und dem südböhmischen Raum nicht zu nutzen.

Der Niederösterreichische Landtag hat am 13. Juni 2007 diesbezüglich eine einstim­mige Entschließung gefasst – und deshalb möchte ich jetzt auch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hradecsni, Freundinnen und Freunde betreffend die Wieder­inbetrieb­nahme und Weiterführung der Thayatalbahn

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie werden aufgefordert, dem einstimmigen Beschluss des Niederöster­reichischen Landtages vom 13.6.2007, entsprechend dem Zusammenwirken mit den


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ÖBB, eine Entscheidung zugunsten der Reaktivierung der Thayatalbahn bis spätestens Frühjahr 2009 zu erwirken.

*****

Dieses Datum ist insofern sehr wichtig, weil im Frühjahr 2009 die erste österreichische grenzüberschreitende Landesausstellung zwischen Telc, Horn und Raabs abgehalten wird. Bisher kennen wir nur die Aussagen von ÖBB-Chef Martin Huber dazu, der ge­meint hat, dass es zu keiner Reaktivierung der Thayatalbahn anlässlich dieses Ereignisses kommen werde, sondern dass es lediglich einen Busverkehr geben werde. Gleichzeitig gibt es allerdings eine Anfragebeantwortung von Ihnen, Herr Minister Faymann, dass diese Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind.

Daher meine Bitte: Wenn man schon so große Projekte ins Auge fasst, vergessen Sie bitte nicht, dass auch kleine regionale Projekte ungemein wichtig sind, und zwar ungemein wichtig für die Menschen vor Ort, und ich bitte Sie, das zu berücksichtigen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.07


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Frau Abgeordneter Hradescni soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hradecsni, Freundinnen und Freunde betreffend Wiederinbe­triebnahme und Weiterführung der Thayatalbahn

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Verkehrsausschusses über  den Antrag 87/A (E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errich­tung der Koralmbahn (162 d.B.)

Während im Schienenbereich Großprojekte, die vor allem den Interessen der Bau­industrie und der dahinterstehenden Großbanken dienen, trotz fehlender Wirtschaftlich­keit und Luftschloss-Finanzierung umgesetzt werden sollen, kommen kleinere Projekte, die vergleichsweise preiswert und für Bevölkerung und Wirtschaftstreibende in den Regionen wichtig und auch kurzfristig verkehrswirksam wären, nicht zustande.

Ein Beispiel hierfür ist das jahrelange Gezerre um die Thayatalbahn. Die Thayatalbahn stellt eine wichtige regionale Verkehrsachse des Waldviertels dar. Durch den Eisernen Vorhang wurde der grenzüberschreitende Verkehr zwischen Fratres und Slavonice unterbrochen und nicht wieder aufgenommen. Zuletzt wurde die Bahn als Güter­verkehrsstrecke bis Waldkirchen, als Personenverkehrsstrecke nur mehr bis Waid­hofen an der Thaya geführt. Das Hochwasser des Jahres 2006 hat darüber hinaus die Bahnstrecke in mehreren Abschnitten zerstört, sodass nunmehr alle Verkehre in Waidhofen an der Thaya enden.

Seit dem Fall des Eisernen Vorhanges und insbesondere durch den Beitritt Tschechiens zur EU wurden die Pläne einer Wiedererrichtung der auf wenigen Kilo­metern fehlenden Bahntrasse zwischen Fratres und Slavonice intensiv betrieben. Eine überregionale wichtige Bahnverkehrsachse zwischen NÖ und dem süd­böhmi­schen Raum um Jihlava/Iglau wäre dringend notwendig. Bevölkerung und Wirtschaft der


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Region haben zahlreiche diesbezügliche Initiativen gestartet. Politische Mandatare aller Parteien haben sich zustimmend geäußert und Zusagen gemacht, sich für die Wiedererrichtung und den grenzüberschreitenden Betrieb der Bahnlinie einzusetzen. Es wurde auch eine Studie durch die ÖBB durchgeführt, welche den Bedarf vor allem im Güterverkehr positiv bewertete. Die NÖ Landesregierung hat die Erstellung des Bauprojektes veranlasst und finanziert.

Absichtserklärungen und Vereinbarungen zwischen dem Land NÖ, den ÖBB und der Bundesregierung wurden bislang allerdings leider ebensowenig in die Realität umge­setzt wie diverse politische „Zusagen“ oder „Vereinbarungen“.

Erinnert sei hier etwa an das mit einigem Pomp vorbereitete „Memorandum zur Wiederinbetriebnahme der Thayatalbahn“, worüber in den Medien zu lesen war:

„Im Büro von Staatssekretär Kukacka wurden am 22. Dezember (2005, Anm.) die Weichen für eine neue Zukunft der Thayatalbahn endgültig auf Grün gestellt. (...) ‚Diese Bahn passt in das regionalpolitische Konzept der Europäischen Union und stärkt die regionale Integration und Zusammenarbeit’, stellt Kukacka klar. (...) Damit geht es bei dem von den Ministern zu unterfertigenden Memorandum nur mehr um Details. Nationalratsabgeordneter Erwin Hornek unterstrich das Interesse der Region Waldviertel an der Wiederinbetriebnahme des Bahngrenzüberganges. Besonders der Transport von Holz sollte über diese Strecke erfolgen. (...)“

Dem Beitrag war ein staatstragendes Foto beigefügt, das NR-Abg. Hornek (ÖVP) und den damaligen Verkehrsstaatssekretär Kukacka (ÖVP) zusammen mit Tschechiens damaligen Vizeverkehrsminister Vojtech Kocourek hinter Flaggenwimpeln bei der Arbeit zeigte.

Seitens der ÖBB wurde kürzlich eine Reaktivierung der Strecke ausgeschlossen, zugleich wurde jedoch in einer Budgetanfragenbeantwortung des Verkehrsministers an einen NR-Abgeordneten erst im Frühjahr 2007 festgehalten, dass die Verhandlungen „noch nicht abgeschlossen“ seien.

Ungeachtet dieser politischen Wirrnisse wurden die durch das Hochwasser 2006 entstandenen Schäden bislang jedenfalls nicht saniert, sodass jeglicher Bahnbetrieb über Waidhofen an der Thaya hinaus zurzeit eingestellt und verunmöglicht ist.

Der Niederösterreichische Landtag hat jedoch am 12.6.2007 eine einstimmige Ent­schließung gefasst, in der die Landesregierung aufgefordert wird, an BM Faymann sowie an die ÖBB heranzutreten, um eine Entscheidung zu Gunsten der Reaktivierung der Schienenstrecke bis spätestens Frühjahr 2009 zu erwirken.

Da sich diesbezüglich offensichtlich alle Parteien einig sind, sollte eine entsprechende Willensäußerung des Nationalrats ebenfalls kein Problem sein.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, dem einstimmigen Beschluss des NÖ Landtags vom 13.6.2007 entsprechend im Zusammenwirken mit den ÖBB eine Entscheidung


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zugunsten der Reaktivierung der Thayatalbahn bis spätestens Frühjahr 2009 zu erwirken.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Bundesminister Faymann zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


19.07.35

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Werner Faymann: Wer­ter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz auf die bisherige Diskussion eingehen, weil diese doch eine so wichtige Frage wie die Zukunft unserer Bahn betrifft, auch wenn es da um kleinere Projekte, wie etwa die Thaya­talbahn, wie wir jetzt gerade gehört haben, geht, aber auch um größere Projekte wie etwa die Koralmbahn, über die hier davor diskutiert wurde.

Die Zukunft der Bahn entscheidet sich ganz wesentlich in ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Das heißt nicht, dass ich geringschätzen würde, dass auch Nebenbahnen, dass Bahnen von regionaler Bedeutung, dass Bahnen von lokaler Bedeutung wichtig sind. Wir versuchen, gemeinsam mit den Ländern erstens über Kostenbeiträge zu reden und zweitens natürlich auch über die Sinnhaftigkeit – in der Abstimmung etwa mit Bus­konzepten – Lösungen herbeizuführen, und zwar möglichst sparsame und für alle leistbare Lösungen.

Die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn – das ist natürlich auch die Aufgabe des Manage­ments; daher hat ja auch das ÖBB-Management mehrfach dazu Stellung genommen – entscheidet sich im Wesentlichen darin, ob es in Zukunft gelingen wird – wie das etwa in der Schweiz der Fall ist –, statt einem Transport von einem Drittel aller Güter zwei Drittel des Gütertransports auf die Schiene zu verlagern.

Zu den Hauptstrecken in diesem Zusammenhang gehört der Koralmbahn-Tunnel, würde auch ein Semmering-Tunnel gehören, ebenso das gemeinsam von der Bundes­regierung betriebene Projekt eines raschen Baus des Brennerbasis-Tunnels. Und ich bin überzeugt davon, dass wir in dieser Generation besondere finanzielle Anstren­gungen machen müssen, um diese Strecken durch – zugegebenermaßen – sehr teure Tunnels leistungsfähig zu machen.

Andererseits ist es aber auch jenen zu verdanken – das sage ich als jemand, der längere Zeit in Wien tätig war –, die sich zu einem Zeitpunkt für den Bau der Wiener U-Bahn entschieden haben, als sehr viele noch gewarnt und gesagt haben, diese Inves­titionen seien viel zu groß, dass die Wiener U-Bahn heute eines der attraktivsten öffentlichen Verkehrsmitteln ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Dasselbe gilt für die Schweizer. Die Schweizer haben heute so viel Tunnelstrecke, wie wir an Tunnelstrecke zur Verfügung haben werden, wenn wir bis zum Jahr 2020 die auch von den Vorrednern erwähnten 20 Milliarden € investiert haben werden.

Es gibt also auch den richtigen Zeitpunkt für diese Projekte, von denen wir überzeugt sein müssen – für die Menschen, die vergleichen: Wie lange brauche ich mit dem Flugzeug, wie lange brauche ich mit dem Auto, und wie lange brauche ich mit der Bahn?, sind diese Beschleunigungen ganz dringend notwendig –, die sich aber nicht in einem Jahr, auch nicht in zehn Jahren, sondern in Jahrzehnten für die Zukunft unseres Landes rechnen.

Ich möchte daher als Letztes nur noch ein Argument anführen: Wenn wir in der Klimaschutzdiskussion ernsthaft über Möglichkeiten der Verkehrspolitik reden, kom­men wir sehr schnell zu Vorschlägen, die sehr kontroversiell diskutiert werden, weil sie


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mit hohen Belastungen für die Autofahrer verbunden sind. Wenn wir es aber abseits von Vorschlägen, Autofahrer so hoch zu belasten – und solche Vorschläge kommen immer wieder –, dass sich ein Teil aus Kostengründen, auf Grund des Einkommens ein Auto nicht mehr leisten kann und darauf verzichten muss – es gibt Menschen, die sich nicht aus Umweltüberlegungen, sondern auf Grund eines zu geringen Einkommens keinen Neuwagen nach dem letzten technischen Stand kaufen können –, ernst meinen mit einer Schadstoffreduktion und keine soziale Differenzierung des Autoverkehrs anstreben, bleibt uns, da wir wissen, dass der Transit insbesondere der neuen Mitgliedsländer durch ihr Wirtschaftswachstum noch stärker und nicht geringer werden wird, gar nichts anderes übrig, als in dieser Verantwortung geschlossen und gemein­sam jetzt und in den nächsten Jahren diese hohen Investitionen für die erwähnten Projekte, vom Koralmtunnel bis hin zum Brenner-Basistunnel, zu tätigen. Nur dann leisten wir einen Beitrag, der über das Tagesgeplänkel hinausgeht, für eine konkur­renz­fähige, für eine umweltfreundliche Bahn. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.12


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.12.51

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Der Ausbau der Infrastruktur ist einer der wichtigsten Punkte in Österreich, um Österreich an die Transnationalen Netze anzubinden.

Ich bin vollkommen Ihrer Meinung, wenn Sie sagen, es gibt Hauptstrecken, die Priorität haben, die ausgebaut werden müssen, wie der Brenner-Basistunnel, der Nord und Süd verbindet, und der Koralmtunnel. Beim Koralmtunnel kommt halt eines dazu: Vom Bundesland Kärnten kommt man mit der Bahn nur über einen Pass oder durch einen Tunnel in ein anderes Bundesland. Das ist auf Grund der besonderen regionalen Situation Kärntens so.

Die beiden Bundesländer im Süden und Südosten Österreichs, die Steiermark und Kärnten, haben sich darauf geeinigt, zwischen Graz und Klagenfurt eine schnelle Verbindung durch einen Tunnel herzustellen, um die Wegzeit zu verkürzen.

Auf der anderen Seite gibt es die Baltisch-Adriatische Achse, die an Österreich eventuell vorbeigehen würde. Daran sind aber auch die Italiener im oberitalienischen Raum, Friaul und Julisch Venetien, nicht interessiert, da die Slowenen nicht daran interessiert sind, diese Strecke nach Triest weiterzubauen, weil sie ihre eigenen Häfen als Anschluss haben wollen und nicht Triest. Diese Strecke wäre aber für die Italiener im oberitalienischen Raum auch sehr wichtig.

Herr Bundesminister! Die beiden Bundesländer Kärnten und Steiermark haben sich im Jahr 2004 darauf geeinigt und sind bereit, einen wesentlichen Beitrag auch dazu zu leisten, je 140 Millionen €, dass dieses Projekt etwas vorgezogen wird.

Ich finde es bedauerlich, dass Sie der Priorität des Zentralraums Kärnten keine Bedeutung beimessen, wie Sie es das letzte Mal gesagt haben. Es geht dabei vor allem um den Schienenverkehrsknoten und den Verschiebebahnhof in Fürnitz – Kollegin Moser hat das angeschnitten –, darum, dass die Flachbahn in Arnoldstein endet und die Züge wegen der Steigung umgestellt werden müssen und nichts weitergeht. Die Zeit vergeht, und in ein paar Jahren wird es völlig uninteressant sein, ob eine Steigung da ist oder nicht, denn die Technik macht es möglich.

Dort stößt auch die Tauernachse dazu, und der Bahnverkehr wird dort verteilt in Richtung Südosteuropa, also nach Slowenien und weiter nach Kroatien, und in den oberitalienischen Raum. Da treffen eben zwei Achsen zusammen: auf der einen Seite


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die Baltisch-Adriatische Achse und auf der anderen Seite die Tauernachse. Deswegen ist dieser Zentralraum auch so wichtig.

Bürgermeister Manzenreiter würde sich natürlich auch freuen, wenn das im Umkreis von Villach ausgebaut wird, keine Frage. Ich weiß schon, dass man nicht alles auf einmal machen kann, aber bitte beherzigen Sie auch dieses Projekt und verlieren Sie es nicht aus den Augen. All das ist langfristig zu sehen, natürlich nicht kurzfristig, aber es ist auf jeden Fall wichtig.

Frau Kollegin Moser, ganz kurz noch einmal zu Ihnen. Wenn Sie die Koralmbahn mit dem Eurofighter vergleichen und die Koralmbahn als den Eurofighter der Infrastruktur bezeichnen, so sage ich Ihnen: Die haben eines gemeinsam: Der Eurofighter ist ein schnelles modernes Flugzeug, und die Koralmbahn ist eine schnelle Bahn, die zwei Landeshauptstädte irrsinnig schnell verbindet. (Beifall beim BZÖ.)

19.16


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haber­zettl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


19.16.13

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir können die ganze Nacht hindurch hier am Rednerpult stehen, aber eines wird uns nicht gelingen: die ÖBB-Reform 2003 gesundzureden. Sie ist schlichtweg eine misslungene Reform, und das Unternehmen leidet enorm darunter. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der FPÖ: So, wie bei uns bei der Polizei!) Und Sie, Herr Kollege Dolleschal (Ruf bei der ÖVP: „Dolleschal“?), tragen ein gerüttelt Maß an Verantwortung für dieses Problem.

Ein Vorredner hat gesagt, die Bilanz sei so wunderbar. Ich ersuche Sie, Herr Kukacka: Schauen Sie es sich genau an! Das Unternehmen wurde nämlich in einem Bereich wirklich gut bedient: bei der Eigenkapitalausstattung und bei der Kreierung der Rück­stellungen. Das Unternehmen lebt heute noch von den alten ÖBB mit den guten Bilanzen. Das ist die Wahrheit – Fachleute werden das feststellen, wenn sie es überprüfen. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dolinschek.)

Ich denke, dass Kollegin Moser mit den meisten ihrer Argumente richtig liegt. Es ist nämlich schlichtweg ein unternehmerischer und wirtschaftspolitischer Fehler, einem Unternehmen per Gesetz bis in die dritte Organisationsstufe die Struktur vorzugeben.

Es ist schlichtweg ein großer wirtschaftlicher Fehler, die Trennung eines Organisations­bereiches, nämlich der Bauabwicklung, per Gesetz zu vollziehen. Sie werden wahr­scheinlich keinen Bauunternehmer finden, der sagt: Ich trenne mein Bauunternehmen willkürlich, weil es für die Buchhaltung einfach besser ist! – Das ist schlichtweg Schwachsinn.

Frau Kollegin Moser, Ihr Antrag ist aber leider schon etwas älter und die Realität hat ihn, denke ich, schon ad absurdum geführt. Es wird hier sehr viel versucht, um die politischen Fehler der Vergangenheit – die Erbschaft der alten Bundesregierung tritt ja hier sehr hart zutage – auszugleichen. (Abg. Dolinschek: Sieben Jahre waren zu wenig, um Ihre Erbschaft aufzuarbeiten!)

Wir haben in den letzten Monaten 4 500 Arbeitnehmer aus der Betriebs AG in die Bau AG transferiert, und es werden wohl die neuen Organschaften eine vernünftige Strukturdiskussion und letztendlich auch eine Kompetenzdiskussion zu führen haben. Ich denke, der Gesetzgeber soll erst dann aktiv eingreifen, wenn das Management letztendlich auf Grund der Struktur 2003 eine gesetzliche Änderung braucht.


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Das Unternehmen ÖBB hat es sich verdient, dass in Zukunft gemeinsam eine ver­nünftige politische Lösung gefunden wird. So, wie es jetzt ist, kann sie die Zukunft nicht bewältigen.

Herr Minister, ich wünsche Ihnen bei Ihrer Aufgabe sehr viel Kraft und Glück. (Beifall bei der SPÖ.)

19.19


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon ist der nächste Redner. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


19.19.12

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Ich habe mich jetzt fast ein bisschen geschreckt, wie Herr Kollege Haberzettl über sein Unternehmen geredet hat. (Abg. Faul: Der Einzige, der sich wirklich auskennt!)

Ich denke, die ÖBB haben in den letzten Jahren in Richtung Kundenorientierung Riesen­schritte getan. Das zeigt sich auch daran, dass die ÖBB als Beförderer viel, viel stärker und besser angenommen wurden. (Beifall bei der ÖVP.)

Die ÖBB haben Steigerungen im Bereich des Gütertransports, sie haben Steigerungen im Bereich des Personenverkehrs. Also da stimmt die Richtung.

Ich denke – und da bin ich sehr Ihrer Meinung, Herr Minister –, Wettbewerbsfähigkeit heißt auch, auf dem Markt gute Preise erzielen zu können, heißt, Kunden zu haben, die einen guten Preis bezahlen, und das muss, glaube ich, unser gemeinsames Ziel sein.

Sie haben ja ein besonders interessantes Ministerium, ein Ministerium, wo Projekte über 15, 20 Jahre geplant und gebaut werden müssen. Deshalb ist es wichtig, dass wir auch über Wahlen hinaus hier an Plänen festhalten, dass wir nicht alle zwei, drei Jahre die Prioritäten wechseln. Ich danke Ihnen, dass Sie bei den Hauptprioritäten wirklich auch die Linie gehalten haben – und die Hauptprioritäten heißen Brenner, heißen Westbahn und heißen auch Verbindung in Richtung Steiermark und Kärnten. (Beifall bei der ÖVP.)

19.20


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.20.58

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Der Organisation für internationalen Eisenbahnverkehr gehören mitt­lerweile 42 Staaten, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, an, und betreffend Erklärung zum internationalen Eisenbahnverkehr möchte ich darauf hin­weisen, dass die Bestrebungen zur internationalen Harmonisierung auch der tech­nischen Standards weitergehen müssen, um die Effizienz des internationalen Schie­nenverkehrs zu steigern und die Wettbewerbsfähigkeit mit dem Güter- und Personen­verkehr auf der Straße herzustellen. Herr Minister Faymann hat es ja in seiner kurzen Stellungnahme angesprochen, wie wichtig die Wettbewerbsfähigkeit des Schienen­verkehrs auch in puncto Klimaschutz ist.

In diesem Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehe ich die vorliegende Erklärung betreffend den internationalen Eisenbahnverkehr als Zwischenschritt, um der tech­nischen Normierung die notwendige Zeit und den Eisenbahnunternehmen die notwendige Rechtssicherheit zu geben.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 202

Sehr geehrte Damen und Herren, dass Österreich viel für den internationalen Schie­nenverkehr tut, ist unbenommen, das ist klar, das wissen wir. Dass unser Bundes­minister Faymann aufgrund seiner zukunftsorientierten Verkehrspolitik in der Zukunft noch mehr tun wird, ist aus meiner Sicht sehr zu begrüßen.

Sehr geehrter Herr Minister, ich wünsche dir viel Erfolg für die Umsetzung des zukunftsorientierten Rahmenplanes, vor allem betreffend den Schienenverkehr! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.23


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Kol­legin.

 


19.23.00

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Besonders wichtig ist im Eisen­bahn­verkehr auch eine bessere internationale Zusammenarbeit, nicht nur im techni­schen Bereich mit den Änderungen, die wir heute vornehmen, sondern ganz beson­ders auch im wettbewerblichen Bereich. Wir wissen, dass alle ehemals staatlichen Bahnen sich ausgesprochen schwer damit tun, auf ihrem eigenen Infrastrukturnetz auch die Konkurrenz von nebenan fahren zu lassen. Und ich bin froh, dass es im Zuge der letzten Reformen zumindest gelungen ist, dass in Österreich das zarte Pflänzchen eines Wettbewerbes für die ÖBB zu wachsen beginnt.

Ich bin aber auch froh darüber, dass wir mit der neuen Struktur und dem erfolgreichen Management in den meisten Bereichen dazu beigetragen haben, dass die ÖBB auch auf anderen Märkten, in Nachbarländern, zu einem ernst zu nehmenden Mitbewerber wird, und ich wünsche dem Unternehmen eine erfolgreiche Entwicklung in diese Richtung. Ich glaube, dass langfristig nur so der Bestand des Unternehmens zu sichern ist.

Herr Kollege Haberzettl, ich erinnere mich Jahre zurück; es war noch Dr. Einem Ver­kehrsminister, und er hat sich damals in kleinerer Runde viele Dinge, die wir erst mit den letzten Reformen umsetzen können, gewünscht und gesagt: Es ist leider so schwierig, es geht halt nicht mit den Gewerkschaften!

Ich persönlich habe die Hoffnung nicht ganz aufgegeben, dass Sie sich Ihrer neuen Rolle hier im Hohen Haus bewusst sind, dass Sie jetzt nicht mehr nur noch für die Gewerkschaften, sondern auch für den Gesamtstaat Mitverantwortung tragen, und freue mich auf die Zusammenarbeit. (Beifall bei der ÖVP.)

19.25


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi. Ebenfalls 2 Minuten. – Bitte.

 


19.25.05

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, wenn wir über die internationalen Bahnverbindungen sprechen, dann müssen wir heute auch dem Herrn Verkehrsminister gratulieren zu seinen Zukunftsprojekten, von denen mor­gen in den Medien zu hören sein wird: Hunderte Millionen Euro werden aufgewendet für die Finanzierung des Zukunftsprojektes „Bozen – Innsbruck in knapp 50 Minuten“, um den Schwerverkehr auf die Schiene zu bringen. Wir sind stolz, dass über die Projekte nicht nur gesprochen wird, sondern dass auch deren Finanzierung gesichert wird.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 203

Zur Bahn gehören natürlich aus technischen Gründen auch die Tunnels; wir sind auch für die Koralmbahn. Viele haben geglaubt, der Herr Minister stünde nicht zu den Ver­trägen. Ich kann sagen: Er steht sehr wohl zu den Verträgen! Neben der Koralmbahn muss ich natürlich als Niederösterreicher auch erwähnen, dass der Semmering-Tunnel genauso wichtig ist – aus niederösterreichischer wie aus steirischer Sicht, Herr Kollege Missethon, das wissen wir alle.

Der Semmering-Tunnel gehört natürlich zu dem Bahnprojekt „Südbahn“, und dieses Bahnprojekt ist genauso wichtig wie der Koralmtunnel. Man soll das Projekt im Gesamten sehen und soll nicht nein sagen, sondern sowohl als auch. Auch wenn die Politik dieses Projekt bei gewissen Landespolitikern nur in homöopathischen Dosen voranbringt, sind wir Niederösterreicher trotzdem der Meinung, dass der Semmering-Tunnel auf jeden Fall dazugehört. – Recht herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.26


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


19.26.42

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Staats­sekretärin! Ich habe mich deshalb jetzt noch zu Wort gemeldet, weil ich den Ausführun­gen von Kurt Eder, aber auch von Ihnen, Herr Minister, gelauscht habe. Kurt Eder wies darauf hin, man müsse Nahverkehr und Fernverkehr in einem sehen, und Sie, Herr Minister, führten aus, wie die Bedeutung des U-Bahnbaues in Wien zu sehen.

Auf die geschichtliche Betrachtungsweise des U-Bahnbaues der sechziger Jahre gehe ich jetzt nicht ein, wiewohl das eine interessante Diskussion wäre, wie es wirklich damals dazu kam. Ich möchte eher kurz vom Projekt „Bahnhof Wien – Europa Mitte“ reden, das heißt vom Zentralbahnhof, und da ein wenig die Verkehrsplanung von Wien kritisieren – nicht die Stadtplanung, sondern die Verkehrsplanung –, wobei man ja, glaube ich, parteiübergreifend für das Projekt Zentralbahnhof ist.

Das Problem ist nur ein bisschen die Frage der U-Bahn-Anbindung, und es würde, glaube ich, niemandem – und es wurden ja gerade die Medien angesprochen – ein Stein aus der Krone fallen, wenn man noch einmal die U-Bahn-Anbindung des Zentral­bahnhofes in Wien debattierte. Momentan ist es ja so, dass nur die U 1 den Bahnhof erreicht, und die U 1 ist ja eher schon ein überlasteter Verkehrsträger, insbesondere zu den Verkehrsstoßzeiten. Und was die U 6 und die U 2 anlangt, wäre noch ein gewisser Planungsbedarf notwendig.

Herr Minister, da würden wir Ihnen gerne eine Krone aufsetzen, wenn Sie gemeinsam mit dem Kurt Eder behilflich sind, in der Wiener Verkehrspolitik dahin gehend zu agieren, dass es auch die U-Bahn-Anbindung der U2 und der U6 gibt. Das wäre noch ein Wunsch, den ich hier mit einbringen möchte. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Gaál.)

19.28


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zu den Abstimmungen. – Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sich auf Ihre Plätze zu begeben!

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 204

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkommen über den inter­nationalen Eisenbahnverkehr; Erklärung gemäß Artikel 42 Abs. 1 COTIF 1999, in 36 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen ferner zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 162 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 30.)

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiederinbetriebnahme und Weiterführung der Thayatalbahn.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht 161 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

19.30.1514. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (69 d.B.): Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen (163 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (84 d.B.): Koope­rationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits samt Erklärung (164 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (85 d.B.): Koope­rationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten und der Ukraine (165 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (86 d.B.): Koope­rationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem (GNSS) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten sowie dem Königreich Marokko (166 d.B.)

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 205

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 bis 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kol­lege.

 


19.31.19

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Die in Verhandlung stehenden Abkommen stärken die wirtschaftliche und infrastrukturelle Kooperation der Europäischen Union mit der Ukraine, mit Marokko und mit Korea; es geht um Kooperationen in den Bereichen Luftverkehr und Satellitennavigation.

Bei diesem Abkommen geht es unter anderem darum, dass Marokko in den euro­päischen Luftraum einbezogen wird. Das bedeutet einen hohen österreichischen Sicherheitsstandard, bedeutet aber auch schrittweise eine Marktöffnung.

Mit diesem Abkommen vergrößert Europa auch seinen Luftverkehrsmarkt – und das bedeutet für die Europäische Union mehr politisches und wirtschaftliches Gewicht. Das Abkommen regelt einerseits Flug- und Luftsicherheit, andererseits aber auch Flugver­kehrsmanagement, Verbraucherschutz, Soziales und Umweltschutz.

In Summe hat es eine positive Wirkung auf die Luftverkehrsindustrie, auf Beschäf­tigung wie auch auf den Wirtschaftsstandort Österreich insgesamt.

Die weiteren Abkommen regeln die Kooperation im Bereich der Satellitennavigation, vor allem in den Bereichen Forschung, Frequenzvergabe, Marktentwicklung und Qualitäts­sicherung. Die internationale Zusammenarbeit ist ein wesentliches Element, um maximalen Nutzen aus dem GALILEO-Programm zu ziehen. Diese Zusam­menarbeit heißt auch Risikominimierung sowie zusätzliche Finanzmittel, die einen wichtigen Schritt unterstützen, nämlich das Gesamtprogramm GALILEO umsetzen zu können – eine notwendige und wichtige Entwicklung, wie wir glauben, der wir gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.33


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. Ebenfalls 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.33.25

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Mobilität ist für uns alle ein Gebot der Stunde; niemand kann heute auf die Satellitennavigation verzichten. Derzeit wird ein neues System von der Euro­päischen Weltraumorganisation ESA aufgebaut, und zwar gemeinsam mit der Euro­päischen Union. Das System GALILEO soll 2008 in den Probebetrieb gehen, und 2012 soll es dann im Vollbetrieb umgesetzt werden.

Es ist das ein europäisches Gemeinschaftsprojekt mit Beteiligung von Drittstaaten. Derzeit sind bereits China, Indien, Israel, Schweiz, Saudi-Arabien und Südkorea als Kooperationspartner dabei. Mit dem heutigen Beschluss sollen die Republik Korea, die Ukraine und Marokko diesem Kooperationsabkommen mit der EU beitreten.

Europa braucht ein leistungsfähiges Kommunikationsinstrument. Mit GALILEO sind wir wettbewerbsfähig; es gibt also keine alleinige Marktposition des bekannten Systems GPS. Es gibt sicherheitspolitische Optimierungen auf dem Bankensektor, in der


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 206

Energieversorgung. Es ist aber auch so, dass zukünftig das neue System GALILEO auch GPS-kompatibel ist.

Das System GALILEO wird eine sehr hohe Genauigkeit aufweisen, es wird schneller möglich sein, die Satellitennavigation zu nützen. Im Jahr 2020 soll es nach Schätzun­gen weltweit 3 Milliarden Satellitennavigationsempfänger geben; man sieht also, die Dimension der Satellitennavigation wird sich vergrößern.

Wir begrüßen daher dieses Kooperationsabkommen mit den erwähnten Staaten, und wir glauben, dass wir damit in Europa sowie in den umliegenden Staaten wettbewerbs­fähiger werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.35


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Frau Abgeordnete Dr. Moser ist die nächste Rednerin. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Kollegin.

 


19.35.39

Abgeordnete Mag. Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! – Der Minister hat ja gerade Gespräche im Couloir vor. – Ich möchte es kurz machen: Die vorliegenden Berichte unterstützen wir, und wir werden jedem dieser Berichte unsere Zustimmung geben. Das ist keine Frage. Hiebei geht es um Systeme, die sehr zukunftsorientiert sind; die Einbindung von interessierten Dritt­staaten in das Projekt GALILEO ist meiner Meinung nach wirklich ein Gebot der Stunde.

Ich möchte aber doch noch kurz auf die Argumentation des Herrn Ministers Faymann im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn eingehen; Frau Staatssekretärin, vielleicht könnten Sie das dem Herrn Minister dann mitteilen.

Ich bin ja durchaus dafür, dass die Bahn wettbewerbsfähig wird, aber das Problem, das der Herr Minister auch angeschnitten hat, ist das, dass wir in Österreich – anders als in der Schweiz – die Negativkonkurrenzfähigkeit der Bahn nicht beseitigen. Die Schweiz hat eine fahrleistungsabhängige Lkw-Maut, und zwar flächendeckend. In Österreich ist das nicht der Fall. Kein Wunder, dass bei einer flächendeckenden fahrleistungsabhän­gigen Lkw-Maut in der Schweiz zwei Drittel der Güter auf der Bahn befördert werden!

Deshalb die Frage: Warum macht das der Herr Minister nicht bei uns auch? Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit, es geht um faire Konkurrenzbedingungen – und die sind zwischen Schiene und Straße eben nicht gegeben.

Ich nehme also den Minister beim Wort und sage: Wenn es darum geht, die Bahn wettbewerbsfähig zu machen, dann hat er Road-Pricing für Lkw sofort einzuführen und dann hat er auch für die Kostenwahrheit beim Pkw zu sorgen.

Der Herr Minister hat gesagt, da gibt es auch soziale Aspekte. – Kein Problem! Wenn man die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn vorantreiben will, dann darf man halt nicht, wenn drei Personen gemeinsam im Zug fahren, höhere Gesamtpreise verlangen, als wenn drei Personen gemeinsam im Pkw sitzen. Das wären dann faire Wettbewerbs­bedingungen.

Herr Minister, schaffen Sie endlich faire Wettbewerbsbedingungen zwischen Straße und Schiene, dann können wir uns schienenmäßig sehr viel leisten!

Ich bin genau auf Ihre Argumentation eingegangen und plädiere dafür, dass Sie die nächsten Schritte im Sinne einer flächendeckenden Lkw-Maut wie in der Schweiz setzen; zwei Drittel des Gütertransportes gehen dann auf die Schiene. Und der nächste Schritt wäre dann: Kostenwahrheit auf der Straße beziehungsweise parallel dazu die Verbilligung der Bahntickets für Personen, die normalerweise gemeinsam in einem Pkw fahren würden. Dann lässt sich ein anderes Verkehrssystem leicht finan-


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zieren, und dann haben wir auch zukunftsweisende Systemmöglichkeiten mittels GALILEO, was sozusagen die Fahrleistungsabhängigkeit der Kosten anlangt. Damit hätte ich den Bogen wieder geschlossen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.38


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


19.38.42

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Wenn wir jetzt über ein so spannendes Kapitel reden wie Kooperationsabkommen zu einem globalen zivilen Satellitennaviga­tions­system, dann möchte man vielleicht glauben, darüber gibt es nicht viel zu reden, vor allem wenn es um Selbstverständlichkeiten geht wie etwa den Abschluss dieser Kooperationsübereinkommen mit Korea, der Ukraine und Marokko.

Ich möchte aber trotzdem diese Gelegenheit dazu nützen, um auf einige problema­tische Punkte einzugehen, Herr Minister Faymann – auch für Sie, Herr Kollege Eder, sicherlich interessant –, und zwar deshalb, weil die EU-Kommission dieses große Projekt GALILEO eigentlich als Chance gesehen hat, sich vom GPS-System der Amerikaner abzuheben. Und wir wissen, dass das natürlich eine große Herausfor­derung war, und zwar nicht nur technisch, sondern auch politisch.

Jetzt kommen die Pferdefüße. – Erstens ist es klar geworden, dass dieses Konsortium, das GALILEO-Konsortium aus dem Flugzeugbau-/Rüstungskonzern EADS, der heute ja schon im Gespräch war, mehreren Satellitenfirmen und auch der Deutschen Telekom nicht in der Lage war, die Pilotprojekte durchzuführen, und auch offenbar nicht in der Lage ist, bis 2009 die Verantwortung für den Bau und für die Installierung der restlichen 26 Satelliten vorzunehmen, die notwendig sein werden.

Da ist es das große Problem: Wenn die Kommission jetzt schon draufkommt, dass dieses Konsortium nicht in der Lage sein wird, diesen Bau durchzuführen und diese 26 zusätzlichen Satelliten ins All zu bringen, dann kann das auch dazu führen, dass das Gesamtprojekt gefährdet ist. Das müssen wir ins Auge fassen, und natürlich auch das große Problem: Inwieweit kann das kleine Österreich diesen riesigen Apparat über­haupt bewegen?

Aber wir müssen es zur Kenntnis nehmen. Auch der EU-Kommissar für Forschung, Philippe Busquin, hat eindeutig gesagt: Wir sind am Scheideweg, und wenn wir die europäische Raumfahrt, die ESA und das Projekt GALILEO, attraktiv machen wollen, zukunftsfähig machen wollen, dann müssen wir jetzt dringend Gas geben, müssen wir dringend auch diese Dinge in Angriff nehmen!

Ich möchte jetzt nicht eingehen auf die verschiedensten Probleme der Frequenzen und auch auf Probleme, die die Amerikaner erzeugen können, indem sie ohne weiteres auch in dieses GNSS eingreifen könnten, Frequenzen stilllegen könnten und genauso wie das eigene GPS-System auch das europäische GALILEO stilllegen könnten. Aber wir müssen diese Dinge in Betracht ziehen, und wenn wir Europäer wirklich unab­hängig vom amerikanischen GPS-System werden wollen, dann müssen auch wir, Herr Minister, versuchen, gemeinsam, also alle gemeinsam hier in diesem Haus, an diesem Projekt mitzuarbeiten.

Erfreulich ist es ja, dass bereits große Staaten erkannt haben, welche Chancen in diesem Projekt liegen. Ich denke da an China und an Indien, zwei große Welt­raumnationen, die bereits in dieses europäische Projekt eingestiegen sind. Und es sollen auch Kooperationsabkommen mit Marokko und so weiter geschlossen werden.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 208

Auch gibt es bereits viele andere Staaten – wie Argentinien, Australien, Brasilien und Chile –, die in dieses Projekt einsteigen wollen.

Summa summarum ist dies eine Sache, die natürlich von allen Parteien mitgetragen werden wird – hoffentlich! Es wird auch Übereinstimmung dahin gehend geben, dass dieses Projekt große Chancen für Verkehr, Telekommunikation, Landwirtschaft, Fisch­fang, Wetter und so weiter mit sich bringen wird.

Herr Minister, noch die Bitte von Seiten unserer Fraktion: Versuchen wir, Impulse für unsere Universitäten, für unsere Wirtschaft abzuleiten! Versuchen wir auch, Impulse an die EU zu geben, dass wir da mitmachen wollen! Und versuchen wir, damit wirklich auch einen Meilenstein in der Entwicklung eines guten Europa, so wie wir es auch sehen, zu setzen! – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

19.42


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheib­ner. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


19.42.40

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Es ist ja zu diesem Abkommen schon alles gesagt worden – noch nicht von allen, aber von fast allen. Deshalb sage ich auch nur: Zustimmung zu diesen Abkommen, sie sind wichtig und richtig! Gerade in diesem Bereich ist Internationalität notwendig und im Interesse Österreichs.

Einen letzten Satz nur, weil ich Sie gerade hier habe, Herr Verkehrsminister: Wir haben vorhin ... (Abg. Heinisch-Hosek: Was heißt „hier habe“?) Bitte? (Abg. Mag. Gross­mann: „Weil ich Sie hier habe“! – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Na ja, Sie haben ihn auch jetzt hier, seien Sie froh! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Also wir haben ihn hier, wenn Ihnen das lieber ist; ist in Ordnung. Nur weil Sie ... (Abg. Neugebauer: Er ist unser aller Verkehrsminister!) Unser aller Verkehrsminister, selbstverständlich! Er ist auch der Minister der Opposition. Das haben Sie vielleicht früher anders gesehen, Frau Kollegin. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein!) Wir sehen das so, zumindest als Staatsbürger, und es ist ja auch verfassungsrechtlich so.

Ich kann mit Ihnen jetzt noch eine halbe Stunde lang, wenn Sie wollen, darüber philo­sophieren – gerne! Ich wollte eigentlich nur eine halbe Minute reden und hier nur einen Satz anbringen, aber wenn Sie mich weiter mit Zwischenrufen provozieren ... (Abg. Heinisch-Hosek: Ich sage ja gar nichts!) Jetzt hätte ich mich schon daran gewöhnt, dass Sie mir da ein paar Hölzchen werfen. (Zwischenruf der Abg. Pfeffer.) Frau Abgeordnete Pfeffer, vielleicht noch etwas? (Abg. Pfeffer: Nein!) – Nein, gut.

Also ein Satz, Herr Verkehrsminister, da wir vorhin über die Effizienzsteigerung der Österreichischen Bundesbahnen diskutiert haben; dazu nur eine Frage, auch was die Sparsamkeit anlangt: Wie schafft man es – das möchte ich wirklich persönlich wissen, weil ich mir das durchaus abschauen könnte –, dass man die geplante Aufstockung eines Vorstandes von zwei auf vier unter dem Titel der Einsparung verkaufen kann? – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

19.44


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Glaser. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


19.44.41

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! So wichtig und richtig der Aufbau eines zivilen europäischen Satellitennavigationssystems ist, so zäh geht dieser


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 209

Aufbau voran. Es hat Kollege Klement schon auf einige Probleme, die in den letzten Wochen auch medial nachzulesen waren, hingewiesen.

Wenn wir heute Kooperationsverträge mit einigen Ländern schließen, so sind dies Mosaiksteine eines Bildes, von dem wir letztlich noch nicht wissen, wie es ausschauen wird und wer es bezahlen wird. Es sind diese Abkommen außerdem zeitlich befristet, wie einige andere auch, das heißt, es wäre günstig, wenn wir etwas mehr Druck auf diese Sache ausüben würden und schauen würden, dass es zu einem konsequenten Abschluss kommt.

Ich glaube nämlich, dass das – und das wurde hier schon von allen Rednern betont –ein äußerst wichtiger Bereich im europäischen Gefüge ist, in dem wir unsere Eigen­ständigkeit entsprechend beweisen können, in dem wir technologisch vorne mithalten können sowie unsere Technologie ausbauen könnten und mit dem wir auch wirt­schaftlich punkten könnten. Ich glaube auch, dass Europa in bestimmten Bereichen eine entsprechende Kraft, eine entsprechende Kompetenz und auch Macht braucht, wenn wir in einer immer komplexeren Welt mitgestalten und nicht immer nur Zahler sein wollen.

In diesem Sinne hoffe ich, dass es mit diesem Projekt GALILEO in Zukunft etwas flotter vorangeht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.46

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Frau Staatssekretärin Kranzl zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


19.46.28

Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Christa Kranzl: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich sehr herzlich bedanken für die breite Zustimmung zu diesem nicht nur für Österreich, sondern auch für die gesamte Europäische Union sehr wichtigen Projekt GALILEO. Es ist dies tatsächlich das größte Industrievorhaben, das es bisher auf europäischer Ebene gegeben hat.

Aber ich darf vielleicht auch eine Information geben, nämlich: Es ist richtig, dass dieses Industriekonsortium leider Gottes nicht jene Ergebnisse geliefert hat, die wir alle uns gewünscht hätten, nämlich dies von Beginn an als PPP-Modell abzuwickeln. Tatsache ist, dass die Europäische Union sehr klare Schritte gesetzt hat, dass im März bezie­hungsweise im Juni, im letzten Verkehrsministerrat, der Beschluss gefasst wurde, dass dieses Modell PPP als gescheitert anzusehen ist, dass aber bis September alternative Szenarien, besonders die Finanzierung betreffend, vorzulegen sind, dass an den Gesamtkosten in Höhe von 12 Milliarden € keine Änderung eintreten wird, dass aber sehr wohl die öffentliche Hand, sprich die Mitgliedstaaten, mit höheren Beiträgen zu rechnen haben werden. Die Finanzierungsformen sollen im Hinblick darauf durchleuch­tet werden, ob es Möglichkeiten gibt, innerhalb der Europäischen Union andere Finanzierungsquellen zu erschließen.

Wichtig ist aber der Umstand – und ich glaube, das Bekenntnis dazu haben Sie auch heute wieder unterstrichen –: Es ist dies ein weiteres Angebot als Gegensatz zum amerikanischen GPS-System, denn dies ist ein System, das viele Vorteile auf internationaler Ebene bietet, im Bereich der Erdbeobachtung und besonders auch im Hinblick auf den Klimaschutz. Ich freue mich daher über die breite Zustimmung, auch durch Österreich. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.48


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Vorläufig letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Rädler. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 210

19.48.28

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Staatssekretärin in Blau-Gelb! Meine Herren Bundesminister! Zunächst herzliche Grüße (in Richtung Galerie) an Bürgermeister Jandrinitsch mit seiner Delegation aus Au am Leithaberge! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe wiederum nur 1 Minute Redezeit, aber ich kann der Versuchung nicht widerstehen: Herr Kollege Marizzi – wo ist er denn jetzt? –, du hast den Semmering-Basistunnel angesprochen. Ich würde sagen, kühlen wir uns ein bisschen ab und warten wir die Planungsphase und die technischen Entwicklungen ab. Aber du kannst ja nicht vorzeitig den Landtagswahlkampf in Niederösterreich eröffnen – obwohl das ein gutes Thema in unserem gemeinsamen Wahlkreis wäre!

Das Thema, das uns heute zur Beschlussfassung vorliegt, ist jedoch zu ernst. Wahr­scheinlich erinnern sich noch einige der Damen und Herren aus diesem Hohen Hause daran, dass vor fast genau zwei Jahren vom damaligen Präsidenten Khol die Sitzung unterbrochen wurde, weil die Meldung aus London über die Terroranschläge gekommen war. Auch in den letzten Tagen haben uns Meldungen erreicht, dass dort Flughäfen und Verkehrsnetze durch Terroranschläge beeinträchtigt wurden.

Der heutige Vertrag, der uns zur Beschlussfassung vorliegt, bezieht sich im Wesent­lichen (Ruf bei der ÖVP: Es blinkt!) – es blinkt, ja – auch auf die Sicherheits­maßnahmen auf Flughäfen, die Sicherheitskontrollen und die Kontrollen der Maschi­nen. Ich glaube, dass das eine wichtige Angelegenheit ist, und der wollen wir uns nicht verschließen.

Ich darf als Konsumentensprecher natürlich auch im Sinne des Verbraucherschutzes und im Sinne der Fluggäste darum ersuchen, diesem Vertrag die Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.50


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommen zwi­schen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Königreich Marokko andererseits samt Anhängen in 69 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die arabische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, italienische, lettische, litauische, maltesische, nie­der­ländische, polnische, portugiesische, spanische, slowakische, slowenische, schwe­dische, tschechische und ungarische Sprachfassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundes­ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 211

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits samt Erklärung in 84 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederlän­dische, polnische, portugiesische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische, ungarische und koreanische Sprachfassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundes­ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem zwischen der Europäischen Gemein­schaft und ihren Mitgliedstaaten und der Ukraine in 85 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechen­des Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederlän­dische, polnische, portugiesische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische, ungarische und ukrainische Sprachfassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesminis­terium für Verkehr, Innovation und Technologie aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist wiederum einstimmig angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Kooperationsabkommen über ein globales ziviles Satellitennavigationssystem zwischen der Europäischen Gemein­schaft und ihren Mitgliedstaaten sowie dem Königreich Marokko in 86 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederländische, polnische, portugiesische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische, ungarische und arabische Sprachfassung dieses Staatsver­trages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundes­ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 212

19.54.4418. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungs­vorlage (37 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durch­führung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007) und ein Marktordnungs-Überleitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA-Gesetz 1992, das Weingesetz 1999, das Forstgesetz 1975 und das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2007) (195 und Zu 195 d.B.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


19.54.58

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher des Hohen Hauses! Herr Bundesminister Pröll! Herr Bundesminister Faymann! Worum geht es bei diesem Tagesordnungspunkt: Marktordnungsgesetz 2007? – Meine Damen und Herren, es geht um 870 Millionen € an Agrarförderungen (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Pro Jahr!) pro Jahr aus der ersten Säule der Agrarpolitik! Das sind zu 100 Prozent EU-Mittel, um die es heute geht.

Warum sind diese heute im Parlament? Warum steht diese Gesetzesvorlage hier zur Diskussion? – Weil der Verfassungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen die bis­herige Rechtspraxis in Österreich aufgehoben hat. Der Verfassungsgerichtshof hat im Jahre 2005 die Tierprämienverordnung aufgehoben, er hat im Jahre 2006 die Milch­garantiemengenverordnung aufgehoben, und er ist dabei, 2007 die Betriebsprämien­verordnung aufzuheben. Das ist der Grund, warum heute diese Gesetzesinitiative hier vorliegt.

Aber – und jetzt kommt das große Aber –, meine Damen und Herren, die Chance scheint vertan zu sein, ein neues Kapitel in der Agrarpolitik in Österreich aufzu­schlagen, eine neue Strategie zu verfolgen, nämlich eine Strategie, die zu mehr Transparenz, zu mehr öffentlicher Diskussion und zu mehr Kontrolle führt.

Herr Bundesminister, schauen wir uns an, wie die Vorlage konkret hier eingebracht wurde. Erstens ist es eine Sammelgesetznovelle im Rahmen des Agrarrechtsände­rungs­gesetzes. Das widerspricht eindeutig den legistischen Leitlinien des Bundes­kanzleramts. Das wissen Sie; seit Jahren kritisieren wir dies. Ich hoffe, das war das letzte Mal, dass ein solches Agrarrechtsänderungsgesetz hier im Haus ist, verpackt mit vielen Mascherln, verschiedenste Gesetzesmaterien wie das Pflanzenschutz­mittel­gesetz und die Marktordnung. Das hat miteinander nichts zu tun, aber schon gar nichts! – Das ist der erste Kern-Kritikpunkt.

Zweiter Kritikpunkt, meine Damen und Herren: Es gab keine ausreichende Begutach­tung. Diese Gesetzesvorlage ist ohne effiziente Begutachtung eingebracht worden. Ja, es stimmt schon: 2006, vor den Wahlen, haben Sie schon einmal etwas vorgelegt, Herr Bundesminister, da gab es eine Begutachtung; aber inzwischen ist die Vorlage wesentlich geändert worden!


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 213

Es gibt eine Stellungnahme des Landes Burgenland, die klar sagt: So kann man mit uns nicht umspringen. Wir werden uns am Bund schadlos halten, wenn finanzielle Forderungen an uns herangetragen werden. – Das sagt die Stellungnahme des Landes Burgenland; übrigens völlig zu Recht.

Meine Damen und Herren, drittens: Was ist noch mangelhaft in der gesamten Ent­wicklung der Vorlage? – Ein umfassender Abänderungsantrag wurde uns 24 Stunden vor dem Ausschuss zugewiesen. Okay, es ist offensichtlich sehr dringend! Sie haben zwar jahrelang Zeit gehabt, aber jetzt ist es für die ÖVP sehr dringend geworden, damit hier eine Regelung zustande kommt. Aber: keine Erläuterungen dazu, welche finanziellen Auswirkungen es zu diesen Maßnahmen gibt, welche Prämienhöhen für die einzelnen Maßnahmen zu kalkulieren sind – keine Aussagen dazu in den Erläuterungen, keine Aussagen im Ausschuss!

Das sind Punkte, Herr Bundesminister, da kann ich nur sagen: Wirklich, das ist das schlechteste Handwerkszeug, das man Ihrer Fraktion hier sozusagen umhängen kann, das ist einfach schlechter Parlamentarismus! So kann es nicht gehen! Wir wollen doch, dass auch die Agrargesetzgebung endlich wieder umfassend und korrekt in diesem Hause diskutiert wird.

Was hat die ÖVP gemacht? – Sie hat die ganze Zeit gesagt – Sie, Herr Bundes­minister, und Ihre Fraktion –: Keine Änderungen, es darf keine Änderungen geben! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Es gibt ja keine!) „Es gibt ja keine“, sagt jetzt der Herr Bundesminister: „Es gibt ja keine.“ Aber was ist Parlamentarismus? – Das heißt: hier diskutieren, Vorlagen einbringen, schauen, was die besten Lösungen sind für die Gesellschaft, für die Bäuerinnen und Bauern, für Österreich. Aber das wollen Sie verhindern! Das ist es: Sie wollen diese Diskussion verhindern, Sie wollen verhindern, dass es zu einer neuen Weichenstellung kommt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was hat die SPÖ angekündigt? – Sie hat angekündigt: Umfassende Prüfungen sind erforderlich, umfassende Prüfungen müssen durchgeführt werden. Kollege Gaßner, ich erinnere mich noch gut daran, dass Sie im März gesagt haben: Na ja, so eilig haben wir es nicht, schauen wir uns die Dinge einmal genau an, und wenn es sein muss, dann werden wir das eben im Herbst beschließen.

Ich denke, das war in der Sache gar nicht so verfehlt. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Wenn es wirklich so ist, Kollege Grillitsch, dass die Bäuerinnen und Bauern irgendwelche Zahlungen nicht bekommen, weil Sie schlechte Politik machen, dann schieben Sie das nicht auf jemand anderen! (Abg. Grillitsch: Nein, nein!) Sie sind bisher verantwortlich für diese schlechte Agrarpolitik! (Beifall bei den Grünen. – Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Schauen wir uns konkret an, was in den Ausschuss-Diskussionen passiert ist. Ich habe immer gesagt, wir brauchen einen Unterausschuss, wir sollten Expertinnen und Exper­ten hören. Das wurde leider von SPÖ und ÖVP abgelehnt. Die Forderung nach Trans­parenz bei den Agrarförderungen, meine Damen und Herren ... (Abg. Grillitsch: 2009!) – 2009, Kollege Grillitsch, das ist eine EU-Forderung. In diesem Gesetzesvor­schlag steht nichts davon!

Übrigens, bei dieser Gelegenheit: Alle Nachbarstaaten rund um Österreich – Ungarn, Slowenien, Slowakei, Tschechien – haben alle ihre Agrarförderungen bereits ins Inter­net gestellt, nur zu Ihrer Information; alle Nachbarn außer Deutschland, das ist richtig. Es wird also dazu kommen, und warum wehren Sie sich so dagegen? – Ich habe es ja auch aufgezeigt: 894 000 € bekommt der größte Betrieb, 1,63 € der kleinste. Ist das gerecht? Ist das sozial? Ist das in der Gesellschaft vermittelbar? – Ich finde: nein! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 214

Die Flächenförderungen in diesem bisherigen Konzept – das leider auch in Zukunft so sein wird – liegen zwischen 5 000 € und 0,63 € je Hektar. So weit ist also die Spann­weite in dieser Förderlandschaft, die Sie zu verantworten haben.

Sie, Herr Kollege Grillitsch und die ÖVP, hätten die Chance gehabt, Ihre bisherigen Verfehlungen, Ihre wettbewerbsverzerrenden und enteignenden Maßnahmen zu korri­gieren. – Sie haben diese Chance aber nicht genutzt. Sie wissen genau, dass diese Kritik zuerst nicht von mir, sondern von Ihrem Vertreter gekommen ist, vom Kollegen Schwarzböck. Er hat 2003 genau das behauptet. Das ist in meiner abweichenden Stellungnahme nachzulesen, da können Sie das noch einmal nachlesen.

Bei der SPÖ muss ich leider feststellen: Nach dem Versuch eines Durchstartens, eines Neustarts in der Agrarpolitik gibt es einen Kniefall vor dem ÖVP-Bauernbund. Es ist traurig, Kollege Gaßner! Ich weiß, Sie haben sich bemüht, vor allem Bürgermeister Hochegger aus Oberösterreich – den ich persönlich schätze, das sage ich auch ganz wertschätzend –, aber leider ist in Ihrer Parteizentrale noch nicht klar, was Sache ist. Wenn es um 870 Millionen € geht ... (Abg. Mag. Gaßner: Wieso wissen Sie, was bei uns in der Parteizentrale ...?)

Na ja, offensichtlich! Denn sonst hätten Sie nicht in letzter Sekunde die Reißleine gezogen und hier einem schlechten Gesetz Ihre Zustimmung gegeben. Tun Sie jetzt bitte eines nicht, nämlich Etikettenschwindel zu betreiben und zu sagen: Das ist ein soziales Gesetz, jetzt hätten wir alle Probleme gelöst, und die Bauern und Bäuerinnen könnten mit dem zufrieden sein, was herausgekommen ist. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Sehr sozial! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

„Sehr sozial“, sagt der Herr Bundesminister. – Sie haben den Härtefonds nicht aufge­stockt von 1,3 auf 3 Prozent. Sie wissen, dass Tausende Bäuerinnen und Bauern berufen haben. 2 400 BäuerInnen haben gegen Ihre Bescheide berufen, und Zigtau­sende sind betroffen und ganz einfach „angefressen“ auf eine Agrarpolitik, die den Streit in die Dörfer bringt, den Streit um die besten Prämien und um die besten Pachtflächen. Das wissen Sie ganz genau; das steht übrigens auch in verschiedensten Agrarmedien nachzulesen.

Sie haben nichts dagegen getan. Eine Möglichkeit, Kollege Gaßner, um zum Beispiel den Kleinbauern wirklich zu helfen, hätte im Bereich der Alternativkulturen sein können. Sie wissen das: Ölkürbis, Kümmel, diese Spezialkulturen, die keine Förderung hatten. Da gibt es ja eine Regelung im alten Gesetz: Für jene Fläche, die über 25 Prozent Anteil hinausging, konnte man Betriebsprämie beanspruchen. Man hätte nur diesen Prozentsatz zum Beispiel auf 5 Prozent zu senken brauchen, dann hätten all diese kleinen steirischen Kürbisbauern auch einen Prämienanspruch gehabt. Es sind Tausende Betriebe, die davon betroffen wären; das wäre eine Maßnahme gewesen. Sie haben sie leider nicht genutzt – schade! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte im Rahmen dieses Gesamtkonvoluts auch kurz auf die anderen Gesetze eingehen. Dem Weingesetz und dem Forstgesetz werden wir zustimmen. (Ruf bei der ÖVP: Preisverlust!) Es gibt einige Details, auf die ich zu dieser späten Stunde nicht eingehen möchte, die aber sicher noch diskutiert werden. Da werden wir zustimmen.

Eines möchte ich auch positiv hervorstreichen: Die Zielbestimmung, die Gentechnik­freiheit im Marktordnungsgesetz vorzusehen, und auch, den Tierschutz in die Ziel­bestimmungen hineinzunehmen, ist aus unserer Sicht zu begrüßen. Nur sind leider in diesem Gesetz keine Maßnahmen damit verbunden. Das ist das Problem, Kollege Gaßner, damit bleibt es ein Lippenbekenntnis, und das ist schade. Wir werden trotzdem auch dieser Zielbestimmung unsere Zustimmung nicht verweigern.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 215

Ich möchte aber jetzt noch einen Abänderungsantrag einbringen, der sich auf das Landwirtschaftsgesetz bezieht, und zwar auf Artikel 7 dieser Sammelgesetznovelle. Dort wollen wir auch die Gentechnikfreiheit und den biologischen Landbau wirklich federführend für die österreichische Agrarpolitik verankern. Das wäre eine Chance.

Ich weiß, Sie werden dem heute nicht zustimmen – das ist klar, so ist Ihre Abmachung mit dem Koalitionspartner –, aber ich würde mir erwarten, dass die SPÖ endlich auch eine Initiative ergreift, damit die Agrarpolitik wirklich zielorientiert in jene Richtung geht, die wir alle wollen, die die Konsumentinnen und Konsumenten wollen und die vor allem am Markt honoriert wird. Die Zuwächse im Biolandbau sind legendär.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der im Antrag enthaltene Gesetzesvorschlag wird wie folgt geändert:

In Artikel 7 werden die bisherigen Z. 1 und 2 zu den Z. 2 und 3. Folgende neue Z. 1 wird eingefügt:

„1. In § 1 werden aus den bisherigen Z. 5, 6 und 7 die Z. 7, 8 und 9. Folgende Z. 5 und 6 (neu) werden eingefügt:

„5. den biologischen Landbau als agrarökologisches Leitbild besonders zu fördern und flächendeckend weiterzuentwickeln,

6. auf die Verwendung von gentechnisch verändertem Saatgut in der österreichischen Landwirtschaft unter Anwendung des Vorsorgeprinzips zu verzichten,“““

*****

(Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das tun wir schon!)

Meine Damen und Herren, das wäre eine konkrete Zielbestimmung, die wir uns wün­schen würden.

Abschließend meine Beurteilung dieses Marktordnungsgesetzes: Es ist dies eine verfassungsgesetzlich unzureichende Reparatur, die hier vorliegt, leider ein Kniefall der SPÖ vor dem Bauernbund und leider auch Ausdruck des Zynismus der ÖVP, der das Schicksal von Tausenden betroffenen Bäuerinnen und Bauern offensichtlich wirklich gleichgültig ist. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Glatt falsch!)

20.06


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Dipl.-Ing. Pirkl­huber eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft (195 d.B.) über die Regierungsvorlage (37 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007) und ein Marktord­nungs-Überleitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA-Gesetz 1992, das Wein-


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gesetz 1999, das Forstgesetz 1975 und das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2007)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der im Antrag enthaltene Gesetzesvorschlag wird wie folgt geändert:

In Artikel 7 werden die bisherigen Z. 1 und 2 zu den Z. 2 und 3. Folgende neue Z. 1 wird eingefügt:

„1. In § 1 werden aus den bisherigen Z. 5, 6 und 7 die Z. 7, 8 und 9. Folgende Z. 5 und 6 (neu) werden eingefügt:

„5. den biologischen Landbau als agrarökologisches Leitbild besonders zu fördern und flächendeckend weiterzuentwickeln,

6. auf die Verwendung von gentechnisch verändertem Saatgut in der österreichischen Landwirtschaft unter Anwendung des Vorsorgeprinzips zu verzichten,“““

Begründung:

Zu § 1 Z 5:

Der Biologische Landbau ist die einzig umfassend definierte und verbindlich festge­schriebene Landbewirtschaftungsform (Einhaltung der EU-Verordnung 2092/91 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der tierischen Erzeugnisse einschließlich ihrer Änderungen, Kapitel 8, Teilkapitel B des Österreichi­schen Lebensmittelbuches über landwirtschaftliche Produkte aus biologischem Landbau und daraus hergestellte Folgeprodukte).

Durch die Einhaltung dieser Richtlinien erbringt der biologische Landbau ein breit­gefächertes volkswirtschaftliches und ökologisches Leistungspaket: Schutz des Grund­wassers (die biologische Bewirtschaftung ist die sicherste Sanierungsmaßnahme für Trinkwasserschutzgebiete), Artenschutz (höhere Artenvielfalt sowohl bei Kulturpflanzen als auch bei den Beikräutern), Bodenschutz (Verminderung der Erosion durch Boden­aufbau, Vermehrung der organischen Substanz im Boden, bodengebundene Tierhal­tung) und Tierschutz (artgerechte Tierhaltung, die es den Tieren weitgehend erlaubt, ihre natürlichen Verhaltensweisen auszuleben). Daher ist der Biologische Landbau als zukunftsweisendes, agrarpolitisches Leitbild im Landwirtschaftsgesetz festzuschreiben.

Zu § 1 Z 6:

Derzeit sind die Risiken und Auswirkungen der Freisetzung (Inverkehrbringung) von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in Bezug auf die biologische Vielfalt sowie auf die menschliche Gesundheit nicht ausreichend bekannt. Aufgrund der Unsicherheitsfaktoren in der Risikoabschätzung von GVO ist daher das Vorsorge­prinzip anzuwenden und auf die Freisetzung von GVO in der österreichischen Land­wirtschaft zu verzichten.

Auf Grundlage der Prinzipien des biologischen Landbaus werden gentechnisch verän­derte Organismen biologischen Landbau nicht eingesetzt. Um die vorsorgende, alternative Methode einer „gentechnikfreien“ Agrarerzeugung aufrecht erhalten zu können, benötigt der biologische Landbau größere geographische Gebiete, um die Schutz- und Erhaltungsfunktion für die biologische Vielfalt weiterführen zu können. Daher ist in Österreich ein Entwicklungsraum für eine „gentechnikfreie“ nachhaltige Landwirtschaft zu gewährleisten. Ebenso sind die für die „gentechnikfreie“ Erzeugung notwendigen Vermehrungs- und Zuchtstrategien für das biologische Saatgut um­zusetzen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 217

Der Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft würde neben den ökologischen und gesundheitlichen Risiken voraussichtlich auch eine Intensivierung der Produktion mit sich bringen. Österreich hingegen ist stark geprägt vom alpinen Charakter und exten­siver Bewirtschaftung in diesen Regionen. Fast 80 Prozent der agrarischen Wirt­schafts­fläche liegen in benachteiligten Gebieten, wovon der überwiegende Teil (89,7 Prozent) als Berggebiet klassifiziert ist. Bekanntlich ist das Gebiet im Alpenraum als ökologisch äußerst sensibel einzustufen.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grillitsch. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


20.06.27

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Pirklhuber, ich bin sehr froh darüber, dass es heute dieses Ergebnis gibt und dass die SPÖ mit uns diesen Weg geht, weil sie es auch verstanden hat in den langen Gesprächen, die wir geführt haben. Das Einzige, was die Bauern brauchen, ist Rechtssicherheit und Planungssicherheit! (Beifall bei der ÖVP.) Die SPÖ hat es verstanden – und ich danke dafür –, Kollege Pirklhuber leider nicht.

Wir haben uns in Österreich nichts vorzuwerfen. Wir gehen seit mehr als 20 Jahren einen sehr erfolgreichen Weg, einen ökologisch, ökonomisch, sozial orientierten Weg, der auch in Europa vorbildhaft ist.

Ich sage, diese Gespräche mit der SPÖ waren insofern sehr spannend, als es uns in diesen Gesprächen gelungen ist, der SPÖ klarzumachen, dass ... (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Das war ja so! Das war ein guter Dialog, hätte ich gesagt, und deswegen haben wir auch verstanden, dass es länger dauert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.)

Das sage ich auch dazu: Gute Politik muss man an und für sich rasch absichern, und jetzt ist es so weit. Es ist uns gelungen, der SPÖ klarzumachen, dass gerade für die kleinen Bauern – und das ist nicht eine Frage von Groß und Klein –, gerade für die kleinen Bauern, hätten wir jetzt keinen Beschluss gefasst, nicht mehr die Möglichkeit bestanden hätte, mit Milchquoten zu handeln. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Kleine Bauern überlegen ja manchmal, aus der Milchproduktion auszusteigen, ihre Quoten zu verkaufen und dadurch auch Einkommen zu lukrieren, meine Damen und Herren! Daher haben wir mit diesem heutigen Beschluss gerade für diese Bauern auch die Handelbarkeit wieder sichergestellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, was Sie mit Recht gefordert haben, das steht auch so drin: die lineare Milchquotenaufteilung. Wir haben es ein Mal nicht so gemacht, nämlich im Jahr 2003, aber ansonsten immer so aufgeteilt, dass alle an diesem Kuchen der Quotenverteilung teilhaben können. Das steht auch drin, und wir haben uns gemeinsam darauf geeinigt, für jene, die keine Betriebsprämien lukrieren können – vor allem für Neueinsteiger –, auch eine entsprechende Regelung zu finden, ab vier Hektar. Das sollte man hier, glaube ich, auch wirklich positiv an­sprechen.

Meine Damen und Herren, Sie haben es gemerkt: Die Bauern sind ungeduldig geworden. (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Die Bauern sind ungeduldig geworden, weil sie eben diese Rechtssicherheit nicht gehabt haben und weil sie wissen, dass der Bauernbund und die Österreichische Volkspartei, dass das jene Partei ist, die den


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Bauern in den letzten Jahrzehnten wirklich diese Rechtssicherheit gegeben hat, damit sie das tun können, was Sie hier auch immer fordern, wenn Sie zu Recht den Anspruch der Gesellschaft einfordern, nämlich sichere Lebensmittel zu produzieren, umweltgerecht zu produzieren, tiergerecht zu produzieren.

Genau diesen Anforderungen wollen wir auch mit diesen neuen Marktordnungs­geset­zen gerecht werden, damit die Bauern das tun können. In diesem Sinne, Kollege Gaßner, noch einmal mein herzlicher Dank, dass es dir dann auch gelungen ist, Bundeskanzler Gusenbauer und Klubobmann Cap davon zu überzeugen, dass die Bauern kein politischer Spielball sein dürfen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.10


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Klement. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


20.10.39

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister! Hohes Haus! Es ist natürlich auch ab und zu erheiternd, was Kollege Grillitsch von sich gibt. Ob er es ganz ernst meint, was er hier sagt – ich glaube es nicht ganz, denn auch der Herr Minister hat sich ja die Hand vor lauter Lachen schon vor den Mund halten müssen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Überhaupt nicht!) Der Dank an Herrn Gaßner und an die SPÖ war vielleicht so etwas wie eine kleine oder gar eine große Ohrfeige. Ob das wirklich ein ehrlich gemeinter Dank war? – Ich glaube eher wieder Hohn und Spott, die Sie so gerne verbreiten, Herr Grillitsch, und auch Sie, Herr Minister Pröll.

Aber bitte, kommen wir wieder auf das Thema zu sprechen. Ganz kurz zum Schluss Ihrer Ausführungen: Sie verteidigen ganz groß den Milchquotenhandel und den großen Erfolg, dass Milchquoten gehandelt werden können. (Abg. Grillitsch: Ist das schlecht?) Es ist ganz klar, Herr Grillitsch: Sie schauen bis zum Tellerrand 2007/2008, Sie wissen aber auch ganz genau, dass der Handel mit den Milchquoten 2014 ohnehin obsolet sein wird, weil es die Milchquoten nicht mehr geben wird. Da werden Sie nichts dazu beitragen können. Das heißt, da reden Sie von einem Jahr, von zwei Jahren, vielleicht von fünf Jahren. (Abg. Grillitsch: Ein Ahnungsloser!) – Ich weiß schon, Herr Grillitsch, jeder, der nicht der Meinung der ÖVP ist, ist ein „Ahnungsloser“ (Abg. Grillitsch: Sie sind es wirklich!), aber Sie werden draufkommen, dass Sie in großer Ahnungslosigkeit versinken werden, wenn dann die Frage kommen wird: Wie wird es mit den Milchquoten im Jahr 2014 weitergehen?

Aber gut, gehen wir auf das Thema ein. Die Zwischenrufereien des Herrn Grillitsch werde ich auch überstehen, sie sind ja relativ erheiternd; ernst zu nehmen sind sie ohnehin nicht.

Geschätzte Damen und Herren, wir wissen, dass die Agrarpolitik bekanntlich der einzige Politikbereich in der EU ist, der vollständig nach EU-Regeln abgehandelt wird, und nationale Regelungen bedürfen der Genehmigung aus Brüssel. Einfach auf den Nenner gebracht: Das österreichische Marktordnungsgesetz, über das wir heute reden, fasst die EU-Marktordnungen in nationales Recht; nicht mehr und nicht weniger. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Stimmt!)

Ob man dieser Tatsache in der Agrarpolitik positiv oder negativ gegenübersteht, ist eine andere Frage, aber bei dieser Faktenlage, bei dieser Einfachheit der Faktenlage müsste man glauben, dass ÖVP und SPÖ angesichts dieser Einfachheit schnell handelseins werden sollten, vor allem auch unter dem Gesichtspunkt, dass da natürlich auch knappe 2 Milliarden € auf dem Spiel stehen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Die Markt­ordnung ist eine äußerst komplexe Materie!) Möchte man glauben!


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 219

Tatsache ist, dass in dieser unbarmherzigen koalitionären Wirklichkeit etwas völlig anderes herauskam, nämlich, dass auf der einen Seite im Ministerrat Einstimmigkeit darüber herrschte, dieses Marktordnungsgesetz umgehend zu ändern, aber die Roten über Nacht plötzlich draufgekommen sind: Wir könnten ein Faustpfand gegenüber den schwarzen Koalitionspartnern herausarbeiten. (Abg. Reheis: Wie der Schelm denkt ...!) Was die SPÖ nun genau bewegt hat, ihre im Ministerrat gegebene Zustim­mung plötzlich zurückzuziehen, weiß ich nicht. Es waren auf jeden Fall Spielereien auf dem Rücken der Bauern.

Herr Gaßner, Kollegen von der roten Reichshälfte, vielleicht erklären Sie es uns: War es das Umfallen bei den Studiengebühren, war es der Misserfolg bei den Pensions­anpassungen, war es der grandiose Eurofighter-Deal des Herrn Minister Darabos, irgendetwas muss es ja gewesen sein. (Abg. Grillitsch: Warum reden Sie nicht über die Marktordnung?) Was war denn da der Hintergrund? Was war der Hintergrund, dass Sie plötzlich umfallen und Ihren eigenem Beschluss im Ministerrat konterkarieren?

Wir brauchen nicht lange weiter zu raten. Wir wissen, Sie sind im Eck, Sie sind politisch im Eck. Sie haben versucht, politisches Kalkül zu zeigen, Profil zu gewinnen, aber eines ist klar, Herr Gaßner: Dieser Versuch schlug gänzlich fehl! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie von der SPÖ haben da völlig die Glaubwürdigkeit verloren, was landwirtschaftliche Politik anlangt – und geholfen haben Sie in der Sache überhaupt niemandem, vor allem nicht sich selber. Und das ist tragisch.

Festzustellen ist, dass wir in den letzten zwei Wochen innerhalb kurzer Zeit zwei Sitzungen des Landwirtschaftsausschusses zu zwei gleichen Themenbereichen hatten. Nicht, dass wir nicht gerne den immer fröhlichen Ausführung des Herrn Bundesminis­ters Pröll folgen oder der umsichtigen Vorsitzführung des Herrn Vorsitzenden Grillitsch. Es ist ja recht erheiternd, wenn man die beiden Herrschaften immer wieder sieht in ihrer Fröhlichkeit, wenn es nicht so tragisch wäre, gerade auch angesichts der Reichweite der zu treffenden Entscheidungen für die Bauern.

Folgendes muss man dazu sagen, liebe Kollegen von ÖVP: Auch die Abgeordneten haben ein Recht, ihre Zeitressourcen vernünftig zu planen – und nicht unsinnig in kurzfristig einberufenen Ausschusssitzungen zu verbringen! (Abg. Grillitsch: Wollen Sie keine Rechtssicherheit?) Wenn Sie wirklich sinnvoll im Ausschuss arbeiten wollen, dann bereiten Sie sich gut vor, streiten Sie hinter verschlossenen Koalitionstüren mit der roten Reichshälfte, streiten Sie intern, wie Sie wollen – aber belästigen Sie bitte nicht unsere Zeitressourcen! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das ist Parlamentaris­mus!)

Gehen Sie vernünftig in die Ausschussarbeit – und blockieren Sie nicht die Arbeit im Ausschuss, die sicherlich woanders besser eingesetzt wäre. (Abg. Grillitsch: Wenn es Sie nicht interessiert ...!)

Schauen Sie, wenn Sie ihr politisches Dauer-Hickhack wirklich in die Öffentlichkeit tragen wollen, Herr Grillitsch, dann können wir nur sagen: Die Bevölkerung wendet sich mit Grausen von Ihnen ab! Mit Grausen! Ein Bild der Koalition, das wirklich zum Abwenden ist, und das kann ja nicht Parlamentarismus sein, Herr Grillitsch!

So. Was passierte aber innerhalb dieser zwei Wochen? Was war Thema? – Es tönte wortreich von der Seite der Roten, und ich zitiere, Herr Gaßner, damit Sie es nicht wieder vergessen, was Sie selbst gesagt haben:

Mit der SPÖ werde es keine Verabschiedung einer Gesetzesnovelle geben, bei der kein Einklang mit dem Verfassungsgerichtshof gegeben sei. – Punkt eins.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 220

Punkt zwei: Es dürfe keine Verteilung riesiger Fördersummen ohne demokratische Legitimierung geben. Wie könne es sein, dass die drei größten Agrarsubventions­empfänger zwischen 1 Million € und 1,7 Millionen € bekommen und im Gegensatz dazu viele kleine Bauern völlig leer ausgehen.

Punkt drei: Ein besonderes Anliegen der Roten sei die Sanierung von hunderten bis tausenden Härtefällen auf Grund des ungerechten Betriebsprämienmodells. Das Landwirtschaftsministerium und die AMA seien schuld daran, dass viele Bauern in ihrer Existenz bedroht sind. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Wer war das?)

Punkt vier: Wir brauchen Rechtssicherheit für Bauern. – Das war Kollege Gaßner. Sie wissen es, sie waren ja im Ausschuss drinnen, Herr Minister! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Der stimmt jetzt mit!) – Ein Gesetz, mit dem die Förderungen der ländlichen Entwicklung nach den Gesichtspunkten Gerechtigkeit und inneragrarische Solidarität umgesetzt werden. Die ÖVP wolle aber von einem Grünen Pakt in Gesetzesform nichts wissen.

Soweit die konkreten Punkte, Herr Gaßner.

Besonders erheiternd war aber der Schlusssatz Ihres Elaborats zur Wahrheit über die Marktordnungsverhandlungen. Ich zitiere:

„Zum Verhandlungsstil und Verhandlungsklima möchte ich festhalten, dass einige ÖVP-Agrarier zur Kenntnis nehmen müssen, dass es mittlerweile – wie sich in den letzten Landwirtschaftsausschüssen im Hohen Haus gezeigt hat – eine breite Front gegen das schwarze Monopol in der Agrarpolitik gibt, und dass sich diese Mandatare daran gewöhnen werden müssen, mit der SPÖ und anderen Partnern auf Augenhöhe zu verhandeln ...“ – Zitatende.

Herr Gaßner, mit Ihnen kann man nicht auf Augenhöhe verhandeln, denn Sie liegen irgendwo am Boden! Ich möchte gerne wissen, wo Sie die Zugeständnisse bekommen haben, sodass Sie in all diesen Punkten, die ich vorhin aufgezählt habe, in die Knie gegangen sind? Es gibt kein einziges Argument, das Sie mir jetzt bringen könnten, wo die SPÖ wirklich noch als relevanter Partner in der Agrarpolitik erscheinen könnte, denn Sie sprechen über Rechtssicherheit und regen sich über die Verordnungs­wirtschaft des Herrn Ministers auf, und jetzt gebe ich die Antwort auf die vorgenannten Punkte, gerade im § 8 Abs. 5 ist festgehalten, und ich zitiere aus dem Gesetz:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kann durch Verordnung die näheren Bedingungen und sonstigen Vorschriften zur techni­schen Abwicklung (...) festlegen.“

Liebe Herrschaften der Koalition, mit diesem Passus ist jederzeit die Gefahr gegeben, dass es wieder zu Einwänden kommt und wieder zu Klagen und dass wiederum der Verfassungsgerichtshof angerufen wird. Kollege Haimbuchner als Verfassungsjurist wird Ihnen Auskunft darüber geben, wie es wirklich ist. – Das zu Punkt eins.

Die größten Agrarsubventionsempfänger, Herr Gaßner, werden auch weiterhin kräftig absahnen und werden auch weiterhin dafür sorgen, dass auch Ihre Klientel, die kleinen Bauern, möglicherweise auch ein paar SPÖ-Bauern, vielleicht gibt es noch ein paar, leer ausgehen.

Punkt drei: Eine vernünftige Änderung des Betriebsprämienmodells, das heißt eine Kombination aus Betriebs- und Flächenprämie unter Einbeziehung von Querschnitts­aufgaben im Bereich Landschaftspflege, Biodiversität, Naturschutz, Tourismus und so weiter, ist in weite Ferne gerückt.

Auch in Punkt 3 sind sie vollständig umgefallen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 221

Vierter Punkt: Von sozialer Gerechtigkeit ist im neuen Marktordnungsgesetz nichts zu merken! Kollege Schultes hat in ungewohnter Offenheit – vielleicht auch in einem Verreden – mitgeteilt, was der Punkt für die ÖVP ist, und er hat gesagt:

Was für die Arbeiter der Kollektivvertrag ist, ist für die Bauern die Marktordnung.

Herr Schultes hat das nur etwas falsch wiedergegeben. Gemeint hat er es wahr­scheinlich anders. Gemeint hat er: Was für die Arbeiter der KV ist, ist für die Landwirtschaftindustrie und die Konzernbauern die Marktordnung.

Geschätzte Damen und Herren! Dieses Marktordnungsgesetz ist ein einziger Kniefall der SPÖ vor der ÖVP und vor dem Bauernbund! Wir wissen, dass hier nichts passiert ist, um echte Initiativen und Visionen aufzumachen, und ich hoffe sehr, dass wir sehr bald einmal über eine echte Änderung reden werden und dass wir darüber reden werden, dass wir Re-Nationalisierungen der Landwirtschaftspolitik vornehmen. Das wird die einzige Chance sein, um von dieser EU-Klammer loszukommen und den Bauern wirklich langfristig zu helfen. Nur dann, lieber Herr Grillitsch, und nur dann, Herr Gaßner, werden wir vernünftig über die Weiterführung unserer Landwirtschaft in Österreich reden können. (Beifall bei der FPÖ.)

20.19


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Dr. Haimbuchner – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Gaßner –: Tun Ihnen die Knie nicht schon weh vor lauter Umfallen?)

 


20.20.26

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Haimbuchner, schauen Sie, dass Ihnen nichts wehtut, wenn Sie hinfallen! Wir stehen vor Ihnen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bedanke mich bei Herrn Klement. Er hat meine Inhalte schon zum Besten gegeben. Ich habe nur vier Minuten Redezeit. Es ist gut, dass Sie unsere Ziele gebracht haben, und die haben wir auch überwiegend in vernünftigen Kompromissen erreicht.

Lieber Herr Kollege Pirklhuber, von wegen „Kniefall“. Sie waren hier noch nie in einer Regierung. Sie sind aber in einem Bundesland in einer Regierung. In Oberösterreich liegen Sie nur auf den Knien! Dort liegen Sie nur auf den Knien! Ich sage nur Energie AG. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Haimbuchner: Da klatscht auch die ÖVP!)

Meine Damen und Herren! Die Verhandlungen haben begonnen mit einer Äußerung des Ministers, der gemeint hat, inhaltliche Änderungen seien kein Thema. (Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll: Nein, das habe ich nicht gesagt!) – Geh, Herr Bundesminister! „Agrarisches Informationszentrum“! – Am Ende wurde dann die Dampfwalze losge­lassen, Herr Bundesminister. Da sind die Traktoren aufgefahren. Da haben dann die Bauern ein Mittagessen bekommen in Wieselburg und ein Bier dazu. (Abg. Dr. Haim­buchner: Das war also der Hintergrund! Dieses Mittagessen!)

Wir haben aber trotzdem in aller Ruhe weiterverhandelt und in aller Ruhe miteinander gesprochen. Herr Kollege Grillitsch, mich freut es, dass Sie jetzt bereits uns unsere Inhalte erklären. Sie haben Sie voll verstanden! Danke schön! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben Konformität der Verfassung gegenüber erreicht. Wir haben Rechtssicher­heit, Herr Kollege. Wir haben Rechtssicherheit, aber das haben Sie noch nicht gesagt: Wir haben auch Gerechtigkeit verlangt und auch erreicht, und zwar für alle Bauern, nicht nur für die großen, sondern auch für die kleinen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Klement: Das glauben Sie selbst nicht!)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 222

Wir haben auch – meine Kollegen werden noch über andere Inhalte reden – die ländliche Entwicklung neu hereingebracht in die Diskussion und ihr einen neuen Stellenwert gegeben. Der Herr Bürgermeister aus Edlitz ist da, er wird mir recht geben, dass die ländliche Entwicklung für die Gemeinden ganz besonders wichtig ist.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grillitsch, Gaßner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsbasis für die Programme zur Entwicklung des ländlichen Raumes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, die rechtlichen Möglichkeiten für eine spezifische Rechtsbasis für die Pro­gramme zur Entwicklung des ländlichen Raumes auf Grundlage von gemeinschaft­lichen Normen zu prüfen.

*****

Meine Damen und Herren, Sie können hier wirklich mitgehen. Wir haben die ländliche Entwicklung neu in Diskussion, und das ist gut so. (Abg. Dolinschek: Ein Armutszeug­nis!) Wir haben einen Kompromiss erzielt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der natürlich nicht alles beinhaltet, was wir uns gewünscht haben, der aber insgesamt eine hervorragende Ausgangsbasis für die Zusammenarbeit im Sinne unserer Menschen im ländlichen Raum bietet. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden diese Entwicklung vorantreiben – vorausgesetzt Kollege Grillitsch belehrt nicht nur, sondern tritt wirklich in einen Dialog mit uns ein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.23


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der von Herrn Abgeordnetem Mag. Gaßner eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grillitsch, Gaßner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsbasis für die Programme zur Entwicklung des Ländlichen Raums

Die politische Ausrichtung des Programms für die Entwicklung des Ländlichen Raums 2007-2013 ist an die Vorgaben des Beschlusses der EU-Agrarminister vom Juni 2005 gebunden. Demnach müssen mindestens 10% für Maßnahmen im Bereich Verbes­serung der Wettbewerbsfähigkeit und Modernisierung der Betriebe veranschlagt werden. Weitere mindestens 10% sind für Maßnahmen zu verwenden, die der Er­schließung neuer Einkommensquellen, neuer Märkte oder der Verbreiterung des Produktsortiments dienen bzw. die Lebensqualität im ländlichen Raum erhöhen. Damit stehen für Maßnahmen wie das neue Umweltprogramm (ÖPUL) und die Ausgleichs­zulage (AZ) maximal 80% zur Verfügung. Für das österreichische Programm zur Ländlichen Entwicklung – Grüner Pakt – stellt die Europäische Union rund 3,9 Mrd. Euro von 2007-2013 bereit. Die gemeinschaftsrechtliche Grundlage für die Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums ergehen zwar in Form von Verordnungen des Rates und Verordnungen der Europäischen Kommission, bedürfen jedoch nationaler


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 223

Schritte zur Umsetzung durch den Mitgliedstaat. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft möge daher die rechtlichen Möglich­keiten prüfen, in welcher Form diese nationale Umsetzung im Rahmen der öster­reichischen Rechtsordnung am effizientesten erfolgen kann.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, die rechtlichen Möglichkeiten für eine spezifische Rechtsbasis für die Pro­gram­me zur Entwicklung des ländlichen Raums auf Grundlage von gemeinschaftlichen Normen zu prüfen.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Zwerschitz. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


20.24.10

Abgeordnete Barbara Zwerschitz (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte auch mit der Geschichte dieser Materie anfangen. Es ist äußerst spannend, wie verschiedenartig das wahrgenommen wird. Bei uns ist es so, dass wir wissen, dass seit 2005 diese Einigung fällig gewesen wäre, dass also eigentlich sehr viel Zeit vergangen ist, in der man untätig war oder zumindest so hinter den Kulissen gearbeitet hat, dass es von außen nicht wahrnehmbar war. (Abg. Dr. Cap: Gut Ding braucht Weile!)

Wir haben dann einen ganz interessanten Ausschuss gehabt mit einer Besprechung, die relativ kurz war, aber dafür umso emotionaler abgehalten wurde. Da schien es nicht so, als würde in näherer Zukunft eine Einigung ins Haus stehen, und dann gab es ganz kurz vor der Plenarsitzung plötzlich eine Ausschusssitzung, und ich sage das gleich – es ist zwar vielleicht unüblich, aber ich nehme einmal an, das kommt dann als Argument –: Es tut mir sehr leid, ich habe keine Zeit gehabt. Ich habe einen Zahnarzttermin gehabt, das war kein mangelndes Interesse. Man muss hier ein bisschen vorsichtig sein mit der ÖVP, die ist dann bei so etwas ziemlich empfindlich. (Abg. Dr. Haimbuchner: Herr Grillitsch, entschuldigen Sie sich!)

Die SP hat vorher sehr viel angekündigt, was sie ändern möchte, was sie anders machen möchte –  und dann hat sie plötzlich zurückgezogen. Man weiß nicht so ge­nau, warum das passiert ist. Es könnte die Angst vor dem eigenen Mut sein. Es könnte sein, dass die Führungsetage gesagt hat: Einbremsen; das geht nicht, das können wir nicht machen! – Ich will es auch gar nicht nachvollziehen. (Abg. Dr. Haimbuchner: Das war Mut zur Konsequenz im Umfallen!)

Tatsache ist: Wir haben jetzt eine neue Regelung bis 2013, wie wir das Geld der EU richtig austeilen werden. Es ist ein ganz interessantes Gesetz. Ich bin jetzt noch nicht wirklich so die tolle Fachfrau, aber es ist wirklich spannend, wenn man das Gesetz liest. Es steht 13-mal drinnen, was der Herr Minister per Verordnung alles regeln kann. Also nicht das Gesetz sagt, was ist und wie etwas funktioniert, sondern es ermächtigt den Herrn Minister. Sie haben unheimlich viel Macht in der Materie. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Vertrauen!) Das finde ich sehr spannend, denn das gibt es sonst, glaube ich, in der Politik nirgends, das der Minister per Verordnung, in Absprache mit


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 224

jemand oder vielleicht auch nicht – man weiß es ja nicht so genau – etwas verordnen kann. Transparenz ist doch etwas anderes. Demokratische Entscheidungsfindung, würde ich sagen, ist auch etwas anderes.

2007 sind im Voranschlag für die einheitlichen Betriebsprämien 670 Millionen €. In einer Anfragebeantwortung haben wir erfahren, dass mehr als 50 Prozent dieser Betriebsprämie gerade einmal an 9 Prozent der Betriebe gehen. Dass der Fördersatz äußerst unterschiedlich ist, nämlich zwischen, Mickey Mouse, 65 Cent und noblen 5 000 € pro Hektar haben wir bereits gehört. Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen. Das führt auch zu Benachteiligungen, und das sagen nicht nur die Grünen. Das sagt zum Beispiel auch der Rechnungshof. Das sagen auch Studien.

Ich habe eine Studie von Offermann & Nieberg, die das behauptet, und das trifft vor allem ökologisch wirtschaftende Biobetriebe. Genau jene Betriebe also, für die wir Werbung machen, auf die wir stolz sind, fallen am ehesten um die Förderung um. (Abg. Zweytick: Wieso?) So wie auch beim Agrarmarketingbeitrag, denn auch dort gibt es eine Benachteiligung, und folglich möchte ich einen Antrag einbringen, der das ein bisschen verändern soll.

Abänderungsantrag

Der im Antrag enthaltene Gesetzesvorschlag wird wie folgt geändert:

In Artikel III wird nach Z 27 folgende Z 27a eingefügt:

„27a § 21j Abs. 2 lautet:

„(2) Das restliche Beitragsaufkommen und allfällige Zinsen sind durch die AMA für die § 21a genannten Zwecke zu verwenden, wobei aufgebrachte Beiträge für Produkte aus biologischer Produktion unabhängig davon, ob sie als solche auch vermarktet wurden oder nicht, jedenfalls für Absatzförderungsmaßnahmen für Produkte aus biologischer Produktion zu verwenden sind.“

*****

Da wir so einen guten Standort für Bioprodukte haben, verkaufen wir ja sehr viele Bioprodukte als Nicht-Bioprodukte.

Das Betriebsprämienmodell verhindert sozial gerechte Verteilung. Wir hätten jetzt die Chance auf ein Alternativmodell gehabt. Das ist aber leider nicht gekommen. Diese Chance wurde vertan.

Andere Staaten stellen ihre Fördervergaben ins Internet. In Österreich wird das streng geheim gehalten, immer schön unter der Decke. Es soll bloß niemand sehen, wie das wirklich funktioniert. Und wenn wir das jetzt ab 2009 plötzlich veröffentlichen, dann muss ich sagen: Das ist kein sonderlicher Erfolg. Die EU schreibt uns das einfach vor, aber man kann sich natürlich in einer Presseaussendung oder auch sonst sehr viel darauf zugute halten, wie viel man zur Transparenz beigetragen hat, wenn man dazu verpflichtet ist, das ohnehin zu tun. Das ist ein reiner Marketinggang. In Marketing sind ja Parteien bekanntermaßen gut, also warum nicht auch hier.

Wenn das System nicht ungerecht wäre und wenn es so wäre, dass wir klare Verga­berichtlinien hätten, klare Kriterien, dann kann ich nicht verstehen, warum das bis dato nicht veröffentlicht wird in Österreich. Und da es nicht veröffentlicht wird – es tut mir leid! –, müssen Sie mit dem Verdacht leben, den Sie nicht entkräften können, dass das äußerst ungerecht ist, und ich sage Ihnen, zahlreiche kleine Bauern empfinden das auch so. Dieser wunderbare Schmäh „Wir alle im Agrarsektor müssen zusammen-


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 225

halten, und wenn Ihr Kleinbauern zu uns haltet, dann haben wir Großbauern weiterhin unsere Schäfchen ins Trockene gebracht!“, wird auf die Dauer nicht ziehen. (Beifall bei den Grünen.)

20.29

*****

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft (195 d.B.) über die Regierungsvorlage (37 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Markt­organisationen (Marktordnungsgesetz 2007 - MOG 2007) und ein Marktordnungs-Überleitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA-Gesetz 1992, das Weingesetz 1999, das Forstgesetz 1975 und das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 geändert werden (Agrarrechtsänderungsgesetz 2007)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der im Antrag enthaltene Gesetzesvorschlag wird wie folgt geändert:

In Artikel III wird nach Z 27 folgende Z 27a eingefügt:

„27a § 21j Abs. 2 lautet:

„(2) Das restliche Beitragsaufkommen und allfällige Zinsen sind durch die AMA für die § 21a genannten Zwecke zu verwenden, wobei aufgebrachte Beiträge für Produkte aus biologischer Produktion unabhängig davon, ob sie als solche auch vermarktet wurden, jedenfalls für Absatzförderungsmaßnahmen für Produkte aus biologischer Produktion zu verwenden sind.“

Begründung:

Die Zuweisung von Geldern für Bio-Aktivitäten der AMA beruht aktuell auf Ver­marktungszahlen, d.h. Beiträge für Bio-Produkte, die nicht als solche vermarktet werden, bleiben dabei unberücksichtigt.

In Österreich wurden 2006 20% der biologisch produzierten Milch nicht als biologisch vermarktet. Bei einer angenommenen Gesamt-Lieferung von 380 Mio. Liter Biomilch und einem AMA-Beitrag von 0,291 Cent/kg entsprechen 20% einem Betrag von 220.000 €. Diese Gelder wurden letztendlich von Biobauern entrichtet, jedoch bei der AMA nicht für Bio-Marketing eingesetzt. Doch es sind genau jene Bauern – die biologisch produzieren, deren Produkte aber nicht als Bioprodukte vermarktet werden können – welche die Unterstützung der AMA benötigen. Mit der vorgeschlagenen Änderung im AMA-Gesetz soll sichergestellt werden, dass auch diese Gelder in Zukunft für Bio-Marketing-Aktivitäten verwendet werden.

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung; 4 Minuten Gesamtredezeit der Fraktion. – Bitte, Sie sind am Wort.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 226

20.29.50

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Du hast recht: Wir haben schon einmal dieses Gesetz gemeinsam eingebracht, und zwar im vergangenen Jahr in unserer Koalition. Es ist auch in Begutachtung gegangen, aber bei dieser Koalition weiß man ja nie, was im letzten Moment geändert wird und schlussendlich herauskommt.

Jetzt sitze ich drei Tage im Ausschuss – am 30. Mai, am 26. Juni und am 3. Juli – und kein Papier wird vorgelegt. Zwischen Rot und Schwarz werden Vorwürfe gemacht, wer dem anderen eine drüberzieht. Wer setzt sich durch? Das ist schon traurig!

Da der Herr Bürgermeister von Edlitz hier ist: In der Gemeinde geht es sicherlich wesentlich besser zu, da haben Sie mehr Einstimmigkeit wie hier in der Koalition.

Man weiß nicht, was im neuen Begutachtungsentwurf drinnen steht – und dann be­kommt man am letzten Ausschusstag, wie es halt so ist, in dieser zerstrittenen Koalition einen Abänderungsantrag serviert, den man sich in Windeseile durchliest. Die Opposition muss ja nicht derselben Meinung sein, Herr Bundesminister, aber ich bin froh, dass es jetzt eine Rechtssicherheit gibt, aber das habe ich ja im Ausschuss noch gar nicht gewusst, weil ich unmittelbar vor dem letzten Ausschuss erst die Abänderung bekommen habe. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Durchlesen!) – Ja, durchlesen!

Ich habe dort gelesen, dass auf jeden Fall die Betriebsprämie von 12 auf vier Hektar gesenkt worden ist. Das ist natürlich ein Vorteil. Es sind jetzt wesentlich mehr Bauern, die in den Genuss der Förderung kommen. Die Handelbarkeit der Milchquoten ist im Sinne aller, keine Frage! Da bin ich auch dafür, und das ist einfach wichtig, aber es war fünf Minuten vor zwölf, dass Sie das jetzt gemacht haben.

Interessant ist schon, dass Herr Gaßner hier herausgeht und jetzt einen Ent­schließungs­antrag einbringt, mit dem er den Herrn Bundesminister auffordert, die Rechtsbasis für die Programme zur Entwicklung des ländlichen Raumes herzustellen. Also wenn das in einer großen Koalition mit mehr als einer Zweidrittelmehrheit nicht intern zu bereden ist, Herr Gaßner, dann ist das schon ein trauriges Beispiel. (Beifall beim BZÖ.)

Es ist wirklich traurig, dass Sie jetzt den Minister dazu auffordern müssen. Mich stört das auch, dass er per Verordnung auch über den ländlichen Raum verfügen kann. Das stört mich auch! Da wird mir jeder Bürgermeister recht geben draußen. Es wäre besser, wenn das anders abgefasst wäre und das Parlament ein Mitspracherecht hätte.

Dieses Unverständnis zwischen den beiden Parteien geht ja so weit, dass sie sogar falsch abstimmen. Beim Komatrinken, beim vorigen Thema, das wir mit Frau Bundes­minister Kdolsky besprochen haben, wo sie mit einem Entschließungsantrag aufge­fordert wird, auch mit der Wirtschaft Gespräche zu führen, um eben diese Flatrate-Partys zu verbieten, dass sich nicht mit einem All-inclusive-Betrag die jungen Leute betrinken. Da stimmen Sie gegen Ihren eigenen Antrag! Und jetzt bringen Sie einen neuen ein hier bei der Marktordnung, damit sie das für den Konsumentenschutz auf dem Umwege reparieren.

Die Einzigen, die richtig abgestimmt haben – es war ja ein Konsens von allen Par­teien –, waren wir vom BZÖ, und alle anderen haben dagegengestimmt. (Beifall beim BZÖ.)

20.32


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haim­buchner. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung; Restredezeit der Frak­tion: 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 227

20.33.08

Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Verehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Nun endgültig ist die Koalition so weit, dass sie das Marktordnungsgesetz beschließen kann. Kollege Dolinschek hat es ja sehr schön geschildert: Es hat drei Ausschüsse benötigt, wo aber nicht einmal etwas vorgelegen ist. Die Koalition hat einen Mediator gebraucht, und zwar den Oppositions­mediator, denn alleine trauen Sie sich ja im Ausschuss gar nicht mehr, zu verhandeln, sondern Sie trauen sich ja nur mehr, wenn wer anderer dabei ist, miteinander zu reden. Und nun liegt also dieses Marktordnungsgesetz vor. Und da bin ich schon neugierig, wie das zustande gekommen ist beziehungsweise welche Packelei da dahintersteckt.

Herr Kollege Grillitsch, wenn Sie sagen, Sie sind so einen erfolgreichen Weg in den letzten Jahrzehnten gegangen (Abg. Grillitsch: Richtig!), frage ich Sie: Was ist denn mit dem Bauernsterben los? War das so erfolgreich? Ja, da waren Sie erfolgreich, das stimmt. Sie haben nachhaltig dafür gesorgt, dass die Bauern in Österreich untergehen. Da werden Sie nichts anderes erzählen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu den Kollegen von der SPÖ kann man nur sagen: Jeder Koalitionspartner wird von der ÖVP mit Zynismus behandelt. Die ÖVP klatscht sogar, wenn Kollege Pirklhuber angegriffen wird von der SPÖ, dass Kollege Anschober in einer schwarz-grünen Regierung in Oberösterreich sitzt, wobei ich der ÖVP da recht gebe, wenn sie da applaudiert, denn der ist wirklich in der ÖVP aufgegangen.

Das ganze Schönreden der SPÖ nützt ja überhaupt nichts. Wenn also Herr Bun­desgeschäftsführer Josef Kalina am Dienstag gesagt hat: Der Kompromiss, den wir gefunden haben, zeigt die Leitlinien der SPÖ-Regierungspolitik, jenen zu helfen, die es schwer im Leben haben. – Ich sage Ihnen eines: Sie müssen sich selbst helfen, denn Sie haben es mittlerweile wirklich sehr, sehr schwer in Ihrem Leben, und zwar in Ihrem Koalitionsleben, aber erreicht haben Sie für die Landwirte überhaupt nichts.

Schauen wir uns das einmal an: Wo konnten Sie sich nicht durchsetzen? Die SPÖ hat immer gefordert, dass die Marktordnung zeitlich befristet wird. – Das ist nicht geschehen. Sie haben auch immer wieder gefordert, dass die ländliche Entwicklung in einem speziellen Gesetz zu regeln ist. – Auch damit ist die SPÖ abgeblitzt. Sie haben sich nur in kleinen Nebenbereichen – unter Anführungszeichen – „durchsetzen“ kön­nen. Na ja, schauen wir einmal bei den Förderungen. Auf die Untergrenze von vier statt zwölf Hektar, da haben Sie sich geeinigt, und bei den Tierprämien, die können jetzt auch Bauern bekommen, die nicht Mitglieder eines Zuchtverbandes sind. Nur: Das ist ja nicht Ihr Verdienst, bitte, das ist ja aufgehoben worden vom Verfassungsgerichtshof; also darauf brauchen Sie sich überhaupt nichts einzubilden.

Und das andere ist: Man muss auch sagen, dass natürlich auch darauf zu schauen ist, dass die Zuchtverbände gut leben, denn die Zuchtverbände sind notwendig für einen gesunden Bauernstand. Das gebe ich durchaus zu.

Schauen wir einmal weiter: Sie haben immer gefordert und gesagt, das war ein Ver­handlungserfolg, dass die Agrarförderungen einmal offengelegt werden. – Das ist doch sowieso selbstverständlich; das ist ja schon lange Zeit beschlossene Sache.

Sie haben aber im Bürokratiedschungel überhaupt keine Änderung erreicht. Und gerade diesen Dschungel kritisieren wir, weil der ja immerhin auch zum Bauernsterben beiträgt. Wenn man sich das anschaut: Jedes Jahr müssen die Bauern Flächen anmel­den, endlose Tabellen, Formulare müssen ausgefüllt werden. Das ist dann meistens die Berechtigung, dass der Bauernbund oder die Landwirtschaftskammer den Land­wirten da hilft, und selbst die Landwirtschaftskammer kennt sich meistens nicht mehr aus, wie da vorzugehen ist. Das ist ja ganz klar, denn durch die Bestimmungen der Cross Compliance Richtlinie ist das einfach eine riesige Problematik. Und da muss


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man einmal ganz offen und ehrlich sagen: Da geschieht überhaupt nichts! Da setzen Sie sich auch auf europäischer Ebene nicht ein!

Wenn ich einmal auf die Meinungen der Landwirte in meinem Bezirk zurückgreife, also was die oft sagen: Na, wenn ich morgens aufstehe, habe ich bestimmt schon etwas verbrochen. Ich weiß zwar noch nicht, was, denn die Regeln ändern sich ständig! Ein anderer Landwirt hat vor kurzem wortwörtlich gemeint: Da hat doch keiner mehr den Durchblick, oft nicht einmal die, die es kontrollieren sollen!

Und eines sage ich Ihnen auch, gerade den Herren von der ÖVP, wenn da ein bisschen die Zwischenrufe kommen: Wo ist denn da das Interesse für die Land­wirtschaft vorhanden in Ihren Reihen? Da ist ja überhaupt niemand mehr da! Da sind ja mehr Leute bei der SPÖ vorhanden. Sie sind sich da offensichtlich so sicher. Schauen Sie sich das einmal an. – Also da sind zu wenige.

Herr Bundesminister, okay, da wird jetzt dieses Gesetz beschlossen, aber: Wo sind die wirklichen Leitlinien Ihrer Politik? Was wollen Sie? Was haben Sie an Zielen? Darüber müssen wir uns einmal unterhalten. Wie viele so genannte Zukunftsbauern sollen denn überleben? Wie viel Hektar Grund soll denn ein Landwirt haben? Welche Größe soll ein landwirtschaftlicher Betrieb haben? – Beantworten Sie das einmal bitte! Sie beant­worten das nicht. Sie sitzen nur im Ausschuss und werden ganz nervös.

Die ÖVP-Bauern, der Bauernbund, die dürfen gar nicht zu viel sagen, die muss man ein bisschen ruhig halten, damit die SPÖ nicht zu viel schäumt. Die SPÖ kritisiert ein bisschen – dann verlieren alle die Nerven, und zum Schluss muss dann Kollege Pirklhuber den Vorsitz übernehmen, weil Kollege Grillitsch einfach mehr oder weniger den Ausschuss beendet. So kann es ja wohl auch nicht sein.

Und dann zu diesem Märchen des Energiebauern. Es ist in Ordnung, wenn Landwirte für die Energieerzeugung herangezogen werden. Überhaupt keine Frage: Überall dort, wo der Bauernstand erhalten werden soll mit allen Mitteln, soll alles recht sein. Da haben Sie auch unsere Unterstützung, das gibt es überhaupt keine Diskussion. Ich habe da aber eine ganz nette Broschüre entdeckt. (Der Redner hält eine Broschüre in die Höhe.) Da ist ja Ihr Kollege, Kollege Schultes, wenn ich das richtig sehe: Unab­hängig von Erdöl mit Biotreibstoffen, heißt es hier. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Bravo!) Da gibt es eine wunderschöne Broschüre. Man muss diese nur ein bisschen durchblättern – und dann kommt man zu dem Ergebnis: Landwirtschaftliche Rohstoffe sind die Basis für Biotreibstoffe. – Völlig richtig, das braucht man uns gar nicht vorzu­halten. Und weiters heißt es hier: Heimische Rohstoffe können Biodiesel und Futter­mittel liefern.

So, und jetzt gehen wir einmal nach Oberösterreich, in meine Heimat. Dort gibt es dieses Biokraftwerk, diese Produktionsstätte in Enns. Dort werden 100 000 Tonnen Biodiesel erzeugt. Jetzt liegt diese Produktionsstätte an der Donau. Und warum wohl liegt sie an der Donau? – Weil wahrscheinlich dort nicht heimische Rohstoffe verar­beitet werden, sondern weil zu Weltmarktpreisen Raps eingekauft wird, über die Donau verschifft und in Enns verarbeitet wird. Davon haben die oberösterreichischen Land­wirte überhaupt nichts. Ich möchte wissen, Herr Bundesminister: Wer fördert diese Anlage? Wer profitiert davon? – Sicherlich nicht der heimische Landwirt!

Wir werden Ihnen in dieser Angelegenheit ganz genau auf die Finger schauen, was da passiert! Aber erzählen Sie bitte nicht, dass Sie für den Landwirt alles unternehmen. So ist es nämlich bei Gott nicht! (Rufe bei der FPÖ: Genau!)

Wir werden dafür sorgen, dass das Bauernsterben nicht so rapide weitergeht wie unter der ÖVP-Herrschaft. (Beifall bei der FPÖ.)

20.39



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 229

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Von der Regierungsbank aus hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


20.40.18

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Haimbuchner, ich weiß nicht, mit welchen Bäuerinnen und Bauern Sie sich unterhalten in Ihrer Gemeinde Steinhaus. Es ist wahrscheinlich Zeit, dass wir einmal vorbeikommen und dort auch erklären, wie Agrarpolitik funktioniert (Beifall bei der ÖVP), denn ich kann mir nicht erklären, dass es Bäuerinnen und Bauern gibt, die das, was Sie hier zum Besten gegeben haben, tatsächlich auch persönlich empfinden. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Marktordnungsgesetz: Wenn wir heute hier die Beschlussfassung hoffentlich vorneh­men, dann geht ein sehr langer Prozess der politischen Diskussion zu Ende. Mit dem heutigen Tag legen wir damit – vergessen wir das nie – Rechtssicherheit, eines der wichtigsten Instrumente für die Planbarkeit auch der Ausgleichszahlungen für die Bäuerinnen und Bauern, fest.

800 Millionen € pro Jahr in Umsetzung der Vorgaben der Europäischen Union sind ja kein Pappenstiel. Wir haben vor eineinhalb Jahren mit dem Begutachtungsentwurf die Grundlage für die Diskussion gelegt. Wir haben am 14. März 2007 einen einstimmigen Ministerratsbeschluss erzielt, und es war für mich verblüffend, dass in den nachfol­genden Tagen und Wochen eine Diskussion auch innerhalb der Koalition aufge­brochen ist, was denn noch alles zu ändern sei.

Dass wir heute, nach dem Beschluss im Ausschuss, einen Beschluss vorliegen haben, der nur unwesentliche Änderungen auch zum Ministerratsbeschluss aufweist (Abg. Parnigoni: Na Ja!), in den aber doch in einigen Punkten auch das, was an Bedenken vorgebracht wurde, aufgenommen wurde (Abg. Parnigoni: Das klingt schon besser!), das ist etwas, was von der Handlungsfähigkeit dieser Koalition zeigt für die Bäuerinnen und Bauern in Österreich und für den ländlichen Raum insgesamt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich halte das für eine wichtige Beschlussfassung, nicht nur die Frage Marktordnung, Änderung AMA-Gesetz, Forstgesetz, Weingesetz, Pflanzenschutzmittelgesetz und Landwirtschaftsgesetz, die wir heute vornehmen, weil – und das hat auch die Unruhe der Bäuerinnen und Bauern in den letzten Tagen und Wochen gezeigt – sehr wichtige Fragen zur Disposition standen: die Frage der Handelbarkeit der Milchquoten, die Frage der Kompression von Zahlungsansprüchen für das Grünland und den Milchbe­reich, die Frage der Kalbinnenprämie – immerhin 10 Millionen €, die zur Disposition standen – und in weiterer Folge auch die Unsicherheit, ob überhaupt 800 Millionen € an die Bäuerinnen, an die Bauern, an den ländlichen Raum ausbezahlt werden kön­nen.

Deswegen bin ich froh darüber, dass wir heute soweit sind, dass wir auch einen klugen Kompromiss finden konnten, der da heißt: Gesetzestext mit Verordnungsermäch­tigungen für den Landwirtschaftsminister ausschließlich in technischen Fragen, wo rasch und unverzüglich zu handeln ist, wenn technische Daten anzupassen sind, Durch­schnittserträge, viele andere Themen, aber klar mehr Einflussbereich für den Gesetzgeber auch in den substantiellen inhaltlichen Themen, wo inhaltliche Spiel­räume in Zukunft entsprechend gestaltet werden sollen.

Zur Frage Transparenz: Auch dafür danke schön, das, was ursprünglich gewollt wurde, nämlich Transparenz ab sofort einseitig in Österreich umzusetzen, jetzt zu verschieben auf die europäische Diskussion. Ich halte das für klug und gescheit, dass wir insgesamt


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in Europa uns auf einheitliche Standards einigen und dann natürlich auch in Österreich diese Frage der Transparenz umsetzen.

Ich sage aber auch dazu, es wird dann auch an uns liegen – diese Diskussion ist zu führen –, alle Ausgleichszahlungen, alle Förderungen, alle Unterstützungen aus Steuer­geldern, öffentlichen Töpfen im Bereich Einzelunternehmen, KMUs, der Industrie auch bei den Arbeitnehmern, Arbeitslosenzuschüsse und so weiter hinsichtlich der Transparenz zu diskutieren. Ich halte das im Sinne der Gerechtigkeit für die nächsten Monate und Jahre für einen ganz wichtigen Punkt. Transparenz nur für die Bauern zu verlangen, ist zu wenig, sondern dieses Thema werden wir dann auch bei den öffentlichen Geldflüssen insgesamt zu diskutieren haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur ländlichen Entwicklung. Es ist gut, dass die ländliche Entwicklung auch in der Planung für die Zukunft geregelt wird. Es geht dort um nicht mehr und nicht weniger als 8 Milliarden € bis 2013 und auch dann für die Folgeperioden. Es ist gut, dass der Landwirtschaftsminister für die Zukunft nicht per Gesetz gebunden ist an die Ver­handlungsführung, sondern Freiheiten hat im Bereich der Disposition der Geldmittel für die ländliche Entwicklung und der Richtlinien. Er muss zwar mit der § 7-Kommission, die ich für ein wichtiges Instrument in der Agrarpolitik halte, stärker kooperieren und auch in der beratenden Situation vertiefend diese Frage entwickeln, hat aber doch Freiheiten auch in der Richtliniengestaltung, in der Ausprägung, in der zukünftigen ländlichen Entwicklung. Das ist immerhin schon ein Bereich, wo es um mehr geht als oftmals im Bereich der Marktordnung.

In diesem Sinne ist es ein wichtiger Tag für die österreichische Landwirtschaft, für den österreichischen ländlichen Raum. Es ist ein Marktordnungsgesetz, das uns Zukunft und Sicherheit für die Bäuerinnen und Bauern gibt, Zukunft und Sicherheit – weil heute der Bürgermeister schon mehrmals angesprochen wurde und viele ja auch hier sitzen –, auch Sicherheit und Entwicklungsperspektive für die ländlichen Räume, für die Gemeinden, für die Projektträger, die abseits des kernbäuerlichen Bereichs jetzt auch in die Planung gehen wollen. Das Marktordnungsgesetz gibt uns dafür eine absolut taugliche Grundlage.

Ich freue mich darüber, dass das, was wir konzipiert haben, nun auch Realität wird, auch mit den Adaptionen und Anpassungen, die in einer Koalition eben zu schließen sind, aber die in erträglichem Ausmaß geblieben sind. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.46


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


20.46.25

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Herr Präsident! (Abg. Dr. Jarolim – auf Bundesminister Pröll wei­send –: Da kann sich der Herr Landeshauptmann Pröll eine Scheibe abschneiden! – Abg. Dr. Pirklhuber: Bald nicht mehr, wenn er so abnimmt, der Minister Pröll! – Leb­hafte Heiterkeit bei SPÖ, ÖVP und den Grünen.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Herr Kollege Auer!

 


Abgeordneter Jakob Auer (fortsetzend): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Dass Agrarpolitik eine schwierige Materie ist, ist bewusst, ist bekannt, insbesondere seit ich einigen Vorrednern zugehört habe.

Lieber Kollege Haimbuchner, einmal mit einem blauen Traktor mitzufahren, ist ein wen’g zu wen’g in der Agrarpolitik. Also da wird es Zeit, dass du dir noch etwas ande-


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res anschaust! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Eines ist unbestritten: Auch in der Gemeinde Steinhaus gibt es tüchtigste Bauern, damit das auch festgestellt ist.

Ich frage den Kollegen Haimbuchner, und ich frage den Kollegen Pirklhuber: Nennen Sie mir ein Land in Europa, wo eine derart hohe Beteiligung an einem Umweltpro­gramm vor sich geht! Nennen Sie mir ein zweites Land in Europa, wo ein derart hoher Bioanteil gegeben ist! Zeigen Sie mir ein Land in Europa außerhalb Österreichs, in dem so wenig an Rückzahlung zu leisten ist, in dem es eine derartige Präzision gibt, eine derart hervorragende Agrarpolitik auch durch die Maßnahmen der AMA, der Landwirtschaftskammerberatung und so weiter, zeigen Sie mir ein weiteres Land, welches eine derartige Performance aufweisen kann – und dann reden Sie weiter über Agrarpolitik! (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Nächsten sei schon noch erwähnt: Sie wissen doch auch, wenn Sie nur einige agrarische Medien lesen wie zum Beispiel – ohne Werbung zu machen – jene Blätter, die dem Bauernbund nicht immer besonders gut gesinnt sind, dass Österreichs Bauern unter schwierigen Bedingungen, unter Konkurrenzbedingungen in Europa zu wirtschaf­ten haben, was die Flächenausstattung betrifft, was den Viehbestand betrifft, ob Milchkühe, ob Produktionsleistung, ob Schweinebestände oder andere Dinge.

Fahren Sie einmal nach Spanien und erkundigen Sie sich dort über Tierschutz­bedingun­gen, meine Damen und Herren! Ich war vor kurzem dort und kann sagen: Österreich hat das modernste Tierschutzgesetz, hat heute ein Tiertransportgesetz beschlossen, das in Europa mustergültig ist. Dann reden Sie über Agrarpolitik unter gleichen Bedingungen und verkünden Sie nicht immer, dass Sie stolz sind auf diese Gesetze, aber wenn es um etwas anderes geht, beklagen Sie sich darüber, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Haimbuchner: Wer war denn für den Beitritt zur EU?) Es wird Zeit, hier einmal mit offenen Karten zu spielen. Das wäre wünschenswert im Sinne der österreichischen Bäuerinnen und Bauern. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bedanke mich beim Kollegen Kurt Gaßner für die faire Diskussion. Gut Ding braucht Weile. Aber mir ist das lieber, bevor ein halbvernünftiges Gesetz beschlossen werden kann (Abg. Dr. Pirklhuber: Jetzt sagst du selber, dass es nur halbvernünftig ist!), dass man vorher länger diskutiert, vielleicht auch manches Mal streitet, aber sich im Sinne eines vernünftigen Ergebnisses bemüht, ein gutes Ergebnis fertigzubringen.

Aber eine Botschaft sei dem Kollegen Gaßner noch mitgegeben, weil er an den Herrn Bürgermeister hier auf der Galerie appelliert hat: Ja, wir sind froh, und es ist notwendig, die ländliche Entwicklung zu fördern, um entsprechend profitieren zu können – und diese Botschaft wäre auch dem Kollegen Matznetter betreffend Finanzausgleichsver­hand­lungen mitzugeben (Abg. Mag. Gaßner: Da haben Sie ja den Finanzminister, Gott sei dank!), der meinte, es sei nicht möglich, den kleineren Gemeinden Geld zur Verfügung zu stellen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Haimbuchner: Was ist jetzt eigentlich mit dem Raps in Enns, Kollege Auer?)

20.49


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


20.50.01

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es handelt sich hiebei wirklich um einen fairen Kompromiss, der da zustande gebracht wurde. Natürlich sieht das die Opposition anders, und natürlich ist Opposition ein hartes Brot, aber das ist eben so.


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Ich glaube, dass es drei wesentliche Weichen gibt, die in diesem Marktordnungsgesetz neu gestellt wurden. Erstens einmal, es gibt wichtige Fortschritte für die Verbraucher, es gibt wichtige Fortschritte im Bereich Tierschutz, und es gibt wichtige Fortschritte für unsere Kleinbauern. Ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig, und ich möchte an dieser Stelle unserem Verhandler, Kurt Gaßner, gratulieren, dass er sich für die kleinen Bauern so auf die Schienen g’haut hat. Kurt, ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bedanke mich auch bei deinem Verhandler, dem Kollegen Grillitsch. Kollege Grillitsch, du hast ja davon gesprochen, dass ihr oftmals verhandelt habt. Ich würde sagen, verhandeln auf Augenhöhe, das ist nicht immer leicht mit dem Gaßner Kurt, der fast zwei Meter lang ist, aber ich glaube, es hat funktioniert und es war ein guter Kompromiss, der da gestaltet wurde.

Ich möchte von einem Orientierungsweg sprechen, geschätzte Kolleginnen und Kol­legen. Uns war wichtig, dass wir bei der Milchquote in Zukunft auch den kleinen Bauern bei der Verteilung der nationalen Reserve Berücksichtigung schenken. Bisher hatten nur die großen Betriebe etwas davon, jetzt profitieren auch unsere kleinen Bauern im Salzkammergut, und das ist ein wesentlicher Fortschritt gegenüber der alten Regelung. (Beifall bei der SPÖ.)

Uns war wichtig, dass die Mutterkuh- und Kälberprämie in Zukunft nicht mehr an die Mitgliedschaft im Zuchtverband gebunden ist. Das ist ganz wichtig. Es darf keine Qualitätseinbußen geben, aber es gibt Alternativen zum Zuchtverband. Und auch die Härtefallregelung bei der Betriebsprämie ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Ich möchte abschließend sagen: Es ist heute ein guter Tag für Bauern, vor allem für die kleinen Bauern, und es ist ein guter Tag für alle Konsumentinnen und Kon­sumenten. (Beifall bei der SPÖ.)

20.52


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eßl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


20.52.16

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätz­ten Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass das Marktordnungsgesetz heute beschlossen wird, denn das gibt den Bauern wieder Sicherheit. Ich bin in den letzten Tagen des Öfteren kontaktiert und von Bauern angerufen worden, die investiert haben, die Milchquote zukaufen wollten, weil sie schrittweise das Kontingent steigern wollten. Sie konnten dies aber nicht, ohne dass dieses Gesetz beschlossen wird. Seit 1. Juli wäre das nämlich nicht mehr möglich gewesen. Das hätte zur Folge gehabt, dass sie für jeden Kilo überlieferte Milch 28 Cent an Zusatzabgabe bezahlen hätten müssen, und das wäre untragbar.

Wichtig ist auch, dass mit der Kompression die Ausnützung der Zahlungsansprüche auch bei Verlust von Pachtflächen für unsere Milchbauern gewährleistet ist.

Dann darf ich mit einem Satz doch zum Herrn Haimbuchner kommen und zum Bauern­sterben: Vergleichen Sie bitte die österreichischen Zahlen mit den Zahlen im übrigen Europa! Da stehen wir wesentlich besser da als alle anderen. Aber es gibt ein nächstes Budget, das zu verhandeln ist, und wenn Sie dazu bereit sind und alle im Saal, dass wir das Agrarbudget erhöhen: Wir sind dabei, machen wir das! (Abg. Dr. Haim­buchner: Sie sind verantwortlich!)

Dritter Punkt: Transparenz. Ja, aber für alle. Alle Zuwendungen aus öffentlichen Gel­dern an Personen in unserem Land sind dann so zu sehen.


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Vierter Punkt: der Vorwurf der Frau Zwerschitz, Biobauern seien benachteiligt. – Das stimmt nicht. (Abg. Dr. Pirklhuber: Es gibt eine europäische Studie dazu! Lesen Sie die!) In der Marktordnungsdebatte gibt es keinen Unterschied zwischen Biobauern und Nicht-Biobauern.

Stimmen Sie dieser Gesetzesvorlage zu, denn das ist im Interesse der Bäuerinnen und Bauern, im Interesse der Menschen in unserem Lande! (Abg. Dr. Haimbuchner: Kein Applaus bei der ÖVP.)

Und noch eines: Die Bauern und Bäuerinnen können sich auf den Bauernbund und auf die ÖVP verlassen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.54


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. Ebenfalls 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


20.54.19

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich brin­ge zunächst folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muttonen und Höllerer betreffend Konsumentenschutz, Prävention und Information über die Auswirkungen des Alkoholismus von Kindern und Jugend­lichen

(Abg. Ing. Westenthaler: Herr Landwirtschaftsminister, sind Sie dafür auch verant­wortlich?)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend wird ersucht,

ihre Bemühungen zur Prävention und Eindämmung des Alkoholkonsums von Kindern und Jugendlichen engagiert fortzuführen“

(Abg. Dr. Haimbuchner: Herr Präsident, ich weiß nicht, ob das geschäftsordnungs­konform ist!),

„eine Aufklärungskampagne in Österreich für Kinder und spezielle Programme für Jugendliche zu initiieren, um über die Gefahren und Risken von Alkoholkonsum und Komatrinken zu informieren und zu sensibilisieren, sowie

in Kooperation mit der Wirtschaft geeignete Möglichkeiten zum Verzicht von Flat-Rate-Partys seitens der Gastronomie und der Veranstalter zu prüfen.“

*****

(Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Nun zum Tagesordnungspunkt selbst. Herr Kollege Klement – es ist mir ein Anliegen, darauf heute zu reagieren – hat in der letzten Sitzung des Landwirtschaftsausschusses bemerkt, er habe etwas Besseres zu tun, als sich zweimal innerhalb kürzester Zeit für die Bauern einzusetzen. – Herr Kollege Klement, es ist ungeheuerlich, was Sie da sagen! – Die SPÖ hat sich bis zur letzten Minute für die Bauern und ganz besonders für die kleinen Bauern eingesetzt. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 234

Es geht uns hier nicht um die SPÖ, um die FPÖ oder sonst um irgendeine Partei, son­dern es geht um die Bauern. Und es ist ein Verdienst der SPÖ, lieber Kollege, dass auch die kleinen Bauern zu ihrem Recht kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Regierungsparteien haben bewiesen, dass sie in der Lage sind, für alle Bauern die beste Lösung zu erarbeiten, auch wenn manchmal etwas – zugegebenermaßen – ein bisschen länger dauert. Aber da zu sagen, es ist mir die Zeit zu schade, Herr Kollege, das ist ungeheuerlich!

Abschließend darf ich sagen: Die ÖVP beziehungsweise der Bauernbund haben manch­mal auch Aussendungen hinausgegeben, die nicht gerade fair sind, aber in Abwandlung von dem, was da vom Bauernbund draufsteht darf ich sagen: SPÖ-Politik gut für die Bauern, SPÖ-Politik gut für das Land! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.56


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abge­ordneter Scheibner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Kollege.

 


20.56.31

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Zusammenzucken des Herrn Landwirtschaftsministers hat gezeigt, dass auch er überrascht gewesen ist, dass jetzt der Abgeordnete Reheis einen Entschließungsantrag zum Koma-Trinken hier in einer Debatte zur Marktordnung eingebracht hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist unglaublich!)

Sie wissen, dass laut § 54 Geschäftsordnungsgesetz ein Entschließungsantrag in einem sachlichen Zusammenhang mit der eigentlichen Materie stehen muss. (Abg. Ing. Westenthaler: Völlig unzulässig!)

Ich verstehe, dass man die Abstimmungspanne des heutigen Nachmittags korrigieren will, inhaltlich haben wir auch gar nichts dagegen, aber das muss geschäftsord­nungsgemäß geschehen, und aus meiner Sicht müsste dieser Antrag neu eingebracht werden.

Herr Präsident, ich ersuche Sie, den inhaltlichen Zusammenhang ganz genau zu prüfen. Aus meiner Sicht wäre dieser Antrag nicht zuzulassen. Ich habe mir diesen Entschließungsantrag und die Begründung angesehen: Da werden Zielbestimmungen des Marktordnungsgesetzes im Bereich Konsumenten- und Verbraucherschutz ange­führt und deshalb ein Zusammenhang hergestellt. Wenn man sich aber diese Ziele des Bundesgesetzes anschaut, sieht man, dass es zwar stimmt, dass es hier um Interessen des Verbraucherschutzes und Konsumentenschutz geht, allerdings, meine Damen und Herren, wenn Sie sich den § 2 ansehen, merken Sie: Hier geht es nicht um Interessen der Menschen, sondern um Interessen der Tiere.

Es geht jetzt um den Tierschutz, und ich glaube, dass das Koma-Trinken nichts mit Verbraucherschutz- und Konsumentenschutzinteressen im Hinblick auf den Tierschutz zu tun hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Koma-Saufen der Tiere! – Abg. Dr. Haim­buch­ner: Koma-Trinken der Kühe!)

In diesem Sinne, Herr Präsident – so leid es mir tut, inhaltlich sind wir ja dafür, aber es geht hier nicht darum, eine Abstimmungspanne der Regierung zu kaschieren, sondern es geht darum, geschäftsordnungsmäßig diesen Antrag zu behandeln –, glaube ich, dass dieser Antrag nicht zuzulassen ist, sondern neu eingebracht werden muss. (Beifall beim BZÖ.)

20.58


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Grillitsch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Kollege.

 



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 235

20.58.38

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich würde dem Herrn Kollegen Scheibner empfehlen, den Entschließungsantrag genau zu lesen, denn es geht nicht nur um Tierschutz und um die Marktordnung, sondern es geht auch um das Weingesetz. Und da ist Prävention auch gefragt, entsprechende Aufklärung, Information, auch Konsumentenschutz, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.

Daher ist dieser Entschließungsantrag auch ordnungsgemäß eingebracht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Ist der Minister fürs Weintrinken zustän­dig! – Abg. Dr. Haimbuchner: Koma-Trinken und Weingesetz!)

20.59


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Meine geschätzten Damen und Herren, ich werde das prüfen.

Einstweilen rufe ich die tatsächliche Berichtigung des Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Klement auf. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Herr Kollege, ich mache Sie auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerk­sam: zuerst den zu berichtigenden Sachverhalt, dann den richtigen Sachverhalt gegenüberstellen, und das in 2 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


20.59.25

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Geschätzter Herr Präsi­dent, danke für die Worterteilung.

Herr Kollege Reheis, ich habe nicht gesagt, dass mir die Zeit zu schade ist und auch nicht der Freiheitlichen Partei, für die Landwirtschaft in den Ausschüssen zu sitzen.

Vielmehr habe ich gesagt, dass es für eine effiziente Arbeit in den Ausschüssen auch einer guten Vorbereitung bedarf – und die war nicht gegeben, Herr Kollege.

Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis – und verdrehen Sie mir nicht das Wort im Mund! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Reheis: Ich habe das mitgeschrieben, Herr Kollege!)

20.59


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die nächste Wortmeldung liegt vor von Frau Abgeordneter Höllerer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Kollegin.

 


21.00.01

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich beziehe mich nur ganz kurz auf das Marktordnungsgesetz und darf hier anmerken: Was lange währt, wird endlich gut! Und damit ist für die Bäuerin­nen und Bauern auch Rechtssicherheit und Planungssicherheit geschaffen. Mit dem Beschluss, der heute zu erwarten ist, werden die Bäuerinnen und Bauern die Leistungen, die zu Recht von der österreichischen Gesellschaft gefordert werden, auch künftig erfüllen können. Da geht es um den Erhalt der Kulturlandschaft und vor allem um die Zurverfügungstellung von sicheren, qualitätsorientierten Lebensmitteln.

Ich möchte mich aber noch ganz kurz zum Weingesetz melden, das ja auch geändert wird: Es ist durchaus so – ich möchte das hier auch festhalten –, dass die Winzer darauf Wert legen, dass der Wein ein wichtiges Kulturgut und ein Genussmittel ist, mit dem sehr sorgsam und mit Bedacht umgegangen werden muss, und selbstverständlich legen die Winzer darauf Wert, dass Wein von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren auf jeden Fall ferngehalten werden muss.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 236

Die Änderungen dieses Weingesetzes sind wieder in Richtung Qualitätsproduktion orientiert. Es geht um die Neuregelung der Banderole. Die Banderole ist mittlerweile zu einem wichtigen Qualitätszeichen und zu einem Marketinginstrument geworden, und es ist daher auch wichtig, dass sie weiterhin bestehen bleibt. Mit der Betriebsnummer ausgerüstet, ist auch der Zugang zum Betrieb auf der Banderole zukünftig zu ersehen.

Weiters ist noch die Änderung eines Weinbaugebietsnamens festgehalten: von „Do­nau­land“ auf „Wagram“. Die Winzer legen darauf Wert, weil sie den Namen „Wagram“ auch in der Vergangenheit schon intensivst beworben haben und dieser den Kon­sumentinnen und Konsumenten sehr geläufig ist.

Ich möchte noch einmal darauf eingehen, dass das Weingesetz durchaus auch rechtfertigt, dass hier dieser Entschließungsantrag eingebracht wurde, weil Wein wirklich ein Kulturgut ist, weil es den Winzern wirklich darum geht, dass Qualitäts­weinproduktion im Vordergrund steht (Abg. Ing. Westenthaler: Die werden sich freuen über das Koma-Trinken!), und weil es ihnen darum geht, dass Jugendliche und Kinder vom Weingenuss ferngehalten werden.

Das geht auch mit dem Marktordnungsgesetz konform, weil darin auch der Konsumen­tenschutz bedacht ist und selbstverständlich auch Informationen und Aufklärungen bezüglich alkoholischer Getränke in Bezug auf Kinder und Jugendliche mit Konsumen­tenschutz zu tun haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.02


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zur aufgeworfenen Frage des Abgeordneten Scheibner einen Entschließungsantrag betreffend darf ich Folgendes feststellen:

Dieser Entschließungsantrag der Abgeordneten Muttonen und Höllerer ist ausreichend unterstützt.

Zur Frage des inhaltlichen Zusammenhanges im Sinne des § 55 der Geschäftsordnung ist dieses ein sehr weiter Zusammenhang, aber er steht in einem gewissen Zusam­menhang. (Ironische Heiterkeit beim BZÖ.) Ich habe mich erkundigt und darf sagen: Die bisherige Praxis war die, dass man hier sehr großzügig vorgegangen ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Können Sie das begründen?)

Darum lasse ich diesen Antrag zu; er steht daher mit in Verhandlung. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Für die Winzer wären wir Ihnen für eine Begründung dankbar, damit wir sie ihnen sagen können!)

*****

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muttonen, Höllerer Kolleginnen und Kollegen betreffend Konsumen­tenschutz, Prävention und Information über die Auswirkungen des Alkoholkonsums von Kindern und Jugendlichen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft (195 d.B.) über die Regierungsvorlage betreffend Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007) und ein Marktordnungs-Überleitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA-Gesetz 1992, das Weingesetz 1999, das Forstgesetz


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1975 und das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 geändert werden (Agrarrechtsände­rungs­gesetz 2007) (37 d.B.)

In den neuen Zielbestimmungen des Marktordnungsgesetzes 2007 wurden verstärkt Konsumenten- und Verbraucherschutz-Kriterien determiniert. Im Rahmen des Konsumentenschutzes sind die Information und Aufklärung über die Wirkung alko­holischer Getränke auf Kinder und Jugendliche ein besonders wichtiges Thema. So ist z. B. „Binge-Drinking“ ein Trinkverhalten Jugendlicher, bei dem mehr als fünf alko­holische Getränke hintereinander getrunken werden. Auch „Komatrinken“ ist ein Phänomen bei Jugendlichen, das vor allem in der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen häufig praktiziert wird und Anlass zu Besorgnis gibt. Erschreckend ist auch die Tatsache, dass Kinder und Jugendliche heutzutage immer früher Alkohol zu trinken beginnen.

Laut einer Studie des „Fonds Gesundes Österreich“ werden die Alkohol-Konsumenten immer jünger. Erste Erfahrungen mit Alkohol sammeln Kinder demnach schon mit elf Jahren, knapp 10% der 13-Jährigen haben schon mehr als 40 Mal Alkohol getrunken. Einer aktuellen Eurobarometer-Untersuchung (14. März 2007) zufolge trinkt jeder zehnte Europäer gewöhnlich fünf oder mehr Gläser auf einmal; 19 % der 15- bis 24-Jährigen betrinken sich bis zur Besinnungslosigkeit, wenn sie Alkohol konsumieren.

Komatrinken findet sehr häufig auf sog. „Flatrate-Partys“ (unbeschränkter Alkohol um einen Pauschalbetrag) statt, was  mittlerweile auch einigen Jugendanwaltschaften Sorge bereitet. Auch der Umstand, dass in Lokalen nicht-alkoholische Getränke um einiges teurer als alkoholische Getränke sind, trägt nicht zur Entschärfung des Prob­lems Komatrinken bei. Hier wäre auf die Gastronomie einzuwirken, im Sinne einer Mitverantwortung für unsere Jugendlichen nicht-alkoholische Getränke zu moderaten Preisen anzubieten und auf Flatrate-Partys zu verzichten.

Es ist zu bezweifeln, dass Verbote oder Strafen für die Jugendlichen oder deren Eltern das gesellschaftliche Problem des übermäßigen Alkoholkonsums bzw. des Komatrin­kens wirklich zu lösen vermögen.

Einen ganz wichtigen Ansatz, um dem gesellschaftlich vielfach bagatellisierten Alkohol­konsum wirksam begegnen zu können, stellt eine konsequente Aufklärungsarbeit unter den Kindern bzw. Jugendlichen dar. Darüber hinaus wären verstärkte Kontrollen der Alkohol-Abgabe an Kinder und Jugendliche in Handel und Gastronomie als flan­kierende Maßnahmen zur Eindämmung des Alkoholkonsums bzw. des Komatrin­kens überaus sinnvoll. Auch Industrie und Handel sind gefordert, ihrer Verantwortung gegenüber Kindern und jungen Menschen bezüglich ihrer Werbe- und Marketing­strategien für Alkohol nachzukommen. Bund und Länder sollten verstärkt darauf achten, dass die geltenden rechtlichen Bestimmungen eingehalten und durch die zustän­­digen Behörden auch effektiv kontrolliert werden. Nicht zuletzt erscheint eine Vereinheitlichung der Jugendschutzbestimmungen der Länder in den wesentlichen Punkten dringend erforderlich.

Prävention ist auch eine Maßnahme, die auf EU-Ebene empfohlen wird. Die EU-Strategie zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Verringerung alkoholbedingter Schäden vom 24. Oktober 2006 (KOM(2006) 625 endg) empfiehlt: „Interventionen und Aufklärungsprogramme erhöhen nachweislich die Fähigkeit junger Menschen und ihrer Eltern, mit Alkoholproblemen und Risikoverhalten besser umzugehen. Diese Interven­tionen könnten sowohl Risiko- als auch Schutzfaktoren einbeziehen, um eine wirksame Verhaltensänderung bei Kindern und Heranwachsenden herbeizuführen. Sie könnten in Schulen und anderen geeigneten Umfeldern durchgeführt werden. Damit sie wirksamer sind, sollten sowohl junge Menschen als auch alle anderen einschlägigen Beteiligten aktiv darin eingebunden werden. (Ziele 1, 2, 4, 6-9)“


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 238

Angesichts der europaweit laufenden Anti-Rauch-Kampagnen wäre es wünschenswert, dass auch für die mit der Droge Alkohol zusammenhängenden Probleme deutlich mehr gesellschaftliche Sensibilität geschaffen wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend wird ersucht,

ihre Bemühungen zur Prävention und Eindämmung des Alkoholkonsums von Kindern und Jugendlichen engagiert fortzuführen,

eine Aufklärungskampagne in Österreich für Kinder und spezielle Programme für Jugendliche zu initiieren, um über die Gefahren und Risken von Alkoholkonsum und Komatrinken zu informieren und zu sensibilisieren sowie

in Kooperation mit der Wirtschaft geeignete Möglichkeiten zum Verzicht von Flatrate-Partys seitens der Gastronomie und der Veranstalter zu prüfen.“

*****

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Faul. 2 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


21.03.31

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Na, es gehört ein ganz gerüttelt Maß an Intel­ligenz auch dazu, dass man die Anträge versteht. Denkt halt ein bisschen nach! (Heiter­keit und Beifall bei der SPÖ.)

Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein gutes Pferd zieht zweimal, hat mein Großvater immer gesagt, wenn er durch eine besondere Koor­dination seiner zwei Pferde den hundertprozentig verfransten Karren aus dem Dreck herausgezogen hat. Der war immer überladen, aber durch diese besondere Kombi­nation ist ihm das beim zweiten Mal immer gelungen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Bezeichnenderweise – das ist es kein Schmäh, Herr Minister – haben wir einen Fuchs gehabt und einen Schwarzen (allgemeine Heiterkeit), wobei der Fuchs, der Rote, links gegangen ist, das war das Zugpferd, und der Schwarze hat immer ein bisschen gezuckelt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Aber wenn man ihn richtig ermuntert hat, hat der Schwarze mit angezogen – und so verstehe ich unsere Einigung, wie sie heute gegeben ist.

Fachlich ist vieles gesagt worden. Ich freue mich über diese Rechtssicherheit. Und eines, Herr Bundesminister, möchte ich sagen, auch hier in diesem Plenum: Das, was Sie heute gesagt haben, hat für mich wie ein Vermächtnis geklungen, und wir werden Ihre Rede, Herr Bundesminister, ausdrucken, ausschneiden und uns das jeden Tag vor das Gesicht halten, um mit Ihnen darüber reden zu können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Fritz Grillitsch! Nachdem wir den Subventionsfluss auch wieder in Gang gebracht haben, können wir uns den großen Problemen der Bauernschaft widmen, der Herausgabe des JungbäuerInnenkalenders. (Heiterkeit.) Ich freue mich darauf. Schauen wir, dass der 2007-er Wein ein guter wird,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 239

ohne dass wir ihn gut aufzuckern müssen. Alles Gute und Prost! Schönen Urlaub! (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Freund. 1 Minute Wunschredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.05.21

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass es heute zu dieser Beschlussfassung der Agrargesetze kommt, denn diese sind einfach wichtig für unsere Bäuerinnen und Bauern, und zwar für die kleinen Bauern natürlich, aber auch für die größeren.

Da immer wieder so diese Neidgesellschaft irgendwo durchklingt, weil die Bauern Geld bekommen, möchte ich schon darauf hinweisen, dass unsere Bauern sehr wichtig sind, und zwar im Sinne der Nahrungsmittelproduktion, im Sinne dessen, dass unser Land offen und schön gehalten wird, und auch im Sinne dessen, dass erneuerbare Energie produziert wird. Ganz besonders darf ich herausstreichen, dass in den letzten Jahren über 1 Milliarde € von unseren Bauern investiert wurde in Stallungen oder in die Wohn­häuser und in verschiedene Dinge, die einfach gebraucht werden; wirtschaftlich ein gewaltiger Motor im ländlichen Raum, der viele Arbeitsplätze sichert.

Ich möchte auch darauf verweisen: In meinem Bezirk gibt es 1 850 bäuerliche Betrie­be, die 62 Millionen €, das ist fast 1 Milliarde Schilling, in den letzten Jahren investiert haben. Das sollte man auch immer wieder bedenken, wenn man über Gelder spricht, die in den ländlichen Raum, die zu den Bauern fließen.

In diesem Sinne bin ich dankbar für die Beschlussfassung dieses Gesetzes und wünsche alles Gute! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schönpass. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


21.07.02

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Bei der vorliegenden Regierungsvorlage zum Marktordnungsgesetz geht es um mehr als es anfangs den Anschein hat. Das vorliegende Ergebnis ist unter anderem auch ein Gewinn für die kleinen Bauern. Die einzelnen Punkte hiezu wurden schon eingehend erläutert.

Geschätzte Damen und Herren! Ich denke, diese Einigung zeigt wieder einmal, dass die SPÖ die Partei des sozialen Ausgleichs ist. Danke, lieber Kollege Kurt Gaßner, für deinen Einsatz! Ich bedanke mich aber auch bei Ihnen, Herr Minister Pröll, für Ihren Einsatz zur Sicherung der Existenz unserer Bäuerinnen und Bauern.

Ich habe den strengen Auftrag, auch hier mitzuteilen, dass sich unsere Genossinnen auf den Jungbauernkalender freuen. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Sieber. 1 Minute Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.08.00

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Als aktiver Milchbauer aus Vorarlberg möchte ich in Anbetracht der Kürze


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 240

meiner Redezeit kurz auf die Punkte, die für die Milchwirtschaft besonders wichtig sind, eingehen.

Zum einen ist das natürlich, dass die Handelbarkeit der Milchquote wieder möglich ist – danke dafür den Verhandlern –, aber natürlich auch durch die Kompression, wo vielleicht nicht alle wissen, was dahintersteckt. Es ist für einen Milchbauern, der in der Vergangenheit Quoten gekauft und damit eine Milchprämie bekommen hat, die jetzt auch in die gesamthafte Betriebsprämie eingelaufen ist, möglich, diese Betriebsprämie auch in Zukunft lukrieren zu können, auch dann, wenn Flächen abfließen. Das gibt den Bauern Sicherheit.

Auch bei der Almquotenregelung ist es sehr wichtig, dass sie in der Marktordnung geregelt ist, denn damit ist gewährleistet, dass Almquote auch in Zukunft auf den Almen produziert werden muss und nicht ins Tal abfließt, damit Produktion auf der Alb gesichert ist und damit dieser wichtige Bestandteil für unsere Alpen auch in Zukunft Bestand haben wird.

Dass bei der Mutterkuhprämie für Kalbinnen wurde ein Schwerpunkt auf die Zuchtver­bände gelegt wurde, aber trotzdem die Möglichkeit besteht, mit Zuchtprüfungen Ersatzhandlungen zu setzen, ist wichtig für die Landwirtschaft. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

21.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Prähauser. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.09.43

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Das Marktordnungsgesetz war eine gute Gelegenheit für die Koalitionsparteien, sich auf der Ebene des Landwirtschaftsausschusses näher zu beschnuppern und kennenzulernen. Die ÖVP war natürlich in den letzten sieben Jahren ein bisschen verwöhnt: Die FPÖ – später BZÖ und FPÖ – war natürlich ein kongenialer Partner für Überlegungen des Bauernbundes und hat auch nicht zum gedanklichen Anregen für die Regierung gereicht. Sie war hier einfach sehr daran gewöhnt, eigene Empfehlungen umzusetzen.

Jetzt hat sie die SPÖ, die für die soziale Ausgewogenheit eintritt, und da wird man dann über gemeinsame Wege beraten müssen, und man wird sie auch finden, wie wir das in diesem Falle getan haben.

Mit der SPÖ als Partner wird niemand durch das soziale Netz fallen: seien es die Bauern, seien es Arbeitslose, seien es Arbeiter, Männer oder Frauen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.) Wir stehen für soziale Ausgewogenheit. Die SPÖ ist der Garant dafür, und wir sind der ÖVP dankbar dafür, dass sie diesen Weg erkannt und mit uns gemeinsam beschritten hat. (Beifall bei der SPÖ.)

21.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.11.07

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minis­ter! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich glaube, es ist für diesen Gesetzesbeschluss schon etwas mehr als fünf Minuten vor zwölf. Im Grunde ist der 1. Juli ja schon vorbei. Daher war es wirklich wichtig, dass jetzt diese Rechts- und Planungssicherheit wieder hergestellt ist, dass hier wieder die Vernunft eingekehrt ist und die Förderungen für alle Bauern wieder fließen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 241

Apropos Förderungen, weil hier immer wieder so getan wird, als wären das irgend­welche besonderen Zuschüsse für irgendwelche Begünstigten: Ich glaube, wir müssen uns einfach auf Ausgleichszahlungen einschwören, denn hier geht es ganz einfach um Bewirtschaftungserschwernisse, hier geht es um Preiseinbußen und sonstige Nach­teile.

Ich darf auch noch dazusagen, weil hier gerade die Freiheitlichen davon geredet haben, dass wir die Bauern ins Verderben treiben: Das ist völliger Realitätsunsinn, würde ich sagen. Ich selbst als Bergbauer eines kleinen Bergbauernhofes mit 15 Stück Vieh weiß, wovon ich rede. Ich habe viele Nachbarn, die wirklich dafür dankbar sind, die mit kleinen Landwirtschaften mit fünf Hektar Grundfläche heute noch überleben können, die wissen, dass gerade die EU entsprechendes für die Bäuerinnen und Bauern gebracht hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Das BZÖ hat hier die fehlende Begutachtungszeit angeprangert. Ich möchte auch das zurückweisen. Ich glaube, nachdem sich ja nicht so viel geändert hat, war die Begutachtungszeit auch nicht mehr notwendig.

Ich darf auch eines noch feststellen, da die Grünen gemeint haben, die SPÖ hätte einen Kniefall vor dem Bauernbund gemacht: Also ich weiß nicht, ob das ein Kniefall vor dem Bauernbund war, ich glaube aber sehr wohl, dass sie sich vor den Bäuerinnen und Bauern verneigt haben, denn die brauchen eben diese Rechts- und Planungs­sicherheit. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend darf ich noch sagen, Frau Kollegin Schönpass: Ich freue mich wieder auf den Jungbäuerinnenkalender, denn eine der jungen Damen auf der Titelseite einer heutigen Tageszeitung ist nämlich meine Nichte. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Bravorufe bei der ÖVP.)

21.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schul­tes. 2 Minuten Wunschredezeit. (Unruhe im Saal.) Ich würde um etwas mehr Aufmerksamkeit und Ruhe ersuchen, auch wenn es schon spät ist!

Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.13.36

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Agrarpolitik ist seit dem Beitritt zur Euro­päischen Union unmittelbar Rechtsmaterie der EU. Damit es aber trotzdem in Österreich funktioniert, gibt es Verordnungen des Bundesministers, die aber aufgehoben wurden und die für den einen oder anderen Anlass waren, das in das politische Spiel hineinzuziehen.

Heute hat ein Kollege gesagt, die roten Füchse sind die, die die bessere Politik machen oder besser ziehen. – Mag so sein, dass sie gelegentlich, wenn sie im Schein­werferlicht stehen, besser anreißen, aber eines ist sicher: Seit ewigen Zeiten, beim Bauernbund seit über 100 Jahren, machen die Schwarzen die kontinuierliche, die bessere und die verlässlichere Agrarpolitik! (Beifall bei der ÖVP.)

Der Rote ist der, der zieht. Und weil die Bauern das wissen, halten sie auch zusammen und sind froh, dass das, was wir bis jetzt gehabt haben, weiter bestehen darf. Und wenn der Herr Gaßner sagt, es ist ab jetzt gerecht. – Na soll es gerecht sein, Haupt­sache es hat sich nichts geändert. Wir sind damit zufrieden, dass es so weitergeht.

Was uns besonders wichtig ist: dass die Aufgabenverteilung auch in Zukunft so bleibt, wie sie ist. Ihr von der SPÖ habt ja eure bäuerlichen Mandatare alle schon zuhause gelassen – bei uns gibt es die Bauernvertretung, und wir machen das weiter so. Ihr


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schaut, dass ihr gut esst, gut trinkt: Prost, lasst es euch schmecken! Wir schauen, dass es passt. – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

21.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Zanger. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.15.16

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Bevor ich auf die eigenartige Vorgangsweise hinsichtlich des „Koma-Trinken-Antrages“ komme, möchte ich auf den vorletzten Landwirtschaftsausschuss replizieren und eine Empfehlung hinsichtlich der eigenartigen Vorgangsweisen, die dort passiert sind, an den Herrn Minister richten.

Herr Kollege Pirklhuber ist ein sehr versierter, engagierter Mensch. Er beweist Führungsqualitäten, indem er gleich Vorsitze übernimmt, auch wenn der Ausschuss schon beendet ist, was beweist, dass er zu Mehrarbeit neigt. Herr Minister, ich würde Ihnen empfehlen, ihn als Fachbeamten bei Ihnen im Bundesministerium anzustellen. Ich stelle es mir ganz lustig vor, wenn Sie beide dann als dynamische „Agrarzwillinge“ gemeinsam nach Brüssel fahren, denn dann brauchen Sie nicht dauernd zu streiten, wer jetzt was mit welcher Kommissarin dort abgestimmt hat.

Herr Kollege Pirklhuber, Sie geben immer vor, sich sehr für die Bauern einzusetzen. Ich würde Sie aber ersuchen, das auch in Ihrer eigenen Fraktion einmal durch­zusetzen, und zwar glaubhaft durchzusetzen. Wie sonst kann es kommen, dass vor wenigen Monaten im Finanzausschuss plötzlich ein Antrag landet, in dem Sie bezie­hungsweise Ihre Kollegen die Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer fordern und sagen, die Einheitswerte gehören abgeschafft und an die Verkehrswerte ange­glichen?! Was glauben Sie, wen das am meisten treffen würde? – Doch jene, die sehr viel Land und sehr viel Gut besitzen, und das sind nun einmal die Bauern. Also bitte schön, machen Sie das einmal Ihrer eigenen Fraktion klar, denn sonst sind Sie nicht sehr glaubwürdig. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was jetzt diesen eigenartigen Zusammenhang mit dem Antrag bezüglich des Koma-Trinkens angeht, den Sie, Herr Grillitsch, mit dem Weingesetz hergestellt haben: Es ist meines Wissens sehr selten, dass man sich mit Wein ins Koma saufen kann. Und dass die Landwirtschaft Alkopops züchten würde, ist mir nicht bekannt, muss ich gestehen. (Ruf bei der SPÖ: Probier’s einmal!)

Wir stimmen aber selbstverständlich diesem Antrag zu, weil es uns ein wichtiges Anliegen ist, trotz dieser seltsamen Auslegung der Geschäftsordnung. Das möchte ich betonen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da Kollege Faul da seine Rede mit einem klassen „Prost!“ beendet hat, muss ich gleich noch einen Trinkspruch dazu loswerden: Sind Rot und Schwarz auf einem Haufen, muss man sich ja ins Koma saufen! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

21.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort. (Unruhe im Saal.)

Daher gelangen wir zur Abstimmung. – Ich darf Sie um etwas mehr Aufmerksamkeit bitten! Abstimmungen sollen doch einigermaßen korrekt über die Bühne gehen, würde ich meinen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 243

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorgani­sationen und ein Marktordnungs-Überleitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA-Gesetz 1992, das Weingesetz 1999, das Forstgesetz 1975, das Pflanzenschutzmittel­gesetz 1997 und das Landwirtschaftsgesetz 1992 geändert werden, in 195 der Beilagen.

Da der Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen beinhaltet, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag sowie einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde zunächst über die von dem erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag sowie dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen.

Wir gelangen zunächst zur getrennten Abstimmung über die Artikel 1 § 2 Z 1, Artikel 4 und Artikel 5 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, ersuche ich um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer Ziffer 27a in Artikel 3 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag betreffend Artikel 7 eingebracht.

Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dazu ihre Zustimmung geben, ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen damit zur Abstimmung über Artikel 7 in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich auch hier die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 244

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Grillitsch, Gaßner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsbasis für die Programme zur Entwicklung des Ländlichen Raumes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (E 31.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Muttonen, Höllerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konsumenten­schutz, Prävention und Information über die Auswirkungen des Alkoholkonsums von Kindern und Jugendlichen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Dieser Entschließungsantrag ist einstimmig angenommen. (E 32.)

21.22.1919. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 55/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung des österreichischen Programms für die Ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 (196 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


21.22.51

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Eine kurze Nachbemerkung zur letzten Debatte: Es war schon bezeichnend, als Kollege Schultes gesagt hat: Hauptsache es hat sich nichts geändert; egal, nennen wir es halt sozial. – Genau das ist die wahre Botschaft in dieser Marktordnungsnovelle. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Klement.)

Die vielen BäuerInnen, die Kleinbauern und -bäuerinnen, die leider keine Förderungen trotz dieses Gesetzesbeschlusses bekommen – und das ist das Tragische! – werden sich ihren Teil dazu denken; da können Sie sicher sein.

Schauen wir uns an, worum es in unserem Antrag geht. Ich möchte dazusagen, diese zwei TOPs zur ländlichen Entwicklung hätten wir gerne unter einem diskutiert, aber das wollte offensichtlich die ÖVP nicht. Ist uns auch recht. Es geht dabei um die zweite Säule der Agrarpolitik. Es geht um den großen Brocken: Wir haben 870 Millionen in der ersten Säule gerade diskutiert, das Marktordnungsgesetz beschlossen – und hier geht es um das Programm für die Ländliche Entwicklung, um 1,2 Milliarden € jährlich!

Meine Damen und Herren, dieses Programm – wir haben es ja schon öfter ange­sprochen – wird auf Basis einer Sonderrichtlinie beschlossen. Wir haben ja auch Ihrem Entschließungsantrag, Kollege Grillitsch und Kollege Gaßner, zugestimmt. Das ist zumindest ein kleiner Schritt, den Sie in diese Richtung gehen, dass wir auch in diesem Bereich der Agrarpolitik gesetzliche Rahmenbedingungen bekommen, die Rechtssicherheit herstellen.


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Derzeit ist es so, dass für die Bäuerinnen und Bauern, die zum Beispiel biologischen Landbau betreiben, keine Rechtsansprüche auf diese Prämien bestehen. Das heißt, sie bekommen keinen Bescheid von der AMA – und das ist ganz anders als bei der Marktordnung: In der Marktordnung, wo es um die europäischen Zahlungen geht, haben die Bauern Rechtssicherheit, weil sie einen Bescheid bekommen und damit auch den ganz normalen Berufungsweg gehen können, wenn irgendwo ein Problem auftaucht.

Genau dieselbe Rechtssicherheit braucht es auch beim Agrarumweltprogramm. In diesem Bereich, meine Damen und Herren, gibt es ja Beispiele in ganz Europa, in den meisten Mitgliedsstaaten, selbst in Luxemburg gibt es ein Rahmengesetz zur länd­lichen Entwicklung.

Herr Bundesminister Pröll, bitte widmen Sie sich diesem Thema! Es ist das die Kern­herausforderung. Sie verhandeln gerade jetzt mit Brüssel. Ihre Beamten, Ihre Beamtinnen verhandeln mit der Kommission über dieses Programm. Und Sie verwei­gern permanent dem Parlament jede konkrete Auskunft über den aktuellen Stand dieser Verhandlungen. Das halte ich für doppelt problematisch. Sie sehen, es braucht ein Rahmengesetz, damit auch der Bundesminister verpflichtet ist, das Parlament rechtzeitig und ausführlich darüber zu informieren. Sie haben uns Abgeordnete weder im Ausschusses noch im Plenum des Parlaments über die 189 Fragen informiert, diese Fragen vorgelegt, die die EU-Kommission an Sie gerichtet hat in Bezug auf diesen Programmentwurf, der noch immer nicht beschlossen ist.

Also: Wir brauchen diese Rechtssicherheit, und wir brauchen auch die parlamen­tarische Kontrolle.

Jetzt zu dieser Regelung der §-7-Kommission, an die KollegInnen der SPÖ gerichtet: Die §-7-Kommission hat ja bisher schon Vorschläge gemacht, auch zur ländlichen Entwicklung. Der Herr Bundesminister weiß das; im Ausschuss haben wir darüber geredet. Das sind einstimmige Empfehlungen der §-7-Kommission. Dort wird darüber diskutiert, und da kann man sich schon auf ein paar Dinge einigen. Ja, gut, aber das ersetzt weder einen Begleitausschuss noch ein Rahmengesetz, das die Eckpfeiler, die Positionierung, den Finanzrahmen festlegt, aber nicht die Details.

Herr Bundesminister, da bin ich bei Ihnen: Die Details müssen mit der Zivilgesellschaft im Rahmen von politischen Diskursen und Dialogforen entwickelt werden, aber die Eckpfeiler der politischen Ausrichtung, die Ziele, wohin der Weg geht, welche Richtung Österreich verfolgt, und die Kontrolle müssen unbedingt in ein Rahmengesetz hinein.

Und da fällt mir eines auf: dass diese Seite des Hauses (in Richtung ÖVP) jede Diskussion verweigert – und leider offensichtlich auch diese Seite (in Richtung SPÖ). Es hat sich bisher keiner von den beiden großen Regierungsfraktionen zu Wort gemel­det zu diesem wichtigen Punkt, und das finde ich eigentlich beschämend. (Beifall bei den Grünen.)

21.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Klement. 1 Minute – und das definitiv, denn das ist die Restredezeit Ihrer Fraktion.

 


21.27.36

Abgeordneter Dipl.-Ing. Karlheinz Klement, MAS (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ich möchte nur kurz replizieren auf die letzten Debattenbeiträge aus den Koalitionsparteien. Es war wirklich eine Peinlichkeit, was hier geboten worden ist.

Wenn wir hier über das Marktordnungsgesetz sprechen, bitte nehmen Sie es ernst – das ist ein wirklich wichtiges Thema für die Landwirtschaft –, und sprechen Sie nicht


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 246

über Jungbauernkalender oder, Herr Schultes, darüber, dass ohnehin die ÖVP die Politik in der Landwirtschaft machen wird und die Roten sich darauf beschränken sollten, die landwirtschaftlichen Produkte zu konsumieren! – Das ist eine Peinlichkeit und eine Verhöhnung des Parlaments! Ich bitte daher, in Zukunft von solchen Äußerun­gen Abstand zu nehmen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Und Sie stimmen nicht zu, dass es eine Rechtssicherheit für die Bauern gibt! Sie haben den Bauern Rechtssicherheit verweigert!)

21.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 196 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

21.28.4720. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 127/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichisches Programm für die Ländliche Entwick­lung 2007 bis 2013 (197 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 4 Minuten Redezeit; das ist die gesamte Restredezeit Ihrer Fraktion. – Bitte.

 


21.29.20

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht hier um den inhaltlichen Antrag der Grünen betreffend des Programms zur ländlichen Entwicklung. Dieser Antrag wurde erstmals im November 2005 eingebracht. Er wurde in der vergangenen Gesetzgebungsperiode dreimal vertagt, und ich bin eigentlich froh darüber, dass er endlich – vielleicht positiv – abge­stimmt wird; könnte ja noch sein, dass irgendwo ein Ruck durch die Koalitionsparteien geht und sie doch auch, so wie wir, glauben, dass das die richtigen Strategien sind.

Ich möchte die Ziele ansprechen: die Verbesserung der ökologischen Zielgenauigkeit und Nachhaltigkeit, die Sicherung vor allem der Gentechnikfreiheit der österreichischen Landwirtschaft, die Stärkung des ländlichen Raumes als Lebens- und Arbeitsraum, die Verbesserung der Lebensqualität, die Herstellung von Fördergerechtigkeit und Schaf­fung von Arbeitsplätzen, vor allem auch die Gleichstellung von Frauen und Männern im ländlichen Raum und die Förderung von artgerechter Tierhaltung und Tierschutz­maßnahmen.

Das sind die konkreten Ziele des Antrages der Grünen, der aber leider – aber das ist offensichtlich die Praxis bisher gewesen – nicht einmal ernsthaft vom Ministerium geprüft wurde.

Wir haben Stellungnahmen abgegeben zum Thema ländliche Entwicklung; wir haben wirklich viele gute Vorschläge dazu gemacht. Und was macht der Minister? – Diese


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 247

Bundesregierung kürzt die Agrarumweltförderungen um fast 20 Prozent! Das ist die Realität! Das verschleiern Sie aber permanent!

Im Jahre 2006 sind 654 Millionen € für Agrarumweltmaßnahmen ausgegeben worden; jetzt sind es 527 Millionen. (Abg. Murauer: Sag, warum!) – Warum? Weil der Anteil für die Agrarumweltmaßnahmen mit maximal 80 Prozent der Gesamtausgaben begrenzt ist. (Abg. Grillitsch: Genau! Und wie viel haben wir vorher gehabt?) – 86 Prozent hatten wir vorher.

Jetzt schauen wir uns die Gesamtsumme an: 7,75 Milliarden €. Bundesminister Pröll hat von 8 Milliarden € gesprochen. Ich habe die genaue Zahl. Davon sind 80 Prozent mehr als 5,5 Milliarden €. Das, was Sie veranschlagen, sind nur 72 Prozent. Das heißt, Bundesminister Pröll nutzt die Möglichkeit, um 88 Millionen € jährlich mehr auszu­geben, nicht. Und das ist eigentlich das Skandalöse: von der Agrarumwelt zu sprechen, von Biolandbau, von Europameister – und dann nicht einmal das Programm auszuschöpfen! (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Jetzt noch eines zur Transparenz, meine Damen und Herren: Ich hatte – das ist ja bekannt – immer wieder Kontakt mit der EU-Kommission, da es mich einfach interessiert, wie gesichert wird, dass in Europa einheitliche Bedingungen herrschen – darum geht es – und dass auch das österreichische Programm umgesetzt werden kann und es einheitliche Standards gibt.

Die Frau Kommissarin Fischer-Boel antwortete mir in einem persönlichen Schreiben, in dem sie auch bedauert, dass die Transparenz der Diskussion in Österreich offen­sichtlich nicht gewährleistet ist. Sie sagt ganz klar: Ich habe am 26. April 2007 der österreichischen Bundesregierung, dem zuständigen Bundesminister alle konkreten Fragen, die die Kommission hat, übermittelt.

Frau Fischer-Boel sagt weiter – jetzt zitiere ich aus diesem Schreiben –: Es obliegt dieser Behörde, die Inhalte dieses Schreibens den an der Programmerstellung be­teiligten Ämtern und Stellen gemäß Artikel 6 Partnerschaft der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 bekannt zu geben. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat uns bisher nicht ausreichend über die Inhalte dieses Schreibens informiert. Ich gehe davon aus, dass wir auch zu den Partnern gehören, die sich ernsthaft mit diesem Programm für die Ländliche Entwicklung auseinandersetzen.

Das ist auch ein Auftrag an Sie von der SPÖ: Wenn Sie schon groß reden, dass Sie für die ländliche Entwicklung etwas tun und dort mitverhandeln wollen, dann stellen Sie sicher, dass der jetzt aktuelle Programmentwurf endlich veröffentlicht wird! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 197 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Somit ist dieser Antrag angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll28. Sitzung / Seite 248

21.34.02Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 268/A bis 277/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1174/J bis 1198/J eingelangt.

Schließlich ist eine Anfrage des Abgeordneten Mag. Dr. Zinggl an die Präsidentin des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 21.35 Uhr ein; das ist sogleich im Anschluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

21.34.47Schluss der Sitzung: 21.34 Uhr

 

 

 

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